Neukatalogisiert durch Patrizia Carmassi. (Vorläufige Beschreibung)

Halberstadt, Domschatz, Inv.-Nr. 492

Antiphonale

Pergament und Papier — 320 Bl. — 42,5 × 31,5 cm — Halberstadt (?) (?) — 14. Jh.

Lagen: V-1+1 (X). 13 Blätter Papier kleineren Formats eingeklebt und genäht: II+1 (?). IV (XXIII). IV+1 (S. 18). 18 IV (S. 306). IV-1 (S. 322). 12 IV (S. 514). IV+1 (S. 532). 3 IV (S. 580). II (S. 588). 1 loses Blatt (I*). I (III*). 1 Blatt (IV*). Die 13 Papierblätter wurden zwischen der ersten Lage und S. 1 eingeklebt. Das letzte Blatt ist Teil eines Bifoliums aus Papier, von dem der HS gebildet wurde. Wasserzeichen: Einhorn (nicht identifizierbar). Lagenzählung mit römischen Zahlen, beginnend mit II auf S. 50. Moderne Foliierung (Bleistift: I-XXIII). Es folgt Paginierung (roter Stift: 1-588). Moderne Foliierung (Kugelschreiber), nur Bl. 100 und 200 verzeichnend. Ca. ein Viertel des Buchblockes herausgeschnitten. VD vom Buchblock gelöst. Risse und Insektenfraß im Pergament, z. T. durch Papier und Pergamentstreifen restauriert. Starke Gebrauchsspuren. Textualis. Verschiedene Hände. Am Rande Angaben in brauner Tinte über die zu rubrizierenden Texte. Liturgische Randnotizen und Ergänzungen bis in die Moderne. Hufnagelnotation auf 5 Linien. Rote f-Linie, gelbe oder rote c-Linie.

Renaissance-Einband. Holzdeckel mit Leder bezogen. Streicheisenlinien und Rollenstempel, alle in schlechtem Erhaltungszustand. Palmettenfries und weitere vegetabile Motive. Von außen nach innen Rollen mit figürlichen Motiven: I. Vier Köpfe in Medaillons inmitten von Laubwerk, ein Riegel. Das Monogramm H K ist auf diesem Einband nicht sichtbar. II. Verkündigung; Taufe Christi; Kreuzigung; Auferstehung; Abraham bei der Opferung Isaaks. Bei der Kreuzigung Initialen des Stechers H K und Jahreszahl 1557. Vgl. für Inschriften und Literatur Halberstadt, Historisches Stadtarchiv, M 100; Halberstadt, Domschatz, Inv.-Nr. 481,1. Auf VD erhalten: Ein Mittelbeschlag (quadratisch) mit Buckeln, drei von vier Eckbeschlägen mit Durchbrucharbeit und Buckeln, zwei von vier Buckel. HD: Zwei von vier Eckbeschlägen mit Durchbrucharbeit und Buckeln, vier Buckel. Spuren von zwei Langriemenschließen. Der Einband wurde im Laufe der frühen Neuzeit restauriert: Mit einem Lederumschlag um den Rücken, gewonnen aus einem anderen Halbledereinband mit Rollenstempeln, und durch eine neue massive Stangenschließe. Auf dem HD Rollenstempel auf der neuen Überschicht. VS und HS aus Papier. Auf VS moderne Signatur in schwarzer Tinte Nro 16 (19. Jh.?). Wegen des gelösten VD als Falz unter den VS geklebt, ein Pergamentstreifen aus einer Bibel (Carolino-Gothica, 12. Jh.): Darin Reste aus Ex 14-15 lesbar. Vgl. auch Halberstadt, Domschatz, Inv.-Nr. 493. HS: Dominica Letare 1764 (Bleistift) (1. 4. 1764). Blattweiser aus Leder, rot gefärbt. In einem Fall (S. 193) aus Pergament (Handschriftenmakulatur). Als Lesezeichen fünf verschiedene Lederschnüre, an einem Lederstreifen befestigt. Vgl. zum Typus Lesser, Bertram, Registerknöpfe und Leserädchen. Lesezeichen aus Klosterbibliotheken in Südniedersachsen, in Schätze im Himmel, S. 227-236, hier S. 230-231, Abb. S. 232.

