Zu eigentlicher
Abbildung der Tugenden und Laſter
vorgeſtellet/ und
Mit hundert Poetiſchen Einfaͤllen erklaͤret
Duꝛch Fabianum Athyrum, der loblichen Sinnkünſte Beflißnen.
Dieſem iſt angefuͤget
Don Franciſci de Que vedo Villegas Traum
Von der entdeckten Warheit.
Nuͤrnberg/ In Verlegung Paulus Fuͤrſten/ Kunſthaͤndleꝛs/
Gedruckt daſelbſt bey Chriſtoff Gerhard/ Im Jahr 1654.
|| [ID00008]
Zuſchrifft.
An den Scheelſichtigen und Fehlrichtenden
Herꝛn ???omum von Stoltzenfels auff Stultus=
berg und Narꝛhofen/ Herꝛn zum Unverſtand/
und ꝛc.
ERkenne das Siegel/ beſchaue den Spiegel/
der ſchertzenden Hertzen in dieſen Gedichten/
Ich werde dein Richten mit nichten vernichten/
(dem Eſel gebuͤhren nicht Adelers Fluͤgel)
Du kenneſt die Hertzen auß Rahten und Thaten/
magſt jhre Liſt Splitter ohn Gitter 1 erꝛahten/
Dein Adel und Tadel ſoll jeden vergnuͤgen:
ſo probe/ dann lobe die lieblichen Schriffteu.
Ich leide der neidiſchen Zungen vergifften:
die ſchaͤndlichen Luͤgen doch endlich erliegen.Seines unguͤnſtigen Herꝛn jederzeitWiderwilliger F. A.
|| [ID00009]
Vorꝛede.
Von dem Inhalt und Gebrauch dieſes
neuvermehrten Stechbuͤchleins.
DEß Menſchen Hertz/ welches am erſten le=
bet und am letzten ſtirbet/ iſt die Quelle der guten und
boͤſen Neigungen/ der Tugenden und der Laſter/ deß
Segens und deß Fluches. Der Mund und Grund
der Warheit vergleichet das Hertz mit einem Schatz=
kaſten/ darinnen gute und boͤſe Muͤntze
̅
ſind/ ſagend: Was das Hertz
voll iſt/ das gehet der Mund uͤber. Ein guter Menſch brin [8] get
gutes herfuͤr/ auß dem guten Schatz ſeines Hertzens: ein
???oͤſer Menſch bringet boͤſes herfuͤr/ auß dem boͤſen Schatz
ſeines Hertzens. Solche gute und boͤſe Müntzen deß Hertzens ſind
faſt bey allen Menſchen untermiſchet; dergeſtalt/ daß der boͤſen und ar=
gen am meinſten/ und ſie reich ſeyn in Ungerechtigkeit/ in dem ſie jhr
Hertz verfuͤhren/ von Gott abwenden und die Welt lieb gewinnen/ wie
die Schrifft redet. Die Urſache iſt/ weil ſie alle nach Adamsbild ge=
praͤget/ und die verlohrnen Groſchen ſind/ die mit dem Beſen deß Ge=
ſetzes geſuchet/ und mit dem Liecht deß Evangelij muͤſſen beleuchtet weꝛ=
den/ wann ſie nicht ewig verlohren bleiben ſollen.Wie nun bey jedeꝛ Muͤntz das Bild und die Überſchrifft den Wehꝛt
weiſet/ und wir das erſte Bild der Vollkommenheit verlohren; alſo
(ſagt Tertullian) ſollen wir Gott geben/ was Gottes iſt/ und uns
bemuͤhen/ ſeinem Ebenbild zugleichen/ welcher Meinung auch Chriſtus
[9]
get: Lernet von mir/ dann ich binſanfftmuͤtig und von Her=
tzen demuͤtig/ ꝛc. Ein Beyſpiel hab ich euch gegeben/ ꝛc.Wann wir nun dieſe mancherley Hertzens Tafeln betrach=
ten (Sprüch: 3/ 3.) ſo finden ſich darauff gemahlet und eingedrucket
unterſchiedliche gute und boͤſe Bildungen. Den From
̅
en gibt Gott
Weißheit in das Hertz (2. Moſ. 31/ 6.) daß ſie jhr Anligen außſchuͤtten
(1. Sam. 1/ 15.) daß ſie froͤlich ſeyn/ (1. Sam. 2/ 1.) Gott von gan=
tzen Hertzen und allen Vermoͤgen lieben und vertrauen (Matth. 24.)
ruhig (1. Koͤn. 3/ 6.) rechtſchaffen (2. Koͤn. 15/ 3.) getroſt (1. Koͤn.
4/ 29.) fromm (Pſal. 94/ 15.) getreu (Nah. 9/ 8.) rein (Pſ. 69. 1.) ein=
faͤltig/ (Epheſ 6/ 5.) und Gott fuͤr Augen haben (Tob. 4/ 6.)Wie nun bey from
̅
en Hertzen alle Tugenden gleichſam verſie=
gelt/ ſo ſind im Gegenſtand der Boͤſen Hertzen Spiegel aller La [10] ſter/
daß ihr Dichten und Trachten boͤß iſt von Jugend auff/ (1. Moſ.
6/ 5.) ſie ſind verſtockt/ (2. Moſ. 31/ 6.) erheben ſich (5. Moſ. 8/ 14.)
ſind hart (Job. 23/ 16.) bloͤd (Job. 23/ 16) haben 7. Greuel in ſich/
(Sprichw. 26/ 25.) werden durch reitzende Lüſte verkehret (Weißh. 14/
26.) unbeſtaͤndig/ (Sir. 5/ 11.) verfinſtert (Roͤm. 1/ 20.) beben fuͤr
Unruhe (5. Moſ. 28/ 26.) zagen (1. Sam. 4/ 13.) und freſſen ſich ſelbſten
(Baruch 6/ 19.) ſchleuſſen zu das Hertz fuͤr jhren darbenden Bruder/
(1. Joh. 3/ 17) und laſſen ſich nicht ſtillen/ (1. Joh. 3/ 19.)Dergleichen Hertzensbilder und jhre Beſpieglung wird in gegen=
wertigen Wercklein vorgewieſen/ alſo genennt/ weil die Siegel der
Tugenden an beſtaͤndigen Bildern erkantlich/ die Spiegel aber der
Laſter in einem fluͤchtigen und nichtigem Nun verblicken/ verſcheinen
oder veraͤndern. Jene ſind den Hertzen eingedrucket/ dieſe gleichſam
[11]
nur angemahlet/ und nach Beſchaffenheit mehr oder minder ſchetzbar
oder veraͤchtlich.Demnach nun dieſe Hertzensſchertze/ wie ſie vormals bey
dem erſten Druck betitelt worden/ beliebet und die Exemplarien abge=
gangen/ hat der Autor fuͤr gut angeſehen/ ſolche/ folgender maſſen/ mit
allerhand luſtigen und theils grilliſchen Gedichten zuvermehren und
auf die hundertſte Zahl zuerhoͤhen/ nicht zweifflend/ es werde dem Lieb=
haber ehrlicher Kurtzweil und loͤblicher Ergoͤtzlichkeit/ ſehr gefaͤllig ſeyn/
maſſen es auch mit reinem Papier unterſchoſſen/ und fuͤr ein Stamm=
buͤchlein gebrauchet werden kan.In dem nun gegenwaͤrtiges erneurtes Wercklein von dem Ste=
chen den Nahmen hat/ und ins gemein das Stechbuͤchlein genennet
wird/ iſt zu wiſſen/ daß ſolches nachgehender Geſtalt zugebrauchen:
[12]
Der Erſte Theil begreifft in ſich 50 Kupfferblaͤtlein/ die Tugenden und
Laſter deß loͤblichen und ſchandbaren Frauen=Volcks vorſtellend; wie
der andre Theil ebenmaͤſſiger Zahle der Kupferblaͤtlein/ deßgleichen von
den jungen Freyern vorbildet/ und in der Mitten von dem Buchbinder
mit einem Regiſterlein kan unterſchieden werden.Wann man ſich nun in vertraulicher Geſellſchafft dieſer Erfin=
dungen gebrauchen will/ muß jedes anweſende/ in dem erſten Theil/
wann es eine Weibsperſon/ und in dem andern/ wann es eine Manns=
perſon/ mit einem Stefft/ Meſſer oder Stecknadel einſtechen/ ſeines
Hertzens Siegel= odeꝛ Spiegel=Bild auffwehlen/ ableſen und bemer=
cken: damit folgendes eben daſſelbe Blat nicht betreffe. Zu ſolchem
Ende ſind auch die Geiſtlichen Sachen von den Weltlichen nicht ab=
geſondert/ und faſt jedesmals ein gutes Bild nechſt einem boͤſen geſe [13] tzet
worden/ daß es dem Gluͤck unterworffen/ was man bey ſolchem ein=
ſtechen begegnen moͤchte.Zu Beſchluß dieſer Vorꝛede wollen wir ſetzen/ was der Sinn=
reiche Barclaj/ in ſeiner Argenide am 135 Blat/ von dergleichen Art
zuſchreiben geurtheilet/ welcher er/ jedoch auff eine andre Weiſe/ mit
ſeinem Exempel gefolget/ nachgehenden Begriffs:Ich will/ ſagt er/ Laſter und Tugenden außbilden/ und dieſen und jenen
ihre verdiente Belohlung ertheilen: die es leſen und ſich uͤber ſolche frembde
Begebenheit erzoͤrnen oder ſolche belieben/ werden gleichſam in einem Spiegel
ihrer Geſtalt Lobgeruͤcht oder verdientes Straff Vrtheil erkennen. Vielleicht
ſcheuen ſich etliche/ auf dem Schauplatz dieſer Welt eine ſolche Perſon laͤn=
ger zu tragen/ und zuſpielen/ welche jhnen mein Gedicht vorſtellig machet.
[14]
Damit aber keiner ſich beklagen moͤge/ daß er darmit angegriffen worden/ ſoll
niemand abſonderlich zu erkennen ſeyn: das ſolcher Geſtalt die Laſter und nicht
die jenigen/ ſo darmit behafftet ſind/ beruͤhret werden/ und wird niemand ſich be=
leidiget finden/ als die mit eigner Bekandtniß jhnen ſolche Unart ſelbſten bey=
meſſen moͤchten. Ferners will ich mancherley Namen erdichten/ ſo die Per=
ſonen der Tugenden und Laſter fuͤhren ſollen. Ein ſolches Buch ſolte hoch=
gehalten werden/ und wird daſſelbe trefflicher Nutzen nicht ermangeln/ in dem
die Laſter abgethan/ und die Warheit wider ſie gleichſam zu Feld
gefuͤhret wird.
|| [15]
ES ſpricht der teutſche Mann/ daß keiner Freund zu nennen/
mit dem man nicht zuvor ein Metzen Saltz verzehrt.
Verſtehend/ daß das Hertz des Menſchen zu erkennen/
ſo viel und lange Zeit der Freundſchaft Koſt’ ernehrt.
Diß iſt beſtaͤndig waar/ was Maͤnner anbelanget;
dann mit dem Weibervolck da trifft es ſelten ein:
Ihr Hertz und Angeſicht in ſolchen Larven pranget/
Daß ſie/ mit langer Zeit/ niemals erkandtlich ſeyn.
So zeuget der Profet/ der ſolches ſelbſt erfahren:(Malach. 3.)
Vertrau dich/ ſpricht er/ nicht der/ die an deinem Halſ’
in deinen Armen ſchlaͤfft/ du muſt dich ſtets verwahren/
und haͤtteſt du mit ihr verzehrt ein Fuder Saltz.
Iſt dann der Weiber Sinn ein finſter ſchw???rtzes Weſen/
Ein Born ohne Grund’ ein falſches Schaugewicht?
in welcher Mund und Hand die Warheit nie g???neſen/
und deren Spiegel Aug deß Hertzens Fallen richt?
|| [16]
Ach nein: Die Maͤnner Art iſt ja von dem Geſchlechte.(Sirach 13.)
Sie ſinnen Liſt und Trug/ den Gott ſelbſt nennet Greuel/
Darauß entſtehet auch Neid/ Feindſchafft/ Wortgefechte/
Krieg/ Raub/ Nahm/ Mord und Brand/ der Waffen Angſtgeheul
Wie ſolte nur das Weib ſeyn voller boͤſen Tuͤcke?
Hat es nicht offt der Mann kuͤhnliſtig hingewagt?(Jerem. 17.)
Ach jedes Menſchen Hertz iſt trotzig im Geluͦcke/
und in dem Trauerfall erſchrocken und verzagt.
Die Warheit ſuchte juͤngſt ein Herberg auf der Erden/
und eilt’ an Fuͤrſtenhof/ wo nach gewohnter Art
mit aller Hoͤflichkeit ſie wolt’ empfangen werden;
Fuͤr ihr war Thuͤr und Thor verſchloſſen und verwahrt.
Sie ſuchte manchen Wirt bey Kauf=und Wechſelbaͤncken/
man jagte ſie hinweg/ weil ſie kam ohne Geld;
Sie wurd’ auch auß dem Dorf’ und in den Baurenſchencken/
vertrieben von dem Neid/ ja/ von dem freien Feld.
|| [17]
Ach ſolte dann der Krieg der Warheit Herberg geben/
da Stehlen ruͤhmlich iſt? ſo wenig als die Kunſt.
Die fromme Wanderin muͤſt’ in dem Elend leben/
Wann ſie nicht hauſt der Schertz/ mit ſtetsbeliebter Gunſt.
Beſchau die Warheit hier vermaͤhlet und verbunden/
Mit Mahl=und Reimenwerck’! hoͤr was ſie dir erzehlt!
Du haſt ſie ſonder Muͤh in einem Nun gefunden/
und auf den erſten Blat dir ſelbſten aufgewehlt.
Wann ſolches Hertzenbild ſich deinem nicht vergleichet,
So huͤte ferners dich vor ſo bedeuter Schand/
Dann dieſes Sinngemaͤhl dir eine Warnung reichet;
und gieb dem Nachbarmann das Buch auch in die Hand.
Es wird doch dieſes Werck dich dir und andren weiſen/
und was verhuͤllet liegt entdecken auß dem Grund.
Wie? wilt du Zorneweis dein Blat und Spruch zerꝛeiſſen?
So ſagt man/ dieſer iſt von Haſenſchroͤten wund!
|| [18]
Deß erneurten
Stechbuͤchleins
Erſter Theil.
Für das Holdſelige Frauenzimmer/
deroſelben Tugendſpiegel
und
Laſterſpiegel
vorſtellend.
|| [ID00021]
|| [19]
|| [20]
Das verſtrickte Hertz.
Kunſtſtuͤck/
Wie das Boͤſe mit Guten zu uͤberwinden.
???Iel laſſen ihr Hertz mit eitlen Einfaͤllen zerſtuͤcken/ und
hangen bald dieſem/ bald jenem nach/ wie der weiſe Salo=
mon auch gethan/ der ſeinem Hertzen nichts gewehret/ und
im Ende den Ausſpruch gemachet/ daß alles/ alles/ alles
Eitel ſeye.Solche zerſtückte Hertzen/ werden durch die Kreutzbande der
Anfechtung wieder ergaͤntzet/ zuſammen gehalten/ und gegen den
[21]
Himmel gerichtet/ da ſie ſonſten ſich ſelbſten verlieren/ wie die
Schrifft redet.Alſo koͤnnen die Stricke Chriſti/ mit welchen er bey ſeiner Mar=
ter iſt gebunden worden/ und wegen vieleꝛ dem Menſchlichen Geſchlecht
erwieſnen Gutthaten gut zu nennen ſind/ das boͤſe in argen liegende/
trotzige und verzagte Welt=Hertz uͤberwinden/ zuſammen halten/ und
beſtricken/ daß es niemand ſcheiden mag von der himliſchen Lie=
be: Noch die Truͤbſal/ dann Gott iſt unſer Troſt/ noch Verfol=
gung/ dann er nimmet uns auf/ noch Hunger/ dann er ſpeiſet und
ernehret uns/ noch das Schwerdt/ dann er iſt unſre Huͤlff und
Schild. Wol allen denen/ die ſich dieſer Bande
ruͤhmen koͤnnen.
|| [ID00025]
|| [22]
|| [23]
II. Die verehlichten Hertzen.
Frage:
Ob die Liebe durch Beſitzung deß Geliebten abnehme?
Fuͤr das Jawort ſtreiten folgende Urſachen:
1. WEil man aller Welt=Sachen ſich ermuͤden kan/ und nach
dem Sprichwort: Kein Spiel ſo ſchon iſt/ deſſen man
nicht ſoll überdruͤſſig werden.2. Weil auch die Kraͤfften und das hitzige Gebluͤt/ mit den zu=
wachſenden Jahren abzunehmen pfleget.3. Weil alles/ was uns zu gemein iſt/ einen Eckel verurſachet/
und die Schoͤnheit/ der Liebe Quelle/ mit herannahendem Alter ſich
verleuret.
|| [24]
Fuͤr das Neinwort dienen nachgehende Urſachen:
1. Weil der Geitzige und Verliebte nimmermehr vergnuͤget leben/
und man vielleicht auch deßwegen die Liebſten/ Schaͤtze und Schaͤtzlein
nennet.2. Weil die Liebe nicht nur in Viehiſchen Begierden/ ſondern in
gleichgeſinnten/ vnd gleichverbundnen Hertzen beſtehet.3. Weil man den Verſtand/ deſſen Schoͤnheit mit dem Alter zu=
nimmet/ liebet/ und zugleichen Theilen der Ehegatten/ die leibliche
Schoͤnheit ſich verlieret: Solte aber ein ehrlicher Mann ſein Weibe
nicht lieben/ weil ſie kranck iſt? Mit nichten/ ſondern der Todt kan
das Band ihrer ehlichen Pflichten allein auffloͤſen.
Die Liebe iſt ſtaͤrcker/ als der Tod!
|| [ID00029]
|| [25]
|| [26]
Der Papagey redet:
WAs bildeſt du dir ein mit deinen Korbiſieren?
Du meinſt daß jederman/ ſich von dir laß vexiren.
Du biſt jung/ ſchoͤn und reich/
und dir iſt niemand gleich.
Du weiſt die Buler ab/ die pflegen auffzuwarten/
Du lacheſt ihres Spiels und ſiehſt in jhre Karten/
Der Ober iſt zu ſchlecht/
der Unter dient nicht recht.
Der redet gar zu viel/ und der weiß nichts zuſagen/
der kan die Hof Sprach nicht/ der pfleget nur zu fragen.
|| [27]
War von man hoͤren will?
und ſchweigt hernacher ſtill.
Der dunket dich zu ring/ der iſt deß Gluͤckes Pallen:
So laͤſſt du ſie fein ſacht durch dieſes Koͤrblein fallen.
Der deiner Lieb begehrt/
iſt keiner deiner wehrt.
Verziehe kleine Zeit/ das Blaͤtlein wird ſich wenden/
und deiner Schoͤnheit Zier wird mit der Zeit ſich enden.
Wie dieſe Lentzenblum
verlieret Ruch und Ruhm.
Die du verſchmaͤhet haſt/ wirſt du hernach fuͤr allen
erwehlen/ und ſie dich auch wieder laſſen fallen/
Wann deines Antlitz Schein
wird runtzelſtriemig ſeyn.
|| [ID00033]
|| [28]
|| [29]
IV. Das keuſche Hertz.
Frage:
Warinnen die Keuſchheit beſtehe?
DIe Keuſchheit iſt zweyerley/ deß Leibes und deß Ge=
muͤhtes.Die Keuſchheit des Leibes iſt die unberuͤhrte und unbefleckte
Reinlichkeit/ der loͤblichen Jungfrauſchafft/ und findet ſich ſolche nicht
nur bey den unſchuldigen Kindern/ ſondern bey allen/ die ihr Gefaͤß rein
behalten/ wie der Apoſtel redet.Die Keuſchheit deß Gemuͤthes iſt von allen fleiſchlichen und
ſuͤndlichen Begierden befreyet/ und faſt Engliſch zu nennen/ von wel [30] cher
auch der Befehl zu verſtehen/ wann dorten ſtehet/ man ſoll das
Aug/ welches uns aͤrgert/ außreiſſen/ durch Ablegung boͤſer und unreiner
Begierden.Dieſes beedes pfleget gleichſtaͤndig zuerſcheinen/ bey Tugend=ade=
lichen Perſonen/ und wird allhier ausgebildet durch eine guldne Kron/
deren Wiederſchein in dem Waſſer erhellet: Jene/ die Keuſchheit deß
Gemuͤtes/ ſchwebet in der Hoͤhe; Dieſe/ deß Leibes/ in den fluͤchtigen
Waſſer/ mit gleichgeſtalten Schein. Nach dieſer Koͤniglichen Tu=
gend ſihet das fromme Hertz/ und achtet ſolche fuͤr die ſchetzbarſte Zier
und innerlichen Schmuck/ welchen der Seelen Braͤutigam
mit verlangter Gegenliebe belohnet.
|| [ID00037]
|| [31]
|| [32]
V. Das beſtrickte Hertz.
An die Verliebten.
DEr wird nicht leicht geſund/ der ſeine Kranckheit liebet.
Der wird nicht leicht erfreut/ der willig ſich betruͤbet.
Der keinen Raht nimbt an/
wird keine Hülff gethan.
Das kleine Venus=Kind kan kleine Voͤgel fangen/
und ſie/ zum Kinderſpiel/ an einen Faden hangen:
Der Vogel fleugt nicht weit/
zu ſeiner Flucht bereit.
Es ſchertzt der arge Knab mit dieſem Fittigſchwinger:
Erweiſend daß er iſt der ſtarcke Hertzbezwinger/
der faͤngt und laͤſſet frey/
nach ſeiner Fantaſey.
|| [33]
Es kan der Liebesſchuͤtz den Bulern liſtig ſtellen/
Sie flattren hin und her und ruffen den Geſellen:
ſie reitzt auf manche Weis
die ſuͤſſe Luderſpeiß.
Man naͤhrt und fernet ſich/ ſie hupfen mit verlangen
von Aſt auf Aſt und Aſt/ und wird zu letzt gefangen
der Niſtling nimmer=klug/
offt in dem erſten Flug.
Wer ſeine Freyheit liebt entfliehe den Geſellen;
Es kan das Kinderſpiel auch die Bejahrten faͤllen/
wann ſie die Langeweil
hangt an das{ | Liebes= | }Seil. |
Narren= |
|| [ID00041]
|| [34]
|| [35]
Erforſchung.
DAs Wort Loͤffeln ſoll von den Lefftzen oder Lippen herkom=
men/ weil die Loͤffel die Lefftzen beruͤhren/ und daher nennet
man Leffeln odeꝛ Loͤffeln/ wann zwey Vertraute ſich in
Liebs=Geſpraͤch einlaſſen/ und mit den Lefftzen einander kuͤſſen und
hertzen.Dieſe Wort=erforſchung kan ſo lang beſtehen/ biß man eine beſſe=
re herfuͤr bringet/ und bleibet inzwiſchen gewiß/ daß die jenigen/ welche
belieben zu den Loͤffeln tragen/ ſich gewißlich der verbottnen Speiſe ge=
luͤſten laſſen/ welcher ſie genieſſen/ aber ſelten verdaͤuen koͤnnen. Der
Buler gehet darvon und wiſcht das Maul/ hat ſich bey dem Feuer ge [36] waͤrmet/
als jhn gefroren; die betrogne Ariadne aber wird offtermals
verlaſſen/ und bleibet jhr zuweilen ein ſuͤſſer Biſſen in dem Zahn ſtecken/
deſſen ſie ohne groſſen Schmertzen/ ja ſonder überhaͤuffte Schande nicht
wieder kan loß werden. Deßwegen jener Kirchenlehrer recht geſagt:
Wer die Suͤnde meiden will/ der vermeide die Gelegenheit
zu ſuͤndigen/ dann in ſolcher geſuchten Verſuchung ſind wir
Menſchen unſer nicht allezeit maͤchtig/ und pflegen ſelten zu
ſiegen; vielmals aber unter zu liegen/ und Gottes
Zorn uͤber uns zu ziehen: Wer dann einmal wider ſein Ge=
wiſſen geſuͦndiget/ der hat dem Sathan die Thuͤr geoͤff=
net/ daß er jhn ferner verſuchen kan.
|| [ID00045]
|| [37]
|| [38]
Unterſcheid.
DEß Aergerniß iſt zweyerley: Ein genommenes und gegeb=
nes Aergerniß.Das genom
̅
en Aergerniß iſt faſt ſo ſtraͤfflich/ als das gegeb=
ne/ und kommet her von einem falſchgefaſten Wahn/ den man ohne ge=
nugſame Urſachen behaubtet/ und nicht will fahren laſſen. Ein ſolcher
war bey den Schrifftgelehrten und Phariſeern/ wan
̅
ſie Chriſtum nicht
verachteten/ und ſich an ſeiner geringen Geſtalt/ wie auch an ſeinen Le=
ben und Wunderwercken an den Sabbath/ aͤrgerten/ daß er veranlaſſt
wurde zuſagen; Selig iſt/ der ſich nicht an mir aͤrgert.
|| [39]
Ein gegebnes Aergerniß iſt/ wann man junge unſchuldige
Hertzen/ mit boͤſen Worten oder Wercken zu Sünden und Laſtern ver=
leitet/ wie dorten Achitophel gethan/ der dem Koͤnig Abſolon gerahten/
er ſolte ſeines Vatters Kebsweiber beſchlaffen/ und ſolche aͤrgerliche
Rathgeber ſind ſtraͤfflicher/ als die welche ihnen folgen/ weil ſie die Miſ=
ſethat verurſachen/ die ohne ihr einrathen verbliebe. Von ſolchen gegeb=
nen Aergerniß ſagt unſer Erloͤſer: Weh dem/ durch welchen Aer=
gerniß kommet! Es were einem ſolchen Menſchen beſſer/
daß ein Muͤhlſtein an ſeinem Halſe hienge/ und er in das
Meer geworffen wuͤrde/ wo es am tieffſten iſt. Warnet auch
an einem andern Orte/ ſagend: Huͤtet euch fuͦr denen die
Leib und Seele toͤdten in der
Hoͤlle!
|| [ID00049]
|| [40]
|| [41]
VIII. Das unbeſtaͤndige Hertz.
Frage:
Ob die Unbeſtaͤndigkeit in der Liebe ſcheltbar ſeye?
DIeſe Frage zu beantworten/ muß man zuvor wiſſen/ was allhier
durch die Liebe verſtanden werde. Iſt die Liebe ein Verlangen
der Schoͤnheit/ ſolche Schoͤnheit aber iſt bey einer Perſon allein
nicht zu finden/ ſo kan man nicht nur etliche zugleich/ ſondern auch die/
welche nach und nach unſren Augen am ſchoͤnſten vorkommet/ lieben.
Dieſes iſt der Buler Urſache/ wann ſie bey offner Wahl ihr Urtheil
vielmals aͤndern/ und vermeinen/ daß ſie deßwegen den Verſtand haben/
daß ſie das anſtaͤndigſte/ ſchoͤnſte und nuͤtzlichſte moͤgen außſuchen: ſte=
het dahin/ ob es ſich finden laſſe. Wann alles/ was in dieſer Welt zu
[42]
finden iſt/ auff fluͤchtigen Fuß ſtehet/ wie ſolte dann die Liebe/ welcher
alle Mahler Fluͤgel anmahlen/ und deß Menſchen Hertz nicht/ in den
Wellen deß Ungluͤckes/ und bey dem Sonnenſchein deß Gelückes/ in
ſteter Beſtaͤndigkeit daher ſchweben/ unbeweglich beharꝛen.Dieſes kan man nicht abredig ſeyn/ daß in dem Eheſtand die Un=
beſtaͤndigkeit der Liebe nicht mehr ſtatthafft iſt/ und daß der/ welcher ein
Weib anſihet ihr zu begehren/ die Ehe ſchon gebrochen hat in ſeinem
Hertzen/ und Gottes Straff=Urtheil hier zeitlich/ oder dort ewig
nicht entgehen wird: Maſſen der Hoͤchſte nicht alles auf der
Erdenſtraffet/ daß man nicht waͤhnen ſoll/ es ſeye keine ewi=
ge Straffe zuerwarten: Er laͤſſet auch nicht alles unge=
ſtrafft/ daß man wiſſe/ Er ſeye ein gerechter
Gott.
|| [ID00053]
|| [43]
|| [44]
Gleichniß.
DEr Liebespfeil wird verglichen mit der Lantzen Achillis/
welche verwundet/ und zugleich/ durch heimliche Tugend=
Wuͤrckung/ wieder heilen konte: Alſo kan die Liebe ſich mit Ge=
genliebe und Vereinigung der Gemuͤhter wieder heilen/ in dem zwey in
einem Fleiſch und auß zweyen Hertzen ein Hertz werden ſoll.Dieſer Meinung wird auch die Liebe verglichen mit einem Scor=
pion/ der/ wan
̅
man ihn auf den Wundenſtich zerknirſchet/ den verurſach=
ten Schmertzen auch wieder ſtillet/ und den toͤdlichen Gifft außziehet
[45]
und heilet. Hierüber iſt ſich nun hoͤchlich zu verwundern/ daß gleich=
ſam Tod und Leben aus einer Urſache herkommet/ und daß das/ was
ſchadet/ auch nutzet/ wie das Schlangenpulffer und die vergifften Vi=
pern auch ihren Gegengifft bey ſich haben. Im Gegenſtand kan
auch das nuͤtzlichſte/ das ſchaͤdlichſte werden/ wenn es zu einer Faͤulung
gelanget/ als das liebe Getraͤid/ welches deß Menſchen Leben erhaͤlt/
wird durch die Faͤulung zu Gifft; bedeutend/ daß auch das aller=
beſte mißbrauchet werde koͤnne.
|| [ID00057]
|| [46]
|| [47]
X. Das wolthaͤtige Hertz.
Gemaͤhl.
