Transkription

Leyser, Polycarp: Ein Christliches Bedencken, was von dem Exorcismo bey der Tauff, und abschaffung desselben zu halten sey.
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Ein Christlich Bedencken von abschaffung des Exorcismi bey der Heiligen Christlichen Tauffe: Im Namen IHESV.
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VNser lieber HErr vnd Heyland Ihesus Christus / hat kurtz für seinem bittern Leiden vnnd sterben / Joh. 17. mit grossem Eyfer vnd ernst bey seinem Himlischen Vater gebetet / beides vmb erhaltung reiner gesunder Lehre / vnnd vmb die einigkeit zwischen den Lehrern vnd Zuhörern in seiner Christlichen Kirchen / da er spricht: Vater heilige sie in deiner Warheit / Dein wort ist die Warheit. Vnd: Ich bitte Vater / das sie alle eins sein / gleich wie du Vater in mir / vnd ich in dir / das auch sie in vns eins sein. Dann gewis ist / dz dis die zwey höchste Kleinoder der Christlichen Kirchen sind: Reinigkeit der Lehre / vnd Einigkeit zwischen Lehrern vnd Zuhörern. Darumb auch der Prophet Zacharias capit. 8. befihlt vnd spricht: Allein liebet Warheit vnd Frieden. Vnd wo derer eins verloren wird / da kan das ander nicht langen bestand haben / sintemal aus Vnwarheit nichts anders denn Zanck entstehet / vnd hinwiderumb durch Gezänck die Warheit leichtlich verlohren wird. Der vrsach denn der Satanas / der ein abgesagter Feind vnsers HErrn Christi ist / je ein stück vmb das ander in der Kirchen Gottes anzugreiffen pfleget / dieweil er dessen aus langer vbung vnd ersarung gewis ist / das / wenn er das eine Stück turbiret / das ander auch bald bey einer Gemein verruckt werden kan. Also hat er sich auch numehr eine gute zeit hero vnterstanden / in dem löblichen Fürstenthumb Anhalt / die reine warhafftige Lere der
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Augspurgischen Confession / in etlichen Articuln zuuerfelschen. Aber dieweil er vermercket / das viel frommer Trewhertziger Christen / von Predigern vnd Zuhörern auff solche Newerung zu fleissig achtung geben / vnnd er deswegen darmit nicht fort kan / So leget er sich nun auff die ander Seiten / vnd erreget einen vnnötigen Streit / mit vnzeitiger abschaffung des Exoreismi / dieser gentzlichen vnnd vngezweiffelten Hoffnung / Er wölle hiedurch jhme einen solchen Weg bereiten / das hernach die falsche Lehre / die etliche vor lengsten gern befordert gesehen hetten / desto leichter eingeführet vnd ausgebreitet werden möge. Derwegen alle fromme Christen / welche jhnen obgedachte beyde Kleinoter von Hertzen lieb sein lassen / mit höthstem fleiss darauff achtung geben sollen / das sie solchem fürnehmen des leidigen Teuffels bey zeiten mit allem Ernst begegnen / vnnd so viel an jhnen ist / die Sachen dahin richten / das bey jhnen reine Warheit vnd Christlicher Friede möge erhalten werden. Vnd wann dann bey mir / aus Christlicher Wolmeinung gesucht ist worden / von Ehrlichen ansehnlichen Personen / welchen beydes / Warheit vnd Frieden / von Hertzen lieb ist / was mein Bedencken bey diesem eingefallenen Streit were / vnd welchen theil ich dafür hielte / das sich an diesen zweyen Kleynoten / der Warheit vnnd des Frieden vergreiffe / So habe ich als der wenigsten einer / mein einfalt hiermit auffs Papir bringen / vnd meine Meinung / keinem Theil / weder zu Liebkosen noch zu Verdruss / sondern der Warheit zu Stewt kürtzlich anzeigen wollen / vnd bitte den lieben GOTT / Er wölle Gnade verleihen / das es nicht gantz ohn frucht abgehe. Es beruhet aber der gantze Handel vom Exorcismo auff diesen dreyen Heuptfragen: Die Erste: Ob der Exorcismus ein Abschewliche / Abgöttische / Abergleubige / Papistische: Oder aber ein Nützliche vnd Leidtliche Ceremonia sey? Denn ist der Ex
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oreismus Abgöttisch / Papistisch / Heiloß vnnd abschewlich / so bedarff es nicht viel Wort noch Disputation / Er muss abgeschafft werden in der Christlichen Kirchen / vnnd wird jhn / kein langes Alter / keiner Leut Authoritet vnd ansehen / keiner Kirchen gewalt / schützen noch erhalten können / Es wöllen dann die jenigen so jhn gebrauchen / für Papisten / Abgöttische vnd Abergleubige geachtet werden. Die Ander: Wann der Exorcismus für ein nützliche vnd leidliche / aber doch für ein solche Ceremoniam gehalten wird / welche entweder erhalten / oder abgeschafft werden kan (wie er dann an jhm selber ist) so fragt sichs weiter: Wie man die abschaffung für die handt nehmen vnnd anstellen solle / darmit es also hergehe / das weder Warheit noch Frieden dadurch verloren werden. Vnd fürs Dritte: Ob es jetziger zeit / nach gelegenheit allerhand vmbstenden im Fürstenthumb Anhald / nützer sey / den Exoreißnum abzuschaffen oder zu behalten.

Von der ersten Frage.
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WAs nun die Erste Frage anlanget / Ist es bey vns Christen gewis vnnd vnleugbar / das wir nicht nach vnserm Sinn vnd Bedüncken / etwas Gut oder Böß schetzen vnd sprechen / sondern vns GOTtes Wort vnterweisen lassen sollen / vnd was dasselb von eim jeden ding ausspricht vnd vrtheilet / dabey sollen wir es bleiben lassen. Was nun GOtt in seinem Wort gebeut zu thun / das ist vnfeilbar gut: Vnd hinwider / was er verbeut / das ist vnlaugbar Böse: Was er aber weder gebeut noch verbeut / das ist , indifferens, Oder wie es genandt wird / ein Mittelding / das ist / ein solch Werck / welchs man mit gutem Gewissen thun kan / vnd auch vnterwegen lassen mag.
