Transkription

Kirchner, Timotheus: Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey, vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe.
[Inhaltsverzeichnis]
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Von der Erbsünde was sie eigentlich vnd nach der heiligen Schrifft zu reden sey / vnnd warauff der heuptstreit in dieser sache beruhe.
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Das auch Vermöge der heiligen Schrifft / der Veter / des heiligen Catechismi / D. Martini Lutheri klaren zeugnissen / vnnd der Kirchen gesenge ein vnterscheid sey / zwischen der verderbten menschlichen natur selbst / vnd der Erbsünde / vnnd das sie keines weges ohne allen vnterscheid eigentlich zu reden / einerley sind.
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Desgleichen Gründliche ablehnung der einreden so vom Gegentheil zum teil aus der heiligen Schrifft vnnd sonsten sonderlich aber aus D. Lutheri büchern zur bestetigung seiner falschen jrrigen Lehre von der Erbsünde / felschlich angezogen werden etc.
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Gestellet Durch Timotheum Kirchnerum D. Pfarrhern vnd Superintendenten zu Weymar.
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15 87.
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Gedruckt zu Ihena durch Tohias Steinman.
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Der durchleuchtigen Hochgebornen Fürstin vnd Frawen / Frawen Dorothea Susanna / gebornen Pfaltzgreuin bey Rhein / Hertzogen zu Sachssen / Landgreuin in Düringen / vnnd Marggreuin zu Meissen / Witwen / meiner gnedigen Fürstin vnnd Frawen.
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DVrchleuchtige Hochgeborne Fürstin / Gnedige Fraw / Eur Fürstlichen Gnaden ist vnuerborgen / wie der leidige Sathan in dieser letzten zeit so gar ausgelassen ist / das er allerley Rotten vnnd Secten antreibt / die reine heilsame Lehre Gottlichs worts zuuerfelschen / vnd viel tausent hertzen auff seine holtz oder jrrwege abzuführen / Darzu sich denn vnter andern auff der einen seiten fürnemlich die Caluinisten weidlich gebrauchen lassen / welche tag vnnd nacht auff nichts anders tichten vnd trachten (wie denn jhre Schrifften vberflüssig bezeugen) denn wie sie jhr Caluinisch gifft weit ausbreiten / viel Kirchen vnnd menschen auff jhre seite bringen / vnnd alles mit Caluinischer lehre / als mit einer Sindflut vberschwemmen / Ist auch leider dahin gerahten / das sie ohne scheue / nicht allein die wahre wesentliche gegenwart / vnd austeilung des leibes vnnd blutes Christi / mit dem
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gesegneten brot vnnd wein im heiligen Abentmal hals starrig verleugnen / vnnd widersprechen / sondern auch öffentlich lestern / das Christo nach seiner angenommenen menschlichen natur keine Göttliche allmechtige gewalt vnd herrschafft gegenwertig vber seine Kirche vnnd alle Creaturen zu herschen vnnd regieren / gegeben oder mitgeteilt sey / des gleiche̅ mit vnuerschembter stirn fürgeben / das viel tausent kinderlein getaufft / welche doch durch die Tauffe nicht neu geboren werden / Item / das Gott in seinem ewigen raht beschlossen habe / das er den mehrer teil der menschen zum ewigen verdamnis erschaffen wolte / welche er auch nicht bekeren / noch Christum seinen eingebornen Sohn für sie leiden vnnd sterben lassen / noch sie desselbigen verdienst teilhafftig oder selig machen wolle / sondern nur seinen gerechten zorn an jhnen erkleren / vnnd was der abscheulichen lesterungen mehr sind. Auff der andern seiten vnterstehen sich die neuen Manichcer der lleben Chri stenheit stracks diesen schwarm auffzudringen / das die verderbte menschliche natur selbst / eigentlich zu reden / nichts anders sey / denn die Erbsünde / vnnd das gantz vnnd gar kein vnterscheid sey / zwischen der verderbten menschlichen natur selbst / vnnd der Erbsünde / etc. Hieruon haben sie nun ein lange zeit nicht allein viel böser bücher
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vber gantz Deudschland ausgesprengt / vnnd vieler einfeltigen hertzen hierdurch irre gemacht: Sondern haben sich nun eine gute zeit her vnterstanden / sonderlich diese Kirche mit jhrem gifft zubeschmeissen / vnsere liebe Pfarrkinder von vns als jhren ordentlichen Seelsorgern abzuziehen / vn̅ jhrem jrrigen wahn anhengig zu mache̅, daher ich denn Ampts vnd gewissens halben entlich bewogen / dieses büchlein von der Erbsünde zu schreiben / in welchem ich durch Gottes gnad den gantzen streit dermassen deutlich vnnd einfeltig meines verhoffens dem Christlicher Leser / vnnd zu förderst meinen lieben Pfarkindern / für augen stelle / das ich der gentzlichen zuuorsicht bin / sie sollen aus dieser Schrifft heilsame clare anleitung bekommen / das gute vom bösen / die warheit von der lügen abzuscheiden / vnd bey verlust jhrer seeligkeit solchen schendlichen jrrthumb zu meiden. So habe ich mich auch aller schmehwort vnnd lesterungen enthalten / vnd nur die sache an jhr selbst gehandelt / denn es mir nicht vmb die Personalia / Sondern vmb die liebe warheit zu thun / vnd nie / wie Gott weis / lust gehabt / Personal hendel zu rühren (damit dem Christlichen Leser nichts gedienet) sondern wie gemelt je vnnd allwege nur die sachen selbst vnnd die gründe derselben zu tractiren.
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Weil ich auch im werck befunden / das das Gegentheil viel einfeltiger vnuorwarneter Leut hertzen / durch etliche vbel angezogene vnd gemisdeutete Sprüche D. Lutheri seligen eingenommen vnnd verwirret / Hab ich mich in sonderheit beflissen aus D. Lutheri Schrifften vnbewegliche gründe darzuthun / Aus welchen klerlich erscheinet / das D. Lutherus des Gegentheils jrrthumb im wenigsten niemals zugethan gewesen sey: Sondern vielmehr das gegenspiel gehalten / vnnd gelehret. Wie ich denn auch auff die fürnembsten Sprüche / so sie zu beschönigung jhrer jrrigen vnnd falschen meinung aus D. Lutheri büchern pflegen einzuführen / aus Luthero selbst / mit bestendigem grund der warheit geantwortet habe / als der Christliche Leser an seinem Ort / ob Gott wil befinden wird. Solchs büchlin / Gnedige Fürstin vnd Fraw / habe Eurer Fürstlichen Gnaden / ich in vntertheniger demut fürnemlich dreyer vrsachen wegen zuschreiben wollen / Erstlich dieweil mir bewust / das eur Fürstlich Gnaden diesen streit / (wie auch andere) so sich zu diesen vnsern betrübten zeite̅ erhaben / durch Gottes gnade verstehen / vnnd Christlich daruon nach Gottes wort vrteilen / auch wenn es die notturfft der sachen erheischet / die warheit mit grund verteidigen / vnnd den wi
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dersprechern das maul stoppen können / welchs E. F. G. etc. für der gantzen Christenheit billich rhümlich nachgesaget vnd geschrieben wird / das sie mit solchem grossen vleis der warheit in diesen letzten zeiten (da wenig befunden werden / so sich vmb dieselbige bekümmern / vnd mit solchem ernst annemen) nachforschen / vnd die erkante warheit ohne scheu / do es nötig / für dieser argen welt gerne bekennen. Zum andern / das mit solchem E. F. G. lobwirdigen hohen exempel / ich meine liebe Pfarrkinder vnd andere Christen / zu gleichem vleis vnd ernst vmb die liebe warheit sich anzunehmen vnd den jrrthumen feind zu werden / reitzen vnd bewegen möchte / Es lautet je wol / vnd macht bey from men hertzen ein Christlichen guten gedancken / wenn sie hören vnnd sehen / das solche hohe Fürstliche Persohnen jhnen Gottes ehre / sein liebes vnnd allein seeligmachendes wort vnnd warheit / so treulich lassen angelegen sein. Zum dritten / das gegen E. F. G. der vielfeltigen wolthaten wegen / so sie beides meiner geringen Person vnnd den meinen bewiesen / in vntertheniger demut durch diese geringe dedication ich mich etlicher massen auch öffentlich danckbar erzeigete / vnterthenig bittende / E. F. G. wollen solch mein Christlich vnnd wolmeinlich fürnemen
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in allen gnaden vermercken. Befehle hiemit E. F. G. in den gnedigen schutz des allmechtigen / Der wolle E. F. G. langes leben vnnd gesundheit geben / dieselben vielen menschen zu trost / noch lange zeit fristen vnnd sparen / vmb seines lieben Sohns Ihesu Christi / vnsers einigen mitlers vnd gnadenthrons willen. Amen. Datum Weymar den 18. May Anno Christi 1587. Euer Fürstlichen Gnaden Vntertheniger Diener am wort Gottes Timotheus Kirchnerus D.
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Vorzeichnis der sachen so in diesem Tractat von der Erbsünde gehandelt werden.
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I.
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ABlehnung etlicher jrrigen meinungen von der Erbsünde / so vns das Gegentheil gerne antichten wolle.

II.
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Was denn die Erbsünde eigentlich zu reden sey.

III.
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Woruon denn der heupstreit in dieser sachen sey.

IIII.
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Beweis aus der heiligen Schrifft / das die verderbte natur des menschen eigentlich zu reden die Erbsünde selbst nicht sey / sondern das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur selbst / vnd zwischen der Erbsünde.

V.
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Beweis aus der heiligen Veter Schrifften / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur des menschen vnd zwischen der Erbsünde.

VI.
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Be weis aus dem heiligen Catechismo / das ein vnterscheid sey / zwischen der verderbten menschlichen natur / vnd zwischen der Erbsünde.
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VII.
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Beweis aus D. Lutheri Tomis oder büchern / das er öffentlich vnd deutlich gelehret / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur selbst vnd zwischen der Erbsünde.

VIII.
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Beweis das ein mechtiger grosser vnterscheid sey zwischen D. Lutheri lehre von der Erbsünde / vnd des Gegentheils jrriger meinung.

IX.
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Beweis aus den Christlichen Kirchen gesengen / welche der Christenheit gemeines bekendnis sein / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur / vnd zwischen der Erbsünde.

X,
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Ob der Sathan ein Schöpffer des alten mensche̅ des steinern hertzens vnd des sündlichen fleisches sey.

XI.
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Ob man mit grunde vnnd bestande der warheit sagen möge / das die natur / so fern sie Gottes des allmechtigen geschöpff / noch heutiges tages ist / gut sey.

XII.
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Vom vnterscheid des Physici hominis, das ist / des natürlichen menschens vnnd Theologischen
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menschens / dauon das Gegentheil viel wort zu verlieren pflegt / vnd sich selbst verwirret.

XIII.
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Ob des Gegentheils lehre von der wesentlichen verwandelung leibs vnnd der Seelen durch den fall Adae in die Erbsünde selbst / vnnd hin wieder von wesentlicher verwandelung derselben in die wesentliche gerechtigkeit selbst / so in der bekerung des menschens zu Gott durch den heiligen Geist geschehen sol / recht / vnd in Gottes wort gegründet sey.

XIIII.
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Verantwortunge der einreden / dadurch Gegentheil sich vnterstehet / vnsern Kirchen Pelagianische jrrthumb zu zu messen / vnnd gründlicher bericht / das es denselben hieran für Gott vnrecht thue.

XV.
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Antwort auff die einreden von dem Manicheismo / vnd gründlicher beweis / das das Gegentheil im grunde Manicheische jrrthumh verteidige.

XVI.
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Bestendige antwort auff die vbel angezogene Sprüche der heiligen Schrifft / mit welchen sich Gegentheil vnterstehet seine meinung zu erweisen / das die Erbsünde des verderbten menschen natur selbst ohne vnterscheid sey.
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XVII.
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Antwort auff die Sprüche / so Gegentheil aus D. Lutheri Schrifften allegirt / seinen jrrigen wahn von der wesentlichen Erbsünde hiedurch zu bestetigen.
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I. Ablenung Etlicher jrrigen meinungen von der Erbsünde / so vns das Gegentheil gerne antichten wolte etc.
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ANfenglich gibt vns das(I. Wir leren nicht das die Erbsün de etwas selbstendiges abgesondertes sey.) Gegentheil schuld / wir lehren von der Erbsünde / das sie etwas wesentliches selbstendiges oder abgesondertes sey / so von aussen zu des menschen natur kome / wenn sie albereit erschaffen / vnd dieselbige als denn erst vorunreinige etc. Welcher jrriger Manicheischer wahn vns nie in sinn komen. Denn vnser glaub / lehr vnd offentlich bekendtnis hieruon ist / das die Erbsünde nicht etwas wesent liches oder selbstendiges abgesondertes sey / so von aussen nach der erschaffung erst zu des menschen Leib vnnd Seele komme / vnd dieselben vorderbe / wie etwa die Manicheer geschwermet haben: Sondern das die Erbsünde / oder der tieffe jemmerliche vnd greuliche Erbschade eben in dem Samen sey / daraus wir in Mutterleibe in Sünden empfangen vnd geboren werden. Psal. 51. Sihe ich bin aus sündlichem Samen gezeuget etc. Darumb das Gegentheil disfals falsch zeugnis wieder vns gibt. Es gibt vns das Gegentheil auch dieses schuld / als solten wir lehren / das die natur vnd natürliche krefften des
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(II. Wir leren nicht das die natur durch die Erbsünde vnuerruckt blieben.) menschen durch die Erbsünde vnuerruckt oder vnuersehret solten blieben sein. Darumb es vns auch Natur heiligen / Natur preiser etc. schild / aber es thut vns für Gott vnrecht. Denn wir festiglich mit der heiligen Schrifft gleuben / lehren vnnd bekennen / das die gantze menschliche natur / vnnd derselben natürliche krefften / durch die Erbsünde jemmerlich vnd erbermlich vorderbt sind / viel tieffer vnnd mehr als wir menschen vorstehen / oder mit worten aussprechen können / Ephes. 2. Wir waren von natur kinder des zorns / Rom. 8. Fleischlich gesinnet sein / ist eine feindschafft wieder Gott. Matthei am 15. Aus dem hertzen komen arge gedancken etc. Vnd wie die Christliche Kirche singet: Durch Adams fall ist gantz vorderbt / menschlich Natur vnnd wesen / dasselbig gifft ist auff vns geerbt / das wir nicht kondten genesen etc. (III. Wirhalten nicht das die Erbsün de nur ein angeflogen accidens sey.) Also misset es vns auch zu / das wir halten sollen / die Erbsünde sey nur ein angeflogen Accidens oder zufal / so von aussen an der Natur klebe / wie ein schwartz fleck im angesicht / oder eine heßliche farbe an der wand / welche auch leichtlich dauon abgewaschen vnd abgethan werden könne / welchs accidens oder zufelliger schade auch die natur habe gantz vnuorsehret bleiben lassen. Aber es ist auch ein falsch zeugnis. Denn wir gleuben / lehren vnnd bekennen / das die Erbsünde ein solcher schade oder seuche sey / welche durch die gantze natur durchgedrungen / vnnd alle krefften jnnerlich vnd eusserlich zum höchsten vorderbet habe / also das nichts vnuorderbts vnuorseretes vnd mehr am menschen oder an seiner Seele vnnd Leibe jnnerlich vnnd eusserlich geblieben sey / wie kurtz hernacher solle ausgeführet werden / vnd das solcher schade durch kein menschliche krafft / freyen willen / Synergiam / wircken oder that könne geheilet / sondern allein durchs werde vnnd tewre Blut
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des Sohns Gottes Ihesu Christi möge ausgetilget / aus gnaden vorgeben / vnnd durch die krafft des heiligen Geistes ausgefeget oder ausgetilget werden. Solcher gestalt leget es vns auch dieses zu / als solten(IIII. Wir leren auch nicht / das die Erbsünde nur ein solcher mangel sey / dadurch Gettes ebenbilde als eine eusser liche zier vom menschen weggenomen.) wir gleuben vnnd lehren / Die Erbsünde sey nur ein solcher mangel / dadurch Gottes Ebenbild als ein eusserliche zierde vom menschen weggenommen / vnter des aber sey die natur des menschen an leib vnd Seele vnuorruckt geblieben / gleich als wenn einer Jungfrawen der Krantz vom heupt genommen wird / vnd sie doch eine vnuorruckte Jungfraw ist vnd bleibet. Solchs ist wol etwa der Schullehrer im Babstumb gedancke gewest / aber vom D. Luthero aus Gottes wort billich verworffen / wie er denn von vns auch ernstlich gestrafft vnd verworffen wird / Sintemal wir gleuben / vnnd ausdrücklich lehren / das das ebenbilde Gottes vnd Erbgerechtigkeit dem menschen für dem fallconnaturalis, das ist / eingenaturt gewesen sey / vnd das menschliche natur vnnd wesen durch verlierung derselben gantz vorderbt sey. Sie wolten vns auch gerne zu messen / als hielten wir /(V. Wir leren auch nicht / das die Erbsünde nur ein frembde schuld sey.) das die Erbsünde nur ein frembde schuld wehre / so vnsere natur nicht vorderbt / wie etwa die Schullehrer auch gedichtet haben. Aber solchs hat vns nie getreumet / geschweige das wirs solten gelehret haben / den̅ wir das gegenspiel öffentlich in vnsern Schrifften lehren vnd bekennen. Sie dringen auch auff vns / als solten wir auff gut Pelagianisch(VI. Alsohalten wirs nicht mit den Pelagianern / welche für gaben / das der mensch one Erbsünde empfangen.) halten / das der mensch ohne die Erbsünde empfan gen / vnnd geboren werde / oder das die menschliche natur nicht in sünden empfangen vnnd geboren würde. Solchs aber ist ein öffentlich falsch zeugniß / wieder das achte gebot. Denn je alle vnsere Schrifften vnnd Predigten das gegenspiel bezeugen / in welchen ausdrücklich gesetzt wird / das alle
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menschen in der Erbsünde in mutterleib empfangen / vnnd nochmals geboren werden / vnd das die Pelagianer vnrecht gelehret / da sie fürgeben haben / das kein fleisch sündtlich geboren werde / oder das kein mensch in der Erbsünde empfangen vnd geboren werde. So viel an diesem ort / von den jrrigen meinungen / so vns das Gegentheil in diesem streit von der Erbsünde gerne zumessen wolte.

II. Was denn die Erbsünde eigentlich zu reden sey.
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(Erbsünde was sie eigentlich sey.) DIe Erbsünde (eigentlich dauon zu reden vnd zuschreibe̅) ist anders nichts / als dievnaussprechliche grundlo se vnd aller tieffeste vorderbung / allen menschen von Adam angeboren / vnd in der empfengnuß angeerbet Psal. 14. 51. so auff die verlierung des Ebenbildes Gottes vnd Erbgerechtigkeit erfolget / welche auch des menschen natur gantz an Leib vnd Seel / vnd derselben jnnerliche vnd eusserliche krefften zu grund vorderbet / vnnd dermassen erbermlich zugerichtet / das nichts gesundes oder vnbeflecktes an jhnen geblieben. Daher ferner der mensch in Göttlichen sachen blind Lucae. 1. Jesatae. 9. Sein wille von Gott abgewand / vnnd zum bösen geneigt Rom. 8. Sein hertz ein feind Gottes Rom. 8. vnd seines gesetzes. Vnd alle sein tichten vnd trachten von jugend auff zum argen gewogen Genes. am 6. 8. Matth. 15. Auch die glieder des leibes zu waffen der vngerechtigkeit sich begeben Rom. 6. Daraus abermals erfolget / das der mensch in sachender Seeligkeit aus vnnd von sich selbst nichts gutes gedencken /
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2. Corinth. 3. oder wircken kan / sondern zum guten erstorben ist Ephes. 2. vnnd demnach des menschen wiedergeburt vnnd bekehrung / nicht des freien willens / Synergien oder vorderbten menschlichen kreffte / sondern ein pur lauter gnadenwerck Christi oder des heiligen Geistes ist / Johan. 3. Titum. 3. Wie denn auch solcher Erbschaden so tieff in vnsere natur eingewurtzelt / das ob er wol den gleubigen vmb Christi willen vorgeben wird / vnnd durch den H. Geist anfehet ausgetilget zu werden / Luc. 10. doch nicht denn durch den Todt gentzlich von des menschen natur abgescheiden wird Rom. 7. 8. 1. Corinth. 15. Ist auch der mensch solcher Erbsünde halben vnter des Teufels gewalt / Luc. 11. Ephes. 2. vnd schüldig des Todes vnnd ewiger verdamnis / wo er nicht vmb Christi willen durchs wort vnnd heiligen Sacramenta vorgebung vnnd gnad erlangt. Rom. 3. 5. Aus welcher richtigen vnd deutlichen beschreibung klar ist / das wir diesen grossen schaden / den man gewönlich die Erbsünde nennet / im wenigsten nicht vorkleinern / sondern dauon also im hertzen gleuben vnd mit dem munde lehren vnnd bekennen / wie vns die H. Schrifft darzu anleitung gibt vnd fürleuchtet. Das Gegentheil aber beschreibt die Erbsünde / also / das sie ohn allen vnterscheid die verderbte natur selbst sey / vnnd das zwischen der Erbsünde vnd verderbten natur des menschen gar kein vnterscheid zu machen sey. Nu ist dieses gewiß vnd kan das Gegentheil in alle Ewigkeit nicht erweisen / das weder im alten nochim newen Testament jrgent ein Spruch vorhanden sey / darinnen ausdrücklich vnd deutlich mit diesen worten gesagt würde / das die vorderbte natur des men
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schen eigentlich vnnd ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst were / oder das eben so viel ist / das die Erbsünde des verderbten menschen natur ohne vnterscheid selbst were. Wir können auch dem Gegentheil mit frölichem hertzen trotz bieten / das sie etwa ein solchen Spruch aus der Bibel fürbringen / in welchem jhre beschreibung / das die Erb sünde eine natur / oder vnser natur vnnd selbstendiges wesen selbst ohne vnterscheid were / mit außdrücklichen deutlichen werten bekrefftiget würde. Das thut die heilige Schrifft wol / das sie des menschen Leib einen leib des Todes heist / Rom. 7. Darumb das die menschliche natur oder leib durch die Erbsünde jemmerlich vnd greulich verderbt / vnd dem To de vnterworffen ist / Aber das sie mit dem Gegentheil sagen solte / das die verderbte natur der Tod oder die Erbsünde ohne allen vnterscheid selbst were / das thut sie mit keinem worte nicht / mag auch daraus nimmermehr erwiesen werden. Psal. 51. beschreibt der heilige Geist durch Dauids seder die Erbsünde also: Das sie ein greulicher schade oder verderbung sey / in welchem der mensch / im mutterleib empfangen vnd geboren werde / Sihe / ich bin aus sündlichem samen gezeuget / vnnd in sünden empfieng mich meine mutter / Aber das sagt er nicht / das der mensch oder die verderbte menschliche natur ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey. Wie denn auch in der Erbsünde empfangen vnd geboren werden / vnnd die Erbsünde ohn allen vnterscheid selbst sein / nicht einerley / sondern vnterschiedliche ding sein. Psal. 14. spricht er abermals / die menschen sind vntüthtig / das ist / durch die Erbsünde schrecklich vorderbt vnnd für Gott stinckend worden / das keiner ist der guts thue / auch licht einer etc. aber doraus kan noch lange nicht erwiesen
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werden / wie das Gegentheil tichtet / das der halben die menschliche natur / durch die Erbsünde die vntüchtigkeit selbst worden / also das numehr kein vnterscheid sey zwischen der vorderbten natur vnd der Erbsünde / dadurch der mensch vntüchtig gemacht ist. Der Herr Christus Matth. 15. beschüldigt auch das menschliche hertz / das aus demselben komen arge gedancken etc. Aber das sagt er nicht / das zwischen dem menschlichen hertzen / als zwischen einem geschöpff Gottes / vnd der Erbsünde selbst / gar kein vnterscheid sey / vnnd das das verderbte hertz die Erbsünde eigentlich zu reden selbst sey. Lucae. 1. stehet / das wir menschen (freilich der Erbsünde wegen) im finsterniß des Todes sitzen / anzuzeigen / das der verstand im menschen durch die Erbsünde dermassen vorfinstert / vnnd vorderbt sey / das er Christum mit seinen wolthaten / aus seinen krefften / freyen willen oder Synergia / gar nicht ergreiffen könne. Er setzt aber das nicht dabey / das der wegen zwischen der vorfinsterung vnnd dem menschen selbst gar kein vnterscheid blieben sey / oder das der vorderbte mensch / eigentlich zu reden / ohne allen vnterscheid / die finsternis oder Erbsünde selbst sey. Rom. 8. spricht Paulus / Fleischlich gesinnet sein sey eine feindschafft wieder Gott / vnnd das ist die gewisse warheit. Er setzet aber gleichwol des Gegentheils beschreibung nicht / das derhalben der vorderbte mensch mit Leib vnd Seel ohn allen vnterscheid selbst die Erbsünde sey. 1. Corinth. 2. schreibt Paulus / der natürliche mensch vorstehe nichts vom geist Gottes / denn es sey jhm eine thorheit / Noch dennoch hebt er derwegen den vnterscheid zwischen der vorderbten menschlichen natur / vnd der Erbsünde mit keinem Buchstaben auff. Beraubt wol den natürlichen
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menschen wegen der Erbsünde des verstandes in Gottes sachen / aber sein natur vnnd wesen selbst macht er drumb nicht zur Erbsünde / wie vnser Gegentheil tichtet vnnd dringet. Genesis. 6. 8. zeigt wol der heilige Geist an / das die Erbsünde ein solcher tieffer schade sey / durch welchen alles tichten vnd trachten menschliches hertzens vorderbt / das es nur zum argen geneigt sey. Beschreibt aber auch die Erbsünde nicht also / das sie ohne allen vnterscheid des menschen hertz oder verderbte natur selbst sey. Rom. 6. bekent Paulus frey / das die Erbsünde eine solche vorderbung leibes vnd Seelen sey / das auch die glieder des leibes daher sich zu der vngerechtigkeit gebrauchen lassen / von einer sünde zur andern. Das er aber mit dem Gegentheil sagen solte / die menschliche natur / oder glieder des verderbten menschen weren ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst / das thut er nicht. 2. Corinth. 3. beschreibt er gleichsfals die Erbsünde also / das sie ein solches vnaussprechliches vbel sey / das desselben wegen menschliches hertz nichts gutes gedencken / tichten oder anfahen könne etc. mit keinem wort aber lest er sich vnsers Gegentheils opinion nach vernehmen / das sie das menschlich hertz natur oder wesen des menschen selbst ohne allen vnterscheid sey. Ephes. 2. wird die Erbsünde auch abgebildet / das sie menschlich natur vnnd wesen also vorderbt habe / das der mensch in sünden todt sey. Das find man aber nicht / das er mit dem Gegentheil lerete / das die verderbte natur des menschen selbst ohne allen vnterscheid die sünde oder der Todt were. In summa / Es kan / wie gemelt / kein Spruch aus der
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Bibel fürbracht werden / in welchem die Erbsünde des Gegentheils geticht vnd fürgeben nach also beschrieben würde / das sie eigentlich vnnd ohne allen vnterscheid zu reden / die vorderbte menschliche natur selbst were. Derwegen sol kein Christen mensch das Gegentheil mit seiner beschreibung der Erbsünde / da sie sagen die Erbsünde sey eigentlich zu reden die vorderbte natur ohne vnterscheid selbst / hören / oder dieselbe annemen / dieweil augenscheinlich / das sie aus der heiligen Schrifft mit keinem Spruch mag erwiesen werden / vnnd so viel auff dißmal vnnd an diesem Ort genug / was die Erbsünde nach der Schrifft sey / vnd was sie nicht sey. Der ander Artickel Augspurgischer Confession beschreibt die Erbsünde also / das sie sey eine angeborne seuche / daher kome / das alle menschen von Mutterleib an voller böser lust vnd neigung sind / vnd keine ware Gottes furcht / keinen waren glauben an Gott / von natur haben können etc. Damit des Gegentheils geticht zum wenigsten nicht gebillichet wird / das nemlich die menschliche natur selbst ohne allen vnterscheid die Erbsünde sey / Es kan auch das Gegentheil sonst mit keinem wort / aus der Augspurgischen Confession erweissen / das darinnen diese beschreibung der Erbsünde stehe / das sie nemlich eigentlich zu reden ohn allen vnterscheid die vorderbte natur selbst sey. Die Apologia der Augspurgischen Confession spricht / die Erbsünde sey ein mangel der gerechtigkeit / Item / blindheit im hertzen etc. aber mit keinem Buchstaben lest sie sich des Gegentheils jrrige meinung zubestetigen vornehmen / das sie die vorderbte natur des menschen selbst eigentlich zu reden sey. Die Schmalkaldischen Artickel setzen diese beschrei
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bung / das die Erbsünde sey eine gar tieffe böse verderbung der natur / welche keine vernunfft kennet / sondern müsse aus der Schrifft offenbarung gegleubt werden. Aber hie findestu nicht einen Buchstaben oder wörtlein dauon / das die verderbte natur selbst solte die Erbsünde ohne allen vnterscheid sein. Darauff vnser Gegentheil (aber ohne grund) so hart vnd fest ohne vnterlaß dringet. Darauß offenbar / das des Gegentheils beschreibung der Erbsünde / weder in der heiligen Schrifft / noch in der Augspurgischen Confession vnnd derselben Apologia einen bestendigen gewissen grund habe / vnnd derwegen billich zu fliehen sey.