Herkunft: Verschiedene Feste weisen auf die Halberstädter Diözese hin. Vgl. S. 90: Octava sancti Stephani; S. 295: In adventu reliquiarum sancti Stephani ; S. 346: Invenctio sancti Stephani ; S. 355: De sancto Sixto; S. 453: De sancto Livino; S. 520: De sancto Karulo. Das Fest der Dedicatio (S. 429) folgt dem Fest des hl. Dionysius (09.10.). Es handelt sich um das Gedächtnis der Weihe des ottonischen Doms am 16.10.992. Als Terminus ante quem für die Herstellung der Handschrift kann daher höchstwahrscheinlich die Weihe des gotischen Domes 1491 gelten. Die paläographischen und kodikologischen Merkmale (Lagenzählung, Format) sprechen für eine Zusammenstellung des heutigen Codex aus separaten kodikologischen Einheiten. Es ist nicht festzustellen, ob einige Teile schon in einer früheren Phase zusammengefügt worden waren. Die Pergamentblätter samt Fleuronnée sind zur Anpassung an das aktuelle Buchformat häufig abgeschnitten. Viele Indizien weisen auf eine Benutzung im Dom zu Halberstadt auch nach der Reformation. Vgl. Inschrift auf fol. Iv und Verzeichnis fol. II*r-III*v. S. 193: Auf einer blauen Lombarde (Q) wurden mit weißer Tinte die Initialen S W und das Datum 1534 geschrieben.

Ir-I*v Antiphonale.

I

Pergament — 15. Jh. Zweite Hälfte oder 16. Jh. Anfang

Schriftraum: 35 × 25,3 cm. 10 Zeilen. Rote und blaue Lombarden mit Aussparungen und markanten Punktverdickungen. Rot-schwarze cadellen-artige Initialen auf gelb laviertem Grund. Perlenfleuronnée mit Kernen als Besatzornamentik. Vierblatt im Binnenfeld. Nicht unähnliche Initialen auch in Inv.-Nr. 493.

Ir-v Nachträge. Mit Hufnagelnotation auf fünf Linien. Lothringische Einflüsse. (Ir) (17. Jh.?). CAO 2742, 2047, 4206. (Iv) 17. Jh. CAO 3732. Heute verdeckt von einem darauf geklebten Papierstreifen auf dem Seitensteg die Inschrift: Ad maiorem dei gloriam inscripsit Martinus Schmuck eremita Hungarus, choralis 1688. Zu seiner Person siehe Odenthal, Die Ordinatio cultus divini, S. 34, Anm. 146.

IIr-Xv Officium in praesentatione Mariae. ›In presentacione beate Marie virginis‹. AH 24,25. Mit Varianten. Lücke von einem Blatt zwischen fol. V und VI. (IIIr) ›Ymnus‹. AH 52,38. (IIIv) ›Ad completorium ymnus‹. AH 52,39. (VIIIv) ›Ad missam‹. ›[Sequentia]‹. AH 54,189. (Xv) Zeitgenössisch nachgetragene Antiphon aus dem Offizium des hl. Franziskus: Celorum candor. Gedruckt im Anhang an AH 52,197.

II

Papier — — 16. Jh.

Wasserzeichen: Adler. Nicht nachweisbar. Schriftraum: 26,5 × 16,5 cm. 9 Zeilen. 3 cm hohe rot-blaue Initialen Rot-schwarze cadellen-artige Initialen. Rote und blaue Lombarden.

XIr-XXIIIv Officium de passione Christi. ›Historia de passione domini‹. ›In primis vesperis super psalmos‹. Zelo zelatus sum pro domino deo. (XIIv) ›Hymnus ad completorium‹. AH 23,27. (XVIIIv) ›Hymnus ad laudes‹. AH 50,382 (Ad matutinum). (XIXr) ›Ad primam hymnus‹. AH 50,382 (Ad laudes). (XXv) ›Ad missam‹. (XXIv) ›Sequentia‹. AH 54,5. Ohne die Strophen 2-3. (XXIIIr) ›Ad nonam hymnus‹. AH 50,382 (Ad nonam, Strophen 1-2).

III

Pergament — 15. Jh.

Schriftraum: 35 × 22 cm. 12 Zeilen. Drei cm hohe rot-blaue Initialen mit Aussparungen, Punktverdickung und Konturbegleitstrichen. Rot-schwarze cadellen-artige Initialen mit menschlichen Gesichtern, Fischen, geometrischen und vegetabilen Motiven als Besatz- und Binnenfeldornamentik.

S. 1-16 Officium de visitatione Mariae. Exsurgens autem Maria abiit in. (S. 2) ›Ympnus‹. AH 48,402. (3) ›Ympnus‹. AH 52,43. (13) ›Sequentia‹. AH 48,392. (14) ›Sequencia‹. (16) AH 48,404. (17) ›In octava visitationis beate Marie‹. (Zeitgenössischer Nachtrag). — 18 leer.

IV

Pergament — 15. Jh.