DIe drey Gratiæ oder Huldgoͤttinnen werden gemahlt in der Ge=
ſtalt dreyer holdſeligen Jungfrauen/ mit froͤlichem Angeſicht/
bloß und einander umbarmend/ eine ſtehet ruckwarts/ und wen=
det das Angeſicht gegen die andern/ zu bedeuten/ daß man eine empfan=
gene Gnade doppelt erwiedern ſoll: Der jenige aber/ welcher andern
wolthut/ ſoll es alſo bald vergeſſen/ und der Gabe gleichſam den Rucken
wenden. Wie der andre/ welcher die Wolthat empfaͤhet/ ſolche ſtets
in unentfallenem Angedencken erhalten ſoll.Jungfrauen ſind die Huldinen/ und entbloͤſſt/ zu bedeuten/ daß
die Wolthat reinlich/ ohne falſch und Hoffnung der Wiedergeltung
[48]
ſol ertheilet werden. Sie umbarmen einander/ weil das Geben/ Neh=
men und Wiedergeben mit einandeꝛ danckbarlich ſoll verſchweſtert ſeyn/
daher Cryſippus das Wolthun mit dem Palln verglichen/ den man
einander zuſchlaͤget/ wiewol ein Schlag ſtaͤrcker und beſſer gelinget/
als der andre.Dieſe Jungfrauen ſind jung und ſtarck/ weil die Wolthat nicht
alten/ ſondern in ſteter Bluͤte erhalten werden ſoll. Sie werden mit
froͤlichem Angeſicht gebildet/ mit welchem man ſich wolthaͤtig ſoll erwei=
ſen/ ohne Zwang/ Noth oder gewinnſuͤchtiges Abſehen.Die erſte Gratia heiſt Aglia, das iſt/ Froͤlichkeit oder Freu=
digkeit. Die andre Thalia, das iſt/ die Grunende und Bluͤhende.
Die dritte Euphroſina, oder die Liebreiche. Dieſe drey ſollen
das wolthaͤtige Hertz mit Froͤlichkeit und unver=
welckter Liebe erfuͦllen.
|| [ID00061]
|| [49]
|| [50]
XI. Das liebende und geliebte Hertz.
Gedicht.
VEnus gienge zu ſpatzieren
in das neubeblumte Feld/
nechſt deß Martis roten Zelt
wolte ſie ſich erluſtiren.
und fand’ in der Beckelhauben/
welche Mars hat abgelegt
daß darinnen außgehegt/
ein par junger Turteltauben/
die ſich ſchnaͤblen oder kuſſten/
Sie rufft Maͤrtem bald herbey/
daß er ſolte dieſe zwey
ſehen/ mit viel Liebsgeluſten.
|| [51]
Ehleut ſolche Tauben finden/
denen ſteht das ſchnaͤblen zu/
die mit ſaufft verlangter Ruh
ſich mit Liebes Kuſſen binden.
Sonſten pflegt es zu ergehen/
wie es Mars und Venus gluͤckt/
die Vulcanus hat beſtrickt/
daß der Luſt bringt ſpate Wehen.
Wer die Suͤnde will vermeiden/
meide die Gelegenheit/
dann der Menſch muß offt zu Zeit/
von ſich ſelbſt Gewalthat leiden.
|| [ID00065]
|| [52]
|| [53]
XII. Das Muſic aliſche Hertz.
Der Muſic Lob.
DAs Hertz machet einen ∇/ in welches ſich die dreyeckigte Harffe
ſehr wol ſchicket/ bekroͤnet mit dem unverwelckliche
̅
Lorbeerkrantz
eines unſterblichen Namens. Die Muſica/ von welcher die Mu=
ſen den Namen erhalten/ beſtehet in Klingen und Singen/ welches beedes
mit einander verbunden/ beurſachet eine ſuͤſſe Freudigkeit der Ohren/ ſo
die Hertzen beherꝛſchet/ die Gemu???ter beweget/ die Sinne bezaubert/ daß
man vermeinen ſolte/ die Luffte ſeye mit einem holden Dufft begeiſtert/
mit einem liebliche
̅
Klang beſtimmet/ und zu einem Bottſchaffter der an=
genehmſten Zeitungen gemachet. Der ſuͤſſe Muſic=ſchall reimt mit
[54]
dem Gegenhall/ und haben die Menſchen auf dieſer Welt keine zulaͤſ=
ſigere Ergoͤtzlichkeit/ als der Engelsfreude/ welcher Vorgeſchmack die
edle Muſica iſt.Sie ziert/ ſie ſtillt/ ſie ſtaͤrckt/ durch Kunſt/ durch Klang/ durch Lieder/
mit Ehr/ mit Gott/ mit Luſt/ den Leib/ die Seel/ die Bruͤder.
Sie lobt/ ſie bett/ ſie klagt/ den Schutz/ umb Huͤlff/ in Noht/
mit Freud/ mit Ernſt/ mit Macht den Herrn/ gen Him= mel Gott.
|| [ID00069]
|| [55]
|| [56]
XIII. Das getroſte Hertz.
Lehrgedicht.
ALs auf eine Zeit ein Schiff auß den Hafen geſegelt/ und etliche Gü=
ter in ein andres Koͤnigreich überbringen wolte/ iſt auff dem
Meer ein groſſes Ungeſtuͤmm entſtanden/ daß die Leute auff beſag=
ten Schiff dem Tod unter die Augen geſehen/ und ihn unteꝛ allen ſchroͤck=
lichſten Dingen/ fuͤr das erſchroͤcklichſte und abſcheulichſte erkennet: ja
die Todesfurcht war ihnen der allerempfindlichſte Schmertzen=Jam=
mer/ und in ſolchem Angſtſtand fraß ein Schwein unten in dem Schif=
fe ſeine Kleyen/ und ließ die Schiffleute klagen und zagen.
|| [57]
Als nach verwichner Zeit ſich das Ungewitter geleget/ und das
Schiff ohne Schaden zu Lande gelanget/ haben die Leute darauff ihre
Zagheit erkandt/ und das Schwein fuͤr gluͤckſeliger gehalten/ als ſie/
welches ſich nicht bekuͤmmert/ und in der Gefahr ſorgloß und getroſt
geweſen.Alſo ſollen die Menſchen in der Gefahr Gott anruffen/ der
verſprochen hat/ bey ihnen zu ſeyn/ ſie mit huͤlffreicher Hande herauß zu
reiſſen/ und zu Ehren zu machen: Im übrigen aber die Hertzen nicht zu be=
ſchweren mit Sorgen/ ſondern allezeit getroſt ſeyn im Leiden/ und ſich
auch fuͤr dem Tod nicht entſetzen/ wie jene die keine Hoff=
nung haben.
|| [ID00073]
|| [58]
|| [59]
XIV. Das Buler=Hertz.
Frage:
Ob die Gewonheit der Frantzoſen/ das Frauen=Volck mit
einem Kuß zu gruͤſſen/ loͤblich und zulaͤſſig
ſeye?
ZU Bejahung dieſer Frage dienen folgende Urſachen:I. Weil der Kuß ein Zeichen der Chriſtlichen Liebe/ der Freund=
ſchafft und bruͤderlichen Treue/ wie auch der Ehrerbietung/ daher
in dem 2. Pſalm ſtehet: Kuͤſſet den Sohn/ daß er nicht zuͤrne.II. Weil ſolcher Kuß der Verliebten Hertzenſchluß/ in dem gleich=
ſam eines deß andern Seelenhauch theilhafftig wird.
|| [60]
III. Weil durch den Ehrenkuß/ wie auch durch den Liebeskuß nie=
mand beleidiget wird/ welcher nicht/ den Gewonheit deß Landes zu ent=
gegen/ für unhoͤfflich will angeſehen werden.Hierwieder ſtreiten folgende Urſachen:I. Weil man die Ehrerbietung und Freundſchafft mit andren an=
ſtaͤndigen Geberden beweiſen kan.II. Weil hierdurch die Jugend zu boͤſen Begierden gereitzet wird/
welcher aͤrgerliche Veranlaſſung zuvermeiden.III. Weil es dem Frauenvolck hoͤchſtverdruͤßlich/ daß ſie ſich von
einem jeden hergeloffnen Ruͦlpen ſollen gruͤſſen und den Mund an
ihren Lippen abwiſchen laſſen.
|| [ID00077]
|| [61]
|| [62]
XV. Das Klaffer=Hertz.
Lehrgedicht.
DEr Arcadiſche Richter Midas hoͤrte mit ſeinen langen Schar=
nuͤtzel Ohren alleꝛley Muſicaliſche Inſtrumenten/ und ſolte das
Urtheil faͤlle
̅
/ welches unteꝛ denſelben das lieblichſte und ſchetzbar=
ſte? Nachdem nun die Lauten/ die Geigen/ Harffen/ Chytarren/ Trom
̅
el/
Trompeten/ Pfeiffen/ und endlich die Maultrommel ertoͤhnet/ hat er/
nach ſeinem hochgeohrten Verſtand/ den Richterlichen Außſpruch ge=
machet/ daß die Maultrommel das lieblichſte/ kuͤnſtlichſte und
wehrteſte unter allen/ weil es leichter zu lernen als die an=
dern/ und einen feinen gleichen Klang/ ohne viel krauſe
[63]
Vermiſchung von ſich gebe: Mit dieſem Urtheil ſind die andern
Inſtrumente übel zu frieden geweſen/ und haben ſich auff Phoͤbi Ober=
Urtheil beruffen/ welcher dieſen Streit mit mehr Verſtand verabſchei=
den ſol/ wann es auf die nechſt Verſamlung in dem Parnaſſo angebracht
werden wird.
Deutung.
Dergleichen ungehirnte und gehoͤrnete Richter gibt es mehr/ wel=
che den/ der viel ſchwaͤtzet/ und/ gleich den abgerichten Papegeyen/ ein
Ding zum oͤfftern wiederholet/ fuͤr gelehrt und beredt halten; da doch
bey Mehrverſtaͤndigen ihre Reden weit ein andres ob=Urtheil zu
gewarten haben.
|| [ID00081]
|| [64]
|| [65]
XVI. Das bejahrte Hertz.
Anmerckung.
DAs Woͤrtlein Hertz/ ſcheinet nicht ungleich dem Wort Ertz
oder aͤrtz/ weil das H vielmehr ein Hauch/ als ein mitſtimmen=
der Buchſtab iſt. Wann man nun das Hertz und Ertz/
oder Aertz/ mit einander betrachtet/ ſo findet ſich unter denſelben eine
groſſe Vergleichung. Das Ertz und Hertz iſt jrdiſch/ hart/ unrein/
ſchroff und ungeſchlacht/ kan auch ohne das Feuer (der Anfechtung)
nicht erweichet und zu Nutzen angewendet werden.
|| [66]
Es iſt aber unter beeden eine groſſe Ungleichheit/ in dem
das Ertz/ und Metall lang dauret/ das Hertz aber veraltet/ vnd von
den Jahren hingerichtet/ und durch den Todt in ſein erſtes Weſen ver=
wandelt wird. Wann man nun die bejahrten Hertzen wiedeꝛ ümſchmel=
tzen koͤnte/ wie das Ertz/ oder zwierbachen/ wie das Schiffbrod/ iſt auſſer
Zweiffel/ es ſolte ein ſolcher Beck der reichſte in der Welt ſeyn/ weil eben
die Reichen den Tod haſſen/ ſich zu erjungen wuͤnſchen/ und das
ewige Leben nicht verlangen/ als nur ſo ſpat es moͤg=
lich iſt.
|| [ID00085]
|| [67]
|| [68]
XVII. Das geritzte Hertz.
Zeit bringt Roſen.
Gloß.
DIe beſtaͤndige Unbeſtaͤndigkeit aller in Eitelkeit ſchwebenden
Welthaͤndel/ hat zu einer beheglichen Stuͤtzen und Auffenthalt
die ſtetsgruͤnende Hoffnung: Die ſtetsgruͤnend und lebendige
Hoffnung/ ſage ich/ welche deß Menſchen hinfallenden Lebens=Lauff
begleitet/ biß zu der letzten Lebensſtunde beharꝛet/ und mit dem ſchmertz=
lichen Todesſeufftzer dahin ſtirbet.Nach truͤben Wetter folget der Sonnenſchein/ nach dem trauri=
gen Winter/ der froͤliche Fruͤling/ welcher die entlaubten und blaͤtterlo [69] ſen
Doͤrner wieder beſafftet/ bekrafftet/ bekleidet/ endlich auch mit
Blüten und Roſen beſchoͤnet und kroͤnet. Wird nun dein Hertz mit
den ſpitzigen Doͤrnern der Anfechtung geritzet und ſchmertzlichſt gepla=
get/ ſo hoffe auff die baldkommende Roſenzeit/ welche deine Hoffnung
nicht wird laſſen zuſchanden werden.Die Doͤrner Roſen tragen/
das Plagen bringt behagen:
das Klagen ohn Verzagen/
macht Freud in Leide tragen/
Man muß im Hoffnungs Garten/
der rechten Zeit erwarten.
|| [ID00089]
|| [70]
|| [71]
XVIII. Das Geldgierige Hertz.
Wunderwerck.
DAs nechſt der Hoͤllen Abgrund vergrabene Sonnen Metall/
wird durch groſſe Mühe geſuchet/ mit verlangten Freuden ge=
funden/ mit unerſaͤttlicher Begierlichkeit erhalten/ und mit ſtets
verjuͤngten Geitz zuſammen geſamlet. Warumb haͤlt man aber ſo
ſchaͤtzbar/ daß noch unſrer Seelen nutzen/ aber wol ſchaden kan?
Warumb wird ſo wehrt geachtet/ was unſren Leib zieret/ aber nicht be=
decket/ und in unſres Leibes Nahrungs=Safft verwandelt werden kan.
Der Reiche iſt gleich einem Falcken/ den man in ſeinem Leben auff den
Haͤnden traͤget/ nach dem Tod auf den Miſthauffen wirfft. Hoͤret aber
die Wunderwercke dieſes glaͤntzenden Erdklumpens?
|| [72]
Das Gold verſetzet und verletzet die feſtgeſetzte Geſetze/ bekrieget
und beſieget die unuͤberwindlichen Feſtungen/ erlaufft und erkauffet die
begehrten Ehrenſtellen/ ſchwaͤchet und beflecket die reinlichſte Keuſch=
heit/ vertiefet und erniedriget die hocherhabnen Berge/ zerſchmeltzet die
Diamantharten Felſenſteine/ beherꝛſchet die Gemuͤter/ befeſſelt den Wil=
len. Das Gold iſt der Obergebieter der Soldaten/ das Band und
Pfand der Kriegeszucht/ der zulaͤſſige Schiedrichter der Rechthaͤngi=
gen Sachen/ der Magnet begieriger Gedancken/ und iſt die Ver=
mittlung/ daß die ſonſt zu Erden ſinckenden Hertzen einen Muth be=
kommen/ und ſich zwiſchen den Goldſaͤcken empor ſchwingen.
Daß jener recht uͤber den Habicht geſchrieben:
Woher ich es bekomme/ da fraget
niemand nach.
|| [ID00093]
|| [73]
|| [74]
XIX. Das faͤhige Hertz.
Der Mahler Ehrenbrieff.
ALs auf eine Zeit in dem Parnoſſo die beruͤmten Kuͤnſtler begehr=
ten/ daß von ihrer Wunder=Arbeit eine Gedaͤchtniß in den
Tempel der Ewigkeit aufbehalten werden moͤchte/ iſt ſolches
Anbringen mit gnaͤdiger Willfahrung beantwortet worden: Albrecht
Dürer/ Mithael Angelo/ Tician/ Sandrad/ Merian und viel an=
dre haben mit jhren Gemaͤhlen und ſinnreichſten Erfindunge
̅
die Waͤn=
de herꝛlichſt bezieret/ und die Geſtalt vieler hinfallenden Sachen kuͤnſt=
lichſt erhalten und erfreulichſt beſchmucket.
|| [75]
Hierwieder eiferte Zeno/ der Anfaͤnger der Stoiſchen Philoſophie/
und ſagte: daß das Hertz deß Menſchen der rechte Tempel der Ewigkeit
ſeye/ welcher mit den Tugend=Bildern auf das ſchoͤnſte geſchmucket
werden ſolte. Das Hertz/ ſagte er/ iſt geſtaltet wie eines Mahlers
Pollet; allerley Farben ſind darauff/ und beſtehet die Kunſt in derſel=
ben meiſterlichem Gebrauch und zu Werckbringung der hohen Tugend=
farben und die finſtern Laſterſchatten. Apollo gabe hierauff die Ant=
wort: Das beedes beyſammen ſeyn/ und eines weiſen Man=
nes Hauß mit ſchoͤnen Gemaͤhlen/ ſein Hertz aber mit
holden Tugenden geziert ſeyn
ſolte.
|| [ID00097]
|| [76]
|| [77]
XX. Das plauder Hertz.
Lehre.
ES iſt bewuſt/ daß die Siechen in dem alten Teſtament
auſſer den Staͤdten wohnen/ von ferne betteln und
ſich aller ehrlichen Geſellſchafft enthalten muͤſſen.
Ob nun wol ſolches Geſetz dieſe Politiſche Urſache hat/ daß
niemand von ſolcheꝛ fangender Seuche angeſtecket/ und
vergifftet werden moͤchte/ welches in dem Anhauchen/ mit
Eſſen oder mit Trincken/ durch Kleidung und in andre we=
ge beſchehen kan: So deutet es doch auch dahin/ daß man
[78]
ſich von den Laſterhafften Leuten abſondern ſoll/ damit man
von ſolchen nicht vergifftet werde.Unter andern verborgnen Laſtern deß Hertzens wei=
ſet ſich am erſten die Schwaͤtz=Kranckheit/ wann einer das
Wort allein erbetteln/ und die Lippen ſtetig pitſch=pat=
ſchen laͤſſet/ wie ein hierbey gemahltes Siechenſchloͤtterlein.
Von ſolchen Maulwerckeꝛn iſt das Sprichwort waar/
welches ſaget/ daß/ der viel rede/ ſich deß Luͤgens ſchwer=
lich enthalten koͤnne/ und wer viel ſaget/ das man nit gerne
hoͤret/ von dem ſagt man wieder/ daß auch Er lieber ver=
ſchwiegen wiſſen wolte. Wer dieſes Laſter an ſich erkennet/
ſtehet auf der erſten Staffel der Verbeſſerung.
|| [ID00101]
|| [79]
|| [80]
XXI. Das gerechte Hertz.
Erzehlung.
EIne Jungfrau hatte unterſchiedne Buler/ und unter denſelben
zween Freyer/ deren ein jeder der Haan in dem Korb ſeyn wolte/
und endlich auf den Platz einander für die Klingen forderten/ ſich
mit den Degen zuvergleichen/ und die Liebſte zu Belohnung deß obſiegen=
den Theils darzuſtellen. Beſagte Jungfrau/ Heldhulda genannt/
gabe bey angetrettnen Streit dieſen Ausſpruch: Liebe Herꝛen/ die=
ſe Sache iſt nicht mit dem Eiſen/ ſondern mit Gold auszu=
tragen: Wir Weiber ſind wie die Waage/ welche ſich zu
der Seiten neiget/ auf der man am meiſten ein=und zuleget.
[81]
Mit dieſen Worten ſtreckte ſie beede Arme/ als Waagbalcken auß/
und machte die Haͤnde zu Waagſchuͦſſeln/ nach dero Beſchwerung ſich
das Zuͤnglein richtete/ und den Außſchlag der Beguͤnſtigung vermercken
lieſſe. Welche alſo geſinnet ſind/ neigen ſich mehrmals zu ihren Ver=
derben/ vnd werden denen zu theil/ die ſie/ als leibeigne Knechtine/ für
ihr Gelt erkauffen.Eine andre Beſchaffenheit hat es mit ehrlichen und gerechten
Hertzen/ welche ſich in der Tugend Mittelſtand in gleichem Gewicht er=
halten/ wann ſie auch auf den ſchmalſten und gefaͤhrlichſten Wege/ als
etwan ein Seildantzer auf dem Seil/ gehen ſolten: Sie laſſen ſich noch
zu der lincken/ noch zu der rechten Seiten bewegen/ und ſind deßwegen
dem Fall nicht unterworffen. Keine Feſtung/ da ein Eſel mit
Gold beladen einkommen kan/ iſt unuͤber=
windlich.
|| [ID00105]
|| [82]
|| [83]
Warnung.
KEine groͤſſere Thorheit iſt/ als der Stoltz; maſſen alle andre La=
ſter ſich zuverbergen ſuchen; Der Stoltz allein bruͤſtet ſich her=
fuͤr/ will den Vortritt haben/ ruͤhmet ſich ſeiner Thorheit/ ver=
achtet alle andre neben ſich/ mißfaͤllet GOTT/ wird von den Ver=
ſtaͤndigen gehaſſet/ von den Unverſtaͤndigen beneidet/ von den Hoͤ=
hern verlachet/ und von den Kindern allein/ die auß Unwiſſenheit die
Pfauenfedern loben/ hoch gehalten.Wie nun erſtbeſagte Federn kurtze Zeit in der Sonne glaͤntzen;
alſo dauret auch der Stoltz nicht lang/ und faͤllet mit dem hinfallenden
[84]
Gluͤcke: Die goldflammenden blaulich=ſchwartzen Augen verſchwin=
den auf den Schauplatz der umbgeſteckten langen Schwantzfedern/ die
zwar glaͤntzen/ aber doch nirgend zu nuͤtzlich und dienſtlich ſeyn/ ſondern
ſich ſelbſten in ihrer Ruhe verzehren und von den Motten zerfreſſen wer=
den: Alſo dienet auch der Stoltz niemand nicht/ und ſchadet jhm mein=
ſtentheils ſelber/ wie die taͤgliche Erfahrung beglaubet.Laß dich alſo warnen du ſtoltzes Hertz/ und gedencke/ daß der ſtol=
tze Engel Lucifer (darzu jener ſeine Liebſte verglichen) ſich ſelbſten zu=
fall gebracht/ und von GOTT mit ewiger Hoͤllenqual be=
ſtraffet worden.
|| [ID00109]
|| [85]
|| [86]
Erklaͤrung.
DAs Woͤrtlein Fuͤrſichtigkeit kommet her von dem Fuͤrſehen/
Wann man in allen Sachen/ mit ſolchen Bedacht verfaͤhret/
daß man keinen Fuß ohne Sicherung fortſetzet/ faſt wie ein
Blinder/ der mit ſeinem Stab tappet/ und fuſſet ob alldar ein feſter
Grund fuͤr ihm: oder wie etwan
̅
in den Geometriſchen Grundriſſen der
Circkel ſo lang gerucket wird/ biß er den abgezielten Punct haarge=
nau betrifft/ und demſelben gemaͤß/ einen andern bezeichnet; zu welchem
Ende die dreyfuͤſſigen Circkel erfunden worden/ wie hier in dem Ge [87] maͤhl
dergleichen mit einem Hertz gebildet iſt; bedeutend die abgemaͤßne/
bedachtſame und gluͤckſelige Fuͤrſichtigkeit/ welche/ wann ſie auch mit
unverhofften Zufaͤllen gefaͤhret werden ſolte/ jedoch getroſt iſt/ daß es
ihres Theils an klugen Raht nicht ermangelt/ und deßwegen von aller
Beſchuldigung gefreyet/ mit Gedult ertraͤget/ was mit Fuͤrſichtigkeit
nicht zu verhuͤten geweſen.Im Gegenſtand kan ein unbedachtſamer Tap=ins=Muß/ niemand
in begebenden Unfall/ als ſich ſelbſten und ſeinen Unverſtand anklagen/
wann er auß Unfuͤrſichtigkeit gleich wird einem Blinden/ der in
die Gruben faͤllet/ und andere die er fuͤhren will/
auch darein verleitet.
|| [ID00113]
|| [88]
|| [89]
Sprichwort:
Gleich und Gleich geſellt ſich gerne.
DIe Gleichheit iſt der feſte und faſt unbewegliche Grund eines
von Gott geſegneten Eheſtandes. Wann nemlich beede Ehe=
gatten von gleichhohen oder niedern/ Edlen oder Unedlen Ge=
ſchlechte herſtammen/ daß keines Urſach hat/ das andre zu verachten.
Wann ſie gleiches Alters ſind/ daß ſie einander bruͤnſtig lieben/ und
gleichſam von einer gleicherhitzten keuſchen Flamme brennen. Wann
ſie gleiches Sinnes ſind/ daß ſie einen Willen/ ein Ja und Nein weh=
len. Wann ſie gleiches Vermoͤgens ſind/ daß keines deß andern
[90]
Armut auffzurücken/ oder ſich aus Reichthumb uͤber das andre erhe=
ben darff.So geſegneter Eheſtand bringet keuſches Vergnuͤgen/ behaͤgli=
chen Frieden/ beſtaͤndige Liebe/ geſegnetes Wolergehen/ und verlang=
te Beglückſeligung.Hierwider koͤnte man einwenden/ daß vielmehr die Ungleichheit
einen geſegneten Eheſtand ſchluͤſſe/ in dem nicht nur die Fortflantzung
Menſchliches Geſchlechts/ und die Außleſchung fleiſchlicher Brunſte/
ſondern auch die geſambte und erwiederte Handbietung in dieſem Leben/
das Abſehen der Verehlichung ſeye. Dieſes letzte kan zwar unter Alten
und Jungen/ Reichen und Armen/ beſchehen/ iſt aber fuͤr keine
vollſtaͤndige ehliche Vergnuͤgung zu
achten.
|| [ID00117]
|| [91]
|| [92]
Betrachtung.
DRey Dinge ſind/ welche den Menſchen gluͤckſelig oder ungluͤck=
ſelig machen/ 1. die Geburt/ 2. die Heyrat/ 3. der Tod. Er wird ge=
boren zu dienen/ oder andern zu gebieten/ zu der Hand=Arbeit/ oder
zu der Haubt=Arbeit/ un
̅
muͤſſen ſo wol die Herꝛen/ als die Knechte in dem
Schweiß ihres Angeſichts ihr Brod eſſen. Die Gehuͤlffin ſeines Lebens
machet ihn das Leben ſauer oder ſuͤß/ ſchwer oder leicht. Die Kam
̅
eratin/
wird ein geheimer Raht/ oder ein Kamrad in der Muͤhl/ welches nichts als
rumoren kan/ und heiſt es nach dem Sprichtwort: Nim
̅
wahr/ was fuͦr
Haar/ denn der Kauff bringt viel Gefahr. Drittens laͤſſet ſich in dem
[93]
Sterben nicht zweymal fehlen/ und iſt an dieſem letzten nicht das zeitliche
Gluͤck/ ſondern die ewige Seeligkeit gelegen.Unter dieſen dreyen iſt faſt keines in unſern Handen/ und haben
wir Gottes Gnade zuerkennen/ ſo wol in unſrer Geburt/ als in
dem Eheſtand und dem Todt. Aus dreyen Stucken abeꝛ iſt deß Men=
ſchen Verſtand zuerkennen: 1. in Erwehlung der Lebensart. 2. In
den Urſachen/ die einer hat zu zoͤrnen/ und ſich zu raͤchen. 3. Und in Aus=
wehlung eines anſtaͤndigen Ehegattens. Die Jungfrauen/ welche nur
Kalendermacher haben wollen/ die ſich auf die guͤldene Zahl verſte=
hen/ ſuchen gute Tage und boͤſe Naͤchte/ befinden aber/ daß etliche
das gantze Jahr Tag und Nacht gleich
haben.
|| [ID00121]
|| [94]
|| [95]
Gedicht.
HInweg verkehrte Welt/ die du in Argen liegeſt!
hinweg o Eitelkeit!
die du den Menſchen Sinn gar kurtze Zeit vergnuͤgeſt/
und bringeſt Hertzenleid.
das Sorgenreiche Gut hat ſehr viel boͤſe Feinde/
durch Liſt/ Gewalt und Raub:
Es hat der Ehrenſtand auch ſehr viel falſche Freunde;
es ſtirbet Lieb’ und Glaub.
|| [96]
Wol mir/ es iſt mein Hertz mit Chriſti † beſiegelt/
das ſieget ob der Welt/
Gott/ der die Seinen kennt/ hat mein Gemuͤt verꝛiegelt/
daß es laͤſt Gut und Geld. ???(tzen/
Die Blum Veꝛgiß mein nicht/ veꝛbleibt in meinem Heꝛ=
in aller Angſt und Noht. ???(tzen/
Dz Bluͤmlein welcket nit/ durch manchen Jam ̅ er Schmer=
und macht behertzt im Tod.
Es kan die gantze Welt das Hertz ſonſt nicht erfuͤllen/
es iſt voll Neid und Geitz/
Doch kan deꝛ Laſterluſt ſich mit der Helffte ſtillen/
der hanget an dem †.
|| [ID00125]
|| [97]
|| [98]
Sonnet:
An die Verliebten.
IHr habt dem blinden Kind den ſcharffen Pfeil gegeben/
und gebt ihm in die Hand
den hellen Flammenbrand/
Ihr gantz verblendte Leut wolt in Gefahre ſchweben.
Wer dieſen Knaben liebt/ der haſſt ſein langes Leben/
und ſtuͤrtzet ſich in Schand/
verlieret den Verſtand/
und muß in ſteter Sorg’/ Unfall und Furchten beben.
Der freyen Hertzen Schrein
ſol Gottes Tempel ſeyn/
|| [102]
Die Thuͤr/ der reine Mund/ ſoll boͤſe Liebe meiden.
Die Fluͤgelſchnelle Lieb’/
iſt eitler Suͤndentrieb’/
und wer ſich ſelbſten haſſt/ der liebet ſolches leyden.
Gloß.
Dieſes Sonnets Erfindung iſt abgeſehen aus dem gemeinen
Sprichwort/ welches ſaget: Man ſoll dem Kind kein ſpitziges
Meſſer (wie hier den Pfeil/) noch wenigeꝛ Feuer vertrauen/
dannes ſolches zu ſeinem eignen/ oder andrer Schaden gebrauchen wird/
und gehet es nach dem Sprichwort: Wann ein Blindeꝛ (wie dann
die Lieb blind gemahlet wird) den andern führet/ werden ſie
beede in die Gruben fallen.
|| [ID00133]
|| [103]
|| [104]
XXIX. Das unergruͤndliche Hertz.
LEichter iſt das Meer zu gründen/
als das duͤſtre Menſchen Hertz/
Da kein Grund nicht iſt zu finden/
weil es gleichſam iſt von Ertz/
und gefuͤllt mit meuchel Suͤnden/
ſtimmend manche falſche Tertz.
Es weiſt ſich zwar manchen Blinden
bey der hellen Sonnen Kertz/
laͤſſt ſich aber nicht durchzünden/
und macht aus dem Erenſt Schertz.
