WÜLFERI???otuit Vultus non linea Mentis
ſculpi: nec, MAGNUM pagina PARVA: capit.
Ara æterna meret: Famam pinxere LIBELLI;
Scriptorem FAII fata perire vctant.
Sign. officios a manus etmens
Sigismundi à Birken, dicti Betulij,
S. Cæſ. Maj. Com. Pal. Nob. et P. L.
|| [ID00007]
|| [ID00008]
|| [ID00009]
Das vertheidigte`
Gottes=geſchick/
und vernichtete
Heyden=Gluͤck.
Das iſt:
Gruͤndlicher Unterꝛicht/ von
der Goͤttlichen Vorſeh=und Regie=
rung/ in dem Menſchlichen
Gluͤckweſen
Auß
H. Goͤttlicher Schrifft/ den Alten
Kirchen=Vaͤtern/ Geiſt= und Welt=
lichen Schrifften und Zeitgeſchichten
zuſammen gerichtet/
Von Daniel Wuͤlffern.
Mit ſchoͤnen Sinnbildern/ Poetereyen
und Liedern gezieret/ auch mit dienlichen
Anmerkungen vermehret.
Nürnberg/
Gedruckt durch Chriſtoff Gerhard/
und zufinden bey Paulus Fuͤrſten
Kunſthaͤndlern daſelbſt.
Des Titel=Kupfferbilds.
WAs iſt das Gluͤck? ein Goͤtz/ den man zur Goͤttinn machte
im Heidenthum/ und ihm Altar und Dienſt erdachte.
Was dann was iſt das Gluͤck/ das noch zur Zeit ein Chriſt
offt in dem Munde fuͤhrt? Hier lerne/ was es iſt!
Diß Buch/ das Gluͤcke dich im Himmel ſuchen lehret;
Diß Buch/ der Donner iſt/ der dieſes Bild zerſtoͤret/
wie dorten Daniel den Bel zu Babylon.
Was Dichter=Haͤnd’ erdacht/ dem ſinget auch der Thon
des Dichters hier zu Grab. Laß deine Augen ſehen
auf GOttes Aug und Hand/ ſo alles heiſt geſchehen.
Liſ/ lern/ und troͤſte dich/ und ehre das Geſchick;
und dieſem/ der dich lehrt/ wuͤnſch lauter Stern und Gluͤck.
|| [ID00011]
Über beygefuͤgtes Bildnis deß
Herꝛn Verfaſſers.
SO ſiht Herꝛ Wuͤlffer aus: Kein Pinſelbildt die Sinnen;
ſo groſſe Sachen faſſt nit ſo ein kleines Blat.
Er iſt ſein Mahler ſelbſt: und/ wie er ſiht von innen/
Diß ſeine Feder uns vorlangſt gewie= ſen hat.
In Buͦcher hat er ſich/ in ewigs Ertz/ geſchrieben:
Den/ der ſo ſchreibt von Gluͤck/ muß Gluͤck und Ehrelieben.
Sein Lob Ihn uͤberlebt/ ſtaͤts von ihm reden wird:
Wir mahlen/ den einmal die Welt mit Nach=Ruhm ziert.S. v. B.
|| [ID00012]
Dem
Hochgebohrnen Grafen und
Herꝛn/ Herꝛn
Joachim Ernſten/
Grafen zu Öttingen/ ꝛc.
Meinem gnaͤdigen Grafen und
Herꝛn.
|| [ID00013]
Wie auch/
Der
Durchleuchtigen Hochgebornen
Fuͤrſtinn und Frauen/
Frauen
Anna Sophia/
Gebohrnen Pfaltzgraͤfinn bey
Rhein/ Hertzoginn in Bayrn/ zu
Guͤlich/ Cleve und Berg/ ꝛc.
Vermaͤhlten Graͤfinn zu
Ottingen/ ꝛc.
Gnaͤdige Fuͤrſtinn und Frau.
UNter vielen ſchoͤnen
Lehrſpruͤchen und Er=
innerunge
̅
/ welche uns
von den weiſen Heyden hinterlaſ=
ſen worde
̅
/ iſt der baͤſten und Lehr=
reichſten eine/ was der Edle Raht
in Griechenland/ die Amphyctio=
nen genennt/ uͤber die Thuͤr deß
Tempels ihres vermeynten Got=
tes Apollo/ mit guͤldnen Buch=
ſtaben ſchreiben laſſen/ dieſes
Lauts und Inhalts:
|| [ID00015]
EAYTON.
Im Teutſchen moͤcht es ungefaͤhr heißen:
Lerne dich ſelbſt kennen!Und dieſe Erin ̅ erung/ (ſchreibet auch ein Heyd/ der Poet Juvena= lis) iſt nirgend anders woher/ als vom Himmel kommen. 1 Dan= nenhero Thales/ einer von den ſie= ben Griechiſchen Weiſen/ gefragt/ was das ſchwerſte un ̅ was das leichteſte waͤre/ wahr und wohl geantwortet: Das leichteſte ſey/ einen andern meiſtern; Das ſchwerſte aber/ ſich ſelbſt ken ̅ en. Die Urſach iſt/ (welche Chilon/ ein andrer weiſer Grieche/ hinzu ſetzet) daß man/ aus einer blinden Selbſt=Liebe/ ihme ſelber jm ̅ er ein mehrers zuſchreibet/ als ihme zu [ID00016] ſtehet. Der dapfre Held/ Kaͤiſer Heinrich der Vierte/ erwaͤhlte auf gleichen Schlag/ dieſes zu ſeinem Symbolo oder Gedenk= Spruch: Multi multa ſciunt, ſe- ipſum nemo, d. i. Viele wiſſen zwar offt vieles: aber ſich ſelbſt will niemand wiſſen oder kennen.Wie viel/ ſonderlich uns Chri= ſten an dieſem Selbſt=Erkenntniß gelegen ſey/ iſt (kuͤrtzlich davon zu reden) allein daraus abzuneh= men/ wan ̅ man bedenket/ daß ein Chriſt voꝛnehmlich auf dreyerley zu ſehen habe in ſeinem gantzen Le= ben: als nemlich I. auf Gott/ deſſen Geſchoͤpffe und Gefaͤß er auf Erden iſt; II. auf ſich ſelbſt/ wie er/ ſo viel menſchlicher Elend [ID00017] ſtand leidet/ Leib und Gemuͤhte in Ruhe ſetze; III. auf den Naͤch= ſten und Neben=Chriſten/ mit demſelben ſchied=fried= und bruͤ= derlich zuleben.Das Erſte belangend: Weil die Vernunft uͤberal mit dem Kopf durch/ odeꝛ oben aus und nirgend an will/ und alſo der Menſch zu Zeiten ſich ſo gar vergiſſt/ daß er GOtt die Urſachen ſeiner Werke abzufragen/ zu gruͤblen/ und ſei= ne Weißheit zu meiſtern beginnet und erkuͤhnet; als dienet hierwi= der/ wann er auch uͤber die Thuͤr ſeiner Gedaͤchtniß ſchreibet: Nosce Teipsum, Lerne dich ſelbſt kennen! Lerne erkennen/ daß du ein Menſch/ un ̅ nicht Gott; ein Tohn und Topf/ und nicht der Schoͤpffeꝛ und Toͤpffer ſeyeſt. Leꝛ [ID00018] ne auch alſo das jenige gehorſam= lich ſeyn/ was dein GOTT und Schoͤpfer will das du ſeyn ſolleſt.Vor das andre: So kan ein Menſch auch ſein Gemuͤte un ̅ ſich ſelbſt/ nicht baͤſſer in Ruhe ſetzen/ als durch Erken ̅ tniß ſein ſelbſten/ und deſſen/ was ihn unruhig ma= chet. Solches/ iſt die Unvergnuͤg= liichkeit/ die ihm einbildet/ er ſey viel eines baͤſſern Gluͤcks wehrt: Weil er aber ſolches allein ver= langen: aber nicht erlangen kan/ ſo wird dadurch ſein Gemuͤte be= truͤbt und unruhig. Solcher Un= ruhe nun zuſteuren und abzukom= men/ iſt kein baͤſſer Mittel/ als ſich ſelbſt und ſeine Kraͤfften eꝛkennen/ von Sachen/ die nicht zu aͤndern oder zu ende ̅ / abſtehen/ und beden= ken/ daß man viel zu ſchwach/ et [ID00019] was dergleichen zu werden oder zu vollbringen. Wo dieſe Erkaͤn ̅ t= niß einziehet/ da ziehet aus die Un= zufriedenheit/ und folgbar auch die Gemuͤts beunruhigung. Alſo kan man mitten in der Ungnuͤg= lichkeit/ vergnuͤgt leben.Drittens: So pfleget aus dem/ wan ̅ man ſich unvergnuͤgt/ andre aber begluͤckt/ ſihet/ ein Neid; aus dieſem/ Haß und Feindſchafft/ un ̅ alſo Unvertraͤglichkeit mit dem Naͤchſten/ zu entſtehen.Dieſem kan nun widerum nit baͤſſer gewehret werde ̅ / als durch die Kunſt der Selbſt=Erkaͤn ̅ tniß. Dann/ welcher ſich ſelbſt recht kennet/ der erkennet auch ſein Un= vermo ̅ gen und des Naͤchſten Ver= moͤglichkeit/ und lernet ohne Neid und Widerwillen ſeyn und eines [ID00020] andern Gluͤcke/ gegen ſeinen und eines andern Verdienſten und Kraͤfften/ abwaͤgen.Weiln aber gleichwol offt ge= ſchihet/ daß auch Untuͤchtige her= vor=und empor kommen/ tuͤchti= gere aber ligen bleiben; daß die Boßheit ſteiget/ die Froͤmmkeit aber faͤllet; daß Tugend gedruckt/ Untugend aber gefoͤrdert wird; daß endlich manch unverhoffter Gluͤcksfallden Unwuͤrdige ̅ trifft/ den Wuͤrdigern abeꝛ voꝛbey gehet: Als pfleget in ſolchen Faͤllen das Noſce teipſum ſchwer zu fallen/ und kan ſich Fleiſch und Blut nit wol darein finden.Habe deroh alben Ich dieſes voꝛ eine noͤtige und nutzliche Matery erachtet/ Feder und Gedanken damit zu ſchaͤrfen/ und zu ver [ID00021] ſuchen/ ob auch deꝛgleichen Gruͤn= de aufzubringen/ womit ein Chri= ſtenhertz in unſtraͤflicher Veꝛhaͤlt= niß gegen GOtt/ in ſelbſt=eigner Gemuͤts=Ruhe/ und in Vertraͤg= lichkeit gege ̅ dem Naͤchſten/ moͤch= te geſteiffet und befaͤſtet werden. Welche meine Gedanken/ nach dem ich ſie mit Gott gluͤcklich zu Papieꝛ gebracht/ habe ich voꝛ eine Chriſtliche Schuldigkeit erachtet/ ſolche meine wolgemeynte Arbeit mit meinem Naͤchſten zu teihlen und ihn alſo verhoffentlich erbau= en zu helffen.Weiln aber dieſes Buͤchlein/ bevor es in die tadelſuͤchtige itzige Weltlufft ausfloͤge/ mich gleich= ſam/ daß ich es dem Schirm hoheꝛ Schutzfluͤgel untergeben moͤchte/ anflehete; Weilen auch Gnaͤdigeꝛ [ID00022] Graf und Herꝛ/ E. Hoch=Gr. G. meine zu dieſer Arbeit anfangs et= was ſchwache Feder mit deꝛo Gn. Wolgefaͤlligkeit maͤchtig geſtaͤr= ket/ und dero gnaͤdigs Veꝛlangen/ dieſes Gluͤckwerkleins durch off= entlichen Druck bald theilhafft zu weꝛden/ mit Worten vielfaͤltig be= zeuget; Weiln uͤber das E. Hoch= Gr. Gn. an dero Hoch=Gr. Per= ſon/ miꝛ ein hohes Gluͤck=Beyſpiel zu dieſeꝛ Lehꝛ Schrifft geſteuret/ da einsmals Pulver und Bley/ Blitz und Stral/ Dampf und Rauch/ ſonſten Pfeile des gewiſſen Todes/ des Lebens/ welches vom Gluͤcke un ̅ Geſchicke/ wunder=und ſondeꝛ= bar geſchutzet wuꝛde/ verfehlen un ̅ ſchonen muſten; Weiln letzlich E. Hoch Gr. Gn. beywohnend=ho= her Verſtand/ in mehrmahligem [ID00023] gluͤckshafftem Genuß dero Gnaͤ. Anſprache/ mit tieffſinnige ̅ ſchwe= ren Zweiffel fragen/ deren Aufloͤ= ſung meiner hierzu allbereit ange= ſetzten Feder auftragend/ daduꝛch ſelbige mich und andere hierinn zu belehren und des baͤſſern zu unter= richten/ gnaͤdig veranlaſſet: Als habe ich vor meine gehorſame Schuldigkeit eꝛachtet/ die Fluͤſſe in das Meeꝛ/ daraus ſie gefloſſen/ wi= deꝛum zuſchicke ̅ / und E. Hoch Gr. Gn. diß geringe Werklein/ zu gnaͤdigem Schutze/ untertaͤhnig zu untergeben/ mich ſelber theuer verſicherend/ daß/ wofern es ſo gluͤckſeelig iſt/ ſich E. Hoch Graͤfl. Gn. hochverſtaͤndigem Uꝛtheil ge= faͤllig zu machen/ es alsdan ̅ auch der gantzen Chriſtenheit gefallen werde.
|| [ID00024]
Ferner ſo habe/ Gnaͤdige Fuͤr=
ſtinn und Frau/ E. F. Gn. diß
Buͤchlein zugleich mit unterthaͤ=
nig zuwidmen/ ich nicht umgehen
ſolle
̅
/ ſo wohl/ weiln/ da E. F. Gn.
mit dero Hertz=hochgeliebte
̅
Herꝛn
und Gemahl/ duꝛch das Goͤttliche
Band der Vermaͤhlung verei=
nigt/ mir obligen wollen/ ſolche
Einbarkeit/ in Ubergabe dieſer
meiner ſchlechten Gabe/ unge=
zweyet und unzerteihlet zu laſſen;
ſo wohl auch/ weiln/ in dem E.
F. Gn. an dero Hochgebornen
Gr. Jungen Herꝛſchafft in dieſer
gruͤn=bluͤhenden Jugend/ das
fruͤzeitig=reiffe Alter einer hohen
Wohlartigkeit/ zu ſehen ſo gluͤck=
ſeelig iſt/ dieſelbe dieſem meinem
Buche auch ein hochſchaͤtzbares
Beyſpiel abgeben kan.
|| [ID00025]
Wie nun dieſe Blaͤtter vom
Gluͤcke reden/ als geruhen E.
Hoch=Graͤfl. Gn. und E. F. Gn.
ſie in gnaden ſo gluͤckſeelig zuma=
chen/ daß ſie mir und Ihnen das
Gluͤck dero gnaͤdigen Wolgefaͤl=
ligkeit und Schutzſchiꝛmung moͤ=
gen ſelbſt geweiſſagt haben. In
deſſen unterthaͤniger Zuverſicht/
E. Hoch=Graͤfl. Gn. und E.
F. G. ich hiemit/ noch zu dem
neu=angetrettenen Jahr/ dieſen
treuen Wunſch uͤbergebe/ daß die=
ſelbe/ ſamt dero ſaͤmtl. Hoch=Gr.
Jungen Herꝛſchafft/ alles das gu=
te Gluͤck/ welches hierinnen die
Feder beſchrieben/ im hoͤchſten
Grad tauſendfaͤltig eꝛfahren und
verſpuͤren/ und ein ſtaͤtiges Bey=
ſpiel deß unveraͤnderlichen Gluͤ [ID00026] ckes
un
̅
Gnadwaltenden Gottes=
Geſchickes/ viel liebe lange Jahre
ſeyn und bleiben moͤgen: Zu dero
Hoch Graͤfl. und Fuͤrſtl. Gnaden
mich ferner gehorſamſt empfeh=
lend/ ꝛc.Nuͤrnberg den 1. Febr.
1656.E. Hoch=Graͤfl. und
Fuͤrſtl. Gn. Gn.Unterthaͤnigſter DienerDaniel Wuͤlffer.
|| [ID00027]
??? I. ???
Honori Excellentiſſimi
Dn. AUTORIS,
Fratris in Christo,
Et Amici Plurimum
Honorandi.
EThnica de Fato volitantia ſomnia, abeſte,
Homines Deumq; non ligabitis amplius!
WÜLFFERUS penetrante armatus acinace Verbi
Durum catenæ ſtoicæ robur ſecat.
Digna Deoq; magis nec non mortalibus affert
Mentem liquore fontis Iſrael madens.
Docte liber, tu nunc WÜLFFERI nomine notus
Virûm per ora inambulare discupis;
|| [ID00028]
Nec te pœniteat; tamen hoc ſi nomen abeſſet,
Pietate ab ipsâ conditus dici qucas.l. m. ſcripſi. GERHARDUS TITIUS. S. Theol. D. & Prof. Ordin. Acad. Juliæ h. t. Pro- Rector.
??? II. ???
Reverendo admodum & Clarisſimo
Viro, Domino
M. Danieli Wülffero,
Amico veteri & certo,
S. & O.
FOrtuna & Fatum, quantas, fera nu- mina, Mundo
Multoru ̅ offundunt pectoribus tenebras?
Non Deus eſt, 2 male-ſanus ait; non pro- vida cœli
Cura ſolu ̅ tangit, fors vaga cuncta rotat.
Ferrea vis, ait alter, & inſuperabile fatum
Sursu ̅ horſum raptans evehit, imminuit.
|| [ID00029]
O vanas ſecli curas, ô ſomnia vana!
Mens tua, homo! ſpisſis quàm jacet in tenebris! ???(etaś
Hinc metus immanis, querulus dolor, anxi-
Hinc odium, ira, & edax livor, & omne malum.
Has, Wülffere, DEI præco vene- rande, tenebras,
Fulgida, quæ vulgas, grammata dis- cutiunt.
Lumen Scripturæ præfers, erroris id exors,
Regiâ & in media præcipit ire viâ.
Conſiliu ̅ Jovæ prudens benè cuncta gubernat,
3 Menſurâ is, numerô, pondere, cuncta facit.
Sincerô ſummu ̅ affectu qui Nume ̅ adorant,
In verum his cedunt, cuncta , bonum.
Si bona, munificum laudant́ coluntqúe Datorem.
Sin mala, ſpe dites, mente decente ferunt.
Spe dites, inquam, quæ non confundit, & olim
cœlorum præmia conſequitur.
|| [ID00030]
Fuſiùs hæc, Lector cordare, & clariús, iſt hic
Te liber, eximiô pondere & arte, docet.
Autori mecum grates age, ſupplice Jovam
Voto, vt eum ſervet, ritè precare,Vale. Affectus benevoli teſſeram hanc ponere volui Salomon Glaſſius, D. Gotæ, d. 3. Jan. A. 1656.
??? III. ???
CUjus hic eſt variè doctus ſcitusqúe libellus?
An, WÜLFFERE, tuus, quem Vitæ Verba docentem
Noricaberga colit, quem publica ſcripta celebrant?
Usq; adeóne Tibi ſunt curæ Fata Deusq;?
Euge, Bonum Factum! Fatum Tibi præmia reddat!
Provida Cura DEI, quæ Verbo cuncta potenti
Portat, TE ſervet, tueatur, ſospitet! Omnes
|| [ID00031]
Adplaudunt Muſæ, Charites Bona Verba precantur,
Et Tibi pro meritis annos Eccleſia multos
Optat. Perge igitur (quid enim, Wülf- fere moraris?)
Perge Tuas Sanctas de Fato prodere curas.
Sic erit in Fatis, ut ſis poſt Fata ſuperſtes.Adm. Rever. Dn. Autori gratulari paucis hiſce voluit in Acad. Julia.Joachimus Hildebrandus, SS. Theol. D. & Ordin. Prof.
??? IV. ???
WIR ſind es wohl gewohnt/ wir hier am Teutſchen Meer/
Daß uns Herꝛn Wuͤlffers Hand ſchickt etwas Liebes her/
Die Geiſt und Feuer ſchreibt und unge= meine Sachen/
Die unſre Sinnen kan gen Himmel flie= gend machen.
|| [ID00032]
Sein Foͤnix flog zu uns: (er iſt vns lieb geweſt/
Er bleibt vns ewig lieb/ die Hertzen ſind ſein Neſt.)
Wie unſer JESUS ſich mit ſeinen Jüngern letzet/
Das ſchoͤne Buch/ hat uns vielmehr als Gold ergetzet: ???(mir/
Vor allen aber Mich; es ſcheidet nie von
Es machet mich nie ſatt/ mich hungert fuͤr und fuͤr/
Ich laſ und liſ es offt. Jetzt reitzet mein Verlangen
Ein neues Buch/ das man zu drucken an= gefangen/
Vom Gluͤck und vom Geſchick. Wann kommt die ſuͤſſe Koſt?
So frag ich Tag fuͤr Tag/ hinſchickend auf die Poſt/
Ob es mir ſey geſchickt? Nun/ endlich wird es kommen.
Es wird willkom ̅ en ſeyn. Und daß die Zahl der Frommen ???(Zeit/
Auf Erd vermehret werd/ in dieſer boͤſen
Da wenig Chriſtenthum wohnt in der Chriſtenheit:
|| [ID00033]
So wuͤnſch ich daß noch lang Herꝛ Wuͦlf= fer moͤge leben/
Und daß noch manches Buch Er moͤg zu leſen geben.Joachimus Pipenburg/ Raths=und Gerichts Herꝛ in Luͤneburg.
Uber
Das fuͤrtreffliche Buch/
Von der Fuͤrſehung GOttes/
heraus gegeben/
von
Dem Wol Ehrwuͤrdigen/ Großacht=
bahren und Hochgelehrten
Herꝛen Daniel Wuͤlffern/
Treufleiſſigen und Wolverdienten
Seelenhirten in der Kaiſerlichen/
Freien Reichsſtatt Nürnberg/
u. ſ. v.
KAn ein Menſch in dieſem Leben
Ohne Neid und Streit
wol ſeyn?
|| [ID00034]
Kan er wol in Freuden ſchweben
Stets begnügt? Ich ſage/ Nein:
Einer faͤllt/ der Ander ſtehet/
Einer weint/ der Ander lacht/
Einer ſchlaͤfft/ der Ander wacht/
Einer pocht/ der Ander flehet.
2.
Wenn das Gluͤck mich hat erhoben
Und vergroͤſſert meinen Stand/
Faͤht der Neidhardt an zu toben/
Schmaͤhet mich mit Mund’ und Hand:
Siehet er mich aber ſinken;
Ey/ ſo lachet ihm ſein Hertz/
Mein Eꝛhebung war ſein ſchmeꝛtz/
Und mein Gluͤck/ ſein Galle=trincken.
3.
Manchen muß es zwar betruͤben/
Wenn er ſpuͤhret/ daß ein Mann/
Der nur eitles Thun veruͤben/
Nirgend ſonſt=zu nützen kan/
|| [ID00035]
Wird ſo trefflich hoch geſetzet/
daß er kaum ſich ſelber kennt/
Daß er Laſter Tugend nennt
Und nur Geld fuͤr alles ſchaͤtzet.
4.
Ey/ was hilffts noch viel ſtudiren?
(So klagt oft ein edler Sinn/)
Geld/ und Kraͤfft’ und Zeit verlieren
Bleibt uns letzlich zum Gewinn:
Ja/ was nuͤtzen uns die Gaben/
Hoͤflich/ klug und tapfer ſeyn/
Weil die Narren ins gemein
Groͤſſer Gluͦck als Ander’ haben.
5.
Rennen/ lauffen/ ſchreiben/ dichten/
Bitten/ ſchenken/ Dienſthaft ſtehn/
Kan in Wahrheit nichts außrichten/
Wil das Gluͤck nicht mit uns gehn;
Laſſet auch den Kluͤgſten machen
|| [ID00036]
Wie/ wenn/ wo/ ja was er will;
Haͤlt das Gluͤck ihm nicht fein ſtill/
Muß man ſeines Tuhns nur lache ̅ .
6.
Aber/ diß ſind Weltgedanken
Von den Heiden außgeheckt/
Die ſich in deß Gluͤckes Schranken
Gar zu Kindiſch oft verſteckt/
Alles iſt von Gott verſehen
Gutes/ Boͤſes/ Groß und Klein/
Freud’ und Leid muß ins gemein
Seinem Willen nach/ geſchehen.
7.
Neidet dich ein ſchlechter Prahler/
Steiget oft ein Geck empor/
Welches Stafflen ſind nur Tahler;
Kom ̅ t ein Heuchler in den Flor?
Lieber/ laß dich das nicht irren/
Weil das Gluͤck/ das nur iſt blind
Wie man glaubet/ gar geſchwind’
Alle Wolfahrt kan verwirꝛen.
|| [ID00037]
8.
Gott der ſorgt doch fuͤr die Seinen/
Gibt was ihnen nuͤtzlich iſt/
Laͤſſet nach dem Regen ſcheinen
Sonn’ und Liecht in ſchneller friſt/
Angſt und Truͤbſahl kan er wenden/
Kom ̅ t ſie doch nicht ungefehr/
Sondern von dem Hoͤchſten her/
Alles ſteht in ſeinen Haͤnden!
9.
Solches aber recht zu wiſſen/
Als ein Chriſt der billich ſol/
Lieber Leſer ſey gefliſſen
Dieſes zu betrachten wol/
Was Herꝛ Wuͤlffer hie ge= ſchrieben/
Wuͤlffer der berühmte Mann/
Deſſen Kunſt verſchaffen kan/
Daß gantz Teutſchland Ihn muß lieben.
|| [ID00038]
10.
Diß ſein Buch iſt wehrt zu leſen/
Denn es lehrt uns trefflich fein/
Was deß Gluͤckes Tuhn und Weſen
Muͤſſ’ hier einem Chriſten ſein/
Wie man ſuchen ſoll dort oben
Huͤlff’ und Raht in aller Noht:
Nun man wird/ wann du gleich todt/
Dich/ Mein Wuͤlffer/ ewig loben.
Aus teutſchem/ Treumeinendem Hertzen aufgeſetzet/ und ſeinem Hochwehrten Bruder in Chriſto/ uͤberſendet/ von
Johann Riſten/ zwantzig= Jaͤhrigen Prediger des heiligen/ Goͤttlichen Wortes zu Wedel an der Elbe/ dero Roͤmiſchen/ Kaiſerlichen Majeſtaͤt Pfaltz=und Hof=Grafen/ auch von deroſelben Kaiſerlichen Hofe aus/ Edelgekroͤhnten Poeten.
|| [ID00039]
??? VI. ???
Dn. Danieli Wülffero,
Viro Muneris venerandâ dignitate,
ſoliditate doctrinarum, ac dotium
præcellentiâ ante alios
eminenti,
De FATO
accuratè publicanti,
M. Christianus Betulius
P. S. P.
IPſa provida Fata jusſisſe
reor, Vir Excellentisſime, ut
circa efformandum, inq́; lucem
eden dum de Fato fœtum impenſiorem cu-
ram impiger ſusciperes. In magno argu-
mento non niſi Ingenia magna & -
fas eſt occupari, ſi ad rem
communem aliquid accedere debet aug-
menti. Quare publicis uſibus de exaſci-
ato Tuo & ſolido Opuſculo conceptis
verbis gratulor, & Chriſtianorum utiliter!
ingenuè acclamo. Solidum jure merito
appello. Quid enim, niſi ſolidum, â Te
tali Viro ſperetur, quem tum Divina, tum
[ID00040]
humana, tum liberaliore Literatura ex-
cultisſimu
̅
, acumine inſuper &
promtitudine pollentisſimu
̅
omnes cen-
ſent, quicunque amoto livore, -
calculum ponunt: â tali, inquam,
Viro, qui, omisſis nugamentis -
, ipſisſunam rem
pertractat, & tota
mente abhorret. Accedit ſolertisſimus
ille rerum uſus crebrior, quo, adhuc ju-
nioribus annis, varias & violentas ſortis
vices (Fati tamen benignitate maſculè
ſuperatas) plus ſatis perdidiciſti. Namq;
. Feliciùs verò
docet, quem priùs ipſa exercitatio edo-
cendo Magiſtru
̅
effecit. Cæterùm, Oden
quandam ſacram Fatiloquio Tuo me an-
nectere jubes. Sed quid? Visne, lacerum
pannum regiæ purpuræ adſuam? Sanè ve-
rendum, ne, inverſo adagio, mihi occi-
natur: . Verùm,
malo hunc metum poſthabere, quàm nu-
tui Tuo obſervando non obſequi. Eum
n. Te plenis buccis deprædico, quem,
jam annos plusculos, Amicum, Fautore
̅
,
[ID00041]
Præceptoremq́; optimum & conſtantem
abundè perſenſi. Servent Te Fata, ex-
oſculandum Pectus, & me Tecum! ſi non
alio, hoc ſaltem nomine, quô levidenſi
aliquando ſpecimine palam faciam, quan-
tis officiis Candori, Patrocinio & Meri-
tis Tuis æternùm obſtringar. Ita vale,
Vir non niſi inter magnos accenſende,
& dotes Tuas præſignes in publica emo-
lumenta, faventibus Fatis & -
, quám diutisſimè alacris impende!Scribebam Öttingæ, d. 16.
Sept. A. 1655.
1.
DU feiges Herz/ was zageſt du/
und kraͤnkeſt deine Sinnen?
Gott ſelber goͤnnet dir die Ruh:
Du wilſt ſie dir misgoͤnnen.
|| [ID00042]
Wann/ nach Begehr/
es nicht geht her/
was darfſt du dich drum graͤmen?
Gott lebet doch/
das glaub ich noch!
Der mag es auf ſich nehmen.
2.
Dort oben ſitzt der groſſe Mann/
Der dieſes Rund regieret;
Der alle Ding vermag und kan/
und wunderthaͤtig fuͤhret.
Mit vorbedacht/
die Gottesmacht
verwaltet alle Sachen.
Gott herꝛſchet doch/
das glaub ich noch/
und laß ihn weißlich machen.
3.
Wie/ wann/ und wo/ und was er heiſt/
ſo/ dann/ das muß geſchehen;
was er von dir und mir beſchleußt/
das ſol und wird beſtehen.
Raht/ Witz und Kunſt
iſt ganz umſonſt/
|| [ID00043]
laͤſt Gott es nicht gerahten.
Gott fuͦhrt mich doch/
das glaub ich noch/
in allen meinen Thaten.
4.
Die Gaben ſeine Vatters Guͤt
uns austheilt/ nach Gefallen/
und mit gemeßnem Unterſchied;
er ſchenckt nicht Alles Allen.
Dort gibt er viel:
Hier ſezt er Ziel/
und haͤlt die Maß im geben.
Gott gibet doch/
das glaub ich noch/
die Nohtdurft meinem Leben.
5.
Dem reicht er Reichthum; jenem nicht/
er kan ſich kaum ernehren:
Der iſt gelehrt; Dem Wiz gebricht:
Der nidrig; Der in Ehren.
So iſts beſtellt/
ſo wird die Welt/
durch Ordnung/ feſt erhalten.
|| [ID00044]
Gott hauſet doch/
das glaub ich noch/
und laß ihn jmmer walten.
6.
Hier naͤchſt wil er die Arbeit auch
friſch angegriffen haben:
und heiſcht von dir den rechten Brauch
der Leibs=und Seelen=Gaben.
drum nicht vergrab
der Gaben Haab/
Fleiß/ Schweiß/ und Muͤh anwende.
Gott nehrt mich doch/
das glaub ich noch!
leg ich nur an die Haͤnde.
7.
Wornach und wie ein jeder ringt/
und dem er nachgegangen/
darnach es ihm auch oft gelingt/
mit Gott es zu erlangen.
Dein Fleiß gewinnt/
was Gott dir goͤnnt;
auf Wagnis folgt Erſprißen.
Gott ſegnet doch/
das glaub ich noch/
und laͤſt es mich genißen.
|| [ID00045]
8.
Wann dann von oben ab es kom ̅ t/
was Zeitlich mich erfreuet;
und/ was in dieſem Leben from ̅ t/
die Gottesgunſt verleihet:
Weg/ blindes Gluͤck!
Weg/ Nohtgeſchick!
hinfort ich euch verlache.
Gott goͤnnt es doch/
das glaub ich noch/
und ſtell ihm heim die Sache.
9.
Auf deine Vorſicht/ Gott/ ich ſchau/
die wil ich laſſen walten.
Auf deine Treu und Guͤt ich bau/
die nimmermehr erkalten.
Ich hoff und bet/
und friſch forttret
in meines Amtes Schranken.
Gott ſorget doch/
das glaub ich noch/
und trau ihm ohne Wanken.
10.
Ich ſey in Armut oder reich;
tief unten/ oder oben:
|| [ID00046]
Es gilt/ mein Gott/ dir alles gleich/
ich wil dein Aufſicht loben.
Es haͤlt mein Will
dem deinen ſtill:
ſchick/ was du zu wilt ſchicken.
Gott ſchickt es doch/
das glaub ich noch!
wie mir es moͤge gluͤcken.
11.
Geht mir’s bey frommen Leben ſchlecht
und wol den ſchlimſten Leuten.
Gilt Unrecht mehrmals mehr als Recht:
laß mich es ſchicklich deuten.
Du ordneſt ſchon
den Gnaden Lohn/
damit du mich wilſt zieren.
Gott liebt mich doch/
das glaub ich noch!
der wird mich ſeelig fuͤhren.
12.
Dir/ Gott und Vatter/ ich befehl
mein ganzes Thun und Leben;
und mich mit Sorge nimmer quaͤl:
dir bleibt es heimgegeben.
|| [ID00047]
So/ wie es woll’/
und wie es ſoll.
mag Alles jmmer gehen.
Gott hilft mir doch/
das glaub ich noch!
Es muß um mich wol ſtehen!Chriſtian Betulius, Extraordinari Prediger und Schulen - Rector in Ottingen.
EPI GRAMMA.
H. STEPHANI.
SI vitam ſpectes hominum, ſi deniq́; mores,
Artem, vim, fraudem, cuncta putes agere.
Si propiùs ſpectes, fortuna eſt arbitra rerum;
Neſcis quam dicas, & tamen eſſe vides.
At penitꝰ ſi introſpicias, atq́; ultima primis
Connectas, Tantum est Rector
In Orbe DEUS!
|| [ID00048]
Welches ein ſuͤßklingen der jungeꝛ
Teutſcher Schwan/ aus Lieb
zu dem verfaſſeten Werk/
alſo geteutſchet.
Wann du aller Menſchen Leben/ Thun und Sitten ſchaueſt an/
Wirſt du meynen daß Gewalt/ Kunſt/ Betrug/ die Welt regieren.
Schaue naͤher auf/ du findeſt/ daß das Gluͦcke alles kan;
Was es ſey/ das weiſt du nicht/ kanſt doch/ daß es ſey/ verſpuͤren.
Schaueſt du gar auf den Grund/ und be= trachteſt alle Sachen/
Sieheſt du daß in der Welt/ Gott allein kan alles machen.C. F.
Ein anderer Liebhaber der teutſchen
Poeterey/ von guten Sinnen und Sitten/
hat es alſo/ etwas weitlaͤuffiger ver=
dolmetſchet.
SChau O Menſch! der Menſchen Tuhn/ merk der Erden=Kinder Sitten.
Kunſt hat/ rufft die ganze Welt/ auf der Welt den Trohn beſchritten;
|| [ID00049]
Nach der Kunſt/ Gewalt und Waffen; nach Gewalt Betrug und Liſt/
ſo daß Kunſt/ Gewalt/ und Truͤgen in der Welt Regierer iſt.
Aber/ dieſer Wahn betreugt. Sih von des Ver= ſtandes Zinne
etwas weiter in die Welt; Gluͤck iſt ihre Koͤniginne.
Was es ſey/ iſt dir verborgen; doch ſo viel haſt du geſpuͤrt/
Daß ein Gluͤck iſt auf der Erden/ daß ein Gluͤck die Welt regirt.
Doch auch diß vergnuͤget nicht. Wer die rechte Bahn wil finden/
muß hier unverdroſſen ſeyn inn=und auſſen nach= zugruͤnden
von dem Anbeginn zum Ende. Endlich ſagt ihm ſelbſt die Welt/
daß nit Kunſt/ Gewalt und Truͤgen/ ſon= dern Gott die Welt erhaͤlt.J. C. S.
|| [ID00050]
An den Chriſtlichen Leſer.
CHriſtlicher lieber Leſer!
Du wirſt finden/ daß/ was
hierinnen fuͤrkommen/ du/
zum Teihl/ entweder an dir ſelbſt:
oder aber an andern gemerket habeſt/
du moͤgeſt auch in der Welt leben wo
du wolleſt/ und in welchem Regi=
ment/ Herꝛſchafft/ Land/ Statt/
Dorff; Ja nur geringen kleinen
Hausweſen. Findeſt du dich ſelbſt
getroffen/ und deinen Sinn/ mir wol
in Perſon unbekanten/ abgemahlet in
einem und andeꝛm Menſchlichen Ge=
brechen/ laſſe dich es nit verdrieſſen/
und danke Gott mit mir/ daß er ſol=
ches uns beyde hat erkennen laſſen
wollen. Findeſt du/ daß einem und
anderm deines Hertzens Gedanke
̅
ein
[ID00051]
Genügen geſchehen/ danke Gott wi=
der mit mir/ der uns beyde
̅
die Wahr=
heit geoffenbaret hat. Merkeſt du an=
dere in dergleichen Gedanken entwe=
der anſtoſſen oder hangen; Gleich
wie du hoffentlich dir wirſt geholfen
befinden: Alſo baͤſſere deinen Naͤch=
ſten/ was an dir iſt/ wider mit dem/
mit dem du dich wirſt gebaͤſſert fin=
den. Die Erfindung und Poetiſche
Erklaͤrung jedes Sinnbildes/ hat ſich
freundlich belieben laſſen hinzu zu
ſetzen/ der Edle und Hochgelaͤhrte
Herꝛ Sigmund von Birken/ ſonſt
Betulius genant/ Roͤm. Kaͤiſ. Maj.
Comes Palatinus Edler gekroͤnter
Poet/ ꝛc. ſamt dem zu End jedes
Capitels angefuͤgten Lied. Die
Dolmetſchung mancher Allegaten
belangend/ wiſſe/ daß ſolche nit alle=
zeit von Wort zu Wort geſucht:
ſondern mehrmaln auf den Sinn und
[ID00052]
das Gemuͤht des Autors ſelbſt geſe=
hen worden ſey. Im fall du endlich
dem ſubtilen ganzen Werk naͤher und
deutlicher wirſt beykommen wiſſen/
und getreulich der Chriſtenheit mit=
teihlen/ werde ich meines Teihls/ ne=
ben andern/ ſelbiges/ zu meinem eig=
nen baͤſſerern Unterꝛicht mit Dank
annehmen/ der ich nichtes begieriger
bin als der lautern Wahrheit/ unan=
geſehen es Freund oder Feind lehren.
Gehab dich wol/ und ſo dir dieſe mei=
ne Arbeit gefallen wird/ ſoll mit naͤch=
ſtem der Abſchied Jeſu von ſeinen
Juͤngern/ neben meinen Paſſions=
Gedanken/ um viel vermehret/
auch folgen.
|| [ID00053]
Das fuͤnffte Capitel.
Haͤlt in ſich den Unterſcheid aller
Creaturen GOttes/ den ſeine weiſe
Güte darunter gemacht hat.
|| [ID00054]
Das achte Capitel.
Haͤlt in ſich die Urſachen/ warum
GOtt ſolch einen Unterſchied ſeiner
Gaben halte unter den Menſchen?
Das neunte Capitel.
Haͤlt in ſich die Scrupel und Ein=
wuͤrf/ die unſer Fleiſch und Blut uͤbeꝛ
ſolches alles fuͤhret und erreget.
Das zwoͤlfte Capitel.
Haͤlt in ſich allerley noͤhtige Leh=
ren und nuzliche Erinnerungen an
Hohe und Nidrige/ Manns= und
Weibs=Perſonen.
|| [ID00055]
Verzeichniß etlicher weiter
erklaͤrter Spruͤche aus
H. Schrifft.
Geneſ. | XXXIX. | ℣. 2. &c. | p. 136. |
XLVIII. | 14. | 129. | |
XLIX. | 14. | 133. | |
Num. | XI. | 16. &c. | 383. |
XVI. | 1. &c. | 139. | |
XXV. | 18. | 85. | |
I.Sam. | IX. | 4. &c. | 144. |
XVI. | 1. &c. | 148. | |
I.Reg. | XI. | 12. &c. | 221. |
II.Reg. | X. | 26. &c. | 222. |
Nehem. | II. | 8. &c. | 154. |
Eſther. | II. | 3. | 150. |
VI. | 6. &c. | 42. | |
Job. | XXXIV. | 30. | 224. |
Pſal. | CXXVII. | 2. | 249. |
Prov. | XVI. | 1. | 75. |
--- | 33. | 89. | |
XIIX. | 22. | 79. | |
XX. | 22. | 250. | |
XXI. | 31. | 83. | |
Eccleſ. | IX. | 11.&c. | 64. |
Eſa. | III. | 4. | 224. |
Jer. | X. | 23. | 67. |
Dan. | IV. | 30. | 211. |
Oſe. | XIII. | 11. | 224. |
Sap. | XI. | 22. | 70. |
Tob. | I. | 13.&c. | 157. |
VII. | 12. | 80. | |
Syr. | XI. | 23.&c. | 73. |
XXXIII. | 10. | 68. | |
XXXVII. | 23.&c. | 76. | |
Matth. | II. | 12. | 92. |
V | 35. | 259. | |
XVII. | 27. | 97. | |
XX. | 14. | 382. | |
— | 21. | 363. | |
Joh. | III. | 25. &c. | 76. |
Act. | X. | 34. | 284. |
Rom. | IX. | 11. | 126. |
— | 15. | 97. | |
— | 20.&c. | 114. | |
I.Cor. | XII. | 22.&c. | 115. |
XV. | 41. &c. | 108. | |
Coloſ. | I. | 16. | 105. 117. |
I.Tim. | IV. | 8. | 287. |
II. Tim. | II. | 20. | 113. |
|| [ID00057]
|| [ID00058]
Olim erat in cœlis mens libera, 2. Mur-
mura latrent
in terris: 3. Eadem libera ſemper erit.
WElt und Sonne war zu bett’/ als ich lag auf meinem Lager.
Unter=Tags hatt’ ich zuvor mich gekraͤnket krank und mager:
ich war neidiſch/ ich war zornig auf der boͤſen Buben Gluͤck;
ich war leidig/ ob der Frommen ihrem Leid und Mißgeſchick.
Andre ſchlieffen; aber mich ließ mein Denken gar nit ſchlaffen.
Warum teihlet Gott nit auß/ nach Verdienſte/ Lohn und Straffen?
warum muß es/ wol den Boͤſen/ und den From ̅ en uͤbel gehn?
und wie daß Er/ der Gerechte/ laͤſſet was nit recht geſchehn?
Als ich alſo dacht’ und lag’/ hoͤrt’ ich drauſſen ein Gebelle.
Ich ſtund’ auf/ und wolte ſehn/ was es waͤr vor ein Geſchaͤlle.
Bald befand ich/ das anbellte/ Wachtel mein getreuer Hund/
die beglaͤntzte Nacht=Laterne/ deß gefüllten Mon= des Mund.
|| [2]
Bald erkandt’ ich/ daß diß Thier ſeines Herren Sinnbild ware.
Dieſes Bellen ein Gebell im Gewiſſen mir ge= bahre/
drang ins Hertze durch die Ohren. Mein Hund war mein Prediger/
der mich ſtraffte/ daß ich jetzund auch gemurret hatt/ wie Er.
I. Wie der Mond lang lang zuvor/ eh der Hund ihn angebellet
eh ein Hund er worden war/ an den Himmel war geſtellet:
Alſo war von Ewigkeiten Gottes weiſer Will und Raht/
eh der Menſch/ der ihn wil ſchelten/ dieſe Welt geſehen hat.
II. Was und warum ſey der Mond/ weiß der Hund nit/ leer an Wiſſen;
darum bellt er/ haͤtt wol gern ſich mit ihm herum= gebiſſen:
Gottes Vorſicht und Regirung wiſſen oder glaͤu= ben nicht/
macht/ daß man entgegen murꝛet/ wider ſeinen Schoͤpffer ſicht.
III. Wie der Mond/ bellt ſchon der Hund/ bleibet hell am Himmel ſtehen:
Alſo wird/ was Gottes Raht hat verſehen/ doch geſchehen;
bellen/ murren ſchon die Leute. Seine Weißheit weiß gar wol/
wann der Mond der Gnaden ſcheinen oder ſich verbergen ſol.
|| [ID00061]
In JESU Namen
Amen!
Das Exſte Capitel/
Haͤlt in ſich den Vortrag deß gantzen
Werks.
NIchts gemeineꝛs hab ich in
der Welt gefunden/ und in un=
ſerm Menſchliche
̅
Leben/ ſo wol
an groſſer Herꝛen Hoͤfen/ als
niderern Standsperſonen; ſo wol bey Geiſt=
lichen als Weltlichen; ſo wol bey Handels=
als Handwercksleuten; ja bey Burger und
Bauern: als vieler Klagen und Seuftzen
uͤber ihren Zuſtand. Teihls waͤren gerne
anderſt in der Welt angeſehen/ denen der
gegenwaͤrtige Zuſtand zu nider: Die Ehre/
die ſie haben/ zu ſchlecht: Das Amt/ das ſie
verwalten/ zu gering: Das Einkommen/
zu klein: Das Anſehen zu wenig duͤnket:
[4]
Teihls waͤren gerne damit zu frieden/ und
hielten es fuͤr ihre groͤſte Gluͤckſeligkeit/ wann
ſie nur die Helfft der jenigen erlangen koͤnte
̅
.Dieſe klagen wider teihls uͤber ſich ſelbſt:
teihls uͤber jene. Jene haͤtte das Gluͤck ſo
hoch erhaben/ ſo reich gemacht/ ſo anſehn=
lich/ ſo maͤchtig; und dennoch ſey keine Ver=
gnuͤgligkeit bey ihnen! es ſey noch ein Miß=
brauch ſolcher groſſen Guͤter in Freſſen/ in
Sauffen/ in Panquetiren/ in Pracht und
Hoffart. Wir aber/ ſprechen ſie/ haben das
Ungluͤck oder den Unſtern! Jenen fleugt es
gleichſam ſelbſt in die Hand: Wir rennen/
wir lauffen/ wir ſchreiben/ wir bitten/ und
hilfft doch alles nichts! Jenen traͤgt man die
Ehr nach/ man traͤgt ihnen das Amt nach:
Uns kan keines gedeyen; oder/ ſo es durch
viel Muͤhe zuwegen gebracht/ nimt man es
unverſehens wider weg! Der Wuͦrdigkeit
nach würde es ſich noch diſputiren laſſen/
welcher unter beyden/ dem/ oder jenem/ baͤſ=
ſer anſtuͤnde? Man ſpricht: Ich bin ſo gut
von Adel als der! Ich bin ſo gelehrt als der!
Ich habe mich ſo lang bedienet als der! Ich
habe mehr verſucht als der! Ich bin ein ge=
bornes Landskind: jener ein Fremder!
[5]
Ich hab ſpendirt was ich gehabt hab: jener
nichts??? dannoch aber will das Gluͦck jenem/
und mir nicht! Ich bin ſo emſig in meinem
Amt als jener/ und doch hab ich das Gluͤck
zu den Leuten nit/ das er hat! Ich laſſe es mir
ſo ſauer werden als jener: jener aber hat den
Genieß/ ich den Mangel! und ob ſchon et=
was von meinem Tuhn und Laſſen/ in ei=
nerley Ding belobt und belohnt wird: ſo hat
doch jenes alles einen groͤſſern Glantz/ einen
maͤchtigern Schein!Daher komt nun erſtlich die Ungedult
und Kuͤmmerniß: auß dieſer der Neid: auß
dem wider die Verleumdung/ und das
uͤble Anwuͤnſchen dem Naͤchſten/ der ihn da
oder da gehindert habe; das Nachreden:
es muͤſſe nicht recht zugehen/ daß der oder
der zu dem Reichtum/ zu der Handlung/
zu dem Hauß/ zu der Heurat/ zu der Ehr
ſo ſchnell komme; er muͤſſe geſtohlen/ par=
tirt/ ſich eingeſchmeichelt/ eingeheuchelt
haben! Und wann uns dieſes alles in die
laͤnge plaget/ ſo geraͤht das Hertz letzlich in
einen ſolchen ſichern Gedanken: Es ſey
das Gluͤck ein plumpes blindes Ding/ und
wer das blinde Ding finde/ der finde es:
[6]
wer es nicht finde/ der muͤſſe ein geſchlagner
Menſch ſeyn/ ſo lang er lebet.Die Ungedult/ ſprich ich/ macht eben die
Kuͤmmerniß im Hertzen daß einer ſich duͤn=
ken laͤßt: er ſey ſo verworfen/ ſo von der
Natur faſt verſchlagen/ ſo ungeſegnet in
allem was er gedenkt/ redt und tuht. Das
nidergeſchlagene Gemuͦht gebieret fol=
gend den Neid/ daß eben jener das alles
haben ſoll/ und er nicht/ dem er doch ſeinem/
aber eignen/ Urteihl nach gleich ſey! was
man eben an jenem erſehen/ und an ihm
ſelbſt nicht/ der ſich ja ſo wol ſehen laſſe? Zu
dem Dienſt/ zu dem Amt/ zu der Verꝛich=
tung nehme man jenen: warum ihn nicht?
So giftet ſich nun der Neid im Hertzen
an/ biß er durch den Mund gar herauß
bricht. Da gehet dann das Laͤſtern an/ das
Verleumden/ das Verkleinern/ in ſeiner
Abweſenheit/ in ſeiner Gegenwart/ das
Stochern/ das Zwicken/ und wann man
etwas weiß oder ſihet/ daran er ſich/ als ein
Menſch/ verſtoſſen/ das Auffmutzen der ho=
hen Weißheit/ die ſich da oder da (aber
umgewendet) ſehen laſſe/ welcher wegen
er andern ſey vorgezogen worden. Den ei [7] nigen
Fehltritt deß Naͤchſten macht man
ſo groß/ als wann es der unbeſonnenſte/ der
groͤſſte Tohr waͤre. Iſt es muͤglich/ ihn/ von
Amt/ von Ehren/ von Wuͤrden zu brin=
gen: das waͤre die groͤſte Hertzens=Ver=
gnuͤgung.Wan
̅
nun alles umſonſt/ und man weder
jenem ſchaden/ noch ſich ſelbſt helffen kan;
ſo gehet es zu letzt dahin/ daß man ſich einbil=
det: Es ſey deß Gluͤcks und Ungluͤcks
Schuld: Beydes aber das komme ſo ohn=
gefehr her/ wens trifft/ den triffts/ er ſey es
wehrt oder ſey es nicht wehrt. Mancher
komme ohngefehr hergeloffen/ uͤber den falle
das Gluͦck hauffenweiß/ der ſein Lebtag
ſolches nicht gewuͤnſchet/ auch ſich nie da=
von haͤtte traumen laſſen: Mancher renne/
lauffe/ dichte/ trachte/ brauche allen Raht/
alle Mittel/ und doch alles vergeblich. Wa=
rum? Die Urſach gibt man wider: Das
Ungluͤck hab er/ das komme auch ſo blind
eben uͤber ihn her: Sonſt wiſſe er keine Ur=
ſach zu geben.Auff zwey gefaͤhrliche Mittel iſt es offt
ausgeſchlagen. Entweder auff die Gewalt/
daß man gedacht mit der Spitze durchzu [8] dringen/
oder es mit gewapneter Hand zu er=
halten; daher ſo viel blutige Krieg und
Schlachten kommen/ daß man vermeynt:
das Kaͤiſertum/ Koͤnigreich/ Fuͦrſten=
tum/ gehoͤre ihm und muͤſſe ihm werden/
ehe ſol die Klinge nicht auß ſeinen Haͤnden
kommen. Zum Succurs hat man den Koͤ=
nig/ Fuͤrſten/ Herꝛen angeruffen/ Gelt/
Volk und Munition erlanget/ und ge=
dacht: nimmer fehlen koͤnne es/ den ſchwaͤ=
chern wolle er bald auffreiben/ und ſeinen
Zepter in ſeine Hand/ ſeine Kron auff ſein
Haubt nehmen. Im end iſt alles verlohrn
worden/ ein Augenblick hat es alles ver=
derbt/ alle Kriegs=Raͤht ſind gefallen; die
wenige Regimenter haben die gantze batta-
glia getrennt. Wie da? Man ſagt: deß
Gluͤcks und Ungluͤcks ſey es Schuld. Daß
es viel tauſend ſchon auff das andere extre-
mum gebracht/ weder zu beten/ noch zu ar=
beiten/ in ſolchen Gedanken: wann es ihm
kommen ſoll/ muͦſſe es kom
̅
en/ er renn’ oder
lauff’/ oder laß’ es bleiben! wann es ihm nit
kommen ſoll/ kaͤm’ es ihm doch nicht er mach’
was er wolle! Oder aber/ man hat weder
Tugend/ noch Ehr noch Lob geachtet/ und
[9]
mit Hercule ſich reue
̅
laſſen/ daß man ſo lang
ſich damit gemartert hab. Ut quid incubui
virtuti, ſprach er/ quam video ſubjacere
fortunæ? was hat es mich geholfen/
daß ich ſo viel Zeit auff die Tugend
gewendet/ die ich doch finde/ daß ſie
gegen das Gluͤck nichts iſt? Oder
wie jener Geitzhals ſprach: 4 Gutta bonæ
ſortis ſive fortunæ, potior mihi eſt, bonæ
mentis ſive prudentiæ cado. Ich wil ei=
nem eine gantze Laͤgel Froͤmkeit und
Verſtand laſſen/ und nehme einem
einigen Tropfen Gluͤcks darvor.Oder/ was das allerletzte iſt/ man hat ge=
dacht: das oder jenes Gluͤck und Unglück
muͤſſe einer haben/ er woll’ oder wolle nicht/
das waͤre/ wie man redt/ ſein Fatum, das
ſich nicht aͤndern lieſſe/ weil es einmal ſo oder
ſo beſchloſſen ſey/ wie es ihm gehe/ und wer er
werden ſoll/ und wo ers werden ſoll/ und wie
ers werden ſoll; er es alſo auf keinerley
weiſe und wege haͤtte aͤndern und mindern
[10]
koͤn
̅
en/ er haͤtte es auch gemacht wie er wolle.Solch ein denckwuͤrdig Exempel erzehlt
jener Spaniſche Religioſus, 5 Anto-
nius de Torquemada in ſeinem IV. der
ſechstaͤgigen Geſpraͤch. Wie es der ver=
nuͤnfftige und weltweiſe Hꝛ. G. F. auß dem
Italianiſchen uͤberſetzet/ wollen wir es hie=
mit anfuͤgen. Ich will euch ſage
̅
/ ſpricht je=
ner/ was ich ſelbſt geſehen und mir begegnet
iſt. Als ich einsmals in einer der fürnehm=
ſten Staͤtte dieſes Koͤnigreichs war: deß
Abends aber mit etlichen Edelleuten ein
wenig ausſpatzirte/ wurden wir etwas ab=
wegs auff einem Huͤgel dreyer Maͤnner
gewahr/ welche mit einem Pfahl ſich bemuͤ=
heten/ daran folgenden Tags einer er=
wuͤrgt werden ſolte. Jemand aber unter
uns wieſe auf jener einen/ und ſprach zu
mir: Sehet doch ſelben an: Er iſt der Hen=
ker/ und wie man mir ſagt/ ein gelehrter
und vernuͤnftiger/ anmuhtiger/ junger
Menſch. Ich verwunderte mich daruͤber/
und da es mir nimmermehr eingehen wol=
te/ beteuerte ers hoch/ und machte/ daß ich
[11]
um Gewißheit willen/ und/ auß einem
Mitleiden ſolcher ſchoͤnen Qualitaͤten bey
ſo einem ſchaͤndlichen Amt/ das er haben
ſolt/ hinritte und nachfragte: was ſie da
machten? Da ſie es eben ſo erzehlten/ ſahe
ich dieſen/ von Perſon feinen/ ſchoͤnen/ jun=
gen Kerlen an/ der etwan auff die 20. oder
21. Jahr alt ſchiene/ in huͤpſchem mittelmaͤſ=
ſigem Gewand/ doch ohne Kappe/ wie es
bey uns braͤuchlich iſt/ fragte ihn dabey:
Ob er der Henker waͤre? Da er ja ſagte/
fragte ich ihn auff lateiniſch: ob er ſtu=
dirt haͤtte? und da er in ſolcher Sprach
recht zierlich auf das und andersmehr
geantwortet hatte/ fuhr ich fort/ um/ zu
vernehmen/ was Landsmann er waͤre.
Da er aber eben darum/ weil er ein ſolches
Amt vertrat’/ antwortete/ es ſich nicht ſchi=
cken würde/ daß er ſein Vatterland nenne=
te/ ſprach ich ferner/ warum er ſich zu ſolch
einem ſchmaͤhlichen verfeindten Amt und
Handwerk gebrauchen laſſen/ der ſo viel
Sprachen koͤnte/ und ſo einen guten Ver=
ſtand haͤtte/ und zu viel dapfferers/ anſehn=
lichers ſeine Dienſte anwenden koͤnte/ und
doch ſo ſchimpflich und ſchaͤndlich ſich fin [12] den
lieſſe. Da er mir nun gar bedachtſam
und lang zuhoͤrete/ antwortete er zu letzt:
Herr! meine Fata waren ſo/ die mir nicht
zulaſſen wolten/ daß ich ein ander Amt ver=
walten ſolte; denen hab ich ſchwacher
Menſch ja nicht widerſtehen koͤnnen. Der=
halben ſchicke ich mich auch noch darzu/ wie
ihr jetzt ſehet. Als ich nun darauß ſeinen
groſſen Irꝛtum und Unwiſſenheit erfahe/
fieng ich einen langen diſcurs an/ ihm zu
weiſen/ daß kein ſolches Fatum waͤre/ wie er
ſichs einbildete/ nemlich/ das dem Menſchen
ſeinen freyen Willen nehme/ und er nim
̅
er
die Gewalt haͤtte/ einen Weg zu erwehlen
welchen er wolte! Nimmermehr. Solte
demnach die Schuld ſeines jetzigen abſcheu=
lichen Zuſtandes nicht auff ſeine/ ſo ver=
meinte darzuzwingende Fata geben: ſon=
dern ſich ſelbſt beymeſſen/ der viel eine ehr=
lichere Profesſion haͤtte machen koͤnnen als
er machte. Da er nun vernahm/ daß ich
ihm ſeinen Fehler/ mit vielen andern moti-
ven mehr/ zum hoͤchſten verwieß/ fieng er
bitterlich an zu weinen/ daß er mir eine
Verwunderung machte/ und ſprach mit
[13]
Seufftzen: All mein Ungluͤck koͤmt daher/
daß mir niemand jemals das geſagt/ was
ihr mir ſagt/ dardurch mir zeitlicher meine
Augen waͤren auffgetahn worden/ dieſen
meinen Fehler zu erkennen. Weil dann dem
ja ſo iſt/ ſo will ich eheſt einen andern Weg
gehen/ und mein ſo fuͤrnehmes Geſchlecht
nim
̅
er laͤnger alſo verunehren. Dan
̅
ich ſolte
wiſſen/ ſprach er ferner/ daß er nit gerin=
ges Herkommens/ und von hohen Eltern
geboren ſey: uͤber dem Spielen aber ſich
verderbet/ und aus Mangel der Mittel auff
das Handwerk ſich begeben muͤſſen. Dan=
ke aber ſeinem GOtt/ daß ihn in dieſem
ſeinem jetzigen Amt biß hieher noch nie=
mand erkennt haͤtte. Dann mein Vatter=
land/ ſprach er/ iſt weit von hier/ und von
dem Minut an ſoll alles altes quittirt ſeyn/
und euer Raht meine Regel werden. Da
er nun nicht abließ bitterlich zu weinen/
folget er mir in mein Loſament nach/ biß an
den Morgen ohne Schlaff und mit ſtaͤten
Thraͤnen/ da er ſich gar davon und un=
ſichtbar machte. Biß hieher gedachter
Spanier.
|| [14]
Was ſeinen Wahn anlanget/ daß ei=
nen jeden ſein Fatum ſo unumgaͤnglich
zu dem oder jenem treibe/ darinnen mag
er wol noch auff die Stund viel tauſent
Brüder und Schweſtern haben.Allerhand ſolcher Gedanken hab ich
nun mein lebtag viel gehoͤrt/ erfahren/ gele=
ſen/ und deßwegen etlich mal (ich muß ge=
ſtehen) mich ſelbſt uͤber dieſen oder jenen
froͤlichen und traurigen Fall hoͤchlich ver=
wundert; Andere hab ich daruͤber teihls
freudig/ teihls betruͤbt und unwillig geſehen/
neidiſch/ laͤſtern/ fluchen hoͤren. Dann
dachte ich bey mir ſelbſt auff Mittel/ teihls
meine Verwunderung zu ſtillen/ teihls an=
derer Hertzen zu ſteiffen/ entweder daß ſie
ihres Gluͤcks/ Ehren/ Anſehen/ Gewalt/
Hoheit/ Geſchickligkeit/ Heurat und der=
gleichen ſich ja nicht uͤberheben mit Hof=
fart/ mit Verachtung anderer/ mit Unter=
drucken/ mit Verſchwendung und Miß=
brauch: Anderer Hertzen aber dagegen zu
beſaͤnftigen/ ſich ſelbſt unbetrübt zu laſſen/
oder unvergriffen gegen ſeinem Naͤchſten
mit Neid/ mit Laͤſterung/ mit Verflu [15] chung;
habe aber ſo viel befunden/ darinn
ich mich ſelbſt endlich habe befriedigen koͤn=
nen. Zweifle auch nicht/ wann der guͦnſtige
Leſer ſolches gleichmaͤſſig erwegen wird/ er
werde/ wo nicht alſobalden: doch hoffent=
lich nach und nach ſich eherbeguͤtigen/ und
in ſolche Faͤlle baͤſſer und vergnuͦgter ſchik=
ken lernen.Ehe ich nun ferner ein Wort rede/ bitte
ich Gottes weiſe Guͤte/ ſie wolle unſer Hertz
und Feder regiren und fuͤhren/ daß wir
ſeiner vaͤtterlichen Vorſorg gehorfamlich
uns untergeben/ wol lehren und ler=
nen moͤgen.
|| [16]
1.
O Groſſer Gott/ ich klage dir mit Reu
die Ungedult/ ſo mich beſeſſen/
die wider dich ſich ſetzet ohne Scheu/
dir Gnaden denket abzupreſſen.
die fuͤr und fuͤr
den deinen hier
nach meinem Willen will abmeſſen.
2.
Bald bild’ ich mir Verdienſt und Froͤm ̅ = keit ein/
und fordre Glück von deinen Haͤnden.
als eine Schuld/ vor mein Unſchuldig=ſeyn.
wilſt du nit ſtracks Erhoͤrung ſenden/
ſo wird gar bald
die Andacht kalt/
ich denk von dir mich abzuwenden.
|| [17]
3.
Mit Neid ſeh’ ich deß Naͤchſten Wol= ſtand an/
bin nicht zu frieden mit dem Meinen;
Mein Aug ſein Gluͤck nit wol vertra= gen kan/
Sein lachen darff mich machen weinen.
Ich kan gar nicht
der Sonne Liecht
auf Boͤs’ und Gute ſehen ſcheinen.
4.
Ach pflanze du Zufriedenheit in mich/
ſtell’ ab und ſtill das Widerbellen!
Mit Murren/ Herꝛ/ werd ich erzuͤrnen dich
und mit Gefahr zuruͤcke prellen.
Was du verſehn/
das muß geſchehn
ſolt alle Welt ſich widerſtellen.
5.
Ach! ich bin boͤß/ wo ich am froͤm ̅ ſten bin/
ich kaͤmpfe wider dich mit Suͤnden.
Was/ Lohn? bey dir ich Straffe nur verdien:
ſolt dann ein Menſch ihm Gott ver= binden?
|| [18]
Ein Gnaden=gab’
iſt alle Haab;
kein Staͤublein wir verdienen koͤnden.
6. ???(ab.
Ein Suͤnder pocht je nichts dem Richter
Ich will/ in Demut/ hoffen Gnaden.
Ich wuͤnſche nichts: Ich weiß/ daß ich offt hab
begehret meinen bittren Schaden.
Du weiſt was mir
nütz/ noͤtig hier;
Du kanſt und wirſt mich wol berahten.
7.
Dein Will’/ ô GOTT/ ſoll auch mein Wille ſeyn:
Ich ſoll und will dir nichts fuͤrſchreiben.
Schenk/ wem du wilſt/ die Gaben; ſie ſind dein:
Mir wird mein Teihl doch uͤbrig bleiben.
Dann/ was ſeyn ſol/
das ſchickt ſich wol;
Kein Menſch kan ſolches hintertreiben.
|| [ID00077]
|| [ID00078]
Non noſtras Fortuna vices; 2. nec fulgi-
dus orbis
Sidere: 3. Sed prudens Rector ab axe
rotat.
DAs Ungluͤck und das Glück der Boͤſen und der Frommen.
hatt mir mit Widerſinn die Sinnen eingenom ̅ en.
Ich ſahe gute Tag’ in boͤſer Buben Hauß:
bey Frommen ſahe Noht zu allen Fenſtern auß.
Den liebt das Glück/ den nicht: hoͤrt ich den Poͤ= bel ſagen.
Sie aber hoͤrten mich/ auff dieſe Sage/ fragen:
Sagt an/ was iſt das Gluͤck? es muß ja etwas ſeyn/
ein Teuffel oder Gott. Es wil mir gar nit ein.
I. Ein Goͤttinn iſt es nicht; wie zwar die Heyden ſchreiben???
Nur ein Gott/ Ein Gott iſt/ an den wir Chriſten glaͤuben.
Der Teuffel iſt es nicht: Gott laͤſſet dem nit zu/
daß er/ was er nur will/ auff Gottes Boden thu.
Sie ſchwiegen alle ſtill. Ich hatte wol geſprochen/
und ihnen auß dem Sinn geredt/ und abgebrochen
den Goͤtzen/ die Fortun. Mich ſelbſt hatt’ ich vergnuͤgt:
weil dieſe Fantaſey in mir mich offt bekriegt.
II. Ein Weiſer kam darzu. Als er die Frag erlernet/
ſprach er: Das Gluͤck hat ſich am Himmel ein= geſternet.
|| [20]
Das Tuhn der gantzen Welt auß dem Geſtirne flieſt.
Darnach dir lacht ein Stern/ darnach du glück= lich biſt.
Diß wolt mir auch nit ein. Ich ſagte/ was ich dachte:
III. Der Schoͤpffer/ deſſen Hand die Sternen ſchuff und machte/
ſolt er ſich dem Geſchoͤpff ſo machen unterthan?
Gott/ aller Sternen Herr/ mehr als die Ster= nen kan.
Bald fiele mir erſt bey/ was jener Heyd ge= ſchrieben/
Der zwar in Schranken nicht der Chriſten Lehr geblieben:
Die Gottheit/ was ſie hat erſchaffen/ auch regirt
mit Raht und Vorbedacht. Kein Stern den Zepter fuͤhrt/
kein blindes plumpes Gluͤck/ kein Zufall in den Sachen.
Gott ſelbſt iſt Gluͤck und Stern: weiß alles wol zu machen;
gewaͤhret und verſagt; nim ̅ t/ wie er will/ und gibt.
Das iſt gerecht und gut/ was unſrem Gott beliebt.
|| [21]
Was die Heyden/ und andere mehr/
das Glück und Unglück
genennet.
WAn
̅
man von Gluͤck und Ungluͤck
redet/ kan man es hier auff zweyer=
ley weiß verſtehen: Entweder es
bedeutet den gluͤcklichen offt
unverſehenen und unverhofften Fort=
gang eines Dings/ maſſen von Joſeph
ſtehet: Er war ein gluͤckſeliger Mann
in allem was er taͤht/ das iſt: alles ſein
Tuhn war geſegnet. Gen. XXXIX. 2. 3.
oder im Gegenteihl/ den ungluͤckſeligen
unverſehens= und unverhofft=ge=
haltenen Fortgang eines Dings/
darum man ſich doch eiferig und
ſtark bewirbt. So ſpricht man offt:
Er iſt ein ungluͤckſeliger Menſch/
das iſt: was er angreifft/ gehet widerſinns.
Oder es bedeutet die Urſach und den
Brunnen/ ſo zu reden/ deſſen unver=
ſehenen/ unverhofften glücklichen
[22]
Fortgangs oder Nicht=Fortgangs/
Freud= oder Leidfalls; Wer nemlich ſol=
chen Segen/ oder Schaden gebe; oder/
von wem beydes herkomme? Alſo ſpricht
man ins gemein: Das Gluͤck hat ihm
ſo gewolt/ oder das Ungluͤck hat mir
gewolt. Das iſt: Etwas/ das wir das
Gluͦck heiſſen/ hat ihm das Gut/ die Ehr/
Reichtum/ Heurat/ ꝛc. gegeben/ oder
das widrige uͤble zugeſchickt.Nun iſt es wol wehrt/ und kan ſich auch
das Hertz nicht eher zu frieden geben/ als
eben in der ſattſamen Antwort: was dann
das Gluͤck oder Unglück ſey; oder
deutlicher: wer/ und was den Segen/
und das Gedeyen in dieſen oder jenen
Dingen gebe; und wer und was das
ſey/ das unſern Fuͤrſchlag hindere
oder auffhalte/ den oder den Schaden
und Traurfall zuſchicke?Nun wir aber dißmal allein vom Gluͤck
reden wollen: als iſt foͤrderſt zu behalten:
daß hierinn/ ſich/ unterſchiedene Meynun=
gen befunden haben.
|| [23]
Etliche/ als die/ ſo genannte/ Epicurer/
die von keinem Gott wiſſen wollen/ haben
es fuͦr ein ungefaͤhres Ding gehalten/ deſ=
ſen man keine gewiſſe und gruͤndliche
Urſach geben koͤnne/ welchem nach es heiſ=
ſet: Ohngefehr ſind wir geboren/ und
ohngefehr fahren wir wider dahin/
als waͤren wir nie geweſt! ſolcher Ge=
ſtalt/ verſtehe/ widerfaͤhrt uns auch ohnge=
fehr/ was uns gutes widerfaͤhrt. Sap. II. 2.Andere/ die noch befunden: daß die
Welt/ und was in der Welt iſt/ werde von
etwas erhalten/ und alſo regirt: haben ſich
wider ein andere Einbildung gemacht deß
Gluͤcks/ oder deſſen/ von dem manchem
Menſchen ſo viel Gutes und Gewuͦnſchtes
herruͦhre? Dieſe/ wie ſie zwar geſtunden/
daß etwas ſeyn muͤſte/ das alles dieſes al=
ſo und alſo fuͤhrte/ und eben auch einen
Gott genennet; So haben ſie doch dem/
als dem Hoͤchſten/ noch viel andere Helfer/
als auch/ ſo genannte/ Goͤtter und Goͤttin=
nen zugeordnet. Daher iſt die Meng der
Goͤtter bey den Heyden kommen/ deren ei=
ner dieſes/ ein anderer ein anders zu verwal [24] ten
haͤtte/ als Jupiter, ſagten ſie/ ſey der fuͤr=
nehmſte Gott uͤber alle Goͤtter/ der ein ſon=
derlich Faß habe/ darinn er alle Guͤter auf=
behalte/ Ehr/ Reichtum/ Gewalt/ Macht/
Kunſt/ Gunſt und dergleichen/ darauß er
einem das/ dem andern ein anders; oder
einem mehr/ einem weniger lange. Weil er
aber alles nicht verwalten koͤnne oder wolle/
als hab er andere Goͤtter neben ſich/ deren
einer ſich dieſes unterfange/ ein anderer ei=
nes andern/ als Mars ſey der Gott des
Kriegs/ Vulcanus ſey der Gott des Feuers/
Neptunus der Gott des Meers und ſo
fortan. Item es ſeyen noch neben dieſen
Goͤttern/ Goͤttin
̅
en auch/ als Juno die Goͤt=
tinn des Ehſtands/ Venus die Goͤttinn der
Lieb/ Diana die Goͤttinn der Jaͤgerey/ ꝛc.
Unter dieſe gehoͤre auch die Goͤttinn deß
Glücks/ Fortuna genannt/ die die menſch=
liche Zufaͤll regire und verwalte/ und deme
das/ jenem ein anders/ einem mehr als allen
beyden auß dem Faß Jovis zuertheile. Die=
ſer zu Ehren haben die Roͤmer gar einen
Tempel erbauet/ ſie haben ihr die hoͤchſte
Geluͤbd getahn/ ſo ſie ſolches oder ſolches
ihr Werk und Vornehmen ſegnen wuͤrde.
[25]
Und weil das menſchliche Tuhn und Laſ=
ſen ſo groß/ ſo viel/ ſo mancherley/ ſo anſehn=
lich/ ſo weitlaͤuffig; als haͤtte dieſe hohe und
anſehnliche Verwaltung/ ihr/ Jupiter, als
deſſen Schweſter ſie waͤre/ verehret. Eben
aber darum/ weil es ein Weibsbild ſey/ ſey es
auch deſto wankelmuͤtiger/ und verkehre ſich
ploͤtzlich und ſchnell/ nach ihrer Art wan=
delbaren Sinn. Jetzt geb’ es einem einen
Uberfluß: geſchwind nehm’ es ihn wider
weg; bald bringe es einen zu Ehren und
Würden: bald in Verachtung und Spott;
ja/ es verliebe ſich manchmal blind und un=
beſonnen in einen/ deme es aus Lieb alles
mitteihle/ Huld/ Ehr/ Reichtum/ Anſehen;
bald hab die Lieb auch wider ein End/ und
verkehre ſich in Haß/ in Neid/ in Gift und
Gall. Um eben deß willen haben ſie es zum
teihl blind gemacht/ und auf eine Kugel ge=
ſetzt/ weil es ſeine Guͤter unbedachtſam aus=
teihle/ und bald wider verwende.Das hieſſen die meinſten das Gluͤck!Nun kan aber ein jeder leichtlich ermeſ=
ſen/ daß dieſe Beſchreibung deß Gluͤcks/
einem verſtaͤndigen Hertzen kein Vergnuͦ=
gen machen koͤnne. Ich will davon nicht
[26]
ſagen: daß es laͤcherlich laute/ daß Goͤt=
tinnen ſeyn ſollen/ die ſolche Verwaltung
auf ſich haben; was ſind aber uͤber diß/ das
fuͤr Goͤttliche Weſen/ die man fuͤr blind
halten ſoll/ fuͤr unbedachtſam/ fuͤr wankel=
mütig?Viel eben aus den Heyden ſelbſten/ ha=
ben ſich mit der Beſchreibung und Vor=
bildung deß Gluͤcks nicht befriedigen laſſen.
Jener Roͤmiſche Poet 6 Juvenalis ver=
lacht es oͤffentlich/ da er ſpricht.Nullum Numen abest, ſi ſit prudentia: ſed Te
Nos facimus, Fortuna, Deam, cœló locamus!Unſer eigne Einbildung/ ſagt er/ ſetzt das Gluͤck als eine Goͤttinn uͦber uns in Himmel!Andere/ wie weiland die Chaldeer/ und noch viel Aſtrologi, und derer Anhang/ haben deß gluͤcklichen Fortgangs oder un= gluͤcklichen Ruckgangs Urſach den Ster= nen zugeſchrieben/ vermeinende: welcher in einem guten Zeichen und Planeten gebo= ren ſey/ als zum Exempel im Jove, dem gehe [27] es gluͤcklich und nach Wunſch; welcher in einem widrigen Zeichen geboren/ als im Wider/ oder Stier/ widrig und ungluͤck= lich/ darum/ weil eben dieſe oder jene Stern/ das menſchliche Hertz auch ſo oder ſo neig= ten/ zu der oder der Zeit/ da ihre Würkung am ſtaͤrckſten und beyſamm waͤren/ und Sinn/ Gedanken/ Muht/ alles dahin un= widerſtreblich trieben/ wo der oder der gute Ausſchlag und nutzliche Fall ſich begeben werde. Auf welches zweifels frey die gemei= ne tentſche Rede gehet/ da man ſpricht: Ich hab zu dem oder jenem Men= ſchen/ zu dem oder dem Ding keinen Stern/ oder/ Ich hab den Unſtern darzu! In welchen Wahn auch die Ju= den gerahten ſind/ nach dem ſie einmal den wahren GOtt verlaſſen/ und von einer Ab= goͤtterey in die andere fielen. Daher es aben kommen/ daß/ weil ſie Gutes und Boͤſes den Sternen zuſchrieben/ die die Menſchen da und dahin kraͤftiglich und unwidertreib= lich neigten/ eben mit einem ſolchen Nah= men der der Sternen Wuͤrkung bedeutet/ das Gluͤck benamfet und Madſal geheiſſen [28] haben; auch ausdrucklich ſchreiben: daß einer weiſe/ einer reich ſey und ſo fort/ hab er ſeinem Planeten zu danken. Ja hieher deuten viel die Klage deß Pro= pheten Eſaiæ/ daß das juͤdiſche Volk den Herꝛn verlaſſe/ und richte dem Gad einen Tiſch/ im LXV. 11. Gad/ das iſt dem Geſtirn/ das ihnen ſolches oder ſolches Gluͤck ſchenken koͤnne. Es lacht aber 7 Ambroſius wol ſolcher kin= diſchen Gedanken. Illud, ſpricht er/ quàm ineptum, ut, ſi quis ſigno arietis ortum eſſe ſe dicat, ex uſu pecudis æſtimetur præſtantiſſimus conſilio, quod in grege hujusmodi emineat pecus: aut locuple- tior, eò quòd veſtitum habeat aries natu- ralem, & quotannis lucrum capiat indu- menti, eoq́ue viro illi familiaria videan- tur quæſtuum eſſe compendia, das iſt: Iſt das nicht eine Narꝛheit/ daß/ weil einer im Zeichen deß Widers gebo= ren/ daher entweder ein guter Raht= geber/ klug und verſtaͤndig werden [29] ſoll/ weil unter der Herd/ der Wider allen fuͤrgehe: oder reich werden/ weil den Wider die Natur ſelbſt kleide/ und jaͤhrlich von ſeiner Wolle einen ſonderbaren Nutzen gebe/ um weß= willen einer/ der in dem Zeichen gebo= ren ſey/ allerley Vorteihle auch in der Nahrung finden wuͤrde. Dergleichen Wort faſt auch der H. Baſilius 8 fuͤhrt/ die wir geliebter kuͤrtze wegen nicht beyſetzen wollen; zugeſchweigen/ daß viel der Heyden ſelbſt/ den Sternen= und Sternſehern/ ſo uͦber=viel nie zugeſchrieben haben. Nur Herꝛn Lutheri Meynung davon ſoll noch angefuͤgt werden. 9 Uber das 1. Cap. deß I. Buchs Moſis ſchreibt er alſo: Daß Gott ſpricht: die Sterne ſollen Zei= chen ſeyn/ da ſind die Sternkicker und natuͤrlichen Meiſter hinauf in Himmel gefahren/ und haben das/ das er hie von Zeichen ſagt auf ihre Luͦgen gezogen/ daß ſie ſagen/ wer in [30] dem oder dieſem Zeichen der Geſtirne geboren wird/ der ſoll ſo oder alſo ge= ſchickt werden. Welcher unter der Sonnen geboren wird/ der muͤſte ein Buler oder weiſer Mann werden/ wer im Merkurio geboren wird/ der werde ein guter Handtierer wer= den und ſo fort an/ werd es jhme ſonſt oder ſo gehen.Andere/ ſonderlich die gelehrteſte Stoi= ker mehrenteihls/ haben das/ was wir das Gluͤck heiſſen Gottes Vorſorg/ Gottes Rahtſchluß/ ja Gott ſelbſten genennet der unfehlbar alle Ding von Ewigkeit ge= ſehen und geordnet habe/ daß es kuͤnfftig er= gehen ſolle/ jedoch nach eines jeden Dings Art und Weiſe/ die er jedwederm ſelbſt mit= geteihlet hat. Welcher Meynung/ ob ſie ſchon Heyden waren/ viel ehe zu dulten iſt/ als vorhergehender Wahn/ und koͤmt in Wahrheit der rechten Chriſtlichen Mey= nung weit naͤher/ um welches willen auch der gelehrte Vatter Auguſtinus lieber alſo reden wollen: Das hat GOtt getahn! [31] als: 10 Das hat das Gluͤck getahn! Es reuet mich/ ſchreibt er/ daß ich an= derswo das Woͤrtlein Gluͤck ge= braucht/ weil ich ſehe daß die Leut die boͤſe Gewohnheit haben/ und wo ſie ſagen ſolten: Gott hat das gewolt/ da= fuͤr ſpr???chen: das Gluͤck hat es gewolt. Doch/ ſ???richt er: 11 Si quis virtutem & poteſ???atem Dei, nomine fati appellat, ſententi???m teneat, linguam corrigat, das iſt: Wann jemand Gottes Gewalt und Regirung das Fatum nennen wolte/ ſo behalt’ er die Meynung/ laſ= ſe nur das Wort aus.Andere ſind noch weiter gegangen/ und haben auch zum teihl die Art und Weiſe ge= ben wollen/ wie in ſolchen Gluͤcksfaͤllen Gottes Rahtſchluß verfahre? So meynen ſie aber: was ein jeder Menſch in der Welt fuͤr Gluͤck erlange/ es habe Namen wie es wolle/ im Heuraten/ in Ehren und Amts= ſtellen/ in Reichtum und ſo fort/ dazu ſey er [32] von Gott von Ewigkeit prædeſtinirt/ und damit ers in der Zeit erlange/ neige Gottes Finger ſein Hertz/ zu der Zeit und keiner an= dern das oder das anzugreiffen; an dem Ort und keinem andern; bey dieſe??? Per= ſonen und keinen andern; durch ſolche Mit= tel und durch keine andere. Er neigeſie aber alſo gewaltiglich und durchdringend/ daß ſie anderſt nicht koͤnnen und moͤgen/ als deſ= ſen Trieb folgen/ wohin ers fuͤhre und nach ſeinem ledigen Wolgefallen zu fuͤhren be= ſchloſſen hab. Welchem Wahn nach man recht ſpricht: daß der die/ und die den/ zum Exempel/ heuratet/ hat ſo ſeyn ſollen und müſſen/ und hat/ ſo viel an ihnen iſt/ nicht anders ſeyn koͤnnen als ſo! daß der den Dienſt bekoͤmt/ hat auch ſo ſeyn ſollen und muͤſſen/ und er haͤtte es auch nicht umgehen koͤn= nen/ daß er ihn nicht erlanget haͤtte. Dem ſey die Grafſchaft/ das Fuͤr= ſtentum ſo worden/ daß es ihm hat werden muͤſſen/ weil ihn Gott gleich= ſam dazu gezogen hab/ und ſo fort. [33] Weiln aber alle oberzehlte Meynungen teihls Gottes Heiliges Ewiges Weſen gar verneinen/ teihls Gottslaͤſterlich ſind/ teihls den Menſchen ſeines freyen Willens berauben/ als ſind ſie unter Chriſten billich nicht zu leiden: weniger daß Chriſten ſelbſt ſolche Gedanken hegen und verteidigen wolten. Sey derowegen zum Ur= teihl das folgende dritte Ca= pitel geſetzt.
|| [34]
1.
WEg/ Heydinn/ blindes Gluͤcke!
weg! deiner Tuͤck und Blicke
der Gottheit lach’ ich nur.
Du lebſt allein in Schrifften/
die gerne Lügen ſtifften/
der Dichter Creatur!
2.
Dein unbeſtaͤndigs Weſen
iſt nur ein bloſſes leſen;
die Warheit lacht dich aus.
Der Wahn hat dich gebohren.
Es iſt kein Ort erkohren
vor dich im Menſchenhaus.
3.
Ihr Silberweiſſen Sternen/
ihr himmliſchen Laternen/
bewohnet euer Zelt!
|| [35]
Ihr moͤget eure Zinken
als Augen/ laſſen blinken
und winken in die Welt.
4.
Das aber das ſey ferne/
daß ich euch ſolt ihr Sterne/
als Goͤtter/ beten an;
daß ihr ſolt/ Doͤpfe werden/
darinn das Gluͤck der Erden
ſich ſelber kochen kan.
5.
Der euch in Lufft gepflanzet/
den Himmel aufgeſchanzet/
diß groſſe Rund umdreht/
Gott/ unſer euer Kaͤiſer
herſcht uͤber eure Haͤuſer/
ihm zu Gebot ihr ſteht.
6.
Du Sternprintz/ Weltverſuͤhner!
dort war ein Stern dein Diener/
fuͤhrt dir die Heyden zu
von Mohr=und Morgengraͤnzen.
Laß mein Geſtirne glaͤnzen/
ô Jeſu/ das biſt du.
|| [36]
7.
Du ſaheſt langſt von fernen/
eh waren Mond und Sternen/
was nuͤtz und ſelig mir!
Ich folge wie mich fuͤhret
der/ der die Welt regiret.
Mein Gluͤck flieſt nur von dir.
8.
Wie du mich wilſt begluͤcken/
was du mir wilſt zufchicken/
das nimm ich alles gern.
Es kan von dir/ dem Frommen/
mir gar nichts boͤſes kommen!
Gott iſt mein Gluͤck und Stern.
|| [ID00097]
|| [ID00098]
Vidit ab æterno ventura; 2. manú gu-
bernat
nunc præviſa, boní arbiter at́ mali.
LAßt die Heyden auf das Gluͤck/ auf den blind= erdichten Goͤtzen
ihren eitlen Wohlſtand ſetzen!
Chriſten! laßt uns Chriſten ſeyn/ an die wahre Gottheit glauben/
ſie nit ihrer Ehr berauben!
Was geſchehen/ was geſchiht/ und was kuͤnfftig wird geſchehen/
hat Gott alles vorgeſehen.
Der gemacht deß Menſchen Aug/ deſſen Hand ſchuff alle Sachen.
der noch immer pflegt zu wachen/
Gott/ der in die Hertzen ſiht/ der Gedanken Sprach verſtehet/
der die Sternen bogen drehet/
der Allgegenwaͤrtig iſt: ſolt ihm etwas ſeyn ver= borgen/
was noch ſoll geſchehen morgen?
Menſchen/ mit Verſtand begabt/ pflegen weit hinaus zu ſehen/
merken/ was noch wird geſchehen:
Sinnen/ die da wohl und fein eines aus dem an= dern ſchlieſſen/
koͤnnen diß/ was künfftig wiſſen:
Und Gott ſolt/ von dem allein koͤmmet/ als aus ei= nem Brunnen/
Weißheit und Verſtand geronnen/
|| [38]
Gott ſolt etwas wiſſen nicht? Nein! im Hauß der Ewigkeiten
ſind beſchrieben alle Zeiten.
Zu was Nutzen und Gebrauch kommen ſollen ſei= ne Sachen/
weiß ein Meiſter in dem Machen:
Und der Schoͤpfer aller Ding’ ach wie ſolte der nit wiſſen
worzu jedes ſoll erſprieſſen?
Das waͤr ja ein tummes Tuhn/ gar nach keinem Zwecke zielen/
in die Luft mit Pfeilen ſpielen.
Gott iſt weiß; hat auch die Macht/ was er weiß und will/ zu enden:
Alles ſteht in ſeinen Haͤnden.
Er regiret mit der Hand/ was ſein Aug zuvor ge= ſehen:
was Er ſetzt/ das muß beſtehen.
Gutes/ weiß der gute Gott goͤttlich in das Werk zu richten/
wider aller Menſchen dichten.
Boͤſes/ das oft nur ſo ſcheint/ kan er noch zum Baͤ= ſten lenken/
ſteuren allen Hoͤllen=raͤnken.
???aß dir Menſch/ in Wohl und Weh/ Gottes wei= ſen Raht gefallen:
ſo wirſt du ohn Anſtoß wallen.
Seiner Allmacht troͤſte dich/ wann du ligſt in Ohn= macht nieder:
Sie kan dir aufhelffen wieder.
|| [39]
Das Dritte Capitel.
Was die Chriſten das Gluͤck
und Ungluͤck heiſſen?
MIt einem Wort/ weil ſie gruͤnd=
licher von Gottes Weſen/ Wil=
len/ Werken/ aus dem Mund
Gottes ſelbſten unterꝛichtet ſind/ als wiſſen
ſie auch gewiſſer/ daß er nach ſeinem allwei=
ſen Wolgefallen/ Raht und Willen/ mit
dem menſchliche
̅
Geſchlecht vorab/ alſo um=
gehe/ eines jeden Tuhn und Laſſen/ eines je=
den Anſchlaͤg’ und Gedanken fuͤhre/ mittle/
halte/ wider zulaſſe/ mit zeitlichen jrꝛdiſchen
Dingen alſo umzugehen/ zu erlangen/ und
nicht zu erlangen/ zu erhalten oder zu verlie=
ren/ ehe oder ſpahter zu erwerben/ oder nicht
zu erwerben/ wie er von Ewigkeit geſehen/
daß es zu ſeines heiligen Namens Ehr/
und zu eines jeden zeitlichem und ewigem
Baͤſten/ am baͤſten ſeyn kan.Demnach/ wann man ja manchen Men=
ſchen in jrꝛdiſchen Dingen glückſeelig
heiſſet/ oder ſpricht: Das Gluͤck hab’
[40]
ihn ſo erhoben/ ſo reich/ ſo anſehnlich/
ſo maͤchtig gemacht/ hat es nicht die
Meynung: Plumper/ allerdings zufaͤlliger
Weiß/ ohne einiges hoͤhers oder nidrigers
Weſens Wiſſen/ oder Verſtand/ waͤre ihm
das oder jenes zugeſtanden/ fuͤr dieſem oder
jenem/ der es eben ſo und noch wol baͤſſer
wehrt waͤre: ſondern das iſt der Chriſtliche
Innhalt: Gott/ als ein freyes Weſen/ der
uͤber alles lediglich Herꝛ iſt und bleibt/ habe
nach ſeinem weiſen Raht und Gefallen/ es/
entweder alſo geſchehen laſſen/ wie es ihm
dieſer oder jener Menſch fuͤrgenommen hat/
und zum teihl ſeine Zucht oder Unterwei=
ſung von Kindheit an oder ſeine Leibs=und
Gemuͤts=Beſchaffenheit/ und ſo genante
Complexion mit ſich gebracht/ oder wohin
ſeine Geſellſchafft ihn gezogen hat; Oder a=
ber/ der groſſe und ungebundene Gott habe
nach ſeinem allein weiſen Raht und ledigli=
chem Belieben/ mancher Menſchen Her=
tzen den oder jenen Gedanken eingegeben/
zu der und keiner andern Zeit das oder das
vorzunehmen/ bey denen und keinen andern
Perſonen/ an dieſem und keinem andern
Ort/ auf ſolche und keine andere Weiſe;
[41]
Auch von Ewigkeit anderſt nicht beſchloſ=
ſen/ als bey dieſen Gedanken/ und bey der
action, die der Menſch grad in der Stund/
grad in dem Minut/ grad an dem Ort/ ꝛc.
vornehmen werde/ zu ſeyn/ und bey keiner
andern dieſes ſein Vornehmen zu foͤrdern
und gedeyen zu laſſen/ und ſo fort/ daß das
oder das jrꝛdiſche Gut unverſehens darauf
gefolget/ die Ehr/ die Gewalt/ der Reich=
tum dem oder dem unwiſſend worden/ und
jenem/ der es ſo eyferig geſucht/ und wol ge=
meynt er hab es ſchon/ wider verhoffen nit
gegeben; den erhalten/ jenen nicht erhalten
laſſen; den eher/ den ſpahter darzu kommen
laſſen/ und dergleichen.Man muß aber recht verſtehen/ was da
heiſſe? Unverſehens oder Unwiſſend/
ſey dem oder dem/ das oder das worden/
auch wol wider/ und ohne ſein Begehren.
Nicht aber hat es die Meynung: als wann
es allerdings/ durchaus/ ohne anſehen jcht=
was wie es Namen haben moͤge und ſolle/
bloͤtzlich/ unvorgeſehener/ zufaͤlliger Weiß
geſchehe: ſondern wider wiſſen und ver=
ſehen/ manches Menſchen/ oder wider ſein
eignes Verhoffen/ Einbildung/ Warten/
[42]
geſchehe es/ daß er entweder die Ehr/ oder
den Dienſt/ oder dieſes Anſehen/ ꝛc. erlange;
oder/ daß ers durch ſolche oder ſolche Mittel
erlange/ zu ſolcher oder ſolcher Zeit/ von de=
nen oder denen Perſonen/ an dem oder dem
Ort und dergleichen. Obs aber gleich ſchon
wider ſein/ deß Menſchen/ eignes Wiſſen/
Willen/ Gedanken/ Ausrechnen/ Hoff=
nung geſchiht: ſo darf man darum nicht
gedenken/ daß es gar auch ohne Gottes vor=
wiſſen/ Willen/ oder Zulaſſung geſchehe.