III. Woruon denn der Heuptstreit in dieser sachen sey.
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OB nu aus der beschreibung der Erbsünde / so bißher aus der Schrifft / Augspurgischer Confession / vnd Apologia eingeführet / klar / was zwischen vns vnd dem Gegentheil / so Illyrico zugethan / in diesem Artickel von der Erbsünde gestritten werde / jedoch wil ich dem einfeltigen Leser zur nachrichtung in diesem Capite sonderlich hieruon handeln / damit sich niemands zu beklagen / er wisse nicht wo rüber man sich zweie / weil man von beiden teilen bekenne / das die gantze Natur Leibs vnd der Seelen durch die sünde von Gott abgewendt / vnd zum guten erstorben sey. (Worauff der Heuptstreit stehe) Kürtzlich zu berichten / stehet der Heuptstreit darinnen / ob die Erbsünde eigentlich vnd ohne allen vnterscheid sey die vorderbie natur vnnd wesen des menschen selbst / also das
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gantzvnd gar kein vnterscheid mehr sey / zwischen vnserm leid vnd Seelen selbst / vnd zwischen der Erbsünde / welche meinung vnser Gegentheil vorteidiget. Oder aber ob die Erbsünde keine substantz natur oder wesen / oder etwas selbstendiges sey / vnnd also auch des verderbten menschen natur selbst nicht sey / vnnd ob nach dem fall Adae / vnnd erfolgten vorderbung nochmals ein vnterscheid bleibe / zwischen der vorderbten natur des menschen vnd zwischen der Erbsünde. Ob wol in diesem Leben nicht eben für augen / die natur für sich besonders / vnnd die Erbsünde auch für sich kan gewiesen werden: Sondern dieser vnterscheid allein durch Gottes wort vnnd die Artickel des Christlichen glaubens gezeigt wird etc. welches wir vnsers theils vorteidigen. D. Lutherus in seinem Genesi Cap. 1. fol. 17. 18. vorgleicht die Erbsünde mit dem aussatz / da ein jeder Christ vorstehen kan / das wie ein anders ist der aussatz / vnd ein anders das fleisch / so durch den aussatzverderbt ist / also sey auch noch ein vnterscheid zwischen der vorderbten natur vnd der Erbsünde. Vnd wie der müste seiner sinne beraubt sein / der fürgeben wolte / das aussatz vnd des menschen fleisch durch den aussatz vorderbt / ohne allen vnterscheid einerley weren. Also ists gewißlich war / das die jenigen / so da streiten / das die vorderbte natur des menschen selbst ohne vnterscheid die Erbsünde sey / wieder die öffentliche warheit / vnd wieder jhr gewissen handeln / sie bementelns gleich wie sie wollen. Aber das sey gnugsam vom Heuptstreit in dieser sache. In summa der Heuptstreit in dieser sache ist nicht dauon / wie groß die Erbsünde sey / vnd das sie nicht zuuorkleinern sey: sondern was sie eigentlich zu reden sey.
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IIII. Beweis aus der heiligen Schrifft das die vorderbte Natur des menschen eigentlich zu reden die Erbsünde selbst nicht sey / sondern das ein vnterscheid sey zwischen der vorderbten natur selbst vnnd zwischen der Erbsünde.
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WIewol nu im andern Teil dieser Schrifft nohtdürftig vnd gründlich dargethan / das des Gegentheilß beschreibung der Erbsünde falsch sey. Jedoch wollen wir in diesem Capite ferner erweisung aus heiliger Schrifft einführen / das die Erbsünde nicht sey die vorderbte natur selbst / sondern das sie von derselben nach Gottes wort vnnd Artickeln des Glaubens / zu vnterscheiden sey. Vnd ist der Erste grund dieser. (1. Grund.) Die vorderbte natur des menschen auch nach dem fall bestehet aus diesen zweyen / nemlich aus leib vnd Seel. Da nu der leib die Erbsünde selbst sein solte / würde Paulus zun Rom. 6. nicht geschrieben haben / Last die sünde nicht herschen in ewrem sterblichen leibe. Vnd Rom. 7. die sünde die in mir wohnet. Er hat aber also geschrieben / Derwegen ist klar / das er leib vnd Erbsünde / eigentlich zu reden nicht für einerley gehalten. Das die Seele die Erbsünde selbst nicht sey / ist daraus gewiß / denn die Seele des menschen auch itzo ist ein Geist oder geistlich wesen von Gott selbst erschaffen / vnd ist vne sterblich. Nu ist aber die Erbsünde / weder ein von Gott erschaffener Geist noch vnsterblich. Wie solches alle from
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hertzen für sich selbst ohne weitleufftige erinnerung verstehen vnd bekennen müssen. Denn solte die Seele des menschen selbst die Erbsünde ohn allen vnterscheid sein / so müste das Gegentheil zugeben / das die Erbsünde ein geistlich wesen were / desgleichen das die Erbsünde von Gott erschaffen. Da wolte nu eine schöne Theologia aus werden. Item / solte die Seele des vorderbten menschen ohne allen vnterscheid die Erbsünde sein / so müste das Gegentheil abermalß gestehen / das die Erbsünde ein geistlich vnsterblich wesen were / das nimmermehr köndte getödtet werden / Ja das auch vberbleibe ob gleich der mensch stürbe. Denn die Seele stirbet nicht / sondern bleibet vber / auch nach dem absterben des menschen / ja lebet ewiglich / sie gerate vnnd kome wo hin sie wolle / ins ewige Leben oder ins ewige verdamnis. Dieses aber kan der Erbsünde niemands zuschreiben / er wolle denn die gantze heilige Schrifft vmbstossen vnd lügenstraffen. Bleibt demnach der vnterscheid zwischen der Seele des vorderbten menschen vnd zwischen der Erbsünde nochmalß feste vnd vnbeweglich stehen. Rom. 7. spricht der Apostel Paulus / die sünde wone in(2. Grund.) seinem fleische / derwegen es (vermög des heiligen Geistes wort / so er durch Paulum vorzeichnen lassen) nicht sein kan / das das fleisch oder menschliche natur auch nach der vorderbung / vnnd die Erbsünde ohn allen vnterscheid einerley sein solten. Denn das jenige so in einem andern wonet / vnd das darinnen es wohnet / sind vnterscheiden. Die sünde wohnet im fleisch / darumb ist das fleisch vnd die Erbsünde / welche im fleisch wohnet / nicht einerley. In ermeltem Capite schreibt der Apostel / das die sünde(3. Grund.) in seinen gliedern wohne. Daraus offenbar / das die Erb
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sünde vnnd glieder nicht durchaus ohne allen vnterscheidt einerley sind / sondern das ein vnterscheid zwischen denselben sey vnnd bleibe / das Gegentheil sehe süsse oder saur dazu. (4. Grund.) Desgleichen schreibt er auch in diesem siebende̅ Capittel / die sünde hange jhm an / Peccatum adjacere sibi / wie kans denn nach des Apostels wortten war sein / das (wie das Gegentheil fürgibt) zwischen der verderbten natur selbst / welcher die sünde anhanget vnnd zwischen der Erbsünde / so an der natur hangt / kein vnterscheid sey. (5. Grund.) Rom 1. wird auch mit deutlichen wortten ermeldter vnterscheid bekrefftiget / der zorn Gottes spricht Paulus / wirdt offenbaret vom Himmel vber alles gottloß wesen / vnnd vngerechtigkeit der menschen / da er deutlich anzeiget / das die menschliche natur gestrafft vnnd Gottes zorn vber sie offenbaret werde / nicht darumb / das Gott der menschlichen natur an oder für sich selbst als die sein geschöpff ist / feind sey / vnnd mit derselben zörnete / oder aber das die menschliche vorderbte natur selbst ohne allen vnterscheid die Erbsünde were: Sondern vmb des Gotlosen wesens willen / vnnd vngerechtigkeit aller menschen / so sich bey allen ohne vnterscheid findet. Daraus abermals vnwiedersprechlich folget / das ein vnterscheid zwischen der verderbten menschlichen natur sey / vnnd zwischen der Erbsünde / von welcher es herrüret / das die menschliche natur zu allem gotlosen wesen vnnd vngerechtigkeit geneigt / vnnd derwegen Gottes zorn vnnd straffe vnterworffen ist. (6. Grundt.) Rom. 3. stehet / sie sind alzumal sünder / vnnd mangeln des ruhms / den sie an Gott haben sollen. Da spricht Paulus nicht: wir sind alzuma die Erbsünde selbst (wie
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er denn hette thun müssen / wenn er dafür gehalten / das die verderbte sündige natur selbst ohn allen vnterseheid die Erbsünde were) sondern er spricht / wir sind Sünder. Nennet auch die Erbsünde einen mangel / vnnd nicht die verderbte natur oder wesen des menschen selbst. So sind auch sünde vnnd mangel keine substantz oder wesen / sondern schaden / dadurch das wesen des menschen greulich verderbt ist. Ob auch gleich die wörtter / sünde vnnd verderbt / also erkleret werden / das die Erbsünde eine gegenwertige boßheit im menschen sey / vnnd nicht allein ein mangel oder darbung der gerechtigkeit / die man für Gott haben solle / dennoch folget daraus nicht / das sie das wesen oder natur des verderbten menschen ohne vnterscheid selbst sey: Sondern das bleibet / das sie ein gebrechen / schaden / tieffe verderbung / in des menschen natur vn̅ wesen sey / der warhafftig in derselben natur gegenwertig / nicht aber die natur oder wesen des mensche̅ selbst ist. Gleich wie ein gefehrliche tödlichewun den wol des mensche̅ Leib greulich verderbt / ist aber dennoch darumb der leib oder mensch eigentlich zureden selbst nicht. Bleiben demnach des Apostels Pauli wort fest stehen / (wie sie denn müssen stehen bleiben wieder alle pforten der Hellen) so mus auch der vnterscheid zwischen der verderbeten natur / vnnd zwischen der Erbsünde fest stehen bleiben / vnd mag nimmermehr auffgehoben oder vmbgestossen werden. Rom. 5. schreibt Paulus. Die sünde sey durch einen(7. Grundt.) menschen in die welt kommen / nu wird durch das wort Welt / das gantze menschliche geschlecht begriffen. Von diesem sagt er / das die Erbsünde durch Adam in dasselbige kommen sey (freilich aber nicht von aussen her / als eine sonderliche substantz oder abgesondertes wesen / wie die Ma
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nicheer etwa geschwermet haben / vnnd vnser Gegentheil vns auch gerne antichten wolte) sondern durch seinen vngehorsam / durch welchen er sich von Gott abgewand / vnnd darnach solchen greulichen schaden auff seine nachkommen durch die Empfengnis in Mutter leibe angeerbet. Was nu durch die Empfengnus vnd in derselben in Mutterleibe in die menschliche natur als eine greuliche seuche vnnd innerlicher vnaussprechlicher schade oder verderbung kommen ist / das ist ja vnnd kan auch die menschliche natur ohne allen vnterscheid selbst nicht sein. Die Erbsünde ist solcher gestalt in vnnd durch die Empfengnus in mutterleib in die menschliche natur als ein greulicher schade vnd verderbung kommen. Denn der same daraus wir empfangen werden ist vnrein / vnnd durch die sünde verderbt. Derwegen ist vnwiedersprechlich war / das sie des menschen substantz / natur / wesen / oder Leib vnnd Seel selbst nicht sey. (8. Grundt.) Abermals spricht Paulus Rom. 7. Die sünde erkandte ich nicht / denn durchs Gesetz / denn ich wuste nichts von der lust / wo das Gesetz nicht hette gesagt: Las dich nicht gelüsten. Da nam aber die sünde vrsach vom Gebot / vnnd erregte in mir allerley lüste etc. Der streit zwischen vns vnd dem Gegentheil ist / ob die Erbsünde ohne allen vnterscheid des verderbten menschen natur Leib vnd Seele selbsten sey / oder / ob auch nach der vorderbung der natur zwischen der Erbsünde vnnd verderbten natur ein vnterscheid sey vnnd bleibe. Wenn nu S. Pauli meinung gewest / das die verderbete natur / Leib vnnd Seele selbst ohn allen vnterscheid die Erbsünde weren (wie vnser Gegentheil streitet) hette er so deutlich vnnd klar zwischen jhme selbsten / vnd zwischen der
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Sünde in jm / nicht vnterscheiden sollen / wie erthut. Den̅ er spricht ja deutlich / ICH erkandte die sünde nicht / ohne durchs Gesetze / Item / ICH wuste nichts von der lust / wo das Gesetz nicht hette gesagt / Laß dich nicht gelüsten / Item die sünde erregte INMIR allerley lüsten. Paulus der die sünde durchs Gesetz erkandt / vn̅ die sunde / die er durchs Gesetz erkandt / sind ja nicht ohne vnterscheid einerley. Item der ICH oder Paulus dervon der lust aus der vernunfft nichts wuste / ist ja nicht selbst die sünde gewest / dieweil er durch das wörtlein (ICH) sich selbst von der sünde vnterscheidet. Also spricht er auch / die sünde erregte / in mir allerley lüste / Derwegen ist ja ein vnterscheid zwischen Paulo oder seiner vorderbten natur / vnd zwischen der sunde gewest / vnd also in andern menschen auch. Weil denn der Hocherleuchte Apostel so klar zwischen der vorderbten Natur selbst / vnd der sünde vnterscheidet weshalben solten wir vns den̅ / von dem Gegentheil bereden lassen / diesen klaren vnterscheid hindan zu setzen / vnnd wieder seine klare wort / aus der Erbsünde vnnd vorderbten natur ohne vnterscheid einerley zu machen. Also ist auch dieser Grund gewiß vnd bestendig / da(9 Grund.) Paulus Rom. 7. schreibet / Wir wissen das das Gesetze geistlich ist / Ich aber bin fleischlich vnter die sünde verkauft etc. Mit welchen worten er deutlich zwischen der Erbsünde vnd fleischlichen oder verderbten Natur vnterscheidet. Da auch sein fürhaben gewest mit dem Gegentheil zu lehren / das die Erbsünde ohn alle̅ vnterscheid des verderbten menschen leib vnnd Seel selbst were / so hette er seine wort also formiren müssen / vnd sagen / Ich der ich ohn allen vnterscheid selbst die Sünde bin mit leib vnnd Seel vnter das wesen meiner Scele vnd leibes vorkaufft / was wolte aber das fur eine vngeheure verwirrte rede sein?
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Rom. 5. cap. beweiset der Apostel abermals mit bestendigem grund / das die verderbte Natur die Erbsünde eigendlich zu reden nicht sey / sondern viel mehr das ein vnterscheid zwischen derselben vnnd der verderbten Natur sey / vnnd spicht erstlich also / das Christus für vns gestorben / da wir noch sünder waren / vnd nicht da wir selbst die sünde waren. Zum andern / wir werden durch jhn behalten für dem zorn / nach dem wir durch sein blut gerecht worden sind / vn̅ nicht / die sünde wird durch jhn behalte̅ für dem zorn. Ite̅ er spricht nicht / die sünde sey durch Christi blut gerecht worde̅ / sondern wir / das ist / wir menschen. Zum dritten / wir sind Gott versü net durch den Tod seines Sohns / vn̅ nicht / die sünde ist Got versünet durch den Todt seines Sohns etc. Wie er den̅ sprechen müste / wen̅ er hielte / das zwischen der Erbsünde vnd ver derbten natur kein vnterscheid were. Zum vierden / die sünde war in der welt / vnd nicht / die menschenwaren selbst die sünde / wie das Gegentheil vnrecht fürgibt. Zum fünfften / durch eines menschen vngehorsa̅ sind viel sünder worden / vn̅ nicht viel sünden. Welche fünff stück den vnterscheid zwischen der Erbsünde selbst / vn̅ zwischen der verderbten natur / so klerlich bestetigen / das der jenige sonder allen zweiffel ein verstockter mensch sein muß / der solchen vnterscheid nicht sehen oder (11. Grundt.) verstehen wil. 1. Johan. 1. stehet der schöne herliche spruch / das Blut Ihesu Christi seines Sohns reiniget vns von allen vnsern sünden. Wenn nu des Gegentheils jrrigen wahn nach / die verderbte vnreine natur selbst ohn allen vnterscheid die Erbsünde were / so müste es nicht heissen / dz blut Ihesu Christi rei nigetvns von aller sünde / sondern es reiniget die sünde selbst. Weil aber war ist vnnd bleibet in alle Ewigkeit / das das blut Christi vns menschen oder vnsere vnreine verdeb
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te menschliche natur reiniget von aller sünde / vnd also auch von der Erbsünde / vnd nicht die sünde selbst / so muß auch dieses war sein vnd bleiben / das ein vnterscheid sey zwischen der vnreinen natur / vnd zwischen der sünde / dauon sie solle gereiniget werden. Summa summarum / die menschliche natur von der sünde reinigen / vnnd die sünde selbst reinigen / werden nimmermehr einerley / wenn das Gegentheil gleich berge versetzen köndte. 1. Johan. 3. Die sünde ist / das vnrecht oder(12. Grund) vngerechtigkeit. Vngerechtigkeit aber ist kein Substantz oder wesen / oder ist nicht die verderbte natur mit leib vnnd Seel selbst (den̅ leib vnd Seel je selbstendige wesen sind) sondern die verderbung so der menschlichen natur anhangt / derwegen sie von Gott in seinem heiligen Gesetz gestrafft verdampt vnnd verworffen wird. Bleibt also nochmalß der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd Erbsünde selbst fest stehen / was auch das Gegentheil dawieder fürbringt. Eben im selben dritten Capitel spricht Johan. Christus(13. Grund) sey erschienen / das er die sünde wegnehme. Was nu Christus vom menschen wegnimbt / das ist ja sein natur vnd wesen selbst nicht / sondern ist eine anhengende durchdringende vnd greuliche verderbung. Denn Christus ist nicht komen / das er des verderbten menschen natur oder wesen hinweg nehme / oder vertilge: Sondern das er vnser natur oder leib vnnd Seele seligmache. Derhalben kan ja des menschen verderbte natur / vnnd die sünde so von jhr sol weggenommen werden / nicht ohne allen vnterscheid einerley sein. Psal. 25. betet Dauid / Herr gedencke nicht der sünde
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meiner jugend noch meiner vbertretung / da er freilich auch (14. Grund.) die Erbsünde mit fasset / Nu sind es ja vnterschiedene dinge / das jenige dessen Gott gedencken sol / vnnd des jenigen er nicht gedencken solle. Dauids sol der Herr gedencken / aber der sünde seiner jugend / das ist / der Erb vnd angebornen sünde etc. soll er nicht gedencken. Da sichs abermal vnwiedersprechlich befindet / das die Erbsünde des verderbten menschen natur oder leib vnnd Seel selbst nicht sey / sondern das sie vnterschieden sind. Psal. 32. spricht er / Da vergabestu mir die missethat (15. Grund.) meiner sünde. Mir spricht er / vergabestu die missethat meiner sünde / als einem verderbten sünder / verdampten vnnd verlornen menschen / vnd nicht der sünde vergabestu die missethat jhrer sünde / wie er denn nohtwendig hette sagen müssen / wo fern er gehalten / das die verderbte natur selbst ohne allen vnterscheid die sünde wehre. (16. Grund.) Psal. 38. spricht Dauid / meine sünde gehen vber mein heupt / wie eine schwere last sind sie mir zu schweer worden. Da er in gemein von allen sünden / vnnd also auch von der Erbsünde als einer vrsacherin der andern wircklichen sünde redet. Da nu die Erbsünde des verderbten menschen natur wesen oder leib vnd Seel selbst ohne allen vnterscheid were / würde er nicht gesprochen haben / Seine sünde giengen vber sein heupt / vnd weren jhm als eine schwere last zu schwer worden (denn solches ist der meinung / das die vorderbte natur ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey / gantz vnnd gar zuwieder) Sondern er würde das gegenspiel haben aussagen müssen / nemlich das die sünde selbst jhr vber das heupt gienge (da würde auch die sünde ein selbstendig heupt haben) das die sünde selbst jhr als eine schwere last were zu
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schwer worden. Demnach er aber klerlich zwischen sich selbst vnnd zwischen der sünde / so vber sein heupt gangen / vnd jhme als eine schwere last zu schwer worden / vnterscheidet / so sehen alle vorstendige Christen / das er nicht gehalten / das sein verderbte natur ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey. Psal. 51. betet Dauid / Tilge meine sünde nach deiner grossen barmhertzigkeit. Wasche mich wol von meiner missethat(17. Grund.) / vnd reinige mich von meiner sünde. Item / Entsündige mich mit Isopen / das ich rein werde / wasche mich das ich schnee weis werde. Wenn Dauid in seinem hertzen gehalten / das zwischen seiner vorderbten sündigen natur vnd zwischen der Erbsünde kein vnterscheid were / würde er sein gebet viel anderst formirt vnnd angestellet haben vnd gesagt / Tilge meine vorderbte natur / welche ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst ist / nach deiner grossen barmhertzigkeit. Item / wasche die Erbsünde selbst von jhrer missethat / vnd reinige die Erbsünde selbst von jhrer sünde. Item entsündige die Erbsünsünde selbst mit Isopen / das sie rein werde / vnnd wasche die Erbsünde selbst / das sie schnee weis werde. Weil er aber gar das gegenspiel betet / vnd hertzlich bittet / Gott wolle seine sünde tilgen / vnd nicht seine vorderbte natur selbst tilgen / Item / er wolle jhn wol waschen von seiner missethat / vnd nicht / er wolle die sünde wol waschen / Item / er wolle jhn reinigen von seiner sünde / vnnd nicht / er wolle die Erbsünde selbst reinigen / Item / er wolle jhn entsündigen mit Isopen / das er rein werde / vnd nicht / er wolle die sünde selbst entsündigen / das sie rein werde / Item er wol le jhn waschen / das er schnee weiß werde / vnd nicht / er wolle die sünde selbst waschen / das sie schnee weis werde etc. So
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verstehen alle gottfürchtige vnnd der warheit liebhabende hertzen / das Dauid einen vnterscheid zwischen seiner verderb ten sündigen vnd vnreinen natur / vnd zwischen der Erbsünde (in welcher er empfangen vnnd geboren war) gehalten habe. Was nu Dauid dißfals gehalten / das sollen wir auch fest vnd steiff halten / vnd nicht begeben. Dauid hat dißfals (wie gehört) gehalten / das ein vnterscheid zwischen seiner vnreinen sündigen natur vnnd zwischen der Erbsünde sey / daruon er begert zu waschen gereiniget vnd entsündiget zuwerden. Derwegen sollen wir obbemelten vnterscheid zwischen der vnreinen natur vnd der Erbsünde auch halten / vnnd mit nichten jemandß zugefallen begeben. Wenn gar kein vnterscheid were zwischen der verderbten (18. Grund.) natur selbst vnd zwischen der sünde (wie vnser Gegentheil tichtet) so würde der Engel Gabriel Matth. 1. nicht gesagt haben / Er soll Ihesus heissen / denn er wird sein volck selig machen von jhren sünden. Nu er aber mit hellen deutlichen worten sich vornemen lassen / das Ihesus sein volck werde selig machen von jhren sünden / so ist kein zweiffel / das der Engel Gabriel gehalten / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur des volcks / das Ihesus solte selig machen / vnnd zwischen der Erbsünde / daruon er sie solle selig machen. Dieses ist so klar / das es auch ein Catechismus Schüler verstehen kan. (19. Grund.) 1. Timoth. 1. spricht Paulus / Christus Ihesus sey in die welt komen die sünder selig zumachen. Wenn nu durch aus kein vnterscheid were zwischen der verderbten natur vnd zwischen der Erbsünde / hette der Apostel nicht sagen können / Christus were komen die sünder selig zumachen: son
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dern er hette schreiben müssen / das er kom̅en die sünde selbst selig zu machen / welches wieder die gantze heilige Schrifft leufft / in dem sie von Christi ampt geprediget. Hebr. 12. stehet / lasset vns ablegen die sünde so vns(20. Grund.) immer anklebt. Was nu an des verderbten menschen natur anklebt / vnd immer abzulegen ist / das ist eigentlich zu reden die menschliche verderbte natur selbst nicht / sondern von derselben vnterschieden. Die Erbsünde aber so vns auch nach der Tauffe anklebt ist immer abzulegen bis das sie entlich gantz vnnd gar aus der natur getilget / vnd ausgefeget werde. Derwegen die Erbsünde so der menschlichen natur anklebt vnd abzulegen / die verderbte menschliche natur eigentlich zu reden selbst nicht ist / sondern viel mehr von derselben vnterscheiden. Sintemal das jenige / das einem andern dinge anklebt / dauon es auch abzulegen ist / vnnd das daran es klebt / vnd dauon es abzulegen ist / nimmermehr einerley / ohn allen vnterscheidt / sind oder werden. Titum. 2. stehet / der sich selbst für vns gegeben hat(21. Grund) auff das er vns erlöset von aller vngerechtigkeit / vnnd reinigte jhm selbst ein volck etc. Welche wort keines weges zulassen / das die verderbte vnreine natur die Erbsünde selbst eigentlich zu reden sey. Denn wo sie ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst were / so köndte es nicht heissen / Christus hat sich für vns selbst gegeben: sondern es müste heissen / Christus hat sich für die sünde selbst gegeben. Item es köndte nicht stehen / das er jhm reiniget ein volck / sondern es müste heissen / das er die sünde selbst reiniget zum eigenthumb / das sie die sünde selbstvleissig were zu guten wercken. Bey obbemelten zeugnissen der heiligen Schrifft so den vnterscheid zwischen der Erbsünde vn̅ der verderbten natur /
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auffs aller deutlichste erkleren vnd bekrefftigen / wollen wirs dißmal bewenden lassen. Denn welchem diese klare Gründe vnd helle Sprüche nicht genug thun / bey dem ist fast alle hoffnung der bekehrung verlohren / vnnd ist (wie zubesorgen) in vorkehrten Sinn gegeben.

V. Beweis aus der heiligen Veter Schrifften / das ein vnterscheid sey / zwischen der verderbten natur des menschen / vnd zwischen der Erbsünde.
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WIewol aus der Veter Schrifften hauffen weisse zeugnuß oder Sprüche könten eingefüret werden / in welchen sie bezeugen / das ein vnterscheid sey zwischen der vorderbten natur / welche eine substantz oder erschaffenes wesen ist / vnd zwischen der Erbsünde / So wil ich mich doch der kürtze befleissen / vnnd nur etliche fürneme Sprüche anziehen / in welchen solcher vnterscheid deutlich fürgestellet wird. (I aus Epiphanio.) Epiphanius contra Basilidem schreibet: Nam & malum aliquando non erat nec radixvlla fuit malitiae: neque malum est quiddam per se subsistens, Das ist / das vbel oder die sünde ist etwa nicht gewesen / sie hat auch keinewurtzel gehabt / ist auch nicht etwas das für sich selbst bestehet. Nu ist aber die vorderbte menschliche natur etwas / das für sich selbst bestehet. Derwegen kan sie ohn allenvnterscheid die sünde selbst nicht sein.
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Basilius in concione, Quod Deus non sit causa pcccati. Malitia non est quiddam subsistens, quemadmodum(II aus Ba???.) animal. Neque nos eius essentiam subsistentem exhibere possumus. Malum enim est priuatio boni etc. Das ist / die bosheit oder sünde ist nicht etwas selbstendiges / wie ein Thier / man kan auch der sünde selbstendiges wesen nicht fürstellen. Denn die boßheit oder sünde ist ein mangel des guten. Nu ist aber vnsere vorderbte natur etwas selbstendiges / das für sich seiber bestehet / oder ist ein erschaffenes wesen. Derwegen kan sie nach Basilij worten ohne vnterscheid die sünde selbst nicht sein. Dieweil wie Basilius schreibet / die sünde nichts selbstendiges / sondern eine priuation oder mangel des guten ist. Athanasius contra Idola: Nullum malum nec á(III. aus Athanasio.) Deo, nec in Deo, nec ab initio extitit, neque vlla est eius substantia. Das ist / Es ist kein vbel oder sünde von Gott noch in Gott / ist auch von anfang nicht gewest / so ist auch das vbel oder die sünde nicht etwas selbstendiges. Nu ist aber vnsere verderbte natur etwas selbstendiges von Gott erschaffen. Derwegen ist sie nach Athanasij lehre die sünde selbst nicht / sondern ist von derselben vnterscheiden. Ambrosius Rom. 7. Scio quod non habitat in me, hoc(IIII. aus Ambrosio.) est in carne mea bonum. Non sicut quibusdam videtur, carnem malam dicit, sed quod habitat in carne nonesse bonum sed peccatum. Quomodo habitat in carne peccatum, cum non sit substantia, sed praeuaricatio boni? Quoniam primi hominis corpus corruptum est per pec catum, vt possit dissolui, ipsa peccati corruptio per conditionem offensionis manet in corpore etc. Das ist /
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Ich weis das in mir / das ist / in meinem fleisch nichts gutes wonet. Er nennet nicht / wie sich etliche düncken lassen / das fleisch böse: sondern er saget / das dieses so im fleisch wohnet nicht gut / sondern sünde sey. Wie kan aber die sünde im fleisch wohnen / weil sie kein wesen / sondern ein vbertretung des guten ist? Antwort / Weil des ersten menschen leib also durch die sünde verderbt ist / das er kan auffgelöset werden / so bleibt die verderbung der sünden / von des gedreweten zorns wegen auch im menschlichen leibe etc. Wenn zwischen vnserm verderbten fleisch vnnd der sünde kein vnterscheid were / wie das Gegentheil streitet / so müste das fleisch die sünde selbst / vnnd also böse oder die bosheit selbst sein. Aber da sagt Ambrosius fein rund Nein zu. Item / er sagt fein rund nein dazu / das die sünde ein substantz oder selbstendiges wesen sey / wie denn vnsere verderbte natur ein selbstendiges wesen ist. Derwegen ists offenbar / das Ambrosius zwischen dem sündlichen fleisch vnnd zwischen der sünde so im fleisch wonet / vnterscheide. Idem Ambros. in Hexaem. lib. 1. cap. 8. Vtique non substantialis sed accidentalis est malitia, quae à naturae bonitate deflexit, Das ist / die boßheit oder sünde ist je nicht etwas wesentliches / sondern ein zufelliges vbel / als das von der gütigkeit der natur abgewichen. Diese wort sagen auch deutlich aus / das vnser verderbte natur selbst (welche ja ein selbstendig wesen ist) die sünde nicht sey: sondern das die Erbsünde ein böser zufal sey in derselben. August. tractat. 4. in Iohan: Quomodo odit me
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dicus aegritudincm aegroti & id agit curando, vt aegritudo pellatur, aeger leuctur, Sic Deus gratia fua hoc in(V. aus Augustine) nobis agit, vt peccatum consumatur, homo liberetur. Das ist / gleich wie ein artzt die kranckheit eines krancken hasset / vnnd durch seine artzney dahin trachtet / das er des krancken kranckheit vertreibe / vnnd den krancken gesund mache: Also hat Gott der Herr durch seine gnade das in vns für / oder gehet darmit vmb / das die sünde vertilget / dem menschen aber geholffen werde. Wenn der verderbte sündige mensch / vnd die sünde ohn allen vnterscheid einerley weren / hette Augustinus die sünde einer kranckheit des menschen nicht vergleichen können / auch nicht sagen / das Gott in vns menschen damit vinbgienge / das die sünde in vns vertilget / dein menschen aber geholffen würde. Weil er aber die sünde einer kranckheit im menschen vergleicht / vnd deutlich angezeigt / das Gott wie ein artzt damit vmbgehe / das er die sünde im menschen vertilge / das dem menschen selbst geholffen werde / so siehet menniglich / das er zwischen dem verderbten sündigen menschen / vnnd zwischen der sünde / welche er einer kranckheit vergleicht / vnterscheid gehalten habe. Contra Pelagium & Caelestium lib. 2. cap. 40. spricht er / Deus hominem damnat propter vitium, quo natura dehonestatur, non propter naturam, quae vitio non aufertur, Das ist / Gott verdampt den menschen vmb der sünde willen / damit sein natur geunehret oder geschendet ist / nicht vmb der natur willen / welche durch die sünde nicht weggenommen wird.
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Daraus abermals klar / das Augustinus zwischen der verderbten natur vnd der sünde vnterschieden habe. Wenn die verderbte natur ohne allen vnterscheid die sünde selbst were / so verdambte Gott den menschen vmb seiner natur willen. Darzu Augustinus nein sagt. Derwegen helt Augustinus die natur vnd sünde nicht für einerley. De nuptijs & concupiscentia cap. 3. Quis audeat dicere donum Dei esse peccatu̅? Anima enim & corpus & quaecunque bona animae & corporis naturaliter insita, etiam in peccatoribus dona Dei sunt, quonia̅ Deus, non ipsi istafecerunt. Das ist / wer darff sagen / dz Gottes gaben sünde sind? denn die Seel vnd der leib / vnd was leib vn̅ Seel noch mehr für gutes an sich haben auch in den sündern / sind Gottes gaben / denn Gott hat dieselben gemacht / vnnd nicht sie selbst etc. Das heist ja freilich deutlich gnugsam vnterscheiden zwischen der Erbsünde vnd zwischen der verderbten natur / so noch itziger zeit Gottes geschöpff ist / auch nach dem fall. Tract. 43. in Johan. Venit Dominus Deus ad hominem peccatorem. Duo nomina audisti, & hominem & peccatorem. Quod homo est, ex Deo est, quod peccator est, non est ex Deo. A natura vitium secernatur, Agnoscatur natura, vnde creator laudetur, agnoscatur vitium, propter quod medicus inuocetur. Das ist / Gott der Herr ist zum menschen kommen / der ein sünder ist. Da hastu zwene namen nennen hören / einen menschen vnd einen sünder. Das nu der mensch mensch ist / das hat er aus
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vnd von Got / das er aber ein sünder ist / das hat er nicht von Gott. Man vnter scheide den gebrechen oder sünde von der natur / vn̅ erkenne die natur / daher der Schöpffer billich zu loben ist / man erkenne auch den mangel vnnd gebrechen der natur / vnd ruffe derwegen den rechten Seelen artzt Ihesum Christum an etc. Ich wüste in warheit nicht / wie man deutlicher vnd klerer zwischen der verderbten natur vnd Erbsünde vnterscheiden solte / denn Augustinus in angezogenem Spruche thut / wens sonst bey dem Gegentheil was helffen solt. Hypognost. 5. Ipsi enim quod homines opus Dei sunt. Quod verò in ipsis est peccatum, opus Diaboli est, hoc est, quod in illis odit Deus, non ipsos opus suum, Das ist / das sie menschen sind / sind sie Gottes geschöpff / das aber in jhnen sünde ist / das ist des Teuffels werck / vnd das hasset Gott in jhnen / vnd nicht sie selbst / als sein geschöpff. Mit welchen worten Augustinus abermal klar zwischen der verderbten menschlichen natur / so Gottes geschöpff ist / vnnd zwischen der sünde im menschen / so vom Teuffel herrüret / vnnd nicht Gottes geschöpff ist / vnterscheidet. Hypognost. lib. 2. Cum peccauit homo, naturae peccauit, & facta est natura iam peccatrix, id est, vitium habens peccati, non ipsa effecta vitium vel peccatum, Das ist / da der mensch gesündiget / hat die natur gesündiget / vnnd ist die natur sündlich worden / das ist / sie hat den mangel der sünde / sie ist aber nicht die sünde selbst worden. Dieses ist aber ein so klares Sprüchlein / das nicht wol klerer vom vnterscheid der verderbten natur vnnd der
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sünde selbst köndte geredt werden. Psal. 68. füret vnnd behelt er diesen vnterscheid auch da er spricht: Iniquitas quippe ipsa non est substantia. Non enim iniquitas est natura quam fecit Deus, sed iniquitas est peruersitas quam fecit homo, Das ist / die vngerechtigkeit oder sünde ist kein wesen oder keine substantz. Denn die vngerechtigkeit oder sünde ist keine natur die Gott erschaffen / sondern ist die boßheit / so von menschen herkömpt. Weil denn nach Augustini lehre / die sünde kein wesen oder etwas selbstendiges ist etc. ist es offenbar / das vnsere verderbte natur (welche ja ein wesen substantz oder etwas selbstendiges vnnd von Gott erschaffen ist) die sünde selbst nicht sey. De natura & gratia contra Pelag. cap. 20. Peccata quippe à quibus dicit Euangelion saluum faciendum populum Christi, substantiae non sunt etc. Die sünde / daruon das Euangelium prediget / das Christi volck solle erlöset werden / sind keine substantz oder selbstendige wesen. Vnser verderbte natur aber ist ein substantz oder selbstendiges wesen. Derhalben ist für augen / das sie nach Augustini lehre / die sünde selbst nicht sey. Ibidem. Quoniam peccatum iam dicimus non esse substantiam, Das ist / wir sagen nu das die sünde keine substantz sey. Vnser verderbte natur aber ist ein substantz / Derwe
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gen ist sie nach Augustini lehre / die sünde selbst nicht / sondern ist von derselben vnterscheiden. Confess. lib. 7. Cap. 12. Malumque illud quod quaerebam vnde esset, non est substantia. Quia si substantia esset, bonum esset, Das ist / das böse vbel oder sünde so ich suchte / ist kein substantz oder natur. Denn wenn es ein substantz were / so were es gut. Weil denn vnleugbar / das vnser verderbte natur ein substantz ist / oder etwas selbstendiges von Gott erschaffen / so kan sie ja / nach Augustim lehre / die sünde selbst nicht sein. De moribus Manich. lib. 2. cap. 4. Quaeramus ergo tertio quid sit malum, Respondebitis fortasse corruptio. Quis & hoc negauerit generale malum esse. Nam hoc est contra naturam quod nocet. Sed corruptio non est in se ipsa, sed in aliqua substantia, quam corrumpit. Non enim substantia est ipsa corruptio. Ea igitur res quam corrumpit corruptio, malum non est, Das ist / Last vns fürs dritte fragen / was denn das böse oder sünde sey. Ir werdet vielleicht zur antwort geben / es sey die verderbung. Wer wolte aber dieses verleugnen / das sie in gemein das böse sey? Denn das ist der natur entgegen was jhr schedlich ist / die verderbung aber ist nicht in jhr selbst / sondern in einer substantz die sie verderbet. Denn die substantz ist nicht die verderbung selbst / darumb ist das jenige / welchs durch die verderbung verderbt wird / nicht das bose oder die sünde selbst.
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Die Substantz / spricht Augustinus / ist nicht die verderbung oder sünde selbst / sondern sie ist in der substantz oder natur des menschen. Hat demnach Augustinus zwischen der verderbten natur / vnnd zwischen der verderbung oder sünde / klaren vnterscheid gehalten. (VI. aus Maxentio.) Johan. Maxentius in Catholica professione: Anathematisamus eos, qui naturale aut substantiam ali qua̅ dicunt esse peccatu̅ etc. Dz ist / wir verfluchen die jenigen / so da sagen dürffen / das die sünde eine natur oder wesen sey. Nu gibt vnser Gegentheil für / das vnser verderbte natur (welche freilich ein selbstendige natur oder wesen ist) die Erbsünde ohn allen vnterscheid selbst sey. Derwegen ists offenbar / das es derhalben zu Anathematisiren oder zu verfluchen sey. So viel auch aus der Veter Schrifften / mit welchen zeugnissen der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der sünde klar vnnd deutlich erwiesen ist.

VI. Beweis aus dem Heiligen Catechismo / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten menschlichen natur selbst / vnnd zwischen der Erbsünde.
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WIe wir aber bißhero aus vielen klaren sprüchen der Heiligen Schrifft vnd der Heiligen Veter büchern den pnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd Erbsünde erwiesen: Also wollen wir ferner mit Gottes hülffe vnnd beystand ermelten vnterscheid auch aus dem Heiligen Catechismo deutlich vnnd klar darthun
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Anfangs aber ists vnwiedersprechlich war / das wenn(1 Grund aus den heiligen zehen gebeter.) kein vnterscheid zwischen der sünde vnnd zwischen der verderbten menschlichen Natur were / sondern die verderbte natur were ohne allen vnterscheid die sünde selbst (wie das Gegentheil fürgibt) so hette Gott der Herr seine heilige zehen Gebot nicht dem menschen: sondern der Erbsünde̅ gegeben / vnnd müsten die zehen gebot Gottes also lauten. Du Erbsünde selbst solst kein ander Götter haben / sondern solt Gott vber alle ding fürchten lieben vnnd vertrawen. Item / du Ersünde selbst solt den Namen Gottes mit beten loben vnnd dancken etc. nützlich füren. Item / du Erbsünde solt den feyertag heiligen / Item du Erbsünde solt deinen Vater vnnd Mutter ehren / auff das dirs wolgehe / vnnd du langlebest auff erden etc. vnnd so fort an. Nu ist aber vnzweifelhafftig / das der gerechte Gott seine heilige zehen Gebott / nicht der Erbsünde / sondern den menschen gegeben habe / die sein geschöpff sind. Denn das wörtlein (du) gehet auff alle menschen vnnd einen jglichen in sonderheit mit Leib vnnd Seel. Darumb auch die Kirche singet / Die Gebott all vns gegeben sind / das du dein sünd o menschen kind / erkennen solt vnnd lernen wol / wie man für Gott leben sol. Daraus klar ist / das der mensch oder menschliche natur vnnd wesen wie verderbt sie jmmer sind / dennoch nicht ohne allen vnterscheid die Erbsünde sein / dieweil Gott nicht der Erbsünde / sondern den menschen die 10. Gebot gegeben. Es straffet auch Gott durch die heiligen 10. Gebot die menschen nicht jhres menschlichen wesens oder Natur halben / denn dieses alles haben sie durch die Schöpffung von jhme selbst empfangen / sondern er straffet sie jrer missethat halben / sie sey erblich oder wircklich / wie er selbst spricht:
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Ich der Herr dein Gott bin ein Eiueriger Gott / der die missethat der Veter heimsucht an den kindern. Item / es nennet sich Gott selbst einen Gott vnnd Hernn der sündigen menschen / welchen er seine Gebot gegeben hat / wie er spricht / Ich bin der Herr dein Gott / er nennet sich aber nicht einen Gott der Erbsünde / Ist auch nicht ein Gott der Erbsünde. Derwegen ist auch hieraus menniglichen offenbar / das die Erbsünde vnnd die menschen oder die menschliche natur vnd wesen nicht durch aus ohne allen vnterscheid einerley sind / wer dis nicht sehen vnnd mercken wil / der muß stock vnnd star blind / vnd mit wahnsinn geschlagen sein. Item / da zwischen der verderbten menschliche̅ natur vnd zwische̅ der Erbsünde gantz vnd gar kein vnterscheid (wie das Gegentheil helt) sondern durch aus einerley weren: so folgete das Gott in den zehen Geboten / da er spricht / er wolle wol thun in Tausent glied allen denen die solche Gebot halten etc. der Erbsünde selbst versprochen / das er jr wolle gutes thun in Tausent glied / so doch die gantze heilige Schrifft bezeuget / das Gott der Erb vnd aller sünde feind ist / vnd die menschen der sünden wegen / sie sey Erb oder wircklich / hie zeitlich vnnd dort ewiglich straffen wolle / wo fern sie sich nicht zu jhm bekehren / vnd durch Christum im glauben vergebung jrer sünden erlangen. Nachmalß ist auch dieses gewiß / das alles was ein selbstendige natur vnd wesen ist / das ist von Gott erschaffen / Johan. 1. alle ding sind durch dasselbige gemacht / vnnd ohne dasselbig ist nichts gemacht was gemacht ist. Coloss. 1. Es bestehet alles in jm etc. Die Erbsünde aber ist nicht von Gott erschaffen. Derwegen kan sie auch des menschen selbstendige natur vnd wesen selbst ohne vnterscheid nicht sein.
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Oder / wenn die Erbsünde ohn allen vnterscheid des verderbten menschen natur vnnd wesen selbst were / so müst sie von Gott erschaffen sein / denn die verderbte natur ist auch itzo nach dem fall / so fern sie ein natur vnnd selbstendig wesen ist / von Gott erschaffen / wie der Erste Artickel vnsers glaubens lehret / Ich gleube das mich Gott geschaffen hat / das er mir leib vnnd Seele etc. gegeben hat vnd noch erhelt / vnd Hiob Capit. 10. spricht: Deine hende haben mich gearbeitet vnnd gemacht alles was ich vmb vnnd vmbbin. Da er nicht allein von erschaffung des ersten menschen redet / oder das wir allein der gestalt von Gott geschaffen / all dieweil er vnsere erste Eltern geschaffen / in welcher Lenven / wie die Schrifft redet / wir dazumal gewesen: Sondern wie wir auch itzo von Gott in Mutterleibe erschaffen werden. Die Erbsünde aber ist vnnd wird nicht von Gott erschaffen.(???) Derwegen so kan sie auch / eigendlich zu reden / des menschen verderbte selbstendige natur vnnd wesen nicht sein / sondern ist vnnd bleibet von demselben vnterscheiden. Oder wens war / das vnser Leib vnd Seel nichts anderst weren / denn die Erbsünde selbst / vnnd das durch aus kein vnterscheid zwischen der natur vnnd Erbsünde / so folgete vnwiedersprechlich / wenn Gott vnser Leib vnd Seel schaffet / das er die Erbsünde selbst schaffet / vnnd also der sünden schöpffer / anfenger vnd stiffter were. Dieses aber kan ohne Gottes lesterung nicht gedacht / geschweig gesagt werden / Derwegen kansnimmermehr mit grund der warheit erwiesen werden / das vnser Leib vnd Seel die Erbsünde selbst sein: Sondern es ist vnd bleibet ein vnterscheid zwischen der Erbsünde vnd verderbte̅ natur / Das Gegentheil mag darwieder tichten schreiben vnd sagen / was es immer wil.
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Also wenn dieses bestritten wird / das zwischen der Erbsünde vnnd vnser verderbten natur kein vnterscheid sey. Vnd aber gewißlich wahr ist / das der Sathan ein anfenger der sünde ist / Joh. 8. Müste abermals vnwiedersprechlich folgen / das der Sathan ein vrsach schöpffer vnd stifter vnserer natur oder Leibs vnd Seelen were. Wil aber das Gegentheil dieses nicht zugeben / so kan es nicht furüber / es muß den vnterscheid zwischen der Erbsünde vnnd verderbten menschlichen Natur bleiben lassen. Das Gegentheil vermanet wol / es wolle sich solcher folgen erwehren / aber es ist in diesem grunde vorstrickt vnnd gefangen / kan sich auch daraus nimmermehr loß wircken / es sey denn / das es den vnterscheid zwischen der Erbsünde vnnd verderbten Natur zulasse / seinen Irrthumb wegwerffe vnnd mit vns aussetze vnnd verdamme. (3. Grund aus dem Artickel von der erlösung.)

Dieser folgende Grund stehet auch feste vnd vnbeweglich.
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Wenn das wesen vnserer natur / das ist / vnser Leib vnd Seel eigentlich zu reden nichts anderst weren / als die sünde selbst / also das vberall kein vnterscheid were zwischen der verderbten natur vnd zwischen der Erbsünde / so würde abermals vnwiedersprechlich folgen / das entweder der Sohn Gottes vnser natur nicht angenommen hette / dieweil er die sünde selbst nicht angenommen / oder da er menschliche natur angenommen / so der vnsern dem wesen nach gleich / würde folgen / das er die Erbsünde selbst angenommen hette.

Aber dieses keins kan mit grunde der warheit bestehen.
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Derwegen bleibt für vnnd fürwar vnnd gewiß / das ein vnterscheid sey zwischen des menschen natur vnnd wesen / welchem nach er vns gleich worde̅ ist / Hebr: 2. vnd zwische̅ der Erbsünde / welcher nach er vns nicht gleich worden ist. Carne nobis similis, peccato sed dissimilis / Dem fleisch nach
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ist er vns gleich / singet die Kirche / der sünden nach ist er vns nicht gleich. Ist er vns den̅ dem fleisch nach gleich / der sünden nach aber vngleich / so verstehe̅ alle frome hertzen / das vnser fleisch oder menschliche natur nicht müsse ohne allen vnterscheid die sünde selbst sein / sondern es müsse ein vnterscheid zwische̅ der menschlichen natur bleiben / deren nach er vns gleich ist. Das Gegentheil tichte hiewieder was es jmmer wolle / so stehet dieser Grund als ein fels vnbeweglich.

Folgender Grund kan auch nicht vmbgestosse̅ werden.
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Christus ist kommen / das er vns verdampte vnnd verlorne menschen erlöse / wie der Catechismus redet / oder vnser verdampte vnnd verlorne menschliche natur von der sünde erlösete etc. Er ist aber nicht kome̅ / das er die Erbsünde erlösete. Denn die sünde ist nicht das jenige / welches halbe̅ der Herr Christus kommen / oder das da solte erlöset werden: sondern vielmehr das jenige / von welchem der verdampte vnd verlorne mensch hat sollen erlöset werden / auff das der mensch selbst vnnd nicht die sünde selig würde / Matth. 1. Joh. 1. Timoth. 1. Demnach den̅ aus der Schrifft klar vnd offenbar / das Christus kommen ist den sündigen verdampten menschen zu erlösen von der sünde / das er selig würde / so folget abermals aus starcken festen vnbeweglichen Grunde / das der verlorne mensch vnnd die sünde nicht einerley / von welcher der sündige mensch muß erlöset werden / sol er anderst ewig gerecht vnnd selig werden.(4 Grund aus dem driten Artickel genommen / Ich gleube vergebung der sünden) Also wird auch dieser grund in alle ewigkeit vom Gegentheil nicht können vmbgestossen werden. Was dem verderbten menschen aus gnaden vmb Christi willen durch den glauben vergeben wird / das er ewig se
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lig werde / dasselbige ist / vnnd kan ohne vnterscheid sein menschliche natur vnd wesen selbst nicht sein. Dem menschen aber wird vmb Christi willen aus gnaden durch den glauben / die Erbsünde / wie auch alle andere sünde vergeben / auff das er ewig selig werde. Derwegen ist sein menschliche natur vnnd wesen nicht ohne allen vnterscheid die sünde selbst: sondern es ist warhafftig ein vnterscheid zwischen dem menschen / welchem die sünde vergeben wird / vnd zwischen der sünde / so jhme aus gnaden vergeben wird. Es heist ja (wie im dritten Artickel vnsers Christlichen glaubens stehet) Ich gleube vergebung der sünde. Wenn nu die menschliche natur oder der mensch ohne allen vnterscheid die sünde selbst were / so folgete / das die Erbsünde selbst gleubete vergebung der sünden. Item / das die Erbsünde selbst durch Christum gleubig gemacht würde / welches alles der gantzen heiligen schrifft / vnd dem Christlichen glauben zu wider ist. Denn es heist ja nicht / mit der Erbsünde gleubt man zur gerechtigkeit / sondern mit dem hertzen Rom. 10. Solte aber zwischen dem hertzen selbst vnd der Erbsünde kein vnterscheid sein / so müst es heissen / mit der Erbsünde selbst glaubt man zur gerechtigkeit / vnnd nicht mit dem hertzen. Item / Was von der sünden gerechtfertiget wird oder loßgezehlet vmb Christi willen durch den glauben / das ist die sünde selbst nicht. Der mensch aber wird von der sünden gerechtfertiget / oder loßgezehlet vmb Christi willen / durch den glaube̅ Rom. 4. Selig ist der man / dem Gott die sünde nicht zurechnet. Derwegen ist klar / das der mensch die sünde selbst nicht sey / sondern das jenige / so von der sünden gerechtfertiget oder loßgezehlet wird.
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Wenn sünde vnnd mensch durch aus ohn allen vnterscheid einerley weren (wie vnser Gegentheil ohne Gottes Wort tichtet) so müste es heissen: Selig ist die Erbsünde(5. Grund aus dem Artickel von der aufferstehung des fleisches.) selbst / der Gott die sünde nicht zurechnet. Es kan auch kein rechtschaffener Christ sagen / das die Erbsünde zum ewigen leben erweckt werden solle / dieweil die h. Schrifft / vnd der dritte Artickel klar spricht / Ich gleube eine aufferstehung des fleisches / vnnd nicht / Ich gleube eine aufferstehung der Erbsünde. Denn je die Erbsünde keine selbstendige substantz / oder wesen ist / das fleisch vnd bein hette / wie wir menschen haben. Nu ist gewißlich war / das eben dieser vnser Leib / der geseet ist. 1. Cor: 15. den wir von Vater vnd Mutter empfangen haben / vnd kein anderer von den todten aufferstehen wird Hiob. 19. vnd das eben die Seele / die wir hie gehabt haben / mit jrem Leib dem sie voreiniget gewest / wiederumb vereiniget werden solle vnd mit demselbigen ins ewige leben komen. Derhalben bleibt abermals feste stehen / das ein vnterscheid zwischen vnsern leiben sey / welche zum ewigen leben aufferweckt werden sollen / vnd zwischen der Erbsünde / so nicht soll aufferweckt werden. Solte aber des Gegentheils geticht statt haben / so würde folgen / das weil kein vnterschied zwischen dem fleisch vnd zwische̅ der Erbsünde / das die Erbsünde selbst aufferstehen müst / vnd zum ewigen leben erweckt werden / welches geticht aber den artickel von der auferste hung dieses vnsern fleisches zu grund aufhebet vn̅ vmbstösset. Ebner massen bestehet auch folgender grund aus dem Vater vnser genommen. Wen̅ kein vnterscheid were zwische̅ der Erbsünde vn̅ verderbte̅(6. Grund aus dem Vater vnser.) natur des mensche̅ / würde vns Christus im Vater vnser
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nicht haben beten lehren / Vergib vns vnsere schuld / sondern viel mehr / vergib vns vnsere natur vnnd wesen / welchs die schuld oder sünde selbst ist.

Das hat er aber nicht gethan.
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Derwegen so hat er gehalten / das ein vnterscheid sey zwischen der Erbsünde vnnd der verderbten menschlichen natur / vnd ist mit nichtung sein meinung gewest / das sie ohne vnterscheid durch aus einerley weren / wie das Gegentheil tichtet. Denn wo es eine andere gelegenheit hierumb hette / hette er vns auch anderst müssen beten lehren.