Redlichkeit kan uͤberwinden/
Falſchheit bringet Reu und Schmertz.
|| [105]
Anmerckung.
Deß Menſchen Hertz wird mit dem unergruͤndlichen Meer ver=
glichen/ eines theils wegen der faſt unendlichen und Weltgroſſen
Weitſchafft/ in dem nichts iſt/ das das Meer und das Hertz nicht
ſolte faſſen und ertragen koͤnnen: anders theils/ wegen der beſtaͤndi=
gen Unbeſtaͤndigkeit/ in welcher ſo wol das Hertz/ als das Meer ſchwe=
bet. Auf die Felſen deß Meers kan man Schloͤſſer bauen/ auf der Men=
ſchen Wort und Wercke kan man nicht vertrauen/ in dem niemand iſt/
der/ ſondeꝛlich bey dem Frauenvolck/ wege
̅
deß Heꝛtzens unverꝛuckter Be=
ſtaͤndigkeit ſolte Gewaͤrſchafft leiſten und ſolches ohne Zweif=
fel erforſchen und ergruͤnden koͤnnen.
|| [ID00137]
|| [106]
|| [107]
Gemeine Verſe.
AN meinen Mund hab’ ich ein Schloß gelegt/
daß ſich mein Hertz mit Worten oder Thaten
in keinen weg/ beſorglich/ ſoll verꝛahten.
Weh dem/ der ſich mit ſeiner Zungen ſchlaͤgt!
So lang du ſchweigſt/ ſo kanſt du bleiben frey/
So bald ein Wort/ das man geheim ſoll halten/
aus deinem Mund entkommet dergeſtalten/
daß es dein Freund weiß/ der dir ſonſt iſt treu;
So bald wirſt du ſein Knecht und dienſtbar ſeyn.
Wol riecht der Mund in dem geheime Sachen
verfaulen gar/ und guten Odem machen.
Verſchweigen zeigt der Weißheit Gegenſchein.
|| [108]
Fabel.
Die Verſchwiegenheit wolte mit den Kindern ſpielen/ weil
ſie aber pfieffen/ und ſie wolte nicht dantzen/ wurde ſie von ihnen verla=
chet und verjaget. Dieſe Vertriebne kame zu der unverſtaͤndigen Ju=
gend/ und wurde auch von jhnen als eine verdrüßliche Geſellſchaffterin
außgeſchaffet. Sie kame zu den Mannbaren Leuten/ und dieſe lieſſen
ſie bey Nacht in ihren Ehebett liegen/ doch konte ſie die Frau nicht alle=
zeit bey ſich behalten/ und als ſie dieſe Geſpielin verꝛahten/ hat ſie einen
Wandrer/ die Reue/ an ihre Stelle beherbergt/ daß endlich die Ver=
ſchwiegenheit zu den Stummen entwichen/ und ſich noch
alldar auffhaͤlt.
|| [ID00141]
|| [109]
|| [110]
Anapaͤſtiſche.
DIe Sinne bald ſchweigen/
wann Lauten und Geigen
vermindert den Schmertzen
der traurigen Hertzen/
das geiſtliche Singen/
das liebliche Klingen/
erwecket in Leiden
faſt him ̅ liſche Freuden.
das Engliſche Weſen/
macht Krancke geneſen/
die dancken und loben
|| [111]
den Herrn dort oben/
der ihnen das Leben
und Muſic gegeben.
So laſſet uns ſingen/
ſo laſſet uns klingen/
ſo laſſet uns ſpielen/
die Lauten befuͤhlen/
ſo laſſet uns pfeiffen/
die Zincken begreiffen/
mit lieblichen Stuͤcken
die Hertzen erquicken!
ohn weilen und wancken/
dem hoͤchſten Gott dancken!
|| [ID00145]
|| [112]
|| [113]
Raͤhtſel.
WAs iſt fuͤr ein Kauffmanns Gut/
daß ſich nicht laͤſt/ ohn verlieren/
in entlegne Laͤnder fuͤhren/
deſſen Wucher kraͤnckt den Mut:
Kommet es viel unteꝛ Leut/
iſt es bald verkauffens Zeit.
|| [114]
Antwort:
DIeſes iſt die Weiber Wahr/ ??? und erfahren viel Gefahr:
die ſich in den fernen Reiſen ??? Solche falſche Kraͤmerey
bald veꝛdaͤchtig koͤn ̅ en weiſen/ ??? wuchert mit zu ſpater Reu.
Gloß.
Welche Wahren ohne Falſch und mit Gewinn an den Man
̅
koͤn=
nen gebracht werden/ werden Kauffmanns Gut genennet/ und vergli=
chen mit den Jungfrauen/ die zwar an den Mann gebracht werden/ je=
doch als ein ſolches fahrendes Haab/ darzu man Gelt (nemlich das
Heyratgut) geben muß/ wann man es ſoll annehmen. Was nun fuͤr
Gefahr darbey/ erfaͤhret mancher mit jenem/ der gebeichtet: Er habe was
in der Kirchen genommen/ das ſeye ihm hertzlich leyd: als ihm nun der
Beichtvatter die Wiedererſtattung auferleget/ hat er ihm ſein Weib/ das
er von ihm in der Kirchen empfangen gehabt/ wieder gebracht.
|| [ID00149]
|| [115]
|| [116]
Lange halbgereimte Trochæi.
ICh hab eine Kürbis Flaſchen mit deß Griffels Spitz beritzt/
und geſchrieben Ungedulte/ als die Frucht die Sonn erhitzt/
fande ſich ein kleiner Wurm/ der verzehrt das un/ und bliebe
nur gedulte/ ja hernach er ausleſchend gleichſam ſchriebe:
dult/ es wird wol beſſer werden/ wann der Abend kommt herbey:
|| [117]
Ungedult haͤlt uns gefangen/ die Hedulte machet frey.
Jona/ ſchau doch über dich/ muͤſſen dich die Wuͤrmer lehren?
Gottes Güt erſtrecket ſich über die/ ſo ſich bekehren.
Solcher Jonas=unbedacht laͤſſt ſich ſehen heut zu tag/
in dem jeder zoͤrnen will/ und eracht fuͤr ſeine Plag/
Wann GOTT andern Gutes thut. Haſſen wir dann GOt= tes Willen?
Da wir doch an unſrem Ort/ ſolchen müſſen all’ erfuͤllen.
|| [ID00153]
|| [118]
|| [119]
Der Weiber Frage:
WIr ſind noch Stein/ noch Holtz/ noch alter Haͤuſer Drümmer/
und man benamt uns doch das freye Frauenzimmer?
Der Maͤnner Antwort:
DIeweil ſo mancher Gaſt kehrt bey den Frauen ein/
ſo moͤgen ſie zum theil auch Maͤnner=Zimmer ſeyn.
Sie:
Der Namen bindet nicht/ und weil wir ſollen bleiben
im Zimmer und zu Hauß all unſre Zeit vertreiben.
|| [120]
Er:
GLeich wie deß Wirtes Hauß pflegt einen Krantz zu haben/
ſo pfleget man auch euch mit Kraͤntzen zu begaben.
Sie:
IHr Maͤnner ſchaͤndet offt/ das/ was ihr habt gekaufft/
verſchmaͤcht das Weibervolck/ darnach ihr rennt und laufft.
Er:
JA/ mancher kaufft ein Pferd/ haͤlt es fuͤr gute Haar/
und mancher nimmt ein Weib/ die heiſt gemeine Wahr.
|| [ID00157]
|| [121]
|| [122]
Sapphiſche.
ES iſt ein glattes Thier/ das hat gelinde Datzen;
es jaget Tag und Nacht nach groß und kleinen Ratzen/
kein Maͤuslein iſt ſo klug/ das lang entfliehen kan/
das Kaͤtzlein dappt es an.
Das Thierlein iſt verſchleckt/ pflegt hier und dar zu naſchen/
und hin und her im Hauß zu ſchleichen ohne zaſchen;
|| [123]
Es ſpielet/ butzet ſich/ und hoffet manchen Gaſt/
hat wenig Ruh’ und Raſt:
Wer ſolche Kaͤtzlein nehrt und pfleget zuverſorgen/
hat manchen boͤſen Tag/ und manchen guten Morgen/
Der Thiere kan man nicht entrahten in dem Haus/
wann es faͤngt ſeine Maus.
Es liegt des Morgens fruͤ viel Stunden in dem Bette/
faullentzt und ſtrecket ſich/ offt raunt es in die Wette.Die Klauen ſeind verdeckt. Der Freyer iſt der Ratz/ Die Jungfer iſt die Katz.
|| [ID00161]
|| [124]
|| [125]
Trochaͤiſche.
WIe kan ſich die Sonnen Uhr
mit deß Weiber=Volcks Natur/
Ohn den Buchſtab H vergleichen?
Gleich wie nach der Sonnen Lauff/
faͤllt und ſteigt der Schatten auf/
und pflegt jede Stund zu zeichen;
|| [126]
So ſoll aller Weiber Will/
nach der Maͤnner Sinn und Ziel
folgig/ wie der Schatten/ ſtreichen.
Die ſich/ wie deß Blinden Frau
butzen/ gehen auff die Schau/
ſich mit Luſte zu bereichen.
Koͤmmt der Buchſtab H darzu/
gibt die Uhr gantz keine Ruh’/
und macht den Magnetſtein weichen.
H bedeut der Hoͤrner Kron/
die bringt ſolcher ??? Huren Sohn
???uhren Sonn.
|| [ID00165]
|| [127]
|| [128]
XXXVII. Das hoffende Hertz.
ZWiſchen Himmel und der Erden
ſchwebet mein Hertz fort und fort
Ich kan nicht geſichert werden
an der Welte Zweiffel=Wort.
Zwiſchen Waſſer und dem Strande
wallet mein Hertz an dem Lande/
Was die Hoffnung hat verhetſſen/
wiederſpricht die Furcht ſo bald:
Die die ſchnellen Fluͤgel weiſen/
|| [129]
jenes zeigt deß Anckers halt.
Gott wird mir doch endlich geben/
was noht iſt zum Chriſten Leben:
Der Gott der mich hat erſchaffen/
der mein treuer Vatter iſt/
giebt mir/ wann ich liege ſchlaffen/
was er will/ zu jeder friſt.
Hoffnung laͤſſt auff dieſer Erden
niemand nicht zu Schanden werden.
|| [ID00169]
|| [130]
|| [131]
Der Liebe Calender.
DIe hochgelehrte Sternen Kunſt/
mehrt auch der Liebe blauer Dunſt:
Sie will ein neues Handwerck treiben/
und einen Hertz Calender ſchreiben.
Zu oberſt ſteht die Guͤldne Zahl 2 (3. Treu)
Der Sontagsbuchſtab * überal.
Die Faſtenacht waͤrt 50. Wochen/
daß Tag und Nacht ſtets gleich gebrochen.
|| [132]
Mit der ☉ en ☍ 3
faͤllet das Ver ♌ niß ein/(Loͤw.)
Manche ♍ wird es ♎ en(Jungfrau. Waag.)
und die Liebs=Ge ♉ ne fragen.(Stier.)
Ob nicht ein / 4
Da man ♊ bringen mag.(Zwilling.)
Der Verliebten Sorgen=plage/
machet aus den Stunden Tage.
So zeigt der Ge♉ne Lauff/(Stier.)
daß viel iſt zu halten drauf/
Wann man traget gute ♓.(Fiſche)
ſampt dem Mosler Wein zu Tiſch???.
|| [ID00173]
|| [133]
|| [134]
XXXIX. Das ſterbende Hertz.
KOmm dürꝛer Senſen=Mann/
greiff mein Hertz kuͤnlich an/
es liegt verborgen hier/
die guͤldne Seelen Zier.
Zerbrich den Erden Thand/
ſo wird das Himmels Pfand
ſich weiſen in dem Tod
und letzten Lebens Noht.
Das kleine Leimenhauß/
wird ſich dann leeren aus
|| [135]
Wol dem der jederzeit/
iſt zu dem Tod bereit!
Weh dem/ der nie betracht
deß Todes letzte Macht/
der ſitzt in vollem Gluͤck/
haſſt ſtets deß Todesſtuͤck.
und der in Armut lebt/
in Kreutz und Jammer ſchwebt/
der liebt den blaſſen Todt/
und rufft ihm in der Noht/
und wann er kommet an.
ſo flieht er/ wie er kan.
|| [ID00177]
|| [136]
|| [137]
XL. Das verliebte Hertz.
DIe Verliebten ſind entzucket
und das Bildniß wiꝛd geliebt/
das dem Hertzen eingedrucket
ſeines Gleichen Abdruck giebt.
So druckt ſich das Siegel ein/
und erweiſet reinen Schein.
Oder wie ein Bild gemahlet
ſteht/ in einem hellen Glas:
Alſo durch die Augen ſtralet
was im Hertzen fuͤr ein Haas.
|| [138]
Manchesmal das Aug entdeckt/
was iſt in der Bruſt verſteckt.
Gloß.
Alſo weiſte Diana ihres Syreni Bildniß in dem Waſſer/ und
weil es ſich bewegte/ wolte ſie auch mit demſelben reden und erheiſchte
von dem Gemaͤhl eine Antwort/ fande ſich aber betrogen/ und muſte ſich
getroͤſten/ daß ſolches deß Abweſenden Angedencken erneurte/ und ſeine
Geſtalt/ wiewol ſtumm und redloß/ gegenwaͤrtig machte/ wie hiervon zu
leſen in dem erſten Theil der verliebten Diana deß
Herꝛn von Kuefſteins.
|| [ID00181]
|| [139]
|| [140]
XLI. Das unbetruͤgliche Hertz.
LOlumbus hat ein Ey geſtellet auff die Spitze/
dardurch in ſolchem Schertz erwieſen ſeine Witze.
Das Hertz faſt Eyerꝛund/
ſteht ſelten auff den Grund;
Es werde dann zuvor gedruckt und eingebogen
befeſtigt in der Noht und durch Gedult geſchmogen/
Dann wird es Spiegelrein/
und giebet hellen Schein/
Erweiſend ſeinem Freund die Fehler und Gebrechen/
jedoch gantz in Geheim und nicht bey vollen Zechen.
|| [141]
Der Fuͤxe langer Schwantz
giebt einen Gauchen Krantz/
und miſſet man ihnofft nach der Pariſer Elen/
wann man bey Frauen=Volck will eine Liebſte wehlen.
Da mangelt nicht ein Haar/
an ſolcher falſchen Wahr/
Es muß das Schmeichel=Wort den Fuchsſchwantz artig ſtreichen/
ſol er gewuͤnſchtes End und Liebes Gunſt erꝛeichen.
Mach dich nur bald darvon/
ſonſt folget Reu zu Lohn.
|| [ID00185]
|| [142]
|| [143]
Gleich anfangende geſchrenckte Reimen.
Ein Wittib ohne Mann??? | ISt eine brochne Glocken. |
iſt ein veroͤdes Feld. | |
iſt eine Kinder=Docken. | |
ein Geitzhals ohne Geld. | |
ein Glas ohn guten Wein. | |
ein Spiegel ohne Schein. | |
ein Harffen ohne Saiten. | |
ein Saltzfaß ohne Saltz. | |
ein Abweg ohn Beſchreiten. | |
der Hopffen ohne Maltz. | |
ein Uhr ohn Zuggewicht. | |
die lebt und lebet nicht. |
|| [144]
Gloß.
Dieſe Reim=Art gleichet etlicher maſſen dem halben
Vers/ welchen Virgilius zu Rom angeſchlagen/ erhei=
ſchend/ daß ihn ein Poet ſolchen auf mancherley Weiſe erſe=
tzen ſolte/ als ſich abeꝛ keineꝛ gefunden/ der es leiſten koͤnnen/
hat er ſolchen erfuͤllet/ wie bewuſt. 5 Deꝛgleichen iſt zu leſen
in den Pegneſiſchen Schaͤfereyen/ und in dem Poetiſchen
Trichter/ da ſolches der Leſer/ wann er zu ſolchen
Erfindungen luſt hat/ auffſu=
chen kan.
|| [ID00189]
|| [145]
|| [146]
XLIII. Das faule Hertz.
DIe Faulheit hat das gantze Jahr
die laͤngſten Sommer Tage:
Sie ſchlaͤffet ſicher ohn Gefahr/
doch nicht gar ohne Plage.
Dann ein Catarꝛh (ein kalter Narꝛ)
die Schlaffſucht zu begleiten
fuͤhrt in das Grab/ damit ſchabab/
Zu nicht erwarten Zeiten.
Die Armut iſt der Traͤgheit Sohn/
pflegt übel zu bekleiden/
Sie traͤget heimlich alls darvon
und laͤſſet Hunger leiden.
|| [147]
Der ſchlaͤfft ohn Noht lebendig todt/
dem übel zu entweichen/
er eilt zumal in den Spital/
da viel ſind ſeines gleichen.
Es kommt die Faulheit und der Fleiß
zu Morgens fuͤr das Bette:
Die ſaget: Schlaff in deinem Schweiß/
an dieſer weichen Staͤtte/
Es iſt noch heut lang Tag und Zeit
die Arbeit zu vollfuͤhren:
Dann mahnt der Fleiß zur Wachſamkeit/
Der kan das Hertz nicht ruͤhren!
|| [ID00193]
|| [148]
|| [149]
XLIV. Das bezwungene Hertz.
ES iſt mein hartes Hertz ein glatter Marmolſtein:
Das Gluͤck und ungeluͤck/ wie Bilderhauer ſeyn.
Es faſſet das Geluͤck den Maiſſel und den Schlegel:
dann kommt das ungeluͤck mit Winckelrechter Regel/
rundiert und ſpitzt das Hertz/ pollirt und macht es aus/
das ſetzt der Tugendzwang auf eines Koͤnigshaus:
Hinweg mit der Begierd/ der Suͤnden Sinn=verlangen;
Es ſteiget Himmelan durch die geſchaͤrfften Zangen.
Der Schmertz iſt ſuͤßer Schertz/ der Felſenſchwere Laſt
wird leicht/ weil ihn die Zucht der Tugend gantz befaſt:
|| [150]
Was in mir irdiſch iſt/ muß auf der Erden bleiben;
Was an mir himmliſch iſt/ ſoll mich zum Hoͤchſten treiben.
Mich hat nun muͤd gemacht der Weltblind eitle Thand:
Ich reiſ’ und reiſſe mich von dieſem Jammerland/
in meiner Pilgerſchafft: die Wallfart iſt gerichtet
gen Himmel/ wann die Erd den ſchwachen Leib vernichtet.
In zwiſchen ruht in mir der Sünden Luſt=Begierd/
mein Hertz iſt mit der Zang deß Zwangs/ in Zucht geziert.
Wol dem/ und aber wol/ der in der zarten Jugend/
bezwinget Sinn und Hertz mit waarer Zucht und Tugend.
|| [ID00197]
|| [151]
|| [152]
XLV. Das gedultige Hertz.
WEr Gedult im Hertzen traͤgt/
und vergnuͤgt in Gottes Willen/
ſich laͤſſt in dem unglück ſtillen/
Hat der Tugend Grund gelegt.
Gleich dem frommen Schaf und Lamm/
das den Tod gedultig leidet/
uns ernehret und bekleidet/
als man ihm die Wollen nahm.
|| [153]
Alles nutzt an dieſem Thier
Daͤrmer/ Tummung/ Fleiſch und Haute
gleich wie eine reiche Braute
alles Gutes bringt mir Ihr.
Wol dem/ den ſie iſt beſchert/
Es giebt aber ſo viel Narꝛen/
die auf reiche Weiber harꝛen/
daß ſich die Gedult verzehrt.
Die Gedult bringtendlich Huld/
Der deß Gluͤckes nicht wil warten/
ſpielt mit ungluͤck in der Karten/
und veꝛliert aus eigner Schuld.
|| [ID00201]
|| [154]
|| [155]
Sonnet oder Klingreimen.
DEr Lippen Wort=Gebet iſt kein Gebet zu nennen;
es muß von Hertzengrund gleich wie der Weyrauch brennen/
und ſteigen Wolcken an/ Gott hoͤrt den Beter nicht/
wann ſich nicht auch das Hertz zu ſeinem Throne richt.
Man pflegt das Flammen Liecht an ſeinen Schein zu kennen/
und kan der guldne Glantz die laue Luffte trennen:
So muß der waare Glaub auch ſeyn ein Waͤxern Liecht/
das flammet Himmel auf zu Gottes Angeſicht.
Iſt deine Hand voll Bluts/ und dein Hertz voller Schulde/
ſo wird auch das Gebet/ deß Frommen Hertzens Hand/
kein reines Opffer ſeyn/ und ein verbottner Brand/
|| [156]
der vielmehr Gott ergrimmt als wirbet ſeine Hulde.
Der an deß Creutzes Stamm fuͤr vns gelitten hat/
geb auch zu dem Gebet deß heilgen Geiſts Genad!
Gloß.
Das rechtſchaffne Hertzens Gebet iſt der rechte Himmelsſchluͤſ=
ſel/ das Geſpraͤch mit Gott/ der Honigſeim der Seelen/ der
Schulde Abbittung/ deß Glaubens Spiegel/ der Hoffnung Grund=
ſeule/ der Liebe Mutter/ der Goͤttlichen Gnaden Heroldin/ ein Siegel
verſtaͤndiger Gedancken/ die Zier der Heiligkeit/ die Entzündung der
Gottſeligkeit/ die Artzney der Schwachheit/ das Rauchwerck eines
angenehmen Goͤttlichen Opffers/ der Schmuck deß Gewiſſens/
die Milderung deß Todes/ und ein Vorgeſchmack deß
ewigen Lebens.
|| [ID00205]
|| [157]
|| [158]
XLVII. Das ???erwundte Hertz.
DEr kleine Bogen Schuͤtz ſcheuſt mit veꝛgifften Pfeile ̅ /
doch kan er auch zugleich die Wunden wieder heilen/
Wie weiland Ajax Spieß. Fuͤr ſolche Liebes Bꝛunſt
hilfft weder Kraut noch Salb/ noch die Paſſauer= Kunſt/
die machet Eiſenfeſt. Man muß vielmal erꝛoͤten/
wann dieſes Venus Kind verletzt mit Haaſenſchroͤten.
Die beſte Thorheit iſt/ ſo waͤret kurtze Zeit/
und die man bald erkennt/ vergiſſet und bereut.
|| [159]
Hie wird das Sprichwort waar: daß einem jeden Lappen
im Hertzen wol gefaͤllt ſein eigne Gauchen Kappen/
die mehrmals nicht nur dient dem jungen Venus= Knecht/
Nein/ ſie iſt oͤffermals Jungfrauen auch gerecht.
Viel leichter wird die Lieb von Maͤnner=Volck vergeſſen/
als von der Jungfeꝛ Schar. Sie haben Fleiſch und Blut/
und ſind vielmehr erhitzt/ als nicht der Freyer Muth.
|| [ID00209]
|| [160]
|| [161]
An die Mannſuͤchtigen Jungfrauen.
IHr ſchnauffet und lauffet aus hieſigen Landen/
Ihr raſet und reiſſet der Mutter aus Handen:
Es finden die Schoͤnen der Buler gar viel/
doch ſelten viel Freyer zum redlichen Spiel.
Die runtzlichen/ ſcheutzlichen/ heßlich geſtalten/
die muͤſſen verdruͤßlich/ ohn Maͤnner veralten.
An ſolche gelanget kein ehrlicher Mann/
Die Flederwiſch kauffmannſchafft gehet ſie an.
|| [162]
Der Hoͤchſte beſcheret/
was niemand erwehret.
Mannſuͤchtiges Lauffen
Mondſuͤchtiges kauffen.
betruͤget die Leute:
So wartet der Zeite/
Sie bringet doch endlich was gutes zu hauffen/
und dienet gar wenig das luͤſtrende Schnauffen.
|| [ID00213]
|| [163]
|| [164]
XLIX. Das vertraute Hertz.
VErſchließ deß Hertzens=Grund/
ſchweig was du ſolſt verſchweigen;
ein Siegel auf dem Mund/
das macht dich dein ſelbſt eigen.
Dann wer nicht ſchweigen kan/ der ruͤhmt ſich diß und das/
ſagt daß er eſſe Fleiſch/ und hat kaum weiß nicht was.
Es iſt ein rechter Thor der klaffert viel von Frauen/
die ihm doch nicht mit Gunſt ein halbe Laus vertrauen.
Der Nahm auf dieſem Schloß
heiſſt ſchweigen aller Orten;
|| [165]
Durch ſchweigen wird man groß/
und klein mit vielen Worten.
Daß mancher was geſagt/ bereuen jhrer viel/
und niemand reuet es/ wann er geſchwiegen ſtill:
Das/ was noch nicht geſagt/ das kan man noch wol ſagen/
und das verꝛedte Wort nicht mehr zu rucke tragen.
Was man mir ſagt allein/
das kan ich leicht vergeſſen/
ich halt es in Geheim/
niemand ſolls von mir preſſen.
|| [ID00217]
|| [166]
|| [167]
L. Das dantzende Hertz.
ICh haſſe das muͤſſig=verdrüßliche Sitzen/
und liebe das Dantzen/
Wie drehet das Drentelein kumpfige Spitzen/
ſo wollen wir ſchwantzen.
Es ſtincket das Waſſer/ das niemand beweget/
es oͤden die Felder:
Es motten die Kleider/ ſo niemand anleget/
es faulen die Waͤlder.
Wir ſchwantzen und dantzen auff Marcken und Plaͤtzen/
nach allem belieben:
Wir praten und ſchwaͤtzen/ wie Atzler und Hetzen/
ohn Frevel=veruͤben.
|| [168]
Es trincken die Maͤnner nach ihrem gefallen/
mit naſſen Geſellen:
So muͤſſen die einſamen Weiber auch wallen/
bald über die Schwellen/
Es ſpielen und ſauffen die dürſtigen Bruͦder/
biß mittere Nachte:
Wir kommen/ ohn Zechen/ zu Abends ſchon wieder/
und halten die Wachte.
Spatzierende Weiber ſind haͤußliche Schnecken/
die Hoͤrner auffſetzen/
und auſſer dem Hauſe dem eifrenden Gecken
das Futter verfretzen.
|| [169]
|| [ID00222]
Dieſe zwey Blaͤtlein ſol der Buchbinder zuſammen pappen/
|| [ID00223]
und mit einem Regiſterlein bemercken/ daß man ſehe daß hier
das Mittel iſt.
|| [170]
|| [ID00225]
|| [171]
|| [172]
LI. Das leere Hertz.
MEin Hertz iſt unbemahlt und aller Bildung frey/
gleich einem Tafelſchrein/ auf ſeiner Staffeley.
Man mahlt und ſchreibt darauf was gut und boͤß zu nennen;
doch laͤſſt es ſich nicht bald/ wie ein Gemaͤhl/ erkennen/
das fuͤr den Augen liegt. Das Hertz iſt ſtets verſteckt/
mit der bebeinten Bruſt verwahret vnd bedeckt.
Deß Knaben junges Hertz iſt leer zu guter Lehr’/
doch zu der Laſterluſt geneiget mehr und mehr/
und faͤhig jeder Farb/ die man mit Oel zerꝛeibt/
dardurch das ſchoͤne Bild auff lange Zeit verbleibt:
|| [173]
So muß ein lindes Wort den freyen Knaben lehren/
und ſeinen Kunſt=verſtand mit Unterꝛichtung mehren/
auff daß der Lehre Lob beharꝛe nach vnd nach/
in mancher Wiſſenſchafft und frembder Zungen Sprach.
Hinweg den Eſelskopff/ dem man mit ſteten Schlaͤgen/
ſo ſeine Lehrgebuͤhr in das Gedaͤchtniß legen.
Bezeichne du mein Hertz/ o GOtt/ mit deinem Bild/
daß es voll deiner Huld/ auch dir ſey gleich gewillt:
Bemahl es mit dem Liecht der Tugend ohne Schatten;
gehorſam ſoll es ſeyn und weichen nicht von ſtatten.
Deß Laſters Liſt und Luſt/ bringt überlaſt und Schmertz/
darvon ſey ſtets befreyt mein Gottergebnes Hertz.
Was hier gebildet wird/ verbleibt zu jederzeit/
und dieſer Tugend Hand mahlt fuͤr die Ewigkeit.
|| [ID00229]
|| [174]
|| [175]
Erinnerung.
ES iſt faſt unmoͤglich/ daß es uns Menſchen hier und
dorten wol gehen ſoll. Wir muͤſſen mit Lazaro lei=
den/ wann wir mit jhm in Abrahams Schos ge=
tragen werden wollen; und der reiche Mann/ der ſein Gu=
tes in dieſem Leben empfangen/ muß in jener hoͤlliſchen
Qual duͤſtern und verduͤrſten. Wer wolte nun ſo ſinnloß
wehlen/ vnd die baldgeendigte Zeitlichkeit/ der unendlichen
Ewigkeit vorziehen? ja/ Dieſer Zeit leiden nicht unwehrt
zu achten/ der Herꝛligkeit/ die an uns ſoll offenbaret werden.
[176]
Mein Hertz gib dich zu frieden! Die Rechte deß HErꝛn kan alles
aͤndern. Der Doͤrneꝛ Krantz/ mit welchem du hier umbgebe
̅
biſt/ wird dir him
̅
liſche Siegespalme
̅
zuwegen bringen. Ei=
ner kleinen Zeit Gedult/ bringt dir ewige Huld. Die jenigen
aber/ welche die Mayenblumen nit wollen verabſaumen/ un
̅
ſtetig in den Roſengarten ſitzen/ werden das hoͤlliſche Rach=
ſchwert zu gewarten haben/ darfuͤr Gott alle Chriſtliche
Hertzen gnaͤdiglich behuͤten wolle. Das Leid iſt gut/ wel=
ches zu der ewigen Freude geleitet/ deßwegen jener recht ge=
ſagt: wir muͤſſen durch die Truͤbſal in das Him
̅
elreich einge=
hen/ und iſt nicht deꝛ Gebꝛauch/ daß man in den Senff=
ten dahin getragen wird.
|| [ID00233]
|| [177]
|| [178]
Maͤrlein.
