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Beschreibung von Cod. Guelf. 569 Helmst.
geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil IV: Cod. Guelf. 462 bis 615 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Lectionarium officii. Cantica. Hymni

Pergament — 243 Bl. — 21,5 × 15 cm — Wöltingerode, Zisterzienserinnenkloster — 15. Jh., letztes Viertel

Lagen: 8 V (80). IV+1 (89). 7 V (159). V+1 8170). 5 V (220). VI (232). V+1 (243). Reklamanten, meist durch Beschnitt verloren, Lagenzählung in roten römischen Zahlen (IXXV) auf dem Fußsteg der ersten Rectoseite jeder Lage, Zählfehler: Zählung springt von XVII auf XIX. Bleistiftfoliierung modern 1242, vorderes und hinteres Vorsatzbl. ungez. Schriftraum: 16–16,5 × 10,5 cm, einspaltig, je nach Hand 18–22 Zeilen. Sehr regelmäßige schlaufenlose Bastarda von zwei Händen, Hand 1 1r179v, 238r241v , sog. "Schreibhand A", die insgesamt 15 Hss. aus dem Wöltingeroder Buchbestand ganz oder teilweise abschrieb, aufgelistet bei Kreutz, 43–45, 48 und 57; die Liste der Hss. ebd., 45 Anm. 101. Hand 2: 179v237v, 242r243r . Rubriziert, am Beginn der einzelnen Lesungen rote, vereinzelt, meist bei den Lesungen der Herrenfeste, auch blaue (48v, 57v, 61r, 62v, 74v, 90v, 224v, 227r, 229v, 230v, 233r, 235r237r, 242v ) und violette (48v, 50v, 58v, 59v ) oder rot-blau geteilte (54v, 55v, 56r, 65v, 239v ) Lombarden über 2–3 Zeilen mit vielfältigen, sorgfältig ausgeführten axialsymmetrisch angeordneten Schaftaussparungen im Buchstabenkörper, die auch in zahlreichen anderen Wöltingeroder Hss. vorkommen, vgl. z. B. Cod. Guelf. 602 Helmst. Auf Bl. 1r, sowie am Beginn der Lesungen einiger Herrenfeste (51v, Weihnachten, 62r, Weihnachtsoktav, 235v, letztes Responsorium des Karfreitags, 237r, letzte Lesung des Ostersamstags) Fleuronnéeinitialen in Unzialform über 3–5, meist 4 Zeilen. Buchstabenkörper in Silbertusche ausgeführt mit weißen Aussparungen, umgeben von rotem konturbegleitendem Knospenfleuronnée mit Perlreihen, dazu entlang des Textspiegels mehrfache, am Ende geschwungene Fadenausläufer mit Fibrillenbesatz. Die Binnenfelder sind stets mit komplexem vegetabilen Mustern (Knollenblätter) und Knospen gefüllt; im unteren Teil der Füllung sind stets zwei krautige Blätter axialsymmetrisch so zusammengestellt, dass sie die Form eines stilisierten Kopfes mit langen Ohren ergeben, worin zusätzlich vielfach Punktverzierungen in Gesichtsform angebracht sind (siehe besonders 51v). Gleichartiger Buchschmuck auch in den Wöltingeroder Bänden Cod. Guelf. 620 Helmst., 667 Helmst. und 708 Helmst. sowie in dem gedruckten Brevier S 345.8° Helmst. (GW 5198).

Spätgotischer Holzdeckelband, mit rotbraun gefärbtem Schafsleder überzogen. Streicheisenlinien. Einzelstempel Adler natürlich: EBDB s000215. Blüte, Vierblatt mit Zwischenblättern: EBDB s002011. Drache geflügelt, vierbeinig: EBDB s004216. Eichelzweig mit Lilienblättern: EBDB s004264. Basilisk: EBDB s000426. Herz, von zwei Pfeilen durchbohrt: EBDB s005250. Laubstab ohne Astgabel: EBDB s005665. Lilie, Mittelblatt rhombisch, unterer Abschluss lilienförmig: EBDB s002242. Rosette, drei Blattkränze, fünfblättrig: EBDB s007007. Rosette, ein Blattkranz, sechsblättrig: EBDB s007885. Akanthusstaude: EBDB s000891. Sämtlich der "Hauptwerkstatt Wöltingerode" (EBDB w000260) zugeschrieben. 3 Doppelbünde. 2 Riemenschließen mit Stiftlager in Vogelkopfform. Gleichartig gestaltete Einbände mit identischen Beschlägen auch bei den in der gleichen Werkstatt gebundenen Cod. Guelf. 599 Helmst., 667 Helmst., 708 Helmst. und 1343 Helmst.

