Beschreibung von Cod. Guelf. 437 Helmst. (Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil III: Cod. Guelf. 371 bis 460 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung).) Beschrieben von Bertram Lesser Elektronische Ausgabe nach TEI P5 TEI-P5 konforme Kodierung durch Bertram Lesser Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

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Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Copyright Information

Neu katalogisiert durch Bertram Lesser.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil II .

Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt Normdaten ergänzt bzw. korrigiert.
Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek Helmstedter Handschriften Cod. Guelf. 437 Helmst. Heinemann-Nr. 472 Manuscripta Mediaevalia Objektnummer 32412286,T Bonifatius VIII papa. Johannes Monachus. Innocentius IV papa Nordfrankreich 1280–1325

Pergament

Aus zwei Teilen zusammengesetzt: I 1r–31v, II 32r–I*v.

37, I Bl. 28–28,5 18–18,5 Tintenfoliierung modern: 1–37, leeres Vorsatzbl. hinten ungez. V+1 (11). VI (23). IV (31). III+1 (37)! Kustoden in römischen Zahlen auf dem Fußsteg der ersten Rectoseite jeder Lage, von der Hand des ersten Besitzers bei bzw. nach der Zusammenführung beider Teile hinzugefügt: VusVIIIus.

Das sehr dünne Pergament ist vielfach verknittert und an den Rändern beschädigt. Im hinteren Teil des Codex Wurmfraßschäden.

Gotischer Holzdeckelband (Buche) mit Halbbezug aus ungefärbtem Schafsleder. Sieben einfache Bünde aus dicken Lederstreifen. Zwei Langriemenschließen verloren, auch Dornen und Schließenlager entfernt. Liber catenatus, an der Oberkante des HD Rest der Kettenöse. Beide Deckel mit starken Wurmfraßspuren, an den Kanten des HD bereits Ausbrüche und Materialverlust. —

Nach dem Verlust der ersten vier Lagen wurde der Rückenüberzug gelöst und die nunmehr zu langen Bünde durch Beschneiden gekürzt. Der Rücken wurde mit acht Streifen aus rotgefärbtem Schweinsleder verstärkt, die quer auf dem Rücken zwischen die Bünde gelegt und an beiden Deckeln mittels eines senkrechten, mit jeweils 15 eisernen Nägeln befestigten Lederstreifens fixiert wurden.

Der älteste Teil des Codex, die Abschrift der Novellen des Papstes Innozenz IV., entstand nach Ausweis der Schriftmerkmale um 1280 im nordfranzösischen Raum, die Kommentierung erfolgte nachträglich. Er wurde im frühen 14. Jh. mit der im gleichen Gebiet angefertigten kommentierten Abschrift des "Liber Sextus" zusammengebunden und erst danach von derselben Hand wie dieser mit Rubriken versehen. Dies geschah vermutlich noch vor der Promulgation der Clementinae 1317, worauf 26vb in marg. ein nachträglicher Vermerk zu VI 3.23.3 (Clericis laicos) hindeutet: Revocata est per Clementinam 'Quoniam ex' . Bemerkenswert ist nicht nur die Ineinanderfügung von Text und Kommentar im "Liber Sextus", sondern auch dessen Ergänzung durch die Novellen Innozenz' IV., die mit Ausnahme der Promulgationsbullen sämtlich im "Liber Sextus" enthalten sind und damit in der Hs. doppelt vorhanden waren. Der vom Besitzer beider Teile auf dem Fußsteg von Bl. 1r angebrachte Verweis signalisiert, dass am Schluss des Codex noch eine Sammlung nicht näher bestimmer sog. Extravaganten zu finden sein sollte, vgl. dazu M. Bertram, Vorbonifazianische Extravagantensammlungen, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 89 (2003), 285–322. Ob diese tatsächlich vorhanden waren und mit den ersten vier Lagen der Hs. verlorengingen oder ob hier eine Verwechslung mit den Novellen vorliegt, kann nicht mehr entschieden werden.