In Summa mit wenig worten viel zu sagen.
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Im Vater vnser lehret Christus die menschen selbst beten / vnd nicht die Erbsünde. Er leret / sage ich / vns vnnd nicht die Erbsünde beten / das Gottes name in der Erbsünde geheiliget werde. Er leret vns beten / das sein Reich zu vns selbst kome / vnnd nicht zur Erbsünde. Er leret vns bete̅ / das sein wille in vns geschehe / vnd nicht in der Erbsünde. Er leret vns selbst vnd nicht die Erbsünde vmb das tegliche brot bitten. Er leret vns selbst vnd nicht die Erbsünde vmb vergebung der schuld bitten / Er leret vns beten / Führe vns nicht in versuchung / vnd nicht / Führe die Erbsünde nicht in versuchung / Er leret vns bete̅ / Erlöse vns vom vbel / vnnd nicht / erlöse die Erbsünde von allem vbel / vnd leret vns selbst Amen sprechen / vnd nicht die Erbsünde / vnnd kan also mit worten nicht gnugsam ausgesprochen werden / was für vngereimbte sachen wieder alle bitte des Vater Vnsers erfolgen / wo des Gegentheils meinung bestehen solte. Dauid betet auch Psal. 51. Wasche mich wol von meiner missethat / vnd nicht / wasche die Erbsünde: sondern wasche mich von der Erbsünde / vn̅ wircklichen missethaten.
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Hoseas cap. 14. betet auch / vergib vns alle sünde / aber nicht / vergib der sünden die sünde. Vns menschen spricht er / die wir sünder sind / vergib alle sünde / vnnd nicht vergib der sünden alle sünde. Kan demnach der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd Erbsünde mit keinem schein der warheit getadelt werden / sondern bleibet fest wieder alle Pforten der Hellen. Da auch kein vnterscheid zwischen der Erbsünde vnnd(7. Grund aus der Tauffe.) der verderbten natur were / müste war sein / das die Erbsünde selbst getaufft würde zu vergebung der sünden. Es wird aber die Erbsünde nicht getaufft zur vergebung der sünden: sondern die menschen so in der Erbsünde einpfangen vnd geboren / werden getaufft zur vergebung der sünden. Act. 2. Es lasse sich ein itzlicher vnter euch teuffen zur vergebung der sünden / spricht nicht / Es lasse sich ein igliche Erbsünde selbst teuffen zur vergebung der sünden / sondern ein jglicher mensch. Item / Ewer vnnd ewrer kinder ist diese verheissung / spricht nicht / der Erbsünde selbst ist diese verheissung / sondern ewer vnd ewrer kinder. Item Matth. 28. Teuffet alle Heiden / das ist / alle menschen / spricht nicht / Teuffet alle Erbsünden / oder teuffet die Erbsunde selbst / sondern teuffet Heiden oder menschen. Derwegen so ist ja auch aus der lehre von der heiligen Tauffe klar / vnnd vnwiedersprechlich war / das ein vnterscheid sey / zwischen den menschen so getaufft werden / zur vergebung der sünden / vnd zwischen der Erbsünde / zu welcher vergebung die armen menschen getaufft werden. Es erfolgt auch dieses / das das Gegentheil eine erschreckliche Gotteslesterung begehet / in dem es fürgibt / das
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die Erbsünde im namen der heiligen Treyfaltigkeit getaufft werde. Welche gotteslesterung wir für keine warheit halten sollen oder können / bis so lang das Gegentheil erweiset / das menschen vnnd Erbsünde in heiliger Schrifft einerley sind vnnd heissen / welchs sie aber zu ewigen zeiten nicht thun werden. Es erweiset auch das Ampt der schlüssel / daruon der (8. Grund aus der lehre von der Absolutton) Catechismus aus dem 16. Cap. Matth. vnnd Johan. am 20. redet / das die Erbsünde vnd menschliche natur nicht einerley / sondern vnterscheiden sein. Wo Christus selbst vnterscheidet / da sollen wir auch vnterscheiden. Der Herr Christus aber / da er das Predigambt heist sünde vergeben / vnterscheidet zwischen der sünde / vnnd dem menschen / welchem die sünde durchs Predigambt vergeben werden. Denn er spricht ausdrücklich / welchen jhr die sünde vergebet / den sollen sie auch im Himel vergeben sein. Item was jhr auff Erden lösen werdet / das sol auch im Himel loß sein etc. Spricht nicht / welcher Erbsünde jr die sünde vergebet / sondern welchen menschen. Spricht auch nicht / welche Erbsünde selbst jhr hie auff Erden löset / sol auch im Himel loß sein / sondern welche menschen jhr hie auff Erden von der sünden löset oder entbindet / die sollen auch im Himel loß vnd entbunden sein. Derwegen sollen wir mit Christo / vnnd dem heiligen Catechismo / die Erbsünde / vnnd den menschen / der in der Erbsünde empfangen vnnd geboren ist / von einander vnterscheiden. (9. Grund aus der lehre vom Hochwirdigen abendmal.) Entlich erweiset auch die lehre vom hochwirdigen Sacrament / des waren wesentlichen leibs vnd bluts Ihesu Christi / das ein vnterscheid sey zwischen der perderbten natur selbst / vnd zwischen der Erbsünde.
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Denn dieses ist die vnwandelbare warheit / das wenn zwischen vnser verderbten natur / vnd zwischen der Erbsünde durch aus kein vnterscheid were / so müste folgen / das der Herr Christus in seinem heiligen hochwirdigen Abendmal die Erbsünde selbst / mit seinem waren leib vnd blut / so er mit dem gesegneten brot vnnd wein den Communicanten dargibt / speisete vnd trenckete. Nu speiset vnd trencket er aber die Erbsünde selbst nicht / sondern die sünder oder sündige menschen. Derhalben ist offenbar / das zwischen dem sündigen menschen vnnd der Erbsünde ein vnterscheid sey vnnd bleibe. Wer wolt auch so thumb küne sein / vnnd sagen / Christus speisete vnd trenckete mit seinem leib vnnd blut die Erbsünde zum Ewigen leben. Denn wo das geschehe / so müst der Erbsünde selbst das Ewige leben erworben sein / verheissen sein / vnd durch Christi wesentlichen leib vnnd blut versiegelt werden. Mit der weise würde die Erbsünde ein selige sünde sein / weil sie Christus mit seinem eigenen leib vnnd blut erlösete / vnd mit demselben seinen leib vnd blut speisete / trenckete / versiegelte zum ewigen leben. Der alte lehrer Tertullianus von der aufferstehung des fleisches schreibet / vnser fleisch vnd blut esse vnnd trincke den leib vnd blut Christi. Wenn nu zwischen der Erbsünde vnd vnserm fleische durch aus kein vnterscheid ist / so folget vnwiedersprechlich / das die Erbsünde selbst ohn allen vnterscheid den leib Christi esse vnd sein blut trincke. Da je nicht abscheulichers köndte gedacht vnd geredt werden. Also der alte lehrer Irenaeus lib. 5. Pag. 296. spricht / vnser fleisch sey gewißlich des Ewigen lebens teilhafftig vnnd sehig / dieweil es mit dem leib vnnd blut Christi
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geneeret wird. Ist nu des Gegentheils meinung war / das zwischen vnserm fleisch vnnd der Erbsünde durch aus kein vnterscheid sey / so können sie nicht füruber / sie verdrehen sich wie sie jmmer wollen / sie müssen zugeben / das die Erbsünde selbst des ewigen lebens fehig vnnd teilhafftig sey. Wer hat aber solchs jemals in den Schrifften des alten oder newen Testaments gelesen? welcher reiner lehrer hat doch solchs jemals geschrieben? Ja wie können sie doch solchs aus D. Lutheri Schrifften (welchen sie gar auff ihrer seiten zu haben vermeinen) mit einer Syllaben oder wort erweisen? Noch mus es alles bey diesen wunderbarlichen halstarrigen Leuten nicht helffen. So viel auch von den gründen aus dem heiligen Catechismo / aus welchen der Christliche Leser gnugsam zuuornemen / das des Gegentheils lehre von der Erbsünde im heiligen Catechismo deutlich verworffen / hergegen aber der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd Erbsünde / fein deutlich bestetiget werde.

VII. Beweis aus D. Lutheri Tomis oder Büchern / das er öffentlich vnnd deutlich gelehret / das ein vnterscheid sey zwischen der verderbten natur selbst vnnd zwischen der Erbsünde.
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DEmnach sich vnser Gegentheil fürnemlich auff D. Lutheri Schrifften in diesem sireit beruffet / vnnd daraus erzwingen wil / das D. Lutherus die ver
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derbte natur des menschen ohne allen vnterscheid für die sünde selbst gehalten / als wollen wir in Gottes nahmen vnd durch beystand des heiligen geistes in diesem siebenden theil / das Gegenspiel hieraus erweisen.

Der Herr Ihesus Christus verleihe seine gnade darzu AMEN.
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ANfenglich aber ist klar / das wer die Erbsünde eine priuation(1. Beweis.) oder mangel nennet / derselbe vnterscheidet sie von der natur / so ein selbstendig erschaffen wesen ist. D. Lutherus Genes. cap. 2. nennet die Erbsünde eine priuation oder mangel der Erbgerechtigkeit gleich wie blindheit ein mangel des gesichts ist. Peccatum originale (spricht er) est amissio iusticiae originalis seu priuatio, sieut caecitas est priuatio visus. Das ist / die Erbsünde ist eine verlierung der Erbgerechtigkeit / oder ein mangel / ein gebrechen gleich wie blindheit ein mangel oder darbung ist des gesichts. Derwegen ist klar / das er zwischen der Erbsünde als einen mangel / vnnd zwischen der verderbten natur die solchen mangel hat / vnterscheide. Dieses kan nimmermehr verleugnet oder vmbgestossen werden. Denn priuatio oder mangel bedeut einen zufelligen schaden / vnnd nicht ein selbstendiges wesen / wie vnser leib vnd Seel sind. Wer die Erbsünde einen verlust oder schaden heist / derer(2. Beweis.) eigenschafften so Adam für dem fall in seiner gantzen natur gehabt / derselbe vnterscheidet deutlich / zwischen der verderbten natur vnd der Erbsünde. Solchs aber thut D. Lutherus Genes. 2. da er sagt / die Erbsünde werde recht oder eigentlich das alles genennet /
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so Adam von eigenschafften / so er in seiner volkommenen Natur gehabt durch den fall verloren etc. quicquid est deperditum de ijs conditionibus, quas Adam cum adhuc esset natura integra habuit etc. Derwegen ist kein zweiffel / das D. Lutherus zwischen der verderbten natur vnnd der Erbsünde selbsten vnterscheiden habe. Denn verlust vnnd schade der natur so sie erlitten hat sind nicht die natur selbst / sondern ein beschedigung oder verletzung derselben. Item wer die Erbsünde also beschreibet / das sie sey der (3. Beweis.) gantze fall der natur / das der verstand verfinstert sey / das wir Gott vnnd seinen willen nicht mehr erkennen / Item / das der wille im menschen vberaus sehr verkehrt sey / das er Gottes barmhertzigkeit nicht trawet / derselbe helt vnterscheid zwischen der verderbten gefallenen natur vnnd zwischen der Erbsünde / welche eine verfinsterung ist des verstandes / vnd eine vberaus gröste verkehrung des menschlichen willens. D. Lutherus Gene. 2. beschreibet die Erbsünde also / das sie warhafftig sey der gantze fall der natur / das der verstand verfinstert / vnnd der wille des menschen vberaus verkehret sey etc. Denn dieses sind seine wort. Peccatum originale est verè totus lapsus naturae humanae, quod est intellectus obscuratus etc. quod etiam voluntas mirè est deprauata etc. Wie er denn dieses orts ferner sagt / Das diese sünde so tieff in die natur kommen sey (infixa sit) das sie in diesem leben nicht vollkömmenlich könne daraüs getilget werden. Welche wort abermals einen klaren vnterscheid zwischen der natur vnnd zwischen der Erbsünde geben.
|| [ID00059]
Derwegen ist vnleugbar / das D. Lutherus die verderbte natur vnnd Erbsünde nicht für einerley gehalten / sondern vnterscheiden hat. Wer auch klar bekent vnd schreibet / das wir menschen(4. Beweis) vnsere leibe noch haben / alleine das sie jemmerlich verderbt sind / Item das wir vnsern willen vnnd vernunfft noch haben / allein das sie sehr geschwecht sind / derselbe helt nicht / das Erbsünde vnd der leib / Seele / vernunfft vnnd wille des menschen / einerley sind / denn sonst köndte er nicht schreiben / das der leib / der wille / vnd die vernunfft blieben etc. weren. Solchs aber bekent vnnd schreibt D. Lutherus Genes. 3. fol. 41. wie er dasselbige auch Genes. 2. fol. 2. Item Genes. 3. fol. 49. bekennen thut. Denn so lauten seine wort / wir haben den leib noch / aber wie jemmerlich ist er verderbet? Wir haben den willen vnnd vernunfft noch / aber wie vielfeltig sind sie geschwecht? Habemus corpus, sed quàm miserum, quàm varie laesum? Sic habemus voluntatem quoque & rationem, sed quàm multipliciter vitiatam? Derwegen ist vnwiedersprechlich war / das D. Lutherus zwischen der verderbten natur / leib / Seele / vernunfft / willen / vnd der Erbsünde selbst vnterscheide. Also wenn D. Lutheri meinung gewest / das kein vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd Erbsünde wehre(5. Beweis.) / würde er zweifels ohne die Erbsünde nicht eine kranckheit vnnd gebrechen vnnd scheußliche verkehrung der natur genennet haben. Denn so alber ist D. Luther nicht gewest / das er nicht solte gewust haben / das kranckheit / gebrechen / greuliche verkehrung / nicht selbstendige wesen weren / wie vnsere verderbte natur ist / auch nach dem fall / Son dern zufellige scheden.
|| [ID00060]
Nu nennet er aber Genes. cap. 8. fol. 138. die Erbsünde morbum, defectum, extremam , cuius similem tota reliqua creatura exceptis Daemonibus non habeat, Das ist / Er nennet die Erbsünde eine kranekheit / gebrechen / einen scheußlichen schaden oder vnordnung / desgleichen die andere Creatur ausbescheiden die leidigen Teuffel / nicht hat. Derwegen ist vnuorneinlich war / das D. Lutheri meinung nicht gewest / das die Erbsünde vnd die verderbte natur einerley sind / oder für einerley gehalten werden solten. (6. Beweis) Wer auch die Erbsünde mit dem aussatz vergleichet / dadurch eines aussetzigen leib schendlich vnnd jemmerlich verderbt wird / der helt nicht / das der leib vnnd Seel des menschen die Erbsünde ohne allen vnterscheid selbst sey. Denn wie aussatz an des menschen leibe zwar eine jemmerliche grosse verderbung ist des leibes / ist aber dennoch der leib selbst nicht / sondern vom selben vnterscheiden / wie es an denen so vom aussatze rein gemacht worden / Luc. 17. vnd 2. Reg. cap. 5. an Naeman zu sehen ist. Nu hat D. Lutherus die Erbsünde mit dem aussatze vergleichet / wie er denn spricht Genes. 1. fol. 17. Das gedechtnus / wille vnd vernunfft haben wir noch / aber auffs aller jemmerlichste verderbt / vnnd zum hefftigsten geschwecht / ja das ichs noch klerer sage (prorsus leprosa & immunda) das ist / gantz aussetzig vnd vnrein. Item fol. 18. eiusdem capitis, durch den erschrecklichen fall ist nicht alleine das fleisch oder vnsere natur durch den aussatz der sünde schendlich verstellet / sondern ist auch alles / was man zu diesem leben brauchen solle / verderbet. Die Lateinischen wort lauten also: per horribilem lapsum non solum caro lepra peccati deformata est, sed omnia quibus haecvita vtitur corrupta sunt.
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Derhalben ist abermals offenbar / das D. Lutherus einen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd der Erbsünde gehalten habe.(7. Beweiss) Solcher gestalt vergleicht auch D. L. die Erbsünde mit einem gifft Genes. 3. Fol. 48. Das gifft der Erbsünde / spricht er / ist so tieff in vnser fleisch / Leib / Seele / durch adern / blut / bein vnnd marck / im willen verstand vnnd vernunfft durchdrungen / das es nicht allein daraus (verstehe von vns selbst) nicht kan ausgetilget werden / sondern das es auch nicht erkand wird / das es sünde sey: Die Lateinischen wort lauten also: Late per carnem, corpus, animam, neruos, sanguinem, per ossa & medullas ipsas, in voluntate, in intellectu, in ratione diffusum est, vt non solum eximi plenè non possit, Sed ne quidem agnoscatur peccatum esse. Da offenbar / das wer solcher gestalt von der Erbsünde redet / zwischen derselben vnd verderbten menschlichen natur oder Leib vnnd Seele einen klaren vnd deutlichen vnterscheid mache. Dieses thut D. Lutherus. Ist derwegen offenbar / das D. Luther die Erbsünde vnd menschliche verderbte natur nicht für eins gehalten hat / sondern deutlich vnterschieden.(8. Beweiss.) Desgleichen schreibet D. Lutherus Genes. 3. Fol. 48. Die natur bleibet aber vielfeltig verderbet. Manet natura, sed multis modis corrupta. Item es bleiben die gleider in der natur / Sic manent in natura membra eadem. Da aber vnwiedersprechlich war / das wer da leret / das die natur bleibe / ob sie wol greulich durch die Erbsünde verderbt sey / derselbig der setzet einen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd der Erbsünde.
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Solches thut D. Lutherus wie obstehet.
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Ist demnach vnwiedersprechlich war / das er einen vnterscheid zwischen der verderbten natur selbst vnd Erbsünde (9. Beweiss.) gesetzet vnd gehalten habe. D. Lutherus nennet in gleichnuß die Erbsünde eine qualitet / das ist / eine böse seuche / ein bösen schaden / vnart der menschlichen natur. Tom. 4. latin: fol. 5 34. Psal. 90. Siue peccatum originis qualitatem siue morbum vocauerimus, profectò extremum malum est, Das ist / wir nennen die Erbsünde eine qualitet oder böse kranckheit / so ist sie gewißlich ein greuliches erschreckliches vbel oder ein greulicher erschrecklicher schade. Nu sind aber qualitet oder böse kranckheiten vnnd gebrechen / vnnd die natur selbst nicht einerley / sondern wie alle vorstendige Christen wissen / vnterschieden. Ist derwegen vnleugbar war / das D. Lutherus klaren vnterscheid zwischen der Erbsünde / als einer seuche oder kranckheit vnnd zwischen der verderbten natur / welche ein selbstendiges erschaffenes wesen ist / gehalten habe. Wer dieses vorleugnen will / der möcht auch wol leugnen / das eine Sonne am Himel were. (10. Beweis) Genes. Cap. 38. nennet D. Lutherus die Erbsünde vn̅ den Todt mala separabilia / sprechend / peccatum & mors sunt mala separabilia, die sünde vnd der Todt sind solche scheden gebrechen oder vbel / so von der natur können gescheiden werden. Wer aber schreibt / das die Erbsünde ein solches vbel sey / so von der natur kan gescheiden werden / der machet einen klaren vnterscheid zwischen der verderbten natur selbst vnnd zwischen der Erbsünde.
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Dieses thut D. Lutherus / wie seine wort / so wir itzo eingeführet / klar mit sich bringen. Derwegen ist auch dieses klar vnnd bekand / das er die Erbsünde vnnd menschliche natur vnterscheiden / vnnd nicht durch aus für einerley gehalten habe.(11. Beweiss.) Genesis 4. schreibet D. L. das die geistliche menschen zwischen der Erbsünde vnnd Creatur vnterscheiden sollen. Spirituales homines debent distinguere inter peccatum originale & creaturam. Item vber das 25. cap. Genes: man muß vnterscheiden die schendliche gestalt von dem geschöpff / welches Gott wil / das es herrlich sey / vnnd groß gehalten werde. Discernenda est deformitas ista à creatura, quam vult Deus esse gloriosam & magnifieri. Wer nu lehret ein vnterscheid zu machen zwischen der Erbsünde vnnd Creatur / oder des menschen Leib vnnd Seele / derselbige helt ja nicht / das die verderbte natur des menschen ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey. Dieses lehret D. Lutherus / wie seine wort itzo angezogen deutlich aussagen. Ist derwegen gewiß / das D. L. Erbsünde vnnd Creatur oder des menschen Leib vnnd Seel vnterscheiden vnnd keines weges für einerley gehalten habe. Genes. 17. schreibt. D. L. In dem ewigen leben werde(12. Beweiss.) an vns erfüllet werden die ware beschneitung. Denn da wird nicht die vorhaut des hertzens allein / welches hie durch den glauben geschicht / beschnitten werden: Sed vniuersa caro & omnis eius substantia ab omni corruptione, ignorantia, cupiditate, peccato, faetore, purgabitur, vt posthac sit immortalis caro, das ist / sondern es wird das fleisch gentzlich vnd alle seine substantz oder wese̅ von aller verderbu̅g
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vnwissenheit / bösen begierden / sünde vnnd gestanck gereiniget werden / das es hinfürder ein vnsterblich jleisch sey. Demnach der D. Lutherus helt vnnd schreibet / das vnser fleisch vnnd alle seine substantz oder wesen von aller verderbung etc. vnd sünde solle gereiniget werden / so verstehen ja alle frome hertzen / das sein meinung niemals gewest / das die verderbte natur vnd Erbsünde / durch aus ohne allen vnterscheid einerley sein / wer dieses nicht sehen wil / der muß (13. Beweiss.) stock vnd starr blind sein. Aberinals schreibet er Genes. 38. Gott werde das elende fleisch reinigen vnd herlich machen. Deus repurgabit & liberabit illam miseram carnem. Item assumpsit humanam naturam, vt purgaret sanguinem & carnem nostram tàm gentium quàm Iudaeorum. Das ist / Er hat vnser menschliche natur angenommen / das er vnser fleisch vnnd blut reinigte / beides der Heiden vnd Jüden. Item / er werde die schande des fleisches (das ist / die sünde) ausfegen / Turpitudinem illam carnis repurgabit etc. Derhalben ist abermals klar vnd gewiß / das D. Lutherus zwischen der Erbsünde oder Erb vnreinigkeit / so aus vnserm verderbten fleische / sol ausgefeget werden / vnd der natur selbst vnterscheiden habe. Denn es je vnterscheidene sachen sind das jenige so ausgefeget werden soll / welches ist die sünde oder Erbvnreinigkeit / vnnd das fleisch aus vnd von welchem die sünde oder Erbunreinigkeit soll ausgefeget werden. (14. Beweiss.) Desgleichen schreibt er Tomo 1. Jenensi / disput: 3. iustificat de hominis. Thes. 6. Die natur ist durch die Erbsünde verderbet vnnd verblendet: Natura vitio originalis peccati corrupta & excaecata est. Schreibt nicht / die natur
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selbst ist die Erbsünde / sondern sie sey durch die Erbsünde verderbet vnd verblendet. Derwegen sehen alle verstendige Christen / das er die Erbsünde vnd verderbte natur nicht für einerley ohne allen(15. Beweiss) vnterscheid gehalten habe. In der dritten disputation wieder die Antinomer schreibt er: Hie wird nichts anderst gehandelt / denn das die sünde so durch das gesetze geoffenbaret / vnd in Christo ver geben ist / ausgefeget werde. Die Lateinische wort sind: Nihil aliud agitur, quàm vt peccatum per legem ostensum, & in Christo remissum, expurgetur. Wird nu die sünde / wie D. Lutheri wort lauten / ausgefeget / so ist sie ja die natur selbst nicht / daraus sie gefeget wird / sondern ist von derselben nach D. Lutheri rede vnterscheiden.(16. Beweiss.) Tom. 8. German: In der dritten Predigt zu Eißleben geschehen Fol. 302. setzet D. Lutherus / diese wort: Das verstehen wir Christen / das in vnserm leibe / vnflat / sünde vnd vnreinigkeit ist / vnd doch Gott vns rein schetzet. Das heist je deutlich vnd klar zwischen vnser verderbten natur / vn̅ der sünde / so in vnser natur oder leibe vnd Seele / als ein vnflat ist / vnterscheiden. Denn was im leibe ist / das ist nicht der leib oder die natur selber. Die sünde aber vnd vnreinigkeit ist in vnserm leibe eder natur als ein vnflat vnd vnreinigkeit. Derhalben ist sie / nicht ohn allen vnterscheid der Leib oder die natur selber.(17. Beweiss.) Eben in derselben Predigt setzet er auch folgende wort: Denn es sollen die sünden nicht allein vergeben sein / sondern auch entlich gar ausgefeget vnd getilget werden. Denn dein stinckender schebichter Leib nicht in Himel komen soll /
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er sey denn zuuer gereiniget vnnd schön worden. Darumb sollen wir erbeiten / vn̅ vns befleissigen / das vnser Leib in dem vnflat / stanck vnnd sünden / nicht stecken bleibe. Lieber Gott / was könte doch deutlicher vnnd klerlicher vom vnterscheid des leibes oder natur des verderbten menschens vnnd der Erbsünde gesagt werden / als eben dieses. Wer sich durch solche klare zeugniß nicht wil weisen lassen / der ist gewißlich in vorkereten sinn gegeben. Vnser Leib oder natur spricht er sol in Himel kommen / doch also / das die sünde aus demselben zuuor gereiniget werde etc. Wie solte denn seine meinung gewest sein / das zwischen der natur selbst vnd Erbsünde durch aus kein vnterscheid were? Sol sünde aus dem leibe gereiniget werde̅ / vnnd der leib in Hünel komen / so muß ja leib oder natur selbst vnnd die Erbsünde nicht einerley sein. (18. Beweis.) Also spricht er auch in gedachter Predigt: Wir schwachgleubigen können für vnserm vnglauben zu solchem hohen trost vnnd krafft nicht kome̅ / denn wir folgen der Erbsünde dem bösen grind / so noch in vnserm fleisch vnnd blut stecket / zu sehr etc. Wer hie nicht sehen wil / das D. Lutherus zwischen der Erbsünde vnnd der verderbten natur vnterscheidet / der muß gewißlich ein verblenter mensch sein / welchem der Sathan seine augen verkleistert vnnd verfinstert hat. Er spricht / Die Erbsünde sey wie ein böser grind / der in vnserm fleisch vnd blut stecke / Derwegen ist ja klar / das er die Erbsünde / so in vnserin fleisch vnd blut stecket / vnnd vnser fleisch / darinner sie stecket / nicht für eins gehalten habe. (19. Beweis.) Tom. 6. Germ: vber den 101. Psalm Fol. 142. spricht er nochmals also / Es ist die gifft der Erbsünde vns angeboren.
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Das heist ja klaren vnnd deutlichen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde selbst machen. Ist die Erbsünde ein angeborner gifft / wie kan sie den̅ die verderbte natur selbst sein / oder wie kan erwiesen werden / das D. Lutherus zwischen der verderbten natur vnnd Erbsünde nicht solle vnterschieden haben? D. Lutherus vber das 16. Cap. Joh. Die welt(20. Beweis.) kan die sünde / welche inwendig in der natursteckt / vnnd die rechte Heuptsünde ist / so sie nicht kennet / nicht wegnemen. Was in der natur inwendig steckt / das ist ja die natur selbst nicht / sondern ist von derselben vnterschieden. Die Erbsünde aber wie D. Lutherus Johan. 16. redet / stecket inwendig in der natur. Derwegen ist sie ja die natur selbst nicht / sondern von derselben nach D. Lutheri lehre vnterschieden. D. Lutherus vber das 15. Cap. der 1. Epistel Pauli(21 Beweis.) an die Corinther schreibet also: Das ist die meinung vnnd beschluß daruon / das des menschen Leib muß verendert werden / vnd die gestalt nicht behalten so er itzo hat / One was gehört zu seinem wesen / also das nichts bleiben soll / was dieses vergenglichen lebens ist / vnd doch derselbige Leib vnnd Seele sey vnnd bleibe / so ein jglicher gehabt mit allen gliedmassen etc. Soll das jenige / das zum wesen des menschlichen leibes gehört / bleiben in der aufferstehung / so siehen vnd verstehen alle frome hertzen / das D. Luth. ein vnterscheid gehat ten / zwischen dem wesen des menschlichen Leibes / welches
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bleibenn soll / vnd zwischen der Erbsünde / in welcher der leib vnd gantze mensch empfangen vnd geboren ist / so in der aufferstehung nicht bleiben wird / Denn wo der leib selbst vnd die Erbsünde ohn allen vnterscheid einerley weren / müste die sünde in der aufferstehung auch bleiben. Denn je der leib sol vnd wird aufferstehen vnd in ewigkeit bleiben. Da nu der leib die sünde selbst ohne allen vnterscheid were / so müste ja die sünde selbst am Jüngsten tage aufferweckt werden / vnd ewig bleiben / weil der leib aufferwecket wird / vnd ewig bleibet. Nu sol aber alles vom menschlichen Leibe in der aufferstehung nach D. Lutheri rede abgethan werden / was er hie gehabt hat / als Erbsünde vnd was sonst böses in diesem leben an jm ist / vnd sol nichts vberbleiben / ohne was gehöret zu des leibes wesen. Derhalben verstehet vnd siehet ein jedes frommes hertz / D. Lutherus zwischen des verderbten menschen leib oder wesen des leibes so bleiben sol / vnd zwischen der Erbsünde / so nicht bleiben sol / einen richtigen klaren vnd deutlichen vnter scheid gehalten habe. Item / wer lehret / das eben derselbe Leib vnd Seele bleibe in der aufferstehung so ein jglicher hie gehabt / vnd hergegen setzet / das die sünde daruon ausgefeget werde / derselbige vnterscheidet zwischen leib / seele selbst vnd der Erbsünde. Dieses thut D. Lutherus 1. Cor: 15. mit vielen worten vnd ausführlich etc. wie dieselbigen angezogen. Derhalben ists gewißlich war / das er nicht der meinung gewest / das Leib vnd Seele ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sind / sondern er hat zwischen der verderbten (22 Beweiss.) natur / vnd der Erbsünde einen vnterscheid gehalten. Ebner massen schreibet er in obbemelten Capittel: Dar
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zu ist der sieg durch Christum geschehen / welcher in jhm selbst alles vberwunden hat / das er dich damit kleide / vnnd von deiner sünde vnd todt rein mache / das nichts mehr bleibe an deinem verweßlichen leibe / vnnd allem was der Teuffet drein geblasen hat / oder von jhm her kömpt / allerley vnglück vnnd gebrechen / jrrthumb vnnd vnuorstand / ohne was die natur vnnd warhafftiger leib ist / wie er von Gott geschaffen ist. Denn Gott hat den menschen nicht also gemacht / das er solt sündigen vnnd sterben / sondern das er lebete / aber der Teuffel hat den schendlichen vnflat vnnd flecken an die natur gehengt etc. Wer da schreibet / das alles was vom Teuffel in die natur geblasen oder kommen ist / Item / das der schendliche vnflat vnnd flecken so der Teuffel an die natur gehengt / sol daruon gethan / vnnd die natur sol daruon gereiniget werden / der helt freilich vnterscheid zwischen der verunreinigten beflecketen natur vnnd zwischen dem vnflat vnnd flecken der Erbsünde. D. Luth. schreibet / das alles was vom Teuffel in die natur geblasen vnd kommen / Item / das der schendliche vnflat der sünden / so der Teuffel an die natur gehengt / sol hinweg gethan / vnnd die natur oder mensch selbst daruon gereiniget werden / wie seine angezogene wort nach der lenge aus weisen etc. Ist demnach augenscheinlich vnnd vnwiedersprechlich war / das er die verderbte natur vnd den vnflat der Erbsünde / so der Teuffel an die natur gehengt / nicht für einerley gehalten / sondern vnterschieden habe. Ibidem setzet er auch folgende klare wort / die wol zubetrachten sein / vnnd ein sein liecht geben / sich in diesem streit(23. Beweis) auff die rechte bahn der warheit zu finden etc. Diese gifft /
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spricht er / ist nichts anders / weder der fluch / der vber alle welt gangen ist / durch den Teuffel in vns geblasen vnnd geschlagen / das wir alle daran sterben müssen / das ist das truncklein / das er Adam geschenckt hat / vnd wir alle mit getruncken haben / da wir geboren sind / vnd durch den leib vnnd alle glieder gangen ist / vnnd erzeigt sich auch auswendig mit allerley plage vnnd vnglück. Aber dagegen zeiget vns die Schrifft eine heilsame ertzney vnnd köstlich Thiriack von Gott gegeben / in dem wort / dadurch er gewislich verheist / das er den Todt wil wieder tödten / vnnd dem Teuffel auch ein trüncklein geben / daran er sich ewig zu tode sauffe / vn̅ seine gifft / fluch / sünde / hell vnd todt / so er an die natur gehengt / selbst fressen soll / wir aber ewig dauon erlöset sollen werden / dadurch das wir an den Samen gleuben vnd hangen. Dieses zeugnis D. Lutheri ist sonnen klar / vnnd sagt erstlich / das die Erbsünde sich nicht vneben vergleiche mit einem gifft / welchs der Teuffel in vns geblasen vnd geschlagen. Zum andern / das sie die Erbsünde durch den leib vnd alle glieder gangen. Zum dritten das wir vom fluch / sünde / helle vnnd todt / so der Teuffel an vnsere natur gehenckt etc. ewig sollen erlöset werden. Welcher Christ nu hie nicht sehen wil / das D. Lutherus zwischen der verderbten natur des menschen / vnnd zwischen der Erbsünde vnterscheiden habe / dem ist weder zu rathen noch zu helffen. Was in die natur geblasen vnnd geschlagen / Item was durch leib vnnd Seel durchgangen ist / Item was an die natur gehengt / daruon sie sol erlöset werden / ist ja freilich die natur selbst nicht / sondern von derselben vnterscheiden. Die Erbsünde aber ist / wie D. Lutherus gleichnis wei
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se redet / in die natur geblasen / durch leib vnnd Seele durchgangen / Item ist an die natur gehengt / vnd sol auch die natur dauon ewig erlöset werden etc. Derhalben ist die Erbsünde die verderbte natur selbst nicht / sondern ist warhafftig von der selben vnterscheiden. So schreibt auch D. Lutherus ferner vber das 15.(24. Beweis) Cap. an die Corinther / mit diesen worten: Gott ist nicht der natur feind / sondern zeigt das er jr wil helffen. Wenn D. Lutheri glaub gewest / das zwischen der verderbten natur des menschen selbst vnd zwischen der Erbsünde durch aus kein vnterscheid were: sondern das die verderbte natur die Erbsünde ohn allen vnterscheid selbst were / so hette er nicht schreiben können / das Gott der natur nicht feind were / sondern das er der natur helffen wolte. Denn dieses ist vnnd bleibet in alle Ewigkeit war / das Gott der sünden feind ist / vnnd nimmermehr helffen wolle. Exo. 20. Ich bin ein eiueriger Gott / der die missethat heimsucht etc. Rom. 1. Der zorn Gottes vom Himel wird offenbaret / vber alles Gottloses wesen vnnd vngerechtigkeit der menschen. Nu schreibet aber D. Lutherus / das Gott vnser natur nicht feind sey: Sondern wolle jhr helffen. Ist demnach abermals so helle als die liebe Sonne am tage / das D. Lutheri glaub vnnd lehre nicht gewest / das die verderbte natur des menschen selbst ohne allen vnterscheid die Erbsünde sey. Sol vnd wil Gott der natur helffen von jhrer verderbung / vnnd allem vbel / so mus ja die natur von der verderbung vnterscheiden sein. Er wil aber der menschlichen natur von jhrer verderbung vnd allem vbel helffen.
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Derwegen können ja natur vnnd Erbsünde nicht einerley sein / sondern müssen nohtwendig vnterschieden sein. Bald darauff in ermeltem cap. schreibt D. Lutherus (25. Beweis) abermals diese folgende wort. Christi sterben vnd aufferstehen ist das einige recept oder purgatio / wieder vnsere sünde vnd todt / so wir müssen teglich brauchen vnnd lassen / damit man die gifft aus dem hertzen treibe / vnnd vns bringe aus dem tode vnnd helle zum ewigen leben. Das hat er verheissen vnd befihlet es vns zu predigen vnnd gleuben / wircket dadurch teglich in vns / das es durchgehet als ein sawerteig (wie Christus Matth. 13. sagt) das das hertz im glauben zunimpt / vnd lerne dis leben vnd alle seine plage verachten vnd vberwinden. Was aus des verderbten menschen natur vnd hertzen sol expurgirt oder ausgefeget werden / das ist ja vnnd kan auch des verderbten menschen natur vnnd hertz selbst nicht sein. Die Erbsünde aber ist das jenige / das D. Lutheri worten nach aus des verderbten menschen natur vnd hertz durch Christi sterben vnnd aufferstehen sol ausgefeget oder expurgirt werden. Derwegen es ja für augen / das die verderbte natur vnd hertz / daraus die Erbsünde sol ausgefeget werde̅ / nicht durch aus einerley / sondern vnterschieden sein. Vnd weil denn D. Lutherus die Erbsünde für ein solche verderbung gehalten / so aus des menschen natur vnnd hertz sol ausgefeget werden / so kan ja nimmermehr mit grun de vnnd bestande / auff seinen geschlossenen Mund getichtet oder gesagt werden / das er keinen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde / gehalten habe.
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Genes. cap. 24. schreibt D. Lutherus / Quia ipse fecit nos, sumus creatura & opus ipsius, ideo curat suum(26. Beweis) opus etiam in medijs peccatis, morte, inferno, turpitudine & ignominia, Das ist / weil er vns selbst erschaffen hat / wir sind seine creatur / vnnd sein werck / derhalben sorgt er für solch sein werck / auch mitten in den sünden / im tode / helle etc. Item Genes. 23. humana loquela, adfectus, cor & anima sunt creaturae Dei, licet per peccatum originale vitiata. Das ist / des menschen Sprache / bewegungen / hertz vnnd Seele sind creaturen Gottes / ob sie wol durch die Erbsünd verderbt sind. Sind denn wir menschen vnser Sprache / hertz vnd Seele Gottes creatur / vnd sein eigen werck (ob sie wol durch die Erbsünde verderbt sein) für welche er sorget auch mitten in der sünde vnd tode etc. So kan ja vnsere menschliche natur vnser hertz vnnd Seele nicht die Erbsünde selbst sein. Denn für die Erbsünde (als die nicht sein werck oder creatur ist) sorget Gott nicht / sondern für seine eigene creatur vnnd werck / das ist / für die verderbte menschliche natur sorget er mitten in sünden / auff das er sie von der sünde todt vnd helle erlöse / vnd ewig selig mache. Wir menschen aber vnser hertz vnnd Seele / sind (als D. Lutherus aus dem Ersten artickel des glaubens recht schreibet) Gottes eigen creatur vnnd werck / für welches er sorget etc. Derwegen kans nicht war sein / das zwischen der verderbten natur des menschen seinem hertzen vnd Seelen vnd zwischen der Erbsünde gar kein vnterscheid sein solle. Vnd weil es vnleugbar ist / das D. Lutherus vnsere verderbte natur hertz vnd Seele Gottes creatur vnnd eigen werck heist /
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dafür Gott sorget / So mus auch dieses fest stehen bleiben / das D. Lutherus zwischen der natur hertzen vnnd Seelen / als Gottes Creatur / dafür er auch sorget / vnnd zwischen der Erbsünde / dafür Gott nicht sorget / vnterscheiden habe. Item / Gene. 21. leret D. Lutherus / das man die mengel so (27 Beweis) die Erbsünde gebracht / von der Schöpffung vn̅ wercken Got tes vnterscheiden solle. Nos quoque separemus vitia quae peccatum originis attulit à creatione & operibus Dei. Wer auff diese wort D. Lutheri acht gibt / der siehet abermals klar / das er seine menschliche natur für Gottes Creatur vnnd geschöpff gehalten / hergegen aber vernimpt er deutlich das er die mengel seiner natur so die Erbsünde gebracht / vnd die Erbsünde von der natur selbst vnterschieden vnd andere solchen vnterscheid zu halten gelehret habe. Darumb denn der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd zwischen der Erbsünde / aus Luthero klar ist / vnd mit grund der warheit nicht mag wiedersprochen werden. Genes. 42. schreibet D. Luth. also: Remissa quidem & tecta sunt peccata omnia, sed nondum expurgata. Es sind vns zwar alle vnsere sünde vergeben / sie sind aber nach nicht ausgefeget. Ibidem, Baptizatus es, sed adhuc faetes, & multis magnis vitijs plena est caro tua, ideo mundare eam me oportet. Du bist wol getaufft / aber du stinckest noch / vnd dein fleisch oder natur ist noch voller grosser gebrechen / derwegen mus ichs reinigen. Vnd bald hernacht Sumus recepti in gratiam per baptismum non solum ad remissionem peccatorum sed etiam ad expurgationem. Remissio est gratuita quae contingit propter solum filium Dei sine vlla dignitate merito & contritione nostra. Hanc remissionem sequitur
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vexatio, angustia, tribulatio, mortificatio quae omnia eò pertinent, vt aboleatur peccatum, ita vt non solum sit remissum & condonatum diuina gratia & misericordia, sed etiam dono S. Sancti expurgetur & vt discas intelligere, quanta sit malitia & deprauatio naturae humanae. Das ist / wir sind in der Tauffe angenommen / nicht alleine zur vergebung der sünde / sondern auch zur ausfegung derselben. Die vergebung geschicht aus gnaden vnd wiederfehret vns alleine vmb Christi wille̅ / ohne alle vnsere wirdigkeit verdienst vn̅ rewe. Auff diese vergebung erfolget / Creutz / leiden / trübsal / angst / tödtung / welchs alles miteinander dahin gehet / das die sünde ausgetilget werde / also das sie nicht alleine vergeben sey / aus gnaden vnnd barmhertzigkeit / sondern das sie auch durch die gabe des heiligen geistes ausgefeget werde / das du verstehen lernest / wie gros die bosheit vnd verkehrung menschlicher natur sey. Ibidem, Haec est propria scientia Christianorum, scire se in peccatis natum esse, idque in carne haerere vsque ad mortem, nec posse nos ab eo perfectè liberari & mun dari, nisi per mortem etc. Interea tamen tolerat nos immensa misericordia, non abijcit nec perdit, sed purgat nos sua manu quotidie. Das ist / dieses ist die eigentliche weisheit der Christen / wissen / das wir in sünden empfangen sind / vnnd das die sünde im fleisch anklebe oder haffte bis in den todt / vnnd das wir volkommen von der sünde nicht können errettet vnd gereiniget werden / denn durch den Todt etc. vnter des duldet vnd tregt er vns nach seiner grossen barmhertzigkeit / wirfft vns nicht weg / zerstört vns auch nicht / sondern reiniget vns teglich durch seine hand. Aus welchen Sprüchen abermal klar ist / das D. Lutherus zwischen der verderbten natur / vnd zwischen der Erbsün de deutlichen vnterscheid gehalten.
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Denn er setzet deutlich / die sünde müsse aus der natur ausgefeget werden / in der Tauffe werde sie wol vergeben / aber die ausfegung der sünden geschehe teglich von Gott selbst / oder durch den heiligen Geist / Item durch Creutz leiden vnnd trübsal. Item / das die Erbsünde im fleisch anhangend bleibe bis in todt / vnnd das Gott durch seine hand teglich daran ausfege. Weil denn D. Lutheri meinung nach / die sünde teglich aus dem fleische mus ausgefeget werden / so bleibts wol darbey / das die verderbte natur vnnd Erbsünde nimmermehr nach D. Lutheri lere für einerley können oder sollen gehalten werden. (29 Beweis) Ferner schreibt er in obbemeltem 42. Cap. Genes. Sic haeret in nobis malitia originis, contractum in paradiso, fermentum illud Diaboli, quo natura infecta est, Das ist / also hanget in vnser natur die Erbsünde so jm Paradiß verursacht ist / des Teuffels Sawerteig / mit welchem vnser natur vergifftet / oder verderbt ist. Vnd bald drauff / Quia nascitur nobiscum horribilis caligo, ignorantia & auersio à Deo. Ibi dicit Dominus. Ego ignosco tibi gratuito, sine vllis meritis tuis, neque propter contritionem, neque propter satis factionem, non enim est expiabile, aut vt ita dicam, satisfactibile peccatum per nos, sed per Filium Dei. Sed hoc faciam, vbi remisero tibi peccatum, faciam haeredem & filium regni Dei, vt meum erga te amorem declarem, ita tamen vt prius eluam sordes tuas, Ich mus dich vor wischen vnd waschen / Sicut mater infantem non collocat in cunas nisi prius lotum & mundatum, nec mouctur eiulatu & fletu, quo minus eum purget.
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Sic nos vocati sumus ad regnum Dei, habemus remissionem peccatorum, sumus filij & haeredes Dei, sed haeret adhuc in nobis ignauia & veternus corporis & animi, quam luem cogitat Deus tollere in vniuersa vita nostra etc. Das ist / dieweil vns angeboren wird eine schreckliche finsternis / vnwissenheit vnnd abwendung von Gott / so spricht der Herr / Ich vergebe dir zwar aus gnaden deine sünde / ohne alle dein verdienst / auch nicht vmb deiner rew willen / wie denn auch nicht vmb deiner gnug thuung willen. Denn die sünde kan nicht gebüsset werden durch vns / sondern alleine durch den Sohn Gottes Ihesum Christum. Das wil ich thun / wenn ich dir die sünde vergeben habe / wil ich dich zum Erben vnd Sohn meines reichs machen / das ich meine liebe gegen dir erzeige / doch also / das ich zuuor deine vnreinigkeit abwasche. Ich mus dich vor wischen vnnd waschen / Gleich wie eine Mutter / welche jhr kindlein nicht in die wiegen legt / sie habe es denn zuuor gewaschen vnd gereiniget / vnnd keret sich nicht daran / das es schreyet / sondern sie machet es zuuor rein. Also sind wir auch beruffen zum Reich Gottes / haben vergebung der sünde / sind kinder vnd Erben Gottes / aber es hangt vns noch an ein grewliche schendliche faulheit vnnd erschrecklicher gefehrlicher todtenschlaff leibs vnnd der Seelen / welche seuche Gott der Herr in vnserm gantzen leben gedenckt hinweg zu nemen / oder auszutilgen. Weil denn D. Lutherus die Erbsünde ein verderbung nennet so vns anhangt / Item einen sawerteig des Teuffels damit vnser natur angestecket ist. Item weil er lehret / das die vnreinigkeit der sünde / so vns angeboren / sol vnnd mus ausgewaschen werden in vnserm gantzen leben. So ist abermals hell vnnd offenbar / das D. Lutherus zwischen
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der Erbsünde vnnd der verderbten natur / vnterschieden habe. In der Kirchen Postil vber die Epistel am Ostertage / (30. Beweis) Die vbrige sünde in den heiligen / ist allerley böse neigung vnnd lust / oder begierde / so sich im menschen reget / wieder Gottes gebot / welche die heiligen so wol fülen / als die andern. Aber dis ist die vnterscheid / das die heiligen sich von denselben nicht lassen vberweldigen / das sie jhnen folgeten / vnnd ins werck kommen liessen / sondern wiederstehen / vnnd (wie S. Paulus alhie sagt) jmmerdar an jhnen ausfegen. Vnnd das heist an jhnen sünde / die da ausgefeget wird etc. Wenn D. Lutheri meinung vnd lehre gewest / das zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde durch aus kein vnterscheid were / so hette er nicht können setzen / das die sünde ausgefeget würde: Sondern er hette sagen müssen / das die natur selbst an den Christen teglich ausgefeget würde. Welchs da es bestand haben vnnd recht sein solle / daraus nohtwendig erfolgen müste / das die Christen zu letzt weder leib noch Seele behalten würden. Nu setzt er aber / das die sünde aus der Christen natur ausgeseget werde. Derhalben ists gewißlich war / das D. Lutherus Erbsünde vnnd natur vnterscheiden / vnd nicht durch aus für einerley gehalten hat. Summa die Erbsünde sol vnnd mus aus der natur / oder aus der substantz des leibes vnd Seele ausgefeget werden / auff das die substantz des leibes vnnd der Seelen rein werde. Darumb ist die Erbsünde / nicht die verderbte natur ohne allen vnterscheid selbst.
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Item in der Kirchen Postil aus der Epistel am Ostermitwoch / Das sündliche fleisch sol sterben / auff das auch(31. Beweis) die sünde vnnd der todt an jhm verzehret vnd verschlungen werde / vnd beide der leib sampt der Seele ewig lebe. Sol das sündliche fleisch darumb sterben / auff das auch die sünde vnd der todt an jhm verzehret vnd verschlungen werde / das beide leib vnnd Seele ewig leben / so muß ja(???) (wie alle verstendige hertzen sehen) ein vnterscheid zwischen der Erbsünde vnd des menschen leib vnnd Seele sein / vnnd muß die verderbte natur vnnd Erbsünde nicht einerley sein. Es sol aber wie D. L. recht lehret / das sündliche fleisch sterben / auff das auch die sünde vnd der todt an jhm verzehret vnd verschlungen werde. Derwegen kans ja nach D. Lutheri lehre nicht sein / das die verderbte natur leibs vnd der Seelen vnnd die Erbsünde solten ohne allen vnterscheid einerley sein. Vrsach ist diese. Denn was am sündigen leibe sol verschlungen vnd verzehret werden / das der leib mit der Seelen ewig lebe / das ist ja der sündige leib selbst nicht. Die sünde aber sol am sündigen leibe des menschen verschlungen vnd verzehret werden. Derwegen ists klar / das der verderbte leib oder natur des menschen die Erbsünde selbst nicht sey: sondern von derselben vnterschieden sey. Abermals schreibet D. Lutherus Genes. 38. Nos credimus & speramus, qui sumus circum dati carne peccati,(32. Beweis) futurum vt in die redemptionis nostrae ea purgetur & separetur ab omnibus infirmitatibus etc. Das ist / wir die wir mit diesem sündlichem fleisch vmbgeben sind gleuben vnd hoffen / das es am tage der Erlösung werde gereiniget vnnd gescheiden werden / von aller schwacheit / todt vnd schande etc.
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Da setzet D. Luther deutlich / das dieses sein vnnd aller rechten Christen glaube sey / das sie für gewis halten / das am jüngsten tage jr sündig fleisch von allen gebrechen solle gescheiden werden. Wie solt er denn gelehret oder gehalten haben / das zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde gar kein vnterscheid were. Traun wer da gleubet vnnd hoffet / das sein fleisch am (???) tage der erlösung von allen gebrechen vnd also auch von der sünde sol gescheiden werden / derselbe helt fleisch / natur vnnd Erbsünde nicht für einerley. Dieses aber hat D. Lutherus gegleubet vnd gehoffet / wie er selbst von sich schreibet. Derwegen ists offenbar / das er fleisch / natur vnd Erbsünde nicht für einerley gehalten / sondern vnterschieden habe. D. Lutherus in verdolmetschung der Epistel S. Pauli (33 Beweis) an die Römer cap. 7. hat die Erbsünde krafft vnd vermöge der wort des Apostels / eine anhangende sünde genennet. Desgleichen Hebr. cap. 12. eine anklebende sünde. Nu ists aber offenbar / das das jenige / dem etwas anhangt vnd anklebt / vnd das so jm anhangt oder anklebt / nicht einerley: sondern vnterscheiden sind. Denn die natur ist das subiectum / oder das jenige / welchem die Erbsünde anhangt vnd anklebt / Die Erbsünde aber ist der böse schade oder verderbung so der natur anhangt oder anklebt. Derwegen ists gewislich war / wird auch in alle Ewigkeit war bleiben / das D. Lutherus / die verderbte natur / welcher die Erbsünde anhangt vnnd anklebt vnnd die Erbsünde so der natur anhangt vnnd anklebt / nicht für einerley gehalten hat. Vnnd wird dieser vnterscheid zwischen der Erbsünde vnd zwischen der verderbten natur selbst / welchen
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D. Lutherus in seinen Schrifften so vielfeltig gezeiget / ob sich auch der hellen Pforten dawieder legten / wol vnumbgestossen bleiben. Bey diesen zeugnissen vnd gründen D. Lutheri / wil ichs bewenden lassen. Denn wer der gezeigten warheit nicht gehorchen / sondern seiner jrrigen meinung anhengen wil / dem ist dochnicht zu helffen / ob solcher zeugnissen gleich noch einst so viel (wie es denn leicht geschehen köndte) aus D. Lutheri Büchern fürbracht vnd fürgelegt würden. Gott erleuchte der verirreten augen / das sie der gezeigten warheit nicht wiederstreben / sondern dieselbige mit danckbarem hertzen annemen / Amen. Es vermeinet aber das Gegentheil alle diese gründe mit folgenden worten D. Lutheri / so in den Schmalkaldischen Artickeln stehen / vmbzustossen / da er im artickel von der busse saget: Die rechte busse disputirt nicht / welchs sünde oder nicht sünde sey / sondern stöst alles in hauffen / spricht / Es sey alles vnnd eitel sünde mit vns / was wollen wir lang suchen / teilen vnnd vnterscheiden etc. Ergo sprechen sie hat D. Lutherus nicht gewolt / das man zwischen der verderbten menschlichen natur vnd Erbsünde vnterscheiden solle. Aber hierauff ist dieses die gründliche vnnd bestendige antwort / Das D. L. in obbemelten worten vom vnterscheid(Antwort auff die ein rede / aus de̅ Schmal kaldischen Artickeln.) der verderbten menschlichen natur vnnd der Erbsünde etc. gar nicht handele: Sondern allein von der Bebstischen abteilung vnd vnterscheidung / so sie zwischen der Erbsünde / vnd andern wircklichen sünden im Babstumb in der beicht gemacht haben / vnnd hieruon also geleret / das ein Christ in der beicht alleine für sünde zu erkennen / vnnd dem Priester zu beichtenschüldig were / die böse gedancken / böse wort vnnd böse werck / nicht aber die verderbung der natur
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oder die Erbsünde selbst / vnterscheideten also zwischen der Erbsünde vnd zwischen den bösen gedancken / worten vnnd wercken / das sie dieselben wol für sünde hielten / so zu beichten weren / aber die Erbsünde selbst nicht / denn die were in der Tauffe auffgehaben. Dieses war nu wie D. Lutherus an gemeltem ort schreibet eine stücklichte bettelische busse vnnd beicht / welche zwischen den sünden selbst teilete / vnnd nur etliche beichten wolte / als die wircklichen / die verderbung der natur aber oder die Erbsünde nicht für sünde halten wolte / so zu beichten were / Derwegen auch D. Luther dieses Bebstische teilen vnnd vnterscheiden billich verworffen. Daraus offenbar / das diese wort D. Lutheri / so von der teilung vnnd scheidung der sünden handeln / wie dieselbe vnter dem Babstumb in der beicht gehalten / den vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde selbst / welchen D. Lutherus in seinen Schrifften so bestendig vnnd vielfeltig dargethan / keines weges auff heben oder vmbstossen. Denn es viel ein anders ist vom vnterscheid der sünden / so vnterm Babstumb in der beicht gehalten ist / reden / vnd vom vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd zwischen der Ende. Das dieses D. Lutheri meinung sey / kan der Christliche Leser selbst befinden / wenn er D. Lutheri wort in Schmalk. artickeln mit vleis ansiehet vn̅ erwegt / wie denn der Buchstab selbst denselben verstand vnnd erklerung mit sich bringt. Denn D. Lutherus in Schmalkaldischen Artickeln spricht / die Bebstische busse sey nur mit wircklichen sünden vmbgangen / die rechte busse aber bekenne / das auch die Erbsünde für Gott sünde sey / oder das alles mit vns verloren sey / das weder haut noch har gut an vns sey. Item
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die rechte busse teile vnd vnterscheide nicht welchs sünde sey oder nicht / sondern spreche es sey alles eitel sünde mit vns / da die Bebstische busse alleine die wircklichen sünde beichte vnnd berewe / die Erbsünde aber / welche ein Brunquel aller sünden ist / vorbey gehe / darumb ermelte wort D. Lutheri zwar den vnterscheid zwischen den sünden in der Bebstischen beicht wol auff heben / aber nicht zwischen der verderbten natur vnnd der Erbsünde / daruon in diesem streit gehandelt wird / welchen vnterscheid D. Lutherus mit so vielen gewaltigen gründen / als bißher vernomen / bestetiget hat.