Nein! Gar artig laͤßt es ſich mit dem Exem=
pel Mardochæi verſtehen. Der Koͤnig
Ahasverus wolte ihm Ehr und Guts tuhn/
um der Liebe willen/ die er/ Mardochæus/
gegen 12 ihm/ als ſeinem Herꝛn getragen
hatte. Hatte demnach/ unwiſſend Haman
und Mardochæo/ beſchloſſen/ den/ von je=
nem ehren zu laſſen; zu welchem End er
Haman fragte: Was ſoll man dem
Mann tuhn/ den der Koͤnig gern eh=
ren wolte? Eſth. VI. 6. Da nun Ha=
man ihm unfehlbar die Rechnung machte:
Er würde der ſeyn und alſo antwortete:
[43]
v. VIII. Den Mann/ den der Koͤnig
gern wolt’ ehren/ ſoll man herbrin=
gen/ daß man ihm Koͤnigliche Kleider
anziehe/ die der Koͤnig pfleget zu tra=
gen/ und das Roß da der Koͤnig
aufreitet/ und daß man die Koͤnigliche
Kron auf ſein Haubt ſetze: v. IX. Und
man ſoll ſolch Kleid und Roß ge=
ben in die Hand eines Fuͤrſten deß
Koͤniges/ daß derſelbe den Mann an=
ziehe/ den der Koͤnig gern ehren wolt’/
und fuͤhre ihn auf dem Roß in der
Statt Gaſſen/ und laſſe ruffen fuͤr
ihm her: So wird man tuhn dem
Mann den der Koͤnig gern ehren
wolt! Da Haman/ ſprich ich/ allerdings
meynte: er waͤre es/ bekomt er den Befehl:
v, X Eile und nimm das Kleid/ und
Roß/ wie du geſagt haſt/ und tuh al=
ſo mit Mardochai dem Juden/ der
fuͤr dem Tohr deß Koͤniges ſitzt/ und
laß nichts fehlen an allem das du ge=
redt haſt. Bey dieſem Exempel koͤnte
[44]
man mit Waarheit ſagen: Ungefehr/
unwiſſend/ ohne Mardochai Willen
und Begehren/ waͤre ihm die Ehr
und Gnad zugeſtoſſen: aber gleich=
wol ohne ihres Herꝛn/ deß Koͤniges
Wiſſen/ ohne ihres Herꝛn Willen
nicht. Ihm iſt es nicht ohngefehr/ der es
ſchon bey ſich geſehen/ daß Mardochai zu
der Zeit für dem Tohr ſitzen werde/ und be=
ſchloſſen/ daß dieſer/ Haman/ jenem be=
gegnen/ und die Koͤnigliche Gnade ablegen
ſolte. Alſo auf gegenwaͤrtiges zu applicirn/
iſt der Herꝛ/ der Gott und Vatter im Him=
mel/ der unzaͤhliche Knecht hat/ einen
da/ den andern dorthin ſendet/ einen dem
andern begegnen laͤßt mit der Ehr/ mit
dem Amt/ mit dem Anfehen/ Reichtum/ Ge=
winn/ ꝛc. Welches alles/ eines Teihls recht
ohngefehr/ unverhofft/ ohne Begehren ge=
ſchihet: Betrachtend aber Gottes Ord=
nung/ Willen/ Wiſſen/ geſchiht es ja nicht
ohngefehr/ unverhofft/ unbegehrt: ſondern
wiſſentlich/ vorſetzlich/ mit allem Willen/
mit allem Gefallen/ der mit den Seinigen
[45]
als ein Herꝛ Macht hat zu tuhn/ zu ſchal=
ten zu walten wie er will.Uber diß iſt wol zu merken/ daß wir ſa=
gten: Es geſchehe nicht ohne Gottes
Willen/ Geheiß/ oder auch ohne Got=
tes permiſſion und Zulaſſung. Dan
̅
ohn iſt es nicht/ manchmal gibt Gott ab=
ſonderlich und voxſetzlicher Weiſe/ einem
Menſchen jrꝛdiſche zeitliche Guͤter/ den er
von Ewigkeit wol geſehen und gewußt/ daß
er ein luͤderlicher leichtfertiger Menſch
werden werde; manchmal aber laͤßt ers nur
zu/ daß der oder der luͤderliche leichtfertige
Menſch/ der Hurer/ Ehbrecher/ Moͤrder/
ungeſchickte grobe Troll mit Suͤnden ei=
nen Reichtum ſamlet/ mit Unrecht die Ge=
walt erlangt/ mit Frevel die Macht zu ſich
reiſſet/ tyranniſiret nach ſeinem Luſt/ daß
eben Gott nicht allezeit ein Gefallen daran
hat: aber doch geſchiht auch das nicht al=
lerdings ohngefehr/ eben darum/ weil es
Gott vorher von Ewigkeit geſehen/ und zu=
zulaſſen von Ewigkeit auch beſchloſſen hat.Welchem nach auch jenes baͤſſer wird zu
verſtehen ſeyn/ was dem Anſehen nach hart
[46]
lauten will/ da wir ſagten: GOtt gebe
manchem Menſchen/ manchmal/
nach ſeinem lediglichen Belieben/
dieſen oder jenen Gedanken ein/ zu
der Zeit/ Ort/ Perſonen und keinen
andern/ das oder das vorzunehmen/
woraus der erwuͤnſchte Außgang
folge/ den jemand geſuchet habe. Item:
Gott habe es auch von Ewigkeit an=
derſt nicht beſchloſſen/ als bey dieſen
Gedanken zu ſeyn und keinen andern/
und ſelbigen eben in der Stund und
Minut und keiner andern/ an dieſem
Ort und keinem andern/ bey dieſen
Perſonen und keinen andern alſo ge=
ſegnet anſchlagen laſſen.Dann es moͤchte jemand alſo ſchlieſſen:
Wann Gott bey keinen andern Gedanken
beſchloſſen hat/ dem oder dem/ ſeinen Wil=
len zu erfuͤllen/ als bey dieſen oder jenen Ge=
danken/ den er zu der Zeit/ an dem Ort/ bey
denen Perſonen und keinen andern heraus
laͤßt; Und gebe doch Gott ſelbſt den und kei=
nen andern Gedanken ein: ſo muͤſſe ja
[47]
dem oder jenem Menſchen das oder das
werden unfehlbar. Unausbleiblich muͤſſe
ihm der Reichtum kommen/ die Ehr/ der
Dienſt/ die Heurat/ das Amt/ die Regi=
rung/ das Anſehen. Und ſage man ja noch
einmal recht: Es iſt ſein Fatum ſo ge=
weßt! So hab es ſich ſchicken muͦſ=
ſen und nicht anders! So man es aber
dahin kommen laſſen will/ ſo werden wir ja
ſo wol als andere/ dem Menſchen ſeinen
freyen Willen nehmen in allen ſolchen Faͤl=
len/ und einen Sclaven und Gefangenen
aus ihm machen.Den harten Gedanken weg zu raͤumen/
muß man zu baͤſſererm Verſtand alles deſ=
ſen/ was bey unſern gluͤcklichen actionen
vorlauft/ etliche Stücke recht verſtehen und
wol behalten.Einmal aber iſt gewiß/ daß Gott/ wie
alle Ding: alſo auch deß Menſchen Sinn
und Gedanken/ die er jemals machen kan
und wird/ zuvor weiß und ſihet. So ſpricht
David: Der Herꝛ verſtehet aller Ge=
danken Dichten I. Chron. XXIX. 9.
Der HErꝛ weiß die Gedanken der
[48]
Menſchen Pſ. XCIV. 11. Im CXXXVI.
ſagt er: Herꝛ du erforſcheſt mich und
kenneſt. Du verſteheſt meine Gedan=
ken von ferne/ ꝛc. Und weil bey Gott
keine Veraͤnderung iſt Jac. I. 17. und
er bleibet wie er iſt/ Pſal. CII. 29. So
muß er ſolches/ aller Menſchen Gedanken
Wiſſen/ haben von Ewigkeit her. Was
nun ein jeder Menſch bey ſich beſchlieſſen
werde zu der oder der Zeit/ an dem oder dem
Ort/ bey dieſen oder dieſen Perſonen ein=
mal zu handeln/ zu tuhn oder zu laſſen/ das
alles iſt fuͤr Gottes Augen blos und
entdeckt/ Ebr. IV. 13. da er noch in
Mutterleib iſt/ Pſ. CXXXIX. 13.Fuͦrs Ander iſt auch das gewiß/ daß
Gott als ein freyes Weſen/ neben dem/ daß
er einen Menſchen ſeine eigne Gedanken
anſchlagen laͤßt/ auch oft abſonderlicher
Weiſe entweder unſerm menſchlichen Her=
tzen dieſe oder jene Gedanken unverhoft ein=
gibt/ und wie die Schrifft redet/ neiget
wohin er will/ weil ſie in ſeiner Hand
ſind/ wie die Waſſerbaͤche/ Prov. XXI. 1.
[49]
oder aber/ ſo ſie anderswohin wolten daher
wendet und lenket Pſal. XXIII. 10. 13.
auch vielfaltig ein ſonderbares zeitliches
Gluͤck dardurch zu erhalten/ welcherley es
auch ſey. Nur das Exempel Jacobs wol=
len wir anfuͤhren. Weil ihn Gottes Guͤte
reich machen wolte/ damals aber der Reich=
tum am Viehe geſchaͤzet wurde/ er aber/
Jacob/ bey ſeinem haxten Schweher nicht
uͤberfluͤſſig erarnen kunte/ gab ihm Gott den
Sinn ein/ daß er mit Laban alſo uͤberein=
kommen ſolte/ und auſſondern alle bunte
und fleckte Schaafe und alle ſchwar=
ze Schaafe unter den Laͤmmern/
und die bunte und fleckte Ziegen/
mit dem Beding/ daß/ was bunt und
flecket fallen wuͤrde ſein Lohn ſeyn
ſolle/ wordurch ſeines Schwehers gan=
tzer Reichtum ihme/ Jacob/ gegeben wer=
den ſolte/ Geneſ. XXX. 31. – 41. XXXI.
5. 9. 12.Weil wir dann fuͦrs Dritte in der Taht
ſehen und erfahren/ daß Gott bey dieſen und
keinen andern Gedanken/ den der Menſch
zu der und keiner andern Zeit/ an dem und
[50]
keinem andern Ort/ bey dieſen und keinen
andern Perſonen/ auf Gottes eingeben zu
zu Werk ſetzet/ das und jenes was er ſuchet/
erheben laͤßt/ ſo muß eines aus dieſen zweyen
folgen: Entweder es hat Gott ſolchen und
keinen andern Gedanken/ zu der Zeit und
keiner andern/ mit ſolchen Umſtaͤnden und
keinen andern/ zu foͤrdern ſich entſchloſſen
von Ewigkeit/ oder er hat den Schluß erſt
gefaßt inzwiſchen der Zeit. Das lezere kan
ja nicht geſagt werden/ ſonſt wuͤrde Gottes
unwandelbares Weſen nimmer unwan=
delbar ſeyn/ und er nicht bleiben wie er iſt/
Pſal. CII. 29. Weil er nach der Zeit an=
derſt wuͤrde/ als er vor derſelben geweſen iſt.
Muß demnach das erſte bleiben/ daß Gott
den/ und keinen andern Gedanken/ zu der/
und keiner andern Zeit/ an dieſem und kei=
nem andern Ort/ ꝛc. Zu ſegnen und den
Zweck erhaben zu laſſen von ewiger Ewig=
keit beſchloſſen habe/ ehe der Menſch noch
in Mutterleib empfangen/ ehe er geboren
worden/ ehe er das oder das Werk noch
einmal angegriffen habe.Wie aber fuͦrs Vierte/ ob ſchon/ zum
Exempel/ ein guter und verſtaͤndiger
[51]
Freund dem andern die beſte Mittel weiſet
und an die Hand gibt ein Ding anzugreif=
fen/ ſo gar/ daß es auf keine andere Weiſe
und Wege ſich tuhn laſſen will als auf die=
ſe einige/ und der gute Freund auch anderſt
nicht darzu helfen will als auf dieſe einige/
die er weiß/ daß das Werk haben kan und
wird: dardurch dannoch dem andern ſei=
nen freyen Willen nicht nimt/ und ſo jener
folget/ ſich nit ſagen laͤßt: Es hat ſchlech=
ter Ding ſo ſeyn müſſen und haͤtte
anderſt nit ſeyn koͤnnen. Nein! Dann
es haͤtte es ja der ander ſo wol bleiben und
das ganze Werck koͤnnen verligen laſſen/
als wol er ſichs fuͤrgenommen hat zu erhe=
ben: So viel weniger folgt es/ daß/ da
Gott den Gedanken/ gleich wie einem gu=
ten Raht/ zu der Zeit/ Ort/ bey denen Per=
ſonen und nirgend anderſt eingibt/ der
Menſch/ der denſelben nachkomme/ ſeine
Freyheit verliere; weil es dannoch in deß
Menſchen Willkuhr ſtehet/ ſolchem einge=
gebenen Gedancken zu folgen und nicht zu
folgen. Und ob man gleich wider ſpraͤche:
GOtt hab aber beſchloſſen bey dem
[52]
und keinem andern Gedanken zu
ſeyn/ an dieſem und keinem andern
Ort/ Zeit/ Perſonen: ſo mnß man doch
wider wiſſen/ daß Gott darum nicht anderſt
beſchloſſen habe/ weil er von Ewigkeit geſe=
hen/ daß der oder der Menſch alſo machen/
und dieſen ſeinen eingegebenen Gedanken/
nach ſeiner Freyheit/ ſo/ und nicht anderſt
brauchen werde/ ob ers ſchon/ wann er le=
diglich wolte/ anderſt brauchen koͤnte. Um
welches willen es ſich viel weniger ſagen
laͤßt: Das Amt/ der Dienſt/ die Herꝛ=
ſchaft/ die Heurat/ ꝛc. habe dem oder
dem fataliter das iſt unumgaͤnglich
und bloſſer Dinge werden muͤſſen/
und haͤtte er auch keine freye Gewalt mehr
gehabt den Gedanken dazu auszuſchlagen
und das darauf erfolgte Gluͤck zu ver=
meiden.So wiſſe man abſonderlich fürs Fünff=
te/ daß viel ein anders ſey/ wann man
ſpricht: Das oder das Glück hat dem
Menſchen unfehlbar und unaus=
bleiblich kommen muͤſſen: Viel ein an [53] ders:
Es hat ihm alſo kommen muͤſ=
ſen/ daß ers anderſt nicht haͤtte ma=
chen koͤnnen bloſſer ſchlechter Dinge/
als daß ihm zukommen iſt. Dieſes
Lezere folget aus jenem noch nicht/ und iſt
kein richtiger Schluß/ ſo man ſagen wol=
te: Weil/ was Gott beſchloſſen hat einmal
zu tuhn/ unfehlbar und unausbleiblich kom=
men muß??? ſo muß das/ was da kommet/
ſo nohtwendig kommen/ daß es auf keiner=
ley Weiſe und Wege hinterbleiben koͤnne/
es moͤge auch Namen haben wie es wolle.
Nein! Mit einem Exempel kan man es zum
teihl weiſen. Recht und wahr ſagt man:
Dem oder dem Menſchen/ der taͤglich
im Luder lebt/ muß unfehlbar und
unausbleiblich eine Schwind=oder
Waſſerſucht kommen; und wird doch
das keines ſagen: Der oder der Menſch
der im Luder lebt/ hat die Schwind=
oder Waſſerſucht bekommen/ und er
haͦtte es auch gemacht wie er gewolt/
ſo haͤtte er die Kranckheiten doch ha=
ben muͤſſen. Nein! wann er ſein Freſſen
[54]
und Sauffen gelaſſen haͤtte/ wie er es wol
haͤtte laſſen koͤnnen/ waͤre er auch der oder
der Kranckheit entgangen. Alſo auch am
gegenwaͤrtigen Ort. Es iſt wahr: Das
oder das Gluͤck/ das einer durch den
von GOtt eingegebenen heilſamen
Gedanken/ an dieſem Ort/ in dieſer
Stund/ bey dieſen Perſonen und kei=
nen andern bekommen hat/ hat ihm
muͤſſen unfehlbar und unausbleiblich
kommen: Warum? Weil Gott unfehl=
bar geſehen und gewußt/ daß der Menſch
dieſem/ von ihm/ eingegebenen Gedanken/
und der Goͤttlichen Anweiß/ daraus das
oder das Gluͤck gewiß folgen wurde/ fleiſſig
und willig nachkommen werde. Weil aber
eben der Menſch dem Goͤttlichen Zeiger/
dem er folgt/ auch nicht folgen koͤnte; Dann
er von Gott nicht darzu gezwungen wird/
und ſeine einmal angeborne Freyheit deß
Willens ewiglich behaͤlt/ ſo laͤßt es ſich nit
ſagen: Weil es ihm/ nach dem Schluß
Gottes/ unfehlbar ſo und ſo gluͤcklich hat er=
geheu müſſen/ haͤtte es ihm auch aller=
dings nohtwendig alſo ergehen muͦſſen/
[55]
und haͤtte er in ſich die Krafft nicht gehabt
ſolchen Trieb und Anweiſung Gottes/ und
das darauf erfolgte Gluͤck zu verſchlagen.Zwiſchen unſerer nun und obgedachter
Meynung iſt das der ewige Unterſchied/
daß jene darfuͤr halten: Gott neige die
Hertzen der Menſchen zu dieſem und jenem
Gluͤcksfall alſo ſteiff und faͤſt/ daß ſie ſol=
chem Trieb unumgaͤnglich folgen muͤſſen/
und die jnnerliche Gewalt bey ſich nicht ha=
ben ſolchen auszuſchlagen/ und das darauf
gefolgte Gluͤck zu verlaſſen/ weil ihnen
GOtt ſolches und ſolches beſcheiden habe/
daß ſie es haben muͤſſen und nicht von ſich
ſtoſſen koͤnnen/ auch nicht einen Gedanken
faſſen moͤgen ſelbiges nicht anzunehmen;
Welcher Geſtalt dann dem Menſchen ſein
freyer Will entzogen werden muß/ und ſich
nicht anderſt gehaben als ein gebundener
gefangener Mann/ der da/ und nirgend
anderſt hin kan/ dort und nirgend anderſt
hinaus; welches dann an ſich/ in Wahrheit/
eine toͤhrichte Meynung iſt. Unſere aber iſt
dieſe/ daß/ uneracht Gottes Guͤte manch=
mal wol dieſem oder jenem Menſchen ſol=
chen oder ſolchen heilſamen Gedanken ein [56] gebe/
und ſein Hertz jnnerlich zwar neige zu
der Zeit das oder das zu tuhn/ an dem Ort/
bey der Perſon und nirgend anderſt; ja
auch von Ewigkeit beſchloſſen/ bey dieſen
und keinen andern Gedanken/ Ort/ Zeit/
Stund/ das Gluͤck erheben zu laſſen; er dan=
noch dabey dem Menſchen ſeinen freyen
Willen nit nehme: ſondern wie ein treuer
Rahtgeber den baͤſſern Weg fuͤrlege und
darweiſe; Und weil er von Ewigkeit geſe=
hen/ daß der oder der Menſch dieſem Raht
gehorſamlich folgen wolle und werde/ da er
die Macht wol hatte ſelbigem nicht zu fol=
gen/ hab er auch damals beſchloſſen/ bey die=
ſer Folg den und den erwuͤnſchten Aus=
gang mitzuteihlen. Auf welchen Schlag
das Lateiniſche Wort hier gelten moͤchte/
da man ſpricht: Suæ quisq́ue fortunæ
faber eſt, verſtehe/ weil er ſeines Gottes
vaͤtterlichem wolmeinenden Raht zu ſei=
nem eignen Aufnahm hat gebuͤhrlich nach=
kommen wollen. Und eben in ſolchem
Verſtand iſt nicht uͤbel geredt/ daß eine
Stund gluͤckſeeliger ſey als die an=
dere/ weil Gott geſehen daß in dieſer und
[57]
dieſer Stund/ der Menſch ſeinem heiligen
Anweiß und Trieb willig und vorſetzlich
nachkommen werde/ der ihn zu dem und je=
nem Segen nach ſeiner groſſen Barm=
hertzigkeit hinfuͤhren wolle.Dieſem nach ſind die zwey Stuck or=
dentlich zu erweiſen. I. Daß das/ was die
Chriſte
̅
das Gluͤck heiſſen/ Gottes allwei=
ſes Wolgefallen/ und heilige Ordnung;
oder Vorſetzlicher Zulaß ſey/ daß einem
Menſchen in jrꝛdiſchen zeitlichen Dingen
ſo oder nit ſo ergehe. II. Warum Gott
das tuhe/ und dem dieſen/ zum Exempel/
vorziehe/ jenen nachgehen laſſe/ ob ſchon die=
ſer/ unſerm Urteihl nach/ entweder gleich
wuͤrdig/ oder noch wuͤrdiger waͤre? Erſt=
lich wollen wir es mit Gezeugniß der
Schrifft lehren: Hernach aber
mit Exempeln in geiſt=
und weltlichen Hi=
ſtorien.
|| [58]
1.
ACh wie nichtig/ und untuͤchtig
iſt der Menſchen Denken!
Unſre Sinnen ſich nit koͤnnen
nach dem Guten lenken.
Blind ſind wir/ uns vorzuſehen;
der Verſtand nit kan verſtehen/
welchen Weg er muͤſſe gehen.
2.
Ob wir ſehen und verſtehen/
was uns nuͤtzen koͤnde:
Unvermoͤgen ſtehtentgegen/
faͤſſelt uns die Haͤnde.
Nichts kan unſer Machen machen;
Fleiß/ und Schweiß/ und Sorg und Wachen
trifft gar nicht das Ziel der Sachen.
|| [59]
3.
Schoͤpfer/ hoͤre! ich verehre
dein allweiſes Wiſſen.
Deine Augen baͤſſer taugen/
Heil auf mich zu gieſſen.
Wolleſt meine Blindheit leiten;
laß dein Auge mich begleiten/
mir die rechte Bahn bedeuten.
4.
Deine Kraͤffte dem Geſchaͤffte
koͤnnen geben Ende.
Laß mich Schwachen ſtaͤrcker mache ̅
deine Allmacht=Haͤnde.
Raht und Taht bey dir ich finde.
hilff und rahte deinem Kinde/
daß in Ohnmacht wirfft die Suͤnde.
5.
Meine Witze/ was mir nuͤtze/
gar nit kan erꝛahten
Ob ich’s treffe/ mich mit aͤffe:
es ſind deine Tahten.
Oft hat wider alles Hoffen/
weil mir deine Gnad ſtund offen/
eine Wolfahrt mich betroffen.
|| [60]
6.
Dein Geſchicke iſt mein Gluͤcke:
Dir ich meine Sachen
nur befehle/ mich nit quaͤle:
Du du wirſt’s wol machen.
Deiner Weißheit will ich trauen/
und auff deine Allmacht bauen:
Alſo werd ich wunder ſchauen.
7.
Gib/ verſage; troͤſte/ plage:
wie/ wann/ wo/ nach Willen!
Dein Gemüte voller Guͤte
ſoll mein Hertz abſtillen.
Wollſt nur alles dir zu Ehren/
meine Seeligkeit zu mehren/
zu deß Naͤchſten Aufnahm/ kehren.
|| [ID00123]
|| [ID00124]
Omnia quæ modò cuń cupis 2. ſunt
munera Mentis
Æternæ: 3. quantum fas dare, lance
dabit.
DEr Geiſt war noch zu wach/ er wolt nit ſchlaf= fen laſſen
den abgemüdten Leib/ als ich zu Bette lag.
Viel Dings ſpazirte mir durch der Gedanken Straſſen.
das Denken war mein Tuhn biß an den liechten Tag.
Ich triebe mit mir ſelbſt Geſpraͤche von den Leuten/
wie dieſer und wie der nach dem und jenem ſtrebt.
Ein jeder will das Glück/ nach ſeinem Willen leiten;
ſein Sinn/ gleich wie ein Schiff/ auf Sorgen= wellen ſchwebt.
Der kratzet/ ſcharꝛt und ſpaart/ arbeitet daß er ſchwitzet:
Mit dieſen Pfeilen er nach Gold und Reich= tum zielt.
Dort einen andren hat der Ehrendurſt erhitzet:
der anderſt nicht als nur mit Hoheit/ wird ge= kuͤhlt.
|| [62]
Der dritte brennt von Lieb: die Schoͤnheit ihn entzuͤndet;
ſein Hertze Kuͤhlung ſucht/ er bittet/ klagt und fleht.
Deß Vierten Kunſtbegier ihn an die Bücher bindet:
zu ernden Wiſſenſchafft viel Fleiß wird aus= geſeet.
Nicht mit der Feder nur/ man ringt auch mit dem Degen
nach einem Ehrenkrantz und nach dem Sie= geslohn.
Ein ander ſtraͤubet ſich/ und ſtrebt dem Tod ent= gegen/
wolt gerne leben lang un ̅ langſam ziehn davon.
So vieles und noch mehr iſt Vieler ihr Verlange ̅ .
Doch ſindet unter Zehn kaum einer/ was er ſucht:
er laufft und ſchnaufft/ kan doch zum Ziele nicht gelangen;
oft ſtirbet in der Bluͤt die langgeſuchte Frucht.
Der Croͤſus werden wolt/ muß armer Irus bleibe ̅ .
deß Andren Ehrendurſt verdorꝛet in dem Staub.
Der Dritte/ ungeliebt muß traurigs Lieben treibe ̅ .
Der Künſtler nicht erlangt verlangtes Lor= beerlaub.
Der Kriegsheld ſucht den Sieg durch Mann= heit zu erwerben/
muß aber ſelbſt vom Feind ſich uͤberwunden ſehn.
|| [63]
Der langes Leben wuͤnſcht/ muß vor dem Alter ſterben.
Was der und der verlangt/ pflegt ſelten zu= geſchehen.
Als ich ſo lag und dacht’/ entſchlieff ich nach Ver= langen:
Mein Denken doch mit mir nit eingeſchlaffen war.
Ich ſahe Himmel=ab aus einer Wolke hangen
(im Traume ſtellte ſich mir diß Geſichte dar)
ich ſahe eine Wag/ die alle Glückes=Haabe/
Kunſt/ Hoheit/ Ehr und Geld/ in einer Schale trug;
das Zuͤnglein ſich verglich mit einem Zepterſtabe:
ein Aug ſtund unten an/ erwoge/ was er wug:
Zur Rechten/ ein Gewicht lag in der andren Schalen/
auf welcher: Gottes Will; diß Wort ge= ſchrieben ſtund.
In dem warf in mein Bett’ Aurora ihre Strahle ̅ :
Nacht/ Schlaff/ und Traumgeſicht zugleich vor mir verſchwund.
Mich lehrte dieſer Traum/ daß Alles man em= pfange
Von Gott/ wie/ wann er will/ der alles lenkt und ſiht.
Die kurtzen Federn ich verließ/ ergriff die Lange:
die mir das/ was ich dacht/ bracht in ein An= dachtlied. 13
|| [64]
Das Vierte Capitel.
Haͤlt in ſich Gezeugniß der
heiligen Schrifft.
WAr deutlich aber redet hiervon
Salomon in ſeinem Prediger im
IX. 11. Zur ſelben Zeit waren
auch ſolche Gedanken und Re=
den etlicher/ die ihnen das nicht einbilden
kunten/ wie es zugehen muͤſſe/ daß der/ der
gegen jenem gerechnet keinen Laͤuffer gebe/
und unſerm Urteihl/ Sinnen/ Wetten
nach/ von jenem zehenmal überlauffen wer=
de/ doch im End ihn noch uͤberlauffe; daß
der/ der unſern Gedanken nach ein Held
ſey/ und dieſen mit Haut und Haar freſſe/
dannoch von dem ohnmaͤchtigen geſchla=
gen werde; daß der/ der ſo geſchickt ſo kunſt=
reich ſey/ ſo genau und ſparſam lebe/ doch
mit Muͤh und kuͤmmerlich ſich hinbringen
koͤnne: Da hingegen ein anderer plumper
ungeſchickter Menſch/ der wol oft weder le=
ſen/ noch ſchreiben/ noch rechnen koͤnne/ ein
reichlichs Haußhalten erlange; daß der/ der
ſo klug/ verſchlagen/ liſtig iſt/ ſich kaum der
[65]
Armut erwehren kan: da hingegen ein bloͤ=
der/ und/ ſo zu reden/ dem Anſehen nach/ ein
Toͤlpel/ ein groſſes Gut hinterlaſſe. Zuletzt/
daß mancher Menſch keine Art und Anmut
in einem Ding habe/ keinen Reſpect und
Anſehen/ der doch in Grund daſſelbe ver=
ſteht: da hingegen ein anderer/ nur halb/
oder das drittteihl ſo gelehrt/ ſo kuͤnſtlich/ ſo
gefaßt ſey/ und doch uͤberal in ſeinen Tah=
ten/ Reden/ Rahten/ eine gratiam habe/
weit mehr als jener/ der deß Dings in
Wahrheit ein Meiſter iſt. Wie das zugehe/
weil es ihnen viel nicht einbilden kunten/
weiſet Salomon den Grund mit ſolchen
Worten: Ich wandte mich/ ſpricht er/
und ſahe/ das iſt: Ich dachte mit Fleiß
und Ernſt nach/ wie es unter der Son=
nen/ dem Anſehen nach wider alle Recht
und Billigkeit gehe/ und was es fuͤr eine
Beſchaffenheit habe in der Welt/ mit ſol=
chen widerſinniſchen Faͤllen/ daß zum
lauffen nicht hilft ſchnell ſeyn/ da es
ja an den Fuͤſſen und leichtem Schwingen
ligt; zum Streit nicht hilft ſtark ſeyn/
da doch eine ſchwere Fauſt gewaltig drein
[66]
ſchmeiſſet; zur Nahrung nicht hilft ge=
ſchickt ſeyn/ da doch ein Geſchickter aller=
ley Fuͦndlein erdenken kan; Zum Reich=
tum nicht hilft klug ſeyn/ da doch ein
Kluger lang vorher/ und weit hinaus ſehen
kan/ wann ein Aufſchlag oder Abſchlag ei=
nes Dings werden moͤchte; daß einer an=
genehm ſey/ nicht hilft/ daß er ein
Ding wol koͤnne/ da doch groſſe Herꝛn
wolgemachte Arbeit und Fleiß ſo emſig ſu=
chen/ ſo theuer bezahlen. Nach allem mei=
nem Denken aber fand ich/ daß alles lige
an der Zeit und Gluͤck; als welches ſein
eignes gewiſſes Stuͦndlein hat und haͤlt;
ja ſo zu reden ſeine Minut. Das Gluͤck aber
iſt/ was er im Eingang dieſes Capitels
Predig IX. 1. nennet Gottes Hand/ da=
rinnen nemlich alle Werk der Menſchen
ſtehen/ und die einem jeden zuteihlt/ oder zu=
laͤßt/ wann oder zu welcher Zeit/ und was/
und wie viel Gutes/ in jrꝛdiſchen zeitlichen
Guͤtern ſie über einen jeden beſchloſſen hat.Andere gelehrte Maͤnner ziehen hieher
auch die Wort Jeremiæ/ wann er ſpricht;
[67]
Ich weiß Herꝛ/ daß deß Menſchen
Tuhn und Rennen und kluͦgſte Anſchlaͤg/
ſtehet nicht in ſeiner Gewalt/ wie/ und
wann/ und wo er ſich begehre zum Exem=
pel zu bereichern/ wie damals Nebucadne=
zar an Jeruſalem/ und ſtehet in nie=
mands Macht und lediger Gewalt/
wie er wandele oder ſeinen Gang
richte/ und Ehr/ und Anſehen/ oder daß
mehr erlauffen und gewinnen will/ im
X. 23. In der Grundſprach komt es gar
ſchoͤn/ darinn zwey Woͤrtlein ſtehen/ de=
ren das erſte einen ſchlechten/ geringen/
einfaͤltigen Menſchen; das ander etwas
ſonderbares/ fuͤrnehmes/ verſtaͤndiges be=
deutet. Demnach ſey deß Propheten Mey=
nung/ wie Herꝛ D. Marti???s Chemnitius
ſchreibet/ 14 non tantùm plebeios ſæpè
hallucinari in deliberationibus: ſed nec
illorum quidem conſiliis ſemper reſpon-
dere eventus, qui præſtantiſſimis pruden-
tiæ donis inſtructi ſunt, das iſt/ Es ge=
ſchehe nicht nur/ daß der gemeine ein [68] faͤltige
Mann in ſeinen Rahtſchlaͤ=
gen oft fehle: ſondern es wolle mehr=
mahl auch mit deren Rahten und
Anſchlaͤgen nirgend fort/ die auch die
allerweiſeſten und erfahrnſten ſonſten
waͤren. Nemlich es heiſt hierinn: Be=
ſchlieſſet einen Raht und es werde
nichts daraus. Beredet euch/ und es
beſtehe nicht. Warum? Dann hie iſt
Immanuel! Eſai. VIII. 10. Der es wei=
ter nicht kommen laſſen will/ man muͤhe ſich
wie man wolle; man dichte wohin man
wolle; man nehme zum Gehuͤlffen wen
man wolle. Das ſoll und muß das Ziel blei=
ben/ und dabey ſoll man lernen/ das oder
das/ was wir gern haͤtten/ ſolle nicht ſeyn!
Gott wolle es nicht haben/ oder wolle es auf
die Art und Weiſe nicht haben/ die wir ge=
ſchloſſen haben/ oder zu der Zeit nicht/ oder
durch die Perſon nicht/ oder an dem Ort
nicht.Der alte Vatter Sirach komt auf der=
gleichen Red: Alle Menſchen/ ſpricht
er/ im XXXIII. v. 10. ſind aus der Er [69] den/
und gleich wie Adam: alſo ſie auch
aus dem Staub geſchaffen/ und ver=
ſtehe in dem Stuck/ oder ihrer Ankunft nach
einander allerdings gleich/ und doch hat
ſie der Herꝛ/ nach ſeiner groſſen Weiß=
heit und Wolgefallen unterſchieden/ und
mancherley Weiſe unter ihnen ge=
ordnet. ℣. XI. Wie? daß etliche reich/ et=
liche arm/ etliche weiß und gelehrt: andere/
alber und unverſtaͤndig ſeyn. Daher ſihet
man/ daß er etliche hat auch zeitlich ge=
ſegnet/ erhoͤhet/ und geheiliget v. XII.
das iſt: abſonderlich zu ſeinem Dienſt
gefordert in Geiſtlichen Stand/ wider
wiſſen und ohne wollen anderer/ die es ih=
nen nimmermehr vergoͤnnt/ und gern ge=
hindert haͤtten/ wann ſie es nur gekoͤn
̅
t/ die
er aber dagegen zeitlich verflucht/ daß ſie
gar dergleichen Ehre nicht erlangt; oder/
wann ſie es je etwan von ſeiner Guͤtigkeit
erlangt/ doch wider genidriget und aus
ihrem Stand mit Spott geſtuͤrtzt
hat. Dann ſie ſind in ſeiner Hand
wie der Tohn in deß Toͤpfers Hand.
[70]
Er macht alle ſeine Werke/ nicht wie
wir denken/ urteihlen/ wollen/ wuͤnſchen:
ſondern/ wie es ihm gefaͤllt. v. XIII.
Alſo ſind auch die Menſchen in der
Hand deß/ der ſie gemacht hat/ und er
gibt einem jeglichen an Gaben deß
Leibs/ Gemuͤts oder Gluͤcks/ wie es ihm
gut deucht/ oder nach dem er will und be=
ſchloſſen hat. v. XIV.Alſo legen ihrer viel auch aus/ was in
dem Buͤchlein der Weißheit ſtehet im XI.
22. Du HErꝛ haſt alles geordnet
mit Maaß/ Zahl und Gewicht. Dan
̅
groß Vermoͤgen iſt allezeit bey dir/
und wer kan der Macht deines Arms
widerſtehen? Dann die Welt iſt fuͦr
dir/ wie das Zuͤnglein an der Wage.
v. XXIII. Das iſt/ Du kanſt ernidri=
gen und erhoͤhen/ wie/ wann/ und
wen du wilſt/ wie das Zuͤnglein auf
der Wag bald auf dieſe bald auf jene
Seiten ausſchlaͤgt: Hr. D. Crame-
rus fuͤhrt dabey dieſe Wort: Gott/ der
kein Gott der Unordnnng iſt/ hat nit
[71]
allein in den Creaturen: ſondern in
allen ſeinen Wercken und Geſchaͤff=
ten/ alle Ding mit gewiſſer Maas/
Zahl und Gewicht ſehr weißlich
gleichſam abgezirkelt/ und umſchraͤn=
ket. Alſo haben nicht allein Sonn
und Mond/ und Sternen ihren ge=
wiſſen Lauff: ſondern das Meer und
Fiſch im Meer/ die Baͤume und
Kraͤuter/ die zahme und wilde Thier
haben ihre gewiſſe Anzahl/ Groͤſſe
der Fruͤchte/ ihre Laͤnge/ Breite/
Weite/ Dicke/ und wann daraus et=
was ſchreitet/ ſo iſt es ſtracks ein
Monſtrum, Geſtalt es nicht haͤlt/
GOttes Maaß/ Zahl und Gewicht.
Un
̅
Gott tuht nichts ohne wolbedach=
ten Raht/ ſondern er hat alle Ding in
ſeinem Rahtſchluß von Ewigkeit
her/ gar genau abgemeſſen. Alſo muß
es mit unſern Ehren/ Reichtum/ Gunſt/
Anſehen/ ꝛc gleich ſo bewandt ſeyn/ daß er
einem jeden ſeinen Reichtum gleichſam
von Ewigkeit dargezaͤhlt/ ſolch’ und ſolche
[72]
Summa ſoll er erlangen und mehr nicht;
daß er einem jeden ſeine Ehre gleichſam
von Ewigkeit dargewogen/ ſo und ſo theuer
ſoll er gehalten werden nnd mehr nicht gel=
ten/ auch weniger nicht; daß er einem jeden
ſein Anſehen abgezirkelt/ in dem oder dem
Kreiß ſoll es bleiben/ und auſſer dem weiter
nicht/ und ſo fort. Hr. D. Lucas Oſiander
ſchleußt deßwegen gar wol: Etiamſi nos
exiſtimemus pleraq́; in hoc mundo con-
fusè fieri, tamen apud Deum ſummus eſt
ordo, das iſt: Wir meynen oft/ es ge=
ſchehe in der Welt viel/ unordentli=
cher blinder Weiſe; aber Gott haͤlt
alles in hoͤchſter Ordnung.Etliche ſonderbare Stuͦck abſonderlich
weiſet die Schrifft. Reichtum/ zum Ex=
empel/ ſticht uns Menſchen maͤchtig in die
Augen. Man rennt und lauft/ man ſorgt
und borgt/ und kan doch oft kaum ſo viel
zu wegen bringen/ daß man nohtduͤrftiglich
leben/ oder ehrlich begraben werden kan;
oder er komt erſt zu etwas nach vieler Zeit/
da er es wenig mehr genieſſen kan. Es iſt
im uͤbrigen mancher ſolcher Wuͤrgler/ vor
[73]
menſchlichen Augen/ from
̅
/ er betet fleiſſig/
er gehet zur Kirchen/ er lebt friedlich/ ſchied=
lich/ tauſentmal Chriſtlicher als jener/ der ein
Hurer/ ein Ehebrecher/ ein Moͤrder iſt/ und
doch Gelts genug hat/ un
̅
gewin
̅
t was er will
un
̅
mehr als er will. Solt ein es da nit anſte=
hen: ob das beydes/ Gottes Werk ſey/ und
von ihm/ oder nit vielmehr blinder zufaͤlliger
Weiſe den Gottloſen ſo viel: den From
̅
en
ſo wenig/ oder gar nichts gegeben werde?
Gleichwol aberſagt Sirach: Gott hab in
dem zeitlichen Segen/ ſein Stuͤndlein
ihm allein vorbehalten/ daß/ wann einer an=
derſt einen jrꝛdiſchen Reichtum haben ſoll/
nicht ehe ſolchen erlange/ er renne und lauffe
wie er will/ biß zu der Zeit/ die ihm Gott er=
ſehen hat. Es iſt dem HErꝛn gar ein
leichtes/ ſpricht er/ C. XI. einen Armen
reich zu machen/ verſ. XXIII. Und
XXIV. v. ſteht: Wann die Zeit kom
̅
t/
ſo gedeyen ſie bald; ehe der Zeit/ verſte=
he/ ſollen ſie ſich nicht kraͤnken/ und ſagen
v. XXV. Was hilft es mich/ und was
hab ich die weil? v. XXV. Dann/ ver=
ſtehe/ einmal werde Gott ſo viel beſchehren/
[74]
daß man die Nohtdurft haben koͤnne.
Wann ein Uberfluß nit folge/ und auch
ein ſonderbares anſehnliches Zeitliches/ wie
es etwan ein anderer hat/ ſoll man geden=
ken: Es ſeyen derer noch viel/ die es ſich
ſauer werden laſſen und eilen zum
Reichtum: hindern ſich aber nur ſel=
ber damit. ℣. XI. Im End/ komme al=
les von Gott/ Gluͤck und Ungluͤck/
Armut und Reichtum. ℣. XIV.Es iſt naͤchſt dem Reichtum/ oder noch
drüber/ die Ehr/ Gravitaͤt/ und Anſehen in
einem Ding/ die mancher hat/ daß man
ihn nur nicht gar anbetet/ wann er etwas
redet und rahtet/ da ein anderer dagegen
nirgend etwas gilt/ der doch dem/ dem er
rahten will/ von Hertzen guͤnſtig und wol=
meinend iſt/ und auch alle Huͤlf und Raht
anbietet. Nicht ohngefehr geſchicht auch
ſolches: ſondern wie Salomon ſpricht:
Der Menſch ſetzt ihm wol für im
Hertzen/ wie ſtattlich er reden wolle/ wie
anſehnlich/ lobwuͤrdig/ was fuͤr herꝛliche
Sachen er anbringen wolle; aber vom
HErꝛn komt es/ was die Zunge reden
[75]
ſolle/ Prov. XVI. 1. ſo wol was nutzlich
iſt: als was geachtet werden ſolle von dem/
zu den man reden will; oder wie es der ge=
lehrte Hugo Cardinalis gibt: 15 Domini
eſt dirigere ſermonem loquentis usq́; ad
cor audientis, quod non poteſt facere lo-
quens, das iſt: Gott der Herꝛ laͤßt un=
ſere Rede dem Zuhoͤrer zu Hertzen
dringen/ verſtehe daß es ein Anſehen
hab/ und geachtet werde/ als welches in
deß Redners Gewalt und Maͤchten
ſelbſt nicht ſtehet. Das iſt eben/ wie es im
IX. verſ. erklaͤrt wird: Deß Menſchen
Hertz ſchlaͤgt ſeinen Weg an/ aber
der Herꝛ allein gibt/ daß er fortgehe.
Sirach verſtehen etliche auch/ daß er hier
fuͤglich antworte in dieſen Worten: Man=
cher willkluͤglich rahten/ und ſucht alle
Kunſt herfuͤr/ und man hoͤret ihn doch
nicht gerne/ es hat kein Geſchick mit ſei=
nen Anſchlaͤgen/ er iſt zu weitlaͤuffig/ zu
Schulfuͤchſiſch/ und bleibt ein Bettler/ kan
nirgend fortkommen. Dann er hat nicht
[76]
vom Herꝛn die Gnade darzu/ daß er etwas
angenehmes und nutzliches vorbringen
koͤnne. im XXXVII, 23. 24.Die Wort Johannis deß Taͤuffers ge=
hoͤren hieher/ die er ſeinen Jüngern gibt
Joh. III. ℣. 25. 26. 27. Sie ſahen und
hoͤrten/ daß Jeſus durch ſeine Apoſtel tauf=
te/ und viel mehr Volks ihm zulieff als ih=
rem Meiſter. Weil ſie nun darinn dieſe
Eyferſucht/ Neid und Ehrgeitz ſtach/ wie der
Seel. Vatter Chryſoſtomus in ſeiner
Sprach redet/ 16 und meinten: Ihm/ als
ihrem Meiſter/ würde dardurch viel abge=
hen; als kommen ſie zu ihm/ und ſprechen:
Meiſter! Der bey dir war jenſeit deß
Jordans/ den du ſelbſt taufteſt/ und ſo
ein ehrlich Zeugniß erteihlteſt/ daß er wol/
ohne das/ nimmermehr bey dem Volk/
waͤre ſo geachtet geweſen/ ſihe der taufft
und gibt dir jetzt den Dank/ daß er nach
deiner Ehr und Autoritaͤt ſtehet/ und alle
deine Juͤnger und Zuhoͤrer abſpannt; dan
̅
jedermann komt zu ihm/ alſo/ verſtehe/
[77]
wirſt du uͤber eine weil nichts mehr gelten
und verdunkelt werden. Spitzig bringen ſie
ihre Wort an/ iſt wahr/ und mit ſolchen
motiven/ die noch viel Tauſend bey ſich tra=
gen/ und ſich damit kraͤnken/ wann ſie ſehen/
daß man ſie laͤſſet/ und an den oder den han=
get/ den ſie vermeinen gelehret/ commen=
dirt/ promovirt zu haben. Was ſagt aber
Johannes? Sey es das ungefaͤhre Gluͤck/
daß der oder der ein groͤſſers eſtimo habe/
einen groͤſſern Anlauf der Leute/ eine mehrere
Zuverſicht? Nein! Seine Antwort heiſſet:
Wann ihr mich gleich in Himmel heben
woltet/ ſo muͤßt ihr doch wider gedenken:
Ein Menſch koͤnne nichts nehmen/
es ſey ihm dann gegeben vom Him
̅
el/
oder von Gott/ der im Hiel wohnet! Ddas
iſt: Ich kan doch nicht mehr ſeyn/ als den
mich Gott im Him
̅
el hat wollen ſeyn laſſen.
Schoͤne Wort fuͤhrt hieruͤber der Seel.
Chemnitius: 17 Oſtendit, ſagt er/ hæc
ſententia, auctoritatem & ſucceſſum in
miniſterio, eſſe peculiare donum Dei,
nec poſſe hominem ſibi ſumere, quantum
[78]
in functione ſua auctoritatis habere,
quantum labore ſuo efficere velit, ſed
ejus menſuram cuique à cœlo diſpenſari.
Ideò Syrus ſignificanter reddidit: Homo
non poteſt pro ſuo beneplacito, arbitrio
ſeu voluntate quicquam ſumere, das iſt/
Damit iſt angedeutet/ daß die autori-
taͤt und Succeß in ſeinem Amt ein
ſonderbare Gab Gottes ſey/ und koͤn=
ne ein Menſch ihm ſelbſt nicht neh=
men/ wie viel er Anſehen haben moͤge
in ſeinem Stand/ wie weit ers mit
ſeiner Arbeit bringen wolle: ſondern
einem jeden ſey ein gewiſſes Maas
vom Himmel zuerteihlt. Mit weni=
gem ſoll eben das geſaget ſeyn in der Ep.
Ebr. V. 4. Niemand nim
̅
t ihm ſelbſt
die Ehre: ſondern der auch beruffen
ſey von Gott/ wie Aaron.Man haͤlt ſonderlich fuͤr ein zufaͤlliges
Ding/ daß mancher Menſch/ bloͤtzlich/ in der
Fremd/ da es weder er noch andere vermey=
neten/ zu einer guten ehrlichen Heurat kom
̅
t/
in die oder die Freundſchaft/ die er ſein
[79]
Lebtag nicht gekennt/ nicht geſehen. Oder
aber: Mancher Menſch meynt/ er habe es
ſchon/ es fehle ihm nimmer; bekomt dan=
noch/ wie man redt/ einen doppelte
̅
Korb/
daß er vor Hertzenleid gar davon ziehen
will/ und ſich ſchaͤmt einen Menſchen mehr
anzuſehen; Und geſchiht ihm doch noch/
daß er die oder die Heurat bekom
̅
t/ und ehe
von der Fremde wider beſchrieben werden
muß. Solches alles ſcheint/ als heiſſe es
auch die Schrifft ſelbſt unverſehens geſche=
hen. Dann Salomon ſpricht: Wer ein
erwuͤnſchtes Ehweib findet/ der ſin=
det etwas gutes. Prov. XVIII. 22. Fin=
den aber iſt ja nur ein unverſehens Ding/
das ihm eben ſo geraͤht/ weiß nicht wie? Es
ſagt aber dagegen der teutſche Mann wol:
Die Heuraten werden im Himmel
beſchloſſen/ und auf Erden vollfuͤhret/
das iſt: Gottes Will/ und weiſe Ordnung/
und Inclination der Hertzen iſt es/ daß die
Beyde/ die ihr Lebtag einander nicht geſe=
hen/ zu der oder der Zeit/ an dem oder dem
Ort/ durch die oder die Perſonen mit ein=
ander bekant werden/ und wider aller Men [80] ſchen
Raht und Willen/ die es uͤberal hin=
dern wolten/ und trennen/ wie und wo ſie
nur wiſſen und moͤgen/ endlich doch in ein=
ander verliebt werden/ einander heuraten/
Chriſtlich/ erbar/ züchtig/ ehrlich leben. Sa=
lomon obangezogen/ da er geſagt: Wer
ein Ehweib findet/ der findet was gu=
tes/ ſetzet bedachtſam darzu: Er kan gu=
ter Ding ſeyn im Herꝛn/ als der ihm
dieſen Ehſchatz verehrt hat; wie es dann
das folgende XIX. C. 14. ℣ auslegt/ das da
ſpricht: Hauß und Guͤter erben die
Eltern/ laſſen es den Kindern zum Erbe;
aber ein vernuͤnftig/ tugendſames
und frommes Weib/ mag nicht von
Menſchen allein und fuͤrnehmlich erlanget
werden: ſondern komt/ wird aus ſonder=
barer Schickung gegeben/ vom Herꝛn.
Zu mehrerer Bekraͤfftigung wollen wir
Tobiæ Exempel anſehen. Da er um Ra=
guels Tochter warb/ ihr Vatter aber weder
ja noch nein ſagen wolte/ ſprach der Engel
zu ihm: Scheue dich nicht/ ſie/ ihme
zum Weib zu geben! Dann es geſchiht
[81]
nicht plumper Ding/ daß er um ſie anhaͤlt/
und eine ſo unverſehene/ jehe/ bloͤtzliche Lieb
auf ſie wirft: ſondern deine Tochter iſt
ihm beſcheert zum Weibe/ weil er
GOtt fuͤrchtete; darum hat ſie/ ob
ſchon andere ſich um ſie beworben/ doch kei=
ne
̅
andern werden moͤgen/ als eben dem
Tobiæ. 18 Wol ſetzt Hr. D. Oſiander
darzu: Interdum alter ex conjugibus mo-
ritur citò, ut alia perſona ſuccedat, quæ
illo matrimonio dignior coram Deo
æſtimatur, das iſt: Bißweilen ſtirbt ein
Ehegatt von dem andern geſchwind
hinweg/ daß jemand anders zu der
Heurat komme/ den Gott fuͤr jenen
dieſer guten und laͤngeren Ehe hat wuͤr=
dig achten wollen/ Tob. VII. 12. Vor=
her ſchon/ ehe ſie anſchlugen/ ſagte der En=
gel: Dir Tobia! ſind alle Raguels Gü=
ter beſcheert/ und du wirſt die Tochter
nehmen! Das iſt/ abermals gedachten Leh=
rers gloſſa nach: Dominus tibi & illam
virginem piiſſimam, Saram & amplam
[82]
dotem atq́ue hæreditatem deſtinavit.
Das iſt: Die Gottsfoͤrchtige Jung=
frau ſamt ihrem reichen Vermoͤgen
iſt dir von GOtt vermeynt geweſt.
A Deo enim ordinantur legitima conju-
gia. Die Ehen werden im Himmel
gemacht. Tob. VI. 12.Man macht manchen zum Kriegs=Ge=
neral/ weil er etwan hohes Herkommens
iſt; man gibt ihm Voͤlker/ munition,
die erfahrneſte Officir mit: doch dannoch
iſt kein Gluͤck bey ihm/ er iſt zwey=dreymal
ſtaͤrker als der Feind/ und muß doch das
Feld raͤumen. Solte das Ding nicht ein
plumpes Werk ſeyn? Dann/ wann man
gleich ſagte: Gott taͤhte es! ſo muß man
doch wider geſtehen/ daß Gott nicht ſelbſt
vom Himmel herab ſchlaͤgt/ oder allezeit ei=
nen Engel ſchicket/ wie im Heer Sanherib.
II. Reg. XIX. 35. Sondern/ heut zu=tag
zufoͤrderſt, durch Mittel handelt. Nun ſind
aber auf jener Seiten tauſent Mittel/ da da
nicht eines iſt. Wann dann GOtt durch
Mittel handelt/ wie ſollen die wenige/ jene
mehrere uͤberwinden/ wann nicht noch [83] mahl
ein blinder Zufall in menſchlichen
Dingen waͤre? Allein auch den Gedanken
hebt Salomon auf/ Prov. XXI. 31. Roß/
ſpricht er/ werden zum Streittage be=
reit: aber der Sieg komt nicht von dem
oder dem/ auf den wir unſer Hoffnung
ſetzen: ſondern vom Herꝛn. Jonathan/
ſelbſt ein Soldat/ ſagt gleich ſo zu ſeinem
Waffentraͤger: Es iſt dem Herꝛn nit
ſchweer durch viel oder wenig zu
helfen. I. Sam. XIV. 11. Ja/ da zu Zei=
ten der Maccabeer/ das Juͤdiſche Volk
gerad ſo urteihlte: Ihre Mittel waͤren gegen
dem Feind zu gering/ antwortete ihr Gene=
ral/ Judas/ ſo dapfer: Es kan wol ge=
ſchehen/ daß wenig einen groſſen
Hauffen überwinden! Dann Gott
kan eben ſo wol durch wenig Sieg
geben/ als durch viele. Dann der
Sieg komt vom Himmel/ und wird
nicht durch groſſe Meng erlanget.
I. Maccab. III. 18. 19.Noch mehr ſcheint es ein blindes Gluͤck
zu ſeyn/ daß mancher Soldat/ jn drey/ vier
[84]
Stuͤrmen/ in etlichen battaglien iſt/ und/
wie man heut zu tag redet/ die avanguardi
etlichmal fuͤhret/ und ſein Lebtag nicht ein
mal einen Schuß oder Stoß bekomt/ da
doch tauſend und aber tauſend vor ihm/
hinder ihm/ neben ihm/ unter ihm/ ober ihm
erſchoſſen/ gequetſcht/ gefangen worden/ de=
ren keiner ſo nahe zum Feind kommen iſt
als er/ der mitten unter ihnen chargirt hat.
Mancher luͤderlicher gottloſer Geſell moͤch=
te ſagen: Er waͤre/ zum Exempel/ vaͤſt
geweſen/ daß kein Bley und Klinge
haͤtte durchdringen koͤnnen. Wir wol=
len aber auf ſolche Teufelskunſt nicht ge=
hen/ und manchen frommen Chriſtlichen
Cavaglier anſehen/ der ihm ein Gewiſſen
gemacht/ ſolche verfluchte Mittel zu ergreif=
fen. Wann nun wir deſſen die Grund=Ur=
ſach wiſſen wollen/ weiſet ſie uns Moſes/
daß das GOttes abſonderliche Hut und
Vorſorg ſey/ die noch heutiges Tages nach
ſeinem allein weiſen Raht und Willen/
manchen Menſchen alſo umſchanzet/ daß
ihm nicht ein Haar verſengt werden/ oder
von ſeinem Leib fallen ſoll. Dann ſo/ ſpricht
[85]
er/ waͤre es zu ſeiner Zeit ergangen/ daß/ da
die Kinder Iſrael mit den Midianitern
geſtritten/ und ſie aufs Haubt erlegt haͤtten/
und nach dem zuſehen wolten/ was unter
ihrem Heer blieben waͤre/ weil der Feind ja
ſo wol zugeſchlagen und zugeſtoſſen habe/
wie ers ehe deſſen auch ſchon getahn habe/
Num. XXV. 18. Die Oberſten nach ein=
ander kommen und geſagt haͤtten: Deine
Knechte haben die Summa genom=
men der Kriegsleut/ die unter unſern
Haͤnden geweſen ſind/ und fehlet nit
einer. Num. XXX. 48. 49. Wie gehet es
aber zu? Sie finden es/ daß es der Herꝛ ge=
tahn hatte/ dem ſie deßwegen Geſchenk
bringen wolten. ℣. L. Lang nach der
Zeit/ erzehlet der Seelige Auguſtinus, 19
daß ſich zu ſeiner Zeit begeben haͤtte/ da
Rhadagaiſus/ der Gohten Koͤnig/ mit mehr
als hundert tauſend Menſchen/ Rom be=
rennt/ und doch auf einen Tag mit aller ſei=
ner Macht geſchlagen/ und ſelbſt/ mit ſei=
nen Soͤhnen gefangen worden ſey/ da nicht
einer von den Roͤmern nur verwundt/ we [86] niger
geblieben waͤre. Er ſetzt aber darzu:
Deus mirabiliter & miſericorditer fe-
cit, GOtt habe mit Wunder ſeine
Barmhertzigkeit ſehen laſſen/ der
Gott/ von dem David ſpricht: der ſeinen
Engel lagern laſſe um die er ſchuͤtzen
wolle/ Pſalm. XXXIV. 8. daß/ Ob tau=
ſend falle
̅
zu ſeiner Rechten und zehen
tauſend zu ſeiner Linken/ ihn doch nit
treffen ſoll ein Ungluͤck. Pſal. XCI. 7. Um
weß willen gedachter Auguſtinus l. d.
noch das darzu ſetzet/ daß auf ſeine Weiſe/
wol/ denen auch geantwortet werden koͤnte/
die ſolches der teufliſchen Kunſt/ dem Vaͤſt=
machen/ zuſchreiben. Nemlich/ was die Go=
then damals dachten: quod ille, corum
dux, diis amicis protegentibus & opi-
tulantibus, quibus immolare quotidie fe-
rebatur, vinci omnino non poſſet, das iſt:
daß ihr Feldherꝛ nicht überwunden
werden koͤnte/ kaͤme daher/ weil er mit
den falſchen Goͤttern/ den Teuffeln ei=
nen Pact gemacht haͤtte/ denen er taͤglich
opferte/ daß ſie ihm helffen und ſchuͤ [87] tzen
wolten: Was dieſe/ ſprich ich/ dach=
ten dergleichen tuhn faſt alle die die ſolcher
verdamlichen Kunſt ſich bedienen. Es ant=
wortet aber der Seel. Pater gar nachdenk=
lich alſo: Non agunt miſeri gratias tantæ
miſericordiæ Dei, quæ, cùm ſtatuiſſet,
irruptione barbaricâ graviore, dignos
mores hominum caſtigare; indignatio-
nem ſuam tantâ manſuetudine tempera-
vit, ut illum faceret mirabiliter vinci, ne
ad infirmiorum animos evertendos glo-
ria daretur dœmonibus, quibus eum ſup-
plicare conſtabat, das iſt: Solten wol
unter den Roͤmern/ deren nicht einer in
dem Treffen mit dem maͤchtigen Feind
verwundet oder geblieben iſt/ gefunden
werden/ die ſolches der Barmher=
tzigkeit Gottes nicht mit allem Dank
zumeſſen wolten? Dieſer eben/ ob er
zwar mit dem wilden Einfall deß
Feindes/ der Menſchen ſuͤndiges
Verdienſt heimzuſuchen gedachte/
hat doch ſeinen Zorn mit ſolcher Ge=
lindigkeit gemaͤſſiget/ daß er ſelbigen
[88]
wunderbarer Weiſe uͤberwinden lieſ=
ſe/ damit nicht etwan der ſchwach=
glaͤubigen Hertzen verkehret/ den boͤ=
ſen Geiſtern ſolchen Sieg zuſchrie=
ben/ die der Feind ehrte und anbetete.
Alſo/ auf gegenwaͤrtiges zu applicirn: Iſt
es allein der Barmhertzigkeit Gottes zuzu=
ſchreiben/ und durch aus dem boͤſen Geiſt
nicht/ oder der verteufelten Kunſt deß Vaͤſt=
machens/ daß einer/ zum Exempel/ weder da
noch dort/ doch in der groͤſten Gefahr be=
ſchaͤdigt oder umkommen iſt.Wann jrgend wo ein Spur eines blin=
den Gluͤcks zu finden waͤre/ waͤre es am er=
ſten in dem Looß zu finden/ dadurch viel
und groſſe Ding geſchlichtet und gerichtet
werden. Dann der Tauſendſte gedenkt:
Es ſeyn die Looß nur bloſſe menſchliche
Vertrags=Mittel/ die dazu dienen/ daß/
zum Exempel/ die Erben guͤtiger von ein=
ander kommen; oder die/ die um eine Be=
lohnung mit einander ſtreiten/ um einen
Dienſt anhalten/ ſo ſie etwan einander
gleich ſind/ und man keinen dem andern
gern vorziehen wolte oder koͤnte; da man
[89]
es dann auf das Looß hingibt und ſpricht:
Wem das Gluͦck will der ſoll es ha=
ben! Und gewiß ſo man die Art derſelben
anſihet/ die zum Teihl durch ein kleines
Papierlein geſchehen/ zum Teihl durch
Hoͤltzlein/ zum Teihl Stelnlein und ſo
fort/ ſolt eines wol gedenken: Es ſey ledig=
lich ein zufaͤlliges Ding/ ohne Regirung
eines andern verſtaͤndigern Weſens. Viel
anderſt aber ſpricht Salomon: Looß/
ſpricht er/ wird geworfen in den
Schoß: aber es faͤllt nicht blind/ nicht
allerdings unwiſſend: ſondern wie der
HErꝛ will. Prov. XVI. 33. Daher bey
allen Rechtsgelehrten/ was dnrch ein or=
dentlich Sortirn gefallen/ fuͤr ungezweifelt
gewiß gehalten/ und in keinem weitern Ge=
richt tractirt oder gehandelt wird; weil For-
tuna vel ſors ſuperiorem in hoc mundo
non habeat, das iſt: Hoͤher kan man
ein Ding nit bringen als aufs Looß/
daß das allerhoͤchſte iſt/ wie Baldus
ſpricht/ 20 und deßwegen in Jure Cano [90] nico
es heiſſe: in humana dubietate divi-
nam indicare voluntatem, 21 das iſt:
Gottes Wolgefallen anzeigen/ wo
die Menſchen ſich nicht aus einem
Zweifel helfen moͤgen.Noch zweyer ſonderbarer Faͤlle wollen
wir gedenken. Es geſchiht/ daß/ wann
mancher Menſch bißweilen allein reiſet/
und etwan auf der oder der Straſſen blei=
ben will/ und gleichwol meynt am ſicherſten
zu ſeyn/ dannoch oftwider ſeinen Willen/
gleichſam verblendet/ von der Straſſe weg/
und in einen Abweg geraͤht: oft zwar mit
Willen umreitet/ weil er bey ſich merkt/
daß ihn gleichſam/ wie man ſpricht/ einer
mit Haaren da oder dorthin ziehet; Da er
im End erfahren muß/ wann er auf der or=
dinari Straſſe geblieben waͤre/ er vielleicht
um Haab und Gut/ um Leib und Leben
kommen waͤre. Es ſolten wol viel ſeyn/ die
das Ding auch fuͤr einen blinden Zufall
hielten/ deſſen keine Urſach man wuͤſte/ oder
zugeben waͤre/ auſſer der Unachtſamkeit/
dardurch er der rechten Straſſen/ in andern
[91]
Gedanken nicht eben wahrgenommen ha=
be: oder einer blinden Einbildung in ſei=
nem Hertzen/ eben da und nicht dorthin
zu reiten. Nicht anders rechnete wol der
tauſendeſte das aus/ daß einer einen Schatz
findet und einen Beutel mit Gelt/ da er
zum Exempel einen Keller graben wolte/
oder da und dorthin gehen.Wir wollen aber zweyer gelehrter und
tiefſinniger Hiſpanier Urteihl darüber ab=
hoͤren. 22 Franciſcus Suarez ſpricht vom
erſten alſo: Quod aliquis inceſſurus per
hanc viam, quaſi rapiatur deſiderio &
voluntate incedendi aliâ viâ, & ita effu-
giat hoſtium inſidias, appellatur ab ho-
minibus fortuna: habet tamen ille effe-
ctus cauſam per ſe intendentem illum,
nempe Angelum aliquem vel Deum
ipſum. Das iſt/ daß einer/ der die Straß
paſſirn will/ durch ein innerliches
Verlangen un
̅
Neigung ſeines Wil=
lens/ eine andere zugehen gleichſam
gezogen wird/ und alſo der Feind
[92]
Hinterliſt entgehet/ das heiſſen die
Menſchen ein Gluͤck: Doch aber
hat ſolcher effect eine andere Urſach/
die auf ſelbigen/ wiſſentlich/ vorſetz=
lich zielet; Die Urſach aber iſt ent=
weder ein Engel/ oder GOtt ſelbſt.
Wann wir die Schrifft zum Gehuͤlfen
nehmen/ und das Exempel der Weiſen aus
Morgenland; ja deß Herꝛn Jeſu ſelbſten
betrachten/ erhaͤlt die Meynung einen beſ=
ſern Grund. Von jenem ſagt Matthæus
im II. 12. Gott befahl ihnen im Traum/
daß ſie ſich nicht ſolten wider zu He=
rodes lenken. Und ſie zogen durch ei=
nen andern Weg wider in ihr Land/
nicht den/ welchen Herodes wolte/ bey dem
etwan ſie ſo wol: als das neugeborne Je=
ſulein haͤtten in Gefahr kommen koͤnnen.
Von dieſem ſteht auch ℣. XIII. Der
Engel deß Herꝛn erſchien Joſeph im
Traum und ſprach: Fleuch in E=
gyptenland/ und bleib allda ſamt
dem Kindlein und ſeiner Mutter/
biß ich dirs ſage: dann es iſt vorhan [93] den/
daß Herodes das Kindlein ſu=
che/ daſſelbe umzubringen. Die Sel. Al=
ten/ haben beſtaͤndig dafuͤr gehalten: Ein je=
der Menſch habe ſeinen eigenen Schutz=
Engel. Herꝛn Lutheri Wort ſind ſonderlich
ſchoͤn/ und wehrt/ daß mans hieher ſetze/
weil ſie da recht eigentlich dienen. So
ſchreibt er aber: 23 Alſo geſchiht und
gehet es/ daß mancher Menſch
Feuer/ Waſſer/ Moͤrder und anderm
Unfall entgehet/ um gar ein leichtes
das ihn bewegt/ und faͤllt ihm ein ſol=
cher Gedank/ oder ſonſt ein Ding
ploͤtzlich zu tuhn/ damit er wird er=
rettet/ deß er zuvor nie ſich haͤtte ver=
ſehen noch gedenken moͤgen/ und muß
ſagen: Wolan/ wann ich das und
das getahn haͤtte/ ſo waͤr ich gewiß=
lich erſoffen/ verbrandt/ ermordet/
oder ſonſt umkommen oder Schaden
erlitten; wie man dann auch ſpricht:
Du haſt da einen guten Engel ge [94] habt!
Darum haben die Heyden ſol=
ches dem Gluͤck zugeſchrieben/ und
einen Abgott drauß gemacht; dann
ſie ſahen und erfuhren/ daß ſolch
Ding geſchehe: wußten aber nicht/
daß es der rechte Gott durch ſeine
heilige Engel thaͦt. So geſchah S.
Auguſtin. Da die Ketzer auf ihn hiel=
ten/ daß ſie ihn toͤdten/ gieng er eine
andere Gaſſen/ ohn allen Bedacht;
ohne zweifel aus ſeines Engels bewe=
gen. Item da der Kaͤiſer Julius aus
dem Schiff ſprang/ und ſeinen Fein=
den entkam mit ſchwimmen/ und
war doch muhtig und getroſt darzu/
welchen Raht und Muht ihm ſein
Engel eingab von auſſen/ und GOtt
von jnnwendig. Alſo gehet es mit al=
len Menſchen/ wo ſie dem Ungluͤck
entgehen/ oder Gluͤck haben; es ſind
alles Gottes und der Engel Werke!Von dem Andern ſagt Antonius Ru-
vio alſo: Qui terram effodiens Theſau [95] rum
24 fortè invenit, duplicem habet
effectum; primarium quidem ac per ſe,
qui eſt effoſio terræ; ſecundarium & per
accidens, qui ex accidenti & rarò con-
jungitur eidem primario, & eſt inventio
Theſauri, & idem effodiens, qui eſt cauſa
utriusq́ue effectus, non dicitur fortuna
reſpectu effoſſionis, quia neque effoſſio
dicitur fortuitus effectus, ſed per ſe in-
tentus & ex intentione productus; ſed
fortuna dicitur reſpectu inventionis the-
ſauri, præter ſcientiam & intentionem
ejus invenientis, quemadmodum inven-
tio ipſa Theſauri dicitur fortuitus effe-
ctus. Sed reſpectu Dei præcognoſcen-
tis & ſuâ providentiâ ordinantis, ut eadem
inventio Theſauri mediâ illâ causâ per
accidens eveniret, nec dicitur effectus
fortuitus, nec à fortuna, ſed ex providen-
tia ejus per ſe intentus & ordinatus. Den
Innhalt kurtz zu faſſen/ hieß es ſo viel: Dem/
der im graben einen Schatz faͤnde/ waͤre es
freylich ein unverhoft/ unverſehens Ding.
Wann man aber betrachtet/ daß Gott ſol [96] ches
vorher geſehen/ und vermittels ſol=
ches Grabens/ den oder den/ mit dieſem
Schatz/ nach ſeiner Goͤttlichen Vorſorg
bereichern wollen/ laͤßt ſichs nicht ſagen:
Durch ein blindes unbeſonnenes zufaͤlliges
Weſen ſey dem/ der oder der Schatz wor=
den: ſondern Gottes Vorſorg/ GOttes
Ordnung ſey es/ ſolcher geſtalt/ wie der
arbeitſame und tieffſinnige Thomas de
Aquino ſpricht/ 25 in quantum homo
à Deo inclinatur ad aliquid eligendum
(faciendum) cui conjunctum eſt aliquod
commodum quod eligens non conſide-
rat, das iſt/ weil ein Menſch von Gott
geneigt und getrieben wird etwas zu=
erwehlen (zu tuhn/) daran diß oder
jenes nutz=und heilſamliches haͤnget/
welches eben der Menſch vorher nit
gewuſt/ nicht geſucht hat/ und daher
von andern Menſchen fortunat
oder gluͤckſeelig genennet wird. Etwas
dergleichen iſt an dem Exempel Petri zu
ſehen/ da ihn der Herꝛ Jeſus heißt den An=
gel werffen/ und dabey andeutet: daß der
[97]
erſte Fiſch/ den er heben werde/ einen
Stater in ſich habe Matth. XVII. 27.
Wan
̅
Petrus/ als ein Fiſcher/ von ſich/ ohne
ſonderbaren Geheiß/ ſolchen Fiſch gefangen
haͤtte/ moͤchte er vielleicht ſelbſt/ und noch
viel neben ihm/ den gefundenen Stater/
als/ ſo zu reden/ ein kleines Schaͤtzlein/ recht
für ein unverſehens Gluͤck gehalten haben/
als worauf Petrus keinen Gedanken ge=
habt haͤtte/ ob er ſchon viel tauſend Fiſch vor=
her gefangen haͤtte. Meynen wir aber nicht/
daß ſolches Gott nicht allein gewußt: ſon=
dern auch gewolt und beſchloſſen hatte/ daß
Petrus/ und kein anderer/ denſelbigen fan=
gen ſolte; in dem Articul der Zeit/ und kei=
nem andern/ haͤtte er ſeinem Hertzen einge=
geben/ und ſeine Haͤnde geſtaͤrkt den Angel
zu werfen an das oͤrtlein/ da der Fiſch gewe=
bet haͤtte/ und nach der Speiß ſchnappen
wuͤrde/ die der damalige Angel angehaͤfftet
hatte.Alles in allem/ was bißher gedacht vom
zeitlichen Gluͦck/ ſoll der Apoſtel andeuten
im IX. Cap. der Epiſtel an die Roͤmer.
Dann etliche Chriſtliche Lehrer/ weil ſie ſa=
hen/ daß Paulus darinnen das Exempel
[98]
beyder Bruͤder/ Jacobs und Eſau bey=
bringt/ deren einer dem andern in jrdiſchen
Guͤtern fuͤrgezogen worden/ der juͤngere
nemlich dem groͤſſeren/ wie wir im folgen=
den hoͤren werden/ verſtehen ſie auch dieſe
darauf folgende Wort/ von den zeitlichen
Woltahten Gottes/ da es heiſſet: ℣. XV.
Weß ich mich erbarme in jrꝛdifchen
Dingen diß Leben betreffend/ deß erbarme
ich mich/ und wem ich gnaͤdig bin/
für dem andern zu ehren/ zu erheben/ dem
bin ich gnaͤdig/ als der ich uͤber meine
Guͤter Macht und Recht habe. ℣. XVI.
So ligt es nun nit an jemands wol=
len/ geehrt/ geacht/ erhoben/ reich werden/
oder lauffen und die gantze Welt anren=
nen/ und die Ehr/ den Dienſt/ das Amt
gleichſam heraus noͤhtigen wollen: ſon=
dern an Gottes erbarmen/ der/ wie ein
Chriſtlicher Lehrer ſchreibt/ ſeine Be=
gnadungen nicht austeihlt wie die
groſſen Potentaten die Lehenguͤter/
teihls nach dem Verdienſt/ teihls
nach dem Alter/ teihls nach dem groſ [99] ſen
Anſehen/ teihls nach dem uhralten
Geſchlecht/ teihls nach der Zahl vie=
ler Paßporten/ ꝛc. Dann hie hilft
nicht thurnieren noch rennen/ ſtechen
noch brechen: ſondern wir habens
allein ſeiner Barmhertzigkeit zu dan=
ken/ ꝛc.
1.
OGuter Gott/ ich komm zu dir
dem Geber aller Gaben.
Viel dinges iſt/ ich wuͤnſche mir
Hier diß und das zuhaben.
Ich ſtrebe nach oft mancher Sach;
kan aber nichts erwerben.
|| [100]
Allweiß du biſt: Vielleicht du ſihſt/
daß es waͤr mein Verderben.
2.
Ich weiß nit/ was ich wuͤnſchen ſoll;
bin blind/ mein Heil zu ſehen.
Noch iſt mein Hertz Verlangens=voll/
es heiſt mich mehrmahls gehen
auf einem Pſad/ der deinem Raht
und Willen ſteht entgegen:
Daher mein Werk/ Fleiß/ Witz und Staͤrk
gar nichts verꝛichten moͤgen.
3.
Du wilſt/ weil du ſo guͤtig biſt/
Du kanſt auch alles geben;
Du weiſt/ was noht und ſeelig iſt
zu dem Beruff und Leben;
Du wirſt/ wie Du geſaget zu/
vor dein Geſchoͤpffe ſorgen:
was Du biß Heut taͤhtſt allezeit/
das wirſt Du auch thun Morgen.
4.
So ſey dein Wille dann mein Will:
dir hab ich mich ergeben.
|| [101]
Was Dir gefaͤllt/ an mir erfuͤll:
ich will nit widerſtreben.
Allein von Dir komt alles hier
auf Erd herab geronnen;
die gute Gab und zeitlich’ Haab
ſchoͤpf ich aus dieſem Brunnen.
5.
Herꝛ! wie/ wo/ wann und was Du wilt/
geſchehe mir auf Erden!
Eins nur/ ſo werd ich ſeyn geſtillt/
Eins laß mir allzeit werden:
Hilf mir/ daß ich ſtaͤts fuͤrchte Dich
in deiner Furcht verharꝛe;
biß daß man mich einſtſeeliglich
ins kuͤhle Grab verſcharꝛe.
6.
Hab ich nur Dich und deine Gunſt/
ſo bin ich wohl begabet;
auf Erd begehr’ ich nichtes ſonſt/
ſo bin ich wol gelabet.
Dann/ Vater/ Du wirſt waͤgen zu
ſo viel ſtaͤts deinem Kinde/
daß es zur Noht ein Stuͤcklein Brot
und noch was uͤbrigs finde.
|| [102]
7.
Was ſoll mir groſſes Gut und Geld/
Gluͤck/ Ehr/ und langes Leben?
Jens muß ich laſſen in der Welt;
Mein Gluͤck ſoll erſt anheben
im Himmel dort: drum will ich fort;
nichts haͤlt mich auf/ auf Erden.
Ach ruffe mir/ hol mich zu dir/
da werd ich ſeelig werden.
|| [ID00167]
|| [ID00168]
Molle lutum figulus tractat; 2. mod???
vaſcula fingit
Pro lubitu, 3. iń uſum dedecoris.
decoris.
ICh laſ in dem Gottesbuch von dem Gluͤcke zweyer Bruͤder:
Eſau hoͤret’ ich verworffen/ und der Jacob ward erwaͤhlt.
Dieſem Bruder ward/ vor jenem/ Glück und Ehre zugezaͤhlt.
Ich warff dieſe Schrifftgeſchicht in Gedanken hin und wieder.
Ich dacht eine Mutter hat Beyde ja zugleich ge= boren/
Beyde ſind von einem Samen: was hat Eſau dann verſchuldt/
daß ihm/ noch in Mutterleibe/ Gott verſaget ſeine Huld/
und ihn/ eh er Eſau ward/ ungebohren/ ſpricht verlohren?
I. In dem Denken trugen mich meine Füſſe zu der Hütten
eines Doͤpfers/ und ich ſahe/ wie er auf der Scheibe ſaß/
II. aus dem Tohn Gefaͤſſe drehte/ die er wolte diß und das/
Ofen Kacheln/ Doͤpf’ und Kruͤg’/ und worein ſonſt was zu ſchuͤtten.
|| [104]
Muß dann/ (fieng ich bey mir an) muß dann mein Lehrmeiſter werden
dieſer Meiſter? lerne denken/ lerne glaͤuben/ mein Verſtand!
Was der Tohn iſt in deß Toͤpfers/ das ſind wir in Gottes Hand;
Alle/ alle Menſchen er drehet auch aus Lehm und Erden.
Hat dann nun zu machen Macht dieſer Menſche/ dieſer Doͤpfer
alles/ wie es ihm beliebet; darff er formen aus dem Tohn/
III. Etwas das zu Ehren dienet/ oder einen Dopf zu Hon:
Waruͤm ſolte diß dann nicht auch erlaubet ſeyn dem Schoͤpfer?
Wann er dich zum Unflats=Dopf/ zur beruſten Kachel machet;
muſt du arm/ veracht/ verworfen/ als ein A= ſchenbroͤtel ſtehn;
andre neben dir erhaben/ reich/ und hochbe= glücket ſehn:
Murꝛ und brumm darwider nicht; Gott/ nur deiner Tohrheit lachet.
Was wird wol der Doͤpfer hier/ wann der Dopf zu ihm wolt ſagen:
Warum haſt du mich zum Dopfe/ warum nicht zum Krug gemacht?
Worzu du am baͤſten dieneſt/ hat der Schoͤpfer langſt bedacht.
Arme Scherben kan er auch machen reiche Gaben tragen.
|| [105]
Das Fuͤnfte Capitel.
haͤlt in ſich
Den Unterſchied aller Crea=
turen Gottes/ den ſeine weiſe Guͤ=
te darunter gemacht hat.
DEutlich hat uns GOtt dieſen ſei=
nen Willen und Ordnung fuͤr=
geſtellet in andern ſeinen Crea=
turen/ Lebendigen und Lebloſen/ Verſtaͤn=
digen und unverſtaͤndigen. Die edelſte ſind
die Engel. Wann aber die Schrifft ſagt:
Durch CHriſtum ſey alles geſchaf=
fen/ was im Himmel und auf Erden
iſt/ das Sichtbare und Unſichtbare/
beyde die Trohnen und Herꝛſchaff=
ten/ und Fuͤrſtentum/ und Obrigkeit.
Coloſs. I. 16. In der Epiſtel an die Ephe=
ſer I. 21. ſtehen noch Gewalt und Macht.
In der Epiſtel an die Roͤmer im VIII. 38.
werden darzu geſetzt die Engel/ in der
I. Epiſtel an die Theſſal. IV. 16. der
Ertzengel. Eſaiæ VI. 2. die Seraphim.
[106]
Ezechielis X. 2. 3. – 21. Geneſ. III. 24.
der Cherubin. Wann/ ſprich ich/ die
Schrifft ſelbſt alſo unterſchiedlich die heili=
ge Geiſterlein nennet/ iſt es ja klaͤrlich ange=
deutet: daß es ihm Gott alſo habe gefallen
laſſen/ auch unter denen hoͤchſten und reine=
ſten Creaturen einen Unterſcheid/ und ge=
wiſſe Grad und Stuffen der Ehren zu ſe=
tzen. Die Seel. Patres Dionyſius, 26
Ignatius, 27 zum teihl auch 28 Gre-
gorius, Bernhardus, 29 Anſelmus 30
und andere/ haben ſolche Grad alſo gezeh=
let/ daß der erſte Chor in ſich behalte die
Seraphim/ Cherubim/ und Troh=
nen. Der mittlere/ die Herꝛſchafften/
Machten/ Gewalten; Der dritte/ die
Fuͤrſtentume/ Ertzengel und Engel/
welcher Geſtalt die erſte Ordnung/ gleich=
ſam wie Kammerdiener waͤren und Bey [107] ſitzer
Gottes/ die die Offenbarungen zu den
andern Engeln braͤchten. Die andere/ ge=
ringer als die erſte/ und hoͤher als die dritte
Reihe/ gleichſam wie ein Mittelſtand; Die
dritte aber wie die niderſten unter allen. Ob
nun zwar wol andere Kirchenvaͤtter nicht
eben gerad die Austeihlung alſo machen/
wie dann der Seel. Auguſtinus und Hila-
rius, 31 an gedachter zweifelt/ ſo geſte=
het er doch das/ daß Gott eine Ungleichheit
gemacht hat unter denen heiligen Geiſtern/
einen hoͤher als den andern erhaben/ zu
groͤſſern Dienſten geſetzt/ lediglich/ wie es ſei=
nem heiligen Willen gefallen hat. Was
wundert ſich dann ein Menſch/ wann der
weiſe Schoͤpfer dergleichen Stuffen unter
den Menſchen geordnet/ und den auf dieſe/
jenen auf ein andere geſetzt/ hoͤher und nide=
rer/ maͤchtiger und geringer/ reicher und
aͤrmer/ geehrter und weniger geehrt?Weil wir die himmliſche Creaturen be=
ſehen/ wollen wir weiter an dem Himmel
ſelbſt ſchauen. Es ſpricht aber der Apoſtel
[108]
von den himmliſchen Coͤrpern: Ein an=
dere Klarheit hat die Sonne/ ein an=
dere Klarheit hat der Mond/ ein an=
dere Klarheit haben die Sterne.
Dann ein Stern uͤbertrifft den an=
dern nach der Klarheit/ I. Cor. XV.
41. 42. So oft wir nun ſolches ſehen/ daß
der Stern/ als die Sonne ſo hell/ ſo maͤch=
tig ſo glaͤnzend: ein anderer dagegen/ als
der Heſperus, oder Spica virginis, zwar
auch ſchoͤn/ ſubtil/ klar: doch dem Liecht und
der Wuͤrkung nach der Sonnen nicht
gleich; ein anderer/ als Comæ Berenices
viel dumperer und dicker ſind/ deren doch
ein jeder ſo ſeyn und bleiben muß/ wie ihn
ſein Schoͤpfer gemacht hat/ ſo oft kan ein
Menſch ſelbſt ſeinen Gedanken wehren/
entweder ſich zu betruͤben/ weil ihn Gott/
ſo zu reden/ zu keiner Sonne oder Morgen=
ſtern gemacht hat; oder zu neiden/ daß
ein Anderer den groſſen Glantz ſeiner Eh=
ren/ die hohe Macht ſeiner Gewalt/ das helle
Liecht ſeiner Glori und Nahmens hat/ da
er etwan kaum ein dunkles Sternlein wor=
den iſt. Er gedenke: Zur Sonnen hat Gott
[109]
nur einen Stern gemacht/ zum Mond
auch nur einen/ andere wider auf unter=
ſchiedliche Art und Weiſe begabt/ wie er als
ein freyer Gott Macht hat und gewalt hat.Auch die Lufft weiſet es. Unter dem Ge=
fluͤgel iſt ein Unterſchied an der Groͤſſe/
Schoͤnheit/ Nutzbarkeit. Die Fleder=
mauß/ die Nachteule/ die Widhopfen
ſind ja dem Anſehen nach ſcheußlich und
ungeſtalt/ gegen einem Adler/ einem
Papagey/ einem Pfauen und dergleichen.
Jene verbeut Gott ſelbſt zu eſſen. Levit.
XI. 16. 18. 19. Viel andere dargegen/ als
Lerchen/ Gaͤnß/ Huͤner und dergleichen hat
er teihls zu Nutz/ teihls zur Luſt und An=
muht geſchaffen/ zu Luſt der Augen oder
Ohren. Die Fledermaus kan nun nicht
davor/ daß ſie eine Fledermaus iſt/ und daß
die Eul ein Eul worden/ und einen ſolchen
Strobelkopfftraͤgt/ ein Widhopff ein Wid=
hoff bleiben muß. Das/ das ſie ſind/ ſind
ſie und bleibens/ ſo lang Gott will.Das Meer und alle Waſſer lehren eben
das. Es gibt nicht lauter Leviathan/ Job.
XXX. 8. XL. 20. oder groſſe Walfiſche/
die einen Jonam koͤnnen drey Tag und
[110]
Nacht im Bauch herum tragen/ in ſeiner
Prophezey. II. 1. Gott hatte neben ſolchem
allerley Tiehr/ das da lebet und webt/
und vom Waſſer erꝛeget wird/ ein
jegliches nach ſeiner Art erſchaffen.
Gen. I. 21. Zum teihl lieblich anmutig an=
zuſchauen/ auf groſſer Herꝛen Tafel ge=
ordnet: zum Teihl widerwertig anzuſe=
hen/ die einem ſolten einen Eckel machen
anzugreiffen; will geſchweigen zu eſſen/ wie
man nicht uͤbel ſagt von einer Meerſpinnen
oder auch einem Krebs: wer ſolche am
erſten gegeſſen habe/ muͤſſe ein Hertz
gehabt haben. Daß nun jene ſolche Ge=
walt haben/ ſo anmutig ſind den Augen/ ſo
lieblich dem Geſchmak/ ja wol Perlein oder
Purpur mit ſich fuͤhren; dieſe dagegen ſo
ecklicht und widerwertig/ woher komts?
Komt es nicht von ihrem Schoͤpfer/ der ei=
nes ſo maͤchtig/ ſo groß/ ſo ſtark/ ſo ſchoͤn/ ſo
wehrt geachtet; eines ſo ſchwach/ ſo klein/
ſo ohnmaͤchtig/ ſo widerig proportionirt
und geſtaltet hat/ und ein jedes trachtet dan=
noch dahin/ wie es/ ſeiner Art nach/ ſeine
Verwaltung/ dazu es geſetzt iſt/ verfuͤhren:
[111]
nimmermehr aber/ wie es auch ſo groß/ ſo
maͤchtig/ ſo herꝛlich werden moͤge/ als das
oder jenes iſt.Grad ſo iſt es auf der Erden bewandt.
Daß ein Eſel/ ein Eſel iſt: ein Ochs/ ein
Ochs: eine Kroͤt/ eine Kroͤte: eine Schlang/
ein Schlang: eine Mucke/ eine Mucke:
edler aber ein Pferd/ ein Hirſch/ ein Rehe/
ein Elephant; jenes/ verworffen zum ſack=
tragen/ zum ackern/ oder widrig anzuſchau=
en/ und mit einem Eckel und Entſetzen:
Dieſes einen Kaͤiſer/ einen Koͤnig/ einen
Fuͤrſten zu tragen oder zu fuͤhren; oder auf
eine Kaͤiſerliche Tafel zukommen/ oder mit
einer luſtigen Jagt zu ergoͤtzen/ iſt wider
Gottes deß Herꝛn Satz und Willkuͤhr/ der
unter ſeinen Geſchoͤpfen auch Eſel und
Ochſen/ und Kroͤten und Mucken hat ha=
ben wollen.Noch mehr! Wann wir die lebloſen Erd=
Creaturen betrachten/ iſt das/ zum Exem=
pel/ zu einer unfruchtbarn Dornhecken in
ein duͤſtres Tahl hingeſetzt/ jenes zu einem
lieblichen Roſenſtock/ Citronen=Pomeran=
zenbaum gemacht/ und auch dergleichen.
Das/ iſt mit einem lieblichen Geruch/ er [112] quickenden
Krafft/ hohen Farb verſehen:
jenes macht flugs dem Anſehen nach ein
Grauen; oder ſtinkt/ daß es kaum zu dulten
ſtehet. Die Staͤm
̅
e im Wald lehrens. Das
Holtz taugt zum brennen/ und zu keinem
Bau: jenes zu einem Pallaſt/ Koͤniglichen
Tafel/ zu Schiffen/ zu Kirch und Schulen/
als ſonderlich die Cedern an Libanon/ wie
Taͤnnenholtz/ wie Oelbaumholtz/ und auch
dergleichen. Daß nun jenes im Ofen muß
zu Koln/ zu Aſchen werden: Dieſes zu ei=
nem Rahthauß gebraucht/ zu einem Turn/
zur Vaͤſtung/ jenes nicht/ iſt Gottes Werk/
der dem Holtz die Daurung/ die Vaͤſte/ die
Art gegeben/ daß es ſich baͤſſer fuͤgen/ artli=
cher hauen/ bequemlicher ſchneiden/ ſubtiler
hobeln/ kuͦnſtlicher drexeln/ ungeſplitterter
bohren laͤßt/ Regen und Ungewitter laͤn=
ger und wehrhafter zu widerſtehen.Unter die Erden wollen wir gehen! Es
hat aber Gott nicht in alle Adern Gold und
Silber gelegt: Bley=und Eiſen=Berg fin=
den ſich auch; nicht uͤberal Marmol und
Quaterſtuck eingeſenket: ſondern Kalch
und unwehrtere Stein graben laſſen.
|| [113]
Ja/ wann ein jeder in ſein eigen Zimmer
gehet/ ſonderlich wo ein wenig groͤſſers
Haußhalten iſt/ findet ſich ja unter ſeinen
Gefaͤſſen und Kuchengezeug das/ daß ihm
Gott taͤglich gleichſam in Mund gibt. Ei=
nes/ zum Exempel/ iſt zum Tiſchtuch/ eines
zur Handquaͤhle/ eines zum Kuchen=und
Fußhadern gemacht; Das/ zur Ehrndeck/
das dagegen zum Unluſt abzutreugen.
Alſo gehet es/ wie der Apoſtel ſpricht: In
einem groſſen Hauſe ſind nicht allein
guldene und ſilberne Gefaͤſſe/ die man
hoch und herꝛlich haͤlt/ in die Behaͤlter und
Truhen ſetzet/ in Futtern verwahret: ſon=
dern auch hoͤlzerne und jrꝛdinne/
die man zu geringern wenigern Dienſten
von noͤhten hat/ und an Schloͤht haͤngt/
oder an Rauch hinſetzt/ oder in eine Ecken
wirft/ etliche zu Ehren/ etliche zu Un=
ehren II. Tim. II. 20. Alſo nemlich ſollen
wir lernen: daß Gott auch das groſſe Hauß
der Welt gubernire/ und ſilberne und gul=
dene Gefaͤß darein geſchafft habe/ die we=
gen ihrer Weißheit und hohen Verſtands
in ſonderbaren Ehren und Reſpect ſeyn
[114]
ſollen; dagegen aber auch hoͤlzerne und jrꝛ=
diſche/ die jener Diener und Aufwarter wer=
den muͤſſen/ auf ihren Befehl rennen/ lauf=
fen/ ſchreiben/ treiben.Gar bequem erwaͤhnt die Schrifft deß
Toͤpffers/ in obgedachtem IX. C. an die
Roͤmer ℣. 20. 21. 22. eben in ſolcher Mate=
ri/ da ſie von zeilichen Guͤtern redet: Lieber
Menſch/ ſpricht ſie/ wer biſtu/ daß du
mit Gott rechten wilt? Spricht auch
ein Werk zu ſeinem Meiſter: Wa=
rum machſtu mich alſo? hat nicht
ein Toͤpfer Macht aus einem Klum=
pen zu machen ein Faß der Ehren und
das andere zu Unehren? Oder ſo wirs
mit den Worten deß Buͤchleins der Weiß=
heit geben ſollen/ hieß es alſo: Ein Toͤ=
pfer/ der den weichen Tohn mit, Muͤ=
he arbeitet/ macht allerley Gefaͤß zu
unſerm Brauch: er machet aber aus
einerley Tohn beyde Gefaͤſſe/ die zu
reinen/ und zugleich auch die zu un=
reinen Werken dienen. Aber wozu ein
jegliches derſelbigen ſoll gebraucht
[115]
werden/ das ſtehet bey dem Toͤpfer/
in XV. 7. Nicht anders/ verſtehe/ ſind wir
Menſchen gegen Gott/ dem es keiner weh=
ren kan noch ſoll/ daß er dieſen erhebt: jenen
nidriget; Dieſen an Herꝛen Hoͤfen zum
Cantzler/ Syrach. X. 5. jenen zum Stall=
knecht und Hundsbuben geordnet hat; Die=
ſes conſilia und Vorbringen angenehm
und herꝛlich machet: jenes viel geringer
und mit wenigerm effect.Zu letzt/ damit wir nicht weitlaͤuffiger
gehen/ betrachte ein jedes ſeine eigne Glied=
maſſen deß Leibs/ auf welche conſideration
uns Paulus fuͤhrt. I. Cor. XII. da er
ſpricht: Etliche Glieder am Leib habe Gott
ſtaͤrker: etliche ſchwaͤcher gemacht. Wi=
derum etliche ehrlicher/ die ſich nicht verde=
cken ſollen/ etliche unehrlicher/ die ſich ver=
bergen muͤſſen; etliche die uns wol: etliche
die uns uͤbel anſtehen. ℣. XXII. XXIII.
XXIV. Der Fuß/ zum Exempel/ beſchwe=
ret ſich nicht/ daß er keine Hand ſey. ℣. XV.
Das Ohr/ das/ zum Exempel/ neben dem
Kopff ſtehet/ murꝛet nicht/ daß es nicht ins
Angeſicht geſetzt iſt/ wie das Aug. ℣. XVI.
[116]
ſondern es ſey zu frieden/ wo es ſtehe. Wa=
rum? weil Gott die Glieder geſetzt/
ein jegliches ſonderlich am Leib/ wie
er gewolt hat. ℣. XVIII. Die taͤgliche
lection gibt uns nun Gott auf/ an uns/ und
in uns/ daß wir nicht in dieſem Stuck denen
teihls Corinthiern gleich werden/ die ſich
darum recht hartſeelig düncken lieſſen/ und
fuͤr veracht/ weil ſie jenen nicht gleich waͤ=
ren/ die ſo groſſe Gaben haͤtten entweder im
Lehren/ oder in Weiſſagungen/ oder in
Churen der Krankheiten/ oder mit Spra=
chen reden/ und dergleichen. Darum aber
ſoll das nicht ſeyn/ weil Gott einem jeden
das ſeine zuteihlt/ nach dem er will.
℣. XI. Das aber/ nach dem er will/
begreift drey Stuͤck in ſich. I. Wem?
II. Was fuͤr eine Gab? III. Wie viel da=
von/ oder mit was fuͤr Maas? Einmal
nemlich teihle ers aus nach ſeinem freyen
Willen; und nicht eben allen Menſchen
ohne Unterſchied: ſondern welchem aus
denen ers mitteihlen will; auch unter denen/
denen ers verehren will/ nicht einem jeden
eines: ſondern dem diß/ dem andern ein
[117]
anders; und widerum/ die einerley Gaben
haben/ dem eine groͤſſere: jenem eine kleine=
re Maaß. So nun einer ſprechen wolte:
warum hat es der/ und ich nit? oder/
warum iſt es bey dem alles groͤſſer/
ſcheinlicher/ angenehmer/ und bey
mir nicht? dem antwortet der Apoſtel:
darum geſchehe es/ weil es Gott gibt/
nicht/ wie ich und ein anderer wollen:
ſondern wie es ihm gefaͤllt/ der den
Teihler/ ſo zu reden/ in der Rechnung/ in
ſeinem weiſen Sinn allein fuͤhret; wir
wollens gleich multiplicirn oder dividirn,
addirn oder ſubtrahirn, ſo werden wir doch
auf die Rechnung nicht kom
̅
en/ weil De Tri
Regul darinn nichts gilt.Zum allerletzten iſt wol zu bedenken/ daß
gewiſſe Grad und Stuffen der Ehren und
Klarheit/ auch unter den Außerwehlten
ſelbſt/ im Himmel und der ewigen Seelig=
keit ſeyn ſollen/ allermaſſen Paulus deutlich
weiſet I. Cor. XV. 41. Nach dem er geſagt:
Ein andere Klarheit hat die Sonne/
ein andere Klarheit hat der Mond/
[118]
ein andere Klarheit haben die Stern.