Schriftraum: 35,5 × 21,5 cm. 13 Zeilen. 5 bis 11,5 cm hohe (ohne Ausläufer) rot-violett-blaue Fleuronnée-Initialen. Knospenfleuronnée. Aussparungen im Buchstabenkörper. Als Ausläufer Fadenranken mit Perlenketten, gelegentlich mit Blättern endend. Bei manchen Initialen Fleuronnéestab mit Kreissegmenten. S. 19: V(eni). S. 20: A(spiciens). S. 193: A(lleluia). S. 194: A(ngelus). S. 221: V(eni). S. 222: D(um) S. 370: T(ota). Im Buchstabenstamm folgende Buchstaben nachgetragen durch Abkratzen der Farbe (16. Jh.?): SWC. Ibidem auf dem Buchstaben I: SW AS 73. S. 372: V(idi). Fleuronnée hier unvollendet. Cadellen-artige rot-schwarze Initialen. Als Besatz- und Binnenfeldornamentik menschliche Gesichter, Fische, Hundeköpfe, Schlangen, vegetabile und geometrische Motive. Rote und blaue Lombarden, gelegentlich mit Aussparungen und Punktverdickung. Bei wichtigen Festen rot-blau im Buchstabenstamm.

S. 19-588 Antiphonale. Gelegentlich mit Initien der Hymnen. (19-281) Proprium de tempore. Vom ersten Adventssonntag bis zum 25. Sonntag nach Pfingsten. ›In adventu domini‹. (28) ›Dominica secunda‹. (41) ›[Dominica tertia]‹. (43) ›[Dominica quarta]‹. (54) Auf dem Fußsteg Antiphon für das Offizium des hl. Thomas, mit Musiknotation. CAO 4083. (55) ›[In vigilia nativitatis domini]‹. (58) ›[In nativitate domini]‹. (65) ›Stephani prothomartiris‹. (71) ›Iohannis ewangeliste‹. (78) ›De innocentibus‹. (82) ›Dominica infra‹. (87) ›In circumcisione domini‹. (90) ›In octava sancti Stephani‹. (92) ›In epyphania domini‹. (111) ›Dominica prima‹. (112) ›Dominica secunda‹. ›Dominica tertia‹. (113) ›Dominica in Septuagesima‹. (118) ›In dominicis diebus‹. (119) ›Dominica in LX‹. (124) ›Dominica in quinquagesima‹. (129) ›In capite ieiunii‹. ›Dominica XL‹. Für die Sonntage in der Fastenzeit mit Antiphonen auch für die Wochentage. (137) ›Dominica II‹. (144) ›Dominica III‹. (159) ›Dominica in passione‹. (167) ›Dominica in palmis‹. (177) ›In cena domini‹. (183) ›In parasceve‹. (189) ›Sabbato‹. (193) ›In sabbato sancto‹. (196-197) Osterspiel. Vgl. auch Halberstadt, Domschatz, Inv.-Nr. 493, Inv.-Nr. 494, Inv.-Nr. 496, Inv.-Nr. 498. Lipphardt, Lateinische Osterfeiern und Osterspiele 3, S. 950-957. ›Ad visitandum sepulchrum‹. Maria Magdalena et alia Maria ferebant diluculo aromata dominum querentes in monumento.Duo Marie eundo ad sepulchrum‹. Quis revolvet nobis ab hostio lapidem quem tegere sanctum cernimus sepulchrum?Duo angeli cantantes respondent eis‹. Quem queritis o tremule mulieres in hoc tumulo plorantes? Mulieres‹. Ihesum Nazarenum crucifixum querimusAngeli‹. Non est hic quem quem queritis sed cito euntes nuntiate discipulis eius et Petro quia surrexit Ihesus.Mulieres‹. Ad monumentum venimus gementes angelum domini sedentem vidimus et dicentem quia surrexit Ihesus. ›Cantor‹. Currebant duo simul et ille alius discipulus precucurrit cicius Petro et venit prior ad monumentum alleluia. (197) ›Postea duo cantent alta voce‹. Cernitis o socii ecce lyntheamina et sudarium et corpus non est in sepulchro inventum.Deinde hec antiphona‹. Surrexit dominus de sepulchro qui pro nobis pependit in ligno alleluia euouae. (205) ›In octava‹. (211-215) ›Dominica I-VI nach der Osteroktav‹. (215) ›In ascensione domini‹. (221) ›In vigilia pentecostes‹. (224) ›De trinitate‹. (235) ›De corpore Christi‹. (243) ›Dominica prima‹. (247) ›De libro sapientie anthiphone‹. (270-281) Sonntage II-XXV post pentecosten. (281-556) Proprium de sanctis. Vom Apostelfest Philippi und Jacobi (03.05.) bis Mariae Verkündigung (25.03.). (281) ›De sanctis post pascha‹. Responsorien