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Beschreibung von Cod. Guelf. 521 Helmst. (Heinemann-Nr. 568)
Otto von Heinemann: Die Helmstedter Handschriften. Bd. 2: Cod. Guelf. 501 bis 1000 Helmst. (1886) S. 1013

Pergam. 23½ x 16 cm cm. 154 Bll. (Bl. 18 ist doppelt gezählt).
13. Jahrh. (erste Hälfte). Mit vielen Bildern und Initialen auf Goldgrund,
in allen seinen Theilen ein Prachtwerk, von einer Nonne in
Wöltingerode geschaffen, wie aus der f. 2 an den Rand geschriebenen
Inscription (Sancte Paule, ora pro me peccatrice) erhellt. Beschrieben
bei Schönemann, Merkwürdigkeiten no. 48. In dem voraufgehenden
Kalender ist jedem Monate eine Seite gewidmet, die in zwei
Abtheilungen von ungleicher Breite, durch Säulen eingefasst und ge
schieden, zerfällt. In der rechten Abtheilung (im heraldischen Sinne
gesprochen) stehen die Kalendertage, in der linken auf Goldgrund je
ein Apostel, darüber das entsprechende Himmelszeichen des Thierkreises,
auf der Mitte des unteren Randes in medaillonartigen Rundungen
gleichfalls auf Goldgrund sind die Monatsbeschäftigungen dargestellt.
Leider fehlen von den Monaten April, Mai, Juni und Juli, also zwischen
f. 2 und 3 zwei Bll. Die Malerei ist von einer Schärfe, Kraft,
Sicherheit und namentlich in den Gesichtern von einer Freiheit und
idealen Haltung, dass sie Erstaunen erregt. Der Faltenwurf ist scharf
und eckig, aber die Technik und Zeichnung höchst ausgezeichnet, die
Gestalten der Apostel voll Hoheit und die Idee, sie auf die Monate zu
vertheilen, eigenthümlich. Hire Namen finden sielt mit Roth an den
Rand geschrieben. — Dann kommt (f. 6') ein Bild auf Goldgrund,
Christi Stammbaum Har stellend, in welchem die Figuren (in der Mitte
David, darüber Maria und über dem Ganzen thronend Christus) in
den romanischen Pflanzenwindungen sitzen mit Spruchbändern in den
Händen. Nicht nur dieses Bild, sondern die ganze Malerei erinnert
lebhaft an die Wandgemälde des braunschweiger Domes. — f.7 Christi
Geburt: Maria liegend, das Christuskind neben ihr in der Krippe, dahinter
Ochs und Esel, oben die Hirten mit grossen Blashürnern, der
eine hineinstossend, der andere eben im Begriff anzusetzen, die zwei
übrigen Zettel aus den Händen der Engel empfangend. — f. 8' Christas
am Kreuze, zwischen Maria und Johannes, hinter jener eine Frau, die
ein Lamm darbringt, hinter diesem ein König mit einem Kelche; unten
Isaacs Opfer mit zwei Propheten oder Priestern, oben einerseits Moses
mit der ehernen Schlange, andererseits Kalebs Traube. Ganz unten in
einem kreisförmigen Medaillon das Brustbild einer Frau mit verbundenen
Augen und einer gesenkten Fahne (die Stultitia), ganz oben ein
ähnliches Medaillon, in welchem eine gekrönte Frau (die Sapientia)
mit der Kreuzesfahne, in der Hand einen Zettel haltend mit: Sic Deus
dilexit mundum. — f. 9 oben Christus auf einem Regenbogen in einer
Mandorla als Weltenrichter, umgeben von den vier Zeichen der Evangelisten,
zur Seite Maria und Joseph fürbittend: in der unteren Hälfte
des Blattes Gott-Vater mit greisem Haar und Bart und drei flammenartig
emporstehenden Scheitellocken, auf seinem Schoosse Adam als kleines
Kind haltend, rechts und links je ein Baum von Engeln umgeben,
aus dessen grossen tulpenartigen Blättern Menschenköpfe hervorschauen
und Gott-Vater anlachen. — f. 10/ beginnt der Psalter mit einem die
ganze Seite füllenden überaus kunstvoll aus Laubwerk und Arabesken
verschlungenen B auf Goldgrund mit Löwen, Hirsch, Steinbock, dem
vom h. Georg bekämpften Drachen und anderem Gethier in den Windungen.
— f. 29' Christi Taufe im Jordan. — f. 42' Christi Verklärung
(Marc. 9. 4). — f. 54' Christus am Tisch, ihm zu Füssen, diese
mit ihrem Haar trocknend, Maria Magdalena. — f. 8(V Christi Einzug
in Jerusalem. — f. 95' dessen Himmelfahrt. — f. 108' Pßngsten. —
f. 149' Das Weltgericht: oben Christus mit den Wundenmalen auf goldenem
Throne, die Hände segnend ausgestreckt, neben ihm fürbittend
Maria und Joseph, unten zu seiner Rechten die Outen, linlcs die Verdammten,
in beiden Gruppen je ein Papst, Kaiser und Bischof, die
Verdammten von einem schwarzhaarigen Teufel, der die Zunge aussteckt,
an einer Kette fortgeschleppt. — Alle diese Bilder sind auf Goldgrund
gemalt und nehmen stets die ganze Seite ein. (Vergl. die Beschreibung
bei Schünemann). Der Codex ist ausserdem mit zahlreichen aus
Rankenwindimgen gebildeten grösseren Initialen von hoher Schönheit
auf Goldgrund verziert. Er ist für die Geschichte der niedersächsischen
Kunst von hervorragender Bedeutung. Eine freie Copia davon ist vielleicht
562, auch muss 147. Blankenb. mit ihm verglichen werden. In
dem Calendarium hat die Schreiberin folgende nekrologische Bemer-
Jcungeti angebracht:
9 Kal. Febr. Gluta amantissima mater mea
8 Non. Martii e. Otilia precordialissima soror mea
Non Decemb. -e-. Lutolfus pater meus.
Sollten diese und mithin die Schreiberin dem Geschlechts der Grafen
vott Wöltingerode, die das Kloster gestiftet haben, und bei denen der
Name Ludolf oft vorkommt, angehören? In dem Necrol. Wöltinger.
(537) werden sie nicht erwähnt.

