|| [ID00001]
Leichtpredigt / Gethan bey der Begrebnuß Der Erbarn vndt Tugentsamen Frawen
Maria Helderin / Des Edlen Ehrnvehsten vnd Manhafften Herren David Sachsen /
Fürstliche̅ Braunschweigischen General Krigs Commissarij vnd
geheimen Rahts Ehelichen Haußfrawen / so den 9. Julij dieses 1605. Jahrs in
Christo Seliglich entschlaffen / vnd folgendes Christlich zur Erden bestattet
worden.
Durch M. Paulum Musaeum, Pfarrhern in der
Heinrichstadt.
Gedruckt zur Heinrichstadt / Durch Julium Adolphum von Söhne / ANNO M. DC.
VI.
|| [ID00002]
|| [ID00003]
Rom: 8.
WIR wissen aber / das denen / die GOtt lieben / alle ding zum besten dienen / die
nach dem Fürsatz beruffen sind. Denn welche er zuuor versehen hat / die hat er
auch verordnet / das sie gleich sein solten / dem Ebenbild seines Sohns / auff
das derselbige der Erstgeborne sey vnter vielen Brüdern. Welche er aber
verordnet hat / die hat er auch beruffen: Welche er aber beruffen hat / die hat
er auch gerecht gemacht: Welche er aber hat gerecht gemacht / die hat er auch
herrlich gemacht.
Außlegung.
GEliebte im HErren / es sind nun 3481. Jahr / das die heilige vnd hocherleuchte
Matron vnd Ertzmutter Christi Sara / in Christo dem damals verheissenen
benedeiten Samen seliglich entschlaffen ist / nach dem sie 127. Jahr alt worden
/ vnd fast in die
|| [ID00004]
hundert Jahr / mit
jhrem Herren Abraham friedlich vnd freundlich im Ehestand gelebt / böses vnd
guts neben jhm außgestanden / vnd sich also verhalten / das sie der Apostel
Petrus 1. Pet: 3. allen Christlichen Weibern zum Ehrenspiegel vnd Bild
Weiblicher Tugenden vorstellet. Vnd ist hiebey das erbermlichste / das Abraham
eben zu der zeit / als sein liebes Weib gestorben / nicht einheimisch gewesen /
wie die vmbstende des Textes geben / Welche sonder zweiffel nach jhm hefftig
wird gekarmet haben / das sie jhn für jhrem Ende noch einsten zusprechen /
gesegnen / vnd jhren Sohn Isaac befehlen möcht.
Wie schmertzlich nun dieser vnuerhoffte Fall dem heiligen Mann sey vorkommen /
das er sein liebe Saram so er in zimlicher Wolstand verlassen / todt funden /
verstehen Christliche Eheleute / so einander hertzlich lieben / zum besten. Es
gibts auch Mose genungsam zuuerstehen / da er spricht Gen: 23. Abraham sey
kommen / das er sein Weib beklagte vnd beweinte / vnd das er jhr nach gehaltener
Klag / ein ehrlich vnd statlich Begrebnus zugerichtet hab: dabey er sonder
zweiffel / als ein Prophet / eine schöne Leichpredigt wird gehalten haben / von
des Todtes Vrsprung vnd Eingang in die Welt / vnd wie man sich zum seligen End
vnd Sterbstündlein Christlich bereiten sol / Item von Christo dem verheissenen
Samen / wie der einmahl werde auß seinem Geschlecht geboren werden / vnd durch
seinen Gehorsamb / Bluth vnd Tod / die Sünde büssen / GOttes Zorn stillen / den
Todt vberwinden vnd in
|| [ID00005]
den Sieg
verschlingen / vnd an stadt dieses mühsamen vergenglichen Lebens / ein ewiges
Leben erwerben / Zu welchem GOtt am Jüngsten tag seine Saram / vnd alle die
jhrem Exempel nach Christum den künfftigen Heilandt / mit warem Glauben
ergreiffen / vnd in solchem Glauben jhm jhre Seelen befehlen werden / mit jhrem
Leibe wieder aufferwecken / vnd mit ewigen Ehren krönen werde: Da wolle er sie
wieder sehen / vnd sich mit jhr ewiglich frewen. Mit diesem Trost / hat der
heilige Mann / sich vnd sein betrübt Haußgesind zu frieden gestelt / vnd
hernachmahls auch selbest den Todt selig vberwunden.
Diß ist nun die aller erste Begrebnus / die vns in der heiligen Schrifft
beschrieben wird / welche der heilige Geist / nicht allein der lieben Sara zu
sonderbahren Ehren hat lassen auffzeichnen / sondern auch vns zu gut / auff das
wir dar aus lernen sollen.
Erstlich / wie GOtt seine Heiligen liebet: nicht allein in jhrem Leben / da sie
jhm dienen / sondern auch im Tode / wenn sie schon in der Erden liegen /
stincken vnnd faulen / laut des 116. Psalm / Der Todt seiner Heiligen / ist
werth gehalten für dem HErren: Denn weil sie heilige Ehrengefeß / Tempel vnd
Wohnung des heiligen Geistes gewesen sein / gefalle̅ jhm auch die
zerbrochene Scherben wol: Er bewahrt jhnen alle jhre Gebeine / sagt der 34.
Psalm / wird sie auch am Jüngsten tag wieder aufferwecken / vnd mit ewiger
Klarheit schmücken: Darumb
|| [ID00006]
nennet er
sich ein GOtt Abraham / Isaac vnd Jacob / vnd aller Heiligen / Exod: 3. ob sie
schon dem Leibe nach gestorben sein. Vnd von Mose dem Knecht GOttes lesen wir /
das jhn GOtt selber begraben hab / Deut: 34. Gibt vns damit ein Exempel / das
auch wir vnsere Todten im HErren ehrlich begraben / vnd derselben allezeit im
besten gedencken sollen / nach der Vermahnung Syr: 38. Mein Kindt / wenn dir
einer stirbt / so beweine jhn vnd klage jhn / als sey dir groß Leidt
wiederfahren / vnd verhülle seinen Leib gebürlicher weise / vnd bestatte jhn
ehrlich zum Grabe.
Zum andern / lernen wir auß dieser Historien / ob wol GOtt seinen Kindern viel
stattliche vnd herrliche Verheissung thut / das er selbest jhr sehr grosser Lohn
vnd allmechtiger Patron sein / vnd sie / wie sein Augapffel lieben wolle: so
macht ers doch mit jhnen / so viel diß zeitliche Leben anlanget / nicht anderst
als mit andern Menschen. Es begegnet einem wie dem andern / Eccles: 9. dem
Gerechten wie dem Gottlosen / dem Guten vnd Reinen / wie dem Vnreinen / wie es
dem Guten gehet / so gehet es auch dem Sünder / wie der Gottlose stirbt vnd
verweset / also stirbet auch der Gottfürchtige / Das macht das die Sünde durch
einen Menschen ist kommen in die Welt / vnd der Todt durch die Sünde / Rom: 5.
Ja GOtt nimpt seine Heiligen gemeiniglich am hertesten mit / vnd küsset sie /
das jhnen die Augen vber gehen.
Das sol vns zum Trost dienen / wenn GOtt der
|| [ID00007]
gleichen auch zu vns kömpt mit
dem lieben Creutz / nimpt vns vnser Kinder vnd Ehegate̅ / das es
vns nicht frembd vorkomme / Sondern anschawen die Exempel Abrahams / Sare / vnd
anderer Heiligen / die warlich nicht auff Rosen gesessen / sondern jhre Noth vnd
Haußcreutz / so wol als wir gehabt / auch entlich sterben / vnd des Todes
Stachel fühlen müssen: das wir vns damit zur Gedult erwecken / vnd sagen mit
Elia 1. Reg: 19. Ich bin nicht besser denn meine Väter. Zumahlen weil wir wissen
aus GOttes Wort / Das denen die GOtt lieben / alle ding zum besten gereichen
muß: Den̅ welche GOtt versehen hat / die hat er auch verordnet /
das sie ehnlich werden müssen / dem Ebenbild seines lieben Sohns / Rom: 8.
Entlich erinnert vns auch obgedachte Historien / das nicht vnrecht sey / wenn
Christen vber dem tödtlichen Abgang der jhrigen bekümmert sein / weils der
grosse Ertzvater Abraham / vnd folgendes andere Heiligen mehr / ja der Sohn
GOttes selber / bey dem Grab Lazari gethan haben. Gleichwol aber muß es auch
seine gebürliche maß haben / das man mit Abraham wieder auffstehe / vnd stelle
sein Hertz zu frieden / mit der frölichen hoffnung vnserer entlichen
allgemeine̅ zusamenkunfft am Jüngsten tag: welche wird sein
dies restitutionis omnium, Ein grosser Ernde tag / da ein jeglicher seine
verstorbene Freunde / Kinder / Eltern / vnd Ehegaten / wird wieder bekommen /
vnd erfüllet werden / das geschrieben ist Ps: 126. Die mit Threnen seen / werden
mit frewden ernden.
|| [ID00008]
Dieweil denn nun dergleichen Todes fall sich begeben hat / mit der Erbarn vnd
Tugentsamen Frawen Maria Helderin / Herrn Dauid Sachsen / Fürstlichen
Braunschweigischen General Commissarij vnnd Rahts ehlichen Haußfrawen / so GOtt
am nehern Dinstage / abwesens jhres lieben Herren / zu sich in sein Reich
abgefordert / Als thun wir wol vnd Christlich / das wir zusammen kommen / jhren
Todt zubeklagen / vnd das wir den Leib ehrlich in sein Ruhbettlein beleiten /
vnd jhr diese letzte Ehr vnd Freundschafft erzeigen. Sollen vns aber dabey
zugleich erinnern / das die reige dermahln eins auch an vns kommen werde / weil
weder Geldt / noch Hoheit / noch Jugendt wieder den Todt etwas hilfft vnd lernen
auß GOttes Wort / wie wir vns mit krefftigem Trost / wieder des Todes Furcht
verwaren / vnd zum seligen Ende schicken vnd bereiten sollen.
Zu dem ende hab ich die verlesene Wort S. Pauli für mich genommen / welchen mir
die verstorbene selbest an die Handt geben / weil sie dieselbigen in jhrer
Kranckheit offt wiederholet / vnd sehr tröstlich zugebrauchen wissen.
