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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod.Ms. theol. 82
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

Johannes von Neumarkt

Pergament — I, 156, II Bl. — 15-15,3 × 10,5-11 cm — Südböhmen / Bayern — um 1400

Lagen: neben einem Vorsatzbl. (Papier; modern) und zwei Nachsatzbl. (eines alt, Pergament; das andere Papier, modern) besteht die Handschrift aus folgenden Lagen: V (10). 2 IV (26). 11 V (136). IV (144). VI (156); am Lagenende unten mittig regelmäßig Kustoden in römischen Zahlzeichen; bei der ursprünglichen, mittelalterlichen Bindung waren die letzten Lagen zuerst offenbar in verkehrter Reihenfolge eingebunden, wie Einträge am Ende und/oder Beginn mehrerer Lagen zeigen (auf 126v unten der Verweis: Tcelle acht blader vort an so fyndestu dyt exempel all/ want hyr dat boeck versat is mytten bynden; auf 136v unten der Vermerk: Tcelle XV [darüber nachgetragen XVIII] blader weder to ruche so fynstu dit exempel van jongem monch vort virt; auf 144v unten findet sich der Eintrag: Tcelle noch X blader wort ant so fynstu wat hyr an hort; auf 126v und 136v sind auch Reclamanten nachgetragen, um in der verbundenen Handschrift das Auffinden des eigentlich folgenden Textes zu erleichtern; auf 126v ist überdies ein Kreuz als Verweiszeichen eingefügt, das am Beginn der entsprechenden Lage gleichfalls wiederkehrt; auf 145r über der ersten Zeile eingefügt zudem der Hinweis: dit hort in dat exempel van cardinal andres/ X blader to ruc getalt dar men dat). In der ursprünglichen Bindung dürfte die Abfolge der Lagen also fälschlicherweise folgende gewesen sein: XIII, XV, XIV, XVI (zur späteren Behebung dieser inkorrekten Reihenfolge siehe beim Einband). Foliierung (modern, in schwarzer Tinte): 1-156; darüber noch eine - sicherlich ältere - Foliierung in Rot, bei der nur jedes 10. Bl. erfasst ist. Der Buchblock wurde nach der ersten Bindung wohl noch einmal beschnitten (vgl. etwa die nur zum Teil erhaltene, vermutlich aber noch von der Haupthand stammende Korrektur zum Haupttext auf 56v sowie v.a. die erst deutlich später eingetragene aber gleichfalls abgeschnittene Anmerkung auf 71v); das Pergament vielfach fleckig bzw. verschmutzt, an einigen Stellen zudem stark gewellt (siehe etwa Bl. 113, 115, 124, 133); insbesondere auf diesen Bl., aber auch auf anderen, ist die Schrift teilweise erheblich beschädigt (vgl. etwa Bl. 50v); auf Bl. 124r-v eingeklebt zwei quer über die Seite reichende, mit dem entsprechenden Text der 'Hieronymus-Briefe' beschriebene Pergamentstreifen (siehe dazu die Angaben unter Inhalt); an einigen Stellen Löcher im Pergament, die bereits bei der Pergamentherstellung genäht wurden, wobei die Entfernung der dabei verwendeten Fäden schon direkt nach der Trocknung erfolgt sein dürfte (siehe etwa Bl. 43, 45, 115); zudem mehrere Verklebungen von Löchern oder Rissen (z. B. auf 9r; 98r, 124v). Schriftraum: 10,8-11,8 × 7-8 cm, einspaltig, 23-31 Zeilen; Haupttext regelmäßig und relativ großzügig geschrieben, nur wenige Korrekturen; wohl alles von einer Hand (jüngere gotische Buchkursive) außer 118v-120v und 140v-141r, wo der Text nicht nur in anderer, deutlich flüchtigerer Schrift sondern auch in abweichender Schreibsprache (Nordböhmisch/Thüringisch) notiert ist; die Oberlängen in der jeweils ersten Zeile einer Seite sind stärker ausgebildet (bisweilen auch mit Zierelementen versehen, siehe etwa 57r); auf 56v am Seitenrand lateinisches Bibelzitat zum deutschen Text wohl von der Haupthand ergänzt (Nunc dimittis. Lc 2,29), zudem auf 71r-v und IIIv spätere Einträge und Federproben; auf 71r-72r außerdem Unterstreichungen (von derselben späteren Hand, die auf 71r auch einen Nota-Bene-Vermerk eingetragen hat?); in den Rubriken Kapitelzählung in römischen Zahlzeichen (vielfach jedoch fehlerhaft). Durchgehend rubriziert (wohl von derselben Hand, die auch den Haupttext schrieb; vgl. etwa 67v-68r oder 83r); rote und blaue Initialen bzw. Lombarden zu Beginn der einzelnen Kapitel (zumeist zweizeilig); am Beginn des Textes (sowohl der Widmung auf 1r als auch der Brieftexte auf 1v) vierzeilige blaue Initialen mit reichem Fleuronnée und Fleuronnéeleiste in Rot, die drei Viertel der Seitenhöhe umfasst; zu Beginn der Unterabschnitte auf 68r, 82r und 83r gleichfalls vierzeilige blaue Initialen, teilweise mit Ansätzen zu einfachem Dekor, aber ohne Fleuronnée.

