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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod.Ms. jurid. 387
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

Sächsisches Weichbild (mit Glosse)

Papier — III, 152, I Bl. — 37,5-38,1 × 27,7-28,4 cm — obersächsisch — 15. Jh. (Mitte)

Wasserzeichen: Ochsenkopf (WZIS DE3270-jurid387_151; Varianten zw. 1442 und 1454); Ochsenkopf (WZIS DE3270-jurid387_147; Varianten 1446-1447); Ochsenkopf (WZIS DE3270-jurid387_149; Varianten 1445-1455); Traube (WZIS DE3270-jurid387_91; Varianten zw. 1445 und ca. 1456); Traube (WZIS DE3270-jurid387_95; Variante 1447). Lagen: Das erste Bl. der ersten sowie das letzte Bl. der letzten Lage fehlen offenbar; sie dürften als VS bzw. HS an den Buchdeckel geklebt gewesen und deshalb bei der Erneuerung des Einbandes weggeschnitten bzw. verlorengegangen sein (siehe unter Einband); Lagenformel: VI-1 (10!). 8 VI (106). VII (120). 2 VI (144). IV-1 (151). Bleistiftfoliierung modern (1-151), nach Bl. 9 folgt ein als 9b gezähltes Bl.; beschädigte oder fehlende Papierteile, speziell im Bereich des Falzes bzw. des unteren Seitenrandes, bei der Neubindung der Handschrift im 18. Jh. (siehe unter Einband) durch neue ergänzt und/oder verstärkt und gesichert (dabei auch zwischen zahlreichen Blättern schmale neue Papierstreifen zur Verstärkung eingebunden). Schriftraum: ca. 28-29 × 17,5-18 cm, zweispaltig; 31-35 Zeilen im Haupttext, 39-43 in der Glosse; Haupttext - samt Glosse - von einem geübten Schreiber (nur der Nachtrag auf 151v von späterer Hand), Bastarda; zahlreiche Textkorrekturen und -ergänzungen bzw. Marginalglossen, wohl etwa zeitgleich mit dem Haupttext und vielleicht von derselben Hand; hingegen auf 65r, 82r und 117r deutlich spätere Einträge (wohl 16. oder 17. Jh.); schlichte Gestaltung; durchgehend rubriziert, Namen und Quellenzitate oder -verweise rot unterstrichen; zudem Korrekturen bzw. Streichungen öfters auch in Rot; mehrere Verweishände (1r,, 117r,, 127r,, 137v,, 138r,, 138v) und Nota-Vermerke.

Einband: Pappeinband des 18. Jhs. (?) mit Lederverstärkung am Rücken und an den Ecken (Halblederband; wohl zeitgleiche Färbung des Buch-Schnitts); am Rücken Goldprägung sowie 1.: älteres Titelschildchen mit der eingeprägten Aufschrift Weichbild sowie der später handschriftlich hinzugefügten Signatur 387; darüber 2.: Papierschildchen mit moderner Göttinger Signatur aufgeklebt (Cod. Ms. jurid. 387); auf dem VS mit Bleistift gleichfalls die moderne Göttinger Signatur vermerkt (Cod. Ms. jurid. 387) sowie darunter (mit Tinte und von anderer Hand): Von Hn. Franz, Studiosus allhier erkauft den 12t(en) Jan. 1791. Eingeklebt sind zudem: 1) das Formular d. Preuß. Akad. d. Wiss. (Bearbeiterin: Marie-Luise Dittrich; Mai 1938); 2) die Handschriftenbeschreibung von W. Meyer; 3) ein schmaler Papierstreifen mit dem gedruckten Vermerk digitalisiert: 2017. Auf dem HS ein Bleistifteintrag zur älteren Göttinger Signatur Ind. Ms. Jur. 20 sowie ein Literaturverweis auf Homeyer, Verz. d. Hschr. 263.