Darin helt vns S. Paulus mit wenig Worten für / den Grundt vnser Seligkeit / was
für mittel GOtt darzu gebraucht / vnd wobey wir derselbigen gewiß sein
können.
Denn es ist ja kein Mensch / wo er anders gleubt / das ein ander Leben nach
diesem folgen werde / der nicht
|| [ID00009]
gerne
wolt selig werden: Weil aber Christus selber Matth: 7. sagt / das der Weg so zur
Verdamnis abführet breit / vnd die Pforte weit sey / vnd viel Wandersleuth habe:
Die Pforte aber vnd Weg / so zum Leben führet / enge vnd schmal sey / vnd von
wenig Leuten gefunden werde: möchte ein jeder wol wissen / wie GOtt gegen jhm
gesinnet sey / vnd ob er vnter die Zahl der Außerwelten vnd Seligen gehöre oder
nicht. Sonderlich aber pflegen sich sterbende Leute hiemit am meisten zu
bekümmern / vnd lassen sich hören / wenn jhnen dieser Zweiffel möchte benommen
sein / wolten sie desto frölicher sterben.
Solchen Gedancken zu begegnen / müssen wir erstlich die Wort S. Pauli recht
ansehen / vnd erwegen. Vnd zum andern lernen / wie wir dieselbe zu vnser Lehr /
Trost / vnd Erinnerung fruchtbarlich gebrauchen sollen.
Vom Ersten.
DIe Epistel Pauli an die Römer / daraus dieser Text genom̅en ist /
ist nichts anders / als ein kurtz Corpus doctrinae vnd Bekentnus der
Apostolischen Lehr von den vornemsten Heuptstücken Christliches Glaubens. Als
nemblich / von der Sünde / so durch Adams fall / vber alle Menschen kommen / vnd
die rechte vrsach ist des Todes / vnd alles Jammers vnd Elendes / so vns auff
dem Halse ligt. Von der Gerechtig
|| [ID00010]
keit / so vns Christus durch seinen Gehorsamb erworben hat: Vom wahren
seligmachenden Glauben / dadurch wir solchen Schatz auß Christi Handt
ergreiffen. Von guten Wercken vnd Creutz der Christen / zu was ende jhnen GOtt
solches zuschicke / vnd wessen man sich darin trösten solle. Diese Articul
allesampt / wickelt vnd knüpffet der Apostel in diesem verlesenen Spruch sehr
artlich vnd kürtzlich zusamen / als eine güldene Ketten / von sechs Gliedern /
vnd erklert vns darinne zugleich das Bild / so dem heiligen Ertzvater Jacob /
des Nachts im Traum auff dem Felde bey Lutz gezeiget wird / da er siehet eine
lange Leiter vom Himmel / biß auff die Erden gelassen / an welcher die Engel
auff vnd ab steigen / Zu oberst aber derselben / höret er GOtt mit sich reden.
In welchem Gesicht GOtt dem heiligen Jacob / eben diß Geheimnus vnser Seligkeit
/ dauon S. Paulus alhie handelt / wollen fürbilden / Das nemblich / GOttes Sohn
/ zur bestimpten zeit würde vom Himmel kommen / die Menschliche Natur mit seiner
Gottheit persönlich vereinigen / durch sich selbest Himmel vnd Erden / GOtt vnd
Mensch wieder zusammen hefften / vnd also eine rechte Geistliche Himmels Leiter
werden / dadurch GOtt mit seinen Schetzen zu vns herab fehret / vnd offenbaret
vns durchs Wort im Predigampt sein wesen vnd willen / dadurch auch wir wiederumb
mit vnsern Gedancken / zu jhm hinauff steigen müssen / wenn wir von vnser
Seligkeit vrtheilen / vnd derselben gewiß sein / vnd zu GOtt kommen wol
|| [ID00011]
len. Diese Leiter beschreibet
vns der Apostel / mit jren vnterschiedlichen Stuffen / Welche wir nun fein
ordentlich nacheinander wollen für vns nehmen.
Die erste vnd oberste Stuffen vnser Seligkeit / ist GOttes Gnadenwahl vnd ewige
versehung / nach welcher er für erschaffung der Welt / Adams fall nicht allein
hat zuuor gesehen / sondern auch zugleich beschlossen / wie er dem Menschen von
Sünden helffen / vnd jhm ein gewisse Kirch zum ewigen Leben samlen wolle.
GOtt hat vns geliebt / sagt Paulus Eph: 1. in Christo JEsu / ehe der Welt Grundt
geleget war / das wir solten sein heilig vnd vnsträfflich für jhm in der Liebe /
vnd hat vns verordnet zur Kindtschafft gegen jhm selbest / durch JEsum Christ /
nach dem wolgefallen seines willens zu lob seiner herrlichen Genade / 2. Tim: 1.
GOtt hat vns selig gemacht / vnd beruffen mit einem heiligen Ruff / nicht nach
vnsern Wercken / sondern nach dem vorsatz seiner Genade / die vns gegeben ist in
Christo für der zeit der Welt. Hiuon handelt Christus Joh: 15. Ihr habt mich
nicht erwehlet / sondern ich habe euch erwehlet. Cap: 13. Ich weiß welche ich
erwehlet hab / Cap: 17. Vater ich habe der keinen verlohren / die du mir gegeben
hast / Sie waren dein / nu aber hastu mir sie gegeben.
Auß diesen Zeugnissen / erscheinet nicht allein / das ein ewige Wahl sey / darin
GOtt von ewigkeit beschlossen hat / welche er wolle selig machen: Sondern auch
das solche Wahl / auß nichts anders herfliesse / als auß des ewi
|| [ID00012]
gen Gottes lauterer Genad vnd
Barmhertzigkeit / ohn einiges ansehen vnd verdienst vnser wirdigkeit vnd
vnwirdigkeit: Wie S. Paulus solches gewaltig handelt / Rom: 9. Auff das der
vorsatz GOttes bestünde / nicht auß verdienst der Wercke / sondern auß Genaden
des Berüffers / ward zu Rebecca gesagt / Der grössest sol dem kleinsten dienen /
wie geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet / aber Esau hab ich gehasset.
Denn so viel vns belanget / seind wir alle gleich / Kinder des Todes / verdampte
Hellebrende vnd GOttes Feinde / Eph: 2. Psal: 14. Aber wie ein Töpffer macht hat
/ das er mag machen auß einem klumpen Thon / ein Gefeß zu Ehren / das ander zu
Vnehren: Also da GOtt wolte erzeigen vnd kund thun / seine Macht / hat er mit
grosser gedult getragen / die Gefesse des Zorns / die da zugerichtet sein zur
Verdamnis / auff das er kundt thete / den Reichthumb seiner Herrligkeit / an den
Gefessen der Barmhertzigkeit / die er bereitet hat zur Herrligkeit.
Darumb ligt es nicht an jemandes wollen oder lauffen / sondern an GOttes
erbarmen. Denn er spricht: Welchem ich genedig bin / dem bin ich genedig / vnd
welches ich mich erbarme / des erbarme ich mich / Rom: 11. vnd 9. Daher sagt er
Jer: 31. Ich hab dich je vnd je geliebt / darumb hab ich dich nach mir gezogen /
auß lauter güte. Nicht das du mich hettest geruffen Jacob / oder das du vmb mich
gearbeitet hettest Israel / Sondern du hast mir Arbeit gemacht in deinen Sünden
/ vnd hast mir
|| [ID00013]
Mühe gemacht mit
deinen Missethaten / Ich aber / Ich tilge deine Vbertretung / vmb meinent willen
/ vnd gedencke deiner Sünde nicht. Esa: 43. GOtt der da reich ist von
Barmhertzigkeit / durch seine grosse Liebe / damit er vns geliebet hat / da wir
todt waren in Sünden / hat er vns sampt Christo lebendig gemacht / etc. auff das
er erzeigte in den zukünfftigen zeiten / den vberschwenglichen Reichthumb seiner
Genade / durch seine güte vber vns in Christo JEsu. Eph: 2. Christus ist für vns
Gottlose gestorben / Rom: 5. Sonst wird die ewige Gnadenwahl GOttes auch genant
/ das Buch des Lebens / Exod: 32. HErr vergib jhnen diese Missethat / oder tilge
meinen Nahmen auß dem Buch des Lebens. Dan: 12. Alle die geschrieben sein im
Buch des Lebens / sollen selig werden / Luc: 10. Frewet euch das ewre Namen
geschrieben sein im Buch des Lebens. Denn wie in grossen Stätten die Obrigkeit /
jhre Stattbücher vnd Register hat / darinne aller Bürger Nahmen verzeichnet sind
/ Also hat GOtt alle Außerwehlten in seine Handt / ja in sein Hertze gezeichnet
/ Esa: 49. Kennet seine Schäfflein mit Nahmen / Joh: 10. Vnd weiß von anfang wie
viel an jhn gleuben werden oder nicht / Joh: 6.
Zum andern / damit nu solchem ewigen Schluß GOttes genung geschehe / vnd
gleichwol seiner Gerechtigkeit nichts abgienge / hat er auch also bald diß
Mittel darzu gefunden / das sein Sohn Mensch würde / lidte den Todt / den wir
verdienet hatten / vnd büssete vnsere Sün
|| [ID00014]
de vnd Vngehorsamb / durch
seinen Gehorsamb / vnnd der Mensch also durch jhn von Sünden Todt Teuffel vnd
Hell erlöset würde. GOtt hat vns geliebt in Christo JEsu / sagt Paulus Eph: 1.
Item die Genade GOttes ist vns gegeben für der zeit der Welt in Christo / 2.
Tim: 1. Weil derselbe für vns gebeten / vnd sich erboten seinem Himlischen Vater
genungsamen Abtrag zu thun / für vnser Sünde. Drumb heist er ein Mittler
zwischen GOtt vnd Menschen / Der sich selbest gegeben für alle zur erlösung / 1.