Heller, melierter Pappeinband des 18. oder 19. Jhs. (vermutlich wurde die Reihenfolge der Lagen im Zuge dieser Neubindung des 18. oder 19. Jhs. korrigiert; siehe dazu beim Lagenschema); an den Ecken und am Rücken mit braunem Leder verstärkt, der Rücken aktuell jedoch zum Teil abgefallen (darauf Goldprägung mit Muster und Titel, der aufgrund von Schäden am Leder unleserlich ist; unten am Rücken zudem aufgeklebt ein Signaturenschildchen mit der modernen Göttinger Signatur Cod. MS. theol. 82); am VS mit Bleistift gleichfalls eingetragen die moderne Göttinger Signatur, darüber in schwarzer Tinte der Vermerk vid. Manuale A. 1817. p. 48 (Verweis auf den entsprechenden Eintrag im Manuale der UB; mit Bleistift später korrigiert zu 1817 p. 49). Darunter quer eingeklebt die Beschreibung von Wilhelm Meyer. Auf dem HS eingeklebt ein Blatt mit prosopographischen Notizen und handschriftlichen Literaturverweisen des G. W. Lorsbach, betreffend Johannes von Neumarkt; zudem am unteren Rand mit Bleistift eingetragen die ältere Göttinger Signatur Cod. theolog. 40b.

Herkunft: Die Schreibsprache der Haupthand legt eine Herkunft aus dem südböhmisch-bayrischen Raum nahe, die genaue Herkunft ist jedoch unbekannt (insbesondere, da die Schreibsprache der zweiten, auf 118v-120v und 140v-141r tätigen Hand auf den nordböhmisch-thüringischen Raum verweist). — Offenbar bereits von anderer Hand als von der bzw. denen des Haupttextes wurde auf IIr (wohl dem mittelalterlichen Nachsatzbl.) der Besitzvermerk disz buch gehort ... broder christman ... eingetragen. Der darin genannte Christman ist nicht identifizierbar, doch spricht die Bezeichnung als broder für seine Zugehörigkeit zu einer geistlichen Institution bzw. einer Ordensgemeinschaft. Die Nachträge, mit denen in den damals noch falsch eingebundenen Lagen der Handschrift auf die eigentlich im Text folgenden Stellen verwiesen wurde (s. dazu bei der Beschreibung der Lagen), können aufgrund der Schreibsprache als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Handschrift noch im Spätmittelalter in den moselfränkisch-ripuarischen (Sprach-)Raum gelangte (wo vielleicht auch der Besitzeintrag des erwähnten broder christman erfolgte). Aus unbekanntem Vorbesitz gelangte die Handschrift schließlich an Georg Wilhelm Lorsbach (1752-1816; zuerst Professor der Theologie an der Universität Herborn, dann Professor für orientalische Sprachen an der Universität Jena). — Aus seinem Nachlass wurde die Handschrift wurde am 12. Mai 1817 auf der entsprechenden Bibliotheks-Auktion in Jena für die UB Göttingen erworben (siehe dazu im Bibliotheksarchiv das Manuale von 1817, S. 48-49, hier S. 49); auf 1v dementsprechend der älteste große Besitzstempel der UB Göttingen.