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Sol demnach der Exorcismus böß / verwerfflich vnd verdamlich sein (Wie etliche im Fürstenthumb Anhalt mit Worten scheinbar fürgeben) So muss er entweder in den Zehen Geboten GOttes verboten sein: Oder er muss wider die Artieul des Glaubens lauffen: Oder mit dem Gebet des Vater vnsers streiten: Oder der Lere der Sacramenten zu wider sein. Befindet sich aber dieser Stück keins / so sollen wir vnser widersprechen billich einstellen / dieweil es heisset: Richt alle deine sache nach GOttes Wort / Syr. 9. Wann man aber nach jetztgedachter Regel vrtheilen wil / Ob der Exorcismus böse / oder leidentlich sey / so muss man für allen dingen betrachten: Was der Exorcismus bey der Tauff / in den Euangelischen reformirten Kirchen sey? So ist nu derselbe / einfeltig / nichts anders / denn ein Kirchen Ceremonia / beneben einem ernsten befchl / eines ordentlichen beruffenen Kirchendieners / mit welchem er Ampshalb / im namen der Heiligen hochgelobten Dreyfaltigkeit / dem Teuffel / als einem Feindt Ihesu CHRIsti / vnd aller Menschen / gebeut / das er die Macht vnd Gewalt / so er wegen der Sündlichen geburt / vber den Teuffling hat / fahren lassen / dieselbe dem Sterckern einreumen / vnd jhme seinen Pallast vbergeben solle / auff das das Kind / welchs bishero ein Kind der Sünden / vnd deshalben in des Teuffels reich gewesen / Nu hinfüro / durch die Krafft vnd Wirckung der Heiligen Tauff / ein Kind der Gnaden / vnd ein Diener des HErrn Jesu Christi werden mögt. Dann die Ceremonia des Exorcismi / ist für viel Hundert Jahren / noch bey lebzeiten der reinen Alten Kirchen Lehrer / in die Kirchen GOttes eingeführet / vnd bishero darinnen erhalten worden / keiner andern Meinung halb / denn allein zu dem Ende: Erstrich: Darmit die Lehre von der Erbsünde / recht betrachtet / vnd
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erkandt werde / das alle die / so in Sünden empfangen vnd gebohren sind / sein Kinder des Zorns / vnd vnter der Gewalt des Teuffels / aus welchem sie sich nicht selbs entledigen können / noch sonsten entlediget werden / wo nicht GOTT selbs / durch das Mittel des Worts / vnd der hochwirdigen Sacramenten (Welche eine Krafft GOTTES sind Selig zu machen / Roman, am 1.) handt anlege / vnd das beste thue. Vnd darnach / das die Krafft der Heiligen Tauff hochgehalten vnd gerhümet werde / als in welcher vnser Fleischliche / verderbte / Sündtliche Geburt / gleich wie in einer Geistlichen Sündflut / erseuffet / getödtet / dardurch wir aus der Gewalt des Teuffels erlöset / vnd dem HERRN CHRisto einuerleibet werden. Wo nun der Exorcismus also vnd dieser gestalt betrachter wird / da kan niemandts sagen / das derselbe einigem Heuptstück vnserer Christlichen Lehre entgegen / oder zu wider sey / Sondern viel mehr befindet sichs / das er mit denselben zum aller besten vberein kömmet. Denn Erstlich ist er wider kein Gebot GOttes. Wider das Erste Gebot ist er nicht / dieweil man keins frembden / sondern des einigen wahren / Lebendigen / Allmechtigen GOttes / GOTtes des Vaters / Sohns vnd Heiligen Geistes / vnd also der Heiligen Dreyfaltigkeit darinnen gedencket. Wider das Ander ist er nicht / dieweil dieses waren GOttes Nahme / nicht vnnützlich / noch viel weniger Zeuberisch / Sondern zu der Ehre GOTTes / vnnd grossem Nutz der Seelen des Täufflings / in seiner Geistlichen Noht geführet wird / Welcher durch diese gantze Action der Heiligen Tauffe / die am Exorcismo anfenget / vnnd mit GOttes Wort / Gebet / vnnd Christlichem Bekentnis / biss zum Segen vollnführt wird / aus des Teuffels Reich ausgeführet / vnd zu einem Diener des HErrn CHristi
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in seinem Reich auff vnd angenommen wird. Vnd wer darfür helt / das der Exorcismus dann zumal in derselben Action gantz vnnütz sey / vnd ohne Frucht abgehe / dadurch der Nahme GOTtes vergeblich geführt werde / der verstehet noch nicht die krafft des Ampts im Newen Testament / vnd vergisset der Verheissung CHRIsti / welche Er / Marei 16. dem Ministerio / ja / allen Christen hinderlassen hat: Das sie werden in seinem Nahmen Teuffel austreiben / Welche Verheissung nicht allein in der Ersten Kirchen bey den Aposteln sichtbarer Gestalt krefftig gewesen / Sondern noch auff den heutigen Tag / bey den wahren Dienern IHEsu CHRIsti / in allweg Vnsichtbar vnd Geistlich krefftig ist. So ist er auch nit wider das Dritte Gebot / dieweil er nicht dienet zu verachtung Göttlichs Worts / Sondern viel mehr zu nützlicher erinnerung / das man allein GOTtes Wort / vnd die dasselb hören vnd lernen / heilig halten sollen. Zuuor aber vnd ehe die Kinder zu solchem Wort GOTtes gebracht werden / seindt sie Vnrein vnd Vnheilig. Wider die vbrige Gebot ist Er nicht / dieweil in keinem Wege dem Nechsten dardurch geschadet / sondern viel mehr aus Christlicher Lieb / vnd sonderlich dem Täuffling / der durch das Ampt des Worts vnnd der Sacramenten / aus des Teuffels Reich gerissen werden sol / gedienet wird. Darnach ist auch der Exorcismus nicht wieder die Articul des Glaubens / Nicht allein darumb / dieweil keines andern GOttes / denn allein des rechten waren Christen Gottes / den wir in den dreyen Articuln des Glaubens erkennen vnnd bekennen / gedacht wird: Sondern / dieweil auch durch den Exorcismum alle Menschen / so bey der Tauff stehen / erinnert werden / das / ob wohl vnser lieber HERR vnd Heylandt IHEsus CHristus / alle Ver
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lorne vnd verdampte Menschen / vnd also auch dis Kindlin / welches man teuffen sol / mit seinem heiligen tewren Blut von der gewalt des Teuffels für funffzehnhundert Jaren / erlöset habe / das es sein eigen sey / vnd in seinem Reich vnter jm lebe / vnd jhm diene in Gerechtigkeit: Dannoch / so könne es aus eigner Vernunfft vnd krafft nicht zu diesem HErrn kommen / dessen Diener es gern sein wolte vnd begerte / Sondern es mus zuuor / im Namen / vnd durch krafft der H. Dreyfaltigkeit aus des Satans Reich gerissen / vnd als den̅ durch das wort des H. Euangelij beruffen / der Christenheit einuerleibet / mit gaben erleuchtet / vnd im rechten Glauben geheiliget vnd erhalten werden / dardurch es also die applicationem des verdiensts / leidens vnd sterbens vnsers HErrn Jesu Christi bekomme / vnd ein recht Gliedmas der waren Kirchen Christi sey vnd bleibe. Fürs Dritte / So ist der Exorcismus nicht wider einige Bitte des h. Vater vnsers / sondern viel mehr / wann man den rechten gebrauch des Exorcismi ansiehet / so befindet sichs / das er sich zu der andern / sechsten vn̅ siebenden Bit gar herrlich vn̅ eigentlich schicket. Dann wann der Prediger den Exorcismum in ein Gebet verwandelte / das ist / wann er als ein Diener des Kindtlins halb / von GOtt bitten wolte / was er Ampts halb an Christus stat 2. Cor. 5. dem Teuffel gebeutet / so würde er nichts anders bitten noch suchen / dann als wann er also spreche: Ach Himlischer Vater / die Christliche Eltern dieses Kindleins / wolten gern / das dasselb ein Diener deines lieben Sohns IHesu Christi werden möchte / Allein sie befinden / das es / wegen der alten fleischlichen geburt / in des Teuffels Reich vnd Gewalt sey / aus welchem es sich eigens Gewalts vnnd Krafft nicht erlösen / noch zu deines Sohns Reich kommen kan. Darumb zerstöre du die Werck des Sathans / vnd verleihe / das dein Reich zu jhm kome: Verjage den bösen Geist / vnd gib deinen Heiligen Geist / das es durch deine Gnade gleube vnd Göttlich lebe / hie zeitlich vnd dort ewiglich: Erhalte es auch in deiner Heiligung / auff das es nicht durch den Teuffel künfftig wider bewogen /
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vnd in Missglauben / Verzweifelung / vnd andere grosse Schand vnd Laster verführet / vnnd also das letzte erger denn das erste mit jhm werde / sondern gib / das es allweg wider den Teuffel den Sieg behalte / vnd endlich von allem Vbel erlöset / mit gnaden aus diesem jammerthal / in den Himel auff vnd angenomen werde / Amen. Das dieses der eigentliche verstandt des Exorcismi in vnsern Kirchen sey / das werden alle bekennen / welche den Sachen in Gottes furcht / ohne sucht der Newerung nachgedacht haben. Fürs Vierde: So ist der Exorcismus auch nicht wider die Heilige Tauff: Vnd dasselb so gar nicht / das er den Nutz vnnd Frucht der Tauff recht erkleret vnd zu erkennen gibt. Dann: Was gibt oder nützt die Tauffe? R. Sie wircket vergebung der Sünden / Erlöset vom Todte vnd Teuffel / Wie solches vns vnser Catechismus lehret. Das aber in der Tauff / ein Kindt Warhafft vnd Krefftig von dem Teuffel erlöset sey / Das gibt der Exorcismus zuuerstehen. Vnd wann dann nun die Kinder / so noch nicht getaufft sindt / wegen des Teuffels gantz vnd gar kein noht hetten / So würden sie nicht allein des Exorcismi / wie diese newe disputirsüchtige Leut fürgeben / Sondern auch der Tauff selbs nichts bedürffen. Welches nichts anders ist / denn den nutz vnd die wirckung der heiligen tauff / auff einmal gantz vnd gar auffheben / vnd vnsern Catechismum Lügen straffen. Alldieweil dann aus diesem allem kund vnd offenbar ist / das der Exorcismus bey der Heiligen Tauff / in dem Verstandt / wie er in den Euangelischen Kirchen gebraucht / vnd solches den Einfeltigen in der Lehre des Catechismi erkleret wird / wider kein Heuptstück vnserer Christlichen Religion leuffet / Sondern vielmehr mit denselben gantz füglich einstimmet / vnd etlicher verstand nützlich erkleret / so kan auch niemandts / dann allein / Wen der Vnruhige Geist treibt / vnd der mit lauter zancksucht vmbgehet / sagen / das es eine verwerffliche / vnnützliche / abschewliche vnd vnleidliche Ceremonia sey.