Dann ein Stern uͦbertrifft den an=
dern nach der Klarheit/ ſetzt er jetzt im
XLII. ℣. Alſo auch die Aufferſtehung
der Todten/ oder deutlicher: Alſo wird
es auch ſeyn unter denen/ die zum ewigen
Leben auferſtanden ſind. Um weß willen
der Prophet Daniel alſo ſchreibt: Die
Lehrer werden leuchten wie deß Him=
mels Glantz/ und die/ ſo viel zur Ge=
rechtigkeit gewieſen/ wie die Stern
jmmer und ewiglich/ im XII. 3. So
dann einer findet/ daß ſolche Ordnung
Gottes/ auch in der ewigen Seeligkeit ſeyn
und bleiben werde/ ſo gedenke er/ einmal/
es koͤnne geſchehen/ daß der/ der in zeitlichen
jrꝛdiſchen Ehren jenem nach gehet/ in jenen
himmliſchen Ehren wol wider fuͤrgehen
koͤnne; und/ wie er in der Welt niderer iſt
gegen jenem/ in jener/ hoͤher ſeyn koͤnne ge=
gen dieſem; um weß willen er fuͤrs andere
ſich deſto williger vor Mißgunſt/ vor Streit/
vor Schaͤnden und Laͤſtern huͦten wolle/
allerdings wie auch in jenem Leben und
[119]
differenz der Ehren/ kein Neid/ kein Streit:
ſondern volle Vergnuͤgligkeit ſeyn werde.
Id beata civitas illa 32 ſagt der Seel.
Auguſtinus, magnum in ſe bonum vide-
bit, quod nulli ſuperiori ullus inferior in-
videbit, ſicut nunc non invident Archan-
gelis angeli cœteri: tam nolet eſſe unus-
quisque quod non accepit; quamvis ſit
pacatiſſimo concordiæ vinculo, ei, qui
accepit, obſtrictus: quàm nec in corpore
vult oculus eſſe quod eſt digitus, cum
membrum utrumq́ue contineat totius
carnis pacata compago. Sic itaue ha-
bebit donum alius alio minus, ut hoc
quoque donum habeat nec velit amplius.
Das iſt/ Jene ſeelige Statt wird auch
das groſſe Gut in ſich haben/ das kei=
nem Hoͤhern/ einiger Niderer miß=
goͤnnen wird/ gleich wie jetzund die
Ertzengel nicht von den andern En=
geln geneidet werden; ſo wenig wird
einer/ der Außerwehlten/ ſeyn wollen/
was er nicht ſeyn ſoll/ ob er ſchon in
vertraͤulichſter Einigkeit dem ver [120] bunden
bleiben wird/ der ein mehrers
empfangen hat/ gleich wie an dem
Leib auch der Finger nicht begehrt
das Aug zu werden/ da doch beyde
Glieder in aller Einigkeit eine Haut
zuſammen haͤlt. Demnach wird auch
einer dorten ein groͤſſere/ einer ein
kleinere Gab haben/ daß er dieſe Gab
dannoch dabey habe/ daß er nit mehr
zu haben begehre/ als er hat.
1.
SChoͤpfer aller Menſchenkinder/
groſſer Gott/ ich klage dir/
daß ich ſtaͤts/ ich boͤſer Sünder/
murꝛe wider dich in mir.
|| [121]
Immer will ich meiſtern dich/
baͤſſern dein Geſchoͤpfe mich;
Nur denk ich zu werden jmmer
groͤſſer/ aber niemals froͤmmer.
2.
Seh’ ich einen/ der gelehrter/
der beglückter iſt/ als ich/
der da reicher und geehrter:
ſtraks mein Hertz entruͤſtet ſich;
trotzig denkt es/ und voll Neid:
was ſoll dieſer Unterſcheid?
Ich moͤcht auch wohl ſolche Gaben/
ich ſolt ſie vor jenem/ haben.
3.
Ach Herꝛ! ich bin dein Geſchoͤpfe:
du haſt mich aus Erd gedreht/
wie ein Doͤpfer ſeine Doͤpfe;
und in deinem Willen ſteht/
was du machen magſt aus mir.
Solt ich widerſtreben dir?
Ach! du kanſt mich ſchmeiſſen nieder
und zu Scherben machen wieder.
4.
Gnad iſt/ alles was wir haben:
Nichtes du uns ſchuldig biſt;
|| [122]
Du gibſt alle gute Gaben/
wie es dir gefaͤllig iſt.
Laß mich diß bedenken recht:
laß mich/ als ein frommer Knecht/
froͤlich deines Willens leben/
ſeyn vergnuͤgt mit deinem Geben.
5.
Herꝛ! hier bin ich/ dein Gefaͤſſe:
leg darein/ was dir beliebt/
deinem weiſen Raht gemaͤſſe.
Deine Hand mir nuͤtzer gibt/
als mein Hertz verlangen kan.
Diß nur forder’ ich dir an:
Wolleſt (diß nur ich begehre)
in mich faſſen deine Ehre.
6=
Laß mich kein Gefaͤß der Suͤnden/
noch deß Satans Werckzeug ſeyn:
Daß du mich ſtaͤts reine finden
und in mich moͤgſt faſſen ein
deine Gnade/ die da nit
in ein Kohtgeſchirꝛ einzieht.
Nun/ Gott! dein ſind alle Gaben:
Was ich ſoll/ das werd ich haben.
|| [ID00189]
|| [ID00190]
Davids Geſchicht=Rede/
Als er zum Koͤnig über Iſrael ge=
kroͤnet ward.
ISrael/ du Volk deß Hoͤchſten/ weiſt du auch/ wen du jtzund/
dir zu einem Koͤnig/ kroͤneſt?
Wer iſt David? wer iſt David? deſſen Haupt in dieſer Stund
du mit Kronen=Gold beſchoͤneſt?
I. Fraget Bethlehems Gefilde! fraget Hirten/ Heyd/ und Heerd!
fraget meine Schaͤfer=Brüder! ???(Erd
Dort ſpazierte meine Jugend auf deꝛ Weidbegraſte ̅
mit den Schaͤflein auf und nieder.
Dort pruͤft’ ich an Loͤwen/ Beeren/ meiner ſtarken Glider Krafft;
an den Woͤlffen/ lernt’ ich kriegen;
Dorten lernt’ ich Steine ſchleudern/ fuͤrchten kei= nen Riſenſchafft/
und den Goliath beſiegen.
II. Gott/ der auf das Nidre ſihet/ lieſſe mich durch Samuel
holen von den Wollenheerden:
David ſoll (ſprach er/ und goſſe auf mein Haupt das Salbungs=oͤl.)
Meines Volkes Hirte werden.
|| [124]
Meine (wie dort/ Joſefs) Bruͤder wurden uͤber mich entbrandt
von deß gelben Neides Kerzen:
Daß der Schaͤferſtab ein Zepter werden ſolt in meiner Hand/
dieſes ſchmerzte ſie im Herzen;
Sich verworffen/ mich erwehlet/ mich/ Iſai juͤngſten Sohn/
Mich geſalbt vor ihnen Sieben/
Mich hoch uͤber ſie erhaben/ mir verſprochen ſehn die Kron:
diß wolt ihnen nicht belieben.
Doch/ der Neid kont mir nicht nehmen/ was Gott gab und günte mir.
Ich hab Koͤnig werden muͤſſen.
Dachte ſchon/ mich aufzuopfern/ dachte Saul ſchon fuͤr und fuͤr
mich an eine Wand zuſpiſſen.
Reichsnachfolger man verfolgen/ aber nicht er= wuͤrgen kan:
Gott ſchuͤtzt Goͤtter dieſer Erden. ???(an;
Wem der Zepter iſt verſehen: ſtehet er ſchon unten
Was er ſoll/ das muß er/ werden.
Wer war David? wer iſt David? Gott erhebt die Nidrigkeit;
ſtürzet ſtolzgeſinnte Sinnen.
Menſchen ſehen auf das Auſſen: aber ſein’ Allſe=
ſchauet auf das Herze Innen. ???(henheit
Ob du wuͤrdig/ ob du tuͤchtig/ Bauer oder Fürſt zu
ſteht nit an der Stirn geſchrieben. ???(ſeyn/
Laß Gott waͤhlen/ walten ſchalten! dann er ſiht in dich hinein:
Sein Verſorgen iſt ein Lieben.
|| [125]
Das Sechſte Capitel/
haͤlt in ſich
Die Exempel der Heiligen
Schrifft.
AUf Exempel der Schrifft wollen
wir nun kommen/ doch nur etliche
un
̅
die deutlichſte. Fuͤrnehme Leh=
rer geben hierzu das Exempel an Jacob
und Eſau/ deren jener/ ſamt ſeiner poſte-
ritaͤt/ Eſau/ ſamt auch ſeinen Nachkomme=
nen/ in zeitlichen Guͤtern weit fuͤrgezogen
worden. Einmal erlangte Jacob das Recht
der Erſten=Geburt/ das kein geringer Se=
gen war. Zum Andern kam er in das Land/
das Gott Abraham verheiſſen hatte. Zum
Dritten ſolte aus ſeiner Linea der HErꝛ
Meſſias geborn werden. Ihre Nachkoͤm=
linge aber ſolten ferner einander unterworf=
fen werden/ und Jacobs Stamm ein Herꝛ:
Eſau ein Knecht werden. Jene ein Land
beſitzen voller Fruchtbarkeit und reichen
Uberfluſſes; Eſaus Freundſchafft dage=
gen oͤde Gebuͤrge haben/ anderſt nicht als
wann Drachen da wohneten. Gen.
[126]
XXV. 23. Malach. I. 2. 3. Und ſoll ſchon
alſo beſchloſſen worden ſeyn/ ehe ſie beyde
geboren waren/ und weder Gutes
noch Boͤſes getahn hatten/ wie Pau=
lus bezeugt Rom. IX. 11. Warum doch?
Beyde ſind ſie in Suͤnden empfangen
und geboren: beyde haben noch keine wuͤrk=
liche Suͤnde veruͤbt: beyderley kuͤnftige
Werk verdienen Gott nichts ab? Warum
ſoll dann Eſau und ſein Geſchlecht/ deſſen/
was ihm vor der gantzen erbarn Welt ge=
buͤhrt/ verluſtigt werden? Es iſt wider alle
principia juris, moͤchte man gedenken.
Allein Paulus ſetzt die Urſach darzu/ auf
daß der Fuͤrſatz oder das decret Got=
tes beſtuͤnde/ ward nach der Gna=
denwahl zu Rebecca geſagt: Nicht
aus Verdienſt der Werk: ſondern aus
Gnaden deß Beruffers/ alſo: Der
Groͤſſeſte/ Erſtgeborne/ Eſau und ſeine
Linea/ ſoll dienſtbar werden dem Klei=
nern Nachgebornen Jacob/ wie dann
geſchrieben ſtehet: Jacob hab ich ge=
liebt/ und mehr zeitlich gutes zu tuhn be [127] beſchloſſen:
Eſau aber hab ich gehaſſet/
und viel geringer in zeitlichen jrꝛdiſchen
Guͤtern zu verſehen mich reſolvirt. 33
Uſque adeò privilegium externi dominii
non ab hominum meritis, non à ſplendo-
re generationis carnalis: Sed ſimplici &
mera Dei voluntate dependet, ſpricht
hieruͤber Herꝛ D. Fridericus Balduinus
in ſeiner Erklaͤrung. Alſo nemlich/ haͤngt
das privilegium deß aͤuſſerliche
̅
do-
minats und Herꝛſchafft nit an unſern
Verdienſten/ nicht an der herꝛlichen
fleiſchlichen Geburt: ſondern an dem
freyen un
̅
von Menſchen unverdiente
̅
Willen Gottes. Und in Aphoriſ. XIII.
ſchreibet er alſo: Nemo ſuccenſeat alteri
quod inter eos qui pares eſſe videntur,
aliqui extolluntur, aliqui deprimuntur.
Hoc enim à Deo eſt, qui liberrimam ha-
bet poteſtatem faciendi cum creaturis
ſuis quidlibet: is eſt, qui reſpexit Jaco-
bum, neglexit Eſavum; ipſe etiam eſt qui
hunc humiliat & hunc exaltat Pſalm.
LXXV. 5. Keiner zuͦrne und eyfere
[128]
mit dem andern/ daß unter denen/ die
einander gleich dunke
̅
/ etliche erhoͤhet
und erhaben werden/ etliche nicht.
Dann das komt vom HErꝛn/ der die
allerfreyeſte Gewalt hat mit ſeine
̅
Ge=
ſchoͤpf zu tuhn/ was er will. Der iſt
es der Jacob angeſehen/ Eſau ver=
ſchlagen hat: eben er iſt es der den
nidriget/ jenen erhoͤhet Pſal. LXXV. 5.
Der S. Hr. D. Johannes Tarnovius aber/
da er den Spruch Malachiæ erklaͤrt/ ſetzt er
folgendes: 34 Deus in externis ac tem-
poralibus alium alii præfert, de quo oc-
culto nobis: ſed non injuſto Dei judi-
cio, meritò cum Apoſtolo exclamamus:
Quàm inſcrutabilia ſunt hæc judicia ejus
& quàm imperveſtigabiles hæ viæ ejus
Rom. XI. 33. Quis fuit ejus conſiliarius.
v. XXXIV. das iſt: Gott ziehet in
aͤuſſer=und zeitlichen Guͤtern einen
dem andern vor/ von welchem uns
verborgenen: aber nicht ungerechten
[129]
Urteihl GOttes wir billich mit dem
Apoſtel ſagen: wie unbegreifflich ſind
ſeine Gericht und unerforſchlich ſei=
ne Wege Rom. XI. 33. Wer iſt ſein
Rahtgeber geweſt? ℣. XXXIV.Ja ſo klar iſt es an Ephraim und Ma=
naſſe zu ſehen. Dieſer war der Erſtgeborne;
alſo gebuͤhrte ſelbem billich der Vorzug.
Joſeph/ als ein kluger Mann/ ſo wol vom
Geiſt Gottes getrieben/ richtete es alſo dar=
nach/ daß ers ihrem Groß=Vatter recht zu
Handen ſtellen kunte; Jacob aber ſtreckte
ſeine rechte Hand aus/ und legte ſie
auf Ephraim/ deß Juͤngſten Haupt.
Gen. XLVIII. 14. nicht aus einer Un=
achtſamkeit/ oder ohngefaͤhr/ oder aus Un=
beſonnenheit ſeines Alters: ſondern/ wie
dabey ſtehet: Er taht wiſſend alſo mit
ſeinen Haͤnden. Ihr rechter Vatter Jo=
ſeph mag es wol ſo vorgenom
̅
en haben/ wie
es das Recht der Natur/ und die Gewohn=
heit deß Volks mit ſich brachte/ weil der H.
Geiſt ſagt: Es gefiel ihm uͤbel/ daß Ja=
cob das taͤht/ ℣. XVII. Faſſet derowegen
[130]
auch ſeines Vatters rechte Hand/ daß er
ſie von Ephraims Haubt auf Manaſſis
Haubt legte/ mit dem Vermelden: Nicht
ſo/ mein Vatter! Dieſer iſt der Erſt=
geborne/ lege deine rechte Hand auf
ſein Haubt ℣. XVII. XVIII. Worinn
er dann/ an ſich/ nicht unrecht urteihlt. Aber
doch geſchiht es nicht! Jacob weigerte ſich
und ſprach: ich weiß wol/ mein Sohn!
ich weiß wol! Dieſer ſoll auch ein
Volk werden/ und wird groß ſeyn;
aber ſein jüngſter Bruder wird groͤſ=
ſer dann er/ der Aelteſte/ werden. ℣. XIX.
Alle Interpretes geſtehen: Jacob ſey darzu/
durch einen jnnerlichen Trieb und Anraͤ=
gung deß Heiligen Geiſtes/ geneigt wor=
den/ daß er den Juͤngſten/ dem Aelteſten
vorziehen ſolte in zeitlichem Segen. Wie
gehet aber das Ding zu? Manaſſe hat
Jacob/ ſeinem Groß=Vatter/ niemals er=
zuͤrnet; ſo meldet der Heilige Geiſt kein an=
ders ſeiner Laſter/ dardurch er die erſte Ge=
burt verſchertzt haͤtte; ſo wird von Ephraim
nichts gefunden/ womit er ſeinem Groß [131] Vatter/
ſonders und fuͤr Manaſſe lieb wor=
den ſey/ oder baͤſſer aufgewartet/ oder gehor=
ſamer ſich erzeiget; ja der Stam
̅
Ephraim/
oder ſeine Nachkoͤm
̅
linge/ ſind nit nur boͤſer
worden als Manaſſe: ſondern groͤſſere Ab=
goͤtterey getrieben/ als alle andere Staͤmme
Iſrael; weil aus dem Stamm Ephraim/
der Ertzſtiffter aller oͤffentlichen Abgoͤtterey
Jeroboam entſproſſen/ dem die Schrifft
kein anders Zeugniß erteihlt/ als daß er
Iſrael habe zur Abgoͤtterey gebracht.
Syrach. XLVII. 29. I. Reg. XII. 26. 33-
II. Paral. XI. 15. XIII. 9. Solt eines
nicht nochmal ſagen mit Herꝛn Luthero
S. 35 Ephraim nimt die erſte Geburt
hin ohn allen Verdienſt: Manaſſe
aber wird derſelben beraubt/ ohn alle
ſeine Schuld! Es ſetzt aber gedachter
Seel. Lehrer darzu: Jacob hat ſolches
getahn im Glauben und durch einge=
bung deß Heiligen Geiſtes. Darum
muß man die rechte Urſach dieſer
[132]
Taht aus dem Glauben und Ver=
heiſſung nehmen/ und nicht aus dem
Geſetz/ noch aus den Rechten/ oder
auch nicht aus der Natur. Item/ Er
fuͤhrt Jacob ein/ als wann er Joſeph
alſo antwortete. 36 Es iſt jetzt deß Ge=
ſetzes (der erſten Geburt) Zeit nicht/
es hat jetzt hie keine Statt: ſondern
hier gilt allein der Goͤttliche Segen/
welcher keinem Geſetz unterworfen
iſt/ auch unſern Rechten oder Weiß=
heit nit. Licet enim Deo dona ſua diſtri-
buere pro ſuo beneplacito, nec injuriam
ei facit, cui aliquid aufert: in quem autem
beneficium confert, is habet cauſam, cur
miſericordiam Dei laudibus celebret,
gloſſiert hieruͤber Oſiander: GOtt hat
Macht ſeine Gaben auszuteihle
̅
nach
ſeinem Wolgefallen/ und tuht dem nit
unrecht/ de
̅
er etwas verſagt. Der aber
de
̅
er woltuht/ hat Urſach ſeine Barm=
hertzigkeit zu loben und zu preiſen.Noch dergleichen findet ſich an den
[133]
Kindern Jacobs/ ſonderlich am Iſchaſchar.
Der arme Tropf muß in dem Abſchied ſei=
nes Vatters unter ſeinen Bruͤdern ein
beinerner Eſel heiſſen/ das iſt/ er werde
zwar ſtark ſeyn: aber nichts dapfers noch
ſonderlichs verꝛichten: ſondern allen Laſten
und Betrangniſſen unterworffen ſeyn/ von
Freund=und Feinden. Deßwegen ſeine
Schultern geneigt zu tragen/ und ein
zinsbar Knecht zu werden. Geneſ.
XLIX. 14. 15. Oft erwaͤhnten Seel. Hr.
Crameri gloſſa daruͤber heiſt alſo: Gott
will auch Sacktrager haben unter
ſeinem Volk. Da heiſt es dan
̅
billich:
Sis aſinus quemcuń aſinu
̅
ſors aſpera fecit.
Dann ein leidliche Buͤrde/ und er=
traͤgliche Laſt auf ſich nehmen/ iſt
doch baͤſſer/ als oftmals in groſſem
Gluͤck ſchweben; weßwegen der Seel.
Ambroſius 37 dieſe billich auslacht/ die
ſolches etwan dem Geſtirn zuſchreiben
wolten/ und/ wie ſeine Wort lauten: Labo [134] rioſos
& patientes ſervitij, quos naſcentes
taurus aſpexerit, quia animal laborioſum
& aſſuetum jugo, ſpontanea ſervituti col-
la ſubmittens, deßwegen arbeitſam und
knechtlich geſinnet hielten/ weil ſie im
Stier geboren waͤren/ der ein ar=
beitſam Tiehr und deß Jochs ge=
wohnt/ willig den Hals hinſtrecke.Eben Joſeph ſelbſt iſt ein lauters Exem=
pel. Wann man ſagen ſolte/ wie man pflegt
zu reden/ hat das Gluͤck wol ſonderlich mit
ihm geſpielt/ und ſolte wol mancher ſpre=
chen/ wann man ſeinen Zuſtand nach ein=
nander hoͤret: er wiſſe keine Urſach zu ge=
ben! Daß ihn ſeine Bruͤder in der Gru=
ben/ da ſie ihn hinwerfen/ nicht Hunger ſter=
ben laſſen/ moͤchte man ſagen: iſt deß Gluͤcks
ſchuld; daß eben damals/ die Midianitiſche
Kaufleut/ vorbey paſſirn/ geſchiht auch ohn=
gefaͤhr. Daß ſie/ ihn/ denen verkauffen/
macht ein Haͤndlein voll Gelts. Daß dieſe
wider mit ihm wuchern in Egypten/ bringt
ihr profeſſion mit. Daß er eben zu Poti=
phar/ deß Pharao Kaͤmmerer und Hof=
meiſter/ in Dienſt koͤmt/ mag etwa wol der
[135]
Mangel der Ehhalten getahn haben. Daß
ihm ſein Herꝛ goͤnſtig wird/ mag er ſich als
ein frember/ unbekandter/ erkaufter zuge=
ſchmeichelt haben. Daß er infolgender Ge=
faͤngniß/ auch deß Amtmanns Hertz ge=
winnt/ hat er biß dato gelernet/ was für
Manier in der Fremd gilt? Daß er Pharao
die beyde Traͤume auslegt/ hat ers eben un=
gefaͤhr erꝛahten/ weil er gute naturalien
hatte. So komt er nun ferner fort/ und ge=
winnt Pharao Hertz/ daß er ihn zu ſeinem
heimlichen Raht oder Cantzler macht/ mit
ſolch=und ſolcher Ehr/ ſolch=und ſolchem
Reichtum begabet. Das alles/ ſolt eines
faſt denken: ſey halt ſo gerahten/ wie man=
cher Menſch mehr in der Welt fortkom
̅
en
iſt/ ſonderlich in der Fremd/ da er eben/ zu
dieſer oder jener Zeit/ keinen andern an=
traf/ der es ihm gleich taͤhte; oder ſo ers in
der Taht gleich machte/ und noch wol druͤ=
ber waͤre/ man ihm/ jenen/ dannoch vor=
zog/ weil/ wie man ſpricht/ das fremde
Brot allzeit baͤſſer ſchmaͤcke/ als das
man vorhin im Hauß hat. Allen denen
Gedanken aber begegnet die Schrifft/ und
[136]
weiſt es: daß nicht unbeſonnener Weiſe/
Joſeph/ oder wer es waͤre/ ſolches zu Hand
ſtoſſe: ſondern Gottes Vorſorg ſey es/ die
ſich derer oder derer natuͤrlichen Mittel be=
diene/ die ſie von Ewigkeit geſehen/ daß es
zu der oder der Zeit/ ſich ſo oder ſo ſchicken
werde. Außdruͤcklich ſteht/ Gen. XXXIX.
2. 3. 4. 5. Der Herꝛ war mit Joſeph/
daß er ein gluͤckſeeliger Mann ward/
und war in ſeines Herꝛn deß Egy=
pters Hauß/ und ſein Herꝛ ſahe/
nicht/ daß ohngefaͤhrer weiſe ihm das Gluͤck
ins Hauß floͤge: ſondern/ daß der Herꝛ/
das iſt/ was goͤttliches/ uͤbermenſchliches
mit Joſeph war; dann alles was er
taͤht/ nicht ein/ zwey/ drey/ Stuck; das haͤt=
te man fuͤr ohngefaͤhr achten koͤnnen: alles
alles was er taͤht/ da gab der Herꝛ Gluͤck
zu durch ihn. Eben der Herꝛ/ verſtehe/
macht ihm die Gunſt bey Potiphar/ weil
er ſpuͤrte/ daß von der Zeit an/ da er ihn
über ſein Hauß geſetzet hatte/ ℣. IV.
ſolches handgreiflich zugenommen habe/
und eitel Segen war in allem was er
[137]
hatte/ zu Hauß und zu Feld. Das kunte
ja ſo beſtaͤndig von nichts herkommen/ das
man ſonſt bey den Egyptern/ als Heyden/
Gluͤck heißt/ weil ſolches tauſentmal va=
rire; muͤſſe demnach von einem hoͤhern/
weiſern/ maͤchtigern Weſen/ vom HErꝛn/
herꝛuͤhren. Widerum/ daß er deß Amt=
manns über das Gefaͤngniß Hertz gewin
̅
t/
geſchiht nicht durch Schmeicheley; es
heißt gleicher weiß: Der HErꝛ war mit
Joſeph/ und neigete deß Amtmanns
Huld zu ihm/ und ließ ihn Gnade fin=
den fuͤr ihm ℣. XXI. Und nochmal:
Der HErꝛ war mit Joſeph/ und was
er taͤht/ da gab der HErꝛ Gluͤck zu.
℣. XXIII. Was die Traͤume belangt/
iſt es fuͤrwahr nicht nur ein blindes erꝛah=
ten; weil alle Wahrſager und Weiſen ſol=
ches nicht ausſinnen kunten: auslegen
aber gehoͤrt Gott zu/ ſpricht Joſeph noch
in ſeiner Gefaͤngniß c. XL. 8. Und da er
fuͤr Pharao komt/ und der zu ihm ſprach:
Ich hab gehoͤrt von dir ſagen/ wann
du einen Traum hoͤreſt/ ſo koͤnneſt du
[138]
ihn deuten c. XLI. 15. antwortet er:
Das ſtehet bey mir nicht! Gott wird
doch Pharao Gutes weiſſagen ℣.
XVI. Gott verkuͤndigt Pharao/ was
er für hat ℣. XXV. GOtt zeiget
Pharao/ was er fuͤr hat. ℣. XXVIII.
Pharao ſelbſt/ als ein Heyd/ findet es/ daß
das kein blindes Tappen und erꝛahten ſey/
da er zu ſeinen andern Knechten ſpricht:
Wie koͤnten wir einen ſolchen Mann
finden/ in dem der Geiſt Gottes ſey?
℣. XXXIIX. Und Joſeph ſelbſt redet
er alſo an: Weil dir Gott ſolches alles
hat kund getahn/ iſt keiner ſo verſtaͤn=
dig und weiß als du ℣. XXXIX. Da
ihm ſein erſter Sohn Manaſſe geboren
wird/ ſtellt ers abermal nicht dem blinden
Gluͤck zu: ſondern/ Gott/ ſprach er/ hat
mich laſſen vergeſſen alles meines
Ungluͤcks ℣. LI. Da der ander/ Cphraim/
geboren wird/ ſpricht er wider: nicht/ es ſey
ihm ſo unverſehens gegluͤckt in der Frem=
de; Nein! Gott/ ſprach er/ hat mich
laſſen wachſen in dem Lande meines
[139]
Elends ℣. LII. Anreichend ſeine Brü=
der/ und ſein verkauffen in Egypten/ ſpricht
er aufs neu: Sie ſollen nicht denken/ daß
ohne Urſach/ und Gott unwiſſend/ ſolches
uͦber ihn ſey verhengt worden; Nein!
Um eures Lebens willen/ ſagt er zu ih=
nen/ hat mich Gott fuͤr euch herge=
ſandt. C. XLV. 5. Warum hat es aber
Gott getahn? Daß er euch uͤber behal=
te auf Erden/ und euer Leben erꝛette
durch eine groſſe Erꝛettung ℣. VII.
Und nochmal nach ſeines Vatters Tod:
Ihr gedacht es mit mir boͤß zu ma=
chen: aber GOtt gedacht es mit mir
gut zu machen/ daß er taͤht/ wie es jetzt
am Tag iſt/ zu erhalten viel Volks/
Gen. L. 20.Beydes im Geiſt=und weltlichem Stand
zugleich finden ſich Exempel Num. XVI.
Korah verdroß es von Hertzen/ daß Moſes
auf ſeinen leiblichen Bruder Aaron/ und
ſeine Linea/ das Hoheprieſterliche Amt
erblich bringen wolte/ da er/ Korah/ doch ſo
wol aus dem Stamm Levi war als Aaron/
[140]
alſo meynte: Moſes taͤhte es/ die andern
Staͤmme dardurch zu unterdrucken/ ſeinen
zu erheben; er wolle aus ſeinem Bruder
einen geiſtlichen Herꝛn/ und wie man jetzt
zu weiln redet/ einen Pabſt machen/ wie er/
ein weltlicher waͤre; daß alſo geiſt=und
weltliches Regiment bey einer Freundſchaft
bliebe. Damit er aber die geiſtliche deſto
mehr und eher bezwingen moͤchte/ haͤngt er
auch die Weltliche an ſich/ Num. XVI. 1.
Dothan/ Abiram und On/ die von dem
Stamm Ruben waren/ und ſich ja ſo klug
und witzig dunken lieſſen/ ſo qualificirt als
Moſes nimmermehr das gouerno zufuͤh=
ren/ um derer eingebildeten qualitaͤten wil=
len/ ſich/ noch auf die dritthalbhundert der
Fuͦrnehmſten in der Gemein ſchlugen/
noch darzu Rahtsherꝛen/ ℣. II. und im
uͤbrigen ehrliche Leute/ die ihres guten un
̅
wolgeneigten affects willen noch viel tau=
ſend haͤtten an ſich haͤngen koͤnnen; daß al=
ſo fuͤr menſchlichen Augen nicht wol muͤg=
lich geweſt/ das Werk zu hindertreiben.
Dann es bereit ſo weit kommen/ daß ſie ih=
nen unter die Naſen ſtunden/ und ins Ge=
ſicht ſagten: Ihr machts zu viel/ ℣. III.
[141]
das iſt/ Ihr bildet euch ein: Ihr/ und die
eurigen/ waͤret allein klug und geſchickt zu
geiſt=und weltlichen Aemtern/ und GOtt
hab ſeine Gaben auf euch allein geſchuͦttet/
die andern zu Eſeln und Ochſen gemacht.
Nein! Die gantze Gemein iſt uͤberal
heilig/ ein jeder iſt aus dem Gebluͤt deß
Heiligen Vatters Abrahams/ und der
HErꝛ iſt unter ihnen/ wo nicht mehr: doch
ſo viel als er bey euch iſt. Was erhebt ihr
euch dann uͤber die Gemeine deß
Herꝛn/ und wolt alles allein ſeyn und die
groſſen Hanſen agirn? Es ſolt eines ja ge=
denken: Bißher ſey es ſo durch das blinde
Glück zugangen/ und durch ein ſo lange
conniventz, weil keiner das Hertz gehabt/
das Maul einmal aufzutuhn. Wie gehet
es aber gleichwol? ℣. V. VI. Moſes tuht
das Maul wider auf/ und verweiſt ihnen
die Teuffels Hoffart/ daß nicht er und ſein
Bruder Aaron: ſondern ſie ſich mehr ein=
bildeten als recht waͤre/ die mit ihrem Zu=
ſtand nicht zu Frieden waͤren/ da ſie doch
bißher ja ſo wol fuͤr andern vorgezogen und
erhaben worden/ denen doch keines ihr
[142]
Gluͤck mißgoͤnnt und angetaſt haͤtte. Wie
nun ſie/ zu den Ehrenſtand/ in geiſt=und
weltlichen Aemtern/ fuͤr andern/ kommen
waͤren: ſo waͤre er und Aaron auch darzu
kommen. Nun koͤnten ſie aber nicht ſagen/
daß ſie ſich darein gedrengt und einge=
ſchmiert haͤtten/ oder daß es blinder/ plum=
per Weiſe zugangen waͤre: ſondern Got=
tes Werk waͤre es; Alſo ſey es mit ihnen
auch beſchaffen. Sie haͤtten ſich ſo wenig
darein genoͤhtiget; und von einem blinden
oder ungeſcheiden Ding wiſſeten ſie nichts.
So ſolten ſie/ derowegen/ ſich/ mit dem con-
tentirn laſſen/ zu was ſie Gott biß dato ge=
brauchen habe wollen. Seine nachdenkli=
che Wort heiſſen alſo: ℣. IX. Hoͤret doch
ihr Kinder Levi! Iſts euch zu we=
nig/ daß euch der Gott Iſrael außge=
ſondert hat von der Gemeine Iſrael/
daß ihr ihm opfern ſollet/ daß ihr die=
net im Amt der Wohnung deß Her=
ren/ und fuͦr die Gemeine trettet/ ihr
zu dienen? Da viel tauſend ſind die es
weder dahin gebracht/ noch in Ewigkeit
bringen werden. ℣. IX. Im End/ wer iſt
[143]
deß Gluͤcks Urſach bey Moſe und Aaron?
Moſes und Aaron ſelber nicht! Dann/
was iſt Aaron fuͤr ein ſchlechter Menſch/
bey dem/ das/ nimmermehr ſtuͤnde/ ein ſol=
ches Wort/ bey einer ſo maͤchtigen Gemein/
fuͤrzubringen? ℣. XI. Aus meinem
Hertzen aber/ ſpricht Moſes ℣. XXIIX.
oder allein nach meinem Willen und Ge=
fallen/ hab ich dieſe Werk auch nit getahn!
Wer dann? Eben der GOtt Iſrael/
der ſie/ ſeine Neidhaͤmel und Mißgoͤnner/
zu ihren Ehren geſetzt ℣. IX. Der Herꝛ
haͤtte ihn geſandt ℣. XXVIII. alſo taͤh=
ten ſie mit ihrem widerbellen und Gegen=
ſatz anderſt nichts/ als daß ſie den Herꝛn
laͤſterten ℣. XXX. um welches willen/
ſie/ die Erde lebendig verſchlingen
muͤßte/ die uͤbrige die Flam
̅
verzehren.
℣. XXXII. XXXIII. XXXIV. XXXV.Sonderbarer zufaͤlliger Weiſe ſolt es je=
mand fuͤrkommen/ daß Saul zum Regi=
ment gelanget/ und der erſte Koͤnig in Iſrael
wird. Man gedenke nur: Sein Vatter
Kiß hatte ſeine Eſelinnen verlohren/ und
[144]
Saul befohlen ſolche zu ſuchen; er gehet
durch das Gebuͤrg Ephraim/ durch
das Land Saliſa/ durch das Land
Saalin/ durch das Land Jemini/
I. Sam. IX. 4. und findet ſie nirgend. Er re=
ſolvirt ſich endlich mit ſeinem Knecht bey
einem Seher/ wie man zur ſelben Zeit die
Propheten hieſſe/ zu erforſchen/ wo ſie hin=
kommen waͤren? Da er zu Samuel komt/
und ſeinen Eſelinnen nachſpuͤhren will/
hoͤret er von dem Propheten/ den er ſein
Lebtag nicht geſehen/ und er ihn wider nicht/
er ſoll ſich um die Eſel nit kuͤmmern;
alles was das baͤſte in Iſrael ſey/ ſoll
ſein und ſeines Vatters gantzen
Hauſes ſeyn/ I. Sam. IX. 20. Saul weiß
ſelber nicht/ ob er/ Samuel/ ſeiner ſpottet/
oder wie ers aufnehmen ſoll/ daß er ſolche
Reden tuht/ ihme/ der daſelbſt ein Fremder
ſey/ und von dem Stamm Benjamin/ der
wegen der greulichen Taht/ davon im Buch
der Richter im XIX. 25. zu leſen/ in gantz
Iſrael verfeindt war/ in die aͤuſſerſte Ver=
achtung kommen/ und ſchier gantz vertilgt
worden. c. XX. 46. 47. c. XXI. 3. auch
[145]
weil andere Staͤmme hoͤher geachtet wa=
ren/ und groͤſſere Verheiſſung für ſich hat=
ten/ Gen. XLIX. 8. & ſeqq. Bin ich
nicht ein Sohn/ ſpricht er zu Samuel/
von Jemini/ das iſt/ eines Benjamiten/
und von den geringſten Staͤmmen
Iſrael/ I. Sam. IX. 21. weil kurtz zuvor
ihrer auf einmal 25000. erſchlagen wur=
den/ Judic. XX. 46. und mein Ge=
ſchlecht das kleinſte und unanſehnlichſte
unter allen Geſchlechten der Staͤm=
me Benjamin. Warum ſagſt du
dann mir ſolches? als wolt er ſagen: du
wirſt dich gewiß jrꝛen/ und mich fuͤr den un=
rechten anſehen! Dann von Gott/ ſcheint
ja/ koͤnne das nicht herkommen/ der uͤber
unſern Stamm ſehr erzürnt iſt! Wun=
dern ſoll ſich je keiner/ daß es andern vielen
mehr/ zur ſelben Zeit/ recht fremd fuͤrkom
̅
en
iſt/ und nicht unbillich dachten: Was ſoll
uns der helfen? I. Sam. X. 27. der
unverſehens hergeloffen komt/ von dem
leichtfertigen verhurten Stamm Benja=
min entſproſſen! und wird kaum fehlen/
[146]
daß ſolche Gedanken einem andern/ der die
Hiſtori liſet/ nicht noch einmal kommen ſol=
ten: es ſey halt ſo plump zugangen/ weil er
ein junger feiner Mann war/ eines
Haupts laͤnger dann alles Volk.
I. Sam. IX. ℣. 11. Aber ſehet doch! Einen
Tag zuvor/ ehe dann Saul kam/ of=
fenbaret es der HErꝛ/ ſtehet ℣. XV.
dem Samuel/ und ſprach: Morgen um
dieſe Zeit/ will ich einen Mann zu dir
ſenden/ aus dem Land Benjamin/ den
ſoltu zum Fuͤrſten ſalben uͤber mein
Volk Iſrael! ℣. XVI. Da aber folgen=
des Tags Saul ankam/ antwortet der Herꝛ
Samuel: Sihe/ das iſt der Mann/
davon ich dir geſagt hab/ daß er uͤber
mein Volk herꝛſche/ ℣. XVII. Und
da ers Saul offenbaret/ ſpricht er: Ste=
he ſtill/ das ich dir kund tuhe/ was
GOtt geſagt hat/ ℣. XXVII. Da er
ihm wuͦrklich das Oelglaß auf ſein Haupt
goß/ widerholet ers alſo: I. Sam. X. 1.
Siheſtu/ daß dich der Herꝛ zum Fuͤr=
ſten uͤber ſein Erbteihl geſalbet hat!
[147]
Da er ihn fuͤr voll præſentirn wolte/ und
um/ eine mehrere Gewogenheit/ Furcht und
reſpect fuͤr dem Volk zu machen/ es aufs
ordentliche Loß ſtellte/ ward nach allen
Staͤm
̅
en und Freundſchaften der Stam
̅
Benjamin getroffen; und da ſelber
herzugebracht wurde mit ſeinen Ge=
ſchlechten/ war getroffen das Ge=
ſchlecht Matri/ und aus dem/ Saul/
der Sohn Kiß/ ℣. XX. XXI. Es wolt
ihmaber ſelber noch nit in Kropf/ daß er un
̅
=
ter dem Eſel=ſuchen zum Koͤnigreich ſteigen
ſoll/ davon ihm ſein Lebtag nicht getraumt
haͤtte/ auch uͤbel lauten wuͤrde/ daß einer/ der
verlohrne Eſel ſucht/ ein gefundenes Koͤnig=
reich erlangen ſolte; verſteckte ſich dero=
wegen unter die Faß/ oder hinter die
Ruͤſtwaͤgen die ſie mit ſich fuͦhrten. Auf daß
aber er ſo wol/ als das damalige Volk/ und
kuͤnftig alle poſteritaͤt wiſſete: Herꝛſchaf=
ten/ Kaͤiſertume/ Koͤnigreiche wurden dem/
deme es Gott goͤn
̅
te/ ſprach Samuel zu al=
lem Volk: Da ſehet ihr welchen der
Herꝛerwaͤhlet hat! ℣. XXII. XXIII.
XXIV. Um weß willen ſeine Neider und
[148]
Laͤſterer von dem Heiligen Geiſt ſelbſten loſe
Leut geheiſſen werden/ ℣. XXVII. Die
dagegen/ die Gottes Rahtſchluß/ und Wil=
len/ und Ordnung fuͤr gut und bekandt
aufnahmen/ und zu frieden waren/ die jeni=
gen/ welcher Hertz GOtt ruͦhrete/
oder die Gottes Ordnung ſuchen und ehren
wolten/ ℣. XXVI.Iſt ein Exempel deutlich/ ſo iſts Davids
Exempel I. Sam. XVI. 1. Da ein Koͤnig
in Iſrael geſalbt werden ſolte/ und Iſai/ der
unter ſeinen Soͤhnen einen haben ſolte zum
kuͤnftigen Koͤnig/ einen nach dem andern
herfuͤrkommen lieſſe; zufoͤrderſt den aͤlte=
ſten/ Eliab/ als deme es von Rechts we=
gen gebuͤren wolte/ der auch darbey ein ſtatt=
liche præſenz hatte/ daß Samuel der Pro=
phet ſelbſt meynete: ℣ VI. Allerdings muͤſ=
ſe der Koͤnig werden! bekam er doch vom
Herꝛn die Antwort: ℣. VII. Sihe nicht
an ſeine Geſtalt/ noch ſeine groſſe
Perſon! Ich habe ihn verworfen:
das iſt/ ich hab ihn in dieſer Sach hindan
geſetzt/ und nit zum Koͤnig erſehen. Dann
es gehet nicht wie ein Menſch ſihet
[149]
und urteihlt. Ein Menſch ſihet was
für Augen iſt/ die Schoͤnheit/ Groͤſſe/
Alter/ Staͤrke; Der Herꝛ aber ſihet das
Hertz an/ und weiß in dieſem Fall/ daß
David??? Hertz baͤſſer ſey/ als Eliabs Hertz/ ob
ſchon dieſer von Perſon anſehnlicher und
herꝛlicher iſt/ als jener. Weils dann ja Eliab
nicht ſeyn ſolte/ vermuhtet Iſai nicht uͤbel:
es muͤſſe der naͤchſtfolgende Bruder ſeyn/
Abinadab/ ℣. VIII. allein es hieß aber=
mal zu Samuel: Dieſen hat der HErꝛ
auch nicht erwaͤhlet! ℣. IX. Es komt
biß auf den Dritten/ Samma/ und
lautet gleich ſo: Der HErꝛ hat dieſen
auch nicht erwaͤhlet! es komt biß auf
den Siebenden/ und von allen ſtehet: ℣. X.
Der Herꝛ hat der keinen erwaͤhlet!
An David dacht ſein Vatter nicht/ als der
der juͤngſte waͤre/ und ehe einen Viehhirten:
als einen Koͤnig gebe; eher in Stall: als
an Hoff tauge; wie er dann zu Samuel
ſprach: ℣. XI. Es iſt noch uͤbrig der
kleineſte/ und ſihe er huͤtet der Schaf!
Gleichwol da er beygebracht wird/ heißt die
[150]
Stimme Gottes: ℣. XII. Auf und ſal=
be ihn/ der iſts! verſtehe/ den er ſich zu
einem Konig erſehen habe. ℣. I. Saul
ſtellt ihm nach der Zeit oft nach; bißweilen
hatte er ihn ſchon/ wie man ſpricht/ im
Sack; weil aber einmal Gottes Schluß
ergangen: David ſoll Koͤnig werden!
ſo hilft kein neiden/ kein verfolgen/ kein
Raht/ kein Taht/ ihn entweder zu erwuͤr=
gen/ oder vom Reich zu ſtoſſen.Eſther iſt ſonderlich den Ehleuten ein
Exempel. Sie war fremd/ aus dem Juͤ=
diſchen Geſchlecht/ eine Gefangene; und
wird ein Koͤniginn. Iſt das nit ein Wun=
derding? Kein Reichtum iſt bey ihr/ kein
Adel/ keine Freundſchaft; ſchoͤn iſt ſie zwar:
aber es ſind noch viel ſchoͤne Frauen und
Jungfrauen am Hof geweſt/ wolgeuͤbt in
allen Kuͤnſten/ freundlich/ demuͤtig; Zu=
mahln/ weil befohln wurde/ dz aus allen ſei=
nen provincien/ deren er hundert ſieben und
zwanzig hatte/ allerley ſchoͤne Jungfrauen
ſolten zuſamm gebracht werden/ Eſth. II. 3.
Wann nun aus jeder Provinz nur eine
beygebracht worden: ſolte/ unter hundert
[151]
ſieben und zwantzig Jungfrauen/ eine
maͤchtige Wahl entſtehen/ deren eine mit
der andern certirn wuͤrde an Augen/
Mund/ Gebaͤrden/ Reden/ Kleidung/ Nei=
gen/ Farb der Haaren/ Wangen/ Laͤnge
und proportion, und was man nur an ei=
nem Weibsbild ſchoͤn heiſſen kan. Wa=
rum koͤmt dann eben fuͦr ſo vielen nur der
arme Waiß/ die Eſther fort? Die Schoͤn=
heit wird es allein auch nicht getahn ha=
ben. Ihr Gluͤck iſt eben ſo geweſt/ moͤchte
man ſagen/ das andern nicht alſo favoriſirt.
Ich frage aber weiter: Was iſt das Gluͤck?
Iſt es ein ſolcher blinder Zufall? oder iſt es
ein Werk der Vorſorg oder Fuͤrſehung
Gottes? Die Vorꝛed/ ſo über das Buͤch=
lein Eſther ſtehet in der Herborniſchen
Edition Anno 1612. weiſet es gar fein/ mit
dieſen Worten: Die Summa und
Innhalt iſt/ daß Gott er hoͤhet/ wen
er will; und nidrigetwen er will: wie
dann hierinn vermeldet/ daß Eſther/
eine ſchlechte Dirne/ iſt zu Koͤnig=
lichen Wuͦrden kommen; deßgleichen
Mardochai ihr Vetter zu groſſen
[152]
Ehren erhaben; hergegen Haman/
der Juden=Feind/ aus groſſer Ehr in
aͤuſſerſte Schmach gefallen. Hat
alſo Gott ſeine vaͤtterliche Vorſorg
fuͤr die uͤbrigen ſeines Volks wollen
erzeigen/ dardurch ſie nicht allein wi=
der ihre Feinde beſchuͤtzet: ſondern
auch bey dem Koͤnige zu groͤſſerer
Gunſt/ Ehren/ und Foͤrderniß kaͤ=
men. Neque dubito, ſpricht hieruͤber 38
Nicolaus Serarius, quin Mardochæo,
Deus, magni alicujus, pro tota gente,
boni ſpem aliquam injecerit, ut non mo-
dò non repugnaret, ſed conjugium etiam
iſtud peroptaret. Das iſt: Ich zweifle
nicht: Gott habe dem Mardochai
die baͤſte Hoffnung eingegeben/ daß
dem gantzen Juͤdiſchen Volk etwas
gutes für ſey/ auf daß er nicht nur nit
widerſtrebte/ ſeinen Pupillen/ einem
heidniſchen Koͤnig/ zum Ehgemahl
[153]
zu uͤberlaſſen: ſondern nichts mehr
wuͤnſchte/ als daß es nur geſchehen
moͤchte.Man wundert ſich freylich oft/ wie der
oder der Menſch/ eine ſolche Gunſt bey den
Leuten hat/ der doch in unſern Augen we=
der Safft noch Krafft hat/ alle ſeine
actiones ſind uns verdrießlich/ ſchlaͤ=
ferig/ heimtuͤckiſch/ laͤppiſch; es iſt wie ein
antipathi zwiſchen beyden; und doch komt
er in ſolche Gunſt bey andern: er bekomt
Freund und groſſe Freund: es ſcheint/ als
ob er die gar bezaubern koͤnne/ oder ver=
blenden/ daß ſie mit ſehenden Augen nicht
ſehen. Nun iſt es nicht ohn/ es laͤßt GOtt
bißweilen zu/ daß manchem Menſchen al=
lerley Partiten angehen/ daß er mit Luͤgen/
mit Heucheln und Gleißnerey/ mit Schmier
und Gab/ mit Verleumdung anderer/ mit
Ruhmſucht und Aufſchneiderey ſich inſi-
nuirn kan/ und unbekante leichtglaͤubige
Hertzen uͤberꝛeden mag; Wie dann auf
Gottes Verhaͤngniß jensmals Ahab wi=
derfuhr/ den auch ein falſcher Geiſt/ durch
etliche Gleißner und Schmeichler uͦberꝛe [154] den
kunte/ daß der ehrliche/ redliche/ aufrich=
tige Micha eine gute Zeit dagegen nichts
gelten wolte/ biß ihr Luͤgen und Truͤgen an
Tag kam. I. Reg. XXXII. 25. 26. 27. Biß=
weile
̅
aber neigt Gott vorſetzlich/ wiſſentlich/
der Menſchen Hertzen zu dem oder dem/ der
in unſern Augen das Anſehen nie darzu ge=
habt/ und den wir/ als einen Miſanthro=
von und Menſchenfeind gehalten haͤtten.Nehemias und Tobias ſeynd ſolche
Exempel. Beyde ſind ſie Gefangene. Ne=
hemias/ ob er zwar/ (wie es an Herꝛn=Hoͤ=
fen einem gehet/ der ſich ein wenig empor
ſchwingen will/) ſeine Feinde am Koͤnig=
lichen Hof Artaxerxis genug hatte/ die ihm
gewißlich/ wie den andern Gefangenen/ ſei=
nen Landsleuten auch/ gern beykommen
waͤren/ wann ſie nur mit Manier gekoͤnt
haͤtten/ und auſſer allem zweifel auf alle
actiones, wie man zu Hof redt/ picchirt,
als ſonderlich Saneballat der Horoni=
ter/ und Tobia ein Ammonitiſch Knecht
waren/ Nehem. II. 10. 19. IV. 1. 2. 3. gleich=
wol aber/ da er die hohe impreſa uͤber Jeru=
ſalem vor hat/ ſie wider zu erbauen/ und alle
[155]
Gefangene in die alte Freyheit zu ſetzen/ und
ſolches ſchweres Werk dem Koͤnig ent=
deckte: gewinnt er ihm ſein Hertz/ daß er
alsbald die Koͤnigliche parola empfaͤngt/
noch dabey Koͤnigliche mandata an andere
Beamten/ ihm/ in allen zu willfahren/ ne=
ben einer ſtarken quardi Hauptleut und
Reuter. Wie hat Nehemias/ der doch nit
mehr als ein Schenk war/ Nehem. I. 11.
ſolche ſchnelle Hofgunſt/ in einem ſolchen
maͤchtigen weitausſehenden Werk/ erhe=
ben koͤnnen? Man moͤchte denken: Er haͤtte
eben ſo das tempo getroffen/ und ſeine
Majeſtaͤt in einem ſolchen Laun gefunden/
die ſich vielleicht in einem Trunk uͤbereilet/
und das Wort nimmer zuruck nehmen
moͤgen. Ich laſſe wol ſeyn/ daß das das
Hof Urteihl waͤre; allein/ was ſagt der
Heilige Geiſt? Er ſpricht: Der Koͤnig
gab ihm/ Nehemia/ nach der guten
Hand feines Gottes uͦber ihn. C. II. 8.
Dz iſt: Gottes Hand hielt uͤber ihn/ und nei=
get ſeines Herꝛn Hertz zu ihm/ daß er darein
willigte; der Gott im Himmel/ verſtehe/ den
er darum bate. ℣. IV. daß ers ihm/ ſei [156] nem
Knecht heutgelingen laſſen wol=
te/ und Barmhertzigkeit finden fuͤr
ihm. Cap. I. 11.Tobias iſt das ander Exempel. Zu den
Zeiten Salmanaſſar muſte er mit Weib
und Kindern in Aſſyrien/ als ein armer
gefangener Mann. Alle haben gewißlich
an ihrem Gluͤck; ja etwan gar an ihrem
Leben verzweiffelt. Zumaln er ſich nie da=
hin bequemen wollen/ daß er nach Lands=
Art opfern/ und ſich mit Abgoͤtterey verun=
reinigen wolte. Kein zweifel iſt/ er wird ſeine
Feind ja ſo wol dabey gehabt haben/ die wol
ehe die Zaͤhne uͤber ihn zuſammgebiſſen/
ſonderlich/ daß er/ als ein Gefangener/ ſich
unterſtehe ſo frey und ledig hin und her zu
gehen/ alſo in ſeiner Gefaͤngniß ungefan=
gen ſeyn wolle. Man moͤchte ſagen: Er
haͤtte es eben ſo gewagt/ und/ weil dem
Sprichwort nach/ Wagen gewinnt!
haͤtte es ihm zur Zeit auch ſo gegluͤckt/ das
dem tauſentſten ſonſt nicht gelingt. Wie
hat es ihm aber gegluͤckt? frag ich. Ganz
ohngefaͤhr? allerdings ohne einiges We=
ſens direction und Ordnung? Ey Nein!
[157]
Weil er von gantzem Herzen den
HErꝛen foͤrchtete gab ihm GOtt
Gnade fuͤr Salmanaſſer dem Koͤ=
nige zu Aſſyrien/ daß er ihm erlaubt/
frey zu gehen wo er hin wolte/ und
ausrichten was er zu tuhn hatte/ ſteht
in ſeinem Buͤchlein im I. 13. 14. Der ge=
lehrte und wolbeleſene 39 Sanctius ſchreibt
gar ſchoͤn daruͤber: Hinc apparet divinæ
providentiæ atque diſpoſitionis admi-
randa ſuavitas, quæ illam Regi idolola-
træ ac barbaro mentem injecit, ut Tobiæ
opes largiretur ingentes, quas in paupe-
res amicè conferret; & facultatem, ut
quocunq́ue vellet, liber abiret, ut eâ ra-
tione fratrum ſuorum inopiam levaret,
& labentes jam, gentilium quotidiano
congreſſu, in patria religione conſerva-
ret. Das iſt/ daher ſihet man die wun=
derbare Süſſigkeit der Goͤttlichen
providenz und Anweiſung/ die
dem/ ſonſt abgoͤttiſchen/ Koͤnig einen
[158]
ſolchen Sinn eingegeben/ daß er To=
biam reich machte/ andern ſeinen
Mitgefangenen zur Aushuͦlf; be=
nebenſt freyen Paß uͤberal/ abermal
ſeinen Bruͤdern zum Behuf/ und
damit ſie nit/ weil ſie taͤglich mit den
Heyden umgehen muſten/ ihre vaͤt=
terliche Religion verlaſſen moͤchten.
Nach der Singweiſe:
Hertzlich tuht mich verlangen/ ꝛc.
oder:
Wie man die Kaͤiſerinn Leopoldina ſingt.
1.
O GOtt ich muß dir klagen/
verklagen ſelber mich/
von meiner Boßheit ſagen/
die kraͤnket mich und dich.
Ein Wurm nagt mich im Herzen.
der dürꝛe blaſſe Neid;
er plaget mich mit Schmerzen/
verſalzt mir alle Freud.
|| [159]
2.
Hat einer viel zu zaͤhlen;
prangt er mit Witz und Kunſt;
begluͦckt ihn/ ſein Vermaͤhlen/
Luſt/ Ehr’/ und Menſchengunſt:
Ich kan es gar nit leiden;
ich denke: ſeine Ehr/
ſein Gut/ und ſeine Freuden
gebuͤhrten mir vielmebr.
3.
Dein ſind/ O Gott/ die Gaben;
es kommt von dir allein/
was der und jener haben.
Und weß ſie ſollen ſeyn/
das ſteht bey deiner Guͦte;
du ſchenkeſt/ wem du wilt.
Dein Aug ſiht ins Gemuͤte/
kein Anſehn vor dir gilt.
4=
Ein Vater oft auf Erden
ein Kind/ vor andren liebt:
Und ich ſolt murꝛend werden/
wann Gott auch diß veruͤbt?
Mag doch ein Menſche ſchenken/
was/ wann/ und wem er wil:
Und ich ſolt Gottverdenken/
ihm ſetzen Maß und Ziel?
|| [160]
5.
Laß mich/ am Bruder/ lieben
die Gaben/ ſie ſind dein;
mich freuen/ nicht betruͤben;
mit ihm dir dankbar ſeyn.
Was? ſolt ich ſcheel ausſehen/
da du ſo guͤtig biſt?
Der Geber hoͤrt ſich ſchmaͤhen/
wann mich die Gab verdrieſt.
6.
Du wirſt/ wann mir es nuͤtze
und ſeelig dort und hier/
mehr Ehre/ Gluͤck und Witze/
mehr Gaben ſchenken mir.
Mit Murꝛen/ und mit Neiden/
poch ich dir nichtes ab:
ich mach mir ſelbſt nur Leiden/
und doch nichts mehrers hab.
7.
Seh ich die Boͤſen gruͤnen:
Ihr Himmelreich iſt hier.
Die Hoͤlle ſchnappt nach ihnen/
ſie buͤſſen dort dafuͤr.
Ich/ mag auf Erden haben
mein’ Hoͤll’/ und leiden Leid:
Der Himmel wird mich laben
mit ſuͤſſer Ewigkeit.
|| [ID00229]
|| [ID00230]
Kaͤiſer Sigismundi Ge=
ſchicht=Rede: Als Er ſeinen
Diener/ eine von den Buͤchſen
erwaͤhlen/ hieſſe.
WIr denken noch/ ???a/ Diener/ deiner Worte/
als auf der Reis/ an einem Waſſer dorte/
ſtallt’ Unſer Roß; du ſagteſt unbedacht:
Gleich wie ſein Herꝛ/ alſo diß Pferd es macht:
Es laͤſſet Waſſer in das Waſſer flieſſen/
das es wol koͤnd auf truckne Erde gieſſen:
Der Kaͤiſer auch gibt dem/ der ſchon gnug hat;
Mir/ dem es noht/ erzeigt Er keine Gnad.
So ſagteſt du! Die Red Uns machte lachen.
Wir hoffen dich ein anders weiß zu machen.
Wir goͤnnen dir/ wie andern/ unſre Huld:
Daß dir nichts wird/ iſt deines Gluͤckes Schuld.
I. Du ſiheſt hier zwo Büchſen vor dir ſtehen/
von gleicher Groͤß. In einer wirſt du ſehen
pur lauter Gold/ und in der andren Bley.
II. Nimm/ die du wilſt: dir ſteht das Waͤhlen frey.
|| [162]
Was hebeſt du die eine nach der andern/
Und laͤſſeſt bey de durch die Haͤnde wandern?
Das Urteihl ſoll nun ſprechen deine Wahl/
ob treue Dienſt ein Kaͤiſer auch bezahl.
III. Du haſt gewaͤhlt. Nun oͤffnet ihm die ſeine!
Was hat er? Bley? Iſt nun die Schuld nit deine/
und deines Gluͤcks? Wir goͤnnten dir das Gold:
das Unglück nur es dir nit goͤnnen wolt.
Du hattſt das Gluͤck/ wie die Lateiner ſagen/
nit in der Hand. Du magſt dich ſelbſt anklagen.
Voͤnnoͤten waͤr/ daß du itzt deine Hand/
wie Mutius/ auch ſtraffteſt mit dem Brand.
Sie griff nach Bley/ ſie hat deß Golds gefehlet:
ſie hat/ vor Gluͤck/ das Unglück dir erwaͤhlet.
Bekenn/ du biſt ſelbſt deines Ungluͤcks Schmid:
Denk uͤber Uns zu klagen ferner nit.
Dich hat gemünzt zum Heller dein Geſchicke:
du bleibeſt wol ſo arm an reichem Glücke:
kein Tahler wirſt du werden nimmer mehr
ob Croͤſus auch dein Herꝛ/ du Irus! waͤr.
So ſchick dich nun/ gedültig das zu letden/
was dir Geſtirn/ Geſchick und Gluͤck beſcheiden.
Wer ſtaͤts verlangt/ was ihm doch iſt verſagt/
gewinnet nichts/ und ſich nur ſelber plagt.
Wer das/ was er ihm wuͤnſchet/ nicht kan haben/
der nehm vor gut mit unverſagten Gaben.
Ein weiſer Mann tuht gerne/ was er muß:
die Ungedult macht bittrer den Verdruß.
So magſt du nun dein Bley zu Hauſe tragen/
von deinem Glück und Unſrer Milde ſagen.
Trag auch mit dir/ was du von Uns gehoͤrt/
und ſag: diß hat ein Kaͤiſer mich gelehrt.
|| [163]
Das
Siebende Capitel/
haͤlt in ſich
Exempel aus weltlichen Hi=
ſtorien gezogen.
WAr artlich hat ſolches einem ſei=
ner Hofdiener zu verſtehen gege=
ben Glorwuͤrdigen Andenkens
Kaͤiſer Sigismundus. Als dieſer
einsmals durch ein Waſſer ritte/ einer aber
der aͤlteſten Hofbedienten/ nahe bey Seiner
Majeſtaͤt reitend/ warnahm/ daß ſein Pferd
ſtallte/ ſprach er: Das Pferd macht es
wie ſein Herꝛ! Als nun Hochgedachte
Seine Majeſtaͤt ſolche Rede hoͤrte und
nachfragte: wa???um er ſolches ſage? er aber
antwortete: Wie Seiner Majeſtaͤt
Pferd ſtallte im Waſſer/ wo vorhin
Waſſers genug iſt: So mache Sie
es auch; denen vorhin reicheſten vom
Adel tuhe Sie eine Gnad uͤber die
ander/ dieſer unbetracht/ die es weit
[164]
noͤhtiger brauchten! Und aber Ihre
Majeſtaͤt wol merkten/ daß Ihr waͤre zu
verſtehen gegeben/ wie Sie/ ihren alten
treuen Diener/ bißher/ nicht ſonderlich be=
gnadet/ antwortet Sie: Am Willen haͤt=
te es Ihr nie ermanglet: er muͤſſe
aber wiſſen/ daß es oft ſo geſchehe/ daß
groſſer Herꝛn Gnad nicht jederman
von GOtt beſcheret ſey/ wann auch
gleich ſie ſonſt gerne wolten! In der
Taht ſolt ers zu erfahren haben. Lieſſe dem=
nach bald darauf zwey Buͤchſen machen/ al=
lerdings an der Groͤſſe/ Schwere/ Farb/
Geſtalt/ eines/ eine hieß er mit Gold/ die an=
dere mit Bley fuͤllen; gab dabey vorbeſag=
tem ſeinem Diener die Wahl/ zu erkieſen/
welche ihm beliebte. Dieſer waͤgt ſie hin und
wider/ ſchauet bald dieſe bald jene: nach
langem heben und legen nimt er die voller
Bley. Worauf Seine Majeſtaͤt kluͤglich
antwortete: Agnoſcis, mihi non volunta-
tem: ſed tibi fortunam defuiſſe, Nun=
mehr ſehe er/ daß Selber nicht am
Willen; ihm aber es an Gluͤck er [165] mangelt
haͤtte. Wol ſetzt der Hiſtoricus
darunter: 40 Sapienter monitum eſſe:
Bona non ſolâ vel dexteritate judicii vel
diligentiâ humanâ acquiri: ſed, & diſtri-
bui atque conferri divinitus, & ad ea con-
ſequenda & percipienda homines flecti
etiam, duciq́ue divinitus, & à Deo tan-
quam autore præcipuo peti atque expe-
ctari debere. Das iſt: weißlich waͤre
erinnert/ daß jrꝛdiſche und zeitliche
Guͤter nicht bloß und allein durch ei=
nen guten Verſtand oder menſchli=
chen Fleiß zuwegen gebracht: ſon=
dern von GOtt zuerteihlt und gege=
ben werden. Item/ wer ſolche erhal=
ten ſolle/ werde von ihm ſelbſt darzu
geneigt und gefuͤhrt/ von dem dann/
als von dem fuͤrnehmſten Urſprung
oder Haubtquell/ ſelbe zu bitten und
zu erwarten ſtuͤnden.Glorwuͤrdigſten Angedenkens Kaͤiſer
Maximilianus I. hat es gleicher maſſen gar
[166]
artlich zu verſtehen gegeben. Da ermerkte/
daß ihm viel groſſer Herꝛn ſein Kaͤiſertum
nicht vergunnten/ und gern andere darzu
erhaben haͤtten; einer auch in geheim/ an
das Kaͤiſerliche Zimmer/ dieſe Stichrede
ſchrieb: 41 Da Adam hakt’ und Eva ſpann/
Wo war damals ein Edelmann?Schrieb Seine Majeſtaͤt Selbſt mit eigner Hand dieſe darunter:
Ich bin ein Mann wie ein andrer Man ̅ /
Ohn daß mir Gott die Ehre gann.Klaͤrlich zeigende/ daß ein Kaͤiſertum/ nicht durch das bloſſe Gluͤck und Menſchliche Conſilien zuwegen gebracht werde: ſon= dern Gottes deß Herꝛn Werk ſey dem be= ſchert/ dem es ſeine Gnadenguͤte verſehen haͤtte.Zu verwundern iſt es/ daß ſolches zum guten teihl auch die Heyden geſpuͤret. Die/ ob ſie ſchon nicht ſo begreiffen kunten/ wie und was urſach/ ſolcher oder ſolcher/ wider unſere Sinne und Vernunft zutragenden/ Faͤlle ſeyn moͤge; ſo haben ſie doch nichts [167] anders ſagen koͤnnen/ wann ſie das Gluͤck genennet/ als eine Huͤlf/ die von etwas groͤſ= ſers/ als von ſterblichen bloſſen Menſchen herꝛuͤhren koͤnne; und ob ſie ſchon daran gefehlet/ daß ſie vermeynet: Die Kaͤiſer= tume/ Koͤnigreiche/ Regimenter/ wuͤrden den Menſchen/ aus ſonderbarer Gunſt ge= wiſſer Goͤtter/ die daruͤber zu walten und zu ſchalten haͤtten: (dann von Goͤttern weiß das Chriſtentum nichts) ſo iſt doch das viel/ daß ſie es gleichwol fuͤr etwas Goͤttlich=beſchertes/ beſtaͤndiglich gehalten haben. Denkwuͤrdig iſt die Rede Kaͤiſers Titi. Da er vernehmen mußte/ daß zween Roͤmiſche Patritii nach ſeinem Kaͤiſertum geſtanden/ und deſſen zu überweiſen waͤren/ um weß willen ſie/ den Rechten nach/ Leib und Leben verfallen haͤtten/ wolte er doch ſich ſolcher Schaͤrfe nicht gebrauchen; viel lieber ihnen und andern/ mit hoͤchſtem Glimpf/ weiſen/ wie unrecht ſie urteihlten/ und an wem ſie ſich verſuͤndigten: Der Roͤmiſche Hiſtoricus 42 ſpricht: Nihil amplius quàm ut deſiſterent monuit, di [168] cens: Principatum fato dari. Si quid præ- terea deſiderarent, promittens ſe tribu- turum. Das iſt: So groſſe Gnad haͤt= te er ihnen erwieſen/ daß er ſie nur vermahnet/ ſolche Gedanken fahren zu laſſen/ in Erwaͤgung: das Kaͤiſer= tum und Koͤnigreiche nit dem wer= den/ der ſich darum reiſſe: ſondern dem/ dem es durch das Gluͤck oder Goͤttliche Ordnung beſcheret ſey. Was ſie ſonſten an ihn begehren wuͤrden ſolt ihnen willfahrt werden!M. Aurelius Antoninus ſchrieb/ in Be= trachtung ſolcher ſonderbaren Vorſehung deß Goͤttlichen Weſens uͤber Kaͤiſertum und Koͤnigreiche/ ſeinem Bruder Lucio Vero ſeine Meynung gar ſchoͤn und wahr= hafftig. Er vernahm/ daß dieſer allerdings darauf umgieng und ſchon den vollen Schluß gefaßt haͤtte/ Avidium Caſſium aus dem Weg zu raͤumen; weil er beſorgte/ das Regiment wuͤrde auf ihn falle ̅ . Schrieb ihm demnach ſolche Wort dagegen: Si ei divinitus debetur imperium, non poteri [169] mus interficere, 43 etiamſi velimus. Scis enim Proavi tui Adriani dictum: Succeſſorem ſuum nullus occidit, das iſt: Wann ihm das Reich von GOtt beſtim ̅ t iſt/ werden wir ihn nicht um= bringen koͤnnen/ wie gern wir auch wolten. Dann du weiſſeſt/ was dein Großvatter Adrianus pflegte zu ſagen: Seinen Nachfolger/ (oder den/ der nach einem kommen ſoll) koͤnne doch keiner toͤdten! Dergleichen vor ihm ſchon der beſcheidene Seneca, zu ſeinem un= dankbare ̅ diſcipul, Kaͤiſer Neronem, ſprach/ da er ſo Tyranniſch wurde gegen alle/ die er meynte/ daß nach ihm regieren wuͤrden: 44 Licet quàm plurimos occidas, ſprach er/ non potes tamen ſucceſſorem tuum occidere, das iſt: Und wann du noch ſo viel niderwürgſt/ ſo kanſtu doch den/ der dir ſuccedirn wird/ nit hin= richten.
|| [170]
An Otho und Galba hat es ein ande=
rer Roͤmiſcher Hiſtoricus ſonderlich auch
gemerkt und beſchrieben. Galba meynte in
ſeinem Sinn: Er habe das Kaͤiſertum
ſchon; maſſen er dan
̅
die meinſten bereit auf
ſeine Seiten gebracht hatte. Wenig hiel=
ten es mit Othone, daß es/ menſchlichem
Anſehen und Rahtſchlaͤgen nach/ nimmer=
mehr auf ihn kommen wuͤrde. Galba war
in Opfern und Beten/ noch immer in voller
Hoffnung: Kron und Zepter wuͤrden ihm
werden! Inzwiſchen koͤmt das Geſchrey:
Otho ſey erwaͤhlet! Wie da? ſolt eines den=
ken: Es antwortet der heydniſche Hiſtori-
cus tieffſinnig: 45 Galba fatigabat alieni
jam imperii, nempe Othoniani, Deos.
Der Innhalt iſt: Er wolte noch ferner die
Goͤtter anſprechen/ die das Regiment ſchon
einem andern gewidmet hatten/ andeutend:
Anderſt waͤre es nicht: Regimenter und
Herꝛſchaften kaͤmen nicht/ wie wir Men=
ſchen wolten: ſondern wie das wolte/ was
hoͤher iſt als Menſchen ſind; das ſie zwar/
Deos, Goͤtter/ nenneten/ von denen
[171]
nachmals die Freund Othonis, als ſie mit
dem Vitellio ſchlagen ſolten/ in groſſer con-
fidentz ſagten: 46 Das Gluͦck und
die Goͤtter/ und ſeine Vorſehung
waͤre bey ſeinen Anſchlaͤgen und foͤr=
dere ſein Vorhaben! Ein weiſer und
fürtreſticher Politicus 47 ſetzt unter an=
dern das dazu: Dii imperii, Dii Princi-
pum, Numen Othonis, Fortuna regia,
tituli ſunt, per ſuperſtitionem enunciati,
ſed quæ ex veritate originem traxit; & ex
qua de veritate convinci poſſunt, qui ve-
ritatem in fabulas corruperunt. Deus
eſt, qui regna & dominationes modera-
tur: bonos malosq́ue Principes, pacem
Reip. & perturbationem, arbitrio ſuo
complectitur. Das iſt: Der Aberglaub
hat die Titul: die Goͤtter deß Reichs/
der Fuͤrſten/ das Numen Kaͤiſers
Otho/ das Koͤnigliche Gluͤck/ erfun=
den/ welcher Aberglaub gleichwol
[172]
nit ohne allen Grund der Wahrheit
entſproſſen; alſo/ daß eben ſolche/ die
jenige der Warheit uͤberzeugen koͤn
̅
e/
die die Wahrheit in Lügen verwan=
delt haben. Gott aber iſt es/ der Koͤ=
nigreich und Herꝛſchaften fuͤhret und
verwaltet und ſchaltet.Nicht minder findet ſich ſolches in der
Autoritaͤt und Anſehen/ daß/ wann man
manchen nur ins Geſicht bringet/ gleich ei=
ne Furcht/ einen reſpect gegen ihm tragen
muß/ ſo gar/ daß/ wann man oft gedacht:
So man deſſen oder deſſen anſichtig wuͤr=
de/ man wolte ſo oder ſo mit ihm umgehen.
Doch/ da es geſchehen/ aufs freundlichſte
ſich hat erzeigen müſſen/ vorab an groſſen
Herꝛn. Das kan ja warlich kein blindes
plumpes Ding machen/ als welches keine
Gewalt und Macht in die Hertzen hat.
Was es dann ſey/ iſt an einem ſonderlichen
Exempel wehrt zu hoͤren. 48 Emericus,
Koͤnig in Ungarn/ kunte fuͤr ſeinem Bru=
der Andrea, der gern Koͤnig geweſen waͤre/
nicht Ruh haben; ſo gar/ daß er ihn mit
[173]
Krieg uͤberzoge. Da nun beyde Armeen
gegen einander im Feld ſtunden/ nnd nur
den Vorteihl im Angriff ſuchten/ legt Eme-
ricus die Waffen ab/ laͤßt alle Leib=quardi
von ſich/ nimt Kron und Zepter in die
Hand/ und gehet alſo allein auf deß Bru=
ders Schlacht=Ordnung zu/ mit ſolchen
Worten: Wolan ihr Soldaten! wer
wird dann endlich der ſeyn/ der ſeine
Hand in dem geheiligten Koͤnigli=
chen Blut waſchen wird? Wer wird
der ſeyn/ der den beleidigen wird/ der
durch gleiche Vorſehung/ wie der
H. Stephanus (als der der erſte Koͤ=
nig in Ungarn war) ins Regiment ge=
ſetzt worden? Und/ weil alle Obrigkeit
von GOtt iſt/ wo iſt der dann end=
lich/ der die Koͤnigliche Maieſtaͤt ge=
walttaͤhtig antaſte
̅
will; weil auch die
Koͤnige/ in Anſehung ihrer Wuͤrde/
ſie wollen oder wollen nicht/ ſich fuͤr
ſich ſelbſt ſcheuen und fuͤrchten muͤſ=
ſen? Ich bin der Emericus nit: Ich
bin kein privat Perſon: ſondern deß
[174]
H. Stephani Vicarius, Urenkel/
und Erb/ der alſo nicht ſo wol durch
eure Stim
̅
en und das erbliche Recht:
als von dem H. Stephano, und dem
Gott/ der über diß Koͤnigreich herꝛ=
ſchet/ zum Koͤnig in Ungarn worden.
Ihr elende Gemuͦter! wider wen
greifft ihr dann zu den Waffen?
Wider mich/ oder wider eures Erz=
Koͤnigs Succeſſorn/ und den ihr euch
ſelbſt durch und durch einhaͤllig er=
waͤhlet habt? Ergreifft ihrs wider
mich als einen Menſchen: ſoſeyt ihr
Moͤrder und Todſchlaͤger! wolt ihr
aber uͤber euren Koͤnig und Stepha=
ni Nachfolger/ ſo ſeyt ihr gewiſſen=
loſe Vatter=Moͤrder/ allen Straffen
und Plagen unterworfen! Ihr doͤrft
nit waͤhnen/ daß ihr mit einem Men=
ſchen zu tuhn habt; mit dem aber habt
ihr zu tuhn/ der neben dem was men=
ſchlich iſt/ auch eine Goͤttliche Wuͤr=
de an ſich traͤgt! In dem Schuz deß
[175]
Allwaltenden GOttes leben und
ſchweben die Koͤnige/ derer Verle=
zung eines ganzen Volks Blut nicht
genug iſt bey Gott auszuſoͤhnen! Mit
der Reſolution trette ich keck in eure
Wehr und Waffen; weil mich die
Kron/ von GOtt gegeben/ und der
Zepter/ den ich hier trag/ unter eurem
Wüten und Toben ſicher genug ma=
chet! Sehet zu wen ihr beleidigen
werdet/ und beſinnt euch: ob ihr das
Rachblut Eures Koͤnigs auf euch
und eure Kinder legen wollet/ ꝛc. Wan
̅
mans bloß anſihet/ ſo ſind es ledige Wort/
und ein todter Tohn; aber der Gott/ der den
geſalbet hat/ laͤſſet ſie zu lauter Pfeilen und
Donnerſchlaͤgen werden/ die/ wie Wetter=
keul in die Herzen fahren/ daß bey allen/ al=
ler Muht und Kraft entfaͤhret/ und alle
Furi/ wie Wachs/ zerſchmeltzet.Hierbey erinnere ich mich/ was weiland
Victorinus Strigelius, 49 da er deß Sauls
[176]
Kroͤnung betrachtet/ vernuͤnftig geſchrie=
ben. Er ſpricht: Autoritas non compa-
ratur noſtrâ induſtriâ: ſed eſt eximium
& ſingulare Dei donum, quod non o-
mnibus gubernatoribus contingit. Das
iſt: Unſer Fleiß allein kan uns kein
Anſehen machen. Selbes aber iſt eine
vortrefliche und ſonderliche Gabe
Gottes/ die nicht allen Regenten zu=
komt. Zum beweiß fuͤhrt er Alexandrum
Magnum. Wo ſolte ſeine Jugend dazu
kommen ſeyn/ daß alte graue Haͤupter/ ge=
ge??? ihm lauter Generalsperſonen/ ſich fuͤr
ihm ſcheuen/ von ihm commandirn laſſen
ſolten/ wann nicht GOtt ſelbſten/ einen
Strahlen ſeiner Majeſtaͤt/ aus ſeinen Au=
gen haͤtten flammen laſſen/ das/ wie es uns
Chriſten deſto gruͤndlicher Daniel weiſet
der Prophet/ ſeiner Weiſſagung im VIII.
1. 20. Alſo hat die Wahrheit auch den
Heyden Curtium unwiſſend bezwungen/
daß er ſchreibt: 50 Nihil niſi Divinâ ope
[177]
aggredi videbatur, das iſt: was er an=
griffe/ wieſe/ daß Gottes Huͤlfdabey
war. So darf man nun nicht fragen: Wie
koͤm
̅
t es/ daß der General ſo gluͤckſeelig iſt/
ſo beliebt bey der Armee/ ſo angeſehen bey den
Feinden/ der ander nicht; Da doch der/ al=
ler Zeugniß nach/ viel fuͤrſichtiger gehet/ viel
mutiger/ viel freundlicher iſt gegen die Sol=
daten/ viel liberaler/ und hat doch weder den
reſpect bey Freunden und Feinden/ noch
das Gluͤck zu ſchlagen/ oder zu ſtuͤrmen/ we=
der den March oder contramarch ohne
Schaden zu nehmen? Auf das alles ant=
worten die Heyden: Es geſchehe divinâ
ope, oder aus einer Goͤttlichen Vor=
ſehung/ nicht allein wie Demoſthenes
waͤhnte/ warum es Alexandro ſo nach
Wunſch ergangen/ muͤſſe man gedenken:
Eum agendo & laborando, & audendo:
non deſidendo, fuiſſe fortunatum, das iſt:
Sein Gluͤck hab er durch ſeine Ar=
beit/ und Kuͤnheit: nit mit faulenzen
und trocken zuwegen gebracht.Der vielbeleſene Gregorius Richter/
ſetzt unter obgedachtes Axioma Strigelii,
[178]
unter andern ein ſonderlich Exempel/ 51
aus den Lectionibus Chronologicis
Peuceri, von Hertzog Johann Friderich/
und Landgraven in Haͤſſen. An dem
Landgraven/ ſpricht er/ waren groſ=
ſe ſonderliche Kriegstugenden/ weß=
wegen er bey allen andern ſtattlichen
Kriegs=Officirn groſſes Anſehen ge=
wann: Doch hatte Hertzog Johann
Friderich bey weitem eine groͤſſere
Gewogenheit bey allen Menſchen.
Warum doch ſolt’ eines wol begehren zu
wiſſen. Er ſetzt unter andern die teutſche
Wort darzu: Wann unſer Herꝛ Gott
einen will groß machen/ ſo gibt er ihm
auch/ daß ein Will in den Leuten iſt.
Nach dieſen ſetzt er folgendes: Par virtus
in diſſimilibus, non conciliat paria ſtudia
hominis, das iſt: Ob gleich ihrer Zwey/
der Tugend nach/ einander gleich
ſind: ſo geſchiht es doch/ daß einer
[179]
damit viel angenehmer und anſehn=
licher iſt als der ander.Recht bedenklich faͤllt auch das/ daß
manche Statt und Land/ manche Ver=
waltung und Amt/ manche Handtierung
und Gewerb/ ſo lang der oder der Raht oder
Verwalter/ oder Amtmann lebet/ alles fried=
lich/ ſchiedlich/ alles geſegnet und reichlich
zunim
̅
t. Wann ein anderer kom
̅
t/ iſt weder
Glück noch Segen mehr; die Conſilia
ſchlagen um: die Arbeit/ hat keinen Fort=
gang: es iſt kein Verſchluß der Wahren
mehr: es geraͤht nicht wie zuvor; in Sum=
ma: Statt und Land/ Verwaltung und
Amt/ Handtierung und Gewerb iſt durch
jenen alles von ſtatten gangen; jetzt wen=
det man mehr Unkoſten darauf/ man
wacht fleiſſiger/ man tuht eben das und noch
fuͤrſichtiger/ was man zuvor getahn/ nnd
will doch nimmer wie zuvor. Solt eines
nicht denken: dem vorigen ſey es alſo ge=
lungen/ man wiſſe nicht wie/ und warum.
Wer aber die Schrifft anſihet/ und gedenkt
an Joſeph/ deſſen/ ſein Herꝛ/ der Potiphar
reichlich genoß; oder an David/ mit dem
[180]
Saul lauter Gluͤck wider ſeine Feind hatte:
wird ſich bald die Antwort geben koͤnnen.
Obgedachter Fuͤrnehme und gelehrte Poli-
ticus aber ſchreibt von dergleichen Faͤllen
weißlich und wol: 52 More Chriſtia-
no, ſpricht er/ ita loqui poſſumus, ut di-
camus: Deum in uſum decusq́ue Regum
& Regnorum certos homines, peculiari-
bus dotibus ingenii animiq́ue inſtruere,
eorumq́ue, quas ſub auſpicio imperio-
que dominorum obeunt, actiones pro-
ſperare, & quodammodo per illos gloriæ
Regum & ſaluti Regnorum conſulere
atque providere. Das iſt: Gott pflege
zu Nutz und zu Zierd Koͤnigen und
Herꝛn (eben das laͤſt ſich auf geringere
Staͤnde applicirn) gewiſſe Perſonen
mit ſonderbaren Gaben deß Gemuͤ=
tes auszuruͦſten/ und deßwegen alle
ihre actiones, die ſie in ihrer Herꝛ=
ſchafft Namen verbringen/ zu ſegnen
und zu benedeyen/ alſo zum Teihl
[181]
durch ſie/ ihrer Herꝛn Principaln
Ehr/ und deß Regiments (oder Nah=
rung oder Gewerbs) Nutzen foͤrdern.
Nach etlichen ſchlieſſet er garvernuͤnftig:
Eſt hæc diſpoſitio Dei, inter eas, quas
piè potius obſervare, quàm curiosè debe-
mus ſcrutari; non dubitaverim tamen
præter alia divinæ deſtinationis conſilia,
etiam modeſtiam ita regibus commen-
dari, ſi intelligant, ſe ſummi quidem in
terris faſtigii auſpicium à Deo accepiſſe,
ſed miniſtrorum tamen ope diſpenſan-
dum, quibus nemo principum carere un-
quam potuit. Das iſt: Das iſt eine
Schickung Gottes/ die vielmehr mit
Gottesfurcht in acht zu nehmen iſt/
als derer wir fuͤrwizig nachgruͤblen
ſollen; Doch wolte ich nicht zweifeln/
unter andern Urſachen/ die der weiſe
Gott hat/ ſey es darum geſchehen/
daß auch Kaͤiſer/ Koͤnige (Herꝛn/
Frauen/ in was fuͤr Stand es wolle) ler=
nen ſich beſcheidenlicher zu halten/ ſo
ſie finden: Gott habe ſie zwar in den
[182]
Kaͤiſer=Koͤniglichen (Herꝛn=Frauen)
Stand gefuͤhrt/ den ſie aber doch vor
ſich allein nit fortfuͤhren koͤnten: ſon=
dern andere wider zu Gehuͤlfen neh=
men muͤſſen/ derer ſie keines Wegs
entbehren koͤnnen.An zweyen Bruͤdern Ladislao und
Matthia Corvino iſt auch ein ſonderbar
Exempel/ das wol ein Gluͤck heiſſen mag.
Jener/ Ladislaus/ muß den Kopf laſſen:
Matthias wird vom Koͤnig/ auch Ladislaus
Namens/ in verhafft genommen/ und einen
weiten Weg geſchleppt/ nichts anders er=
wartend/ als dergleichen Urteihl. Was ge=
ſchiht? Bodibratſch hieß damals der Fuͤr=
nemſten Ungariſchen Herꝛn einer: der/ da
der Koͤnig gaͤhling zu Prag verſchied/ mit
allen deß Reichs zugetahnen Herꝛn/ Mat-
thiam alsbald aus den Banden erledigt/
und zum Koͤnig erwaͤhlt. Allmaͤchtiger
Gott! in einem Augenblick ein Knecht und
ein Herꝛ ſeyn/ iſt ja unausdenklich/ wann
nicht das Gluͤck ſo gewolt haͤtte! Was aber
und wer das Gluͤck ſey/ hat der Hiſtoricus
wol erinnert: Ex carcere ad regnum
[183]
Matthias eductus eſt, non per ſeditionem
& civilem cruorem, ſed ſingulari conſilio
Dei. 53 Das iſt: Matthias iſt aus ei=
nem Gefangenen/ Koͤnig worden/
nicht durch Aufruhr und vieler ein=
heimiſchen niderꝛichten und Blut=
vergieſſung: ſondern durch ſonder=
bare Schickung GOttes. Die ganze
Hiſtory/ erzaͤhlt Camerarius 54 in ſeinen
Horis ſubciſivis weitlaͤuffig/ die wir dem
verſtaͤndigen Leſer anheim ſtellen vor ſich zu
leſen.In dem Perſianiſchen Roſentahl/ vor
400. Jahren/ von einem ſinnreichen Poe=
ten Schich Saadi/ in perſiſcher Sprach/
beſchrieben/ und von dem vielerfahrnen
Oleario, in Hochteutſchem erſt neulich
heraus gegeben/ finden ſich etliche hieher
maͤchtig bequeme/ Hiſtorien. Das ganze
XLI. Capitel ſeines Erſten Buchs gehoͤrt
darzu/ daß wir ſehen ſollen: Reichtum und
Gewalt ſtehe nicht lediglich in deß Men [184] ſchen
Willen. So heiſt es: Haron Re=
ſchied/ als er das Koͤnigreich Aegypten ein=
genommen hatte/ ſagte: Er wolte wegen
Ubermuͤtigkeit und groſſer Hoffart der Ae=
gyptiſchen Koͤnige/ die in gemein ſich als
Goͤtter wolten ehren laſſen/ das Reich eine
̅
von ſeinen geringeſten Sclaven beſcheiden/
daß er nach ſeinem Tod das Regiment fuͤh=
ren ſolte. Nun hatte er einen Mohren mit
Namen Choſſib/ den er zu ſolcher Hoheit
wuͤrdig achtete. Man ſaget aber/ daß die=
ſer an Witz und Verſtande ſo einfaͤltig und
ſchlecht geweſen/ daß er auch einsmals/ als
die Ackersleute ſich beklaget/ daß der Nilus
im uͤberlauffen ihnen groſſen Schaden ge=
tahn/ in dem er den Baumwollen=Saa=
men teihls verſchlemmet/ teihls weggefüh=
ret/ ſoll geantwortet haben: Mann haͤtte
die Wollen ſollen ſaͤen/ ſo waͤre ſie nit
verdorben. Als dieſes ein beherzter Mann/
ſo dabey ſtund/ hoͤrete/ ſprach er: Wann
Herꝛlichkeit und Reichtum nur durch
Weißheit den Leuten zukaͤme/ wuͤr=
den die einfaͤltigen und dummen Leute
groſſen Mangel leiden. Aber GOtt
[185]
gibt einem Unwiſſenden und Tohren ſo viel
Reichtum/ daß ſich wol hundert Weiſen
mit Beſtuͤrzung darüber verwundern.Es wird Gluͤck/ Reichtum/ Macht durch Weiß= heit nit erlanget.
Dan ̅ alles nur an dem/ der droben ſizet/ hanget.
Es iſt auch in der Welt nunmehr faſt aufge= bracht/
daß man die Narꝛen ehrt/ ein Weiſer wird ver= acht.Daß auch Kunſt nnd Geſchicklichkeit nicht überal tauge/ weiſet erſtgedachter Autor abermal mit einem ſonderbaren Exempel in ſeinem dritten Buch und XXVII. Hiſtory. Ich erinnere mich/ ſchreibt er/ fol= gender Hiſtory: Es hatte einmal ein Koͤ= nig in Perſien/ ſo in Schiras wohnete/ groſſe Beliebung zum Bogenſchieſſen; Er gieng mit etlichen ſeiner fuͤrnehmſten Hof= leute fuͤr die Statt ſpazieren/ und ließ ſeinen Fingerꝛing/ in welchem ein ſehr koͤſtlicher Stein/ auf eine Kugel ſezen und mit Pfei= len darnach ſchieſſen/ mit dieſem Verheiſ= ſen/ daß/ wer dardurch ſchieſſen wuͤr= de/ ſolte den Ring zum Gewinſt be= kommen. Es waren damals zugegen bey [186] 400. Bogenſchuͤzen/ deß Koͤnigs Diener/ welche alle in dieſer Kunſt beruͤhmt; die verſuchten ihr Heil ſolches Kleinod zu ge= winnen/ aber alle umſonſt; dann niemand unter ihnen/ hatte das Gluͤck/ daß er den Ring beruͤhren kunte. Ohngefaͤhr ſtehet ein Knabe auf dem Dache/ eines/ am ſelbi= gen Orte gelegenen/ Wirtshauſes/ welcher zuvor zwar niemals nach dem Ziel zu ſchieſ= ſen ſich geuͤbet; jezo Luſts halber in die freye Lufft/ jedoch nach dem Zielwerz ſchieſt. Das Gluͤck treibet ihm durch einen guten Wind/ den Pfeil durch den Ring. Dem Knaben wurde nach deß Koͤniges Ausſpruch/ dieſer Ring zuerkan ̅ t/ welchen er auch neben koͤſt= lichen Kleidern und andern herꝛlichen Ge= ſchenken empfieng. Der Knab nimt da= rauf Bogen und Pfeil/ und wirſt ſie ins Feuer/ ſagende: Er wolte hinfort keinen Bogen mehr brauchen. Als er gefragt wurde/ warum er ſolches taͤhte: hat er geantwortet: Damit die erſte Ehr deß Ziel=treffens mir ſtaͤts bleibe. Da ſihet man/ daß oft eines weiſen Manns Raht nicht nach ſeiner Meynung hinausſchlaͤget/ [187] und nicht ſo wol ſeinen Fuͤrſatz/ als eines unwiſſenden Kindes ohngefaͤhr=fliehender Pfeil das Ziel erꝛeiche.Was man ſonſt ſcherzweis ſagt/ aus den Teutſchen Sprichwoͤrtern/ 55 mag ſich nicht uͤbel daher ſetzen laſſen. Man ſpricht aber: Die Fuͤrſten/ Herꝛn und Edelleut/ haben ihre Ankunft daher. Da Adam reutet/ und Eva ſpann/ gewann Eva viel Kinder. Auf eine Zeit wolt unſer Herꝛ Gott zu Eva gehen und beſehen/ wie ſie haushielte. Nun haͤtte ſie eben all ihre Kinder auf einmal bey einander/ wuſch ſie und ſchmucket ſie. Da aber Eva unſern HErꝛn Gott ſahe kommen/ ſchaͤmet ſie ſich/ daß ſie ſo viel Kin= der haͤtte/ verſteckte etliche ins Stroh/ etliche ins Haͤu/ etliche ins Ofenloch/ die aller= huͤpſcheſten behielt ſie bey ſich. Unſer Herꝛ GOtt ſahe die gebuzten Kindlein an/ und ſprach zu einem: Du ſolt ein Koͤnig ſeyn! Zum andern: Du ſolt Fuͤrſt ſeyn! Du ein Edelmann! Du ſolt ein Burgermeiſter/ Schuldheiß/ Vogt/ oder Amtmann ſeyn! Da [188] nun Eva ſihet/ daß ihre Kinder hiervornen ſo reichlich begabet waren/ ſprach ſie: Herꝛ ich hab noch mehr Kinder/ ich will ſie auch herbringen. Da ſie nun kamen/ waren ſie ungebuzt/ ſchwarz und ungeſtalt/ die Haar hiengen ihnen voll Stroh und Haͤu. Da ſahe ſie unſer Herꝛ Gott an und ſprach zu ihnen: Ihr ſollet Bauren bleiben/ Kuͤh=und Saͤuhirten/ Acker= leut/ Handwerk treiben/ braͤuen/ ba= chen/ und den erſten Herꝛn dienen. Scherzweiß/ ſage ich/ iſt diß geredt/ aber das iſt dannoch wahr/ daß Gott Unterſcheid auf Erden haben will unter den Leuten. Gott ordnet und ſezet Obrigkeit/ darum iſt der Adel von Gott. Sum ̅ a Gott ſchaffet alle Staͤnde auf Erden.
|| [189]
Nach der Singweiſe:
Auf/ auf??? mein Hertz/ und du mein ganzer
Sinn/ ꝛc.
AUf Erden hier wohnt lauter Un= verſtand: ???(terland.
Der Himmel iſt der Weißheit Vat=
Dahin will ich mich jetzt im Geiſte ſchwingen/ ???(bringen.
Witz und Verſtand mit mir zurücke
2.
Zum Sionsberg heb ich die Augen auf/
und mit Gebet mir Raht und Huͤlfe kauff:
Dort/ quellen auf/ die rechten Muſen= brunnen/
aus welchen kom ̅ t Witz und Verſtand gerunnen.
3.
Laß deinen Geiſt/ O Gott/ mich feuren an/
der nur allein mich geiſtig machenkan.
|| [190]
Ohn dich iſt nichts mein Dichten und mein Wachen;
es kan ohn dich mein Machen wenig machen.
4=
Gib ihn mir zu/ als einen treuen Raht/
wann meine Wahl wankt zwiſchen Nutz und Schad:
daß mein Verſtand nit moͤg deß Guten fehlen;
und daß der Will das Baͤſte moͤg er= waͤhlen.
5.
Sag meinem Sinn/ wann er ſich ſelbſt vergißt/
was mir zu tuhn und was zulaſſen iſt:
daß ich nit blind und unvorſichtig lauffe/
und volles Sprungs in mein Verder= ben ſchnauffe.
6.
Oft will ich nicht/ was ich doch heiſſe gut;
und tuhe das/ warvor mich warnen thut
dein Geiſt in mir. Laß mich nur ihm zuhoͤren/
und der Begierd ihr Drachen=Neſt zerſtoͤren.
|| [191]
7.