AUff einem Feſt der Blumen=Goͤtzin Flora verſamleten ſich alle
Blumen und Kraͤuter/ unter welchen ſich auch das Epheu/ oder
Wintergruͤn befande/ und von den andern Anweſenden zu keiner
Stimm und Stelle zugelaſſen werden wolte/ weil es gleich einem Un=
kraut/ ohne Blumen/ niemand nutze/ hingegen aber den Baͤumen/ an
welchen es ſich aufwinde/ ſchade und dero Nahrungs Safft an ſich zie=
he/ daß ſie endlich fruchtloß verderben und der Axte zu theil werden muͤſ=
ſen; maſſen es wegen beſagter Urſach eine Abbildung der Undanck=
barkeit billich zu nennen.
|| [179]
Hierauff lieſſe ſich das Epheu vernehmen/ daß dieſe Anklage auff
ungleichen und unerweißlichen nachtheiligen Bericht beſtehe. Zwar die
Blüt oder Blumen betreffend/ ſeye bewuſt/ daß die Natur etliche Erd=
gewaͤchſe darmit nicht begabt/ nehre ſich aber von der Baͤumen über=
fluͤſſiger Feuchtigkeit/ und werde wegen kuͤhlender Natur zu deß Reben=
Vatters Bacchi Bekroͤnung gebrauchet/ und gleiche ein jedes Blaͤtlein
einem Hertze/ zubedeuten/ daß ſich die Sorgen in und umb die Hertzen
flechten/ wann man ſolche nicht durch ſtandhaffte Tugenden abſchneidet
und außwurtzelt/ daß derſelben zu viel ſich haͤuffen/ und den Lebensſafft
verzehren. Hierauf hat Flora befohlen/ daß man das Epheu zwar
erdulten/ deſſelben aber gar wenig in den Gaͤrten
ziehen ſolte.
|| [ID00237]
|| [180]
|| [181]
Lob deß Friedes.
DEß Friedens Freudenlied erſchallt in allen Landen/
danck ſey dem hoͤchſten Gott!
Wir leben nun in Ruh’/ entfernet von den Banden/
die bringet Martis Rott.
Die Eiſenſchwere Zeit beſchwerte mit dem Waffen
faſt jedes Volck und Reich/
Die Kunſt war in der Flucht/ die Tugend lage ſchlaffen/
die Knecht und Herꝛen gleich.
Trug/ Rauben/ Mord und Brand/ deß Krieges Laſter Sitten
verheerten Leut und Land;
|| [182]
Nun iſt durch Gottes Gnad der Friedensſtand erſtritten/
der Teutſchen Treue Pfand.
Friedfertig hab ich mich zu jeder Zeit erwieſen/
ſo viel geweſt an mir:
Weil durch der Warheit Mund fuͤr ſelig wird geprieſen/
der Frieden ſtifftet hier.
Der Ruh und Frieden liebt geht auf der Tugend Straſſen
in ſeinem Ambt und Stand:
Er wird der Laſter Schmach und ihre Fruͤchte haſſen:
Fried iſt der Liebe Band.
Die ſchoͤne Friedelar mein Hertz und Sinnbezieret/
weil ich das Leben hab:
Wie dann in dieſem Buch den Tugend=Reyen führet
die guldne Friedensgab!
|| [ID00241]
|| [183]
|| [184]
Der Wind.
ES iſt deß Waſſers Ambt die Mühlen umzutreiben/
deꝛ frey=bewegte Lufft will nicht gezwungen ſeyn.
Die Muͤhl.
Dich zwingt die holde Kunſt zu drehen meine Scheiben/
und meiner Fluͤgel Rad/ faͤngt deine Kraͤfften ein.
Der Wind.
Ich fliehe ſolchen Zwang und weiche nun zur Seiten/
Oſt=oder Nordenwarts/ wie ich nur mag vnd kan.
|| [185]
Die Muͤhl.
So kan ich mein Gezelt nach deinem Blaſen leiten/
und meiner Fluͤgel fang muſt du ſeyn unterthan.
Der Wind.
Ich will voll Zorn und Grimm dein Segelwerck zerꝛeiſſen/
dich ſtürtzen bald zu Grund durch meine groſſe Macht.
Die Muͤhl.
Ich weiche/ wie ich kan/ du ſolſt mich nicht zerſchmeiſſen/
dein Grimm hat meine Stein’ in vollen Gang gebracht.
Lehre.
Wol dem/ der nach dem Wind den Mantel weiß zu hencken/
wann rauhes Ungluͤck raſt/ wird er doch ſicher ſeyn:
Dem Hertz kan die Gedult der Unſchuld Hulde ſchencken;
Wer ſich richt nach der Zeit/ trinckt fuͤr das Waſſer Wein.
|| [ID00245]
|| [186]
|| [187]
Betrachtung.
ES iſt nicht der geringſte Beweiß der Menſchlichen Vollkommen=
keit und der unſterblichen Seele/ daß ſich das Aug deß Verſtan=
des nicht ermuͤdet/ und das Gehirn alſo raumig angefuͤllet wird/
daß man ein mehrers nicht ſolte erlernen koͤnnen: maſſen keiner ſo ge=
lehrt/ daß er alles wiſſen/ und nichts mehr ſolte faſſen moͤgen.Mit abnehmenden Kraͤfften/ nimmet der reiffe Verſtand zu/ und
iſt die Kunſt und Wiſſenſchafft das anſtaͤndigſte Mittel/ die Gedan=
cken zu erhoͤhen/ die Betrachtung außzuſchaͤrffen/ Gottes Allmacht
zu erkennen/ dem Vatterland zu dienen/ ſeinem Nechſten mit Raht
[188]
und That an die Hande zu ſtehen/ dieſes Lebens Muͤheſeligkeit zu über=
winden/ die Jugend mit Freuden/ das Alter mit Ehren/ und Ruhm
hinzu bringen/ Alſo ſollen wir drey Buͤcher fuͤr Augen haben;1. Das Buch der Goͤttlichen Liebe.2. Das Buch deß Nechſten williger Bedienung.3. Das Buch ſelig zu ſterben.Wer dieſe Buͤcher außſtudieret hat/ der wird von der Sonne der Ge=
rechtigkeit/ deren Schattenbild wir in dieſem Threnenthal erſehen/ ewig
beſcheinet werden/ und leuchten wie die Sterne immer vnd ewiglich.
Mit den Studieren iſt es beſchaffen/ als wenn einer Waſſer auß ei=
nem Bronnen ſchoͤpfet/ laͤſſet er nach/ ſo verliert er/ was bereit
erhoben und hoch gebracht worden.
|| [ID00249]
|| [189]
|| [190]
Berahtſchlagung.
DIe Urſachen/ welche die reiche Alte/ der jungen Ar=
men ſollen fuͤrziehen machen/ ſind folgende:1. Weil ſie ein groſſes Gut hat/ und man ohne Geld und zeitlichen
Reichthumb ein elendes Leben führen muß; maſſen ſolches das fünffte
und nohtwendigſte Element iſt.2. Weil ſie ein fleiſſiges Haußmütterlein/ und den Verſtand hat/
das Gewonnene zu erhalten.3. Weilen auch die Jungen alt werden; vnd bey einer andern die
Jahre zu gewarten/ ſo dieſe bereit erlanget hat.4. Weil ſie ſterben/ und deß Mannes Gedult reichlich belohnen kan.
|| [191]
Die Urſachen im Gegenſtand ſind folgende:
1. Weil die Vergnuͤgung und Freude in dieſem Leben/ allen
Reichtumb übertrifft.2. Weil die alten Muͤtterlein gerne zancken/ halsſtarꝛig/ geitzig
und eigenſinnig ſind/ daß der Mann gleichſam ihr Knecht ſeyn muß/
und ein ſolcher Eheſtand eine Hoheſchul der Gedult kan genen=
net werden.3. Weil ungleiche Heyrahten übel gerahten/ vnd boͤſe Ehen ver=
urſachen.4. Weil die Endurſach der Ehe/ nemlich die Fortpflantzung
Menſchliches Geſchlechts/ bey den Alten aufhoͤret/ und bey den Jun=
gen anfaͤnget.
|| [ID00253]
|| [192]
|| [193]
Ob nach der Lateiner Sprichwort in dem Wein
die Warheit ſeye?
ES iſt eine feine Frage: Ob das Hertz ein ſolcher Becher/
der mit dem Wein auch die enthaltne Warheit eroͤffne? Oder: ob
die Bezechten/ wie die Kinder/ die verborgne Warheit entdecken.Noa hat in der Trunckenheit entdecket/ was er 600. Jahre verbor=
gen gehalten: Er iſt nur einmal truncken geweſen/ vnd hat viel Er=
gerniß gegeben.Dieſes Sprichwort (in vino veritas) iſt nicht durchgehend be=
findlich: Viel ſind mit ſolchen Hoftugenden begabt/ daß ſie mit jhren
[194]
Geheimniſſen wol an ſich zu halten wiſſen/ vnd bey dem Trunck mehr
nicht ſagen/ als was ſie nuͤchtern verantworten koͤnnen. Andern aber/
welche mit dem Verſtand auch jhre Geheimniſſe verlieren/ muͤſſen es
nicht eigentlich dem Wein/ ſondern auch ihrer Unbedachtſamkeit zu=
ſchreiben.Der Wein macht die Gemüter freyer/ froͤlicher und getroſter/ daß er
auch eine freundliche Marteꝛbanck/ od’ Volter genennet wird/ vnd eines
von den 3 W iſt/ als Wein/ Weibeꝛ/ und Wuͤrffel/ welche die Maͤn=
ner in das Verderben bringen. Dieſes Inhalts ſagt er in der Raͤthſel:Von Weinen nennt man mich/ der ich in Freuden ſteh’/
und wer mich zu viel trinckt/ dem werd’ ich bald
ein W.Verſtehend durch Verſetzung der Buchſtaben.
|| [ID00257]
|| [195]
|| [196]
Lehrgedicht.
EIn Koͤnig hatte in ſeinem Gebiet hunderttauſend Goldſtuͤcke
außbieten laſſen/ wann ſich einer würde finden/ der ſolche zu ver=
dienen/ ſich an einen Muͤhlſtein binden/ und in das Meer wolte
werffen laſſen/ da er bey ſo geſtalte
̅
Sache
̅
keine Hoffnung zu entſchwim=
men/ und ſein Leben/ das edelſte unteꝛ allen zeitlichen Gaben/ zu erhalten
haben wuͤrde. Nachdem ſolches zum drittenmal verꝛuffen worden/ hat
ſich nicht allein niemand gefunden/ der ſolcher Gefahr/ ja den Tod ſelb=
ſten/ gegen der dargebottnen Summa hette wehlen wollen; ſondern ein
jeder hat ſich verwundert/ daß der Koͤnig auff ſo vermeinte thoͤrichte Ge [197] dancken
gerahten/ eines andern Tod/ ſonder ſeinen Nutzen/ mit groſſen
Gelde zu kauffen/ und iſt das gemeine Urtheil gefallen: daß thunlich
und verant wortlicher/ mit ſolchem Gelde die Armen zuer=
halten/ als die Geitzigen zu toͤdten.Hierauff hat ſich der Koͤnig vernehmen laſſen: Ihr Thoren/
warumb beſchweret ihr eure Hertz mit Sorgen der Nah=
rung? warumb gebet jhr mit eurem Geitze ſo verderbliche
Ergerniſſen? Warumb mißbrauchet ihr den Reichthumb
zu eurem zeitlichen und ewigen Verderben? Es were
euch beſſer/ daß ein Muͤhlſtein an eurem Hals
hienge/ und er in das Meer geworffen wuͤr=
de/ wo es am tieffſten iſt.
|| [ID00261]
|| [198]
|| [199]
Gleichniß.
DEr Weg dieſes Lebens iſt nicht ungleich der Hoͤhen/ welche Jo=
nathan mit ſeinem Schildtraͤger erſtiegen/ zwiſchen zweyen Fel=
ſen/ deren der eine genannt Bozez/ ſchluͤpferig und haͤßlich/ der
andre Senech/ das iſt/ dornicht und hinderlich: dardurch muͤſſen wir
kriechen und ſteigen/ wie wir koͤnnen/ mit Haͤnden und Füſſen: So
bald wir aber die Hoͤhe erꝛeichen/ ſo gehet unſer Sieg an/ und kan uns
kein Feind/ wie maͤchtig er ſey/ widerſtand thun. Jener ſagte recht
hiervon: Die Kinder GOTTES haben drey Kleider/ deren eines ſchwartz/
das andre roht/ und ſolche tragen ſie hier auff Erden: das dritte aber iſt weiß/ und
iſt das Kleid der himmliſchen Gerechtigkeit/ welches ſie ankleiden/ nach dieſem Lebe
̅
.
[200]
Alſo muͤſſen wir den gefaͤhrlichen und ſchmalen Weg dieſes Jammer=
thals fuͤr genehm halten/ wann wir den himmliſchen Sieg erlangen/
und zu dem ſchoͤnſten Ehren=Kleid der ewigen Herꝛlichkeit gelangen
wollen.Dieſes wird hier außgebildet durch ein Hertz/ zwiſchen zweyen
Kugeln/ bedeutende die fluͤchtigen Eitelkeiten dieſes Weltweſens/ auff
zweyen unwegſamen Felſen empor gehalten: In ſolchem gefaͤhrlichen
Suͤndenſtande ſchweben alle verꝛuchte und beharꝛliche Suͤnder; und
weil ſie die Gefahr lieben/ kommen ſie darinnen umb: Die Frommen abeꝛ
erſteigen und überſteigen dieſe Felſen mit glaubiger Beharꝛlichkeit:
Darumb ſey nicht ſtoltz/ ſondern fuͤrchte dich. Wann es mit den Frommen auf
das hoͤchſte gekommen/ ſo hilfft ihnen GOTT: wann es mit den Boͤſen
auf das hoͤchſte Glück gekommen/ ſo ſtrafft ſie
GOTT.
|| [ID00265]
|| [201]
|| [202]
Mahler.
EIn Mahler/ welcher von ſeinem Gemaͤhl keine kunſtrichtige
Urſachen anzuzeigen weiß/ kanfuͤr keinen groſſen Meiſter ge=
halten werden. Wie nun die Rede entweder in ihren eigentli=
chen Wortverſtand/ oder in einer uͤbertragnen Gleichniß eine grund=
ſtaͤndige Deutung wuͤrcket; alſo hat auch das Gemaͤhl entweder den ei=
gentlichen Verſtand/ wie etwan die Vorſtellung einer begebnen Ge=
ſchichte/ odeꝛ einen verborgnen Sinnverſtand/ wie hier der kleine Lie=
bes Schuͤtz mit ſeinen Fluͤgeln/ und Geſchoß. Die Fluͤgel betreffend/
[203]
ſollen ſolche nicht ſeyn Fledermauß Fluͤgel/ weil bey Tage durch die Au=
gen die Liebe beginnet: nicht Adlers=oder andrer Voͤgelfluͦgel/ weil die
Liebe auff der Erdenbleibet; ſondern Mucken= und Schnackenfluͤgel/
die ſich leichtlich verbrennen und mit ihrer Schwachheit zu boden ſin=
cken. Das Angeſicht ſol einer Katzen gleichen/ die gern naſchet an ver=
bottnen Orten. Die Pfeile und den Bogen betreffend/ ſind auch ſolche
Waffen nicht mehr in dem Gebrauch/ und werden für ohnmaͤchtig
gehalten/ gegen den heut zutage gebraͤuchlichen Geſchütze. Alſo führet
hier Cupido einen kurtzen Faͤuſtling/ und iſt ſolcher mit Haaſenſchroͤten
geladen/ daß er nicht leichtlich fehlen kan/ und mehrmals den Nachbarn
mit triffet; Ob das hier geſchehen/ beliebe der Geſellſchafft
zu beurtheilen.
|| [ID00269]
|| [204]
|| [205]
LXII. Das ???Teuffliſche
???Geitzige??? Hertz.
DEr Feind Gotteſ laͤſſet ſich fuͤglich mit dem Geitz verglei=
chen/ in dem ein Geitz ergebnes Hertz zugleich nicht GOtt/ und
dem Mammon/ dienen kan/ weil ſie widerige HErꝛen/ und die
Liebe der Welte/ ein Feindſchafft wider Gott iſt.Der Teuffel iſt ein Betruͤger: Der Geitz beluͤget und betruͤget
alle/ die ſeinen Worten trauen.Der Satan iſt neidiſch/ und ein Moͤrder von Anfang:
der Geitz neidet ſeinen Nechſten/ und ſchlaͤget ihn mit der vergallten
Zungen.
|| [206]
Der Satan wird in der H. Schrifft der Verſucher genennet???
Das Geld fuͤhret viel in Verſuchung/, und die meinſten verderben
darinnen.Der Satan iſt ein Geiſt deß Zanckes und der Uneinigkeit: Der
Geitz und Reichthumb iſt die Urſache alles Zwietrachts/ Zancks und
Streites.Der Satan iſt ein Geiſt deß Unflats/ Stoltzes/ und ein Feind al=
ler Tugenden: Der Geitz iſt die Wurtzel aller Laſter und unartigen
Sitten.Deßwegen hat auch beſagter Seelenfeind den Schluͤſſel zu deß
Geitzhalſes Schatzkaſten; da ſein Hertz bey ſeinem Geld verſchloſſen/
daß er von beeden nichts zuvergeben gedencket/ und der Chriſtlichen Lie=
be zu wider/ ſein Hertz fuͤr ſeinen Bruder verſchleuſt.
1. Joh 3/ 17.
|| [ID00273]
|| [207]
|| [208]
Betrachtung.
DRey Mittel ſind/ ſich auß dem Poͤvel Gedraͤng hervor zubringen
und in hohen Ehrenſtand zu ſchwingen/ I. durch die Feder.
II. durch den Degen/ oder durch dieſes beedes zugleich.
III. Durch die gluͤckliche Kauffmannſchafft und darvon erhaltnem
groſſen Reichthum.Unter dieſen dreyen iſt ſonders Zweiffel das erſte Gott am gefaͤl=
ligſten/ dem Nechſten am traͤglichſten/ und gegen das Gewiſſen am ver=
antwortlichſten/ wann ſich ſonderlich die Feder nicht gar zu hoch ſchwin=
get und die Wiſſenſchafft nicht auffblehet/ wie ihr ſolche Eigenſchafft
der H. Apoſtel Paulus zuſchreibet.
|| [209]
Durch das Kriegsweſen groß zu werden/ kan ſonder Chriſten=
Blutvergieſſen nicht beſchehen/ und iſt leichtlich zu erachten/ daß Gott
daran keinen Gefallen trage/ wie wir an dem Koͤnig David ſehen/ daß
er ein Mann nach deß Herrn Wunſch geweſen; weil er aber in den
Krieg deß HErꝛn viel Blut vergoſſen/ hat Gott nicht gewolt/ daß er
ſeinen Tempel bauen ſolte.Die Mittel reich zu werden/ ſind auch ſelten ohne Suͤnde/ er=
ſprießlich/ und verleitet das Geld viel in Verſuchung/ darinnen ſie umb=
kommen/ daß Chriſtus unſer Heiland faſt fuͤr ſo ſchwer/ als unmoͤglich
gehalten/ daß ein Reicher in das Reich GOttes eingehen ſolte.Alſo liebet mein Hertz die gelehrte Feder/ mich empor zu heben/
jedoch nicht zu hoch/ damit ich nicht mit Icaro geſtuͤrtzet werde.
|| [ID00277]
|| [211]
|| [211]
Der Luſtigſte Selbſtmord.
OB zwar alle Laſter das Hertz verfinſtern und Gott auß den
Augen ſetzen machen/ ſo iſt doch keines/ welches deß Menſchen
Verſtand ſo gar unterdrucken/ kraͤncken und verſencken kan/ als
der ſchaͤndlichſte und ſchaͤdlichſte Greuel der tollblinden Trunckenheit.Die Narꝛen ſagen in dem Buͤchlein der Weißheit: Wolauf/ laſ=
ſet uns die Meyenbluͤmlein nicht verſaumen/ laſſet uns froͤlich ſeyn/ und
zuſammen kommen/ auß zutrincken/ was eingeſchencket iſt! Laſſet uns
wol leben/ weil es dar iſt! Viel aber muͤſſen die Stimme hoͤren: Du
[212]
Narꝛ/ heute wird deine Seele von dir genommen werden!
Getreuer Gott/ mit was ewiger Qual und unauffhoͤrlicher Marteꝛ
wird der unbußfertige und Sinnberaubte Saͤuffer die kurtze Wolluſt
buͤſſen muͤſſen? Wie der Baum faͤllet/ ſo wird er wol liegen bleiben.Geſetzt aber/ wir finde
̅
ſolche Thoren/ welche in ihren Hertzen ſagen:
Es iſt kein Gott! So ſolten ſie doch ihren Verſtand nicht vor=
ſetzlich verlieren/ ihre Leibs Geſundheit nicht freventlich verſchertzen/
und ihre Gluͤcksguͤter/ nicht zwar mit jenem Philoſopho in das Waſ=
ſer/ (deßwegen man jhn in dem Narꝛenſchiff oben an geſetzet) ſondern in
das Weinfaß werffen. Gewißlich/ Es haben ſich/ nach Sirachs
Außſpruch Cap. 38/ 5. viel zu Tod gefreſſen/ und mehr
ſind in dem Wein/ als in dem Meer
ertruncken.
|| [ID00281]
|| [213]
|| [214]
Q. Curtij, als er entſchloſſen fuͤr das Vatterland
zu ſterben.
DIe mit vergifften Geſtanck eroͤffnete Grufft/ ſoll meine Ta=
pferkeit/ ſampt meiner Liebe gegen mein Vatterland erfüllen/
und das Ende meines Lebens ſoll der Anfang ſeyn eines unſterb=
lichen Namens/ mit verewigten Ruhm. Alle Menſchen/ die geboren
werden/ koͤnnen ſich deß Todes ungezweiffelt verſichern: Ihr Tod aber
iſt mit vielen Schmertzen begleitet/ mit bejammerten Sorgen geaͤng [215] ſtiget/
mit verzweifflender Hoffnung betruͤbet/ in dem ſie verweſen und ih=
rer vergeſſen wird/ ja mit ihrem Abſcheiden niemand dienen und vielen
ſchaden: Meine Art zu ſterben aber iſt ſehr gluͤckſelig; weil dardurch der
Roͤmer Leben erhalten/ die Plage auffhoͤren/ und die Goͤtter verſoͤh=
net werden.Ihr luͤſtrende Weltlinge/ ſtuͤrtzet euch/ mit blinden Liebes Eifer/ in
die ſtinckenden Grufften der gemeinen Land=und Stadtdirne/ koͤnnet
ſie aber noch verhuͤllen/ noch erfuͤllen/ und traget ſo viel Schande von
ſolcher Hoͤllenthat/ als ich Ehre erlanget durch meine Helden Thate.
Meiner wird mit Ruhm/ eurer aber bey den Frantzoſen/ mit Verach=
tung gedacht/ und alſo ſtrebet mein Hertz nach Ehren/ in dem
ihr die Unehre ſuchet und findet.
|| [ID00285]
|| [216]
|| [217]
Der Vermeſſenheit und Furcht.
DEß Menſchen Hertz iſt trotzig und vermeſſen in dem Gluͤ=
ckesſtand; feig und verzagt in dem Trauer=und Ungluͤcks=
ſtand. Der Trotz/ Kuͤhnheit und Vermeſſenheit iſt blind/ und
betrachtet noch Gottes Ehre/ noch der Menſchen und Neben=Chri=
ſten Liebe. Das Gluͤck/ welches mit verbundnen Augen gemahlet
wird/ verblendet ſeinen Verſtand/ daß er wie ein brüllender Loͤw außge=
het zu rauben und zu ſich zu ziehen/ was er an trifft. Dieſes Trotzen
muß koͤſtlich Ding ſeyn/ und ruͤhret her auß einem ſtoltzen/ veꝛmeßnen und
unbedachten Hertzen.
|| [218]
So bald aber das Blat ſich wendet/ und der ſtoltze Trotz eine Gru=
ben gegraben und ſich darein geſtürtzet/ da verkehret ſich das Hertz/ und
wird auß dem kuͤhnen Loͤwen ein feiger und verzagter Haas/ ſo das
Reißauß ſpielet/ und mit der Flucht ſeine Schwachheit bekennen muß.Der die Leute wolte freſſen/
hat dann ſeiner ſelbſt vergeſſen:
Der vor wie ein Loͤw gebruͤllt/
iſt nun ſchuͤchter und geſtillt/
Der auß Grimme pflegt zu ſchnauffen/
muß ſich retten mit dem Lauffen/
und vertauſcht den Ehrenſtand
mit der nie vergeßnen Schand.
|| [ID00289]
|| [219]
|| [220]
Schutzſchrifft der Falſchheit.
ES iſt die Frage Pilati noch nicht beantwortet/ wann er ſich ver=
nehmen laſſen: Was iſt Warheit? Inzwiſchen dienet die
Falſchheit mehr/ als die in deß Democriti tieffen Brunnen ver=
borgne Warheit. Der Schwan iſt der Koͤnig unter den Waſſer Voͤgeln/
und hat auff einer ſchwartzen Haute weiſſe Federn/ ein rechtes Bild der
beliebten und aller Orten regierenden Falſchheit.Die Mütter muͤſſen ihren Kindern die Warheit nicht ſagen/ ſie
fuͤr vielen Ungemach zuverſichern; Der Artzt muß dem Krancken die
Warheit verbergen; Der Juriſt muß zu einer boͤſen Sache gute Wort
gebrauchen. Der Hofmann muß loben/ was zu ſchaͤnden iſt. Der Red [221] ner
muß das Volck bereden/ was jhm vortraͤglich ſcheinet. Der Obriſte
muß den Soldaten durch falſche Zeitung ein Hertz machen. Der Zaͤhn=
brecher muß mit den Luͤgen ſeine Feilſchafft verkauffen. Von den Mah=
lern und Poeten will ich nicht ſagen/ weil ſie die Freyheit haben/ nach be=
lieben zu dichten/ was ſie wollen. Alle Sinne ſind dem Betrug unter=
worffen: Die Augen ſehen die Sonne und den Mond fuͤr klein an/ und
vermeinen die Schiffleute/ die Erden gehe fort/ in dem ſich das Schiff
beweget. Das Ohr wird durch den Wiederſchall und das Sauſſen be=
trogen/ der Geſchmack wird mit dem Gewuͤrtz/ wie auch der kalten und
warmen Speiſe gefaͤhrt/ ꝛc. Doch ſind Zwey Dinge/ welche ſich
nicht hetruͤgen laſſen: Der allwiſſende Gott/ und
deß Menſchen Gewiſſen.
|| [ID00293]
|| [222]
|| [223]
Daß die Hanreyſchafft keine Schande ſeye!
DIe Schande beſtehet entweder in der That ſelbſten/ wie das
Vollſauffen/ Wuchern/ Affterꝛeden/ Stehlen ꝛc. eine Schande
iſt/ ob ſolche gleich von dem Richter nicht beſtraffet wird.
Die Juriſten nennen es Ignominiam facti, und hierunteꝛ ſind alle La=
ſter begriffen. Die andre Schande iſt Ignominia Juris, wann der
Richter/ oberherꝛlichen Ambtes wegen/ das Boͤſe beſtraffen/ und einen
Verſchwender ſeiner Guͤter entſetzen/ auß der Stadt ſchaffen/ von ehr=
lichen Leuten abſondern muß.
|| [224]
Nun iſt ein Hanrey/ dem es leid iſt/ daß ſeine Frau zu einer Huren
worden/ und daß er ſie in den Ehebruch noch ergreiffen/ noch beſtraffen
kan/ mit dieſen beeden nicht zu belegen: Nicht Ignominia facti, dann
das factum, oder das Unrecht hat er nicht begangen/ und hat es auch
nicht koͤnnen verwehren: Nicht Ignominia Juris, dann der Richter
ihn/ als den unſchuldigen Theil/ nicht ſtraffen kan. So wenig ein Va=
ter ſchuldig iſt/ fuͤr ſeinen ungerahtnen Sohn/ eine Schuld zu zahlen/
die er ihm unwiſſend gemachet hat; So wenig ſoll ein Ehemann buͤſſen
und entgelten/ was ſein unzuͤchtiges Weib verſchuldet. Die Juriſten
nennen es Exceptionem de injuria & facto tertij. Ein anders iſt
es mit den qualificirten Hanreyen/ welche zu ihrer Weiber Unzucht
helffen/ mit ihren Hoͤrnern zu Tiſche ſitzen/ und wie mit ihren
Zaͤhnen eſſen: Dieſe ſchmertzet es nur/ wann ſolche Hoͤr=
ner einſchieſſen.
|| [ID00297]
|| [225]
|| [226]
Fabel.
DAs Bienlein und die Spinne haben miteinander wegen jhrer
Arbeit geſtritten/ und hat das Honig Voͤgelein/ die aufgehenckte
̅
Waben von Honig/ derſelben ſechseckige Abtheilung/ Zuſam=
menfuͤgung/ und den darinnen enthaltnen guldnen Zuckerfafft gewie=
ſen und geruͤhmet. Ferners auch angefuͤhret/ wie ſolche Hoͤnigburg von
einem Koͤnig in Ruhe und Einigkeit regieret und gehandhabt werde/ daß
es alſo eine Abbildung eines wolbeſtellten Regiments/ ꝛc.
|| [227]
Die Spinne hat hingegen ihre reine/ zarte und allen Menſchen
Haͤnden unmoͤgliche Spinn=Arbeit gezeiget/ und ſich vermeſſen/ glei=
chesfals Hoͤnig zu diſtilliren/ wann ſie in einer Bienbeuten enthalten
und nicht aller Orten verfolget wuͤrde. Als nun das Bien die Spinne
mit ſich genommen/ und ihr eine Waxcellen eingeraumbt/ hat ſie an ſtatt
deß Hoͤnigs Gifft eingeheget/ deßwegen der Immen Koͤnig befohlen/
dieſes eitelkuͤhne Thierlein zu tod zu ſtechen/ wie auch erfolgt.Die Fabel lehret/ daß ſich keiner mehr unterſtehen ſoll/ als er in
Vermoͤgen hat/ wann man Schand und Gefahr vermeiden wolle.
Wer einen Thurn bauen will/ der überſchlage zuvor
die unkoſten/ ob er es habe hinauß
zu fuͤhren.
|| [ID00301]
|| [228]
|| [229]
Der Gelehrten Ehrgeitz.
