Origenes
Goslar, Augustiner-Chorherrenstift Georgenberg — 12. Jh., Mitte/ 3. Viertel
Provenienz: VS Besitzvermerk: Liber sancti Georgii martiris apud Goslarium. Quicumque abtuleris anasthema sit cunctis diebus sue vite. Amen. Origenes super Genesim und Helmstedter Signatur T. 66. Die Hs. wurde 1603 mit den übrigen Georgenberger Codices in die Wolfenbütteler Hofbibliothek überführt; 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 212 [207]) unter den Patres als Origenes super Genesin, Exodum et libros Mosis manuscriptus mit der Signatur E 21 nachgewiesen. Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 4v) als Origenis Homiliae in Genesin, Exodum, Leviticum et Numeros. Ejusdem Homiliae in Librum Josuae. Ejusdem tres aliae Homiliae. Ejusdem Homiliae in Librum Judicum, quarum Primae deest pars major. Omnia in membrana unter den Theologici MSSti in folio beschrieben; auf dem Kopfsteg des VS die entsprechende Helmstedter Signatur T. 66. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 214 genannt.
Pergament — 210 Bl. — 33,5 × 21,5 cm
Lagen: III+1 (7). 6 IV (55). III (61). 3 IV (85). III+1 (92). 6 IV (140). II+1 (145). IV+1 (154). 7 IV (210). Lagenbezeichnungen in römischen Ziffern auf dem jeweils letzten Blatt der Lage: 31v IIII; 39v V; 47v VI; 55v VII; 69v VIIII. VS Pergamentblatt (13. Jh.) - Text: I Cor 15, 51 (unleserlich, Silberinitiale und Palmettenfleuronnée noch erkennbar). HS zwei Pergmentblätter (zum Text vgl. , 107f. ). Neuere Tintenfoliierung. Schriftraum: 27,8 × 16,1 cm, zweispaltig, 50 Zeilen. Carolino-Gothica von drei Händen Hand 1: 1r-145v; Hand 2: 146r-200v; Hand 3: 200v-210r. Rubrizierte Kapitelüberschriften und Explicits. Die ersten Textzeilen gelegentlich in Unzialis, buchstabenweise rot/schwarz alternierend oder schwarz (148r-210). Die Textanfänge mit 2-7zeiligen roten Initialmajuskeln, teils verziert (s. Ausstattung). Seitentitel ab 46r. Kommentare auf dem Blattrand rot umrandet (Erläuterungen zum Text unter Zuhilfenahme des 7. und 8. Buches von Isidors Etymologiae, vgl. , 174f.).
Holzdeckeleinband mit Leder bezogen. Streicheisenlinien. Auf dem VD vier (in den Ecken) und auf dem HD fünf (in den Ecken und mittig) große Schonernägel. Eine Langriemenschließe. VD Titel- und Signaturenschild mit der Aufschrift Origenes super Genesim Montis S. Georgy. A. XII. (zur Signaturengruppe A in Georgenberg und zu den Titelschildern, vgl. , 89f., 123; weitere Handschrift dieser Georgenberger Signaturengruppe: Cod. Guelf. 53 Helmst.). Innen liegend ein Leserädchen aus Pergament (15. Jh.) mit der Aufschrift annue und den römischen Zahlen I - IV (zum Leserädchen vgl. , Drehbare mittelalterliche Lesezeichen, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Bd. 56 (1939), 281-293, hier 288; , Bd. 3, 55; , Registerknöpfe und Leserädchen. Lesezeichen aus Klosterbibliotheken in Südniedersachsen, in: Schätze in Himmel, 227-236).
INHALT
1v-28v : In Genesim homiliae interprete Rufino ( 12, 145-253;Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , Paris 1976 [Sources Chrétiennes 7bis]). 1411; 6170). 28v-57v : In Exodum homiliae interprete Rufino ( 12, 297-396; Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , Paris 1985 [Sources Chrétiennes 321]. 1414; 6174). 57v-105v : In Leviticum homiliae interprete Rufino ( 12, 405-574; Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , Paris 1981 [Sources Chrétiennes 268, 287]. 1416; 6176). 105v-165v : In Numeros homiliae interprete Rufino ( 12, 583-806; Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , 3 Bde., Paris 1996-2000 [Sources Chrétiennes 415, 442, 461]. 1980; 1418; 6178). 165v-196v : In librum Iesu Nave interprete Rufino ( 12, 823-948; Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , Paris 1960 [Sources Chrétiennes 71]. 198; 1420; 7534,2; 6181). 197r-200v : Liber testimoniorum veteris testamenti ( 79, 704D-709C, 765D-769D; 6264, 6267; , 6264, 6267; 2, 2820; 1718). 200v-202v : Libellus de muliere forti ( 91, 1029C-1037D, 1040D-1049C; 119bB, 149-159; 1609, 1661; 2, 2371; 1351; 72; , 174 Nr. 17). 203r-210r : In librum Iudicum iterprete Rufino ( 12, 955D, Z. 8-990; Origène. Homélies sur la Genèse, hrsg. von und , Paris 1993 [Sources Chrétiennes 389]. 1421; 6183). 210v leer.