Du legeſt mir oft Tod und Leben für:
diß ſchlag ich aus/ und jens erwaͤhl ich mir.
Vergib die Schuld; und laß mich Suͤn= de meiden:
Vor Gottesſurcht iſt mir viel Lohns beſcheiden.
8.
Gott/ laß mich Gold nit ſuchen mehr als dich;
Die Tugend/ nicht das Gold/ bereichre mich;
Mein’ Ehre ſey nur dieſes/ dich zu ehren:
Laß keine Luſt mich/ auſſer dir/ begehren.
9.
Ob mich auf Erd plagt Schmach/ und Noht/ und Leid:
Auf kurze Zeit folgt lange Ewigkeit.
Zwo freuden ſich und auch zwey Leiden zaͤhlen:
Man muß{ | diß | }Leid vor{ | jene | } |
jens | dieſe |
Freud erwaͤhlen.
|| [192]
10.
Hier Wohl/ dort Weh; hier Freud/ und dorten Leid;
Hier Seeligkeit/ dort lange bange Zeit;
hier reich/ dort arm; hier Himmel= reich/ dort Hoͤlle;
Hier Ehr/ dort Schmach: die Welt diß Urteihl faͤlle!
11.
Hier Weh/ dort Wohl; hier Leid/ und dorten Freud;
Hier Eitelkeit; nnd dorten Ewigkeit;
hier arm/ dort reich; dort Himmel= reich/ hier Hoͤlle;
hier Schmach/ dort Ehr: hierauf mein Ziel ich ſtelle.
12.
Das baͤſte Teihl/ O Gott/ erwaͤhl ich mir/
das mein ſoll ſeyn und bleiben fuͤr und fuͤr:
Die Welt (ſie mag ihr Teihl auf Erd verwalten)
das boͤſe Teihl dort ewig muß behalten.
|| [ID00263]
|| [ID00264]
Fiſtula diſpar adest. 2. Has tu compinge
cicutas
Ordine & arte: 3. dabunt multiſonæ
harmoniam.
Jüngſthin/ als ein groſſes Feſt Haͤuſer Leerte/ Gaſſen füllte/
ſo/ daß man an ſtatt deß Pflaſters/ nichts als Menſchen=Koͤpfe ſah/
und ich an der Leute=Maͤng meiner Augen Hun= ger ſtillte:
Ich will ſagen/ was Gedanken kamen mir zu Sinn allda.
Einer gieng/ der ander ritt’/ und der dritte kam gefahren.
Ich ſah Buͤrger/ ich ſah Bauren arm und rei= che; Herꝛn und Knecht.
Dieſer/ trug zwuͤlch auf dem Leib; jener Gold und Seiden=Waaren/
Eines kond ich gar nit ſehen/ Eines duͤnkte mich nit recht:
Einer ſtund/ ich merkte wohl/ daß er/ was man gibt uͤm Kleider/
daß er Tahler muͤſte haben/ weil er praͤchtig pralt’ herein:
Dort ein ander armer Tropf lumpte/ wie ein Bauren=Schneider:
Gleichwohl war/ an Witz und Tugend/ dieſer groß und jener Klein.
|| [194]
Sind nit (dacht ich) dieſe Leut all aus einem Kloß gedrehet?
werden ſie nit wieder werden in dem Grab einander gleich?
Gleichen Brüdern werden ſonſt gleiche Kappen abgenehet:
Warüm iſt dann der vor dieſem an ſo man= chem Gluͤcke reich?
In dem Denken/ fuͤhrte mich meine Andacht hin zum Tempel.
Alda hoͤrt ich eine Orgel ihren Pfeiffen geben Wind.
Stracks hieß mich ein guter Geiſt davon nehmen ein Exempel
jener weiſſen Gottes=Ordnung/ die ſich aller Orten findt.
I. Gleich wie hier aus Einem Er??? alle Pfeiffen ſind gegoſſen/
gleichwol eine vor der andern groͤſſer iſt und groͤber klingt;
II. Wie ſie/ in ungleicher Reih aneinander ſind geſtoſſen/
III. und daraus ein’ Orgel worden/ die ſo wunderlieblich klingt:
Alſo hat aus einem Zeug GOtt die Menſchen zwar erſchaffen;
Doch macht Er/ aus weiſem Willen/ einen groß/ den andern klein.
Tummer Klügling/ wolteſt du dieſe ſchoͤne Ord= nung ſtraffen?
Soll ein Regiment beſtehen/ müſſen Obern Untern ſeyn.
|| [195]
Widerdinge muͤſſen ſich naͤchſt einander ſehba??? machen.
Waͤr kein Tahl/ wo waͤren Berge? wann wir alle waͤren reich/
Wo blieb lieb und Mildigkeit? Schauet alle Welt Rund=Sachen:
Engel/ Sternen/ Thiere/ Baͤume/ ſind auch nicht erſchaffen gleich.
S???h dich ſelber an/ O Menſch: Haubt und Hand ſind nit gnug Glieder:
Nein! du muſt auch Füſſe haben/ die dich tra= gen hin und her.
Drüm ſo lege/ du Geſchoͤpf/ dich vor deinem Schoͤpfer nieder/
und hilf ſeine Ordnung zieren/ wie er will/ was Stands/ und Wer.
Das Achte Capitel.
Haͤlt in ſich die Urſachen/ wa=
rum Gott ſolch einen Unterſcheid
ſeiner Gaben halte unter
den Menſchen?
BEy allen ſolchen Faͤllen iſt naͤchſt
der Verwunderung die erſte Frag:
Wann ja das Gluͤck GOttes
Vorſehung iſt/ die einem jeden das wenig
oder viel zumiſſet/ und einen ſolchen Unter [196] ſcheid
haͤlt/ warum es dann unſer HErꝛ
Gott tuhe? warum er dem mehr als je=
nem: den Gottloſen/ oͤftermal reicher/ an=
ſehnlicher/ gewaltiger mache/ als den From=
men: daß der mehr Gunſt habe als jener/
und ſo fort.Zwar die Urſachen zu wiſſen begehren/
ſolt ſich kein Menſch unterſtehen/ eben in
Betrachtung daß er ein Menſch/ und der/
den er fragt/ kein Menſch: ſondern Gott
iſt; er/ das Geſchoͤpf: der/ von dem ers wiſ=
ſen will/ der Schoͤpfer: er/ der Knecht: den
er examinirn will/ der Herꝛ/ und ſein Herꝛ
iſt; Alſo lediglich in ſeines Gottes Willen
ruhen/ und bedenken/ wie jener Kriegs=
mann kluͤglich ſagte: 56 Militem tam
neſcire quædam, quàm ſcire oportere,
Ein Soldat muͤſſe wiſſen und nicht
wiſſen; wiſſen/ verſtehe/ zu parirn/ was
ſein Officir commandirt; nit wiſſen eben
allezeit/ warum er es commandire? Item:
57 Parendo potius, quàm imperia Du-
cum ſciſcitando, res militares contineri,
[197]
das Kriegsweſen beſtehe in gehor=
ſam: nicht in vielen diſputirn und
nachfrag: warum es der General
befehle? Zu lezt ſpricht er: Vobis arma
& animus ſunt, mihi conſilium & virtutis
veſtræ regimen relinquitur, das iſt:
Waffen und Muht gehoͤret euch:
mir aber Raht und Anordnung/ wo
euer Dapferkeit zu brauchen ſtehe.
Das erfordert nun das Kriegs=Recht! In
andern actionen der weltlichen Herꝛſchaft
iſt es gleich ſo/ und ſchickt ſich ſonderlich hie=
her/ was M. Terentius fuͤr dem Kaͤiſer
Tiberio ſagte. Da er verklagt wurde/ daß
er es mit dem Sejano gehalten/ der hoch am
Hof angeſehen war/ da viel andre ihm ſol=
ches aͤuſſerſt mißgoͤnnten. 58 Non eſt
noſtrum, ſagt er/ æſtimare, quem ſupra
cœteros & quibus de cauſis extollas. Tibi
ſummum rerum judicium Dii dedere;
mihi obſequii gloria relicta eſt. Abditos
principis ſenſus, & ſi quid occultius parat,
exquirere inlicitum, anceps, nec ideò aſſe-
quare. Das iſt: Uns gebuͤhrt nit viel
[198]
zu gruͤbeln/ wen/ und warum du ei=
nen über den andern erheben wilſt?
Dann die Goͤtter haben dir eine freye
Hand in allen Dingen gegeben; uns
aber die Ehr dir zu gehorſamen.
Seines Herꝛn Sinnen und Heim=
ligkeiten nachforſchen iſt unrecht und
mißlich/ und doch nicht zuerꝛahten
oder zu erꝛeichen.Iſt es dann nun zwiſchen Menſchen
recht/ und eine Schuldigkeit/ Seiner vor=
geſetzten Ordre und Befehl/ ohne wider=
bellen/ lediglich anzunehmen/ es gehe uns
ein oder nicht; wir wiſſen die Urſach oder
nicht; Wie vielmehr gehoͤrt der Gedank
Gottes Urteihl zu/ der uns/ gleichſam wie
in einem Kampf/ in die Welt ausgeteihlt
hat/ einen zum General/ einen zum Leuten=
amt/ einen zum Fußgaͤnger/ einen zum
Reuter/ einen zum Troſſen gemacht/ und
wo er nun hin commandirt/ entweder zu
ſchlagen/ zu wachen/ zu marchirn/ zu gra=
ben/ zu quartirn/ und was er fuͦr quartir
aſſignirt; ſolches alles iſt/ ſo man weiß/
[199]
daß deß Oberſten Feldherꝛn Ordre da iſt/
mit ſtillſchweige
̅
und das baͤſte hoffen/
wie der Prophet Eſaias redt im XXX. 15.
anzunehmen. Im uͤbrigen werde weder
Gluͤck noch Segen ſeyn/ wie eben der Pro=
phet darzu ſetzt/ daß die Juden ſolches go-
verno Gottes auch meiſtern wolten/ und
ihrem Kopf das Commando laſſen. Ihr
wollet nicht/ ſpricht er/ wie der Herꝛ
will/ in ſtill ſeyn/ und hoffen bleiben/ und
ſprecht: Nein! ſondern auf Roßen
wollen wir fliehen/ und Huͤlf bey den
Aegyptern ſuchen/ die dapffere Reuter und
Ritter ſind/ auf daß wir mit ihnen lauter
Ritter werden. Item. Auf Lauffern wol=
len wir reuten. ℣ XVI. Und die Chal=
deer bald uͤberjagen/ oder/ ſo es mißlingen
ſolte/ eher ausreiſſen. Darum werdet ihr
fluͤchtig ſeyn/ und ſie/ eure Verfolger/
euch uͤbereilen. Dann euer tauſent
werden fliehen fuͤr eines einigen
Chaldeers Schelten; ja fuͤr fuͤnfen
werdet ihr alle fliehen. ℣. XVI. XVII.Pauli Meynung iſt allezeit das/ daß man
[200]
in die unbegreifliche Gericht Gottes/ und
in ſeine unerforſchliche Wege nicht zu tieff
greiffen oder ſuchen wolle. Ja lieber
Menſch/ ſagt er/ Rom. IX. 20. Wer
biſtu dann fuͤr ein groſſer Hanß/ daß du
mit Gottrechten wilſt/ und eine groſ=
ſe expoſtulation machen/ eine vidimirte
Rechnung fordern? Spricht auch ein
Werk zu ſeinem Meiſter: warum
machſtu mich alſo/ und nicht groͤſſer/ nit
von edlerem Zeug/ nicht auf eine Herꝛn=
Tafel/ nicht ſtaͤrker/ nicht bunter/ nicht teu=
rer? Der Seelige Gregorius gloſſirt ſehr
ſchoͤn daruͤber: 59 Reſpondere Deo non
poſſe convincitur, quòd homo nomina-
tur, quia per hoc, quod de humo ſumtus
eſt, judicia ſuperna diſcutere dignus non
eſt, das iſt: Daß ein Menſch GOtt
dem HErꝛn darauf nicht antworten
koͤnne/ erhellt daher/ weil er Menſch
heiſſet/ und eben darum/ weil er von
der nidern Erden iſt/ nicht wuͤrdig iſt
die obere hoͤhere Gericht zu durch [201] gehen.
Hat nit ein Toͤpffer Macht/
ſpricht der Apoſtel ferner/ aus einem
Klumpen/ zu machen ein Faß zu
Ehren/ und das ander zu Unehren.
Rom. IX. 21. Abermal ſchreibt Gregorius
loco dicto: Auctoris facta ſemper indis-
cuſſa veneranda ſunt, quia injuſta nequa-
quam eſſe poſſunt. Rationem quippe de
occulto ejus judicio quærere, nihil eſt
aliud, quàm contra ejus conſilium ſuper-
bire. Cùm ergo factorum cauſa non de-
prehenditur, reſtat, ut ſub factis illius cum
humilitate taceatur, quia nequaquam
ſufficit ſenſus carnis, ut ſecreta penetret
majeſtatis. Qui ergo in factis Dei ra-
tionem non videt: infirmitatem ſuam
conſiderans cur non videat, rationem
videt. Das iſt: Deß Meiſters Werk
muͤſſen ungemeiſtert geehret werden/
weil ſie nie ungerecht ſeyn koͤnnen.
Dann ſeines verborgenen Gerichts
ein Urſach forſchen wollen/ iſt nichts
anders/ als wider ſeinen Rahtſchluß
ſtolzieren wollen. So man dann ſei [202] ner
Werk keine Urſach findet/ iſt
uͦbrig daß man daruͤber in aller De=
mut ſtill ſey/ weil der fleiſchliche Ver=
ſtand bey weitem zu wenig iſt/ daß er
der Goͤttlichen Majeſtaͤt Heimlig=
keiten erſinne. Derowegen/ wann
einer der Goͤttlichen Werke keine
Urſach ſihet/ wird er finden/ daß das
die Urſach ſey/ weil er ein ſchwacher
und ohnmaͤchtiger Menſch iſt. Alſo/
verſtehe/ wird eben allein der Menſch nicht
ſeyn/ mit dem Gott unter ſeinen Geſchoͤpfen
allein/ nicht umgehen darf/ wie er will/ und
einen daraus ſezen auf einen Kaͤiſerlichen
Stul/ an eine Koͤnigliche Tafel/ oder in ein
reiches Haußhalten/ in ein groſſes Ge=
werb/ und dergleichen; den andern in einen
Vieheſtall/ oder hinter einen Pflug/ aͤrmer
oder niderer/ geehrter oder weniger geehrt/
und ſo fortan.Das iſt aber im End eben eine Urſach/
wann mans ja wiſſen will/ warum es Gott
tuhe/ und ſolch einen Unterſcheid halte;
nemlich/ weil er ein Gott iſt/ das iſt/ ein
[203]
Weſen das keinem unterworfen iſt/ und
deßwegen eine freye Hand hat zu tuhn/ zu
laſſen/ zu geben/ zu nehmen/ dem oder dem
zu ſchenken/ jenem nicht; deme ein mehrers/
jenem ein wenigers/ dem dritten davon gar
nichts; auf daß wir von ſeiner Macht/ und
von ſeinem Reichtum recht glauben/ recht
Unterꝛicht haben/ und ſeine Goͤttliche Ma=
jeſtaͤt beſſer ehren koͤnnen/ und nicht Urſach
nehmen auf einige Abgoͤtterey zu fallen/
und entweder von Menſchen; oder welches
leider oft geſchiht/ gar von Teuffeln und
boͤſen Geiſtern Huͤlf ſuchen/ reich/ anſehn=
lich/ ſtark/ maͤchtig/ herꝛlich zu werden. Der
gelehrte/ oft ſchon belobte Vatter Auguſti-
nus ſchreibt in Andenken ſolches gar zu
ſchoͤn: 60 Parùm eſt nobis dicere: Facit
hæc Deus, donat hæc Deus: ſed ſolus
facit, ſolus donat. Quid ſi enim facit hæc
Deus, ſed facit hæc & aliquis non Deus?
Facit hæc Deus, & ſolus facit. Et ſine
cauſa iſta petuntur vel ab hominibus, vel
à dæmonibus, & quæcunque bona acci-
piunt inimici Dei, ab illo accipiunt: &
[204]
cum ab aliis petunt & accipiunt, ab illo
accipiunt, das iſt: Zu wenig iſt es/ daß
wir nur ſagen ſollen: Gott tuht das/
Gott ſchenkt das: ſondern ſo ſoll man
reden: Gott tuht das allein/ GOtt
ſchenkt das allein. Dann wann man
ſpricht: Gott tuht das/ moͤcht ein an=
drer denken: Etwan tuht es ein an=
drer auch der nit Gott iſt. Allein da=
bey bleibts: Gott tuht das/ und tuhts
auch allein. Um weß willen ſolches
vergebens erbetten wuͤrde entweder
von Menſchen/ oder von Teuffeln;
ja wann auch ſolches bey den Fein=
den GOttes zu finden iſt: ſo wiſſe
man/ daß auch ſie es von Gott em=
pfangen/ und ob ſie es ſchon von an=
dern bitten und ſichtbarlich nehmen/
ſo iſts doch anders nicht/ als daß man
ſage: Auch unwiſſend haben ſie es/
von Gott und von niemand anders/
was ſie habe
̅
. Und abermal/ ſpricht er:61
[205]
Si opus eſt carni pane, ſi opus eſt aquâ,
ſi opus eſt vino, ſi opus eſt nummo, ſi
opus eſt jumento carni huic, à Deo pe-
tere debet, non à dæmoniis & idolis, & à
neſcio quibus poteſtatibus hujus ſeculi.
Sunt enim, qui, quando famem patiun-
tur in iſto ſeculo, dimittunt Deum, &
rogant Mercurium, aut rogant Jovem ut
det illis, aut quem dicunt cœleſtem Pana,
aut aliqua dæmonia ſimilia: non Deo
ſitit caro ipſorum. Qui autem Deo ſi-
tiunt, undiq́ue debent ſitire & anima &
carne: quia & animæ Deus dat panem
ſuum, id eſt, verbum veritatis: & carni
Deus dat, quæ neceſſaria ſunt, quia
Deus fecit & animam & carnem. Pro-
pter carnem tuam rogas dæmonia. Num-
quid animam Deus fecit & carnem tuam
dœmonia fecerunt? Qui fecit animam,
ipſe fecit & carnem. Qui fecit ambas res,
ipſe paſcit ambas res. Das iſt; Wann
dem Fleiſch Brot von noͤhten iſt/ oder
Waſſer/ oder Wein/ oder Gelt/ oder
Viehe/ ſolle ſie ſolches von GOtt
bitten/ nicht von Teuffeln/ oder Goͤ [206] tzen/
oder weiß nicht was fuͤr Herꝛ=
ſchaften dieſer Welt mehr. Dann es
ſind Leute/ die/ wann ſie in dieſer
Welt hunger leiden/ von Gott ab=
weichen/ und den Merkurium oder
den Jupiter bitten/ daß er ihnen ſol=
ches gebe/ oder daß ſie den him
̅
liſchen
Pan nennen/ oder andere ſolche Teu=
fel mehr. Nach GOtt/ duͤrſtet ihr
Fleiſch nicht. Die aber nach GOtt
duͤrſtet/ muͤſſen mit Leib und Seel
nach ihm duͤrſten/ weil Er der Seel
ſein Brot gibt/ das iſt/ das Wort der
Wahrheit/ und dem Fleiſch/ was ihm
noͤhtig iſt/ als/ der Gott/ der Leib und
Seel gemacht hat. Um deß Fleiſches
willen bitteſt du die Teufel! Hat dan
̅
GOtt die Seel gemacht/ und die
Teufel den Leib? Der die Seele ge=
macht hat/ hat auch den Leib gemacht.
Der Beyde gemacht hat/ ſpeiſet auch
Beyde.Es iſt aber fuͤrs andere ſchon oben
[207]
auch eine Urſach angedeutet worden/ die
wir da ein wenig widerholen. Alles halten
wir ſonſt fuͤr weißlich und wolgetahn/ daß
GOtt allerley Arten Voͤgel/ Vierfuͤſſiger
Tiehre/ Pflanzen und Baͤume geſchaffen/
allerley Glieder an unſern Leib geſezt/ teihls
zur Nohtdurft/ teihls zur Zierd. Waͤre es
nun nicht eine toͤhrichte Frag/ wann man
zu wiſſen begehrte: wa???um Gott ein Glied
zum Kopf gemacht hab/ eines zum Herzen/
eines zum Magen/ eines weiß nit/ zu was/
eines zum Fuß? Ein Kind wurde ja ant=
worten: Darum waͤre es geſchehen/ weil
es die Nohtdurft erfordert/ und die Geſtalt
eines Menſchen. Dann/ wann lauter Koͤpf
waͤren/ lauter Herzen/ lauter Maͤgen/ lauter
Fuͤſſe: wo wuͤrde ein ganzer Leib ſeyn?
Item/ wann das eine Schoͤnheit macht/ ſo
ein hoher Berg neben einem tieffen Tahl
ſtehet; ſo gedenke man: daß der Gott aller
Schoͤnheit/ und der GOtt der da weiß/
was wir alles und alle bedurfen Matt.
VI. 32. auch die varietaͤt unter den Men=
ſchen habe ordnen wollen/ damit ſie auch an
ihrem Ort/ mit ſolchem Unterſcheid/ die
[208]
Schoͤnheit diefes ganzen Weltgebaͤues und
aller Creaturen zieren helfen; nicht an=
derſt/ als wie ein Gemaͤhl nur deſto ſchoͤner
und kuͤnſtlicher geachtet wird/ wann es
recht umbrirt iſt/ und dunkel und hell neben
einander ſtehet/ ſchwarz und weiß fuͤglich
gemengt iſt. Anderſt wuͤrde auch das Men=
ſchliche Geſchlecht nicht ernaͤhret/ erhalten/
nicht regieret werden koͤnnen/ wann lauter
Kaͤiſer/ lauter Koͤnig/ lauter Fuͤrſten/ lau=
ter Herꝛn waͤren; ja es wurde vielmehr
gar kein Kaͤiſer/ kein Koͤnig/ kein Fuͦrſt/ kein
Herꝛ ſeyn/ wann alle in der Welt Herꝛn
waͤren. Dann wo waͤre alsdann ein Un=
tertahn? wo waͤre ein Knecht? wo aber kein
Untertahn/ wo kein Knecht iſt: kan auch
kein Kaͤiſer/ kein Herꝛ erdacht werden. Alſo
hat GOtt zur Nohtdurft deß Kaͤiſers/ Koͤ=
nigs/ Herꝛn/ die Untertahnen/ die Knecht/
die Bauren geſezt/ die ſie ernaͤhren/ verpfle=
gen/ ihnen arbeiten/ froͤhnen muͤſſen. Zur
Nohtdurft aber derer/ hat er Kaͤiſer/ Koͤni=
ge/ Fuͤrſten/ Herꝛn geſetzt/ mit mehrerer
Weißheit begabet/ einen groͤſſern reſpect
erteihlt/ hoͤhere Gewalt geſchenket/ daß ſie
jene verteidigen/ beſchuͤzen/ bewahren koͤn [209] nen/
alſo ein Teihl dem andern helfe/ der
Staͤrkere dem Schwaͤchern/ der Edlere
dem Unedlern/ der Maͤchtigere dem Ohn=
maͤchtigern/ wie in einer ſchoͤnen Muſic ein
Tohn dem andern/ der Groͤſſere dem Klei=
nern; oder/ wie auf einer Lauten zum Ex=
empel/ eine Seite der andern/ die Quint ſo
wolder Baſs=Seiten/ als dieſe der Quinten.Nun moͤcht aber vielleicht jemand dieſe
Ordnung Gottes wol billichen: aber da=
ruͦber nur anſtehen: Warum GOtt eben
ihn/ zum Exempel/ zu einem Bauren/ und
nicht auch zu einem Edelman gemacht ha=
be; warum jenen reich/ anſehnlich/ herꝛ=
lich/ und ihn nicht? haͤtte er gleichwol einen
andern arm/ unanſehnlich/ gering gemacht
an ſeiner Statt! und ſo fort.Wie aber? wann der Ander wider ſo
daͤchte/ wie du: Der Dritte auch: der
Vierte auch: der Fuͤnfte/ der Sechſte/ und
mehr/ auch; wie dann das Menſchliche
Herz ſich nicht leicht erſaͤttigen laͤſſet/ und
heißt wie der Poet ſpricht: Der Ochs
wolt gern ein Pferd ſeyn/ damit er
nur nimmer ackern dürfte; ſo wuͤrde
[210]
GOtt nimmermehr Ruhe haben von un=
ſerm murꝛen und einreden/ und wann er
ja auß dem Baurn/ zum Exempel/ einen
Edelmann machte/ wuͤrde der etwan wol
wider ein Freyherꝛ ſeyn wollen/ nach dem
Freyherꝛn ein Graf/ nach dem Graͤflichen
Stand ein Fuͤrſt/ nach dem Fuͤrſten ein
Koͤnig/ nach dem Koͤnig ein Kaͤiſer. Wa=
rum er dann nun dich zum Bauren/ jenen
zum Knecht/ ꝛc. gemacht: dich aͤrmer/ jenen
reicher: dich unanſehnlicher/ jenen anſehn=
licher/ und ſo fort/ hat er darum getahn/ daß
du mit deinem Bauren=und Knechtſtand/
mit deiner Armut und wenigerm Anſehen/
die Ordnung Gottes zieren ſollſt/ und an
dem groſſen Gemaͤhl dieſer Welt/ ein Um-
bra ſeyn: auf dem weiten Erdboden/ ein
Tahl: in der Symphoni dieſer Creaturen/
eine Quinte.So wir uns noch weiter umſehen/ wa=
rum es dem dann ſo oder ſo ergehe/ nur wie
er ſichs fuͤrnim
̅
t/ oder dahin er etwan gar
nicht denket: dem aber nit/ ob er ſichs gleich
fuͤrnim
̅
t/ rennt und laufft? geſchiht es fuͤrs
dritte darum/ auf daß wir lernen/ nicht
[211]
auf unſere Wiz und Verſtand zu bauen/
und denken/ wie Nebucadnezar: Ich hab
die groſſe Babel erbauet: durch mein
Vermoͤgen. Dan. IV. 30. Ich hab den/
meinen Feind/ geſchlagen durch meine
Macht! den Reichtum erworben durch
meine Spizfuͤndigkeit! die Gunſt erlan=
get mit meiner Kunſt! die Heurat getahn
durch mein Anſehen! den Dienſt erhoben
durch meine Wolredenheit! ꝛc. Wie dann
auch darinn unſer menſchliches Herz ein
ſtolzes Herz iſt/ und ſich gern entweder ſelbſt
ruͤhmt/ oder ruͤhmen hoͤret. Nein! ſagt
gleichſam unſer Herꝛ GOtt darauf: Ich
wills dem Menſchen weiſen/ daß der groſſe
vorgenommene Babels Bau nicht Men=
ſchenhaͤnde Werk iſt! daß der/ ſein Feind/
nicht durch ſeine Staͤrk geſchlagen ſey! der
Reichtum nicht durch ſeinen eigenen Fleiß
erworben! die Gunſt nit durch ſeine Kunſt
erpracticirt! die Heurat nicht durch ſein
Anſehen erhoben! Der Dienſt nicht durch
ſeine Weißheit verdienet/ und dergleichen.
So aber will es Gott weiſen/ daß er einen
andern/ oder zween/ drey/ oder zwantzig/
dreiſſig/ eben ſo kuͤnſtlich/ ſo ſtark/ ſo maͤchtig/
[212]
ſo anſehnlich/ ſo beredt macht/ eben den Weg
gehen laͤßt/ eben die Mittel brauchen; und
doch nichts wenigers als eben den Zwek er=
reichen; an ſtatt der victori, eine verlohrne
battaglia: an ſtatt deß Dienſts einen Ab=
weiß: an ſtatt der Heurat/ wie man ſpricht/
den Korb: an ſtatt deß Reichtum/ Armut
tragen; Damit im End auch unſer Gebet
zu Gott deſto bruͤnſtiger werde/ als von dem
ſolches Heil und Segen alles/ allein/
haubtſaͤchlich zu erbeten iſt.Nicht aber auch nur allein um deßwil=
len tuht es Gott: ſondern fuͤrs vierte auch
darum/ daß entweder ein Menſch dem an=
dern eine Lehr und Spiegel ſey der Beſchei=
denheit/ und der Demut; oder einer dem
andern einen Troſt mache/ wann er ſihet/
wie unterſchiedlich Gott das menſchliche
Geſchlecht graduirt hat. Einen Reichen/
zum Exempel/ hat Gott dem aͤrmern ent=
gegen geſetzt/ auf daß er denke: ſich nicht zu
erheben; weil ihn GOtt ſo wol haͤtte zu ei=
nem Bettler und Kruͤpel machen koͤnnen;
ja noch heut/ den Reichtum/ und das Ein=
kommen/ und Gewinn nehmen und auch
in Bettelſtab fuͤhren. Der arme aber ſoll
[213]
dagegen Gott danken/ daß er ihm/ in ſeiner
Armut/ gleichwol eine Huͤlf geordnet haͤt=
te/ oder den Troſt und die Hoffnung tragen
laſſe/ daß er aus ſeiner Armut noch wol er=
ledigt werden koͤnne/ von eben dem Gott/
der jenen ſo reich und beguͤtert gemacht
haͤtte. Einem gelehrten hat Gott zugeſellt
einen Ungelaͤhrten/ widerum/ auf daß jener
an dieſem: dieſer an jenem lerne. Jener/ ſo
gelehrt er iſt/ habe doch das zu lernen/ daß er
ſeiner Weißheit nicht mißbrauche/ ſeinen
guten Kopf nicht ſchwaͤche mit Freſſen
und Sauffen/ mit Hurerey und Un=
zucht/ dadurch er Wiz und Verſtand
verlieren/ und ja ſo alber und unverſtaͤn=
dig werden moͤchte/ als der/ ſeinem Ur=
teihl nach/ Simpel und Einfaͤltige iſt.
Der aber/ haͤtte wider an jenem zu lernen/
daß er ſich ſeiner Lehren und Anweiſung be=
dienen ſolle/ in Gehorſam folgen/ und in
ſeiner Einfalt/ aufs wenigſte mit ſeinem
Gehorſam/ den gemeinen Fried und Ruhe
foͤrdern helfen. Einen Fremden hat Gott
außer ſeinem Vatterland/ da oder dort/
zu hohen Ehren gefuͤhrt; und die einheimi=
ſchen gegen ihm viel geringer geſetzt/ auf daß
[214]
abermal einer deß andern Lehrmeiſter wer=
de. Jener einheimiſche/ ſoll mit ſeinem Ex=
empel und geringerern Gluͤck das lehren/
daß der Erdboden/ und ſein altes Vat=
terland/ ſey deß Herꝛn/ und alles was
darinnen iſt; verſtehe der Dienſt/ das
Amt/ die Stell/ die Verwaltung/ und nicht
eben auf die Lands=Kinder verpfaͤndet/ und
von Gott/ gleichſam zur hypothec, eynge=
ſezet/ der nun nimmer uͤber das Land und
Herꝛſchaft/ und deſſen Guͤter und Ein=
kommen einig recht habe. Dieſer/ ſoll jenen
wider lehren/ daß er ſich bey ſolchem in der
Frembd erlangten Gluͤck nit aufbruͤſten ſoll
noch wolle/ und da/ wo man ihn ein=und
etwan zum Diener/ angenommen hat/ do-
minirn/ wie er ſeinem aufgeblaͤhten Sinn
nach will/ hindern und druͤcken wen er/ durch
ſein verliehenes interims=Anſehen/ kan und
wolle/ und gleichſam deß Lands verweiſen/
in Betrachtung/ weil er von der Einheimi=
ſchen Brot iſſet: Die Kinder aber nicht
von ſeinem; alſo die Wurtzel ihn/ er/ die
Wurtzel nicht traͤgt/ deſſen Saffts er
[215]
doch teihlhafftig worden iſt/ daß wir
deß Apoſtels Wort brauchen. Rom. XI.
℣. 17. 18.Noch eine und die fuͤnfte Urſach gibt
die Betrachtung deſſen/ und dieſe/ daß man
Gottes Gaben ſo hoch nicht achtete/ wann
wir nicht derſelben eine Ungleichheit wiſſe=
ten. Die Perſer fuͤhren zu ſolchem End das
Sprichwort: Wan
̅
alle Naͤchte maͤch=
tige Wunder naͤchte waͤren/ ſo wuͦr=
de die eine maͤchtige Wundernacht
nicht in ſo groſſem wehrt mehr ſeyn.
Und. Wan
̅
alle Steine Badachſcha=
niſche Rubinen waͤren/ ſo wuͤrde der
Preiß ſolcher Rubinnen und der ge=
meinen Stein eines ſeyn. Gleich wie
nun/ wer nie in einem Sturm zu Waſſer
geweſt/ nicht bedaͤchte/ was ſey mit gutem
Wind fahren: Wer nie Ungewitter gehoͤ=
ret/ alle Heytern fuͤr ſo was ſonders nicht
hielte: wer nie ein Schmerzen und Krank=
heit erfahren/ nimmermehr Gott ſo brün=
ſtig um geſunden Leib baͤte: Alſo geſchaͤhe
es fuͤrwahr auch. Wann Gott alle Men=
ſchen gleich reich gemacht haͤtte/ gleich
[216]
maͤchtig/ gleich anſehnlich/ erkennte man
nicht ſo hoch/ was Gottes Seegen ſey; Da
er aber die Armut dem Reichtum: Die
Macht der Ohnmacht: die groͤſſere der klei=
nern Ehr: die hoͤhere der niderern Wuͤr=
den/ und ſo fort/ an die Seiten geſezt: ſihet
man erſt/ was Uberfluß/ was Macht/ was
Ehr ſey/ was Würden/ und dergleichen
heiſſe? wann GOtt alle zu Edelleuten ge=
macht haͤtte/ verſtuͤnde man nicht/ was der
Adel iſt. Da er aber Unedle auch geſchaf=
fen/ rechnet mans erſt aus/ was ein Edel=
man iſt? Wann Gott eines jeden Tuhn
und Fuͤrnehmen lieſſe fortgehen/ wie er ſichs
nur ſelbſt einbildet/ wuͤrde mancher denken:
Gott koͤnne es nicht anderſt machen/ er ſey
daran gebunden. Da er aber zwey=drey=
zwanzig=dreyſſigmal eben das Ding an=
greiffen laͤßt/ eben auf ſolche Manier/ eben
durch ſolche Mittel/ und doch nicht eben
den effect erꝛeichen/ eben die Gunſt erhe=
ben/ gleichen Gewinn erwerben/ grad in
ſolchen Ehren ſeyn; macht er damit das/
daß jenes erſt für gluͤkſeelig/ fuͤr gebenedeyet
gerechnet/ und Gottes Reichtum deſto deut=
licher erkennt werde/ der/ ſo zu reden/ wie ein
[217]
Kraͤmer allerley Waaren im Laden hat/
und recht ſortirt iſt/ zum Exempel/ mit
Sammet/ mit Seiden/ mit Scharlack/
und Purpur; aber darneben auch mit ge=
ringern und ſchlechtern Zeug/ mit Zwillich/
und Boi/ und Schetter; ja einerley Farb
ein geringers und koſtbarers/ und wider ein
theurers und wolfeilers Tuch fuͤhrt/ die in
ſeinem wehrt alle taugen/ und ihren Nuzen
haben; eines aber für einen Kaͤiſer und
Koͤnig/ eines fuͤr einen Bauren und Pferd=
Knecht gehoͤrt/ deren Unterſchied man nit
eher findet/ als wann mans neben einan=
der haͤlt/ neben einander betaſtet/ da jenes
viel ſubtiler/ und zaͤrter/ und klaͤrer: dieſes
zottichter/ rauher/ groͤber/ ſchweerer iſt: Alſo/
ſprich ich/ kan man wol Gleichnißweiß von
den Gaben GOttes reden/ deren hoͤhern
und niderern Gebrauch/ geringern un
̅
groͤſ=
ſern Glanz man nimmermehꝛ wuͤſte/ wann
GOtt nicht eines neben das andere gelegt
und fuͤrgetragen haͤtte/ und unſere Sinnen
und Vernunft gleichſam daran greiffen
ließ/ und ſehen/ daß die Gab/ edler/ reiner/
anfehnlicher/ groͤſſer/ teurer ſey: jene nide=
rer/ geringer/ unwehrter/ ob ſie ſchon alle ins
[218]
geſamt ihren Nutzen und Brauch haben:
Und wann nun gleich Gott den oder den/
der ja mit ſeinen Gaben nicht zu frieden
ſeyn wolte/ hoͤher ſetzte/ und aus einem
Zwillich und Schetter/ ſo zu reden/ einen
Purpur und Scharlack mach ete/ ſo muͤſt’
er doch andere haben/ in deren compara-
tion und Gegenſaz/ jenes/ fuͤr Purpur und
Scharlack geachtet wuͤrde/ die/ wann ſie wi=
der mit ihrem Stand nicht zu frieden waͤ=
ren/ endlich alle differenz aufheben wür=
den/ daran man den valor und die Wuͤrde
der Gaben Gottes/ baͤſſer und deutlicher
vernehmen koͤnte/ und moͤchte.Es erhielt aber mancher/ mehr ſeine
̅
Scha=
den an Leib und Seel: als ſeinen zeitlichen
und ewigen Nuzen/ wann ihm die Gab zu=
kaͤme/ die jener hat; welches eben eine neue
und die ſechſte Urſach iſt/ warum er den
in einer Armut; jenen in einem Nidern=
ſtand; dem dritten das Anſehen nit zu groß
laͤßt: dem vierten die Heurat nicht fortge=
hen: den fuͤnften ſo maͤchtig nicht werden/
und ſo fort. Denn man gedenke nur: ob
nicht dem Reichen Mann baͤſſer geweſen
waͤre/ an Lazari ſtatt zu ſeyn/ wann man
[219]
ſeine Angſt und ſeine Quaal bedenket/
Luc. XVI. ℣. 19. 26. Etwan wurde er
andaͤchtiger ſich erwieſen haben/ maͤſſiger
in Eſſen und Trinken/ demütiger in Klei=
dungen/ mitleidiger gegen ſeinen Naͤchſten/
wo nicht in der Taht/ doch aufs wenigſte im
Herzen. Er weiſet aber mit ſeinem Exem=
pel/ was drey Evangeliſten ſchreiben/ daß
freylich wol leichter ſey/ daß ein Ca=
meel durch ein Nadeloͤhr gehe/ als
daß ein Reicher ins Reich GOttes
komme. Matth. XIX. 24. Marc. X. 25.
Luc. XVIII. 25. Was hat dem Haman
ſein groſſes Anſehen gedient? wie ehrlicher
waͤre er geſtorben/ wann ihn nicht halb ſo/
die Hofgunſt erhoben haͤtte? Eſth. VII.
℣. 9. 10. Wann manchem die oder die
Heurat angieng/ was fuͤr eine unruͤhige
betruͤbte Zeit ſeines Lebens wuͤrde er haben?
wann GOtt manchen ſo ſonders maͤchtig
machte/ und ihm die Gaben gebe/ die Salo=
mon gehabt: ob ſie ihn nicht ſo wol zu Fall
bringen wurden als jenen/ ſtehet in einem
groſſen Zweifel. Alſo moͤchte es hier auch
wol heiſſen/ was dort der Mutter der Kin [220] der
Zebedæi zur Antwort wird: Ihr wiſ=
ſet nicht was ihr bittet! Matth. XX.
℣. 22. Marc. X. 38. Nit anders wir auch!
Oft mehr wider uns/ als vor uns! und da
wir meynten Gluͤck zu erheben/ erſt recht
ins Ungluͤck giengen.Oft gibt auch GOtt/ fuͤrs ſiebende/
manchem Menſchen/ das Gluͤck/ um ſeiner
Eltern Froͤmkeit willen. Das weiſet der
CXII. Pſalm. Wol dem/ der den Her=
ren fürchtet/ der groſſe Luſt hat zu
ſeinen Gebotten/ deß Saame wird
gewaltig ſeyn auf Erden/ das Ge=
ſchlecht der Frommen wird geſegnet
ſeyn/ Reichtum und Fuͦlle wird in ih=
rem Hauſe ſeyn. ℣. I. II. III. Moſes hat
das Wort Gottes ſeinem Volk fürgetra=
gen/ daß er/ wie er die Miſſetaht der
Vaͤtter heimſuchen wolle an den
Kindern/ biß ins dritte und vierte
Glied: alſo dagegen biß ins tauſenſte
Barmherzigkeit tuhn wolle um der
Eltern willen/ die ihn lieben und ſeine Ge=
bott halten. Exod. XX. 5. 6. Die Exem [221] pel
der Schrift ſind klar und deutlich. Zu
Iſaac ſagte Gott ſelbſt: Ich bin deines
Vatters Abrahams GOtt/ fuͤrchte
dich nicht! dann ich bin mit dir/ und
will dich ſegnen/ und deinen Saa=
men mehren/ um meines Knechts
Abrahams willen. Gen. XXVI. ℣. 24.
Ob ſich ſchon Salomon mit Abgoͤtterey
ſehr verſuͤndiget hatte/ und Gott billich alles
Ungluͤck uͤber ihn haͤtte ſollen kommen laſ=
ſen; macht dannoch ſeines Vatters Da=
vids Froͤm
̅
keit/ daß das Gluͤck und Koͤnig=
liche Anſehen/ weder in ſeinem Leben/ noch
nach ſeinem Tod/ gar/ von ſeinem Stam=
men weggenommen werden ſolte. Bey
deiner Zeit/ ſpricht Gott/ will ich das
Koͤnigreich nicht von dir reiſſen/ und
deinen Knechten geben/ um deines
Vatters Davids willen! und ob es
ſchon nach ſeinem Tod etwas einen Stoß
leiden ſoll/ wolle doch Gott das ganze Koͤ=
nigreich nicht abreiſſen/ und aufs wenigſte
einen Stamm noch ſeinem Sohn laſſen
um Davids willen ſeines Knechts/
[222]
I. Reg. XI. 12. 13. Warum es dann nun
der oder der familien/ ſo viel Jahr/ ſo nach
Wunſch gehet/ in flor bleibet/ im eſſe, wie
man ſpricht/ ſihet Gott oft ihrer Vorfahren
Gehorſam an; oder oft auch nur ein ſon=
derlich Werk derſelben das ſie getahn/ und
nach ſeinem Willen verbracht haben/ ob ſie
auch ſchon ſonſten anderweit ſich groͤblich
verſuͤndigt haben. Das Exempel iſt an
Jehu/ der von den Suͤnden Jeroboams/
deß Sohns Nabat/ der Iſrael ſündigen
machte/ nicht ließ/ von den guldenen Kaͤl=
bern zu Bethel und zu Dan; doch dan=
noch/ weil er den Baal aus Iſrael vertilget/
ſprach der Herꝛ zu ihm: darum daß du
biſt willig geweſen zu tuhn/ was mir
gefallen hat/ und haſt am Hauſe Ahab
getahn alles/ was in meinem Herzen
war/ ſollen dir auf dem Stul Iſrael
ſizen deine Kinder ins Vierte Glied.
II. Reg. X. 26.–31. Wie dann Jehu ſelbſt
noch Acht und Zwanzig Jahr regirt; ſein
Sohn Joachas/ ſiebenzehen; ſein Enen=
kel Joas/ ſechzehen; ſein Uhrenkel Jero=
boam/ Ein und Vierzig: ſein Uhrurenenkel
[223]
Zacharias/ ſechs Monat; daß alſo die
Cron/ bey dem Stamm/ biß auf die hun=
dert und zwey Jahr/ ſechs Monat geblie=
ben iſt. Quàm diverſa ſunt Dei judicia
à judiciis hominum? Alius tot cædes à Je-
hu perpetratas, dignas graviſſimis ſuppli-
ciis judicaſſet: Deus verò verbo ſuo
præceptam crudelitatem (ſi tamen cru-
delitas eſt dicenda) laude & præmio pro-
ſequendam cenſet, ſchreibt hieruͤber Oſi-
ander. Das iſt. Wie ſind Gottes Ge=
richte ſo viel anderſt/ als der Men=
ſchen Gerichte? Es ſolt einer geden=
ken: So viel Todſchlaͤg/ die Jehu ge=
tahn/ waͤren aller aͤuſſerſten Straf=
fen wehrt. Gott aber will die Blut=
gierigkeit (wann es anderſt ſo zu nen=
nen iſt) mit Lob und Ehren belohnen.
Sæpe enim fieri ſolet, ſetzt der Seel. Alte
Brentius 62 darzu/ ut impii quidem per-
ſonâ, opere tamen talia facta perpetrent,
quæ à Domino bonis terrenis remune-
rantur. Das iſt: Oft pflegt es alſo zu [224] gehen/
daß eine/ an ſich gottloſe Per=
ſon/ doch ein ſolch Werk verꝛichtet
das Gott mit zeitlichen Guͤtern be=
lohnen will.Zu allerlezt geſchiht es oft wol andern
zur Straff/ daß eben dieſe oder jene ſo reich/
ſo maͤchtig/ ſo anſehnlich/ und dergleichen/
werden/ der Dienſt/ die Heurat/ das Amt/
die Handlung erlangen/ die doch in der
Haut boͤſe Buben ſind. Mancher Statt/
manches Landes/ Regiments/ Handels/
Handwerkes/ Amtes Suͤnden haben es
verdienet/ daß Gott ſolches zulaͤſſet ???d uͤber
ſie verhaͤngt/ daß ein anderer/ viel untuͤchti=
gerer/ das Koͤnigreich/ die Herꝛſchaft/ die
Gewalt/ den Dienſt/ den Genieß/ die
Handlung/ die Kundſchaft/ das Anſehen
erlangt; Und dieſe oder jene familia, das ho=
he Hauß/ das alte Geſchlecht/ die Suͤnde
alſo buͤſſen muͤſſ???/ die entweder ihre Vor=
fahren/ oder ſie ſelbſt mit Hoffart/ mit Ver=
ſchwendung/ mit Verachtung GOttes
Worts/ oder/ wie es nahmen hat/ began=
gen haben/ und wol ſchwerlich mehr ſo ſeelig
werden/ daß ſie gelehrtere Leute in Dienſten/
[225]
redlichere in Aemtern/ gewiſſenhaftere in
Handlung/ getreuere in der Regierung/
ſorgfaͤltigere in Verꝛichtungen/ wolmei=
nendere in Rahtſchlaͤgen/ und auch der=
gleichen haben ſollen. Den Regierſtand
betreffend/ ſagt GOtt Ephraim unter die
Augen/ daß er ihm gegeben hab einen
Koͤnig im Zorn. Oſ. XIII. 11. Juda und
Jeruſalem drohet er/ daß er ihnen Juͤng=
linge zu Fuͤrſten geben/ und Kindiſche
uͤber ſie herꝛſchen laſſen wolle. Eſai. III.
℣. 4. Elihu ſprach dorten: Es laſſe Gott
auch uͤber Voͤlker und Leute regirn
Heuchler/ und laſſe dagegen einen From=
men in nidererm Stand. Warum? daß
jener das Volk dringe/ im XXXIV. 30.
Es erwaͤhnt Cedrenus dieſer Geſchicht.
Da der Bluthund Phocas zu der Roͤmi=
ſchen Kron gelanget/ und einer aus den
Geiſtlichen zu Conſtantinopel/ mit unſerm
Herꝛn GOtt deßwegen nicht zum baͤſten
zufrieden geweſen/ und ſo hefftig geklagt/
daß ein ſolcher gottloſer Menſch über Chri=
ſten herꝛſchen ſolle; waͤre ihm/ da er ganz
niemand hinter und vor ſich ſahe/ dieſe
[226]
Stimm worden: 63 Deteriorem alium
inveniri potuiſſe nullum. At hoc meruiſ-
ſe Conſtantinopolitanoru
̅
vitia. Das iſt;
Man haͤtte keinen ſchlimmern finden
koͤnnen/ als den; Und haͤtten die Suͤn=
den derer zu Conſtantinopel das ver=
dienet. Was da von dem hohen Politi=
ſchen Stand geredet iſt/ iſt von allen an=
dern Faͤllen ingleichen zu verſtehen; zum
Exempel/ daß mancher unvernuͤnftiger/ un=
geſchickter zu Dienſten/ zu Aemtern/ zu ſol=
cher Handlung/ und ſo fort/ kommet/ man=
cher feiner/ gelehrter/ weiſer Menſch nach=
gehen/ nachſitzen/ weichen muß. Von dem
Geiſtlichen Stand/ darinn ſichs eben ſo
wol findet/ ſtehet in Jure Canonico 64
dieſe Red: Tale aliquod intelligamus
etiam in Eccleſiis fieri: quòd pro meritis
populi, aut in verbo & opere potens tri-
buitur à Deo rector Eccleſiæ: aut, ſi
malignum faciat populus, in conſpectu
Domini, talis Eccleſiæ judex datur, ſub
[227]
quo famem & ſitim populus patiatur; non
famem panis, neque ſitim aquæ: ſed fa-
mem audiendi Verbum Domini. Das iſt:
dergleichen etwas ſehen wir/ daß auch
in der Kirche geſchiht: daß/ nach dem
es ein Volk verdienet/ ſelbigem auch
in Worten und Werken ein maͤchti=
ger Lehrer gegeben werde: oder aber/
wann es in Gottes Augen ſich ver=
ſuͤndiget/ ſo wird ihm auch ein ſolcher
Kirchendiener gegeben/ unter wel=
chem es Hunger und Durſt leiden
muß; nit einen Hunger nach Brod/
oder Durſt nach Waſſer: ſondern
einen Hunger/ das Wort Gottes zu
hoͤren. Was Evariſtus 65 den Egyptern
geſchrieben/ iſt wol hier anzufuͤgen wehrt.
Ein Muͤnch/ ſagt er/ waͤre in der Statt
Thebis zum Biſchoff erwaͤhlet worden/ ein
Grundſchalk. Da er ſich aber dieſer Bi=
ſchofflichen Wuͤrde ſo maͤchtig uͤberhoben
haͤtte/ haͤtte der Engel deß HErꝛn zu ihm
geſprochen: Warum biſtu alſo ſtolz/
[228]
und gefaͤlleſt dir ſelbſt ſo trefflich? O
du ungluͤckſeeliger Menſch! du biſt
nicht zum Biſchoff gemacht darum/
daß du deß Prieſtertums wuͤrdig wa=
reſt: ſondern weil die Statt keines
baͤſſern Biſchoffs wehrt war.
1.
WElt=Mutter du! wir/ Eva deine Kinder/ ???(Suͤnder:
wir gleichen dir/ wir nach gebohrne
der Hoffart Sinn
reißt uns dahin/
der Stolz iſt unſrer Herzen Uberwinder.
2.
Du/ ſtiegeſt hoch und fieleſt tieff hernieder:
Wir/ folgen nach/ und ſtreben Gott zuwider
|| [229]
mit Ubermut
der nicht gut tuht:
es will doch nur der Groͤſte ſeyn ein jeder.
3.
Ich auch O Gott/ bin/ dieſer Suͤnder einer/
ein Eva=Sohn/ der ſich gar nit kan kleiner
als andre ſehn/
ſich will erhoͤhn: ???(meiner.
der Stolz macht mich vergeſſen dein=und
4.
Biſt du es nicht/ du Schoͤpfer aller Dinge/
der mich mag mache ̅ groß un ̅ auch geringe?
dein Tohnbin Ich;
und meiſtre dich/
als ob dein Raht an meinem Willen hienge.
5. ???(Erde/
Was zeih ich mich/ ich Koht/ ich Staub und
daß ich vor dir aus Trotze murꝛend werde?
da ich verlohrn
und bin gebohrn ???(Heerde.
ein Brand zu ſeyn dort auf dem Hoͤllen
6.
Laß mich vielmehr mit Danke dich erheben/
daß du mir Seel=und Menſchgeſtalt gegebe ̅ ;
und daß ich nit
ein Tuͤrk noch Juͦd
noch Heyde bin; nicht hab der Thiere Lebe ̅ .
|| [230]
7.
Mir ſey genug/ daß auch vor mich geſtorben
dein lieber Sohn/ jens Leben mir erworben.
Ach! dieſe Ehr/
und keine mehr ???(dorben.
begehr’ ein Menſch: dann ſonſt waͤr er ver=
8.
Je kleiner ich in meinen Augen ſchwebe/
je hoͤher ich in deinen mich erhebe.
der Demut=Weg/
der Himmelſteg!
Gib/ daß ich hoch/ doch in der Nidre/ ſtrebe.
9.
Du ſitzeſt hoch/ und ſiheſt tieff hernider.
Muß ich ſchon ſeyn ein Fuß der andren
Es ſchadt mir nicht. ???(Glieder:
dein Wort verſpricht:
Wer nidrigt ſich/ der wird erhoͤhet wieder.
10.
Laß mich allein/ wie klein ich ſey auf Erden/
ein groſſes Werkzeug deiner Ehren werde ̅ .
Dein’ Ordnung hier
gib daß ich zier’
in Demut/ ſchlecht und recht/ und ohn Be= ſchwerden.
|| [ID00303]
|| [ID00304]
Est Deus, est Juſtus. 2. Rationis murmu-
rapœnam ???(tace???
ſollicitant. 3. Oculos comprime, crede.
DIe Sonne war zu Bett. Ich ſaß in meinem Zimmer:
ein Liecht das muſte mir an ſtatt der Son ̅ e ſeyn;
Die Nacht war mir nit Nacht beym hellen Kertzen=Schein. ???(im ̅ er
Doch war es Nacht in mir: Es quaͤlte mich noch
der boͤſen Leute Gluͤck. Ich dachte: Jener Bub/
der ſelten denkt an Gott/ iſt herꝛlich und erhaben;
Gott goͤnnt ihm/ die er nur mißbrauchet/ ſeine Gaben; ???(grub???
und waͤr er arm/ er führ nit in die Hoͤllen=
Ein andrer/ der ſich ſtaͤts mit Arbeit und mit Bete ̅
abmartert Nacht und Tag/ der from ̅ und Chriſt= lich lebt: ???(begraͤdt/
es hilft ihn nichts/ die Roht ihn vor dem Tod
Gott laͤßt ihn/ wie er ſteckt/ in Kummer/ Sorg/ und Noͤten. ???(ſeyn.
Ich ſag/ es muß kein Gott/ kein Welt-Regierer
Was nutzet Froͤm ̅ igkeit/ wann da iſt kein Belohne ̅ ?
Was ſchadet/ Boͤſes=thun/ bey Nachſehn und verſchonen? ???(ein.
I. Iſt Gott/ iſt Er gerecht/ ſtell’ Er diß Unrecht
II. Als ich ſo dacht und ſaß/ da hoͤrt’ ich etwas ſchnurꝛen. ???(verbrennt/
Ich ſucht’; es war ein Schnak/ der ſich am Liecht
dieweil er flog darein in dem es ihn geblendt.
|| [232]
Straks bildet ich mir vor hierbey mein vorigs Murꝛen. ???(ſtand/
Es war ein ſolcher Schnak geweſen mein Ver=
der in das Gottesliecht/ in Gottes Tuhn/ wolt ſehe ̅ .
der laͤſtern dorfte das/ was er nit kan verſtehen:
der nun forcht Gottes Zorn/ und fuͤhlte deſſen Brand.
darf je ein Untertahn auch ſeinen Koͤnig fragen/
um diß und jenes Tuhn? der Menſch/ der Sün= den Knecht/
der Madenſack/ darf GOtt beſprechen um ſein Recht:
er will ſein Gluͤcke nit auf deſſen Wage wagen.
Gott iſt gerecht: und/ wer diß laͤugnet/ ihn ver= leugnt.
III. Sein Raht verborgen iſt. Vernunfft/ laß dir die Augen
verbinden/ die hierinn gar nichts zu ſehen tauge ̅ .
der Glaube baͤſſer ſiht/ dem kein Geſichte eignt.
die Gottesfurcht/ ein Schloß vor deine Lip= pen lege/
daß ſie nit oͤffnen ſich/ zu laͤſtern Gottes Raht.
Gott/ was er will/ zu tuhn und auch zu laſſen hat.
Du Blindlind/ wolteſt du außforſchen ſeine Wege?
|| [233]
Das
Neunte Capitel/
haͤlt in ſich
Die Serupel und Einwuͤrf
die unſer Fleiſch und Blut uͤber
ſolches alles fuͤhret und
erꝛeget.
OFT hab ich ſelbſten gehoͤret/
wann man manchen angeſe=
hen/ der gern reich/ hoch reſpe-
ctirt ſeyn wolte/ das oder das
Amt gern haben/ die Nahrung/ die Heu=
rat/ das Hauß/ das Gewerb/ und doch nit
dahin bringen koͤnnen/ und ſizend blieben/
nicht geachtet/ nicht eimual nominiret/ noch
wol offentlich beſchimpfet; ein anderer aber
dagegen herfuͤrgezogen worden/ und man
ſeine laudes groß gemacht/ der jenem auch
wol in der Wahrheit nicht zu vergleichen
war/ viel andaͤchtiger/ gelehrter/ bedachtſa=
mer/ beleſener/ emſiger/ ſittſamer/ edler als
jener. Selbſten/ ſprich ich/ hab ich gehoͤret/
[234]
daß man geſagt: Es hilft kein Beten/
kein Studieren/ kein Arbeiten; weil
es Gott/ ſo oder ſo/ mit einem jeden Men=
ſchen zu machen/ von Ewigkeit beſchloſſen
hat/ den zu dem Dienſt zu erheben/ der deſ=
ſen gegen jenem nicht wuͤrdig iſt; die Heu=
rat dem zu geben/ der ſich nicht groß drum
reißt/ den Reichtum dem/ der ihn ſo uͤbel an=
legt und verſchwendet: die Gunſt hoher
Leut/ damit er andere fromme/ gelehrte/ ein=
faͤltige drukt und hindert. Es tuhe nun ein
ſolcher was er wolle/ er renne/ er lauffe/ er
ſpendire/ er ſchreibe/ er bitte/ ſo geſchehe es
doch nicht/ und koͤnne nicht geſchehen/
weil GOtt jenen von Ewigkeit darzu erſe=
hen hab/ und dieſen nicht/ der es doch noch
wol tauſentmal baͤſſer anlegen wolte/ als je=
ner. Oder/ es iſt endlich dahin kommen/
daß man noch einmal nicht hat glauben
koͤnnen/ daß das Ding anderſt/ als zufaͤlli=
ger Weiſe zugehen koͤnne. Dann/ wann es
Gottes Will waͤre/ hat man geſagt/ wurde
ja die Tugend/ die Kunſt/ die Qualitaͤten/
die in dem Menſchen ſind/ nicht ſo gehem
̅
t/
gehindert/ gedruckt/ geſpoͤttelt; und dagegen
[235]
die Unwiſſenheit fuͦrgezogen/ die Narꝛheit
erhoben/ der Stolz gefoͤrdert werden. Das
tuhe ja GOtt nicht/ der ſeine Gaben nicht
ſelbſt deſpectire/ oder dem Menſchen Anlaß
gebe zu deſpectirn; oder aber/ es muͤſſe Gott
ein ungerechter Gott ſeyn/ und nicht nach
Billigkeit handeln! dann es ſey billich/ daß
ein weiſer einem Tohren vorgehe: ein Ge=
lehrter einem Ungelehrten; ein Einheimi=
ſcher oder Landskind einem Fremden; Ja
wo bleibt ſolcher Geſtalt das/ daß die Gott=
ſeeligkeit die Verheiſſung habe dieſes
und deß zukuͤnftigen Lebens. I. Tim.
V. ℣. 8.Viel=und Weitlaͤuffigerer Eroͤrterung
iſt das alles wehrt/ um/ mehrere Vergnuͦg=
ligkeit deß Herzens zu wegen zu bringen.
Wollens demnach in einer baͤſſern Ord=
nung/ und Stuͤck von Stuͤck erwaͤgen!Das erſte iſt ein maͤchtiges Wort unſers
Widerſpenſtigen Fleiſches/ daß man den=
ket/ weil der oder der/ das Gluͤck/ Ehre/
Reichtum/ Gunſt/ Anſehen/ Heurat/ Amt
und Dienſt nicht erlangt/ der doch GOtt ſo
innbrünſtig darum bittet/ ſo muͤſſe man al [236] lerdings
gedenken: Es helf kein beten
mehr; Man wolle es eben ſo mehr bleiben
laſſen: Es muͤſſe doch kommen was kom=
men ſoll; und was nit kom
̅
en ſoll/ koͤnne doch
auch nimmermehr erbetten werden/ wann
man gar die Knie wegknieete.Man muß aber dagegen wiſſen/ wie ei=
nes Chriſten Gebet beſchaffen ſeyn
ſoll? Dann es iſt wahr/ nicht alles beten
hilft; weil es auch ein Gebet darnach iſt.
Der tiefſinnige Italiener/ Thomas de
Aquino, 66 ſezt unter andern Urſachen
warnm unſer Gebet nicht jederzeit von Gott
erhoͤret werde/ auch dieſe: Deus deſide-
ria rationalis creaturæ adimplet, in quan-
tum deſiderat bonum; quandoq́ue au-
tem contingit, quòd id, quod petitur, non
eſt verum bonum: ſed apparens; ſimpli-
citer autem malum; non eſt ergo talis o-
ratio à Deo exaudibilis. Hinc eſt quod
dicitur Jacob. IV. 3. Petitis & non acci-
pitis, eò, quòd male petatis. Das iſt:
Gott erfüllt unſer menſchliches Be [237] gehren/
ſo fern wir etwas gutes be=
gehren. Mehrmal aber geſchiht es/
daß/ was wir bitten/ nur ſo ſcheinet
als ob es gut waͤre/ da es doch recht
boͤß iſt. Daher komt es/ daß ein ſolch
Gebet bey Gott nicht erhoͤret ſey; wie
der H. Jacobus auch ſpreche: Ihr
bittet und krieget nicht/ darum: daß
ihr uͤbel bittet. IV. 3. Und nach etlichen
ſchreibt er wider: Contingit quandoque,
quòd aliquis ex amicitia deneget, quod
petitur ab amico; quia cognoſcit hoc ei
eſſe nocivum, vel contrarium ei magis
expedire; ut medicus infirmanti quan-
doq́ue denegat quod petit, conſiderans
quòd non expedit ei ad ſalutem corporis
conſequendam, das iſt: Es pflegt biß=
weilen der baͤſte Freund/ aus baͤſter
Freundſchafft/ ſeinem andern Freund
nicht zu willfahren; weil er weiß/ daß
baͤſſer ſey das Ding abzuſchlagen:
als zuzuſagen; gleich wie ein Arzt
ſeinem Patienten je zu Zeiten etwas
verſagt/ in Betrachtung daß es zu ſei [238] ner
Geſundheit je nit diene. Welcher
Geſtalt der Seel. Auguſtinus 67 auch
pflegte zu ſagen: Licet aliquis non eſt ex-
auditus ad voluntatem: eſt tamen exau-
ditus ad ſalutem. Das iſt: Iſt eines Ge=
bet nicht erhoͤret nach ſeinem Willen/
ſo gedenke er/ daß es erhoͤret ſey nach
ſeiner Seelen baͤſten.Demnach iſt wol zu behalten/ wer Gott
um zeitliche Gluͤcksguͤter/ von welchen wir
hier ſonderlich reden/ bitten will/ daß ers mit
Beding tuhn ſoll/ ſo der Herꝛ will Matt.
VIII. 2. Jacob. IV. 15. und uns/ oder den
unſerigen zu Leib und Seel dienlich iſt:
Weil nun Gott am baͤſten weiß/ ob/ wie/
wo/ wan
̅
/ die Ehr/ der Reichtum/ die Gunſt/
das Amt uns nutzlich/ oder den unſerigen
gedeulich iſt/ als iſt zwar darum keiner zu=
verdenken=wann er von ſeinem Gott/ ſich
und den ſeinigen das begehrt/ was nicht nur
allein zur Noth: ſondern auch zum Uber=
ſchuß gehoͤret; Dann aufs baͤſte jemand
die ſeinigen verſorgen kan/ auch in zeit [239] lichen
jrꝛdiſchen Guͤtern/ das iſt er ſchuldig
zu tuhn/ und wer es unterlaͤſt/ iſt aͤrger/
als ein Heyd/ und hat den Glauben
verlaͤugnet/ I. Tim. V. 8. Jedoch ſoll es
mit Beding geſchehen/ und nicht bloß in
der gewißgemachten Hoffnung hin: Gott
werde uns erhoͤren/ was wir bitten werden;
oder im gegenteihl/ mit ſolchen Gedanken:
wann er das Amt/ den Dienſt/ den Reſpect/
den Reichtum/ die Heurat nicht erlangt/
darum er ſo herzlich bittet: Es helf das beten
nichts. Nein! Es ſpricht Johannes: Das
iſt die Freudigkeit die wir haben zu
Gott/ daß/ ſo wir etwas bitten/ nicht/
was wir wollen: ſondern nach ſeinem
Willen/ ſo erhoͤret er uns/ und ſo wir
wiſſen daß er uns hoͤret/ ſo wiſſen wir
daß wir die Bitte haben/ die wir von
ihm gebetten haben. I. Ep. V. ℣. 14. 15.
Wann dann nun jemand/ auch auf ſolch
Beding/ GOtt/ um einen Dienſt bittet/ um
den Reſpect/ die Ehr/ das Amt/ das Ge=
werb/ und doch nicht erbittet/ ſo denke er nit:
Sein beten helfe nichts: ſondern vielmehr/
[240]
Sein beten helf allerdings darzu/ damit ihm
am baͤſten geholffen iſt. Dann/ mit dem
Beding hat er gebeten/ wann es zu Gottes
Ehren/ und ſein und ſeines Naͤchſten baͤ=
ſten dienet; weils ihm aber nicht gedeyet: ſo
wiſſe er/ daß das Gott von Ewigkeit her wol
gewuſt/ daß es nicht zu ſeinen Ehren/ und
ſein und ſeines Naͤchſten baͤſten dienen wur=
de/ wanns ihm ſo oder ſo gieng; auch von
Ewigkeit wol geſehen/ daß er mit ſolchem
Beding beten werde: deßwegen auch von
Ewigkeit beſchloſſen ſein Gebet zu erhoͤren/
und dieſe ſeine condition zu erfuͤllen. Alſo
geſchiht es/ daß eben damit/ daß Gott das
Gebet/ um die Ehr/ den Dienſt/ das Ge=
werb/ die Kundſchafft/ ꝛc. nicht erhoͤret/ er
rechtſchaffen erhoͤrt; da er nicht gibt/ gibt er/
und laͤßt ſich nit gedenken: Gott hab ſo un=
beſonnen von Ewigkeit beſchloſſen/ dem
oder jenem/ diß oder das zu geben/ unange=
ſehen/ ob es ihm gut oder nicht gut ſey? ob
er darum bete oder nicht bete; ſondern er
muͤſſe es haben/ er wolle es oder wolle es nit/
er lege es wol oder uͤbel an. Ey nein doch!
Sein allweiſes Weſen wird ſich ja kein
[241]
Menſch: weniger ein Chriſt alſo toͤhricht
einbilden.Fuͤrs andere moͤchte mancher ſagen:
Wann es dann GOtt von Ewigkeit be=
ſchloſſen hat/ dem oder dem/ in zeitlichen/ ſo
oder ſo ergehen zu laſſen/ das und das Gluͤck
zu erlangen/ die Heurat zu treffen/ das Hauß
zu bekommen/ die Kundſchaft/ und ſo fort/
ſo muß es geſchehen/ wann ich mich
gleich gar nicht darum bewerbe. Was
hilft arbeiten/ rennen/ lauffen? Wann es
mein werden ſoll/ ſo wird ſichs ſchicken/ da
ich kein Wort verliere? Es heißt ja: Wems
GOtt goͤnnt/ gibt ers im Schlaff/
Pſal. CXX VII. 2. Und der weiſe Sa=
lomon ſpricht: Der Segen deß Herꝛn
macht reich ohne Mühe! Prov. XX. 22.Das iſt ein trefflichs Argument zur Si=
cherheit/ und zum Muͤſſiggang/ und/ wer
ſonderlich der Sternen Wuͦrkung den zeit=
lichen Segen zuſchreibt/ der kan nicht wol
anderſt als ſo ſchlieſſen. Der fromme Am-
broſius 68 aber antwortet ſonderlich de [242] nen/
die das waͤhnen/ alſo ſpoͤttlich: Cur
laborat agricola, & non magis expectat ut
inelaboratos fructus, privilegio ſuæ nati-
tivitatis, invehat receptaculis horreo-
rum? Si ita natus eſt, ut ei divitiæ atq́ue
opes affluant, ut ſibi ſpontaneos reditus
ſine ullo ſemine atq́ue opere terra partu-
riat: non vomerem arvis imprimat, non
curvæ manum falci admoveat, non legen-
dæ vindemiæ ſubeat expenſam: ſed ultro
ei in omnes ſerias vina fundantur fluen-
tia; ſponte ei oleum, nullis inſerta caudi-
cibus ſylveſtris oleæ bacca deſudet: nec
diffuſi æquoris transfretaturus pericu-
lum, propriæ ſalutis ſolicitus mercator
horreſcat, cuiocioſo poteſt, ut ajunt, qua-
dam ſorte genitali divitiarum theſaurus
illabi. Das iſt Warum arbeitet der
Bauersmann/ und wartet nicht viel
mehr/ dz er die unangebauete Frucht/
aus ſeiner Geburtſtund privilegio
in ſeine Scheune fuͦhre? wann er in
einem ſolchen Zeichen geboren iſt/
daß ihm Reichtum und Guͤter zuflieſ=
ſen ſollen/ daß ihm ſein Feld und
[243]
Aker/ ohne Saamen und arbeiten
ſelbſt alles trage: ſo pfluͤge er doch
nicht/ ſo ſchneid er nicht/ ſo wende er
keinen Unkoſten auf ſein Weinleſen.
Dann es werden ſchon die Wein ſel=
ber in ſeine Faͤſſer und Laͤgel lauffen/
es wird ihm ſchon der Wilde Stam
̅
im Wald/ Oel tropffen/ und hat we=
niger der Handelsmann Urſach daß
er ſich auf die See mit Leibs und Le=
bens Gefahr begebe; dann der Reich=
tum ſchon ſo kommen wird/ ſo er nur
einen ſolchen Planeten in ſeiner na-
tivitaͤt hat. Es ſezt aber gedachter Bi=
ſchoff wol darzu: Sed non hæc eſt univer-
ſorum ſententia. Das iſt: Nicht jeder=
mann haͤlt alſo dafür.Freylich nicht jedermann! Dann auch
die Welt Weißheit hat das pflegen darauf
zu ſagen: Es werde keinem eine ge=
bratene Taube ins Maul fliegen;
und gehoͤrt wol hieher der Alten Apologus
von einem Fuhrmann/ der den Herculem
angeruffen/ ihm von der Stelle zu helfen/
[244]
darein ſein Karꝛen geſunken waͤre/ und aber
zur Antwort bekommen: Nimmermehr
wuͤrde er fortkommen/ wann er nicht ſelbſt
Hand anlegen/ heben und ſchieben wolte/
anzudeuten: von dem Hoͤchſten wuͤrde
kein Gluͤck vom Himmel fallen uͤber einen
Faullenzer. So hat der Heyden Urteihl
geheiſſen! Chriſten wiſſen noch baͤſſer was
Gottes Will iſt/ und gehoͤrt hieher ſonder=
lich der CXX VIII. Pſalm/ der unter
andern ſpricht: Du wirſt dich naͤhren
deiner Hand arbeit/ wol dir du haſt
es gut! dein Weib wird ſeyn wie ein
fruchtbarer Weinſtock um dein Hauß
herum/ deine Kinder wie die Oel=
zweige um deinen Tiſch her/ der Herꝛ
wird dich ſegnen aus Zion/ daß du ſe=
heſt das Gluͤck Jeruſalem dein Le=
benlang/ und ſeheſt deine Kindeskin=
der/ Fried uͤber Iſrael/ ℣. II. III. V. VI.Demnach iſt beydes wahr: Gott weiß
von Ewigkeit/ und hat auch von Ewigkeit
beſchloſſen/ was fuͤr einen Stand/ Amt/
Dienſt/ Reichtum/ Heurat/ Anſehen/
Hauß/ Nahrung/ Kundſchaft/ ꝛc. er einem
[245]
jeden geben wolle/ wie weit ers bringen ſol=
le/ bey wem er gelten ſolle und dergleichen;
und iſt doch das auch wahr: GOtt will ha=
ben/ daß ein jeder redlich/ getreulich/ fleiſſig
arbeiten ſoll/ und hat auch das beſchloſſen/
daß/ wann er nicht arbeitet/ ſo ſoll er zu der
Ehr/ Dienſt/ Amt/ Anſehen/ Kundſchaft/ ꝛc.
nicht kommen. Und folgt das bey weitem
nicht/ daß man ſagen wolte: wann es Gott
beſchloſſen hat: ſo muß einem die Ehr/ oder
das Gluͤck/ wie es nahmen hat/ werden/ er
wolle oder wolle es nicht/ er arbeite oder ar=
beite nicht.Dann/ moͤchte man zwar ſagen/ Got=
tes Vorwiſſen und Rahtſchluß fehlet
ja nicht; weil er es dann von Ewigkeit
geſehen/ und beſchloſſen/ wie/ wann/ was/
wie weit es der oder der Menſch bringen
werde: ſo muß es ſo ſeyn und kan nicht an=
derſt ſeyn; ſonſt fehlete Gottes præſcienz
und Vorwiſſenheit: oder ſein/ als Goͤttli=
ches decret werde von Menſchen hinter=
trieben/ bey denen es ſtehe ſolches zu exe-
quirn oder nicht.Antwort aber/ Erſtlich iſt es wahr.
[246]
Anderſt gehet es nicht/ und kans nicht
gehen/ als es GOtt von Ewigkeit
geſehen und beſchloſſen hat. Er hat es
aber/ wie oben gedacht/ von Ewigkeit nie
anderſt beſchloſſen/ als er auch von Ewigkeit
geſehen/ daß ſich der oder der Menſch/ ein=
mal halten/ die oder die Gelegenheit ſich er=
eignen werde/ derer ſich dieſer oder jener/ fuͤr
dem oder dem gebrauchen werde/ und aus
deſſen Gebrauch/ dieſer und kein anderer
effect folgen koͤnne. Weil er dann ſolches
alles gewiß und unfehlbar wuſte/ als der
deß Menſchen Herz und Nieren pruͤ=
fet. Pſal. VII. 10. und doch dabey ſeine
Freyheit ihm nicht nim
̅
t: ſondern in ſeinen
Wegen gehen laͤßt; und aber auch das ge=
ſehen/ daß der oder der/ das oder das Gluͤck
mit Fuͤſſen gleichſam von ſich ſtoſſen werde/
oder aus einem Muͤſſiggang/ und luͤderli=
chen Luͦmmelhaften Weſen verlaͤiſten/ der
doch ſonſten/ dem oder dem Werk/ wol ge=
wachſen waͤre/ und dazu ſtattliche qualitaͤ=
ten haͤtte/ als laͤßt er ihn auch leer ausgehen/
und weil er nichts ſuchet/ auch nichts ſin=
den; weil er nach nichts langt/ auch nichts
[247]
erlangen. Weil er aber geſehen/ daß ſich zu
der und der Zeit/ die und die Gelegenheit er=
eignen/ um die der oder der/ ſich/ ſo oder ſo
bearbeiten werde; ein anderer/ zween/ drey
zwar auch: aber nicht auf ſolche oder ſolche
Weiſe/ die zu der Zeit ſich ſchickt: nicht bey/
oder mit ſolchen oder ſolchen Perſonen: nit
an dem oder dem Ort/ ꝛc. als hat er auch be=
ſchloſſen jenem/ das oder das Amt/ Reich=
tum/ Ehr/ Anſehen/ ꝛc. entweder zu geben/
oder zuzulaſſen/ daß ihms von dem zukom
̅
e/
und jenem nicht/ der ſich entweder nicht
darum bewirbt/ oder nit mit gebuͤhrender
Maaß und Weiſe/ oder bey dem rechten
Ort nicht/ und auch dergleichen.Man moͤchte zwar wider ſagen: Wa=
rum gibt ihm Gott nicht auch einen
ſolchen Verſtand/ das Ding ſo oder
ſo anzugreiffen/ wie es jener angreif=
fet? warum treibt er ihn nicht auch
zu der Zeit/ bey denen oder denen Per=
ſonen zu arbeiten/ an dem oder dem
Ort anzuſchlagen/ wie jener tuht?Antwort. Gott laͤßt ordentlicher Weiſe/
einer jeden Natur ſeinen Lauff; wie ſie ſich
[248]
befindet/ ſo gehet er/ ſo zu reden/ mit ihr/ und
hebt und legt mit ihr/ als der keiner/ die
die Freyheit deß Willens haben/ die Frey=
heit nehmen will/ und ob er ihn ſchon etwan
alſo kraͤfftiglich dahin oder dorthin incli-
niren koͤnte/ daß er das Ding ſo/ und nicht
anderſt angreiffe/ in der Stund und in kei=
ner andern/ mit ſolchen Reden und keinen
andern/ bey der Perſon un
̅
keiner andern/ ꝛc.
wie er in ſeiner Allwiſſenheit weiß/ daß es
zu erheben iſt; ſo iſt ers doch keinem Men=
ſchen ſchuldig zu tuhn/ und wann ers im
End dem fuͤr jenem taͤht/ und wir grad eben
præcisè und eigentlich/ in der oder der
Action, die Urſach nicht finden/ und
einem jeden auf alle ſeine Fragen einen
deutlichen ausfuͤhrlichen Bericht geben
koͤnnen/ ſo gedenke er: daß GOtt auch kei=
nen Menſchen zu einen geheimen Raht/
und Secretarium ſeiner Verwaltung und
Negotien/ in dieſer Welt angenommen
hab/ der ihm ſeines GOttes decreta und
Verlaͤß aus der Himmeliſchen Canzley
vorlegen koͤnne. Er ſehe aber zu/ ob er nicht
aus obangezogenen Urſachen cap. IIX.
[249]
eine finden moͤge/ die aufs wenigſte proba-
bel und muhtmaͤßlich ſey.Zu lezt muͤſſen wir das auch geſtehen/
daß GOtt der HErꝛ manchem Menſchen
Gelegenheit gnug an die Hand gibt/ und
deutlich und handgreifflich weiſet/ wie/
wann und wo dieſes oder jenes anzugreif=
fen ſey/ zu erhalten/ zu verteidigen/ ꝛc. Weil
aber GOtt keinen mit Haaren zu einem
Ding ziehet/ oder einen Strick vom Him=
mel herab an Hals wirft/ und wie einen
Ochſen fort ſchleppet; als muͤſſen wir ſelbſt
geſtehen/ daß mancher Menſch/ der hand=
greiflichen Ordnung Gottes/ vorſezlich nit
habe folgen wollen/ und den grünen Zweig
erheben/ der ihm vorgezeigt worden iſt; alſo
wider ſeine eigene Nachlaͤſſigkeit; nicht aber
wider ſeinen Gott zu murꝛen Urſach habe.Aber wider zuruck auf das zu kommen/
daß gleichwol ſtehe Pſal. CXX VII. 2.
GOtt geb es im Schlaff wem ers
goͤnnt/ hat es die Meynung nimmermehr/
daß man deßwegen nirgend keine Hand
anlegen ſoll/ nirgend ſuchen/ forſchen/ wa=
gen: ſondern/ wann man ja der teutſchen
[250]
Verſion nachgehen ſoll/ iſt es ſo zu verſte=
hen: Gedachte Perſonen ſollen ſich doch
der herzquaͤlenden/ geizigen/ kleinmuͤ=
tigen/ Zweifelſorgen entſchlagen/ und
nicht waͤhnen: es lige alles Gluͤck an den
uͤberſorg=vollen Tag=und Nachtarbeiten/
und weder Ruh noch Raſt haben koͤnnen/
oder auch ſeinem Geſind laſſen. Dann/
wann ſie bey ihrem ordentlichen Beruff/
und beſcheidener Maaß darinnen verblei=
ben/ wuͤrde Gott denſelben gleichſam uͤber=
ſuͤſſen/ daß ihnen ihr beſcheidener Teihl ſo
zukomme/ daß ſie es nicht eben merken/ und
wol ehe denken ſolten: es ſey ihnen der Se=
gen im Schlaff ins Hauß kommen! An=
derſt iſt auch Salomon nicht zu verſtehen/
und ſo man abermal bey der teutſchen Ver-
ſion bleiben ſoll/ die es alſo gibt: Der Se=
gen deß Herꝛn macht reich ohne Muͤ=
he/ heißt der weiſe Koͤnig damit nicht faul=
lenzen/ und das Maul aufſperꝛen/ oder die
Haͤnd in einander ſchlagen/ als der nie=
mand feinder iſt/ als ſolchen Muͤſſiggaͤn=
gern/ wider die er oft ſchreibet Prov. VI. 9.
XV. 19. XIX. 24. XX. 4. Das waͤre
[251]
aber dadurch geredt: Der Segen deß
Herꝛn/ durch Gottesfurcht und glaubi=
ges Gebet erlanget/ machet reich/ wann
GOtt einen reich haben will; und geſchiht
zwar ſolches ohne Muͤhe/ das iſt: nicht
durch unnoͤhtige Bekuͤmmerniß/ Sorg un
̅
Graͤmen: ſondern durch Arbeit und Fleiß/
ſo mit Freudigkeit und Ruhe deß Herzens
vollbracht wird. Andere ziehen die Wort/
ohne Muͤhe/ auf Gott/ als wann Salo=
mon ſpraͤche: der Segen deß HErꝛn
macht reich ohne Muͤhe/ das iſt: Gott
koſtet es keine Muͤhe: ſondern es iſt ihm
um ein geringes und leichtes; ja nur um ein
Wort zu tuhn/ wann er ſpricht: Sey ge=
ſegnet! muß ſein Segen hauffen weiß ſich
finden.Fuͤrs dritte moͤchte man gedenken:
Wie ſolche herꝛliche groſſe Guͤter von Gott
kommen koͤnnen/ bey denen/ die es ſo uͤbel
anlegen/ und zu nichts anders anwenden/
als zu Gottes Unehr/ zu lauterm Schaden
ihres Naͤchſten/ dem ſie bey weitem ſo wehe
nicht tuhn koͤnten/ ſo viel Ungluͤcks in der
Welt nicht anrichten/ wann ſie die Macht/
[252]
den Reichtum/ die Ehr/ das Anſehen/ ꝛc.
nicht haͤtten. Entweder Gott hat auch ſol=
ches von Ewigkeit geſehen oder nicht? Hat
er es nicht geſehen: ſo iſt er nicht allwiſſend/
und faͤllt ein groſſes Stuck von vorherge=
hender Antwort und Grund hinweg. Hat
er es aber geſehen: ſo iſt es nimmermehr
glaͤublich/ daß Gott/ der ſeiner Guͤter ein
Schoͤpffer iſt/ und wehrt achtet/ daß er ſie
erſchaffen/ ſelbige/ dem Menſchen geben
wolle/ den er/ daß er es ſo leichtfertig/ ſo ver=
dammt/ ſo Gottes und Menſchen Vergeſ=
ſen anwenden werde/ von Ewigkeit geſehen
hat. Das hieß ja dem Kind ein ſpizig Meſ=
ſer in die Hand gegeben/ und Gelegenheit
gemacht/ daß es ſich darein ſtechen ſolle/
deme es ja tauſentmal baͤſſer geweſt waͤre/
einen groben Knuͤttel Holz davor gegeben/
oder beydes nicht gegeben haben. Wann
ein Menſch wiſſentlich weiß/ daß der an=
dere/ ſeines guten Willens ſo vorſezlich/ ſo
ſchaͤndlich mißbrauchen wird/ ſo hat er fuͤr
allen Gerichten die Schuld/ der darauf er=
folgten Boßheit. Eltern/ die den Kindern
Gelt in die Hand laſſen/ haͤlt man ins ge=
mein fuͤr Urſachen ihrer übelgerahtenen
[253]
Kinder/ die es doch zu ſolchem End tuhn/
daß ihre Kinder eine Ergoͤzlichkeit haben/
unter welcher ſie jmmer noch das baͤſte von
ihnen hoffen: Gott aber weiß von Ewig=
keit/ und weiß unfehlbar/ daß ſie es uͤbel an=
legen werden/ daß ſie es zu Suͤnden/ zu
Laſtern/ ihm und der ehrbarn Welt zu Ver=
druß gebrauchen werden. Alſo will es nim=
mermehr eingehen/ daß Gott ſolchen Leuten
ſo viel gutes tuhe/ es ſey dann/ man ſage:
Entweder/ GOtt wolle zu ihren Suͤnden
helfen; oder wolle/ daß ſie ſuͤndigen/ die ſonſt
nicht ſuͤndigten/ wann ſie dieſe Mittel nicht
haͤtten; oder Gott wolle allerdings/ daß
dieſe endlich verdam
̅
t werden; weil er ihnen
den Weg zur Hoͤllen/ durch ſo viel Mittel
dazu/ ſelbſt bahne/ als zum Exempel Saul
obangezogen war. Der kom
̅
t zum Koͤnig=
reich/ da er Eſel ſucht/ er erlangt Gunſt/
Macht/ Gelt/ das alles/ ſo er nicht bekom
̅
en/
vielleicht weder Gott verachtet/ und bey der
Zaubererinn Raht geſucht/ noch David ſo
grimmig zugeſezt haͤtte/ noch ſich ſelbſt er=
ſtochen/ und dem Teuffel in Rachen ge=
fahren waͤre.In den Einwurf hat ſich freylich menſch [254] liche
Vernunft nie finden wollen. Wir
wollen aber ſehen/ wie weit wir gehen koͤn
̅
en.Das allererſte betreffend/ ob es Gott
von Ewigkeit geſehen oder nicht ge=
ſehen/ daß der oder der Menſch/ als
zum Exempel Saul/ ſeine Gaben ſo
uͤbel anlegen werde/ antworten wir al=
lerdings ja! GOtt hat es freylich geſehen/
und unfehlbar zuvor gewuſt/ wie/ wann/ wo=
mit/ gegen wem Saul ſolcher ſeiner verlie=
henen Eminenz mißbrauchen werde.So man weiter fragt: Ob man dan
̅
auch ſagen koͤnne: Gott geb es ihnen?
oder wie kommen ſie darzu/ ſo antwor=
tet fuͤr uns Hiob alſo: Ja/ Gott geb es ih=
nen! Seine Wort heiſſen: Der verſtoͤ=
rer Huͤtten haben die Fülle/ und to=
ben wider Gott durſtiglich/ (das iſt/
wie es das Weinmariſche Werk erklaͤret:
die ungerechte Tyrannen/ ſo andere
unterdrucken/ haben in dieſem Leben
voll auf/ ob ſie gleich GOttes Nah=
men ſchaͤnden/ und ſeinen Geboten
[255]
widerſtreben/) und dannoch ſtehet dabey
im Text: wiewol es ihnen Gott in ihre
Haͤnde gegeben hat/ oder: wie wol es
nicht ohne GOttes ſonderbare Ver=
haͤngniß und Vorſehung geſchiht/
dz ſie bey ihrer Gottloſigkeit ſo gluͤck=
ſeelig ſind/ im XII. 6. Jeremias ſagt es
auch ausdruͤcklich: Herꝛ und Gott! du
pflanzeſt die Gottloſen und Ver=
aͤchter/ daß ſie wurzeln/ und wachſen/
und bringen Frucht/ daß ſie alles die
Fuͤlle haben/ ſeiner Weiſſagung im XII.
℣. 2. David gedachte dem Ding zwar auch
nach/ daß er es begreiffen moͤchte/ und geſte=
het es/ daß es ihm zu ſchwer war/ biß
daß er gieng in das Heiligtum Got=
tes/ und merkete auf der gottloſen
Ende; da er gefunden/ daß GOtt ſie
nur aufs ſchluͤpferige ſeze/ und ſtuͦrze
ſie zu Boden. Wie werden ſie ſo ploͤz=
lich zu nicht? Sie gehen unter und
nehmen ein End mit Schrecken.
Pſalm. LXXIII. 16. 17. 18. 19.
|| [256]
Wann man aber gleich das ſagen wolte
mit David/ oder nochmal mit Hiob: Gott
behalte ſolcher Leut Ungluͤck auf ihre
Kinder/ im XII. 19. Sie ſelbſt werden
behalten auf den Tag deß Verder=
bens. ℣ XXX. wann man gleich/ ſprich
ich/ die Antwort gibt/ ſo bleibt doch der
Scrupel/ Einmal/ was die Kinder da=
fuͤr koͤnnen/ daß ihre Eltern dieſe und
dieſe Guͤter Gottes ſo uͤbel angewen=
det haben/ und ſie erſt/ jener Schuld
und Ungluͤck tragen ſollen/ die nicht
dazu geholfen haben/ oder zur ſelben
Zeit gar noch nicht geweſen ſeyn?
Fuͤrs ander/ bleibt noch dieſe Frag: Ob
Gott auch das geſehen hab oder nit?
hat ers nicht geſehen/ ſo iſt er nicht allwiſ=
ſend; wann ers aber geſehen hat/ und gibts
ihnen doch/ ſo wuͤrde einmal folgen: GOtt
helfe ihnen zu ihren Suͤnden/ oder wolle daß
ſie ſuͤndigen/ die ſonſt ſich ſo nicht verſuͤndi=
gen koͤnten/ wann ers nicht gebe.Demnach antworten wir darauf alſo:
das folge nicht daraus/ und muͤſſe viel [257] mehr
umgewendet werden/ und ſo geur=
teihlt/ daß GOtt darum ſolchen Boͤſen ſo
viel gutes tuhe/ daß ſie ihren boͤſen Sin
̅
eher aͤndern ſolten/ weil ihnen ſo viel
gutes widerfaͤhrt/ deſſen ſie nimmermehr
wehrt waͤren/ gegen andere viel froͤmmere/
ehrlichere/ Chriſtlichere gerechnet. Paulus
ſagt ja deutlich: Weiſtu nicht/ daß dich
GOttes Güte zur Buſſe leitet?
Roman. II. 3. auf daß jene deſto ehe den
HErꝛn ſuchen ſolten/ ob ſie doch ihn/
mit Seelen=Nuzen fuͤhlen und finden
moͤchten. Act. XVII. 26. Weil er die
Zeit der Unwiſſenheit un
̅
Unbedacht=
ſamkeit lang uͤberſehen hat/ ℣. XXX.
Der beredte Chryſoſtomus, da er von
Adam handelt/ und weiſen will: warum
ihn Gott nicht alsbald/ da er ſeine ſo herꝛli=
che Gaben mißbraucht/ erwuͤrgt haͤtte/
ſpricht: 69 Deus non minùs quàm an-
tea benè illi facere perſtitit, oſtendens per
hoc, & liquidò comprobans, quòd nos,
[258]
etſi millies peccemus, illumq́ue averſe-
mur ipſe tamen ſaluti noſtræ proſpicere
nunquam deſiſtat, ut, ſi quidem converſi
fuerimus, ſervemur: ſin autem in vitiis
perſeveraverimus, ipſe tamen, quod ſuum
erat, feciſſe advertatur. Das iſt: GOtt
hat nicht aufgehoͤrt ihm hernach ſo
wol/ als zuvor/ gutes zu erweiſen/ da=
mit er dadurch klaͤrlich zeigte/ daß/
ob wir ſchon tauſentmal ſuͤndigen/
und ihn von uns ſtoſſen/ er dannoch
nimmermehr aufhoͤre unſer Heil und
Wolfahrt zu ſuchen/ auf daß wir nach
unſerer Bekehrung erhalten wuͤrden.
Im übrigen aber ſo wir in Suͤnden
verharꝛen/ man doch ſehen müſſe/ daß
Gott das ſeine getahn habe.Ja/ ſpricht man wider: GOtt weiß
aber von Ewigkeit/ daß ſie ihren Sin
̅
nit aͤndern werden noch wollen; Da
er es ihnen dann gibt/ iſt ja nur ein
mehrere Anlaß gegeben zu ſuͤndigen.Antwort: Von GOttes heiligem und
unſtraͤflichem Weſen ſolte man ſo nicht ge [259] denken/
und kan auch nit ſeyn ohne Gottslaͤ=
laͤſterung; dan
̅
Gott iſt kein Gott dem
gottloß Weſen gefaͤllt/ Pſalm. IV. 5.
Aber doch den Scrupel baͤſſer zu benehmen/
wollen wir naͤher der Sach kommen. Ich
ſeze aber entgegen das Exempel von der
Sonnen/ die laͤßt GOtt auch uͤber die
Boͤſen ſcheinen; und vom Regen/ der
auch derer oder jener Geizhaͤls und Wuche=
rer/ oder Verſchwender und Verpraſſer/
Feld und Acker nezet/ und fruchtbar machet/
Matth. V. 35. Grad ſo wolt ich ſagen: Ent=
weder es weiß Gott von Ewigkeit/ daß der
oder der Ehebrecher/ der Moͤrder/ der
Straſſenrauber/ ꝛc. ſeiner lieben Sonne
ſo mißbrauchen werde in Unzucht/ in Die=
berey/ in Rauben/ in Todſchlag ꝛc. Item/
daß der oder der/ derer Güter ſeines Feldes/
mit Geiz/ oder im Gegenteihl mit Ver=
ſchwendung mißbrauchen werde; oder/ er
weiß es nicht. Weiß ers nicht/ ſo iſt er nit
allwiſſend. Weiß ers aber/ wie ers weiß/
warum laͤßt er ihnen dann ſeine Sonne
ſcheinen/ und einen fruchtbaren Regen wi=
derfahren? Wann ers nicht ſcheinen ließ/
[260]
und ließ auf derer Aecker nicht regnen/ koͤn=
ten jene etwan ſich nicht verſündigen mit
Unzucht/ Rauben/ Diebſtahl/ Mord; und
dieſe nicht mit Geiz/ und Verſchwendung.