VIII. Beweis / das ein mechtiger grosser vnterscheid sey / zwischen D. Lutheri lehre von der Erbsünde / vnd des Gegentheils jrriger meinung etc.
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DEr Erste vnterscheid stehet darinnen. Des Gegentheils Bücher sind dieser reden durch aus vol /(1. Vnterscheid.) das die verderbte menschliche natur eigentlich zu reden / vnnd ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey / wie sie auch dessen nicht in abrede sind. Hergegen ist dieses gewislich wahr / das jhnen vnmüglich ist / diese proposition oder reden mit diesen formalibus verbis aus D. Lutheri Schrifften für zulegen / das die verderbte natur des menschen eigentlich zu reden / vnd ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey / oder das die Erbsünde eigentlich zu reden vnd ohne allen vnterscheid / die verderbte natur selbst sey. Der ander / das Gegentheil hat mit aller gewalt bisher gestritten / das die Erbsünde eine substantz oder wesen sey / oder des sündigen menschen substantz / natur /(2. Vnterscheid.) oder wesen selber / wie dessen alle jhre Bücher voll sein.
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Hergegen aber hat D. Lutherus niemals geleret / oder ge schrieben / das die Erbsünde ein substantz oder wesen sey / oder wie man in Schulen zu reden pflegt in das praedicamentum substantiae gehöre (wie vnser Gegentheil streitet) sondern viel mehr das Gegenspiel: nemlich das die Erbsünde keine substantz sey / wie Aristoteles vnnd die Dialectici in Schulen die substantz beschreiben / vnd derwegen ins praedi camentum substantiae nicht zu setzen sey. Tom. 2. Ienensi contra Latomum Pag. 418. Der dritte / das Gegentheil hat bißher gestritten vnnd (3. vnterscheid.) noch / das die vernünfftige Seele des menschen ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey. Anathematisiert auch alle / so es disfals mit jhrer meinung nicht halten wollen / wie dessen alle jhre Bücher voll sein. Hergegen kan es nimmermehr aus D. Lutheri Schrifften dargethan oder erwiesen werden / das er jemals geschrieben / das die vernünfftige Seele des menschen ohne allen vnterscheid eigentlich die Erbsünde selbst sey. Das die Erbsünde in der vernünfftigen Seele sey / vnd dieselbige verderbt habe / das findet man wol in D. Luthers Schrifften offt / das aber die vernünfftige Seele ohne allen vnterscheid die Erbsünde eigentlich selbst sein solle / das stehet in Lutheri Büchern nicht / mag auch daraus nicht beygebracht werden. (4. vnterscheid.) Der vierde / Illyricus hat öffentlich gestritten in seinen Büchern so noch verhanden sind / das die Erbsünde eine vernünfftige oder verstendige mechtige Creatur sey. Dieses hat D. Luthero niemals getreumet / geschweige denn / das er solche Gotteslesterung solle gelehret / oder von sich geschrieben haben / Beruffen vns derwegen getrost auff seine Tomos vnnd sind des ge
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wiß / das es aus deuselben nimmermehr könne docirt werden. Der fünffte / Das Gegentheil wil kurtz vmb haben /(5. Vnterscheid.) das die Erbsünde sey die wesentliche form des menschens nach dem fall / oder der hochste grad der Seelen etc. wie solches Illyricus vnnd seine consorten in jren schrifften von der Erbsünde zum hefftigsten getrieben haben / vnd noch treiben. Hergegen aber D. L. schreibt vnd lehret klar / das die natur vnd wesen des menschen im fall blieben sey / desgleichen das die Seel / vernunfft / wille vnd hertz geblieben sey (wie solchs im vorgehenden Cap. mit seinen eigenen worten deutlich dargethan) alleine das er wie billich darbey gesetzet / das sie jemmerlich durch die Erbsünde verderbet sind. Das er aber sagen solte / das die Erbsünde die wesentliche form des menschen nach dem fall sey / das thut er nirgent / kans auch nicht thun. Denn dieweil er helt / das Leib / Seel / vernunfft vnnd wille des menschen im fall geblieben sind (alleine das sie schendlich verderbt sind) so kan er mit dem Gegentheil nicht lehre̅ / das die Erbsünde des menschen wesentliche form sey. Sintemal dieses gewißlich war ist / das was seine wesentliche form verloren hat / das hat sein wesen selbst verloren / vnd gar ein ander newes wesen bekommen. Solte nu der mensch oder die Seele jre wesentliche form verloren haben / so müst sie auch jr wesen selbst (Forma enim dat esse rei wie die gelerten in schulen reden) verloren haben / vnnd also dem wesen nach die Seel nicht geblieben sein / so von Gott erschaffen were. Da aber D. Lutherus deutlich schreibet / das die Seele natur vernunfft wille etc. vnnd leib des menschen geblieben sind / alleine das sie durch die Erbsünde greulich verderbt sind. Das D. Lutherus jemals in seinen schrifften solte die
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Erbsünde den höchsten grad der seelen genent haben / ist gleichsfals in ewigkeit aus denselben nicht zuerweisen. Denn die Erbsünde weder der oberst / mittelste oder vnterste grad der Seelen ist / so viel das wesen der Seelen selbst anlangt / sondern ein verderbung der Seelen / oder verfinsterung im verstand / verkerung im willen etc. vnnd in den andern krefften derselben / als in vorhergehenden cap. aus D. Lutheri Schrifften augenscheinlich dargethan. (6. Vnterscheid.) Der sechste / Das Gegentheil wie menniglich / der nur seine Schrifften gelesen / bekand / verteidiget mit gewalt das die Erbsünde ein substantz oder wesen sey / vnnd dringet derwegen zum allerhefftigsten drauff / das die verderbte natur des menschens (welche ja ein wesen / oder etwas wesentliches vnd selbstendiges ist) die Erbsünde ohne allen vnterscheid selbst sey. Hergegen aber D. Lutherus schreibet vnd lehret klar / das die Erbsünde eigentlich zu reden / sey eine priuatio / darbung / mangelung / sey eine böse qualitet / vnnd tödlicher schade oder kranckheit / sey ein solcher schade / der von der natur könne gescheiden werden / sey ein mangel der Erbgerechtigkeit / sey ein verfinsterung im verstande / verkerung des willens vnd greuliche vnordnung in allen krefften / wie im vorgehenden Capite mit seinen eigenen worten ausgefüret etc. welche wörter allzumal kein wesen oder substantz bedeuten / sondern ein accidens malum, oder bösen verderblichen zufall / wie solches alle verstendige / denen die art der wörter bekand ist / wissen / vn̅ mit grund der warheit nimmermehr kan wiedersprochen werden. (7. Vnterscheid.) Der siebende / Das Gegentheil wil durch aus keinen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen
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der Erbsünde zulassen / sondern dringet das die verderbte natur vnnd Erbsünde ohne allen vnterscheid einerley sind. Hergegen ist im vorgehenden cap. gründlich mehr als mit 30. zeugnissen aus D. Lutheri Schrifften erwiesen / das er einen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd der Erbsünde gelehret vnd gehalten habe / vnd keines weges gewolt / das verderbte natur vnd Erbsünde einerley sein sollen. Der achte / Illyricus (wie hernacher cap. 9. sol dargethan(8. Vnterscheid.) werden) vnd andere haben gelehret / das der Teuffel der Erbsünde oder des alten menschen schöpffer sey / Solche greuliche Gottslesterung kan D. Luthero im wenigsten nicht zu gemessen werden / mag auch aus seinen hinderlassenen Schrifften zu ewigen zeiten nicht bewiesen werden. Der neunde / das Gegentheil streitet zum hefftigsten /(9. Vnterscheid.) das der Sathan das wesentliche bilde Gottes / in sein selbst wesentlich ebenbilde oder laruen verendert oder transformirt habe / also das der mensch nu nach dem fal eine wesentliche larue des Teuffels sey. D. Lutherus aber weis in seinen Schrifften daruon nichts / das das bilde Gottes im menschen solt etwas wesentliches selbstendiges gewest sein / oder das der mensch für dem fal Gottes wesentliches ebenbild selbst solle gewest sein / oder das der Sathan das ebenbilde Gottes / zur wesentlichen laruen vnd ebenbild / sein selbst / solt gemacht haben / also das der mensch nach dem fal / eine wesentliche larua des Teuffels were. Vormag auch das Gegentheil solches aus D. Lutheri büchern mit bestand nimmermehr bey zu bringen. Denn ob er wol spricht / das der mensch des Teuf
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fels laruc sey von wegen der sünde: so setzet vnd lehret er aber dieses mit keinem wort nicht / das der mensch zur wesentliche̅ laruen des Teuffels selbst worden / also das sein wesen / substantz vnnd natur numehr nach dem fal des Teuffels substantz oder wesen wesentlich gleich sey: sondern redet nur von der vnart / so der Teuffel (wie D. Lutheri wort lauten) in die natur geblasen oder von dem vnflat vnd vnreinigkeit / so der Teuffel durch den fal der menschlichen natur angehengt hat / daruon sie auch wieder sol erlöset werden. Item D. Lutherus lehret nicht / das der mensch für dem (Lutherus leret das Gortes Ebenbild in Adams substantz gewest sei.) fal Gottes wesentliches Ebenbild gewest sey: sondern (wie seine wort Genes: 1. Cap. Fol. 18. lauten) das Adam Gottes Ebenbilde (in sua substantia habuerit) in seiner substantz oder Leib vnnd Seel gehabt habe. Eben am selbigen blat spricht er auch / des Teuffels larue oder bilde sey / schrecken im hertzen / vnördentliche bewegung / furcht des Todes / böse (Was er des Teuffels laruen beisse.) begierden oder lüsten / vnnd was dergleichen mehr. Haec & similia mala sunt imago Diaboli, qui ea nobis impressit. Diese vnnd dergleichen scheden sind das bilde des Teuffels / so solche scheden vns eingedruckt hat. Summa das Gegentheil lehret / so viel diesen Punct anlangt / das eine wesentliche transformation oder verwandelung im fal des menschen geschehen sey / da die vorige substantz natur vnnd wesen Adae / von Gott erschaffen / so seinem geticht nach die wesentliche gerechtigkeit selber sol gewest sein / numehr gentzlich abgetilget / vnnd in eine andere substantz wesentlich verwandelt sey / welche itzo sey die Erbsünde selbst. Hergegen D. L. lehret vber das 3. Cap. Genesis / Es bleibt die natur / wiewol sehr verderbt / also bleiben in der natur die vorigen glieder etc. wie solt er denn gehalten haben /
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das Adam sein vorige substantz natur oder wese̅ durch den fal verloren / vnnd in eine andere substantz vnd natur wesentlich vorwandelt sey / welche natur nu mehr die wesentliche Erbsünde selber were. Denn ist die natur blieben / so ist sie ja nicht in ein ander vnd new wesen oder natur verwandelt. Aber hievon an seinem ort weiter. Der zehende / Das Gegentheil lehret vnnd bestreitet(10. Vnterscheid.) / das die verderbte natur / welche die wesentliche Erbsünde selbst ohne allen vnterscheid sey / in die wesentliche gerechtigkeit selbst verwandelt vnnd also entlich selig werde. Dieses hat abermals D. Luthero nicht getreumet / geschweige denn / das ers solte in seinen Schrifften getrieben haben. Denn wie im vorgehenden Cap. vber das 15. Cap. der Ersten Epistel an die Corinther aus D. Luthero ist angezogen worden / helt D. Lutherus / das eben die Seel vnd eben der Leib / den wir itzo haben / sollen von der Erbsünde vnnd allen scheden erlöset werden / vnd ewiges leben erlangen / da hergegen die Erbsünde sol ausgefeget werden vnnd nimmer sein. Wie solt den̅ sein glaub oder lere gewest sein / das Leib vnnd Seele itzo ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst weren / vnnd in die wesentliche gerechtigkeit selbst solten verwandelt werden / damit die Erbsünde selbst ewig selig würde. Der Eilffte / Das Gegentheil wil darumb die gleichniß(11. Vnterscheid.) / vom aussatz / vom gifft / vom sauerteig etc. so D. Lutherus von der Erbsünde gebraucht / nicht dulden / dieweil es siehet / das D. Luther durch dieselben zwischen der verderbten natur vnd zwischen der Erbsünde vnterschieden hat. Hergegen treibt D. Lutherus dieselben gleichniß mit allem vleis / den vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde darzuthun / vnd zuerweisen /
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wie solches im vorgehenden cap. vleissig deducirt ist / onnötig dieses orts zuerholen. (12. Vnterscheid.) Der zwelffte / Illyricus pag. 486. confess. suae, vnnd seine consorten dringen drauff / das in einem jeden bekereten menschen zwo wesentliche form sein / vnd das der alte vnd newe mensch zweierley vnterschiedene species oder gestalten sind / vnd zwene menschen. Hergegen aber schreibt D. Lutherus Tom. 1. lat. Galat. 5. Idemhomo, eadem anima, idem Spiritus hominis, quia adfectu carnis mixtus & uitiatus est, quatenus sapit quae Dei sunt, Spiritus est, quatenus carnis mouetur illecebris, caro est. Si consenserit totus caro est vt Genes. 8. dicitur. Rursum si consenserit legi, totus spiritus est, quod fiet quando corpus erit spirituale. Non ergo duo isti homines diuersi imaginandi sunt, Sed velut crepusculu̅ matutinum, quod neque dies neque. nox est, vtrunque tamendici potest, magis autem dies, ad quam de tenebris noctis vergit, Das ist / der einige mensch / die einige seele / der einige Geist / demnach er mit des fleisches lüsten gemenget vnd vervnreiniget ist / so fern er wil was Gottes ist / ist er Geist / so fern er aber durch des fleisches anreitzung getrieben wird / ist er fleisch. Wenn er demselben gantz folget so ist er gantz fleisch / wie Genes. 8. stehet. Herwieder wenn er gantz dem gesetz folget / ist er gantz Geist. Welchs geschehen wird wenn der leib wird geistlich sein. Derhalben sol man diese zween menschen nicht also einbilden / als weren sie vnterscheidene menschen: sondern gleich wie der angehende tag / weder tag noch nacht ist / vnd mag doch beides genennet werden / vnd doch mehr der tag heist / die veil es gegen dem tag nahet.
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Bald drauff setzet er diese wort: Quod ideo dico vt stabiliam quod supra dixi, per carnem totum hominem significari, per Spiritum aequè totum, atque hominem interiorem & exteriorem, seu nouum & veterem, non distingui iuxta differentiam animae & corporis, Sed iuxta adfectus, Das ist / Welchs ich darumb anzeige / auff das ich bestetige / das ich droben angedeutet habe / das durch das fleisch der gantze mensch verstanden werde / durch den Geist gleichsfals der gantze mensch / vnnd das also der jnnerliche vnd eusserliche mensch / oder der newe vnd alte / nicht vnterscheiden werden / nach dem vnterscheid der Seelen vnd des leibes / sondern nach den begirden. Der dreyzehende / Das Gegentheil lehret vnnd bestreitet(13. Vnterscheid.) / das wir im Vater vnser beten sollen / Vergib vns vnsere verderbte natur / seele vnd wesen etc. Hergegen lehret D. Lutherus / das wir vmb vergebung vnser schuld bitten sollen. Setzet mit keinem buchstab oder wort dazu / das wir vmb vergebung der natur vnnd seelen beten sollen etc. wie sichs den̅ auch mit der fünfften bitte des Vater vnsers gantz vnnd gar nicht reimet. Der vierzehende / Das Gegentheil lehret / das die(14. Vnterscheid.) Erbsünde selbst im Namen der Heiligen Treyfaltigkeit getaufft werde / zur vergebung der sündenn. Solchs mag aus D. Lutheri Schrifften nimmermehr beygebracht oder erwiesen werden. Der funffzehende / Illyricus in seiner confess: pag.(15. Vnterscheid.) 786. schreibt / das das fleisch Christi einer andern art alterius speciei sey als vnser fleisch etc. wie solchs auch seine consorten verteidigen. Hergegen schreibt D. Lutherus Genes: cap. 38. Hic
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describitur semen benedictum, quod de semine & carne maledicta, perdita, damnata ortum est, ipsum tamen sine peccato & corruptione: Secundum naturam eadem est caro Christi cum nostra. Das ist / Hie wird der gesegnete same beschrieben / der von dem verfluchten verdampten samen vnd fleisch ist her kommen. Der aber doch ohne sünde vnd verderbung ist. Was die natur antrifft / ist Christi fleisch einerley mit vnserm fleisch. In der Hauspostil in der 2 Predigt vber das Euangelium Luc. 2. Der Sohn Gottes ist vnser fleisch vnd blut / von Maria der Jungfraw geboren / warhafftiger naturlicher mensch / wie ich vnd du / ausgenommen das er ohne menlichen samen vom Heiligen Geist empfangen / vnnd die gifft vom Teuffel / sünd vnd Tod / nicht mit genommen hat / sondern hat ein gantz vnnd gar rein vnschüldig fleisch vnd blut. Ausser diesem stuck das vnser fleisch vnnd blut vnrein vnd sündig ist / ist er ein mensch wie ich vnd du. Aus welchem allen offenbar / das D. Luthero gewalt vnnd vnrecht geschicht / wenn seine wort / auffs Gegentheils jrrige meinung dieselbige zubestetigen / angezogen oder eingefüret werden.