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Ist demnach ein gantz Teuffelische Bosheit / die auch die ergste vnd gehessigste Feindt vnserer Kirchen nicht gifftiger machen köndten / das die Newe Turbatores der Kirchen im löblichen Fürstenthumb Anhalt / die sich selbs (dieweil jhnen die Nachbarn nicht ohn vrsach vbel gerahten sind) die Trewe Anhalter rühmen / die reine Euangelische reformirte Kirchen beschüldigen / das sie / dieweil sie den Exorcismum / in oberklertem gebrauch behalten / einen Bäpstischen Zeuber Exorcismum haben: Einem jeden Kindt einen eigen bösen Geist antichten: Darfür halten / die Kinder sein vom Teuffel leiblich besessen / Exorcisiren vnd beschweren die Kinder / wie die Papisten das Oel / Saltz / Kreuter vnd dergleichen / haben derwegen auch nicht GOttes Sacramenta / sondern nur jhre eigne / vnd also der Menschen Sacramenta / dadurch sie auch jre kinder / gleich wie die Jüden / mit lauter vnuernunfft dem Moloch vnd den Feldteuffeln auffopffern / wie solches in jhrem Buch / von Abschaffung des Exorcismi / hin vnnd wider zu finden ist. Dann ist dem also / wie sie mit grossem Pracht fürgeben / so fraget einer nicht vnbillich: Mit was für einer tauff dieselben Tichter getaufft sein / dieweil sie alle getaufft worden / an denen orten da der Exorcismus gebreuchlich? So sind sie jhrem eignen fürgeben nach / nicht mit CHristi Tauff / sondern mit Menschen Tauff getaufft: Nicht CHristo / sondern den Jungen feldteuffeln fürgetragen / vnd ist Zauberey bey jhrer Tauff gebraucht worden: Solten sie sich derwegen billich wider teuffen lassen / ob jhnen noch zu recht möcht geholffen werden. Ist dem aber nicht also / wie alle Welt weis / das es auch nit der gröbste bawr in vnsern kirchen dafür helt / das wegen des Exoreismi / eine̅ jeden kind ein eigner böser Geist zugeeignet / noch viel weniger dafür gehalten werde / das die kinder leiblich vom teuffel besessen / oder die Erbsünde ein eigen wesen in dem Menschen were / welches ausfahren müste: Oder das die Müttere in jhrem Leib des Teufels Volck trügen / vnd sich in die zehen Monat mit des Teuf
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fels gliedmassen vnd leibeigen / bemühen / schleppen / wiegen / seugen / heben vnnd tragen müsten: So fragt einer nicht vnbillich weiter: Was denn das für ein teuffelische bosheit sey / dz ein solcher mensch / den reinen Kirchen / wider das Zeuguiss seines eignen Gewissens / Bäpstischen Aberglauben / zeuberey / vnd Abgötterey anrichten vnd auffdringen darff? Dann ja augenscheinlich / das zwischen dem Exorcismo / welcher bey der H. Tauff in vnsern kirchen geführet wird / vnd zwischen den Exorcismis / welchen die Papisten vber Saltz / öhl / Kreuter / vnd anders / gebrauchen / ein so weiter vnterscheidt ist / als zwischen Liecht vnd Finsterniss / Lügen vnd Warheit. Sintemal Saltz / Kreuter / vnd andere Creaturen / nicht in des Teuffels Reich sind / vnnd derwegen auch nicht dörffen daraus entledigt werden. Allein / der vnwidergeborne Mensch / der ist von Natur in des teuffels Reich / vnd wo er nicht daraus erlöset wird / durch das Ministerium Euangelij, so mus er ewig verderben. Wann frembde Leut / die jr lebtag niemals an denen orten gewesen / da der Exorcismus gebreuchlich ist / vnd doch von Hertzen von dem Bapstumb abgetreten sind / sich etwas an dem Exorcismo stössen / so were es nicht zuuerwundern. Wie ich dann GOtt zu chren / vnd andern zum Exempel von mir selbs bekennen muss / das / dieweil ich in meiner Kindtheit / mit dem Exorcismo nicht getaufft bin worden / auch den Exorcismum nirgends / denn allein vnter den Papisten bey der Tauff gesehen / so lang / biss ich erstmals gegen Wittenberg gekommen / mich es anfenglichen nicht wenig für den Kopff gestossen habe / das ich diese Ceremonien aldar gefunden / die ich / die Warheit zu bekennen / für einen Alten Anhang aus dem Bapstumb geachtet habe. Nach dem ich aber nachgefraget / vnd mich erkündiget / aus was vrsach / vnd in welchem Verstandt diese Ceremonia bey der Tauff gelassen / vnd hernach befunden / dz nicht allein solcher verstand Christlich vnd gut / Sondern / auch das der Exorcismus nicht aus dem Bapstumb herkomme / sondern lang für dem Bapstumb zu lebzeiten der Heiligen Veter im gebrauch gewe
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sen. So hat mich von der zeit an / solche Ceremonia nicht allein nichts gejrret / Sondern mir Christliche nützliche Erinnerung geben / also / das / wann ich nach meinem Gewissen vnnd Hertzen reden sol / Ich mein lebtag nimmermehr darzu rahten wolte / das / wo der Exorcismus gebreuchlich ist / man denselben / sonderlich mit so vieler Leut ergerniss vnnd Weheklagen / abwerffen vnd abschaffen solte. Allein / darmit die Einfeltigen jederzeit wissen / in welchem Verstandt wir in vnsern Kirchen denselben behalten / vnd welcher massen man denselben von der Papisten Beschwerungen vnterscheiden sol / so ist zu rahten / das der gemeine Man / sonderlich in der Lehre des Catechismi / von der Heiligen Tauff hieuon Christlich vnd nohttürfstig vnterrichtet werde. Vnd also zwar ist es mir ergangen. Das aber die jenigen / Welche selbs mit dem Exorcismo getaufft / von Jugendt auff / in den Kirchen / da er gebreuchlich ist / sind erzogen worden / vnd jhnen derwegen an dem Bericht / wie er gebraucht werde / nicht mangeln kan / sich so hesslich vber denselben jetzo anfahen zu stellen / jhn für ein Heillose / Abschewliche / Zauber Ceremonien halten / da ist sich höchlich zuuerwundern / wo diese Nova Religio bey jnen herkome. Aber wer da weis / wormit diese Leute lange zeit sind Schwanger gegangen / der verwundert sich desto weniger. Jedoch / wann jhnen dieses angehet / das sie mit dem Exorcismo durchdringen / so wirds die zeit offenbaren / was sie ferner suchen. Es hat mich auch nicht wenig gestercket / das ich den Exorcismum desto leichter aus allem verdacht der Papisterey habe fahren lassen / das ich bedacht / was vnser lieber Vater vnnd Praeceptor / der Herr D. Lutherus für ein Eiferer / wider das Bapstumb / vnd alle seine grewel gewesen sey / desgleichen keiner noch nirgende auffkommen: Vnd ist demnach bey mir gewiss vnd gantz vnzweiffelhafftig gewesen / Wann der geringste Papistische Aberglauben
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im Exorcismo were / So würde jhn der Herr Lutherus so wohl als anders / ohn alles Mittel / zum Teuffel hinweg gejagt / vnd nicht so lang geharret haben / biss das ich / oder meines gleichen Junge Leut kommen / die denselben erst abschaffen solten. Aber diese Newe Anhalter lassen sich bedüncken / Doctor Luther sey gegen jhnen Blindt gewesen: Ihnen sey erst das rechte Liecht auffgegangen / Darumb ersehen sie das Abschewliche ding vnd den Grewel im Exorcismo / den der Luther sein Lebtag nie hat sehen können. Doch solten diese Leut vns zuuor jhren grewlichen grossen Eyfer wider dz Bapstumb in andern stücken erweisen vnd darthun / das derselbe dem Eyfer Lutheri cum scientia vbertreffe / Oder doch demselben etlicher massen gleich sey / so wölten wir alsdenn gleuben / das es jhnen vmb den Grewel des Exorcismi / vnd nicht vmb etwas anders zu thun sey. Aber wer weis / was mancher vnter diesen Anhaltern für einen Eyfer wider das Bapstumb habe / dieweil sie bey den Papisten mehr Priuilegien vnnd Gerechtigkeit finden / als andere Euangelische Prediger. Vnd so viel von der Ersten Frag / in welcher dargethan / das der Exorcismus / wie er in den Reformirten Kirchen Augspurgischer Confession bey der Tauffe gebraucht wird / keine heillose / abschewliche / Abgöttische / Abergleubische / oder Papistische / Sondern eine leidliche vnd nützliche Ceremonien sey.

Von der andern Frage.