Fragmente, 1. VS: Pergament, ein Bl., 21,5 x 15,5 cm, gefaltet und mitgeheftet. Schriftraum: 19 x 12,5 cm, einspaltig, 28 Zeilen. Späte Carolino-Gothica, um 1200. Rubriziert, rote Lombarden. Lectionarium. In marg. gez. ›lectio III‹ – ›lectio VII‹; der Text aus Prv 1,18–2,10. Sofern es sich bei dem Fragment um ein Lektionar zisterziensischer Provenienz handelt, stammen die Lesungen aus dem Sommerteil zum 11. Sonntag nach Pfingsten, vgl. GW 5198, o7r8v . — 2. HS und hinteres Vorsatz: Pergament, ein Doppelbl., mittig gefaltet, pro Bl. noch 21,5 x 14,5 cm (beschnitten), mitgeheftet und kopfständig eingeklebt. Schriftraum identisch, zweispaltig (Spalte 7 cm breit), noch ca. 62 liniierte Zeilen. Ältere gotische Kursive, 14. Jh. Rubriziert, rote Lombarden. Commentum in Poetriam novam Galfredi de Vinosalvo. Enthalten sind u.a. ausführliche Kommentare zu den Versen 5,770 (Instruit iste modus …), 5,805 (Talia multa vide …), 5,813 (… nec auster inebriat) und 5,854 (Ecce sub hac forma …). Makulatur aus diesem Codex auch als VS und Vorsatzbl. in dem in der gleichen Werkstatt gebundenen Cod. Guelf. 708 Helmst. verwendet. — 3. Abgelöstes Titelschild (Papier, 14 x 4 cm, 16./17. Jh., Aufschrift: BREVIARIUM manuscriptum in Pergameno), das nach den Klebe- und Knickspuren auf dem zweiten Rückenfeld von unten anstelle des aktuellen Signaturschildes angebracht war und nicht, wie Kreutz, 87, vermutet, zur Ausstattung der Konventsbibliothek gehörte.

Herkunft: Der Codex wurde von zwei Schreiberinnen im letzten Viertel des 15. Jh. im Zisterzienserinnenkloster Wöltingerode geschrieben. — Er wurde am 14.3.1572 mit den übrigen Buchbeständen des Konvents in die Wolfenbütteler Hofbibliothek transportiert; ein entsprechender Eingangsvermerk befindet sich auf Bl. Ir: Anno 1572 14. Martii Einkommen aus dem Closter Woltingerode. Im Jahre 1618 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt. 1644 im Katalog der Helmstedter Universitätsbibliothek (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 19r) in einem Sammeleintrag unter den Sechs vnd zwanzig Breviaria, worunter 13 vf pergamen vnd 13 vf papier geschrieben unter den Theologici MSSti in quarto nachgewiesen; im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 786 genannt.

Heinemann Nr. 617. — Krämer, 842. — Härtel Untersuchungen, 27. — Kreutz, 45, 48, 57, 69, 87, 192 Nr. 14.

Vorsatzbl. Ir Einkunftsvermerk (siehe oben), Iv leer.