IX. Beweis aus den Christlichen Kirchen Gesengen / welche der Christenheit gemeines bekentnis sein / das ein vnterscheid sey / zwischen der verderbten natur / vnnd zwischen der Erbsünde.
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WEnn man wissen wil / was die Christenheit zu vnser zeit von der Erbsünde vnd verderbung menschlicher natur gehalten / gelehret vnd bekand habe / welchem glauben vnnd bekentnis alle frome hertzen billich beypflichten / vnnd die gegenlchre meiden sollen / so erwege man folgende schöne Sprüche aus den Kirchen gesengen / wie sie in den gesang Büchern stehen (in welchen der lieben Christenheit gemeines bekendnis fürgestellet) wird sichs fein finden / das dieselbe die Erbsünde vnd verderbte natur nicht für einerley halte / sondern deutlich voneinander vnterscheide. Vnnd Erstlich so singet die Kirche aus dem Lobgesang(1. Beweis.) Zachariae: Vnnd erkentnis gebest des heils seinem volck / die da ist in vergebung jhrer sünden. Mit welchen worten die liebe Kirche klar anzeigt / das ein vnterscheid sey zwischen dem volck oder menschen / welchen die sünde vergeben werden / vnd zwischen den sünden / sie sind nu Erb oder wircklich / so jhnen vmb Christi willen aus gnaden vergeben werden. Dem volck vnd nicht der sünde wird heil vnd vergebung der sünden durchs Predigambt angekündiget vnnd mitgetheilet / da wirds noch wol bey bleiben. Zum andern / singet die Christenheit im A solis ortu, (2. Beweis.) Der selig Schöpffer aller ding / zog an eines knechts leib gering / das er das fleisch durchs fleisch erwürb / vnnd sein geschöpff nicht alles verdürb. In welchen worten zu mercken ist / das die verderbte menschliche natur auch noch itzo Gottes geschöpff ist / vnnd nicht das wesentliche Ebenbilde oder larue des Teuffels ohne vnterscheid selbst / so der leidige Teuffel in solche form / artt oder gestalt transformirt / wie das Gegentheil schwermet vnd fürgibt.
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Item das vnser verderbte natur nicht die Erbsünde ohne vnterscheid selbst sey. Denn sonst hette der Schöpffer aller ding dieselbe nicht können annemen / sintemal er die sünde weder können noch sollen annehmen. Denn er nicht vmb der sünde / sondern vmb vnser menschen vnd vmb vnser seligkeit willen mensch worden. Oder da zwischen vnser menschlichen natur vnnd der Erbsünde kein vnterscheid were / müste er die sünde angenommen haben / welchs lesterlich zu gedencken / geschweig zu sagen ist. Item / wenn des Gegentheils meinung grund haben solte / das nemlich die verderbte natur ohne allen vnterscheid die sünde selbst sein solte / so müste folgen / das der Schöpffer aller dinge Ihesus Christus die sünde selbst erworben hette / welchs abermals der gantzen heiligen Schrifft zu wieder ist. (3. Beweis.) Zum dritten / singet die Christenheit / In vnser armes fleisch vnnd blut / verkleidet sich das Ewige gut. Welches nach des Gegentheils meinung nicht war sein kan. Denn sie geben für / Der sohn Gottes habe ein fleisch angenommen / welches einer andern art ist / dennvnser fleisch oder das vnserm fleisch nicht gleich ist. Item / da vnser armes fleisch vnnd blut ohne vnterscheid die sünde selbst were / hette der Sohn Gottes vnser fleisch vnnd blut nicht annemen können / er hette denn die sünde selbst an sich nemen wollen / welchs er aber weder thun wollen / noch gethan hat. Item / hette er aber die sünde angenommen so were nicht vnser armes fleisch vnd blut / darein sich das ewige gut ver
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kleidet hat / erlöset: sondern viel mehr die sünde / vnnd auff solche weise würde die sünde selig / vnnd müste vnser armes fleisch vnnd blut ewig verdampt vnnd verlorn bleiben. Ebner massen singet sie in ermeltem Lobgesang: Er ist auff Erden kommen arm / das er vnser sich erbarm / vnnd in dem Himel machet reich / vnd seinen lieben Engeln gleich. Vnnd singet nicht / wie das Gegentheil dichtet: Er ist auff Erden kommen arm / das ersich der Erbsünde erbarm / vnnd in dem Himel machet reich. Vnser menschen wil er sich erbarmen / dieselben wil er im Himel reich / vnnd seinen lieben Engeln gleich machen / vnnd nicht die sünde / da abermals der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde deutlich für augen gestellet ist. Item / das hat er alles vns gethan / seine grosse lieb zu zeigen an / etc. Vnnd nicht / das hat er alles der Erbsünde gethan / jhr seine grosse liebe anzuzeigen. Das heist ja deutlichen zwischen der Erbsünde vnnd verderbten natur vnterscheiden. Zum vierden / Euch ist ein kindlein heut geboren / von einer Jungfraw auserkorn / Ein kindelein so zart vnnd fein /(4. Beweis) das sol ewr freude vnnd wonne sein. Wenn nu der Christenheit meinung oder glaube were / das zwischen der verderb ten natur vnnd zwischen der Erbsünde gar kein vnterscheid were / so müste es heissen. Der Erbsünd ist ein kindelein heut geborn etc. Item dasselbe kindlein sol der Erbsünde oder sünde freude vnnd wonne sein etc. Welchs ein vngeheur lesterlich geticht were. Item / Es ist der Herr Christ vnser Gott / er wil euch
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führen aus aller noht / Er wil ewer heiland selber sein / von allen sünden machen rein. Dieses müst nach des Gegentheils schwarm also heissen: Er wil die sünde führen aus aller noht / vnd nicht euch menschen. Er wil der Erbsünde vnd nicht ewer Heiland selber sein etc. vnd er wil die sünde von allen sünden machen rein. Es geben aber ermelte wort den vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd der sünde so klar / das es nicht wol klerer geschehen köndte. Item / Er bringt euch alle seeligkeit / die Gott der Vater hat bereit / das jr mit vns im Himelreich solt leben nu vnd Ewiglich. Euch singt sie bringt er alle seligkeit / euch menschen vnnd nicht der Erbsünde / denn der himlische Vater hat der Erbsünde keine seligkeit bereitet. Vnnd abermals / jhr menschen solt mit vns engeln nu vnd ewiglich im Himel reich leben / vnnd nicht die sünde. Das heist ja mein ich hell vnnd klar zwischen der verderbten menschlichen natur vnnd zwischen der Erbsünde vnterscheiden. Item / Bis wilkom du Edler gast / den sünder nicht verschmehet hast etc. Den sünder singt die Kirche habe der Edle gast Ihesus Christus nicht verschmehet / vnd nicht die sünde / denn er ist kommen die sünde zuuertilgen / vnd den sünder selbst selig zu machen. Wer diesen vnterscheid nicht sehen wil / der wil willig blind sein. Item / Ach mein hertz liebes Ihesulein / mach dir ein rein sanfft Bettelein / zu ruhen in meines hertzen schrein etc. Wenn nu zwischen des menschen hertz vnnd der Erbsünd kein vnterscheid were / so müst die Christenheit beten / das das liebe Ihesulein wolt jhm ein rein sanfft bettelein in
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der sünden machen / darinnen zu ruhen / das sein die sünde nimmer vergesse. Zum fünfften / singt sie / was kan euch thun die sünd(5. Beweis.) vnnd todt / jhr habt mit euch den waren Gott / last zürnen Teuffel vnnd die hell / Gottes Sohn ist worden ewer gesel etc. Wo fern nu die verderbte natur vnd Erbsünde ohne allen vnterscheid einerley weren: so müste die Christenheit also singen / OErbsünd was kan dir thun die sünd vnd tod / du hast mit dir den waren Gott / las zürnen Teuffel vnd die hell / Gottes sohn ist worden dein gesel. Item / da sie singet: Er wil vnd kan euch lassen nicht / setzt jhr auff jhn ewr zuuorsicht / Es mögen euch viel fechten an / dem sey trotz ders nicht lassen kan. Zu letzt must jhr doch haben recht / jhr seid nu worden Gottes geschlecht / des dancket Gott in Ewigkeit gedültig frölich allezeit. Müst es vmbgekeret sein / vnd so gesungen werden / Er wil vnnd kan die sünde lassen nicht / die sünde setzt auff jhn alle jr zuuorsicht / Es mögen die sünde viel fechten an / dem sey trotz ders nicht lassen kan. Zu letzt mus die sünde doch haben recht / sie ist nu worden Gottes geschlecht / des dancke sie Gott in Ewigkeit / gedültig frölich allezeit. Das würde aber weidlich geschwermet heissen. Zum sechsten / singet sie / die Tauffe im Jordan an sich(6. Beweis.) nam / das himlische Gottes lamb / dadurch der nie kein sünde that / von sünden vns gewaschen hat. Blind vnd gantz verstockt müste der sein / der in diesen worten den klaren vnterscheid zwischen vns oder vnser menschlichen natur / so von der sünde gewaschen wird / vnd zwischen der sünde / dauon sie gewaschen wird / nicht sehen solte. Zum siebenden / singt sie / Ein kindelein so löbelich ist(7. Beweis.) vns geboren heute / etc. Item were vns das kindelein nicht
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geboren / etc. vnnd nicht / Ein kindelein so löbelich ist der Erbsünde geboren etc. Wie sie denn auch nicht singet / were das kindelein der sünde nicht geboren etc. Sondern were vns menschen das kindlein nicht geboren / alldieweil sie weis / das die menschliche natur / vnnd Erbsünde vnterscheiden / vnd nicht einerley sind. (8. Beweis.) Zum achten / singt sie / Er ist vns gar gleich nach dem fleisch / der sünden nach ist er vns nicht gleich / da sie freilich deutlich gnugsam die Erbsünde vnnd vnser fleisch vnnd blut vnterscheidet. (9. Beweis.) Zum neunden / singt die Christenheit: Dancksagen wir alle etc. vnnd vns erlöset hat mit seinem blute von des Teuffels gewalt. Wenn aber kein vnterscheid were zwischen vns menschen vnnd der sünde / müst sie nicht singen / vnnd vns erlöset hat: sondern vnnd die sünde erlöset hat / mit seinem blute von des Teuffels gewalt. Sünde vnnd schande ist es / das man bey solchem hellen liecht mit solchem schendlichen verdamlichen wahn vnnd jrthumb der warheit wiedersprechen sol. Zum zehenden / betet sie am Christage / Hilff lieber (10. Beweis) Herre Gott / das wir der newen leiblichen geburt deines lieben Sohns teilhafftig werden vnnd bleiben / vnd von vnser alten sündlichen geburt erlediget werden / so müste sie aber nicht beten / wenn zwischen vnser natur vnnd der sünde kein vnterscheid were: sondern also: hilff lieber Herre Gott / das die sünd der newen leiblichen geburt deines lieben Sohns teilhafftig werde vnnd bleibe / vnnd von jhrer alten sündlichen geburt erlediget werde etc. Es sage mir aber einer / wo denn die sünde sündlich geboren sey / vnnd wie sie von jhrer alten sündlichen geburt solle erlediget werden. Gott bekeh
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re die so zu bekehren sind / vnd erledige sie von solchem greulichem törichten jrthumb. Zum Eilfften / singt die Kirche. Der ohn sünd war geboren(11. Beweis) / trug für vns Gottes zorn / hat vns versünet / das vns Gott sein huld gönnet. Ist nu des Gegentheils gedicht nach kein vnterscheid zwischen der verderbten natur / vnnd zwischen der sünde etc. So ist dieses nicht recht gesungen: sondern es mus also heissen: Der ohne sünde war geboren / trug für die sünde Gottes zorn / hat die sünde versönet / das jhr Gott sein huld gönnet. Weil es aber gewis ist / das die Kirche nicht vnrecht singet / so stehet der vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd sünde nochmals feste. Zum zwölfften singet sie / Gott der Vater wohne vns bey / vnnd las vns nicht verderben / mache vns aller sünden frey / vnnd hilff vns selig sterben. Da stehet(12. Beweis) ja der vnterscheid klar / Gott der Vater wohne vns bey / vnnd nicht / Gott der Vater wohne der sünden bey / Item / las vns nicht verderben / vnnd nicht / las die sünde nicht verderben. Item / mache vns aller sünden frey / vnnd nicht / mache die sünde aller sünden frey / Item / las vns selig sterben / vnnd nicht / las die sünde selig sterben / wie es doch heissen müste / wenn kein vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der sünde were. Zum dreitzehenden / singet sie vnd betet: O Ihesu Christ(13. Beweis) Sohn eingeborn / deines himlischen Vaters / versöner derer die waren verlorn / du stiller vnsers haders etc. Da sie singen müste / wen̅ keinvnterscheid zwischen der verderbten natur vn̅ zwischen der sünde were: O Ihesu Christ Sohn ein geboren / deines himlischen Vaters / versöner der sünde die war ver
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loren / du stiller jres haders. Da abermals meniglich verstehet / das der vnterscheid zwischen dem verlornen menschen / vnd zwischen der Erbsünde nicht könne ohne Gottes lesterliche verkerung ermelttes gebets der lieben Christenheit etc. verleugnet vnd hindan gesetzet werden. (14. Beweis) Zum vierzehenden / singet sie abermals: Die Gebot all vns gegeben sind / das du dein sünd O menschen kind / erkennen solt vnd lernen wol / wie man für Gott leben sol etc. Dieser gesang reimet sich durch aus nicht mit des Gegentheils geticht. Den̅ wo zwischen der menschlichen natur / vnd zwischen der Erbsünde gar kein vnterscheid were / so müste die Christenheit singen / Die Gebot alle der Erbsünde gegeben sind / das die Erbsünde jre sünde erkenne / vnd die sünde lerne wol / wie man für Gott leben solle etc. Das wolte aber ein seltzamer vngeheurer Gottslesterlicher abscheulicher gesang sein. Also singt sie auch: Mensch wiltu leben seliglich / vnd bey Gott bleiben ewiglich / soltu halten die 10. Gebott / die vns gebeut vnser Herre Gott. Wenn aber die menschliche natur vnd Erbsünde durch aus ohn allen vnterscheid einerley weren etc. müste sie singen. Du Erbsünde wiltu leben seliglich vnnd bey Gott bleiben ewiglich / soltu halten die 10. gebot / die dir gab dein Herr vnd Gott. Daraus wolte nu eine feine richtigkeit in der lehre so aus dem gesetz die busse Predigt erfolgen. (15. Beweis) Zum fünfftzehenden / singet die Christenheit im Glauben. Wir gleuben all an einen Gott / da nu die menschliche natur vnd Erbsünde nicht vnterscheiden / sondern durch aus einerley weren / so müste sie singen / Alle Erbsünden gleuben an einen Gott / vnnd müste also der Erbsünde der glaube an Gott zugeschrieben vnnd gelehret werden / das die sünde gleubig were / vnd auff Gott jhr zuuorsicht vnnd ver
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trawen setzete. Solte aber das nicht eine seine Theologiam geben? Item / der sich zum Vater geben hat / das wir seine kinder werden etc. daraus folgen müste / wen̅ des Gegentheils meinung richtig / das sich Gott der Erbsünde zum Vater gegeben / das sie sein liebes kind werden möchte. Aber behüt Gott für solcher lehre vnd glauben. Item / Er wil vns alzeit erneeren etc. da müste man singen / nach des Gegentheils wahn: Er wil die Erbsünde allezeit erneeren / jhr leib vnd Seel wol bewaren / allem vnfal wil er weren / kein leid sol der sünde wiederfahren / er sorget für sie / hüt vnd wacht etc. was wolte aber aus solcher lehre erfolgen? Gott steure solchem jrrigen wahn. Zum sechtzehenden / singt sie im Vater vnser: All vnser(16. Beweis) schuld vergib vns Herr / das sie vns nicht betrüben mehr etc. da aber kein vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd der sünde / müste sie nicht singen: All vnser schuld vergib vns Herr / etc. sondern der sünden vergib alle schuld / das sie dieselbe hinfürter nicht betrüben. Aber was darffs viel wort / weil die Kirche singt vnnd bittet vmb vergebung der schulden / so zeigt sie ja klar an / dz sie vnterscheid mache / zwischen dem menschen vnd seiner schuld / vnd das sie menschliche natur vnd sünde nicht für eines halte. Item sie singt: Hilff vns aus der sünden noht / wie kans denn war sein / das kein vnterscheid zwischen vns menschen vnnd zwischen der sünde sein sol? Soll er vns aus der sünden noht helffen / so mus ja ein vnterscheid sein / zwischen vns / vnd der sünde. Zum siebentzehenden / singt sie: Die Erbsünde machts(17. Beweis) zur nichtigkeit / darin er ist geboren / vermag jhm selbst nicht helffen.
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Item / die Tauffe ist für jhm eine rote flut / von Christus blut geferbet / die allen schaden heilen thut / von Adam her geerbet / auch von vns selbst begangen. Wie kündte doch die liebe Christenheit deutlicher zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde vnterscheiden / als eben mit angezogenen worten geschicht. In der Erbsünde ist (er) der mensch geboren / singt die liebe Christenheit / vnnd nicht er ist die Erbsünde ohn allen vnterscheid selbst. Item / die Tauffe heilet allen schaden von Adam her geerbet etc. ist die Erbsünde ein schaden von Adam her geerbet / welcher durch die Tauffe geheilet wird / wie kan sie denn ohn allen vnterscheid der verderbte mensch selbst sein? Ein schade der geheilet wird / vnnd die menschliche natur selbst an welcher solcher schade geheilet wird / sind ja nicht einerley / wie solchs ein jeder Leie verstehen kan. (18. Beweis) Zum achtzehenden / singt sie / Ob bey vns ist der sünden veil / bey Gott ist viel mehr gnade. Wie solts denn war sein / das vnser verderbte natur vnnd die sünde einerley weren. Bey vns menschen sind viel sünde / nemlich die Erbsünde vnnd wircklichen sünden / derer wegen wir vmb gnaden bey Gott bitten müssen / vnnd nicht bey der sünde sind viel sünden / derer halben sie die Erbsünde vmb gnade bittet. (19. Beweis) Zum neuntzehenden singet sie / Siehe Herr in sünden bin ich geborn etc. vnd nicht / ich bin die Erbsünde geboren / vn̅ in der Erbsünde empfieng meine mutter die Erbsünde etc. Wie es denn lauten müste / wenn zwischen des menschen natur / vnd zwischen der sünde gar kein vnterscheid were. Item sie singt ferner vnd betet / Bespreng mich Herr mit Isopp / rein werd ich so du weschest mich / weisser denn
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schnee etc. vnd nicht / bespreng Herr die sünde mit Isop / rein wird die sünde so du sie weschest weisser denn schnee etc. wie sie denn beten müste / wenn die sünde / vnd die verderbte men schliche natur selbst ohne vnterscheid einerley weren. Item / verwirff mich nicht von deinem angesicht etc. welches des Gegentheils schwarm nach heissen müste / verwirff die sünde nicht für deinem angesicht / vnd müste auch der sünde zugeschrieben werden / das sie zum Herrn betete. Zum zwantzigsten singet sie / Hilff Gott wie ist der menschen(20. Beweis) noht so groß / wer kan es alles erzehlen etc. da wird ja der mensch vn̅ alle noht darinnen er hafftet / sie heisse sünde / todt oder wie sie wolle etc. klar vnterschieden / vnd deutlich gnugsam zuuerstehen gegeben / das mensch vnnd die sünde / nicht durch aus einerley sind. Item / vergis der schuld / gib vns dein huld / wir erkennen doch die sünde / O herre Gott nim vns an für deine kinde. Da müste die Christenheit / wen̅ sie kein vnterscheid hielte / zwischen derverderbten menschlichen natur / vnd zwischen der sünde / singen / wir Erbsünden erkennen doch die sünde / O herre Gott nim vns Erbsünden an / für deine kinde. Das wolt trauen ein freyer handel werden / wenn die sünde jhre sünde erkennete / vnd bete Gott / er wolle sie zu seinem lieben kinde annemen / aber es heist nicht / wir Erbsünden selbst etc. sondern wir menschen. Die Erbsünde wird auch nimmermehr zu Gottes kinde auff vnnd angenommen / sondern wie der 51. Psalm betet / wird sie vertilget. Zum ein vnnd zwantzigsten singet sie / Meine sünde(21. Beweis) sind schweer vnnd vber gros / vnd rewen mich von hertzen /
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derselben mach mich quit vnnd loß / durch deinen todt vnnd schmertzen etc. Solt kein vnterscheid zwischen der sünde vnd verderbten natur sein / so mäfle folgen / das die sünde beichtete vnnd bekennete / das jhre sünde schwer vnd vber gros were / vnnd rewete sie von hertzen (müste also die Erbsünde auch ein eigen hertz haben in welchem sie jhre sünde bereuete) Item es müste folgen / das die sünde betete / Ihesus Christus wolle sie der sünden (welcher sünden aber?) quit vnnd loß machen / durch seinen todt vnd schmertzen. Weil aber dieses alles ein falsch gedicht ist / so kan des Gegentheils meinung nimmermehr in der Christenheit stat haben. (22. Beweis) Zum 22. singt sie abermals: Durch Adams fall ist gantz verderbt menschlich natur vnnd wesen / dasselb gifft ist auff vns geerbt / das wir nicht köndten genesen / ohne Gottes trost / der vns erlöst etc. Das bekent die liebe Christenheit gerne / das durch Adams fall gantz verderbt sey / des menschen natur vnnd wesen. Aber das sagt sie nicht / das des menschen natur vnnd wesen die verderbung oder die Erbsünde selbst ohne allen vnterscheid worden sey. Denn damit sie jhr bekentnis verwahre / wieder des Gegentheils falsche jrrige meinung / setzet sie fein dazu / dasselbig gifft ist auff vns geerbet / vergleicht die Erbsünd mit einem gifft / welchs auff vns menschen geerbet sey / vnterscheidet also klar zwischen der verderb ten natur des menschen / vnd zwischen der Erbsünde. Denn spricht sie / dasselbig gifft ist auff vns geerbet / vnnd nicht / vnser verderbte natur vnnd wesen ist dasselbig gifft oder die Erbsünde ohne allen vnterscheid selbst. Item sie setzet auch dieses dazu / das wir nicht köndten genesen / vnnd nicht / das die Erbsünde nicht köndte genesen.
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Item / ohne Gottes trost / der vns erlöst / vnd nicht der die Erbsünde erlöset. Da sie ja deutlich gnugsam zwischen der Erbsünde / vnd verderbten natur des menschen vnterscheidet. Zum 23. singt sie im Liede vom heiligen Abendmal.(23. Beweis) Du solt Gott den Vater preisen / das er dich so wol wolt speissen / vnd für deine missethat / in den Todt seinen Sohn gegeben hat. Du solt gleuben vnnd nicht wancken / das ein speisse sey der krancken / den jhr hertz von sünden schwer / vnnd für angst ist betrübet sehr etc. Da sehen ja alle frome hertzen / das die Christenheit zwischen der verderbten menschlichen natur / vnnd zwischen der sünden vnterscheid halte. Denn Erstlich singt sie / Du / das ist / du mensch (vnnd nicht die sünde) solt Gott den Vater preisen / das er dich menschen (vnnd nicht die Erbsünde) so wol wolt speisen / vnnd für deine (vnd nicht für der sünde missethat) in todt seinen Sohn gegeben hat. Zum andern singt sie / du / das ist / du mensch solt gleuben vnd nicht wancken / singt nicht / du sünde selbst solt nicht wancken / das eine Speise sey der krancken / denn wer hat je gehört / das die sünde selbst gleuben solt. Zum dritten / singt sie / den (das ist / den menschen) jhr hertz von sünden schwer / vnnd singt nicht / der sünde ist jhr hertz von sünden schwer / vnnd für angst betrübet seer. Denn wenn das sein solte / so müste die sünde ein geengstiget vnnd betrübtes hertz haben / vnnd rew vnnd leid vber sich selbst haben / welchs wieder die gantze heilige Schrifft ist / vnnd nimmermehr aus Gottes wort mag erwiesen werden. Zum vierden / singt sie / Gleubstu das von hertzen grun
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de / vnnd nicht du Erbsünde gleubstu das von hertzen grunde. Wer hat auch je in der Bibel gelesen / das die sünde von hertzen grund gleuben / vnnd mit jhrem munde bekennen solte? Zum fünfften / der heilige Leichnam ist für vns gegeben vnnd nicht er ist für die sünde gegeben / das sie dadurch lebe. Wie wolt sichs auch reimen / wenn die sünde singen solte / nicht grösser güte köndt er mir selbst schencken / darbey ich sünde sein solle gedencken etc. welchs denn sein müste / wo klein vnterscheid zwischen dersundtlichen natur vnd zwischen der sunde were. Zum sechsten / Herr deine liebe so gros dich zwungen hat / das dein blutt an vnd groß wunder thatt / vnd bezalet vnser schuld / das vns Gott ist worden huld. Sind nu mensch vnnd sünde ohne allen vnterscheid einerley / so mus es heissen: Herr dein lieb so gros dich zwun gen hat / das dein blut an der sünde gros wunder that / vnnd bezalt der sünden jhre schuld / das jhr Gott ist worden huld. Aber behüt Gott für solcher Lesterlicher lehre vnd meinung. An vns menschen vnnd nicht an der Erbsünde hat Christi blut gros wunder gethan / vnser schuld vnnd nicht der sünde schuld hat es bezahlet. In summa Christi blut hat das zuwegen gebracht / das Gott vns menschen / vnnd nicht der sünde / ist hold worden etc. (24. Beweis) Zum 24. singt sie / Meine sünde mich quelet nacht vnd tag / darin ich war geboren. Wenn nu kein vnterscheid zwischen der verderbten menschlichen natur vnnd zwischen der Erbsünde were / so müst es nicht heissen: Meine sünde mich quelet: sondern die sünde quelet sich selbst nacht vnud tag. Es müste auch nicht heissen darin ich war geboren:
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sondern ich Erbsünde war die sünde selbst geboren / Vmb Gottes willen mit der vngeheuren meinung des Gegentheils jmmer hinweg / das sie niemand mehr jrre mache. Zum fünff vnnd zwantzigsten singt die Christenheit /(25. Beweis) Sein Seel lebt ewig in Gott / der sie alhie aus lauter gnad / von aller sünd vnnd missethat / durch seinen Sohn erlöset hat. Da nu zwischen der Seelen selbst vnnd der Erbsünde kein vnterscheid were / so müst es also heissen. Die Erbsünde lebt ewig in Gott / der sie alhie aus lauter gnad / von aller sünd vnd missethat / durch seinen Sohn erlöset hat. Item / da sie singet / Die Seele lebt ohn alle klag / müst es heissen / die Erbsünde selbst lebt ohn alle klag. Denn wenn Seel vnnd Erbsünde ohne allen vnterscheid einerley sind / so mus die Erbsünde ewig ohne alle klage leben. Aber bey diesen zeugnissen aus den gemeinen Kirchen Gesengen genommen / wil ichs bewenden lassen / begeret jemand derselben mehr / der gebe selbst fleißig acht auff die wort / wird er jhr leichtlich noch viel mehr finden können. Wer hieraus den vnterscheid zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der sünde / nicht sehen oder verstehen wil / bey dem würde es nichts helffen / ob man auch noch hundert dergleichen zeugnisse / aus dem Gemeinen vnd vblichen Kirchen Gesengen fürbrechte etc.

X. Ob der Sathan ein Schöpffer des alten menschen / des steinern hertzens vnnd des sündlichen fleisches sey.
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(Illyrius hat geleret / das der Sachan ein Schöpf fer des alten menschens sey.) ILlyrius in seinen Schrifften so er von der Erbsünde in diesem streit hat ausgehen lassen / gibt öffentlich für / das der Sathan ein Schöpffer vnnd Bawmeister des alten menschen / des steinern hertzens vnd des sündlichen fleisches sey / seine wort hieuon lauten also: Clauis parte 2. de peccato originali Pag. 496. Nec tantum interfectum esse à Sathana hominem testatur scriptura: sed etiam in nouam formam conditum, vt si sibi Sathan ex illis pulcherrimae domus ruderibus, nouum quoddam tristissimumque aedisicium condidisset, veluti quoddam antrum & speluncam horribilium latrociniorum, homicidiorum, blasphemiarum & aliorum teterrimorum scelerum & flagitiorum, Das ist / die heilige Schrifft bezeuget nicht alleine / das der mensch vom Teuffel sey getödtet: Sondern in eine newe gestalt erschaffen / gleich als wenn jm der Teuffel aus dem stein hauffen eines schönen zurissenen hauses / ein new vnd heßlich gebew erschaffen vnd gemacht hette / gleich wie eine scheußliche gru be voller mordes / todtschlages gotteslesterung / vnd andern greulicher schanden vnd laster. Vnnd Pag. 497. Rectissimè igitur ac secundum scripturae sententiam dicere possumus illud Paulinum inuersum, quòd homo non renatus aut vetus sit Diaboli opus, conditum ad opera quae ei praeparauerit, vt in eis versaretur, ac illi contra Deum ac omnem pietatem ac honestatem seruiret, Das ist / Derwegen können wir mit gutem bestand / nach der meinung heiliger Schrifft / vnnd vmbkehrung der wort Pauli also sagen / das der alte vnnd vnwiedergeborne mensch / sey des Teuffels werck / geschaffen zu den wercken / so er jm bereitet hat / das er darinnen wandeln sol / vnd jm wieder Gott vnd alle Gottseligkeit vnd Erbarkeit dienen.
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Ibidem. Sathan ipsum Adamum interfecit, extincta in eo imagine Dei & insuper condidit in eo nouum hominem, quem nunc veterem Adamum nominamus, formatum ad suam imaginem etc. Das ist / Der Sathan hat Adam ermordet / da er das bilde Gottes in jhm ausgeleschet / vnnd hat darüber in jhm einen newen menschen / welchen wir jtzo den alten Adam heissen / erschaffen / welchen er nach seinem Ebenbilde formirt hat etc. Bisher Illyrici wort.(Sathan ist nicht ein schöpffer des alten menschen.) Was könd aber Gotteslesterlichers gesagt oder geschrieben werden / als dieses ist / da Illyricus den Sathan offentlich zum schöpffer machet des alten oder verderbten menschen etc. Zwar er hat nicht für vber gekond / weil er gelehret / das die Erbsünde des menschen natur vnd wesen ohne vnterscheid selbst were / er hat müssen den Teuffel zum schöpffer desselben machen / vnd dem Sathan götliche gewalt zu schreiben. Denn dieser grund ist gewiß vnd feste / das Gott der sünden schöpffer nicht ist. Solt denn die sünde Illyrici gefasten wahn nach / die menschliche natur / oder das wesen derselben selbst ohne allen vnterscheid sein / so müst er sich auff diese seiten legen (weil dem lieben Gott die schöpffung der sünde auff keinerley weise oder wege kan zugeschrieben werden) das er den Teuffel zum schöpffer machte des verderbten men schlichen wesens etc. Welchs aber eine erschreckliche Gotteslesterung ist / so billich alle frome hertzen von diesem schendlichen vnnd schedlichen wahn / das die verderbte natur / oder das verderbte wesen des menschen ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst sey / abschrecken soll. Ob nu wol Illyricus da er gemerckt / das er zu weit
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gangen / sich vnterstanden / diese seine Gotteslesterung zu bememein vnnd zu beschönen: so ist doch der sach damit nichts gerathen. Denn diese greuliche Gotteslesterung durch welche dem Sathan göttlicher gewalt zu gemessen wird kan nach soll in der Kirchen Gottes mit nichten geduldet werden / man glossiere vnd bementele sie / wie man jmmer könne oder wolle. (Ein rede. der Teuffel sey nicht ein schöpffer durch eine rechte erschaffung sondern durch eine verderbung.) Ja sprechen seine Gesellen / Er hat aber auch dieses geschrieben: non per rectam creationem, led per destructionem, Das ist der Teuffel sey nicht ein Schöpffer durch eine rechte erschaffung / sondern durch eine verderbung. Aber es bedarff nicht viel wort. Dem Teuffel kan noch sol auff keinerley weise wie sie mag erdacht werden die erschaffung eines menschlichen wesens zugeleget werden / wie sie Illyricus dem Sathan zugeschrieben. Die Schrifft vnd erster Artickel vnsers Christlichen glaubens / wissen nur von einem Schöpffer / nemlich von Gott dem Almechtigen. Vom Teuffel / das er ein schöpffer seinsolle / des alten mensehe̅ oder des verderbten wesens des menschen wissen sie nichts vberall. Summa der Teuffel ist weder durch eine rechte erschaffung / noch durch eine verderbung ein Schöpffer des menschlichen verderbten wesens oder natur des menschen. Die verderbung so in dem wesen ist / die ist wol vom Teuffel verursachet aber das verderbte wesen / oder die natur des menschen (Ein rede es sey Idem indiuiduum blieben.) selbst / ist keines weges vom Teuffel erschaffen. Item / sie wenden für / Er habe gleichwol darneben geschrieben / das er idem indiuiduum der Seelen bleiben lasse etc. Aber solchs hilfft weder Illyricum / noch sie. Denn er vnnd sie dringen ja mit aller gewalt drauff / das die Seele des menschen jre erste wesentliche gestalt verloren / vnd das der Teuffel habe die Seele des menschen also verstellet das er
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eine newe wesentliche gestalt in jhr erschaffe̅ habe / welche des Teuffels wesentlich bild oder laruen sey. Darumb bleibt diese lesterung / sie entschuldigen Illyricum vnd sich selbst / wie sie wollen / jmmer stehen / das nemlich der Teuffel ein schöpffer sey einer newen wesentlichen gestalt der Seelen / welchs zu grund falsch ist. Da auch die Seele des menschen eine newe wesentliche gestalt durch des Sathans erschaffung solte bekomme̅ haben / so bliebe sie ja die Seele nicht so Gott erschaffen: sondern were eine andere vnd newe Seele worden / welcher schöpffer der Teuffel were vnd nicht Gott. Denn was an seiner wesentlichen gestalt geendert vnd anderst erschaffen wird / das kriegt auch ein new vnnd anderst wesen. So spricht das Concilium Ancyranum, welches vmb das Jar Christi 308. ist gehalten worden / recht: Wer da gleubt das einige Creatur oder geschöpff von jemand anderst gemacht / oder in eine andere gestalt vnnd gleichnus ge bracht werde̅ möge / ohne allein vo̅ dem schöpffer selbst / der alles gemacht hat / vnd durch welchen alles gemacht ist / der sey ohne zweiffel vngleubig vnd erger den ein Heide. Die Lateinischen wort ermeltes concilij / ob die jemand zuwissen begerte / lauten also: Qui credit posse fieri aliquam creaturam aut transformari in aliam speciem, aut in aliam similitudinem nisi ab ipso creatore qui omnia fecit, & per quem omnia facta sunt, sine dubio infidelis est & pagano deterior. Weil denn Illyricus helt / vnd andere seine consorten haltens auch / das der Teuffel / welcher ja nicht der Almechtige einige Schöpffer selbst ist / in des menschen Seele / eine andere wesentliche gestalt erschaffen vnnd habe sie in einander wesentlich bilde verwandelt / so müssen
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sie ja dißfals freilich erger denn Heiden oder vngleubigen sein. (3. Einrede es folge aus vnser lere von der Erb sünde / das der Sathan ein schöpffer sey.) Item / sie geben für / Es folgt aus vnser lehre selbst / das die sünde ein besonder vnnd eigen erschaffen werck des Teuffels sey / denn wir lehren ja / das die sünde des Teuffels werck sey / welches anfenger vnnd stiffter er sey. Aber sie jrren weit. Denn es viel ein anders ist / mit dem Apostel Johanne 1. Johan. 3. die sünde ein werck des Teuffels nennen / dessen anstiffter der Sathan selbst ist / vnnd sagen / das die sünde ein besonder eigen erschaffen werck des Teuffels sey. Die sünde ist vnnd bleibet ein werck des Sathans / welches anfenger vnnd stiffter er ist / sie wird aber nimmermehr ein eigen besonder werck / das er erschaffen hette. Denn er ist kein schöpffer nicht / kan auch nichts wesentliches erschaffen / Ein wesen kan er wol verderben / aber ein wesentliche selbstendige natur / oder das etwas wesentliches ist / kan vnnd vermag er nicht zuerschaffen. Johan. 8. wird der Sathan auch ein Vater der lügen genant / daraus erscheinet / das die lügen des Sathans werck ist / aber daraus erfolget noch lange nicht / das sie ein besonder vom Sathan erschaffenes werck sey. Eben also verhelt sichs auch mit der sünde. Weil nu das Gegentheil in solcher Gottslesterung hafftet / das der Sathan ein schöpffer sey des verderbten wesens des menschen / oder das der alte mensch nach seinem wesen vom Teuffel erschaffen sey etc. so wolten sie gerne auch vns solche Gotteslesterung zulegen. Sie richten aber damit nichts aus / denn das sie jhren betrug vnnd falsch je lenger je mehr an den tag geben. Sie verdriehen sich / wie sie immer wollen (wo fern sie ihren wahn / das zwischen der sünde vnnd vnserer natur / substantz oder wesens kein vnterscheid sey / behalten vnd ver
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teidigen) so müssen sie zugeben / das der Sathan ein erschaffer vnser verderbten natur substantz vnnd wesen / oder vnsers leibes vnd seelen sey / den̅ Gott ist nicht ein schöpffer der sünde / so ist auch dieses bekand / das ausserhalb Gott alle substantia oder selbstendige wesen vnd naturen / jren schöpffer haben müssen. Vnnd ist gewißlich war / das ohne den schöpffer keine wesentliche natur sein oder bestehen kan. Ist denn vnser natur vnd wesen ohne allen vnterscheid die sünde selbst / wie sie fürgeben / oder ist vnser leib vnnd seele (welche ja selbstendige naturen oder wesen sein) ohne allen vnterscheid die Erbsünde selbst / so muß der Sathan / so der sünden ein vrsacher ist / vnser verderbte natur vnd wesen / oder vnser verderbte Leib vnd Seele / erschaffen haben / da können sie nicht fürvber / wenn sie gleich noch schlipfferiger als die Aal oder Schlangen weren. Aber sie mögen (wenn sie nicht anders wollen) jmmer hinfaren / wir behalten die schöne wort Prosperi: Naturae humanae cuius Creator est Deus, etiam post praeuaricationem manet substantia, manet forma, manet vita & sensus & ratio, ceteraque corporis atque animi bona, quae etiam malis vitiosisque non desunt. Das ist / die menschliche natur / welcher schöpffer Gott ist / behelt auch nach dem fall jre substantz / form / gestalt / leben / sinne / vernunfft / vnnd andere güter vnnd eigenschafften des leibes vnnd der seele / an welchen es auch den bösen vnnd lasterhafften leuten nicht mangelt. Schliessen derwegen mit grund vnd bestande / das die Erbsünde weder vnser leib oder seele selbst sey / noch der Sathan ein schöpffer sey des wesens der verderbten natur: sondern das ein vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd wesen des menschen / vnd zwischen der Erbsünde / oder zwi
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schen der natur / so auch nach dem fal / Gottes vnd nicht des Teuffels geschopff ist / vnnd zwischen der Erbsünde / sey vnd bleibe. Gott erhalte vns bey seiner warheit / Amen.

XI. Ob man mit grunde vnnd bestand der warheit / sagen möge / das die natur so fern sie Gottes des Almechtigen geschöpff / noch heutiges tages ist / gut sey.
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SO viel diesen Punct anlanget / wütet vnnd tobet vnser Gegentheil / vnd wil vns dieses fürwurffs nicht er lassen / Es sey vnser meinung vn̅ lehre / das weil wir zwischen der verderbten natur als Gottes geschöpff vnnd Erbsünde / welche nicht Gottes geschöpff / sondern eine verderbung desselben ist / vnterscheide̅ / vn̅ wollens nicht einerley sein lassen / so müsse vnserer lehre nach die natur auch nach dem fall an den menschen an jhr selbst noch gut / das ist rein / heilig / vnverderbet vnd also ohne sünde sein / durch welche meinung die lehre von der Erbsünde gentzlich auffgehaben werde. Wie sie aber in andern dergleichen stücken / also thun sie vns auch in diesem Punct für Gott gewalt vnd vnrecht. Denn wen̅ wir kraft vnd vermöge des Ersten Artickels von der schöpffung / in welchem ausdrücklich gelehret wird / das die menschliche natur / oder der Leib vnnd Seele des menschen auch nach dem fall Gottes geschöpff vnnd Creaturen sein / welche er geschaffen hat vnd erhelt / sagen / das die natur gut / vnd das sie nicht ohne vnterscheid selbst die Erbsünde sey: So hats mit nichten diesen verstand / das
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wir halten oder lehren wollen / das die natur an jhr selbst(Wie die rede zuverstehen das die natur gut sey) noch gut wehre / das ist rein / heilig / vnnd von der Erbsünde vnbefleckt vnnd vnuerderbt etc. (Denn wer also von der menschlichen natur helt oder lehret / ist gewißlich ein falscher Lehrer / vnnd füret eine jrrige falsche meinung) sondern das ist der verstand gemelter reden / das wir damit anzeigen / Erstlich das Gottes geschöpff / welchs die natur vnd wesen des menschen ist auch nach dem fall / nicht die Erbsünde selbst sey (alldieweil die Erbsünde Gottes geschöpff vnnd werck nimmermehr ist / wird / noch sein kan) wie denn auch der Leib vnd Seele des menschen / auch nach dem fall nimmermehr zur Erbsünde selbst können gemacht werden. Zum Andern / das das vbel oder die sünde selbst / keine substantz natur oder wesen sey / wie es denn sein müste / wenn zwischen der Erbsünde vnd verderbten natur des menschen gantz vnd gar kein vnterscheid were / Denn die verderbte natur ist ja ein substantz oder selbstendiges wesen / welchs das Gegentheil nimmermehr verleugnen kan. Vnd in diesem verstand brauchen auch Augustinus vnnd D. Lutherus solcher art(Augusti: die natur als natur sey auch gut.) zu reden / als de fide contra Manichaeos cap. 9. Malum non potest esse natura nec substantia nec vita, quia haec bonum sunt in quantum sunt, Das ist / das böse oder die sünde kan keine natur oder wesen oder leben sein / denn diese dinge sind etwas gutes / so fern sie sind vnnd bestehen. Mit welchen worten er klar bezeuget / das vnser natur / so fern sie ein natur / substantz oder erschaffenes selbstendiges wesen vnnd Gottes geschöpff ist / gut sey vnnd nicht das böse oder die sünde selbst / wie vnser Gegentheil fürgibt. Vnd de religione vera Cap. 23. Spricht er: Vitium animae non est natura eius, der mangel
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oder gebrechen der Seelen / ist nicht der Seelen natur oder wesen. Vnnd libr: 2. hypognost: Cum peccauit homo, natura peccauit, & facta est natura iam peccatrix id est vitium habens peccati, non ipsa effecta vitium vel peccatum, Das ist / da der mensch gesündiget / hat die natur gesündiget / vnnd ist die natur sündlich worden / Das ist / sie hat den schaden der sünden / sie ist aber nicht der schaden oder die sünde selbst worden. Vnnd contra Epistolam fundamenti Cap. 34. certê non paruum lumen est ad intelligendum scire omnes naturas in quantum naturae sunt, bonas esse, quod sine illis malis cogitari bona illa non possint, sine bonis autem illis nulla natura cogitari possit, Das ist / es ist fürwar nicht ein geringes liecht / verstehen / das alle naturen so fern sie naturen sind / gut sein / denn das gute ohne das böse mit gedancken kan gefast werden / ohne das gute aber / ists vnmüglich die natur in gedancken zu bringen. Vnnd abermals Cap. 35. Quis dubitet totum illud quod dicitur malum nihil esse aliud, quàm corruptionem. Et paulò post, Quod si non inuenitur in rebus malum nisi corruptio, & corruptio non est natura, nulla vtique natura malum est, Das ist / wer zweiffelt daran / das alles das man böß oder sünde nennet / nichts anders sey / denn eine verderbung / Vnnd bald hernach: wenn denn in keinem ding etwas böses befunden wird ausbescheiden die verderbung / vnnd dieselbige verderbung ist nicht die natur selber / so folget das keine natur das böse oder die sünde selbst ist. Vnnd de natura boni contra Manichaeos Cap 4. Mala natura dicitur quae corrupta est, nam incorrupta vbique bona est. Sed etiam ipsa corrupta, in quantum natura est, bona est, in quantum corrupta est, mala est.
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Das ist / die böse natur wird die natur genant / so verderbe ist. Denn die verderbte natur ist alle wege gut. Item auch die verderbte natur / so fern sie eine natur ist / so ist sie gut / so fern sie aber verderbt ist / so ist sie böse. Aus welchen zeugnissen Augustini offenbar / das die natur des menschen / ob sie gleich durch die Erbsünde greulich verderbt / dennoch so fern sie eine selbstendiges wesen / oder eine von Gott erschaffene natur ist / gut sey / in dem verstand / da sie von der sünde oder bösen / nach dem Artickel von der Schöpffung vnterschieden wird. Ebner massen redet hieruon auch D. Lutherus am(D. Lutherus spricht das hertz seines wesens halben sey gut vnnd von Gott.) Sontag Judica in der Hauspostillen / vnnd spricht: Wenn das hertz auff vnzucht / betrug / liegen vnnd dergleichen denckt / da ist das hertz seines wesens halben gut vnnd von Gott / aber der brauch ist böse vnnd vom Teuffel. Heist das hertz seines wesens halben / oder so fern es eine Creatur Gottes ist / gut / vnnd bekent doch darbey das es durch die sünde verderbt sey. Ja sprechen sie / wenn jhr sagt / die natur sey gut / so(Einrede mit der werse wür de vnser natur eine sünde sein.) kans ja nicht feilen / das mus ewr meinung sein / das jhr haltet / sie sey ohne sünde / sey noch rein / heilig / vnschüldig vnd vnbefleckt / darumb jhr denn billich natur preiser vud natur heiligen genent werdet etc. Darauff ist dieses vnsere richtige bestendige antwort / wenn wir ohne allen vnterscheid sprechen / die natur were gut / so hette dieser fürwurff einen schein / vnnd hetten sie vns billich für natur preiser vnnd natur heiligen aus zuschreyen. Nu sagen wir aber nicht / ohne vnterscheid / das die natur(Antwort darauff.) gut sey: sondern nur so fern / wie kurtz zuuor angedeutet / als sie Gottes geschöpff auch nach dem fall ist / oder so fern sie ein erschaffenes wesen vnnd natur ist vnnd bleibet / welcher
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Schöpffer Gott selbst ist / vnd das wir das geschöpff Gottes von der angebornen Erbsünde vnterscheiden / welches vns der Erste Artickel des Christlichen glaubens deutlich leret. Vnter des bekennen wir vom hertzen / das die natur so fern vnnd wie sie durch die Erbsünde verderbt ist / nicht gut / rein / heilig / vnschüldig oder ohne sünde sey / sondern durch die sünde gantz jemmerlich vnd vnaussprechlich verderbt sey / also das vberal keine gute krefften oder vermögen in geistlichen oder Gottes sachen mehr an vnd in jhr vbrig oder hinterstellig sind / oder geblieben sind / sondern das sie zum guten erstorben sey / Ephes. 2. Es scheinet aber gleichwol sprechen sie / als schrieben wir der natur nach eine gerechtigkeit / gütigkeit oder krefften in geistlichen sachen / durch ermelte rede zu. Antwort das sey ferne / wenn wir vermög des Ersten Artickels vnsers Christlichen glaubens mit Augustino vnd Luthero sagen / das die natur / so fern sie eine natur / gut / oder das eben so viel ist / Gottes geschöpff sey / so schreiben wir derselben keines weges eine gerechtigkeit / oder ein vermögen zum guten / in sachen die bekehrung des menschen zu Gott oder das ewigen leben zu erlangen (Denn wir Gott lob wol wissen / habens auch bißher wieder das Babstumb vnnd Synergisten bestritten / das der natürliche mensch nicht verstehe was Gottes sey / sondern halte es für eine thorheit / das er auch aus seinen krefften nicht tüchtig sey / das aller geringste die seeligkeit betreffend bey Gott zuuerdienen oder zu wegen zu bringen (denn dieses gehört allein dem theuren verdienst Ihesu Christi / vnnd der wirckung des heiligen Geistes zu) Sondern wie nu etlichmal angemelt / sehen wir nur mit solcher rede darauff / das wir den Ersten Artickel vnsers Christlichen (Grund dieser vnd ser lere.) glaubens von der Schöpffung rein vnd vnuorfelscht
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behalten / der da lehret / das die natur des menschen / auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / Gottes geschöpff sey vnnd bleibe / vnd nicht die sünde oder das böse selbst wesentlich worden sey. Denn wo das solte eingereumet werden / das die verderbte natur selbst die sünde ohne vnterscheid worden were / müste folgen / das entweder die natur des menschen selbst itzo nach dem fall nicht Gottes geschöpff were / dadurch der Erste artickel von der Schöpffung / so viel vnsere menschliche natur anlangt / welche wir in mutterleibe durch seine erschaffung empfangen haben / rein auffgehaben würde / oder man müste zu geben / das der Teuffel (weil die sünde vom Teuffel vnnd nicht von Gott herrüret) der verderbten menschlichen natur Schöpffer were / welcher keins ohne grosse Gottslesterung kan zu gelassen oder gebillichet werden. Behalten also beides / nemlich / das die natur des verderbten menschen / so fern sie ein natur ist / oder ein geschöpff Gottes / wie der Erste artickel vnsers Christlichen glaubens leret / gut sey / vnnd das es gleichwol darneben war sey / das eben dieselbe vnsere natur / welche / so fern sie eine natur / Gottes geschöpff ist vnnd bleibet / durch die Erbsünde durch vnnd durch verderbet / von wegen der sünden gantz vnrein / vnnd derwegen nach Gottes gericht dem tode vnnd ewiger verdamnuß billich vnterworffen / wo jhr nicht durch Christu̅ geholffen / oder wo sie nicht durch Christi blut von der Erb vnd allen andern sünden / aus gnaden gereiniget wird. Wissen auch das dieser grund auch von den hellischen Pforten wol vnumbgestossen bleiben wird. Gottes geschöpff / so fern es Gottes geschöpff ist / kan nicht dz böse oder die sünde selbst sein / oder eigentlich genent
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werden. Vnser natur aber auch nach dem fall / so fern sie eine natur ist / ist sie vnnd bleibet Gottes geschöpff. Derwegen kan sie das böse / oder die sünde selbst nicht sein / oder genennet werden / sondern so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff / ist sie gut. (Antwort auff die ein rede / es sein wiederwertige dingegut sein vnd sündig sein.) Hie werden sie sonder zweiffel sagen / das dieses wiederwertige ding sind / so nicht mit einander bestehen können / nemlich gut sein vnnd sündig sein. Denn sey die natur gut / so sey sie nicht sündig / sey sie aber sündig / so sey sie nicht gut. Könne derwegen nicht mit warheit gesagt werden / das die natur gut sey. Hierauff ist dieses die richtige antwort / das hierinnen zu erwegen ist / in welchem verstande die natur gut genennet werde / nemlich nicht in diesem / da das wörtlein (Gut) der sünde entgegen gesetzt wird / oder so viel heisset / als rein / heilig vnnd ohne sünde sein. Denn wer in diesem verstande sagte / das die natur gut were / der jrrete / vnd fiele in der Pelagianer schwarm / welche lereten / das des menschen natur also gut / das sie nicht in sünden empfangen vnd geboren were / vnnd solcher gestalt die lere von der Erbsünde rein auffhuben: sondern in diesem verstande / da das wörtlein gut nichts mehr heist oder bedeutet / als Gottes geschöpff vnnd Creatur sein. Denn alles was Gottes geschöpff ist / das ist gut / so fern als es Gottes geschöpff ist. Solte auch die natur in diesem verstande nicht können gut geheissen werden / so müste folgen / das Gottes geschöpff nicht gut were / oder das er etwas geschaffen / das nicht gut / sondern die sünde ohn allen vnterscheid selbst were / welchs nicht bestehen mag / Sintemal Gott die sünde selbst nicht schaffet oder machet. Wenn dieses betrachtet wird / so findet sich fein / das Augustinus Lutherus vnnd andere nicht vnrecht gethan / da
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sie geschrieben / das die natur gut sey / dieweil sie Gottes geschöpff ist / vnd solcher gestalt die sünde selbst nicht kan noch sol genennet werden / demnach Gott die sünde auff keinerley weise erschaffet. Hiernegst findet sich auch dieses / das die jenigen so itzo noch / dieser art zu reden in ermeltem verstande / wie Augustinus / Lutherus vnnd andere gethan / brauchen / der natur keines weges mehr zuschreiben / als jhr gebühret / oder die natur ohne sünde / heilig rein vnd gerecht machen: sondern nur dieses anzeigen / das ein vnterscheid sey zwischen der natur / so Gottes geschöpff ist auch nach dem fall / vnnd zwischen der Erbsünde / welche nicht Gottes werck oder geschöpff ist / sondern vom leidigen Sathan ihren anfang vnd vrsprung hat. So ist nu dieses die summa daruon / das die natur gut sey / so fern sie (in quantum est creatura Dei) Gottes geschöpffvnd werck ist / vnd doch so fern sie sündig ist nicht gut sey / das ist rein heilig gerecht vnd ohne sünde / sondern von wegen der Erbsünde / in welcher der mensch in mutterleibe empfangen wird vnrein / vnheilig / vngerecht / vnnd mangele des ruhms oder Ehre / so sie für Gott haben solte Rom. 3.