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OBschon bisshero in der Ersten Frag der Exorcismus gerettet ist worden / das er keine Heillose / Abschewliche Ceremonien / vnnd demnach auch nicht schlechter ding zuuerwerffen vnnd zu verdammen sey / Dannoch / dieweil hinwider vn
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leugbar ist / das Er sey ein Ritus humanus, von welchen allen diese Regel gilt / das die Gemeine GOTTES jedes orts / vnd jeder zeit / nach jhrer Gelegenheit macht habe / solche Ceremonien (wann es ohne Leichtfertigkeit vnd Ergerniss der Schwachgleubigen geschehen kan) zu endern / wie es derselben am nützlichsten vnd Erbawlichsten sein mag / vnd der Vrsach der Exorcismus auch nach Gelegenheit wohl mit gutem Gewissen abgeschafft / vnd bey der Tauff vnterlassen werden kan: So fragt sichs fürs Ander weiter: Wie man solche Abschaffung für die Handt nehmen vnd anstellen soll / darmit es also hergehe / das weder Warheit noch Frieden dadurch verlohren werde? Bey dieser Frag ist Erstlich gewis / das die abschaffung der Ceremonien / auch in dem Standt / da sie Adiaphorae sind / nicht stehe bey den Predigern allein: Auch nicht bey der Oberkeit allein: Auch nicht bey der gemein allein. Dann diese macht ist keinem stand in der Kirchen Einig vnnd allein für sich gegeben / Sondern / soll es ordentlich vnd recht hergehen / so weis man / das bey einer jedern Kirchen vnd Gemein GOTtes / sie sey gross oder klein / dreyer vnterschiedlichen Stend Personen gefunden werden / vnter welchen sich keiner / eigens Gewalts anmassen noch vnterstehen sol / den andern stenden zu wider oder verdries einige Ceremonien abzuwerffen / Sondern sie sollen sich alle drey mit einander vergleichen / vnd was sie als dann für rahtsam / nutz / vnnd erbawlich in der Kirchen GOttes befinden / das mag solcher Adiaphoren vnd Ceremonien halb / mit gutem fug vnd bescheidenheit angeordnet werden. Auff solche weise ist anfenglichs bald / da das Liecht des Heiligen Euangelij in Deutschlandt auffgangen / der Exorcismus in Schwaben / Würtenbergk vnnd Hessen (derer die Anhalter in jhrem Büchlin gedencken) gefallen. Dann da die Landts Fürsten mit jhren Landts Stenden / vnnd eines jeden Orts Oberkeit mit jhren Bürgern oder Vnterthanen / das Bäpstische Joch abgeworffen / vnd eine allgemeine Reformation / jhrer Kirchen für die
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handt genommen haben / Da ist in derselben / neben andern Ceremonien / der Exorcismus alsbaldt zugleich mit gefallen. Vnd wird (meines erachtens) keine Kirch Augspurgischer Confession gefunden werden / da der Exorcismus were abgeworffen worden / den̅ alsbaldt in der Ersten Reformation / da sie von dem Bapstumb abgetreten sind. Allein / im Jahr CHristi 1577. in der Fürstlichen Graffschafft Henneberg / da der löbliche Fürst vnd Herr / Herr Georg Ernst / Graff vnnd Herr zu Hennenbergk / Christmilder gedechtnis / die Graffschafft abermals reformieren / vnd ein newe Kirchenordnung stellen liesse: Da ist in derselben der Exorcismus auch ausgelassen worden. Vnd ob wohl viel Prediger vnd andere / in solche Verenderung eingewilliget haben / Dannoch hat man wenig ausgericht / Sondern meistes theils / die angefangene abschaffung einstellen müssen. Ob aber im Fürstenthumb Anhalt es mit der Abschaffung des Exorcismi auch also hergangen sey / das sich jedes Orts / vnnd durch das gantze Landt / der Regierende Landts Fürst / mit seinen Landsstenden / allen Superintendenten vnnd Predigern / zugleich auch mit den Gemeinheiten / vber dieser ausmusterung verglichen haben: Vnd ob gantz keine Beysorge sey / das man den Caluinisten etwas zu gefallen gethan habe / oder thun wölle / das werden die am besten wissen / welche im gedachten Fürstenthumb sich auffhalten / vnd denen aller Zustandt vnnd Gelegenheit desselben besser als Mir bekandt ist. Einmal ist vnleugbar / das durch gantz Deutschland die Sage gehet / das in hochgedachtem Fürstenthumb / nicht vber zwo oder drey Personen sein / die vorlengst keinen Lust mehr zu der recht Lutherischen Confession gehabt haben / Sondern dem Caluinismo theils heimlich / theils öffentlich beygepflichtet / die seind dieser gantzen Newerung eine einige Vrsach / welche der gantzen Landschafft /
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vnd recht getrewen Anhaltern zu wider / mit beschwerd aller anderer Superintendenten vnd Pastorn / vnd höchstem Ergernis / beydes der Bürger vnd Bawren / darüber Man vnd Weibs Personen zum höchsten betrübt worden / den Exorcismum abgeworffen haben / vnd das alles zu dem ende / damit sie dem leidigen verfluchten Caluinismo desto besser die Bahn bereiten können. Vnd wann dem also were / wie ich meins theils sorge vnnd gleube / so hat auch der aller Einfeltigste leicht zu schliessen vnd zu vrtheilen / das mit abschaffung des Exorcismi / im Fürstenthumb Anhalt / in keinem weg recht vmbgegangen sey worden / vnd man billich solchem vnordentlichem Proceß sich widersetze / vnd denselben zu rück treibe / vermöge der Lehre Pauli Galat. 2. Da etliche salsche Brüder sich mit eingedrungen / vnd neben ein geschlichen waren / zu verkundschafften vnser Freyheit / die wir haben in CHristo IHEsu / das sie vns gefangen nehmen / wichen wir denselben nicht eine Stunde vnterthan zu sein / auff das die Warheit des Euangelij bey euch bestünde. Zu dem / so sagt man offenbarlich / das etliche vom Adel / mit hoher Schwerer Geldtbuss: Etliche Prediger mit bedrawung der enturlaubung: Etliche Zuhörer mit Gewalt darzu angetrieben vnd gezwungen werden / jhre Kinder auff die Newe weise / ohne den Exorcismum zu teuffen oder teuffen zu lassen. Welches denn abermals vnrecht / vnd mit nichten zu billichen ist. Dann kein Fürst / kein Potentat / er sey auch wer er wölle / die macht vnd gewalt hat / auch solches mit gutem Gewissen nicht thun kan / in rebus adiaphoris einigen Menschen zu zwingen / oder sein Gewissen zu beschweren. Dann alsbaldt / wenn der Zwang darzu kömmet / so sindt die Adiaphora nicht mehr Adiaphora, vnd gehören vnter die Regel S. Pauli / welche allererst droben aus der Epistel an die Gal. cap. 2. gesetzt ist worden / vnd heist billich: Coactio oder Opinio necessitatis, tollit naturam Adiaphori.
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Vber das vnnd fürs Dritte: Wann man solche Alte Gebreuch / sie sein Gut oder Böse / abschaffen wil / So muss man zuuorn / ein gute geraume zeit / die Zuhörer aus GOttes Wort eines bessern berichten vnd vnterweisen / Als dann kan man hernach mit desto weniger Ergerniss vnnd Vnruhe / ein ding fein seuberlich hinlegen. Also hat der Herr Lutherus / wider den Bildstürmer Carlstad / der aller solcher disputirsüchtigen Caluinischen Geister Großvater gewesen ist / Christlich vnd heilsam gelehret: Man solle zum ersten die Bilder in der Christen Hertzen durch Lehren stürmen / so werden sie hernach in den Kirchen wohl für sich selbs fallen. Dergleichen Proeeß solte man mit dem Exorcismo / wann man schon erhalten hette / das er abschewlich were / auch gehalten haben. Ich habe aber meines theils nicht erfahren können / das man im Fürstenthumb Anhalt / die Leut also trewlich vnnd fleissig vnterrichtet hette: Ohn das zu Zerbst / wie glaubwirdig gesagt wird / etliche Fürwitzige Weiblin / die jmmer nach etwas Newes / lüstern thut / (die da Schwitzig vnd Fürwitzig sind / vnd reden das nicht sein soll / 1. Timoth. 5.) viel plauderns hieuon treiben sollen / welches darumb noch nicht heist / das gantze Land vnterweiset. Dieser vnd anderer Vrsachen halb / muss ich sagen vnd bekennen / wo nicht andere vergleichung / wegen abschaffung des Exorcismi vorher gehen / vnnd der Proceß ordentlicher vnnd Christlicher fürgenommen wird / denn ich noch zur zeit aus den gedruckten vnd andern Schrifften habe Bericht einnehmen können / Das ich diesen Proceß / niemandt zu lieb noch zu leidt nicht billichen könne / Achte auch dafür / das man die jenigen / welche aus erheblichen Vrsachen nicht darein einwilligen können / nicht mit gutem Gewissen einiges sträfflichen Vngehorsams beschüldigen könne. Es solten auch die jenige / welche in jhrem Tractat von Ab
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schaffung des Exorcismi die Schwäbische vnnd Würtenbergische Kirchen anziehen / bedencken / Wer daselbsten den Exorcismum eigentlich abgeschafft habe? Nemblich niemandt anders / dann eben die Cinglianer / Welche die erste Reformation der Kirchen an gedachten Orten / auff begehren der Kirchen verrichtet haben / Welche auch vermeint / sie müssen jhren Eyfer wieder das Bapsthumb / nur in Stürmen vnd ausmustern / auch des jenigen / das für sich selbs gut vnd leidentlich ist / sehen vnd spüren lassen. Wie aber solche Reformation der Kirchen wenig nütze vnnd fromme / vnd wie dardurch alle Reuerentz gegen GOTTES Wort vnd Heiligen Sacramenten: Auch wahre Christliche Andacht in vnserer Religion / bey dem Gemeinen Man vnd rohen Pöfel / darnieder falle / vnd mit keinem vermahnen vnd lehren der Prediger wider auffgerichtet werden könne / das weiset die Erfarung aus / vnd kan ich / als der beyder theil Kirchen / absque sinuestro affectu gesehen habe / mit Warheit daruon zeugen. Darumb so mögen diese Newe Reformatores des Exorcismi selbs bedencken: Ob sie nicht gnungsam zuuerstehen geben / das sie mit diesem abschaffen / Niemandts mehr denn allein den Cinglianern darmit fügen / vnd zu gefallen thun wöllen? Aber GOTT behüte vns in diesen Landen / für dieser vnnd dergleichen Reformation. Dann ich bestendiglich aussage: Das / wo ein Fürstentumb: Ein Landt / oder eine Stadt / eine rechte wahre Reuerentz gegen GOTTES Wort / vnnd den Hochwirdigen Sacramenten: Auch eine Christliche Andacht in der Religion / bey dem Gemeinen Man erhalten wil / das sol sich für Caluinischer deformation hüten. Dann wo die einmahl einnistelt / da kan man der Vnachtsamkeit gegen der Christlichen Religion nimmermehr los werden. Vnd so viel auch von der Andern Frage.