Tim: 2. Item er heist JEsus / weil er sein Volck sol selig machen / von jhren
Sünden / Matth: 1. Sein Bluth ist die bezahlung für vnser vnd der gantzen Welt
Sünde / 1. Joh: 1. Der HErr warff alle vnser Sünde auff jhn / Esa: 53. Er ist
vns von GOtt gemacht zur Weißheit / zur Gerechtigkeit / zur Heiligung vnd
Erlösung / 1. Cor: 1. Denn das dem Gesetz vnmüglich war / sintemahl es durchs
Fleisch geschwechet ward / das thate GOtt / vnd sandte seinen Sohn / in der
gestalt des sündlichen Fleisches / vnd verdammet die Sünde im Fleisch durch
Sünde / auff das die Gerechtigkeit im Gesetz von vns erfodert durch jhn erfüllet
würde / Rom: 8.
Wie aber Christus solch Mitlerampt verrichtet hab / höret jhr zur andern zeit.
Hie ist genung zu wissen / das vns GOtt nicht anderst wil selig machen / als
durch seinen geliebten Sohn / durch welchen er vns hat angenehme gemacht vnd
verordnet zur Kindschafft gegen jhm selbest / an welchem wir auch haben die
Erlösung durch
|| [ID00015]
sein Bluth / Eph: 1.
Durch jhn haben wir ein zugang zu dieser Genade / Rom: 5. Ja er ist selber das
Buch des Lebens / darin vnser Namen geschriebe̅ stehen. Esa: 49.
Darumb ist auch in keinem andern Heil vnd kein Nahme gegeben den Menschen auff
Erden / dardurch sie sollen selig werden / ohne der Nahme JEsu Christi / Act: 4.
Ausser Christo ist vns GOtt ein lauter vorzehrendes Fewr.
Fürs dritte / were vns aber damit noch nichts gedienet / das Christus für der
gantzen Welt Sünde genung gethan / vnd allen Menschen die ewige Seligkeit
vollkommen verdienet hat / wo vns GOtt nicht solchen Schatz auch durchs Wort vnd
die Sacramente anböte vnd außteilete. Drumb setzt der Apostel hinzu den Beruff /
als die dritte Stuffe̅ an dieser Him̅elsleitern /
vnd spricht: Welche er erwelet hat / die hat er auch beruffe̅:
Item Er hat vns beruffen / mit einem heiligen Ruff / 2. Tim: 1.
Solcher Beruff ist nichts anders / als die Predigt des Euangelij / dadurch GOtt
auß seinem verborgenen Thron herfür gehet / vnd offenbart vns diesen seinen raht
vnd willen / das er allen bußfertigen durch Christum die Sünde vergeben / vnd
die Seligkeit schencken wolle. Solches wird im Euangelio von der Königlichen
Hochzeit / Matth: 22. Item vom Haußvater / der da außgieng Arbeiter zu mieten in
seinen Weinberg / Matth: 20. wunder artig vnd schön erkleret. Da jhr höret / wie
GOtt nicht allein selbest / bald nach frischem fall im Pa
|| [ID00016]
radis den Menschen durchs Wort
der verheissung von dem künfftigen Weibes Samen / so der Schlangen den Kopff
zertreten solle / zu seinem Reich erfodert / sondern hat auch solche Predigt von
einer zeit zur andern / durch die heilige Väter vnd Propheten wiederholen / vnd
allen Menschen durch Christum die ewige Seligkeit anbieten lassen. In deinem
Samen / spricht er zu Abraham / sollen gesegnet werden alle Völcker auff Erden /
Gen: 18. Item Wendet euch zu mir / so werdet jhr selig aller Welt ende / Esa:
45. Darumb sagt Dauid / Psal: 19. Es ist keine Sprache noch Ende / da man jhre
Stimme nicht höret / jhre Schnur gehet auß in alle Landt. Psal: 87. Der HErr
wird predigen lassen / in allerley Sprachen. Gehet auß / sagt Christus / in die
gantze Welt / vnd prediget das Euangelium allen Creaturen: Wer da gleubet vnd
getaufft wird / sol selig werden / Matth: 16.
Durch diesen beruff / macht GOtt einen Strich / zwischen den Heiden vnd Christen.
Von den blinden Heiden / können wir gewiß vrtheilen / das sie zum ewigen Leben
nicht erwehlet sein / dieweil sie durchs Wort zu seiner Hochzeit nicht geladen /
noch in den Weinberg gedinget sein / sondern stehen ausser demselben auffs
Teuffels Marckt müssig / Drumb seind sie auch ohne Christo / frembde vnd ausser
der Bürgerschafft Israel / vnd fremde von den Testamenten der Verheissung / vnd
haben keine hoffnung / Eph: 2. Denn so schleust Paulus / Welche er erwelet hat /
die hat er auch beruffe̅:
|| [ID00017]
Daraus folget / welche nicht beruffen werden / das die auch nicht erwehlet
sein müssen. Weil das Wort das ordentliche Mittel ist / vnd der rechte
Genadenkasten / darein GOtt seine Güter vud Schetze verschlossen hat. Wo das
Wort ist / da ist auch GOtt selber / der sich durchs Wort offenbahret / ja da
ist GOttes Hauß vnd die Pforten des Himmels / saget Jacob Gen: 28. Denn es ist
nicht ein todter Buchstabe / sondern eine krafft GOttes selig zu machen / die
daran gleuben / Rom: 1. Vnd ein lebendiger Samen / dadurch wir Christen erzeuget
/ vnd zu Kindern Gottes wiedergeboren werden / welches auch vnser Seelen kan
selig machen / 1. Pet: 1. Jacob am 2. Cap: Drumb saget GOtt selber / Exod: 20.
An welchem Ort ich meines Nahmens Gedechtnus stifften werde / da wil ich zu dir
kommen vnd dich segnen. Item wie der Regen vnd Schnee vom Himmel felt / vnd
nicht wieder dahin kömpt / sondern feuchtet die Erden / vnd macht sie fruchtbar
vnd wachsent / das sie gibt Samen zu seen / vnd Brod zu essen / Also sol das
Wort das auß meinem Munde gehet auch sein / es sol nicht wieder zu mir lehr
kommen / sondern thun was mir gefelt / vnd sol jhm gelingen dazu ichs sende:
Esa: 55. Vnd abermahl spricht GOtt / Ich lege meine Wort in deinen Mund / vnd
bedecke dich vnter dem Schatten meiner Handt / auff das ich den Himmel pflantze
/ vnd die Erden gründe / Esa: 51. Cap.
Neben dem mündlichen Wort / hat GOtt auch die Sacramenta darzu geordnet / als
sichtbare Genaden
|| [ID00018]
zeichen vnd
Mittel / dadurch er einen jeden seiner Seligkeit durch Christum versichert.
In der Tauff ziehen wir Christum an / Gal: 3. Vnd machen einen Bundt eines guten
Gewjssens mit GOtt / 1. Pet: 3. Im heiligen Abendmahl / werden wir mit dem Leib
vnd Bluth JEsu Christi gespeiset vnd getrencket / vnd dadurch mit jhm vereiniget
/ das wir alle seiner erworbenen Güter vnd Schetze / vergebung der Sünden /
Gerechtigkeii / Kindtschafft GOttes vnd ewigen Seligkeit solle̅
theilhafftig werde̅ / Nach dem Spruch Hilarij, Haec accepta &
hausta faciunt vt nos simus in Christo & Christus in nobis.
Wo nu diese beyde Mittel / die predigt deß Euangelij / vnd die heiligen
Sacramenta beysamen sein / vnd im rechten gebrauch gehe̅ / da hat
Gott sein Herd vnd Fewer / Esa: 31. vnd samlet jhm eine Kirche zum ewigen Leben
/ Vnd kan vnd sol ein Christe auff solche zusagung des heiligen Euangelij / die
einem jeden in der Absolution vnd heiligen Sacramenten der Tauff vnnd des H.
Nachtmahls zugeeignet wird / sich gewiß vnd fest verlassen. Denn wie die
Gesetzpredigt GOttes rechter ernst ist / also meinet ers auch / wenn er vns
durch Christum vergebung der Sünden im Wort vnd Sacramenten verheist vnd
anbeut.
Derhalben muß auch ein jeglicher / der da gedenckt selig zu werden / sich vnter
der Zahl getaufften Christen / da GOttes Wort geprediget wird / finden lassen /
vnd
|| [ID00019]
dasselbige gern vnd fleissig
hören / cum nullum maius sit signum praedestinationis quàm frequens auditus
verbi diuini, wie Gregorius dauon redet / Es ist kein gewisser Zeichen vnser
Versehung zum ewigen Leben / als hertzliche lust vnd lieb zu GOttes Wort. Denn
so sagt Christus Joh: 10. Meine Schaffe hören meine Stimme / vnd ich gebe jhnen
das ewige Leben. Item Wer auß GOtt ist / der höret GOttes Wort / Joh: 8. Selig
sind / die GOttes Wort hören vnd bewahren / Luc: 11. Darumb schreibet Gregorius
abermahl recht / Omnes qui viam vitae desiderant, verba vitae audiant.
Von den Verechtern aber des Worts vnd der Sacramenten / stehet Actor: 13. das sie
sich selbest des ewigen Lebens nicht werth achten. Denn sie verachten GOttes
Rath wieder sich selbest / Luc: 7. Cap.
Zum vierden Stehet aber Matth: 22. Viel sind beruffen / aber wenig außerwehlet.
Denn ob wol GOtt die Seligkeit durch Christum erworben / allen vnd jeden
Menschen im Wort anbeut. So mangelts doch daran / das wirs auß eignen Krefften
nicht verstehen / ergreiffen / noch annehmen können. Wie S. Joh: hirüber klagt
Cap: 1. Das Liecht schein in die Finsternus / aber die Finsternus habens nicht
ergriffen. Denn die Welt kan durch jhre Weißheit GOtt in seiner Weißheit nicht
erkennen / sondern helt sie für eine Torheit / 1. Cor: 1. Cap: Derwegen gehört
auch darzu ein warer lebendiger Glaube / als vnser Handt / damit vnd dadurch wir
das
|| [ID00020]
jenige / so vns GOtt in seinem
Wort vnd Sacramenten anbeut vnd außthellet / ergreiffen vnd vnser machen. Dieser
Glaub gibt vns nu die vierde Stuffen an dieser Himmelsleitern. Welche er
beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht / Das ist / welche er zum ewigen
Leben hat versehen / die lest er nicht allein dar zu beruffen vnd laden /
sondern eröffnet auch jhre Hertzen durch den H. Geist / das sie es gleuben vnd
annehmen / vergibt jhnen die Sünde / vnd macht sie also auß Genaden gerecht /
wie denn nachfolgende Sprüche solchs erkleren.