DIe Gelehrten machen es vielmals wie die Kraͤmer/ welche ihre
Wahren feil bieten und loben/ wann ſie gleich niemand begehret
und kauffen will: Alſo hoͤret man/ daß die Gelehrten gerne von
ihrer Kunſt reden/ ſelbe mit vielen Worten herauß ſtreichen/ und ſich bey
denen/ die es am wenigſten verſtehen/ groß zu machen; ja deßwegen koͤn=
nen ſich die Gelehrten ſchwerlich miteinander vergleichen und einer
Meinung werden/ weil ein jeder/ auß gefaſtem Ehrgeitz/ ſeine Urſachen
fuͤr die beſten haͤlt/ und ſeinen Gegner fuͤr verachtet. Alſo werden auß den
ſuͤſſen Fruͤchten der Wiſſenſchafften ſpitzige Doͤrner und Stachel/ die
[230]
niemand nutzen/ aber vielen verdruͤßlich ſind. Wann man viel Au-
tores anziehet/ und ſolche an die Pforten eines Buches ſtellet/ ſo ge=
ſchihet es auß Ehrgeitz/ in dem ſie fuͤr Schweitzer dienen/ welche
die Affterꝛeder abhalten und hinweg treiben ſollen: Sie ſolten aber viel=
mehr andrer Scribenten Urſachen/ als ihre Namen anfuͤhren. Es kan
keine Mutter ihr Kind lieben/ wie ſie ihre Erfindungen zu lieben pflegen/
daß wann es moͤglich/ daß deß Gelehrten Hertz ſich auff einem Buche
von der Erden in den Himmel ſchwingen koͤnte/ ſo wuͤrde er ſich unge=
zweiffelt dahin bemuͤhen Es iſt aber ſolcher Ehrgeitz eine Urſache/ eines
Theils eigner Vergnuͦgung/ anders Theils auch ein Antrieb zu dem
wehrten Tugendſtande/ und muß der/ ſo das Ende will/ auch die
Mittel/ ſo zu ſolchem Ende fuͤhren/ nothwen=
dig ergreiffen.
|| [ID00305]
|| [231]
|| [232]
Grabſchrifft.
EIn zorniges/ vergalltes und erbittertes Hertz hat
gleichſam die Waffen angezogen/ und ſuchet ſeinen
Feind/ und eine Urſache zu zoͤrnen/ die vielmals nicht
der Rede wehrt iſt. Ein ſolcher Menſch toͤdtet ſich vor der
Zeit/ in dem das Gebluͦt in ſeinem Leibe gleichſam ſuͤdet/
und aufwallet/ daß es alſo jener/ der wegen ſeines übereil=
ten und raſenden Zorns dahin geſtorben/ ſolches Laſter
bereuet/ und ihm ſelbſten vor ſeinem Tod folgende Grab=
ſchrifft auffgeſetzet:
|| [233]
In dieſer finſtren Erden=Grufft/ liegt
Herꝛ Ingrimmus Schlagenlufft/ der
Unbedacht offt zornig worden/ den/
manche Mucken an der Wand
ergrimmt/ daß Er mit Unverſtand/
ſich ſelbſt entbloͤdet zu ermorden.
Haß dieſes Laſter fuͤr und fuͤr!
dein wartet der Tod fuͤr der Thuͤr.
|| [ID00309]
|| [234]
|| [235]
Betrachtung.
GLeich wie deß Menſchen Hertz/ ſonder toͤdliche Hinrichtung/ nicht
kan vertheilet odeꝛ zerſchnitten werden: Alſo kan es auch/ in geiſt=
lichem Verſtand/ nicht Gott dienen/ und zugleich den Mam=
mon; nicht an den Irdiſchen hangen/ und ſich gegen das Himmliſche
erheben/ daß es heiſt nach dem Sprichwort: Mein/ oder laß es gar
ſeyn. Niemand iſt ſo klug/ daß er nach Chriſti Außſpruch ſolte zweyen
gantz wiederigen Herꝛen zugleich wol dienen koͤnnen; entweder er wird
einen oder den andern von gantzem/ nicht von halben Hertzen an [236] hangen/
den Segen oder Fluch wehlen/ den guten oder boͤſen Theil er=
kieſſen; maſſen jenes etlicher maſſen gebildet iſt/ durch den fruchtba=
ren/ gruͤnen dun friſchen Zweig/ dieſes durch den doͤrren/ Frucht=und
Blaͤtterloſen Aſt/ welche beede ob dem Hertzen ſchwebend zu erſe=
hen ſind.Alle Zaͤhne dieſer Seegen/ ſind die unterſchiednen Eitelkeiten/
welche zu Hertzen dringen/ ſolches durchſchneiden und zwiſchen Gott
und der Welte theilen wollen/ deßwegen auch der Apoſtel vermahnet/
man ſolle ſich dieſer Welte Guͤter alſo gebrauchen/ als ob man ſolche
nicht beſeſſe/ wie es Gott befohlen/ und durch ſelbe von den Him
̅
liſchen
nicht abreiſſen laſſen. Es iſt ſchwer daß ein Reicher zu dem
ewigen Leben eingehe.
|| [ID00313]
|| [237]
|| [238]
Frage:
Warumb pflegen die veraͤchtlichen Leute andre
zu verachten?
ES lehret die Erfahrung/ daß die jenigen/ welche mit vielerley
Maͤngel/ entweder von Natur/ oder von angenommenen Laſtern
behafftet ſind/ andre verachten/ und erwuͤnſchten/ daß aller Sit=
ten den ihrigen gleichen moͤchten. Ein Bucklichter oder Krumru=
ckigter wolte/ daß alle Leute mit ſo erhabner Vollkommenheit ruck=
warts belaſtet weren/ und mancher gebe ein Aug darumb/ daß der andre
blind wuͤrde.
|| [239]
Die Urſache/ warumb man andrer Gaben mit ſcheelen Augen an=
ſihet/ iſt die Selbſtliebe/ mit welcher wir uns verbunden/ und daher ent=
ſtehet der Neid/ der nicht wol leiden kan/ daß ein andrer vorgezogen wer=
de. In dem man nun ſich zu erheben gedencket/ beſchihet ſolches mit
Unterdruckung der mehr Lobwürdigen/ welcher Beſchimpfung ihre
Verdienſte hindern und mindern; wo nicht in dem Wercke/ jedoch in
Worten. Wie die beltzerne Maußfallen luſtert ein Maͤußlein zufangen/
alſo lauſchen ſolche Neidkatzen auff ander Leute Lob/ daſſelbe zu hin=
terſchleichen und unterzudrucken. Es iſt aber der Neid eine ſolche
Suͤnde/ die Gott gleichſam einer ungerechtigkeit be=
ſchuldiget/ und ſich geluͤſten laͤſſet/ deß Nechſten
Gluͤcksgut und Ehrenhab/ ſo viel an ihn
iſt/ abzuſtehlen.
|| [ID00317]
|| [240]
|| [241]
Troſt.
WIe der Menſch zwey weſentliche Theile hat/ Leib und Seele/
als iſt er auch zweyerley Drangſal unterworffen/ abgebildet
durch die zwo Schrauben/ dardurch das Hertz gepreſſet wird.
Die Bedrangniß der Seelen oder deß Geiſtes/ beſtehet vielmals in der
Einbildung/ und wann wir ein mehrers nicht beytragen koͤnnen/ als das
Gebet/ ſo ſollen wir das übrige Gottes Willen/ der allezeit gerecht
iſt/ heimſtellen/ und nicht einmal fragen/ auß was Urſachen ſolches Übel
über uns kom
̅
e/ das uns die Eitelkeit außpreſſen/ und vielleicht zu unſren
Nutzen außſchlagen kan.
|| [242]
Die Bedrangniß deß Leibes waͤret nur eine kleine Zeit/ gegen der
Ewigkeit zu rechnen/ und ſollen wir darbey bedencken/ daß wir mit Chri=
ſto leiden muͤſſen/ welcher die Kelter deß Goͤttlichen Zorns allein getret=
ten/ wan
̅
wir mit ihm herꝛſchen wolle
̅
. Von beeden werde
̅
wir gedrucket/
aber nicht untergedruckt/ wir werden geplaget/ aber wir verzagen deß=
wegen nicht/ dan
̅
uns wird eben deßwegen die Kron der Ehren/ als tapf=
fern Streitern/ auffgeſetzet/ welche die jenigen/ ſo nichts erlitten/ auch
nicht verdienet haben. Gleich wie die Trauben müſſen gekeltert und
gepreſſet werden/ wann ihr Safft der Menſchen Hertz erfreuen/ und
er auffgehalten werden ſoll; Alſo muͤſſen alle Chriſten durch Trübſal
und Anfechtung in das Reich Gottes eingehen/ und iſt ihr groͤſter
Troſt/ wann ſie nicht als Menſchen/ ſondern als
Chriſten leiden.
|| [ID00321]
|| [243]
|| [244]
Spruch:
Wer die Gefahr liebt/ wird darinnen umbkommen.
DIe Gefahr wird hier verſtanden von der Gefahr deß Todes/ wie
auß dem folgenden Wort umbkommen unſchwer abzunehmen:
maſſen die Gefahr der Ehre/ mit loͤblichen Thaten kan wieder
erſetzet werden/ wie auch die Gefahr deß unbeſtaͤndigen Reichthumbs
kan überwunden/ oder der Verluſt erſtattet werden: Das einmal ver=
lohrne Leben aber kan ſonder Wunderwerck nicht wiederbracht werden/
wie der Poet ſagt:
|| [245]
Das Leben iſt uns lieb; dann der einmal muß ſterben/
kan den verlohrnen Geiſt nicht wiederumb erwerben.Damit uns nun keine Gefahr von manchen harten Tritt und boͤſen We= ge abſchrecken moͤge/ hat die Eitelkeit keinen beſſern Fund erdencken koͤn= nen/ als daß ſie den ſterblichen Menſchen/ einen unſterblichen Namen verſprochen/ welcher ihr Abſterben überleben/ bey der Nachwelt behar= ren und ſolchen Ruhm verewigen werde. Dieſe Hoffnung iſt ein Traum der Wachenden/ welcher ihnen die Augen verblendet/ daß ſie die bevor= ſtehende Gefahr nicht ſehen/ als wann ſie darein (als zwiſchen zweyer Felſen Abgrund) gefallen/ und darinnen umbkommen.
|| [ID00325]
|| [246]
|| [247]
LXXVI. Das lobſingende Hertz.
ut re mi fa ſol
DEr Mut und red in mir verfaſſen ſolche Sachen/
die auf der Erden hier mich überirdiſch machen:
la la fa mi re ut
laß aller Sorgen laſt: ohn falſch/ mild/ redlich/ gut/
iſt jedes Chriſten Hertz/ das Gottes Willen thut.
|| [248]
ES ſteigt das Leben auf; es muß auch wieder fallen/
und mit der Todten=Schar an groſſen Reyen wallen:
Inzwiſchen herꝛſcht in uns der dreygeeinte Gott/
Ihm ſey Lob Ehr und Preiß im Leben und dem Tod.
In dieſem Threnenthal/ auff dieſen Doͤrner Wege/
in ſolchem Jammerpfand und auff dem ſchmalen Stege/
erfreut deß Menſchen Hertz der ſuͤſſe Saiten Klang/
wir hoͤren vorgeſtellt der Engel Lobgeſang.
|| [ID00329]
|| [249]
|| [250]
LXXVII. Das bejammerte Hertz.
DEß Menſchen Hertz mit dreyen ſtumpffen Ecken
ſoll gegen Gott die treue Treu erwecken;
Weil er gedreyt/ doch weſentlich vereint/
und in der Noht mit treuer Huͤlff erſcheint.
Ob gleich das Meer mit wilden Wellen wuͤtet/
ſo ſchlaͤffet doch nicht lang/ der es beguͤtet.
Nach ungeſtuͤmm erfolget Sonnenſchein:
die ſtille Weſt ſchlaͤfft alle Norden ein.
Wolauff mein Hertz/ laß alles Ungluͤck wallen/
bleib du beſtehn/ wie es auch moͤchte fallen;
|| [251]
Wer Gott vertraut/ den faͤhlt es nimmer nicht/
der hat auf dich ſein Angeſicht gericht!
Deß Lebens Schiff iſt Blas/ die Segelſtangen
ſind ſchwaches Stroh/ daran die Ancker hangen/
(die Dau) von Haar/ das Steuer Ruder Dohn/
Iſt Gott bey dir/ ſo kombſt du doch darvon.
und in Gefahr wirſt du geſichert bleiben/
ſoll gleich der Wind das Schiff zu boden treiben.
Sey nur getroſt/ und hoff auff deinen GOTT/
Er rettet dich/ zu rechter Zeit/ auß Noht.
|| [ID00333]
|| [252]
|| [253]
LXXVIII. Das feige und zage
Hertz.
WIe mancher wird oͤffters in Schlachten getroffen/
der ſolcher Gefahre nicht zeitlich entloffen.
Das Leben hat mancher den Füſſen zu dancken;
Wann folget das Schlagen nach Weibiſchen Zancken.
Die Freveler wollen mit Todten nicht rechten/
der lauffet/ kan andermals wiederumb fechten.
Man zahlet viel Schulden mit ledernen Schuhen;
Weh denen die machet der Ziperlein ruhen.
|| [254]
Das Poda-(pfuy Teuffel)-gra reiſſet und beiſſet/
das fuͤglich der jrdiſche Hoͤllenbrand heiſſet.
Herꝛ Jra, Freund Bacchus und Veneris Schertzen/
die bringen im Alter dem Hertzen viel Schmertzen.
Zerſchnittene Schuhe ſind beſſer als gantze;
doch heiſchet man mehrers zum baͤuriſchen Dantze.
An Fruͤchten ſind alle die Baͤumen zu kennen/
von Fuͤſſen ſind muntere Maͤnner zu nennen.
Laß andere Balgen/ ſich ſchlagen und rauffen/
ich pflege von ſolchen Geſellen zu lauffen:
Die ihnen ſo boͤßliche Feden verſchaffen/
die wollen auff nuͤchterner Haute nicht ſchlaffen.
|| [ID00337]
|| [255]
|| [256]
Irꝛgedicht.
ICh muß leider nun empfinden
die Straff meiner ſchweren Suͤnden:
Mein Gewiſſen macht mich wiſſen/
daß in meinen Miſſethaten
mir iſt nimmer nicht zu rahten:
dann ihr ſind viel wie Sand am Strand/
ja ſie ſind mehr und groͤſſer als das Meer.
Aller Troſt entfernet ſich/
das Geſetz verdammet mich/
und der für mich gnug gethan/
kan ich nun nicht ſehen an.
|| [257]
Es wird mir angſt und bang/
der Teuffel bringet Schwerdt und Strang:
ich empfind in ſolchen Stand
deß Gewiſſens Hoͤllenbrand.
Was hilfft mich nun das Geldt/
erkargt von vielen Jahren;
wann ich muß auß der Welt
zu allen Teufflen fahren?
Weh dem/ der gleich wie ich
mit Sorgen quaͤlet ſich/
und kan noch Leib noch Seel/ wie ſichs gebuͤhrt verwahren!
|| [ID00341]
|| [258]
|| [259]
Irꝛgedicht.
DEn Juncker Hunger zu bezahlen/
muß man nicht gute Speiſen mahlen/
deß Fraͤulein Durſtes zu vergeſſen/
muß man nicht duͤrꝛe Reben preſſen.
Paſteten/ Vaͤltliner und Reiniſcher Wein/
deß Hungers und Durſtes Zahlmeiſtere ſeyn/
und geben der Naſen hell kupfernen Schein.
Das nennt man Marcks=und Bancho=Waͤrung/
offt eincaſſirt ohn all Gefaͤhrung/
|| [260]
Wie übel doch reimet mit nuͦchterem faſten/
den ſpannen dick=ſpeckigem=Wannenbauch maſten.
Paſteten Rinkauer=Wein Parmeſan Keeß/
die ſtechen dem Hunger die dienlichſte Laͤß/
das kommet den hoͤflichen Sitten gemaͤß.
Das Sauffen und Freſſen
macht Sorgen vergeſſen/
Es fuͤllet den Magen/
und weitert den Kragen/
Wir wollen den Zahler wol Morgen erfragen.
|| [ID00345]
|| [261]
|| [262]
LXXXI Das in der Welt erſoffene
Hertz.
LUſtig ihr Bruͤder ohn alles verweilen/
das kraͤnckliche Sorgen/
verſparet auffs borgen/
es machet erworgen!
Billich die Woͤlffe mit Woͤlffen auch heulen.
So laſſet uns naſchen
aus Kannen und Flaſchen/
und leeren die Taſchen.
Richtigkeit laͤſſet die Erben nicht zancken/
|| [263]
nach meinem Geduncken/
wann alles vertruncken/
bey Wuͤrſten und Schuncken/
Weltling/ heiſſt ſolches Gott loben un ̅ dancken?
Gloß.
ES werden ſolche in der Wolluſt erſoffne Leute/ mit gutem Fug deß
Teuffels Maͤrtre rgenennet/ dann ſie in ihrem gantzen Leben viel
leiden und außſtehen muͤſſen/ jedoch iſt dieſes der Unterſcheid/ daß die
Maͤrtrer von den Tyrannen ermordet werden: die Trunckenpolde aber
tyranniſieren ſich ſelbſten und werden Moͤrder an ihrem Leibe/ welches
gleichsſals dem Gebot Gottes: Du ſolſt nicht toͤdten/ zuwieder
laufft/ deßwegen ſie groſſe Verantwortung zu geben
haben werden.
|| [ID00349]
|| [264]
|| [265]
Schertzgedicht.
JÜngſt/ die Schauplatz=groſſen Kraͤgen
gaben ihren letzten Segen/
(kurtz vor ihrem ſchnellen End)
durch ein kluges Teſtament:
Daß die Stiefel und Stiffletten/
ſolten ihre Stell betretten
und der Kraͤgen ins gemein
eingeſetzte Erben ſeyn.
|| [266]
Ihren Kindern/ die ſie haſſen/
wolten ſie nicht mehrers laſſen
als nur die Legitimam,
die nicht voͤllig auff ſie kam.
Darumb ſchaut man allerwegen
groſſe Canon/ kleine Kraͤgen/
Doch der Hembeder Rudatz
erbten auch in ihrem Platz/
Sie ſind nunmehr umb die Hande/
Mühlſtein=groß in unſrem Lande.
Solt der Ermel Richter ſeyn/
wird er vor geſchmieret ein.
|| [ID00353]
|| [267]
|| [268]
LXXXIII. Das Poetiſche Hertz.
HIer ſtehet ein Juriſt/ der nichts nicht kan als zancke ̅ /
Hier iſt ein Medicus, der lebet von den Krancken/
Hier ein Philoſophus voll ſeltner Phantaſey/
Hier ein PhiIologus und Criticus darbey.
Hier iſt ein Decident, hier ſieben Caſuiſten,
Hier ein Theologus, ſchreibt von deß Teuffels Liſten.
Der ſchreibet von dem Krieg/ der von der Fuͤrſten Gunſt/
Der ſchreibet von der Flamm in der Chymiſten Kunſt.
|| [269]
Der weiſt der Sternen Lauff/ der von den fremden Thieren/
der von der Rechen=Kunſt/ vom Schachſpiel und Pickiren/
Der lehret die Muſic: Hierbey noch einer ſteht/
der alles wiſſen ſoll. Wer dann? Hier/ ein Poet.
Die Kunſt/ die Unluſt bringt/ die machet hier beluſten/
Man hoͤret mit Verdruß Paripathetiſch Huſten;
Darob erfreuet ſich mein Hertz und gantzes Ich/
daß bey der Buͤcher Schar ein Dichter findet ſich.
|| [ID00357]
|| [270]
|| [271]
LXXXIV. Das unbetruͤgliche Hertz.
MEin junges Hertz iſt gleich der Uhr/
das auſſen/ mit der Zeiger Zungen/
beweiſt der ſchnellen Stunden Spur/
von Zucht und Redlichkeit gezwungen.
Ich hab mich auch von Jugend auff/
befliſſen/ daß ich Mund und Hertze
gehalten in gantz gleichem Lauff/
ſo wol im Ernſt’ als in dem Schertze.
Gleich wie der Sonnen Schatten eilt/
mit ſeinen gleich getheilten Stunden/
Alſo deß Menſchen Leben pfleilt/
biß es die Todesnacht gefunden.
|| [272]
So leb ich nun vergnuͤgt genug/
und iſt kein Falſch in meinen Sinnen.
Ich weiß nicht/ was man nennt Betrug/
darmit ein andrer mag gewinnen.
Ich glaube/ wie das Sprichwort ſagt:
Daß redlich ſeyn am laͤngſten waͤret/
Der Luͤgner ſich nur ſelbſten plagt/
und ſein Gewiſſen hart beſchweret.
Zu letzte liegt der Falſchheit Thand
in dem die Warheit nicht vergehet;
dann jene bauet auff dem Sand/
die auff den Felſen/ der beſtehet.
|| [ID00361]
|| [273]
|| [274]
Zweyreimiges Sonnet:
DEr blaſſe Neid/ der Hoͤllen brut/
vergifftet/ gleich den blauen Schlangen:
Er haͤlt das Hertz mit Schmertz gefangen/
in dem es kocht durchgalltes Blut.
Den Neidhart kraͤnckt deß Nechſten Gut/
Darob entfaͤrbt er ſeine Wangen/
und wie es jhm bißher ergangen
verachtet er mit Meuchelmuth.
Der Neidhart weiß nicht was er thut/
und zweiffelt was er ſol verlangen/
|| [275]
Deß Nechſten Freud iſt ſeine Ruht.
in ſolcher Sinnberaubten Wut
muß er ſich gleichſam ſelbſt erhangen/
und brennet ſich mit ſeiner Glut.
Gloß.
DArumb ſagt man/ daß der ſchwache Neid ſtarck genug ſeye/ ihm ſelb=
ſten eine Gruben zu graben/ ſich hinein zu ſtuͤrtzen/ und die verdiente
Straffe auffzulegen. Das Woͤrtlein Neid reimet nachſinnig mit Leid
bey den boͤßlich vergallten Hertzen: bey den From
̅
en reimet es mit meid/
und ſoll ein jeder Chriſt ſolches Laſter vermeiden/ welches der Chriſtliche
̅
Liebe/ die alles zum beſten kehret un
̅
deß Nechſten Nutzen foͤrdert/ ſchnur=
ſtrangs zuwider lauffet/ deßwegen auch der H. Apoſtel Paulus den Haß
und Neid unter die Wercke deß Fleiſches ſetzet/ und iſt unter einem Nei=
diſchen und Dieb kein andrer Unterſcheid/ als die Gelegenheit den
Nechſten umb ſein Vermoͤgen zu bringen.
|| [ID00365]
|| [276]
|| [277]
LXXXVI. Das fliehende Hertz.
ICh eile mit lauffen das Leben zu kauffen!
Es kriechen die ſchwuͤrmende ̅ Wuͦrmeꝛ zu hauffen/
ſie ſuchen beym ſauffen zu ſchlagen und rauffen.
Die Weißheit entfliehet den alberen Blinden
und lehret mich ſothane Sicherheit finden/
biß jener laͤſſt wieder den Frieden verkuͤnden.
Das weren recht naͤrꝛiſch=einfaͤltige Haaſen/
die wuͦſten der Hunde nachtheiliges Raſen/
und wolten nicht fliehen vom offenen Waſen.
|| [278]
Der weichet kan etwan zu beſſeren Zeiten
gewaffnet/ ſich tapferer wagen zu ſtreiten/
und kluͤglich ſich auſſer Gefaͤhrlichkeit leiten.
So muß ich in lauffen ohn ſchnauffen doch ruhen/
und trage Courage wol unter den Schuhen/
ich ſpare die Pfenning in eiſernen Truhen.
Wer liebet Gefahr
und waget es gar/
der findet ſie dar.
|| [ID00369]
|| [279]
|| [280]
Sapphiſche Jambiſche
DEr ſo mich einen Flegel nennet/
den Wehrt deß Flegels nicht erkennet/
und weiß nicht daß er pflegt zu geben/
der Menſchen Leben.
Wer kan ſich ohne Brod ernehren?
Das macht der Flegelſchlag verꝛoͤhren/
und kan es auß dem Hallmen jagen/
mit vielen ſchlagen.
Der Flegel kan die Einfalt weiſen/
die machet manchen Bauren preiſen/
|| [281]
ſo hat der Flegel ein Gelencke
ohn falſche Rencke.
Der Bauer lobt die alten Sitten/
und gehet gerad durch die Mitten/
vergnuͦget ſich gar ſchlecht zu nehren
mit ſtillen Ehren.
Die Arbeit giebt die beſte Beute/
Der Reichthum machet krancke Leute.
und mancher Phleg (el) maticus,
heiſt dapp ins Muß.
Der Burger pflegt mehr zubetruͤgen/
ſucht in dem Wucher ſein Vergnuͤgen/
und manchen einen Flegel nennet
gantz unerkennet.
|| [ID00373]
|| [282]
|| [283]
Trochäiſche.
SChauet doch/ dieſe Honig=Voͤgelein!
wie ſie all’ in die Warburg tragen ein:
Jede Blum wird deß Bienleins ſuͤſſe Beut’;
Aber doch/ ſonder Nachtheil/ Schmertz und Schaden/
nutzen ſie die bekleete Blumen=Weid/
die ſich ſelbſt zu der Zucker=Mahlzeit laden.
Man ſchaut nicht/ daß ſie ihre Stachel tragen/
ſich doch kuͤhn an den Honigrauber wagen.
|| [284]
Ach mein Hertz in der Roſen=Doͤrner ſitzt/
Freud und Leid umb mich wechſelweis bekleiben:
Jene heilt/ was der ſcharffe Stachel ritzt:
Welckt die Blum/ werden doch die Doͤrner bleiben/
biß der Lentz wieder bringt die Blumen Zeit/
und die Freud’ heilet alles Hertzenleid.
Nur getroſt/ auff das Tunckle folgt der Tag/
nach dem Leid folget die verlangte Freude:
In der Kuͤrtz endet ſich der Doͤrner Plag/
und beginnt/ die verhoffte Blumenweids.
Der Geruch aller Roſen ſchnell vergeht/
aber ſtets frommer Hertzen=Freud beſteht.
|| [ID00377]
|| [285]
|| [286]
LXXXIX. Das ſpielende Hertz.
ALchymia mit der Karten
macht auff groſſen Reichthum warten/
und macht manchen armen Mann:
Der vermeinet zu gewinnen/
muß die Hoffnung gantz zerꝛinnen/
wann er nicht mehr ſpielen kan.
Keiner in dem Spieler Orden
iſt beharꝛlich reicher worden.
ja die Spielſucht machet kranck/
|| [287]
und wil offt das ???Ungluͤck trutzen/
muß doch endlich ohne Nutzen
ferne weichen/ ſonder Danck.
Wer der rechten Zeit kan warten/
ſpielt auch gluͤcklich in der Karten.
Aber wer mit ungedult/
Sinn und den Verſtand verſpielet/
machet eine neue Schuld/
die er lang hernach noch fuͤhlet.
Ja/ das Hertz=und Schellen=Daus/
jagt viel zu der Stadt hinaus.
|| [ID00381]
|| [288]
|| [289]
Anapaͤſtiſche.
EIn Becher auff der Kantel/
die Feder und der Mantel:
den man zum Leichen traͤgt:
iſt ein verkehrter Wandel/
und kluger Narꝛenhandel/
der ſich mit Schanden ſchlaͤgt.
Die Schellen/ ſo nicht klingen/
auch keinen Nutzen bringen/
wann man ſie nicht bewegt:
|| [290]
Ein Narꝛ kan ſich nicht zwingen/
und zeigt in allen Dingen/
was er im Buſen hegt.
Man pflegt fuͤr klug zu kauffen
den/ der ohn Zorn und Schnauffen
die Rede ſelten fuͤhrt:
Der aber weiſt die Kappen/
haͤlt man fuͤr einen Lappen/
den jederman vexirt.
Man kan auch in den Schertzen/
erkennen Sinn und Hertzen.
|| [ID00385]
|| [291]
|| [292]
Doppelreimen.
MAn wird gelehrt geleert
und offt geehrt gefaͤhrt.
Dann wer die Kunſt nicht kan/
iſt ohne Gunſt ein Mann/
dem ſein Stand wird zur Schande
und ſeine Hand zum Bande.
Man kaufft den Ring gering/
der macht Spring in das Ding.
Die Kunſt mit ſauffen kauffen
|| [293]
ſich offt zu rauffen lauffen/
die Zeit mit Saus und Schmaus
zubringen auſſer Haus/
ſol heiſſen Doctoriren,
die weiſen Leut vexiren/
und ſocher Doctor=Hut
deckt ſtoltzen übermut/
der ſelten thuet gut/
und iſt ſein’ eigne Ruht.
Ein Muͤhlthier fuͤr ein Pferd/
iſt keiner Zier nicht wehrt:
|| [ID00389]
|| [294]
|| [295]
XCII. Die Hertzens Freundſchafft.
JEner Richter mit dem Splitter
Momus/ jener Tadelmund/
wuͤnſchet ein durchbrochnes Gitter/
ob deß falſchen Hertzensgrund.
Dieſes hab ich nicht von noͤhten/
dann mein Aug und meine Wort/
mein erblaſſen und erꝛoͤhten/
weiſen mein Hertz fort und fort.
Was ſoll doch der Menſchen Leben/
ſonder Hertzens=Freundſchafft ſeyn?
|| [206]
Jener hats verglichen eben
einer Welt ohn Sonnen=Schein.
Von der guͤldnen Tagesflamm
kommet alles Kraut und Frucht/
Gleich wie von der Freundſchafft Stamm
waͤchſt der Hertzen Tugend=Zucht.
Freundſchafft/ die der Wein verbindt/
ſoll man mit den Threnen proben;
wann ſie ſich beſtaͤndig findt/
wird ſie billich ſeyn zu loben.
|| [ID00393]
|| [297]
|| [298]
Frag:
SAgt was bedeutet doch der auffgehenckte Schwengel/
der in der Glocken Bauch hangt wie ein groſſer Pengel?
Antwort:
Die grobe Rülpen Art/ die nur unnuͤtz Geſchwaͤtze
bringt in der gantzen Stadt auff alle groſſe Plaͤtze.