1r237v Lectionarium officii Cisterciense (Proprium de tempore, pars hiemalis). ›Dominica prima in adventu domini. Invitatorium‹. Ecce venit rex occurramus obviam salvatori nostro … (CAO 1074). Versiculus: Ex Syon species decoris eius … (CAO 8060). Visio Isaie filii Amos quam vidit super Judam [Is 1,1] … — … Christus factus est pro nobis obediens usque ad mortem, mortem autem crucis (CAO 7983). Versiculus: Caro mea requiescet in spe (CAO 7982). Das Lektionar enthält die Invitatorien sowie die Lesungen mit Responsorien und Versikeln und Orationen (›Collecta‹) an den Sonn- und Wochentagen (hier in der Regel jeweils drei Lesungen ohne Responsorien und Versikel) sowie den Herrenfesten von Dominica I adventus bis zur Vigilia paschae. Da zu einigen Tagen noch weitere Teile des Offiziums über den Bestand eines Lektionars hinaus enthalten sind, wird die Abfolge des Temporale hier im einzelnen angegeben: (1r11r) ›Dominica I in adventu domini‹ mit Ferialtagen, dazu die Kapitel, Versikel und Kollekten für alle Privattage im Advent; (11r22v) ›Dominica II‹ mit Ferialtagen; (22v37v) ›Dominica III‹ mit Ferialtagen; (37v48v) ›Dominica IIII‹ mit Ferialtagen bis ›feria VI‹; (48v51r) ›In vigilia natalis domini‹; (51r62r) ›In sacratissima nocte Christi‹ (56v57r Lectio VIII abweichend aus Leo I papa: Sermo XXII in nativitate domini, cap. 1, PL 54, 193B–194A); (62r66v) ›Per octavam‹; (66v70v) ›Dominica infra octavam‹ (nur lectio I–VIII der ersten und zweiten Nokturn, die Lesungen der dritten Nokturn im Gegensatz zum Druck vorher bei den Tagen der Oktav eingeordnet); (70v80v) ›In circumcisione‹ mit den Lesungen der Ferialtage aus Rm 1,1–4,6; (80v85v) ›Dominica post circumcisionem‹; (85v94v) ›In Epyphania‹ mit den Ferialtagen der Oktav, letztere jedoch ohne Lesungen; (94v102r) ›Dominica infra octavam‹ mit den oben fehlenden Lesungen der Ferialtage der Oktav; (102r107v) ›In octava epyphanie‹; (107v123r) ›Dominica prima post octavam Epyphanie‹ mit Ferialtagen (hier jeweils zusätzlich mit den Initien der Psalmen, Antiphonen und Hymnen der Nokturnen wie bei Herrenfesten, entspricht dem Brevierdruck); (123r133r) ›Dominica II‹ mit Ferialtagen; (133r144r) ›Dominica III‹ mit Ferialtagen; (144r154v) ›Dominica IIII‹ mit Ferialtagen; (154v167r) ›Dominica in LXX‹ mit Ferialtagen; (167r177v) ›Dominica in LX‹ mit Ferialtagen; (177v185r) ›Dominica in L‹ mit Ferialtagen; (185r192r) ›Dominica in XL‹ mit Ferialtagen; (192r199r) ›Dominica secunda in XL‹ mit Ferialtagen; (199r207r) ›Dominica III‹ mit Ferialtagen; (207r215r) ›Dominica IIII‹ mit Ferialtagen; (215r224v) ›Dominica in passione domini‹ mit Ferialtagen; (224v233r) ›Dominica in palmis‹ mit Ferialtagen, (233r234v) ›In cena domini‹ (ohne abschließende Oration), (234v235v) ›In parasceve‹, (235v237v) ›In sacratissimo ac illustrissimo atque gaudiosissimo sabbato pasche‹. Die Gliederung und damit die Initien der einzelnen Lektionen weichen vielfach vom Druck ab. Lektionare aus Wöltingerode mit z. T. abweichendem Lesungsbestand auch in Cod. Guelf. 1111 Helmst., 5v–292r; 1354 Helmst. 5v–262r. Druck (im Zisterzienserbrevier): GW 5198, a2rk11v (vergl., Exemplar S 345.8° Helmst. ebenfalls aus Wöltingerode).

238r241v Cantica nocturnalia secundum breviarium Cisterciense. (238r239v) Cantica nocturnalia dominicalia de communi tempore. ›Cantica dominicis diebus‹. Enthalten sind: (238rv) Is 33,2–10; (238v239r) ›Aliud canticum‹: Is 33,13–18; (239rv) ›Aliud‹: Sir 36,14–19. (239v241v) ›In nativitate cantica‹. Enthalten sind: (239v240r) Is 9,2–7; (240r241r) ›Aliud‹: Is 66,10–16 mit den abweichenden Versen 10 und 11: Letare Iherusalem et diem festum agite omnes qui diligitis eam …; (241rv) ›Aliud‹: Is 26,1–12. Druck (im Zisterzienserbrevier): GW 5198, ff4vff7r (vergl.).

242r243r Hymni nocturnales. (242r) ›In adventu domini privatis diebus ympnus ad nocturnum‹. AH 50 Nr. 4 mit Doxologie: Gloria tibi Domine | Gloria unigenito | [Una] cum sancto spiritu | In sempiterna secula. (242v) ›In festo nativitatis Christi ympnus ad nocturnum‹. AH 50 Nr. 8 Str. 1–4 und zusätzliche Doxologie wie oben. (242v) ›In passione domini usque ad pascha preter festa sanctorum‹. AH 51 Nr. 75 Str. 1–4 und zusätzliche Doxologie wie oben. (243r) ›Dominica in palmis ympnus ad nocturnum‹. AH 51 Nr. 74 Str. 1–7 und 13. Druck (im Zisterzienserbrevier ohne den ersten Hymnus): GW 5198, ff11r und ff12vff14r (vergl.).


Abgekürzt zitierte Literatur

AH Analecta hymnica medii aevi, hrsg. von G. M. Dreves und C. Blume, Bd. 1–55, Leipzig 1886–1922, Registerbd. 1–3, hrsg. von M. Lütolf, Bern u. a. 1978
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Härtel Untersuchungen H. Härtel, Untersuchungen zur Bibliotheksgeschichte in Niedersachsen an der Wende vom 15. und 16. Jahrhundert, in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 11 (1986), 1–32
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Kreutz J. Kreutz, Die Buchbestände von Wöltingerode. Ein Zisterzienserinnenkloster im Kontext der spätmittelalterlichen Reformbewegungen, Wiesbaden 2014 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 26)
PL Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865

Revisions:
  • Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil III.
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