Folgt es dann darum/ alſo frag ich jzt da=
rauf/ daß Gott zu denen Suͤnden helfe/ oder
wolle/ daß ſie ſich in Rauberey/ in Pluͤndern/
in Geitz und Wucher verſuͤndigen ſollen;
weil ſie ſich etwan ſonſt/ ſo ſie arm waͤren/
oder erblindet/ und die liebe Sonne nicht
ſehen kuͤnten/ etwan auch nicht verſuͤndiget
haͤtten? Was mir nun einer darauf ant=
worten wird/ wird er auch ſich ſelbſt auf ſei=
nen Zweifel antworten muͤſſen. Ich/ fuͤr
mich aber ſpreche: Nein! es folgt nimmer=
mehr; vielmehr aber ſcheint Gottes Guͤte
daraus/ die ihnen ihr Geſicht behaͤlt/ daß ſie
an der edlen Creatur/ der Sonnen/ die ſie
ſehen und ſpuͤren koͤnnen/ lernen ſollen/ ihrer
beyder Schoͤpffer mit groͤſſerer Dankſa=
gung zu verehren/ und als den/ der ihren
Acker ſegnet/ und ſeine Furchen traͤn=
ket/ daß ſeine Fußſtapffen von Fette
trieffen. Pſal. LXV. ℣. 12. auf daß ſie/ an
den reichen Guͤtern und Uberfluß/ behal [261] ten/
uͦber ſich zu ſehen/ und nicht wie die
Schwein reverenter ſich zu erzeigen/ die
auch nur die Eicheln unter dem Baum
aufklauben/ uͤber ſich aber auf den Baum/
von dem ſie fallen/ nicht achtung haben.Man moͤchte zwar wider ſagen: das
Exempel von der Sonnen und Regen waͤ=
re gar ungleich/ und auf gegenwaͤrtiges
ungereimt. Dann/ daß Gott ſelbige ſchei=
nen laͤßt/ und Regen vom Himmel ſendet/
geſchehe darum/ weil der Menſch or=
dentlicher Weiſe anderſt nicht leben
koͤnte/ und er/ ſolchen zu erhalten/ die
Sonne und Regen ſenden muͤſte/ ſo
er ſeine eigene Ordnung nit brechen
wolte. Allein der groſſe ſondere Reich=
tum/ die ſonderbare Macht/ die hohe Ge=
walt/ werde eben nicht zu deß Menſchen er=
haltung erfordert/ als der leben koͤnte/ wann
er ſchon ſolchen uͤberſchwaal der zeitlichen
Guͤter nicht haͤtte. Daß nun der Menſch
jenes mißbrauche/ geſchehe ja wol wider
Gottes Willen; dieſes aber ſcheine anderſt
nicht/ als wann es Gott zur Anlaß gebe ih [262] res
oft zeitlichen/ und endlich ewigen Ver=
derbens.Antwort. Es iſt zwar ſo/ daß hierinnen
zwiſchen dem Sonnenſchein und Regen/
und zwiſchen dem uͤberfluß der zeitlichen
Guͤter/ was deß Menſchen bloße Erhaltung
betrifft/ ein Unterſcheid ſey: weil ohne jenes
ordentlicher weiß der Menſch nicht leben
moͤge/ wie er/ ohne dieſes/ den uͤberfluß in
zeitlichen Guͤtern/ leben koͤnte. Davon aber
allein redet man nicht: ſondern die von uns
baͤſſer obengeſezte conſequenz und Folge
muß man bedenken/ worinnen gleichwol der
Zweck und die Gleichheit beſtehet/ daß/
gleich wie es nicht folget: Wann Gott geſe=
hen daß der oder der Menſch/ ſeiner Son=
nen und Regen/ alſo ſchaͤndlich mißbrau=
chen werde/ um deß willen/ daß er ſeine
Sonne ſcheinen laſſe/ und ſeinen Regen
fallen/ anlaß gebe zu ſeinem Untergang/
oder zu ſeinen Suͤnden helfen wolle: Alſo
folge auch das nicht: Wann Gott geſehen/
daß der oder der ſeiner hohen Gaben miß=
brauchen werde/ er darum/ weil er ihm ſolche
mitteihle/ zu ſolchem Mißbrauch helfen oder
anlaß geben wolle. Dann daß ers beydes
[263]
mißbraucht/ geſchihet wider Gottes Wil=
len/ Meynung/ Befehl; als der weit ein an=
ders abſehen hat/ als das/ deß Menſchen ſo
ſchaͤndliches verſuͤndigen/ an den ſo groſſen
und vielen Gaben ſeiner Guͤte/ maſſen zu=
vor erwaͤhnt worden iſt.Anderſt iſt auch nicht auf das andere zu
antworten/ da man ſo hart gedenket: daß
Gott manchem Menſchen ſolche ho=
he Guͤter gebe/ folge ja/ daß ers ihm
nur zu ſeiner Verdamniß gebe; Dan
̅
wann er/ zum Exempel/ dem Reichen Man
̅
haͤtte Lazari Armut gegeben/ waͤre er ja auch/
wie Lazarus/ demuͤtiger/ froͤmmer/ ſeeliger
worden.Stattlich aber gibt uns darauf zu ant=
worten anlaß/ der fromme und gelehrte
Vatter Proſper, ob er ſchon nur allein von
einem langen Leben redet. Er ſchreibt alſo:
70 Si aliquis in vitæ ſuæ longitudine de-
ſeruit Deum, bono, quod erat ex Deo,
malè uſus eſt. Nam longævitas non eſt
[264]
niſi ex Deo. Et quod ex Deo eſt, non niſi
bonum eſt, & quod bonu
̅
eſt, mali cauſa
non eſt. Non itaq́; rectè opinatur, qui pu-
tat, prorogatorem vitæ, lapſuris, autore
̅
eſſe peccati: cùm utiq́; non peccatum ſit
diu vivere: ſed malè vivere: quod etiam in
paucorum annorum ætate fieri poteſt.
Das iſt: Wann einer/ ſo er lang lebet/
etwan von GOtt weichet/ braucht er
das gute/ daß er von Gott hat/ nicht
gut. Dann lang leben kom
̅
t von nie=
mand/ als von Gott. Was aber von
Gott iſt/ iſt nichts als gut/ und was
gut iſt/ kan keine Urſach eines boͤſen
ſeyn. Darum meynet der nicht recht/
wer alſo urteihlt: Der/ ſo jemand lan=
ges Leben gibt/ gibt ihm auch urſach/
daß er ſuͤndige; (verſtehe/ weil/ wann er
ihn in der Jugend fluchs hinſterben ließ/ er
die oder die Suͤnd nicht begehen koͤnte/)
weil lang leben keine Sünd iſt: ſon=
dern uͤbel leben/ welches eben ſo wol
in einem kurzen leben geſchehen kan.
Mit leichtem iſt es auf gegenwaͤrtiges zu
[265]
deuten. Hohe und groſſe Guͤter ha=
ben/ iſt keine Suͤnd: ſondern derer
uͤbel gebrauchen/ iſt Suͤnd. Jezt ant=
worte mir aber eines rund auf das: Ob
GOtt einen ſolchen Menſchen/ als
Saul/ oder der Reiche Mann war/ der deß
zeitlichen ſo hoch mißbrauchte/ zu
ſolchem Mißbrauch noͤhtige/ oder
nur neige und fuͤhre/ mit jnnerlichen
Eingebungen zu dem Mißbrauch?
Oder? ob er dannoch mitten unter de=
nen hoͤchſten Gaben und Geſchen=
ken/ ihm/ ſeinen freyen Willen laſſe/
und/ daß ers mißbraucht/ auß eigener
Willkuͤhr tuhe/ wider GOttes Wil=
len/ Befehl/ Warnungen und der=
gleichen/ ob er ſchon von Ewigkeit
weiß daß ers uͤbel anlegen werde?
Soll das erſte ſeyn/ ſo wird GOtt eine Ur=
ſach der Suͤnden gemacht/ das kein Chriſt
nur gedenken ſoll; weiln auch die Heyden
es fuͤr ein ſolch dogma oder Lehr gehalten/
die in keinem Regiment zu dulden
[266]
ſey/ wie der weiſe Plato redete. 71 Soll das
andere ſeyn/ ſo bringt ſich ein ſolcher Menſch
ſelbſt in verderben/ weil er ſeinen freyen
Willen/ den er hat/ ſo uͦbel anlegt/ da er ihn
auch zum baͤſſern haͤtte anlegen koͤnnen. Iſt
dann nun der Menſch an ſeiner Verdam=
niß/ die daraus entſpringt/ ſchuldig/ oder
Gott? Erſtgedachter Proſper ſagt noch=
mal: 72 Nec Deus, qui juſtitiæ & bo-
nitatis autor eſt, & cujus omnia ſtatuta
& mandata contra peccatum ſunt, quen-
quam ad peccandum cogere, & ab inno-
centia in facinora præcipitare credendus
eſt. Si qui autem tam profundæ impieta-
tis ſunt, ut extra remedium correctionis
habeantur, non à Deo incrementa ini-
quitatis accipiunt, ſed per ſemetipſos de-
teriores fiunt; quia relinqui à Deo, ac
ſibi ac deceptoribus ſuis tradi propter
præcedentia peccata meruerunt, ut eis,
peccatum, ſit ipſa etiam pœna peccati.
Das iſt: Durchaus iſt es nicht zu glau [267] ben/
daß GOtt/ der aller Gerecht=
und Froͤm
̅
igkeit ein Urheber iſt/ und
deſſen alle Gebot und Befehl wider
die Suͤnde ſind/ einigen Menſchen
zur Suͤnde noͤhtigen/ und von der
Unſchuld/ in Laſter ſtuͤrzen ſolle. Wan
̅
aber etliche ſo aͤuſſerſt gottloß ſind/ die
ſich nimmer aͤndern laſſen/ empfahen
ſie ſolcher ihrer Boßheit Vermeh=
rung nicht von GOtt: ſondern ſie
werden durch ſich ſelbſt aͤrger/ und
habens ihren vorigen Suͤnden zuzu=
ſchreiben/ daß ſie ihrem eigenen Be=
trug/ und denen/ die ſie betriegen/ hin=
gegeben werden/ daß die neue Suͤnde
jezt zur Straff der andern Suͤnden
werden muß.Dann ſo man gleich ſpreche: Wann es
ihm Gott nicht gegeben/ waͤre er etwan eher
in ſich geſchlagen/ oder noch ſeelig worden.
Gelegenheit macht Dieb/ heiſt es im
Sprichwort; So muß man doch wider
gedenken/ teihls/ was oben geſagt: teihls/
daß man wol darzu geſezt das Woͤrtlein
[268]
Etwan. Dann es iſt ein anzeig eines zweif=
fels/ und/ wie der Reichtnm/ die Ehr/ das
Anſehen/ und dergleichen keinen verdam
̅
t:
Alſo macht auch die Armut/ die geringe Ehr/
die Verachtung keinen ſeelig/ und kan einer
auch in ſeiner groͤſten Armut verdam
̅
t wer=
den; wie es dann oft ſo gehet/ daß die aͤrm=
ſte die Loͤſeſte Leut ſind/ und haben ſie nicht
die Gelegenheit zu allen ſolchen Sünden/
die die Reichen begehen: haben ſie andere
Gelegenheit zu andern Suͤnden/ die ja ſo
wol verdammen und in die Hoͤlle bringen
koͤnnen. Der ſuͤſſe Redner Chryſoſtomus
ſagt gar ſchoͤn: 73 Annon vides & men-
dicornm plurimos, inter preſſuras ipſas &
anguſtias innumera perpetrare ſcelera?
Das iſt: Siheſtu nicht/ daß mitten in
ihrer Armut und Aengſten: dan=
noch die aller aͤrmſte/ unzaͤhlich viel
Schand und Laſter begehen?Endlich bleibt es nochmal dabey: Gott
laͤßt Reichen und Armen/ Hohen und Ni=
dern ihren freyen Willen/ den er ihnen nit
[269]
???ehmen kan/ er nehme dann zugleich/ ſo zu
???eden/ die Menſchheit weg; dann eben in
dem Stuck ſonderlich der Menſch ein
Menſch iſt/ daß er gutes und boͤſes erwaͤhlen
???an/ welches ein Vieh/ und eine andere leb=
???oſe Creatur nicht kan.Demnach iſt ferner gar ein ungleiches
Gleichniß/ daß man ſprach: Es iſt eben
als wann ein Vatter einem Kind
ein ſpizig Meſſer gebe/ oder Gelt in
die Hand lieſſe. Nein! antworte ich. Ein
Kind hat den Verſtand noch nicht/ wie es
ein Meſſer gebrauchen ſoll/ zum Nuzen oder
???um Schaden; oder auch/ wie es kluͦglich
???nd nuzlich das Gelt anlegen ſolle/ eben da=
???um/ weil es ein Kind iſt. Ein erwachſener
Menſch aber (dann von ſolchen redet man)
weiß was gut und boͤß iſt/ er hoͤrt es und
kan es taͤglich hoͤren/ es warnet ihn ſein ei=
genes Herz/ manche Faͤll und Exempel an
ſeinem Naͤchſten/ um deßwillen er den Miß=
brauch wol vermeiden koͤnte/ ſo er ſelbſt wol=
te/ ſonderlich durch ein fleiſſiges Gebet und
Goͤttliche darzugenommene aſſiſtenz und
Beyhuͤlf/ der ſeinen Geiſt zu ſenden ver [270] ſprochen
hat/ unſerer Schwachheit auf=
zuhelfen Rom. VIII. 26. und ferner/ wie
er ſelbſt ſihet/ und liſet/ und hoͤret/ und weiß/
daß andere/ die ja in ſo groſſem Glück und
Flor geſtanden ſind/ ſich darinnen erzeiget
haben/ deren Fußſtapffen er ja/ ſo wol ein
Menſch als ſie/ vernuͤnftiglich nachgehen
koͤnte.Es moͤchte zwar fuͤrs vierte mancher
wider gedenken: Wann ich/ oder der/ oder je=
ner das Gluͤck/ Ehr/ Gelt/ Gewalt/ Hauß/
Nahrung/ Kundſchafft haͤtten/ ich oder der
wolten es wol baͤſſer anlegen; nicht ſo ver=
hoffarten/ nicht ſo verfreſſen/ verſauffen/
verhuren reverenter; ſondern zur Noht=
durft anwenden/ unſern Kindern zu einem
Schaz/ oder das und jenes davon zu legirn/
zu einem ſtipendio, Allmoſen/ Stifftung/
Vorſchickung/ oder deß etwas; zu allerfoͤr=
derſt GOtt zu ſonderbaren Ehren/ der uns
von armen Eltern geboren/ ſo reich: von
unanſehnlichen/ ſo anſehnlich: von ſchlech=
ten/ ſo hoch erhaben: von hohen/ noch zu
hoͤhern gemacht hat.Zur Antwort/ laß ichs zwar wol ſeyn/ daß
[271]
mancher den Gedanken hat/ und gehabt
hat; aber ob er ihn behalten hat/ oder/ ob er
ihn behalten moͤchte/ wann er in ſolchen oder
ſolchen Zuſtand waͤre wie jener/ ſtehet in
einem groſſen maͤchtigen Zweiffel. Man
lobt billich unſere alte Weiſe/ unter deren
vielen ſchoͤnen Reden heißt eine/ derer wir
hier billich gedenken/ alſo: Es muͤſſen
ſtarke Bein ſeyn/ die gute Tag ertra=
gen koͤnnen/ das iſt/ wie ein anderer es
auslegt: Ungluͤck iſt leichter zu ertragen als
Gluͤck. Jenes lehret beten: dieſes/ beten ver=
geſſen; jenes bringt Demut: dieſes Hof=
fart; jenes/ oft verſchwenden: dieſes zu raht
halten. Darum moͤchte man hier auch wol
ſprechen: Wer ſich dunken laͤßt er ſte=
he/ ſehe wol zu/ daß er nicht falle.
I. Cor. XII. 12. Allezeit iſt das wahr/ daß
mehr Exempel ſind derer/ die die zeitliche
Gluͤckſeeligkeit gefaͤllet hat/ als derer/ die es
mit einem unveraͤnderten Herzen ertragen
haben. Salomon iſt ein Exempel aller
Exempel. Von Anfang war er demuͤtig
genug/ andaͤchtig genug/ zuͤchtig genug.
Wo blieb aber der weiſe Salomon/ da er
[272]
Macht/ Reichtum/ Gewalt/ Anſehen ge=
wann? Die Toͤchter Pharao/ und Moa=
bitiſches/ Ammonitiſches/ Edomitiſches/
Zidonitiſches und Hethitiſches Frauen=
Zimmer neigten ſein Herz fremden
Goͤttern nach/ Aſtharoth und Mil=
kom. I. Reg. XI. 15. Alſo/ daß viel aus
den alten Patribus gar an ſeiner Seeligkeit
zweiffelen. Wie tauſentmal eher ſolt einer
mit ihm beten: Armut und Reichtum/
Herꝛ! gib mir nicht! laſſe mich aber
meinen beſcheidenen Teihl Speiſe
dahin nehmen. Ich moͤchte ſonſt/ wo
ich zu ſatt wurde/ verlaͤugnen und ſa=
gen: wer iſt der HErꝛ? oder/ wo ich
zu arm wuͤrde/ moͤchte ich ſtehlen und
mich an dem Namen meines Gottes
vergreiffen. Prov. XXX. 8. 9. Ganz
Iſrael aber wieſe es vorher/ wie ſchweer/
ſchweer es ſey/ groſſes Gluͤck tragen. Moſes
wirft es ihnen fuͤr/ und ſpricht: Der Herꝛ
ließ Iſrael hoch herfahren auf Er=
den/ und naͤhret ihn mit den Fruͤch=
ten deß Feldes/ und ließ ihn Honig
[273]
ſaugen aus den Felſen/ und Oel aus
den harten Steinen/ Butter von den
Kühen/ und Milch von den Schaa=
fen/ ſamt dem Fetten von den Laͤm=
mern/ und feiſte Widder und Boͤcke
mit fetten Nieren/ und Weizen/ und
traͤnket ihn mit gutem Traubenblut.
Da er aber fett und ſatt war/ ward er
geil. Deut. XXXII. 13. 14. 15. Derer
Exempel iſt die Schrifft/ ja die Welt voll/
und finden ſich wenig alſo darein/ wie Pau=
lus/ der in Wahrheit ſagen kunte: Ich
habe gelernet bey welchen ich bin/ mir
genuͤgen zu laſſen; ich bin in allen
Dingen und bey allen geſchickt/ ich
kan beydes ſatt ſeyn und hungern/
beydes uͦbrig haben und Mangel lei=
den. Philipp. IV. 11. Wann es nun dem/
oder dem/ ſo oder ſo/ nach Wunſch gieng:
wie man im Sprichwort ſagt/ ſo würde es
wahrhafftig gehen: Es waͤre kein Meſ=
ſer/ das ſchaͤrfer ſchiert/ als wann der
Baur ein Edelmann würd; oder/ wie
[274]
es Salomon ausredet: Ein Menſch
herꝛſchet zu Zeiten über den andern/
zu ſeinem (aber eigenen) Ungluͤck: in
ſeinem Prediger VIII. 9. Gar liebe Wort
fuͤhrt auf ſolchen Schlag der heilige Gre-
gorius: 74 Plus in hoc mundo honor
quàm deſpectio occupat, & magis pro-
ſperitatem ſublimitas, quàm neceſſitatem
adverſitas gravat. Per hanc namque, non-
nunquam cùm homo exterius premitur,
ad concupiſcenda, quæ intus ſunt, liberius
relaxatur. Per illam verò animus, dum
multis parere cogitur, à deſiderii ſui cur-
ſu retinetur. Unde fit, ut Sancti Viri ma-
gis in hoc mundo proſpera, quàm ad-
verſa formident. Sciunt enim quòd mens,
dum blandâ occupatione premitur, ali-
quando libens ad exteriora derivatur;
ſciunt, quòd ſæpe ſic hanc clandeſtina co-
gitatio decipit, ut, quomodo permute-
tur, ignoret. Das iſt: Die Ehr dieſer
Welt nimt viel mehr weg/ als die
Schmach/ und die Hoheit dieſer
Welt beſchwert die Gluͦckſeeligkeit
[275]
mehr/ als ein Unglück das ander.
Dann wan
̅
durch dieſes ein Menſch
aͤuſſerlich gedruckt wird/ wird er nur
deſto freyer und lediger zu begehren
die jnnerliche Güter. Durch jenes
aber geſchiht/ daß/ weil ſein Gemuͤht
vielerley dienen muß/ nur von dem
heilſamen Verlangen mehr abgehal=
ten werde. Daher geſchiht es/ daß die
Heiligen GOttes mehr dieſer Welt
Gluͦck/ als Unglück fürchten. Dann
ſie wiſſen/ wann das Gemuͤht mit
vielen ſuͤſſen Dingen geſchaͤftig iſt/
faͤllts bißweilen bald auf was aͤuſſer=
liches hin. Sie wiſſen/ daß oft ein
ſolcher heimlicher Gedank betreugt/
daß er nicht verſtehen laſſe/ was für
einen Tauſch man fuͤrhabe.Es moͤcht einer fürs fünfte einwenden;
Das koͤnne er ſich doch nicht einbilden/ daß
Gott ſeine Gaben ſelbſt verachten ſoll; oder
nur aufs wenigſt Anlaß machen/ daß mans
verachte. Solches beydes aber geſchehe/
[276]
wan
̅
mancher grundgelehrter/ verſtaͤndiger
ſittſamer Menſch ſo zuruck bleibe: mancher
guter von Adel/ oder von einer ehrlichen
Freundſchafft/ ungeachtet/ gedruckt/ ge=
hem
̅
t werden/ und ſehen muß/ daß der Eſel/
der Grobianus, der ungebaͤrdige Nabal/ der
Partitenmacher herfuͤrgezogen/ empor ge=
hebt/ venerirt werde; durch deſſen Erhe=
bung ja jene Gaben minuiret/ und veraͤcht=
licher gemacht werden bey den Menſchen.Wann aber das Argument angehet/ ſo
will ich erſtlich gleich ſo ſchlieſſen; Wann
mancher frommer/ gottſeeliger/ recht Chriſt=
licher/ geiſtlicher Menſch/ als zum Exempel
Lazarus/ arm leben/ veraͤchtlich leiden/ arm
ſterbe
̅
muß: hergegen mancher Verſchwen=
der/ Hurer/ Ehbrecher/ Gottes und Men=
ſchen Veraͤchter/ in Reichtum/ in Uber=
fluß leben und ſchweben/ ſo muß folgen:
daß GOtt ſeine hohe Gaben deß Geiſtes/
die Gottſeligkeit/ den Glauben/ und die
Chriſtliche Lieb verachte/ oder andern Men=
ſchen zu verachten Urſach gebe. Der
Schluß iſt grad dem vorigen gleich. Wie
aber Gott die Gottſeeligkeit nicht verachten
kan/ oder zu verachten Anlaß gibt/ ſo viel an
[277]
ihm iſt: Alſo wenig kan er auch andere ſei=
ne Gaben verachten; weil alles/ was er
gemacht hat/ ſehr gut war/ Gen. I. 31.
So wird nun Kunſt/ Weißheit/ Verſtand/
Adel/ und dergleichen/ was von ſeiner Hand
kommet/ nicht von ihm ſelbſt deſpectiret.
Weißheit bleibt Weißheit; Verſtand/
Verſtand; Kunſt/ Kunſt/ ſie ſey wo ſie wol=
le; Uberal bleiben es ſeine Geſchenk und
Gaben; daß ſie aber nit uͤberal/ und zu allen
Zeiten/ und von jederman ſo geehret und ge=
achtet werden aͤuſſerlich/ mit eben dieſer oder
jener Art der Ehre/ oder auf ſolche oder ſol=
che Weiſe/ an dem oder dem Ort/ hat es ſeine
Urſachen/ die zum Teihl oben angezeigt/
zum Teihl ihm allein wiſſend ſind/ und fol=
get ja nit: Die oder die Ehr hat die Kunſt/
Weißheit/ Verſtand nicht/ an dem oder
dem Ort nit: Darum hat es gar keine Ehr
nicht. Nein! Alle Weiſe lieben doch die
Weißheit/ die Verſtaͤndige den Verſtand;
die Kuͤnſtler die Kunſt; ja oft gehet die Ehr
recht an/ wann einer ſchon laͤngſt todt iſt/ da
man gern ſeinen Aſchen von ihm ſuchen
wolt/ und in Gold einfaſſen/ und hinden
[278]
nach erſt erkennt und bekennt/ wie unrecht
man getahn hab/ wie zu wenig/ dem oder
dem/ da oder dort geſchehen ſey/ da es noch
wol oft ſeine Kinder oder Freundſchaft zu=
genieſſen hat/ in denen man erſt die hohe
Gaben der Eltern und Vorfahren zu re-
ſpectirn anfaͤngt; zu geſchweigen/ daß das
Ehr genug/ wann er einem ſolchen begab=
ten/ und doch in jrꝛdiſchen geringern/ ein
gutes froͤliches Gewiſſen laͤſt. Geſchiht es
aber/ daß ſie von Menſchen verunehret wer=
den/ ſo tuht es Gott nicht; Es iſt ihm auch
kein Gefallen. Er laͤſt es aber zu/ als ein
Gott/ der allen Suͤnden eine weil zuſihet/
und lang zugeſehen/ nicht nur/ daß ſeine
zeitliche Guͤter verſpottet worden: ſondern
daß die geiſtliche Guͤter/ die Gottesfurcht/
der rechte Glaub verhoͤnet/ verſpottet/ ver=
folget worden iſt.Gleichwol aber/ moͤcht man wider ſagen/
verligen aufs wenigſt ſolche hohe Gaben
jnzwiſchen/ und ſind wie ein vergrabe=
ner Schatz/ der zu nichts nuz iſt.
Syr. XX. 33. Mit einem Wort: Sie ſind
einem ſolchen Menſchen umſonſt gegeben.
[279]
Dann er hat keine Gelegenheit/ ſolche/ wie
man ſpricht/ an den Mann zu bringen.Antwort: Der weiſe Heyd Ariſtoteles
ſagt wol: Deus & natura nihil faciunt
fruſtra, das iſt: GOtt und die Natur
machen nichts umſonſt. Nun heiſt ei=
gentlich das Umſonſt/ was nirgend keinen
Nutzen gibt/ auf einigerley Weiſe und We=
ge. Geſezt aber/ mancher guter von Adel/
oder einer ehrlichen Freundſchaft/ oder gu=
ten Verſtands/ Sitten/ Gebaͤrden/ ꝛc. wuͤr=
de gedruckt/ gehindert/ nicht geachtet; ſo iſt
noch kein Schluß: Ergo iſt der ſein Adel/
die Weißheit und Verſtand/ ihm/ umſonſt
gegeben. Dann Erſtlich gedenke man:
Iſt es dieſer Zeit nicht geachtet/ oder an dem
Ort nicht; ſo kans zur andern Zeit/ und an
einem andern Ort geachtet werden. Gleich
wie das Gelt/ zum Exempel/ keiner fuͤr um=
ſonſt haͤlt/ daß er eben Heut oder Morgen
nicht wechſeln mag. In einem Monat/ und
auf der andern Meß ſchlieſſet man wider
Wechſel/ da es etwan/ wie mans nennt/ ein
groͤſſers laggio traͤgt als vorhin. Fürs
ander aber/ geſezt/ es werde der Adel/ und
[280]
die dapffere Qualitaͤten deß Gemuͤhts/ auch
an dem Ort/ und bey der Zeit nicht reſpe-
ctirt/ ſo iſts doch dannoch damit nicht/ wie
mit einem vergrabenen Schatz bewandt.
Dann deſſen kan ſich gar kein Menſch be=
dienen/ weil ihn keiner weiß/ und ihn Gott
noch keinem fuͤr die Augen geſtellt hat: jenes
herꝛliche Qualitaͤten aber/ haben jmmerdar
Gelegenheit ſich herfuͤr zu tuhn/ mit Raht/
mit Lehren/ mit Troͤſten/ mit Schreiben/
ob ſie ſchon nicht nach ihren Meriten alſo=
balden verehret werden. Was aber einigen
Nutzen bringet/ das iſt nit fruſtra und Um=
ſonſt gegeben/ ob es ſchon nicht ſo oder ſo/
wie es billich ſolte unſerm vernuͤnftigen Ur=
teihl nach/ geachtet/ belohnet/ beruͤhmt wer=
de. Fuͤrs dritte/ wann er ja/ zum Uber=
fluß/ gar nirgend in der Welt damit ſolte
geachtet werden/ (das doch nicht wol ſeyn
wird) ſo waͤre es doch dannoch nicht um=
ſonſt. Dann alle Kuͤnſte und alle Weiß=
heit haben doch das an ſich/ daß ſie ihren=
eignen Beſitzer jnnerlich vergnuͤgen/ er=
freuen/ erquicken. Um weßwillen die alte
Weiſen ihre Kuͤnſte und Wiſſenſchaften/
ihre Weißheit ſo ſehr verdeckt/ oder mit al [281] lerley
verbluͤmten Reden verdunkelt haben/
daß ſie nur nit gemein werden moͤchten/ wie
man von den Egyptern/ un
̅
de
̅
alten Weiſen
Pythagora, un
̅
ſeinen diſcipuln weiß. Dieſe
alle haben darum ſolche Wiſſenſchaften nit
fuͤr umſonſt gehalten/ wans gleich niemand
mehr gewußt und gelernet haͤtte; ja wan
̅
ſie
noch vielfaltig damit verhoͤnet und verlacht
worden ſind/ zugeſchweigen deß obgedachte
̅
.Ein anderer aber/ moͤcht man noch
einmal ſagen/ iſt nicht halb ſo gut von
Adel/ nicht halb ſo gelehrt/ nicht halb
ſo from
̅
als der/ und hat doch überal
baͤſſers Anſehen und groͤſſere Wuͤrde.Antwort: Was das Geſchlecht und Ver=
ſtand betrifft/ mag es wol ſeyn/ daß einer/ der
nicht halb ſo edel/ nicht halb ſo gelehrt iſt/ ge=
achter ſey/ als ein alter Edelmann/ ein
Grundgelehrter. Das iſt aber dagegen wi=
der zu beſinnen/ daß das nicht ſo wol der
Adel iſt/ den man von Eltern ererbt: als
der durch Tugend und Dapferkeit erwor=
ben oder erhalten wird. Es findet ſich aber
tauſentmal das Wiederſpiel/ daß einer von
altem Adel/ auch alter Untugend voll ſey/
[282]
und darum bloß auf ſeinen Adelsbrief zu po=
chen/ keine rechte Urſach habe. Was gelehrt
ſeyn betrifft/ moͤcht es wider ſeyn/ daß zu=
weiln ein halbgelehrter baͤſſern reſpect ha=
be; darum/ weil oft der gelehrteſte in der
Kunſt/ der ungeſchickteſte in moribus und
Sitten iſt; ja ſo gelehrt er iſt/ doch etwan
ſeine Kunſt nicht ſo entdecken kan/ wie jener
kan. Was der Lateiner ſagt: Sæpe etiam
eſt olitor valdè opportuna locutus, gibt
der teutſche Mann alſo: Der Bauren Re=
gel ſeynd auch nicht zu verachten; Ob ſie
ſchon nicht Doctor worden ſind/ doch ge=
ben ſie zuweiln ſo einen klugen Raht/ als ein
Canzler. Anlangend die Froͤm
̅
keit/ da man
meynt: dieſer ſey ſo fromm/ ſo gottsfuͤrch=
tig; dabey iſt wol zu merken/ was der ſchon
oftbelobte Chryſoſtomus ſpricht: 75
Mein ſage mir: Wer weiß eigent=
lich/ welche recht einhergehen/ als der
einem jeden unter uns das Herz ge=
macht hat/ und alles unſer Tuhn ver=
ſtehet. Dann es geſchiht oͤfter/ daß
[283]
derer viel/ die das Anſehen der Froͤm=
keit hatten/ boßhaftiger ſind als alle
andere/ maſſen ſolches noch in der
Welt oft offenbar wird/ wann ſie die=
ſer oder jener Fall anſtoͤßt. Wann
aber der/ der Herz und Nieren pruͤfet/
lebendig und kraͤftig iſt/ und ſchaͤrfer
dann kein zweyſchneidig Schwert/
und durchdringet/ biß daß ſcheidet
Seel und Geiſt/ und ein Richter
kom
̅
en wird der Gedanken und Sin=
nen deß Herzens. Ebr. IV. 12. Als=
dann werden wir/ nicht nur etliche:
ſondern alle ſolche auch ſehen; weil
zur ſelben Zeit kein Schafbelz/ den
Wolf; und keine Ubertuͤnchung deß
Grabs/ die darunter ligende Unrei=
nigkeit bedecken und verbergen koͤn=
nen wird; Dann kein Creatur iſt fuͤr
ihm unſichtbar/ der alsdann richten
wird; es iſt aber alles bloß und ent=
deckt fuͤr ſeinen Augen. Ebr. IV. 13.
Welches auch der Apoſtel ſeinen Co [284] rinthiern
ſchreibt: Richtet nicht fuͤr
der Zeit biß der Herꝛ komme/ welcher
auch wird ans Liecht bringen/ was im
Finſtern verborgen iſt/ und den Raht
der Herzen offenbaren. I. Cor. IV. V.
Geſezt aber ſie waͤren alſo/ wie man
meynt; woher wiſſen wir/ daß/ ob ſie
ſchon andere Tugenden an ſich haͤt=
ten: die allerhoͤchſte Tugend/ die
Demuht/ auch behalten wuͤrden/
verſtehe/ wans uͤberal lauter Ehre/ Reich=
tum und Anſehenregnete.Das wird nun ferner keiner mehr denke
̅
/
daß GOtt ſolcher Geſtalt ein Anſe=
hen der Perſon halte/ der gleichwol ei=
nen fuͤr dem andern erwaͤhle/ und reicher/
gelehrter/ anſehnlicher/ maͤchtiger mache.
Die Perſon aber anſehen ſey kein Werk
der Gerechtigkeit.Es antwortet aber die Schrifft ſchnur=
grad das Widerſpiel: Bey Gott/ ſpricht
es/ iſt kein Anſehen der Perſon. Act. X.
℣. 34. Weil aber ja das/ was hier geſchiht/
dafuͤr geachtet werden will/ als wollen wirs
[285]
genauer durchgehen. Bey allen Rechts=
verſtaͤndigen/ heiſt eigentlich die Perſon an=
ſehen/ fo viel/ wann/ da man ſchuldig iſt/ bey=
den Parteyen ſich zu erzeigen/ nach eines
jeden Rechten; bey einer aber die Gunſt/ die
man zu ihr traͤgt/ fürſchlagen laͤßt; die
Freundſchaft/ damit er jemand anſtam
̅
et;
die alte Kundſchaft/ und dergleichen; un=
geacht jene Partey viel gerechter/ unſchul=
diger/ richtiger iſt als dieſe/ derer man zu
willen ſeyn will/ um einer Spende willen/
um einer recommendation willen/ und
dergleichen. Applicir nun eines daß auf
unſern Fall/ ſo wird er bald finden/ wo er ge=
fehlt hab in ſeiner Red. Erſtlich/ wem
iſt Gott etwas ſchuldig von ſeinen Guͤtern
mitzuteihlen? Iſt es nit ein lauteres Werk
der Barmherzigkeit/ es habe gleich einer
Reichtum/ oder Ehr/ oder Gewalt/ oder An=
ſehen/ oder Schoͤnheit/ oder dergleichen?
Fuͤrs ander/ was bringt ein Menſch/ fuͤr
Recht und Gerechtigkeit mit/ fuͤr ſeinen
GOtt/ warum er den fuͤr jenem anſehen/
erheben/ bereichern/ ꝛc. ſoll? Sind ſie nit
allzumal Suͤnder/ und mangeln deß
[286]
Ruhms/ den ſie fuͤr Gott haben ſol=
len? Roman. III. 23. es ſey Juͤd oder
Griech/ Knecht oder Freyer. Gal. III.
℣. 28. Wann ſie dann in dieſem Unrecht/
ein gleiches Recht haben: wie kan man ſa=
gen: Gott ſihet die Perſon deſſen an/ jenes
nicht? Ein Richter/ zum Exempel/ der der=
gleichen unter uns Menſchen tuht/ heißt
billich ein ungerechter Richter; weil er vor=
ſezlich und wiſſentlich/ jenem ſein Recht
nimt/ dem es gebuͤrt/ und dem gibt/ dem
es nicht gebuͤrt/ nur darum/ weil er bey
dem die Perſon/ das Geſchlecht/ die
Nachbaurſchafft/ Freundſchaft hat/ bey je=
nem nicht. Nein! So bild ſich Gott keines
ein! Keinem kan Gott ſein Recht nehmen;
dann er hat keines. Keinem kan Gott neh=
men/ was ihm gebuͦrt; dann es gebuͦrt kei=
nem nichts. Ey ſo iſt ewiglich von ſeiner
Natur alles ungerechtes Weſen/ und keine
groͤſſere Ungerechtigkeit iſt auszufinnen/
als daß Gott ungerecht ſeyn ſoll. Non li-
cet, ut de his, quæ divino aguntur arbitrio
aliud dicas juſtum, aliud injuſtum; quia
quicquid à Deo agi vides atque convin-
ceris, neceſſe eſt plus quàm juſtum eſſe
[287]
fatearis. Das iſt: Wer von denen Din=
gen reden will/ die Gott nach ſeinem
freyen Willen regieret/ darf nit den=
ken oder ſagen: Das ſey Recht/ das
Unrecht; weil alles/ was du ſiheſt oder
dein Herz dich uͤberweiſet/ daß Gottes
Werk ſey; du nur mehr als fuͤr ge=
recht getahn/ geſtehen muſt/ ſagt der
fromme Biſchoff Salvianus. 76 Das allerlezte iſt dieſes/ daß man ſpricht:
Es heiſſe gleichwol: die Gottſeelig=
keit habe die Verheiſſung dieſes und
deß zukuͦnftigen Lebens. I. Tim. IV. 8.
Die Verheiſſung aber habe es von GOtt.
Wann dann Gott ein wahrhaftiger Gott
iſt: ſo ſoll man ihm ſagen/ woher es komme/
daß der arme/ gottſeelige/ fromme Menſch/
nirgend fortkommen kan/ weder der Leute
Gunſt erlangen/ oder zu einem ehrlichen
Stücklein Brot kommen/ oder das Anſe=
hen zuwegen bringen und ſo fort/ ꝛc. Weiln
es dann ja nicht geſchehe/ ſo koͤnne er anderſt
[288]
nicht urteihlen: Das blinde Gluͤck muͤſſe
nochmaln in ſolchen Faͤllen regieren. Dan
̅
wanns von Gott kaͤme/ ſo kaͤme es ja denen/
bey denen Gottſeeligkeit ſich finde.Es iſt aber zumal ein uͤble Schlußrede:
Die Gottſeeligkeit hat die Verheiſſung die=
ſes Lebens/ und/ verſtehe/ deſſen Guͤter.
Ergo hat es die Verheiſſung deß Reich=
tums den der/ vor unſern Augen Gottſelige/
ſuchet; oder deß Anſehens/ der Ehr/ die je=
ner/ vor unſern Augen Gottſeelige/ ſuchet;
und ſo ferner: dieſes oder jenen Dienſtes/
zu der oder der Zeit/ wan es uns gedunkt
oder recht taͤhte. Nein! Das hieſſe man in
den Schulen argumentirn à genere ad
ſpeciem: Leiblich und ewig will es GOtt
freylich vergelten. Weiln aber der leiblichen
Guͤter viel und mancherley ſeynd/ als/ Ehr/
Reichtum/ Anſehen/ Macht/ Befoͤrderung/
ein froͤlich Herz/ und gut Gewiſſen/ und ſo
fort; als muß man wol behalten/ daß/ wan
̅
einer auch mehr nicht haben folte/ als nur
eine Freudigkeit ſeines Gewiſſens/ er von
Gott ſchon die Verheiſſung der Gottſelig=
keit erlanget haͤtte/ die unter allen leiblichen
Guͤtern das baͤſte und aͤdelſte iſt/ und bey
[289]
der/ die aͤrmeſte und verachteſte Chriſten/
ſich ſelbſt reich und groß genug geehrt ge=
halten haben. So ſtehet dort von den Apo=
ſteln: Sie giengen froͤlich von deß
Rahts Angeſicht/ daß ſie würdig
geweſen waͤren/ um deß Nahmens
JEſu willen Schmach zu leyden.
Act. V. 41. Paulus ſagt: Ich bin gutes
Muhts in Schmachen. II. Cor. XII.
℣. 10. Von Moſe ſagt die Epiſtel an die
Ebreer: Er erwaͤhlet lieber mit dem
Volk Gottes Ungemach zu leyden/
dan
̅
die zeitliche Ergoͤtzung zu haben/
im XI. 25. Solte dann nochmal geſchehen/
daß einer in ſeiner groͤſten Froͤmmkeit/ und
baͤſten Leben/ dannoch ungeehrt/ unanſehn=
lich/ arm/ gehindert/ gedruͤckt leben ſolte und
muͤßte/ ſo troͤſte er ſich ſeines guten Gewiſ=
ſens/ das iſt ihm uͤber ganze Koͤnigreich/
uͤber alle Trohnen und Herꝛligkeiten/ und
was die Welt mehr fuͤr hoch und erwuͤnſcht
halten moͤchte.Zum uͤberfluß wollen wir noch das eini=
ge ſetzen/ dergleichen vielleicht jemanden
einen Scrupel bringen moͤchte. Es erzehlet
[290]
Fulgoſus 77 von einer Franzoͤſiſchen Graͤ=
vin/ Ida Nahmens/ dieſes: Als ihre drey
junge Herꝛn als Kinder/ bey der Mutter
ſpielten/ und unter ihren Rock ſich verkro=
chen; ihr Herꝛ Vatter Euſtachius ohnge=
faͤhr darzu kommen/ und gefragt haͤtte/ was
ſie unter ihrer Kleidung truͤge? haͤtte ſie
mit lachen geantwortet: drey groſſe Herꝛn;
einen Fuͤrſten/ einen Koͤnig/ und einen
Grafen. Unbedachtes Muhts hatte ſie es
geredt/ und doch iſt der Außgang alſo er=
folgt; weiln der Aeltiſte Godofredus Bo-
lionius, ſeinem Vettern Godofredo, im
Herzogtum Lothringen ſuccedirt. Baldui-
nus Koͤnig zu Jeruſalem worden: Euſta-
chius der Juͤngſte/ die Gravſchaft Bono-
nien oder Boulogne erlanget. Wann das
nicht ein Anzeig iſt eines blinden unbeſon=
nenen Gluͤcksfalls/ ſo iſt nichts mehr mit
dem Gluͤck. Was iſt es aber anders/ als
daß es ebenſo ungefehr erꝛahten worden iſt?Es hat zwar/ die Wahrheit zu ſagen/ ei=
nen groſſen Schein. Aber doch ſo man das
Exempel Caiphæ betrachtet/ da er unwiſ [291] ſend
weiſſagte: Es waͤre gut/ daß ein
Menſch für das Volk ſterbe. Joh. IX.
℣ 51. und gedenkt/ daß das/ aus einem heim=
lichen Antrieb und Eingeben Gottes ge=
ſchehen ſey/ kan man ſich leichtlich die Rech=
nung machen/ daß/ gleich wie der Zeiger an
einer Uhr weiſet/ welche Stund deß Tages
ſey/ und doch ſelbſt nicht weiß/ daß ers wei=
ſet: Alſo habe auch GOttes providenz,
durch gedachter Graͤvin damalige Scherz=
rede/ ungewiß deß kuͤnftigen/ ihrem Herꝛn
zu verſtehen geben wollen/ was ſeine Weiß=
heit mit ſeinen Kindern mitler Zeit fuͤrha=
ben werde. Auf dieſen Schlag ſchreibt der
Seel. Auguſtinus: 78 Tu Domine ju-
ſtiſſime moderator univerſitatis, conſu-
lentibus, conſultisq́ue neſcientibus, oc-
culto inſtinctu agis, ut, dum quisq́ue con-
ſulit, hoc audiat quod oportet eum au-
dire, occultis meritis animarum, ex abyſſo
juſti judicii tui. Das iſt: Herꝛ du aller=
gerechteſter Regierer deß ganzen
Weltkreyſes/ handelſt durch verbor=
gene Eingebungen/ beydes dem/ der
[292]
uns fraget/ und dem/ der da rahtet un=
wiſſend/ auf daß/ in dem ein jeder
Raht ſuchet/ er das jenige hoͤre/ was
er hoͤren ſoll/ nach dem du in dem tief=
ſten Grund deiner gerechten Gerichte
weiſſeſt und ſiheſt/ daß ſich einer gegen
dich halten werde.
Nach der Singweiſe:
Kom
̅
t her zu mir/ ſpricht Gottes Sohn/ ꝛc.
oder:
Laß ab/ laß ab/ mein Cavalier/ ꝛc.
1.
VErnunft/ du blindgebohrnes Tiehr/
was bellſt/ was brum ̅ eſt du in mir?
Blind biſt du/ dan ̅ och wilſtu ſehe ̅ :
|| [293]
Dein Fledermaus=geſicht/ dem Liecht
der Gottes=Weißheit widerſpricht/
es will ihm keinen Glanz geſtehen.
2.
Du richteſt nach dem Augenſchein.
Dir/ Gottes Tuhn muß unrecht ſeyn:
Der doch ſchuff dich und alle Witze;
Der/ Unrecht ſcharff zu raͤchen draͤut;
Der ſelbſt iſt die Gerechtigkeit/
und frey von aller Laſter ſchmitze.
3. ???(nunft/
Schweigt ſtill/ ihr Froͤſche! ſchweig/ Ver=
mit deiner Mißgedanken=Zunft!
Aufruͤhrerinn/ gib dich gefangen!
Fleuch Schnake! du verbrenneſt dich.
Fleuch/ Weib! der Glaub ermannet ſich/
mit deinem Tode ſieg zu prangen.
4.
Wer glaͤubt/ daß eine Gottheit ſey/
muß dieſes glaͤuben auch darbey/
daß ſie gerecht in allen Werken.
Gott iſt das hoͤchſt=vollkommne Gut:
druͤm alles/ was er macht und tuht/
vor Recht und Gut iſt zu bemerken.
|| [294]
5.
O Gott/ mein Glaube zu dir fleht/
du wollſt ihn machen ſtark und ſtaͤt.
Laß mich mit Worten und Gedanken
ja laͤſtern deine Gottheit nicht;
laß/ Herꝛ/ mit deinem Weißheit=Liecht
nicht meinen blinden Vorwiz zanken.
6.
Dein’ Allmacht tuht/ was ihr gefaͤllt:
Jedoch ſie erſtlich Rahtſitz haͤlt
mit deiner Weißheit/ welche ſihet/
was ſey ein gut=gerechter Raht:
was dann dein Will beſchloſſen hat/
daſſelbe deine Hand vollziehet.
7.
Ich ſage: Herꝛ/ dein Will geſcheh!
Ob ich ſchon nicht die Urſach ſeh:
Urſach genug iſt mir dein Wille.
Mit dem laß mich/ wie ich dann ſoll/
zufrieden ſeyn in Weh und Wohl.
Der Glaube redt: Vernunft/ ſey ſtille!
|| [ID00369]
|| [ID00370]
Pendula poma placent. 2. Decerptis ve-
ſcier optas:
I, cape! 3. Sed fracto termite damu???
cave.
DIe begruͤnte Luſt der Erden lockte mich in??? Feld hinauß.
Ich ſpazierte auf und nieder/
wo der Pegnitz Hirtenbrüder
ihre krauße Schaͤflein weiden naͤchſt der Nymfen Waſſerhauß.
Ich kam zu dem Waͤldlein dort/ wo die rohte??? Kirſchen hangen/
und bepurpern manchen Aſt.
I. Dorten fand ich einen Gaſt/
einen Knaben/ den die Frucht reitzt’ und heitzte mit Verlangen.
Die ſo ſchoͤn belaſten Aeſte ſah’ er lange ſehn= lich an/
aus Begier/ davon zu naſchen.
Doch er konde nichts erhaſchen/
weil er/ alſo hoch zu langen/ war ein gar zu nidrer Mann.
II. Endlich bat er/ und erbat/ (dann er hatte mich erſehen)
daß ich ihm zu helffen kam/
ihn auf meine Armenahm/
|| [296]
und ihn ſchob und hob hinauf auf die Laubgehaub= ten Hoͤhen.
III. Ach der ungluͤckhafften Hülffe! Als ich mich kaum umgewandt/
hoͤrt’ ich einen von den Zweigen
ſich mit groſſem Krachen neigen/
und den Knaben ich hierunten blutig halbgeſtor= ben fand.
Erſt bereut’ ich/ daß ich haͤtt eines Kindes kindiſch Bitten
alſo unbedacht gewaͤhrt/
und dadnrch es hart verſehrt.
Bald betrachtet’ ich hierbey Gottes und der Men= ſchen Sitten.
Kinder/ ſind wir Adams=Kinder: wir verlangen manchesmahl
ſcharffe Meſſer/ die uns ritzen;
falſche Wolluſt/ Ehrenſpitzen/
da wir dann zu todt uns naſchen/ ſtürzen in das Hoͤllentahl.
Gott/ der weiſer iſt/ als wir/ ſihet baͤſſer/ was vor Gaben
uns noht/ nütz/ und ſeelig ſeynd.
Ach ſeyn Raht iſt wohlgemeynt/
wann er/ was wir naͤrꝛiſch oft wünſchen/ uns nit laͤſſet haben.
Ungnad iſt es/ wann er gibet/ wann er unſre Bitt erhoͤrt/
|| [297]
die gereicht zu unſrem Schaden.
Wen die Gottheit will begnaden/
dem verſagt ſie/ wann er etwas/ das ihm ſchaͤdlich iſt begehrt. 79
Unſer Heil/ nicht unſren Wunſch/ pflegt er gnaͤ= dig anzuſehen. 80
Was dem Kind er geben ſol/
weiß der weiſe Vatter wohl.
Menſchen koͤnnen/ was ſie guts bitten ſollen/ nicht verſtehen.
|| [298]
Das
Zehende Capitel/
haͤlt in ſich
Der Heiligen Altvaͤtter
und Kirchen=Lehrer
Gezeugniß.
ALſo nemlich habens alle Chriſtliche
Lehrer/ zu allen Zeiten gehalten/
von dem blinden heidniſchen Ge=
danken eines plumpen unbedachtſamen
Weſens/ die Gemuͤter der Menſchen weg/
und einig und allein auf Gottes allweiſe
Ordnung/ Willen/ Gefallen oder wolbe=
dachte Verhaͤngniß und Zulaß anzuweiſen.Dreyhundert und ſiebenzig Jahr nach
Chriſti Geburt/ hat der heilige Baſilius Bi=
ſchoff zu Cæſarea in Cappadocia gelebt/
und auf gegenwaͤrtig unſer Fuͤrhaben/ von
uns alſo verteutſchet/ ſchoͤn geſchrieben: 81
Sage ja nicht; Das iſt eben ſo ohn [299] gefehr
geſchehen/ wie es geſchehen iſt;
Das iſt vor ſich ſelbſt kom
̅
en! Nichts
geſchiht ohne Ordnung/ nichts ohne
Maas und Ziel/ nichts vergeblich
und umſonſt; durchaus nichts blin=
der/ plumper/ zufaͤlliger weiß. Unge=
lehrter Leut Rede iſt es: Es hat uns
eine boͤſe Stund getroffen/ oder ein
ohngefehrer Fall! Kauft man nicht
zween Sperling um einen Heller/
und deren faͤllt keiner auf die Erden
ohne deß himmliſchen Vatters Wil=
len. Matth. X. 30. Wie viel ſind Haar
auf unſerm Haupt/ und deren iſt doch
nicht eines bey ihm vergeſſen? Si=
heſtu dann nun das Goͤttliche Aug/
dem nichts auch der allergeringſten
Dinge verborgen iſt?Erſtbelobtens heiligen Baſilii vertrauteſter
und aufrichtigſter Freund Gregorius, Bi=
ſchof zu Nazianzo, wovon er auch buͦrtig
war/ und den Namen Nazianzenus traͤgt/
hat eben dergleichen. Da etliche urteihlten/
daß es manche
̅
uͤbelgieng/ waͤre ſeiner Suͤn [300] den
Schuld; daß es ihm wol gieng/ ſeiner
Froͤmmkeit; und doch ſich darein nicht fin=
den kunten/ daß der Augenſchein oft ein
anders mit ſich braͤchte/ ſchreibt er unter
vielen ſchoͤnen Worten/ 82 nach dem la=
teiniſchen Commentario Eliæ Cretenſis
zu verteutſchen/ alſo: Ein anderer mag
ſagen was er wolle; ich aber trage
bedenken das zu ſagen/ daß/ wann es
einem uͤbel gehet/ er ſeiner ſonderba=
ren Suͦnden wegen ſolches verdie=
net habe; wann es wolgehe/ ſeiner
ſonderbaren Froͤmmkeit zuzuſchrei=
ben ſey. Dann bißweilen auch die
Gottloſe gequaͤlet werden/ auf daß
ſie nicht in ihren Suͤnden fortfahren
koͤnnen/ wie ſie wollen; hinwiderum
haben auch die Fromme mehrmal
gute Tag/ daß ſie in ihren guten Wer=
ken deſto baͦſſer fortfahren moͤgen;
aber beydes geſchiht nicht allezeit:
[301]
auch nicht nothwendig. Dann was
ein jeder zu Lohn haben ſoll/ wird ſich
in der kuͤnftigen Welt finden/ wie der
Herꝛ ſpricht bey dem Johanne im V.
Die da gutes getahn/ werden aufer=
ſtehen zum Leben; die aber boͤſes ge=
tahn/ zum Gericht. Was aber die=
ſes Leben betrifft/ gehet es viel anderſt
her/ doch alſo/ daß die Ungleichheit
dannoch bey GOtt etwas gleiches
habe/ gleich wie an einem Leib un=
gleiche Glieder ſind/ hoͤhere und ein=
gezognere/ groͤſſere und kleinere/ aus
welchen allen die Geſtalt nur deſto
annehmlicher wird. Gleich wie/ wan
̅
ein Bildſchnitzer oder Stecher zu ſei=
ner Arbeit Erz bereitet/ und einen
Teihl daran tieffer/ einen Teihl nicht/
hinſetzet/ weiſet er uns mit groͤſter
Kunſt eine ſolche Ungleichheit/ die
wir ehe nicht verſtehen/ als wann ſei=
ne Arbeit gar vollfuͦhret/ und das
ganze Werk beyſammen iſt. Wann
[302]
wir aber auch gleich die Urſachen ſei=
ner Kunſt nicht verſtuͦnden/ waͤre
dennoch der Meiſter nit ohne Kunſt:
alſo duͤrfen wir auch nicht ſchlieſſen/
daß darum alles zu hinderſtfoͤrderſt
hergehe in der Welt/ weil wir eben
die Urſachen deſſen nicht erfinden
koͤnnen.Um eben ſelbe Zeit/ hat auch der beredte
Biſchoff zu Conſtantinopel Johannes
Chryſoſtomus gelebt/ und auf gegenwaͤr=
tigen gedachten Zweck gleicher weiß alſo ge=
ſchrieben/ 83 vorab/ weil er geſehen/ daß
viel in allerley Gedanken gerahten wolten/
wann ſie ſahen/ wie in denen ſo genanten
Gluͤcksguͤtern/ ſo manche Gottloſe fuͤrge=
zogen wurden manchem froͤmmſten Men=
ſchen. Seine Wort heiſſen zu Teutſch alſo:
Wenn du ſehen wirſt/ wie mancher/
[303]
der es ja nimmermehr wehrt iſt/ ſo
reich worden ſey/ klage ja GOttes
Vorſorg nicht an; laß dir auch kei=
nen ſolchen Gedanken entſtehen; In
unſerm menſchlichen Leben gienge
es unbedachtſam und ohngefaͤhr zu;
weil der ja/ der es nochmal nit wehrt
iſt/ ſo reich ſey. Gedenke an Lazarum
und den Reichen Mann/ wie dieſer
den groͤſten Schatz und Uberfluß
aller Dinge gehabt/ der doch ſo un=
barmherzig war/ ſo unfreundlich/
wilder als ſeine Hund. Dieſe lieſſen
ſich gleichwol Lazarum/ ſo zu reden/
erbarmen/ heilten und leckten ſeine
Schwaͤren an ſeinem ganzen Leib;
dadagegen er/ ihm/ nicht die Broſa=
men ließ/ die von ſeinem Tiſch fielen.
Gedenke/ ſprich ich/ wie der allen U=
berfluß hatte: jener arme aber der
recht (an der Seelen) reich/ recht/ (in
geiſtlichen Guͤtern) vermoͤglich war/
dannoch in die aͦuſſerſte Armuht ge [304] rahten
ſey/ daß er auch die Nohtdurft
nicht hatte/ und mit Hunger und
Krankheit angefochten wurde; alſo/
was jener zu viel/ dieſer zu wenig ver=
mochte. Gleichwol wurd er nicht un=
gedultig/ kein boͤß Wort gieng aus
ſeinem Mund/ uͤber GOtt klagte er
nicht/ ſeine Vorſorg tadelt er nicht/
keinem blinden Fato ſchrieb er zu/
was ihm begegnete; Er dachte auch
ſo bey ſich ſelbſt nicht: Ich/ der ich
keine ſonderbare Suͤnd auf meinem
Gewiſſen trage/ muß ſolche aͤuſſerſte
Straff leyden/ von Hunger ver=
ſchmacht/ von der ſcheußlichſten
Kranckheit verzehret/ allmaͤhlig bald
ohne Menſchen=Geſtalt hinſterbend:
jener iſt reich in Wolluͤſten/ meines
Elendes unbedacht/ noch wol ſolches
mir fuͤrwerffend. Den unmenſchli=
chen/ unbarmhertzigen/ blutgierigen/
ſteinernen Menſchen hat Gott uͤber
ſo viel Guͤter geſetzt: mich dagegen/
[305]
der ich ihn nit mit einem Wort belei=
diget/ laͤßt er in ſolchem Elend und
Schmertzen ligen. Wo iſt da ſein
gerechtes Gericht? wie ſchickt ſich
das zu ſeiner Vorſorg uͤber uns?
Aber nichts ſolches laͤßt ſich Lazarus
hoͤren. Iſt es dann nun nicht ein
ungereimt Ding/ daß die/ die ſolch E=
lend leiden; dannoch von Gott das
baͤſte reden; und du/ der du ſolchen
Jammer nicht an dir traͤgſt/ wilſt da=
rum ſpoͤttlich von Gott reden/ wa=
rum andere guts von ihm reden?Im fünfhunderteſten Jahr nach Chriſti
Geburt hat der Seel. und fuͤrtreffliche Leh=
rer Aurelius Auguſtinus, Biſchoff zu
Hippon in Africa, auf abermal dergleichen
Schlag alſo geſchrieben: 84 Nit allein
haben die From
̅
en ihre Haͤuſer voll;
oder die werden nicht allein erꝛettet/
und von einer Krankheit geſund;
[306]
auch haben nicht allein dieſe/ Kinder
und Erben; oder allein Gelt und Gut/
oder was ſonſten zu dieſem zeitlichen
und vergaͤnglichen Leben vonnoͤhten
iſt. Die Boͤſen haben eben das/ und
bißweilen habens die Frommen nicht.
Aber bißweilen mangelts auch den
Boͤſen/ und dieſen oft mehr als je=
nen; doch zu weilen haben dieſe auch
mehr als jene. Dieſe zeitliche Güter
hat Gott ſo vermengt haben wollen;
weil/ wann ers den Frommen allein
gebe/ die Boͤſen darfuͤr halten moͤch=
ten: Um derer zeitlichen Guͤter wil=
len/ muͤſſe man Gott fuͤrchten. Wi=
derum wann er dieſe allein den Boͤſen
gebe/ moͤchten andere abgeſchreckt
werden fromm zu werden/ und ſich
zu Gott zu bekehren/ auf daß ſie nicht
an ſolchem allen einen Mangel haben
muͤßten. Auf daß uun ein jeder/ wie es
ihm auch in der Welt gehe/ ob er geehrt oder
[307]
veracht/ gehoben oder gedruckt/ reich oder
arm werde/ und dergleichen/ nicht dem blin=
den Gluͤck: ſondern GOttes Regierung
zuſchreibe/ die in allen ihre gewiſſe Urſachen
habe/ ob ſchon nicht allezeit uns wiſſend ge=
machte/ ſpricht er: 85 Was uns nicht
nach unſerm Willen gehet/ gedenke
man/ daß es nach Gottes Willen ge=
ſchehe/ nach ſeiner Ordnung/ Geheiß/
nach ſeinen Geſetzen/ und wann wir
nicht verſtehen/ was und warum es
geſchehe/ ſo weiſe man ſich ſelbſt auff
ſeine Vorſorg/ welche nichts ohne
Urſach tuht; welche
̅
nach alle Gotts=
laͤſterung aufhoͤren wird. Dann wan
̅
wir anfangen zu diſputiren von ſei=
nen Werke
̅
/ warum diß/ warum das?
und ſo haͤtte ers nicht machen ſollen/
ſo ſey das uͤbel getahn; wo bleibtda das
Lob Gottes? damit haſtu das Halle=
luja verlohren! Vielmehr betrachte
[308]
alle Dinge ſo/ wie du GOtt gefallen
moͤgeſt/ und den Werkmeiſter loben.
Nit anderſt/ als wann du ohngefehr
in eine Schmitten kaͤmeſt/ dich nicht
erkuͤhnen wuͦrdeſt die Blaßbaͤlg zu
tadeln/ die Amboß/ die Haͤmmer. Und
ſetze einen ſolchen/ der nicht verſtehe/
was und warum das ſey/ das er doch
tadeln will/ wird er nicht/ wann er die
Kunſt deß Werkmeiſters nicht kan/
und nur allein ihn als einen anderu
Menſchen anſihet/ wird er nit ſprich
ich ſich ſelbſt antworten: Nicht ohn
Urſach ſind daher die Blaßbaͤlg ge=
ſetzt; der Meiſter weiß wol/ warum?
ob ſchon ich es nicht weiß. Iſt das
nun nicht ein wunderlich Ding/ daß
einer/ der das Hertz nicht hat/ in der
Werkſtaͤtte den Meiſter zu tadeln/
unſern Herꝛn GOtt/ in der groſſen
weiten Welt meiſtern will? Alſo nem=
lich geſchiht nichts ſpricht er nochmal: 86
[309]
Nichts geſchiht ſichtbarlich und em=
pfindlicher weiß/ was nicht unſicht=
barer und unempfindlicher weiß/ aus
deß oberſten Herꝛn Hof entweder be=
fohlen oder zugelaſſen werde/ nach ſei=
ner unausſprechlichen Gerechtigkeit/
zu belohnen oder zu beſtraffen/ zu ei=
nem Dank oder Vergeltung/ in dem
ganzen/ und gleichſam groſſen Regi=
ment aller ſeiner Creaturen und Ge=
ſchoͤpfe. Und an einem andern Ort ſagt
er: Wer wolte Gott vorwerfen/ daß
er ihm auch nur im geringſten un=
recht taͤhte; weil auch bey einem welt=
lichen Prinzen ſtehet/ dem ein Pferd/
jenem eine Ketten/ dem ein Amt/ je=
nem gar nichts zu ſchenken. Und ge=
ſetzt/ wir muͦſſen haben/ was zu unſers
Lebens Nohtdurft gehoͤrt/ ſo taͤht uns
doch Gott kein Unrecht/ wan
̅
er auch
ſolches wegnaͤhme/ nur um ſeiner Ma=
jeſtaͤt/ Ehr un
̅
Hoheit wille
̅
. Was ha=
ben wir dann zu klagen Urſach. Unter [310] tahnen
ſind wir/ und nimmermehr
die/ die wir uns ſelbſt/ wie wir wollen
verpflegen koͤnnen.Eben in dem fuͤnfhunderteſtem Jahr
nach CHriſti Geburt hat Theodoretus,
Biſchoff zu Cyro in Syria/ von der unter=
ſchiedenen Austeihlung der Gaben Gottes/
alſo geſchrieben: 87 Wol iſt zu behal=
ten/ daß von der Welt Erſchaffung
an/ vaſt uͦberal ſo ergangen/ daß die
jüngere Geſchwiſtere/ den Erſtgebor=
nen in zeitlichen Guͤtern vorgezogen
worden ſind. Dann dem allererſtge=
bornen Cain/ iſt Abel fuͤrgeſetzt: dem
Japhet der Sem/ da er doch der an=
der war (dann es heißt Gen. X. 21.
Sem/ Japhet deß groͤſſern/ Bruder)
dem Iſmael der Iſaac/ dem Eſau der
Jacob/ Judas und Joſeph ſind Ru=
ben vorgeſetzt/ Ephraim dem Ma=
naſſeh/ und ſo fort/ bey denen die her [311] nach
gefolget ſind; dann auch dem
Aaron Moſes/ und David ſeinen
ſieben Bruͤdern fuͤrgezogen worden/
ob er ſchon der Juͤngſte war. Anderſt=
wo gibt er unterſchiedliche Urſachen/ wel=
cher wegen/ Gott/ ſolch eine ungleiche Auß=
teihlung ſeiner Guͤter behalten habe. Da
er erſtlich gewieſen/ daß dergleichen ſchon
uns vorgezeigt worden waͤre/ an dem Un=
terſchied der Glieder deß menſchlichen Leibs/
deren eines edler/ nuzbarer/ ehrlicher: eines
geringer/ unwehrter ſey/ wie ſeine Wort in
in Lateiniſcher Sprach/ in den Anmerkun=
gen zu leſen ſind; ſetzt er nun noch dieſe:
88 Wann die Menſchen alle glei=
ches Stands/ alle gleiches Reich=
tums waͤren/ wie koͤnten ſie ſich ſelbſt
Nohtdurft ſchaffen? oder welcher
wuͤrde dem andern dienen wollen/
wann einer ſo viel als der ander haͤt=
te? wer würde beym Herd ſtehen/
Speiſen zu bereiten? wer wuͤrde ba [312] chen/
oder malen/ oder durch Siebe
reuten? wer wuͤrde waſchen/ kochen/
beym Feuer vaſt verbraten/ wann ihn
nicht die Noht und der Mangel dar=
zu triebe? Wer hat jemals gepfluͤget/
geackert geſaͤet/ gemaͤhet/ eingeführt/
außgedroſchen/ den nicht die Armut
zu ſolcher Arbeit getrieben hat? wer
waͤre jemals in einem Steinbruch ge=
funden worden/ ſelbe gehauen/ ein
ſchoͤn Gebaͤu davon zu machen/ wan
̅
nicht abermal der Mangel ihn darzu
gezogen? wo iſt jemand/ auſſer dem/
ein Schiffer worden/ zur See ge=
handelt/ das Ruder gezogen/ ein
Schuſter/ ein Weber/ ein Toͤpfer
und Schmid worden? Dann wann
einer ſo viel Reichtum haͤtte als der
ander/ lidte ſichs nicht/ daß einer dem
andern dienete: ſondern eines aus die=
ſen zweyen wuͤrde nohtwendig fol=
gen. Entweder daß ein jeder zugleich
alle Kuͤnſte koͤnte und triebe/ oder es
[313]
wuͤrde zu beſorgen ſeyn/ daß keiner ſei=
ne Nohtdurft haben moͤchte. Daß
aber unmuͤglich ſey/ daß einer alle
menſchliche Kuͤnſte lerne/ darf keines
Beweiſes/ weil es die Erfahrung au=
genſcheinlich lehret. Dann wann ei=
ner nur zwo zugleich lernen will/ ver=
derbt er eine mit der andern; weil eine
die ander hindert. Dann wann das
Gemüht auf unterſchiedliche Ding
denken ſoll; alſo alles zugleich nicht
faſſen kan; wird es zwar etwas von
beyden Kuͤnſten aufklauben: zur
Vollkommenheit aber/ wird er nit in
einer gelangen. Alſo folgt das ander.
Wan
̅
alle gleich in Reichtum (ſo iſt es
eben auch mit andern) und Guͤtern waͤ=
ren/ wurde ſolches einen Weg zum
Untergang machen/ und gieng uns
wie denen/ die den Luſt zum eſſen ver=
lieren/ wann ſie ſich uͤbereſſen: Dann
wie dieſe mit vielem eſſen den appe=
tit ſchwaͤchen; Alſo wollen jene den
[314]
Mangel haben damit/ daß ſie gar
gleich reich und beguͤtert ſeyn wollen/
und ziehen den Reichtum/ der den Un=
tergang bringet/ der Armut vor/ die
ſie in ihrem Stand und Leben haben.In Frankreich hat wider in ſelbigen hun=
dert Jahren Divus Proſper, nur die Gemuͤ=
ter der Menſchen zu befriedigen/ die ſich ent=
weder hartſeelig dunken lieſſen/ oder neidiſch
werden wolten/ ſo es ihnen nicht gieng wie
andern/ alſo ſchoͤn 89 geſchrieben: Wan
̅
man nicht uͦber ſeiner eigenen leibli=
chen Eltern Urteihl klagen darf/ wan
̅
ſie einen oder andern Sohn/ ehe ſie
ihn noch recht in die Prob nehmen/
ehe ſie ſich ſonderlich um die Eltern
verdient: dannoch für den andern
Kindern lieb haben; ja wann einem
Herꝛn frey ſtehet/ ſich gegen ſeinen
Dienern zu erzeigen nach belieben/
und mit recht von keinem getadelt
wird/ wann er aus denen/ die alle ſeine
[315]
Diener ſind/ einen und andern ehrli=
cher haͤlt/ und etwas beſſers lernen
laͤſt: Soll man dann den oberſten
Vatter und rechten gütigſten Herꝛn
verdenken/ daß in ſeinem groſſen
Hauß/ (dieſer Welt) auf unzaͤhliche
Art und Weiß/ alles/ unterſchiedlich
geordnet iſt.Noch einen Biſchoff zu Maſſilien in
Frankreich/ Salvianum, wollen wir hoͤren/
in abermal obgedachtem ſeculo, alſo vo
̅
ſei=
ner Zeit/ da ſie ſonderlich Gluͤck und Sieg
wider ihre Feind hatten/ redend: 90 Wan
̅
uns zuweiln wider unſer Hoffnung
und Verdienſt/ GOtt etwas zuer=
teihlt/ ſchreibt es einer dem Gluͤck zu/
einer dem ungefaͤhren Ausgang/ ei=
ner dem Befehl der Oberſten/ einer
den Rahtſchlaͤgen/ einer dem Lehr=
meiſter/ einer dem Schutzmann; kei=
ner aber wills unſerm Herꝛn GOtt
zuſchreiben; Und wundern dabey/
[316]
wann uns die himmliſche Hand et=
was verſagt/ und wollen ihrs doch
nicht zumeſſen/ was ſie gegeben hat.
Damit aber tuhn wir das/ weil wir/
was uns zuſtoͤſſet/ entweder dem zu=
faͤlligen Ausgang/ oder der Tugend
der Oberſten/ oder ſonſt andern
nichtswehrten Dingen zumeſſen.
Solcher Geſtalt aber muͤſſen wir
auch dem Erdboden danken/ daß wir
jaͤhrlich unſere Ernde und Schnitt
haben; und den Weinbergen/ die wir
leſen koͤnnen; und dem Meer/ darinn
wir Fiſch fangen; und den Waͤldern/
darinn wir Holz faͤllen; und den
Schaafen/ die uns Wolle geben; und
den andern Tiehren/ mit deren Fleiſch
wir uns ſaͤttigen. Dann warum ſol=
ten wir Gott fuͤr dieſe/ als Woltah=
ten danken/ deme wir um der groͤſten
Guttahten Willen/ nicht dankbar zu
ſeyn begehren? Von den unterſchiedli=
chen Austeihlungen aber der Guͤter deß
[317]
Hoͤchſten unter uns Menſchenkinder/
ſchreibt er 91 die ſchoͤne Wort: Was
fragſt du mich/ warum einer groͤſſer
und hoͤher/ einer kleiner und niderer;
einer Elend/ einer nicht elend; einer
ſtark/ einer ſchwach ſey? Zwar um
was Uꝛſachen willen ſolches unſer
Herꝛ Gott tuhe/ kan ich nicht wiſſen;
aber Urſach uͤber Urſach iſt mir/ weil
ich weiß/ daß das von Gott herꝛuͦhret.
Dann/ wie Gott mehr iſt/ als aller
Menſchen Vernunft: alſo ſoll mir
nur mehr als Urſach ſeyn/ weil ich
weiß/ daß Gott ſolches tuhe. Und et=
was vor erſtgeſezten Worten ſpricht er alſo:
Warum es den Frommen haͤrter ge=
het als den Boͤſen; jene ligen/ dieſe
geſund ſeyn/ kan ich zwar vernuͤnf=
tiglich und mit Verſtand ſagen: Die
Heimligkeit weiß ich nicht/ und was
Gottes Rahtſchluß iſt/ kan ich nicht
[318]
ſagen: Es iſt mir aber zur Sach ge=
nug/ was die himmliſche Wahrheit
ſelbſt ſaget: Sie ſehe alles/ ſie regiere
alles/ ſie richte alles. Wann du wiſ=
ſen wilt/ was von ſolchen Faͤllen zu
halten ſey/ haſtu die Heilige Schrifft;
wirſtu das behalten/ was ſie dir ſaget/
ſo haſt du die vollkommene Urſach.
Von mir aber fordere keine weiter/
warum es GOtt da und dort alſo
mache? Ich bin mehr nicht/ als ein
Menſch/ der ich Gottes Heimligkei=
ten nicht ergründen mag/ ſolche auch
zu erforſchen mich nicht unterſtehe/
und deßwegen weiter anzuruͤhren
Scheu trage; weil eben das ſo viel iſt/
als wann einer ſich verwegen wolte
einen Kirchenraub zu begehen/ ſo er
mehr wiſſen wolte/ als ihm zugelaſſen
iſt. Laß dir das benuͤgen/ daß GOtt
ſpricht: Alles in allem regiere/ ver=
walte/ verteihle er.Sechshundert Jahr nach Chriſti Ge [319] burt/
hat Pabſt Gregorius, mit dem Zu=
nahmen Magnus, gleichen Beyfall gege=
ben/ da er dieſe Wort ſetzt: 92 Ohne
deß allwaltenden Gottes heimlichen
Raht/ widerfaͤhret den Menſchen
nichts in dieſer Welt. Dann wie
GOtt alles künftige vorher geſehen:
alſo hat ers auch von Ewigkeit be=
ſchloſſen/ wie es in der Zeit nach und
nach gehen ſolle. Daher iſt es dem
Menſchen geſetzt/ entweder was der
fuͤr Gluͤck in der Welt haben werde/
oder was jener fuͤr Unglück leyden ſol=
le; auf daß nicht/ entweder ſeine Auß=
erwehlten/ die uͤber groſſe Glückſee=
ligkeit erhebe: ader allzugroſſes Un=
gluͤck zu Boden drücke. Anderweit
ſpricht er wider: 93 Ofter ſehen wir/
daß weiſe und verſtaͤndige Leut die=
nen; Tohren aber und Albere/ Herꝛn
ſind. Wir ſehen/ daß jene/ wie Knecht
[320]
gehalten werden: dieſe Hoffaͤrtig wie
Tyrannen dominirn. Wie kan
dann das GOttes Will und Mey=
nung ſeyn/ daß ein Narꝛ eines Wei=
ſen Knecht ſeyn ſoll? (verſtehe wann
wahr iſt/ was Salomon ſagt: Prov. XI. 30.)
Da doch ſolcher Geſtalt der Weiſe/
eines Narꝛen Knecht wird? Es iſt
aber zu wiſſen/ daß/ wann gleich ein
Tohr uͦber einen Weiſen fuͤr menſch=
lichen Augen/ Gewalt und Macht
hat; Wann er gleich ihm Muͦhe und
Arbeit auflegt/ ſchaͤndet und ſchmaͤ=
het: ihn doch nur mehr reinige/ und
von Suͤnden lautere/ wie ein Silber
im Ofen. Solcher Geſtalt geſchihet/
daß ein Narꝛ auch unter dem/ daß er
uͤber einen Weiſen herꝛſchet/ ihm
doch unwiſſend diene; weil er ihn nur/
mit ſeiner Herꝛſchafft über ihn/ froͤm=
mer und Gottſeeliger machet. Nicht
anderſt pfleget zu geſchehen/ daß auch
bißweilen die Diener ihren Jungen
[321]
Herꝛn vorgeſetzt ſind als Hofmeiſter/
uͤber ihre mores, Leben und Wan=
del/ ſie ziehen und ſtraffen/ und doch
einen Weg als den andern Diener
bleiben; weil ſie darauf beſtellet ſind/
daß ſie mit ihrer Zucht ihrer Herꝛ=
ſchafft bedienet ſind/ die nur dadurch
zunim
̅
t und wolgezogener wird. Weil
demnach damit/ was die Frommen
von den Boͤſen leyden muͤſſen/ ihnen
nur zu ihrem Baͤſten gedient wird;
iſt anders nicht/ als daß die Boßheit
mitten in ihrem Wuͤten/ der Froͤm=
keit dannoch Nuzen und Heil bringet.
Nochmal ſpricht er: 94 Wer ſolte es
verſtehen koͤnnen/ wie ſubtil Gottes
Heimlichkeiten ſind/ daß manchmal/
der eine gerechte Sach hat/ nicht nur
nicht recht haben ſoll/ fuͤr dem weltli=
chen Gericht: ſondern noch geſtrafft
werden; da doch ſein Widerpart/ der
allerdings unrecht hat/ nicht nur nit
[322]
abgeſtrafft werden: ſondern die
Sach gewinnen ſoll. Einer erlangt
die Ehrenſpitze/ der doch nichts ſu=
chet/ als den Leuten weh zu tuhn: ei=
ner wolte von Herzen gern/ die/ ſo un=
recht leyden/ verteihdigen und be=
ſchuͤtzen; und wird doch ſelbſt hie und
da gedruͤckt. Einer ſuchet mit ver=
langen ſeine Ruhe; und Geſchaͤff=
te kommen ihm hauffenweiß. Ei=
ner wolte ſich gern hie und da brau=
chen laſſen; und kein Menſch will
ihn doch brauchen. Wer wolte dann
dieſer him
̅
liſchen Gerichte/ Secreta
oder verborgene Schluͤſſe eroͤffnen?
Wer will dieſe unterſchiedliche Waa=
ge der verborgenen Gerechtigkeit er=
reichen; weil keiner in die geheime
Kammer der Gerichten Gottes/ als
ein Regiſtrator, eingelaſſen worden
iſt? So ſage mans nun einem Men=
ſchen/ daß er ſeine Unwiſſenheit er=
kennen ſoll; Erkennt ers aber/ daß er
[323]
darum in Fuͤrchten ſtehe: in Fuͤrch=
ten aber ſtehe/ auf daß er demuͤtiger
werde; demuͤtiger aber werde/ auf daß
er ſich nichts einbilde; nichts einbilde
um deßwillen/ auf daß er um ſeines
Schoͤpfers Hülf bitte; weil er ſihet/
daß/ ſo er auf ſich ſelbſt bauen wolte/
er lebendig tod ſeyn wuͤrde. Biß hie=
her Gregorius, Alles zu dem End/ auf
daß er doch unſerm Gruͦbeln ein Gebiß
anlege/ weil/ wie er etwas vorher ſagte:
95 Idonei quidem ſumus ad hæc con-
ſideranda quæ fiunt: Sed idonei non
ſumus ad hæc inveſtiganda, cur fiant, das
iſt: wir zwaar dazu tuͦgen/ daß wir
ſolche Faͤlle/ die ſich begeben/ betrach=
ten: aber nicht dazu/ daß wir die
Urſach gewiß ſagen moͤgen/
warum ſie geſchehen.
|| [324]
1.
GOtt/ du Geber aller Gaben!
Sonſt von niemand/ als von dir
muß man alle Haabe haben/
die uns nuͦtz und noͤhtig hier.
Vater/ wir ſind deine Kinder.
Du biſt gut/ ſind wir ſchon Suͤnder/
gibeſt/ wann durch Jeſum ſich
unſer Bitten haͤlt an dich.
2.
Ich ſoll; Herꝛ! was ſoll ich/ bitten?
Meine Seel hat kein Geſicht
in der finſtren Leibeshuͤtten.
Mein Verſtand verſtehet nicht/
|| [325]
was/ von dieſen Erden=ſachen
ihn recht gluͤcklich moͤge machen/
blind wie eine Fledermaus;
Suͤnd/ ſticht ihm die Augen aus.
3.
Offtmals meynt er wol/ er ſehe/
ſetzt ihm Fleiſches=Augen ein.
Solt er/ der blind in der Naͤhe/
in die Ferne ſehend ſeyn?
Fleiſch es will iſt ſein Verlangen;
es nim ̅ t ſeinen Wunſch gefangen
Wolluſt/ Ehre/ Gut und Gelt/
und der falſche Schein der Welt.
4.
Ach! er wuͤnſcht nur meinen Schaden.
Gold macht/ daß man Gott nit acht/
pflegt zn Suͤnden einzuladen/
und das Herze ſicher macht.
Luſt verjrdiſcht das Gemuͦte/
tritt aus der Vernunfft Gebiete.
Ehr’ und Hoheit/ Stolz gebuͤrt/
der von Gott zur Hoͤlle führt.
5.
Weiſer Vater/ du weiſt baͤſſer/
was mir nuͤtz und ſeelig hier.
|| [326]
Deinem Kind gib nicht das Meſſer/
daß es etwan heiſcht von dir.
Ja ich bitte/ wann ich wolte
bitten/ was mir ſchaden ſolte/
wollſt du mich erhoͤren nit.
Deine Weißheit weiter ſiht.
6.
Eine Bitt nur mir erfuͤlle/
Ach gewaͤhr mich diß allein:
Gib mir/ Vater/ was dein Wille;
Lehr mich dann zufrieden ſeyn/
und nach deinem Willen leben!
Du biſt gut/ und wirſt mir geben/
was ich hab vonnoͤten hier/
biß ich ſeelig komm zu dir.
|| [ID00403]
|| [ID00404]
Scena Dei, Mundus. 2. Dare quos lubet,
hiſtrio ſoccos
dat tibi. 3. Perſonam, quam dedit, arte
geras.
ICh bilde mir die Welt/ als einen Schauplatz/ ein/
auf dem von anbeginn ein Schauſpiel wird geſpielet:
Da tritt man auf und ab; da ſpielen groß un ̅ klein:
biß daß die Action vom Tode wird bezielet.
Die Spielperſonen ſind die Menſche ̅ ; von Geburt
und Ankunfft alle gleich/ und gleich auch in dem Sterben:
ein Koͤnig keiner nie mit Recht gebohren wurd;
durch Tugend und durch Wahl ſoll er die Kron erwerben.
Spielſchauer/ Engel ſind und Teuffel/ die genau
betrachten/ ſchreiben auf/ und merken/ Werk und Worte.
II. Gott/ Schauſpielhalter iſt/ ſtellt jeden auf die Schau:
der weißlich weiß/ worzu/ zu welchem Stand und Orte
ſich der und dieſer ſchickt/ was er agiren kan.
Er ſihet nicht auf das/ was Menſchen=augen preiſen;
das Herze ſihet er und die Gedanken an;
Ihm iſt nicht alles/ Gold/ wie uns/ was pflegt zu gleiſſen.
|| [328]
Dann teihlt er Kleider aus. Die Kleider/ ſind der Stand
darinn wir leben hier/ darein uns Gott geſetzet.
Der prangt im Koͤnigs=ſchmuck; der lumpt im Knechts=gewand: ???(ſchaͤtzet.
Vor GOtt/ ſie beyde ſind an Ehren gleich ge=
Wohl=ſpiele ̅ / wird gelobt; nicht/ wolgekleidet gehn/
nicht/ herꝛlich treten auf auf einer Schau= ſpiel=buͤhne: ???(zu ſehn;
So/ pflegt Gott auf den Stand deß Lebens nicht
Nur/ daß man lebe recht/ nur daß man wol bediene
und ſpiele die Perſon/ die zugeeignet wird. ???(Ehre.
Du ſeyſt Herꝛ oder Knecht: Spiel wol ſo haſt du
Es wartet Lohn und Kron auf den/ der wol agirt:
ob er ein Lazarus/ ein armer Irus/ waͤre.
III. Neid keinen/ ob er baß bekleidet iſt/ als du;
Nit aͤrgre dich am Glück der Gottsvergeſſnen Leute;
Schau ſonder Neid un ̅ Leid dem Kleider=aufzug zu:
Es deckt das Goldgewandt oft raͤudig=ſieche Haͤute;
es beiſſen Sorgenlaͤus’ oft aͤuſſerlichen Pracht/
der nur geliehen iſt/ man muß ihn wiedergeben.
Erwarte??? biß dem Spiel ein Ende wird gemacht:
den Ausgang ſtraffet ſelbſt ein boͤßgeſpieltes Leben.
Der Boͤſe traurig ſchlieſt/ fieng er ſchon froͤlich an;
deß Frommen Leyden ſich in Freuden pflegt zu enden.
Wohl dem/ wie weh ihm iſt/ der auf dem Jam= merplan ???(anlaͤnden.
Hier ſteht! gen Himmel er zur Wonne wird
|| [329]
Das
Eilfte Capitel.
Bringt auch der Heyden
Einſtimmen heran.
SChamroht machen hierinn die
Heyden viel unter den Chriſten/
die ſich Gottes Vorſorg nicht ſo
haben zuer geben wiſſen und lernen wollen;
ungeacht ſie tauſentmal mehr Urſach ge=
habt haben als jene. So elend dem Stand/
und ſo krum
̅
dem Leib nach/ der Heyd
Epictetus war/ ſo vergnuͤgt war er mit
ſeinem Zuſtand/ und ſo wolt und wieſe
er allen/ wie ſie teihls in dergleichen/
teihls in groͤſſern und kleinern Gluͤck
und Ungluͤck tuhn/ und Gott/ der alles alſo
nach ſeinem Gefallen austeihle/ ſtill halten
ſolten. Im XXI. Cap. ſeines Handbuͤch=
leins ſchreibt er alſo: Du muſt gedenken/
anderſt ſey in dieſem Leben nicht um=
zugehen/ als mans bey einer Gaſterey
machet. Wann man dir darob etwas
[330]
fͦrlegt/ ſo nimm mit Beſcheidenheit
einen teihl davon. Ubergeht man
dich! ſo laß fahren. Iſts noch nicht
an dich kom
̅
en/ ſo laſſe dir das Maul
nicht waͤſſern; ſondern warte biß
dich die Reihe trifft. Wann du der=
gleichen tuhſt/ ſo du gern ein Ehweib
und Kinder haͤtteſt/ gern im Regen=
tenſtand waͦreſt/ gern reich; wirſt du
uͤber der Goͤtter Tafel ſitzen koͤnnen.
Wann du es aber/ ſo du es ja erlangt
haſt/ achteſt/ als wann du es noch nit
haͤtteſt/ wirſtu nit ſo wol der Goͤtter
Gaſt: als ihres Reichs Genoß einer
heiſſen.Im XXIII. Cap. ſpricht er abermal:
Gedenke daß du in dieſer Welt wie
ein Comœdiant ſeyeſt/ und dieſe
Comœdi oder Tragœdi dieſes Le=
bens ſpielen wolleſt/ die deinem
Meiſter gefallen wird. Will er ein
lange: ſo mache es mit; ſols ein kuͦr=
zere ſeyn: machs auch kurtz. Will
[331]
er daß du ſolleſt einen Bettler agirn/
ſo ſihe/ daß du die Perſon meiſterlich
vetretteſt; alſo auch/ ſo er wolte/
daß du hinken ſolteſt; ſo er wider
wolte daß du eine
̅
Fuͤrſten præſentirn
ſollſt/ oder im Gegenteihl eine
̅
gemei=
nen Mann. Dann die Wahl/ welche
Perſon du ſeyn moͤgeſt/ ſteht bey dir
nicht; Das aber gebuͤrt dir/ daß du
dich recht und kuͤnſtlich den ſtelleſt/
den du dich ſtelle
̅
ſolſt. Was Bion ſagte/
ſchickt ſich wol darzu: Das Gluͤck/ ſpricht
er/ iſt wie eine Comoͤdiantinn/ die den
zu erſt auf der Spielbuͤhne reden laͤßt/
jenen zum andern; den einen Koͤnig
agirn/ jenen eine geringe Perſon.
Wann du demnach zum andern re=
den ſolleſt/ ſo tritt nit zum erſten auf/
ſonſt wirſtu einen grauſame
̅
Unform/
und ein ungereimtes Ding tuhn. Der
alte Teles ſprach gleich ſo: Ein ehrliches
Gemuͤht müſſe es machen/ wie einer
der wol agirt in einem Schauſpiel.
[332]
Was er fuͤr eine Perſon vertrette
̅
ſoll/
darein kan er ſich manierlich ſchicken:
Alſo ſoll auch jenes Gemüht in dem
Stand ſeyn/ in dem es das Gluͤck
haben will. Was aber da das Glück/
oder die Comoͤdiantinn heiſſe/ hat der alte
Platoniſche Maximus 96 ausgelegt/ daß
es GOtt ſelber waͤre/ der einen jeden in
dem gemeinen Leben/ den ſich ſo zu erzeigen
hieſſe/ jenen wider anderſt.Gar zu ſchoͤn aber ſpricht Epictetus
wider: XXXVIII. Cap. Wer die
Goͤtter ehren will/ kan mehr nicht
tuhn/ als wann er recht von ihnen
urteihlet/ und haͤlt; einmal/ daß
ſie ſeyn; anders mals/ daß ſie wol und
gerecht dieſes alles regieren; um weß=
willen ihnen zu folgen/ und mit allen
vorlieb zu nehmen ſey was geſchihet/
und zu vertragen williglich/ eben da=
rum/ weil es von dem allerherꝛlich=
ſten Weſen herꝛuͤhret. Dann auf die [333] ſe
Weiſe wird man ſich nie über ſie
beſchweren/ anch über ſich ſelbſt nie
klagen/ als wann man von ihnen hin=
dangeſetzt und veracht werde.Unter vielen Reden die er noch fuͤhret/
iſt nicht auszulaſſen/ was er im LXXVII.
Cap. ſetzet: Allezeit/ wann man was
angreiffen will/ ſoll man vorher alſo
bitten. Du hochſter Gott/ und du ſei=
ne Vorſehung/ leite und fuͤhre mich/
wohin ihr mich haben wollet. Dann
ich will hurtig folgen. Im Fall ich
aber je nicht wolte aus Ungehorſam:
ſo treibe mich wider meinen Willen
zur Nachfolg. Es ſoll aber ſolches Ge=
bet Epictetus von dem weiſen Cleanthe
von Aſſo buͤrtig/ Zenonis Diſcipel/ und
Chryſippi Lehrmeiſter genommen haben/
wie Simplicius in ſeinem Commentario
berichtet.Unterſchiedlicher ſolcher Reden mehr
hat Arrianusaus Epicteti Mund aufge=
zeichnet. Nur der deutlichſten etlicher wol=
len wir gedenken. In ſeinem dritten Buch
[334]
und deſſen XVII. Cap. ſtehet alſo: Wan
̅
du die Vorſorg Gottes anklageſt/ iſt
beſſers nichts/ als du geheſt in dich
ſelbſt; weil du ſotahn bald finden
wirſt/ daß/ was geſchiht/ auf gewiſſe
beſcheidene Weiſe geſchehe. Aber
doch/ ſprichſtdu/ gehets dem Gottlo=
ſen baͤſſer als mir? Ich frag aber wo=
rinn? Darinn/ daß er mehr Gelt hat?
Dann darinn tuht er dirs bevor/ daß
er ſchmeichlen kan/ daß er unver=
ſchaͤmt iſt/ daß er darauf Tag und
Nacht dichtet. Laſſe dich aber ſolches
nicht jrꝛen/ und ſihe vielmehr darauf/
ob er dir es bevor tuhe an der Aufrich=
tigkeit/ an der Schamhafftigkeit. Da
wirſt du es aber nicht finden; ſon=
dern vielmehr das urteihle
̅
: daß dir in
weit baͤſſern Dingen auch weit baͤſſer
gehe als ihm. Und nach wenig Worten
ſetzter: Warum haͤlteſt du dann je=
nen gluͤckſeelig um Derer Dinge wil=
len/ die du ſelbſt verfluchſt? Was
[335]
ſuͤndigt die Vorſorg GOttes/ ſo ſie
baͤſſern/ baͤſſere Guͤter gibt? Iſt es
nicht edler ſchaamhaftig/ als reich
ſeyn? Warum zuͤrneſt du dann/ ſo du
das haſt/ was baͤſſer iſt?Im XXIV. Cap. gedachten Buchs
ſchreibt er alſo: Ein from
̅
er und weiſer
Menſch/ eindenk wer er ſey/ und von
wem er kommen ſey/ trachtet einig
und allein dahin/ wie er ſeine Stelle/
die er empfangen hat/ recht vertrette/
und Gott damit ſeinen Gehorſam er=
weiſe. Wilſtu/ ſpricht er zu ihm/ daß
ich laͤnger leben ſoll! So will ich auch
wie du mich alsdann haben wilſt/
entweder in einer Freyheit/ oder in
einem edlen Stand. Brauchſt du
meiner laͤnger nim
̅
er? So geſchehe
auch das nach deinem Willen Biß
hieher bin ich um deinet Willen ge=
blieben/ und um keines andern wegen;
und damit ich dir jetzt gehorche/ berei=
te ich mich auch zum Abſchied. Wie
[336]
aber moͤcht man ſagen? Antwort/ wie
du gewolt haſt; Entweder als einer
der frey war/ oder als einer der in dei=
nen Dienſten war und verſtehet/ was
du wilſt und nicht wilſt. So lang ich
in deinen Dienſten bin/ wer wilſt du
darinnen ſeyn/ moͤchſtu mich wider
fragen. Wilſtu ein Fuͤrſt ſeyn oder
ein Idiot? Ein Rahtherꝛ oder ge=
mein Volk? Ein Soldat oder Obri=
ſter? ein Schulmeiſter oder Hauß=
vatter? Ich antworte aber: Wohin/
in was für Ort oder Stell du mich
ſtellen wilſt! Ehe ich ſelbe verlaſſen
wolte/ wolt ich ehe/ wie Socrates
ſprach/ tauſentmal lieber das Leben
laſſen. Wo du mich nun hin haben
wilſt/ nach Rom oder Athen/ nach
Thebas/ oder in die Inſul Giaras/
bin ich zufrieden. Nur das begehr ich/
daß du meiner nicht vergeſſen wolleſt/
wann ich dahin ſolte/ da die Leut
gottloß und wider die Natur leben.
[337]
Als einer/ der wider deinen Befehl
tuht/ begehr ich nicht abzuſcheiden:
ſondern als ein Soldat/ der von ſei=
nem Obriſten durch den Trompeten=
ſchall wider zuruck geruffen wird!
So ſey das ewiglich ferne von mir/
daß ich dich verlaſſen ſolte: ſondern
ich begehre abzuſcheiden/ als einer/
deſſen Dienſt man nimmer gebrau=
chet. So ich aber nur ehrlich und from
̅
leben kan/ wo es auch waͤre/ begehre
ich keinen andern Ort/ als den du
mir gewieſen haſt; ich ſuche keine an=
dere Leut/ als die/ mit denen du mich
haſt umgehen laſſen wollen.Um baͤſſere Zufriedenheit deß Herzens
zumachen/ ſetzt er nach etlichen einen Raht/
wie einer gedachtes alles tuhn koͤnne. Er
ſpricht: Wann du/ in den Inſuln
Gyaris ſeyn wuͤrdeſt/ muſtu dir die
Roͤmiſche Art zu leben nicht einbil=
den/ und wie viel du da Wolluͤſte ge=
noſſen haſt/ wie viel du genieſſen koͤn [338] teſt/
wann du wider hinkaͤmeſt; Son=
dern alſo muſtu da geſinnet ſeyn/ wie
es ſich gebuͤhret dem/ der in Gyaris
leben muß. Daſelbſt aber muß man
dapfer und großmuͤhtig leben. Wirſt
du zu Rom ſeyn/ bilde dir nicht ein/
daß du da leben wolleſt/ wie wann du
zu Athen waͤreſt; ſondern darauf
denke/ wie du zu Rom leben wolleſt.