Frag:
Wer das/ was er gehoͤrt/ ohn Zuſatz pflegt zu ſagen/
der kan den Namen nicht deß Glockenſchwengels tragen.
|| [299]
Antwort:
Viel beſſer iſt er ſchweig/ und laß ſich nicht betruͤgen;
weil der gemeine Mann pflegt offtermahls zu luͤgen.
Weh dem der hin und her ſich wendet/ wieget/ ſchwinget/
und nur nach andrer Sinndas/ was ſie wollen/ klinget.
Wol dem der mit bedacht der Warheit ſich befleiſſet/
und als ein kluger Mann in ſeinem Thun beweiſet.
Der Mund verꝛaͤth das Hertz/ die Augen und Geberden
erweiſen das Gemuͤt: Wer nicht wil hoͤflich werden/
der mag an ſeinem Ort ein ſolcher Schwengel bleiben;
er wird wol ſonder Ehr die lange Zeit vertreiben.
Der ſo zu rechter Zeit kan Rahten/ Reden/ Reiten/
wird manchem guten Dienſt und ſich hoch an geleiten.
|| [ID00397]
|| [300]
|| [301]
XCIV. Das offne Hertz.
MAn pflegt die offnen Hertzen
mit Schmertzen zu beſchertzen;
weil ſie/ gleich wie die Knaben/
und wie die alten Gauchen/
durchhellte Fenſter haben/
den Fuͤrhang nicht gebrauchen/
der decket die Gedancken/
die in den Hertzen ſchwancken.
|| [302]
Man ſoll zu rechten Zeiten/
die reine Warheit ſagen/
und nach Gelegenheiten
ſie in verborgnen fragen.
Man bricht gar leicht die Scheiben/
wann Fenſter offen bleiben:
So ſoll man ſchweigen koͤnnen
und was ſich ziemet reden/
Die ſo ſich redlich nennen/
ſind mehrmals von den Bloͤden/
die nicht klug unterſcheiden/
was Zeit und Ort kan leiden.
|| [ID00401]
|| [303]
|| [304]
Gemengte Verſe.
DIe Luxen nnd Fuxen entfliehen und weichen/
die luſtig und liſtig zu Rauben außſtreichen/
doch faͤngt man ſie in ihren Bauen/
in dem ſie auff die Falſchheit trauen:
Das Lügen und Truͤgen vergnuͤget nicht lang:
Das heuchlen und ſchmeichlen macht endlichen bang.
Fuxſchwaͤntzer und der Luͤgner Rott/
ſind Gottes Haß/ der Menſchen Spott.
|| [305]
Wie Simſon durch Fuͤxe die Ernd verbrande/
und zwiſchen die Schwaͤntze das Feuer=Holtz bande:
ſo hat der Fuxſchwantz viel verderbt/
der bey Hof nie bleibt unbeerbt.
Den Weltling iſt ſelten gar ſicher zu trauen/
Die liſtigen Fuxen kan memand durchſchauen:
Das Wort iſt ferne von der That/
Was künfftig iſt/ weiß man zu ſpat.
Der pfleget mit liſtigen Rencken zu prangen/
und bleibet in ſeinem Gebaͤue befangen:
Er aͤndert zwar den rauhen Balg
doch iſt und bleibt er ſtetig arg.
|| [ID00405]
|| [306]
|| [307]
[Der Haas redet:]
ICh bin mit lang=geſpitzten Ohren
zu meiner Sicherheit geboren;
dieweil ich ſonſt bin zag und ſchwach/
ſo hoͤr ich wol/ und flieh’ hernach/
zu retten mein unſchuldigs Leben/
muß ich mit langen Füſſen ſtreben:
So nimmt und giebet die Natur/
die mich ernehrt in meinem Flur.
|| [308]
Die Kuͤnheit bringet auf die Bahre:
Die Zagheit ſichert fuͤr Gefahre:
Im Leben mach ich manchen Spaß;
im Tod werd ich kein ſtinckend Aaß/
Man kan mich paiſſen/ ſpicken/ braten/
eh in mir wachſen faule Maten/
Deß Jaͤgers Luſt iſt meine Noht:
Viel Hunde ſind deß Haſens Tod.
Kein Hund ſolt leichtlich mich aufftreiben/
ich wolt wol in der Stauden bleiben/
wann mir bewuſt deß Jaͤgers Tuͤck.
Erkenn auch du dein Ungeluͤck!
|| [ID00409]
|| [309]
|| [310]
XCVII. Das wurmige Hertz.
MUß jeder ſeinen Maͤngel ſagen/
ſo darff man mich nicht ferner fragen:
Kein fauler Kees iſt je verweſen/
ſo voller Wuͤrmer als ich bin;
Man kan nichts ſagen oder leſen/
ſo bald ergrimmt mein gantzer Sinn.
Ich pflege nicht viel nachzufragen/
und will mich faſt mit jedem ſchlagen.
Von wegen ſo vergallten Hertzen
|| [311]
benamt man mich den Wuͤrmebrand:
Es iſt mit mir nicht wol zu ſchertzen/
mich jrꝛt die Mucken an der Wand.
Ich will es auf die Spitzen wagen/
und werd zuweilen überſchlagen.
Es bleibt mein Wuͤrmerneſt in eſſe,
daß ſie bald wieder kriechen aus/
wann ich der Pruͤgelſalb vergeſſe/
und werd ein Loͤw in meinem Haus.
So muß ich alle Waͤlder haſſen/
weil ſie die Pruͤgel wachſen laſſen.
|| [ID00413]
|| [312]
|| [313]
XCVIII. Das ſterbende Hertz.
ZU letzt zu der letzten Letzt/ kommet der entſeelte Tod/
machend ein verlangtes End auß ſo vieler boͤſen Noht:
Nach dem außgedienten Leben/
pfleget Gott den Lohn zu geben.
Das Hertz/ das behertzte Hertz findet keine Zuverſicht/
wann es in der letzten Stund wird geladen fuͤr Gericht/
auſſer Chriſti Tod und Sterben/
daß das Leben machet erben.
|| [314]
Der dann wol geſtritten hat/ wird bekroͤnet in dem Sieg/
und im ſchnellen Augenblick wird vollendet aller Krieg.
Dann erweiſen ſich in Schmertzen
die von Gott belebten Hertzen.
Alles was den Fittig ſchwingt/ alle Fiſch in weitem Meer’/
Alles was auf Erden lebt mehrt das groſſe Todten=Heer/
Jeder muß nach ſeinen Jahren/
was der Tod ſey/ ſelbſt erfahren.
Mancher gebe viel darumb/ daß er ſolche letzte Raͤi???
andren koͤnte tragen auf; aber keines Anwalts Fleiß
bringet in der Sache frommen:
es muß jeder ſelbſten kommen.
|| [ID00417]
|| [315]
|| [316]
Lob deß Eſels.
DEr Eſel iſt ein Knecht/ der dient umb ſchlechte Koſt:
Er iſt das graue Haubt/ das man ſoll billich ehre ̅ :
Er laͤſt ſich in Gedult mit ſchweren Laſt beſchwere ̅ :
und wird von keinem Streich ergrimmet und erboſt.
Es hat ihn die Natur mit einem † beſchenckt
und einem langen Ohr/ ohn Hoͤrner/ und ohn Klauen:
man darf dem treuen Thier in boͤſen Wegen trauen/
das Jawort ſaget es herauß/ gleich wie ers denckt.
|| [317]
Der Eſel traͤgt das Haubt nicht leichtlich hoch empor/
kein Ehrgeitz iſt in ihm/ er ſchauet auff die Erden/
und denckt vielleicht bey ſich/ er muͤß auch Erden werde ̅ ;
Er thut es/ in dem Fall/ der Menſchen Witz bevor.
Zu Zeiten Bileams ſprach ſeines Eſels Stimm/
als es deß Engels Schwert geſehen auff der Straſſen:
Von ſolcher Eſelsart ſind noch viel hinter= laſſen/
die ſehend/ ſehen nicht/ deß Hoͤchſten Rach und Grimm.
|| [ID00421]
|| [318]
|| [319]
Auff Geſundheit treuer Hertzen!
TRincket nun einmal herumb/ laſſet voͤller ſchencken ein/
laſſt den nie=geltſatten Hund Waſſer trincken fuͤr den Wein:
unterdeſſen wollen wir zechen/ aber nicht allein.
Auff Geſundheit treuer Hertzen!
Schauet das behertzte Glas/ welches giebet hellen Schein!
ſchau es nur an wie du wilt/ drey Hertz ſind gleich überein/
Alſo trennt die Freundſchafft nicht das bezanckte mein und dein.
|| [320]
Auff Geſundheit treuer Hertzen!
Wer das Glas nicht thut beſcheid/ mag ein falſcher Bruder ſeyn/
den der Warheits=Schertz verdreuſt/ ſtoͤſſt ſich ſelbſt an ſeinen Stein/
Guten Freunden ſoll der Trunck und Vertrauen ſeyn gemein.
Auff Geſundheit treuer Hertzen!
Trincket noch einmal herumb/ laſſet wieder ſchencken ein/
dieſes Stieffelweite Glas theilen wir in mein und dein/
Es ſchlurfft ſich noch wol herauß dieſer reine Moſler Wein.
1.
HAt uns nicht der guldnen Zeit
Treu/ und altes Geld erfreut?
nun die eiſenſchweren Jahre/
voller Jammer und Gefahre
rucken mit Gewalt herein/
daß der neugeſchminkte Schein.
machet wahre Lieb’ erkalten.
Untreu ſoll man/ ins gemein/
noch für gute Muͤntzen halten!
2.
Schauet mich entbloͤſſtes Kind/(Betrachte deß Born= kaſtens Bildniſſen.)
ohne Trug und ſtaarenblind!
Aus den alt= und neuen Trachten
ſind die Zeiten zu erachten.
|| [323]
dieſem nach iſt außgehaut/
(wie man dann hierbey beſchaut/)
Was den Born pflegt zu zieren.
bloſſer Liebe ſchaurt die Haut/
und ſie muß vor Kaͤlt’ erfrieren.
3.
Siheſt du mein treues Hertz/
voller ſauer=ſuͤſſen Schertz’/
und betrachteſt dieſe Quellen/
welche in derſelben Hellen
machet/ daß dein Bild erſcheint;
So bekenne treuer Freund/
daß die Lieb’ (in Spinnenweben
ſonſt bekleidt/) es gut gemeint/
Weil ſie dir ihr Hertz gegeben!
|| [ID00429]
Traum
Der entdeckten Warheit/
Von einem Hund und dem Fieber.
betreffend
Die Mißbraͤuche/ Laſter/ Meuchel=Liſt und Truͤ=
gerey der Weltlinge ins gemein.
Durch
Don Franciſco de Quevedo Villegas, Cavallero
del Orden de ſantiago y ſen
̅
or de la villa de Juan Abad.
beygenannt der Spaniſche LVCIANVS.
gedolmetſcht auf gut Pantagrueliſch
Durch Silenum Alcibiadis.
|| [324]
Deß Autoris Vorſchrifft
an den H. Omnis.
HÖr doch toller Poͤvelmann:
daß du übel redſt von mir/
nehm ich mich gar wenig an/
dann ich ſag’ es auch von dir.
Jeder Echo gegenſchallt/
wie man ſchreyet in den Wald.
Wann du mir bekenneſt frey/
daß hier alles/ was ich ſag
in der Welt befindlich ſey:
ſo liegt ſcheinlich an den Tag/
Daß der/ ſo die Warheit ſchreibt/
Lob= und Ehrenwehrt verbleibt!
|| [325]
Novela Peregrina
Eine ſeltzame Traum=Zeitung/
Von
̅
Einem Hund und dem Fieber.
ALs ich einmals gar ſpat bey einem Spital vor=
bey gienge/ hoͤrte ich jemand bey dem Thorgitter reden. Ich
ſtunde ſtill/ ſtreckte den Kopff hinzu/ und vername folgen=
des: Frau Fiebeꝛ/ ich bin ein Hund von uͤbertrefflichen
Tugenden/ und werde bey Hof zu Zeiten an eine Ketten geſchloſſen:
vergleiche mich mit Diogene dem Philoſopho: Mein Nahm iſt Cho [326] rumbo,
Meine Leber iſt durch die Verſtopffung ſteinhart worden.
Tauſend Geheimniß kommen mir in den Mund/ ich muß den Fuß in die
Gurgel ſtecken/ daß ſie mir nicht herauß wiſchen: Ich muß die Bruſt
entbloͤſſen/ und bitte/ ihr wollet mir meine Geheimniſſe helffen geheim
halten. Niemand hoͤret uns; und hab ich Urſach mich zu fuͤrchten fuͤr
den Zohlherꝛen und Ambtleuten. Ich will aber die Wunden meines
aufgebrochnen Hertzens nur mit weiten Stichen hefften.Als ich ſolches gehoͤret/ hab ich erſt einen fleiſſigen Loſer an der
Wandgegeben/ uud ferners dieſe Wort vernommen:Es ſind Schertzreden/ die der Wolff zum Eſel ſagt/ hoͤrt uns je=
mand? Ich will heimlich reden/ wie ein Dieb zu Nachts die Thuͤr zu=
macht/ wann er ſein Geſuch thut. Man muß ein Aug auf den Bra=
ten/ das andre auf die Katzen richten. Nun wollen wir das Lied hoch
anfangen.
|| [327]
Euer Liebden ſehen/ und wiſſen/ daß die Katz linde Fuͤßlein hat:
aber die erſamen Ratzen wollen es nicht glauben. Ihrer viellaſſen mich/
und auch andre Hunde/ bellen/ und die Leute reden; ſagend es gehe ſie
ſo viel an/ als den Mondſchein: Sie haben der Froſchambt/ trincken
und hoͤren nicht; Hoͤren und antworten nicht; antworttn wann man
ſie nicht fragt. Warumb? Ihr Gewiſſen ſchlaͤfft in der breiten Gaſ=
ſen: Ihre Zunge iſt groͤſſer als ihre Haͤnde; dann ſelbe iſt außgeſtreckt/
dieſe ſtetig krumm/ und eingezogen. Ein falſches Wort kan gutes Gelt
gewinnen/ und boͤſe Wahren muß man mit ſchoͤnen Reden verkauffen.
Ach der Saͤuartigen Menſchen Kinder/ wann ſie ſich voll gefreſſen/ ſo
gruntzen und ſpeyen ſich wieder. Gott ſtrafft die Luͤgenkraͤmer. Ihr
Handelszeichen ſolte ſeyn der Heilige Judas/ weil ſie ſein Feſt taͤglich
begehen: Er hatte auch zu viel/ und mehr gefreſſen/ als er verdauen moͤ=
gen. Der geitzige Biſchoff hat erſtlich krumme Haͤnde/ darnach einen
[328]
krummen Hals gemacht. Wer zu geſchaͤfftig iſt/ baut ſeinen Galgen
in die Kirchen/ und weil Stehlen und Luͤgen aufeinander folgen/ wie
Nacht und Tag/ ſo muß man deß Fuͤrſten der Finſterniß Hof Geſind=
lein ihre Klugheit an einen hellen und hohen Ort auffhencken/ wann
das Meiſterſtuͤck gemacht iſt; nach dem Sprichwort: Es iſt nichts ſo
klein geſponnen/ es kommt doch endlich an die Sonnen.Ich muß von etwas anders reden Meine geehrte Frau/
Sagt mir doch/ wie kan der junge Ziegen verkauffen/ der keine alte hat?
Helt man den Bock fuͤr einen ehrlichen Mann/ weil er einen langen
Bart traͤgt? Wer ſich üm das Brod reiſſt und ſchlaͤgt/ der muß groſſen
Hunger haben. Der mir das meine nimmet/ iſt mein Freund nicht/ er
ſage was er wolle/ ſuͤß oder ſauer/ weiß oder ſchwartz. Wol dem/ der mit
ſeiner Schwiegermutter Leiche gehet. Es ſchertzt ſich übel mit der Katzen
ohne Handſchuhe/ und mit den Huren ohne Gelt. Die Narꝛen ſaͤen
Doͤrner/ wo ſie barfuͤſſig gehen muͤſſen.
|| [329]
E. Lieb glauben mir/ daß ich ſolches mit guten Urſachen rede: Aber
noch üm zwey Wort! Was die Floͤhe an einem Hund/ die Maden in
dem Kees/ das ſind die Alten bey den Jungen: Wann ſie ſonderlich ſol=
che Ritter ſind/ die mehr Stieffel/ als Pferd und Knechte halten/ und
mehr Wort in ihrem Titel/ als Ducaten in dem Beutel haben.Es laͤſſt ſich nicht wol Wuͤrſt machen ohne Gehaͤck/ und das Ge=
haͤck ohne Gewuͤrtz kan nit gut ſeyn. Die einen Zuckerſuͤſſen Honig=Ver=
ſtand haben/ koͤnnen ohne Wercke nur zum Confect dienen. Die In=
dianiſchen Hannen fuͤllen den hungerigen Bauch ohne Zugemuͤß.Deß Mauleſels Schertz iſt niemand angenehm/ wann er auch
mit ſeidnen Waaren beladen iſt. Es iſt ein anders mit Worten/ ein an=
ders mit Stucken ſpielen.Es hat mancher einen Engels Verſtand/ wie das guldne Bild
in der Kirchen/ doch kan er etwas mehr ſagen/ und ſich entweder über
[330]
das boͤſe Wetter beklagen/ oder uͤber das ſchoͤne erfreuen: hat er das
geſagt/ ſo ſchweigt er Goͤtzen=ſtill: Er hat auch mehr Bewegung als
ein Goͤtz/ wann er ſeinen Pfauen Gang/ lincksund rechts/ muſtert.E. Lieb hoͤren/ was ich mich ferner erinnere. Solte eine 50 jaͤh=
rige Jungfrau nach einen Mann verlangen? es iſt mit guten Zaͤnen
uͤbel faſten. Die langen Jahre tragen der Schoͤnheit keinen reſpect:
Doch gehoͤrt mehr auff den Tiſch als das Saltzfaß: und iſt ein neues
paar Schuh nicht gnug zum Dantz. Man kauffet die Melonen nicht/
man betaſtet ſie zuvor. Der Wolff traut dem Schafhunde/ wann er in
dem Stall iſt.Ferners/ Das Faſten und das Gefaͤngniß gehoͤrt nur fuͤr arme
Leute. Die Sperlinge zancken oder beiſſen ſich uͤm eines andern Korn.
Eine groſſe Kuchen macht ein kleines Teſtament Deß Betrugs Feſt=
Kleid iſt die Hoͤfflichkeit. Wann der Mund zu Hof iſt; ſo bleibt das
[331]
Hertz zu Haus. Wenn man den Kopf zerbricht/ kan man das Hirn als=
dann leichtlich ſehen. Ein Fuchs iſt ein Fuchs/ und bleibt ein Fuchs/
wann er auch eine Eſelshaut umb ſich huͤllte: doch heilen ſeine Heilthum
nicht allezeit. Wer das Waſſer in dem Moͤrſner ſtoͤſſet/ baͤcht darauß
keine gute Kuchen. Wer koͤnte doch ein Regiſter uͤber der Welt Thor=
heit fertigen? Wer kan die wunderliche Unordnung ordentlich auffzeich=
nen? Wann ein Zipperleinsmann gleich den Pfeiffer zahlen will/ kan
er doch keinen Vorꝛeyen fuͤhren. Wann der Baum keine Frucht traͤgt/
ſo nennet man ihn Brennholtz. Weh dir/ der du die Warheit von einer
gewiſſen Perſon geigeſt/ man wird dir die Fidel auff deinen Narꝛen= oder
Kinderkopff entzwey ſchlagen. Die Kinder ſollen reden= und die Nar=
ren ſchweigen lernen: Die Jungen ſollen gehen/ und die Alten ſitzen ler=
nen. Das graue Haar/ und der lange Bart iſt keine Befreyung fuͤr der
Thorheit. Wer mit dem Mund (oder Schlund) deß Magens redet/
[332]
dem gehet es tieffer/ als von Hertzen/ man ſolte ihn mit deß Seilers=
ſtangen auffzaumen/ wann er das Antoniſche Thierlein beſuchet. Man
frage doch/ warumb die Wannen Baͤuche dick ſind? Eſſen/ trincken und
ſchlaffen iſt ihre Arbeit/ und gute Tage haben/ ihre Andacht.Ein Hund der catoniſiret/ kan auch an einen Purpurmantel piſ=
ſen/ weil er rüchet/ daß es auch vor ihm andere gethan haben: Aber das
Heilige ſoll man nicht anruͤhren. Weh dem/ der ander Leute Ungluͤck
ſuchet/ wegen ſeines eignen Nutzens: der auff anderer Tod hoffet/ da=
mit er zu leben habe; und ſcharffſichtiger iſt auff den Wucher/ als deß
Nachbaren Neidhemmel. Es laſſen ſich nicht alle Warheiten bey Na=
men nennen/ man muͤſte ihr ſonſt viel Diebe und Hanreyen nennen; und
ſolte man einen ſolchen Warſager ſeinen Beruff/ die erſte Stund/ mit
Pruͤglen oder Feſſeln auffkuͤndigen. Viel Kinder und wenig Brod/
iſt eine nuͤchterne Kranckheit. Binde du deine Zeit mit keiner Kloſter [333] Guͤrtel
zu/ dann ſie iſt Aalen Art. Es iſt beſſer viel dulten/ als viel ver=
ſchulden. Ein Thomiſta kan viel fragen/ daß nur die Zeit ſagen kan.Geht es dir übel auff einem Weg/ ſo dencke/ es gehe andern auch
nicht wol auf ihrer Straſſen.Huͤte dich vor den Galeniſchen Spitzbaͤrten/ die das Gelt aus
den Beutel ſtechen/ und dir der Kranckheit mit dem Tod abhelffen. Es
hilfft: aber den Artzt: es iſt nutzlich; dem Apothecker.Huͤte dich vor den Schergen; ſie legen den die Hand an den
Kragen/ der ſich noch nicht hat angezogen.Huͤte dich vor der Gerechtigkeit/ die eine Goldwaage in der rech=
ten Hand hat.Huͤte dich vor den Schreibern/ die das Woͤrtlein Gebuͤhr fuͤr
Begier in dem Mund fuͦhren.
|| [334]
Huͤte dich vor der Singerinn/ dann ſie iſt eine Ordensſchweſter/
und hat Falcken Augen auff der Zungen.Huͤte dich vor einem Richter/ der auf dem rechten Ohr nicht hoͤret/
er gebrauche dann Oel darzu.Huͤte dich vor einem Schneideꝛ/ der viel Maͤuſe in ſeinem Hauß hat.Huͤte dich vor armen Soldaten/ dann ſie wollen reich werden.Huͤte dich zu Hof vor den Einſiedlern/ dann jhr Wahn druckt durch.Huͤte dich vor deiner Feinde Freundſchafft/ dann ſie warten nur
auff Gelegenheit/ dir zu ſchaden.Huͤte dich vor groſſer Geheimniß/ dann du kanſt dardurch in groſ=
ſes Unglück und boͤſen Verdacht kommen.
|| [335]
Huͤte dich fuͤr verborgnen Gelt/ dann es kaufft Diebsgeſellen.Hüte dich fuͤr falſcher Wahre/ dann es macht falſche Leute.Huͤte dich vor unnuͤtzen Gedancken/ dann ſie bringen Hertzenleid.Huͤte dich vor den Eigenſinnigen/ dann man ſol keine Trompe=
ten probieren/ wo kein Gegenhall (oder Echo) zufinden iſt.In einen offenen Beutel faͤllet ein gutes Urtheil. Man ſol ſich
auch billich hüten vor den gewanderte
̅
Jungfrauen. Wer unter den Leu=
ten iſt/ weit reiſet/ und viel erfaͤhret/ weiß auch viel zu ſagen/ und fordern
ſolche zu ihren Worten glaubwuͤrdige Zeugen/ als wann ſie ihren letz=
ten Willen zu Papier ſetzen wolten. Einem Schmid dienet kein Vor=
tuch von Purpur.Mein Freund/ antwortete das Fieber/ du haſt Urſach/ daß
du dein Jawort/ und Einwilligung nicht mit Pythagoriſchen Still [336] ſchweigen
ertheileſt/ und anbelleſt die jenige
̅
/ welche außſchreyen: Platz/
platz/ macht platz/ es kommet ein groſſer Unflat. Ich werde nicht verar=
men/ wann gleich Homerus ſchlaͤfft. Belleſt du die Diebe an/ ſo kanſt
du nicht ſtill ſchweigen/ dann es giebt/ Ehrendiebe/ Menſchendiebe/
Geltdiebe/ Freunddiebe/ und was die Menſchen haben/ iſt dem Dieb=
ſtall unterworffen. Kan auch einer ein Kind von 60 Jahren finden/
daß da ſagt: es iſt beſſer ſchwitzen als huſten: es iſt beſſer voll ſeyn/ als die
letzte Oelung empfahen. Der Will deß HErꝛn geſchehe zum Leben:
aber ſo langſam/ als es ſeyn kan/ zum Tod.Geſell/ berahtſchlage dich mit deinem Kopfkuͤß/ und gieb Ferſen=
geld/ wie deß Schmides Katz/ damit dir nicht ein guldner Funck in den
rohten Bart Fluͤge. Unterlaſſe nicht deinen Wein mit Waſſer zu mi=
ſchen/ ob gleich Blutegel in dem Bache ſchwimmen. Schaue doch/
der Wein iſt auch ohne Waſſer gut/ wann man keinen boͤſen Beutel hat/
[337]
und man darff wol drey oder vier Glaͤſer zu ſich nehmen/ wann die Galle
nicht verbrennet iſt. Schlaͤfft der Durſt/ ſo kan ihn eine Knackwurſt
auffwecken/ und hat man wol geleſen/ daß aus Waſſer guter gerechter/
geſunder/ Hertzerfreulicher und geſchenckter Wein worden: Daß aber
aus dem Wein ſolte Waſſer worden ſeyn/ iſt in keiner Luͤgenden zu finde
̅
.Hierauff verſetzte der Hund: Alle meine verbluͤmte Reden haben
mehr Geheimniß in ſich/ als Buchſtaben in derſelben Woͤrtern/ und ich
fuͤrchte man mache aus dieſen Roͤhren Pfeiffen/ welche allein in Midas
Ohren ſuͤß erklingen. Wer ſolte aber auß Furcht ſterben ohne Arcadi=
ſche Beraͤucherung ſeines Grabſteins. Deß Schafes Stimme iſt deß
Wolffes Ohren nicht verdruͤßlich. Ich bin ein Hund/ der bellt und
nicht beiſſet/ wann ich nur nicht wuͤtig werde/ und will ich lieber die
Floͤhe Schuncken in den Rauch hencken/ oder ſie fuͤr meine Badergeſel=
len halten/ als daß mich meine Kunſt ſolt raſend machen. Wer einen
[338]
Beſeſſnen beſchweret/ der redet langſam/ und wer auff einem guten
Pferde über eine boͤſe Brucken reitet/ der reitet bedachtſam. Wer mit
Pfauen=Federn ſchreibet/ der hat die Augen ob der Hande. Meine
Hundsſprach ſchicket ſich wol fuͤr einen ſchoͤnen Garten/ wie ein weiſſes
Geishaar zu einem ſchwartzen Leidmantel: maſſen man in dieſen beeden
gantz widerigen Farben zu trauren pfleget. Verzeihet mir/ wann ich
meine Suppen mit bellen und heulen blaſe und dann wieder zu meinen
Schafen komme.Warumb butzet ſich deß blinden Weib? der Prediger gebraucht
die heiligen Blumen zu einer guten Artzney für eine boͤſe Kranckheit.
Er laͤſſet zwar die Ruth zu ſeinen Fuͤſſen liegen/ ſchuͤttet ihr aber keine
Gerſten in ihr abgetragnes Kleid. Warumb muß die Henne fruͤher
kraͤhen/ als der Haan? Worzu dienet die Gedult/ in dem wir ſie nicht
finden koͤnnen/ wann ſie uns von noͤhten iſt? Warumb wirfft man ei [339] nen
Stein/ und kein Bein nach meinem Bein? Warumb muͤſſen die
H. einen groſſen gemahlten Buchſtaben auff den Perment beſitzen?
Warumb werden die Weiber Mannſuͤchtig und die Huͤndin laͤuffig?
Warumb ſiehet die Frau Magdalena durch die neue Kloſtermauren in
die alte Welt? Es kan auch dem nuͤchtern Einſiedler ein ſtarcker Ruͤl=
tzer der Weltlichen Eitelkeit in den geiſtlichen Mund kommen.Ach wie gefaͤhrlich iſt es doch/ wann man einen Tauben ſein Gelt
vertrauet! Was hilfft das Einnehmen/ wann man es ohne Nutzen wie=
der außgiebet? Mit der Katzen Sohn ſpielen ſelten der Maͤuſe Kin=
der/ ohne Schaden. Wer in dem 20ten Jahre nichts weiß/ in dem 30te
̅
nichts kan/ und in dem 40ten nichts hat/ der wird die Zeit ſeines Le=
bens bleiben/ wer er iſt. Wer ſchlaͤfft/ der fiſcht und krebſt nicht. Wer von
dem Entlehnten zehret/ der muß es von dem Seinige
̅
wieder geben. Wer
einen Fuß in dem Hurhauß hat/ der ſetzet den andern in den Spital. Ich
[340]
weine/ dann die Augen/ welche ſich verſehen/ verſehren ſich und beweinen
billich ihren Fehler. Was gehet es den Mond an/ daß der Hund gegen
ihn bellet? Das Alter muß was zu klagen haben/ und der Hunger
treibt den Wolff aus dem Walde. Hoͤrt ferner mein Trauer Lied!Das Hochzeit Jahr macht Schulden und Kranckheit/ die Ehe
bringt Wehe. Der Rab betraurt das verꝛeckte Schaf und friſſt darvon.