Der Codex gelangte auf unbekanntem Wege im späteren 14. oder im 15. Jh. ins Benediktinerkloster St. Blasius in Northeim, vgl. den Besitzvermerk (15. Jh.) auf Bl. 37v: Liber Sancti Blasii in Northeim, ähnlich in Cod. Guelf. 271 Helmst., 289v. In Johann Letzners Northeimer Bücherverzeichnis von 1592 als einer von zwei Liber 6. decretalium Bonifacii 8. papae verzeichnet ( Herbst Bibliothek Northeim , Sp. 70 Nr. 217 oder 220).

Zusammen mit dem übrigen Buchbestand des Konvents am 3.2.1624 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt ( Germania Benedictina6, 379). 1644 in deren Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 25r) als Liber VI Decretalium in membrana, Vornan ein defect unter den Juridici MSSti in folio beschrieben, auf dem VS die entsprechende Helmstedter Signatur J. 42. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 398 aufgeführt.

Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil III: Cod. Guelf. 371 bis 460 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung). Heinemann Nr. 472. Herbst Northeim , 619f. Krämer, 608. Härtel Lamspringe , 116. I 14. Jh., 1. Viertel 1ra–29va Bonifatius VIII papa Liber sextus decretalium<note> inserto apparatu <rs type="person" role="author" ref="#johannes_monachus">Johannis Monachi</rs> </note> Dekretalen- und Kommentartext sind durch den Verlust von vier Lagen fragmentiert. Ähnlich wie in den Hss. Città del Vaticano, BAV, Pal. lat. 646, 1ra86vb und Frankfurt/M., StUB, Ms. Barth. 29, 1ra–140va ( Frankfurt 2, 59) ist hier der Kommentar in kleinerer Schrift zwischen die Abschrift der Dekretalen eingeschoben und durch Verweise verknüpft: 1ra–b 8rb–va 13va–15vb 26ra–29va Bonifatius VIII papa Liber sextus<note> (carptim)</note> De desponsacione impuberum rubrica Text setzt ein Si infantes ad invicem vel unus maior et alter minor legis nititur voluntatem. Datum Rome apud sanctum Petrum V nonas Marcii pontificatus nostri anno quarto Nur Rubriken, keine Einteilung in Bücher. Im Gegensatz zum Kommentar war der Gesetzestext offenbar nicht fortlaufend geschrieben, sondern wenigstens stellenweise umgeordnet. Zumindest im erhaltenen Teil fehlen alle Stücke, die sich explizit auf Mönche und andere Religiose beziehen, so auch die in anderen Sextus-Hss., wie z. B. Cod. Guelf. 407 Helmst., fehlende Dekretale Exiit qui seminat (VI 5.12.3) für den Franziskanerorden, vgl. dazu Friedberg 2, 1109 im Apparat. Ob diese bewusst weggelassen oder an anderer Stelle geschlossen eingefügt wurden, ist aufgrund des Textverlustes nicht mehr nachvollziehbar, zumal der Kommentar zu VI 5.12.3 vorhanden ist. Im einzelnen sind noch enthalten: (1ra–b) VI 4.1.2–5.1.2, 5.4.1; auf dem Fußsteg von 1r Verweis auf die Fortsetzungen: De hereticis invenies proiectis de fine ante constitutiones extravagantes tribus foliis sc. 26vb–28va ibidem subiunguntur dua capitula residua de homicidio ante tytulum de usuris sc. 28va . (8ra–va) VI 5.11.12–5.11.24, korrekte inhaltliche Zuordnung durch Angabe auf dem Fußsteg: Ista capitula sunt de tytulo de sentencia excommunicacionis. – 8vb leer. – (13va–15vb) VI 5.7.1–5.11.11; (26ra–29va) VI 3.16.un., 3.22.1–3.23.5, 5.2.1–5.3.un., 5.4.2–5.6.un., 5.12.1–5.12.2, 5.12.4–5.12.5, Regulae iuris. Bl. 8 gleichzeitig entstanden, aber beim Binden irrtümlich an diese Stelle gesetzt. Druck: Friedberg 2, 936–1124, hier 1066–1069, 1080 (Mitte), 1102–1107, 1082–1102, 1053f., 1059–1064, 1069–1080 (Anfang), 1080 (Schluss)–1082, 1107–1109, 1121–1124. Zum Text vgl. Cod. Guelf. 407 Helmst., 1ra–53vb. 1rb–7vb 9ra–13rb 15vb–25vb Johannes Monachus Glossa in Librum sextum Text setzt ein De consecracione ecclesie vel altaris. Dictum est de religiosis domibus et capellis monachorum et et earum altaria consecrari debent ideo de eis subicit. Si ecclesiam. Hec decretalis habet tria dicta de privilegiis 'Quanto' et XIIII q. III 'Plerique'. Jo. Cad. Im einzelnen ist enthalten: (1rb–7vb) Glossa in VI 3.21.1–5.9.2 (Beginn), Kommentar ist durch Verweis auf dem Fußsteg von Bl. 1v: textus istius tytuli est in folio precedenti ex ista parte mit dem Text verbunden, der sich auf dem letzten der verlorenen Bl. befand, außerdem Verbindung zum direkt anschließenden Kommentartext auf Bl. 9ra durch Verweiszeichen () und Verweis auf dem Fußsteg von 7vb: verte sequens folium. (9ra–13rb) Glossa in VI 5.9.2–5.11.11; (15vb–18va) Glossa in VI 5.11.12–5.12.5 und (18va–25vb) Glossa in Regulis iuris. Druck: Glossa aurea nobis priori loco super sexto decretalium libro tradita per … Joannem Monachi Picardum … cum additionibus Philippi Probi Biturici…, Paris 1535, hier fol. CCCXXXIIra–CCCCXLVIIvb. Dazu Schulte 2, 192 Nr. 56.1; Hove, 474f.; DDC 6, 112f.; Coing, 377; Schmidt Publikation , 573f. 29vb–31vb leer.