Herkunft: Den Wasserzeichen und der Schrift nach zu urteilen, wurde die Handschrift um 1450 angeferigt. Sowohl die Schreibsprache als auch der Inhalt sprechen dabei für eine Entstehung im (ober)sächsischen Raum. Bereits ihre äußeren Merkmale, insbesondere die regelmäßige Schrift, deuten auf die Anfertigung durch einen geübten Schreiber hin. Wie die Schreibung der lateinischen Textteile in der Glosse zeigen, muss dieser auch im Bereich lateinischer Rechtstexte beschlagen gewesen sein. Aufgrund des Inhalts wäre am ehesten an einen Schreiber mit städtischem Hintergrund zu denken, etwa einen Stadtsyndicus. Eine Verwendung im kommunalen Kontext wird auch durch die später nachgetragenen Glossen nahegelegt. — Um 1500 wurde auf dem letzten Blatt allerdings eine Passage aus einem kanonistischen Werk nachgetragen (siehe beim Inhalt). Die weitere Besitzgeschichte der Handschrift ist unbekannt, erst Ende des 18. Jhs. ist sie im Besitz von Friedrich Christian Franz aus Schleiz im Vogtland nachweisbar, der zuerst Jus-Student in Jena, seit 1789 in Göttingen war (vgl. den Eintrag in der Göttinger Matrikel bzw. bei von Selle Die Matrikel, Bd. 1, S. 320, Nr. 15462 zum 31. Okt. 1789: Friedrich Christian Franz, Schleiza Variscus, jur., ex ac. Jenensi; F. C. Franz wurde dann zuerst Sekretär der gräflich Lynarschen Kanzlei zu Drehnau in der Niederlausitz, danach u. a. landwirtschaftlicher bzw. ökonomischer Autor). Die Jahreszahl im Besitzvermerk Franz/ Schleiza Variscus/ 1789 auf Ir ließe sich am einfachsten als Angabe über den Zeitpunkt interpretieren, zu dem F. C. Franz den Codex erwarb. Trifft diese Deutung zu, hätte dieser sie nur kurz besessen. Im Jan. 1791 verkaufte er sie nämlich an die UB Göttingen (vgl. den Eintrag auf dem VS). Am unteren Seitenrand auf 1r der älteste kleine Besitzstempel der Georgia Augusta.

Göttingen 2, S. 389-390. — Oppitz 2, S. 526 (Nr. 595). — Handschriftencensus.

Ir-IIIv leer, abgesehen von dem Namens- bzw. Besitzvermerk Franz/ Schleiza Variscus/ 1789 (in Auszeichnungsschrift und mit Federlinien verziert).

1ra-151rb Sächsisches Weichbild (mit Glosse). (1ra-149va) Nw höret vnde vornemet von des rechtis begyn vnde von wanne is her komen ist; das recht ist dryerhande. Gotis recht ist das erste; marckt recht ist das ander; lantrecht ist das dritt … — … Gegeben noch Cristi gebort nvn hundert jar in deme dritten jare vnsers richs am dinstage in pfingesten uff vnserem pfaltze keygenwerticlichen vnseris korfursten die ouch ir Inges(igel) haben an gehangen mit allir macht vnsers heiligen vaters Benedicti. Amen. Der Text der Glosse folgt in der vorliegenden Handschrift auf die jeweiligen Kapitel des Weichbildes; das Ende desselben bzw. Kap. 136 (über den Judeneid) ist allerdings als Teil der Glosse behandelt bzw. in dieselbe integriert und dementsprechend kleiner geschrieben als der Haupttext, der mit Kap. 135, §. 3 endet. Ed.: von Daniels – von Gruben – Kühns Weltchronik, Sp. 65-176 (Weichbild) und Sp. 181-438 (Glosse); Lit: allgemein zu diesem Werk und der Glosse 2VL, Bd. 11, Sp. 944-953; Oppitz 1, S. 47-48. (150ra-151rb) Register bzw. Index zum Sächsischen Weichbild. ›Hie hebit sich an das registrum obir das wichbilde‹. Adel … — … Vorwercht gut das do nicht geerben kann.

151v Paulus Attavantius: Breviarium iuris canonici. (151v) Breviarium decretalium (Auszug). ›Breuiarium decretalium perutile incipit; liber primus‹. Rex pacificus pia miseratione disposuit sibi subditos fore pudicos, pacificos et modestos … — … In cunctis sacris ordinibus et ecclesiasticis ordinibus misteris sunt etatis maturitas, gravitas morum et litterarum scientia inquirenda ca(pitulo) quum in cuntis Damit bricht in der Handschrift der Text ab; Druck: Das Breviarium iuris canonici des Paulus Attavantius, der in den verschiedenen Drucken dieses Werkes Paulus Florentinus genannt wird, erschien erstmals 1478 nachweislich (gedruckt von Leonhard Pachel und Ulrich Scinzenzeller in Mailand, GW M30135; weitere Ausgaben in Basel, Lyon und Memmingen folgten; die betreffende Textpassage befindet sich jeweils auf 119r-v; ob eine Handschrift oder ein Druck die Vorlage für die Göttinger Abschrift bildete, ist zwar unklar, doch wirkt Letzteres in Anbetracht des Umstandes, dass das Werk gleich gedruckt erschien, deutlich wahrscheinlicher; vermutlich handelte es sich bei der Vorlage jedoch nicht um den Lyoner Druck von 1484 bzw. GW M30132, da dort die Form 'cum' statt 'quum' verwendet wird; dies gilt in ähnlicher Weise für den Memminger Druck von 1499 bzw. GW M30143, da dort 'quum' gleichfalls nur partiell verwendet ist; größere Ähnlichkeit weist etwa die Mailänder Ausgabe von 1479 bzw. GW M30136 auf); Lit.: zum Werk und seinem Autor Art. Paolo Attavanti, in: Dizionario biografico degli italiani, Bd. 4, Rom 1962, S. 531-532; Stintzing Geschichte, S. 43-45.


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 2 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek: Geschichte, Karten, Naturwissenschaften, Theologie, Handschriften aus Lüneburg, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 2)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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