Abraham hat GOtt gegleubet / vnd das ist jhm zur Gerechtigkeit gerechnet worden /
Gen: 15. 17. Rom: 4. Gall: 4. Mein Knecht der gerechte / wird durch sein
Erkentnus viel gerecht machen / Esa: 53. Der Gerechte lebt seines Glaubens /
Hab: 2. Thut busse / vnd gleubt dem Euangelio / Marc: 1. Wer da gleubet vnd
getaufft wird / sol selig werden / Cap: 16. Wer an den Sohn GOttes gleubet /
wird nicht verlohren / sondern hat das ewige Leben / Joh: 3. vnd 5. Er gab macht
GOttes Kinder zu werden / die an seinen Namen gleuben / Joh: 1. Selig sind die
nicht sehen vnd gleuben / Item Durch den Glauben an Christum / haben wir das
ewige Leben / Joh: 20. Wer an Christum gleubet ist gerecht / Item So viel jhr
zum ewigen Leben verordnet waren / die wurden gleubig / Actor: 13. Die
Gerechtigkeit kömpt durch
|| [ID00021]
den Glauben
an JEsum Christum / zu allen / vnd auffalle die da gleuben / Rom: 13. Summa ohne
Glauben ist vnmüglich Gott gefallen / sagt die Epist: Heb: Cap: 11. Wiltu
derwegen wissen / ob du zum ewigen Leben versehen seist / so prüfe dein Hertz /
ob du im Glauben seist oder nicht / vnd erkenne ob Jesus Christus in dir ist /
2. Cor: 13. Denn wer da gleubet an den Sohn GOttes / der hat solch Zeugnus bey
jhm / 1. Joh: 5. Das ist / er ist gewiß / das er ein Kind des ewigen Lebens sey
/ nach dem Außspruch Christi Joh: 3. Wer an den Sohn GOttes gleubet / der hat
das ewige Leben / wer dem Sohn Gottes nicht gleubet / der wird das Leben nicht
sehen / sondern der Zorn GOttes bleibet vber jhm. Item Es ist nichts
verdamliches an denen / die in Christo JEsu sind / Rom: 8. Ob auch wol ein
Mensch in hohen Anfechtungen bißweilen den Glauben nicht fühlet / vnd mit dem 3.
Psalm saget / Ich bin von deinen Augen verstossen / So sol er doch sich in die
verheissung des Euangelij wickeln / vnnd sich daran fest halten / wie wir
pflegen zu singen / Sein Wort laß dir gewisser sein / vnd ob dein Hertz sprech
lauter nein / etc.
Wiewol aber der Glaube nicht vnser / sondern GOttes Werck ist / Joh: 6. Der
theilet das Maß des Glaubens auß / Rom: 12. Vnd wircket in vns das wollen vnd
vollenbringen / Phil: 2. Daher auch S. Paulus schreibet / Eph: 1. Wir glauben
nach der wirckung seiner mechtigen Stercke / Das ist / es gehört eine mechti
|| [ID00022]
ge genade vnd krafft
Göttes darzu / wenn des Menschen Hertz vber die Vernunfft vnd wieder die
erfahrung etwas gleuben sol: So hat doch GOtt hierzu gewisse Mittel geordnet /
dadurch er den Glauben in vns anzündet vnd wircket / Nemblich das Wort vnd die
H. Sacramenta / welches ein Mensch fleissig hören vnd gebrauchen muß / wenn er
wil bekert vnd selig werden. Prediget das Euangelion allen Creaturen / spricht
Christus Marci 16. vnd teuffet sie im Namen des Vaters / vnd des Sons / vnd des
heiligen Geistes. Wer da gleubet vnd getaufft wird sol selig werden. Der Glaub
kömpt auß dem gehör / Rom: 10. Actor: 10. Felt der heilige Geist auff alle / die
der Predigt Petri zuhöreten. Darumb sagt der heilige Geist / Apoc: 3. Sey
flleissig vnd thue busse: Sihe ich stehe vor der Thür vnd klopffe an / so jemand
meine Stimme hören wird / vnd die Thür auffthun / zu dem werde ich eingehen /
vnd das Abentmahl mit jhm halten / vnd er mit mir. Von den Verechtern aber des
Göttlichen Worts vnd der Sacramenta siehet / Das sie GOttes Abendmahl nicht
schmecken sollen / Luc: 14. Das ist / Sie verlieren entweder das Wort von der
Cantzel: oder werden mit Blindheit geschlagen: das sie mit jhren Augen nicht
sehen / noch hören mit jhren Ohren / noch verstehen mit jhren Hertzen / vnd sich
bekehren vnd genesen / Esa: 6. Cap.
Zum fünfften. Weil aber der Glaub im Hertzen ein verborgen Liecht ist / das man
nicht anderst sehen kan /
|| [ID00023]
als auß den
Wercken. Derhalben ist nötig / das wir noch eine Stuffen weiter hinunter steigen
/ vnd auß den Früchten vrtheilen / wie der Baum geartet sey. Denn welche GOtt
hat beruffen / die hat er auch gerecht gemacht / sagt Paulus / verstehe also /
das er jhnen nicht allein Christi Gerechtigkeit durch den Glauben zurechnet /
vergibt jhm die Sünde / vnd nimpt sie zu seinen Kindern auff vnd an / Gal: 3.
Sondern begabt sie auch mit dem H. Giist / der sie newgebiert vnd heiliget / das
sie der Sünden absterben / vnd der Gerechtigkeit leben / Rom: 6. Durch den Geist
des Fleisches gescheffte tödten / vnd im Geist wandelen / Rom: 8. Das sie den
alten Menschen ablegen / vnd den newen anziehen / der nach GOtt geschaffen ist /
in rechtschaffener Heiligkeit vnd Reinigkeit / Eph: 4. Col: 3. Das sie nicht die
Welt lieb haben / noch was in der Welt ist / 1. Joh: 2. Sondern nach dem der sie
beruffen hat / vnd heilig ist / auch heilig sein / in alle jhrem wandel / 1.
Pet: 1. Verleugnen das vngöttliche Wesen / vnd die Weltliche Lüste / vnd züchtig
/ gerecht vnd gottselig leben in dieser Welt / Tit: 3. Ziehen an als die
außerwehlten GOttes / heiligen vnd geliebten / hertzliches erbarmen / Coll: 3.
Behalten Glauben vnd gut Gewissen / 1. Tim: 1. Vnd beweisen / also das sie gute
Beume sein / vnd Ehrenpflantzen im Hause GOttes / erfüllet mit Früchten der
Gerechtigkeit / die durch Christum geschehen in jhnen / zu lob vnd Ehre Gottes /
Phil: 1.
|| [ID00024]
Denn ein böser Baum kan
nicht gute Früchte bringen / vnd ein guter Baum kan nicht böse Früchte bringen /
sagt Christus Matth: 7.
Daher haben wir in der Schrifft so viel ernste Vermahnung zu guten Wercken. Als
Matth: 5. Lasset ewer Liecht leuchten für der Welt. Luc: 3. Thut rechtschaffene
früchte der Busse. Eph: 4. Wandelt wie sichs gebü ret wirdiglich ewrem Beruff.
Nun hat vns aber GOtt nicht beruffen zur Vnreinigkeit / sondern zur Heiligung /
1. Thess: 4. Vnd wir sind sein Werck / geschaffen in Christo JEsu / zu guten
Wercken / das wir darinnen wandeln sollen / Item Er hat vns erwehlt in Christo /
das wir sollen sein vnsträfflich in der Liebe / Eph: 1. Daher vermahnet Petrus /
das wir sollen fleiß anwenden / durch die Werck vnsern beruff vnd erwelung fest
zu machen: 2. Pet: 1.
Nicht zwar das wir auff vnser Werck groß fussen / oder auß denselbigen ein
verdienst der Seligkeit machen wolten: Sondern weil sie sind eine Frucht des
Glaubens / dabey wir die Kinder GOttes kennen / auch selbest neben dem
inwendigen Zeugnus / so der Geist GOttes vnserm Geiste gibt / abnehmen vnd
schliessen können / ob wir Christum / der vns dann nicht allein zur
Gerechtigkeit / sondern auch zur Heiligung / von GOtt gemacht ist / mit dem
Glauben zum ewigen Leben recht ergriffen haben oder nicht. Denn welche der Geist
GOttes treibet / die sind Kinder / Rom: 8. Vnd welche Christum
|| [ID00025]
angehören / die creutzigen jhr
Fleisch sampt den Lüsten vnd Begierden / Gall: 5. Vnd das wil auch Christus /
wenn er sagt Joh: 15. Ihr habt mich nicht erwehlet / sondern ich habe euch
erwehlet / das jhr hingehet vnd Früchte bringet. Gleich wie der Rebe kan keine
Früchte bringen von jhm selber / er bleibe denn im Weinstock: Also auch jhr /
jhr bleibet denn in mir / wer in mir bleibet / vnd ich in jhm / der bringet viel
Füchte. Damit stimpt S. Johannes 1. Joh: 3. Wer auß GOtt geboren ist / der thut
nicht Sünde / denn sein Same bleibet bey jhm / vnd kan nicht sündigen / denn er
ist von GOtt geboren. Daran wirds offenbar / welche die Kinder GOttes / vnd die
Kinder des Teuffels sind. Wer nicht recht thut / der ist nicht von Gott / vnd
wer nicht seinen Bruder lieb hat. Item / Daran erkennen wir / das wir auß der
Warheit sind / vnd können vnser Hertz für jhm stillen / das so vns vnser Hertze
verdammet / das GOtt grösser ist denn vnser Hertz / vnd erkennet alle ding. Ihr
lieben / so vns vnser Hertze nicht verdammet / so haben wir eine frewdigkeit zu
GOtt / Vnd was wir bitten / werden wir von jhm nehmen / denn wir halten seine
Gebot / vnd thun / was für jhm gefellig ist.