An aller derer Kurzweil Ergoͤzlich=
keit ſtatt ſetze das einige/ daß du den=
keſt: du erzeigeſt den Gehorſam dei=
nem Gott/ und damit erweiſeſtu nit
mit Worten: ſondern in der Taht
und Wahrheit/ daß du ein frommer
und weiſer Menſch ſeyeſt. Dann wie
hoch meynſtu/ daß das zu ſchaͤzen ſey/
wann einer zu ſich ſelbſt ſagen kan:
Was andre meynen/ daß ſie/ in ihren
Schulen/ herꝛlich und wunderſam
reden und lehren/ das uͤbe und practi=
cire ich ſchon wuͤrklich/ alſo/ daß jene
nur ſizen und von meinen Tugenden
[339]
reden/ von mir diſputiren/ und Ju-
piter ſolcher Geſtalt jene/ ihrer Lehr
zum Beweiß/ mich fuͤrſtellen laſſe/
und zugleich ſelbſt von mir verneh=
me/ ob ich ihm/ als ein rechter Sol=
dat diene? ob ich/ als ein rechter Bur=
ger mich halte/ und er mich andern
zum Exempel fuͤrſtellen koͤnne?Aus allen ſolchen Anweiſungen/ be=
ſchreibt der gelehrte Heins 97 einen wei=
ſen Stoiker unter andern alſo: Er folge
der Ordnung/ die der unſterbliche
Gott einem jeden Menſchen vorge=
ſchrieben habe. Dem/ den Acker zu
bauen; jenem/ einen Schiffmann zu=
geben; dem dritten/ einen Soldaten;
einem ein Koͤnigreich/ einem ein an=
ders Regiment zu verwalten. Dem/
daß er lerne; dem/ daß er lehre entwe=
der wenig/ oder die nach ihm kom
̅
en
[340]
ſollen auf etliche hundert=jahr hin=
aus. Das nemlich iſt ein groſſes und
ein herꝛliches Amt! denket er; Und in
dieſem allem ſich erzeigen/ wie man
ſoll/ heißt die Ordnung behalten/ die
Gott behalten haben will. Wiltu ſel=
be trennen/ ſo tuhſt du nicht wie ein
Weiſer: wilſtu dir eine andere wuͤn=
ſchen/ ſo tuhſt du doppelt unrecht.
Dann einmal verlaͤſſeſt du dein Amt/
und wirſt fuͦrs andere/ gegen deinem
Gott undankbar.Den groſſen Alexander trieb ſolche Be=
trachtung dahin/ 98 daß/ als er/ mit dem
maͤchtigen Lauffer Criſſon in die Wette
lieff/ und merkete/ daß dieſer ihm mit allem
Fleiß die Ehr laſſen wolte/ er ſich recht da=
ruͤber entruͤſtet/ andeutend: 99 Er lieſſe
ſichs/ aus Neid/ nicht verdrieſſen/
wann er ſehe daß andere mehr ver [341] moͤchten
als er/ und verſtünde wol/
daß die Goͤtter/ welche freygebig ihre
Guͤter austeihlen/ wem ſie wollen;
einem allein nicht alles geben: ſon=
dern dem dieſes/ jenem ein anders/
aus ſonderbarer Weißheit/ auf daß
die Menſchen/ denen ein Stolz von
Natur anhaͤngt/ ſich nicht unterein=
ander ſelbſt verachten: ſondern/ weil
einer deß andern bedarf/ auch einan=
der lieben/ und Freundſchaft und Ge=
genfreundſchaft erhalten/ wann die
hoͤhere zu ihren Dienſten die geringe=
re brauchen/ und dieſe wider jene eh=
ren/ achten/ und unter ihren Schutz
leben.Stuͤck fuͤr Stuͤck der zeitlichen Guͤter/
daß ſie von oben herkommen müſſen/ haben
auch die Heydniſche Poeten Zeugniß ge=
geben; alſo/ daß ihre Reden davon Chriſt=
lich genug waͤren/ wann ſie nur an Statt
deß Worts Goͤtter/ das ſie manchmal
gebrauchen/ das Wort GOtt geſetzt haͤt=
ten; wiewol etliche es auch alſo ausſprechen.
|| [342]
Von den alleraͤltiſten Poeten einem
Heſiodo, der zu den Zeiten der kleinern
Propheten gelebt/ ſagt der gelehrte Philip-
pus Melanchton, in ſeinen enarrationibus
uͤber ſeine vers, das: Sanctius de Deo non
potuiſſe dici, etſi vim religionis non no-
verat, das iſt: heiliger haͤtte von Gott
nit koͤnnen geredt werden/ ob er ſchon
unſere Chriſtliche Religion nicht ver=
ſtanden haͤtte/ als wann er alſo geſchrie=
ben: 100 Sagt mir doch/ wie gehet es
zu/ daß ein teihl Menſchen/ ſo gar ge=
ring und nidrig in der Welt angeſe=
hen ſeyn/ ein teihl dagegen ſo hoch be=
ruͤhnit und empor geſtiegen? Die
Urſach aber iſt deß groſſen Gottes
Will und Gefallen.Der Poet Theognis ermahnet deßwe=
gen ſo gar weißlich/ daß ein jeder mit ſeinen
Gaben/ die er empfangen/ zufrieden ſeyn
ſolle. Seine Wort heiſſen alſo: 101 Un [343] terſchiedlich
teihlt Gott ſeine Guͤter
den Menſchen aus/ als deren Schul=
digkeit eben deßwegen waͤre fuͤr lieb
zu nehmen/ was und wie viel derer ein
jeder empfangen habe. Dan
̅
/ wie er un=
ter andern auch ſpricht: 102 Ohne deſſen
Willen und Ordnung ſey keiner
reich/ keiner arm/ keiner ungluͤckſee=
lig/ keiner gluͤckſeelig.So findet es ſich auch bey Pindaro;
Was er an einem Ort nennt das
durchs Gluͤck/ oder mit
den Goͤttern geſchehen ſey: erklaͤret er
unterſchiedlich alſo: ,
, das iſt: mit Gottes Bey=
ſtand/ nach GOttes Willen und
Vorſehung/ aus Gottes Geſchenk/
103 und dergleichen; wie er dan
̅
auch dahin
das zaͤhlet/ daß es einem da/ dem andern
dort gelingt: einem in dem/ einem in einem
[344]
audern Stuͤck. Alle/ ſpricht er/ ſind nit
grad in allen einander gleich: ſondern
einer hat das/ einer ein anders Gut
empfangen/ das doch Lobens wehrt
iſt; und von GOtt kommen unter=
ſchiedene Stuffen und Grad/ dar=
nach einer in dem/ einer in etwas an=
ders ſich kan ſehen laſſen.Abſonderlich redet er von zeitlichem
Reichtum/ und weiſet: von wem der uhr=
ſpruͤnglich herkomme/ und wie man damit
umgehen muͤſſe. Wann ich viel und
groſſe Reichtum haben ſolte/ ſpricht
er/ 104 wolte ich weder aͤrmere ver=
achten/ noch meines gleichen mich
ungleich halten: GOtt aber/ der mir
ſolchen Schatz gegeben/ wolte ich
taͤglich nach meinem Vermoͤgen eh=
ren und preiſen. Und folgend ſpricht er
wider: 105 Viel Narꝛen halten dafuͤr/
wann ſie ſehen/ daß jemands ohne
[345]
ſonderbare Arbeit/ Tag und Nacht
rennen und lauffen/ etwas dapffers
vor ſich bringt/ es ſey ſeiner Weiß=
heit und Vorteihl=wiſſenden Kunſt
zuzuſchreiben. Aber weit iſt es ge=
fehlt/ und ſtehet ſolches bloß/ in men=
ſchlichem Tuhn und Gewalt nicht!
Allein Gott iſt es/ der manchen reich
und groß/ manchen wider arm und
nider macht/ nach dem er jedwedern
ſolches zuzumeſſen beſchloſſen hat.
Ita gentilitiâ ſuâ religione ſentit Poeta,
quod Scriptura etiam docet: Deus eſt
qui pauperem facit & qui ditat, ſagt hier=
uͤber Lonicerus, das iſt; Alſo urteihlt
von zeitlichem Reichtum und Ar=
muth der Poet/ ſeiner heydniſchen
Religion nach/ was ſonſten auch die
Schrifft bedeutet: GOtt hab den
Reichen und Armen gemacht!Eben daher kommt es/ daß erſtgedachter
Pindarus, 106 auch das Koͤnigreich und
weltliche Gewalt fuͤr Gottes Schickungen
[346]
haͤlt. Arceſilaum nennt er deßwegen -
der von GOtt die Gnad habe;
und bald darauf nennt er ſeine Gewalt
, eine Gewalt von
Gott gegeben; ja uͤber wenige Zeil ſetzt
er hinzu/ was zu Cyrene oͤffentlich geſungen
werde: , Alle
deine Guͦter die du haſt/ haſt du Gott
zu danken/ welches/ wie ob=Ehrngedach=
ter Herꝛ Schmidt wol erinnert/ eben das
geredt iſt/ was Paulus ſeinen Corinthiern
ſchreibt: Was haſtu Menſch das du
nicht empfangen haſt? I. Ep. IV. 2.Neben unſerm Pindaro, haben andere
Heyden mehr/ aus dem Liecht der Natur
ſo viel gefunden/ daß auch der Sieg von den
Feinden/ nicht plumper weiß: ſondern von
Gott herꝛuͤhren muͤſſe. Als Xenophon
die victori der Lacedemonier wider die
Argiver erzehlt/ ſagt er: 107 Gott hat ih=
nen zur ſelben Zeit das gegeben/ daß
ſie ſich ſelbſt nicht gewunſchet haͤtten.
[347]
Dann wie ſolt einer das nicht fuͤr
goͤttlich halten/ daß ſie (die Lacedemo=
nier) ſo viel Feind uͦberwinden moch=
ten/ un
̅
ſelbe für dieſen/ als viel ſchwaͤ=
chern/ erſchrecken ſolten/ in Unord=
nung gerahten/ ſich nirgend wehren/
und vielmehr alles zu ihrem eigenen
Schaden handeln. Der Poet Sopho=
cles ſtellt allen ſolchen Schnarchhanſen/
und/ in ihrer Einbildnng/ Rieſen/ das Exem=
pel Ajacis fuͤr/ den ſein Vatter ſo treulich
erinnert/ daß/ weil er ja nun wider die Grie=
chen gehen wolle/ er an ſein Wort gedenke/
108 die beyde/ als ſeine Tugend/ und
foͤrderſt GOtt zum Gehuͤlffen neh=
me. Da aber Aiax ſo toͤhricht antwortete:
Mit Gott kan ein jeder/ auch der al=
lerfeigſte/ und ein Memm den Sieg
erhalten. Wann mir aber auch die
Goͤtter gleich nicht helffen/ ſo weiß
ich/ und traue mir dannoch die Ehr
im Krieg zu erlangen. Auf die vermeſ [348] ſene
toͤhrichte Rede ſetzt der Poet: Er ha=
be der Goͤttin Minervæ Zorn auf
ſich geladen/ weil er ſich mehr eynge=
bildet als ein Menſch tuhn ſoll/ wie er
ſich dann im Ende ſelbſt/ um ſeines ver=
lohrnen Siegs willen/ entleibt haͤtte.Solches Innhalts/ waͤre noch die Meng
zu geben/ ſo man ausſchweiffen ſolte. Nur
der beſcheidenen Antwort Oreſtis wollen
wir noch gedenken. Als ihn Electra ſeines
Siegs wider Ægyſthu
̅
wegen/ maͤchtig lob=
te/ ſchreibt Euripides: 109 Er habe die ſtatt=
liche Antwort gegeben: Sie ſolte die Goͤt=
ter (wir Chriſten ſagten: Gott) dafuͦr hal=
ten/ als , dieſes ſeines
Gluͦcks Oberſte Führer: ihn aber
anders nit/ als
, der Goͤtter (GOttes)
und deß Glücks Diener einen.Belangend den Ehſtand/ und daß der
oder der ſo einen tugendhaften Ehgatten
erlangt/ wiewol Clytemneſtra zn ihrem
Man Agamemnon ſprach: 110 Selten
[349]
geſchehe es/ daß einem ein ſolch Weib wer=
de/ ſo ſtehet doch deutlich und ſchoͤn: 111
Das Gluͤck regiert den Ehſtand/ und
geht darinnen manchem Menſchen
wol/ manchem uͤbel/ welches beydes ge=
ſchehe/ 112 ſo wol aus Goͤttlicher Gnad
als ſeiner Ungnad und zu unſerer
Straff/ wie ſie dann zu ihren baͤſſern Se=
gen eine Goͤttin/ Juno genannt???/ abſonder=
lich mit Opfern verehrten/ und den Tittul
Domiduca gaben/ das iſt: einer Lieben
Hausgefehrtin und Heimfuͤhrerin.Eines unter vielen iſt noch zu gedenken/
das Simonides bey dem Xenophon ſaget/
von dem Anſehen/ daß mancher erlangt/
ſonderlich in dem hohen Regentenſtand/
wormit er bey maͤnniglich einen rechten
Schrecken verurſachet. 113 Mich daͤucht
gaͤnzlich/ ſagt er/ daß ein Fuͤrſt und
Herꝛ einen reſpect und Anmuht ha=
be/ koͤnne anders nicht/ als von Gott
und vom Himmel kommen.
|| [350]
1.
SAg/ was iſt dieſe Welt?
ein Schau=und Spiel gezelt:
darinn tritt ab und auf
der Menſchen Lebenslauff.
2.
Warzu dich Gott erſchuff/
dein Amt und dein Beruff/
das iſt dein’ Action,
macht dich zur Spielperſon.
3.
Spiel wohl/ befleiſſe dich/
das Lob moͤg finden ſich/
und zu des Spieles End
dir Gott den Lohn zuſend.
4.
Hab Dank/ du Herꝛ der Welt/
daß du mich auch geſtellt
|| [351]
auf deine Schauſpiel=Buͤhn/
daß ich ein Menſche bin.
6.
Nur wolleſt/ bitt’ ich dich/
wollſt unterweiſen mich
durch deines Geiſtes Raht/
und ſeine reiche Gnad!
7.
Dein’ Allmacht ſey bey mir!
Nur/ groſſer Gott/ mit dir
wird Alles wohl getahn:
Ohn dich ich nichtes kan
9.
Ich moͤcht’ erzuͤrnen dich;
Und Du entkleiden mich/
|| [352]
und werffen arm und bloß
aus deiner Gnadenſchoß.
11.
Bin ich der Welt zuſchlecht/
kan ihr nichts machen recht:
Gefaͤllt mein Tuhn nur dir/
ſo frag ich nichts nach ihr.
12.
Nach dieſem Trauerſpiel/
fuͤhr mich zum Freuden=Ziel
aus dieſem Jammerthal.
In deinem Himmel=Saal/
|| [ID00431]
|| [ID00432]
Aſpera non frangant mentem; 2. non pro-
ſpera faſtu
tangant: 3. æquus ovet ſorte in utrá
animus.
KEin Geſtirn/ kein blinder Zufall/ keine Goͤt= tinn iſt das Gluͤck:
Dieſen Nahmen gib dem weiſen Gottsge= ſchick.
GOttes Vorſicht=volles Aug/ GOttes All= macht=Haͤnde wachen/
vorbedenken/ und dann lenken alle Sachen.
Gottes Raht ſucht unſer Baͤſtes; was Er tuht/ iſt wohlgetahn:
Sein gerechtes Wollen nie mand tadeln kau.
Er weiß/ wo/ und wann/ und was er ſoll geben und verſagen:
Laß ſein gnaͤdigs Wohlgefallen dir behagen.
I. Muſt du hier in Dornen baden/ arm/ veracht/ und elend/ ſeyn:
Denk diß alles komt von unſrem Gott allein/
der dadurch dich pruͤfen will/ ob du auch mit Loͤwenmute
halteſt aus die Streiche ſeiner Vater=Rute.
II. Geheſt du in Roſen weiden/ biſt du reich und hochgeacht:
Denke/ GOtt hat dich zu gutem Stand ge= bracht.
|| [354]
Danke ſeiner Güt dafuͤr; nicht beginne hoch= zutraben:
es ſind Gottes/ es ſind ja nit deine Gaben.
Einer iſt es/ der dir Beydes/ Glück und Ungluͤck/ ſchicken kan:
Druͤm ſo nim ̅ auch/ Eines Sinnes/ Beydes an.
III. Faſſe Stand/ gründ auf Beſtand/ ſtelle Fel= ſen=faͤſt dein Herze/
daß es ſtehe unverꝛückt in Freud und Schmerze.
Werde ja nicht feig und weiche/ weiche nicht/ ob ſchon das Meer
dieſer Eitelkeit auf dich ergrimmet waͤr.
Mach an deinem Felſen grund/ mach mit Spott zuruͤcke prellen/
laß anfallen/ doch nit faͤllen dich/ die Wellen.
Laß dich auch deß Gluͤckes Stricke/ Hoheit/ Ehre/ Kunſt und Gelt
nicht ümreiſſen/ bleibe ſteiff und faͤſt geſtellt.
Laß dich boͤſe machen nicht gute Tage/ die dich labe ̅ :
flüchtig/ nichtig/ ſind deß falſchen Glückes Gabe ̅ .
Der dir gabe/ kan dir nehmen; Gott/ von welchem alles flieſt/
bleibt nit gütig/ wann du mutig worden biſt.
Bleib beſtaͤndig und getreu/ wanke nicht in Leid und Frenden/
biß zum Tode: Lohn und Kron iſt diꝛ beſcheide ̅ .
Sinkeſt du/ du wirſt ertrinken in der Gluͤcks=und Ungluͤcks=flur:
ihre Stille triegt/ es ſteget ihre Wut.
Allzeit=aufrecht ſich dein Herz überſich gen Him= mel wende:
der wird ſeelig/ der beharꝛet biß ansENDE.
|| [355]
Das
Zwoͤlfte Capitel.
haͤlt in ſich
Allerley noͤhtige Lehren
und nutzliche Erinnerungen
an Hohe und Nidrige/ Manns=
und Weibs Perſonen.
SO dann nun alles dieſes/ was
uns/ und unſerem Naͤchſten ei=
nem/ Gluͤckſeeliges zuſtoͤſſet/ ohne
Gottes ſonderbaren Willen; oder nur aufs
wenigſte ohne ſeinen Zulaß nicht widerfaͤh=
ret: als haben wir noch ins geſammt/ nach
allerley angebrachten Exempeln/ und Ent=
ſcheidungen vieler unſerer Vernunft Ge=
danken/ baͤſſere Urſach/ und einen leichtern
Weg/ allerley Suͤnden/ aufwelche/ in Be=
trachtung ſolcher unſers Naͤchſten Gluͤcks=
faͤlle/ uns/ unſer Fleiſch und Blut bringet/
zu vermeiden.Es bringt aber/ wie Eingangs geſagt/
oft Betruͤbniß; es bringt Neid; es bringt
[356]
Murꝛen wider Gott; es macht/ daß jmmer
Einer dem Andern in ſeine Ehr und Amt
g???eiffen will/ und ſich ſelbſten darein ſetzen.
Selten kan ſich ein Hertz dahin bringen/
daß es fuͤr ſeinen Zuſtand/ den es zu der oder
der Zeit hat/ Gott danken will; daß es da=
rinn bleiben will; daß es erwaͤgen ſolle oder
wolle/ es tuhe aͤrger als ein Heyd; daß es
nicht ſeiner Weißheit und Witz mehr traue
̅
will als Gottes Vorſorg/ und ſo fort. Alle
ſolche Unruh/ unſers Herzens; alles ſolches
Widerbellen und heimliche Mißgunſt; al=
len Undank/ Unbedachtſamkeit/ Frevel/
Hohfahrt und Stoltz zu meiden/ und ruhi=
ger bey ſich/ demuͤtiger und dankbarer gegen
Gott/ fleiſſiger in ſeinem Beruff/ baͤſſer als
ein Heyd zu leben und zu wandeln/ ſtellen
wir ihm ordentlich alle motiven vor.Erſtlich wollen wir die eigene Betruͤb=
niß wegraͤumen/ die wir nicht Unbillich/
eine ſtolze Betruͤbniß titulirn. Dann/
wo ſolche noch im Herzen iſt/ laͤßt es nicht
wol was anders bedenken/ was man ihm
auch ſagen wolle/ wie es ſich gegen andere
halten ſoll; weil es etwan lieber wolte/ daß
gar kein anderer waͤre/ auſſer ihm/ dem es ſo
[357]
oder ſo froͤlich/ ehrlich/ anſehnlich/ und ſo fort
ergehen ſoll; alſo um keines willen ſich zu be=
truͤben urſach haben duͤrfe.Gleich wie man aber nimmermehr eine
Wunden heilen kan/ wann man ſie nicht
recht anſihet: Alſo wird nimmermehr einer
ſeiner eignen/ in Wahrheit ſtolzen Be=
trübniß abhelfen/ wann er nit gewiß weiß/
warum er ſich betruͤbe? Darum nem=
lich/ daß er nicht auch der ſey/ der ein ande=
rer iſt; daß er eben arm/ unangeſehen/ ge=
druͤckt und gehindert: und ein anderer da=
gegen reich/ anſehnlich/ gefoͤrdert und erha=
ben ſeyn ſolle. Alſo hoͤre ich wol/ ſey das die
Wunde! wollen ſie demnach alle Beyde
recht anſehen. Die erſte Frag aber iſt:
Ob ſie zu aͤndern ſtehe? Ob er/ Klagen=
der/ ſich ſelbſt reicher/ anſehnlicher/ maͤchti=
ger machen koͤnne/ und ſeinen Zuſtand ver=
baͤſſern/ wie er nur ſelbſt wolle und wuͤnſche?
Der Sadduceer Irꝛtum/ weiß ich wol/
daß das war. Die dachten 114 es laͤge bey ei=
nem jeden ſelbſt ſein Gluͤck zu ſchnitzen/ al=
lerdings wie er es begehre. Allein im gegen [358] teihl
weifet das die Erfahrung/ daß man=
cher alles verſucht/ und zu unterſchiedlichen
mahlen/ zu unterſchiedlicher Zeit/ mit un=
terſchiedlichen Mitteln; und doch mit aller
ſeiner Arbeit nichts erarbeiten moͤgen.
Wann es ſich dann je nicht aͤndern laſſen
will/ ſo iſt die Kuͤmmerniß daruͤber eben ſo
viel/ als wann ſich ein Zwerg in den Tod le=
gen wolte/ und ſein kleines Herz abfreſſen/
weil er nicht eines Riſen Staͤrk/ eines Ri=
ſen Groͤſſe/ eines Riſen Anſehen hab. Ich
frage dich aber/ mein lieber Leſer/ ob du nicht
ſelbſt lachen wuͤrdeſt/ wann du einen ſol=
chen Zwerg ſehen ſolteſt/ und heulen/ und
alſo ſchreyen hoͤren: Ach! Ach! Ach! ich
muß ſo klein bleiben! ich muß ſo ſchwach
bleiben! ich muß ſo unanſehnlich bleiben;
Da der/ ſo groß/ ſo ſtark/ ſo anſehnlich iſt!
Seiner Tohrheit wuͤrdeſtu fuͤrwahr lachen/
und/ wann dir Chriſti Wort einfiele/ ſpre=
chen: Wer iſt unter uns/ der ſeiner
Laͤnge ein Ellen zuſetzen koͤnne/ ob er
gleich darum ſorget/ Matth. VI. ℣. 27.
Wende nun die Rede um/ auf deinen Zu=
ſtand/ den du etwan auch ſo beweineſt/ ſo be [359] klageſt/
den du/ wie einen Zwerg haͤlteſt;
und beſinn dich nur/ ob du dich nicht ſelbſt
auszulachen Urſach habeſt/ der du darum
dir Wehe tuhſt/ daß du dir nit eine Ellen
oder zwo mehr Ehr/ eine Ellen oder zwo
mehr Macht/ eine Ellen oder zwo/ und/ wan
̅
es nach deinem Sinn gieng/ einen ganzen
Loden/ Anſehen/ Reichtum/ Gewalt und
dergleichen zuſetzen kanſt. Im End betruͤbſt
du dich ja nur um das/ das du ſelbſt ausla=
chen muſt/ wann du anderſt die Wahrheit
geſtehen wilſt.Wart aber noch ein wenig/ wir wollen
deine ſtolze Betruͤbniß mit einander auf eine
andere Weiſe anſehen. Frage demnach/
fuͤrs ander: Wie duͦnket dich/ wann ſich
ein Geſunder kraͤnkte/ daß er nicht krank
werden wolte? und einer der frey waͤre/ wei=
nete/ daß man ihn nicht gefangen legte/ was
wolteſtu ihm wol zuſprechen? Du wuͤrdeſt
fuͤrwahr ſagen/ ſo du gelinde giengeſt: Der
Menſch verſtehe nicht/ oder rechne es aufs
wenigſt nicht ſattſam aus/ was Geſundheit/
was Freyheit fuͤr edle Guͤter waͤren. Recht
koͤſtlich waͤre es auch geantwortet. Nur
das einige gehoͤrt darzu/ daß du erkennen
[360]
lerneſt: Du waͤreſt der Geſunde/ der gern
krank; und dn waͤreſt der Freye/ der gern
gefangen waͤre.Ey bey Leib nicht/ ſprichſtu! Ich achte
mein geringes Anſehen/ meinen ſchlechten
Zuſtand/ mein weniges Auskommen fuͤr
eine Krankheit und fuͤr eine Gefaͤngniß/
und begehre eben die Ehr/ die jener hat; das
Anſehen/ das bey ihm iſt; den Aufnahm/
der ihm zufliegt/ daß es mir zufloͤge; Als=
dann ich erſt geſund und frey werden wuͤrde.Dieſen Gedanken kan ich leicht ſehen;
aber ich kan ihn auch leicht beantworten.
Du betrübeſt dich/ daß du den Reichtum
nicht haſt/ den du ſiheſt daß jener hat in ſo
voller Unruh/ Wachen/ Sorgen/ Unbe=
dachtſamkeit in Beten/ und heimlich=boͤſen
Gewiſſen: So betruͤbſtu dich ja nur/ daß
du diſſeits Sorgenfrey leben ſolleſt; du be=
truͤbſt dich/ daß du ruhig ſchlaffen kanſt; du
betruͤbſt dich/ daß du dich nicht ermuͤden
ſolleſt; du betruͤbſt dich/ daß du nicht auch
unandaͤchtig beten ſolleſt. Biſt du dann
nun nicht der Geſunde/ der gern krank: und
der Freye/ der gern gefangen waͤre?Man gehe ſo weiter durch die jrꝛdiſche
[361]
Güter; Uberal wird es ſo hinaus lauffen.
Nach dem die Lieb ein quaͤlender affect iſt:
ſo ein doppelte Tyranninn will ſie werden/
wann ſie nicht erlangen ſoll/ was ſie liebt.
Sie fuͤhrt das Fehlſchlagenein/ als einen
maͤchtigen Schimpf/ als einen grauſamen
Schaden/ der ja wol betruͤben muß: Aber/
Mein Lieber! und Meine Liebe! Sihe et=
wan hernach zu/ wie du es getroffen haͤtteſt
mit dieſem oder mit dieſer? Sihe was es
fuͤr eine Jeſſabel iſt/ I. Reg. XVI. ℣. 31.
XVIII. XIX. XXI. II. Reg. IX. 10. 22. 36.
Was fuͤr ein naͤrꝛiſches Hiobs=Weib?
cap. II. 10. Was fuͤr eine Potiphars=
Sau? Gen. XXXIX. 7-12. oder ſihe/
was jener fuͤr ein Nabal worden? I. Sam.
XXV. 3-39. Was fuͤr ein verſoffener
Holofernes? Judith. XIII. 4. Was fuͦr
ein Loͤw in ſeinem Haus? Syr IV. 35.
Was fuͤr ein verlohrner Sohn? Luc.
XV. 12. 13. 14. Nach ſolchem urteihle/ wa=
rum du dich betrübt haſt? Darum daß du
rev. keine Hur bekommen haſt oder keinen
Siechen/ oder keinen Tohren; Darum/
daß du deinen Ehſtand in Frieden haͤtteſt
[362]
zubringen ſollen/ in Maͤſſigkeit/ in baͤſſern
Exempeln gegen Kinder oder Geſind/ in
mehrerer Freud deiner Eltern/ oder Freund=
ſchaft.Es waͤre mancher gern in der Regie=
rung; Er haͤtte gern den Dienſt; Das
Amt ſticht ihn maͤchtig in die Augen; wann
es nicht will/ moͤchte er lieber/ daß er todt
waͤre! Wie mit tauſentmal groͤſſerer Ehr/
blieb er oft darvon/ weil er ſolche Verant=
wortung/ ſolche Gefahr nicht auf ſich haͤtte?
Zugeſchweigen/ daß er vielfaltig nimmer=
mehr dem oder dem Dienſt und Amt ge=
wachſen iſt/ und einem ehrlichern weichen/
und mit Schmach und Scham unten
an ſitzen muß/ wie dort in der Parabel ſte=
heti Luc. XV. 9. Um was hat er ſich nun
bekuͤmmert/ als daß er nicht ehe zu ſchanden
worden iſt? daß er nicht ehe in Gefahr kom=
men iſt? Im end iſt die Betruͤbniß tauſent=
mal um nichts anders/ als daß man nicht
Urſach haben koͤnne ſich zu betruͤben; Und/
daß wir es noch baͤſſer geben: Es iſt ſolchen/
uͤber ihren Stand betruͤbten/ anderſt nit/
als wie denen/ die die Milz=Krankheit ha [363] ben;
Die hab ich oft ſagen hoͤren: Sie muͤſ=
ſen weinen/ und wiſſen doch nicht/ warum
ſie weinen. Gewißlich ſo iſt es bey denen
auch/ die ihnen das Herz abfreſſen wollen/
daß ſie nit baͤſſer angeſehen ſind: nit maͤchti=
ger worden: nit dieſe/ oder dieſe Kundſchaft/
Nahrung/ Amt/ und wie es Nahmen hat/
erlanget haben. Was dort der Herꝛ Jeſus
zu den Kindern Zebedei ſpricht/ da ihre Mut=
ter fein bey zeit ſich umtuhn wolte/ daß ſie
zween groſſe Herꝛen an ihren beyde
̅
Soͤhnen
haͤtte/ und einen/ in Chriſti eingebildete
̅
jrꝛdi=
ſchen Reich/ zu ſeiner Rechten/ einen
zu ſeiner Linken ſehe/ Matth. XX. ℣. 21.
Was der Herꝛ Jeſus/ ſprich ich/ ihr fuͤr eine
Antwort gab: Ihr bittet/ und wiſſet
nicht was ihr bittet/ in gedachtem Ort/
℣. XXII. Die gehoͤrt wol ſolchen kuͤmmer=
haften auch mit wenig geaͤnderten Wor=
ten: Ihr kuͤmmert euch/ und wiſſet
nicht warum ihr euch kümmert. Jene
wußten zwar wol/ was ſie geredet hatten! ihr
Herz erwartete nichts anders/ als eine ſolche
reſolution, die Ja! hieß; und dannoch
ſpricht CHriſtus: Sie wiſſen in allem
[364]
ihren Wiſſen nicht/ was ſie bitten; da=
rum weil ſie nur das Sitzen zur Rechten
und Linken angeſehen/ wie es an ſich ſelbſt
iſt: ſehen aber nicht/ wie es waͤre/ wann ſie
es haͤtten; wie ſchaͤdlich/ gefaͤhrlich/ wie miß=
faͤllig es GOtt ſey/ daß ſie ſeines Reichs
Guͤter nicht hoͤher ſchaͤtzen wollen/ als eines
jrꝛdiſchen Regenten Begnadungen ſind.
Fuͤrwahr/ ſo iſt es tauſentmal mit ſolche
̅
un=
ſern ſtoltz betruͤbten Leuten auch! Sie wiſſen
wol/ daß es ſchmerzet/ daß ſie nicht auch ſo
oder ſo accommodirt ſeyn ſollen/ wie der/
der ein Hofraht/ ein Mahrſchalk/ ein Rei=
cher/ ein anſehnlicher Herꝛ iſt; daß ſie nicht
auch die Nahrung/ das Auskommen/ den
Gewinn/ und ſo fort/ haben; Sie wiſſen
aber nicht/ in was fuͤr Sorg/ Gefahr/ Muͤ=
he ſie waͤren. Sie pruͤfen ſich nicht/ daß ſie
nicht darzu taugeten/ und entweder die Ge=
dult nicht haͤtten/ die jener hat: ſo verſchwie=
gen nicht waͤren/ wie jener iſt: ſo anſchlaͤ=
gig nicht wie jener; in Summa/ auf keiner=
ley Weiſe und Wege dazu geſchickt waͤren/
und ſo ſie alsdann ſehen ſolten/ was ſie
zuvor nicht geſehen/ ſich tauſentmal mehr
kuͦmmerten/ daß ſie es erlangt haͤtten: als
[365]
ſie ſich zuvor gekuͤmmert haben/ wie ſie es
erlangen moͤchten.In dem ich das ſchreibe/ koͤmmt mir noch
etwas in die Feder/ das ich mit anfuͤgen
will. Meine eigene Kinder hatten eben da=
mals von der Mutter etliche Nüſſe mit in
die Schul empfangen; und weiln eine oder
zwo darunter ziemlich groß/ und groͤſſer als
die andern/ waren/ fieng ſich ein weinen an/
ein Stutzen/ daß eines ſo kleine/ das andere
ſo groſſe Nuͤſſe bekommen haͤtte. Damit
nun jenem ſein Will erfuͤllet/ und ſeinem
Weinen abgeholfen wuͤrde/ mußte es mit
dieſem tauſchen; da dann bald lauter guter
Will wurde. Kaum aber/ daß es zur Tuͤhr
koͤmmt/ und aufbeiſſet/ findet es/ daß ſie leer
und nichts nutz ſind; Haͤtte demnach ſeine
vorige kleinere gern widergenommen. La=
chen mußte ich ſelbſt darob/ und weil ich im
Schreiben war/ dachte ich eben bey mir:
Rechtſchaffen ſo Kindiſch iſt manchmal
unſer/ der Alten/ Begehren auch. Wir nei=
den/ wir ſtreiten/ wir feinden einander an/
darum/ daß der und der/ dem Anſehen nach/
ein groͤſſers Anſehen/ ein paar Diener mehr
hat/ ein Buchſtaben zehen zwoͤlf mehr in
[366]
ſeinem Titel fuͤhrt/ ein paar Farben mehr
in ſeinem Wappen/ ein paar Schritt vor=
her in ſeinem Gang/ ein groͤſſers Anleuten
an ſeiner Tühr hat/ einen mehrern Ruff
ſeines Nahmens/ ein/ den Augen nach/ treff=
lichers Einkommen und Gewinn/ und ſo
fortan. Wann uns aber eben das werden
ſolte/ und in dem Augenblick/ jener/ alles das
ſeinige mit uns tauſchen muͤßte; alsdann
wuͤrden wir oft und oft erſt ſehen/ was fuͤr
leere Nuͤſſe wir eingetauſcht/ an Schaalen
zwar uͤber=groß/ und maͤchtig ſcheinlich:
aber am Kern ſo klein und ſo duͤrꝛ/ daß mans
weder genieſſen/ noch ſehen moͤchte; und
froh ſeyn wuͤrden/ und Gott danken/ wann
er uns unſere kleine/ doch gewiſſe/ gute Kern=
lein/ in einer kleinen Schaalen verdeckt/
wider zukommen lieſſe/ darinn doch noch
Safft und Krafft geweſen; Da hingegen
das oder jenes/ ſo groß es ſchiene: ſo nicht
anderſt im Grund der Wahrheit zu achten
waͤre/ als wie eine/ vom Luft aufgeblaͤhete
Blaſen/ darinnen ein paar Erbeiß=Koͤrn=
lein einen Hall von ſich geben/ als wann es
lauter kleine Heerpaucken waͤren; ſo mans
[367]
herausnimmt/ und hinwirft/ kaum geſehen/
und wenig gehoͤret werden moͤgen.Das ſey von der ſtolzen Kuͤmmerniß
geredet/ die eine Mutter deß Neides iſt/ der
ſich zuweiln in unſern Herzen reget. Dem=
nach wird man von ihrer Frucht bald ur=
teihlen koͤnnen.Deſto bedachtſamer aber iſt da umzuge=
hen/ deſto gemeiner das iſt/ potiſſimùm in
aulis, palatiis & domibus Regum atq́ue
Principum, quantumvis etiam in Acade-
miis, Collegiis & Monaſteriis religioſo-
rum non infrequens ſit, das iſt: ſonder=
lich an Hoͤfen/ und Koͤnigs=und Fuͤr=
ſten=Haͤuſern/ wiewol es auch auf
Academien/ Collegien und Kloͤſtern
nit ſelzam iſt/ wie 115 Ludov. Grana-
tenſis redet.Ich ſage alſo: Entweder/ du kanſt
dem/ den du neideſt/ damit ſchaden und
dir dardurch helfen; Oder du kanſt
dardurch weder jenem ſchaden/ noch
dir helfen. Kanſtu ihm nit ſchaden/ und
dir auch nicht helfen/ und wuͤrgeſt dich doch
[368]
ſelbſt bey dir ſelbſt ſo lang/ ſo ſchmerzlich/ mit
ſolchem jnnerlichen Verzehren/ durch deine/
doch nichts/ als ohnmaͤchtige Gedanken: ſo
iſt der Schad ja dein und nicht ſein? Du
aber wirſt ein Moͤrder an deinem Leib/ ein
Todſchlaͤger deiner Geſundheit/ ein Freſſer
deiner Kraͤfften/ eine Gall deiner Seelen/
ein Gift deines Gebluͦtes/ und kommeſt mir
eben fuͤr/ wie in den Fabeln der Maul=
wurf/ der es ſich ſo bitterlich verdrieſſen
lieſſe/ und allen andern Tiehren von Herzen
mißgoͤnnete/ daß ſie das Geſicht haͤtten/ und
nicht auch blind waͤren wie er iſt. So wenig
aber/ als der Maulwurf andere Tiehr er=
blinden kunte: ſo wenig kanſtu oft dem/ den
du neideſt/ auch tuhn. Die Gaben deß Ge=
muͤhtes kanſtu ihm nit nehmen; und wann
du ſie fchon nehmen koͤnteſt/ ſo kanſt du ſie
doch dir nicht geben. Du kanſt ihm ſeinen
Dienſt und Amt nicht nehmen; und wann
du es auch nehmen koͤnteſt/ ſo mag es doch
ſeyn/ daß du ſelbiges dannoch nicht erlan=
geſt. Du kanſt ihm ſeinen Adel nit nehmen/
ſeinen Reichtum nit/ ſeine Kundſchaft nit/
ſeine Dames nicht; warum neideſt du ihn
[369]
dann? Dich helf es im End ja nichts/ wann
er um alles kaͤme/ wann er ſo arm waͤre als
du. Warum quaͤlſtu dich dann/ daß er nit
ſo iſt wie du biſt? Nemlich: So fuͤr einen
groſſen Tohren man den Siechen hielt/ der
ihm ſelbſt heimlich weh taͤhte und abweinte/
daß nicht ein anderer auch ſiech wuͤrde/ und
mit ihm an der Straſſen ſaͤſſe/ und bettelte!
Jo ſo alber iſt der Schmerz im Herzen/
der einen Neidhaͤmel kifet/ daß jener nicht
auch ungeachtet/ nicht auch ein Idiot, nicht
auch ſchlecht und nider geblieben iſt.Vielmehr aber haͤtte ein ſolcher Urſach
es umzuwenden/ und/ weil er es nicht hat/
auch nicht zu erlangen weiß/ und noch jenen
darzu nicht hindern kan/ ſich viel weniger
helfen; zu gedenken/ wie er ihm Huͦlf durch
jenen ſuche/ durch welchen Gott manchem
ſchon eine Huͤlf geſchafft/ und ihm wol ſelb=
ſten einen Schatz aufgeſpaart habe/ den er
eben jetzt noch nicht wiſſe: Heut oder Mor=
gen aber noch erfahren koͤnne; entweder
fuͤr ſich/ oder fuͤr die Seinige/ auſſer dem
weder er/ noch ſie haͤtten bleiben koͤnnen.
Man ſehe nur die Bruͤder Joſephs an!
Die Traͤum kundten ſie nicht hindertreiben
[370]
die Joſeph hatte; Gott kundten ſie es nicht
wehren/ daß ers erfuͤllete; Ihnen ſelbſt kun=
ten ſie keine Propheten ſeyn wer ſie werden
wuͤrden; Und nun/ wann es nach ihrem
Neid ergangen waͤre/ und Joſeph ſo elend
als ſie/ ſo kein Herꝛ wie ſie/ daheim wie ſie/
ſo nider wie ſie geblieben waͤren/ wie nider
wuͦrde es wol ihnen allen ergangen ſeyn/
da ſo viel Jahr Hunger und Teurung kom=
men iſt. Gen. XLII. 2. Wen haͤtten ſie
gehindert als ſich ſelbſt? Sie ſelbſt waͤren
ihre eigene Moͤrder worden! Sie ſelbſt
haͤtten Menſchen und Viehe muͤſſen ver=
ſchmachten ſehen: Sie ſelbſt haͤtten nirgend
kein Bleiben gehabt: Nimmermehr waͤ=
ren ſie ſo wol ankommen: nimmermehr ſo
ruͤhig geſeſſen/ ſo in allem vollen/ ſo viel Zeit
und Jahr/ unter ſo einem groſſen Schutz
und Schirm. So laß an ſtatt dieſes deines
Neides das Exempel in das Herz/ und ge=
denke ja ſo: Wer weiß/ warum es GOtt
tuht/ daß er jenen ſo hoch erhabe
̅
habe? Wer
weiß/ ob es nicht mir ſelbſten noch dienet?
Wer weiß ob es nicht in meinem Alter? ob
es nicht nach meinem Tod! ob es nit denen
und jenen Armen/ denen ich nimmermehr
[371]
haͤtte helfen koͤnnen/ oder auf ſolche Weiſe
nicht/ oder an dem Ort nicht/ oder bey denen
Perſonen nicht/ und ſo fort.Das hat der zu betrachten/ der einen nei=
det/ und ihm doch nicht ſchaden/ und ſich nit
helfen kan.Kanſtu ihm aber ſchaden/ ſo iſt die Frag:
Ob du ihm ſchaden wolleſt/ oͤder nit?
und widerum/ wann du ihm ſchaden willſt/
warum du ihm ſchaden wolleſt? Wilt du
ihm nicht ſchaden/ was darfs dann deß
Neids/ der dich ſo kraͤnket? Wilſt du ihm/
aus Neid/ ſchaden/ ſo muß es geſchehen/
weil er entweder dir gleich ſeyn ſoll in Eh=
ren/ in Anſehen/ in Reichtum/ in Gewalt/
in Kunſt; oder: daß er mehr ſey und
mehr gelte; oder/ daß du meyneſt/ er
Heut oder Morgen noch hoͤher ſtei=
gen werde als du biſt. Mein! bedenke
aber alle drey Urſachen/ wie unwehrt ſie
ſind/ daß du dich ſelber wegen martern/ und
Muͤhe/ Gefahr und Sorg; zu letzt wol
Spott und Schand auf dich laden wilſt.Iſt er Neidens und folgendes Scha=
dens wehrt/ weil er dir gleich iſt/ ſo ſtehet es
[372]
noch dahin/ ob du deinen neidiſchen Sinn
gegen ihm vollenden/ und das mißgoͤnſtige
Muͤhtlein kuͤhlen koͤnneſt? Iſt er gleich im
Anſehen/ ſo hat er ſo viel auf ſeiner Seiten/
als du auf deiner. Iſt er gleich im Reich=
tum/ ſo kan er ſo viel daraufwenden als du.
Iſt er gleich an der Gewalt ſo haͤlt er ſo hart
als du. Iſt er gleich an der Kunſt und
Wiſſenſchaft/ ſo weiß er dir ſo bald zu be=
gegnen als du ihm. Im End werden alle
Verſtaͤndige urteihlen: Du/ der du der An=
faͤnger geweſen/ und jenen zur Gegenwehr
getrieben/ haͤtteſt Unruhe ſuchen wollen/
derer man allenthalben haͤtte entbehren
koͤnnen. Zu geſchweigen/ ob du nicht in deß
Hoͤherern Mißfallen und Ungnad faͤlleſt/ in
welches alles der unbeſonnene Neid laufft.Iſt er dann mehr als du/ und gilt mehr
als du/ ſo wird es ſchwer fallen/ ob du ihm
ſchaden kanſt; und wann du ja ſchaden
koͤnteſt/ bedarf es noch tauſent bedenken/ ob
du ihn angreiffen ſolteſt? eben darum/ weil
er mehr iſt/ und mehr gilt als du.Soll ſich dann dein Neid darum an ihn
machen/ daß du ihm verwehren wolteſt die
kuͤnftige Gluͤckſeeligkeit/ und ein folgendes
[373]
groͤſſers Aufnehmen als deines iſt/ ſo iſt es
das allerunbeſonnenſte. Dann wer weiß
ob du? wer weiß ob ers erlebt? wer weiß ob
es nicht dein Nutz mehr als dein Schad iſt?
ob du nicht inzwiſchen alt/ abkraͤfftig/ un=
vermoͤglich worden biſt/ und das nimmer
ertragen kanſt/ was er kan; nimmer dauren
was er dauret; nimmer arbeiten was er ar=
beitet; Dagegen in baͤſſerer Ruhe deines
Alters ſitzeſt/ in Beluſtigung an deinen vor=
her viel=getahnen treuen Dienſten/ in Bey=
rahten ſo viel du noch kanſt/ und dir der
menſchliche Zuſtand zulaſſen will; in we=
nigerer Gefahr eines übelausſchlagenden
Endes/ daß jener alles auf ſich hat der noch
in voller Action begriffen iſt/ und in ſtaͤtem
Zweiffel ſtehen muß/ ob er ſo lang als du
gluͤckſeelig iſt/ ob er den favor ſo lang erhal=
te als du/ ob er ſolch einen Dank erlange wie
du/ ob erſein Anſehen in ſein Alter verharꝛ=
lich bringe/ wie du? Demnach iſt dir bereit
geholfen würklich/ jenem erſt halb in Hoff=
nung/ halb in Fuͤrchten/ weil ein Augen=
blick allesverkehren kan.Zu letzt/ wann es auch dein Nutz nicht
waͤre/ ſo gedenke: Es tuhe es Gott oft dem
[374]
ganzen Regiment zum Baͤſten/ einem gan=
zen Hof; er tuhe es der ganzen Handelſchaft
zum Baͤſten/ dem ganzen Handwerk/ ei=
nem ganzen Collegio; Das alles/ weil er
nach dir laͤnger will ſtehen laſſen/ ſelbem
auch nach dir Leut beſcheeren wolle/ die ihm
fuͤrſtehen ſollen/ und dir etwan lang an der
Seiten geweſen/ geſehen/ gelernet haben
was die Noht erfordere/ wie in diefem Fall
man procedirt/ wie in jenem/ wie mit ein=
heimiſchen/ wie mit Fremdem/ wie mit ho=
hen/ wie mit niedern/ wie in geheim/ wie
oͤffentlich! Will nun dein Neid das verhuͤ=
ten/ was verhuͤtet er? Er verhuͤtet das/ daß
dein eigener Nutz iſt/ das deines Alters
Ruh iſt/ das dein Leben erleichtert/ deine
Kraͤfften unterſtuͤtzt/ deinen Ruhm ver=
ſichert/ dein Anſehen bekraͤfftiget/ dir deinen
Dank verſiegelt. Er will verhüten/ daß
dein Vatterland/ dein Regiment/ der Hof=
ſtab/ das Collegium, die Handelſchaft/ das
Handwerk nimmer in ſolchem Wolſtand/
in ſolchem eſſe, in ſolchem flor erhalten;
oder/ wie dann jmmer ein Tag deß andern
Lehrmeiſter iſt/ noch wol baͤſſer und hoͤher
aufgebracht werde/ und einen Zunahm be [375] komme.
Nun muß man aber das ſonder=
lich erwaͤgen/ daß ein jeder nicht nur ihm
ſelbſt und ſeinem eigenen Hauß gebohren
iſt: ſondern auch dem gemeinen Weſen/
das/ wie es ſich weiter erſtreckt/ als dein pri-
vat-intereſſe, deine einige Autoritaͤt/ dein
allein=ſchallender Ruhm; alſo macht es/
daß die Suͤnd deſto groͤſſer ſey/ und fuͤr
Gott und Menſchen verwerflicher/ wann
einer aus Neid ſelbiges nicht foͤrdern mag/
und den haſſen/ und hindern/ und drucken
will/ der ihm entweder forthelfen kan mit
Gaaben deß Gemuͤhtes/ mit ſeinem Reich=
tum/ mit ſeiner Gewalt/ mit ſeinem Anſe=
hen/ mit ſeiner Handlung/ mit ſeinem Hand=
werk/ ꝛc. oder noch wol zu dieſer Zeit baͤſ=
ſer aufſchwingen/ als zu jener Zeit; weil es
allezeit leichter iſt/ wann/ wie man ſpricht/
das Eyß ſchon gebrochen iſt; und der Ruhm
dem ſo wol bleibet/ der einen guten Anfang;
als dem/ der einen guten Fortgang machet;
weil dieſem von jenem der Weg gebahnt
worden iſt/ und er etwan nicht ſo wol den
Grund haͤtte legen koͤnnen/ wie jener gelegt/
ob ſchon jener es nit ausbauen kan/ wie die=
ſer es ausbauet.
|| [376]
Neideſtu nun den/ ſo neideſtu die Voll=
kommenheit deß Werks; Hinderſtu den/
ſo hinderſt du den Bau: Legſt du dich dar=
zwiſchen/ ſo ligt dein Grund ſo lang oͤd/ und
gibt einen Unform in Regiment/ einen
Mangel am Hof/ einen Abtrag dem Colle-
gio, einen Anſtoß der Handlung/ eine Ab=
nahm im Handwerk/ ein Aergerniß der
Welt/ einen Schandfleck deiner Arbeit/ ein
Verachtung nach deinem Tod; der Re=
chenſchaft zugeſchweigen/ die du Gott dar=
für ſchuldig bleibeſt. Jetzt antworte du mir
nach deinem Gewiſſen: Ob es nit das hoͤch=
ſte Unrecht ſey/ ein mit Neid erſeſſenes Ge=
muͤht gegen dem tragen/ der dir entweder
gleich/ oder hoͤher iſt/ oder den du beſorgeſt/
daß er hoͤher ſteigen werde als du biſt?In beſagtem allen moͤchte ſich aber das
Herz noch befriedigen koͤnnen/ wann es nur
auch darinnen koͤnte/ ſo es ſehen ſoll/ daß
manchmal ſo ein viel geringerer empor ſtei=
get/ und er als ein hoͤherer dahinden bleiben
ſoll. Soll das nicht ein jeglich ehrlich red=
lich Gemuͤht verdrieſſen/ und einen Unwil=
len verurſachen/ wann es ſonſt niemals ei=
nigen Neid getragen haͤtte?
|| [377]
Laſſet demnach zuſehen/ was da Raht?
Dieſe Frag aber muß zuvor entſchieden
werden: Welcher Geſtalt jener gerin=
ger/ dieſer hoͤher iſt? Iſt er geringer dem
Stand/ und Adel/ und Geſchlecht/ und dem
Reichtum/ und dergleichen nach; oder der
Kunſt und Qualitaͤten nach? Um jenes
willen allein einem Feind ſeyn/ weil er ge=
ringer vom Stand/ niderer von der Geburt/
aͤrmer an Mitteln; dannoch hoͤhere Ehr/ ein
fuͤrnehmer Amt/ baͤſſere Kundſchaft/ er=
wuͤnſchtere Heuraht erlanget: Um deßwil=
len/ ſprich ich/ allein einen Neiden/ iſt fuͤr=
wahr unbeſonnen gehandelt. Dann wie
die Tugend keine Perſon anſihet/ ſich auch
maͤnniglich ſelbſt anbeut/ weß Stands/
welcher Wuͤrden er ſey: alſo geſchiht ihr
auch unrecht/ wann ſie gedruckt und ge=
feindet werden ſoll/ ſo ſie ihre Wohnung bey
dieſem oder jenem von Stand/ Geburt/
Mitteln/ geringerem aufgeſchlage
̅
hat. Der
Adel/ den allein die Mutter gibt/ iſt ein ge=
mein Ding/ und ſo hin zu ſchaͤtzen/ wann
das Gemuͦht nicht darbey einen adelt.
Wann Reichtum zugleich Weißheit fuͤhr [378] te/
und das Gold/ wie es die Augen deß
Leibes beglaͤnzet: alſo auch die Augen deß
Gemuͤhtes erleuchtete/ ſo waͤre es etwas.
Du aber/ wann du dem Stand nach ein
Edelmann/ und den Gaben nach ein Bauer
biſt/ zu was ſoll deß Herꝛen Hof deiner/ dem
ein Bauernhof baͤſſer anſtehet? Das Amt/
die Stelle/ der Ort erfordert ſolche und ſol=
che Perſonen wie jener iſt/ und du nicht:
Warum mißgoͤnneſtu es ihm dann? So
ſiehe nun wie diß falls der Neid dich be=
toͤhren will!Jenes falls aber iſt es ſo zu bedenken.
Ohn iſt es nit/ wann einer/ der von Qua=
litaͤten nicht iſt/ noch darzu vom Stand/
von Mitteln nicht/ einem/ der ihn doch weit
uͤbertrifft/ vorgeſetzt werden ſoll/ mehr geehrt
ſeyn/ mehr angeſehen/ groͤſſere Gewalt er=
langen/ hoͤhern Reichtum/ ſo ſchmerzet es
fuͤrwahr/ und faͤllt eben ſchwer ſein Herz zn
halten/ daß es ſich nicht gegen jenem ſtellen
ſolle/ und gar unvergriffen ſeyn mit einigem
Aufſatz. Aber doch/ wann es ſonderlich nicht
zu aͤndern ſtehet/ wie es oft geſchiht/ ſoll ſich
einer dagegen ſo ermuntern/ und denken:
[379]
Es ſey ihm je zu verſprechen/ daß ein Narꝛ
ſeines Herzens Ruhe nehmen ſoll! Es ſey
ihm zu verſprechen/ daß er einen Tohren
neiden ſoll/ daß er an einem Toͤlpel ſich rei=
ben ſoll! Die kuͤnftige Zeit werde ſchon
weiſen Beyder Unterſchied/ und/ was der
Ausgang tauſentmalgelehrt/ auch wol da
lehren/ daß/ je hoͤher Gott jenen zuweilen
habe ſteigen laſſen: je mit ſchwererm Fall
auch wider herab ſchlagen laſſen. Wo ei=
nes jeglichen vortrefflichere Qualitaͤten/
ſein Adel/ ſeine mehrere Mittel/ ſein baͤſſerer
Verſtand dienen koͤnnen/ werde ſie GOtt
ſchon wiſſen anzuwenden/ als der ſie ihm
gegeben hab/ nicht allein für ſich: ſondern
auch fuͤr ſeinen Naͤchſten/ deme er ſo wol
geboren ſey/ als ihm ſelbſt/ maſſen oben im
IX. Capitel weiter geſagt worden.Hat nun eines ſein Hertz alſo geſteiffet/
ſo kan es deſto ehender ſich jnnhalten gegen
ſeinem GOtt zu murꝛen/ daß er jenen ent=
weder ſelbſt herfuͤrgebracht und ihn nicht;
oder doch aufs wenigſte nur zugelaſſen/ daß
jenem Gottloſen/ Ungerechten/ Unweiſen
da oder da/ ſo und ſo wol gehe; und ſein Fuͤr=
nehmen doch nicht habe foͤrdern wollen.
[380]
Dann einmal bedenke doch nur das/ Mein
Lieber! daß keines der zeitlichen Guͤter/ dein
eigen iſt. So nimt dir auch GOtt nichts
von dem deinigen/ wann er einem andern
was gibt/ es ſey groß oder klein. Gibt ers
aber von dem ſeinigen/ was murꝛeſt dann
du wider ihn? Ob du nicht den abweiſen
wuͤrdeſt/ ich frag dich/ der dir vorſchrei=
ben wolte/ wie viel du von dem/ daruͤber du
lediglich Herꝛ waͤreſt/ dem oder dem vereh=
ren wolteſt? Du wuͤrdeſt ſeine Einbildung
nicht vertragen koͤnnen/ und/ wann du noch
gelind giengeſt/ wol ehe ſolche Antwort ge=
ben: Weil du ihm das ſeinige nicht an=
greiffeſt/ und nicht ein Haar breit verꝛuckeſt
oder minderſt: ſo ſoll er hinwider dir die
freye Gewalt laſſen/ mit dem Deinigen zu=
handeln/ wie du es fuͤr rahtſam befindeſt.Eines muſt du hier rund antworten:
Entweder du erkenneſt Gott fuͤr einen
HErꝛn uͤber alle Zeitliche Guͤter/
uͤber den Reichtum uͦber das Anſehen/ uͤber
alle Aempter und Dienſte/ uͤber alle Herꝛ=
ſchaften/ und was mehr hier zeitlich heiſſet;
Oder du erkenneſt Gott nicht darfuͦr.
[381]
Erkenneſtu ihn nicht fuͤr einen Herꝛn uͤber
alles und jedes/ wie es an dieſem Ort nah=
men haben moͤchte/ ſo widerſprichſtu rund
dem/ was im XXIV. Pſalm ℣. 1. ſtehet:
Die Erde iſt deß Herꝛn/ und alles/
alles/ alles was darinnen iſt Iſt nun
der Reichtum darinnen/ ſo muſtu David
luͤgen ſtraffen: oder du muſt geſtehen/ daß er
deß Herꝛn iſt: Iſt das Anſehen darinnen/
ſo muſt du wider geſtehen/ daß es deß Herꝛn
ſey: Iſt ein Amt darinnen/ wider/ daß es
deß Hoͤchſten ſey: Iſt eine Herꝛſchaft da=
rinnen/ und du hoͤreſt/ daß man den oder den
einen Herꝛn daruͤber heiſſet/ oder nenneſt
ihn ſelbſt alſo; ſo muſt du doch geſtehen/
daß/ ſo groß auch der Herꝛ iſt/ er dannoch
einen groͤſſern uͤber ſich habe. Geſteheſt du
dann/ daß Gott allein der Herꝛ iſt uͤber die
Ehr die in der Welt iſt/ uͤber das Anſehen
darinnen/ uͤber den Reichtum darinnen/
uͤber den oder den erwuͤnſchten Fall/ wa=
rum brummeſt du dann/ wann Er ſeiner
Herꝛſchaft ſich gebrauchet/ und den ſo/ den
wider anderſt in der Welt anbringt.Rechtſchaffen iſt ein ſolcher Sinn dort
[382]
in der Parabel von den Arbeitern im
Weinberg abgebildet. Matt. XX. Die
ſich ihrem Sinn nach baͤſſer dunken lieſ=
ſen/ eines mehrern wehrt als andere/ fan=
gen an wider den Haußvatter zu murꝛen/
daß er andere/ die es ja nimmermehr wehrt
waͤren/ auch ſo anſehe wie ſie. Ihnen ge=
buͦhre allein ſo viel/ und jenen nicht: auf daß
zwiſchen dieſen und jenen ein Unterſcheid
ſey. Allein es antwortet der Herꝛ deß Wein=
berges gar ſtattlich: Ich will dieſen letz=
ten geben/ gleich wie dir. ℣. XIV. Ich
will/ ſpricht er/ oder/ ſo gefaͤllt es mir/ und
dieſes mein Gefallen nim
̅
t dir ja nichts.
Oder/ wie? Hab ich nicht Macht zu
tuhn/ was ich will/ mit den Meinen?
℣. XV. Das iſt/ wer will mich dann aus
meiner Herꝛſchaft treiben/ und mir die Ge=
walt nehmen/ mein eigenes anzuwenden/
wie es mir beliebt. Oder/ noch weiter: Si=
heſtu darum ſcheel/ daß ich ſo guͤtig
bin? Das iſt: kanſt du es nicht leiden/ daß
ich das Meinige ſo mitleidig austeihle/ und
dir ein Trumm/ jenem auch ein Trumm
davon gebe?
|| [383]
Alles ſolches mißgoͤnſtigen Murꝛens
ſich zu entaͤuſſern/ hat Moſes ſchon fuͤr viel
hundert Jahren ſich ſelbſt zu einem Exem=
pel geſtellet. Siebenzig Maͤnner unter den
Aeltiſten deß Volks erwaͤhlte GOtt/ und
nahm deß Geiſtes/ der auf Moſe
war/ und legt es auf ſie/ daß ſie anfien=
gen zu weiſſagen/ Num. XI. ℣. 16. 17.
Moſes ſelbſt murꝛet erſtlich darwider nicht/
daß 70. ſeines gleichen begabte da ſeyn ſol=
len; weil er wol wuſte/ daß die Gaben nicht
ſein: ſondern Gottes waͤren/ der ſie neh=
men und geben koͤnte/ wann/ und wem/ und
wo er wolte. Er erfaͤhrt uͤber diß/ daß noch
uͤber zween andere/ Eldad und Medad/
die nicht dabey waren/ der Geiſt GOttes
auch ruhete. ℣. XXVI. Darob er ja ſo
wol zu frieden iſt. Joſua/ den Sohn Nun/
Moſe Diener verdreußt es/ daß einer ſei=
nem Herꝛn gleich ſeyn ſolle/ als deſſen Au=
toritaͤt dardurch ringer werden wuͤrde/ ſei=
ner Meynung nach. Laufft deßwegen im
Zorn htn/ und meynt Moſe fluchs aufzu=
bringen daß er eifern ſolle/ und ſpricht:
Mein HErꝛ! Moſe/ wehre ihnen
[384]
℣. XXVIII. Was? wolt er ſagen/ du muſt
dieſe nicht aufkommen laſſen; druͤcke ſie bey
Zeit/ ſchlag unter weil du kanſt/ du ſiheſt ja
ſchon fuͤr Augen/ was das/ wie man ſpricht/
dir fuͤr Brenneſſel werden werden. Was
taͤht aber Moſes? Wann er eines ſolchen
Neidhaͤmels Herz gehabt haͤtte/ wuͤrde er
freylich ſeine grandezza, wie mans heiſſet/
haben wollen ſehen laſſen/ ſein Geſicht ange=
pfinnet/ ſeine/ heimliche Conſilia aufs we=
uigſte/ darwider gefuͦhrt haben. Allein es
findet ſich das/ daß Joſua/ ſo gut ers mag
gemeynt haben/ ſo hart angeloffen iſt. Biſt
du der Eiferer fuͤr mich/ ſagt Moſes
zu ihm ℣. XXXIX. das iſt: Eines ſol=
chen heimlich=ſtoltzen Herzens bin ich nicht.
Wolte GOtt daß alles Volk deß
Herꝛn weiſſagete/ und der Herꝛ ſei=
nen Geiſt über ſie gebe! Ich/ meynt
er/ wolte es ihnen wol vergoͤnnen/ wann ſie
alle mir gleich waͤren! Wie nun alles/
was geſchrieben iſt/ uns zur Lehr ge=
ſchrieben iſt/ Rom. XV. 4. Alſo/ gedenke/
ſey auch das zu deiner Lehr geſchrieben/ auf
daß du weniger Urſach habeſt wider GOtt
[385]
zu muffen/ der du bey weitem die Ehr/ und
das Anſehen/ und die Macht nicht haſt/ die
Moſes gehabt und behalten hat.Wann dir aber je das nicht genug iſt/
ſo ſag mir noch eines: Iſt dir GOtt et=
was ſchuldig von den zeitlichen Guͤ=
tern/ wie ſie Nahmen haben moͤgen; oder
iſt er dir nichts ſchuldig? Iſt er dir et=
was ſchuldig/ ſo verdenke ich dich nicht/
wann du aufs wenigſte dein Verdienſt ſu=
cheſt um den du mit ihm eins worden biſt.
Aber Mein! ſag mir vor/ wo biſt du mit
ihm eins worden? Um wie viel? wie
lang iſt es/ daß du dich mit ihm ver=
glichenhaſt? Was für Arbeit haſtu
ihm jnzwiſchen geliefert? Oder/ ſag
mir: Haſt du nicht ſchon etwas von
deinem Lohn heraus genommen zum
Vorauß? oder wol gantz und gar? oder
wie viel reſtirtdir noch? Wann du
aber meinem Raht folgeteſt/ ſo ſchwiegſt du
ſtill/ Gott zu deinem Schuldner zu machen/
und mit ihm zu rechten. Wer biſtu/ ſagt
Paulus/ in ſolchem Fall Rom. IX. 20. als
[386]
wolt er ſagen: Was bildeſt du dir ein? Wo=
hin denkeſt du? Beſinneſt du dich nicht
wer du ſeyeſt? wer Gott ſey? was du
arbeiten kanſt? was Gott für Arbeit
haben will! In Summa; Du biſt
nichts/ dein Verdienſt iſt nichts.
Wann dir nun GOtt nichts ſchuldig iſt/
was plagſtu ihn dann? wann er dir nichts
ſchuldig iſt/ was verdreußt es dich dann/
wann du nichts erhaͤlteſt? was darfs dann
deß groben Forderns? Es iſt das Gottes
Guͤte genug/ daß er dieſe oder jene Gab
dem menſchlichen Geſchlecht vergoͤnnet/
derer du von der Fremd her genieſſen kanſt.
Noch mehr iſt es/ daß ers etwan deinem
Vatterland/ deinem Regiment vergoͤnnet/
wann ers ſchon eben durch dich nicht tuht!Waͤre es nicht einer Statt Zierd und
Nutzen/ ſo ein und anderer ſchoͤner Spring=
brunn darein gefuͤhrt wuͤrde/ ob er ſchon nit
eben durch dein eigenes/ ungelegeneres
Hauß geleitet/ und ſelbiges damit ergoͤtzt
und beſchenket wuͤrde? Ich halte du wuͤr=
deſt ſagen: Ja! Es ſtehet doch wol/
entweder auf der Straſſen/ oder in
[387]
dem Haus; und dich deſſen nach gele=
genheit ſelbſten bedienen. Sihe aber/ wie du
dich mit deinen eigenen Worten oder Ge=
danken ſchlaͤgſt! Ein ſolches Springbruͤnn=
lein/ aus dem groſſen Meer der Goͤttlichen
Gnaden/ iſt gleichſam die Gab/ der Reich=
tum/ die Ehr/ das Anſehen/ ꝛc. die der oder
der hat fuͤr dir. Du muſt geſtehen/ daß die
Statt/ das Land/ der Hof/ das Collegium,
der Marksplatz/ und ſo fort/ dardurch geziert
werde; Du ſelbſt haſt dich wol oͤfter ſeiner
Autoritaͤt/ ſeiner Mittel/ ſeines Rahts be=
dienet/ oder doch kuͤnftig zu bedienen. Bil=
licheſt du dann jenen Werkmeiſter/ der ei=
nes und mehr Waſſerwerk in die Statt
leitet/ wann er es ſchon in deine Wohnung
nicht fuͤhret: Ey ſo billiche Gottes Werk
auch/ daß er den Tropfen ſeiner Gnaden
da und da trieffen laͤſſet/ ob er ſchon aus dir
nicht traͤuft/ und du es von jenen erſt holen
mußt. Es iſt Zier genug/ es iſt Nutz genug/
daß man es haben kan; und/ was gebe man=
cher Ort darum/ ſo er nur in der Naͤhe ein
kleines Rinnlein friſches Waſſer zugenieſ=
ſen haͤtte? Gern wuͤrde er mit der Natur
zufrieden ſeyn: Und du wilſt mit dem Herꝛn
[388]
der Natur ſtutzen/ daß er allerley ſolche
Gaben neben dich/ um dich/ vor dich flieſſen
laͤßt/ ſo bald zu deinem als andern Nutzen/
ob er es ſchon nicht eben in dich gefloͤſſet
hat. Ey! ſo laſſe die Weißheit ungemei=
ſtert! Laſſe die Freyheit uneingefangen!
Laſſe den Vatter ſeine Kinder halten wie
er will! Und wann du dich fuͤr eines ſeiner
Kinder erkenneſt/ ſo nimm mit ſeiner Koſt
vor lieb/ wie ers gibt. So wirſt du die Ehr
deines Gehorſams/ und er/ die Macht ſeiner
Guͤter ungetadelt behalten.Ich will noch eines beyfuͤhren. Haſtu
nie einen Kaͤiſer oder Koͤnig kroͤnen ſehen?
Wo nicht/ ſo haſtu doch gehoͤret/ daß bey
ſolcher Herꝛn Kroͤnung allerley Sorten
Muͤnze ausgeworfen werden/ guͤldene/ ſil=
berne/ mehreres/ wenigers Wehrts. Etwan
haſtu dich ſelbſt mit darum geriſſen/ oder
andere reiſſen ſehen/ und biſt zu frieden ge=
weſen/ wann dir kein guldenes hat werden
koͤnnen/ ſo du nur ein ſilbernes erlangt haſt;
wann kein groſſes/ doch nur/ ein kleines/ das
du zum Gedaͤchtniß aufhebeſt/ und damit
du eine lange Zeit prangeſt. Sihe aber da=
gegen nur/ wie ſchimpflich du mit Gottes
[389]
Guͤtern umgeheſt/ wann dir deren eines nit
genug ſeyn will. Taͤglich wirft er gleichſam
ſolche Schaupfenninge vom Himmel un=
ter die Menſchen/ unter denen du viel ver=
gnuͤgte Gemuͤter findeſt/ die von Hertzen zu=
frieden ſind/ wann ſie nur ein kleines An=
denken ſeiner Gnaden bekommen haben.
Du aber wilſt brummen/ wann du etwan
ein guͤldenes erlangt haſt/ und doch nicht
eben in der Groͤſſe/ in der Schweere/ wie es
jenem zugeworfen worden iſt. O Unbeſon=
nenheit!Noch eines; Du lobſt den Muͤnzmei=
ſter/ der allerley Praͤg drücket. Dn biſt oft
unwillig/ wann du keine Scheidmuͤnze
haben kanſt; Du ſchickeſt hin/ biß du zu
wechſeln erlanget haſt; Du gibſt noch wol
aufwechſel/ und haͤlteſt es fuͦr einen ſonder=
baren Dienſt/ wann man nur die groben
Sorten mit kleinerer vertauſchen mag. Be=
ſinne dich abermal/ mit wem du zu tuhn
haſt/ wann du uͤber deinen Stand murꝛeſt!
Was der Munzmeiſter in ſeiner Muͤnz:
das iſt Gott in der Welt. Hat er dich zum
Heller gemuͤnzet/ ſo gedenke; So wenig die
Welt deß Hellers entbehren kan: ſo wenig
[390]
koͤnne ſie dieſes deines geringen Standes
auch entbehren/ und/ ſo ein groſſes Gereiß
oft um Pfenninge und Heller ſey: jo ſo
groß ſey es um ſolche/ die deines gleichen
ſeyen. So wenig einer mit groben Stucken
fortkommen koͤnne: ſo wenig koͤnne unſer
Leben ſeyn/ wann lauter Reiche/ lauter Ge=
lehrte/ lauter Anſehnliche waͤren; ja du lobſt
den Muͤnzmeiſter/ wann er nur genug gu=
ter guͤltiger Scheidemuͤnze gemacht hat.
Ey ſo lobe Gott auch in dem/ was er an dir
und deines gleichen getahn hat. Will jener
die Pfenninge wider umſchmelzen/ und ei=
ne groͤſſere Muͤnz daraus machen/ ſo ſtehet
es bey ihm; und/ was vor einen Heller galte/
wird jetzt einen Groſchen gelten. Wird dein
Gott dich auch hoͤher ſetzen wollen/ darf er
bey weitem ſo viel Muͦhe nicht als jener;
wann er ſpricht/ ſo geſchiht es/ und
wann er gebeut/ ſo ſtehet es da. Pſalm.
XXXIII. 9. Trage du ſo lang/ mit Wil=
len/ den valor, der dir/ ſo zu reden/ aus ſei=
ner Münze worden iſt; und denke: du gelteſt
ſo wol in ſeinem Gebiet/ und ſeyeſt ſo un=
verſchlagen als der Tahler iſt; weil auf ei [391] nem
die autoritaͤt ſeines Herꝛn ſo wol ligt/
als auf dem Andern.Oder gehet dir das Gleichniß von einem
Herꝛen Hofbaͤſſer ein/ ſo nehme es alſo an.
Es iſt die Welt nicht anderſt/ als wie eine
groſſe Haußhaltung Gottes. Biſt du da=
rinn/ wie du darinn biſt/ ſo laſſe dir das be=
nuͤgen/ daß dich Gott in ſeine Dienſt ge=
nommen habe/ welcherley ſie auch ſind und
heiſſen moͤgen. Wirſt du ſeine Weiſe ler=
nen/ und eine Weil/ ſo zu reden/ in dieſer
Stell dich abrichten laſſen/ biß du zu was
groͤſſers taugeſt/ ſo wird er deiner alsdann
nicht vergeſſen/ dir promotion zu ſchaffen/
derer du/ und die hinwider dir anſtehen
wird. Solleſtdu aber der bleiben der du biſt/
ſo ſey darinnen der du ſeyn ſolleſt/ und die=
ne was du bedienen kanſt/ und denke: du
ſeyeſt doch/ ſo zu reden/ mit am Hofdeines
Gottes! du genieſſeſt von ſeinen Guͤtern!
du ſeyeſt einer von ſeinen Dienern! du lebeſt
unter ſeinem Schutz; ob du ſchon nicht mit
an ſeiner Tafel ſitzeſt/ oder ſeine Kleider an=
zieheſt/ oder ſein Hofraht/ ſein Geheimer
Diener/ ſein Geſandter werdeſt. Man haͤlt
auch nur einen Stifel oder Strumpf eines
[392]
jrꝛdiſchen groſſen Herꝛn fuͤr was beſonders/
ob er es ſchon in allem Unflat getragen hat;
und dem ſoll eine ſonderbare Gnad wider=
fahren ſeyn/ der etwas davvn an ſeinem ei=
genen Leib tragen darf: Wie dann? wa=
rum ſollen wir da nicht auch ſo urteihlen?
So/ ſprich ich/ ſoll man urteihlen: Und wan
̅
auch einer/ an der Weltgroſſen Hofhaltung
GOttes/ nur wie einer/ ſo zu reden/ ſeiner
Schue und Stifel geachtet werden ſolle/
in niderern/ unſauberern Dienſten ſeine
Dienſte tuhn: ſo ſey doch auch die Unehr
eine Ehr; das verachte/ geachtet; das nidere
erhoͤhet/ und wann ihn einer recht und weiß=
lich betrachtet/ ſo tuhe er wol mehr/ und ge=
treuere/ und noͤtigere Dienſte: als der Al=
lergroͤſte/ der Allerhoͤchſte tuht; gleich wie
das Leder/ zum Exempel/ an der Solen und
Schuhen mehr nutzet einem Kaͤiſer oder
Koͤnig: als der Sammet und Seiden/ das
Gold und Silber/ das er oben traͤgt/ und
mehr zur Zierꝛaht gebrauchet/ als zur Noht.Die reiffliche Betrachtung naͤchſter Er=
innerung/ wird nun bald ſtillen den Fuͤr=
witz/ den das menſchliche Herz fo oft ver=
uͤbet/ in dem es/ unbetrachtet ihres eigenen
[393]
Vermoͤgens/ oder vielmehr Unvermoͤgens/
jmmer auſſer ſeinen Stand ſchreiten/ und
einem andern einen Eingriff tuhn/ oder
aufs wenigſte bald da/ bald dort in ſeinem
Amt und Beruff hofmeiſtern will. Was
Herꝛ Lutherus von dem Regentenſtand
ſchreibet/ das findet ſich in andern Staͤn=
den jo ſo wol/ Er ſpricht aber: 116 In der
Welt geht es alſo zu/ daß keiner ſo
grob und ungeſchickt iſt/ er meynet/
wo er im Regiment waͤre/ er wolte es
gar koͤſtlich machen/ und laͤſſet ihm
gar nichts gefallen/ was andere im
Regiment machen; Gleich wie jener
Knecht in der Comoͤdien Terentii,
wuͤnſchet und ſpricht: Ach/ ich ſolte
ein Koͤnig worden ſeyn! Und Abſo=
lom ſprach/ hinter ſeinem Vatter
David/ zu den Bürgern Iſrael: Du
haſt wol gute Sachen; aber es iſt
vom Koͤnig niemand verordnet/ der
dich verhoͤre. Ach/ daß ich das Regi [394] ment
im Land haͤtte/ und muͤßten alle
Sachen fuͤr mich kommen/ wie gar
gut Recht wolt ich halten! ꝛc. II. Sa-
muel. XV. 1-6. Das ſind die Mei=
ſter=kluͤglinge/ die das Roß fuͤr groſ=
ſer Weißheit im hindern zaͤumen koͤn=
nen/ und nichts mehr koͤnnen/ dann
andere Leute urteihlen und meiſtern/
und wann ſie es in die Hand kriegen/
ſo gehet es alles zu grunde mit ihnen.
Gleich wie man ſpricht; Wer dem
Spiel zuſihet/ der kans am baͤſten.
Dann ſie meynen/ wo ſie die Kugel in
die Hand kriegen/ wolten ſie wol
zwoͤlf Kegel treffen/ da doch nur neu=
ne auf der Leich ſtehen/ biß ſie erfah=
ren/ daß neben der Leiche auch ein
Weg bey hingehe Alles das kommt/
wie gemeldet/ daher/ daß nicht ein jeder ſeine
eigene Kraͤfte recht abmiſſet/ und/ Sprich=
worts weiß zu reden/ Rieſenſchuh anlegen
will/ die er nicht wol erheben kan: will ge=
ſcheigen/ gar darinnen hereingehen/ das
[395]
iſt: Er uͤberꝛedet ſich: Das hohe Amt/ die
maͤchtige Verwaltung/ die Fuͤrnehme
Handlung und dergleichen/ wolte er weit
baͤſſer verſehen/ mit mehr nutzen/ als der oder
der/ der es/ ſeiner Meynung nach/ unver=
dient beſitze/ und deßwegen jmmer von ihm
geſtochert/ gezwickt und getretten werden
muß. Mein Freund und Freundinn! ge=
denke aber ſo: Wann dir der Dienſt/ das
Amt/ die Regierung/ die Handlung/ die
Ehr/ die Heurat haͤtte werden ſollen/ waͤre
alsdann deines Tuhns geweſt/ dein Ver=
moͤgen ſehen zu laſſen. Nun dir aber ein
wenigers worden iſt/ ſo ſetze deine Gedan=
ken auf das/ und ſey darinn getreu/ biß dich
GOtt uͤber ein groͤſſers ſetzen moͤchte/
Matth. XXV. 21. So gering es auch iſt/
darein du von ihm/ Gott/ geſetzet biſt/ ſo iſt
dir doch mehr befohlen/ weder d???
kanſt ausrichten/ ſagt Syrach im III.
℣. 25. Alſo laß dich nit duͤnken/ ſpricht
er abermal/ fuͤr Gott/ du ſeyeſt tuͤchtig
genug zu dem oder dem/ wol tuͤchtiger/
als jener. Laß dich nicht dunken beym
Koͤnige/ du ſeyeſt weiſe genug/ weiſer
[396]
als jener/ im VII. 5. Dann es frommet
dir/ erſtlich/ nichts/ daß du gaffeſt nach
dem/ was dir nicht befohlen iſt; alſo
laſſe da/ was deines Amts nicht iſt/
deinen Fürwitz. Fuͤrs andere/ hat ſol=
cher Duͦnkel viel mehr betrogen/ und
ihre Vermeſſenheit hat ſie geſtuͤrzet/
℣. XXVI. Dann wer ſich gern in
Gefahr gibt/ der verdirbt darinn.
℣. XXVII. und einem vermeſſenen
Menſchen geht es endlich uͤbel aus.
℣. XXIIX.Die bißher gefuͤhrte Lehren aber gehen
die ſonderlich an/ die ſich hartſeelig dunken
laſſen/ daß ſie ſolchen Reichtum/ ſolches An=
ſehen/ ſolche Macht/ ſolche Ehr/ ꝛc. nicht ha=
ben/ die jene haben/ oder in ſolchem Glanz
nicht/ wie ſie es haben. Denen aber/ die es
haben/ iſt noch eines und das andere zu
Gemuͤht zu fuͤhren.Das allererſte iſt: Ob auch der/ den
GOtt fuͤr andern ſo gnaͤdig angeſehen/ ſo
hoch erhaben/ ſo reich gemacht/ ſolche Hand=
lung/ Nahrung/ Heuraht/ Amt und Dienſt
[397]
gegeben hat: Ob nun der/ ſprich ich/ GOtt
auch einmal recht darfuͤr gedankt/ oder in
ſolch einem demuͤtigen Dank biß dahin ver=
harꝛet iſt/ iſt wol die erſte Frag. Es gehe auch
mancher groſſer Herꝛ zu ruͤck/ und gedenke/
wie hart es etwan gehalten/ biß er die Ho=
heit erlanget/ biß ihme die Gewalt worden/
biß er zu der Kron und Zepter; zu dem
Land und Leuten kommen iſt. Er gedenke/
wie viel Muͤhe es gekoſtet habe/ wie oft er
ſelbſt/ und andere mit ihm ſchon halb daran
verzweiffelt. Und nun/ da ers alles nach
Wunſch erhoben hat/ und etwan ſchon
lang beſeſeſſen/ hab er ja/ ſeinem eigenen Ge=
wiſſen nach/ GOtt dem hoͤchſten Gott den
Dank zu ſagen/ tauſentfaͤltige Urſach/
durch deſſen Vorſchub und heilige Ord=
nung allein/ es alſo ausgeſchlagen iſt/ da
alle menſchliche Conſilien einen andern
Weg vorhatten/ bey dem es ihnen ſonder
Zweiffel gefehlt haͤtte. Auch die Heydniſche
Regenten hat ihr Herz dahin getrieben/
nach erhaltenem dergleichen Gluͤck/ ihren/
doch nur vermeynten Goͤttern/ Opfer und
Dankfeſte anzuſtellen. Seinem Juſtiniano
aber ſchreibet Agapetus das vor/ daß/
[398]
117 je groͤſſerer Gaben er von ſeinem
GOtt ſey wehrt geachtet worden: je
groͤſſere Widervergeltung er ihm
ſchuldig worden waͤre; Die Schuld
aber muͤſſe Er mit Dankbarkeit be=
zahlen.Sollen aber Gott einen Dank ſchuldig
ſeyn auch/ an ihrem Ort/ die hoͤchſte Haͤub=
ter der Welt: Wie viel mehr dann andere/
denen wider an ihrem Ort ſo oder ſo wun=
derbar/ von eben dem Gott/ geholfen wor=
den iſt. Es iſt mancher von ſchlechten El=
tern geboren/ von Unedlen/ von Armen/
und hat ſich empor geſchwungen/ er iſt ge=
adelt worden/ er hat Kaͤiſer=und Koͤnigliche
Gnad erlanget; der wol nie gedacht ſo ſeelig
zu werden/ daß er nur einen ſolchen Herꝛn
ſehen ſolte/ will geſchweigen mit ihm reden/
oder mit einem ſolchen hohen/ anſehnlichen/
reichen Amt von ihm begnadet zu werden.
Nun ſo gehe er weiter/ und danke dem Herꝛn
von ganzem Herzen/ der ihn aus dem
Staub gehoben/ zu Ehren gebracht
und bey die Fuͤrſten geſetzt hat/ Syr. XI.
[399]
℣. 1. Seine Seele lobe den HErꝛn/
und vergeſſe nicht/ was Er ihm gutes
getahn hat/ Pſal. CIII. 2. Der ihn mit
Gnad und Barmhertzigkeit gekroͤnet.
℣. IV.Noch weiter zukommen! Es iſt mancher
in eine Freundſchaft gerahten/ durch eine
ſo geſegnete Heurat/ da viel Hoͤhere/ Edle=
re/ Reichere/ haben neben hingehen muͤſſen.
Danket er ſeinem Gott darum nit/ ſo hieſſe
er wol ein Unerkaͤntlich Herz. Aber nicht
ſo/ mein Freund und Freundinn! Danket
dem HErꝛn daß er ſo guͤtig iſt/ und preiſet
ſeinen heiligen Nahmen ewiglich! Danket
dem Herꝛn/ der euch/ vielleicht erſt nach der
Eltern Tod/ ſo wol hat verſorgen wollen/ ſo
friedlich mit einander leben laſſen/ etwan
ſchon ſo lang/ und in ein ſolches Alter/ und
dannoch ſo viel Jahr nicht anderſt laſſen
fuͤrkommen/ als waͤren ſie einzele Tag/
wie zwiſchen Jacob und Rahel/ im I. Buch
Moſis im XXIX. 20.Mancher hat von Kindesbeinen an in
die Fremde gemußt/ ſich da und dort herum
ſchleppen muͤſſen/ in Hitz/ in Froſt/ zu Tag
[400]
und Nacht/ ſchlecht gekleidet/ ſchlecht gegeſ=
ſen/ in allem Staub/ in allem Miſt/ als ein
Jung und Diener/ oder Dienerinn! Gott
aber hat ihn zu einem Herꝛn gemacht/ die
oder die Handlung/ Gewerb/ Nahrung ge=
geben/ daß er wider andere Jungen/ Die=
ner/ Dienerinnen haben und halten muß;
Solte deren einer gefunden werden/ den=
ſein voriger Jungenſtand/ gegen dieſem/
ſeinem Herꝛnſtand geſetzet/ nicht erꝛinnerte/
GOtt tauſentmal und demuͤtig zu danken
fuͤr den Unterſchied/ den er jetzt geneußt ge=
gen jenem? Hiebevor hat Er ſichs wol ge=
wuͤnſcht/ auch eine ſolche oder ſolche Hand=
lung/ Handwerk/ Gewerb/ Nahrung zu ha=
ben: aber nie geſehen/ wie es moͤglich ſeyn
koͤnte. Nun ihn GOtt nach der Zeit die
Moͤgligkeit erwieſen/ und ſeinen Wunſch
erfuͤllet hat: Und er wolte das nicht erfül=
len/ was zu Gottes Ehren dienet/ da ſolte
Moſes ſagen: Dankeſtu alſo dem Her=
ren deinem Gott du toll und toͤhrich=
tes Volk! Deut. XXXII. ℣. 6. Ey ſo
wende es um/ nnd/ wie du ihn gebetten haſt
in deinen Lehrjahren und Jungenſtand:
[401]
ſo danke ihm jetzt in deinem Meiſter=und
Herꝛenſtand; Wie du ihn gebetten haſt
in deinem Mangel: ſo danke ihm jetzt in dei=
nem Uberfluß. Deine Seele erhebe den
HErꝛn/ und dein Geiſt freue ſich
GOttes deines Heylandes/ der dich
elenden Knecht oder Magd angeſe=
hen/ und groſſe Ding an dir getahn
hat; einen andern undankbaren vom
Stul geſtoſſen/ und dich Elenden er=
hoben hat; der dich Hungerigen mit
Gütern gefuͦllet/ und manchen Rei=
chen wider Leer gelaſſen hat/ Luc. II.
℣. 46. 48. 52. 53,Findet man aber das/ daß der Dank deß
Hoͤchſten iſt und bleibt; ſo folgt das ferner
vor ſich ſelbſt/ daß/ in was für Hoheit/ Adel/
Amt/ Stand/ Ehren/ Reichtum einer
ſchwebt/ ſich beſcheidener/ demuͤtiger/ mit=
leidiger erzeige. Dann ſonſten/ wie ein ver=
zagtes Ding das Menſchliche Hertz iſt/
wann es ihm nicht gehet/ wie es gern wolte:
Alſo trotzig iſt es auch/ wann es erlangt hat/
was es ſuchet; oder mehr erlangt als es ſu=
chet. Es iſt der Reichtum/ ein ungehaltenes
[402]
Ding und laͤſſet ſchwerlich Ruhe/ daß er
nit das jnnwendige in dem Menſchen auf=
blaͤhen ſoll/ wo nicht auch die Zunge ſtre=
cken/ daß ſie ſtolz rede/ Prov. XVIII. 23.
Macht und Gewalt will jmmer mehr
haben/ weil ers haben kan; oder dem ſcha=
den tuhn/ der ihm ein Dorn in den Augen
iſt. Ein hohe Geburt und ein altes Ge=
ſchlecht ſihet nidere und geringere jmmer
mit ſpoͤttlichen Augen an: Groſſe Aemter
und Ehrenſtellen empfinden es leichtlich/
wann man auch nur eine ungefehre Rede
tuht. Alſo komt allen eine Lehr/ die heißt:
Erhebe dich nicht/ und verachte nie=
mand. David hat vom Erſten eine treff=
liche Rede getahn/ die heiſſet: Faͤllet euch
Reichtum/ ſo haͤnget das Herze nicht
daran. Pſal. LXII. 11. Paulus weiſet ſei=
nem Timotheo/ wie er Reiche unterꝛichten
ſoll! Alſo nemlich/ daß ſie nit ſtoltz ſeyen/
und ſich nicht verlaſſen auf den un=
gewiſſen Reichtum/ I. Ep. VI. 16. Frey=
lich wol ungewiß. Manche Exempel waͤ=
ren zu weiſen in geiſt=und weltlichen Hi [403] ſtorien/
derer/ die gebettelt haben/ da ſie zu=
vor keinen Bettler haben anſehen/ oder an=
hoͤren moͤgen. So erhebe dich nicht deines
Reichtums/ den du erlanget haſt! Beſtehet
er in Handlung/ ſo ſihe nur die Maͤrckt und
Plaͤtze an; Wie vielen iſt das Ungluͤck kom=
men zu Waſſer/ zu Land/ die noch wol ſtaͤr=
ker handelten als du? Beſtehet er in Baar=
ſchaft; wie vielen iſt ein Dieb und Rauber
dahinder kommen? Beſtehet er in Feld=
und Landguͤtern; wie vielen hat Waſſer
und Feuer ſchaden getahn/ Hagel und
Schloſſen verderbt/ duͤrꝛe unfruchtbare
Jahr verzehret? So ſpreche ja keines:
Ich habe genug/ wie kan mirs feh=
len? Dann wann dirs wolgehet/ ſo
gedenke: daß dirs wider uͤbel gehen
kan/ iſt Sirachs Erꝛinnerung im XI.
26. 27. Wann man gleich ſatt iſt/ kan
man doch wider hungern/ und wann
man gleich reich iſt/ kan man doch
wider arm werden: und es kan vor
Abend wol anderſt werden als es am
Morgen war; dann ſolches alles ge [404] ſchiht
bald für Gott/ iſt abermal Si=
rachs Red im XVIII. 25. 26.Iſt einem groſſe Gewalt in die Hand
gegeben; er mißbrauche es nicht an Nide=
rern und Geringern. Groſſe Tuͤrne und
hohe Eichen trifft der Blitz am oͤft=und
ſtaͤrkeſten; Hohe Klippen fallen deſto tief=
fer; Je hoͤher der Rauch geſtiegen iſt/ je ehe
vergehet er. Viel Tyrannen haben
müſſen herunter auf die Erde ſitzen/
und iſt dem die Kron aufgeſetzt wor=
den/ auf den man nicht gedacht haͤtte.
Viel groſſer Herꝛn ſind zu boden
gangen/ und gewaltige Koͤnige ſind
andern in die Haͤnde kommen/ iſt wi=
der Syrachs Anmahnung im XI. ℣. 5. 6.
David hat einen ganzen Pſalm gemacht/
da ihm Doeg der Edomiter zu maͤchtig
worden war an Sauls Hof/ an der Zahl
den LII. Der dieſe ſchoͤne nachdenkliche
Wort in ſich fuͤhret: Was trotzeſt dann
du Tyrann/ daß du Schaden tuhn
kanſt? ℣. III. Deine Zunge trachtet
nach Schaden/ ℣. IV. Es wird dich
[405]
aber Gott auch gantz und gar zerſtoͤ=
ren und zerſchlagen/ und aus der
Huͤtte reiſſen/ und aus dem Lande
der Lebendigen ausrotten/ Sela.
℣. VII. Und die Gerechten werden
es ſehen/ und ſeiner lachen. ℣. VIII.
und ſprechen: Sihe/ das iſt der Man
̅
der ſich darauf verließ/ daß er maͤch=
tig war Schaden zu tuhn/ ℣. IX.Herꝛliches Geſchlecht/ fuͤrnehme Aemter
und Ehrenſtellen/ vorab an groſſen Herꝛen=
Hoͤfen ſind freylich ein groſſes zeitliches
Gut/ da unter tauſenden kaum einer hinge=
langt. Wer nun der iſt/ und wo er iſt/ dem
fuͤhrt obgedachter Sirach ſolches zu Ge=
muͤht: Stehe nicht auf deinem eignen
Kopf in deinem Amt/ nnd mache dich
nicht ſtoltz wann man dein bedarf/
im X. 29. Und in folgendem XI. 4. ſpricht
er: Die Weißheit bringe zwar oͤfter
auch einen vorher Armen/ zu Ehren/
und ſetze ihn bey die Fuͤrſten/ und ma=
che einen Edelmann/ einen Herꝛn aus ihm;
aber doch ſoll ein ſolcher das merken/ daß er
[406]
ihm ſage: Erhebe dich nicht deiner
Kleider/ die du deinem Adel nach/ deinem
Amt nach tragen darfſt und muſt/ und vor=
her weder zu bezahlen/ noch zu tragen ver=
mochteſt; und ſey nicht ſtolz in deinen
Ehren. Dann der Herꝛ iſt wunder=
barlich in ſeinen Werken/ und nie=
mand weiß/ was er tuhn will. Gar mit
einem artigen Apologo hat es Cyrillus zu=
vernehmen gegeben 118 denen/ wie ſeine
Vberſchrifft heiſſet/ die ſchnell empor
kommend/ uͤber andere Niderere ſich
erheben wollen. Er ſpricht: Das gemei=
ne Waſſerꝛohr/ das neben einem Zu=
ckerſtengel jaͤhe aufgeſchoſſen waͤre/
hatte ſich ſeiner Hoͤhe alſo uͤbernommen/
daß es jenes hoͤniſch fragte: Wie lang es
wuͤchſe? Da es zur antwort gegeben:
Zwey gantzer Jahr; haͤtte das gemeine
Rohr/ aufgeblaſen/ daß es ſolch eine laͤnge
vor jenem erlanget/ hoffaͤrtig angefangen:
Ich hab der Natur zu danken/ daß ſie
mich in einem einigen Jahr ſo hoch
[407]
uͤber dich geſchwungen hat. Der Zu=
ckerſtengel aber haͤtte dargegen der Naͤrꝛin
ihre Tohrheit alſo beantwortet: Du biſt
ja wol ein duͤrꝛes Rohr/ von dem
Wind ein wenig aufgeflattert/ unbe=
dacht darinn/ daß du nur die Hoͤhe ge=
ſuchet empor zu ſteigen: Dagegen
aber der Tieffe vergeſſen/ was du fuͤr
einen Grund legen wolteſt/ und fuͤr
Wurzel ſetzen. Innwendig biſt du
leer/ von auſſen dick/ wie gemeinig=
lich die hohe Baͤume ſind; zwar er=
haben: aber ohne Frucht/ und die in
die Dicke wachſen/ verdrucknen nur
deſto ehender! Biß hieher Cyrillus mit
verdeckten/ und doch offnen Worten. Kurtz
und rund iſt der Innhalt verfaſſet in Petri
Worten: Der HErꝛ widerſtehet den
Hoffaͤrtigen: aber den Demuͤtigen
gibt er Gnad I. Ep. V. 5.So demuͦtige ſich unter die gewal=
tige Hand Gottes Hoh und Nider.