XII. Vom vnterscheid des Physici hominis, das ist / des natürlichen menschens vnnd Theologischen menschens / dauon das Gegentheil viel wort zuuerlieren pflegt vnnd sich selbst verwirret.
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WEnn nu solcher gestalt in das Gegentheil mit der warheit gedrungen wird / so sucht es seltzame wunderbarliche ausflüchte. Vnd vnter andern bringt es auch diese einrede für / Es sey ja ein vnterscheid zwischen dem natürlichen oder Physico / vnd zwischen dem Theologischen menschen / derwegen erhalte sichs viel anderst vmb des menschen natur leib vnnd Seele / wie sie natürlich Physice oder nach dem natürlichen wesen betrachtet werden / vnnd abermal anderst / wenn sie nach jrem Theologischen wesen considerirt oder erwogen werden. Aber diese einrede taug im grund nichts vberal. Den̅ es ist nur ein einiges wesen des natürlichen leibes vn̅ der Seelen des mensche̅ / es betrachte es gleich ein natürlicher meister oder Philosophus / oder aber ein Theologus. Die betrachtung endert das wesen der natur / oder leibs vn̅ Seelen gar nicht. Es betrachte den menschen ein Physicus oder Theologus (Ein natürlicher mensch bleibt eben derselbige mensch es betrachte jhn ein Philosophus oder Theologus.) / so ist er eben der mensch / der Gottes geschöpff vnnd werck ist vnnd bleibet / vnd doch der sünden halben billich gestrafft / beschüldiget vnnd verdampt wird / es sey denn / das jhm durch Christum von der sünde geholffen werde. In summa / es rede Gott vom Himel / ein Prophet / Apostel / Theologus / Philosophus / Jurist / oder dergleichen vons menschen natur oder wesen / so ists doch einerley wesen des menschen / das ists leibs vnnd Seelen von Gott erschaffen / vnd nicht zweierley wesen / alleine das Gott durchs wort dem menschen den Himel anbeut vnnd wil jhn ewig selig machen / welchs ein Philosophus oder ander nicht thun kan / auch in seine Profession nicht gehöret. Der natürliche mensch (physicus homo) ist vnd heist nichts anders / denn wie er von Vater vnd mutter mit leib vnd Seel empfangen vnnd geboren ist. Mit diesem natür
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lichen menschen hat ein Theologus oder Prediger zuschaffen(Was natürlicher mensch heisse.) / von wegen der Erb vnnd wircklichen sünde / so jhm als eine Geistliche kranckheit anhanget / welche kein heidnischer Philosophus am menschen oder verderbten wesen des menschens erkent oder verstehet. Das aber daher solten zweierley wese̅ am menschen / erfolgen / ein natürlich wesenvn̅ ein Theologisch wese̅ / ist ein lauter mutwillig gedicht des Gegentheils / so in Gottes wort kei ne̅ grund hat / mag auch nim̅ermehr daraus erwiese̅ werden. Es gehen allerley handwergs leute mit dem menschen oder menschlichen wesen vmb / einer bereitet dem menschen zu seiner teglichen leibs notdurfft vnd erhaltung dieses / der ander ein anders / solt aber darumb alweg ein ander wesen am menschen selbst erfolgen / das ein Schuster / Schneider etc. den menschen anderst betrachtet vnd mit jhm vmbgienge / als etwa ein ander Handwergsman / der jm auch zu seiner notturfft etwas zu richtet? So wenig als nu hierin sich des menschen wesen endert: sondern jmmerdar einerley wesen oder natur bleibet / so viel dz wesen oder substantz selbst anlangt: so wenig endert sichs auch / oder wird ein ander wesen / wens ein Philosophus vnd wens ein Theologus betrachtet oder darmit vmbgehet (ob wol der Philosophus anders von dem menschen nach dem laufft der natur redet / als ein Theologus / welcher den mensche̅ als eine̅ sünder anschawet) sintemal nur ein einiges wesen ist des leibes vn̅ d’ seelen / es gehe ein Physicus / medic9??? / oder Theologus darmitvmb. Wen̅ ein artzt des mensche̅ leib für sich hat / vnd hilfft jhm von seiner leiblichen kranckheit / so hilfft er eben demselben leibe vnd keinem andern / den̅ welchem ein Theologus geistlich hilfft / oder viel mehr dem der HerrChristus durch das Predigambt geistlich hilfft von der kranckheit der sünden.
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Also wenn ein Theologus den natürlichen menschen für sich hat / wie er von Vater vnnd mutter in der Erbsünde empfangen vnnd geboren / straffet jn vmb der sünde willen / tröstet jhn aus Gottes wort mit Christi blut vnnd todt / so hat er kein ander wesen / kein andern menschen für sich als ein artzet (denn des menschen wesen endert sich der vnterschiedlichen betrachtungen halben gar nicht) es ist ein leib vnnd Seele / alleine das jhm der artzt leiblich dienet / vnd zu diesen leben / ein Thelogus oder Prediger aber geistlich vnd zum ewigen leben. Dieses wolle der Christliche Leser wol in acht nemen / auff das er des Gegentheils betrug vnd falsch / dessen sie sich in diesem stück gebrauchen / desto besser erkennen vnnd verstehen lerne. Denn in warheit alles was sie von viel ermeltem vnterscheid des Physischen oder natürlichen vnnd Theologischen wesen des menschen schreiben / ist nichts anders denn ein lauter alfantzerey / damit sie den vnwissenden den mund auffsperren / aber alles ohne grund Göttliches worts. (Gegentheil kan denvn terscheid zwischen den zweierley wesen des natürlichen vnd Theologischen mit keinem Spruch der Schrifft erweisen. Einrede.) Sind sie jhrer sachen so gewis wie sie rhümen / warumb erweisen sie jhr gedicht / von der zweyerley wesen des menschens (natürlichen vnnd Theologischen) nicht aus klaren sprüchen der Schrifft? Aber was solten sie erweisen / wenn sie alle brillen auff setzen so in der welt sind / würden sie doch nicht einen Spruch weder im alten noch im newen Testament finden / daraus sie solchs darzu thun vermöchten. Ob sie nu gleich sagen wolten / es müsse dennoch der mensch anderst betrachtet werden / wie er von natur ist / ausserhalb Gottes gericht / da seine glieder ein gut geschöpff Gottes sein / vnnd anderst / wie er für Gottes gericht ist etc. So folgt aber darumb hieraus noch lange nicht / das ein
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ander natürlich wesen des menschen oder seines leibes vnnd Seelen sey / vnd ein ander Theologisch wesen / wie klar vnd deutlich bisher dargethan. Denn eben die natur oder das natürliche wesen des menschen welchs Gottes geschöpff vnd werck ist (der Sathan aber durch die Erbsünde vergifftet vnnd verderbt hat) wil der getrewe Gott wieder zurecht bringen / von sünde vnnd Todt reinigen / vnnd ewig selig machen / vnnd kein anders. So bleibt Erbsünde Erbsünde / sie werde gleich ausserhalb Gottes gericht oder jnnerhalb desselben betrachtet / wie auch die menschliche natur oder des menschen Leib vnd Seele Gottes Creatur ist vnd bleibet sie werden gleich considerirt oder erwogen / wo vnnd von wem sie wollen. Da auch vnser natur selbst die Erbsünde were (wie das Gegentheil haben wil) vnd were zwischen jhr vnd der Erbsünde gar kein vnterscheid (so müst war sein / das sie Erbsünde were vn̅ bliebe / einen weg so wol als den andern) das ist / sie würde jnnerhalb oder ausser Gottes gericht betrachtet / alldieweil der mensch oder dir menschliche natur / nicht alleine in Geistlichen sachen vnnd also für Gottes gericht / sondern er auch in eusserlichen sachen verderbt ist / da durch denn solche des Gegentheils einrede gantz vnnd gar zu nichte gemacht wird. Wolte aber das Gegentheil einwenden / Es verstünde seine rede dohin / das ob wol die verderbte natur die sünde selbst were / beides für Gottes gericht vnnd sonsten / jedoch wenn sie Physice betrachtet würde / so were sie ein gut geschöpff Gottes / so kan es mit dieser ausflucht abermals nicht bestehen. Denn solte das war sein / so müste eben dasselbige auch von der Erbsünde können gesagt werden / nemlich das sie an jr selbst nicht böse / nicht verdamlich sondern
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ein gut geschöpff Gottes were / dieweil das Gegentheil zwischen vnser verderbten natur vnd zwischen der Erbsünde / keinen vnterscheid zulassen wil. Dadurch aber nicht alleine Gott zum Schöpffer der Erbsünde gemachet / sondern auch die Erbsünde selbst zum höchsten verkleinert würde. (Gegentheil kan nicht sagen / wenn es seinen wahn von der Erbsünde behelt / das des menschen hertz Physice dz ist / natürlich noch gut sey.) Ja es ist dem Gegentheil vnmüglich / das es mit bestand sagen könne / (wo fern es sein meinung behelt / das die verderbte natur vnnd Erbsünde ohne vnterscheid einerley sind) das hertz des menschen der Leib vnd Seele des menschen sey Physice nach seinem wesen noch gut. Denn dieweil es dringet / das hertz Leib vnnd Seele ohne vnterscheid die Erbsünde selbst sein sollen / vnnd aber die Erbsünde auf keinerley weise / wie die auch erdacht werden mag / kan gut genennet werden / so kan des Gegentheils fürgeben nicht bestehen / da es fürgibt / das das menschliche hertz oder menschliche natur Physice nach jhrem wesen noch gut sey. Wie den̅ auch das Gegentheil nicht bedenckt / was aus seinem fürgeben für eine erschreckliche verdamliche lehre erfolget. Denn sind des menschen hertz vnd natur Physicè nach jrem wesen noch gut / vnnd ist aber dasselbige hertz oder dieselbe natur nach jhrem wesen auch ohn allen vnterscheid die Erbsünde selbst / wie sie zum hefftigsten streiten so folget aus seiner jrrigen meinung / das die Erbsünde selbst Physicè vnnd nach dem wesen gut sey / für welcher Gottslesterung billich alle frome hertzen ein abschew haben. Denn dieses verstehen ja alle rechtschaffene Christen / das die Erbsünde weder Physicè noch Theologice kan oder mag gut geheissen oder genent werden. So viel auch von dem natürlichen menschen (Physi
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co, homine) der des Gegentheils fürgeben nach nicht die Erbsünde sein sol: vnd von dem Theologischen menschen / so jhrem hirn nach die Erbsünde selbst ist. Daraus ferner nohtwendig erfolgen müste / das sonderlich der bekerete mensch zweierley leibe vnd zweyerley Seelen hette / denn einen leib vnnd Seele / so Gegentheils fürgeben nach / wesentlich die Erbsünde selbst weren / Theologice. Den andern leib vnnd wesentliche Seel so er in der wiedergeburt oder bekehrung zu Gott / durch die ernewerung des heiligen geistes empfangen. Aber hie von gnug an diesem ort.

XIII. Ob des Gegentheils lehre von der wesentlichen verwandelung leibs vnnd der Seelen durch den fall Adae in die Erbsünde selbst / vnnd hinwieder von wesentlicher verwandelung derselben in die wesentliche gerechtigkeit selbst / so in der bekerung des menschens zu Gott durch den heiligen Geist geschehen sol / Recht vnnd in Gottes wort gegründet sey.
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DAs Gegentheil verteidiget auch diesen erschrecklichen jrrthumb / das Adam durch den fall / wesentlich in ein andere substantz verwandelt sey / welche numehr die Erbsünde selber ohn allen vnterscheid sey gleich wie für dem fall sein natur die wesentliche gerechtigkeit oder das wesentliche ebenbilde Gottes selbst sol gewesen sein.
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(Gegentheil kan aus der Schrifft nicht erweissen / das Adam für dem fall die wesentliche gerechtigkeit selbst gewest / vnnd durch dem fall in die wesentliche sünde oder wesantliche Teuffels laruenverwandelt sey.) Helt derwegen / das ein jglicher mensch so von Adam geboren / sein leib vnnd Seel betreffend die wesentliche Erbsünde selbst sey / vnnd da er zu Gott bekeret / das er hinwieder in die wesentliche gerechtigkeit selbst solle vnnd müsse verwandelt werden. Es vermag aber solchen greulichen wahn aus heiliger Schrifft nimmermehr zu erweisen. Dieses lehret zwar die heilige Schrifft / das der mensch anfangs nach Gottes bilde erschaffen sey / vnnd das er gerecht vnnd heilig / Genes. 1. oder das seine natur vnd wesen an leib vnd Seele grund gut gewest. Das lehret sie aber nicht / das der mensch die gerechtigkeit vnd heiligkeit selbst ohne allen vnterscheid gewest sey. Denn wie allen verstendigen / vnd in heiliger Schrifft geubten Christen bewust / die gerechtigkeit vnnd heiligkeit wesentlich selbst ohne allen vnterscheid sein / keiner Creatur weder Engel noch menschen kan zu geschrieben werden / sondern alleine dem ewigen waren einigen Gott vnd Schöpffer eigent vnd zu steht. Vnwiedersprechlich war ists / das was die wesentliche (Was wesentlich die gerechtigkeit selbst ist / das ist Gott.) gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid ist / das ist auch Gott. Denn wesentlich gerecht / oder die wesentliche gerechtigkeit ohne vnterscheid selbst sein / niemand denn Gott alleine zustehet. Iusticia in Deo non est accidens, sed ipsa essentia Dei. Die gerechtigkeit in Gott ist nichts zufelliges oder wandelbares / sondern das Göttliche wesen selbst. Solt nu Adam für dem fall die wesentliche gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewest sein / so were er auch Gott selbst / vnnd keine wandelbare Creatur gewest / welches zu grund falsch ist / demnach es dem vnterscheid zwischen Gott selbst / vnnd dem menschen als einer erschaffenen Ereatur rein auffhebet. Derwegen mit grunde der warheit / nicht
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mag bestritten werden / das Adam für dem fall die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewesen. Man wolte denn den vnterscheid zwischen Gott selbst vnnd der menschlichen natur als einer erschaffenen Creatur auffheben / vnd den menschen mit grausamer Gottslesterung zu Gott selbst wesentlich machen. Also solte Adam für dem fall die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewest sein: so hette er nicht sündigen oder fallen können. Denn eben darumb ist Gott in seiner gerechtigkeit vnwandelbar / das vnmüglich ist / das die wesentliche gerechtigkeit in die sünde selbst solle verwandelt werden. Wo fern nu war were / das Adam für dem fall die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewest / so hette er wie gemelt nicht fallen oder sündigen können. Nu ist er aber gefallen / vnnd hat gesündiget / wie die Schrifft deutlich bezeuget Genes. 3. Rom. 5. Derwegen ists vnmüglich / das er die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid / für dem fall gewesen sey. Summa / wenn Adam für dem fall die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewest / so hette er die gerechtigkeit vnnd ebenbilde Gottes nicht verlieren können. Denn die wesentliche gerechtigkeit / so Gott selbst ohne vnterscheid ist / kan nicht verloren werden. Es hat aber Adam die gerechtigkeit vnnd bilde Gottes verloren. Derwegen ists vnwiedersprechlich war / das er die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid nicht gewest. Also ist auch dieses war / wenn der mensch in seiner bekerung zu Gott / durch den heiligen Geist wieder solte in die wesentliche gerechtigkeit verwandelt werden / das sein leib vnnd Seele die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid würden: so müst gestanden werden / das eines jeden bekärten
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gleubigen menschen natur vnnd wesen Gott selbst ohne vnterscheid wurden. Denn was die wesentliche gerechtigkeit selbst ist / das ist auch ohne vnterscheid Gott selbst. Solchs aber ist Gottslesterlich zugedencken / geschweige zuuortheidigen. Denn es zu grund falsch vnnd jrrig ist. Derwegen so bestehet auch dieses nicht / das der mensch in seiner bekerung zu Gott / solte in die wesentliche gerechtigkeit selbst verwandelt werden. (Das wesentliche ebenbilde Gottes / ist der Sohn Coloss. 1.) Ebner massen ist auch dieses klar / das alleine der ewige Sohn das wesentliche ebenbilde des vnsichbaren Gottes sey Coloß. 1. Solte nu Adam das wesentliche bilde Gottes für dem fall gewesen sein / so müst er auch Gottes wesentlicher Sohn gewest sein. Da aber hergegen gewis das nur der ewige Sohn / das wesentliche Ebenbilde Gottes gewest / vnnd noch ist / Coloß. 1. Dieweil auch bekand ist / das Adam Gottes bildt darnach er geschaffen gewest / durch dem fall verloren hat / so kan ja mit bestand / nimmermehr gesagt werden / das zwischen Adae substantz natur vnnd wesen vnnd zwischen dem bilde Gottes nach dem er erschaffen war / kein vnterscheid gewest sey / Denn sonst hette ers nicht können verlieren / er hette denn sein gantze natur / das ist leib vnnd Seel gentzlich verloren / welche er doch in dem fall behalten hat / wie auch D. Lutherus in Genesi bezeuget / das Adams natur geblieben sey / alleine das sie numehr durch die sünde verderbt (Was Gottes ebenbilde inder Schrifft genant werde.) ist. Die Schrifft Ephe. 4. nennet das bilde Gottes rechtschaffene gerechtigkeit vnd heiligkeit. Nu ists gewis / das gerechtigkeit vnd heiligkeit / so Adam angeschaffen vnd ein
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genaturet wahren / von jhm durch den fall sind verloren worden / da zwar sein substantz / natur vnnd wesen blieben ist. Aber die gerechtigkeit vnd heiligkeit so jhm angeschaffen vnnd eingenaturet waren / keines weges geblieben sind. Derwegen es nach der Schrifft aussage / nicht die warheit / das Adam für dem fall die gerechtigkeit vnnd heiligkeit selbst ohne vnterscheid solle gewesen sein. So schreibt D. Luther Genes. cap. 1. fol. 18. das(D. Lutherus bericht was Gottes ebenbilde sey.) Adam das bilde Gottes in seiner substantz natur vnnd wesen gehabt / doraus ers auch durch den fall verloren / wie kans denn sein / das Adam das wesentliche bilde Gottes selbst solte gewest sein / oder wie mags bestehen / das Adams natur vnnd wesen / oder leib vnnd Seele ohn allen vnterscheid / das bilde Gottes selbst solten gewesen sein. Daraus offenbar / das die gerechtigkeit in Adam für dem fall nicht etwas wesentlichs oder selbstendiges gewest sey: sondern eine solche angeschaffene eingenaturte eigenschafft qualitet, perfection oder gründliche volkomenheit der gantzen natur / welcher wegen Adam durch aus gut / gerecht vnd heilig gewest / ob er wol / wie ob angezeiget / die gerechtigkeit vnnd heiligkeit selbst ohne vnterscheid nicht gewest / dieweil solches von Gott alleine kan gesagt aber keiner Creatur ausser Gott zu geschrieben werden. Da auch Adam durch den fall gantz vnnd gar in eine andere substantz vnnd wesen solte verwandelt worden sein / so were er eben der Adam den Gott erschaffen hette / seiner substantz vnd wesen nach nicht geblieben / welchs wieder die gantze heilige Schrifft ist. Denn eben dem Adam / den Gott erschaffen hatte / vnd keinem andern ruffet Gott zur busse Genes. cap. 3. vnd verspricht jhm durch den Samen
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des Weibes gnedige erlösung von der sünde vnnd allem vbel etc. Also solte Adam durch den fall wesentlich in eine andere substantz verwandelt sein / welche die Erbsünde selbst wesentlich were / so müst dieselbe seine substantz nicht von Gott sein / sondern einen andern schöpffer haben. Derselbe müste nu der leidige Teuffel selbst sein / für welcher lesterung ein from hertz erschrecken muß. Das Gegentheil stelle vnd verdrehe sich wie es jmmer wolle / wenn es die lesterliche opinion von der wesenlichen (Verwandelung in ein ander substantz ist ein species creationis.) verwandelung bestreiten wil / so muß es bekennen / das solche verwandelung einer substantz in die ander / ein species creationis / vnnd also ein werck einer Almechtigen natur sey / ferner auch den leidigen Sathan von welchem solche wesentliche verwandelung des Gegentheils fürgeben nach / geschehen sein sol / eine Almechtige natur vnnd krafft zu schreiben / die von Gott erschaffene wesen oder substantias / durch wesentliche verenderung in eine andere wesentliche form vnnd gestalt zu bringen etc. welchs aber ohne erschreckliche Gottslesterung dem Teuffel nicht kan zugeschrie ben werden. Droben haben wir aus dem Concilio Ancyrano diese wort angezogen: Das wer da gleubt / das einige Creatur von jemandts anders gemacht oder in eine andere gestalt vnnd gleichniß gebracht werden mag / ohne allein von dem Schöpffer selbst der alles gemacht hat / vnd durch welchem alles gemacht ist / derselbige sey ohne zweiffel vngleubig / vnd erger den ein Heide. Weil nu das Gegentheil solche wesentliche verwandelung der natur Adae (so durch den Sathan beschehen sein soll) in eine andere natur / welche wesentlich die Erbsünde
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selbst sey etc. verteidigen / so hat es hie albereit das vrthel gehört / das es ohne zweiffel vngleubig sey / vnnd erger als die Heiden. Also das das Gegentheil fürgibt / das die verderbte natur(Das die natur so itzo die wesentliche sünde sey / durch die transformation in die wesentliche gerechtigkeit solle verwandelt werden / ist eine Gottslesterung.) so jtzunder die Erbsünde heisse vnnd sey / oder die vngerechtigkeit / werde hernach transformirt oder verwandelt werden in die wesentliche gerechtigkeit vnnd Gottes bilde / vnnd also ewig leben etc. ist gleichsfals eine erschreckliche Gottslesterung / da für alle frome hertzen billich ein abschew haben sollen. Es ist ja vnwiedersprechlich war / das die Erbsünde ein werck des Teuffels ist / die gerechtigkeit aber ein werck Gottes / wer wil den sagen / das endlich aus dem werck des Teuffels / ein werck Gottes werden solle / so ewig lebe etc. Der Prophet Esa: Cap. 43. spricht klar / Ich tilge deine sünde wie eine wolcke. Soll nu dieses so viel heissen / als die sünde wird in die wesentliche gerechtigkeit verwandelt werden / das sie ewig lebe? Traun etwas vertilgen / das es nicht mehr sey / ist ja nicht so viel / als etwas in ewige wesentliche gerechtigkeit verwandeln / das es ewig lebe. Dauid Psalm. 51. tilge meine missethat. Soll das nun so viel sein vnd heissen / als wenn er spreche / Vorwandele meine sünde in die wesentliche gerechtigkeit auff das sie ewig lebe? Jesai: 38. bezeuget die Schrifft / Gott wolle alle vnsere sünde hinter vnsern rücken werffen / vnnd Mich. 7. Es wolle vnsere missethat in die tieffe des Meers versencken / Da kan ja mit grund der warheit nimmermehr gesagt werden / das es so viel heisse / als in die gerechtigkeit selbst verwandelen. Dieses ist auch vnzweiffelhafftig / das der gerechte
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Heilige Gott die Erbsünde / so vom Teuffel jhren vrsprung oder anfang hat / nicht ehren wolle. Wie köndt er sie aber höher ehren / denn wenn er aus der Erbsünde / so des Teuffels werck ist / die wesentliche gerechtigkeit ja Gott selbst machte? Sintemal er selbst alleine die wesentliche gerechtigkeit ist. Wer nu hie nicht sehen wil / was für grewliche Gotteslesterung hinter diesem Irrthum stecken / der verblendet sich mutwillig selbst / vnnd wird billich in verkehrten sinn dahin gegeben. Item / was Gott hasset / vnnd daran er einen grewel hat / das wird er warlich in die gerechtigkeit selbst auff das es ewig lebe nicht verwandeln. Nu ist er aller sünde Erb vnnd wircklichen sünden feind vnnd hasset sie Zach. 8. dieses alles hasse ich / spricht der Herr. Derwegen können vestendige Christen leichtlich mercken / das er die sünde / so für seiner Maiestet ein grewel ist / vnnd gehasset wird / zur wesentlichen gerechtigkeit nimmermehr machen wird / vnd jhr diese gütigkeit beweisen / das sie ewig lebe. Abermals. Was der Sohn Gottes zerstören wil / daraus wird er ja die gerechtigkeit selbst nicht machen das es ewig lebe. Er wil aber die werck des Teuffels als da ist die Erbsünde zerstören. 1. Joh: 3. Derhalben ist ja klar / das er die Erbsünde welche er zerstören oder zu nicht machen wil zur gerechtigkeit selbst nicht machen wird / das sie ewig lebe Aber / was darffs viel wort / so wenig als Gott aus der lügen wil warheit machen / so wenig wil er auch aus der Erbsünde endlich die wesentliche gerechtigkeit machen. sünde bleibt sünde / vnnd kan nimmermehr die gerechtigkeit selbst werden. So wenig der Teuffel kan Gott selbst
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werden / so wenig kan die sünde die gerechtigkeit selbst werde̅(Antwort auff des Gegentheils einrede vo̅ der wesentlichen verwandelung Einrede Genes. 3. Dusolt des Todes sterben.) Das Gegentheil aber vnterstehet sich hie wieder folgende Punct ein zu wenden. Erstlich / weil Genes: 3. stehe / Du solt des Todes sterben / so folge das durch solche schreckliche drawung Adam / der für dem fall die gerechtigkeit selbst ohne vnterscheid gewesen / der sey numehr zur wesentlichen sünde selbst worden / das kein vnterscheid mehr zwischen Adams natur vnnd zwischen der Erbsünde vbrig / vnnd so erhalte sichs mit andern menschen auch / so von Adam geboren werden. Aber wer ist so vnuerstendig / der nicht sehen solte / das ein anders sey des Todes sterben / vnnd ein anders aus der wesentlichen gerechtigkeit in die wesentliche vngerechtigkeit oder sünde selbst verwandelt werde̅. Das wörtlein Todt heisset hie / so viel als des zeitlichen vnnd ewigen lebens beraubet werden / zeitlichen vnd ewigen straffen vnterworffen sein / kein Geistlich leben haben / sondern in sünden Todt sein etc. Keines weges aber heist es aus der wesentlichen gerechtigkeit / jn die wesentliche vngerechtigkeit oder sünde selbst verwandelt werden. Denn gleich wie Adam für dem fall das wesentliche leben selbst nicht gewest (denn wo er das gewesen so were er ein erschaffener Gott gewest) sondern er ist lebendig gewest / hat das leben gerechtigkeit vnnd Seligkeit gehabt: also ist er auch durch den fall nicht wesentlich verwandelt / vnnd zur vngerechtigkeit oder sünde selbst worden: sondern vngerecht / vnrein / sündig / zum guten erstorben / zeitlichen vnnd ewigen Todt vnterworffen / es sey den̅ das er zu Gott durch Christum bekehret werde.
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Da er auch durch obbemelte drawung Gottes wesentlich getödtet / ermordet / vnnd wie Gegentheil redet / in eine andere wesentliche form / gestalt vnnd art verwandelt were: so were denselben Adam / der aus der wesentlichen verwandelung worden / die Herrligkeit vnnd Seligkeit des von Gott erschaffenen Adams nichts vberall angangen etc. Es hette auch der Sohn Gottes den menschen / welchen er anfangs erschaffen / vnd in sünde gefallen war / nicht erlöset: sondern einen andern / der dem wesen nach vom vorigen vnterscheiden / welchem der Sathan durch seine krefftige verwandelung formirt vnnd erschaffen hette. Was aber für grewel in diesem wahn stecken / bedenck ein jeder from hertz bey sich selbst. (2. Einrede aus D. Lutheri worten.) Zum andern / D. Lutherus selbst in Genesi gebraucht das wort verwandelung / derwegen sey kein zweiffel / das er eine solche wesentliche verwandelung auch gegleubt vnnd gelehret habe. Was aber D. Lutherus für eine mutation oder verwandelung der natur des menschens gelehret vnnd gehalten ist aus seinen eigenen worten klar / die wir vmb des Christlichen Lesers willen hieher setzen wollen denn also schreibt er / Genes. 3. Porro haec omnia probant originalem iustitiam fuisse de natura hominis, ea autem per peccatum amissa, manifestu̅ est naturalia non mansisse integra, sicut Scholastici delirant. Sicut enim fuit naturae hominis incedere nudum, plenum fiducia & securitate erga Deum, & sic placere Deo & hominibus: ita nunc post peccatum sentit homo hanc nuditatem innocentis naturae displicere Deo, sibi & omnibus creaturis, ideo parat perizomata & tegit corpus. Haec an non naturae est immutatio? Manet quidem na
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tura sed multis modis corrupta: Siquidem fiducia erga Deum amissa est, & cor plenum est diffidentia, metu, pudore. Sic manent in natura membra eadem: Sed quae antea nuda cum gloria conspicieb antur, nunc tanquam turpia & inhonesta velantur. Das ist / dieses alles bezeuget / das die Erbgerechtigkeit von des menschen natur gewesen oder dazu gehöret habe. Da aber dieselbige durch die sünde verloren / ists offenbar / das die naturalia natur vnnd natürliche krefften nicht volkomen geblieben sind / wie die Schullehrer etwa fürgegeben. Denn gleich wie es des menschen natur oder art war / bloß einher gehen voller guter zuuorsicht vnnd freidigkeit gegen Gott sein / vnnd also Gott vnnd den menschen gefellig sein: also empfindet nu der mensch nach der sünde / das die blösse so zuuor der vnschuldigen natur zier vnnd preis war / Gott mißfiele / ja ihm selbst vnd allen Creaturen nicht behagte. Derwegen er nu auch aus Feigenblettern einen Schurtz flicht / damit er seinen Leib zudeckte. Ist dieses nicht eine verenderung der natur? Es bleibt zwar die natur / aber leider vielfeltiger weise verderbet / alldieweil die zuuersicht gegen Gott verloren / vnnd das hertz volles zweiffels / furcht vnnd scham ist. Also bleiben in der natur die vorigen glieder / aber welche zuuor bloß mit ehren köndten angeschawet werden / dieselbigen müssen nun als schendlich vnnd vnehrlich zugedeckt werden.(Erbgerechtigkeit nach D. Lutheri wir ver loren / da die natur geblieben ist.) Aus welchen worten D. Lutheri menniglich verstehet / das er nicht gehalten / das Adams natur aus der wesentlichen gerechtigkeit in die wesentliche Erbsünde selbst verwandelt sey (den̅ sonst könte er nicht schreiben / das die Erbgerechtigkeit verloren / das die natur vnnd glieder derselben geblieben etc.) sondern das er eine solche verenderung ge
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lehret / da die vorige natur zwar geblieben sey / aber doch aus jhrer höchsten perfection oder volkomenheit / freiheit / gerechtigkeit vnnd Seligkeit / in das eusserste verderben / sünd vnd schand / Todt vnnd elend verkehret / vnnd verwandelt sey etc. welchs sich aber mit der wesentlichen verwandelung der natur in die sünde selbst gar nicht reimet / sondern vielmehr derselben zu wieder ist. (3. Einre de. 2. Cor. 11. die schlange habe Euam verführet.) Zum dritten ziehen sie auch dieses an / das 2. Cor. 11. stehe / die Schlange habe Euam mit jhrer schalckheit verführet / vnd jhre sinne verrücket etc. das aber der Apostel von einer wesentlichen verwandelung Heuae in das wesentliche Ebenbild des Teuffels dieses orts reden solte / ist des Gegentheils sein schendlich geticht. Denn verführen vnd verrücken heist mit nichten wesentlich abgetilget / vnnd in eine andere gestalt form vnd art wesentlich verwandelt oder gegossen werden: Sondern heist verderbt werden / von dem gehorsam Gotts / von der gerechtigkeit leben vnd Seligkeit abgewandt oder verleitet werden / in blindheit vnd finsterniß gerathen / von Gott jrren / vngerecht / vnrein / vnd Gott wiederstrebend werden. Aber was darffs viel wort / es ist ja offenbar / das nicht ein einiger Spruch in Paulo verhanden / in welchem solcher wesentlichen trans formation der Euae / in des Teuffels wesentliche laruen oder ebenbilde solte asserirt oder bestetiget werden. Noch dennoch darff das Gegentheil fürgeben / das der natürliche mensch / wie er von Vater vnd Mutter geboren ist / ein wesentlich bild des Teuffels sey. Ein wesentlichbild ist ja nichts anders / denn das jm wesen dem gleich ist dessen wesentlich bilde es ist / oder das eines wesens mit dem ist / dessen wesentlich ebenbild es ist. Solten den wir menschen / wie wir von Vater vnnd
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Mutter empfangen vnnd geboren werden / wesentliche Laruen vnnd bilde des Teuffels sein / so müste ein jeder natürlicher mensch ein Teuffel sein / vnd eben des wesens des der Teuffel selbst ist. Aber Gott behüte für dieser Teuffelischen lesterung alle frome hertzen. Zum vierden / allegiren sie auch den Spruch Psal. 53.(4. Einrede Psal: 58. Die Gottlosen sind verkehret.) Die Gottlosen sind verkehret von Mutterleib an etc. Wer ist aber so vnuerstendig der nicht sehe / das die wesentliche verwandelung der menschlichen natur in die sünde selbst aus ermeltem Spruch Dauids nimmermehr könne erzwungen werden. Verkehret sein von Mutterleib an / heist in der Schrifft / durch die Erbsünde verderbt sein in sünden empfangen vnd geboren sein / vnrein vngerecht sein. Aber was thut dieses zur bestetigung des grewlichen schwarms / das die menschliche natur wesentlich verwandelt / zur wesentlichen sünde vnnd wesentlichen laruen des Teuffels selbst durch den fall / solle worden sein.(5. Einrede Matth 17. eine böse verkehrte art.) Zum fünfften füren sie ein / das Christus Matth: 17. die Phariscer eine peruersam oder distortam generationem / eine böse verkehrte art nennet. Aber dieser Spruch bestetiget eben so wenig / die wesentliche verwandelung der menschlichen natur in die Erbsünde selbst / als die vorigen. Die verkehrung vnnd verderbung / so durch den fall Adae in die menschliche natur komen ist / zeuget sie wol an / daher es auch kömpt das wir menschen von mutterleib an eine böse art sind / verkehrte sinn hertz mut vnd gedancken haben / aber das ist noch lange so viel nicht / als von Teuffel in die wesentliche sünde verwandelt sein / vnnd eine wesentliche larue des Teuffels selbst worden sein.
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(6. Einrede 2. Cor. 3. Tit. 3. psal 51.) Zum sechsten sprechen sie / die Schrifft bezeuge ja selbst / das wir transformirt verwandelt 2 Cor. 3. renouirt verneuert Tit. 3. regenerirt oder wiedergeboren werden / Item Psalm. 51. Das Gott ein rein hertz in vns schaffe. Derhalben sey es klar / das die sünde selbst in die wesentliche gerechtigkeit verwandelt werde. Das aber ermelte wort von jhnen gantz vbel vnd vnrecht angezogen / erscheinet doraus. Denn was die Heilige Schrifft an ermelten örten von dem menschen oder menschlichen natur selbst gered hat / das zeucht Gegentheil auff die Erbsünde. 1. Cor. 3. spricht der Apostel / wir (nemlich wir menschen) werden verwandelt durch denselben Geist. Saget nicht die Erbsünde wird verwandelt in die wesentliche gerechtigkeit / das sie ewig lebe. Der Herr Christus Johan. 3. bezeuget wol / das wir new oder wiedergeboren werden / da er spricht / Es sey den̅ / das jemand new geboren werde etc. das sagt er aber mit dem geringsten worte nicht / das die Erbsünde durch die newegeburt solle in die gerechtigkeit selbst verwandelt werden / vnnd also ewig leben. Tit. 3. spricht der Apostel wol / das die getaufften durch die Heilige Tauffe vernewert werden / mit was schein aber doraus erzwungen werden das die Erbsündesolle vernewert / vn̅ in die gerechtigkeit selbst verwandelt werden. Der mensch wird in der Tauffe vernewert / oder sein Leib vnnd Seele vnd krefften derselben / vnd wird die sünde daraus / von tage zu tage ausgefeget. Das aber die Erbsünde solte vernewert oder in die wesentliche gerechtigkeit solte verwandelt werde̅ / das hat dem Apostel nie getreumet schweige das ers solte ge schrieben oder gelehret haben.
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Dauid betet zwar / Psal. 51. Schaffe in mir ein new hertz / aber das bittet er nicht / das die Erbsünde new geschaffen vnnd in die wesentliche gerechtigkeit verwandelt werde. Schaffe in mir ein new hertz spricht er / redet von hertzen vnd nicht von der Erbsünde. Wer ist nu so alber / der nicht verstehe / das viel ein anders sey / vmb ein new hertz bitten / vnnd aber ein anders von Gott bitten / das er die sünde in die wesentliche gerechtigkeit verwandeln wolle? Das Gegentheil verstehet die wiedergeburt vnnd erneurung also / als solte die heilige Schrifft lehren / das der heilige Geist / ein newes wesen des leibes vnnd der Seelen schaffete / welchs zu grund falsch vnnd vnrecht ist. Denn die wiedergeburt / verneurung oder verwandelung des menschens / nichts anders heist vnnd ist / denn die alte verderbte natur / oder leib vnnd Seele des sündigen menschens wieder zu recht bringen / von der Erb vnnd allen sünden reinigen / mit newem leben zieren / newe kreffte vnnd newe geistliche gaben in derselben schaffen vnnd wircken etc. Johan. 3. Tit. 3. Doraus offenbar / das vorermelte Sprüche felschlich vom Gegentheil seine jrrige meinung zu bestercken / eingeführet werden. Zum siebenden / citiren sie auch den Spruch Pauli Rom.(7. Einrede Rom. 12. verendert euch.) 12. Stellet euch nicht dieser welt gleich: sondern verendert euch () durch verneurung eures sinnes etc. Vnnd wollen daraus jhr gedicht von der wesentlichen verwandelung erzwingen. Aber es ist klar / das das wort verendern an diesem ort keines weges so viel heist / als wesentlich vertilget / vnnd in eine newe Scele / newen sinn / wesentlich transformirt werden: Sondern es heist / newes liecht / newen gehorsam / newe regierung
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vnnd bewegung im hertzen durch den heiligen Geist vberkomen. Vnnd wird entgegen gesetzt der bösen art dieser welt. gestalt heist hie nicht etwas wesentlichs oder selbstendiges / sondern heist die bosheit oder vnart / welche den verderbten menschen anhangt / dauon sich die rechtgleubigen Christen enthalten oder absondern sollen. Die verenderung durch vernewerung des sinnes bedeut auch keine wesentliche verenderung / sondern die geistliche vernewerung des gemütes oder des hertzens durch den heiligen Geist / da vns der h. Geist zu geistlichen newen menschen machet / newe sinne / gedancken / regung vnnd bewegung gibt / in einem newen leben zu wandeln / vnnd vns dieser welt nicht gleichförmig zuerzeigen. Also hat auch D. Lutherus in der Kirchenpostil vber die auslegung der Epistel am ersten Sontag nach Epiphaniae diesen Spruch erkleret. Seine wort lauten also: Wir werden also teglich verendert vnnd verneuert in vnserm sinne / das ist / das wir teglich je mehr vnnd mehr halten von dem / das die welt vnd vernunfft hasset. Findet sich demnach in obbemeltem Spruche nichts vberal / von der wesentlichenverwandelung der sünden in die wesentliche gerechtigkeit. In summa / das Gegentheil kan nicht einen einigen Spruch aus dem Newen Testament fürbringen / in welchem das wort (transformari verwandelt werden) von der Erbsünde gebraucht würde. Wie wil es denn sein scheuslich geticht / von der wesentlichen verwandelung der sünde in die wesentliche gerechtigkeiter halten? Fürs achte / tragen sie sich auch mit diesem Spruch
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Tuc. 11. So denn jhr die jhr arg seid / könnet ewren Kindern(8. Einrede Luc. 11. So denn jhr die jhr arg seid.) gute gaben geben etc. sprechend / Christus nenne vns menschen arg oder böse / derwegen so müssen wir ja aus der wesentlichen gerechtigkeit in die wesentliche bosheit / durch den fall Adae verwandelt sein / vnnd wenn wir wollen selig werden / hinwieder aus der wesentlichen sünde in die wesentliche gerechtigkeit transformirt werden. Aber dieses ist zumal vbel geschlossen. Denn der Herr Christus spricht nicht / jhr seid die argheit / bosheit oder sünde selbst wesentlich: sondern nur / jhr seid arg oder böse / das ist / ewer natur / hertz vnnd sinn ist verkehret / boshafftig / arg / oder zu allem argen geneigt / vnnd das von wegen der sünde darinnen jhr empfangen vnnd geboren seid. Nu ist ein grosser vnterscheid / vnter diesen zweien worten / böse vnd bosheit. Böse wird der mensch genent vmb des willen / das er durch die sünde verderbt ist / vnnd sein natur von wegen der anhangenden Erbsünd zum argen oder bosheit geneigt. Die bosheit selbst aber kan er eigentlich zu reden nicht genent werden / denn das geticht des Gegentheils ist zu grund falsch / da es ohne / ja wieder Gottes wort fürgibt / das der mensch die wesentliche gerechtigkeit selbst für dem fall gewest / durch den fall aber sey er aus der wesentlichen gerechtigkeit / in die wesentliche vngerechtigkeit oder bosheit selbst verwandelt worden. Figurlich mag man wol sagen / von einem verzweiffelt vberaus bösen vnnd verkehrten mensehen der allerley böse stück vnnd hendel treibt / dieser mensch ist nicht
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alleine böse / sondern auch die bosheit selbst. Da dz wort bos heit / nicht für die wesentliche bosheit selbst genommen wird sondern figurlich gebraucht wird / zu exaggerirenvnd aus zustreichen / das derselbige mensch für vielen andern seer vnnd vber alle massen arg vnnd böse sey / vnnd derwegen grosser straffen wirdig. Wie auch D. Luther Galat. 3. dieser art zu reden / als hernacher an seinem ort sol erwiesen werden / gleicher gestalt figurlich gebraucht hat. Derwegen kan das Gegentheil auch aus diesem Spruche / seine jrrige meinung nicht erweisen: sondern es bleibt in Ewigkeit fest / bestendig vnnd war / das böse sein / vnnd die bosheit selbst wesentlich sein / nimmermehr einerley werden. So wenig es nu dieses erweisen mag / das böse sein / vn̅ die bosheit selbst wesentlich ohne vnterscheid sein einerley sind: Eben so wenig kan es erweisen das die sünde oder bosheit selbst / in die wesentliche gerechtigkeit verwandelt werde. (9. Einrede Matth. 12. Ihr ottern gezichte.) Fürs neunde / treiben sie auch diesen Spruch / Matth. 12. Ihr Otter gezichte / wie könt jhr guts reden / weil jhr böse seit. Ergo sprechen sie / sind die menschen in die wesentliche larue vnnd bilde des Teuffels verwandelt / sind wesentliche Ottern oder Schlangen gezicht / vom Teuffel wesentlich verendert / vnnd jhm gleich worden / vnnd sind die bosheit selbst. Vnnd wie neulich von etlichen gestritten / der mensch were wesentlich ein Teuffel oder Jungerteuffel / ja wesentlich erger als der Teuffel selbst. Es hat aber die folgerey eben so viel grundes / als die vorige. Denn Christus die menschen nicht Otterngezichte nennet / als ob sie ins wesentliche bildnis vnnd laruen des Sathans von jhm selbst verwandelt / vnnd gleich wesentliche Teuffel oder Jungeteuffel durch den fall Adae wor
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den / sondern er vergleicht sie vmb der angebornen bosheit oder Erbsünde wegen den aller gifftigsten Schlangen oder Ottern / welcher gifft / als bald es den menschen berürt / jhn tödtet / also spricht er sein die verderbten vnnd vnwiedergebornen menschen auch / welche die alte Schlang verderbet / von Gott abgewand / sündig vnd vnrein gemacht / das wo sie nur können jhr gifft zorn / haß vnd wiederwillen auff eiander ausgiessen / vnnd einander in alles vnglück todt vnnd jammer bringen. Die Phariseer von welchen Christus in ermeltem Sprüchlein fürnemlich redet / waren nicht allein feindselige geheßige leute / so Ehristo vnd seiner lehre spinnen feind waren: sondern waren auch so gifftig auff jhn / das wo jhnen müglich gewest / hette̅ sie jhme lieber mit jhren augen vergifftet vnd getödtet / als das sie es vnterlassen. In summa sie stachen auff Christum / vnd seine heilsame lere wie die gifftige Ottern / mit jhren zungen. Hieraus folget aber noch lange nicht / das Christus die Phariscer darumb Ottern gezücht geheissen das sie wesentliche Teuffel oder wesentliche ebenbilde der hellischen gifftigen Ottern oder alten Schlangen weren / vom Teuffel selbst in seine wesentliche larue transformirt: sondern alleine wie gemelt gleichnis weise / das sie der Ottern art nachoh men / vnnd wie gifftige Ottern auff jhn mit jhren lesterzungen stachen. So heist er sie auch nicht böse / das sie die bosheit selbst weren: sondern von wegen der angebornen bosheit jhres hertzen durch welche sie auch angetrieben werden / boshafftige gedancken zu haben / böse wort vnd werck zugebrauchen / damit sie Gott im Himel beleidigen vnd erzürnen / zeitliche vnd ewige straffe verdienen / wenn sie nicht durch den glau
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ben an den einigen Mitler Ihesum Christum / mit dem gerechtem vnd heiligen Gott versünet werden. Summa summarum / wenn das Gegentheil sein geeicht von der transformation der wesentlichen gerechtigkeit in die wesentliche bosheit / oder wesentliche larue des Teuffels selbst erhalten wil / so mus es dieselbige mit klaren Sprüchen der Schrifft / in welchen der wesentlichen verwandelung oder transformation der wesentlichen gerechtigkeit / in die wesentliche sünde etc. ausdrücklich gedacht werde / darthun / ehe dasselbige geschicht / ists vergeblich / das es seines gehirns wahn vnnd jrrsall der Christenheit wil auffdringen. Die Sprüche so vom Gegentheil angezogen werden / geben das nicht / stehet auch des Gegentheils jrrsall nicht in denselbigen / kan auch mit grund der warheit in Ewigkeit nicht daraus erzwungen werden.