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Die Dritte Frage.
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AVs diesem / was bishero gesetzt / ist zwar bereit offenbar / das man billich keine enderung / was die Ceremoniam des Exorcismi bey der Kinder Tauff in der Kirchen der Augspurgischen Confession belanget / für die Hand nemen sol. Dannoch / damit der gantze Handel desto heller vnd klärer werde / Wil ich auch diese Frage kürtzlich handeln: Ob es nach gelegenheit jetziger läufft der Welt / in der Religion / vnnd sonderlich im Fürstenthumb Anhalt / nützer sey / den Exorcismum zu behalten / oder abzuschaffen? Die jenigen / so den Exorcismum / in dem Fürstenthumb Anhalt abgeschafft haben / lassen sich bedüncken / Sie haben darmit in gedachtem Fürstenthumb ein gross Liecht angesteckt / also / das / wann auch der hochlöbliche Fürst Georg zu Anhalt / Christmilder gedechtnis / jetziger zeit leben möchte / so solten jme die stipulae, welche er noch an sich gehabt habe / gentzlich abgefallen sein. Aber / Ach des armen Liechts / dadurch nichts dann Finsternis der reinen Lehre eingefüret wird / wie jetzo angezeigt werden sol. Darumb / so fasse ich die vrsachen / worumb es jetziger zeit besser sey / vber dem Exorcismo zu halten / dann denselben auff weise vnd maß / wie sichs die Zerbster vnterstehen / abzuschaffen / kürtzlich also: 1. Es ist besser ein alte nützliche Ceremonien bey der Heiligen Tauff / wie der Exorcismus ist / beneben der reinen gesunden Lehre zu erhalten: Dann dieselbe Ceremonien abzuschaffen / vnd darneben vnd dadurch vngesunde falsche Lehre einzumengen oder anzunemen. Die Zerbster wollen durch abschaffung des Exorcismi falsche Lehre pflantzen. Ergo: so ist es besser / das man vber dem leidtlichen Exorcismo vnd reiner Lehre halte / dann in diese abschaffung vnd angehengte falsche Lehre einwillige.
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Diese vrsach ist verstendlich gnug. Allein dieweil diese Novestores nicht dafür angesehen sein wollen / als wann sie falsche Lehre füreten: So mus sie etwas weiters ausgefüret werden. Die falsche lehre aber / darauff sie die abschaffung des Exorcismi fast einig vnd allein gründen / ist diese: das sie fast durch jhre gantze Schrifft fürgeben vnd lehren: Der Christen Kinder sein bereit für der Tauff in der Christlichen Kirchen / sein in Christo / seind in der Arch der Christenheit / seyen in Mutterleibe geheiliget / vnd sey die Tauff nichts mehr / dann allein ein eusserliche vernewerung / vnd krefftige versieglung des Gnadenbundes / in dem sie vorhin sein durch das Gebet der Eltern. Dieses ist ein alter Schwarm / den von zeiten Augustinus / im Pelagio lib. 2. de peccaetorum meritis & Remißione, ac de Baptismo parvulorum, vnnd neben jhm die gantze Orthodoxa Ecclesia, verdampt hat. Denn diese Ketzerey verkleinert den grewlichen schaden der Erbsünde / vnd nimmet der Tauff jhre fürnemeste Krafft vnd heilsame Wirckung / daruon droben aus dem Catechismo gesagt ist worden. Es ist auch solche Meinung strack dem Spruch CHristi Johan. am 3. entgegen vnnd zu wieder / da er sagt: Was aus Fleisch gebohrn ist / das ist Fleisch. Darumb / Es sey dann / das der Mensch von newen geboren werde aus dem Wasser vnd Geist / so kan er in das Reich GOttes nicht kommen. Ist dieses wahr / wie es denn die Ewige Warheit ausgesprochen hat / vnd kan mit keiner falschen Menschen Gloß (wie sichs die Zerbster pag. 48. vnterstehen) verkehret werden / so muss ja ohne zweiffel folgen / das der Mensch / so aus Fleisch gebohrn ist / vor der Newen Geburt / die durchs Wasser vnd Geist geschicht / nicht sey im Reich GOttes / sondern vnter dem Reich vnnd Gewalt des Teuffels Coloß. 1. Sintemal zwischen diesen beyden Reichen kein Mittel gefunden wird. 2. Cor. 6. Es feilet aber diesen Blinden Leuten / die sich doch bedüncken
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lassen / das sie allein das Liecht der Warheit aller Welt fürtragen / daran / das sie nicht sehen / das es zur Seligkeit nicht gnung sey / das vns der HERR CHristus dieselbe verdienet vnd erworben hat / sondern müsse vns auch applicieret vnd zugeeignet werden. Wahr ist es / das die Zerbster schreiben / CHRISTVS habe mit seiner Heiligen Empfengnis / vnd das Er sich vnter der reinen Jungfrawen Mariae Hertzen biss in den Zehnden Monden hat tragen lassen / Auch mit seiner Geburt / vnser vnd aller Welt Vnreine Empfengnis / Geburt / vnnd was denselben mehr anhengig / geheiliget vnd gereiniget. Wahr ist es auch / das die Verheissung der Gnaden vnnd Seligkeit / auch den Kindern / Genes. am 17. Actor. am 2. wie auch der gantzen Welt gehöre. Aber / wo der verdienst / vnd Heiligung CHRISTI / Item / Die Verheissung der Gnaden nicht appliciert werden / da machen sie ohne zweiffel nicht Selig. Darumb sagt die Augspurgische Confessio recht: Actor. am 9. Das die Tauff zur Seligkeit nöhtig sey / Nemlich / Als ein solch Mittel / Dardurch die Verheissung der Seligkeit applicirt werde. Vnd was ist für ein Vnterscheid zwischen der Christen Kinder vor der Tauff / vnd zwischen der Jüden / Türcken vnnd Heyden Kindern / So viel die Verheissung der Gnaden anlanget? Gantz keiner. Denn die Verheissung des Weibes Samen / gehet alle Menschen an / Genes. am 22. In deinem Samen sollen alle Geschlecht der Erden gesegnet werden. Genes. am 49. Dem Siloh sollen die Heiden (in genere) anhangen. Psalm. 2. Heische von mir / so wil ich dir die Heyden zum Erbe geben / vnd der Welt Ende zum Eigenthumb. Psal. 72. Du solt herschen von einem Meer zum andern / vnd von den Wassern bis an der Welt ende. In Summa: Der Zaun Ephes. 2. ist nicht allein zwischen den Jüden vnd vns Christen / sondern allen Heiden eingerissen / vnnd ist hier gantz kein vnterscheidt / Roman. 3. Wie dann die Anhalter selbs in
