Augustinus, In Iohannis evangelium tractatus 24–54
Weißenburg, Benediktinerkloster — 9. Jh., 1. Drittel
Provenienz: 1r Benediktinerkloster Weißenburg, Besitzvermerk: Codex monasterii sanctorum Petri et Pauli apostolorum in Wißenburg. 1v Codex monasterii sanctorum Petri et Pauli in Wissenburg. Darüber Secunda pars Augustini super Johannem. 2r Weißenburger Signaturenbuchstabe: .E. (14. Jh.). Ein Schutzblatt vom letzten Weißenburger Einband der Handschrift findet sich heute unter der Signatur 404.2 Novi (4). Dieses Blatt gehört zu einem Legendar aus dem 8. Jh., dessen Blätter sich in weiteren, u. a. Wolfenbütteler Handschriften befinden (66 Weiss., 67 Weiss., 77 Weiss. und 63 Weiss.; eine Zusammenstellung der Fragmente bei , Nr. 369). Die Handschrift gelangte über Heinrich Julius von Blum 1690 in den Besitz des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig. 2°10 ( , 3–18).
Pergament — 151 Bl. — 32,5 × 25 cm
Lagen: IV-1 (7). 17 IV (144). III+1 (151). Lagenbezeichnungen am Ende der jeweiligen Lage am unteren Blattrand, Blattmitte: 1–7 A, 8–15 ohne Bezeichnung, 16–23 c, 24–31 S, 32–39 R, 40–47 q, 48–55 P, 56–63 O, 64–71 N, 72–79 M, 80–87 L, 88–95 K, 96–103 I, 104–111 H, 112–120 G, 121–128 F, 129–136 E, 137–144 D, 145–150 ohne Bezeichnung. Bl. 1–150 neuere Tintenfoliierung. Bl. 151 Bleistiftfoliierung. Guter Zustand. Schriftraum: 26 × 20 cm, zweispaltig, 34 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Adallandus-Gruppe, Haupthand und einige Nebenhände wie in 10 Weiss. Haupthand auch in 14 Weiss. ( , 127). Adallandus-Gruppe, zugehörig: 10 Weiss. , 14 Weiss., 17 Weiss., 24 Weiss., 13 Weiss., 43 Weiss., 67 Weiss. (?) und 81 Weiss. ( , 51–59). 150v Hand A: Z. 2–7, Hand B: Z. 8–20; 150v, Z. 20- 151r Hand C und Hand A Weißenburg (?), Anfang 11. Jh. Schrift (besonders von Hand C) zeitgleich mit 11 Weiss. ( , 309). Das Incipit der Textzierseite (1v) in Capitalis, rot, gelb blau - reihenweise wechselnd. Die Incipits und Explicits der Trakate in gelber Unzialis. Die Textanfänge der vorangestellten Evangelienabschnitte und der Traktate in roter Capitalis oder Unzialis. Capitalis, Unzialis
Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1985).
INHALT
1r–150r : Tractatus in evangelium Iohannis, Liber 24–54 ( 35, 1592–1784; 36, 244–463; 278). 1r Capitula (Nachtrag. 9 Jh.; 24–48 fälschlich gezählt als XXII-XL VI). 150v–151r : Homeliarum evangelii, lib. 2, hom. 19 ( 1367; 122, 318–320, Z. 92 und 321, Z. 126–130).