Es haben zwar die Heilige auch jhre Feile / vnd müssen teglich vmb vergebung der
Sünden bitten / Ps: 32. Denn wo wil man einen Reinen finden / da kein Reiner ist
/ Hiob 14. Der Gerechte felt des Tages sieben mahl / Prov: 24. Aber er stehet
durch wahre Buß wiederumb auff / vnd kempffet wieder das Fleisch / darumb
schadets
|| [ID00026]
jhm nichts. Iustus enim in
peccatum lapfus, cum poenitentiam egerit appellationem justi nequaquam amittit,
schreibet Augustinus. Wenn der Gerechte felt / so wird er nicht weggeworffen /
denn der HErr erhelt jhr bey der Handt / Psal: 73. vnd richtet jhn wieder auff /
Vergibt jhm die Sünde / vnd nimpt nicht allein das schwache Füncklein des
Glaubens zu Genaden an: Sondern wil auch den anfang vnd vorsatz der Busse / sich
durch Christum gefallen lassen.
Darumb fasset alhier S. Paulus beyderley Gerechtigkeit zusammen / die
Gerechtigkeit des Glaubens / dadurch wir allein für GOtt bestehen / Vnd die
Gerechtigkeit des newen Gehorsambs vnd guten Gewissens / die auß der ersten
folget / in welchen beyden wir vns vben müssen / wenn wir gedencken eine gute
Ritterschafft zu vben / vnd nicht Schiffbruch vnsers Christenthumbs leiden
wollen / 1. Thim: 1.
Zum sechsten / Wen̅ nu also ein Christ durch den Glauben gerecht
worden / vnd in den Lauff der Gottseligkeit getreten ist / So folget / das er
auch muß durchs Creutz dem Ebenbilde Christi ehnlich werde̅ / sagt
vnser Text: Welche er zuuor versehen hat / die hat er auch verordnet / das sie
gleich sein sollen dem Ebenbilde seines Sohns. Item / Der Geist GOTtes gibt
Zeugnus vnserm Geist / das wir GOttes Kinder sein. Sind wir denn Kinder / so
sind wir auch Erben / nemlich
|| [ID00027]
GOttes
Erben / vnd Miterben Christi / so wir anders mit leiden / auff das wir auch mit
zur Herrligkeit erhaben werden / Rom: 8. Darumb stellet Christus seinen Jüngern
einen solchen Articulsbrieff. Wer mein Jünger sein wil / der verleugne sich
selbest / vnd nehme sein Creutz auff sich teglich / vnd folge mir nach / Luc: 9.
Marc: 8. Item Wer nicht sein Creutz auff sich nimpt / vnd folget mir nach / der
ist mein nicht werth / Matth: 10.
Vnd also ist das liebe Creutz auch ein Ken̅zeichen der Kinder
GOttes / vnd des HErren Christi Hofffarbe / darein er seine Diener pflegt zu
kleiden / darmit man sie für andern Gottlosen dieser Welt kennen könne. Welche
gemeiniglich bey guten Tagen alt werden / vnd kaum ein Augenblick für der Hellen
erschrecken / Hiob 24. Item das er sie auch der hinterstelligen Sünd im Fleisch
erinnere / in seiner Furcht vnd steter Buß erhalte / jhren Glauben / Gedult vnd
Hoffnung prüfe / zum Gebet erwecke / vnd dieser schnöden Welt müde mache. Er
prüfet sie / ob sie sein werth sein / sagt das Buch der Weißheit / Cap: 3. Daher
ist das Sprichwort / Proximus Deo proximus flagello, Welchen der HErr lieb hat /
den züchtiget er. Er steupet aber einen jeglichen Sohn / den er auffnimpt. So
jhr die Züchtigung erduldet / so erbeut sich euch GOtt als Kindern / seyd jhr
aber ohne Züchtigung / so seyd jhr bestarte vnd nicht Kinder / stehet Heb: 12.
Der Gerechte muß viel leiden / Psal: 34. Alle die da wollen gottselig leben in
Christo Jesu / müssen Verfolgung leiden / 2. Tim: 3.
|| [ID00028]
Daher sagt Raphael zu Tobia / Weil du
GOtt lieb warest / so muste es so sein / ohn Anfechtung mustestu nicht bleiben /
auff das du beweret würdest / Tob: 12. Summa Nullus seruus Christi est sine
tribulatione, si putas te non habere persecutionem nondum caepisti esse
Christianus schreibet Augustinus.
Wer zum Himmel ist geborn /
Den stechen alhie Disteln vnd Dorn.
GOtt speist die seinen mit Threnenbrod / vnd trencket sie mit grossen Maß voll
Threnen / Psal: 80.
Diß mustu nu mercken geliebter Christ / damit du dich die Hitze des Creutzes / so
dir begegnet / nicht befrembden lassest (die dir wiederfehret das du versuchet
werdest) als wiederführe dir etwas seltzames / Sondern frewe dich / das du mit
Christo leidest / auff das du auch zur zeit der offenbarung seiner Herrligkeit
Frewde vnd Wonne haben mögest / 1. Pet: 4. Cap: Denn hie ist der Trost / das wir
durchs Creutz / nicht allein dem Ebenbild Christi vnsers Heilandes ehnlich
werden / treten vnter se in Fehnlein / vnd tragen seine Mahlzeiten an vnserm
Leibe / Gall: 6. Welches für sich selbest eine grosse Herrligkeit vnd Ehre ist:
Sondern wir sollen auch / als seine Commilitones seiner ewigen Herrligkeit mit
geniessen / Vnd wie er selbest ist durchs Leiden zu seiner Herrligkeit eingangen
/ Also sol vns auch dieser zeit leiden die vnterste vnd letzte Stuffe vnd der
negste Grad sein / dauon wir auß dem Todt ins Leben / auß der Helle in den
Himmel /
|| [ID00029]
auß aller zeitlichen Trübsal
/ zu jhm in die ewige Frewd vnd Seligkeit schreiten. Laut des Spruchs / 2. Tim:
2. Sterben wir / so werden wir mit jhm leben / dulden wir / so werden wir mit
herschen. Das meint der Apostel hier / da er sagt: Welche er hat gerecht gemacht
/ die hat er auch herrlich gemacht / Das ist / er hat sie verordnet / das sie
nach dieser angsthafften marterung / bey jhm die ewige Frewd vnd Seligkeit
besitzen sollen. Inmassen er selbest sie darauff vertröstet / Luc: 22. Ich wil
euch das Reich bescheiden / wie mir mein Vater bescheiden hat. Item Vater ich
wil das wo ich bin / meine Diener auch sind / die du mir gegeben hast / auff das
sie meine Herrligkeit sehen mögen / Joh: 17.
Was nun dieses für eine Herrligkeit sein werde / können wir in diesem Leben nicht
verstehen. Denn es hats kein Auge gesehen / vnd kein Ohr gehöret / ist auch in
keines Menschen Hertz kommen / was Gott bereitet hat / den jenigen die jhn
lieben / 1. Cor: 2.
Es gehet zwar vnsere Seligkeit etlicher massen in diesem Leben mit vns an / in
dem das vns Gott durch Christum / auß genaden zu Kindern vnd Miterben Christi
annimpt / vnd gibt vns zum Pfande den H. Geist / Rom: 8. 2. Cor: 1. Eph: 1. Das
wir wol mit S. Johanne sage̅ mögen / Seht welch ein Liebe hat vns
der Vater erzeiget / das wir GOttes Kinder heissen sollen / 1. Joh: 3. Daher
sind wir auch jtzo schon selig: Aber in hoffnung / Rom: 8. Es
|| [ID00030]
ist noch nicht erschienen was wir
sein werden / wir wissen aber wenn es erscheinen wird / das wir jhm gleich sein
werden / denn wir werden jhn sehen wie er ist / 1. Joh: 3. Vnd wie wir haben
getragen das Bildt des Irdischen / also werden wir tragen das Bildt des
Himlischen / 1. Cor: 15. Hie sind wir gestorben / vnd vnser Leben ist verborgen
mit Christo in GOtt: Wenn aber Christus vnser Leben sich offenbahren wird / so
werden auch wir mit jhm offenbahr werden in der Herrligkeit / Coll: 3. Da wird
erfüllet werden / das geschrieben stehet / Esa: 66. Frewet euch mit Jerusalem /
vnd seyd frölich vber sie / alle die jhr sie lieb habet / frewet euch mit jhr /
alle die jhr trawrig vber sie gewesen seyd / denn dafür sollet jhr saugen vnd
satt werden / von den Brüsten jhres Trostes / vnd euch ergetzen von der fülle
jhrer Herrligkeit. Vnd das Dauid singet / Psal: 71. HErr du lessest mich
erfahren viel vnd grosse Angst / vnd machest mich wieder lebendig / Vnd holest
mich wieder auß der tieffe der Erden herauff / du machest mich sehr groß / vnd
tröstest mich wieder. Da wird vns GOtt trösten / wie eine Mutter jhr Kindt
tröstet / vnd abwischen alle Threnen von vnserm Angesicht / Esa: 66. vnd 25.
Cap:
An solche vorstehende ewige Frewd / sollen wir stets gedencken / vnd wie Christus
selbest sich wieder sein Passion vnd Todt damit tröstet / das ers ein Gang zum
Vater nennet. Also sol auch vns vnser Leiden vnd Todt ein gewünschter Weg sein /
De labore ad refrigenium: de expe
|| [ID00031]
ctatione ad praemium: de agone ad Brauium: de morte ad vitam: de
peregrin atione ad quietem: de mundi huius exilio ad veram patriam, wie
Bernhardus schreibet. Ein Beschluß vnd Endschafft alles Jammers in der Welt /
vnd Anfang aller Frewde: Da wir kommen von der Arbeit zu der Erquickung / von
der Hoffnung zu̅ Besitz / vom Kampff zur Belohnung / vom Todt zum
Leben / von der Wallfart zur Ruhe / von dem Elend dieser Welt zum rechten
Vaterlandt. Petrus nennets 1. Eph: Cap: 1. Ein vnuergengliches / vnbeflecktes
vnd vnuerwelcklich Erb / das behalten wird im Himmel / vns die wir auß GOttes
macht / durch den Glauben bewahret werden zur Seligkeit / welche zubercitet ist
/ das sie offenbahr werde zur letzten zeit / in welcher wir vns frewen werden /
die wir jtzt eine kleine zeit trawrig sein / in mancherley Anfechtung / auff das
vnser Glaube rechtschaffen vnd köstlicher erfunden werde / denn das
vnuergengliche Goldt / das durchs Fewr bewehret wird / zu Lob Preis vnd Ehre /
Wenn nu offenbahret wird JEsus Christus / etc. da wir vns frewen werden / mit
herrlicher vnd vnaußsprechlicher Frewde / vnd das ende vnsers Glaubens dauon
bringen / vnser Seelen Seligkeit.