I. Pet. V. 6. und/ wie ſich keiner dunken laſ [408] ſen
wird: Er habe das Kaͤiſertum/ Koͤnig=
reich/ Herꝛſchaft allein durch ſeine Macht
und Gewalt erhalten und bezwungen/ und
Gottes Huͤlfe nicht darzugebraucht; Dan
̅
ſo unchriſtlich wird kein Chriſt re=
den; wie ſich keiner dunken laſſen wird: Er
habe den Adel/ die/ groſſer Herꝛn/ Gnad
durch ſeine Qualitaͤten zuwegen gebracht/
die ihm nicht vom Himmel herab gefallen
waͤren: ſondern viel Muͤhe/ Fleiß/ Ubung/
Reiſen gekoſtet haͤtten. Dann was haſt
Du/ daß du nicht empfangen haſt?
fragt Paulus I. Cor. IV. 7. Er ſey zu der
Heurat kommen durch ſeine Hoͤflichkeit/
Freundlichkeit/ Schoͤne deß Leibs/ groſſe
Lebens=Mittel; und kein Werber waͤre aus
den Wolken gefahren/ der ſein Wort gere=
det haͤttte. Dann Gott regiert die Her=
zen der Menſchen unſichtbar: Er ſey
zu dem Reichtum kommen durch ein Erb/
oder durch ſeine Spitzfuͤndigkeit; Aus der
Lufft ſey es ihm nicht ins Hauß geflogen.
Dann es iſt vergeblich/ daß manfruͤh
aufſtehet/ und hernach lang ſitzet/
und ißt ſein Brot mit Sorgen/
[409]
Pſal. CXXVII. 3. Er ſey zu dem Dienſt
ſeiner Tuͤchtigkeit wegen gelanget/ man ſey
ihm noch nachgeloffen/ und die Noht dieſes
und jenes O???es habe ſeiner nicht entbehren
koͤnnen. Menſchenſtimme hab er gehoͤret;
Menſchenhaͤnde geſehen/ die ihm nach ge=
ſchrieben: Gottes=Stimme und Gottes=
Finger/ wie Moſes auf den zweyen Ta=
feln Exod. XXXI. ℣. 18. Deut. IX. ℣. 10.
waͤren ihm nie zukommen. Das alles/ und
noch ein mehrers/ wie ſich keiner dunken
laſſen wird; zumahln es den Kindern Iſrael
ſo hart eingebunden wurde/ daß/ wann ſie
nach Eroberung deß Landes/ da Milch und
Honig jnnen fließt/ wuͤrden gegeſſen
haben/ und ſatt worden ſeyn/ und ſchoͤ=
ne Haͤuſer erbauet/ und darinnen woh=
nen/ und ihre Rinder und Schafe/
Silber und Gold/ und alles was ſie
haben/ ſich mehren wuͤrde; ihr Her???
ſich nit erhebe und vergeſſe deß Her=
ren ihres GOttes/ der ſie aus Egy=
ptenland geführt habe/ und aus dem
Dienſthauſe/ und ſie nit ſagen moͤch [410] ten
in ihrem Herzen: Unſere Kraͤffte
und unſerer Haͤnde Staͤrke haben
uns das Vermoͤgen aufgericht. Deut.
VIII. 12–17.Wie ſich/ ſprich ich nochmal/ keiner das
dunken laſſen wird: Alſo wird er auch fer=
ner ſeiner Weißheit nit allein trauen/ Gott
auf die Seiten ſetzen und gedenken: Nun/
da er das Kaͤiſertum/ Koͤnigreich/ Fuͤrſten=
tum/ Herꝛſchaft habe/ koͤnne er ſich ſchon
ſelbſthelfen. Ach nein! Immer ſetzt GOtt
einem groſſen Herꝛen/ wider einen groſſen
Herꝛen an die Seiten/ der ihm weiſen ſoll/
daß er noch nicht alles ſey/ und GOttes
Wacht/ Huͤlfe/ Vorſorg ???o ſo wol von noͤh=
ten hab uͤber ſeine Graͤnzen und Laͤnder
als zuvor; ja fuͤrwahr nun noch mehr/ als
vorhin. Dann einmal/ Er bekoͤmmt mehr
zu verwalten. Die Verwaltung/ ſo ſie miß=
lingt/ bringt ihm groͤſſern Schaden. Daß
ihm der Schad nicht komme/ braucht es
mehr Betens/ daß ihn Gott abwenden wol=
le. Er bekommt mehr Diener. Dienen ſie
ihm untreu/ ſo gehet ſeiner Herſchaft ab.
Soll die Herꝛſchaft bleiben wie ſie iſt/
[411]
braucht es wider Betens. Er bekoͤmmt
mehr Feind. Koͤnnen ſie ſich feindſeelig er=
zeigen/ ſo verbleibt es nicht. Daß es aber
verbleibe/ braucht abermal Betens. Er
braucht mehr Raͤhte. Iſt ihr Raht un=
gluͤckſeelig/ ſo folget die Taht dem Raht.
Daß ſie gluͤckſeelig rahten/ braucht aufs
neu Betens. Summa Summarum:
Groſſe Lent haben groſſe Fehler/ wann ſie
nicht von GOtt regiert werden. Darum/
wie alle Menſchen zu ihm lauffen/
Huͦlf und Heyl fuͤr ſich allein zu ſu=
chen: ſo ſoll ein Regent fuͦr allen das
tuhn/ als der fuͤr alle zugleich ſorg=
faͤltig ſeyn ſoll. So ihn ſein Gott be=
wahret/ werden ihm ſeine Feinde we=
niger ſchaden: Er aber wird die Sei=
nigen mehr bewahren koͤnnen/ ſagte
Agapetus 119 zu Juſtiniano.Ob es nun zwar ſo viel nicht antrifft/
wann einer niderers Standes einen Scha=
den leiden ſoll: jedoch iſt es ein Schad/ und
dem/ dem er kommt/ etwan eben groß ge=
nug. Hat einer nicht grad Land und Leut
[412]
zu verlieren: hat er etwan Ehr und Gnad
zu verlieren; ſonderlich/ wer eine hohe Amts=
ſtelle vertretten ſoll. Hier iſt zwar kein ge=
ringes/ gelehrt ſeyn/ erfahren ſeyn/ beredt
ſeyn; aber die Menſchliche Weißheit weiß
nicht alles. Die Erfahrung braucht oft wi=
der einer Erfahrung. Beredt ſeyn uͤberꝛedet
nicht allezeit. In deß Menſchen Haͤnde ſte=
het der Außgang nicht. Soll es gluͤcklich
geredt: geſegnet gerahten: gedaͤulich ange=
griffen ſeyn/ muß Gott die Hand führen/
mit dem man Tahten tuhn kan. Pſ. LX.
℣. 14. CVIII. 14. Alſo laſſe ſich einer die=
ſen den Rahtgeber ſeyn/ der auf Gebet ſen=
den will den Geiſt deß Rahts/ und
Verſtandes/ Eſa. XI. ℣. 2. und Gehen/
Stehen/ Sagen/ Wagen/ alles gluͤcklich
machen will.Iſt er in einer guten Nahrung und Aus=
kommen/ er vergeſſe deß Himmliſchen Ge=
bers nicht/ und/ weil er weiß/ daß alle gute
Gaben von oben herab kommen/ vom
Vatter deß Liechts/ Jacob. I. 17. Alſo
bitte er deſto andaͤchtiger/ daß eben der Gott
alles zu ſeinen heiligen Ehren/ und zu ſeinem
[413]
und der Seinigen Nutzen erhalten wolle/
und bewahren fuͤr Feuer und Waſſer/ fuͤr
Dieberey und Rauberey/ fuͤr Liſt und Ge=
walt/ weil Er doch viel zu wenig ſey auch
nur einen Ziegel oder Spahn im Hauſe;
einen Heller oder Pfenning in ſeinem Ver=
moͤgen/ zu erhalten.Hat er eine erwuͤnſchte Ehe erlanget:
gleich wie dieſe ein zeitliches Himmelreich
iſt: Alſo preiſe er den Vatter im Himmel/
und laſſe ſein und der Seinigen taͤgliches
Gebet ſeyn/ daß ſie in ſtaͤter Lieb die Goͤttli=
che Lieb verehren/ in beſtaͤndigem Fried den
Gott deß Friedens küſſen moͤgen/ auch da/
da die volle Lieb erſt angehen werde/ wann
alles andere aufgehoͤret hat/ I. Cor. XIII.
℣. 8. Alles in allem zuſagen/ biſt du maͤch=
tig/ trotze nicht. Biſt du ſchwach/ verzage
nicht. Biſt du reich/ erheb dich nicht. Biſt
du arm/ verzweifle nicht. Biſt du geehrt/
ſtolziere nicht. Biſt du veracht/ betruͤb dich
nicht. Biſt du in Anſehen/ prange nicht.
Haſt du keines/ kuͤmmere dich nicht. Sey
mit deinem Gott und mit deinem Stand
zu frieden/ und/ damit Davids Wort unſer
Schluß werde/ Pſal. XXXVII. ℣. 5.
[414]
Befihl dem HErꝛn deine Wege/
ſie ſeyen gleich groß oder klein/ hoch oder
nider/ viel oder wenig/ ſie ſeyn wie ſie wollen;
Befihl dem HErꝛn deine Wege/ und
hoffe auf ihn/Er wirds wol machen/
Er wirds wol machen!
1.
I. SChweige/ mein Gemuͤt/ nit belle/
murꝛe ja nicht wider den/
der geſehen und verſehn
alle Gluͤcks und Ungluͤcks=Faͤlle.
Was es ſey/ das dich ſicht an/
denke/ daß es Gott getahn.
|| [415]
2.
II. Kein Geſtirn kan dich begluͤcken;
Keine Goͤttinn/ die man mahlt/
dich mit Huld und Haß beſtrahlt:
Gott allein ſchickt alles Schicken.
Was auf Erden wird getahn/
das tuht Gott/ der Alles kan.
3.
III. Seine Weißheit wuſt und ſahe
Alles/ eh’ es ward und wird;
Seine Allmacht auch regirt
was geſchiht und was geſchahe.
Guts und Boͤſes trett heran!
Was Gott tuht/ iſt wol getahn.
4.
IV. Gott allein kan Alles geben
Hoheit/ Ehre/ Kunſt und Haab;
Alles kommt von oben ab.
Gott gibt hier in dieſem Leben/
was | }er will/ nach ſeinem Raht. |
wann | |
wie |
Wem Gott geben will/ der hat.
|| [416]
5.
V. Erden=Tohn! der Him ̅ els Doͤpfer
Alles hat zu machen Macht/
hoch und reich/ arm und veracht.
Druͤm ſey gerne/ was der Schoͤpfer
vor ein Seyn dir zugedacht.
Was Gott macht/ iſt wolgemacht.
6.
VI. Sihſt du ein Gefaͤß der Ehren;
und du/ biſt ein ſchlechter Dopf
ein verworffner armer Tropf:
Laß den Neid dich nicht beſchweren.
Sey vergnuͤgt/ denk in der Still:
Gott gibt/ wem er geben will.
7.
VII. Hoͤll und Himmel/ Tod und Leben/
Fluch und Segen beutt er an:
Deine Wahl dir ſelber kan
Eins von dieſen beyden geben.
Waͤhle du das Baͤſte dir:
Gott legt Guts und Boͤſes fuͤr.
|| [417]
8.
VIII. Siheſt du in deinem Leben
andre groß/ dich aber klein:
Bild dir Gotttes Ordnung ein/
nimm die Stell die er gegeben/
es ſey Zepter oder Pflug:
Wer Gott dient/ iſt groß genug.
9.
IX. Blinde Unvernunft/ ſchweig ſtille!
Er/ der Glaub/ im Herzen red!
Laß es gehen/ wie es geht;
Gottes Wille ſey dein Wille;
fordre Gott nit Rechnung an:
Was Gott tuht/ iſt recht getahn.
10.
X. Fordre nichts/ erwart der Gnaden/
ſchreibe Gott dein Gluͤck nit fuͤr:
ach! du moͤchtſt erbitten dir
ſelber deinen bittern Schaden/
ob es deinem Wahn behagt.
Gut es iſt/ wann Gott verſagt.
11.
XI Nicht/ wie reich und hoch auf Erden/
|| [418]
nein! wie fromm/ 120 du haſt gelebt/
diß im Himmel wird erhebt
und vor Gott gepriefen werden.
Lebe wo nicht wohl/ doch recht:
Gott gefaͤllt ein ſchlechter Knecht.
12.
XII. Stehe/ mein Gemuͤt/ ſteh faͤſte/
laß dich nicht deß Ungluͤcks Grimm
nicht deß Gluͤckes Schmeichel=Stim ̅
treiben von dem Felſen=Neſte.
Setz dein Gluͤck in Gottes Haͤnd’/
und beharꝛe biß ansEND.
|| [419]
Anmerkungen.
Ne quid, quod declarationi re??? tractandæ inſerviret, fortè de- eſſet, annotatiunculis his ſub- venire ſuperioribus; non vide- batur non operæ futurum eſſe pretium.
Ad pag. 9.
IPſum Nazianzenum Io-
quentem audire præſtat. Inter
varia carmina ejus ultimum hoc
erat:Quæ Jacobus Billius adjecit, non indigna [420] ſunt, hic quoq́ue recenſeri. Avari, ait, verſus hic est: Malo guttam proſperæ fortunæ, quam do- lium prudentiæ. Sapientis autem antiſtro- phe eſt hujusmodi: Malim prudentiæ guttam, quam integrum ſecundioris fortunæ pelagus.
Ad pag. 26.
Aliquid divinitatis in eſſe ei, quod for-
tunam vocamns, è veteribus non pauci
aſſerebant. Longus eſt in confirmatione
hujus Vir eruditiſſimus M. Antonius Mu-
retus, explicatione Orat. I. in Catil. è quo
quædam hîc deſcribere non juvaret nihil,
niſi Philoſophi noſtri verba, hîc à Mureto
prætermiſſa, adduxiſſe pulchrum quoq́ue
judicaſſemus. Lib. II. Phyſ. c. IV. t. 47.
Sunt, ait, quidam, quibus fortuna videtur
quidem eſſe cauſa: ſed humanæ menti ob-
ſcura,
tanquam ſit divinum quid ac numen ex-
cellens. Addit ad hunc locum Simplicius
hæc: Quod plures hujus opinionis extite [421] runt,
patet ex eo, quod adorant ipſam fortu-
nam ut Deum, & templa ædificant ipſi, &
hymnos canunt in ejus cultum; quanquam
id poſt Ariſtotelis demum tempora con-
tigiſſe, exiſtimet. Non enim, inquit, habe-
mus apud veteres fortunæ civitatum tem-
pla narrata, vel feſta ſcriptis prodita. No-
men verò fortunæ ſcimus, quod etiam apud
veteres fuit veneratum. Lib. II. M. Mo-
ral. c. IIX. ipſam quæſtionem pertractat:
An ſecunda fortuna ſit
; ut Deorum quædam cura
aut benevolentia? Rurſus Lib. VII. Eudem.
c. XIV. fuiſſe, refert, qui vel Deo, vel genio
cuidam adſcripſerint ſecundam fortu-
nam, v. g. Si , in aleæ jactu
aliquis multum lucretur, alius nihil, illum
à Deo genió diligi. Fortunatus ille, ait,
genium ſecundum habet guber-
natorem.Erat autem hæc ſententia de geniis, Pla-
tonicorum, qui cauſam fortuitorum re-
ferebant in mentem, corporeâ hâc naturâ
ſuperiorem, ut benè notavit doctiſſimus
Voſſius L. II. de origine & progreſſu Idol.
c. XLIII. & vel ſolus Apulejus confir [422] mat
de Deo Socratis & L. I. de habit. do-
ctrinarum Platonis. & Max. Tyrius diſſert.
XXVl. & ſeq. à quâ ſententia nec B. Au-
guſtinum alienum fuiſſe teſtis omnino
eſt Cap. IX. Lib. V. de Civ. Dei. Sufficit, ita
ibidem loquitur, omne quod fit, no
̅
niſi cau-
sâ præcedente fieri. Nos enim eas cauſas,
quædicuntur fortuitæ, unde etiam fortuna
nomen accepit, non eſſe dicimus nullas, ſed
latentes; eaś tribuimus vel veri Dei, vel
quorumlibet ſpirituum voluntati. Hosq́ue
ipſos quoq́ue in bonos maloś diſtribuit.
Quare ex Patris ejusce ſententia, ita jam
pergit Voſſius, eo ipſo exemplo, quo
Philoſophus uſus erat, etſi loci à nobis di-
cti mentionem nullam fecerit, Hippo-
nenſis Epiſcopi mentem declarare; quod
nonnulli in ludo aleæ (ac par ſimilium ratio
est) ſemper penè vincant, perdant alii: id
veloccultis naturæ cauſis tribuendum, vel
genio adſiſtenti, qui jactum dirigat. Quod
minimè difficile est geniis, cum eventus
pendeat tum ab alearum poſitu, tum jactu
earum vehementiore, vel remiſſiore, & ſi-
milibus; quæ nobis quidem jacientibus ſic
variant, ut ludo exercitatus aliquid videat
[423]
præ alio; nunquamtamen eò induſtriæ per-
tingat, ut omnia in artem redigi poſſint. Spi-
ritus autem, quia intellectu & experientiâ
plus valent; plus etiam cernunt: ac præter-
ea levi motu inter jaciendum præſtare poſ-
ſunt, ut jactus ſit felix, vel adverſus. Nec
fortaſſis repugnaſſet Philoſophus admo-
dum, ſi, quod fortunam vocaſſent, bonis
probisq́ue ſua tantùm donare munera,
adſeruiſſent. Hos enim tales, quæ fortu-
natò eis obveniunt, Deis tranſcribere,
& meritò, ait, Lib. II. Rhet. c. XVII. Ver-
ba pulchra hæc ſunt:
. Et VII. Eud.
c. XIV. unam ſpeciem facit
divinam; quia, qui felix est, numine ad-
jutus aliquid feciſſe dicatur.Duo autem fortè præcipua abſterrue-
re eundem, quò minùs fortunam Deam
crederet. Primò quod cæcam eam fece-
rint. Sic ſanè, & ſalsè, ad eam quæſtio-
nem, quam ipſe movet in problematibus:
Sect. XXIX. probl. VIII. Cur divitiæ ma-
gna ex parte ab hominibus pravis potius,
[424]
quàm bonis habeantur, ita reſpondet:
; an quia
fortuna, à quâ divitiæ diſtribuuntur, cæca
est, at́ ad diſcernendum & eligendum in-
epta?
, addit
Lib. IV. ad Nicom. c. II. i. e. propterea
crimini dari fortunæ conſuevit, quòd, qui
maximè digni ſunt, minimè diteſcant. Al-
terum id erat, quod perſuadere ſibi peni-
tus nequiverit: Deum ſapientes bonos-
q́ue adeo durè: fatuos & improbos tam
blandè tractare: quòd fortuna facere di-
ceretur, non prudenti impulſa ratione ali-
quâ: ſed impetu mentis impote cœcoq́ue.
In multis, ait, L. d. ad Eudemum, proſperè
agunt ſtolidi. Et non rarò, velut in arte na-
vium gubernatrice, peritiſſimi etiam pa-
rùm ſecundam fortunam experiuntur,
quam felicitatem non pauci diviniori cui-
dam principio acceptum ferant. Non ea-
dem illi mens: -
, abſurdum, inqua
̅
eſſe,
Stagirita diſputat, tales inſipientes
[425]
à Deo geniove diligi, non præſtantiſſimum
potius ſapientiſſimuḿ. Dixerat idipſum
aliquantò clariùs L. d. M. M. Numquid,
quærit, ſecunda fortuna est ut Deorum
quædam cura, an idminimè videri debet?
Talium ſiquidem dominum facimus Deum
ut bona malá meritis diſtribuat. At for-
tuna, & quæ à fortuna, prorſus, ut nomen in-
dicat, ut fors tulerit, fiunt. Quod ſi hujus-
modi diſtributori Deo adſcripſerimus, ma-
lum ipſum judicem faciemus, né juſtum;
Id nefas Deo deputare. Poſt pauca rurſus
ait: Né cura, né benevolentia, quæ à Deo,
videtur eſſe felicitas, quoniam malis attri-
buitur. Atqui Deum malorum curam ha-
bere fas non est.Durum, fateor, apparet, & longè alie-
num à Chriſtianiſmo, hæc talia aſſerere:
. Ma-
lagma tamen obducere niſus eſt Vir in
commendando Ariſtotele fortè modum
excedens, Fortunius Licetus. Verba ejus,
cum in paucorum, ut arbitror, manibus
ſint libri ejus duo de pietate Ariſtotelis erga
Deum & homines, integra adducam ex
cap. IX. Lib. I. p. m. 72. Poſtquam piè ne [426] gaſſe
eum dixiſſet, ex adductis ſupra locis,
divinitatem fortunæ à cœca Gentilitate in-
ter numina cultæ, verbis Philoſophi: Deum
malorum curam habere, fas non est, inter-
ſerit, cum benevolentia, quod ipſe Philo-
ſophus ex veteri verſu jam innuerat,
L. II. Rh. c. XXIII. qui ſic habebat: -
. Poſtea ſic ſe exponit
Licetus: A Deo etſi proficiſcuntur omnia,
vera tamen ejus benevolentia, ut Ariſtoteles
ait, erga bonos duntaxat: Nec, ſi ſolem ſuum
oriri facit ſuper bonos & malos, & pluit ſu-
per juſtos & injuſtos, nullo diſcrimine id fa-
cit: ſed propter bonos benefacit malis; Omni-
nó Ariſtoteles ſentit: caducarum rerum,
temerariaḿ iſtam felicitatem, neminem
debere Divinæ erga ſe benevolentiæ adſcri-
bere: quia datur æquè malis, at́ bonis; ſæ-
pius etiam malis: quoniam, inquit, quæ vul-
go putantur bona, & quibus apud plebem
ſolent homines fortunati vocari, eveniunt
ſine diſcrimine bonis & malis; non ſunt,
quibus ea contigerunt, amici, gratí Deo
dicendi; ut ſit eadem ratio conciliandæ cha-
ritatis divinæ, at́ conſequendorum terre [427] norum
bonorum. Ipſe enim etiam dicit: ſi
mundus vos odit, ſcitote, quia me priorem
vobis odio habuit; Et: Odiſti obſervantes
vanitatem. Non amantur igitur improbi
à Deo, inquit Ariſtoteles: ſi non amantur,
bona quæ ſunt conſecuti, non omnino bene-
volentiâ ejus ſunt aſſecuti: ſed ipſo conni-
vente & ſinente: multò enim largitur ami-
cis ſuis meliora. Quos igitur fortunatos ad-
ſpexeris, non continuò amicos Dei, & qui-
bus Deus faveat, arbitreris: ſed ſcito hæc
accidere, fieri eò connivente.Nec tamen profectò connivente tan-
tùm & permittente. Etſi enim, ut jam ami-
cos & diligentes ſe, tanto bonorum agmi-
ne non donet, & probitatem ſtudiumq́ue
ſui ita remuneretur; donare tamen eoſ-
dem omnino deliberatò conſtituit, ut
inimici eſſe deſinerent, & tanti tam bene-
voli largitoris gratiam ambirent. Hoc
nimirum eſt, quod D. Apoſtolus ait:
, Rom. II.
℣. 4. quodq́ue Deus dicatur
-
, Act. XIV. 17.
[428]
.
℣. XV. vel, ut Athenis dixerat;
-
, Act. XVII. 27. adeoq́ue
. ℣. XXX.Imò verò, ſi Deus malis tantum be-
nefacit propter bonos, nec ſciens prudens
improbos aliquando indulgentiùs ha-
beat: quid amplius de Deo Benefactore
norit Chriſtianus, quàm gentilis Seneca,
cujus integram ſententiam adſcribere
non pigebit? Objecerat quiſpiam: non
bonis modo, ſed ingratis etiam danda
eſſe beneficia, quia ſic quiś Deos imite-
tur. Nam & ſceleratis, ajebat, Soloritur,
& piratis mariapatent. Reſpondet autem
ad hunc modum: Dii quo multa ingra-
tis tribuunt. Sed illa bonis paraverant: con-
tingunt autem etiam malis, quia ſeparari
non poſſunt. Satius est autem, prodeſſe etiam
malis propter bonos, quàm bonis deeſſe pro-
pter malos. Ita, quæ refers, diem, ſolem, hie-
mis æſtatiś curſus, & media veris autum-
ní temperamenta, imbres & fontium
[429]
hauſtus, ventorum ſtatos flatus pro univer-
ſis invenerunt: excerpere ſingulos non po-
tuerunt. Rex honores dignis dat, congia-
rium & indignis. Frumentum publicum
tamfur, quam perjurus & adulter acci-
piunt, & ſine delectu morum, quisquis civis
est, cum aliquid est, quod tanquam civi,
non tanquam bono datur, ex æquo boni &
mali ferunt. Deus quó quædam in uni-
verſum humano generi dedit, à quibus ex-
cluditur nemo. Nec enim poterat fieri, ut
ventus bonis viris ſecundus eſſet, contrarius
malis: commune autem bonum erat pate-
re commercium maris, & regnum humani
generis relaxari. Nec poterat lex caſuris
imbribus dici, ne in malorumimproboruḿ
rura defluerent. Quædam in medio ponun-
tur. Tam bonis quàm malis conduntur ur-
bes: monumenta ingeniorum, & ad indi-
gnos perventura publicavit editio: medi-
cina & ſceleratis opem miniſtrat. Compo-
ſitiones remediorum ſalutarium nemo ſup-
preſſit, ne ſanarentur indigni. In his exige
cenſuram, & perſonarum æſtimationem,
quæ ſeparatim tanquam digno dantur, non
in his, quæ promiſcuè turbam admittunt.
[430]
Multum enim refert, utrum aliquem non
excludas, an eligas. Jus fori omnibus dici-
tur: pace etiam homicidæ fruuntur: ſuare-
petunt, etiam qui alienarapuerunt. Percuſ-
ſores, & domi ferrum exercentes, murus ab
hoſte defendit: legum præſidio, qui pluri-
mùm in illas peccaverunt, proteguntur.
Quædam non poterant certis contingere,
niſi univerſis darentur. Non est itá quòd
de iſtis diſputes, ad quæ publicè invitati ſu-
mus: illud quod judicio meo ad aliquem per-
venire debet, ei quem ingratum ſciam, non
dabo. Hæc Seneca! At ita dat ille, que
̅
co-
limus, Deus noſter! Blandus pater eſt, &
immorigeris etia
̅
liberis ſuis ſeſe offert li-
beralem ex animo, invitat indulgentiſſi-
mus, impellit largiſſimus, & tantùm non
trahit vel invitos etiam, iuperabundantiâ
bonitatis ſuæ.Illud aliâs rectè & piè à Philoſopho
oſtenſum: Neutiquam convenire Divi-
nitati, quod exoculatam eam, quod ex-
cordem, quod iniquam, quod brutam
homines perhibeant, quod ad-
miniſtret, ibiq́ue
, minimùm pofſit, ubi plurimum
[431]
conſilii & rationis reperiatur. Hanc talem
eſſentiam, Deum credere, Deum ſanè
negare eſt.Unum tantùm Lactantium adhuc ad-
ducam, feſtiviſſimè hanc gentilitiam ſim-
plicitatem excipientem. Si fortuna, inquit,
in omni re dominatur: quid ergo cæteris
Diis loci ſuperest? Cur non aut ipſa regna-
re dicitur, ſi plus potest; aut ſola colitur, ſi
omnia? vel, ſi tantùm mala immittit, ali-
quid cauſæ proferant, cur, ſi Dea ſit, homi-
nibus invideat, eoś perditos cupiat, cùm
ab his religiosè colatur: Cur æquior ſit ma-
lis, iniquior autem bonis: cur inſidietur, affli-
gat, decipiat, exterminet: Quis illam gene-
ris hominum vexatricem perpetuam con-
ſtituerit? Cur dení tam malam ſortita ſit
poteſtatem, ut res cunctas ex libidine magis,
quàm ex vero celebret, obſcuret́. Lib. III.
de falſa ſapientia c. XXIX.
Ad pag. 27.
Suppeditavit hæc Joh.
Buxtorfii F. Lexico Chaldaico, Talmu-
dico & Rabbinico voce , ubi ex Scab.
fol. 156. 1. hoc recitat:
Planeta ſapientem reddit,
[432]
planeta divitem facit. Addit, eod. l. natu-
ras eorum deſcribi, qui in ſingulis plane-
tis nati ſunt: Qui ſub Sole nati ſunt, erunt
formoſi & ſplendidi, ac prætereà aperti, ni-
hil celare valentes; ſub Venere divites &
libidinoſi; ſub Mercurio, memoriâ valen-
tes & ſapientes; ſub Luna, valetudinarii &
inconſtantes; ſub Saturno infelices; ſub Jo-
ve, juſti; ſub Martefelices, &c. Vide eun-
dem. Nec nimium hæc mirabimur, ſi il-
lam quoq́ue credulitatem eorum cogite-
mus: Omina rerum feliciter agendarum
eos cœpiſſe, ſi quiſpiam puer lætum ver-
ſum occineret è S. Scriptura petitum, læti
quidquam in ſe continentem, quod etſi
Rabbi Moſes Maimonides improbat, de
Idolol. c. XI. ex aliis tamen Thalmudicis
confirmatum dedit, notis ad eundem Dio-
nyſius Voſſius p. 149. quod & Chriſtia-
nos quoſdam, ſuperſtitione quadam du-
ctos, factitaſſe refert, qui oraculi id loco
habuerint, & quid faciendum, futurum-
ve eſſet, ſpe præceperint, ſi S. Scripturas
aperienti, lætum quoddam dictum primô
intuitu oblatum fuiſſet. Gregorium Tu-
ronenſem teſtem adducit Lib. IV. & V.
|| [433]
Adpag. 30.
Hanc minimùm aliquorum Stoico-
rum ſententiam fuiſſe, Viri undiqua-
q́ue doctiſſimi, Daniel Heinſius & Jo-
han. Gerardus Voſſius, confirmant. Ille,
Orat. de Stoica Philoſophia, aliquem ſa-
pientem introducit illorum præceptis
imbutum, cui hoc ipſum tribuit. Quic-
quid, inquit, vulgus & ignara veritatis
turba caſum aut fortunam vocat, ſoli Deo,
ac æternæ ejus Sapientiæ adſcribit. Gerar-
dus verò Voſſius Lib. II. de Orig. & Pro-
greß. Idololatriæ c. XLIII. aliquantò am-
pliùs, eos, quæ fortuita videntur, cauſam
habere per ſe, docuiſſe, Mentem ſapien-
tiſſimam, quam Deum dicimus: hanc enim
quatenus æthera pervadit, Jovem nuncu-
pari; quatenus maria, Neptunum; prout
frumentum producit, Cererem eſſe; prout
bona largitur, quæ exinde fortunæ nomi-
nantur, fortunæ nomen habere: ac ſimiliter
eandem, ut Laertius in Zenone ait,
, multis
aliis nomenclaturis ſolere appellari. Vnde
& Seneca in IV. de Beneficiis cap. V II. Quæ-
cuń voles, nomina propria Deo aptabis,
[434]
vim aliquam effectuḿ cœleſtium conti-
nentia: non errabis. Tot appellationes ejus
eſſe poſſunt, quot munera. Ipſe verò Seneca
paulò poſt hæc verba diſertè dixerat:
Hunc, Naturam voca, Fatum, Fortunam:
Omnia ejusdem Dei nomina ſunt, variè
utentis ſuâ poteſtate. Sed enim, aut ſibi ipſi
Seneca non conſtat, aut cœterorum Stoi-
corum non eadem mens eſt, quos ut ab-
ſolveret ab omni impietate, ſeriò labo-
rabat quondam Lipſius, tum in I. de Conſt.
c. XVII. tum verò Lib. I. Phyſiol. Stoico-
rum, diſſert. XII. ipſe tamen in eo, quid
de Fato tandem judicandum ſit, non uſ-
q́ue quaq́ue certus, ut, noſtro judicio, ve-
riſſimè, ſeculi hujus non ignobile quod-
dam decus, inter nævos Lipſiani Operis
Politici c. V. p. m. 52. hoc ipſum referat.
Cui, inquit, ſatisfaciant, quæ de Fato tradit
cap. 4? Certè, qui non aliter Fatum cogno-
verit, nihilo plus ſciet, quàm Stoici veteres,
quorum dictis nimis religiosè &
attendit Lipſius. Et rectè poſt aliqua,
idem, eam informationem non é gentilium
ſcriptis petendam eſſe, ſcribit, quæ tenebris
& ambiguitate omnem hanc Philoſophiam
[435]
implicant: Sed è puriſſimis clariſſimiś
oraculis divinis, graviſſimoruḿ Theolo-
gorum declarationibus; quæ non patientur
quenquam hæſitare adſcopulos neceſſitatis,
aut cœcutire ad tam perſpicuam ſeriem
cauſarum eventuuḿ, quibus ordinariè
ſuprema illa vis non intercedit cogendo: ſed
diſponendo intervenit.
Ad pag. 32.
Horſum omnino ducere hypotheſes
Viri Clariſſimi Jacobi Revii SS. Theol. D.
& Collegii Theologici Lugd: Bat. Præfecti,
quibus nititur in Suarezio, quem vocat,
repurgato, paulò poſt oſtendemus.
Ad p. 41. & ſeq.
Hæc ita diſtinctè dedere omnes penè,
quotquot hac de re aliquid commentati
ſunt. Solius Julii Pacii à Beriga verba, ad-
modum facilia & perſpicua, appoſuiſſe
non pigrabimur: Hanc doctrinam, de
fortuna & caſu, qui putant pugnare cum
veritate Chriſtiana, ac tollere providen-
tiam divinam, in errore verſantur. Cùm
enim fortunam & caſum cum Ariſtotele
ponimus, non hæc Deo tribuimus, nec ali-
quid fortuitò vel caſu à Deo fieri dicimus:
[436]
ſed tantùm à cauſis ſecundis: & quidem
ita, ut nihil divinæ providentiæ derogemus.
Quod ut intelligatur, notandum est: idem
dici poſſe fortuitum vel caſu factum, & nec
fortuitum nec caſu factum, reſpectu diver-
ſorum agentium. Dei naḿ reſpectu, nihil
caſu ſeu fortuitò accidit: ſed tantùm re-
ſpectu ſecundarum cauſarum. Exempli
gratiâ, ut beata virgo in urbe Bethleem pe-
pererit, fortuitum fuit reſpectu Auguſti, &
deſcriptionis ab eo imperatæ: quia ſibi hunc
finem Auguſtus non propoſuerat; non est
tamen fortuitum reſpectu Dei, qui hoc de-
creverat. Alio eleganti exemplo Thomas
hoc declarat, fingit dominum mittere ſer-
vum ſuum in aliquem locum, puta Heidel-
bergâ Spiram: & eo ignaro, mittere alium
ſer vum in alium locum, quo non potest per-
venire, quin alteri ſervo occurrat, puta
Neoſtadium. Vult igitur dominus ſecun-
dum ſervum primo occurrere: ſed hoc latet
utruḿ ſervum. Quod igitur ad ſervos
attinet, occurſus est fortuitus: quia neuter
habuit hunc finem, ut ſuo conſervo occur-
reret: ſed ut proprium iter à domino manda [437] tum
conficeret, & negotium ſibi commiſſum
exequeretur. Reſpectu autem domini, qui
idſcivit & voluit, non est occurſus fortui-
tus. Ita etiam, cum eo in forum emendi
causâ, & ibi debitorem meum in venio, at́
ab eo pecuniam accipio: quòd ad me attinet,
fortuitò id fit, quia præter meum ſcopum
fit: ſed quod ad Deum, qui omnia gubernat,
& pro ſua ſapientia dirigit, nec fortuitum
est, nec incertum dici potest. Quomodo
enim incertum, quod Deus futurum præſci-
vit? Eadem ratio est cæterorum omnium,
quæ fortuitò vel caſu fieri dicuntur. Sic
enim est caſus vel fortuna reſpectu ſecunda-
rum cauſarum, ut né caſus né fortuna
ſit reſpectu numinis divini. Hæc ita Comm.
in II. Phyſ. c. V. p. m. 458. ſeq.
Adp. 47. & ſeqq.
Ut, quod dictum eſt ſup. Gott habe es
von Ewigkeit beſchloſſen/ bey keinem andern
Gedanken mit ſeinem Segen zu ſeyn/ und
den oder den erwuͤnſchten Ausgang zuzu=
teihlen/ als bey dem oder dem/ den er zum
Exempel manchmal dem Menſchen einge=
geben hat/ nach dieſem oder ienem jrꝛdiſchen
Gut zu ſtreben; Ut, inquam totum ne [438] gotium
plenius intelligatur, tenendum
apprimè eſt, duobus modis id intelligi
poſſe:I. Ratione concurſus Dei cum voluntate
noſtra, ut ſenſus ſit: Deum ab æterno de-
creviſſe, ad hunc numero actum, neq́ue
alium, concurſum ſuum præbiturum eſſe,
quem illo temporis momento, eo in loco,
has apud perſonas, voluntas hominis, di-
vino quodam inſtinctu & impulſu incita-
ta, elicitura eſſet, de ambienda v. g. hâc
præfecturâ, prenſandis his honoribus,
contrahendis, cu
̅
hac aut illa, nuptiis, &c.II. Ratione Conſecutionis finis à volunta-
te intenti, ut ſenſus ſit: Deu
̅
ab æterno de-
creviſſe, ut nullus alius voluntatis actus,
hoc, quod homo intendit, impetret, quàm
is ipſe, quem tacito quodam impulſu mo-
ta, hoc in loco, hoc tempore, has apud
perſonas, neq́; aliâs uſpiam, elicitura eſſet.Et poſterius quidem rectè dici, illa infal-
libilis connexio decretorum Dei cum
eorundem executione omnino docet;
qnæ quidem utraq́ue ita ſibi conſtant, ut
ſine variatione ipſius Eſſentiæ Divinæ
concipi nequeat: Deum in tempore ali [439] quid
aut agere, quod ab æterno non de-
creverit, aut aliter agere, quam ab æterno
decreverit ſe acturum. Neq́; enim decre-
ta ejus ita ſe habent, quaſi toties de novo
producantur ſecundum eſſe ſuum reale:
quoties cum agentibus naturalibus con-
currit in tcmpore; Sed actus volendi in
Deo nihil aliud eſt, quàm ipſa ejus eſ-
ſentia, per modum actus vitalis ſignificata.
Immediatè enim per ſuam ſubſtantiam
decernit; accidit autem in tempore ſo-
lùm externa quædam denominatio & re-
ſpectus rationis, quo Subſtantia Dei, per
modum decernentis, ad creaturas refer-
tur. Confer Becan. Theol. Schol. P. I.
c. XI. q. IV. Quandoquidem autem in
tempore hic tantùm voluntatis humanæ,
non alius, actus id obtineat, quod hic vel
ille homo meditatur, & hoc eodem in lo-
co, non alio; & has apud perſonas, non
alias; conſtituendum omnino eſt: neq́;
aliter à Deo ab æterno decretu
̅
eſſe, quàm
ut hic actus voluntatis, à Deo motæ, non
alius; hoc tempore, non alio; hîc locorum,
non alibi; has apud perſonas, non alias,
quod paraverat, optatò aſſequeretur.
|| [440]
Prius autem, etſi eodem quidem nomi-
ne confirmari poſſet, plus tamen in receſ-
ſu habet, quàm primâ fronte apparet. Il-
lud certu
̅
ſanè eſt: Si in tempore hominis
voluntas alium actum non elicit, quàm
iſtum ipſum, neq́; Deus cum alio quàm eo
ipſo, que
̅
ex gratioſa ejus incitatione eli-
cit, concurrit, neq́; alio in loco, nec tem-
pore, nec momento alio; Certum, in-
quam, eſt, neq́ue aliter etiam ab æterno
Deum conſtituiſſe concurſum ſuum ſe
aliquando præbiturum eſſe, neq́ue alio in
loco, nec tempore alio, nec occaſione
aliâ; cùm, quicquid Deus in tempore
agit, & quomodo agit, id, & eodem mo-
do ab æternoſe acturum decreverit.Id verò, ut quod res eſt, dicam, non le-
vem difficultatem parit, quomodo, eâ
quidem ratione, evitari queat, quin aper-
tè fateamur: fatali quadam neceſſitate
huic tali deſtinata eſſe hæc vel illa bona?
Profectò, ſi alia cogitatio mentem non
ſubierit de ambienda v. g. præfectura, aut
nanciſcenda ſparta, &c. præter quàm
Deus ſuggeſſerit; neq́ue alteri actui vo [441] luntatis
elicito datum ſit illa bona adipiſci,
quàm huic ipſi, ad quem, nec ad alium,
concurſum ſuum Deus præbiturum ab
æterno decreverat, &c. jam omnis agendi
libertas homini huic, in ordine ad hæc ta-
lia, ademta eſſe videtur, & inevitabili ne-
ceſſitate is idem trahi ad nanciſcenda
talia.Verſent ſe hîc, in quam partem velint,
tum alii, tùm præcipuè Vir Clariſſimus
Jacobus Revius, SS. Theol. D. & Colle-
gii Theologici Lugd. Bat. Præfectus in
Suarezio repurgato, ut vocat; hanc qui-
dem voluntatis humanæ libertatem inte-
gram nunquam relinquent, neq́ue aliter,
quàm neceſſitate quadam fatali felices,
opulentos, honoratos, &c. aſſerere po-
terunt.Sanè, ſi, poſitis eis, quæ, ut vult, requiruntur
ad actiones etiam liberas, ut prærequiſita vel
in Deo, ut est decretu
̅
ejus: vel à Deo, ut po-
ſitiva motio voluntatis, certum est, homi-
nem voluntate ſuâ non poſſe impedire actio-
nem Dei, negando id, quod ex parte ſuâ est
neceſſarium, ut loquitur p. 266. n. 23. Imò
ſi Deus ſemper & perpetuò neceſſitat volun [442] tatem,
ita, ut non ſit indifferens ad hanc vel
illam actionem, p. 279. n. 83. jam profe-
ctò, utut obnitatur Revius, voluntati ſua
libertas ademta eſt. Quod ſi igitur decre-
vit Deus, ſi poſitivè movit volunta-
tem hominis ad hoc agendum, hoc tem-
pore, hocioco, hoc momento, &c. ita, ut
voluntas ex neceſſitate illud agat, ad quod
impellitur, & nihil alind, non magis libera
fuerit, quàm viſus poſitis omnibus ad vi-
dendum requiſitis, id eſt, no
̅
libera; adeo-
q́ue verè fataliter hæc vel illa bona homi-
ni obtingent; ſive ita, ut moveatur ejus
voluntas ad ea ambienda, & ita quidem
moveatur, ut non poſſint non ea ipſa bo-
na ei evenire. Sic itaq́ue hæc tam locuples
huic locata eſt virgo, ut non potuerit
non ei nuptum dari. Sic ille ædilitatem
gerit, ut hæc ei ita divinitus imperata ſit
provincia, nec potueric non hoc officio
fungi. Sic ille omnibus bonis circum-
fluit, ut ad illam rerum omnium copiam
neceſſitate quadam adſtrictus fuerit, &c.Hæc verô talia, tantùm abeſt ut inficias
eat Revius, ut conceptis potiûs verbis
ejuſmodi fatum comprobet. Poſtquam
[443]
enim contra doctiſſimum Suarezium di-
ſputans, iſtam geminam fatalem neceſſi-
tatem effectuum & actionum cauſarum
ſecundarum, etiam humanarum volun-
tatum, rejeciſſet, quæ vel ex connexione
omnium cauſarum, velex cœlorum influxu
orta eſſet; tertiam, quam Suarez pariter
improbabat, quæ nimirum ex concurſu
ſeu motione divina, vel efficacia divinæ vo-
luntatis oriretur, apertè adſtruit p. 270.
n. 32. Rurſus, cùm d. Pater Diſp. Met.
XIX. 5. 2. prolixiùs contra fatalem hanc
etiam neceſſitatem diſputâſſet, quæ ex ſu-
periore influxu Dei oriretur, ita moventis
& applicantis omnes cauſas ſecundas ad
agendum, ut ex neceſſitate illud agant ad
quod impelluntur, & nihil aliud, ſubjicit
Revius p. 314. n. 49. Se, & complices ſuos,
fatum ita explicatum non rejicere, &c.Totius autem rei dijudicatio ex illa
quæſtione petenda erit: Vtrum cauſa pri-
ma determinet individuationem effectuum
à cauſis ſecundis, maximè liberis, profecto-
rum? ſive clariùs, & ad præſens propiùs:
Utrum cauſa libera, quæ ſuâ naturâ indif-
ferens est, ad hunc & illum effectum, deter [444] minetur
à Deo ad agendum hîc & nunc, &
ad producendum hoc individuum, non il-
lud? Hoc enim expedito, facilius erit di-
cere: Vtrum, ſtante hoc, quod voluntati
hominis, ad aliud deſiderium alterius co-
gitationis eliciendum, concurſum ſuum
Deus non præbuerit, neq́ue præbitu-
rum ſe decreverit ab æterno, libertas ho-
minis integra maneat, quod́ obtinuit, hoc
ſuo, ex iſta cogitatione, excitato deſiderio, li-
berè, nec neceſſitate fatali obtinuerit?Niſi igitur me omnia fallunt, veram
eſſe Nominalium ſententiam prorſus exi-
ſtimo, quam Conimbricenſes etiam pro-
pugnatum eunt II. Phyſ. c. VII. q. XV.
a. II. & Mendoza Diſp. Phyſ. X. ſ. IV. ma-
ximè omnium verò Suarez Diſp. Met.
XXII. ſ. IV. n. X. & ſeqq. poſt eum ſub-
tiliſſimus Rodericus de Arriaga, Curſu
Philoſophico Diſputat. VIII. de anima.
Sect. III. ſubſect. 1. a. 3. 4. nuperrimè ve-
rò Vir acutiſſimus Paulus
Slevogtius Diſp. de Indifferentia volunta-
tis humanæ in ordine ad actiones morales.
quorum omnium mens, ut verborum
[445]
compendium faciamus, his præſuppoſitis
nititur:I. Deum, agentia etiam libera ita con-
didiſſe, ut, quemadmodum in eſſe: ita & in
operari ſuo ab eodem dependerent.II. Prævidiſſe ab omni æternitate, quò
ſe quælibet libera cauſa aliquando inclina-
tura eſſet.III. Decreviſſe cum hac inclinatione,
& ad hunc obtinendum finem: non cum
alia; hoc loco, non alio; hoc tempore, non
alio, &c. concurrere.Totum negotium ad hunc modum
concipi poſſet. Videns Deus cauſam
liberam obſecuturam huic v. g. cogita-
tioni aliquando immittendæ, quæ quaſi
manu ducat & blandè invitet, ad hoc, non
aliud, peragendum, hoc loco, tempore,
momento, has apud perſonas, non alias:
poſitis autem illis circumſtantiis, concur-
rendum ſibi judicans ad illud obſequium
voluntatis, quod iſti cogitationi præſti-
turam ſciverat, ex lege ordinaria ſuæ ſa-
pientiæ & providentiæ, quâ decrevit non
deſtituere ſuo auxilio agens creatum libe-
rum; præfiniit etiam, concurſum hunc
[446]
individuum ad hanc voluntatis actio-
nem, quæ hunc finem intendit, hoc loco,
tempore, momento, nec alio, ſemet præ-
biturum eſſe.Hunc autem ipſum concurſus divini in-
fluxum, quo, ad hanc voluntatis individua
̅
actionem, non ad aliam, cooperari velit,
appellant determinationem voluntatis ad
individuam actione
̅
. Non, quaſiabſolutâ &
efficaci voluntate, phyſicè de terminativâ
& effectivâ talis actus, neceſſariò ſecu
̅
tra-
heret cauſam ſecundam ad illius actus ex-
ercitiu
̅
, quod Revio placet: ſed, quia Deus
ſolùm illi concurſum ſuum præbet ad
hunc actum, quem voluntas elicit; dene-
gando eundem ad alium actum, quem,
pro interna libertate ſua pariter elicere
poſſet, ſi concurſu Dei ad illu
̅
qq. uti vellet.Quo præmiſſo breviter, jam facilè pa-
tebit, quomodo, ſtante hac determina-
tione voluntatis ad individuam actio-
nem, maneat ei tamen ſua libertas inte-
gra. Etſi enim Deus non ad illum, nec
ad iſtum, nec ad alium: ſed tantùm ad
hunc actum voluntatis, quem eo mo-
mento, loco, tempore, &c. elicituram no [447] verat,
concurrere decreverit: erat tamen,
abſolutè loquendo, in voluntatis poteſta-
te poſitum, Dei oblato concurſu, ad
hanc cogitationem eliciendam uti & non
uti, adeoq́ue bono, quod poſtea adeptus
eſt, potiri & non potiri. Mendoza L. d.
tali exemplo docet. Si tu potes ſcribere
duobus calamis, & ego tenens alterum, tibi
ſcriptionem per illum interdico, eam per-
mittens per alterum. At hæc permiſſio te
non cogit ſcribere: ſed liber es adutruḿ???
tum, puta, ut hoc calamo utaris, tum, ut &
illum abjicias, & ab omni ſcriptione abſti-
neas. Quæ aliquantum conciſius Men-
doza propoſuit, illuſtriori exemplo do-
cuit ſupra laudatus b. m. Slevogtius Diſp.
IV. §. 71. Ita verò inquiebat: Vinariam
profecturus es, & ad hoc ſuppetunt duo equi
& duo currus. Ex te liber es & indifferens,
ut proficiſci poſſis & non proficiſci. Etſi enim
profecturus es, ita tamen vis, ut poſſis nolle.
Et hæc libertas est contradictionis. Liber
quó es ac indifferens, ut poſſis equo vehi,
vel curru. Quæ est libertas contrarietatis.
Sed alteri equo detraho frenum, & alteri
currui rota
̅
, ac ita te determino, ut, ſi omnine
[448]
profecturus ſis, non niſi vel hoc equo, cui fre-
num, vel hoc curru vehi poſſis, cui rotas re-
linquo. Quæritur nunc, an, dum à me ad
individuum equi & currûs determinaris,
& nolo ad alterum equum freni, ad alterum
currum rotæ poteſtatem concedere, libertas
tua jacturam faciat? Nego. Nam adhuc
liber es quoad exercitium actus, & potes
proficiſci ac non proficiſci. Né enim te cogo
ut proficiſcaris aut non proficiſcaris. Liber
quoad ſpeciem actus, & potes vel hoc equo
vehi, vel hoc curru. Né enim te ad alter-
utrum cogo, ſed utrò malis uti, tui arbitrii
est. Tantùm, ſuppoſitô, quod profecturus ſis,
erit, ut vel hoc equo, ad quem à me frenune,
vel hoc curru, ad quem à me rotas habes,
utaris.Id verò Revium, talia negantem, in
omnem errorem induxit, quòd, in homi-
nis poteſtate eſſe, Dei concurſu uti &
non uti, perſuadere ſibi neutiquam po-
tuerit. Eſſe igitur in homine hujusmodi
potentiam activam, ex ſua vi & intrinſeca
natura libera, habentem tale dominium
actionis ſuæ, ut in ejus poteſtate ſit eam
exercere, & conſequenter unam vel alia
̅
,
[449]
ſeu oppoſitam actionem elicere, quod
Suarez dixerat, id inquam, Revius p. 276.
n. 71. ſuperbiſſimè dici, & arbitrium no-
ſtrum in ſede Dei collocari, aſſerit. Et rur-
ſus, cum Suarez, homini datam eſſe pote-
ſtatem, ait, faciendi quæ velit, idem Re-
vius p. 277. n. 80. ſubjicit: Hæc poteſtas
hominem omnipotentem facit, ac proinde
Deum. Ut ad præſens propiùs accedamus:
Si quis dixerit: Poſito decreto Dei, &
motione voluntatis ad hoc aut iſtud ag-
grediendum, hoc loco, tempore, mo-
mento, &c. homini tamen integrum eſſe
iſtud aggredi & non aggredi, & hoc, quod
ſequebatur, temporale commodum ne-
gligere, aut nanciſci, id Revius affirmat
idem eſſe, ac arbitrium in ſede Dei colloca-
ri, & ſuperbiſſimè dici, & ex homine omni-
potentem, ac proinde Deum facere.Quod ſi verò abſolutam penitus ho-
mini poteſtatem datam eſſe, faciendi quæ
ſine exceptione ille velit, Suarezius dixiſ-
ſet, haberet Revius quod culparet. At id
nec illi in mentem venit, nec præſens tra-
ctatio admittit, quæ manifeſtè docet, per
poteſtatem faciendi quæ velit, internam li [450] bertatem,
id eſt, in agendo indifferentiam
intelligi, tum quoad exercitium, tum quoad
ſpecificationem, ut ſenſus ſit: Eſt in no-
ſtra poteſtate ſitum, ut, poſitâ ſufficienti
præmonſtratione objecti, & aliis ad a-
gendum antecedenter requiſitis, homo
poſſit agere & non agere, cùm de ſe &
intrinſecè ad neutram partem ſit deter-
minatus; poſſit autem ſemetipſum de-
terminare in utram partem libuerit. Sive
ad præſens: Eſt in noſtra poteſtate po-
ſitum, ut præmonſtratum à Deo bo-
num temporale, & ad id ſectandum,
ab eo etiam incitata voluntas noſtra,
hunc tamen impulſum & ſequi, & excu-
tere queat; & per conſequens hoc bono
terreno, ad quod ille inſtinctus duxiſſet,
excidere & potiri, ſiq́ue conſequitur, li-
berè conſequi: ſi negligit, liberè negli-
gere, omni vinculo ſoluta. Hoc quomo-
do ſit omnipotentem ac Deum eſſe,
omni ratione excuſsâ comprehendi ne-
quit.Eſt autem illa à nobis dicta indifferen-
tia, Revio verè ſudes in oculis, quam to-
ties negat p. 270. n. 29. p. 272. num. 43.
[451]
p. 274. n. 59. 60. Largitur ille aliquam
quidem indifferentiam & libertatem fa-
cultatis in actu primo: at quoad uſum &
actum ſecundum, poſito, quod ſtatuit, de-
creto & præmotione Dei, omnibus mo-
dis inficiatur, p. 279. n. 83. 284. n. 89.
p. 285. n. 96. alibi.Quid ſit indifferentia ſeu libertas in
actu primo & ſecundo, videndum eſt.
Explicat autem ipſe aliquoties ad hunc
modum, ut libertas in actu primo ſit ipſa
facultas, quæ libera dicitur, in ſe conſide-
rata, ſive uſu etiam libertatis deſtituta ſit,
ſive non ſit: Libertas autem in actu ſe-
cundo ſit ipſum exercitium actuum, qui
propterea dicantur liberi, quod à volun-
tate, quę ei facultas libertatis capax eſt, eli-
ciantur. Jam igitur, poſito illo ſuo decreto
Dei & motione activâ, liberam quide
̅
fa-
tetur voluntate
̅
in actu primo conſidera-
tam, quod ad libertatem voluntatis ſuffi-
cere putat; etſi actus illos, ſuppoſitô, quod
ſtatuit, decreto & motione Dei activâ,
neceſſariò eliciat, nec poſſit non elicere.Et ſanè fatendum eſt, quod nec Sua-
rezius diffitetur, non tantùm ipſi voluntati
[452]
creatæ, in actu primo conſideratæ, à Deo
neceſſitatem induci poſſe ad ſuos actus:
Sed etiam hoc fieri poſſe, ut voluntas, quæ
plures actus elicere poſſit, ita ad unum à Deo
adigatur, ut in ejus poteſtate non ſit non age-
re, aut contrarium agere. An autem utru
̅
-
q́ue faciat Deus, id eſt quod quæritur;
& quidem, quod Revius diſertis verbis
ait, ſemper & perpetuò, ita, ut decretum &
præmotio ejus, voluntati illam neceſſitatem
impon???, quæ contraria est indifferentiæ,
quoad uſum & actum ſecundum; id verò,
quin omnem libertatem voluntati adi-
mat, nullum profectò dubium eſt.Intereſt ergò inter hæc duo ingens hoc
diſcrimen: I. ut, etſi voluntati ipſi crea-
tæ, neceſſitatem induci poſſe à Deo ad
actus ſuos, Suarezius non neget; neget
tamen id ordinariè ab eodem fieri; cùm
in agendo & movendo voluntatem crea-
tam, ita ſe accommodet, ut eam ſuo mo-
do ſe movere ſinat. II. Ut, quando
Deus dicitur determinare actum volun-
tatis, ſenſus ſit hîc: Deum, qui vidit vo-
luntatem pro placito elicere poſſe &
hunc, & illum, & alium actum; eoncur [453] ſum
ſuum præbere non ad illum, nec ad
iſtum: ſed ad hunc actum; ſive ita con-
currere, ut non ille, nec iſte: ſed hic
tantùm actus eliciatur; quomodo, quia
voluntas, per aliquid ſuperadditum, ad
volitionem ipſam non adigatur: ſed ipſa
ſemetipſam eò ducit, voluntati illa in dif-
ferentia ad utrumq́ue oppoſitorum non
adimitur; cùm etiam eum actum, ad
quem in individuo Deus concurſum
præbet, ita elicuerit, ut, abſolutè loquen-
do, potuerit non elicere, aut contrarium
huic eliccre. Quando verò dicitur ex men-
te Revii: Deum determinare volunta-
tem au???d omnes actus: aut ad hanc nu-
mero actionem non aliam; ſenſus eſt:
Deus talem neceſſitatem, præmotione
ſuâ, imponit voluntati, ut in ejus poteſta-
te non ampliùs ſit, illam, efficaciter tra-
hentem, præmotionem excutere, & actu
̅
,
ad quem movetur, non elicere.Ad præſens negotium ſi accommoda-
bitur, diſcrimen hoc fuerit, ut ex priori,
Suarezii, expoſitione, ſenſus ſit: Deum,
quia viderit voluntatem hominis v. g. ad
conſequendum hoc oſtenſum temporale bo [454] num,
hâc aut illâ viâ incedere poſſe, & apud
has aut illas perſonas, & hoc aut illo modo,
hoc aut illo tempore, &c. concurſum ſuum
ei tantùm actui præbere, quem pro lubitu
tandem exercere elegerit, puta hac, non illâ
viâ, apud has, non illas perſonas, hoc, non illo
loco & tempore. Explicationem autem
Revii ſi ſequamur, ſenſus erit: Deum, non
quia viderit voluntatem hac aut illâ viâ,
ad hujus oſtenſi boni adeptionem inceſſuram
eſſe, hanc ejusdem pro lubitu elicitam actio-
nem adjuturum eſſe: ſed beneplacito ſuo
eandem ipſam voluntatem ita efficaciter
movere & urgere, ut ne quidem alium actu
̅
exercere poſſit quàm eum, ad que???c mo-
tio ducit, at́ ad quam præoſtenſu??? finis in-
fallibiliter ſequatur.Et jam, quomodo ejusmodi actio, ex
parte humanæ voluntatis, libera dici que-
at, nuſquam apparet; cùm principium
iſtius actionis in homine non ſit. Ut aper-
tiùs dicam: Manet quidem hoc in caſu
illa potentia, quæ libera denominatur, in
actu primo: ſive, ea potentia manet, quæ
libertatis capax est; at non manet poten-
tia libera in ordine ad illos actus, quos
[455]
exercet, niſi valdè impropriè loqui veli-
mus & . Aliud enim profe-
ctò eſt: Voluntatem, quæ libera, ſive li-
bertatis capax eſt, aliquid agere; aliud:
Voluntatem quæ libera eſt, quat. libera est;
ſive eo ipſo, dum agit, liberè agere; quem-
admodum aliud eſt: hominem doctum
dormire: aliud, hominem doctum dor-
mire, quat. doctus eſt. Multa ſanè vo-
luntas agit; Sed multa tamen non ut po-
tentia libera: ſed ad modu
̅
alicujus agentis
naturalis. At hoc ipſo in loco quæſtio
eſt de libertate actuum; ſive, an, dum ho-
minis voluntas hanc ſuam actione
̅
exercet,
liberè exerceat; & per conſequens, an, dum
hoc temporale bonum intendit, & conſequi-
tur, ad quod à Deo ita, ut vult, efficaciter in-
citatur, liberè intendat, & conſequatur; nec
intentionem iſtam ſuſpendere poſſit, aut in-
citationem divinam repudiare, iſtó aut
illo oſtenſo bono excidere. Quod dum Re-
vius negat, omnino libertatem voluntatis
negat. Dum autem Suarez adſerit: Deum,
præviſo hoc, quòd voluntas hac aut illâ
viâ inceſſura ſit ad conſecutionem hujus
boni temporalis; non ad iſtam aut illam:
[456]
ſed ad hanc, quam ipsô monitore electu-
ra eſſet, ſuum concurſum præbere; liber-
tati actuum nihil decedit; quia eo ipſo,
dum hæc via, præ illa, eligitur; hoc tem-
pus præ illo; hæc perſona præ illa; hic lo-
cus præ illo; liberè eligitur; & quod is
bonum inde conſequitur, liberè conſe-
quitur, i. e. ita eligit hoc, ut potuerit etia
̅
alterum eligere, aut electionem planè ſu-
ſpendere; ita conſequitur, ut potuerit
etiam non conſequi. Illud autem prius,
libertatem omnino lædere, vidit dudum
Diogenianus Peripateticus, cum contra
Chryſippum ſic inter alia ſcribit: Apparet
noſtrum velle aut nolle, â nulla alia cauſa
antecedente eſſe occupatum: ſed in libertate
poſitum noſtra. Quod ſi ea libertas nulli ne-
ceſſitati fuit alligata, ne illud quidem, ut hoc
fiat, ab omni ævo præſtitutum fuit; niſi dicas
& illud velle, v. g. cuſto dire pallium ſuum
ne amittatur, aut nolle, eveniſſe fato quo-
dam, & externâ vi, neceſſitate
̅
volendi aut
nolendi, imponente. Sed & ſi ſtatuatur planè
adimitur nobis totum jus libertatis, né
jam est in me ut ſervetur pallium, ita, ut ego
ob id amiſſum jure incuſari poſſim (alia
[457]
enim ex cauſa periturum tamen fuerit) ne-
qúe de ſervato laudari. Né enim id ego ope-
ratus eſſem. Quô quid verius dici poſſit,
non apparet.Revio autem hæc hactenus dicta ideò
non ſufficiunt, quia, quod nos
vocamus, ille appellat; ſive, quòd
ad formale libertatis, non requiri pu-
tat illam, à nobis, dictam indifferentiam,
ſive vim internam ſeſe ad utrumq́ue op-
poſitorum applicandi: ſed ſufficere, quod
ſponte, ſive non coactè faciat voluntas,
quod in hoc caſu facit; quo ipsô manife-
ſtè voluntarium, & liberum inter ſe
confundit, &, aut bruta quoq́ue libertatis
capacia facit, aut homini omnem propriè
dictam libertatem adimit; ut alia tacea-
mus, quæ in hac materia ab aliis tam vete-
ribus, quàm recentioribus ſolidè oſtenſa
fuêre. Dignus eſt hîc legi libellus (quem
in hanc ſententiam uberrimè ſcriptum
commendat Franciſcus Robortellus, Ex-
plic. in Artem Poeticam Ariſtotelis p. 89.)
Alexandri Aphrodiſienſis de fato, magna
ex parte citatus ab Euſebio, Præparatio-
nis ad Evangel. Lib. Vl, in quo ipſo Chry [458] ſippum
Stoicum inprimis exagitat. Inte-
grum illum, & eleganti charactere latinè
verſum, recudi fecit Magni Hugonis vi-
dua, inter ſententias Philoſophorum de
Fato, quas conjux ejus, dum viveret, col-
legerat, &, ſi vita ſuppeditâſſet, fortè am-
pliùs diduxiſſet.Atq́ue ad eum modum, quô à nobis di-
ſputatum eſt, rectè à Noſtratibus dictum
eſt: Conjugia eſſe fatalia. Quomodo B.
Ægidius Hunnius ſe explicet, adjicie-
mus. Rectè, ait, illud dictum est, dummodò
id dextrè accipiatur. Non, quòd, decreto quo-
dam inflexibili, cuí viro ſua uxor, cuí
fœminæ ſuus aſſocietur maritus, ita, ut ſim-
pliciter ſit , vel aliam ducere uxo-
rem, præter hanc, quàm ducis; vel alii nu-
bere marito, quàm cui nubis. Ita naḿ
tolleretur è rebus humanis contingentia, ſeu
libertas voluntatis, quam in omni contra-
ctu, hoc præcipuè matrimoniali, requiri con-
ſtat. Sed né hic verus est illius proverbii
ſenſus, quaſi Deus ex ſolo arbitrio ſuo abſo-
luto, citra reſpectum cauſarum inferiorum,
quas ſecundas nominant; quin & abś in-
tuitu pietatis velimpietatis hominum, iſta
[459]
moderetur. Sed hæc est ſana mens dicti:
quòd Dominus, in conjugali negotio, volun-
tates hominum conſiliá ſic temperet, ut cui
velit, in remunerationem pietatis antegreſſæ
commodam aſſociet uxorem: Viciſſim in
pœnam impietatis, libidinis, aliorumve ſce-
lerum, permittat implicari conjugio infelici.
Hæc ille. Quæſt. & Reſponſ. de Provid. T. I.
Operum, p. m. 711. quæ penè ſua fecit B.
Gerhardus T. II. L. C. de Provid. c. VIII.
p. m. 112. Quô ſenſu, Fato omnia gubernari,
dici queat, ſic recitat: Sifati nomine in-
telligitur ipſa divina providentia, quæ infe-
riores cauſas tum naturales, tum volunta-
rias non excludit: ſed ſubordinatas habet, &
modis illis, quos ſupra expoſuimus, cum eis
concurrit; utí concedendum est: Fato, hoc
est, divinâ providentiâ omnia omnino gu-
bernari. Si verò fati nomine intelligitur ne-
ceſſaria omnium cauſarum connexio, quâ
vel Dèus ipſe neceſſitati iſti ſubjiciatur; vel
à ſtellarum curſu, rerum ſublunarium regi-
men, nexu neceſſario dependere dicatur; vel
humanæ voluntatis libertas excludatur,
utí tale fatum improbamus & rejicimus.
[460]
Conf. Phil. Melanch. L. II. Phyſ. de fato
p. m. 253. ſeqq. Laudat hoc nomine Hie-
roclis librum de providentia & fato, atq́ue
de arbitrii noſtri cum divina gubernatio-
ne congruentia, Photius, Patriarcha Con-
ſtantinopolitanus Bibliothecæ ſuæ num.
ccxiv. edit. Rhotomag. A. M DC liii.
p. m. 551. Illud, ait, tantummodò fatum ex-
tollit, quod cum ſuis Plato vult:
, i. e. ut Andreas Schottus interpre-
tatur, rerum ſcilicet evenientium, ſecun-
dum providentiæ leges, judicialem quan-
dam Numinis operationem, bono ordine ac
ſerie res noſtras dirigentem in illum finem,
in quem liberæ actiones, ex certo propoſito, fe-
runtur; quæ penè eadem Photius repetit
L. d. p. 1383. Addat qui volet, Didacum
Maſium diſp. de Caſu & Fortuna in poſtr.
Cap. II. Phyſ. q. IV. Antonium Rocco in
II. Phyſ. q. VI. Antonium Ruvio in II. Phyſ.
c. VI. q. II. Franciſcum Murciam in II. Phyſ.
diſp. VI. q. 1. 2. Franc. Toletum ib. t. LXVII.
[461]
q. XI. Pet. Fonſecam in VI. Metaph. c. II.
q. II. ſ. V.
Ad pag. 96. ſeq.
Dum hiſce diebus Græcum Herodoti
exemplar volverem, ingeſſit ſe memoriæ,
quod extra oleas non fuiſſet ſuperioribus
adjungere, cùm & gentiles ſuper hac re
ſenſu quodam divinitatis tactos eſſe, li-
quidò commonſtraret. Abjectum in ma-
re annulnm, cùm in ventre piſcis reper-
tum, hero ſuo, Polycrati, reddidiſſent
miniſtri, ſubjicit Hiſtoricus, eundem ju-
dicaſſe i. e. divinitus
contigiſſe, non cœco quodam caſu; quod
& poſteris documento peculiariter con-
ſignaſſet, quibusve lectis, Amaſis Ægy-
ptius jam tum edoctus fuiſſet,
i. e. fieri
non poſſe, ut homo hominem àre, quæ even-
tura est, retrahat. Lib. III. Hiſtor. Thalia
C. XCI. p. m. 174.Animus erat hæc, quæ ſequun- tur, peculiari Exercitatione pro- ponere; at cum non nihil lucis ſu
|| [462]
perius
dictis afferebant, hîc inte-
gram inſero.
Ad pag. 196. & ſeq.
Exercuit hæc quæſtio non vulgaria in-
genia: An abſoluto aliquo, ut loquuntur,
decreto, hominibus, temporalia hæc bona,
præcipuè quæfortunæ bona dicuntur, deſti-
nata ſint v. g. divitiæ, honores, authoritas,
conjugia, præfecturæ, &c. ita, ut alii, aut
tacito quodam mentis ſenſu, aut externâ oc-
caſione oblatâ velut trahantur ad hæc nan-
ciſcenda; ſic, né aliter Deo aut ducente,
aut permittere decernente: aliis rurſum cer-
tas metas præfiniente, quas ultra citrá pro-
vehi nequeant, quantumcuń etiam mo-
liantur; adeó omni niſu moventibus, nihil
tamen promoventibus, eò, quòd ita, né
aliter rurſus aut duxerit, aut duci permitte-
re ſtatuerit, ſolâ ſuâ benevolâ animi ſenten-
tiâ, nullâ ratione habitâ exterioris ullius rei
in hoc aut illo?Fateor! Non ſunt nulla, quæ in hanc
ſententiam non inclinant tantùm legen-
tem: ſed penè cogunt, qualia præprimis
Eccleſiaſtes c. IX. ℣. 11. docet, & ipſam
[463]
experientiam majore fortunâ, quàm ſa-
pientiâ, res geri, commonſtrare, creditur,
ab his, quïbus, ut ille apud Comicum lo-
quitur, dormientibus Dii omnia conficiunt,
reti urbes capiunt,
ut Theognis ait. Rurſus alios
, quartâ lunâ natos,
adeò cuicunq́ue rei manum aut mentem
admovent, eam ſe avertere.Ut, quid animi ſit hac in ſententia, dilu-
cidè conſtet, rem pertra-
ctabimus.Totius autem quæſtionis cardo in hoc
verſatur:An largitionis divinæ, aut nega- tionis bonorum temporalium, hominibus, detur aliqua cauſa extra Deum, in ipſis hominibus, an nulla?
Sive:
Vtrum Deus, ſolo benevolo volun- tatis ſuæ affectu: an verò, causâ quadam in hominibus reſidente motus fuerit, bona temporalia eis
|| [464]
dem
aut largiri, aut negare, &
his quidem præ illis, aut his lar-
giùs, his parciùs, &c?I. Bona temporalia hîc præcisè oppo-
nuntur bonis, propriè ſic dictis, ſpirituali-
bus, qualia ſunt fides, ſpes, charitas, pax
conſcientiæ cum Deo, remiſſio peccato-
rum, vita æterna, &c. Suntq́ue illa vel ani-
mi, ut eruditio, artes, &c. vel corporis, ut
ſanitas, robur, agilitas, &c. vel fortunæ ita
dicta, ut honores v. g. magiſtratus, præ-
fecturæ, imperia; itemq́ue divitiæ, auto-
ritas, hæreditates, conjugium felix, &c.II. Horum largitionis cauſam aliquam
eſſe, res ipſa docet, & communis omnium
gentium conſenſus, quæ, ut ejusmodi bo-
na nanciſcantur, aut nulli operæ parcunt,
quin ſudando, algendo, vigilando iſta
congerant: aut favores magnatum am-
biant: aut fraude rem gerant, aut ſimili
quadam arte eorum quæſtum faciant.
Quod dum moliuntur, aut labores & ſtu-
dia eorundem cauſas ſtatuunt, aut ma-
gnatum gratiam, aut fraudes & deceptio-
nes, aut ejusmodi alia. Vota verò homi [465] num
Summo Numini dicata, id, ſanè me-
liùs longè, tantorum bonorum tempora-
lium cauſam eſſe confitentur, cujus gra-
tiâ eidem etiam devoti ſupplicant. Multis
modis, ait B. Auguſtinus in Pſalm. LXVI.
volunt ſe homines benedici à Deo. Alius be-
nedici ſe vult, ut habeat plenam domum ne-
ceſſariis rebus huic vitæ: alius benedici ſe
cupit, ut obtineat ſalutem corporis ſine labe:
alius benedici ſe vult, ſi fortè ægrotat, ut re-
paret ſanitatem: alius deſiderans filios, &
fortè contriſtatus quòd non naſcantur, bene-
dici ſe vult, ut habeat poſteritatem. Et quis
enumeret diverſa vota hominum, ſe à Do-
mino Deo benedici cupientium? Quis au-
tem noſtrûm dicturus est: non eſſe illam
Dei benedictionem, ſi vel agricultura ei
fructum ferat, vel domus cujuś abundet
copiâ rerum temporalium, vel ipſa corpora-
lis ſalus aut teneatur ne amittatur, aut a-
miſſa reparetur? Fœcunditas etiam fœmi-
narum, & caſta vota filios deſiderantium,
ad quem pertinent, niſi ad Dominu
̅
Deum?
Qui enim creavit omnia, quando non e-
rant, ipſe prolis ſucceſſu facit permanere,
quod condidit.
|| [466]
III. Cauſam igitur horum largitionis
efficientem, primam ſummamq́;, SS. Tri-
nitatem eſſe S. Apoſtolus Jacobus docet
Epiſt. ſuæ c. I. ℣. 17. quando omne bonum
donum, & omne perfectum donum profici-
ſci, ait, à patre luminum, cujus ejusdem
numero ut eſſentiæ: ita etiam indiviſæ
potentiæ, cùm & Filius & Spiritus Sanctus
ſit, ab his quoq́ue perſonis ea communi-
cari, manifeſta ratio docet. Pulchrè Au-
guſtinus iterum: L. V. de C. D. c. XI.
Deus ſummus & verus, cum Verbo ſuo &
Spiritu Sancto, quæ tria unum ſunt, Deus
unus omnipotens, creator & factor omnis
animæ at́ omnis corporis: cujus ſunt par-
???icipatione felices, quicuń ſunt veritate,
non vanitate, felices: qui fecit hominem ra-
tionale animal ex anima & corpore: qui
eum peccantem nec impunitum eſſe permi-
ſit, nec ſine miſericordia dereliquit: qui bo-
nis & malis eſſentiam etiam cum lapidibus:
vitam ſeminalem etiam cum arboribus: vi-
tam ſenſualem etiam cum pecoribus: vitam
intellectualem cum ſolis angelis dedit; à quo
est omnis modus, omnis ſpecies, omnis ordo:
à quo est menſura, numerus, pondus: à quo
[467]
est quicquid naturaliter est, cujuscuń
generis est, cujuscunqúe æſtimationis est:
à quo ſunt ſemina formarum, formæ ſemi-
num, motus ſeminum at́ formarum. Qui
dedit & carni originem, pulchritudinem,
valetudinem, propagationis fœcunditatem,
membrorum diſpoſitionem, ſalutem, concor-
diam: qui & animæ irrationali dedit me-
moriam, ſenſum, appetitum: rationali au-
tem inſuper mentem, intelligentiam, volun-
tatem: qui non ſolùm cœlum & terram, nec
ſolùm angelum & hominem: ſed nec exigui
& contemptibilis animantis viſcera, nec
avis pennulam, nec herbæ floſculum, nec ar-
boris folium, ſine ſuarum partium conve-
nientia, & quadam veluti pace dereliquit;
nullo modo est credendus regna hominum
eoruḿ dominationes & ſervitutes, à ſuæ
providentiæ legibus alienas eſſe voluiſſe.IV. Quandoquidem autem in tem-
pore hæc bonorum communicatio ita
fiat: non alitertamen, ea, ab æterno de-
creta fuiſſe communicari, inde conſtat:
quia, quicquid Deus in tempore agit, ab
æterno acturum, ſe decrevit: atqui verò
[468]
in tempore communicat hominibus bo-
na temporalia animi, corporis, fortunæ.
Ergo ab æterno communicaturum ſe ea-
dem decrevit. Inde eſt Theologorum
hæc regula: Decretum Dei, & executio
ejus decreti, exquiſitiſſimè conveniunt; ni-
hil est in Dei opere, quod non fuerit in de-
creto; & nihil fuit in decreto, quod non ſe-
quitur in opere.V. An verò id ipſum facere decreve-
rit, motus aliquo quaſi incentivo, diſpi-
ciendum eſt. Sed cùm & hoc dupliciter
intelligi poſſit, nempe I. an id facturum
ſe decreverit, ſtimulante aliquo, ut ſic di-
cam, incitamento intra ſe: an verò II. ali-
quo extra ſe? diſtinctè res expedienda
eſt.VI. Id certum eſt: miſericordiam ejus
moviſſe eum ad hanc bonorum tempo-
ralium communicationem, quæ miſeri-
cordia inipſo Deo eſt, utpote
cum eſſentia ejus, conceptâ tamen ſub ra-
tione benevoli affectus, quo ferebatur
erga genus humanum. Quò enim quid-
quam perfectius eſt in bonitate: hoc ſui
[469]
etiam magis diffuſivum eſſe annititur,
cùm omne bonum ſit communicativum
ſui. Sancta vox eſt, quam ex Timæo Plu-
tarchus adfert lib. de fato, cujus hîc meri-
tò mentionem facimus: Dicamus, inquit,
cauſam, cur univerſum hoc machinatus ſit
autor? Bonus erat; in bonum autem nullæ
adverſus quicquam, aut ulla de re cadit in-
vidia. Eâ itá vacuus, voluit omnia ſibi
maximè fieri ſimilia. Ita Xylander græca
Plutarchi verba interpretatus eſt edit.
Baſil. LXXII. p. m. 678. Hanc ipſam
verò miſericordiam eum impuliſſe ad tam
liberalem bonorum iſtorum erogatio-
nem, vel unus Patriarcha Jacobus do-
cet, quando minorem ſe fatetur omnibus
miſerationibus Dei, quas eidem
acceptum ferat unicè Geneſ. XXXII.
℣. 10. Miſerationis voce ſcilicet, illas
ſuas divitias infignit S. Pater, quas muni-
fica Dei manus elargita erat, ſolâ ejus mi-
ſericordiâ ad hoc invitante & impellente.VII. An verò præterea causâ quadam
extra ſe poſitâ, in ipſo homine, cui bona tem-
poralia dantur, impulſus fuerit Deus ad
hanc donationem? hoc eſt quod quæritur.
|| [470]
IIX. Cauſam autem cùm dico, cauſam
in eſſendo, ut loquuntur, virtualiter intelli-
go, ſive, quæ ſe habet, ut ratio propter
quam. Etſi enim decretum illud Dei, de
communicatione bonorum tempora-
lium, non ſit actus aliquis productus in
Deo, ad quem realiter efficiendum, ali-
quid, extra Deum, eum moverit; habet
tamen aliquid ſe ut ratio àpriori, ita, ut, ſi
decretum divinum realiter cauſaretur:
reverà hoc ejus cauſa eſſet, in genere cau-
ſæ impulſivæ.IX. Itaq́ue horſum recidit quæſtio:
An ex parte hominis donandi, aliqua detur
ratio, per modum cauſæ, Deum movens ad
decretum largitionis bonorum tempora-
lium, in tempore præſtandorum? Per decre-
tum autem, hîc, actus aliquis Dei largien-
tis intelligitur, non ſecundùm entitatem
ſuam increatam: ſed ſecundùm extrinſe-
cam liberrimam terminationem ad effe-
ctum futurum in tempore, bona ſcilicet
temporalia, ut ſenſus ſit: Vtrum detur
aliquid extra Deum in homine, cujus intui-
tu, voluntas Dei, ab æterno fuerit mota, ut
[471]
decerneret, bona temporalia conferre vel
negare hominibus?X. Poteſt autem & ſic formata quæ-
ſtio intelligi vel I. ex parte Dei donantis
vel II. ex parte rei donandæ. Ex parte Dei
donantis reſolvi poteſt in has duas: I. An
Deus bona temporalia hominibus conferre
decreverit, intuitu alicujus, extra ſe, in ho-
mine reſidentis, propter quod ab æterno præ-
viſum, motus fuerit tale quid ſtatuere, quod
in tempore impleturus ſit? II. An Deus
bona temporalia huic, Salomoni v. g. largiri
decreverit, rejecto Abſalomo, intuitu alieu-
jus in utró horum, propter quod ab æterno
præviſum, motus fuerit, Salomoni ea bona
decernere, non Abſalomo? Ex parte rei do-
nandæ in has quoq́ue duas reſolvi poteſt:
I. An Deus intuitu alicujus, extra ſe, ab
æterno præviſi in homine, huic v. g. Petro
hoc bonum temporale largiri decreverit, illi
v. g. Paulo aliud, tertio v. g. Johanni ite-
rum aliud, &c. II. An detur aliquid, ex-
tra Deum, in homine ab æterno præviſum,
cujus intuitu huic, v. g. Jacobo, majores
v. g. divitias; illi, v, g. Eſau, minores in tem-
pore donare decreverit; adeó ſervato bo [472] norum
genere, gradum ſeu qnantitatem
mutet?XI. Rurſus, cùm bona temporalia
quædam faciant ad eſſe & conſervari, ut
loquuntur, humani generis, qualia ſunt
vita, reſpiratio, cibus, potus, &c. quædam
autem ad benè eſſe, qualia ſunt divitiæ, ho-
nores, imperia, præfecturæ, &c. de utriś
quæſtio intelligi & poteſt, & debet.XII. Deniq́ue, quia vox decreti volun-
tarium quid ſignificat, ipſam nimirum eſ-
ſentiam divinam, conceptam, ut liberè
terminatur ad objecta, quæ Deus dicitur
velle, vel decernere; Vid. Becan. Theol.
Schol. p. I. C. XI. q. IV. Albert. Gra-
vverus diſp. I. q. illuſtr. q. IX. ſciendum
eſt: voluntatem Dei duplicem eſſe, circa
largitionem bonorum temporalium. Una
poſita eſt in ſimplici complacentia, quâ
Deus vellet humano generi, bona tem-
poralia, ſecundùm ſe conferre, quæ aliàs
vocatur voluntas antecedens, eſtq́ue uni-
verſalis, & ex mera ejus miſericordia
fluens. Altera dicitur voluntas conſequens,
quâ Deus vult & decrevit conferre bona
temporalia his aut illis, non autem iſtis &
[473]
illis, aut his præ illis, aut majori gradu
quàm illis, ſub hac aut illa conditione,
quam ab æterno prævidit, in tempore ab
his implendam, ab illis non implendam
eſſe?XIII. Aliquibus Concluſionibus jam
agemus. Sit prima hæc:Voluntate ſimplicis complacentiæ, vellet Deus univerſo generi hu- mano largiri bona temporalia, tam quæ ad eſſe, quàm quæ ad be- nè eſſe faciunt.Ratio, quia ejus velleitas, ut ſic loquar, univerſalis eſt, qui, ut univerſum genus humanum miſericordiſſimè condidit: ita jam conditum, vellet, quantùm in ſe eſt, etiam auctum omnis generis bonis, tam animi, quàm corporis, & fortunæ. Nititur hæc ratio immensâ bonitate eſſentiæ di- vinæ, quæ, quò impenſiùs præ cæteris creaturis omnibus, hominem dilexit; hoc liberalem magis manum eidem præbere vellet, ut, quod S. Johannis verbo eloqui liceat, accipiamus , de [474] abyſſo divitiarum ejus gratiam progratia, cap. I. 16.XIV. Secunda concluſio.
Præter eam, ut ſic dicam, velleita- tem Dei, conferendi hominibus in univerſum omnibus, bona temporalia omnis generis, quæ ad eſſe & bene eſſe faciunt; de- crevit pariter ab æterno, ea ipſa largiturum ſe aliquando, in tempore, univerſo humano ge- neri.Hæc concluſio ex executione proba- tur, quia primum hominem his bonis omnibus beavit, cùm in Paradiſum indu- xit, conceſſis undecunq́ue ſingulis, qui- bus vita non tantùm tranſigi; ſed benè etiam & feliciter tranſigi poteſt. Pulchrè Damaſcenus L. II. de Orthod. fide c. XI. eapropter Paradiſum ita deſcribit: Quo- niam Deus, ex viſibili & inviſibili creatu- ra, hominem, ad imaginem & ſimilitudi- nem ſuam, tanquam regem aliquem ac principem totius terræ, earuḿ rerum, quæ [475] ipſius complexu continentur, effecturus erat, velut regiam quandam ei priùs extru- xit, in qua degens, beatâ at́ omni felicitate diffluente vitâ frueretur. Atque hic ille est divinus paradiſus, Dei manibus in Eden conſtitutus, voluptatis omnis ac jucundi- tatis animi promptuarium, (Eden enim, ſi interpreteris, delicias ſonat) in oriente ſu- pra univerſam terram ſitus, probé tempe- ratus, ac ſubtiliſſimo & puriſſimo aere un- dí colluſtratus, plantis nunquam non flo- ridis vernans, ſuaviſſimo odore ac lumine plenus, ſenſilis omnis elegantiæ ac pulchritu- dinis cogitationem ſuperans, divina planè regio, dignuḿ eo, qui ad Dei imaginem conditus erat, domicilium. Verba, quibus B. Pater Baſilius utitur, græca ita inter- pretatus eſt Janus Cornarius. Orat. de Paradiſo: Quemadmodum hominem ſele- ctâ formatione, præter reliqua animantia dignatus est: ſic etiam contubernium ho- minis propriæ manus ſuæ opus fecit, locum excellentem omnem creaturam, admirandæ pulchritudinis, in illuſtri loco ſitum, nullas tenebras habentem propter altitudinem, & [476] qui ab omnibus ſiderum exortibus illuſtra- tur, illuminatum undequá, temperiem ex temporibus anni jucundiſſimam habentem, & qui lucidiſſimo aere illuſtratur. Illic igi- tur plantavit Deus, ubi non est ventorum violentia, non temporum immodeſtia, non grando, non fulmina, non turbines, non ignes cœleſtes ſive ſemiignita fulmina, non hyber- na congelatio, non veris humiditas, non æſti- va caliditas, non autumnalis ſiccitas: ſed temperata ac pacifica concordia temporum inter ſe, unoquo ipſorum propriâ pulchri- tudine ornato, & non à vicino inſidias ad- mittente: cùm neqúe æſtas vernales pulchri- tudines devaſtet, né æſtivi vel autumnales fructus præ ſenecta defluant. Tempora enim circum illum locum ſatis tripudiant: imò ſimul etiam, cum præcipuis bonis ſuis, ſtipa- tim concurrerunt aeris jucunditates, æſtatis alimenta, autumnalis lætitia, hyberna qui- es, terra pinguis, mollis, reverà fluens lacte & melle, ad fertilitatem apta, quam univer- ſam perfluunt fœcundiſſimæ aquæ, revera pulchritudinem in enarrabilem exhibentes. Hæc autem tanta bona primo homini conceſſa erant, non tantùm pro ſe: ſed & [477] pro poſteris, quorum caput & ſtirps erat, adeò, ut hac ratione, ejus bona, cenſean- tur totius humani generis eſſe. Omnes quippe fuimus in illo uno, ait S. Auguſtinus L. XIII. de Civit. Dei. c. XIV.XV. Tertia Coucluſio.
Quoniam verò & hoc Deus ab æterno præviderat, fore, ut homo ita conditus, immemor excellen- tisſimorum donorum, quibus à Deo ornatus erat, neque ductus reverentiâ loci, qui cœleſtis erat paradiſi typus, transgreſſurus eſ- ſet legem ſibi latam, adeó his tantis muneribus excideret, ſuo ſuoruḿ poſterorum malo, qui culpam unà parentis luerent; decrevit, int uitu alicujus, extra ſe, in humano genere, nihilomi- nus eidem largiri bona tempora- lia omnis generis, tam quæ ad eſſe, quàm quæ ad benè eſſe fa- ciunt.
|| [478]
Etiam hujus concluſionis ratio ex exe-
cutione patet. Valdè igitur appoſitè San-
ctus Paulus apud Lyſtrenſes ita concio-
natur: Deus ,
i. e. non expertem teſtimonii
ſeipſum eſſe ſinebat, dum beneficia confer-
ret. I. utherus: Gott hat uns viel guts ge=
tahn. Act. XIV. ℣. 17. Ad amiciſſimum
autem ſuum Timotheum hæc ſcribit:
Deum viventem
, quæ verba B. Lu-
therus eleganter ita vertit: Gott gibt uns
dar reichlich allerley zugenieſſen. I. Tim. VI.
℣. 17. Commodè adjicit Eſthius: non ſen-
tire Apoſtolum: Deum omnibus omnino
hominibus abundanter omnia præbere, quæ
ſunt eis neceſſaria; (conſtat enim, inquit,
multos eſſe qui indigeant;) ſed de communi
beneficentia Dei erga genus humanum lo-
qui, quæ in eo conſiſtit, quòd Deus affatim
præbet ea, quibus homines ad vitam hanc
temporalem opus habent; faciens ſolem
ſuum oriri, pluviaś deſcendere ſuper bonos
& malos, & terram omni genere frugum &
fructuum fæcundans; Dení ex aere, ter-
ra, & aquis animantia ad victum copiosè
[479]
ſubminiſtrans, ut nihil cuiquam deſit, niſi
quantum aliorum avaritia alios defraudat,
dum ea, quæ abunde ſuppetunt, non commu-
nicent. Temperare profectò mihi non
poſſum, quin, quæ piè ſenſit L. Annæus
Seneca, Lib. IV. de beneficiis. C. V. adjun-
gam. Non dat Deus, quærit, beneficia?
Unde ergo iſta quæ poſſides? quæ das? quæ
negas? quæ ſervas? quæ rapis? unde hæc
innumerabilia, oculos, aures, animum mul-
centia? Unde luxuriam quó inſtruens
copia? Neque enim neceſſitatibus tantum-
modo noſtris proviſum est: usque in delicias
amamur. Tot arbuſta, non uno modo frugi-
fera, tot herbæ ſalutares, tot varietates ci-
borum per totum annum digeſtæ, ut inerti
quó fortuita terræ alimenta præberent.
Jam animalia omnis generis alia in ſicco ſo-
lidoqúe, alia in humido innaſcentia, alia per
ſublime dimiſſa: ut omnis rerum naturæ
pars tributum aliquod nobis conferret. Flu-
mina hæc amœniſſimis flexibus campos cin-
gentia, illa præbitura commerciis viam,
vaſto & navigabilicurſu vadentia: ex qui-
bus quædam ſtatis diebus mirabile incre [480] mentum
trahunt, ut anhela & ferventi ſub-
jecta cœlo loca, ſubita vis æſtivi torrentis ir-
riget. Quid medicatorum torrentium ve-
næ? quidin ipſis littoribus aquarum calen-
tium exundatio? Hactenus Seneca!XVI. Quarta Concluſio.Bon a temporalia cujus vis generis, Deus non decrevit hominibus largiri, intuitu meritorum in humano genere præviſorum.Poteſt autem hæc concluſio duplici- ter intelligi, vel I. ut ſenſus ſit: Deus non decrevit bona temporalia hominibus largi- ri, intuitu meritorum, i.e. post præviſa me- rita. Vel II. ut ſenſus ſit: Deus non de- crevit bona temporalia hominibus largiri, intuitu meritorum, i, e. propter præviſa merita. Utro horum modorum intelliga- tur, perinde eſt. Neq́ue enim poſt præ- viſa, neq́ue propter præviſa merita, Deus, ſuam erga nos benignitatem exerit. Ra- tio, quia nulla opera noſtra, quantumvis optima, ſi ex ſe conſiderentur, quidquam apud Deum, propriè & ſtrictè loquendo, [481] mereri poſſunt, cùm inter Deum & ho- mines non poſſit exacta, qualis eſt inter homines, juſtitia intercedere, iſq; adeò ex æquitate laboris ac operis, mercedem nullam reddere teneatur. Etſi millies mo- riamur, ait S. Chryſoſtomus Lib. de Com- punctione Cordis, ad Stelechium cap. V. edit. Pariſ. MD CXIV. p. 148. etſi omnes vir- tutes animæ impleamus, nihil dignum geri- mus ad ea, quæ ipſi à Deo percepimus. Et poſtquam multa beneficia à Deo homi- ni exhibita enumeraſſet, ſubjicit: - i. e. Et hoc fecit cum (homines) non- dum aliquid apud Deum meriti collegiſſent. Illuſtrari autem poteſt hæc Concluſio exemplis Eſavi & Jacobi, de quibus Apo- ſtolus perſpicuè: , nondum operantibus quicquam boni aut mali; imò nondum natis quidem, conſtitutum eſſe, ut temporalia olim lar- gius Jac???o cederent, poſtpoſito Eſauo, neutiquam ex operibus Rom. IX. ℣. 11. 12. Usq́ue adeò hoc veritatis jubar etiam gentilium oculos perſtrinxit, ut di- vinus Seneca optimè ſcripſerit Lib. IV. [482] de benef. c. IX. Plurima beneficia ac ma- xima in nos Deus confert, ſine ſpe recipiendi: quoniam nec ille collato eget; nec nos ei quid- quam conferre poſſumus. Ergo beneficium per ſe expetenda res est.XVII. Quinta Concluſio.