AUSSTATTUNG
64 Zierinitialen. 1 Initialzierseite. 1 nachträgliche Randzeichnung.Initialen: Zum Incipit der Traktate eine Initialzierseiten (1v ); zu den Anfängen der Traktate Zierinitialen (4–28,5 cm). Als Füllmotive dienen Flechtband, teils mit integrierten Kreis- und Ovalschlingen und doppelt geführt (1v, 2x 2r, 5r, 13r, 13v, 29v, 32v, 33r, 50r, 50v, 52v, 55v, 2x 56v, 60r, 60v, 2x 66v, 72r, 77r, 88v, 93r, 101v, 2x 116r, 2x 121r, 124v, 2x 142r), Seilschlinge (2r, 132v), gekreuzte Achterschlingen (13r), Wellenband (13r, 142r), Stufenband (2x 25r, 101v, 129r), Mäander (129r), Kreise, teilweise gekernt (32v, 66v, 77r, 2x 93r, 101v), gegenständige Rechtecke (29v, 97r), gegenständige Dreiecke (88v, 132v) Kachelmuster (72r), Gittermuster (120r, 137r, 137v), Zickzackband, mehrbahnig (132v), Lappungen (37v), Kreuzblüten (5v, 15v, 13r, 29v, 37v, 50r, 78r, 97r, 109r, 137r, 142r), Wellen-Palmettenfries (19v, 20r,37r, 37v, 97r, 120r- 1v, 121v, 128v, 146v), Spiralblattfries (88v), dreiblättrige Blüte (20r, 82v, 97r), gereihte Herzblätter (132v). Besatz: einfach- und doppelkonturierte Halbpalmette (1v, 2r, 25r, 32, 37v, 50r,55v, 66v, 83r, 93r, 97r, 101v, 116r, 137r), Kleeblätter (1v, 5r, 29v, 132v, 137v), Lilie (29v, 129r, 146v-gedoppelt), springendes Pferd (ein der Initiale angehängtes tropfenförmiges Blatt als Auge integriert, 32v ), Flechtband als Ausläufer, teils farbig hinterlegt (72r). Buchstabenersatz: Fisch als Bogenersatz, teils mit beidseitigen Fischköpfen 78r, 83r, 97r), Fisch als gesamter Buchstabe (82v-mit beidseitigen Fischköpfen), Fisch aus Flechtband und gekernten Kreisen (109r ), Halbpalmette als Bogenersatz (120r, 1v, 128v- und als Cauda). Initialstammendungen: Dreiecksformen und einfache Blüten (1v), zwiebelförmiger Aufsatz (72r), Herzblätter (121r), gehörntes, hängendes Blatt (116r), Flechtband als Ausläufer, farbig hinterlegt (121r).
Randzeichnung: Randzeichnung: 151r auf der unteren Blatthälfte ein nachträglich gezeichneter Tierkopf mit heraushängender, blütenähnlicher Zunge (11. Jh.; vgl. Datierung der Schrift , 309).
Farben: Blau, Gelb, Rot, Minium, Braun/silbrig Braun. Zahlreiche Ornamentelemente ausgespart, d.h. pergamentfarben. Das Flechtband farblich in den Abläufen kenntlich gemacht. Die geäderte Variante häufig halbseitig koloriert (vgl. 72r).
STIL UND EINORDNUNG
18 Weiss. ist die Folgehandschrift von 10 Weiss. und beinhaltet die Traktate 24–54. Der dritte Band, der ursprünglich wohl dreibändigen Ausgabe der Augustinischen Traktate, ist nicht mehr erhalten. Die Ausstattung von 18 Weiss. gleicht stilistisch dem ersten Band (zur Einordnung vgl. 10 Weiss. ), konzentriert sich aber in den Füllmotiven hauptsächlich auf das Flechtband. Über das in der Handschrift verwendete Flechtband ergeben sich auffällige Parallelen zum Evangeliar aus Schuttern (London, BL, Add MS 47673, Schuttern, 1. Drittel 9. Jh.). Hier sind es Abläufe und Motive, die über allgemein Ausführungen hinausgehen und in der Buchmalerei ansonsten selten auftretenden - im Schutterner Evangeliar oder in Südwestdeutschland jedoch häufig vorkommen, wie u.a. blütenförmige Motive, ein in sich kreuzendes Band mit eingelegten Schlingen (vgl. 121r; , Abb. 5,4) und linear eingehängten Doppelachtern (vgl. 72r; , Abb. 6,2). Der Fisch, in 10 Weiss. detailreich verwendet, tritt in der Erscheinung zurück und ordnet sich dem Buchstaben unter (vgl. 78r), wird sogar durch Flechtband ersetzt (vgl. 109r). Zahlreiche Einträge zeugen von dem liturgischen Gebrauch der Handschrift, wahrscheinlich im Kontext des monastischen Offiziums (P. Carmassi, in: , Nr. 5)., 48, Nr. 126. — , Nr. 4102 (Heinemann Nr.). — , A list of the oldest extant manuscripts of St. Augustinus, in: Miscellanea Augustiniana 2, Roma 1931, 236ff. — , 706. — , 127, 128. — , 126 Anm. 579, 127. — , 527, 528. — , 87, 88 Anm. 30, 92. — , S. 19. — , Bd. 1,1.2, 824. — , 20, 28. — , Nr. 5 ( ). — , 309. — , Nr. 7369. — , 360, 363.