Deß Eſels Geſchrey rufft der Eſelin/ und ein Narꝛ geſellet ſich zu ſeines
gleichen. Ach/ daß die Boͤſen und Guten untereinander muͤſſen vermi=
ſchet leben/ und nie allein ſeyn koͤnnen/ wie die Braͤtling! Ja/ GOTT
will es alſo haben/ damit die Boͤſen nicht wiſſen ſollen/ daß ſie ſo viel ſtaͤr=
cker/ als die Frommen. Ein Weib/ das liebet/ oder geliebet wird/ das
leeret doch den Beutel: iſt ſie ſchoͤn/ ſo iſt ſie ihres Mannes nicht allein/
iſt der Mann alt/ ſo iſt ſie ſeine Feindin/ und ſie iſt das Leben oder der Tod
ihres Haußhaltens. Es iſt eine betruͦgliche Kauffmannſchafft umb Wein/
[341]
Weiber und Pferde. Wer Schroͤter faͤnget/ der hat Hoͤrner. Wer nur
einen Sohn hat/ macht ihn zu einem Narꝛen. Wer nur ein Schwein
hat/ der machtes fett. Wer mit Honig umbgehet/ der leckt die Finger.
wer einen Salat iſſt/ gehet nicht nuͦchtern ſchlaffen.Wann ein alter Mann ein junges Weib nim
̅
et/ ſo hat er die Geis=
art/ und wann er nicht bald ſtirbet/ ſo wird er zu einem Bock/ Sein Lei=
be nimbt ab/ und ſein Haubt nimmet zu. Eine gute Geis/ ein guter Eſel
und ein gutes Weib ſind drey boͤſe Thierlein. Bey dem Weib und dem
Wein kan niemand klug genug ſeyn Das Weib/ der Diener/ der Artzt/
die Katz und der Schreiber/ ſind 5. nohtwendige Ubel Keiner ſoll ihm
einen dreyfaͤrbigen Bart wuͦnſchen.Sich mit Fuͤrſten gemein machen/ bringet Reue/ und wer zu viel
traue???/ der iſt ein Thor: Wer niemand trauet/ dem iſt wieder nicht zu
trauen. Wer verliebt iſt/ die Huſten und ein unverſtaͤndiges Weib hat/
[342]
der bedarff keines Ungluͦcks mehr/ als der Armut. Wer was verſchen=
cken will/ findet ſchon Leute/ die es annehmen; dann wer gern ein Schaf
haͤtte/ giebt dem Wolff gute Wort. Die Katz fuͤrcht ſich nicht/ wann
ihr die Ratzen drauen. Wer ſeinen Hund ſchlagen will/ findet leichtlich
einen Pruͤgel.Meine liebe Frau/ Wer ſein Haus vermieden will/ muß es weiſ=
ſen laſſen/ und wer es verlaͤſſt/ hat offt mehr Schaden als Gewinn: Ein
Weib/ das ſich butzet/ wann der Mann verꝛaͤiſt iſt/ das will ein Zimmer
verlaſſen/ ohne deß Mannes wiſſen. Der Schatten/ welcher groͤſſer iſt/
als er ſeyn ſol/ wird dich betruͤgen/ und wer unzeitige Früchte iſſet/ dem
wird der Mund bitter. Kein Menſch kan ohne Suͤnde leben/ und et=
was beſtaͤndiges in dieſeꝛ Welte finden. Was aus der Erden kommet/
das wird wieder zur Erden/ und was die Zeit giebt/ das nimmet ſie wie [343] der.
Es iſt ſo ſchwer Melonen und Weiber wehlen/ als den Jaghunden
ein rechtes Bett wachen.Mein Freund/ lobe dich nicht ſelbſten/ und rede nicht übel von den
Frommen. Bey der Liechtkertze ſoll man kein Tuch und kein Weib kauf=
fen/ wan
̅
man nicht will betrogen werden. Frage nicht was in des Nech=
ſten Hafen ſiede/ und wehle keinen Freund bey dem ſchweren Trunck.
Traue dir nit mehr/ als du ſicherlich verꝛichten kanſt. Traue der Wind=
ſtille/ und dem lachenden Weibe nicht/ ſondern glaube gewiß/ daß keine
Roſe ohne Doͤrner/ und keine Geis ſeye/ die nicht Saltz lecke. Du ver=
ſteheſt mich wol: Nicht alle die Gelehrten ſind klug. Die Zeit kan alles
entdecken/ und alles hat Ziel und Maß. Ein jede Muͤhl hat ihren Zu=
und Abfluß; was zu viel iſt/ das iſt zu viel. Ein jeder ſucht ſeinen Ge=
winn. Ein jeder lobt das ſeinige. Keiner iſt ohne Wandel. Was ſich
ſelbſt gering achtet/ iſt nicht hoch zu achten. Deß Nachbaren Brod iſt
[344]
ſuͤß. Was man fuͤrchtet/ glaubt man leichtlich. Eine jede Arbeit iſt ihres
Lohnes wuͤrdig. Das Geld kan alles vergelten. Deß groſſen Durſtes kan
man nicht lang vergeſſen. Alles uͤbel hat endlich ein End. Kleine Mahl=
zeiten machet einen groſſen Beutel/ und alle Reue kan ſich verſpaͤten.Bruder/ es iſt beſſer einaͤugig als blind ſeyn. Es iſt beſſer geiſtlich
arm/ als weltlich reich ſeyn/ und man hat viel lieber ein Pfand/ als einen
Buͤrgen. Binde nichts/ das du nicht kanſt wieder auffloͤſen. Verſpotte
nicht/ das du nicht haſt geſehen/ und ſchertze nicht mit der Warheit. Er=
warte keine Trauben von den Doͤrnern/ und lobe nicht/ was du nicht zu=
vor verſuchet haſt. Zahle gerne/ ſo weiſt du was dein iſt. Grabe dir ſelb=
ſten keine Gruben: Laß mir einen Gewinn/ ich will dir auch einen laſ=
ſen/ was du fuͦr mich thuſt/ will ich auch fuͤr dich thun. Blaſe die Speiſen/
ſo wirſt du dich nicht verbrennen. Wehle den 3jaͤhrigen Fiſch/ den zwey [345] jaͤhrigen
Wein/ und das einjaͤhrige Fleiſch/ das geſterige Brod/ das
heutgelegte Ey/ den Kees der weint/ und eine Suppen die Augen hat.Wenig Liebe/ wenig Wort/ wenig Sorg/ wenig Nahrung:
Viel Kühe/ viel Milch. Leid nicht hunger: ſtill den Durſt/ leere den
Leib/ ſchlaff ohne Sorg/ und ſey nicht muͦſſig/ ſo wirſt du geſund bleiben.
Glaube/ daß kein Hundsgeſchlecht/ keine Huren Lieb/ und keines Ver=
ſpielers Reichthumb uͤber 3. Jahr dauret/ und keines Wucherers Gut
kommet auff den dritten Erben. Leihe nichts hinweg/ dein Weib moͤchte
es auch lernen. Drey Dinge machen reich: Gewinn ohne Unkoſten/
Verſprechen und nicht halten/ Entlehnen und nicht wiedergeben. Fuͤnff
Dinge freſſen am meinſten: Der Betrug/ die Kraͤtz/ die Geiß/ der Zi=
perlein/ und das Weib.Wer Ohren hat/ der kan hoͤren/ wann er will. Gott behuͤte
mich fuͦr geitzigen Augen und der Hoͤflichkeit deſſen/ der mich pruͤgelt.
[346]
Der eine Gaſtung haͤlt/ hat wenig Gewinn und viel Unluſt. Ein Haus/
das noch zu groß noch zu klein iſt/ ſol nach deinem Kleid gemachet ſeyn.
Ein Haus/ ein Student und eine Kuplerin/ bleiben nicht lang auf einem
Wege. Die Letzte hat ihre Seele in der Hande/ wie der Schneider die
Nadel/ und vermeinet ihre Seele zu erꝛetten/ wann ſie einem Narꝛenbild
im Keller alle Nacht eine Lampen anzuͤndet/ und das Gebet fuͦr den unge=
rechten Richter betet. Ich habe eine rechte Katzen Zungen/ welche auch
in dem Lecken Blut ſauget.Als man die Veſper zu Granata in S. Johannes Kirchen ſan=
ge/ waren viel Leute in der Kirchen/ da trate auff die Cantzel der naͤrꝛiſche
Doctor Summo Campo, und predigte nachfolgenden Begriffs:
S. Johannes/ der du fleiſſiger gefeyret wirſt/ als der Juden Sabbath/
heut iſt dein Tag/ den wir ſo heilig halten als das Gold im Beutel/ wir
beſingen dich heut mehr als alle andre Heiligen: Von meiner Predigt
[347]
aber wird man ſonſten wenig erfahren; dann wir auch durch die or=
dentliche Kirchenſchellen niemand darzu einladen laſſen/ wol wiſſend/
daß man zu einem guten Salat keiner Rabuntzeln vonnoͤhten hat. Weil
aber das Geltlein in dem kleinen Beutel nicht waͤchſet/ und der groſſe
Beutel nicht zu erfuͦllen iſt/ halte ich es mit der Kauffmanſchafft/ welche
ich in dem Monipolio der Verſchwiegenheit liegen habe/ billich zurucke/
damit ich nit der Sache
̅
zu viel thue/ und mit dem Gewuͤrtz der unuͤber zu=
ckerten und unvergulden Warheit umb eine
̅
Kopf zu kurtz kom
̅
e/ wie eben
der H. Johannes/ welcher dem Wolff das Schaf gewieſen/ deſſen Exem=
pel wir fuͤr Augen haben. Ihr Frauen/ die ihr meiſtentheils gar zu ein=
faͤltige oder gar zu kluge Naͤrꝛin ſeid/ laſſet mich predigen wie den H.
Johannem in der Wuͤſten; den niemand wider ſeinen Willen zugehoͤ=
ret hat. Glaubet mir aber/ meine Lieben/ es hat ſich nie kein Hanrey ver=
gangen/ weil man ihm keine Kuͤheſchellen angehencket. Glaubet denen
[348]
ſelten/ die frembde Haaꝛ tragen/ dan
̅
ſie ſind alt und wollen ſich jung/ ja zu
ihren Soͤhnen machen/ und außleſchen die Verordnung Gottes (daß die
Bejahrten nicht wiedeꝛ ſollen juͤngeꝛ weꝛden) ſetzen ſich aber zuweilen dar=
über in Spott/ wie deß Zügeiners Eſel/ dem man einen falſche
̅
Schwantz
angenehet hat. Wann ich den Zaum haͤtte/ es ſolte mir an einen guten
Zelter nicht ermangeln. Wer einem Zuͤgeiner vertraut/ der betruͦget ſich
ſelbſten. Die Welt wird aͤlter und zugleich aͤrger. Die Jünglinge ſind/
werden zu Schwiegervaͤttern. Die Suͤnde und die Gelegenheit zu ſuͤndi=
gen/ ſind befreundet/ wie Mutter und Tochter. In einen hoͤltzern Moͤrß=
ner gehoͤrt kein eiſerner Staͤmpfel. Wer Gaͤſte zu dem Einſiedler fuͤh=
ren will/ der ruͤhmet Wunderwercke von ihm/ und muß ihm Oel und
Olivien eines ſeyn/ wie eine Gans ein Waſſerdaͤucherlein/ zahme und
wilde Endten eines Geſchlechtes ſind.
|| [349]
Ein jeder Glockenſchwaͤngel ſtirbt in ſeinem Ambt/ und wann er ver=
brauchet iſt/ ſo trachtet der Glockener nach einem andern/ dann eines ſo
nothwendigen Hausraths kan die Kirchen nicht entrahten. Wer ſolte
diß nicht glauben? Was alt iſt/ kan nicht dienen wie das/ was neu iſt/
und die alte Kammerleinwat bedecket nicht ſo wol als die neue. Gib ach=
tung auff deine Tochter/ und vertraue dem Geiſtlichen kein Weltliches
Gut/ dann ſie gehen nicht gerne allein in die Veſper und in die Metten.
Es iſt ein Luſt zuhoͤren/ wie die erfahrnen Muͤtterlein die jungen Lehr=
linge abrichtet. Meine Tochter Prudentia, ſagt jene/ man muß an
viel dencken und wenig thun. Laß keinen Tag ohne Linie verbey ſtrei=
chen. Das lauliche Waſſer kan man wol waͤrmen/ daß der Hafen doch
nicht zerbricht/ und wann es zu viel ſieden will/ ſo kan man kaltes Waſ=
ſer darzu gieſſen. Wann du kochen wilſt/ muſt du zu einem harten Fleiſch
ein groſſes Feuer haben/ und muß man den Hafen wol zudecken. Ein
[350]
groſſes Thor an einem Hauſe hat viel nutzen/ eines theils wegen der groſ=
ſen Herꝛn/ die eingehen/ anders theils wegen der groſſen Hoͤrner/ die man
hinaus taͤget. Wann man kein Papier hat/ muß man alles auff Per=
ment ſchreiben.Wer kan/ ohne mißfallen/ ſehen/ daß ein grober Geſell/ deſſen Va=
ter auf einem Baumen erſticket/ in den Herꝛenſtand erhoben wird? Wer
kan ohne Verdruß hoͤren/ daß ſich ein Caval-einen Cavallier nennet/
an welchem nichts kahlers als ſein langer garſtiger Rock iſt: Das
Kaͤtzlein hat linde Fuͤßlein und doch groſſe Klauen. Wie ſich die hohen
Thuͤrnen neigen/ ſo ſteigen die tieffen Miſten in die Hoͤhe. Durch loͤb=
liche Thaten kommet man in den Ritterſtand. Der ein Schwein ſchlach=
ten will/ fraget nicht wie reinlich ſich deſſelben Mutter und Großmutter
gehalten/ und es kauffet mancher ein Pferd/ dem er nicht in das Maul
ſihet. Der Abbt iſt nicht klug/ welcher ſein gantzes Leben mit Verdruß
[351]
zubringet/ und zu letzt fuͤr Kaͤlte ſtirbet. Mein Herꝛ/ Ihr habt zwar keine
Kinder/ aber doch euer Geſchlecht vermehret ihr fleiſſig: Ihr glaͤntzet wie
ein Hausſchluͤſſel/ un
̅
ſeid ſo fett als ein Spanſau. Verziehet bey S. Maꝛ=
tin/ man wird euch einen guten Abend wuͤnſchen. Ja/ ich ſtehe zu Nachts
auch auf zu ſtudiren/ wann aber die Katz in dem Aſchen lieget/ darbey ich
mein Liecht will anzuͤnden/ ſo erſchrick ich fuͦr ihren Augen/ daß ich mich
wieder niederlege und das Studiren/ auß Furcht/ an einen Nagel hange.
Laſt euch das Aug nicht betruͤgen: Der Teuffel iſt in der Katzen/ und
wann ihr vermeint das Liecht zu holen/ ſo habt ihr eine Wurſt darfuͤr er=
tappet/ welche die Katz im Maul hat/ und nicht will fahren laſſen.Der Schreiber/ welcher das Teſtament oder den letzten Willen
eines Krancken zu Papier bringet/ vergiſſet ſeiner nicht/ und laͤſſet ihm
die Negel nicht abſchneide
̅
/ es vollfuͦhre der Tod ſeine Schrifft oder nicht.
Der eine Rechtfertigung fuͦr Gericht ſchwebend hat/ kaufft ihm einen
[352]
Strick fuͤr ſein eigen Gelt/ und hilfft mehrmals ſeinen Feind mit ſeiner
Armut ernehren.Es iſt eine ſchlechte Frende umb der Narꝛen Faſtnacht/ weil bald
darauf der Aſchermittag folget. Wer Eyr kochen will/ der ſuchet Pfan=
nen und Schüſſel. Genug von den Geiſſen/ die mit ſchwartzen Naͤgeln
auf weiſſen Sand kratzen. Es iſt kein geringer Unteꝛſcheid unter der
Kirchenbuß und dem Kuchenruß. Der nicht ſterben will/ ſoll auch den
Artzt zu keinen Erben einſetzen: Dann die Voͤgel gleicher Federn/ ha=
ben einerley Gebrauch und ſtehen alle zugleich auff. Wann ein Moͤnch
Abbt wird/ wolte ich glauben/ daß er das Oel lieber zu den Salat/ als zu
der Lampen in der Sacriſtey verbrauchen moͤchte/ und vielmehr haͤlt
vom Eſſen/ als vom Faſten. Die Roͤmiſchen Naſen/ Luxaugen
und Woffsmaͤuler ſind heuer noch wol zubekommen. Wann auch ein
Jud euer Vetter iſt/ ſollet ihr ihn doch keine Meß vertrauen. Wer
[353]
S. Anthoni Sau fliehet/ muß nicht in S. Antoni Feuer fallen. Wer
die Tochter ſuchet und die Mutter findet/ wird ſich betrogen ſehen. Eſſen
und Trincken gehoͤret in einen Schlund/ wie Spinnen und Netzen in
eine Hand. Wer ſich will angenehm machen/ der muß nicht ſtoltz ſeyn/
und ein ſanfftes Troͤpfflein kan auch einen Stein erweichen. Wer ſich
ſelbſt der Mannſchafft beraubet/ rechnet ſich darumb an ſeinem Wei=
be nicht.Man muß ſich huͤten fuͦr nachfolgenden Haͤndeln: fuͤr deß Nach=
baren ſchelen Augen/ fuͤr dem Weinberg am Weg/ fuͦr einem geſchwaͤ=
tzigem Weibe/ fuͤr dem Barbierjungen/ der lernet den Bart auffſetzen/
fuͤr dem Liecht das man in dem groſſen Wind traͤgt/ fuͤr mehr Klagen/
als Schmertzen/ fuͤr umbgekehrten Schuhen/ fuͤr freſſenden Hausge=
raͤte/ fuͤr deß Wirts Geſchencken/ fuͤr dem Stiel/ der mehr wigt als die
Hacken/ fuͤr der falſchen Müntz/ fuͤr den Apoſteln auß Calabria/ fuͤr ei [354] nem
runtzlichten Weibe/ fuͤr dem Pflaſter/ das man über die Schlaͤfe
klebet/ für den Verſchwender ohne Gelt/ (dann es kan ihm nicht geholf=
fen werden/ als durch ein Wunderwerck/ oder durch einen Diebsſchluͦſ=
ſel) fuͦr den Lapplaͤndiſchen Zeltern/ fuͤr den Roſenkrantz in der Hand und
dem Alcoran in dem Buſen/ fuͤr deß Eidams Freundſchafft/ fuͦr dem
Sonnenſchein in dem Winter/ fuͦr dem Loͤffel/ welchen man aus deinem
Weiſſen Brod ſchneidet/ fuͦr den Blumen/ die deß Schlachtoxens Hoͤr=
ner zieren/ fuͤr dem Weib/ das mit dem Teuffel redet/ und ſich fuͦr den
Ratzen fuͤrchtet/ fuͦr den Eſel/ der Kornblumen friſſet/ fuͤr den Richter/
der ſein Geſicht nach der Schweren richtet/ fuͤr dem gehen/ das keinen
Weg hinterſich bringet.O du verkehrte Welt! wann du nicht rund waͤreſt/ ſo wereſt du
doch laͤnglicht. Bey Gaſtereyen iſt das Gedraͤng und das Geſaͤuff ei [355] ne
gewiſſe Tracht. Gewißlich/ wann der Schuͤtz nichts kan/ ſo ſtehet
man bey dem Ziel am ſicherſten. Deß Krancken Leid iſt deß Galleni
Freud/ und die Studenten ſchiffen wol auff trocknem Lande. Wer ei=
nem Feinde Gelt leihet/ der wird ihn gewinnen; wer ſeinem Freund Gelt
leihet/ der wird ihn verlieren. Alles dienet zu ſeiner Zeit/ das Holtz im
Hornung/ Hoͤrner in der Abweſenheit/ und Ruben im Winter. Wer
nicht mehr lachen kan/ der erinnere ſich/ daß er vor zeiten gelachet hat:
Wer nicht weinen kan/ der eſſe Zwiefel/ und trachte ihm eine Schwi=
ger. Setze den Hut über Tiſch nicht auff/ dann du wirſt ihn müſſen
abziehen. Deine Geberden ſeyen ohne zwang. Dem alten Eſel gebührt
kein guldner Zaum. Damit uns der Eſel nicht entwiſche/ muß man mehr
auff die Wiſſenſchafft/ als auff den Schulmeiſter ſehen. Mein Geſell/
es iſt nicht beſſer wandern/ als in Geſellſchafft eines guten Pferds/ eines
vollen Beutels/ und biß zum nechſten Wirtshaus.
|| [356]
Wehle wol und bleib darbey: Entweder du muſt dein Gluͤck mit
der Feder/ oder den Degen/ oder unter dem Segel ſuchen/ das iſt/ auff
daß man mich beſſer verſtehe/ du muſt ein Geiſtlicher/ ein Soldat/ oder
ein Kauffmann werden. Wol gekaͤuet/ wol verdaͤuet: kalt getruncken
und wenig/ macht geſund Es heiſſt eine gute Stund/ wann du in deinem
Hauſe iſſeſt/ ein guter Tag/ wann du dich laͤſſeſt barbiern/ und eine gute
Wochen/ wann du ein Schwein ſchlachteſt/ ein gutes Monat/ wann du
badeſt/ ein gutes Jahr/ wann du dich heyrateſt.Wilſt du ein gutes Leben haben/ ſo behalte ein gutes Gewiſſen.
Die Schoͤnheit beſtehet in keiner Ellenlangen Keelen/ und der gezwun=
gene
̅
Gedult iſt nicht zuvertrauen. Wer raͤiſen will/ muß Falckenaugen/
Eſelsohren/ Affennaſen/ Schweinsrüſſel/ Kameelsſchultern/ und Hir=
ſchenfuͤſſe haben. Er muß nicht alles beurtheilen/ was er ſihet/ glauben
was er hoͤret/ thun was er kan/ ſagen/ was er weiß/ verzehren was er hat.
[357]
Wer viel begehrt/ den kan man viel abſchlagen: wer nichts begehrt/ den
kan man leichtlich willfahren: Traue einer dem Fuxen/ er nimmet die
Huͤner ungerupft.Eſſe mit deinem Feind/ und bleibe ſein Freund wie du kanſt:
dann es iſt keine halbe Thorheit/ die Feindſchafft derer zu vermehren/ wel=
che dir mehr ſchaden koͤnnen/ als du ihnen. Jungfrau/ mir doͤrfft ihr nit
ſingen/ wann ihr nicht reich ſeid und eine nahrhaffte Haußmutter abge=
ben wollet. Mancher Beichtvatter/ der die Toͤchter fleiſſig beſuchet/ der
will ſich zum Hausvatter machen.Mancher Scherg ſolte ein Kreutz auf dem Mantel tragen (wie
an etlichen Orten in Hiſpanien angemahlet werden/) damit
man ihn nicht mit übelriechendem Waſſer beſpruͤtze.Die Apothecker haben etliche Monill/ dardurch machen ſie alle
Spiel gut.
|| [358]
Biſt du ein Herꝛ/ ſo halte keinen Knecht auß Lieb/ ſondern we=
gen ſeiner nothwendigen Bedienung; dann er folget und dienet nicht
dir/ ſondern deinem Geld/ als ſeinem Lohn.Schaue dieſe Perlen an/
welche nicht ſind angefaſſet;
Dann ſie zieren jedermann/
der nicht alle Warheit haſſet.Hierauf antwortete das Fieber: Ich habe mit hertzlicher Freu= digkeit angehoͤret/ wie E. Liebden eifert wegen der gemeinen Reinlichkeit der weltſchmutzigen Seelen. Sie trincken von dem ſilberhellen Kri= ſtall Quellen der fluͤchtigen Warheit/ das heiſt nicht mit Prügeln unter die Hunde werffen/ ſondern die Hunde werffen Stachelwort unter die zaͤrtlige Zuhoͤrer. Ich haͤtte viel vergeſſen/ wann ich nicht viel gehoͤret [359] haͤtte. Alle dieſe Spruͤche ſind mit dem Laconiſchen Kamm gekaͤmmet/ und mit der Attiſchen Laugen gewaſchen/ und ſind ſchoͤn/ wann ſie ein ſchoͤner Verſtand betrachtet/ Kurtz und gut iſt die Koͤnigliche Wolre= denheit. Ein Loͤffel voll Kalcks fuͦget mehr zuſammen/ als ein Schef= fel voll Sands. Man haͤlt mehr auff einen kleinen Goldſtein/ als auf einen groſſen Muͤhlſtein.Es mag einem andern ſeine Kappen gefallen/ E. Liebd haben ein ſtarckes Halsband/ deſſen Ketten ſeines Glantzes nicht ermangelt/ wann ihn gleich nicht jedermann ſihet. Das Fieber kan zugleich Hitz und Kaͤlt (die Warheit und die Luͤgen) jedoch nicht ohne Bewegung halten/ und muß es eine gute Kranckheit ſeyn/ weil ſie dem Patienten gute Ta= ge laͤſſet.Ich habe von dieſes edlen Hundes Gebell ſo viel gehoͤret/ daß ich ihm muß helffen die Warheit heraus muffen. Ich kan keinen Betrug [360] argwohnen/ weil ich ſelbſt mit meinen Augen geſehen/ was ich auß ſei= nem Munde hab angehoͤret. Es wolle mir der Herꝛ Pleonaſmus gnaͤ= dig verzeihen. Ich laß den Tuͤrcken ſpatzieren gehen/ den Mohren fa= ſten/ den Teutſchen trincken/ den Engelaͤnder freſſen/ den Niederlaͤnder ſpeyen/ den Spanier aderlaſſen/ den Indianer dantzen/ den Italianer ſchlaffen/ und den Frantzoſen purgiren Es wird noch mehr uͤbel nach uns kommen/ als wir nicht erfahren und der Zeit beklagen. Wer boͤſes thut/ kan nichts gutes hoffen/ un ̅ in einem bittern Munde erſprieſſet nicht wenig ſuͦſſes.Ich habe geſtern zwey alte Haͤuſer miteinander hoͤren zancken/ wegen deß Vorzugs und ihrer Wirthe Wuͤrdigkeit? Das eine ſagte: Ich bin der Herꝛ/ ihr ſeyd die Frau/ wer wird den Eſel ſatteln? Ich übereile mich offt und zoͤrne/ daß es in der Welt ſo viel Excellentz und ſo wenig Gnade giebet. Viel tragen ein heiliges Kleid und fuͤhren kein heiliges [361] Leben. Wer ſein Gewiſſen zum Zeugen nimmet/ dem muß man wol auf die Haͤnde ſehen. Das groͤſte Ungluͤck in dem Hauſe iſt das Weib/ der Rauch/ die Katz und die Kuchen: Ein uͤbel hat mehrmals das andre in ſich: wie der Wirth und das Weib/ der Spital und das Gefaͤng= niß/ das Pall=und Wirhtshaus. Die Zanckſucht laͤſſet deß Gelehrten Rock fuͤttern.Ein Narꝛ vertrauet einem andern ſein Weib/ ſeinen Degen/ ſein Gelt/ und verbrennet ſein Haus/ die Ratzen zuvertreiben; wie wol man= cher ein Aug darumb gebe/ daß der andre moͤchte blind ſeyn. Es man= gelt nicht an Freunden/ ſondern an der Freundſchafft. Die Blinden ha= ben einen Spiegel/ und die Ungelehrten haben Schreibpulter.Eine Sartelle ſol nach Salm angeln/ und iſt keine feine Schwi= germutter/ wann ſie auch von feinem Gold were.Gelehrt und nicht klug ſeyn/ iſt eine anſehliche Thorheit/ dann der [362] Hund ſchmeichelt nur umb ein Stuck Brods. Wer in dieſer Welte will ruhig leben/ der glaube mir/ und nehme nicht alles gar zu genau: Zahl odeꝛ ſtelle Bürgen. Was man verzehret/ wird auch verbraucht/ und was man erſparet/ iſt redlich gewonnen. Der geſchloſſne Mund ſchlieſſet den Beu= tel/ und ein jeder muß ſich nach ſeiner Ellen meſſen.Wer ſich auff Freunde verlaͤſſet/ findet ſich betrogen/ und die Auß= beute deß Bergwercks iſt noch lang ſo groß nicht/ als die zuvor geſchoͤpfte Hoffnung. Wer lehren will/ muß zuvor lernen/ und keiner ſoll ſich mehr unterſtehen/ als er leiſten kan. Viel dencken und wenig ſagen/ macht ei= nen Schwengel an die Thür. Eine jede Waage hat ſeine Gegenge= wicht. Ein Ehrenwort hilfft offt viel/ und koſtet wenig. Gedult/ Zeit und Gelt/ zahlet endlich alles. Der Schein ohne ſeyn/ iſt ein Weberſtul ohne Gewuͤrcke. Die Woͤrter und Schleuderſteine kommen nicht wieder zu rucke.
|| [363]
Wer will alt werden/ der fuͤrchte niemand als GOtt den HErꝛn.
Wer zu viel ſihet/ bereuet viel; dan
̅
man iſt viel dem Luſt/ aber mehr der
Geſundheit ſchuldig. Suche keinen Wind/ den ein andrer verlohren hat.
Halt den Aal mit der Hand und mit Falcken Augen. Soll dein Knecht
mit dir lauffen/ ſo muſt du ihm die Schuhe kauffen: iſt er geitzig/ ſo ver=
gnuͤge ihn mit dem Abſchied. Verlange wenig/ dann der Tod kommet
in der Hoffnung eingehuͤllet. Man kan ſo wenig von einem guldnen
Ringe leben/ ſo wenig man das Haubtweh mit einer guldnen Krone hei=
len kan. Das iſt gewiß ein groſſes Elend in dieſen Menſchlichen Leben/
daß die Muͤhl ſo ein groſſes Geruͤmpel machet/ und ſonder ſolches nicht
gehen kan.Alles gehet nach Gottes Willen. Dieſes heiſſt nicht zu Gaſt
gehen/ wann man einen hunger leiden laͤſſet. Das Gelt iſt ein Pflaſter
uͤber alle Schaͤden/ und das Gluͤck kan mehr erꝛeichen/ als der/ ſo lange
[364]
Arme hat; das Ungluͤck aber erlaufft auch den geſchwindſten Mann.