AUSSTATTUNG
Zahlreiche verzierte Initialmajuskeln. Randzeichnung und Blindzeichnung.Initialmajuskeln: Zu den Textabschnitten rote Initialmajuskeln mit Rankenverzierung (1. Hand; ) und Silhouettenfleuronnée. In den Binnenfeldern einfache Ranken und Blattformen (25r, 44v und 166r). Die I-Initiale auf 55v ersetzt durch einen rückwärtsgewandten Drachen, der an einer Blume riecht. Im Binnenfeld der Initiale auf 106r ein Greifvogel, der an einer Rebe pickt; unter ihm ein nicht näher zu identifizierndes Wappen. Im Initialbinnenfeld auf 34v eine kreisförmig eingefasste Blüte, auf 50r flüchtig eingezeichnete Gesichtszüge. Einige Inititialen mit Palmettensilhouette (vgl. 159r) und ausgespartem Palmettenblatt im Initialstamm (vgl. 23v). Sämtliche Verzierungen, ausser denen der Silhouetteninitialen, scheinen kurze Zeit später nachgetragen worden zu sein; es finden sich zahlreiche Textüberschneidungen. 1,2 cm
Randzeichnung: Auf dem Blattrand von 12r ein männlicher Kopf mit dreieckig gerahmter Inschrift Segor inte[r]pretatur parva (1,4 cm). Ein der Initiale nachträglich in Blindzeichnung skizzenhaft beigefügter König (13./14. Jh?).
STIL UND EINORDNUNG
Die vorliegende Sammelhandschrift wurde nahezu vollständig von einer Gerorgenberger Hand des 12. Jahrhunderts geschrieben (Handwechsel zu einer zweiten Hand auf 200v). Sämtliche enthaltene Texte sind einheitlich zu jeweils 50 Zeilen in zwei Kolumnen angelegt, so dass davon auszugehen ist, dass die Handschrift als inheiltlicher Sammelband geplant und angelegt war ( , 273f.). Unter den verzierten Initialmajuskeln sind es die mit Silhouettenverzierung (Äderungen mit Punkten/Punktreihen, vgl. 159r), die an die Georgenberger Handschriften Cod. Guelf. 195 Helmst. (vgl. 109r) und Cod. Guelf. 34.2 Helmst. (vgl. 249r) anknüpfen. Es handelt sich um den Stil, der bereits in den 1133 datierten Riechenberger Markus-Kommentaren (Kassel, Murhardsche Bibliothek, 2° Ms. theol. 6, Goslar, Augustiner-Chorherrenstift Riechenberg; , 10f.) anklingt. Die restlichen Initialen, die aufgrund von Textüberschneidungen teils nachgetragen wirken, sowie die Randzeichnung des Kopfes (12r), zeigen auffällige Parallelen zu Lamspringer Handschriften aus dem 3. Viertel des 12. Jahrhunderts. Aussagekräftig ist hierbei der Drache auf 55v, mit seinen rükwärtsgebogenen Flügeln, den gegenständigen Palmetten, die als Schwanzende dienen und seinem Kopftypus. Er spiegelt den Typus der Lamspringer Handschriften Cod. Guelf. 510 Helmst., 133r. Der Kopftypus der Randzeichnung auf 12r findet sich wieder in Cod. Guelf. 475 Helmst., 102r (Lamspringe, 12. Jh., frühes 4. Viertel), hier als Kopf des Papstes Clemens. Zur Übernahme Georgenberger Anleihen in Lamspringe vgl. Cod. Guelf. 510 Helmst.. Hintergrund dieser Zusammenhänge dürfte das im Kulturkreis der Hamersleben-Halberstädter Regularkanoniker, ausgehend vom Halberstädter Bischof Reinhard (1107-1123) und später vom Hamerslebenr Propst Hermann (amt. 1182-ca. 1202), bestehende kulturelle Netzwerk sein.Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, Nr. 120 (Heinemann Nr.). — , Bd. 3, 55. — B. Lesser, Registerknöpfe und Leserädchen. Lesezeichen aus Klosterbibliotheken in Südniedersachsen, Schätze in Himmel - Bücher auf Erden. Mittelalterliche Handschriften aus Hildesheim, Ausstellung in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 5.9.2010-27.2.2011, hrsg. von M. - E. Mülller, Wolfenbüttel 2020, 227-236. — P. Femke, Decision making on the cutting edge. Dealing with waste material used in bookbinding, in: Care and conservation of manuscrits, Bd. 13 (2012), 117-131. — , 22, 9, 118, 129f., 161, 174f., 177, 237f., 241f., 273-275. — , 107f. (Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil II (12. Jh.).