Göttingen 2, S. 335-336. — Klapper Schriften, S. IX-XI. — Handschriftencensus.

Ir-Iv modernes Vorsatzbl.: leer, abgesehen von einer knappen Inhaltsangabe und einem Literaturverweis (Hand des 18. oder beginnenden 19. Jhs.); an das Vorsatzblatt vorne angeklebt der moderne Nutzerbogen und das übliche Formular der Preuß. Akad. d. Wiss. (Bearbeiterin: Marie-Luise Dittrich, Okt. 1939).

1r–156r Johannes von Neumarkt: Hieronymus-Briefe (dt.). (1r-1v) Widmungsvorrede. Der durchleuchtigisten furstynne vnd vrawen vrawen Elizabeth Margrafynne czu Merhern meiner gnedigen vrawen Enpiet ich Johannes von gotis gnaden Bischoff zu Olomuncz des Römischen keisers Canczeler mein demutiges gebete in dem namen des almechtigen gotis. … — … das kumpt alczumal von meines gebrechens wegen wenn ich so gelarter nicht enpin daz ich wirdig sie sulche grosse dink czusynnen vnd zutichten. (1v-66v) ›Daz ist der erste brif den sant Eusebius Damaso Bischof vnd Theodonio dem Romischen fursten gesendet hat dorynnen er beschreibet ... vnd etliche grose czeichen di geschen sint in den czeiten seines todes dorczu claget er seinen tot mit klageberen worten.Dem erwirdigem vater Damasus dem Bischolf Cardinalen vnd Theodenio dem Romischen fursten Empiet ich Ewsebius etwenne des allerheiligsten sant Jeronimus schuler der yczunt clares lichtes seines vatirs vorweiset ist Sussen smerczen … — … daz wir mit deines gebetes vnd mit deiner tugenden hilfe vor allem vbil also beschirmet werden daz wir in den gnaden gotis mitsampt dir in ewigen vreuden ewiclichen bleiben amen. Auf 64r und 64v sind zwei Pergamentstreifen (je 6 Zeilen hoch) quer über die Seite geklebt; darauf sind angepasst ans Seitenlayout die an diesen Stellen folgenden Textpassagen notiert, und zwar in anderer Schrift oder auch von anderer Hand. Nicht ersichtlich ist, ob die Pergamentstreifen eingeklebt wurden, weil das Pergament darunter beschädigt war, oder weil zuvor geschriebene Textpassagen ersetzt werden sollten, etwa aufgrund von Fehlern (die übergeschriebenen Passagen entsprechen in der Edition bei Klapper Schriften, S. 234, Z. 12-20 und S. 235, Z. 21-S. 236, Z. 2). Allerdings wirkt Ersteres wahrscheinlicher, da beide Streifen etwa auf derselben Höhe eingeklebt und gleich hoch sind. (66v-67v) ›Das ist des Bischofs Jahansen des keysirs Canczler von Olomuncz vor Rede‹. Gewonlichen ist Rittern vnd auch knechten vnd kawflewten vber mer czu faren. Die ersten varen darvmb daz sie noch ritterlichem orden bei achtunge der leute bekumen mugen werltliches rumes … — … sei daz sache dastu di noch geschriben episteln mit fleiss lesen vnd auch vor nemen wollest. (67v-82r) ›Nu heben sich an sant Augustinus eposteln des meisterlichen grossen lerers die er von wirdikeit sant Jeronimi geschriben hat czu sant Cirillus dem Bischoue czu Jherusalem ... als ein ytlicher wol prufen mag vnd merken der si mit vornunftigen augen fleissiclichen beschawet; das erste Capitulum.Erwirdiger vater Bisschoff czu Jherusalem