Ebd.: Höchst merkwürdig. Die Holzdeckel mit uraltem gewirkten Seidenzeug überzogen,
welches vorn Christus, hinten Maria mit dem Jesusknaben auf dem Arme, beide in einer
Mandorla und von den Emblemen der Evangelisten umgeben, zeigt. Der Rücken erneuert,
die beiden Schliesser abgerissen.

Prov. u. Gesch.: Stammt aus Wöltingerode, f. 1 steht: Aliis inserviendo conssnmor.
D. G. I. D. B. E. L. (Del Gratia Julius Dux Brunswicensis Et Luneburgensis) recepit
istud (sic) librum anno 1572, dic 15 Marcii. Darunter: Aus dem gunffercloster Woltin-
genrode zw der bestallte Festunge Wolffenbattel bei der nenhe erfreitte Heinrichstad
pressentiret, wie für gemelte ist.

Enthält:
1) f. 1'5. Calendarium.
2) f. 5', 6,7', 8,9' und 10. Cursus sancte Marie et domini nostri Iesu Christi.
3) f. 107–136. Psalterium.
4) f. 136145'. Cantica.
5) f. 146147'. Fides catholica.
6) f. 148149. Litania.
7) f. 150153'. Vespere defunctorum.
Auf dem ursprünglich leer gelassenen Bl. 108 von einer Hand des 15. Jahrhunderts
eine Expectoraiion über die Psalmen: „Canticum psalmorum
animos decorat, invitat angelos etc.u und auf dem inneren Hinterdeckel
das Bruchstück eines Hymnus auf Christi Tod.


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