Mit diesem Trost vnd seliger hoffnung / haben alle Heiligen GOttes jhr Creutz
vberwunden. Wie die Epistel Heb: Cap: 11. zeuget. Denselben ergreifft auch S.
Paulus / 2. Tim: 4. Hinfurt ist mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit /
welche mir der HERR JEsus
|| [ID00032]
an jenem
Tage geben wird. Item Der HErr JEsus wird mich erlösen von allem Vbel / vnd
außhelffen zu seinem Himlischen Reich: Welchem sey Ehre von ewigkeit zu ewigkeit
/ Amen.
Das sind also die 6. Stuffen vnser Seligkeit / von Gott selbest erbawet / dadurch
er mit seinen Wolthaten Rath vnd Willen zu vns hinab kömpt / vnd wiederumb auch
wir mit vnsern Gedancken / zu jhm hinauff steigen müssen / wenn wir etwas
gewisses von vnser Versehung zum Leben schliessen wollen. Wie dauon im folgenden
Stück wird bericht geschehen.
Der Ander Theil.
ZVm Andern / müssen wir auch lernen / wie wir vns diesen Spruch sollen zu nutz
machen. Denn es sind viel Leute / die meinen / das man die Lehre von der ewigen
Versehung für dem gemeinen Mann nicht handeln sol: Dieweil sie zu tieff ist /
vnd die Leut entweder sicher machet / oder zur Verzweiffelung treibet. Aber
dieser beysorge darffs nicht. Denn weil Christus selbest vnd die Apostel diesen
Articul in jhren Predigten vnd Schrifften handeln / hat er freilich nichts
gefehrliches noch schedliches in sich / sondern gibt vns vielmehr außbündigen
Trost vnd nothwendige Erinnerung / wenn man jhn nach außwei
|| [ID00033]
sung des Göttlichen Worts
bescheidentlich vnd vorsichtig in der Furcht GOttes betrachtet.
Denn erstlich gibt er vns ein starck Zeugnis / der güte vnnd leutseligkeit GOTtes
/ das er als ein rechter Menschenfreund vnd liebhaber des Lebens / nicht
gefallen hab an des Menschen verderb / sondern das er sich bekehre vnd lebe /
Wie ers selber mit einem hoben Eyd betewret / Ezech: 33. Solches hat er im Werck
damit bewiesen / das er nicht allein anfangs den Menschen zum Leben / nach
seinem Ebenbild / heilig gerecht vnd fromb erschaffen / vnd mit allen Gaben
dermassen zugerichtet / das jhm nichts zur ewigen Seligkeit gemangelt / Sondern
auch da er seinen Fall zuuor gesehen / das er seines freyen willens mißbrauchen
/ vnd von GOtt abfallen würde / hat er für jhn gesorget / vnd auff wege gedacht
/ wie er jhm auß Todt vnd Verdamnus wieder helffen möchte. Darumb hat er jhm zu
seiner wiederbringung / nicht schlecht einen Engel deputiret / sondern seinen
eingebornen Sohn / nicht schlecht das er vmb seinet willen / als ein Gast in die
Welt keme / Sondern das er Mensch würde / lidde den Todt / vnd büssete durch ein
volnkommen Zahlopffer aller Welt Sünde / lest auch dauon in aller Welt predigen
/ vnd wil alle die jenigen / die es mit Glauben annehmen / auß Genaden ewig
selig machen. Wie denn Christus solches alles fein zusamen fasset in den
güldenen Spruch Joh: 3. Also hat GOtt die Welt geliebet / das er seinen einigen
Sohn dahin gab / auff das alle die an jhn gleuben / nicht
|| [ID00034]
verlohren werden / sondern das ewige
Leben haben. Denn GOtt hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt / das er die
Welt richte / sondern das die Welt durch jhn selig werde / Wer an jhn gleubet /
der wird nicht gerichtet / wer aber nicht gleubet / der ist schon gerichtet /
etc.
Was könte oder solte doch GOtt mehr bey vns thun? Das wir wol billich mit Mose
sagen mögen / Ach wie hat er die Leute so lieb / Deut: 32. Cap. HErr was ist der
Mensch / das du dich sein so annimpst? Vnd des Menschen Kindt / das du jhn so
achtest / Psal: 144.
Daher weiß auch die Schrifft nicht / mit was Worten sie solche güte GOttes
genungsam beschreiben vnd rhümen sol. Damit preiset GOtt seine Liebe gegen vns /
das Christus für vns gestorben ist / da wir noch Sünder waren / so werden wir je
vielmehr durch jhn behalten werden für dem Zorn / nach dem wir durch sein Bluth
gerecht worden sind / Rom: 5. Tit: 3. Nennets der Apostel eine erscheinung der
Freundligkeit vnd Leutseligkeit GOttes. Item superabundantes diuitias gratiae,
Eph: 2. Vberschwenglichen Reichthumb der Genad vnd Barmhertzigkeit GOttes / der
vns durch seine grosse Liebe / damit er vns geltebet hat / da wir todt waren in
Sünden / sampt Christo hat lebendig gemacht / vnd sampt jhm in das Himlische
wesen gesatzt / etc.
Darumb hat er freilich nicht schuldt an vnser Verdamnus / Sondern wil das allen
Menschen geholffen werde / vnd zur erkentnis der Warheit kommen / 1. Tim: 2.
|| [ID00035]
Er wil nicht das jemand verlohren
werde / sondern das sich jederman zur Busse kehre / 2. Pet: 3.
Das aber dennoch so viel Menschen verdampt werden / kömpt nicht von Gott her /
der hat den Todt nicht gemacht / vnd hat nicht lust am verderben der Lebendigen
/ sagt das Buch der Weißheit Cap: 1. Denn er liebet alles das da ist / vnd
hasset nichts was er gemacht hat / Er hat auch nichts bereitet / da er Haß zu
hette / Er erbarmet sich vber alles / vnd vbersiehet der Menschen Sünde / das
sie sich bessern sollen / Sap: 11. Cap: Sondern es geschicht durch des Menschen
eigene schuldt vnd willen. Weil er nicht allein anfenglich selbest freywillig /
durch die Sünde sich von GOtt abgewendet / vnd des Teuffels Knecht worden:
Sondern auch nach dem jhm GOtt seinen Sohn geschencket / der der gantzen Welt
Sünde gebüsset / vnd durch sein Verdienst allen Menschen vergebung der Sünden /
Leben vnd Seligkeit / im Euangelio anbieten lest: Verachtets der meiste theil:
Beut GOtt den Rücken / ist dem Euangelio JEsu Christi nicht gehorsamb / Rom: 10.
Wil nicht kommen / wenn er zur Himlischen Mahlzeit geladen wird / Luc: 14.
Liebet das Finsternis mehr denn das Liecht / Joh: 1. Wiederstehet dem H. Geist
vnd verbittert jhn / durch verachtung vnd verfolgung des Göttlichen Worts /
Vnglaube / Vnbußfertigkeit / Heucheley vnd Sicherheit / Act: 7. Esa: 64. Wil der
Warheit nicht gleuben / sondern hat lust an der Vngerechtigkeit / 2. Thes: 2.
Vnd stösset also die angebo
|| [ID00036]
tene Genad von sich / vnd achtet sich des ewigen Lebens nicht werth /
Act: 13. Wie denn GOtt selbest in der Schrifft hin vnd wieder solche vrsach
anzeucht / vnd darüber klaget. Als Deut: 32. Trew ist GOtt / vnd kein böses an
jhm / gerecht vnd fromb ist er / vnd alles was er thut das ist recht / aber die
verkerte vnd böse Art felt von jhm abe. Esa: 65. Ich recke meine Hende auß den
gantzen Tag / zu einem vngehorsamen Volck / das seinen Gedancken nachwandelt
auff einem Wege der nicht gut ist / ein Volck das mich entrüstet: Sie sahen vnnd
fühleten meine Werck / da ich viertzig Jahr mühe mit jhnen hatte / vnd sprach /
Es sind Leute / deren Hertz jmmerdar den Irrweg wil / vnd die meine Wege nicht
lernen wollen / Psal: 95. Johan 3. Das ist das Gericht / daß das Liecht in die
Welt kommen ist / vnd die Menschen liebeten die Finsternis mehr denn das Liecht
/ Matth: 23. Ich habe deine Kinder versamlen wollen / wie eine Henne versamlet
jhre Küchlein vnter jhre Flügel / vnd jhr habt nicht gewolt. Darumb ist auch
jhre Verdamnus recht / Rom: 3. Vnd wird sie am Jüngsten tag / jhr eigne Boßheit
vberzeugen vnd verdammen / Jer: 2.
Bey diesem einfeltigen Bericht lassen wirs bleiben / vnd setzen andere vnnötige
Fragen beyseits / Warumb GOtt Adams Fall nicht verhütet. Item warumb er nicht
alle Menschen / erwehle / bekehre / gerecht vnd selig mache: Denn was gehen vns
die an / die draussen sind / die vngleubige blinde Heyden / Türcken vnd andere
Völ
|| [ID00037]
cker / so GOtt vmb
jhrer Vorfahren vnd eigner Sünde willen / mit dem Liecht seines Worts vorbey
gehet / lesset sie jhre eigne Wege gehen / Act: 14. Vnd in der Finsternis /
darin sie sich selbest gestürtzt sitzen: Weil wir wissen / das GOtt niemand mit
vnrecht verdammet / vnd der Allmechtige das Recht nicht beuget / Hiob 34. Vnd
das er durch seine Versehung / vns nicht eine Leiter zur Hellen / sondern zum
Himmel erbawet hat / dannenher kan niemand selig werden / ohn allein durch seine
Genad / vnd obberürte von jhm dazu verordnete Mittel: Gleich wie auch im
gegenthell niemand / ohn durch sein eigne schuldt vnd beraubung / oder
verachtung gedachter Mittel verdammet wird / Laut des Spruchs Hos: 13. Perditio
ex te Israel, ex me vero salus tua, Israel du bringest dich in Vnglück / aber
dein Heil stehet allein bey mir.