Pergament

31 Bl. 28,5 18,5 V+1 (11). VI (23). IV (31).

24–24,5 15–15,5 , zweispaltig (Spalten jeweils 7 cm breit), je nach Hand 76–88 Zeilen.

Regelmäßige, im Kommentartext z. T. sehr kleine ältere gotische Kursive von mehreren, schwer unterscheidbaren Händen,

wobei der Dekretalentext und der größte Teil des Kommentars von einer Hand geschrieben wurden.

Rubriziert, die Überschriften von der gleichen Hand wie in Teil II, daher wohl erst nach der Zusammenführung beider Teile eingefügt. Abwechselnd rote und blaue Paragraphenzeichen und Lombarden über 2–3 Zeilen, z. T. mit filigranen konturbegleitenden Fadenausläufern und spiralig gerolltem Fadenwerk im Binnenfeld, jeweils in der Gegenfarbe. Als Seitentitel auf jeder Versoseite Liber in roten, auf jeder Rectoseite VI in roten und blauen Majuskeln.
II 1280–1325 32ra–37v Innocentius IV papa Novellae constitutiones<note> cum apparatu eiusdem</note> 32ra–37v Textus Innocencius in concilio Lugdunensi Cum in multis iuris articulis innumerositas et infinitas reprobatur a procuratore dictorum abbatis et conventus quod ex malicia non procedit Insgesamt 33 Stücke, Zählung nach Coll. Novell. III, vgl. Kuttner Decretalistica (s. unten), 442f.: Nr. 1–6, 8, 11, 9, 10, 12, 13, 15, 14, 16–20, 22, 25–27, 21, Extravagante Non solum, 30, 31, Cum inter venerabiles fratres, 6, 33, 34, 39 und 20. Es handelt sich also um die aus den Collectiones I und II zusammengesetzte sog. "Sammlung von 33 Stücken" unter Auslassung von Nr. 37 und 38, die Innozenz IV. selbst glossierte, vgl. Kessler Untersuchungen (s. unten), Teil I, 242–250, ohne die Hs. Nr. 2 noch mit der später gestrichenen Arenga Expediendis, Nr. 6 mit Dublette, Nr. 20 hier zuerst mit der innozentianischen Vorbemerkung Ad hec quia, dann noch einmal in der ursprünglichen Fassung Gregors IX: Gregorius episcopus servus servorum Dei venerabili fratri archiepiscopo Rothomagensi Presencium; vgl. dazu M. Bertram, Die Extravaganten Gregors IX. und Innozenz' IV (1234–1254), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 92 (2006), 1–44, hier 13f. Nr. 9 mit der älteren Literatur. Zu der eingeschobenen Promulgationsbulle Cum inter venerabiles fratres der Collectio II vgl. Kessler Untersuchungen (s. unten), Teil I, 146f. und 300–304. Zusätzlich auch die häufig in Novellensammlungen eingeschobene Extravagante Non solum, hier in der älteren Fassung von Gregor IX, vgl. Kuttner Decretalistica (s. unten), 438f. Anm 7 und Bertram Extravaganten (s. oben), 12 Nr. 6. Auf dem Kopfsteg von Bl. 32r die Rubrik de rescriptis von gleicher Hand wie die Lagenzählung nachgetragen. Mit erweitertem Textbestand und der Glosse des Bernardus Compostellanus iunior auch in Cod. Guelf. 