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jhrem Newreformierten Tauffbüchlein Pag. 3. setzen: Das Gott der Vater aller Gnaden vnd Barmhertzigkeit / seinen lieben Sohn Ihesum CHristum der gantzen Welt verheissen vnd gesandt habe. Ist Christus der gantzen Welt verheissen / vnd der Türcken Kinder sind auch in der Welt / So können sie aus der Gnaden verheissung nicht ausgeschlossen werden / vnd ist allhier der Verheissung halb kein vnterscheid. Allein / wenn man zur Application kömpt / so findet sich der Vnterscheid. Dann bey der Christen Kindern wird der Verdienst Christi / vnd die verheissung der Gnaden / jnen durch die Tauff applicirt / welches bey der Türcken kindern verbleibet. Darumb so ist es ein schand / das diese Zerbster Theologi in jhrem Newen Tauffbüchlein / darein sie jhre Menschen Träwm gesetzt haben / so viel Bletter von dieser Materia zu bringen / vnd durch vnd durch nicht mit einem Wort der Application / daran vns doch nicht weniger dann am andern gelegen ist / gedencken. Diese Leut reissen recht den Grund vmb. Dann wann nit ein jeder Christ durch die Applicationem promißionis & grattae, als ein Lebendiger Stein auff den rechten Felsen vnd Eekstein CHristum gelegt vnd gegründet wird / so wird er nimmermehr zu einem lebendigen Tempel Gottes auffwachsen / 2. Pet. 2. Es vnterstehen sich wol diese Vntrewe Anhalter / diesen jren Schwarm / mit vielen Sprüchen / auch etlichen Exempeln der heiligen Schrifft zu bestetigen / aber wie gantz vngeschickt vnd vngereimbt sie solche zu hauffe tragen / ist von andern angezeigt worden / derwegen es allhie billich ruhen bleibet. Jedoch mus ich ein stück oder drey weisen / daraus gutes teils offenbar werden wird / mit was Gewissen diese Meister in dieser Sachen handeln. Fürs erste: pag. 37. 38. 39. etc. wollen sie aus der 1. Cor. 7. beweisen / das der Christen Kinder auch für der Tauff Heilig sein / vnd also heilig / das man sie für Gliedtmass der Kirchen erkennen / vnd halten sol. Vnnd damit sie die Einfeltigen desto mehr betrie
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gen können / führen sie ein zu jhrem behelff die authoritatem Philippi Melanthonis, begchen aber in der verdolmetschung ein gedoppelt crimen falsi. Dann erstlich / da Dominus Philippus schreibet: Aliqui nati baptisabantur, aliqui ad Ecclesiam adferebantur, propter communem precationem. In welchem Spruch der Herr Philippus darauff siehet / das in der ersten Kirchen nicht alle gebohrne Kinder / vnd sonderlich / derer Eltern / da der eine theil noch Heidtnisch war / alsbaldt in der Kindheit getaufft sind worden / sondern eins theils haben sich teuffen lassen / eins theils haben jhre Tauffe auffgeschoben / bis in jhr gestanden Alter / Wie fürnemblich das bekandte Exempel des Heiligen Augustini ausweiset. Da bezeuget der Herr Philippus / das man glichwol solche Kinder in die Kirchen getragen vnd vber sie gebetet habe. Was nun der Herr Philippus von gebohrnen Kindern setzet / das ziehen die Zerbster mit einer falschen Glossa auff vngeborne Kinder / oder die in der Geburt vmbkomen. Darzu kömet dz ander Crimen falsi. Denn da der Herr Philippus sagt: Liberorum procreationem Deo placere: Welches mit dem 127. Psalm vbereinstimmet: Das Verdolmetschen sie felschlich / das auch die Kinder / aus solcher Ehe geborn / GOTT wolgefallen / vnd ziehens auff die Kinder / Welche noch die Heilige Tauff nicht empfangen haben / Welchs mit der Heiligen Schrifft streitet. Hie kan man den Zerbstern wohl fürwerffen / das sie setzen / Pag. 51. Mit Lügen / vnd Criminibus falsi, ist vnserm HERRN GOTT / der Warheit / vnd der Kirchen nicht gedienet. Man darff keiner Lügen darzu (spricht Syrach am 34. Capittel) das man das Gebot halte / vnd man hat gnung am Wort GOTT es / wenn man recht lehren wil. Denn was Vnrein ist / wie kan das Rein sein? Vnnd was falsch ist / wie kan das wahr sein? Eigen Weissagung / vnnd Deutung / vnd Träwme sind nichts / vnd Lügen sindt kein nütze. Jerem. am 7.
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Fürs Ander / Fol. 71. Wolten sie lieber vnsere Kirchen zu Widerteuffern machen / aber mit einem Atmseligen Syllogismo, der gar keinen grundt hat. Dann also schliessen sie: Wer im Bund der Gnaden nicht begriffen / dem gebühren auch nicht die Sigillen des Gnadenbunds. Die Kinder der vngleubigen Jüden / Türcken vnd Heiden / welchem das Gegentheil / der Christen Kinder / von Mutterleib an / disfals (aber mit Vngrundt) gleich setzet / sind im Gnadenbund Gottes nicht begriffen: Ergo: Gebüret jhnen auch nicht die Heilige Tauff / als das Sigel des Gnadenbundes. Darumb folgern sie weiter auff gut Widerteufferisch / Man sol sie zuuor lehren / vnnd hernach teuffen. Matth. 28. vnd müsse man die Kinder Tauff nachlassen. Also (sagen sie) schwermen die Widerteuffer: GOtt behüte vns für jhrem Schwarm. Aber GOtt behüt vns für dieser vnzeitigen Caluinischen Weisheit / Dann die Minorem dieses Syllogismi haben sie nicht aus GOttes Wort / Sondern aus dem Beza gestudiret. Welcher in Altera parte quaestionum & responsionum de Sacramentis, diese Frag vnd Antwort setzt: Quos igitur baptizandos censes? R. Omnes qui mihi foederis tabulas rite exhibuerint, quibus obsignandis Baptismus est institutus. Vnd schleust hernach: Dieweil der Türcken / Jüden vnd Heyden Kinder die Tafeln des Bundes nicht haben / so solle man sie auch nicht teuffen. Da dann Beza viel Wort dieser Materien halb verleuret / aber nicht einen Spruch der Schrifft einführet / damit er seine meinung beweiset. Darumb wir auch billich diese Lehre / die nur auff Bezat authoritatem gegründet ist / beyseits setzen / vnd die heilige Schrifft hören.
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Was lehret dann die Schrifft? Sie lehret das zu dem Bund Christi im newen Testament / alle Heiden gehören. Darumb stehet / Esa. 49. Es ist ein geringes / das du mein Knecht bist / die Stemme Jacob auffzurichten / vnd das verwarloset in Israel wider zu bringen. Sondern ich habe dich auch zum Liecht der Heyden gemacht / das duseist mein Heil / biss an der Welt Ende. Item: baldt hernach: Ich habe dich zum Bundt vnter das Volck gestellet / das du das Landt auffrichtest / vnnd die Verstöreten Erbe einnchmest. Dergleichen Sprüch werden viel gefunden / im Alten vnd Newen Testament / Welche ausweisen / das CHristum alle Völcker angehören. Darumb auch Christus wil / das man alle Völcker teuffen sol: Matth. am 28. Vnd das die Apostel seine Zeugen sein sollen / bis an das Ende der Erden. Actor. am 1. Haben demnach alle Menschen von Natur gleich recht zu dem HErrn Christo / zu seinem Bundt / vnd seiner Verheissung / sie seyen gebohrn von Christen / Jüden / Türcken oder Heyden. Vnd man heist / im Bund der Gnaden begriffen sein / so viel / als Verheissung oder Vertröstung haben / das einer / von der gnad / durch Christum erworben / nicht ausgeschlossen sey / als wann er derselben nicht köndte theilhafftig werden / so sind auch der Türcken vnd Jüden Kinder nicht ausgeschlossen. Dann Christus ist von dem Vater verheissen vnd geschenckt der gantzen Welt / vnd hat GOtt nirgendts / weder die Türcken / noch die Jüden / oder andere ausgeschlossen / So wenig als der Christen Vngetauffte Kinder. Wann nun sie sich selbs nicht ausschliessen / ratione applicationis neglectae, daran es Türcken / Jüden vnd Heiden mangelt / vnd nicht daran / als wann sie GOtt nicht begriffen haben wolte in dem / da er sein Gnad vnd Bund durch CHristum aller Welt angeboten hat.