Bona temporalia, quæ ad eſſe & conſervari humani generis fa- ciunt, largiturum ſe Deus de- crevit, univerſo humano gene- ri ex æquo, intuitu indigentiæ humanæ.Nam, quia indigentes creaturas con- dere decreverat, quæ, ut in eſſe: ita & in operari ab ejus omnipotentia depende- rent; non poterat non decernere, eo- rum indigentiam ſe ſublevaturum eſſe, ut Philoſophorum verbo utar, concurſu ſuo. Né enim inquit doctiſſimus Auguſtinus, LIV. ſuper Geneſ. ad lit. c. XII. Sicut ſtru- cturam ædium, cùm fabricaverit quis, abs- cedit, at́ illo ceſſante at́ abſcedente ſtat opus ejus: ita mundus vel ictu oculi ſtare po- terit, ſi & Deus regimen ſui ſubtraxerit. [483] Proinde & quod Dominus ait, Johan. V. v. 17. Pater meus uś modò operatur, con- tinuationem quandam operis ejus, quo uni- verſam creaturam continet at́ miniſtrat oſtendit. Et Gregorius, cùm ipſe ſibi ob- jeciſſet, quomodo dixerit Job. Deum ſo- lum eſſe, cùm tamen & homines ſint, re- ſpondet elegantiſſimè: Aliud est eſſe, aliud principaliter eſſe; aliud mutabiliter, atq́ue aliud immutabiliter eſſe. Sunt enim hæc omnia: ſed principaliter non ſunt; quia in ſemetipſis minimè ſubſiſtunt, & niſi guber- nantis manu teneantur, eſſe nequaquam poſſunt. Cuncta ex nihilo facta ſunt, eorum- qúe eſſentia rurſum ad nihilu ̅ tenderet, niſi ea auctor omnium, regiminis manu retine- ret. Hæc Gregorius Lib. XVI. moral. c. XVIII. Quia igitur conſervare decre- vit univerſum genus humanum, decrevit pariter bona temporalia, quæ ad eſſe eo- rum faciunt, largiri; cùm ipſa conſervatio ut eruditè Scholaſtici Dd. oſtendunt, nihil ſit aliud, quàm continuatio quædam eſſendi. Dixi: ex æquo. Nam cùm omnes omnino homines in eſſentia & indigen [484] tia humano generi communi conve- niant, utpote ſpecie iidem; fieri nequit, ut, quod ad unius hominis, quà talis, eſſe & conſervari neceſſarium eſt, non ſit pariter neceſſarium ad eſſentiam & conſervatio- nem alterius hominis, cùm eſſentiæ rerum ut in ſe ſunt indiviſibiles Lib. VIII. Met. c. III. ita ad ſui continuationem eadem requirunt. Ad eſſe autem hominis non tantùm ea facere ſciendum eſt, quæ ho- minem, ut totum quoddam, componunt v. g. anima & corpus: Sed & quæ com- poſitum neceſſariò ſuſtinent & conſer- vant, qualia ſunt reſpiratio V. Metaph. c. V. ſalubritas aeris, cibus & potus, &c. Atq́ue hinc rurſus Auguſtinus, in Pſal. LXVI. Ut quisquis etiam iſta terrena fortè vel pro- pter ſupplementa neceſſitatis, vel propter ali- quam infirmitatem deſiderat, non niſi ab illo deſideret, qui est fons omnium bonorum, & creator univerſorum. Neq́ue his pi- get ſubjungere optimi Senecæ optima verba Lib. IV. de benef. c. VI. Unde tibi iſtum, quem trahis, ſpiritum? Unde iſtam, per quam actus vitæ tuæ diſponis atqúe or- dinas, lucem? unde ſanguinem, cujus curſu [485] vitalis continetur calor? unde iſta palatum tuum, ſaporibus exquiſitis, ultrà ſatietatem laceſſentia? unde hæc irritamenta tam laſſæ voluptatis? unde iſta quies, in qua putreſcis & marces? Nonnè, ſigratus es, dices:
— Deus nobis hæc otia fecit!Naḿ erit ille mihi ſemper Deus; illius ara ̅ Sœpè tener noſtris ab ovilibus imbuet agnus. Ille meas errare boves, ut cernis, & ipſum ludere quæ vellem, calamo permiſit agreſti.XIIX. Sexta Concluſio.
Bona temporalia, quæ faciunt ad benè eſſe, Deus ab æterno decre- vit huic v. g. populo aut homi- ni largiri, neglecto illo, intuitu aut obedientiæ præviſæ in hoc: inobedientiæ in illo; aut int ui- tu unius alicujus, aut pauco rum, in iſto populo, piorum & timentiu ̅ Deum; aut precu ̅ pro his bonis temporalibus funden- darum; aut melioris tantorum donorum uſus, &c. aut vice versâ decre vit ea negare his
|| [486]
præ illis, intuitu aut neglectûs
precum, aut abusûs horum do-
norum, aut improbitat is paren-
tum illius hominis, &c.Hæc concluſio, quoad priorem par-
tem, mille teſtimoniis Scripturæ confir-
mari poteſt. Ut cætera omnia taceamus,
quorum pleni ſunt Prophetarum libri; to-
tum caput XXVIII. Deuteronomii
teſtis eſt locupletiſſimus à verſic. I. usq́ue
ad XIV. Sic ait ibi Moſes, Sebaſtiano
Caſtalione interprete: ℣. I, Quod ſi Jovæ
Deo veſtro dicto audientes fueritis, ejusqúe
præceptis omnibus, quæ ego vobis hodie tra-
do, parere curaveritis, ipſe vos viciſſim ſu-
pra omnes orbis terrarum nationes evehet,
℣. II. vobisqúe accident & contingent omnes
hæfelicitates, modò Jovæ Deo veſtro dicta
audientes ſitis. ℣. III. Felices eritis in urbe!
felices ruri! felices erunt veſtrorum utero-
rum ſoli, pecoris, fructus, tum armentorum
tum gregum balantum fœtura! ℣. IV. Fe-
licia caniſtra & mactræ! felices eritis adve-
nientes! felices proficiſcentes. ℣. V. Atqúe
ita ante vos diſſipabit Jova hoſtes veſtros,
[487]
qui vos adorientur, ut unâ viâ vos aggreſſi
ſeptem viis ante vos fugiant. ℣. VI. Favore
proſequetur Jova penum veſtrum, atqúe
omnia negotia, vosqúe fortunabit in terra,
vobis, à ſe donata. ℣. VII. Vos ſacrum ſibi
populum conſtituet, quemadmodum vobis
juravit ſi modò ejus præcepta conſervabi-
tis, ℣. IIX. ejuś viis gradiemini, ut vi-
dentes omnes orbis terrarum nationes vos
Jovæ nomine cenſeri, â vobis metuant. IX.
Vos bonis cumulabit in uterorum, in peco-
ris, in ſoli veſtri fœtu, in terra, quam ſe vobis
daturum eſſe majoribus veſtris juravit.
℣. X. Aperiet vobis ſuum bonorum theſau-
rum cœlum, inveſtraḿ terram pluviam
ſuo tempore immittet, ℣. XI. Et omnia ve-
ſtra opera proſperabit, & multis gentibus
mutuabitis, né ipſi mutuabimini, ℣. XII.
Efficiet́ vos caput, non caudam, ℣. XIII.
Superioreś non inferiores eritis, ſi modò ob-
temperabitis Dei veſtri Jovæ præceptioni,
quam ut exequi curetis, ego vobis hodie præ-
cipio. Pactum igitur hoc peculiariter cum
Iſraelitis initum, ſecundùm ſe, non con-
cernebat aliud, quàm eminentiam & pro-
ſperitatem illius populi, ſive terram pro [488] miſſam
gloriosè occupandam, & feliciter
poſſidendam, verba ſunt Summi Theolo-
gi tractat. de pactis, quæ Deus cum homini-
bus iniit. n. LXXIX. Sic quoq́ue unius
Joſephi causâ, Eunuchi Pharaonis Poti-
phari domum, Dominus benè fortunavit,
& omnes ei fortunas domi foriś proſpera-
vit, eod. Caſtalione interprete Geneſ.
XXXIX. ℣. 5. Jam patris ejus Jacobi
Socer, Laban, eandem fortunam expertus
erat: Tuâ, ajebat, generi mei, cauſâ Jo-
vam expertus ſum certè ſecundiorum Ge-
neſ. XXX. 27. Quomodo verò? Id abi-
turiens Jacobus ita exprimit: ℣. XXX.
Tute ſcis ut tibi ſervierim, & quanta tuæ
rei per me facta ſit acceſſio. Nam cùm ante
me tenuis eſſet, multùm amplificata est, &
Jova tibi ad meum adventum factus pro-
ſperior ℣. XXX. Hos tales Nampha-
niones, linguâ Punicâ dictos fuiſſe, teſtatur
Auguſtin. Epiſt. XLIV. Boni pedis, ait,
homines, quorum adventus aliquid affert
felicitatis: ſicut ſolemus dicere, ſecundo pede
introiſſe, cujus introitum felicitas conſecuta
ſit. Sic porrò intuitu precum Moſis, victo [489] riâ
potiebantur Iſraelitæ contra Amale-
chitas Exod. XII. ℣. 11. intuitu precum
Eliæ, remittebat annonæ caritas I. Reg.
XVIII. ℣. 44. 45. Jacob. V. 18. Melioris
usûs reſpectu, Deum huic plus bonorum
quoq́ue temporalium largiri, ei minus,
quem abuti noverat, ex parabola fidelis
ſervi colligitur. Commiſerat Paterfami-
liâs duobus ſervis aliquot talenta, qui,
cùm iſtis tantam creditæ ſortis acceſſio-
nem feciſſent, ſuperveniens herus, collau-
datâ in agendo induſtriâ, majus æris pon-
dus fidei curæq́ue eorum committit. At
tertio, quem ceſſatorem invenerat, & ad
lucra captanda tardum, hæc intermina-
tur: Tollite ab eo talentum, & date ei, qui
habet decem talenta. -
. Omni
enim habenti dabitur & abundabit: qui
verò non habet, etiam id, quod habet, aufe-
retur ab eo. Matth. XXV. 14-29. Marc. V.
℣. 25. Luc. VIII. ℣. 18. & XIX. 26. Paren-
tum deniq́ue pietatem non rarò profuiſſe
poſteris, Deo ita decernente, vel ſolum
exemplum Iſaaci doceat, quem Divina
[490]
bonitas ita affatur: Ego ſum Deus Abra-
ham patris tui, bono es animo! nam tibi ſe-
cundus adero, tuaḿ ſtirpem, Abrahami
mei causâ, multiplicabo. Gen. XXVI. 24.
Et cùm jam ſatis graviter deliquiſſet Salo-
mon, tantò tamen mitiorem vindictam
expertus eſt, quantò Deo charior parens
ejus David erat. Verba ipſa Caſtalio ſic
: Quoniam tu commiſiſti, ut fœdus
meum, & inſtituta tibi â me tradita non
conſervares, eripiam ego tibi regnum, id́
ſervo tuo dabo. Quanquam hoc, te vivente,
non ſum facturus, in gratiam Davidis pa-
tris tui; verùm id filio tuo eripiam. Non
tamen totum??? egnum eripiam: ſed ei unam
tribum concedam propter Davidem meu
̅
.
I. Reg. XI. ℣. 11. 12. 13. Ex quibus omni-
bus ita rectè infertur: Quicquid, & quo-
modo Deus in tempore agit, illud, & iſto
modo ab æterno agere decrevit. Sed in
tempore intuitu v.g. obedientiæ aut pro-
priæ, aut parentum, aut melioris usûs, aut
precum, &c. his aut illis bona temporalia
largitur præ illis aut iſtis. Ergo intuitu
obedientiæ aut propriæ, aut parentu
̅
, &c.
[491]
his aut illis, bona temporalia, præ illis aut
iſtis, ſe largiturum ab æterno decrevit.Poſterior Concluſionis pars, intuitu
videlicet inobedientiæ aut propriæ, aut
parentum, neglectûs precum, abusûs &
ſimilium, multis viciſſim non largiri de-
creviſſe Deum ab æterno bona tempo-
ralia, aut non tanto gradu, aut non iſto
tempore &c. partim ex dictis conſtat:
omnium verò clariſſimè Cap. XXVIII.
Deuteronom. docet à verſ. XV. usq́ue
ad finem. De adverſa belli fortuna loqui-
tur ſpeciatim: Niſi Jovæ Deo veſtro dicto
audientes eritis, ejuś omnibus præceptis &
inſtitutis, quibus ego vos hodie inſtituo, pa-
rere curabitis, hæc vobis omnia dira con-
tingent at́ evenient. Efficiet Deus ut ab
hoſte vertamini, & in quem viâ unâ exieri-
tis, eundem ſeptem viis fugiatis, atqúe in
omnia orbis terrarum regna diſpergami-
ni. ℣. XV.-XXIV. De contemptu
℣. XXXVI. Admirationi, & dicteriis, &
fabulis locum dabitis apud omnes, in quas
vos Jova abegerit nationes. Veſtrates pere-
grini majore indies faſtigio aſcendent, vos
majore indies decremento deſcendetis: illi
[492]
vos fœnerabunt: vos illos non item; illi ca-
put, vos eritis cauda. ℣. XLII. XLIII. De
ſervitute ℣. XLVII. Ergo hoſtibus, quos
vobis Jova immittet, in fame, in ſiti, in nu-
ditate, in rerum omnium penuria ſervietis,
imponent́ veſtris cervicibus jugum fer-
reum, uś ad veſtrum exitium. De angu-
ſtia rei familiaris ℣. XXX. Veſtri boves
in oculis veſtris mactabuntur, né eis ve-
ſcemini: aſini veſtri vobis coram abripien-
tur, né ad vos redibunt: oves & capræ
veſtræ tradentur hoſtibus, nec habebitis qui
defendant. Fructibus agri veſtri omní
veſtro labore veſcetur vobis incognita na-
tio, & nihil aliud quàm perpetuò opprime-
mini, & lacerabimini. ℣. XXXII. Semi-
nis multum in agrum efferetis, & parum
percipietis ob locuſtarum calamitatem. Vi-
neas conſeretis coletiś: ſed vinum né bi-
hetis né condetis, utpote à vermibus con-
ſumptum. ℣. XXXVII. XXXIIX. Ut
taceamus rurſus Exod. XX. 5. clariſſimè
dici: Deum parentum culpam etiam in li-
beros perſequi, vel ad tertiam uś, quar-
taḿ ſtirpem oſorum ſui.
|| [493]
XIX. Septima Concluſio.Bonorum temporalium, quæ ad be- ne eſſe faciunt, Deus ab æterno largiri decrevit hoc huic, illud alii, tertio iterum aliud; huic ſpendidiùs, illi minùs ſplendi- dè, &c. intuitu boni publici.Bonum autem publicum conſiderari poteſt aut in ordine ad civilem felicitatem, aut in ordine ad Eccleſiæ Chriſtianæ felici- tatem. Utrovis modo de eodem ſermo ſit, ejus intuitu, diverſa bonorum tempo- ralium diſpenſatio, à Deo, decreta eſt ab æterno. Nam, cùm privati cujusq́ue bo- num promotum eat Sapientia & benigni- tas Dei: privatorum verò bonum in to- tius univerſitatis bono ſitum ſit; Totum rurſus univerſitatis bonum non unâ qua- dam perfectione abſolvatur; ſed, veluti unum corpus & capitis, & oculorum, & digitorum, & ventriculi, & pedum valetu- dinem poſcit: ita commune bonum etiam omnium ordinum integritatem requirat; ipſa illa univerſitatis harmonia [494] & pulchritudo, manu nos ducit ad id, quod in Concluſione dixeram. Alicui igitur divinitus adſcripta eſt dignitas im- perii, alicui munus conſiliarii, alicui con- ſulis, aliquem voluit à manibus, aliquem à pedibus eſſe, aliquem opificem conſti- tui, & vel murarium, vel cœmentarium vel lignarium, ferrarium: aliquem deni- q́ue abjectiori ſpartæ præfici, & lictorem aut carnificem agere, &c. ut ex iſta coa- gmentatione diverſorum munerum, unu ̅ quoddam conſurgat velut ædificium, in quo, ſuo in ordine & officio, quodlibet tranquillitatem publicam juvet, &, diſtin- ctis licet occupationibus, nobilioribus, ignobilioribus: diſtinctis opibus, majo- ribus, minoribus: diſtincto natalium ſplendore, gloriâ famæ, diſcrimine opera- rum, & ſimilium: ad unum tamen omnes tendant ſcopum, quem divina Sapientia cuique præfixit, quemq́ue ut aſſequi poſ- ſet, clementiſſimè ſuppetias ferre conſti- tuit. Prolixiora ſunt aliquantò verba Theodoreti: ſed tamen, quia apprimè ad præſens faciunt, etſi ille eo in loco de divitiis tantùm diſſerat, non pigebit ta [495] men adſcribere. Ita autem loquitur bo- nus Pater Tomo II. Serm. VI. de Pro- videntiâ edit. lat. Colon. Agr. mdlxxvii. p. m. 686. Quam ob rem non cunctis ho- minibus divitias poſſidendas rerum condi- tor largitus est? ſed his quidem divitias co- pulavit, illis verò paupertatem quaſi ſorte addixit, vitaḿ hanc inæqualibus admo- dum & imparibus conditionibus replevit? Quem & ego lubens interrogaverim, cur non omnibus corporis noſtri membris unam & eandem vim rerum opifex indiderit: ſed oculis quidem colorum & figurarum judi- cium commiſit: auditum verò vocum & ſonorum diſcrimina cognoſcere voluit: nares autem ut vapores excipiant, & ſuavem odo- rem à fœtore diſcernant; linguam item ut guſtu ſapores dijudicet, dulcis & acerbi, acris, & amari, & pinguioris diſcrimen de- prehendat, in ſtituit? Et pedibus quidem inceſſus potentiam, manibus verò omniva- riam operationem ceu ſorte diſtribuit. Ven- trem, alimenti receptaculum: jecur verò ejusdem purgatorium: cerebrum medulla- rum theſaurum; caloris autem fontem ipſum cor conſtituit. Arteriis item Spiri [496] tum incluſit; venas autem ſanguinis cana- les fecit; ſingulis item membris diverſa ope- rationum decrevit officia. Atqui omnia, quæ modò dicta ſunt, ſed & ea, quæ ſilenti??? præterivimus, ad unius corporis perfectam fabricam ſerviunt; interim tamen ſingulis aliquid propriæ functionis commiſſum est, & in commune illud ſingula conferunt: Vi- ſus equidem pedes ducit, & viæ planitiem illis monſtrat, & locos aſperiores devitat: ipſe autem à pedibus fertur. Auditus quó dum ſonos percipit, viſum ad videndum ex- citat, idem autem per viſum ſonorum au- thores cognoſcit. Et, ut apoſtolico teſtimo- nio, quæ modo dicta ſunt, confirmemus: Non potest oculus dicere manui: Non est mihi opus te: aut rurſum caput pedibus: Non est mihi opus vobis! imò multò potiùs, quæ vi- dentur membra corporis imbecilliora eſſe, neceſſaria ſunt: & quæ putamus minùs ho- neſta eſſe, his honorem uberiorem apponi- mus. Nec unquam aliquis indignatur, di- verſam in membris operationem cernens, niſi valdè deſipiat; quin potius Creatorem amat & admiratur, qui tam ſapienter ſin- gula diſcrevit, & ſingulis commodam & [497] idoneam alicujus officii functionem commi- ſit, eaḿ, quæ ſingulis propria erat, toti cor- pori communem fecit. Nec enim viſus ſolus viſibilium ſenſu fruitur: nec ſolus auditus ſonis juvatur; ut nec ſolum os, ſapores: nec ſolus naſus, odores: nec ſoli pedes, inceſſum: nec ſolum cor, calorem: nec ſolum cerebrum ſentiendi affectionem percipit: ſed peculia- rem quidem & propriam vim ſingula ha- bent; uſum verò & utilitatem omnem in commune conferunt. Et cor quidem, totum corpus calore fovet; hoc, totum nutrit; illud verò alium quæſtum aliquem, quaſi tribu- tum, animato corpori affert. Et operationis varietas in omnia quidem corporis membra diviſa est: ſingula verò mutuum ??? ſe invi- cem fructum percipiunt, & eommunis omnium uſus est. Nec auditus indigna- tur, quòd non videt; nec oculus audiendi ſenſu deſtitutus dolet; ſed ſingula hæc natu- ræ limites ſtudiosè obſervant, & tributum, quòd ab initio ipſis injunctum est, perſol- vunt. Usq́ue huc Theodoretus.Quòd verò præter hoc civile bonum, peculiariter Eccleſiæ Chriſtianæ proſpe- cturum ſe, Deus ab æterno decreverit, [498] penè iisdem argumentis evincitur. Eſt enim ipſa quoq́ue Eccleſia velut corpus, cujus varia membrorum diſpoſitio & or- do ad conſervationem totius conſpirat. Indicat id præcipuè S. Apoſtolus c. XII. ℣. I. ad Corinth. in quo donorum, ut Scholaſtici loquuntur, gratis datorum, aliquot diſcrimina recenſet, non, quòd non omnia, bona ſint: ſed quòd non omnia omnibus data, & omnia data non ad ornandum ſingulos: ſed ad utilitatem Eccleſiæ. Pergemus jam percenſere illam donorum , quomodo Geor- gius Calixtus exponit: Etſi, inquit, hæc omnia à Spiritu ſancto ſunt, v. IV. DI- STINCTIO NES tamen SUNT - ſive donorum gratuitorum; SED nihilominus IDEM SPIRITUS au- tor omnium. Manifeſtum, Spiritum hîc aliquid aliud ſignificare, quàm donum, & ab eo diſtingui, tanquam cauſam efficientem ab effectu; idem manifeſtius adhuc est ex verſ. II. ET DISTINCTIONES, SUNT ſive MINISTE- RIO RUM in Eccleſia; unde noluerunt ſimul inſervire pauperibus & prædicare [499] Evangelium, Act. VI. 2. Aliud igitur mu- nus Apoſtoli, aliud Epiſcopi, aliud Diaconi, SED IDEM EST DOMINUS, cui hæc ſervitia exhibentur, quí unum queḿ ſuâ ſtatione locavit: ℣. V. Et Di- stinctiones Sunt ſive Operationum, mirificarum ſcil. & vim naturæ ſuperantium, quas tamen Idem Deus In Omnibus, quibus contigerunt, Operatur. ℣. VI. Di- ſtinctè recenſet Apoſtolus - , & autem vi- detur tanquam genus eſſe ad duo ſequentia, quorum alterum, nempe ſive mirificas operationes ad tempus: alterum verò, , ſive certas functiones ſem- per in Eccleſia eſſe voluit Deus; né enim ſine iſtis ſubſiſtere Eccleſia potest. Ad diver- ſas autem functiones obeundas, diverſæ quo- qúe requiruntur facultates ſive dona, qui- bus Deus homines inſtruit, & ſecundùm di- verſitatem donorum, diverſas quoqúe illos vult obedire functiones. Unicuique Vero Datur Declaratio Spi- ritus, ℣. VII. hoc est, donum, quo col [500] lato vim ſuam Spiritus Sanctus in homini- bus declarat & manifeſtat, Ad Utili- tatem; nempe hic est finis, tranquilli- tas, & ædificatio Eccleſiæ, non, propria oſten- tatio; & in hunc finem referri debent di- verſa illa, quæ, tanquam ſpecies recenſet, charismata. Huic Datur , illi , Scientiæ Sive Cognitionis. ℣. VIII. Differunt & ſecundùm magis & minus; & videtur eſſe cognitio myſteriorum, qualis in Prophetis & Apoſtolis, conjuncta cum ſummâ auctoritate, & peculiari affla- tu Spiritus Sancti. autem, notitia articulorum fidei, ſtudio, & ex ſacrarum li- terarum lectione parata, qualis requiritur in ordinariis Eccleſiæ Doctoribus. Diverſa verò chariſmatadiverſis functionibus deſti- nata ſunt. Sequuntur operationes, & pri- mùm in genere Fidem nominat ℣. IX. miraculorum ſcil. ne enim de juſtificante hîc agit. Huic tanquam ſpecies ſubjungit Donum Sanationum, Opera- tionum, Virtutum, ℣. X. Sive efficaciam coercendi damones, alioś Evan- gelio reſiſtentes, ſicut Petrus Ananiam & [501] Sapphiram proſtravit. Act. V. 5. Paulus Elymam magum excæcavit. Act. XIII. 11. Prophetiam, ſive futurorum prædi- ctionem, quâ præditus fuit Agabus Act. XI. ℣. 28. & quatuor filiæ Philippi Evangeliſtæ Act. XXI. 9. Discretionem Spi- rituum, hoc est, animorum, utut ſenſa ſua diſſimulantium, ſicut Petrus Ananiæ & Sapphiræ hypocriſin agnovit; vel diſcre- tionem, quia internoſcantur, qui bono, qui malo Spiritu agantur: Semper enim ma- gnus fuit Pſeudoprophetarum proventus. Genera Linguarum, ut quis pe- regrinis linguis loquatur, & Interpre- tationem Linguarum, ut quis, quæ alius dixerit vel ſcripſerit, peregrino idiomate, commodè interpretetur, etiamſi idiomate iſto ipſe non loquatur. Diſtinguun- tur enim tùm hîc tùm infra ℣. XXX. loqui linguis, & interpretari linguas. Hæc ſunt ſive mirificæ operationes, quas omnes idem Spiritus, quibus voluit, contu- lit, non in alium finem, quàm ut prodeſſent Eccleſiæ.
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XX. Octava Concluſio:Potest Deus inter duos, qui ejus- dem conditionis ſunt, æquè no- bili generi nati, æquè docti, æquè pii; imò etiam quorum alter plus laboravit altero, plus commodi in publicum contulit, plus calamitatis pro ejus nomi- ne perpeſſus est, plus ſudavit & alſit: huic tamen aut hæc bona temporalia, quæ ad benè eſſe fa- ciunt, concedere, aut majora etiam; illi vel nihil horum, vel non in eodem gradu, &c. nec potest tantùm facere: ſed ita decrevit etiam ſæpiuſculè fa- cere.Ratio prioris membri eſt, quia Deus liberrimum agens eſt, & donorum ſuo- rum abſolutus dominus nemini cuiquam quicquam debet. Poſterioris autem non nullâ ex parte, parabola de operariis in vinea Patrisfamilias fidem facit Matt. XX. [503] Conduxerat Paterfamiliâs in vineam ſuam aliquot operarios, qui ſummo manè operi manus admoverent. Rurſus ſub veſperam alios eò ablegat, ut, quod ſuper- eſſet temporis, in colenda ea conſume- rent. Advocatis tandem omnibus æquâ mercede dimittendis, reſponſant, qui pri- mi laborare cœperant: hos noviſſimos ut labore impares ſibi: ita & inferiores eſſe præmiis, convenire à ℣. VI. ad ℣. XII. Quibus Paterfamiliâs notanter admo- dum regerit: ; an per vos liberali mihi eſſe non licet, in meis? ℣. XV. Sic, ſcilicet, ſæpè noviſſimi primi, primi contra noviſſimi fiunt. ℣. XVI. Jam igitur, quod cuiq́ue Patrifamiliâs licet in re domeſticâ, id, quin potiori jure ſummo rerum omnium diribitori liceat, nemo uſpiam erit, qui inficiabitur. De ſuo autem, laboribus impares, pari tamen præmio, donare cui- q́ue privato licet. Ergo nec manus ejus ita claudenda eſt, à quo cœteri homines conſecuti ſunt ea, in quibus diſpenſandis variè liberalibus eſſe licet.Scio, loqui apud Matthæum, ea in pa [504] rabola, Servatorem, de vocatione Dei ad gratiam Evangelii, quam æternæ vitæ præmium comitetur; adeoq́ue vel indi- care: gentiles, ſine injuria, quòd ipſam beatitudinem attinet, æquandos anti- quis Patribus ac Judæis, quamvis priùs vocatis; vel: nihil intereſſe ad conſe- quendam æternam ſalutem, quâ ſuâ ætate aliquis ad fidem vocetur; quo utroq́ue ſenſu à Patribus expoſitam hanc parabo- lam cernimus; Scio inquam, & ex eo ipſo porrò infero: Si id Deo liberum eſt, eos felicitate æternâ æquare, quos inæquales tamen in præſtitis ſibi ſervitiis cognove- rat: quantò id ei potiùs dabitur, tempo- ralium bonorum variâ diſpenſatione uti, prout voluerit, aut paribus paria, aut pari- bus imparia, aut imparibus imparia red dere, &c.Accidit ſanè quandoq́ue non abſimile quid in ipſa quoq́ue hominis converſio- ne. Duo nonnunquam audiunt verbum Dei, qui, ut B. Hunnius loquitur, To- mo I. Oper. Quæſt. & reſp. de Prædeſtin. p. m. 820. coram oculis noſtris pares ſunt, quorum alter convertitur, alter non conver [505] titur; Quæ inter illos ratio diſparitatis ſit; nos planè fugere. Quid verò? Inter ipſos re- natos, quosdam videtur Deus cuſtodire for- tiùs, ne finaliter excidant, quàm alteros. Hîc, ſi id omne penes ejus liberrimam mi- ſericordiam ſitum eſt, ut majori Spiritus Sancti dono hunc ornet & augeat præ illo; quid mirabimur: ſi probitate iisdem, diverſo gradu, temporalia bona conce- dat?Tandem verò ſi & illis, qui omne tem- pus pietati conſecrant, & vitam ipſam pro gloria nominis divini profundere ſata- gunt; penitus nihil bonorum tempora- lium, quæ ad benè eſſe faciunt, donaret, & cum paupertate, contemptu, odio, ca- ptivitate, &c. conflictari permitteret: quod jure hodie queri poſſemus, nihil eſſet; quia, ut eruditè loquitur Hugo Grotius in c. XX. Matth. ℣. 4 ſub diſpen- ſatione fœderis Sinaitici, obedientiæ merces propoſita erat certa, definita, ac ſenſibus ob- via, beata ſcilicet terræ Cananeæ poſſeſſio, vita longæva, & quæ alia lex proponit. At ſub diſpenſatione novi fœderis Sionæi, ſpes obedientium poſita est non in rebus conſpi [506] cuis: ſed in bonitate divina, à qua confidi- mus nos impetraturos ea, quæ nec oculus vi- dit, nec auris audivit. Diſertiſſimus Græ- corum Patrum Johannes Chryſoſtomus hoc addit: - - . Ex recen- ſione Frontonis Ducæi ita latinè ha- bent: Indignum eſſe dixerim, quærere, cur boni in preſſuris; mali contra in requie per- ſiſtant, cœleſti jam revelato regno, futurí ſeculi præmio nobis oſtenſo, Lib. I. de Provid. ad Stagirium monachum c. VIII. Non enim, ut verba Auguſtini adjiciamus, ad hoc ſumus Chriſtiani, ut terrenam nobis felicitatem petamus, quam pleruń habent & latrones & ſcelerati. Ad aliam felicita- tem nos ſumus Chriſtiani, quam tunc acci- piemus, cum vita iſta hujus ſeculi totatran- ſierit. Pſalm. LXII. T. IIX. e. d. p. m. 229.Deniq́ue, quod tertium concluſionis membrum attinet, ita Deum decreviſſe varia iisdem, aut imparibus paria, aut pa- ribus imparia, &c. elargiri, executio, & [507] quotidianus rerum humanarum curſus edocet.XXI. Nona Concluſio.
Potest Deus, adde, & decrevit ab æterno, bona temporalia quæ ad benè eſſe faciunt, ei quandó largiri, quem deterioris vitæ fo- re cognoverat, morum pejo- rum; imò etiam finaliter peri- turum: neglecto eo, quem pro- biorem, fideliorem, temperantio- rem, & finaliter perſeveratu- rum ſciverat.Ratio primæ partis hujus concluſio- nis eadem eſt, quæ prioris; nempe libera Dei voluntas, & rerum omnium abſoluta poteſtas. Quòd aùtem ita decreverit ſe aliquando facturum, Scriptura aliquot exemplis teſtatum facit. Primum eſt duo- rum filiorum Joſephi, Ephraim & Ma- naſſeh. Quod pietas parentis, quod con- ſuetus inter Patres mos, quod lex quoq́ue divina ſanciebat, ut potior benedictio primogenito cederet, id impleturus S. Jo [508] ſephus, Manaſſeh filium, avo ſubjicit, be- nedictione eâ impertiendum. At ecce! invito germano patre, & revocaturo ma- num benedicturi avi, Ephraim à Jacobo, præfertur, cui locuturo hæc à Sancto Spi- ritu ingeruntur: Scio mi fili, Scio, Manaſ- ſeh ortu & lege naſcendi priorem fuiſſe E- phraim. Sed iſte, etſi grandis populi parens futurus est, natu tamen minore multò in- ferior erit, Gen. XLIIX. 19. Nunc ſi per ſecula eamus, & annales Reip. Judaicæ perluſtremus, vix deteriorem tribum, Ephraimiticâ; certè nullam tantâ idolo- latriâ infectam reperimus, ut eo nomine, Jeroboam inde oriundus, toti populo ad idolorum cultum autor extiterit, I. Reg. XII. 26.-33. II. Paralip. XI. 15. XIII. 9. Hoc omne cùm prævidiſſe omniſcium Dei oculum negari nequeat; antetuliſſe tamen nequiores melioribus, in hercis- cendis bonis temporalibus, perſpicuum eſt. E tribu Benjamin Saulem ortum eſſe cap. IX. I. Sam. v. 1. 2. docet. At quâ tribu? Tam bene ſcilicet inſtitutâ, ut hoſpitis pellicem totâ nocte permole- rent, Judic, XIX. 27. 28. & tam infan [509] dum facinus vix internecione viginti quinq́; millium hominum piarent. c. XX. 44-48. Ex hac tam ſceleſta tribu, Saul evocatur imperiali dignitate, ei opes, ei majeſtas, ei victoria à Philiſtæis repetita donatur. Saul, plenus invidiarum, homi- cidii, perjurii, tandem infelici fato ipſe ſibi vitam abrumpens, &, ſi pietatem, ſi humi- litatem mentis, ſi candorem, ſi felicem vitæ exitum ſpectes, multis aliis neuti- quam conferendus. Et hæc omnia tamen Deum prævidiſſe, piè credimus; poſtpo- ſuiſſe tamen eidem myriades hominum, in propatulo eſt. Unus autem Salomon firmandæ concluſioni ſufficeret. Ille verò ſolam prudentiam optat, quâ feliciter Remp. adminiſtret, diffiſus ipſe ſibi, ſi magnis opibus bearetur. Has autem, unà promittit Summum Numen, & quaſi invito obtrudit, irritamenta futurorum malorum. Quantò pauperi meliùs eſſe licuiſſet Salomoni, neq́ue habenti, quod profunderet in alienigenas, quarum con- ſuetudine & antiquis inoribus, & patriâ religione, & æternâ felicltate excidiſſe [510] plerorumq́ue Patrum ſententia eſt. His tantis deliciis ſubmerſum iri Salomo- nem, viderat; liberaliſſimè ta- men his eisdem, eundem impertiri, pari- ter decrevit.Neq́ue nimiùm hîc mirabimur, ſi cœ- leſtium quoq́ue bonorum, deteriores, non rarò participes factos eſſe, Scriptura dictat, præ iis, quorum emendatior longè vita, ingenium tractabilius, mores huma- niores, ſpemlongè optabiliorem conver- ſionis & ſalutis ſuæ de ſe dabant. Cædem & minas ſpirabat anhelans Damaſcu ̅ Sau- lus, ipſi Chriſto Deo bellum indicturus. Et hic tamen, inter medios tyrannidis im- petus, ſpectandum ſe ei præbet, longos ſermones miſcens, non tam ducens, quàm impellens ad amorem ſui & animæ æter- nam ſalutem, poſthabitis aliis, quos vel nutu fortè faciles & morigeros habuiſſet. Huc quó ſpectat, verba ſunt B. Hunii. i. d. populi Iſraelitici in peculium at́ hæ- reditatem aſſumptio & cooptatio. Cur enim hunc potiſſimum duræ cervicis populum elegit præ cæteris gentibus? quæ, quantùm humanitus judicari potest, aut æquali, aut [511] etiam promptiori obſequio videbantur ob- temperaturæ vocanti Deo? Quæ diverſi- tatis ratio? non certè ullum meritum, quod omne Moſes illis palàm derogat: ſed Dei extraordinaria, in hujuſce populi Pa- tres Abrahamum, Iſaacum, Jacobum at́ horum poſteros, gratia. Aliquos infantes, ita pergit B. Doctor, in primo ætatis ve- ſtibulo abripit ex hoc ſeculo, ne malitia per- vertat intellectum eorum, Sap. IV. Cur non etiam alios infantes, quorum corda novit malitiâ hujus mundi perverſum iri, ſinit infantili ætate mori, ut ſalventur? Sanè vult & hos ſalvari: ſed ordinario modo. In- terim majorem clementiam præſtat iis, quo- rum ſeductionem extraordinario beneficio prævertit illorum morte. In Ethniciſme quot infantum millia obierunt, & (quan- tùm colligitur ex cenſura Chriſti, Joh. III. cum qua conſentit & Apologia Auguſtanæ Confeſſionis, articulo nono) etiam perierunt, antequàm ad annos diſcretionis perveni- rent, ut in cultum Hebræorum inquirere poſſent. Cur his infantibus non idem bene- ficium Deus exhibuit, quod aliis, veluti Rahab, Ruth, Gibeonitis, Reginæ Auſtri, [512] Eunucho Reginæ Aethiopum præfecto & multis aliis, quibus Deus tantiſper vitam prorogavit, donec factâ in cultum Hebræo- rum inquiſitione, eundem verâ fide ample- xarentur. Prorogat Deus quorundam in- fantum parentibus vitam, à quibus eru- diantur ad pietatem & ſalutem. Alteris infantibus eripiuntur parentes, quorum educatione orbati ſeducuntur in impieta- tem & errores. Sinit pueros nondum con- firmato judicio incidere in præceptores per- verſos, à quibus ſeducuntur miſerè. Aliis pueris largitur magiſtros & pædagogos fi- deles, quorum inſtitutione veram de Deo notitiam hauriunt & ſalvantur. Sinit Re- gem aut Principem adoleſcentem incidere in conſiliarios malos, quorum peſſimis con- ſiliis ſeducitur miſerè. Ab hujusmodi con- ſiliariis cuſtodit alios Reges & principes, qui aliàs coram oculis hominum nihilo meliores apparent. Sic unis datur à Deo naſci in me- dio populo Dei, qui regenerantur & ſalvan- tur: alteri rejiciuntur in ultimam uś bar- bararum gentium oram, ubi altum de vero Deo ſilentium est. Ad priorem modu ̅ con- cludere nunclicet. Si integrum eſt Deo, [513] liberaliùs diſtribuere cœleſtia munera pejoribus, negligentioribus, perſecuto- ribus Eccleſiæ ſuæ: quid prohibet, di- ſpari modio, eundem emetiri munera??? ad hanc vitam ſpectantia, ut in lautiori re nequiores ſint, probiores laudentur, & algeant tamen?XXII. Decima Concluſio.
Hujus diſparis diſpenſationis cau- ſas, & ſi Deus procul dubio ha- beat & norit, noſtrum tamen est nec temerè decernere, nec cu- riosè nimis ſcrutari: ſedpiâ po- tius mente aut ſuſpicere, aut eum, quem cuí ordinem præ- ſcripſit, promptè ſequi.Subeſſe cauſas, quas ita vocare liceat, ipſa ejus eſſentia docet, quæ provida mens eſt, nihil nec cœco, nec temerario impetu agens. Atq́ue harum quidem ali- quas, jam ſupra indicavimus, quarum certiores ipſe ille nos facere voluit, qui cuncta ſapientiſſimè moderatur.Acutus Pater Hieronymus, cùm Pe [514] lagianorum argumentum tractat, L. III. contra Pelagianos. c. II. edit. Colon. Agripp. M Dcxvi. p. m. 245. quod hoc erat: Aut ſcivit Deus, hominem in Paradiſo po- ſitum, prævaricaturum eſſe mandatum il- lius, aut neſcivit. Si ſcivit, non est in culpa is, qui præſcientiam Dei vitare non potuit: ſed ille, qui talem condidit, ut Dei non poſ- ſet ſcientiam de vitare. Si neſcivit; cui præ- ſcientiam tollis, aufers & divinitatem, ita inter alia reſpondet: Hoc genere in culpa erit, qui elegit Saul, futurum poſtea regem impiiſſimum. Et Salvator aut ignorantiæ aut injuſtitiæ tenebitur reus, cur in Evan- gelio ſit locutus: Nonne vos duodecim elegi apoſtolos, & unus de vobis diabolus est? In- terroga eum, cur Judam elegerit prodito- rem? cur ei loculos commiſerit, quem fu- rem eſſe non ignorabat? Vis audire ratio- nem? Deus præſentia judicat, non futura: nec condemnat ex præſcientia, quem nove- rat talem fore, qui ſibi poſtea diſpliceat: ſed tantæ bonitatis est & ineffabilis clementiæ, ut eligat eum, quem interim bonum cernit, & ſcit malum futurum, dans ei poteſtatem converſionis & pœnitentiæ, juxta illum ſen [515] ſum Apoſtoli: Ignoras quia benignitas Dei ad pœnitentiam te adducit? ſecundùm du- ritiam autem tuam & cor impœnitens, the- ſauriſas tibi iram, in die iræ & revelationis juſti judicii Dei, qui reddet unicuí ſecun- dùm opera ejus.An expediverit, an involverit Hiero- nymum Scholiaſtes ejus, Marianus Vi- ctorius Reatinus, Epiſcopus Amerinus, non ſatis conſtat. Ita autem habent ver- ba ejus: Certior quidem in tanta curioſi- tatum diverſitate, quibus de divina volun- tate diſcutitur; & quibus, ex futuris præju- dicata ſententia, veluti non rectè quædam fecerit, in Deum arroganter ac temerè ho- mo inſurgit, inveniri reſponſio non potest, quàm, Deum præſentia, non futura judica- re: illi enim cuncta ſemper præſentia ſunt, non præterita, aut futura: hæc autem re- ſponſio non ſolùm multas, quas ex parte hîc Hieronymus refert: verum etiam, quæ de divinæ prædeſtinationis judicio excitantur, quæſtiones, mirè tranquillat ac ſapit, fortè ſopit. Quæ, ſi rectè aſſequor, hoc volunt: Acquieſcere poſſe humanas mentes, quæcunq́ue etiam cogitatio ſe ingerat, [516] (cur Deus v. g. Saulem in regem, vel Ju- dam in diſcipulum elegerit, quorum pri- mum, iniquiſſimum principem: alterum proditorem auricupidum futurum no- verit) ſi Deum præſentia, non futura ju- dicaſſe meminerint. Futuri enim alicujus cogitatione, reſpectu Dei, animum ma- cerandum non eſſe; cùm nihil ei futurum eſſe poſſit, qui uno momento omnia co- ràm videat. Hæc inquam, etſi, quod in- fallibilem Dei ſcientiam attinet, quæ, licet res ipſæ actu nondum adſint, nunquam tamen falli poteſt, rectè dicta ſint; an ta- men quæſtionibus ſatisfaciant, non fru- ſtrà quis ſuſpicetur. Eſto enim, illa omnia tam certò à Deo cognoſci, quàm ſi actu jam præſentia eſſent; id tamen æquè du- bium relinquitur: cùr Deus Adamum & Saulem tantô bonorum agmine cu- mulârit? cur Judam in numerum diſci- pulorum cooptârit, quos tantis crimini- bus fœdatum iri quaſi coram inſpexit. Imò verò augetur dubiu ̅ hoc îpſo, quòd, cùm præſentia eorum vitia Deus cerne- ret, tantis tamen muneribus afficere eos [517] voluerit. Niſi igitur me omnia fallunt, acutus Hieronymus horſum concedit: Intuitu vitæ anteactæ Saulis & Judæ, mo- deratioris longè & æquioris, quæ in pun- cto ſaltem rationis, ut Scholaſtici loquun- tur, prior eſt, in viſione Dei, ipsâ ſequen- te proditione, Deum ambobus hoc gra- tiæ feciſſe, ut alter in regem, alter in diſci- pulum eligeretur, idq́ue hac fini ab eo- dem factum eſſe, ne ſuggerenti poſtea diabolo obſecundarent, cùm meminiſ- ſent, quanti Deo fuerint, quos ex tam hu- mili conditione, ad tantum faſtigium ex- tuliſſet, quod ipſis, velut quotidianum exercitium majoris obſequii & gratiarum actionis, præbuiſſet.Aliam rationem reddit Chryſoſtomus. - - - [518] - - , id eſt, interprete Joh. Checo Cantabrigienſi: Qua de cau- ſa, inquies, illi, qui meretrices alit, & pa- raſitos, & adulatores, & qui alienis ſeſe in- gerit negotiis, & diffluentem hanc & diſſo- lutam vitam traducit, quaſi è fonte quodam profluunt divitiæ! Alter probitati, tempe- rantiæ, juſtitiæ & reliquis virtutibus perpe- tuò adhæreſcens, vix neceſſarium victum habet, cùm hic bonus ſit, & laborioſam vir- tutis elegerit viam: ille verò malus & diſſo- lutam hanc remiſſaḿ ingreſſus ſit nequitiæ viam. Cujus igitur rei causâ malus hic, di- ves: ille bonus, pauper est? Vt hic majorem habeat coronam, ſi iſta perferat & patientiâ utatur: ille verò majus ſupplicium, majo- rem pœnam, niſi vitam mutaverit, niſi me- lior fuerit, niſi Dominum ſuum agnoverit. [519] Hæc ille Orat. V. de fato & providontia. edit. Pariſ. M DC ix. p. 832.Rectiſſimè jam ſubjicit Chryſoſtomus alibi Lib. I. de Providentia c. VIII. . Fieri potest, ut ſit etiam alia ratio & cauſa ſecretior, quam ſolus novit rerum opifex Deus, qui, ut pau- lò ante illa verba ſcripſerat. , non uno mo- do ſolitus ſit diſponere noſtra omnia. Cap. autem præcedente VII. ab illa noſtra curioſa inquiſitione in hanc ſecretam Dei diſpoſitionem, admodum eleganter & prolixè nos dehortatur. Non erit di- vidiæ longa verba, integra tamen appo- nere, incerto licet interprete verſa. Ita ca habent: Si omnem providentiæ illius di- ſpenſationem ſcire valeremus aut debere- mus, iſta quó ignorantes, mœroris ac per- turbationis non immeritò cauſam habere videremur. Sin verò is, qui tantorum ar- canorum effectus particeps, ad tertium cœ- lum raptus fuerat, ad hanc tamen abyſſum hærens ſubſtitit, inſpicienś in profundum divitiarum ſapientiæ ac ſcientiæ Dei, obſtu [520] puit ſolùm, at́ inde reſiliit: quid nos ipſos fruſtra concidimus, perſcrutantes inſcru- tabilia, at́ inveſtigabilia curiosè inqui- rentes? Certè cum medicus contraria his, quæ nobis ſalubria videntur, præcipit, ſive algens membrum profluo fonti ſubjicere jubeat, ſive alia hujusmodi efficere, nun- quam reluctamur: ſed cùm nobis antea per- ſuaſerimus, artis illum ratione cuncta fa- cere, promptè ac libenter cedimus, id́ cum ille ſæpius fallatur: Deum verò cujus viæ in omnibus incredibiliter à nobis diſtant, qui est ipſa ſapientia, qui nunquam falli po- test, puniendâ curioſitate perſcrutabimur? Cuḿ illi ſimpliciter credamus, à quo facti rationem exigere jure noſtro poſſemus; ab illo, cujus ſolùm cedendum est nutui, eorum, quæ geſſerit, cauſas ac rationes requiremus at́ hujusmodi indignè ignorantiam fere- mus? Hæccine ſunt religioſæ mentis ac piæ? Nè, quæſo ac ſupplico, ne ad tantam veſa- niam progrediamur: ſed in omnibus, in qui- bus ambigimus, illud potius nobiſcum piâ cogitatione volvamus: Judicia tua abyſſus multa. Nam & hoc ipſum, quòd non omnia apertè ſcimus, divinæ ſapientiæ at́ pruden [521] tiæ profectò est. Si enim omnium, quæ fiunt, causâ & ratione cognitâ, ita demum Deo pareremus, non magni meriti eſſet, né fidei oſtenſio ea res videretur. Cùm verò nihil horum penitus noſcentes, ita quó ſummâ affectione mandatis ejus omnibus cedimus, ex legitima obedientia, fidé integerrima, maxima animabus noſtris emolumenta conquirimus. Hoc enim ſolùm nobis perſua- dere debemus, omnia nobis utiliter a Deo inferri, non jam amplius inquirentes, né hujus ignorationes graviter vel cum mœ- rore ferentes. Né enim poſſibile est iſta ſcire, né utile: illud, quia mortales ſumus: hoc, quia citò in arrogantiam extollimur. Plurima nos facimus, quæ, cum liberis no- ſtris noxia eſſe videantur, utilia ſunt tamen: quorum neqúe illi cauſas quærunt addiſcere, neqúe nos illis antea perſuadere ſtudemus, id expedire, quod facimus: ſed hoc ſolùm illos admonemus, ut in omnibus cedant, quæ- cunque præceperint patres, nihilqúe ulterius inquirant. Quod ſiparentibus noſtris, qui nobiſcum ejusdem naturæ ſunt, ita promptè, ita liberè obtemperamus, né ullâ ratione indignamur: Deo indignabimur, aut gra [522] viter feremus quòd non illius omnia nobis explorata ſint, qui tantâ excellentiâ nobis præcellit, quantum inter Deum & homines diſcrimen intercedit? Et quid hac impie- tate graviûs ac duriûs excogitari poſſit? Adverſus hujusmodi ſanè, beatus Paulus indignans dicebat: Alioquin ô homo, tu qui es, qui reſpondeas Deo? Nunquid dicet figmentum factori ſuo, cur me ita feciſti? Equidem filiorum exemplar propoſueram; ipſe verò multò aliquid majus poſuit, figuli ſcilicet, at́ ab eo formati luti. Sicut enim lutum, quocuń manus ſe formantis duxe- rit, ſeqúitur: ita hominem, quæcuń Deus juſſerit, ea ſequi, & quæ ille intulerit, grato animo perferre convenit, nihil omnino re- luctando, vel curiosè addiſcere quærendo. Né enim nobis ſolis iſta ambigua ſunt: ve- rùm & his, qui ante nos fuerunt, ſanctis illis ac mirabilibus viris. Ait enim Job: Vt quid enim impii vivunt divitiiś vetera- ſcunt? Beatus autem David: Paulò mi- nus, inquit, effuſi ſunt greſſus mei, qui Zela- vi ſuper iniquos, pacem peccatorum videns. Quia non est reſpectus morti eorum, & fir- mamentum in plaga eorum. In laboribus [523] hominum non ſunt, & cum hominibus non flagellabuntur. Post hunc Hieremias quó: juſtus es, inquit, Domine, veruntamen ju- dicia loquar adte, Quid est quòd via pec- catorum proſperatur? Ambigebant iſti qui- dem at́ inquirebant: ſed non ita, ut fa- ciunt impii. Né enim accuſabant Deum, né ex his quæ fiunt, illius juſtitiam repre- hendebant; ſed alius quidem ajebat: Juſti- tia tua ſicut montes Dei; judicia tua abyſſus multa. De alio, cùm tanta paſſus eſſet, ſori- ptum est: Non dedit inſipientiam Deo. Et in libro ipſe ſuo, incomprehenſibilem ſapien- tiam illius & diſpenſationem enarrans, cùm de opificio diſſeruiſſet: Ecce, inquit, iſtæ ſunt partes viæ ejus, & ad humorem verbi au- diemus in eo! Idipſum quó Hieremias pro- videns, ne quis unquam ſuſpicaretur, inter- rogationi judicium ſuum præpoſuit, dicens: juſtus es Domine; hoc est, ſcio quidem à te omnia fieri juſtè: modum autem ignoro quo fiunt. Quid igitur ampliùs illi didicerunt? Nempe de his nullum reſponſum retule- runt, quod beatus David indicat, cùm di- cit: Et exiſtimabam ut cognoſcerem, quia hoc labor est antè me: Idcirco autem re [524] ſponſa ſuper his non acceperunt, ut poſterio- ribus ſeculis futuros homines docerent, etiam iſtâ interrogatione abſtinere.
Adp. 236. & ſeq.
Non hodie demum nata illa cogitatio
eſt, fruſtra operam ſumere, quotquot pre-
cibus fatigare S. Numen animum induxe-
rint. Avocavit ſanè ſuo jam ſeculo ab hoc
pietatis officio diſcipulos ſuos, Maximus
Tyrius integrâ diſſertatione XXX. plauſi-
bili, primâ fronte, argumentatione, ex qua
quædam decerpemus. Quæcuń, ait, ſibi
evenire precantur homines, aut providen-
tia, aut fati neceſſitas, aut ſortis inſtabilitas,
aut dení artis regit diſpenſatio. Jam pro-
videntia, Dei: Fatum, neceſſitatis: ars, ho-
minis: ſors, fortuiti est opus. Quæ precamur
ergo, aut ad providentiam referenda Dei;
aut neceſſitatem fati; aut artem ſunt huma-
nam, aut curſum fortunæ. Et primò ſi ad
providentiam referantur, quid prece opus
est? Si enim est providentia: ea vel uni-
verſalia providet; Singula verò negligit
(ſicut reges juſtitiâ & jure urbes guber-
nant integras, ſingulos non intuentur mor-
tales) aut inter ea, quæ ſingula reſpiciunt,
[525]
cenſetur. Non ergo obtundendus erit. Si
enim quid petas, quod cum ſalute pugnet
univerſi, non impetrabis. Quòd ſi ſingula
curat Deus, ne ſic quidem orandum est. Id
enim tale est, ac ſi medicamentum aliquis
aut cibum â medico poſcat æger. Nam ſi
prodest, & non petenti dabit: ſinocet, ne
petenti quidem. Quid autem, quæ à fato?
Nempe & hîc ridiculæ ſunt preces. Faciliùs
enimregem flexeris quàm Tyrannum. Ty-
ranno enim ſimile est fatum, nec ſuperiorem
agnoſcit, nec mutari potest. At né quæ
à fortuna deveniunt precibus petenda ſunt,
& multò qúidem minùs quam reliqua. Nec
enim cum principe inſano agendum est, ubi
nec conſilium, nec temperatus affectus: ſed
furor, ſed rationis expers habitus, ſed in ſani
motus animi, perpeś libidinum viciſſitudo
rei ſúmmæ præſunt. Post fortunam ſola ars
reſtat. Quis autem faber pulchrum aratru
̅
à Diis petat, artem cum habeat? Quis tex-
tor amiculum pulchrum, artem cum ha-
beat? Quis faber ferrarius pulchrum cly-
peum, artem cum habeat? Quid ergo quod
nec ad providentiam, nec adfatum, nec ad
artem ſpectat, nec adfortunam, petendum
à Diis relinquitur? &c.
|| [526]
Hæc, quin hominem gentilem move-
re poſſint, dubitationem nullam habet.
Ea ipſa verò, quin partem legis moralis
quoq́ue tollant, & directè tertium præ-
ceptum impugnent, dubitationem pari-
ter nullam habet; idq́ue difficile non eſ-
ſet oſtendere, niſi peculiari Exercitationi
Scholaſticæ De Sabbato, hæc, & alia,
reſervarentur. Illud certum eſt, ne Sa-
pientem quidem gentilem, gentili huic
Maximo, hæc condonaturum eſſe. Quid,
hanc rem obiter tractans Joh. Spondanus
reſponderit, Comment. in Homeri Iliados
L. V. p. m. 82. ſubjungemus. Nos, ait, non
ſolùm quòd Chriſtiani ſumus: ſed etiam
ipſorum Ethnicorum exemplo contrarium
docemus: In omni opere Deum invocan-
dum; cujus rei antiquiſſimus & tempore &
autoritate præceptor est Homerus. Hoc
enim obſequium ab hominibus Deus poſtu-
lat, licet eorum precibus nihil aliud ſtatuat,
quàm quod jam inde ab æternitate ſeculo-
rum ejus Providentia immutabilis decre-
vit: quod familiare Patrisfamilias exem-
plum ſatis probat. Ille enim licet propenſo
ſit erga ſuos liberos animo, & proinde quic [527] quid
ſibi bonorum est, in eorum commodum
lubenter, etiam non rogatus, profundere in-
ſtituerit; tamen plerá neceſſaria à liberis
ſuis expoſci interdum vult, ut eum agno-
ſcant, cui bona ſua accepta referre debeant.
Ad pag. 246.
Fusè hæc & doctiſſimè, quomodo præ-
ſcientia Dei cum libertate arbitrii con-
ſpiret, à magnis & ingenioſis Viris, ut
Apologia Aug. Confeſs. Dd. Scholaſti-
cos appellat, pertractata ſunt. Videatur
è recentioribus Becanus Theologiæ Scho-
laſticæ p. I. c. X. à q. V. ad XIII. Guil.
Eſthius in I. ſent. diſt. XXXIIX. Gregor.
de Valentia T. I. q. XIV, p. V. addi poteſt
Bellarminus T. IV. de grat. & lib. arbit.
c. XIII. Pet. Fonſeca in VI. Metaph. c. II.
q. IV. ſ. XI. alii. Eſt tamen profectò ali-
quid, à gentili adhuc Ammonio Alexan-
drino nodum hunc inciſum eſſe. Ille igi-
tur primus, æſtu quodam raptus ad philoſo-
phiæ veritatem, multoruḿ opiniones, qui
magnum dedecus philoſophiæ afferrent, con-
temnens, utraḿ ſectam (Platonicorum
ct Ariſtoteleorum) probè callens, & in
concordiam adducens, & à contentionibus
[528]
liberam philoſophiam tradens omnibus ſuis
auditoribus, & maximè doctiſſimis æquali-
bus ſuis, Plotino, & Origeni, & Succeſſori-
bus, quod Photii de eo judicium eſt L. d.
p. 1382. Hic, inquam, Hieroclis etiam ſen-
tentiâ Vir, & dubium hoc
movet, & commodè ſatis removet.
Oſtenderat elegantiſſimè in explicatione
libri Ariſtotelis de Interpretatione: Deos
omnium rerum habere ſcientiam. Ea aute
̅
,
quomodoadfutura contingentia ſe habe-
at, etſi difficile eſſe explicatu aſſerat; ſic ta-
me
̅
exponit. Non, inquit, audebimus dicere,
cum fluxione rerum unà curſitare Deorum
cognitionem, aut eſſe aliquid apud eos aut
præteritum aut futurum, né apud eos dici
quod nos Timæus docet: Hoc fuit, hoc erit;
quæ voces mutationis in ſe ſignificationem
habent: ſed tantùm, est, & hoc ipſum non
connumeratum cum illo fiat & erit, at́ ab
eis contra diſtinctum: ſed cogitatum ante
omnem temporis indicationem, ita, ut Deo-
rum immutabilitatem & invariabilita-
tem ſignificet. Né exiſtimandum est, ne-
???eſſarium habitura eventum ea, quæ anci-
???itia dic imus, quia à Deis definitò noſcun [529] tur.
Non enim quia id ſciunt Dei, ideo ne-
ceſſariò iſta evenient: ſed quia naturam
habentia ambiguam, & in utrumqúe pro-
clivem exitum habebunt talem aut talem;
propterea neceſſe est ſcire Deos, quomodo
res exitura ſit, estqúe idem naturâ quidem
ſuâ anceps: Deorum autem notitiæ non in-
definitum: ſed definitum. Hæc gentilis
Ammonius. Quomodo SS. Patres hæc
expediverint, nec injucundum lectu, nec
indignum ſcitu eſſet. Locorum ſaltem
aliquorum faciemus indicium, quæ B. L.
ſi perpenderit, pœnitendum laborem
neutiquam ſubierit. Confer. Auguſt.
Lib. V. de C. D. IX. C. & X. L. XIV. cap.
XXV II. L. III. de Lib. Arb. c. II. III. IV.
Lib. de Prædeſt. Sanct. cap. X. & Tract.
LIII. in Joh. Proſper. L. II. dè Vocat.
Gent. c. XXXIV. S. Anſelmus Lib. de Con-
cordia præſcientiæ Dei cum libero arbitrio,
Damaſcenus L. II. de Orthodoxa fide c.
XXX. Chryſoſt. hom. LX. in Matt. Clau-
dant agmen S. Hieronymi verba, quæ in
c. XXVI. Hierem. commentatur. Non in-
quit, ex eo, quòd Deus ſcit futurum aliquid,
iccirco futurum est: ſed quia futurum est,
[530]
Deus novit quaſi præcus futurorum.
Ad pag. 266.
Ipsâ ſuâ linguâ loquentem Platonem
audiemus: -
-
-
. Ex in-
terpretatione Johannis Serrani ita latinè
habent: Deum, quippe qui bonus est, cui-
quam autorem cauſamqúe extitiſſe mali,
hoc verò omni contentione refutandum est,
neqúe concedendum, ut quisquam hæc vel
dicat vel audiat in civitate, (ſi illam benè
conſtitutam optamus) neqúe juniorum vi-
delicet, neqúe ſeniorum, neqúe verſu, neqúe
ſoluta oratione; utpote quæ dictu neqúe pia
ſunt, neqúe utilia, neqúe ipſa ſibi ipſis
conſentanea atqúe congruentia.
Sic Plato L. II. de Rep. T. II.
Oper. p. m. 380.
|| [531]
A.
Adagia Germanica.
Agapetus.
Alexander Aphrodiſienſis.
Ambroſius.
Ammonius Alexandrinus
Anſelmus.
Apulejus.
Dion. Areopagita.
Ariſtoteles
Roder. de Arriaga.
Arrianus.
Auguſtinus.
B.
Frid. Balduinus.
Baldus.
|| [532]
Magnus Baſilius.
Martinus Becanus.
Rob. Bellarminus
Bernhardus.
Jacob. Billius.
Joh. Heinr. Bœclerus.
Bonfinius.
Johan. Brentius.
Johan. Buxtorfius.
C.
Gorg. Calixtus.
Phil. Camerarius.
Jus Canonicum.
Hugo Cardinalis.
Chron. Carionis
Sebaſt. Caſtalio..
Johan. Checus
Mart. Chemnitius.
Conimbricenſes.
Chryſoſtomus.
Daniel Cramerus.
Cyrillus.
G.
Vulcat. Gallicanus.
Johan. Gerhardus.
Lud. Granatenſis.
Albert. Gravverus.
Magnus Gregorius.
Hugo Grotius.
S.
Salvianus.
Caſp. Sanctius.
Andr. Schottus.
Eraſ. Schmid.
Seneca.
Nicol. Serarius.
Joh. Serranus.
Simplicius
Paul. Slevogtius.
Sophocles.
Joh. Spinæus.
Joh. Spondanus.
Vict. Strigelius.
Franc. Suarez.
Suetonius.
T.
Tacitus.
|| [536]
Johan. Tarnovius.
Theodoretus.
Theognis.
Thomas d’Aquino.
Franc. Toletus.
Anton. de Torquemada.
Max. Tyrius.
A.
ABgoͤtterey ſoll vermiden werden 203/ ꝛc.
Abtrams Ehrgeitz wird geſtrafft 140/ ꝛc.
Adel wird nicht allezeit ange ſehen. 281. welcher der rechte. ib.
Aleranders Autoritaͤt woher? 176. ließ ſich/ daß ein andrer baͤſſer/ nicht verdrieſſen. 340. ꝛc.
Amtsverwaltungen bey einem glücklich/ bey dem andern nicht. 179. ꝛc. hohe ſind Gottes Geſchenk. 140. ꝛc. Warum ſo unterſchieden ausgeteihlt/ 207. ꝛc. bekommen oft keine tuͤchti= ge Perſon. 224. ꝛc. waͤren oft baͤſſer/ wann mans nicht haͤtte. 362. ꝛc.
Anſehen und Autoritaͤt bleibt oft nur in dem Land/ und nirgend weiter. 71. ꝛc. gibt Gott. 74. ꝛc. 153. ꝛc. 172. ꝛc. 176. ꝛc. iſt oft deß Menſchen Schad. 219. ꝛc.
Anſchlaͤg gehen nit allezeit fort/ warum. 67. ꝛc.
Arbetten warum mancher nicht will. 241. ꝛc. muß man 243. ꝛc. Gott hilft ſonſt nicht. 244. ꝛc.
Armut iſt oft nutz/ 218. ꝛc. verdammet nit/ macht nicht ſeelig. 268. iſt oft loͤſer/ als die Reichen/ ib.
Aſtrologiſcher Wahn vom Gluͤck iſt nichts. 26. ꝛc.
|| [538]
B.
Baͤume find unterſchiedlicher Art. 111. ꝛc.
Bauren ſind ſo wol von GOtt/ als Fuͤrſten. 208. ꝛc.
Beten/ warum mancher nimmer will. 235. ꝛc. wie es muͤſſe beſchaffen ſeyn. 236. ꝛc. nit alles hilft. ib. wie man ſoll um zeitliche Güter. 238. ꝛc.
Bettler oft die loͤſeſte Leut. 268. ꝛc.
Betruͤben ſoll man ſich nit über ſeinen Stand. 356. die erſte Urſach. 357. ꝛc. die andere Ur= ſach 359. ꝛc.
Bitt abſchlagen iſt oft nutzlich 237.
Bogenſchuͤtz trifft ohngefaͤhr das Ziel. 185. ꝛc.
Bruͤder Joſephs muͤſſen ihm nachgehen. 134. ꝛc.
C.
Chriſten was das Gluͤck heiſſen. 39. ꝛc.
Corvinus Matthias wunderlich zum Regiment kommen. 182. ꝛc.
E.
Gluͤckliche Ehe Gottes Werk. 78. ꝛc. 150. ꝛc.
Ehen werden getrennt/ oft um eines kuͤnftigen andern Ehegatten wegen. 81.
Ehr ſtehet nicht in unſern Haͤnden. 74. ꝛc. iſt oft unſer Schad. 274. ꝛc.
|| [539]
Eltern und Großeltern ſind oft der Kinder Glück und Ungluͤck. 220. ꝛc haben ein Kind lieber als das ander. 314. ꝛc.
Emerichs Koͤnigs in Ungarn gewaltige Rede 172. ꝛc.
Engel ſind unterſchiedlich erſchaffen. 105. ꝛc.
Ephraim wird Manaſſe vorgezogen. 129. ꝛc.
Epikurer haben alles fuͤr ohngefaͤhr gehal= ten. 23.
Erde hat allerley Tiehr/ und Baͤume/ und Kraͤu= ter/ und Metall. 111. ꝛc.
Eſau wird Jacob nachgeſetzt. 125. ꝛc.
Eſther wird eine Koͤniginn. 150. ꝛc.
F.
Fatum haben viel geglaubt. 9. ein Exempel deſ= ſen. 10. ꝛc.
Fiſche ſind unterſchiedlicher Art. 109. ꝛc.
Freyer Will wird dem Menſchen nicht genom= men. 51. ꝛc.
From ̅ keit kan man nicht gewiß wiſſen/ ob ſie bey dem oder dem 282. ꝛc. iſt daraus nicht zuſchlieſ= ſen/ weil es einem zeitlich wolgehe. 300. ꝛc.
Fuͤrſten und Herꝛn Ankunft. 187. ꝛc.
Fuͤrwitz auſſer ſeinem Stand ſoll man fahren laſſen. 392. ꝛc.
G.
Gaben Gottes bleiben uͤberal Gottes Gaben bey wem ſie ſind. 277. ꝛc. ſind keinem umſonſt gegeben. 279. ꝛc.
|| [540]
Geſchicklichkeit gilt nit allezeit. 64. ꝛc. 170. ꝛc.
Gewerb iſt bey einem Diener gluͤckſeeliger als bey dem andern. 179. bekom ̅ t oft keine tuͤchtige Perſon. 224. ꝛc.
Gewiſſen gut iſt baͤſſer als alle zeitliche Güter. 288. ꝛc.
Gluͤck/ meynen viel/ ſey ein blindes plumpes Ding. 5. 7. viel haben es gewaͤltigen wollen. 8. viel um deßwegen nim ̅ er beten und arbeiten. ib. wie vielerley es bedeute. 21. 22. viel meynen es ſey eine Goͤttin. 24. manche kaͤmen darzu durch einen gewiſſen Planeten. 26. ꝛc. manche waͤren darzu prœdeſtinirt. 31. 32. was bey den Stot= kern heiſſe. 30. was bey den Chriſten. 39. ꝛc. an dem ligt alles. 64. ꝛc. iſt oft Unglück. 271. ꝛc. iſt alles Gott zuzuſchreiben. 315. ꝛc. darum Gott zu danke ̅ / in was für Stand es ſey. 397. ꝛc. ſich deſſen nicht zu erheben. 401. ꝛc.
Gottes=Regirung iſt das Gluͤck. 40. 41. ihr iſt nichts unverſehens oder unwiſſend. 41. ꝛc. laͤſſet viel zu. 45. ꝛc. weiß alles von ewigkeit her. 48. gibt oſt unſern Herzen abſonderliche Gedanken ein. ib. hat von Ewigkeit beſchloſ= ſen/ welchen Gedanken es foͤrdern wolle. 50. nim ̅ t damit dem freyen Willen nichts. 51. ꝛc. ohne ſie gilt nichts. 64. ꝛc. hat die Menſchen unterſchiedlich geſetzt. 69. hat alles weißlich geordnet. 70. ꝛc. machet reich/ geehrt/ weiß. 74. ꝛc. anſehnlich. 76. ꝛc. ſtifftet die Ehe. 78. ꝛc. gibt Sieg und Segen/ 82. ꝛc. behütet fuͤr allen Wunden. 84. ꝛc. regirt das Loos 88. ꝛc. iſt Huͤter
|| [541]
auf der Straſſen. 91. ꝛc beſcheert einen Schatz.
95. ꝛc. haͤlt in allen Creaturen einen Unter=
ſchied. 105. ꝛc. gibt Koͤnigreiche/ Kaͤiſertume/
Herꝛſchaften. 166. 167. ꝛc. 170. ꝛc. 182. 184. ꝛc.
gibt Gluͤck im Spielen. 185. ꝛc. ſeines Raht=
ſchluſſes Urſach nicht zu gruͤblen. 196. ꝛc. wa=
rum Gott ſo ein unterſchied ſeiner Gaabe
̅
halte.
198. ꝛc. die I. Urſach. 202. ꝛc. die II. Urſach
206. ꝛc. die III. Urſach. 211. die IV. Ur=
ſach. 212. ꝛc. die V. Urſach. 215. ꝛc. die VI.
Urſach. 218. ꝛc. die VII Urſach. 220. ꝛc. die
VIII. Urſach. 224. ꝛc. erhoͤret nit alles Gebet.
236. ꝛc. wie ers von Ewigkeit geſehen ſo muß
gehen. 246 ꝛc. ſegnet im Schlaff/ wie es zu
verſtehen. 249. ꝛc. gibt auch den Boͤſen und
Gottloſen. 254. ꝛc. ob er ſchon weiß daß ſie alſo
bleiben werden. 258. ꝛc. gibts nit zu ihrer Ver=
damniß. 263. ꝛc. iſt keine Urſach der Suͤnden.
265. verachtet ſeine eigne Gaben nicht. 276. ꝛc.
macht nichts umſonſt. 279. ꝛc. haͤlt kein Anſe=
hen der Perſon. 284. ꝛc. iſt niemand etwas
ſchuldig. 285. ꝛc. regirt oft die Zunge/ daß ei=
nes ſelbſt nicht weiß warum er etwas rede/
290. ꝛc. ſeine Werk/ ob man ſchon nicht alle
Urſachen weiß/ ſind ſie doch gerecht. 307. ꝛc.
Sein Gefallen und Will ſtillet alle unſere Fra=
gen. 317. ꝛc. Ohne ſeinen Willen widerfaͤhret
uns nichts. 319. ꝛc. muß man uͤberal zum Ge=
huͤlfen nehmen. 410. ꝛc.Gottloſe haben oft mehr Gluͤck/ Ehr/ Gewalt/ als Fromme. 251. ꝛc. warum es GOtt tuhe.
|| [542]
257. ꝛc. 26. ſind darum nicht gewiß zn heiſſen/
weil es ihnen übel gehet. 300. ꝛc.Gunſt der Leute iſt Gottes Gab. 153.
H
Handlungen ſind bey einem Menſchen gluͤckſee= liger als bey dem andern 179. ꝛc. bekommen oft keine tuͤchtige Perſon. 224. ꝛc.
ein Hauß hat unterſchiedliche Gefaͤß. 113. ꝛc.
Herꝛſchaften ſind Gottes Geſchenk. 167. 170.
groſſe Herꝛn ſind bey einem Diener gluͤckſeeliger als bey dem andern. 179. ꝛc. ihre Ankunft 187. ꝛc.
Heuraten werden im Himmel beſchloſſen. 81. ꝛc. waͤren oft unſer groͤſtes Ungluͤck. 361. ꝛc.
Heyden haben zum teihl GOttes Vorſorg ge= glaubt. 23. das Gluͤck fuͤr eine Goͤttin gehalten/ und blind unvorſichtig gemahlt. 24. ꝛc. zum teihl verlacht. 25. haben merken muͤſſen/ daß es was uͤbermenſchliches ſey. 167. haben gerah= ten: man ſolle Gottes Willen willig tragen. 332. ꝛc. erkennen den Reichtum fuͤr Gottes Gab. 344. ꝛc. auch Koͤnigreiche und weltliche Gewalt. 345. ꝛc. auch den Sieg im Krieg. 347. ꝛc. auch den Eheſtand. 348. ꝛc. anch Au= toritaͤt 349. ꝛc.
Hohe Aemter kommen von Gott. 140. ꝛc.
J.
Jacob wird Eſau fuͤrgezogen. 125. ꝛc.
Joſeph wird allen ſeinen Bruͤdern fuͤrgezogen. 134. ꝛc
|| [543]
Irr reitet und gehet mancher durch Gottes Re= gierung. 90. ꝛc. 93. ꝛc.
Iſchaſchar unter ſeinen Brüdern der elen= deſte. 153.
Juͤden haben gemeynt/ Gluͤck komme von Sternen 27. ꝛc.
Juͤngere Geſchwiſtere ſind oft glückſeeliger als die aͤltere. 310. ꝛc.
K
Kaͤiſer Sigismund ſchoͤne Red an ſeinen Die= ner 163. ꝛc. Maximiliani. I. Demut. 165. ꝛc. Titi Red und Sanftmut 167. ꝛc. Adriani Red 109. Otho und Galba 170. ꝛc.
Koͤnigreiche ſind Gottes Gaben 143. ꝛc. 148. ꝛc. 165. ꝛc. 167. ꝛc. 170. ꝛc. 184. ꝛc.
Korah Ehrgeitz wird geſtrafft. 139. ꝛc.
Kriegs=Gluͤck iſt Gottes Werk. 83. ꝛc.
Kunſt gilt nit allezeit 64. ꝛc. 185. ꝛc.
L.
Langes Leben gibt Gott/ nicht/ ſich zu verſuͤndi= gen 264. ꝛc
Leben der Menſchen iſt wie eine Gaſterey. 329. wie ein Komoͤdi 330. ꝛc
Ewiges Leben hat unterſchied der Ehren. 117. ꝛc. darinn wird keines das andere neiden 119. ꝛc.
Leib hat unterſchiedliche Glieder 115. ꝛc.
Loos regiret Gott. 88. ꝛc.
M.
Manaſſe wird Ephraim nachgeſetzt 129. ꝛc.
Menſchen widerfaͤhrt viel unverſehens 41. ꝛc.
|| [544]
koͤnnen ihres Gluͤcks nit ſelbſt Meiſter ſeyn. 56.
behalten ihren freyen Willen. 51. ꝛc. koͤnnen nit
alle
̅
zeit was ſie wollen. 64. ꝛc. ſie ſeyn gleich
hoch oder nider. 67. ſind unterſchiedlich geord=
net. 69. koͤnnen nicht reich werden/ wann und
wie ſie wollen. 72. ꝛc. auch nicht geehrt und an=
ſehnlich wie ſie wollen. 74. ꝛc. nicht zur Ehe be.
kommen wen ſie wollen. 78. ꝛc. ihr Hertz ein
unvergnuͤglich Hertz. 210. von deß andern
From
̅
keit kan keiner recht urteihlen 282. ꝛc.
ſollen Gottes Vorſorg nicht anklagen. 303. ꝛc.
wann alle gleiches Standes/ koͤnten ſich nit er=
halten 211. ihr leben iſt wie eine Gaſterey 329.
wie eine Komoͤdi 330. ꝛc.Moſe ſtrafft den Ehrgeitz. 140. ꝛc. iſt nicht nei= diſch. 383. ꝛc.
Murren ſoll man wider Gott nicht. I. Urſach 379. ꝛc. II. Urſach. 384. ꝛc.
N.
Nachfolger kan man nicht hindern 169. ꝛc.
Nehemias erlangt Hofgunſt. 154. ꝛc.
Neid iſt ein gemeines Ding. 367. iſt ein unwehr= tes Ding/ die I. Urſach. ib. ꝛc. die II. Vrſach. 371. die III. Vrſach ib. ꝛc. ſoll nicht ſeyn/ wann auch gleich ein untuͤchtigerer fuͤrkom ̅ t. 376. ꝛc. Moſes hat nicht geneidet. 383. ꝛc.
R.
Rathſchluß Gottes Vrſach ſoll man nicht zu wiſſen begehren. 196. ꝛc.
Reden warum es nicht allezeit angenehm. 75. ꝛc trifft oft ohngeſehr ein. 290. ꝛc.
|| [545]
Regimenter kommen von Gott. 166. ꝛc. 170. ꝛc.
Reichtum ſteht nit in unſeru Haͤnden. 72. ꝛc. 163. ꝛc. erheuraten iſt Gottes Geſchenk. 81. ꝛc. bekoͤm ̅ t oft ein groſſer Narr 184. ꝛc. 344. oft deß Menſchen Schade. 218. ꝛc. 271. ꝛc. ver= damt nicht/ macht nicht ſeelig. 268. ꝛc. wer den erlangt ſoll Gott dankſagen. 397. ꝛc.
S.
Salomon bringt die Gluͤckſeeligkeit Zu fall/ 271. ꝛc.
Saul wird wider willen und wiſſen Koͤnig. 143. ꝛc. will David erwuͤrgen/ und kan doch nicht. 150.
Schaͤtz ſinden ein Werk Gottes. 95. ꝛc.
Segen Gottes kom ̅ t im Schlaff ohne muͤ= he/ wie es zu verſtehen. 249. ꝛc.
Sieg von Gott/ 82. ꝛc.
Soldat warum mancher nit einmal verwundet werde. 83. ꝛc. woher ſeine Autoritaͤt 176. ꝛc. ſoll ſeinem General ohne Widerwillen und nachforſchen folgen. 196. ꝛc.
Spiel=Gluͤck von Gott 185. ꝛc.
Staͤnd allerley in der Welt/ warum 311. ꝛc. mit dem ſeinen zu frieden ſeyn. 329. ꝛc. 335. ꝛc. 386. ꝛc. auſſer dem nicht zu ſchreiten. 392. ꝛc.
Stern ſind unterſchiedlich erſchaffen. 108. ꝛc. ſind nit urſach deß Gluͤcks. 26. ꝛc. 241. ꝛc.
Stoicker meynung vom Gluͤck nit boͤß 30.
Eine Stund iſt gluͤckſeeliger als die andere. 56. ꝛc.
|| [546]
Suͤnde eines Landes/ Statt/ Amtes/ machen es ungluͤckſeelig. 214. ꝛc.
T.
von Teufeln ſoll man nichts bitten. 103. ꝛc.
Tiehr ſind unter ſchiedlicher Art. 111.
Tobias erlangt Hofgnnſt. 156. ꝛc.
Toͤpfer macht allerley Gefaͤß. 114.
V.
Verſagen was man bittet/ iſt manches groͤſſe= ſter nutz. 237.
Verwaltung guter Dienſte und Aemter von Gott 140. ꝛc. ſind bey einem gluͤckſeeliger als bey dem andern 179. ꝛc.
Veſtmachen für Wunden und Schaden/ iſt eine Teufelskunſt. 84. 86.
Vngefehre Rede trifft oft ein. 290. ꝛc.
Voͤgel ſind unterſchiedlich. 109. ꝛc.
W.
Wille Gottes mit willen aufzunehmen. 317. ꝛc. 332. ohne den widerfaͤhrt uns nichts. 319. will manchen groß/ manchen klein haben. 342. ꝛc.
|| [547]
A.
ALeæ in ludo quod quidam victores unde 422. ſeq.
Ammonius de præſcientia Dei. 527. ſeq.
Annulum Polycrates in piſce inventum, di- vinitus redditum agnoſcit. 461.
Ariſtoteles fortunam Deam negabat 423. ſeq. 430. malis benefacere Deum, non credebat. 424. ſeq.
Auguſtinus genios credebat, luſum aleæ, v.g. quandó dirigentes. 422. ſeq.
B.
Bona temporalia vel corporis, vel animi, vel fortunæ, 464. eorum largitionis cau- ſa aliqua. ib. eá SS. Trinitas. 466, an aliquo mota, ea hominibus largiridecre- verit. 468. ſeq. quædam faciunt ad eſſe, quædam ad bene eſſe, 472. utrá vellet Deus homini largiri, 473. ſeq. & largi- tus est etia ̅ . 474. ſeq. & post lapſum. 478. ſeq. non intuitumetitoru ̅ præviſoru ̅ . 480. ſeq. intuitu verò indigentiæ humanæ, 482 ſeq. quæ ad bene eſſe faciunt largitur in- tuitu obedientiæ, precum, melioris uſus
|| [548]
485. ſeq. hoc largitur huic, illud alii in-
tuitu boni publici, 495. ſeq. largitur
æqualibus inæqualia 504. ſeq. largitur
b. t. deterioribus 507. ſeq. fit id quó in
ſpiritualibus bonis. 510. ſeq. cauſas hujus
diverſitatis reddere humana mens ne-
quit. 513.Buxtorfius de Judæorum Superſtitione 431. ſeq.
C.
Conjugia quomodo fatalia. 458. ſeq.
Conſiliorum divinorum cauſas omnes in ve- nire non est, 513. ſeq.
Chriſtiani potiùs cœleſtia bona ſpectare de- bent. 506. ſeq.
Chryſoſtomus â curioſa inquiſitione in cau- ſas conſiliorum divinorum dehortatur. 519. ſeq.
D.
Deus malis etiam ſciens volens benefacit. 427. 430. nihil in tempore facit, quod non ab æterno facere decreverit. 438. ſeq. 467. ſeq. determinat voluntatem homi- nis ad agendum hîc & nunc. 444. ſeq. po- test voluntati humanæ neceſſitatem in
|| [549]
ducere
ad actus ſuos. 452. ſeq. an aliquo
motus bona temporalia hominibus lar-
giri decreverit? 468. ſeq. ejus decretum
quid ſit. 472. ejus præſcientia quomodo
cum libero arbitrio conſiſtat 527. ſeq. non
est cauſa peccati 529. ſeq.
F.
Fato fieri omnia, malè exponit Revius 441. ſeq. de eo non ſatis certus Lipſius. 434. quomodo conjugia fatalia dici poſſint. 458. ſeq. qnomodo, omnia gubernari fa- to. 459. ſeq.
Fortuitum Deo nihil, ſed hominibus mul- ta. 435 ſeq.
Fortunam aliquid divinum eſſe veteres cre- debant, 420. ſeq præſertim Stoici 433. ſeq.
G.
Genios eſſe Platonici credebant 421. iis vi- ctoriam in ludo aleæ tribuebant. 422. ſeq.
Joh. Gerhardus defato. 458. ſeq.
H.
Dan. Heinſius de Stoicis, 433.
Ægid. Hunnius de fato. 431. ſeq. de inæ- quali converſione hominum 504. ſeq. 510. ſeq.
|| [550]
Hieronymus cauſam reddit cur Deus Sau- lem & Judam elegerit, quos improbos ſciverat. 514.
I.
Iudæi fortunam benigniorem Planetis ad- ſcribunt. 431. ſeq. Pactum eorum con- cernebat potiſſimùm bona temporalia, 487. ſeq. 505.
L.
Fortunius Licetus Ariſtotelem non ſuffi- cienter excuſat 426. ſeq.
Juſtus Lipſius defato non ſatis certus 434.
Liberum arbitrium quomodo conſiſtere pos- ſit cum Dei concurſu 440. ſeq. quomodo cum Dei determinatione. 448. ſeq. in actu primo & ſecundo quid ſit. 451. ſeq. ejus formale non est ſpontaneum 457. ſeq.
P.
Præſcientia Dei non tollit liberum arbi- trium. 527. ſeq.
Precandum ad Deum non eſſe, quibus ar
|| [551]
gumentis
Max. Tyrius probet. 524. ſeq.
ſed malè, 526.
R.
Jacobus Revius de fato malè philoſophatur 441. ſeq. negat in hominis poteſtate eſſe concurſu Dei uti, & non uti, 448. ſeq. indifferentiam voluntatis internam ne- gat. 450. ſeq.
V.
Voluntas humana determinatur, à Deo ad agendum hîc & nunc 444. ſeq. ei potest neceſſitas induci à Deo ad actus ſuos. 452. ſeq. ejus indifferentiam in agendo internam negat Revius 450. ſeq. multa agit ut natura, non ut libera 455. ſeq.
Gerhardus Voſſius de Geniis 422. ſeq. de Stoicis 433. ſeq.
Dion. Voſſius, de ſuperſtitioſis ominibus Chriſtianorum, Judæorum. 432.
|| [552]
Druckfehler.
PAg. 19. lege, das Andere Capitel. pag. 37. lege, das Dritte Capitel. pag. 77. n. 17. Für Hiel/ Himmel. Fuͤr Ddas/ Das. pag. 89. l. ult. adde, C. quando & quibus quarta pars. p. 124. l. ult. Fuͤr Verſorgen/ Verſagen. p. 230. l. 6. lege: Je kleiner ich in meinen/ ꝛc. p. 271. l. 18. fuͤr I. Cor. XII. I. Cor. X. p. 348. l. 15. lege, Cætera minutiora B.L. corriget.ENDE.
|| [ID00633]
|| [ID00634]
|| [ID00635]
|| [ID00636]
1– De cœlo deſcendit ,
4. Sat. 10. ℣. 29.
2Pſal. xiv. 1.
3Sap. xi, 22.
4Greg. Nazianz. tetraſtic. de fortu-
na & prudentia. T. II. p. 156. edit. pariſ.
M DCXI.
5Antonius de Torquemada Colloq.
IV. Hex???em.
6Sat. X. v. 365.
7Ambroſ. Hexaem. L. IIII. c. 4.
8Baſil. M. Hexaem. hom. VI.
9Luth. Tom. IIII. Germ. Jen. p. 9. b.
10Auguſtin. Tom. I. Retract. Lib. I. c. 1.
11Auguſtin. V. de Civit. Dei. c. 1.
12Eſth. II. 22. 23.
13Sihe zu End deß Capitels.
14Mart. Chemnit. Loc. Commun.
Part. I. Loc. VI. de lib. arbitrio c. II. p. m. 186.
15Hugo Cardinalis in h. l.
16Epiſt. I. ad Olympiadem diaco-
niſſam.
17Martin. Chemnit. Harmon. E-
vangelicæ C. XXX. p. m. 383.
18Lucas Oſiander in h. l.
19Auguſtin. V. de Civ. Dei. c. XXIII.
20l. meminimus.
21can. Sors XXV I. q. 11.
22Franciſcus Suarez Diſp. Metaph.
XIX. ſ. XII. n. X.
23Tom. IV. Germ. Jen. p. 240. a.
24Anton. Ruvio Comment. in II. Phyſ.
c. VI. q. I. n. X.
25Thomas Lib. III. contra gent. c. q. ???.
26Dionyſius Areop. L. de Cœli hier-
arch. C. VI. & VII.
27Ignatius in Ep. ad Trallianos.
28Gregorius Hom. XXXIV. in Evang.
29Bernhardus Serm. XIX. in Cant.
30Anſelmus ſuper C. I. Eph.
31Auguſtin. Enchir. ad Laur. C.
LVIII. ad Oroſ. cont. Priſcillian. c. XI.
Hilar. in Pſ. CXXIX.
32Auguſt. Lib. XXII. de C. D. C. XXX.
33Fr. Bald. in Rom. IX. 11. p. m. 614. & 638.
34Joh. Tarnov. in Loc. Com. ſup. C. I.
Malach. v. II. n. III. p. m. 19.
35Com. in Gen. C. XLVII. T. XI. p. 308. b.
edit. Germ. VVitteb. M DLXXII.
36Luth. Tom. XI. VVitt. Germ. p. m. 306. b.
37Ambroſ. L. IV. Hexaem. c. IV. edit.
Baſil. M D LXVII. p. m. 44.
38Nicolaus Serarius in Eſther. c. II.
v. 17. & ſeq. quæſt. II. p. m. 317.
39Caſp. Sanctius in Tob. c. 1. v. XV.
n. 26. p. m. 148.
40Chron. Carion. L. V. p. m. 631.
edit. Witteb. MD LXXX.
41Theatr. Zuing. Vol. XIII. L. I.
42Sueton. in Tito Cap. IX. edit. Ar-
gentorat. MD CXLV II. p. 272.
43Vulcat. Gallicanus in vita Avidii
Caſſii. p. m. 59. edit. Caſaub.
44Xiphilinus ex Dione in Nerone.
45Tacitus I. Hiſt. c. XXIX. n. l. edit.
Bernegger. MDCXXXVIII.
46Tacit. II. Hiſt. C. XXXIII. n. 2.
edit. d.
47Joh. Henricus Boecler. annotat. po-
lit. in V. Lib. hiſt. Taciti ſuperſtites. CXXIX.
48Boufinius decad. II. Lib. VII.
49Victorin. Strigelius Comment. in
I. Sam. XI. 18. & I. Paral. XII. 4.
50Q. Curtius de rebus geſtis Alexandri
Lib. III. C. V I. n. 18. edit. Freinshem.
M D C XL.
51Gregor. Richter Axiomat. Polit.
VII. exemplo VIII. p. m. 21.
52Joh. Henr. Boecl. Lib. de Auſpicio
Regio c. II. n. 24.
53Chron. Carion. L. V. p. m. 641. edit. d.
54Cent. II. oper. ſubciſiv. c. XXXI.
p. m. 132. ſeq. edit. Francof. M DCC VI.
55Edit. Francof. ad Mœn. 1615. p. 164. b.
56Tacit. I. hiſt. C. XC. n. 5. e. d.
57Cap. LXXXIV. n. 3.
58Tacit. VI. Annal. C. VIII. n. 5. 6. e. d.
59Gregor. Magnus Moral. L. IX. c. XI.
60Auguſt. Enarr. in Pſal. L XV I. edit.
dictæ p. 246. h.
61Enarrat. in Pſal. LII. p. m. 229. h.
62Joh. Brent. Comment. in II. Reg.
c. X. p. m. 1024.
63Phil. Camerarius Cent. I. horar.
ſubciſ. c. LV I. p. m. 250.
64Cauſa VIII. q. I. c. XVIII.
65Evariſtus ep. II. ad Ægyptios.
66Thomas de Aquino L. III. contra
gentes cap. XCVI.
67Auguſtin. Tract. in epiſt. Johannis.
68Ambroſius L. IV. Hexaem. c. IV.
e. d. p. m. 45.
69Chryſoſtomus Lib. I. de Providen-
tia ad Stagirium monachum cap. II. edit.
Pariſ. M DC XIV. p. 162.
70D. Proſper Reſp. ad capitula object.
Gallorum calumniantium cap. III. edit.
Colon. M D LXV. p. 103.
71Plato L. II. de Republ.
72Proſper Sententiâ ſuper cap. XI.
capit. Gallor. e.d.p. 107.
73Chryſoſt. L. I. de Provid. ad Stagir.
monach. c. V III. e. d.
74Gregor. Magnus Li???. V. moral. c. 1.
75Chryſ. L. I. de Provid. ad Stagir.
monach. c. IX. p. 186. e. d.
76Salvian. L. III. de gubern. Dei edit.
Rittersh. p. m. 67.
77Baptiſta Fulgoſus de dictis factiś
memorabilibus Lib. I. C. III.
78Auguſt., L. VII. Confeſs. c. VI.
79Aug. in l. ſent. Proſp. Supplicans
Deo pro neceſſitatibus hujus vitæ, & miſeri-
corditer auditur, & miſericorditer non au-
ditur. Quid enim infirmo ſit utilius, magis
novit medicus, quàm ægrotus. Id. in Joh.
c. 14. Malè uſurus eo, quod vult accipere,
Deo potiùs miſerante non accipit. Proinde
ſi hæc ab illo petuntur, unde homo læditur,
magis metuendum est, ne, quod non potest
dare propitius, det iratus.
80Iſid. d. ſum. bon. l. 3. c. 1. Sæpe multos
Deus non exaudit ad voluntatem, ut ex-
andiat ad Salutem.
81Baſil. M. in Pſalm. XXXII. edit.
M D XXIII. Lat. Interp. Raph. Volater-
ranop. 81. a.
82Gregorius Nazianzenus T. I. Orat.
XVI. de pauperum amore n. 41. 42. p. 259.
ſeq. edit. Pariſ. M D CIX.
83Chryſoſt. Hom. ad Populum Antio-
chenum LXIV. de Fato & Provid. Orat.
IV. edit. Pariſ. MDCIX. p. 821. quæ pe-
nè eadem repetuntur Tom. VI. Homil. XI. de
Divitiis & Paupertate ed. MDCXXIV.
p. 763.
84Auguſtinus Enarrat. in Pſal. LXVI.
e. d. p. 247. A.
85Auguſt. Enarr. in Pſal. CXLIIX.
c. d. p. 648. C. D.
86Auguſt. L. III. de Trin. c. IV. e. d. p. 93.
87Theodoret. T. I. Q. CVIII. in Geneſ.
edit. Colon. M D LXVII. p. 31.
88Theodoret, T. II. Serm. VI. de Pro-
vid. e. d. p. 687.
89D. Proſper L. II. de Vocat. gentium
C. XXXII. e. d. p, 310. b.
90Salvianus L. VII. de gub. Dei. p. 258. e. d.
91Salvianus L. III. de gub. Dei.
e. d. p. 67.
92Gregor. Magn. L. XII. Moral. c. I.
93Idem Lib. d. c. XXII.
94Greg. Lib. XXIX. Moral. c. XXXII.
95Gregor. M. l. d. c. XXXI.
96Mvximus Tyrius Diſſertatione
XXXVII. ex edit. Heinſ. p. 251.
97Dan. Heinſius Orat. de Stoica Phi-
loſ. Operibus L. Annæi Senecæ præ-
miſsâ.
98Plut. in L. de diſcrimine adulatoris
& amici & in L. de animi tranquillitate.
99Joh. Spinæus de Tranquill. animi
Lib. IV. in Invidiamp. m. 185.
100Heſiod. Oper. & dies v. 3.
101Theognis ſent. ed. Neandr. Baſil.
M D lix. p. m. 74.
102Theognis Ed. d. p. 56.
103Pindarus Olymp. Oda VIII. ed. Schmi-
dianæ MD CXVI. p. m. 211.
104Pindarus Pyth. Od. III. e. d. p. 111.
Seq.
105Od. VIII. l. d. p. 293.
106Pindar. Pyth. Od. V. e. d. p. 227.
107Xenophon. Hiſtor. Græc. L. IV. edit.
Leunclav. græcolat. p. m. 523.
108Sophocles Ajace flagellifero.
109Eurip. in Electra Act. IV.
110Iphig. in aul. a. V.
111Electra a. IV.
112Iphig. in aul. a. III.
113Xenophon Hier. ſ. de regno e. d. p. 915.
114Flav. Joſeph. L. XIII. Antiq. Jud. c. IX.
de bello Jud. Lib. II. c. XII.
115Ducis peccat. L. II. p. I. c. VII. p. m. III.
116Luth. T. III. Germ. VVitteb. ſuper
Pſal. CI. p. m. 453. b.
117Agapetus Capit. admonit. V.
118Cyrillus L. II. Apol. c. XIV.
119Agapetiis Cap. admonit. LXII.
120Non quam bellè, ſed quàm benè.