12 Helmst., 244ra–250rb. Druck Mansi 23, 651–674; Corpus Iuris Canonici Gregorii XIII. Pontif. Max. Auctoritate … editum, in duos tomos divisum…, Bd. 2, hrsg. von J. H. Boehmer, Halle 1747, Appendix III, col. 351–367. 32ra–37ra Glossa Cum in multis et infra generalem. Nam omnes expressi in literis continentur et preter illos quatuor de statu monachorum 'In singulis' et capitulo 'Ea que' Die Glosse ist hier vermutlich unvollständig und ungedruckt. Literatur J. F. Schulte, Beiträge zur Literatur über die Decretalen Gregors IX., Innocenz IV., Gregors X., in: Sitzungsberichte der Philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 68, Wien 1871, 55–127 (126 Hs. genannt, Glossenapparat fälschlich Petrus de Sampsona zugeschrieben); Schulte 2, 109f. Nr. 11.3 (Hs. genannt); S. Kuttner, Decretalistica, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 26 (1937), 436–470 (457 Hs. genannt nach Schulte, Zuschreibung des Glossenapparats wie dieser, s. oben); S. Kuttner, Die Konstitutionen des ersten allgemeinen Konzils von Lyon, in: Studia et documenta historiae et iuris 6 (1940), 70–131, ND in Ders., Medieval Councils, Decretals, and Collections of Canon Law. Selected Essays, London 21992, Nr. XI (getr. Zählung 70–131), jeweils 112–116 zum Glossenapparat (112 Hs. genannt, Zuschreibung berichtigt); P. J. Kessler, Untersuchungen über die Novellengesetzgebung Papst Innozenz IV., in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 31 (1942), 142–320 (I); 32 (1943), 300–383 (II); 33 (1944), 56–128 (III), hier Teil II, 354–369 (361 Anm. 118 Hs. genannt nach Kuttner). – Hinteres Vorsatzbl. (I*r–v) leer.

Pergament

7 Bl. 28 18 III+1 (37)!

Haupttext 13–13,5 8,5–9 , zweispaltig (Spalten jeweils 3,5–4 cm breit), 38–41 Zeilen, Blindliniierung;

Glosse 24–25 17 , Zwei-Spalten-Klammerform ( Powitz, 65f., Spalten zwischen 7 cm und max. 9 cm breit), 94–106 Zeilen.

Drei Hände,

Haupttext von einer Hand in regelmäßiger französischer Textualis,

Glosse von zwei verschiedenen Händen in z. T. sehr kleiner älterer gotischer Kursive, Hand 1: Bl. 32ra–b, Hand 2: Bl. 32va–37ra. Auf Bl. 36r ein kurzer, in den laufenden Glossentext eingeschobener Nachtrag von der gleichen Hand wie die Lagenzählung und die Gliederungsvermerke in Teil I.

Rubriziert, die Überschriften von der gleichen Hand wie in Teil I, daher wohl erst nach der Zusammenführung beider Teile eingefügt. Abwechselnd rote und blaue Paragraphenzeichen und schmale, langgezogene Lombarden über 3–5 Zeilen mit filigranem, sorgfältig ausgeführtem Fadenwerk in der Gegenfarbe, im Binnenfeld meist rektilinear senkrecht angeordnet. Das Initium der ersten Novelle (32ra, Cum in multis ) als Block aus wechselnd roten blauen Unzialmajuskeln über 5 Zeilen mit filigranen Fadenausläufern in der Gegenfarbe.