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Das sie aber weiter inferiren: Ergo: So mus man der Christen Kindertauff / so wol als der Türcken vnd Heiden nachlassen / bis sie zu jren verstendigen Jaren komen / das man sie leren konne / dieweil es heist: Docete omnes gentes, Maith. 28. Das ist zumal Widertäufferisch geschlossen / vnd findet sich also der Schwarm vnd Opinion bey den Zerbstern / den sie gern vnsern Kirchen aufftichten wolten. Wer solte aber vermeinet haben / das die Zerbster / welche solche vberaus gute Graecs vnd wolbelesene Leut sonsten sein wöllen / den Griechischen Text beym Matthao nicht besser solten ponderirt / vnd einen andern Verstandt / denn den Widertäufferischen darinnen gefunden haben / zumahl / weil die jenige / welche sie propraeceptoribus halten / jhnen in jhren Commentarijs solchs zuuor geweiset haben? Der Text heist also: . Wer diesen Text recht ansihet / der befindet nicht / das des HErrn Christi befehl sey / man solle zuuor leren vnd hernach teuffen / wie die Widerteuffer / vnd jetzo mit jhnen diese vbel Anhalter / schwermen. Sondern der befehl Christi ist schlecht / das er saget: , das ist / nach vnserer art zu reden / verdolmetschet: Machet Jünger: Wir würden jetzo sage̅: Machet Christen: Dann welche anfenglich , dz ist Jünger genennet sind worden / die hat man hernach Act. 11. zu Antiochia Christen anfahen zu nennen / Wie der Text deutlich saget: . Das ist: Die Jünger wurden am ersten zu Antiochia Christen genennet. Wann aber einer weiter den HErrn fragte: Wie sol man , das ist / Discipulos, Jünger vnnd Zuhörer machen? Da antwortet der HERR CHRIstus / vnd weiset zwey Mittel / , vnd : Das ist / Teuffet /
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Lehret. Vnd wer der Griechischen Sprach nur ein wenig kündig ist / der siehet gar leicht / das diese Wort zusammen gehören / vnd das demnach / die Widertcufferische Auslegung: Man sol zuuor lehren / vnnd hernach teuffen: In diesem Spruch gantz keinen grundt habe. Daher auch kein zweiffel / das / wenn gantze Völcker / als zu den zeiten Caroli Magni / die Sachsen den Christen Glauben angenommen haben / in derselben vnzahlbarn menge / viel tausend / auch von den Alten sein getaufft / vnd für Christen auffgenommen worden / die doch vom Christenthumb wenig berichts eingenommen hatten. Welches ich doch nicht zu dem ende gesetzt haben wil / das auffzuheben / das die Alten ehe gelehrt werden sollen / wie die gemeine Lere vnserer Kirchen gehet. Denn ich allhier nicht von den Alten / Sondern allein von den Kleinen vnmündigen Kindern handle. Fellet also der Anhalter Syllogismus gantz hinweg / als der nirgendts keinen Grundt in der Schrifft hat / vnd in dem sie aus bitterem Haß / wider vnsere / die reine Augspurgischer Confession verwandte Kirchen / vns gern die Widerteufferische Ketzerey anschmieren wolten. Im Fall aber / das sie die Phrasin: Wer im Bundt der Gnaden begriffen: also verstünden / das es so viel geredt were / als in Christo erfunden werden / Oder ein Gliedmass der Christlichen Kirchen sein: So ist es abermals falsch / das der Christen Kinder für der Tauff vnnd Application der Gnaden / dergestalt im Bund sein / inmassen droben weitleufftiger ausgeführt. Fürs Dritte / verfelschen sie auch den Spruch Pauli / Roman. 9. Nicht sind das GOTtes Kinder / die nach dem Fleisch Kinder sind / Sondern die Kinder der Verheissung werden für Samen gerechnet. Da sie durch die Kinder nach dem Fleisch / verstehen die Kinder der Vagleubigen: Durch die Kinder der
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Verheissung aber / die Kinder der Christen. Welches salsch / vnd dem verstandt Pauli gantz zu wider ist. Denn S. Paulus redet von einerley Volck den Jüden / vnd bezeuget / das / welche jhnen durch den Glauben die Verheissung applicirt haben / dieselbe / Kinder der Verheissung sein / Welche aber die application haben anstehen lassen / die sein Kinder des Fleisches gewesen. Dienet also dieser Spruch Pauli gantz nichts / der Anhalter meinung zu bestercken. In summa / die Lere / welcher wegen die Anhalter den Exorcismum abwerffen / ist gantz falsch / vnd der h. schrifft / ja jrer selbs eigne̅ Tauffagenden zu wider: Dann wann die Kinder der Christen bereit für der Tauff in dem Reich CHristi sind / vnd deswegen des Exorcismi nichts bedürffen: Warumb vermanen sie denn pag. 4. alle vmbsteher / sie wollen sich des kindlins annemen / vmb vergebung der sünden / vnd dz es ins Reich der gnaden vnd seligkeit auch auffgenome̅ werde̅ möge / vorbitten helffen? Item: sind solche Kindlein schon gliedmassen / der Christlichen kirchen / warvmb beten sie denn / pag. 5. Offne die Thür / dem der da anklopffet Oder sind sie schon in der Arch der Christenheit / pag. 16. warum̅ beten sie / pag. 6. Das das Kindt aus der vngleubigen zahl gesondert / in der H. Arca der Christenheit trocken vnd sicher behalten werde? Item: Sind sie schon in Christo Jesu / pag. 17. Warum̅ wöllen sie es erst CHristo fürtragen? pag. 5. Vnd wenn sie ja in jrer Tauff mit dem teuffel vnd seiner beschwerung nichts zu thun haben wöllen / Warumb fragen sie denn das Kindt / Entsagestu dem Teuffel / vnd allen seinen wercken vnd wesen? Also gantz vnd gar ist kein grund bey diesen Leuten / das sie jhnen selbs schendtlich widersprechen / vnd recht contradictionem in adiecto begehen. Darumb widerhole ich mein Erste vrsach: Es ist besser ein alte nützliche Ceremonien / wie der Exorcismus / inmassen er in
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vnsern Kirchen gebraucht wird / bey der H. Tauff ist / erhalten / vnd darneben die reine gesimde Lere auch behalten / denn die Ceremonien fallen lassen / vnd falsche Gottlose Lere annemen. 11. Es ist besser / ein alte nützliche Ceremonien mit Fried vnd Ruhe in der Kirchen GOTtes zu erhalten / dann dieselbige ohne einige erhebliche vrsach / mit grossem Vnfried / Vnruhe vnd Zerrüttung der Gewissen abschaffen. Die Zerbster haben gantz schlechte / vnd mit nichten erhebliche vrsachen jhrer abschaffung des Exorcismi / vnd richten doch darmit grewliche / schreckliche / grosse vnruhe vnd vnfrieden / zu grosser vnzeit / nit allein im Fürstenthumb Anhalt / sondern auch ausser demselben an. Dieweil man weis / mit was grossem seufftzen / schmertzen vnd Weheklagen / etliche Prediger vnd Zuhörer / sich diesem Joch vntergeben haben / wie hinwider andere sich desselben noth erweren / wie offtermals die vneinigkeit so gros / dz schier Mein vnd Mordt daraus entstanden were. Darumb weit besser gewesen / das man diese vnruhe vnd vnzeitige enderung nicht angefangen hette / auch dieselbe bey zeiten wider einstelle. Dann welche darin einwilligen / vnd solche Vnrhu weiter stercken / die tragen schuld an allem dem Ergernis / das bey den Schwachgleubigen daraus entstehet / auch an aller derer Nachrede / da man durch diese Newerung den verdacht des Caluimsmi / bey allen Nachbarn mechtig stercket. Damit man aber sehe / das die vrsachen / darumb die Anhalter den Exorcismum abschaffen / nicht der wichtigkeit seyen / das man derselben halb / ein solchen Lermen / zu diesen betrübten zeiten / in der Kirchen GOTTES anrichten sol / so wöllen wir sie allhier kürtzlich erzehlen.

Die Vrsachen sind diese:
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1. Er sey in Gottes Wort nicht geboten.