Cirille dunket dich, daz wir von dem lobe des erwirdigen kempfer des heiligen cristenlichen glaubens sant Jeronimus sweigen sullen … — … Ein warhaftiger ymmer werender ewiger vnd lebendiger got ist ewiclichen an ende. Amen. (82r-83r) ›Des Bischoues von Olomuncz vor rede‹. Der lewte ist genuk auf erden die grossen heiligen in irn hochczeiten grosse wirde vnd auch grosen dinst beweisen mit dem daz sie auf die selbe vrist di kirchen fleizsiclichen besuchen … — … wenn du mit deinem almechtigen vater vnd mit dem heiligen geiste ein warhaftiger ewiger got bist ewiclichen. Amen. (83r-156r) ›Nu hebent sich an sant Cirillus Episteln dorynne er beschreibt des erwirdigen sant Jeronimus sulche wunderhaftige czeichen das allermenniclichn do bei wol pruffen mag, wie erwirdiger vnd wie vnmessiclichen grosser sant Jeronimus sei in angesichte des almechtigen gotis. Das erste capitulum.Dem erwirdigem manne Augustino vnder allen Bischofen dem grosten Enpiete ich Cirillus Bischoff zu Jherusalem der mynste aus allen pristern sulchen meinen grus dastu Augustine volgen mugest … — … in creften, in gnaden vnd in eren vnsirs herren Jehsu Christi der mit dem almechtigen seinem vater vnd mit dem heiligen geiste ein warhaftiger herre vnd got ist ewiclichen. Amen.Alhie hat ende Jeronimus ein auserweltis gutis puch‹. (156v) leer. Bei dem Text handelt es sich um die deutsche Fassung der Hieronymus-Briefe, die Johann von Neumarkt wohl kurz nach 1370/71 für die Markgräfin Elisabeth von Mähren anfertigte; Edition (nach einer Pariser Handschrift, aber unter Berücksichtigung des Göttinger Codex in den Lesarten): Klapper Schriften, S. 6-512; zum Text und seinem Autor siehe Foidl Art. Hieronymus-Briefe; 2VL 4, Sp. 688-689.

IIr-IIv Nachsatzbl. (mittelalterlich): leer, abgesehen von zwei Besitzvermerken auf IIr (1.: am oberen Seitenrand der Eintrag disz buch gehort ... broder christman ...; 2.: darunter auf der Seitenmitte in kleiner, feiner Schrift der Eintrag Lorsbach) und Federproben (?) auf IIv.

IIIr-IIIv Nachsatzbl. (modern bzw. 18. oder 19. Jh.): IIIr leer; auf IIIv von G. W. Lorsbach eingetragen genealogische Notizen betreffend die Markgrafen von Mähren bzw. die Markgräfin Elisabeth von Mähren, der die deutsche Fassung der 'Hieronymus-Briefe' gewidmet ist; zudem Literaturhinweise zur Geschichte von Olmütz, wo Johannes von Neumarkt Bischof war (weitere entsprechende Literaturverweise von Lorsbach auf dem HS; siehe dazu beim Einband).


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 2 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 2: Universitäts-Bibliothek: Geschichte, Karten, Naturwissenschaften, Theologie, Handschriften aus Lüneburg, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 2)
Handschriftencensus Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters. Online-Datenbank: https://handschriftencensus.de/
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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