Abgekürzt zitierte Literatur
G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui, Hildesheim, New York 1885, ND Hildesheim, Bonn 1973 | |
Bibliothèque monastique (IXe-XIIe s.). Le scriptorium oublié de Wissembourg. Exposition de photos des manuscrits de Wissembourg conservés à la Herzog-August-Bibliothek de Wolfenbüttel (R.F.A.), organisée par la Mission Historique Française en Allemagne et le Cercle d'histoire de l'Alsace du nord avec la collaboration de la Bibliothèque de Wolfenbüttel et de la Société Thierry Alix de Nancy, Wissembourg du 15 septembre au 8 octobre 1991, Wissembourg 1991 | |
K. und V. Bierbrauer, Schuttern in der Karolingerzeit. Das Evangeliar in London, British Library, Add. 47673, in: Herrschaft, Kirche, Kultur. Beiträge zur Geschichte des Mittelalters. Festschrift für Friedrich Prinz zu seinem 65. Geburtstag, hrsg. von G. Jenal, Stuttgart 1993, 449-491 | |
B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Teil 1: Aachen-Lambach, Wiesbaden 1998 | |
B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Teil 3: Padua–Zwickau, aus dem Nachlass hrsg. von B. Ebersperger, Wiesbaden 2014 | |
H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10) | |
G. Cames, Dix siècles d'enluminure en Alsace, Contades 1989 | |
Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 1–, Turnhout 1954– | |
Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina) | |
Divina officia. Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter, Wolfenbüttel 28. November - 31. Juli 2005, Konzeption von Ausstellung und Katalog P. Carmassi, Wiesbaden 2004 (Ausstellungskataloge der Herzog-August-Bibliothek 83) | |
E. Hellgardt, Die exegetischen Quellen von Otfrids Evangelienbuch. Beiträge zu ihrer Ermittlung, Tübingen 1981 (Hermaea; N.F. 41) | |
H. Hoffmann, Schreibschulen des 10. und 11. Jahrhunderts im Südwesten des Deutschen Reichs, 2 Bde., Hannover 2004 (MGH Schriften 53) | |
W. Kleiber, Otfrid von Weißenburg. Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung und Studien zum Aufbau des Evangelienbuches, Bern/München 1971 (Bibliotheca Germanica 14) | |
S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1) | |
R. Kurz, Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus, Bd. 5/2: Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Verzeichnis nach Bibliotheken, Wien 1979 (Veröffentlichungen der Kommission zur Herausgabe des Corpus der lateinischen Kirchenväter 10 = Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte 350) | |
E. Lesne, Histoire de la proprieté ecclésiastique en France, Lille 1938 | |
Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865 | |
S. Westphal, Karolingische Buchmalerei aus dem elsässischen Kloster Weißenburg, in: Die Handschriften der Hofschule Karls des Großen. Individuelle Gestalt und Europäisches Kulturerbe, Tagung Trier 2018, Trier 2019, 357–391 | |
Liste der von H. J. Blum im Jahre 1673 der Wiener Hofbibliothek angebotenen Handschriften meist Weissenburger Herkunft, in: T. Gottlieb, Die Weissenburger Handschriften in Wolfenbüttel, Wien 1910 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 163,6) | |
Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 3: Die Weissenburger Handschriften, beschrieben von O. von Heinemann, in: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 2 Teil 5, Wolfenbüttel 1903, 268–443 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).