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Beschreibung der Handschrift Kiel, Universitätsbibliothek, Cod. ms. Bord. 61
Die Bordesholmer Handschriften der Universitätsbibliothek Kiel, beschrieben von Kerstin Schnabel. Wolfenbüttel 2020
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Nicolaus de Lyra

Papier — 170 Bl. — 30,5 × 21 cm — Hamburg — 15. Jh., 2. Viertel

Wasserzeichen: Fisch gekrümmt, ohne Beizeichen: Piccard-Online 44370 (1427, auch in Cod. ms. Bord. 43). Mensch, Figur, Frau mit Kreuz: Piccard-Online 21235 (1439), vier weitere Typen nicht nachweisbar. Dreiberg im Kreis, darüber einkonturiges Kreuz: nicht nachweisbar. Lagen: 14 VI (168). I (170). Falzstreifen aus Pergament in der Lagenmitte. Reklamanten. Tintenfoliierung aus dem 19. Jh. 1–170. Bl. 169 und 170 nur 29,8 cm hoch. Schriftraum: 21–22 × 13–14 cm. 46–48 Zeilen. Von einer Hand geschrieben, die auch an Cod. ms. Bord. 33 mitarbeitete (Hand 1 in Teil I und II, Hand 2 in Teil III), außerdem Hand 3 in Cod. ms. Bord. 59. Rubriziert. Unterstreichungen der Bibelzitate in Rot. Einzelne rote Seitentitel. Lombarden am Kapitelbeginn fehlen. Teilweise verso oben links in der Ecke Angabe der Bibelstelle, die im Text behandelt wird, bes. gut erhalten in der 13. Lage (Io 2–5). Kapitelzählung an den äußersten Seitenrändern in Höhe des Textbeginns, z. T. abgeschnitten.

Spätgotischer Holzdeckelband mit rotem Lederbezug. Streicheisenlinien. Der Einband stammt aus der Werkstatt "Bordesholm frühgotisch" (EBDB w001545), die in Hamburg lokalisiert wird. Auf dem VD oben Reste eines Signaturschildes aus Papier. Darunter schemenhafte Umrisse eines großen Titelschildes durch Verfärbung des Leders sichtbar. Auf dem HD am unteren Rand ein zusätzlicher Kantenbeschlag, darüber die Reste einer Kettenbefestigung bestehend aus einer dünnen, konisch zum Rand verlaufenden Metallplatte, die am Rand umgebogen ist. Auf der Platte sind zwei dickere Metallstreifen mit vier Nägeln befestigt. Am oberen Rand der Abdruck einer Befestigung sowie an der Kante eine Fehlstelle im Leder. 2 x 4 Eck- und Kantenbeschläge. Drei Doppelbünde alternierend mit einfachen Bünden. Zwei Riemenschließen, die obere mit erneuertem Lederriemen, unten Reste des originalen Riemens ohne Haken. Nordelbischer Schließentyp bestehend aus Fensterlager mit Zierbohrungen und randständigen Einkerbungen sowie Buchtungen, greifen auf den inneren Deckel um. Schließenhaken ebenfalls randständig verziert. Diese Form auch bei Wolfenbüttel, HAB, Cod. Guelf. 368 Helmst. und Cod. ms. Bord. 58G. Registerzungen als Blattweiser aus rotgefärbtem Leder auf Bl. 6, 78, 95 und 137 jeweils am Beginn eines Evangeliums. Blattweiser aus Papier auf Bl. 15, 30, 43, 54, 85, 90, 93, 109, 115 und 130 nach jedem 5. Kapitel. Restauriert 2009 von Anne-Katrin Haase, Hamburg. Vorn 16 Bl., hinten 32 Bl. ergänzt. Spiegelblätter mit Papier hinterklebt und wieder auf die Innenseiten von VD und HD aufgebracht. Vorn und hinten Pergamentmakulatur vom Deckel abgelöst, gedreht und eingeheftet. Lederriemen der oberen Schließe erneuert.

1. VS: Ganzseitig Federzeichnung des gekreuzigten Christus, Dreinageltypus, Lendentuch, in roter Tinte gezeichnet sind Heiligenschein, Blutstropfen sowie die Umrisse des Lendentuches. 2. Vorderes und hinteres Vorsatz ehemals direkt auf die Innendeckel geklebt, jeweils eine Seite mit Abdrücken der Holzstruktur und der Deckelvertiefungen von der Bindung. Pergament. Vorn: 28 × 12,5 cm. Hinten: 27,5 × 14–12,5 cm. Bastarda. Vorn recto der rechte Teil eines Notariatsinstruments, hinten verso der linke. Ausgestellt am 28.01.1420 in Hamburg von dem Notar Gherardus H…ke. Betrifft den Kleriker Johannes Meding, der gegen Hermann de Buren wegen einer Vikarie in St. Peter in Hamburg prozessierte. Siehe auch Rep. Germ. 4, 8338. Der Name ist ebenfalls erwähnt in Cod. ms. Bord. 58G, Teil II, 63r.

Herkunft: Der Schreiber arbeitete auch an der Hs. Cod. ms. Bord. 33 mit, die in Hamburg entstand. Ebenfalls auf Hamburg als Schreibort lassen hier der Einband und die Makulatur schließen. Siehe dazu auch Schnabel, 296–299. — Im Katalog von 1488 (Cod. ms. Bord. 1a) unter der Signatur D xxxiv mit dem Titel Lira super quatuor evangelia cum registro aufgeführt. Im Verzeichnis von 1606 (Cod. ms. Bord. 2a) ist der Titel Lira super evangelia nachweisbar. Um das Jahr 1665 (Cod. ms. Bord. 1b) ist der Band benannt mit Super IV. evangelistas.