Der geſtern ein Geis war/ iſt heut zu Nachts ein Bock worden. Hun=
dert Thaler Einkunfft/ giebt umb tauſend Thaler Hochmuth/ und wird
man viel leichter deß Geldes/ als der Thorheit los. Keiner meſſe ſich
nach ſeiner Ellen. Der Unluſt muß in dem Wein ertrincken. Die Ge=
ringſten bey Hof fuͤhren groſſe Wort und wollen verguldte Haͤnde ha=
ben. Die Sattler wollen der Maulthier Hofſchneider ſeyn/ die
Schreiber Scribenten und geheime Raͤhte. Die Metzger wollen Fleiſch=
haͤndler/ und die Schinder Knochenhauer ſeyn. Das Spielhaus nen=
net ſich von der Geſellſchafft/ und das Hurhaus von der Kurtzweil.Die Eſel ſterben/ und die Woͤlffe graben ſie ein. Verzeihet mir/
wann wir lieber allein/ als bey boͤſen Leuten ſeyn wollen. Die Hoffnung
der Gnade vermehret die Suͤnden/ und eine guldne Lantzen hebet die
[365]
ſtaͤrckſten auß dem Sattel. Der Nutzen pfleget ſich mit der Freundſchaft
zu endigen. Die Frucht/ welche an den Weg waͤchſet/ zeitiget ſelten.Die Eheleute zancken bey Tage/ und liegen zu Nachte mit den
Koͤpfen ꝛuckwarts beyſammen/ wie die Haͤubter deß Roͤmiſchen Adlers.
Die Beluſtigung deſſen/ das man hat/ verleurt ſich durch das Verlan=
gen deſſen/ das man haſſet. Alles kan bezwungen werden/ auſſer deß Men=
ſchen Will/ der ſich noͤhtigen aber nicht gewaͤltigen laͤſſet. Wer Lieb=
koſer ſuchet/ findet Feinde. Wann der Wandersmann getruncken hat/
ſo wendet er den Rucken gegen den Brunnen. Die Wolcken/ welche die
Sonne auffgezogen/ verfinſtern ihren Glantz. Die Brenneſſel brennet/
wann man ſie auch auf glatten Atlaßleget. Das Schwein hebet die Au=
gen nicht auf gegen den/ der die Eichel fuͤrſchuͤttet. In deß Schwaͤtzers
Mund wachſen die Neuen Zeitungen/ wie das genetzte Getraͤid. Es
giebt Herꝛen/ welche/ wann es ihnen anſtuͤnde/ den Sonnenſchein zinß [366] bar
machten/ wie Tiberins das Nachtwaſſer. Ich freue mich aber/
daß die Schmeichler und Heuchler zu letzt murmeln/ wann der Speis=
korb leichter worden. Wann man dann nicht weiter kan/ ſo greifft man
das Eiſen an. Niemand giebt mehr Almoſen/ als die in überfluß den Tod
auf der Zungen ſitzen haben: iſt dann das Schwein tod/ ſo verſchafft es
eine fette Freude allen nechſten Geſippten und Saͤuverwandten.Viel erheben ſich unter der Laſte/ nicht wie die Palmen/ ſondern
wie die Strohmaͤnner bey der wilden Oxenhatze. Das iſt gut in dieſer
Welt/ daß ein Weib/ mit hohen Pantoffeln/ den Viertentheil ihrer Groſ=
ſe für dem Bett ſtehen laͤſſet; dann es heiſt: Von dem Ungluͤck wehl
das Kleinſte. Die Ehre gehet offt auff Schatten=hohen Holtzſchuhen/
und iſt mancher ein Edelmann/ der ohne die Kleider/ unter den Bauren
nicht koͤnte erkennet werden. Wann der Eſel todt iſt/ ſo wird er ein Tum=
melplatz deß Unziefers und deß Gewuͤrms.
|| [367]
Die Soldaten befedern ſich mit bunter Leichtfertigkeit/ und wa=
ſchen die Haͤnde mit frembden Waſſer. Die groſſen Ermel credentzen
die Speiſen und laſſen ſich ſo bald ſchmiren als der Schultheiß auff dem
Schoͤpffenſtuhl. Ein jedes Thor/ das man nicht ſalbet/ das knartzt. Ein
jeder will mehr beruͦhmt als froͤmmer ſeyn/ und fuͦrchtet ſich weniger ſein
Gewiſſen/ als ſeinen ehrlichen Namen zu verletzen. Sie ſuchen keine
Tugend ohne Gewinn/ und was nutzbar iſt/ das muß auch recht ſeyn; alſo
verlieben ſich die jrdiſchen Menſchen in das Irdiſche/ und was ſie nicht
ſollen/ und doch thun und wollen/ das ermangelt keiner Entſchuldigung.
Sie wollen von ihren Nechſten geliebet ſeyn/ ihn aber nicht lieben/ man
ſoll ihnen helffen/ aber ſie wollen keine Hand auffheben: dieſe ſollen wiſ=
ſen/ daß die Immen ihr Honig ſuchen muͦſſen/ und daß der Menſch ohne
Tugend ein ungepraͤgter Muͤntzpfennig iſt.Wir wiſſen alle/ daß die Zeit und das Stroh die Fruͦchte zeitiget/
[368]
und wer warten kan/ dem laufft das Gluͤck in die Hand. Ein Nar:
macht Toͤpfe und reiſſet die Haͤuſer ein. Eine jede Omeys hat jhren
Schatten/ und verleurt ihn/ wann ſie Fluͤgel bekommet. Das Futter=
werck getreuer Dienſt iſt mehrmals ein untreuer Haß. Wer keine Huͦlffe
hat/ der verzweiffelt. Die heilige Armut/ hat nicht mehr Gut/ als den
Verdienſt alles Guten/ welchen ſie gleichsfals mit Verachtung ſchetz=
bar machet. Wer aller Orten Schmertzen hat/ den thut auch das Haubt
weh. Man bedarf keinen Fuxjaͤger Tauben zufangen. Ein jeder la=
chet deß Affen/ und er ſpottet aller derer/ die ſeiner lachen. Das Gelt iſt
nicht ſeines Herꝛn/ ſondern deſſen/ deres verſtaͤndig genieſſet Nichts iſt/
das mehr Gedult erfordere/ als Palmenbaume ſetzen/ Recht fuͤhren/ und
auf alter Weiber todt warten. Der Teuffel hilfft ſeinen Leuten. Wir
wiſſen/ daß das Gluͤck/ der Vogel Phoͤnix/ das Schwanen Geſang/
der Farrenkraut samen/ die Irꝛwiſche und die Sirenen/ eines ſo viel ſeye
[369]
als das andre; wann ſie keinen erdichten Namen haͤtten/ ſo ſolten wir
der Dinge keines nennen.Ich will lieber wolgekochte Ruben eſſen/ als eine rohe Warheit.
Alles beſtehet in ſcheinbarem Wahn. Den Schatten geiſſeln/ den Wind
greiffen/ das Meer durchpfluͤgen/ und zu Ende deß Jahrs den Calender
machen/ iſt eines wie das andre.Die Diebe ſtraffen die Geitzigen/ wie die Raubfiſche die kleinern
verſchlingen. Ein Narꝛ kan doch von einem Reichen urtheilen/ wann er
gleich nicht viel Gehirn in dem Kopf/ ſondern in der lincken Ferſen hat;
gleich einem/ der die Leiter aufſteiget/ und ſeinen Verſtand muß in die
Fuͤſſe ſincken laſſen/ daß er der Sproſſel nicht verfehle. Mancher wird
durch ſein Weib bekannt/ welche ihm mehr nutzet/ als ſeine braune Kuhe.Der Schreiber machet ein Teſtament mit den Naͤgeln/ er kra=
tzet fuͤr andre zuſammen/ hat aber ſeinen Theil auch darbey. Ein andrer
[370]
dencket in Todesnoͤhten auff ſeiner Erben Trauerkleider/ Leichgeſaͤnge
und Seelmeſſen/ und ſchiebet das Sterben auf/ ſo lang er kan. Ein an=
drer hat alle ſeine Freunde in ſeine Hand gezeichnet/ wie eine Katz ihre
Klauen. Wann gleich der Eſel fliehet/ ſo muß er doch endlich unter den
Laſt/ erkomme hin/ wo er wolle. Es iſt ſchwer den Hunger mit ſingen
ſtillen. Wer zwiſchen zweyen Stuͤhlen darnieder ſitzet/ deſſen Hoffnung
faͤllet auff die Erden. Es ſchicket ſich nicht/ daß man die Werbung bey
der Wittfrauen anbringet/ wann der Mann noch nicht begraben iſt.
Viel ſcheinen auf der Gaſſen fett/ wie die Metzkershunde/ und ſterben
zu Haus faſt Hungers. Was ſoll ich mehr ſagen? E L. wiſſen/ daß alles/
was in dieſer Welt iſt/ für mehr nicht/ als eine warhaffte Luͤgen zu halte
̅
.Die mit mir zu ſtreiten haben/ ſind die ungelehrten Aertzte/ welche
mit einem Auge auff die Artzney/ mit dem andern auff den Beutel deß
Krancken ſehen. Es iſt ihr Recipe ein ſpitziger Stileth/ die Ringe an ih [371] ren
Fingern weiſen/ welche ſie zu Grab bringen helffen/ deßwegen ſind
auch ihre und ihres Eſels Kleidung (als die Satteldecke) ſchwartz. Sie
gehen in eines Chriſten Leib umb/ als wie in einem Gefaͤngniß/ und ko=
ſtet es einem jeden ſein Gelt/ wann ſie ihm das Leben nehmen. Der
Kirchhof iſt endlich die Sicherheit der Patienten/ und lauffen die Scha=
fe viel ehe miteinander/ als daß ſich die Medici über einer Kranckheit
ſolten vergleichen koͤnnen: doch den Gelehrten nicht zu nahe geredet.Weil aber die Freunde und Feinde keine gute Zeugen ſind/ wollen
wir auf einen andern Weg kom
̅
en: Was nutzet einem ſeine ſchoͤne Braut/
wann ſie in dem Gefaͤngniß lieget. Es iſt nicht genug/ daß man einen
Fuß aus dem Kott ziehet/ wann man den andern zugleich tieffer einſetzet.
Es iſt eine arme Herꝛlichkeit/ daß man auf einem guldnen Teppicht Fuͦr=
ſten Blut vergieſſet. Was iſt das fuͦr ein Weiberſchmuck/ daß man die
[372]
Augen mit Ruben abwiſchet? Was iſt das fuͤr eine Klugheit/ daß man
die Kettenhunde loß laͤſſet/ und die Steine in die Feſſel ſchlaͤget? Was
iſt das für eine Andacht/ wann man den Heiligen ſo lang anruffet/ biß man
über das Waſſer kommet? Was iſt das fuͤr eine Eilfertigkeit/ wann
man auf Steltzen darvon laufft? Was iſt das fuͦr ein gutes Ey/ wann
man es nicht ſaltzet?Ich fragte einen Jaͤger/ wo er hin wolte? Er antwortete mir:
Ich ſuch die Gaben Gottes zu erwuͤrgen. Ich ſahe eine Wittfrau/
welche zwieffel und Knoblauch gebrauchte/ damit ſie bey ihres Mannes
Leiche weinen konte/ und von der Zeit an traue ich keinem Weibe/ wann
ſie ſchwoͤret/ daß ſie nicht heyrahten wolle. Ein rohter Mund ſchicket ſich
übel zu blauen Augen und grauen Haaren. Der Speck vom Schuncken
dienet zu keiner Schlafhauben.
|| [373]
Ich wuͤnſche mir keinen Fahnen/ der ſich nach dem Wind richtet/
kein Geſchenck von einer Haͤßlichen/ keinen kleinen Druck/ keinen abge=
noͤhtigten Glauben/ keine Poeten Tugenden/ keine fremde Haare auff
meinem Haupte/ keinen Sonnenſchein im Winter/ keine Kammer/ dar=
aus ich ſoll einen Saal machen/ keine Wiſſenſchafft der Armut/ keinen
gluͤcklichen Wuͤrffel/ keine vergangene Gluͤckſeligkeit/ keine Wolcken in
dem Sommer/ kein Brod von meiner Stiefmutter/ kein gar zu witziges
Weib/ kein gantz neues Haus/ keinen jungen Baumeiſter/ keine Wolle
von Feigenbaum/ keinen tauben Lehrmeiſter/ keinen Trinckwein von
der Kelter/ kein zu groſſes Vertrauen/ und zu halsſtarꝛiges Mißtrauen/
kein Weib/ das aller Orten daheim iſt/ außgenommen in jhrem Hauſe/
und der ſo Tuch wuͤrcket/ und die alten Kleiderneu machet.
|| [374]
Mein Edelmann/ es iſt mit euch alſo beſchaffen/ eine Nacht ver=
brennet ihr das Liecht/ die andre Nacht den Leuchter/ die dritte ſitzet ihr
im finſtern.Mein Kraͤmer/ warumb iſt es in deinem Laden ſo finſter/ als
wann du nicht Wahren/ ſondern die Warheit zu verkauffen haͤtteſt.Mein Student/ warumb weiſeſt du deine groͤſſte Andacht in dem
Paſtetenhauſe.Du einfaͤltige Nonne in zweyfaͤltigen Kleidern/ wann du ſeufftzeſt/
ſo weiß ich wol was du gedenckeſt.Du Kleinmuͤtiger/ weiſt du nicht/ daß auch groſſe Herꝛen Hencker
und Schergen in ihrem Stammregiſter haben?Du Kleidermann/ wilſt du uns zeigen/ daß ein gutes Kleid einen
boͤſen Menſchen verſtelle?
|| [375]
Du Heuchler/ deine Wahren muſt du hin und her ſchleppen/ wie
ein Stallmeiſter uͤber die Maulthiere.Du Blauderer/ du kanſt auch dein Spiel leichtlich verkarten.Du Weltling/ wiſſe/ daß die Geſundſten offt am erſten ſterben.Du alte Vettel/ haſt du kein Zaͤhne im Maul/ ſo gehe nicht mehr
zu den Hochzeiten/ ſondern zu den Leichen.Du Scherg ſolſt nicht ſagen: Halt euch an die Obrigkeit/ und
gebt den Beutel her. Ein elender Troͤſter/ welcher zu ſeinem Salat mehꝛ
Eſſig als Oel gebraucht. Der iſt nicht geneſen/ welcher von dem Feuer
in das Waſſer faͤllet.Du Krancker/ biſt du geſund worden/ und haſt dich zu einem Ein=
ſiedel gelobet/ ſo muſt du nicht ſo viel Huͦner mit dir in die Clauſen neh=
men/ daß du dich wieder kranck freſſen kanſt.
|| [376]
Du Hofmann/ ſoll das Waſſer der Hoffnung auf deiner Muͤhl
mahlen/ ſo muſt du den Damm in ehren halten.Du Einſamer gedencke/ daß ein jeder ſeines Gluͤckes Werckmei=
ſter ſeye/ und daß der/ ſo mit zweyen Fingern in die Schüſſel greifft/ gerne
eine Hand voll nehmen wolte.Du Freyer/ glaube daß man lieber einen Mann ohne Gelt/ als
Gelt ohne einen Mann hat.Du Auffgeblaſner/ kanſt du nicht zancken/ ſo nimm ein altes
Weib/ gedencke aber/ daß ein gemaͤſtes Schwein einen guten Som=
mer und einen boͤſen Winter hat.Eine Frau hat drey Wege in ihrem Leben: Zu der H. Tauffe/ zu
dem Eheſtand/ zu dem Grab; und vier Tugenden: Klagen ohne Ur [377] ſach/
Luͤgen ohne voꝛbedacht/ gehen woſie hin kan/ weinen wann ſie will.
Es iſt nicht genug keuſch ſeyn/ ſondern man ſoll auch fuͤr andern alſo
ſcheinen. Unter den Weibern und Pomerantzen wehlet man die ſchoͤn=
ſten. Ein Weib und ein Glas/ wie bald bricht das. Die erſte Speiß iſt
die beſte/ und der erſte Geruch bleibet in dem Hafen. Weiber=Lieb und
Stroflammen/ brennen hell und dauren nichtlang. Es gibt Blumen/
welche nur einen Tag bluͤhen. Ein ſchoͤnes Weib hat von ihrem Man=
ne ihren Namen Der Wein iſt zu Morgens ſuͤß/ zu Abends Eſſig.Mein Bruder/ die Liebe kan viel/ das Gelt kan alles. Ein ſil=
berner Diebsſchlüſſel ſperret alle eiſerne Schloͤſſer. Wuͤnſche dir kei=
nen Singmeiſter zum Nachbaren. Es hilfft kein Wolſpielen/ wann
man verlieret. Deꝛ Rauch weiſet das Feuer von ferne. Das Gelt/ die
Liebe und das Feuer laͤſſet ſich nicht wol verbergen. Auffſicht hilfft fuͤr
[378]
Hoͤrner/ aber nicht allezeit. Wilſt du Springe haben/ ſo halt einen Dantz.
Iſt dein Sohn ein Thor/ ſo halt ihm einen verſtaͤndigen Lehrmeiſter.
Iſt deine Tochter friſch/ ſo ſetze ſie in lauliches Waſſer; hat ſie eine Hey=
rat/ ſo faſſe die Gelegenheit bey ihren guldnen Haaren.Weh dem Reichen/ der gegen ſich ſelbſten arm iſt. Ich ſoll thun/
was mich angehet und meines Ambtes iſt.Weil nun E. L. ein hochgelehrter iſt in dem Recht der Hoͤf=
lichkeit/ wolle ſie mir etliche Lehren geben/ meine Sitten zu Hof=
manniſieren/ dan
̅
der gemeine Mann laͤſſet es bey dem gemeinem Wahn
verbleiben.
|| [379]
Hierauf antwortet der Hund Chorumbo: E. L. wollen/ daß ich
dem Immen ſoll Honig verkauffen/ und eine neue Faſten=Predigt an=
fangen. Meine Geliebte/ die Grentzen ſind gut unter den Bruͤdern.
Weil aber der Gehorſam nicht auff das unvermoͤgen/ ſondern auff den
Befehl ſihet/ und der/ welcher zu folge deß Gebotes irꝛet/ der Verzei=
hung wuͤrdig iſt/ ſo will ich das Geſpinſt anzetteln/ es werde gleich ein
grobes odeꝛ klares Geweb daraus.Du/ wer du auch ſeyn magſt/ wann du nicht wilſt gleich ſeyn einen
Muͤhlrad/ das mit viel lauffen keinen Weg zurucke bringet/ ſey nicht un=
verſtaͤndig in deinen Reden/ dann man dich ſonſt fuͤr boͤß halten wird/
wann du auch fromm biſt. Dein Haubt ſol ſich nicht bewegen/ und dei=
ne Meinung/ auff gewiſſen Urſachen gegruͤndet/ nicht ohne Urſachen
[380]
geaͤndert werden. Laß deine Armen nicht hin und her ſchlendern/ wie et=
wan zween Ermel in einem Wambes. Sihe niemand ſcheel und über=
zwerg an. Vermiſſe dich nicht einem jeden zu helffen und Raht zu ſchaf=
fen. Laͤſſet man dir den Zaum/ ſo ſchmeiß nicht von dir/ wie ein ſtaͤtiger
Eſel/ oder wirff umb dich mit unreinen Worten/ wie ein Sprengwe=
del. Verbirge deine Haͤnde nicht/ wie die Blaͤtter in einem zugethanem
Buch; Spiele auch nicht mit deinen Haͤnden/ als wann du Faden ab=
winden wolleſt/ noch mit den Fuͤſſen/ als wie ein Hund/ den die Floͤhe
beiſſen. Stiere nicht in die Naſen/ und ſtreich den Bart nicht wie eine
Katz/ Kritze nicht auff den Hut und Handſchuhe/ und giebe den Tact
nicht/ wie ein Capellmeiſter: Haue auch nicht mit der Hand/ wie mit ei=
nem Baurenplotzen. Papper nicht mit dem Munde/ und rede keinem
in das Angeſicht/ wann du es gut meineſt. Deine Geberden ſollen ohne
[381]
groſſe Bewegung ſeyn/ wie die Fluͤgel an einer Windmuͤhle. Betrachte
die Perſonen wol/ fuͤr welchen du redeſt/ und geiffer nicht alles/ was dir
zu Sinn kommet/ wann du nicht hoͤren wilſt/ was du nicht gerne hoͤreſt.
Nimme den jenigen nicht bey der Hand/ mit welchem du reden wilſt/
ſtreiche auch nicht ſein Kleid/ wie ein Schneider/ der nach deß Gewan=
des Strich ſihet/ oder drehe ihm an den Knoͤpffen. Rede nicht durch
die Gurgel/ wie die Loͤffelgaͤnſe ſchreyen. Rede nicht mit dir ſelbſten/
dann ſonſten moͤchte man ſagen/ dein Zuhoͤrer were ein Narꝛ.Knirſche nicht mit den Zaͤhnen/ wie ein Holtzraſpel/ und la=
che nicht mit offnem Munde/ daß man dir biß auff die Lungen in die
Bruſt ſihet/ und man von dir ſagen moͤchte du habeſt eine Syncope in
dem Gehirn ꝛc.
|| [382]
Wann du Urlaub nimmeſt/ ſo mache nicht zu viel Hoͤflichkeit/
und wende den Rucken nicht wie ein Fleiſchhauer dem geſchlachten
Rind. Widerſpriche nicht alles/ was du beſſer weiſſt. Zancke nicht wie
eine Schwiegermutter. Sey nicht Halsſtarꝛig/ ſo wirſt du beliebet ſeyn.
Sey kein Zaͤrtling/ wie ein junges Kind/ und laſſe alle unverſtaͤndige
Wort ferne von deinem Munde ſeyn. Schweig lieber ſtill/ als daß du
was unbehoͤriges reden ſolſt.Ruͤhme dich niemals deiner Gaben/ dann ſie kommen von Gott/
und nicht von dir ſelbſten. Wann andere lachen/ ſo muſt du nicht alle=
zeit mit lachen/ ꝛc.Enthalte dich der gemeinen und mißlautenden Reden/ welche mit
vielen Worten wenig/ oder nichts bedeuten/ ohne Nachdruck und arti [383] gen
Verſtand/ dann dardurch wirſt du dich und deine Sprache in Ver=
achtung ſetzen.
Anmerckung.
Hier folgen etliche wunderliche Reden und Sprichwoͤrter/ die an
wenig Orten in Hiſpanien unter gemeinen Leuten Spott=und Schertz=
weis gebrauchet werden/ als wann man ſagte: Ihr ſesquipedaliſche
Menſchen Kinder/ die ihr in dem ergastulo dieſer Welt labyrinthi-
ſiret, concurriret doch/ Vanitatem zu desmasquiren, und Verita-
tem zu honoriten. Ein virtuoſes Gemuͤth kan ſich nit contentiren
mit deß vulgi modalitäten; ſondern mit Sapientiæ realitäten; wel=
che in der ſphæra ihrer activität circumcingiret verbleibet/ wann je=
ner durch vitioſum contactum, uͦber ſeine facultates extravagiret
und zu letzt mit idiotiſchor identität, bekennen muß/ daß ſein judicium
[384]
ſich verjrꝛt und ſeine ſperantz abortirt. Mit den Scepticis und Tho=
miſten hat man viel zu ſcrupuliſiren, daß manches Patientia ſich
locomoviret. Ein Clypeus von Wax/ ein Galea von Papier und
gladius von der Leda Mannsfluͤgeln/ Sympathiſiret mit dem Ica=
riſchen viatorio. Das Pythagriſche Stillſchweig iſt zwar tutum, aber
das peripathetiſche Huſten lautet beſſer/ ꝛc. Dergleichen Inhalt haben
erſtberuͤhrte Spruͤchwoͤrter.In dem hoͤrten dieſe unterꝛedner ein Gereuſch/ und
ſchieden von einander ſonder
Urlaub.
|| [ID00491]
Anmerckung.
WEr ſich durch dieſen Traum deß Sinnreichen Spa=
niers getroffen zu ſeyn vermeinet/ und ſich der
Straffrede/ ſo wider die Laſter ins gemein gerich=
tet iſt/ fuͤr ſeine Perſon annimmet/ der iſt gleich dem Apo=
ſtel Juda/ der gefragt: HErꝛ bin ich es? und die
Antwort erhalten: Du ſagſt es? das iſt: du giebſt
dich ſelbſten ſchuldig/ da du vielmehr dich bemuͤhen ſolteſt/
[ID00492]
daß du noch ein ſolcher Miſſethaͤter noch dein eigner Ver=
raͤhter waͤreſt. Dergleichen Schertz iſt gleich einem hel=
len Waſſer/ das den Flecken oder die Mackel deß Ange=
ſichts weiſet/ und die Mittel/ ſolche abzuwaſchen zeiget.
Wer daruͤber zuͤrnet/ verurſacht ein Gelaͤchter. Wer aber
in dieſem Buch ein ihm anſtaͤndiges Blaͤtlein betrifft/ der
ſage er ſeye gluͤckſelig im Traum/ und bemuͤhe ſich/ die hier
vorgeſtellten Tugenden in dem Wercke zu erweiſen/ und
die Laſter/ auch den Schein nach/ zu fliehen
und zu meiden.
|| [ID00493]
Die I. Zahl bemercket die Ordnung/ die Zweyte
das Blat.
Das{ | ARge Hertz | XCV/ 304. |
aͤrgerliche Hertz | VII. 38. | |
baͤuriſche Hertz | LXXXVII/ 280 | |
bejahrte Hertz | XVI/ 65. | |
bejammerte Hertz | LXXVII/ 250 | |
bekroͤnte Hertz | LXVIII/ 223 | |
bücherliebende Hertz{ | LVI/ 187 | |
XVII/ 97 | ||
beſtrickte Hertz | V/ 32 | |
Blumenliebende Heꝛtz | XXVII 98 | |
betende Hertz | XLVI/ 155 | |
bezwungene Hertz | XLIV/ 149 | |
Buler Hertz | XIV/ 59 | |
Chriſtliche Hertz | XXVI/ 95 | |
dantzende Hertz | L/ 167 | |
durchſtochne Hertz | IX/ 44 | |
Ehrgierige Hertz | LXIII/ 208 | |
Ehrſuͤchtige Hertz | XCI/ 292 | |
eitelkuͤhne Hertz | LXIX. 226 |
|| [ID00494]
Das{ | ergrimmte Hertz | LXXI/ 232 |
Eſelartige Hertz | XCIX/ 316 | |
faͤhige Hertz | XIX/ 74 | |
falſche Hertz | LXVII/ 220 | |
faule Hertz | XLIII/ 146 | |
feige Hertz | LXXVIII/ 253 | |
fliehende Hertz | LXXXVI/ 277 | |
freudige und leidige Hertz | LXXXVIII/ 283 | |
friedfertige Hertz | LIV/ 181 | |
fuͤrſichtige Hertz | XXIII/ 86 | |
gedultige Hertz | XLV/ 152 | |
gefaͤhrte Hertz | LXXV/ 244 | |
gepreſſte Hertz | LXXIV 241 | |
geritzte Hertz | XVII/ 68 | |
Geltgierige Hertz | XVIII/ 71 | |
gerechte Hertz | XXI/ 80 | |
geſchoßne Hertz | LXI/ 202 | |
getrene Hertz | C. 319 | |
getroſte Hertz | XIII/ 56 | |
gewiſſe Hertz | XXXVI. 125 | |
gleichliebende Hertz | XXIV/ 89 | |
Haſenartige Hertz | XCVI/ 307 |
Das{ | hoffende Hertz | XXXVII/ 128 |
Jungfrauen Hertz | XXXII/ 113 | |
in ďWelt erſoffne H. | LXXX 262 | |
Keuſche Hertz | IV. 29 | |
klaffer Hertz | XV/ 62 |
|| [ID00495]
Das{ | korbiſierende Hertz | III/ 26 |
leere Hertz | LI/ 172 | |
Lehrbegierige Hertz | LXX/ 229 | |
liebende Hertz | XI/ 50 | |
lobſingende Hertz | LXXVI/ 247 | |
Muſicaliſche Hertz | XII. 53 | |
muͤſſige Hertz | XXXVIII. 131 | |
Neidiſche Hertz | LXXIII/ 238 | |
neugierige Hertz | LXXXII/ 265 | |
Offne Hertz | XCIV/ 301 | |
Paſteten Hertz | LXXX/ 259 | |
Patrioten Hertz | LXV/ 214 | |
Poetiſche Hertz | LXXXIII/ 268 | |
Plander Hertz | XX/ 77 | |
Scheele Hertz | LXXXV/ 274 | |
ſchlecker Hertz | XXXV/ 122 | |
ſorgenvolle Hertz | LIX/ 196 | |
ſorgſuͤchtige Hertz | LIII/ 178 | |
ſpielende Hertz | LXXXIX/ 286 | |
ſterbende Hertz { | XXXIX 134 | |
XCVIII/ 313 | ||
ſtoltze Hertz | XXII/ 83 | |
ſtrebende Hertz | LX 199. | |
Teuffeliſche Hertz | LXII/ 205 | |
Teutſche Hertz | LXIV/ 211 | |
thoͤrichte Hertz | XC/ 289 | |
Treue Heꝛtz | XXXIV/ 119 | |
troſtreiche Hertz | LII/ 175 | |
Verbulte Hertz | XLVIII/ 161 |
|| [ID00496]
Das | verehlichte Hertz | II/ 23 |
verliebte Hertz { | XXVIII/ 101 | |
XL/ 137 | ||
verlangende Hertz | XLII/ 143 | |
verloͤffelte Hertz | VI/ 35 | |
verſchwaͤtzte Hertz | LVIII/ 193 | |
verſchwiegene Hertz | XXX/ 107 | |
verſtrickte Hertz | I. 20 | |
vertraute Hertz | XLIX/ 164 | |
verwundte Hertz | XLVII/ 158 | |
verzweifflende Hertz | LXXIX/ 256 | |
unartige Hertz { | LXVI/ 217 | |
XCIII/ 298 | ||
unbeſtaͤndige Hertz | VIII/ 41 | |
unbetruͤgliche Hertz{ | XLI/ 140 | |
LXXXIV/ 271 | ||
ungedultige Hertz | XXXIII/ 116 | |
unergꝛuͤndliche Heꝛtz | XXIX 104 | |
Wandelbare Hertz | LV/ 184 | |
wehlende Hertz | XXV/ 92 | |
wolthaͤtige Hertz | X/ 47 | |
wurmige Hertz | XCVII. 310 | |
Zertheilte Hertz | LXXII/ 235 | |
zweiffelhaffte Hertz | LVII/ 190 |
|| [ID00497]
|| [ID00498]
1Clathrus,
vel clathrum.
2G(ie)B
3Gegeuſchein.
4verworffener Tag.
5Sic vos non vobis, &c.