XIIII. Verantwortunge der Einreden / dadurch das Gegentheil sich vnterstehet / vnsern Kirchen Pelagianische jrrthumb zu zumessen / vnnd gründlicher bericht / das es denselben hieran für Gott vnrecht thue.
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(Antwort auff die ein rede / wer lere das die Erbsünde ein accidens sey der sey ein Pelagia net.) ANfenglich vnterstehet sich das Gegentheil vns des Pelagianismi derwegen zu beschüldigen / dieweil wir lehren / das die Erbsünde nicht die verderbte natur selbst sey / sondern ein accidens malum, oder zufelliger böser schade / daraus (sprechen sie) folge / das wir mit den Pelagianern halten / das die natur noch gut sey / oder vnuorderbt.
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Es ist aber ein zumal leppischer beweis. Denn es ist ja menniglich / der nur Augustini Bücher wieder die Pelagianer gelesen / bekandt / das die Pelagianer mit keinem wort gelehret / das die Erbsünde ein accidens malum oder ein zu felliger böser schade in der natur sein solle. Haben es auch nicht lehren können / dieweil jhr meinung gewest / das die natur des menschens noch gut / vnd vnuerderbt were / nicht weniger als Adae natur für dem fall gut vnnd vnuerderbt gewesen / dieweil sie auch gehalten haben / das der mensch in sünden wieder empfangen noch geboren würde. Weil denn für augen / das die Pelagianer keine verderbung menschlicher natur / weder wesentliche noch zufellige gestanden / vnd darüber zum hefftigsten gestritten / verstehet ja menniglich / das des Gegentheils folge gantz nichtig vnd vngegründet sey. Die Pelagianer haben gefochten / das die natur noch gut sey wie für dem fall / vnd das kein mensch in sünden empfangen vnd geboren sey. Wir aber lehren gantz vnd gar das Gegenspiel / nemlich / das die Erbsünde ein böser zufall sey in der natur / welchs sie verleugnen / vnnd das sie eine tieffe vnaussprechliche schedliche verderbung sey / der gantzen natur an leib vnnd Seele / oder das alle menschen in der Erbsünde empfangen vnd geboren werden. Wie kans denn bestehen vnnd war sein / das wir Pelagianische lehre führen sollen. Ja sprechen sie / jhr haltet dennoch / das die natur(Einrede / Ihr halter das die natur noch gut sey / Ergo etc.) noch gut sey. Ergo. Aber darauff ist droben im 11. Cap. geantwortet / vnnd gründlieher bericht geschehen / das wir mit Augustino / Luthero / vnnd andern reinen lehrern halten / das eine jede natur / so fern sie eine natur ist / gut oder Gottes geschöpff sey / damit wir nicht Gott des geschöpff
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die menschliche natur ist zum Schöpsser der sünden selbst machen / das wir aber die natur in diesem verstand solten gut heissen oder preisen / das sie rein / heilig vnnd ohne die Erbsünde wehre / wie die Pelagianer gestritten / das sey ferne von vns / ist vns auch nie in vnser hertz kommen / gedenckens auch nimmermehr zu lehren / sondern Pelagij jrrthumb als bisher geschehen mit worten vnd der that zuuerwerffen / auszusetzen / vnnd zu verdammen / Aber hieuon ist Cap. 11. ausführlicher gehandelt. Zum andern / führen sie auch diesen schein grund wieder vns. (Antwort auff die einrede / wer zwischen der natur vnd Erbsünde vnterscheide / der sey ein Pelagia ner.) Wer vnterscheidet zwischen der Erbsünde / vnnd zwischen der verderbten natur / der lehret / das die natur noch gut / vnnd in jhren natürlichen krefften vnuerderbt sey. Ihr lehret also. Ergo so haltet jhr / das die natur noch gut / das ist vnuerderbt sey / wie die Pelagianer gedichtet haben. Antwort. Die erste / Proposition ist zu vnterscheiden wer zwischen der verderbten natur vnnd Erbsünde also vnterscheidet / das er dringet / die natur sey derhalben noch rein vnd ohne sünde / wie die Pelagianer gethan / der wird des Pelagianismi billich beschüldiget / mus auch gestehen / das er halte / die natur sey noch gut / rein ohne sünde / vnd in jhren natürlichen krefften vnuerderbt. Wir aber halten vnnd lehren das Gegenspiel / vnterscheiden zwar zwischen der Erbsünde vnd verderbten natur / nicht aber der natur gütigkeit / reinigkeit vnschuldt vnd heiligkeit zu erhalten / vnd mit den Pelagianern zuuerfechten: sondern nur so fern / das wir nicht Gott zum Schöpffer der sünde selbst machen / vnnd das wir der Manicheer schwarm
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verwerffen / welche verteidiget haben (wie vnser Gegentheil noch heutiges tages thut) das die Erbsünd ein substantz oder wesen sey. Denn wenn wir sagen wolten / die natur so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff ist / were nicht gut / sondern were böse oder die bosheit vnnd sünde selbst / so müsten wir bekennen / das Gott ein Schöpffer des bösen / oder der sünde selbst were. Denn es je vnleugbar / das er vnser menschlich natur vnd wesen erschaffen habe. Das können aber vnnd sollen wir nicht thun / wir wolten denn der heiligen Schrifft vnd Ersten Artickel des glaubens öffentlich wiedersprechen vnnd lügenstraffen. Derwegen können wir auch mit dem Gegentheil nicht schwermen das die natur / so fern sie eine natur vnnd Gottes geschöpff auch itzo ist / die sünde ohne allen vnterscheid selbst sey. Vnnd dürffen deshalben zu keinen Pelagianern werden. Augustinus Lutherus vnd andere / haben auch die natur / so fern sie eine natur / oder Gottes geschöpff ist / gut geheissen / sind aber des wegen niemals für Pelagianer gehalten worden. Ja die gantze heilige Schrifft vnd alle Artickel des glaubens vnterscheiden zwischen der verderbten natur vnnd zwischen der Erbsünde wie bisher gewaltig erwiesen / solten sie darumb Pelagianisch sein? Da wir auch mit dem Gegentheil tichten vnd halten wolten / das die verderbte natur die Erbsünde ohn allen vnterscheid selbst were / so köndten wir nicht füruber / wir müsten in diesem stück Manicheisch werden / das wir die Erbsünde zur substantz macheten. Denn es ja vnwiedersprechlich war / das vnsere verderbte natur eine substantz oder selbstendiges wesen / vnnd darzu von Gott erschaffen ist. Ob wir nu wol aus der sünde nicht eine sonderbare eigene
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substantz machten / von der substantz vnser natur vnterschieden (wie die Manichter gehalten / welche nicht stritten / das vnsere natur die sünde selbst were / sondern die sünde were ein eigene abgesonderte substantz / mit vnser substantz oder natur vermischet) so würden wir doch hierinnen noch erger als die Manicheer / das wir vnser verderbte natur / so auch itzo nach dem fall Gottes geschöpff ist / zur sünde selbst macheten / vnnd also dem heiligen waren Gott die erschaffung der sünden selbst zuschrieben. Derwegen können wir des Gegentheils jrrigen wahn nicht beypflichten / wir wolten vns denn wissentlich vnd willig zu Gottes schendern vnnd le sterern machen. In summa der vnterscheid zwischen der Erbsünde vnd verderbten natur gehet keines weges dohin / das die verderbte natur dadurch solte also gut gemachet / das ist / für rein / heilig / gerecht / vnnd ohne sünde gehalten werden / sondern nur wieder die jenigen / so die verderbte natur zur sünde selbst vnd also Gott zum Schöpffer der sünde selbst machen wollen / oder mit den Manicheern schwermen / das die Erbsünde ein substantz oder wesen sey. Daraus augenscheinlich / das ob wir wol / die verderbte natur vnd Erbsünde vnterscheiden / nach ausweisung der heiligen Schrifft vnd Artickel vnsers Christlichen glaubens / das wir dennoch deswegen des Pelagianismi im wenigsten nicht können beschüldiget werden / Alldieweil wir nicht mit den Pelagianern lehren / das die natur gut / das ist / rein / heilig vnd ohne sünde sey / demnach sie ja in der Erbsünde empfangen vnnd geboren ist: sondern mit Augustino / Luthero / ja zu förderst mit der heiligen Schrifft vnnd Artickeln des Christlichen glaubens nur dieses anzeigen / das die menschliche natur / so fern sie eine natur oder Gottes geschöpff
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ist / gut / das ist / die sünde ohne allen vnterscheid nicht sey. Denn wo das were / so müste Gott ein Schöpffer der sünde sein / welchs Gott im Himel gelestert hiesse. Zum dritten / vormeinen sie / sie wollen vns dadurch(Antwort auff den fürwurff werda lehre / das vnsere natur der menschlichen natur Christi am wesen gleich / der sey ein Pelagianer.) des Pelagianismi vberweisen / dieweil wir lehren vnd bekennen / das vnsere natur der menschlichen natur Christi am wesen gleich sey. Führen zu jhrem behelff ein / das Augustin. lib. 2. contra duas Epist. Pelag. Cap. 2. geschrieben. Die Pelagianer vnehren Christi fleisch / in dem sie das fleisch deren die erlöset werden sollen / dem fleisch des erlösers allerdings gleich machen. Mutwillig aber wollen sie nicht sehen / was Augustinus dazu setzet / nemlich / Pelagiani nullam carnem peccati nasci asseuerantes, auferunt carni Christi propriam diguitatem, Das ist / die Pelagianer / in dem sie fürgeben / Es werde kein fleisch sündlich oder in sünden geboren / berauben sie das fleisch Christi seiner eigenen wirdigkeit. Lieber wo haben sie von vns gehöret / oder wo haben sie es in der vnsern Büchern gelesen / das wir lehren / Erstlich / das kein fleisch in sünden geboren werde / oder das kein mensch in der Erbsünde empfangen vnnd geboren werde. Vnnd zum andern / das vnser fleisch oder menschliche natur aller dings vnd also auch darinne Christi fleisch oder menschlichen natur gleich sey / das es nicht weniger als Christi fleisch ohne die sünde empfangen vnnd geboren werde. Können sie nu dieses aus vnsern Predigten vnd Schriften nimmermehr erweisen (wie sie denn zu ewigen zeiten nicht thun können) weshalben beschüldigen sie vns denn des Pelagianismi?
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Ja wenn wir mit den Pelagianern lehreten / das kein mensch in der sünde empfangen vnnd geboren würde / oder das sie aller dings ohne sünde weren wie Christi menscheit / so hetten sie vrsach vns den Pelagianismum für zu werffen. Weil wir aber solche jrrige lehre der Pelagianer verdammen wie können sie vns denn beschüldigen / das wirs mit jhnen halten / vnnd Christi fleisch so ohne sünde empfangen / seiner eigenen ehre berauben sollen? Summa / wir lehren frey öffentlich / das alle menschen in der sünde empfangen vnd geboren werden / die Pelagianer aber lehreten / das kein mensch in sünden empfangen vnd geboren würde. Also lehren wir frey öffentlich / das vnser fleisch Christi fleisch in dem nicht gleich sey / das es ohne sünde empfangen vnd geboren / wie Christi fleisch empfangen vnd geboren ist vom heiligen Geist / denn vnser fleisch ist vnnd wird in sünden empfangen vnnd geboren / Christi fleisch aber ohne sünde. Die Pelagianer aber lehreten / das vnser fleisch auch in dem Christi fleisch gleich were / das es so wol als Christi fleisch ohne die Erbsünde empfangen vnnd geboren würde etc. Darumb ists dem Gegentheil vnmüglich / ob es sich auch zu tode schrie vnnd schriebe / das es vns zu Pelagianern mache. Dem fleisch nach ist vns Christus gleich / der sünden nach ist er vns nicht gleich. Dieses ist die gewisse vnwandelbare warheit / darbey wirds auch wol bleiben. Zum vierden / meint das Gegentheil vns auch damit (Antwort auffdie obiection / das wer nicht lere / das der gere-) des Pelagianismi zu belegen / das wir leren / der Gerechte mensch sey nicht in die sünde selbst verwandelt. Denn also sprechen sie stehet in Ecclesiasticis dogmatibus Augustini cap. 38. Wer nicht bekennet / das durch Adams vber
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tretung / der gantze mensch nach leib vnd Seel in ergers verwandelt(chteinensch in die sünde selbst verwandelt / der sey ein Pelagianer.) worden / der ist schon durch Pelagij jrrthumb verführet. Gemach lieben Gesellen / wenn jhr andere leut Pelagianischer jrrthumb wolt vberweisen / so soltet jhr die Sprüche der Veter vnuerstimlet citiren / vnd nicht eurs gefallens anziehen / wie sie zu eurem fürhaben dienlich. Denn also lauten August: wort de dogmat: Ecclesiast: cap. 38. Si quis per offensam praeuaricationis Adae non totum, id est secundum corpus & animam, in deterius dicit hominem commutatum, sed animae libertate illaesa durante, corpus tantummodò corruptioni credit obnoxium, Pelagij errore deceptus, aduersatur scripturae dicenti, Anima quae peccauerit ipsa morietur, Das ist / wer da gleubet / das durch die schuld des fals Adae nicht der gantze mensch / nach leib vnd Seel in ergers verwandelt sey: sondern helt das die freiheit der Seelen vnuorletzt geblieben vnd allein der leib verderbt sey / der ist durch Pelagij jrrthumb verführet / vnnd wiederspricht der Schrifft / die da sagt / die Seele welche sündiget / die soll sterben. Aus welchen worten Augustini diese zwey ding erscheinen / Erstlich / das die Pelagianer vnter andern auch dieses gehalten / das alleine der leib des menschen verderbt sey / die Seele aber sey vnuerderbt / vnd vnuerletzt geblieben. Welchen jrrthumb wir mit S. Augustino an den Pelagianern straffen / vnnd jhnen mit dem wenigsten wort nicht beipflichten. Trotz sey auch dem Gegentheil geboten / das es vns solcher meinung aus vnsern Schrifften oder predigten vberführe / Derwegen jhnen auch vnmüglich ist / vns dißfals zu Pelagianern zu machen. Zum andern lehren wir vnnd bekennen mit Augustino
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Luthero vnnd andern gern / das der gantze mensch an leib vnd Seel in ein ergers verwandelt sey / das ist / das er seine gute krefften vnnd herliche gaben / heiligkeit / reinigkeit / gerechtigkeit vnd freiheit in geistlichen sachen verloren vnd numehr vngerecht / vnrein / vnheilig vnnd ein Knecht der sünden worden. Verdammen vnnd verwerffen auch die Pelagianer / welche solchs verleugnet / wie können wir denn aus angezogenen worten Augustini / des Pelagianischen jrrthumbs vberwiesen werden? Aber aus dem allen folgt noch lange nicht / das Adam aus der wesentlichen gerechtigkeit / in die sünde selbst / wie Gegentheil streitet / solle verwandelt sein. Denn solchs stracks wieder die Schrifft / ja wieder Gottes wesentliche vnwandelbare gerechtigkeit selbst ist. Es hat auch Augustinus solchs niemals gelehret / kan auch solche transformation / so das Gegentheil tichtet / aus Augustini Schrifften / mit grund der warheit nimmermehr dargethan oder erwiesen werden. (Was Augustiul leh re sey / von verwandelung der natur.) Was S. Augustini lehr vnd meinung von der verwandelung der natur gewest / das ich anderer gezeugnis geschweige / erscheinet aus seinem Buch de nuptijs & concupiscentia lib. 2. cap. 34. da er also schreibet: Vnde illo magno peccato primi hominis natura, ibi nostra in deterius commutata, non solum facta est peccatrix, verum etiam genuit peccatores, & tamen ipse languor, quo benê viuendi virtus perijt, non est vtique natura, sed vitium: sicut certe mala in corpore valetudo non est vlla substantia vel natura sed vitium. Das ist / durch die grosse sünde Adae des ersten menschens ist vnser natur in ergers verendert / vnd nicht alleine sündig worden / sondern gebirt auch nu sünder / vnnd ist doch die seuche oder der gebrechen selbst / durch welchen die gute krafft recht zu
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leben im menschen verloren oder verderbt ist / keine natur / sondern ist ein gebrechen / gleich wie die schwacheit im menschen leibe / nicht eine substantz oder natur ist / sondern ein gebrechen oder mangel. Aus welchen worten offenbar / das Augustinus keine wesentliche verwandelung der natur Adae in die sünde selbst gehalten: sondern nur dieses gelehret / das durch den fall Adae die gute krafft recht zu leben in jhm verloren. Nu weis jederman / das verlierung der guten kreffte vnd wesentliche verwandelung der menschlichen natur Adae aus der gerechtigkeit in die wesentliche vngerechtigkeit weit voneinander vnterschieden sind / für eins. Fürs ander / so lehret Augustinus deutlich mit vns / das die sünde nicht sey eine sonderbare natur / viel weniger aber vnsere verderbte natur selbst (denn die ist ja eine natur / ob sie gleich durch die Erbsünde verderbt ist) sondern sey ein gebrechen oder mangel in vnser natur / gleich wie die Kranckheit im menschen nicht eine substantz oder natur / viel weniger aber die verderbte natur selbst ist: sondern wie gemelt / ein gebrechen oder mangel in der natur. Mit welchen worten er vnserer Kirchen bekentnis klar vnnd deutlich bestetiget. Summa dieses ist wol in Augustini Schrifften zu befinden / das er lehret / das durch Adams fall die gute krefften in seiner natur verwandelt oder verloren sein / Das er aber mit dem Gegentheil lehren solte / das Adam durch den fall zur sünden selbst ohn vnterscheid worden / oder das er aus der wesentlichen gerechtigkeit / in die wesentliche vngerechtigkeit solle verwandeit / vnnd also des Teuffels wesentliche larue worden sein / dieses mag aus
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Augustini hinderlassen Büchern in alle Ewigkeit mit grund vnd bestand nicht erwiesen werden. Weil nu dem also / siehet jedermenniglich / das vnser Gegentheil / aus lauter vngrunde vnd zu wieder dem achten Gebot / Du solt nicht falsch zeugnis reden / vnd des Pelagianismi beschüldiget etc.

XV. Autwort auff die Einreden von dem Manichaeismo / vnnd gründtlicher Beweis / das das Gegentheil im grund Manichaeische jrrthumb verteidige etc.
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(Erzelung was die Manicheer etwa / von der sünde geleret haben.) AVs S. Augustini Schrifften wieder die Manicheer ist klar / was sie von der sünde gehalten vnnd gelehret haben / Nemlich / das das böse oder die sünde ein selbstendiges wesen were / vom bösen Gott erschaffen. 2. das das böse oder die sünde in die gute natur des menschen nicht kom̅en were / durch den abfall von Gott oder vngehorsa̅ der ersten Eltern / sondern das sie als ein selbstendiges wesen vnd geschöpff des bösen Gottes / mit der natur des menschen / vermischet. 3. Das derwegen die sünde kein accidens oder böser zu fall / vnordnung / gebrechen / mangel oder verderbung der menschlichen natur sey / dadurch die gute natur des menschen verendert / vnnd da sie für dem fall gerecht / rein / heilig / numehr durch die sünde vngerecht / vnrein / vnheilig strefflich oder schüldig wordern / sondern die sünde sey ein selbstendiges wesen oder natur so
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für sich selbst bestehe / welchs die menschliche natur verderbe. 4. Das die sünde als etwas sonderbares wesentliches von der natur / in welcher es wone müsse abgescheide̅ werden etc. Demnach aber wir alle solche stücke an den Manicheern von hertzen mit dem Munde vnd feder verdammen / vnd das Gegenspiel wieder sie offentlich lehren vnnd treiben: so können wir ja mit grund der warheit der Manicheischen Irrthumb nimmermehr beschüldiget werden. Traun wer nicht helt / das die sünde ein selbstendiges wesen oder natur sey / vom bösen Gott erschaffen / wer auch wieder spricht / das die sünde als ein selbstendiges wesen oder natur mit vnser natur vermischet sey / Item / wer wieder die Manicheer helt / das die Erbsünde ein accidens oder zufellige verderbung der menschlichen natur sey / vnnd nicht ein selbstendiges wesen / dadurch sie verderbt / Item / wer nicht lehret / das die sünde als etwas wesentliches / selbstendiges / sonderbares von der natur des menschen gescheiden werde / sondern viel mehr als ein böser zufal / Derselbe ist ja vnnd kan kein Manicheer sein. Wir halten der dinge keins mit den Manicheern / wie können wir denn Manicheer sein? Vnser Gegentheil aber (vnangesehen dieses alles) vnterstehet sich mit gewalt vns Manicheische jrrthumb zu zuschreiben. Wollen derwegen hinfürter besehen / mit was grund oder schein sie dasselbige thun / vn̅ jhnen mit der warheit dermassen begegnen / das menniglich sehen soll / das sie vns für Gott hieran vnrecht thun / vnnd das sie selbst eben mit dem jrrthumb behafftet sind / den sie vns gerne (aber zur vnbilligkeit) zumessen wolten.(1. Einrede / wer die wesentliche verwandelung der natur) Erstlich aber / ziehen sie an / dieweil wir die wesentliche verwandelung der natur in die sünde / vber welcher (wie sie fürgeben) Augustinus wieder die Manicheer soll gestritten
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(in die sünde verlaugne / der sey ein Manicheer) haben / nicht wollen passiren lassen / so müsse notwendig folgen / das wir Manicheer sein. Antwort: In Ewigkeit können sie aus Augustini Schrifften nicht erweisen / das er gelehret oder gestritten haben solle / das die menschliche natur wesentlich in die sünde selbst verwandelt sey / für eins / vnd sey jhnen derwegen trotz geboten. Fürs ander / können sie auch dieses nicht darthun / das die Manicheer darüber mit Augustino strettig gewest / das er eine solche wesentliche verwandelung der natur selbst in die sünde gelehret oder gehalten / Denn aus seinen Schriften das Gegenspiel darzu thun. Darumb er auch contra Epist: fundamenti cap. 33. 43. nicht setzet / das die gute natur des menschen die sünde selbst worden sey: sondern vergleicht die verderbung oder verenderung der guten menschlichen natur mit einem reinen wasser / das durch vnreinen Kot trübe gemacht wird. Wenn das trübe spricht er vom wasser weg kömpt / so bleibt das wasser vbrig: also wenn das böse von der natur weggenommen wird / bleibt die natur / vnnd Cap. 35. 36. 38. erkleret er sich rund / was das böse oder die sünde in der verderbten natur sey / vnnd spricht: Quis dubitet totum illud quod dicitur malum nihil esse aliud quàm corruptionem? Wer zweiffelt / das alles was das böse oder sünde genennet wird / nichts anders sey / denn eine verderbung? Setzet auch abermals diese gleichnissen darauff: Die verderbung einer gelehrten Seelen wird genennet vnerfarenheit: Die verderbung eines fürsichtigen / vnfürsichtigkeit: Die verderbung der gerechtigkeit / vngerechtigkeit. Vnd abermals spricht er: Die
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verderbung ist keine natur: sondern ist wieder die natur. Quod si non inuenitur in rebus malum nisi corruptio, & corruptio non est natura, nulla vtique natura malu̅ est. Das ist / dieweil denn in den dingen kein böses gefunden wird / denn die verderbung / die verderbung aber ist keine natur / so ists ja gewiß vnd war / das das böse oder die sünde keine natur ist etc. Weil denn aus oberzehlten worten Augustini klar / das er keine wesentliche verwandelung der natur in die sünde selbst gehalten: sondern eine verwandelung der guten qualiteten / arten / condition vnd perfection / so Adam für dem fall gehabt / das er nemlich aus einem gerechten ein vngerechter / aus einem Heiligen / reinen menschen / ein vnheiliger / vnreiner sündiger mensch worden etc. So ists vergebens / das sie vns solcher sachen halben zu Manicheern machen wollen. Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher verstehe / das ob wol Augustinus mit vns gelehret / Adam sey der gestalt verwandelt / das er die angeschaffene Heiligkeit vn̅ gerechtigkeit verloren / vnd aus einem heiligen menschen ein vnheiliger mensch worde̅ sey. Dennoch nicht gehalten habe / das Adam durch den fall in die wesentliche sünde verwandelt sey / wil ich noch einen Spruch aus Augustino einfhüren / in welchem er solche opinion selbst als Manicheisch verdampt. Denn de vera religione Cap. 19. schreibt er. Est autem vitium primum animae rationalis voluntas ea faciendi, quae vetat summa & intima veritas: Ita homo de paradiso in hoc seculum expulsus est, id est ab aeternis ad temporalia, à copiosis ad egena,
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à firmitate ad infirma. Non ergo à bono substantiali ad malum substantiale, quia nulla substantia malum est: Sed à bono aeterno ad bonum temporale, à bono spirituali ad bonum carnale, à bono intelligibili ad bonum sensibile, à bono summo ad bonum infirmum, Das ist / der vernünfftigen Seelen erster mangel ist / der wille oder fürsatz die dinge zuthun / welche die höchste warheit verbieten thut. Also ist Adam aus dem Paradiß in diese Welt ausgetrieben / das ist / von ewigen sachen zu den zeitlichen / von der fülle zu der dürfftigkeit / von der stercke zu der schwacheit. Nicht aber vom wesentlichen gut zu einer wesentlichen boßheit / sintemal keine substantz oder wesen das böse selber ist: sondern vom ewigen gut zum zeitlichen / vom Geistlichen zum fleischlichen / von dem gut / mit welchem der verstand zu thun hat / zu dem entpfindlichen vnnd von dem höchsten zu dem geringsten gut. Ist demnach eine vergebliche arbeit / das sich das Gegentheil vnter stehet vns zu Manicheern zu machen. (2. Einrede die Manicheer sollen gelehret haben / die sünde sey ein vnterschieden böse ding / das ein anders darein es kömpt verderbt.) Zum andern / wenden sie ein / Es sey aus Epiphanio klar / das die Manicheer etwa gelehret / das die sünde sey corruptio corrumpens / ein solch vnterscheiden böses ding / das ein anders darein es kömpt verderbt. Nu lehren wir auch (wie sie fürgeben) also / derwegen sey gewiß / das wir Manicheer sein. Antwort. Beydes aus Epiphanio vnnd Augustino ist es klar / was für ein besonder selbstendig ding oder wesen die Manicheer aus der sünde gemacht / welchs wir mit jhnen frey heraus an den Manicheern verwerffen. Es ist aber darneben auch dieses aus jhren Schrifften klar / das jr keiner jemals an den Manicheern geunbillichet / das sie die Erbsünde als eine zufellige verderbung beschrieben /
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welche vnserm fleisch Rom. 7. anhang: sondern derwegen verwerffen sie der Manicheer Irrthumb / weil sie ein selbstendig / sonderbares wesen daraus macheten / welches vnsere natur corrumpiren oder verderbe̅ solle / wie Augustinus contra secundinum Manichaeum cap. 12. anzeiget: Certè omnis inter nos discretio est, quod vos substantiam quandam malum esse dicitis, nos verò non substantiam, Das ist / Es ist je aller streit zwischen vns darüber / das jr Manicheer haltet / das das böse eine substantz oder selbstendig wesen sey / wir aber halten / das es keine substantz oder selbstendig wesen sey / Derwegen vns der Manicheer Irrthumb im wenigsten nicht kan zugemessen werden / dieweil wir nicht lehren / das die sünde eine wesentliche / sonderbare / selbstendige verderbung sey / als die Manicheer gehalten / sondern eine accidentalis oder zufellige verderbung oder schade / durch welchen vnsere gantze natur vnnd wesen verderbt ist. Daher August: de moribus Manich: lib. 2. cap. 4. wieder die Manicheer schreibt: Corruptio non est in se ipsa, sed in aliqua substantia, quam corrumpit. Non enim substantia est ipsa corruptio. Ea igitur res, quam corrumpit corruptio, malum non est. Das ist / die verderbung ist nicht in jhr selbst / sondern in einem selbstendigen wesen / welchs durch sie verderbt wird. Denn das wesen ist nicht die verderbung. Derwegen das jenige / welchs die verderbung verderbt / nicht sünde ist.(3. Wer da lehre / das die Erbsünde als etwas vnterscheidenes den menschen zu sündigen treibe der sey ein Manicheer.) Zum dritten / geben sie für / wer da lehre / das die Erbsünde als etwas vnterscheidenes den menschen zu sündigen treibe / der sey ein Manicheer / den̅ also sollen etwa die Manicheer gelehret haben. Wir (sprechen sie) thun dasselbige. Ergo. Antwort. In der ersten proposition ist dieser betrug anfangs zu
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mercken / das sie aussen lest / das die Manicheer gelehret haben / das die sünde den menschen als etwas vnterschiedenes / selbstendiges oder als eine selbstendige natur zu sündigen treibe / welchs wir mit Augustino billich an den Manicheern straffen vnnd verdammen. Das aber Augustinus derwegen solte geleugnet haben / das der sündige mensch von der Erbsünde getrieben böses thue / das kan Gegentheil nimmermehr war machen. Denn wo Augustinus das gethan / hette er Paulum Rom. 7. der so klar zwischen sich vnnd der Erbsünde vnterscheidet mit anzeigung / das er von dem einwonenden vnd anhangenden bösen getrieben werde / das zu thun so er nicht wolle etc. müssen verdammen. Darumb viel ein anders ist / mit den Manicheern schwermen / das die sünde als ein vnterscheidenes selbstendiges / sonderbares wesen / den menschen zu sündigen antreibe / vnnd mit Paulo lehren / das die inwonende sünde im fleisch als etwas anhangendes Rom. 7. den menschen zu sündigen reitze vnd bewege. Können vns demnach nicht zu Manicheern machen / sie beweisen denn erst / das Paulus Rom. 7. selbst ein Manicheer (4. Das die Manicheer sollen gehalten haben / Es sey vnmüglich / das eine gute natur wesentlich ins böse selbst ko̅nne verwandelt werden.) sey. Zum vierden ziehen sie auch dieses an / das gleich wie die Manicheer etwa für vnmüglich gehalten / das eine gute natur / wesentlich ins böse selbst könne verwandelt werden etc. also halten wir auch. Ergo etc. Antwort. Hie muß vnterscheiden werden / denn es freilich vnmüglich / wie Gegentheil tichtet / das aus der wesentlichen gerechtigkeit / so Adam für dem fall sol gewest sein / die wesentliche vngerech tigkeit werden könne / so wenig als die warheit in die lügen selbst kan verwandelt werde̅ / oder die Heiligkeit in die vnhei
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ligkeit selbst / Denn solchs wie mam in Schulen recht redet / sind abstractae species zwischen welchen keine solche fehigkeit / das eine in die ander wesentlich könne verwandelt werden. Hiernegst aber gestehen wir gerne / das aus dem gerechten Adam ein vngerechter / aus dem Heiligen ein vnheiliger / aus dem reinen ein vnreiner vnnd sündiger Adam worden / gleicher gestalt wie aus einem warhafftigen menschen wol ein lügner werden kan. Wie es aber vnmüglich / das die warheit selbst in lügen verwandelt werde / also ist vnnd bleibt es auch vnmüglich / das die gerechtigkeit zur vngerechtigkeit / vnnd die Heiligkeit zur sünde werde / wie vnser Gegentheil ohne grundt tichtet vnd fürgibt / vnnd hat solches alles mit der Manicheischen lehre nichts vberall gemein / also / das sich vber des Gegentheils vnverschambte künheit billich zuuerwundern / die es in diesem stück gebrauchet. Zum fünfften / wil er vns auch daher zu Manicheern(5. Wer da lehre / das die Erbsünde ein solcher schade sey der von der natur könne gescheiden werden / der sey ein Manicheer.) machen / das wir mit Augustino vnnd Luthero nach der Schrifft lehren / das die sünde ein solcher schaden sey der von vnser natur könne geschieden werden. Aber auff diesen fürwurff ist zu wisse̅ erstlich / das die Manicheer etwa gelehret / die sünde sey ein selbstendigessonderbares wesen / so von der natur des menschen müsse gescheiden werden / zu welchem wir rund nein sagen. Den̅ wir mit nichten halten / das die sünde etwas selbstendiges sey / das für sich selbst bestehe / wie die Manicheer geschwermet haben / sondern dieses ist vnsere lere / das die Erbsünde nichts selbstendiges sey
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oder kein selbstendiges wesen oder substantz sey: sondern eine angeborne zufellige verderbung / welche nicht von aussen zu vnser natur komen / sondern da Adam von Gott abgewichen / vnnd hiedurch seine gantze natur verunreiniget vnnd verendert / in dem verderbten samen sey / daraus wir in Mutterleibe als Adams Kinder empfangen vnd geboren werden. Zum andern / das es viel ein anders sey / mit den Manicheern halten / das die sünde als ein selbstendiges wesen von des menschen natur dem sie vermischet gescheiden werde / vnnd mit Augustino vnd Luthero nach der Schrifft lehre̅ / das die Erbsünde als ein malu̅ separabile / das ist / als ein zufelliges vbel von vnser natur durch den Heiligen Geist gescheiden werde / wie solchs droben aus Luthero gründlich deducirt. Können sie nun Augustinum vnnd Lutherum dißfals zu keinen Manicheern machen / das sie gehalten / es sey ein vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd Erbsünde / vn̅ die sünde sey malum separabile / das ist / ein solcher schade der von der natur könne gescheiden werde̅ / so sollen sie vns auch nim̅ermehr zu keinen Manicheern machen. Summa wir bleiben bey den folgenden worten Augustini / Sermon. 45. de tempore: peccatum non est alia natura, vt insaniunt Manichaei, languor noster est, vitium nostrum est, non separatum alibi erit, sed sanatum nusquam erit, Das ist / die Erbsünde ist nicht eine andere frembde natur / wie die Manicheer geschwermet / sondern ist vnser natur kranckheit / oder vnser natur gebrechen / vnd wird nicht etwa sein / wenn er von vnser natur gescheiden wird / sondern wird als denn nirgent mehr oder gar nicht sein. Vnnd in seinem Enchiridio Cap. 11. lehret er dieses auch / das die
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mengel vnnd gebrechen so in der natur itzo sind / werden als denn im Ewigen leben nirgents sein / dieweil sie in der gesundheit oder reinigkeit der natur nicht mehr sein werden. Zum sechsten führen sie ein. Wer die sünde ein vbel(6. Wer die sünde ein vbel nenne der sey ein Manicheer.) nenne / der sey ein Manicheer. Nu nennen wir sie also / Ergo sein wir Manicheer. Dieses folget gar nicht / vrsach ist / das auch Paulus Rom. 7. die sünde malum, das ist / ein böses oder vbel nennet / vnnd ist dennoch kein Manicheer. Also Augustinus der wieder die Manicheer zum hefftigsten gestritten / nennet die sünde viel mal ein (malum) vbel. Wer hat aber jemals gehöret / das er derwegen ein Manicheer gewest? D. Lutherus Psal. 90. nennet die Erbsünde auch malum / ein vbel / solt er darumb ein Manicheer sein? Wer die sünde also ein vbel nennet / das er mit den Manicheern helt / die sünde sey ein selbstendig wesentlich vbel / so für sich selbst bestehet etc. der ist ein Manicheer / vnd nicht der so die sünde ein anhangendes oder inwonendes vbel oder schaden nennet / wie der Apostel Paulus Rom. 7. Augustinus vnnd D. Lutherus gethan haben. Zum siebenden geben sie für / Es sey auch dieses Manicheisch / wenn man sagt / vnser natur sey durch die Erbsünde(7 Es sey Manicheisch wenn man sagt die natur sey durch die Erbsün de verunreiniget.) verunreiniget etc. Antwort. Die Manicheer haben gehalten / das die sünde ein selbstendige wesentliche erschaffene vnreinigkeit sey / dadurch die menschliche natur verunreiniget werde / wz hat aber dieses mit vnser lehre zuthun? Wir lehren mit der Schrifft / das vnsere natur durch den fall Adae verunreiniget vnnd verderbt sey / vnnd durchs blut Christi von derselben vnreinigkeit oder Erbsünde wie
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der gereiniget werde / Psal. 51. 1. Johan. 1. Sagen aber keines weges mit den Manicheern / das die sünde eine selbstendige wesentliche erschaffene vnreinigkeit sey: sondern ein angeborne vnreinigkeit / von welcher wir durch Christi blut müssen gereiniget werden / sollen wir anderst mit leib vnnd Seel selig werden. Darumb vns das Gegentheil gantz vnbillich Manicheische jrrthumb antichtet. (8 Wir sollen leren / das nicht der natürliche mensch sondern etwas anders vnnd frembdes im menschen sündige / vnnd derwegen Manicheer sein.) Zum achten / Ihr lehret (sprechen sie) das nicht der natürliche mensch sondern etwas anders vnd frembdes im menschen sündige / Derhalben seid jhr Manicheer. Antwort. Das gegenspiel ist war / denn wir verdammen ausdrücklich / so jemand leren würde oder wolte / das nicht der natürliche mensch / sondern etwas anders vnnd frembdes im menschen sündige. Wie kans denn sein / das wir deswegen als Manicheer sollen ausgeschrien werden. Die natur zwar sündiget nicht an vnd für sich selbst / als eine natur: sondern dieweil sie durch die sünde verderbt ist. Vnter des aber bleibt gleichwol war / das die natur vnd nicht etwas anders oder frembdes im menschen sündige / denn die natur oder das menschliche hertz ist ein Brunquel der wirckungen / weil aber die natur oder das hertz sündig ist / so sind die wirckungen auch sündig vnd vnrein. Wenn vnser natur oder hertz ohne die sünde geblieben / hetten sie nichts denn gutes gewircket / Nu sie aber sündig vn̅ vnrein worde̅ / könnensie nichts den sündigen / so viel an jhnen ist / vnd daher kömpt es / das alles tichten vnd trachten menschliches hertzens von jugent auff böse ist Gen. 6. Zum neunden / sprechen sie / wenn wir lehren / das Christus durch sein leiden vnnd sterben vnsere verderbte natur von der sunde erlöset habe / vnd nicht die sünde etc. so ver
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gleiche sich vnser lehre mit der Manicheischen lehre von der(9. Wer leb rer das Christus vnsere ver derbte natur von der sünde erlöser vnd nicht die sünde / der sol ein Manicheer sein.) absonderung der selbstendigen sünde / von der natur etc. Aber dieser fürwurff beweiset noch lange nicht / das wir Manicheer sind. Denn wir verdammen mit hertzen vnnd munde der Manicheer lehre von absonderung der wesentlichen oder selbstendigen sünde von vnser natur / Sintemal keine solche wesentliche sünde ist / weder im menschen / noch sonsten in einiger Creatur. Wie wir denn auch dieses verwerffen / so jemand lehren wolte / das Christus mit seinem leiden vnnd sterben das verdienet / das vnser natur von der sünde / als einem selbstendigen wesen / dessen der Teuffel ein Schöpffer were / solte erlöset werden. Denn wir von keiner wesentlichen selbstendigen sünde in der natur (welcher sünde der Teuffel ein Schöpffer were) wissen / sondern von der angebornen verderbung etc. Wie kan vns denn zugemessen werden / das wir dißfals etwas mit den Manicheern solten gemein haben. So lehren wir auch mit der Schrifft vnd Augustino wieder die Manicheer / das Christus mensch worden / gestorben vnnd aufferstanden sey / auff das er vnser natur von der anhangenden sünde / wie Paulus Rom. 7. redet oder von der Erbsünde / vnnd sonst von allen wircklichen sünden als früchten der Erbsünde erlösete / vnd nicht von einer selbstendigen wesentlichen sünde / so in vnser natur were vnnd mit derselben vormenget / wie die Manicheer fürgeben / denn ein solche selbstendige wesentliche sünde ist nicht in vnser natur / auch mit derselben nicht vermenget. Derwegen Gegentheil vns felschlich vnd mit lauter vngrunde / des Manicheischen jrrthumbs beschüldiget. Zum zehenden / tichten sie / wir haltens mit den Manicheern / so geleret haben / das die sünde ein be
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sonder (10. G. ben sie vns schuld das wir mit den Manicheern leren sollen / die sünde sey ein besondervnd eigen erschaffen werck des Teuffels.) vnnd eigen erschaffenes werck des Teuffels sey / gleich wie die menschliche natur ein erschaffen werck Gottes ist etc. Aber dieses ist jhres gifftigen hertzens geticht / denn es vns nie in sinn kommen zu halten oder zu lehren / das die sünde ein besonder vnnd eigen erschaffenes werck des Teuffels sey / gleich wie die menschliche natur ein erschaffen werck Gottes ist. Das die Erbsünde ein werck des Sathans sey / gestehen wir gerne / denn S. Johannes selbst nennets ein werck des Teuffels. 1. Johan. 3. da er spricht: Der Sohn Gottes ist erschienen / das er die werck des Sathans auff lösete. Vnter welchen wercken sonder allen zweiffel die Erbsünde nicht das geringste ist / ob sie wol von jhm nicht erschaffen. Das aber die Erbsünde solte ein eigen besonder geschöpff oder geschaffen werck des Sathans sein / vnnd also etwas wesentliches oder selbstendiges / wie die Manicheer etwa getichtet haben / solchs ist nie in vnser hertz kommen / geschweig das wir also schreiben / predigen oder lehren solten. Weil wir nicht mit den Manicheern schwermen / das die Erbsünde eine substantz sey / wie können wir denn halten / das sie einen Schöpffer habe / oder ein eigen besonder erschaffen werck des Teuffels sey. Wenn wir lehreten / die Erbsünde were eine substantz (wie sie thun) so müsten wir derselben nohtwendig einen Schöpffer zeigen. Denn was ein substantz oder selbstendiges wesen hat (von Creaturen zu reden) das mus auch einen Schöpffer haben. Demnach wir aber gantz das Gegenspiel leren / so ist jhnen vnmüglich mit bestande vns des Manicheischen jrrthumbs
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zubelegen / Sondern das ist viel mehr klar / das weil sie die Erbsünde für eine substantz halten / das sie selbsten (weil sie nicht sagen können / das Gott der sünden Schöpffer sey) den Sathan zum Schöpffer der sünden machen müssen / als solchs an seinem ort gründlich vber sie ist dargethan / können sich auch hieraus nicht wickeln / sie verdammen denn jhre eigene lehre / vnd begeben sich wieder zur warheit / daruon sie vor lengst abgefallen sind. Summa / wenn die Erbsünde die substantz vnsers leibes vnd Seelen ohne vnterscheid ist (wie sie tichten) so können sie nicht füruber / sie müssen gestehen das der Sathan ein erschaffer derselben sein müsse. Denn dieses ist vngezweiffelt gewis vnd war / das ausserhalb Gott alle selbstendige naturen vnd wesen jhren Schöpffer haben / denn ohne den Schöpffer kein wesentliche natur sein oder bestehen mag. Demnach denn vnsers leibs vnd Seelen natur / wenn sie die Erbsünde ohne vnterscheid selbst were / Gott zum Schöpffer nicht haben köndte (denn Gott die Erbsünde nimmermehr für sein Creatur vnnd geschöpff erkent) vnnd doch gleichwol als eine substantz einen Schöpffer haben müste / von dem sie erschaffen vnd erhalten würde / so müste ja vnwiedersprechlich dem Sathan / als der ein stiffter der sünde ist / nicht alleine die anstifftung derselben / sondern auch die erschaffung vnserer natur zugeschrieben werden / Es were denn / das man wolte streiten / das vnser leib vnnd Seele durch aus keinen Schöpffer hetten / welchs ein gentzliche verleugnung were der heiligen Schrifft vnd ersten Artickels von der Schöpffung. Daraus klar / das nicht wir / sondern viel mehr das Gegentheil lere / das der Sathan ein Schöpffer der sünde
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ja ein Schöpffer vnser natur sey. Für welcher Gottslesterung ein Christlich hertz billich erzittern mus. Bisher von den scheingrunden / mit welchem sich Gegentheil vnterstehet / vns (aber Gott lob vergeblich) zu Manicheern zu machen. Ob wir nu vnsers theils wol vrsach mit hefftigen worten sie hin wieder vnd viel billicher des Manicheismi zu beschüldigen / doch wil ich hindan gesetzt aller hefftigen wort / nur ex ipsis fundamentis oder grund der warheit mit jhnen handeln / vnd sie des Manicheismi greifflich vnd gründlich vberweisen. (Gründlicher beweis / das vnser Gegentheil warhafftige Manlcheer sein.) Denn fürs Erste / ob sie wol nicht gerne hören / wenn man jhnen schuld gibt / das sie mit den alten Manicheern den Sathan zum Schöpffer machen / so ist es doch an vnd für sich selbsten so hell vnd klar / das es ein jeder vorstendiger aus kurtz vor eingefürtem grund gleich augenscheinlich sehen kan. Denn ist die Erbsünde ohne vnterscheid vnser natur selbst / so ists gewis vnnd vnleugbar / das sie Gott nicht geschaffen / denn Gott schaffet die sünde nicht. Hat er sie nu nicht geschaffen / vnnd ist vnmüglich das sie ohne einen Schöpffer sein kan / so mus vnwiedersprechlich folgen / das sie vom Sathan erschaffen sey / von welchem die sünde anfenglich herrüret. In summa / diese Regel betreugt nicht / das Gott die sünde nicht schaffet. Nu streitet vnser Gegentheil / das vnser verderbte natur selbst ohne allen vnterscheid die sünde sey. Derwegen folgt vnwiedersprechlich aus jhrem geticht / das Gott vnser verderbte natur nicht erschaffen. Also treugt auch diese Regel nicht / das alles (ausser
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halb Gott) was ein selbstendige natur oder wesen ist vnnd hat / das mus einen allmechtigen Schöpffer haben. Derselbige almechtige Schöpffer aber (wenn Gegentheils gedicht / das vnser natur itzo nach dem fall selbst die sünde ohne vnterscheid sey / bestehen soll) kan der ware allme chtige Gott nicht sein / den̅ der ist kein Schöpffer der sünde. Derhalben so mus Gegentheil / es thue es gerne oder vngerne zugeben / das es der Sathan sey / vnd das derselbige ein allmechtiger Schöpffer vnser natur sey.