So aber hierüber jemandes weiter mit GOtt disputieren vnnd zancken wolt.
Demselben mag Hiob antworten Cap: 34. Es wird niemand gestattet / das er mit
GOtt rechte / Item S. Paulus Rom: 9. Wer bistu Mensch / das du mit GOtt rechten
wilt? Spricht auch ein Werck zu seinem Meister / warumb machstu mich also? Hat
nicht ein Töpffer macht auß einem Klumpen zu machen / ein Faß zu Ehren / das
ander zu Vnehren? Derhalben da GOtt wolte Zorn erzeigen / vnd kundt thun seine
Macht / hat er mit grosser Gedult getragen die Gefesse des Zorns / die da
zugerichtet sein zur Verdamnus / auff das er kundt thete / den Reichthumb seiner
Herrlig
|| [ID00038]
keit / an den
Gefessen der Genaden / die er bereitet hat zur Herrligkeit.
Vns ist genung / das GOtt vns berufft durch sein Wort / ist auch durch dasselbe /
durch seinen Geist in vns krefftig / welcher vnserm Geist Zeugnus gibt / das wir
GOttes Kinder sein / Rom: 8. Darauß können wir schliessen / das wir zum Leben
erwehlet sein / vnd sagen mit Paulo / GOtt hat vns nicht gesatzt zum Zorn /
sondern die ewige Seligkeit zubesitzen / durch vnsern HErren Jesum Christ / 1.
Thes: 5. Welchem auch dafür Lob vnd Danck sey in alle Ewigkeit.
Zum andern / wird vns auch die Lehr von vnser Rechtfertigung für GOtt / in diesem
Articul gewaltig gegründet / das wir ohn alle vnsere vorgehende oder folgende
Werck / Verdienst vnd Wirdigkeit / durch die lautere vntzerdienete Genad vnd
Barmhertzigkeit GOttes / gerecht vnd selig werden / Wie nachfolgende Sprüche
klärlich außweisen. Er hat vns beruffen mit einem heiligen Ruff / nicht nach
vnsern Wercken / sondern nach seinem Vorsatz vnd Genade / die vns gegeben ist in
Christo JEsu / vor der zeit der Welt / 2. Tim: 1. Er hat vns verordnet zur
Kindschafft gegen jhm selbest / nach dem wolgefallen seines willens / zu lob
seiner herrlichen Genade / durch welche er vns hat angenehm gemacht in den
Geliebten / Eph: 1.
Drumb sind wir auß Genaden selig worden / durch den Glauben / vnd derselbe nicht
auß vns / GOttes
|| [ID00039]
Gabe ist es / nicht
auß den Wercken / damit sich nicht jemandes rühme / Eph: 2. Vt totum detur Deo
quoniam nihil est nostrum, sagt Augustinus / Damit jhm der Rhum vnd Danck vnser
Seligkeit allein bleibe / beyde was den Anfang / das Mittel vnd Ende anlanget.
Denn wie er vns auß Genaden erwehlet hat / in Christo / vor den zeiten der Welt
/ da wir noch nichts gewesen sein / Also hat er vns auch / da wir verdampte
Sünder vnd seine Feinde waren / aus Genaden seinen Sohn geschencket / auß
Genaden lest er vns die Seligkeit im Euangelio anbieten / auß Genaden gibt er
vns den Glauben / damit wirs ergreiffen: Auß Genaden macht er vns gerecht vnd
heilig / auß Genaden schenckt er vns das ewige Leben. Darinne er nicht vnsere
Vordienst / sondern seine Gaben in vns / belohnet vnd krönet. Vnd also waltet
hier nichts / denn eitel Genad vnd Güte / Das wir wol billich mit S. Paulo auß
dem 11. Cap: an die Römer sagen mögen / O welch ein tieffe des Reichthumbs /
beyde der Weißheit vnd Erkentnus GOttes / Wie gar vnbegreifflich sind seine
Gerichte / vnd vnerforschlich seine Wege. Denn wer hat des HErrn Sinn erkandt?
Oder wer ist sein Rathgeber gewesen? Oder wer hat jhm etwas zuuor gegeben / das
jhm werde wieder vergolten? Denn von jhm / vnd durch jhn / vnd in jhm sind alle
ding. Ihm sey Ehre in ewigkeit / Amen.
Was den Trost anlanget / stehet derselbige darinnen / das / weil vnsere Seligkeit
sich allein auff GOttes
|| [ID00040]
Genad vnd
ewige Versehung gründet / so dürffen wir daran destoweniger zweiffeln / wie wir
denn würden thun müssen / wenn wir auff vns oder einigen Menschen sehen / vnd
mit vnsern wollen vnd lauffen / das ewige Leben verdienen solten. Dieweil wir
leider arme Sünder sein / vnd fühlen die Sünde in vns / wie sie vns offt zu
falle bringet / Also / das auch der Gerechte des Tages sieben mahl felt / Prov:
24. Viel weniger haben wir vns für dem Teuffel zu fürchten / ob er wol vmb vns
herschleicht / mit auff gesperretem Rachen / als ein brüllender Lewe / das er
vns verschlingen möge / Sondern können vielmehr getrost / mit grosser
frewdigkeit auff diesen Grundt pochen / vnd sagen mit Paulo Rom: 8. Cap: Wer wil
die Außerwelten GOttes beschüldigen? GOtt ist hie / der da gerecht machet: Wer
wil verdammen? Christus ist hie / der gestorben ist / ja vielmehr der auch
aufferstanden ist / welcher ist zur rechten GOttes / vnd vertrit vns. Wer wil
vns scheiden von der Liebe GOttes / Trübsal oder Angst / oder Verfolgung / oder
Hunger / oder Blösse / oder Fehrligkeit / oder Schwerd / etc. Aber in dem allen
vberwinden wir weit / vmb des willen / der vns geliebet hat. Denn ich bin gewiß
/ das weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fürstenthumb / noch Gewalt /
weder gegenwertiges noch zukünfftiges / weder hohes noch tieffes / noch kein
ander Creatur / mag vns scheiden von der Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist
/ vnserm Heilande.
Hieher gehören die nachfolgende Trostsprüche /
|| [ID00041]
Joh: 10. Ich gebe meinen Schaffen das
ewige Leben / vnd sie werden nimmer mehr vmbkommen. Joh: 17. Vater ich habe der
keinen verlohren / die du mir gegeben hast. 2. Tim: 2. Der feste grundt Gottes
bestehet / vnd hat diesen Siegel / der HErr kennet die seinen. Ich habe dich in
meine Hende gezeichnet / Esa: 49. Die auff den HErrn hoffen / werden nicht
fallen / sondern ewig bleiben / wie der Berg Zion / Psal: 125. Wenn der Gerechte
felt / wird er nicht weg geworffen / denn der HErr erhelt jhn bey der Handt /
Psal: 37. Alle die im Buch geschrieben stehen / werden errettet werden / Dan:
12. Diese Sprüch allzumahl sind auß diesem Articul genom̅en / vnd
lehren vns / wie wir vns denselben zum Trost / wieder des Teuffels Boßheit / vnd
vnsere eigene Schwacheit sollen zu nutz machen: Also das wir gleichwol nicht
sicher dabey sein / noch der Sünden nachhangen / Sondern als das außerwehlete
Geschlecht vnd heiliges Volck verkündigen sollen / die Tugend / dessen / der vns
beruffen hat / von der Finsternus / zu seinem wunderlichen Liecht / 1. Pet: 1.
In guten Wercken wandeln / vnd damit vnsern Beruff gewiß machen / Eph: 1. 2.
Pet: 1. Vnd schaffen das wir selig werden / mit forcht vnd zittern / vnd in dem
nicht auff vns sehen / sondern auff GOtt / der in vns wircket / beyde das thun
vnd wollen / nach seinem wolgefallen / Phil: 2.
Es folget auch ferner hieraus der Trost / das sich GOtt seiner Außer wehlten
lieben Kinder auch in diesem Leben annehmen / sie trösten / schützen vnd auß
aller Noth
|| [ID00042]
genediglich erretten wolle
/ Laut des 91. Ps: Ich bin bey jhm in der Noth / etc. Esa: 41. vnd 43. Fürchte
dich nicht du Würmlein Jacob / denn ich erwehle dich / vnd verwerffe dich nicht
/ fürchte dich nicht / ich bin mit dir. Weiche nicht / denn ich bin dein GOtt /
ich stercke dich / ich helffe dir auch durch die rechte Handt meiner
Gerechtigkeit. Ich hab dich bey deinem Nahmen geruffen / du bist mein / denn so
du durchs Wasser gehest / wil ich bey dir sein / das dich die Ströme nicht
sollen erseuffen / etc. Wer euch antastet / tastet meinen Augapffel an / Ich wil
eine fewrige Mawr vmb euch sein / Zach: 2. So wenig als eine Mutter jhres Kindes
kan vergessen / so wenig kan er vnser vergessen / Esa: 49. Denn er hat alle Haar
auff vnserm Kopff gezehlet / vnd keines felt auff die Erden / ohn seinen willen
/ Matth: 10.
Wer das weiß / der kan sich in alles Creutz desto gedültiger schicken / vnd sagen
auß der 2. Cor: 4. Wir haben allenthalben Trübsahl / aber wir engsten vns nicht
/ vns ist bange / aber wir verzagen nicht / wir leiden Verfolgung / aber wir
werden nicht verlassen / wir werden vntergedrückt / aber wir kommen nicht vmb /
vnd tragen vmb allezeit das Sterben des HErren JEsu an vnserm Leibe / auff das
auch das Leben des HErren JEsu an vnserm Leibe offenbahr werde.
Entlich gibt vns diese Lehr auch eine normam judicij vnd Richtschnur / darnach
wir am sichersten von vnser Seligkeit vrtheilen können.
|| [ID00043]
Denn man findet viel Leute / die sich vnterstehen mit jhren Gedancken in den
Himmel zu fliegen / vnd forschen was doch GOtt wol in seinem geheimen Rhat / von
jhrer Seligkeit möge beschlossen haben. Solche thun eben / als wenn einer / ohne
Leitern vnd Treppen wolte einen hohen Thurm hinan steigen / der würde gewißlich
nicht allein nicht hinauff kommen / sondern auch wol in Gefahr stehen müssen /
das er hinab falle / vnd den Hals breche. Also gehets alle denen / die GOttes
verborgenen Willen / ausser dem geoffenbarten Wort / durch jhre Gedancken
außgrübeln vnd erreichen wollen. Denn wer schwer ding forschet / dem wirds zu
schwer / sagt Salomon Prov: 25.