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2. Die Apostel haben jhn nicht gebraucht. 3. Der Exorcisinus sey nicht zur Tauff geordnet. 4. Die Alten haben den Exorcismum anders gebraucht / dann in der Tauff. Diese rationes ob sie schon war / dannoch verbieten sie vns den Exorcismum nicht / dieweil wir viel mehr Christlicher Ceremonien haben vnd behalten / die CHristus vnd die Aposteln auch nicht gehabt haben. 5. Er streitet mit dem Fundament vnserer Seligkeit / Nemlich / der Ewigen Gnadenwahl Gottes. Dieses ist falsch. Dann GOtt vns nicht allein zur Seligkeit / sondern auch zu den Mitteln die zur Setigkeit führen / vnd dadurch sie applicirt wird / erwehlet hat / welche application in der Heiligen Tauff geschicht / vnd der Exorcismus dieselbe gantz nichts hindert. 6. Er streitet mit der verheissung. Gen. 17. Ich wil dein Gott sein / vnd deines Samens Gott nach dir. Dis ist abermals falsch. Denn GOtt wil nicht weiter ein Gott der gnaden sein / dann so fern man die promission applicirt / darzu dann der Exorcismus / wonn er recht betrachtet vnd verstanden wird / die Leute anhelt / das sie zur application eilen. 7. Er verkleinere das Blut IHEsu CHristi: Als wann der Teuffel mehr erschrecke vber eins Menschen Exorcismo / dann vber dem Verdienst CHRisti: Das ist falsch. Dann der Teuffel darff sich nicht entsetzen vber den Menschen sondern vber dem Ampt des Predigers / das er im Namen der Heiligen Dreyfaltigkeit führet / vnd welchs nicht ein menschen / sondern ein Gottes Krafft ist / Roman. 1. 8. Er sey ein mißbrauch des Göttlichen Namens. Dieses werden die Anhalter nim̅ermehr beweisen / vnd ist droben refueirt. 9. Er neme den Erbarn Schwangern Matronen allen trost / wann jre Kinder für der geburt sterben. Dieses ist abermals falsch. Dann Lutherus vnd Pomeranus haben mehr leut neben de̅
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Exorcisimo getröstet / dann diese Stürmer vnnd Betrüber in Ewigkeit ohn vnd mit dem Exorcismo thun werden. Vnd weisen die Trostsprüche / welche sie aus Luthero vnd Pomerano / auff die zween letzte Bogen Q. vnd R. haben trucken lassen / deutlich gnug aus / das diese jhre ratio lauter lügen sey. 10. Er gehöre vnter die Menschen satzungen / von welchen geschrieben sey / Matth. 15. Sie ehren mich vmbsonst mit Menschlichen Geboten. Antwort: Ob wohl der Erorcismus ein Satzung der Kirchen / vnd also kein GOttesdienst / noch ein theil desfelben ist / dannoch haben wir Christen die libertatem / das wir solche ritus wohl behalten mögen / vnd wer vns dieselbe mit Gewalt nimmet / der beschweret sein Gewissen. 11. Dieweil der Christen Kinder bereit im Reich der gnaden / auch nicht Geistlich besessen sein / vnd demnach keines Exorcismi bedürffen. Was hierhinder stecke / vnnd wie so gar keinen grund dieses habe / ist droben angezeigt. 12. Man mache durch den Exorcismum die erbsünde zu einem Geist vnd wesen. Das ist ein gewaltsame zunötigung zu Luthero vnd seinen Gehülffen / auch bestendigen getrewen discipeln / welcher bekentnis von der Erbsünde offenbar / vnd im Christlichen Concordienbuch begriffen ist. 13. Es entstehen viel Aberglauben daraus / als de Limbo puerorum, von dem Kobolt / vnd dergleichen. Von solchen Aberglauben / weis man in vnsern Kirchen nichts. Gibt es aber zu Zerbst solche Abergleubische Leut / so soltens jhre vntrewe Seelenhirten besser vnterwiesen haben / welchs jnen löblicher anstünde / dann einen solchen Lermen in der Kirchen Gottes anrichten. 14. Sie folgen dem Exempel Johannis des Teuffers vnd Lutheri. Diese Gesellen solten zuuor mit der that beweisen / das sie quartus Elias weren / so möchten sie einen Beyfall finden / sonsten werden sie mit jrem Ruhm / das sie sich solchen hohen Leuten vergleichen / sich selbs zu spot setzen.
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15. Dieweil auch die / so genottaufft sind / nit wider Exorcisirt werden. Dieses ist richtig. Dann / warumb wolte man die Exorcisiren / welche bereit getaufft / vn̅ in Christi Reich eingesetzt sind? Das man aber bey der nottauff den Exorcismum aussen lesset / geschicht / Dieweil in vnsern kirchen kein Necessarium aus dem Exorcismo gemacht wird / sondern wir lassen jhn ein Adiapborum bleiben / so lange jhn andere auch dafür halten. Wann man jn aber vns nemen wil / so wehren wir vns wie S. Paulus / Galat. 2. Hieraus ist offenbar / Wie die Zerbster so gar keine erhebliche vrsach haben / warumb sie mit vnzeitiger abschaffung des Exorcismi so gross vnruhe anrichten. Solte doch einer nicht ein Keyserthumb / ja nicht die gantze Welt nemen / vnd auff solche nichtige vrsachen / einen solchen Streit in der Christenheit anfangen. Denn der HErr Christus dz ewige schreckliche Ach vnd wehe Matth. 18. vber die schreyet / die nur Einen aus den kleinen verergern / was wil denn wohl für ein grewlich Wehe gehen vber die / die so viel tausendt Christen gantz vnnötiger weise ergern: Noch dannoch hat der teuffel diese Leut also verblendet / das sie so sicher dabey sind / als wann sie gar recht vnd wohl gethan hetten / vnd wollen noch darbey gelobet sein / vnd grossen Danck verdienet haben. Aber jhre Sünde ruhet für der Thür / vnd wann sie dermal eins auffwachet / werden sie jnnen werden / das der Spruch Pauli an jhnen wahr werden wird: Wer euch aber jrr machet / der wird sein Vrteil tragen / Er sey wer er wölle. Galat. 5. Bey diesen zweyen vrsachen wil ich es wenden lassen. Dann ob wol mehr Vrsachen erzehlet können werden / inmassen von andern geschehen / dannoch / dieweil nicht allweg daran gelegen / Wie wir viel Argumenta wider die Widersacher auff ringen / sondern / wie man wenig vnd gute Argumenta recht vnd wol gebrauche / So können auch diese zwo vrsachen einem Christen gnug sein / das jenige zu erhalten / deswegen dieses Bedencken gestellet ist. Vnd stimmen diese zwo Vrsachen gar fein mit dem Spruch Zach. 8. Allein
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liebet Warheit vnnd Friede: Dessen sich hiebeuor die Zerbster offt in jhren Schrifften gerühmet haben / Aber jetzo mit dieser turbation beweisen / das es jhnen / in der Kirchen GOttes / weder vmb die Warheit / noch vmb den lieben Frieden zu thun sey. Dis alles aber / ob es wol etwas enger hette können eingezogen werden / habe ich doch weitleufftiger handeln wöllen / zu dem ende / das / wenn schon niemandt dieses meines Berichts vnd vnterweisung bedarff / dannoch ich für mich mein Bekentniss thue / was ich erstlich in gemein von dem Exorcismo halte / Vnd dann auch / was meine Meinung sey / wann man denselben vnzeitiger weise / vnd aus bösem vorhaben / in den Kirchen / darinnen er nach dem gepredigten Euangelio / so lange zeit gebreuchlich gewesen ist / gantz vnordentlich abschaffen wil / welchs ich so wenig / als andere frome Christen billichen kan / vnd ist gewiss / Dieweil GOtt nicht ist ein Gott des zancks vnd der vnordnung / sondern der ordnung vnd des Friedes / das jhme selbst solche abschaffung / daraus Zanck vnd Vnordnung entstehet / in keinem weg gefalle. Vnser HERR Ihesus CHristus / wölle vns bey dem Edlen Wort vnnd Warheit / auch Christlichen Kirchenordnungen / bestendig erhalten / den Feinden vnd Zerstörern oder Zerwüstern des Friedes vnd aller guter Ordnung stewren vnd wehren / Fromme Hertzen bekrefftigen vnnd stercken / das sie auffsehen auff die / welche Zertrennung vnd Ergerniss anrichten neben der Lehre / die wir gelernet haben / vnd weichen von denselben / Roman. 16. Amen. GOTT aber des Friedes / zutrete den Sathan vnter Ewer Füsse in Kurtzen. Roman. 16. Geschrieben zu Braunschwig / den 10. Augusti / Anno 1590.

Polycarpus Leiser. D.
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VNd wir Coadiutor, Senior, vnd die andern des Ehrwirdigen Ministerij in der Stadt Braunschweig / bekennen / das wir diese Schrifft von dem Erorcismo gelesen / vnd erwogen haben / vnd befinden / das sie mit der Heiligen Schrifft / vnd vnsern Confeßionibus durchaus vbereinstimme / sind auch mit vnserm Geliebten Superattendenten D. Polycarpo Leysern einer einhelligen Meinung. Vnd haben dessen zum Zeugnis / der Coadiutor vnd Sentor, im Namen des gantzen Ministerij vnsere Nahmen vnterschrieben. Actum 11. Augusti Anno 1590. M. Lucas Martini. Coadiutor. M. lohannes Gudenus. Senior. Gedruckt zu Magdeburgk / bey Wilhelm Roß / Im Jahr / 1591.


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