Merzdorf, 31. — Steffenhagen Nr. CXIX. — Ratjen, 92. — Krämer, 99. — Schnabel, 291, 297–299, 404, 510.

1r–168v Nicolaus de Lyra: Postilla litteralis super quattuor evangelia. (1r–3v) Prologus. Circa initium lecture super quatuor evangelistas thema: Quatuor facies uni [Ez 1,6]. Secundum quod scribit beatus Gregorius super Ezechielem … — … in futuro per gloriam quam est gratia consummata. (3v–77v) Textus. ›Matheus‹. [M]atheus est primus prologus beati Jheronimi … (5v) [L]iber generationis Ihesu Christi [Mt 1,1]. Ewangelium secundum Matheum dividitur in duas partes … — … cui est honor et gloria per infinita secula seculorum. Amen. ›Et sic est finis‹. Bis Kap. 20 bei jedem 5. Kap. ein Blattweiser. (78r–94v) Marcus. ›Prologus primus in ewangelium Marci‹. Facies leonis a dextris [Ez 1,10]. Secundum quod dictum fuit in principio ewangelii … (80v) Initium sancti ewangelii [Mc 1,1]. Ewangelium secundum Marcum dividitur in duas partes scilicet in prologum et tractatum … — … cui est honor et gloria per infinita secula seculorum. Amen. ›Et sic est finis huius ewangelii Marci ewangeliste‹. (94v–136v) Lucas. Facies bovis a sinistris [Ez 1,10]. Sicud dictum fuit in principio ewangelii secundum Matheum … (96v) [Q]uoniam quidem [Lc 1,1]. Hic incipit beatus Lucas scribere et primo ewangelio suo premittit prefationem … — … cui est honor et gloria per infinita secula seculorum. Amen. (136v–168v) Iohannes. Facies aquile de super ipsorum quattuor [Ez 1,10]. Ezechiel propheta cui aperti sunt celi … (139r) [I]n principio erat verbum [Io 1,1]. Secundum quod patet ex predictis intentio beati Iohannis est divinitatem dominum … — … ratio autem huius est quia hereditas. Endet nach Lagenverlust in Kap. 10. Kap. 4 ist unvollständig, reicht bis zum Ende von Bl. 156v … non potes mihi dare tibi tu facies miraculose quod. Kap. 5 und 6 fehlen. Bl. 157r setzt der Text am Anfang von Kap. 7 wieder ein: Christus et licet primo recuset tamen finaliter consentit et rationabiliter ut videtur et hoc est quod dicitur … Bl. 50r, 116r und 132r mit längeren Anmerkungen am Rand von Nikolaus Thome. Druck: GW M26502. Weitere Drucke bei Gosselin Nr. 12–57, 63–78. Literatur: Stegmüller RB 5896–5898, 5900 mit Suppl. sowie 9437–9440. Mohan, 147. 2VL 6, 1117–1122. Glorieux Répertoire Nr. 345, Nr. f46–f50.

169r–170v Tabula evangeliorum de tempore et de sanctis. (169r–v) Sabbato quatuor temporum. Arborem fici habebat [Lc 13,6] … Finis: Que gloriose fiebant ab eo [Lc 13,17] Lucas XIIIo … — … In dedicatione altaris. Non est arbor [Lc 6,43]. Finis: Supra fundamenta petram [Lc 6,48] Lucas VIo. Fragmentarisch erhalten. Drei Spalten zur Angabe des Tages, des Evangelienzitats mit Anfang und Ende, und der Perikope. Umfasst T57/Sabb.–T65/6 sowie C11 und C 12. (170r–v) ›Incipit tabula de sanctis‹. In vigilia Andree. Stabat Johannes [Io 1,35]. Finis: Ascendens et descendentes [Io 1,51] Johannes primo … — … In vigilia omnium sanctorum. Elevatis Ihesus oculis [Lc 6,20]. Finis: Merces vestra multa [Lc 6,35] Lucas sexto.


Abgekürzt zitierte Literatur

EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Glorieux Répertoire P. Glorieux, Répertoire des maîtres en théologie de Paris au XIIIe siècle, 2 Bde., Paris 1933 und 1934 (Études de philosophie médiévale 17, 18)
Gosselin E. A. Gosselin, A Listing of the Printed Editions of Nicolaus de Lyra, in: Traditio 26 (1970), 399–426
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Merzdorf J. F. L. Th. Merzdorf, Bibliothekarische Unterhaltungen. Neue Sammlung, Oldenburg 1850
Mohan G. E. Mohan, Initia operum Franciscalium (XIII–XV s.), St. Bonaventure/NY. 1975–1978 (Franciscan Studies 35, 37, 38)
Piccard-Online Piccard-Online. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, J 340 (http://www.piccard-online.de)
Ratjen H. Ratjen, Zur Geschichte der Kieler Universitätsbibliothek. Schriften der Universität zu Kiel 1862–1863, Kiel 1862–1863 (Programm zum Geburtstage Frederiks VII.)
Rep. Germ. Repertorium Germanicum. Verzeichnis der in den päpstlichen Registern … vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches …, Bd. 1–, Berlin 1916–
Schnabel K. Schnabel, "Liber sanctae Mariae virginis in Bordesholm …" Geschichte einer holsteinischen Stiftsbibliothek, Wiesbaden 2014 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 33)
Steffenhagen E. Steffenhagen, Die Klosterbibliothek zu Bordesholm und die Gottorfer Bibliothek. Zwei bibliographische Untersuchungen, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte 13 (1883), 66–142
Stegmüller RB F. Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi, Bd. 1–11, Madrid 1950–1980
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der Bordesholmer Handschriften in der Universitätsbibliothek Kiel.
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