Damit wir nu solche Gefahr nicht außstehen dürffen / hat vns GOtt selbest in
seinem Wort / durch den Apostel Paulum so eine schöne richtige Treppen gebawet /
dadurch er nicht allein mit seinen Gütern zu vns hinab kömpt / sondern auch wir
sicher mit vnsern Gedancken zu jhm hinauff steigen / Vnd weil wir forne sein
Angesicht nicht sehen können / jhn von hinten anschawen vnd ergreiffen können /
wie er selber sagt / Exod: 33.
Diese Treppen müssen mir durch die obgesetzte sechs Stuffen fein ordentlich hinan
steigen / also das wir keine Stuffen vberhüpffen noch außlassen / denn sie
hangen alle aneinander. Welche GOtt versehen hat / die hat er auch verordnet /
welche er aber
|| [ID00044]
verordnet hat / die
hat er auch beruffen / welche er beruffen hat / die hat er auch gerecht gemacht
/ welche er hat gerecht gemacht / die hat er auch herrlich gemacht / etc. Daraus
folget / Wer getaufft ist / vnd das heilige Göttliche Wort / darinne vns GOtt
zur Seligkeit beruffen / gerne höret / vnd mit Glauben annimpt / vnd seinen
Glauben in newem Gehorsamb / durch ein bußfertig Leben beweiset / vnd das Creutz
so jhm GOtt zuschickt gedüldig tregt / vnd mit hertzlichen verlangen in gutem
Gewissen / auff die aufflösung seines Leibes vnd ewige Seligkeit wartet / der
kan künlich höher steigen / seinen Fuß in den Himmel setzen / vnd schliessen /
das er nicht allein von GOtt versehen sey / sondern auch / das jhn GOtt in
wahrem Glauben erhalten werde biß an sein Ende / vnd entlich in jener Welt mit
Christo JEsu ewig herrlich machen. Laut des Spruchs / 1. Petri 5. Cap: Der GOtt
aller Genade / der vns beruffen hat zu seiner ewigen Herrligkeit in Christo JEsu
/ derselbige wird euch / die jhr eine kleine zeit leidet / wol bereiten /
stercken / krefftigen vnd gründen.
SO viel nu diese vnsere verstorbene Matron belanget / so wir jetzo zu jhrer
Ruhestette gebracht haben / sind wir zwar darumb nicht hier / das wir jhre
laudes lesen oder sie canonisiren wollen. Denn wir wissen wol / das sie auch
eine
|| [ID00045]
arme Sünderin gewesen / wie wir
alle sein / vnd sich allein gerümbt vnd rühmen müssen / des Creutzes JEsu
Christi / vnd sagen mit der Kirchen auß dem 26. Cap: Esa: HErr was ich guts
gethan habe / das hastu mir gegeben / Darumb gebüret nicht mir / sondern deinem
Nahmen die Ehre / Ps: 115. So bedarff sie auch meines Zeugnus gantz vnd gar
nichts: Dieweil keiner in dieser Kirch ist / der nicht ob jhrem Todt betrübt
were: Vnd solches aus keiner andern vrsache / als vmb jhres frommen
auffrichtigen Hertzens willen / dabey sie menniglich gekandt hat: Jedoch weil
ein guter Nahme / sich mit dem Leibe nicht begraben lest / vnd des Gerechten
nimmermehr vergessen werden sol / Ps: 112. Müssen wir auß schüldiger
Danckbarkeit jhr zu Ehren / vnd vns zum Exempel von jhrem Leben / vnd Abschied
auß dieser Welt ein wenig sagen.
Der eusserlichen Gaben / damit sie von GOtt reichlich angesehen gewesen / wollen
wir jtzo nicht gedencken / Denn Schönheit vnd Jugent sind Eitel / sagt der
Prediger 12. Cap: So hilfft auch Ehr vnd Gut nichts am Tage des Zorns / Prov:
11. Aber Gerechtigkeit errettet vom Tode. Ein Weib die den HErrn fürchtet / sol
man loben / Prov: 31. Die Furcht des HErren ist Ehre vnd Ruhm / Frewd vnd eine
schöne Krone. Gott lieben / ist die aller schönste Weißheit / vnd wohnet allein
bey den außerwehlten Weibern / Syr: 1. Die Furcht des HErren ist der Weißheit
anfang / das ist eine schöne Klugheit / wer darnach thut / des Lob bleibet
ewiglich / Ps: 111. Diß
|| [ID00046]
Lob müssen
wir auch vnserer Verstorbenen billich geben. Denn zu dem / das sie durch die
Tauff Christum angezogen / vnd von GOtt zum Kind vnd Erben des ewigen Lebens
angenommen / welches der aller beste Adel ist / dessen sich ein Christ zu rühmen
hat: Ist sie auch von jhren Eltern vnd Freunden von jugent auff / zu aller
Gottseligkeit / Zucht vnd Erbarkeit erzogen worden / welches sie in jhrem
gantzen Leben reichlich hat spüren lassen. GOtt vnd sein Wort hat sie her tzlich
geliebet / vnd jhr dasselb so bekandt gemacht / das sie die vornembsten Sprüch
vnd viel schöne Psalmen Dauids hat erzehlen können. Dem Predigampt ist sie
geneigt vnd zugethan gewesen / als eine rechte Tabea vnd Jüngerin des HErren. In
jhrem Ehstand hat sie sich züchtig fromb vnd schamhafft verhalten / jhre
Haußwirte geliebet / vnd sich gegen sie mit gebürender Ehrerbietung /
Bescheidenheit vnd Freundligkeit / also erzeigt / das sie gar eine friedsame
gute Ehe mit jhnen besessen. Ihre Kinder hat sie in der furcht GOttes zu aller
Gottseligkeit / Zucht vnd Tugent dermassen erzogen / das sie dessen nu eins
theils mit ruhm fruchtbarlich geniessen. Vnd ob sie wol GOtt mit Ehrenstandt für
andern zimlich erhöhet / hat sie doch dessen sich nicht vbernommen / noch andere
geringer veracht / sondern sich gegen menniglich freundlich / demütig / vnd also
erzeigt / das sie von hohes vnd niedriges standes Personen / ist lieb vnd werth
gehalten worden. Den Armen hat sie die Handt miltiglich gereicht / vnnd manchem
Menschen
|| [ID00047]
durch Vorbit gedienet /
Sonderlich aber ist sie allem falschen von hertzen feind gewesen / also auch /
das sie mit solchen Leuten gar nicht hat vmbgehen wollen.
Das sind nu schöne herrliche Tugenden vnnd Früchte des Glaubens / darauß wir
gewiß schliessen können / das sie zum ewigen Leben versehen gewesen / vnd nu
mehr desselben mit Christo geniesse. Ja das ist der rechte Ehrenschmuck /
welchen S. Petrus 1. Pet: 3. von allen Matronen erfordert / wenn sie GOtt vnd
der Welt gefallen wollen. Ein solch gut Gerüchte ist besser denn gute Salbe /
Eccles: 7. Darumb sehe ein jeder zu / das er auch möge einen solchen guten
Nahmen hinter sich verlassen / der bleibet gewisser denn tausent grosse Schätze
Geldes / Syr: 42. Denn ein Leben / es sey wie gut es wolle / so wehret es ein
kleine zeit / aber ein guter Name bleibet ewiglich.
Nach dem aber die jenigen / die von GOtt zum ewigen Leben sind außuersehen /
durchs Creutz dem Ebenbild Christi ehnlich werden müssen / hat solches an jhr
auch erfüllet werden müssen. Denn für andert halb Jahren ohn gefehr / da er sie
mit einer jungen Tochter erfrewet / hat er sie alsbald darauff mit einer
langwirigen Leibesschwacheit angriffen / darein sich die Medici nicht haben
richten können / in welcher sie jhren Glauben vnd Gedult / dermassen beweiset /
das sie diese gantze zeit vber / nie kein vngedüldiges Wort von jhr vernehmen
lassen / sondern ist mit Gott zu friede̅ gewesen / hat sich seiner
hülff getröstet / gebetet vnd für sich beten lassen / vnd das vbrige
|| [ID00048]
seinem willen anheim gestelt / Als
aber jhre Kranckheit in den nehern drey Wochen beginne̅ hefftig
zuzunehmen / hat sie am verschienen sontag noch wie zuuorn offtermahls / jhre
Bekentnus gethan / neben der Absolution das H. Nachtmahl zu sterckung jhres
Glaubens empfangen / vnd da solches geschehen / gesagt / Gott lob das diese
stund vorbey ist. Nach der zeit hat sichs mit jhr zusehens zu̅
Ende geschickt / da sie zwar so matt gewesen / das sie nicht viel reden mögen /
gleichwol aber so viel sich leiden wollen / jhr Hauß bestellet / sich alles
zeitlichen begeben / vnd Christo allein ergeben / vnd ist darauff den Dinstag
vmb 12. Vhr / selig entschlaffen / den jhrigen zwar viel zu früe / für jhr
Person aber / eines zeitlichen vnd seligen Todes verfaren.
Weil denn nu diese Verstorbene in der Ruhe ist / sollen wir nach der Lehr Syr:
38. auch auff hören / jhr weiter zugedencken / vnd vns trösten vber jhr / weil
jhr Geist von hinnen ist / denn sie wird zu vns nicht wieder kom̅en / wir aber / wenn wir jhrem Glauben vnd Gottseligkeit folgen werden /
werden zu jhr kommen. Der allmechtige Gott / der jhre Seele durch den dienst der
H. Engel / zu seiner Herrligkeit erhoben hat / wird auch jhren Leib / der jtzt
in schwacheit vnd vnehren geseet wird / am Jüngsten tag in Himlischer klarheit
vn̅ vnsterbligkeit wieder aufferwecken / zu dem
vnuergenglichen vnbefleckten Erbe / das behalten wird im Him̅el /
alle denen / die auß Gottes Macht durch den Glauben bewahret werden / zur ewigen
Seligkeit. Zu welchem vns allen verhelffen wolle / Gott Vater Sohn vnd heiliger
Geist / Amen.