De uno martire, De martiribus. (284) ›Philippi et Iacobi‹. (285) ›In invencione sancte crucis‹. (287) ›De spinea corona‹. (290) ›De sancto Georgio‹. (295) ›In adventu reliquiarum sancti Stephani‹. (298) ›De domina nostra‹. ›Marcellini et Petri martirum‹. (299) ›Medardi confessoris‹. (300) ›Viti martiris‹. (307) ›De sancto Albano‹. ›In vigilia Iohannis baptiste‹. (313) ›Iohannis et Pauli‹. (319) ›Petri et Pauli‹. (326) ›In octava apostolorum Petri et Pauli‹. (327) ›Maria Magdalena‹. (334) ›De sancta Anna‹. (345) ›De sancto Petro‹. ›De sancto Iustino‹. (346) ›Invenctio sancti Stephani‹. (355) ›De sancto Sixto‹. (361) ›Laurencii martiris‹. (368) ›Tiburci martiris‹. ›Ypoliti‹. (370) ›In vigilia assumptionis sancte Marie‹. (380) ›De sancto Bartholomeo apostolo‹. ›Hermetis‹. (382) ›Decollatione sancti Iohannis baptiste‹. (389) ›De sancto Egidio‹. (390) ›In festo nativitatis sancte Marie‹. (396) ›Exaltatio sancte crucis‹. (400) ›De sancto Lamberto‹. (404) ›Matthei apostoli‹. (405) ›De sancto Mauricio‹. (414) ›De sancto Mychaele‹. (420) ›Remigii‹. (422) ›Martyris Dyonisii‹. (429) ›De dedicacione templi‹. (435) ›Decem [!] milium virginum‹. (441) ›Severi et Severini‹. (442) ›De omnibus sanctis‹. (446) ›De sancto Martino‹. (453) ›De sancto Livino‹. (454) ›Octava Martini‹. ›De sancta Elyzabeth‹. (461) ›Cecilie virginis‹. (466) ›De sancto Clemente‹. (468) ›De sancta Katherina‹. (475) ›De sancto Andrea‹. (481) ›De sancta Barbara‹. (482) ›De sancto Nycolao‹. (488) ›In octava Andree‹. (490) ›De concepcione sancte Marie‹. (498) ›Lucie‹. (500) ›Silvestri episcopi‹. ›De sancto Sebastiano‹. (507) ›In festo sancte Agnetis‹. (512) ›In conversione Pauli‹. (520) ›De sancto Karulo‹. (529) ›In cathedra sancti Petri‹. Text auf Rasur (16. Jh.?). Fortsetzung des Offiziums nachgetragen (schon von erster Hand) S. 542. ›In vigilia purificationis‹. (536) ›De sancta Agatha‹. (542) ›De sancto Gregorio‹. (549) ›In annunciacione beate Marie virginis‹. (557-585) Commune de sanctis. ›[De apostolis]‹. (562) ›De martiribus‹. (569) ›De uno martire‹. (575) ›De confessoribus‹. (581) ›De virginibus‹. (586-587) Gloria patri mit 14 verschiedenen Melodien. Dazu Initien von einzelnen Antiphonen oder Responsorien. (587) ›De sancto Ieronimo‹. Nachtrag (15. Jh., Textualis). – — I*r leer. (I*v-III*v) Nachträge. (17. Jh.?). (I*v) CAO 7028, 3522, 1854, 2250, 2736, 1881. Zuweisung der Stücke nachträglich mit Bleistift geschrieben. (II*r-III*v) Verzeichnis von Anwesenheitsprämien für die Chorherren. ›Praesentiae per annum singulis terminis in choro. Summae aedis praesentibus distributae editi [!] a Christ[ian] Frider[ich]Cölln 1764‹. Das Verzeichnis bezieht sich auf die Feier des Totengedächtnisses und ist kalendarisch geordnet. Auf jedem Blatt sind jeweils drei Monate in Spalten verzeichnet. Neben den Namen des Verstorbenen befindet sich oft eine Jahresangabe. Einträge aus den Jahren 1716 bis 1807. – — IV*r-v leer. Edition: Weitgehend übereinstimmend mit CAO 1. Odenthal, Die Ordinatio cultus divini, S. 76, 281, 290.

fol. a

18. Jh.?

Loser Papierzettel, heute zwischen S. 344 und 345. 20,5 × 19,5 cm. Musiknotation auf fünf Linien. Wasserzeichen, zum Teil abgeschnitten: Einhorn (andere Form als fol. IV*, nicht nachweisbar).

In secundis vesperis festi Caroli Responsorium‹. Organum: Gloria et honore.


Abgekürzt zitierte Literatur

AH Analecta hymnica medii aevi, hrsg. von G. M. Dreves und C. Blume, Bd. 1–55, Leipzig 1886–1922, Registerbd. 1–3, hrsg. von M. Lütolf, Bern u. a. 1978
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)