Dieser grund feilet auch nicht.
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Was newe wesentliche form oder gestalt machen oder schaffen kan / das mus auch allmechtiger Gott sein. Nu lehret vnser Gegentheil / das der Sathan die wesentliche form der Seelen vnd leibes in jhren höchsten krefften vertilget / hergegen aber ein newe wesentliche form der Seelen vnnd leibes erschaffet / oder er habe den menschen aus dem wesentlichen bilde Gottes in seine wesentliche laruen verwandelt. Derwegen kan es nicht füruber / wo fern es von solchem seinem jrrigen wahn nicht ablassen wil / es mus zu geben / dz der Sathan ein allmechtiger Gott vnd Schöpffer sey. Denn newe wesentliche form machen / oder der Seelen vnd leib ein newe wesentliche form oder gestalt geben ist ein solch werck das niemand thun kan / denn allein der allmechti ge Schöpffer selbst / wie drobe̅ hieruon die wort des Concilij Ancyrani angezoge̅ sind / welche also lauten: Wer da gleubt oder helt / dz einige Creatur von jemandts anders gemacht / oder in eine andere gestalt oder gleichnis vorwandelt werden möge / ohne allein von dem Schöpffer selbst / der alles gemacht hat / vnd durch welchen alles gemacht ist / der ist sonder allen zweiffel vngleubig / vnd erger denn ein Heide.
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Thut nu solchs der Sathan / wie sie fürgeben vnnd streiten / so mus er ja jhrem fürgeben nach ein almechtiger Gott vnd Schöpffer sein. Ist er denn allmechtiger Gott / so kömpts doch endlich dohin / dauon die alten Manicheer geschwermet haben / nemlich das zwene Götter sein. Einer der die gute natur des menschen erschaffen. Der ander / welche die verderbte menschliche natur / so des Gegentheils geticht nach ohne allen vnterscheid selbst die sünde ist / erschaffen. Welchs alles im grund Manicheisch / ja wenn mans sagen soll / teuffelisch ist. Zum andern / können sie nicht füruber / sie müssen bekennen / das sie mit den alten Manicheern lehren / die Erbsünde sey eine substantz / wie denn Illyricus in secunda parte Clauis schreibet: Si Sathan corrupit substantiam, Ergo etiam quod per eam corruptionem effecit, est substantia. Non genuit autem ille nisi peccatum. Ergo peccatum est substantia. Das ist / so der Sathan die substantz des menschen verderbt hat. So ists gewis / das auch das jenige / so er durch solch verderben gemacht hat / ein substantzoder selbstendig wesen sey. Nu hat er aber nichts gezeuget denn die sünde. Derwegen ist die sünde eine substantz oder ein selbstendiges wesen. Also haben die alten Manicheer auch geleret. Ob nu das Gegentheil sich damit beschönen wolte / sie brauchten itzo derselben art zu reden nicht mehr / sondern behielten vnd füreten folgende art zu reden: Die Erbsünde ist die verderbte natur selbst / oder die verderbte natur ist selbs ohne vnterscheid die Erbsünde / so ist doch eine art zu reden eben so Manicheisch als die ander. Denn die natur des menschen ist vnnd bleibet eine substantz oder selbstendiges
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wesen an vnnd für sich selbst / sie sey verderbt oder vnuerderbt. Zum dritten / so ist vnnd bleibet auch dieses Manicheisch / das sie fürgeben / in einem jeden wiedergebornen menschen sind zwo vnterschieedliche wesentliche gestalt der Seelen / die eine des alten / die ander des newen menschen / die er in der wiedergeburt vberkome. Item das sie streiten / der alte vnnd newe mensch / dauon die Schrifft redet / sein nicht nach der qualitet verderben / vnart / oder guten art vnterscheiden / sondern nach dem wesen. Denn also haben etwa die alten Manicheer auch geleret / wie aus Augustino de haeresibus, Item lib. 24. contra Faustum Manichaeum vnnd sonsten zu sehen ist. Zum vierden / können sie auch dessen nicht in abrede sein / das sie mit den alten Manicheern verleugnen / das die Erbsünde ein accidens, adiacens, oder zufelliger böser schade sey. Weil denn deme also / so siehet jedermenniglich / das sie im grunde Manicheer sind / sie verleugnen es so hoch sie jmmer wollen. Bisher auch vom Manicheismo.

XVI. Bestendige antwort auff die vbel angezogene Sprüche der heiligen Schrifft / mit welchen sich Gegentheil vnterstehet seine meinung zu erweisen / das die Erbsünde des verderbten menschen selbst ohne vnterscheid sey.
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(1. Genes. 6. Die menschen sind fleisch Item Johan. 3. was aus fleisch geboren ist.) ERstlich ziehen sie an den Spruch Genes. 6. Die menschen sind fleisch / vnnd Johan. 3. Was aus fleisch geboren ist / das ist fleisch. Daraus wollen sie folgen / Ergo so ist die Erbsünde ohne vnterscheid des menschen verderbte fleisch etc. Antwort. In gemeinem gebrauch der Schrifft heist fleisch die menschliche natur oder der mensch selbst Genes. 2. Luc. 24. vnd nicht die sünde. Aber Genes. 6. vnd Johan. 3. begreifft es beides zugleich nemlich die menschliche natur / so Gottes Creatur ist / vnd die fleischligkeit derselben / wie sie ohne geist vnnd in eigener krafft / wirckung / brauch / witz / willen vnnd vermögen ist von wegen der angebornen Erbsünde. S. Paulus Rom. 7. erkleret das wort fleisch / durch das wort fleischlich sein / da er spricht / ich bin fleischlich vnter die sünde verkaufft / das ist / er habe fleischliche̅ verruckten vnd verderbten sinn / feindschafft wieder Gott in seiner vernunfft / willen / vnd krefften / so durch den fall Adae auff jhn geerbet / daher es auch komme / das alles tichten vnnd trachten menschliches hertzens von iugendt auff zum argen geneigt ist / vnnd eine feindschafft wieder Gott vbet / das auch der freie wille zum guten erstorben / zum bösen aber wacker vnd lebendig ist. Fleisch sein vnnd die sünde ohn vnterscheid sein / sind nicht einerley. Denn fleisch vnnd bein oder mensch sein eigentlich zu reden das ist Gottes Creatur. Das wir aber fleischlich sind / fleischlichen sinn verruckte vnnd verkerete neigungen gedancken vnnd wirckungen haben / das ist nicht von Gott / sondern vom leidigen Sathan / der vnser natur durch die Erbsünde so jemmerlich verderbt hat.
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In summa solche fleischligkeit oder fleischlicher verderbter sinn ist eigentlich zu reden nicht des verderbten menschen fleisch oder natur ohne vnterscheid selbst / sondern ist ein anhangender einwonender schade / tieffe verderbung / vnd vnaussprechlicher gebrechen / so in der menschlichen natur ist / darinnen sie auch empfangen vnnd geboren wird / von welchem sie sol erlöset werden / auff das sie ewig selig werde. Daher D. Lutherus in seiner Kirchenpostil Dominica Trin. schreibet: Fleisch heist die Schrifft den gantzen menschen / wie er von vater vnd mutter geboren / lebet / wircken / dencken / reden vnnd thun kan. Es werde geboren / wenn / wie offt / von weme es wolle / vnnd heist Jüden oder heiden (wie Johan. 1. sagt) von dem geblüet / das ist / natürlich geboren / von den heiligen vetern / oder durch menschen willen dazu komen vnd solchs angenommen / das sie wöllen Gottes volck vnd kinder sein. Das alles ist nichts anders denn fleisch / das ist ohne geist. Ohne geist sein aber heist nichts anders / denn wie er hie saget / in Gottes reich nicht kommen können / das ist / in sünden vnter Gottes zorn zum ewigen thode verdammet sein. Vnnd Tom. 6. vber das 15. cap. an die Corinther Pag. 253. Fleisch vnnd blut heist er da / wie wir hören werden / nichts anders / denn die sucht vnnd das böse so wir von Adam in vnserm fleisch vnnd blut haben / nemlich das sündtliche sterbliche wesen / böse lust vnnd allerley gebrechen / im fleisch vnnd blut / denn im newen leben sol es alles rein ohne sünde vnd gebrechen sein.
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Wenn nu dieses in der furcht des Herrn erwogen wird / so findet sich klar / das das wort fleisch in beiden Sprüchen Genes. 6. Johan. 3. zweierley begreiffe / nemlich das fleisch oder natur des menschen / vnd die fleischliche verderbung so darinnen ist / dadurch vnser fleisch vergifftet vnnd zum guten erstorben ist / vnd heisse mit nichten ohne vnterscheid die sünde / wie das Gegentheil streitet / welchs dringet / fleisch sey vnnd heisse eigentlich zu reden nichts anders als die sünde / vnd sey zwischen dem fleisch vnnd sünde gar kein vnterscheid. Darumb denn D. Lutherus. 1. Cor. 15. wie seine wort kurtz zuuor angezogen lauten schreibt: fleisch vnnd blut heisse der Apostel nichts anders / denn die sucht vnd das böse / so wir von Adam in vnserm fleisch vnnd blut haben / nemlich das sündliche sterbliche wesen / böse lust vnd allerley böse gebrechen in fleisch vnnd blut etc. Bey welcher auslegung wir auch bleiben. (2. Christus sey für die sünde gestorben.) Zum andern ziehen sie hoch an / es stehe 1. Petri. 3. Christus sey für die sünde gestorben. Nu sey aber klar / das er für den menschen gestorben sey / Derwegen folge hieraus / das der mensch die sünde sey. Hierauff ist vnser richtige antwort / Erstlich das. 1. Petri. 3. nicht schlecht stehe / Christus sey für die sünde gestorben: sondern Christus habe für vnser sünde gelitten / da er deutlich zwischen vnser verderbten natur / vnnd der sünde vnterscheidet. Denn damit er nicht Manicheische lehre bestetige / setzet er das wort (vnser) hinzu / vnsere sündige natur selbst von der sünde zu vnterscheiden. Fürs ander / das zwar Christus für die sünde gelitten habe / nicht das vnser verderbte natur die sünde selbst sey: sondern das er für vnsere sünde büssete oder bezahlete / das
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sie vns zur verdamnis nicht zu gerechnet / sondern aus gnaden vmb Christi verdienst willen erlassen / vnnd vergeben würden. Matth. 18. erlies der Herr dem schuldener seine grosse schuld / vnnd lies jhn auch loß. Aber daraus folget nicht / das schuld vnnd schuldener ohne allen vnterscheid einerley were. Also auch hie hat Christus für vnsere sünde oder schuld gelitten / gebüsset vnd bezahlet / vnd hat vns hiedurch von aller schuld los vnnd ledig gemacht / nicht das vnsere schuld / vnnd wir selbst als die schuldener ohne allen vnterscheid einerley weren: sondern das wenn er für vnsere schuld vnnd sünde bezahlet / wir armen sünder frey ledig ausgiengen / ewige gerechtigkeit leben vnnd seligkeit durch den glauben an Christum vnd sein verdienst erlangeten. Fürs dritte / hat Christus ja auch für die wircklichen sünde gelitten oder bezahlet / vnnd sind doch dieselbigen derwegen nicht der mensch selber. Zum dritten citiren sie den Spruch Hebr. 2. Christus(3. Einrede Christus habe die sünde des volcksversöner Hebre. 2.) habe müssen ein Hoherpriester sein / zu versöhnen die sünde des volcks. Daraus wollen sie inferiren / Ergo so sey die sünde der nensch selbst. Aber der Apostel vnterscheidet deutlich zwischen dem volck / vnd zwischen der sünde / da er spricht / Christus sey ein Hoherprister gewest zu versöhnen die sünde des volcks / Ten̅ wo das volck nicht sündig gewest oder sünde gehabt / hette ers nicht dürffen versöhnen. Vnnd eben darumb hat Christus die sünde des volcks versöhnet / das ist / für dieselbe durch sein heiliges opffer am Creutz bezalet vnnd gebüsset / das das volck von sünden erlöset / ewig möchte selig sein vnnd werden / vnnd nicht die sünde.
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Also redet die Schrifft von versönung der sünde / nicht anzudeuten (wie Gegentheil tichtet) das der mensch selbst die sünde / oder die sünde der mensch selbst sey: sondern anzuzeigen / das der mensch mit Gotte nicht könne versünet werden / es sey denn das für seine sünde durch Christum zuuorgebüsset / bezahlet vnnd gnug gethan / zu diesem Ende / das der gerechte Gott vmb dieser versönung willen / dem armen verdampten sünder könne gnedig sein / vnd jhn zu seinen Erben auff vnd annemen. Zum vierden allegiren sie den Spruch 2. Pet. 2. Sie (4. Einrede sie sind schande vnd laster 2. Pet. 2.) sind schande vnd laster. Ergo sprechen sie / ist der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde. Antwort / im Griegischen Text stehen die wort vnd aber heist in der Griegischen Sprache eigentlich so viel als macula in veste / ein vnrein fleck in einem kleide. Darumb wenn man eigentlich nach art der sprachen reden sol / wil Petrus nichts anders sagen / denn das die Epicuren vnnd Gottlose lehrer / von welchen er handelt / im grunde nichts anders sein / als schandflecken / die sich selbe schenden vnd vnehren / ja die gantze gemeine Gottes schen den vnd verunehren. Das aber daraus solte können geschlossen werden / Ergo sind sie die schande selbst / ist nichts. Denn so wenig als aus dieser figurlichen rede kan geschlossen werden / wenn man spricht / der mensch ist nicht alleine geitzig / sondern ist der geitz selbst / das er eigentlich zu reden der geitz selbst sey / so wenig kan auch aus ermelten worten gefolget werden / das die gottlosen / darumb das sie schandflecken genent / derhalben selbst solten die schande oder sünde sein. Schand oder
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schandflecken sind sie wol / aber die schande selbst nicht. Gleich wie ein schandfleck im kleide nicht das kleid ohne vnterscheid selbst ist: sondern ein schande oder verstellung desselben. In der Epistel Judae vers. 12. steht auch das wörtlein , welchs D. Lutherus verdeudscht hat / vnfleter. Diese vnfleter prassen von euren allmosen / nicht das solche prasser die vnfleterey ohne vnterscheid selbst / oder selbst die sünde weren: sondern das sie in jhrer prasserey ein vnfletig sewisch schendlich wesen vnd leben führeten. Derwegen aus obbemelten worten das nicht kan erzwungen werden / das der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde sey / wie das Gegentheil haben wil. Sondern es folgt nur dieses daraus / das die Gottlosen lehrer schandflecken sind der Kirchen / eine lesterliche lehre vnd lesterliches leben führen / welchs wir gerne zu geben. Ebner massen wird auch das wort gebraucht Ephe. 5. non habentem maculam / die nicht habe einen flecken / da es freilich nicht so viel heissen kan / als selbst ohne vnterscheid die sünde sein: sondern kein schandfleck oder laster haben / das ist / durch Christi blut vnnd todt von allen sünden schanden vnnd lastern gewaschen vnd gereiniget sein / im glauben durchs wasserbad im wort. heist im griegischen eben so viel / als dedecus, probrum, infamia, ignominia, eine schand / verstellung / anrüchtigkeit oder vnehre. So heist Petrus die Gottlosen lehrer / laster / schande / verstellung / anrüchtigkeit / vnehre / nicht das sie ohne vnterscheid die sünde weren: sondern anzuzeigen / das sie eine schendliche lehre vnd vnehrlich lesterlich anruchtig leben führen / aller laster schand vnnd vntugend sich befleißigen / nur das sie dem bauch jhrem Gott dienen.
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Bleibt also gewis vnnd war / das Gegentheil auch aus diesem Spruch seine jrrige lehre nicht erweisen mag. (5. Einrede Gott sey der sünde gnedig in dem verstande da sie fürgeben / die sünde sey nichts anders denn vnsere verderbte natur selbst / vnnd sey kein vnterscheid zwischen der natur vnd Erbsünde) Zum fünfften führen sie ein den 25. Psalm / da Dauid betet / Gott wolle seiner Missethat gnedig sein / Ergo so sey der mensch die sünde oder missethat selbst. Antwort. Erstlich ist klar / das Dauid mit deutlichen worten sein natur oder sich selbst von seiner missethat vnterscheidet. Denn er spricht nicht (simpliciter) schlecht / ohne vnterscheid / Gott sey der missethat gnedig / sondern sey meiner missethat gnedig. Meiner missethat sey gnedig / vnd nicht sey der missethat gnedig. So lange nu das Gegentheil aus der Schrifft nicht erweiset (wie es denn solchs in Ewigkeit nicht erweisen kan) das jrgend in der Schrifft ein solcher Spruch stehe / welcher simpliciter oder schlecht vnd stracks aussage / das Gott der sünde eigentlich zu reden gnedig sey / so richtet es nichts aus / vnnd streitet vergebens. Nu setzet die Schrifft nirgend blos / oder simpliciter diese proposition oder rede / Gott sey der sünden eigentlich zu reden gnedig / sondern setzt darbey das wörtlein meiner oder vnser / oder dergleichen / dadurch sie deutlich vnterscheidet zwischen dem sünder vnd der sünde / vnd klar an tag gibt / wie sie ermelte art zu reden nicht von der sünde eigentlich zu reden / sondern von der gnedigen vergebung / so dem busfertigen sünder wiederfehret / wil verstanden haben. Fürs ander stehet im Hebreischen das wort (vesalachtha) vom Sala / das heist so viel / als aus gnaden verschonen / verzeihen / vergeben / das gehet aber eigentlich zu reden nicht auff die sünde / sondern auff Dauidem selbst. Betet also Dauid eigentlich zu reden nicht / das Gott der sünde als sünde wolle gnedig sein: sondern das er sein verschonen / vnd jhn nicht nach seinen sünden / die da gros waren / straffen wolle.
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Fürs dritte / wenn das wort sünde in diesem Spruch des Gegentheils wahn nach / so viel heissen solte / als der mensch selbst ohn vnterscheid / so müst folgen / das die sünde betete / das jhr Gott wolle gnedig sein / welchs aber aus der Schrifft nimmermehr mag erwiesen werden. Fürs vierde / so muß nu die art zu reden erwogen vnnd aus gleichen Sprüchen erkündigung genommen werden / was Dauid heisse seiner Missethat gnedig sein / Nemlich nicht der sünde eigendlich zu reden / sondern Dauid selbsten gnedig sein / sich vber jhn erbarmen / jhm seine Missethat aus gnaden erlassen / nicht zurechnen etc. Wie aus den folgenden worten des 25. Psalms zu sehen ist: da er spricht / wende dich zu mir vnnd sey mir gnedig. Item Ps: 51. Gott sey mir gnedig nach deiner güte / vnnd tilge meine sünde nach deiner grossen barmhertzigkeit. Da Dauid sich selbst fein rund erkleret / was er meine / wenn er sagt / sey meiner Missethat gnedig / Nemlich / nicht das er die sünde selbst sey / oder das Gott der sünde gnedig sey: sondern das er verstehe / das Gott jhme selbst / vnnd nicht der sünde / wolle gnedig sein / jhme seine Missethat verzeihen vn̅ nicht zurechnen. Denn wo er das thete / müste er mit Leib vnnd Seel ewig verdampt vnd verloren sein vnd bleiben. Wer darauff acht gibt / wird sich des Gegentheils falsche meinung nicht jrre machen oder verfüren lassen. Vnd also erkleret auch Christus diese weise zu reden Luc. 18. in der Parabel vom Phariseer vnnd Zölner / da er spricht / Der Zölner habe an seine Brust geschlagen vnd gebetet / Ach Gott biß mir sünder gnedig. Da der Zölner ja Christus selbst deutlich zwischen dem Zölner als einem sünder vnd der sünde vnterscheidet. Zeiget an / das die sünder beten sollen / nicht das Gott der sünden wolle gnedig sein /
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sondern jhnen selbst als verdampten vn̅ verlorne̅ menschen. Fürs fünffte / Wenn des Gegentheils jrrige meinung bestehen solte / das der mensch darumb die sünde ohn vnterscheid selbst were / weil die Schrifft spricht / das Gott vnser sünden gnedig sey / so müst ebner massen auch folgen / das die wircklichen sünden auch ohne allen vnterscheid der mensch selbst müsten sein / weil Gott dieselben auch aus gnaden vergibt. Denn Dauid eben so wol vmb wircklicher sünden verzeihung in diesem 25. Psalm bittet / als vmb verzeihung der Erbsünde. Derwegen muß es das Gegentheil dabey bewenden lassen / das Gott zwar dem bußfertigen Dauid oder sünder gnedig sey. Wie er aber den wircklichen sünden / als Gotteslesterung / Todtschlag / Ehebruch / feind ist vnnd bleibet / vnd nimmermehr hold wird Exodi 20. Zachar 18. also bleibe er auch der Erbsünde feind / neme sich aber des sündigen menschen aus gnaden an / vnnd mache den durch Christi verdienst im glauben gerecht vnd selig. In summa / der sünde eigendlich zu reden ist Gott nicht gnedig / denn wieder die sünde als sünde eiuert er Exodi 20. vnd hasset dieselbige Zach. 8. Den bußfertigen sündern aber den rechnet er die sünde nicht zur verdamniß / wie er wol thun köndte / sondern tilget sie als eine Wolcke / Jesa: 44 vnd wirfft sie in die tieffe des Meers / Mich. 7. Vnd ist dieses auch die antwort auff die andern Sprüche / als Exodi. 34. 1. Reg: 8. Hier: 31. Hebr: 8. in welchen solche art zu reden gleicher gestalt gebraucht wirdt / aber allwege das wort vnser / jrer etc. darbey gesetzt wird / vnd nirgent bloß diese propositio stehet / das Gott der sünden eigendlich zu reden gnedig sey / oder das das wort sünde in ermelten re
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den eben soviel oder nichts anders heisse / als die verderbte natur des menschen selbst ohne allen vnterscheid / wie diese leute tichten vnnd fürgeben. Sonsten ist darüber kein streit / das Gott vnser sünde gnedig sey / das ist / vns sündigen menschen vnsere sünde vergebe vmb Christi willen / Sondern darüber wird gestritten / ob Gott der sünden eigentlich zureden gnedig sey / vnnd ob das wort sünde in viel ermelten Sprüchen nichts anders heisse / als die verderbte natur ohne vnterscheid selbst / dazu Gegentheil ja sagt / wir aber nein sagen. Zum sechsten bringen sie auch diesen Spruch für /(6 Esai. 1. wenn ewer sünde gleich blutrot ist.) Jesa: 1. Wenn ewer sünde gleich blut rot ist / sol sie doch schneweis werden. Ergo sprechen sie / ist ja die sünde der mensch selbst / oder Ergo so ist der mensch die sünde selbst. Antwort. Der Prophet vnterscheidet selbst zwischen der verderbten natur / so mit Blutschulden befleckt / vnd zwischen der sünde. Denn er spricht nicht / ob jr gleich selbst die sünde ohne vnterscheid seid / so solt jr doch schneweis werden / sondern wenn ewre sünde gleich blutrot ist etc. für eins. Fürs ander / so ist ja die sünde nicht das jenige / so gewaschen vnnd schneweis gemacht wird / sondern der sündige mensch der mit bludschulden befleckt ist. Derselbige sol vnnd muß von der sünde gewaschen vnd schneweis gemacht werden / wie Dauid Psal. 51. betet. Wasche mich wol von meiner Missethat / vnd reinige mich von meiner sünde. Dauid ist nicht das jenige / das von jhm gewaschen wird / oder dauon er gewaschen wird / sondern er ist der jenige / welcher von der sünde gewaschen vnnd gereiniget
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wird. Also sind wir menschen selbst nicht die sünde ohne vnterscheid: sondern sünder / vnnd werden gewaschen oder gereiniget von der sünde / vnd wird nicht die sünde gereiniget oder ge waschen / Summa nicht die sünde / sondern der mensch selbst / sol von der sünde gewaschen oder gereiniget werden. Denn der mensch selbst ist nicht die sünde / dauon er sol gewaschen werden: sondern das subiectum, von welchem die sünde sol gewaschen werden. Dieses vermag das Gegentheil in alle Ewigkeit nicht vmbzustossen / sondern mus den vnterscheid zwischen der verderbten natur selbst vnd der sünde bleiben lassen. Endlich / wo aus des Propheten Esaiae wortten folgen solte / das die sünde der mensch selbst were / so müste ebner gestalt auch folgen / das die wircklichen sünden der mensch selbst weren / Denn das gantze Capittel redet nicht alleine von der Erbsünde: sondern auch von wircklichen sünden / das die sollen schneeweis gemacht oder aus gnaden vmb Christi blutes willen erlassen / vnnd nicht zugerechnet werden. Weil aber dieses nicht sein kan / das nemlich die wircklichen sünden der mensch selbst weren / so kan das andere auch nicht grund oder bestand haben. (7. Galat. 3. Es sey alles vnter die sünde geschlessen.) Zum siebenden geben sie für / Es stehe Galat. 3. Es sey alles vnter die sünde geschlossen / Ergo so sey der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde. Antwort. Es ist ein grosser vnterscheid vnter diesen reden / alles vnter die sünde geschlossen sein / vnd der mensch sey selbst die sünde ohne vnterscheid. Es sind wol alle menschen vnter die sünde geschlossen / darumb das sie durch vnd durch verderbt sind / vnnd das die sünde den menschen in allen krefften greulich verkeret vnnd von Gott abgewandt hat / aber daraus folget nicht / das er derhalben ohne vnterscheid selbst die sünde sey.
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Der mensch ist vnter den Todt geschlossen / vnd ist doch derwegen nicht selbst der Todt oder die sterbligkeit / wie alle verstendige Christen wissen. Also ist er auch vnter die sünde geschlossen / ist aber darumb selbst die sünde nicht. Der sünden wegen schleust das gesetz die menschen ein / gleich als in einen Kercker / drawet jhnen Gottes zorn vnd straffe / nicht das sie selbst die sünde ohne vnterscheid sein: sondern / auff das sie zu erkentniß jhrer sünden gebracht / busse thun / an Ihesum Christum gleuben / vnnd Ewiges leben vmb seines teuren verdinsts willen erlangen. Zum achten / führen sie auch ein den Spruch Deuter:(8 Deut: 32. Du bö se vnd verkerte art.) 32. Die bose vnnd verkehrete art fellet ab von jhm etc. Weil den̅ der mensch da ein verkehrete art genennet werde / sprechen sie / so sey er selbst ohne vnterscheid die sünde. Antwort. Jedermenniglich siehet / das aus ermeltem vnd dergleichen Sprüchen / nichts wenigers als dieses folge / das der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde sey. Denn der mensch von Mose nicht derwegen eine böse verkehrte art genennet wird / das er selbst die sünde were: sondern von wegen der Jemmerlichen verderbung / daraus erfolget / das er numehr zur boßheit / vnart / Ehebrecherey / Abgötterey / vn̅ dergleichen lastern / lust vnd gefallen hat. So braucht auch Moses nicht des worts (natur) sondern des worts generationis / geburt / welchs wort nimmermehr dahin kan gezogen werden / das es so viel heisse als das des menschen natur selbst ohne vnterscheid die sünde sey. Eine Ehebrecherische böse art / vnnd die sünde ohne vnterscheid selbst sein / sind nicht einerley reden. Zum neunden / sprechen sie / es stehe Ps. 116. Alle mensche̅(9. Psal: 116. Alle menschen sind lügener.) sind lügner. Ergo so sind sie selbst ohne vnterscheid die sünde.
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Dieses aber folgt eben so wenig als das vorige. Denn lügner sein / vnnd selbst ohne vnterscheid lügen oder sünde sein / sind vnterschiedliche reden. So spricht Dauid nicht / alle menschen sind selbst ohne vnterscheid die lügen oder sünde (wie er thun müste / wenn ers mit dem Gegentheil gehalten) sondern er spricht / sie sind mendaces lügener oder sünder. Wie es denn auch die Septuaginta interpretes im griechischen also vertirt haben. Darumb wir des Gegentheils verkerung dieses vnd anderer Sprüche zu gleuben oder folgen nicht schüldig sind. (10. Pronerb. 21. Die leuchte der Gottlosen ist sünde.) Zum zehenden / Prouerb: 21. stehet / Die leuchte der Gottlosen ist sünde. Ergo schliessen sie / es sey der Gottlose selbst die sünde / oder die sünde sey der Gottlose mensch selbst. Antwort / Diese Einrede darff keiner weitleufftigen antwort nicht / Denn Salomo spricht nicht / die sünde sey der Gottlose selbst / oder der Gottlose selbst sey nichts anders denn die Erbsünde: sondern die leuchte / das ist / sein gedancken / fürhaben / tichten / trachten / thun vnd lassen / vnd da er am aller klügsten ist / das sey für Gott sünde / gefalle jhm nicht / vnd stürtze ihn ins eusserste verderben. Darumb auch ermelter Spruch im wenigsten des Gegentheils jrrigen wahn von der wesentlichen Erbsünde nicht bestetiget / sondern felschlich von jhnen dazu angezogen wird. (11. Dir allein bin ich die sünde.) Zum Eilfften. Psal. 51. stehe geschrieben / Tibi soli sum peccatum ec. Dir alleine bin ich die sünde. Ergo so sey ja der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde. Antwort. Psalm: 51. stehen diese wort in der Heiligen Sprache nicht / so haben sie auch die 70. interpretes
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nicht also gegeben. D. Lutherus in seinem Deudschen Psalter auch nicht. Darumb lassen wir vns aus den worten Dauids / Für dir allein hab ich gesündiget / nicht erzwingen / das Dauid selbst ohne vnterscheid die sünde gewest / vnnd wir menschen auch selbst ohne vnterscheid die sünde sein: sondern bekennen mit Dauid / das wir für Gott alleine gesündiget haben / sündig / vnrein / verderbt / vngerecht sein / vnnd wir jhm auff Tausend nicht eins antworten können. Mehr kan aus vorerwenten worten nicht geschlossen / viel weniger aber des Gegentheils jrriger wahn bekrefftiget werden. Zum zwelfften. Eph. 2. stehe / Wir waren von natur(12. Wir waren von natur Kinder des zorns. Eph. 2.) Kinder des Zorns / Ergo sprechen sie / ist die natur selbst ohne vnterscheid die sünde. Antwort / Von natur ein Kind des Zorns sein / vnnd die sünde ohne vnterscheid selbst sein / sind vngleiche reden. S. Paulus spricht nicht / wir selbst waren von natur die sünde ohne vnterscheid / oder die natur selbst war die sünde ohn vnterscheid: sondern wir waren von natur Kinder des Zorns / oder haffteten vnter Gottes Zorn von wegen der angebornen oder angeerbten sünde. Derwegen ist dem Gegentheil vnmüglich / aus diesem Spruch seine irrige meinung von der wesentlichen sünde zubestetigen. Zum dreytzehenden. Deuter: 27. Galat. 3. Verflucht(13 Verfluchr sey Deut. 27. Galla. 3.) das gesetz den gantzen menschen. Ergo ist der mensch selbst ohn vnterscheid die sünde. Antwort. Wir gestehen gerne / das das gesetz
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den gantzen menschen verflucht / aber nicht darumb das er ein mensch ist / menschliche natur hat / oder ohne vnterscheid die sünde ist (wie das Gegentheil streitet) sondern von des wegen / das er vnter der sünde ist / Rom: 3. fleischlich ist / Rom. 7. vnnd vnter die sünde verkaufft / vnd das in seinem fleisch böses / das ist / die sünde wonet / vnd in Summa / dieweil er durch die sünde gantz verderbt ist / vnnd nicht bleibet in alle dem das geschrieben stehet im gesetz das ers thue. Wenn auch das gesetz den menschen seiner substantz oder natur halben solt anklagen / so müste sich Gott selbst anklagen / als der des menschlichen wesens oder natur Schöpffer ist. Das sie aber sagen / wenn die verderbte natur nicht selbst die sünde were / so könne sie durchs gesetz nicht beschüldiget werden / wo sie auch nicht an oder für sich selbst die sünde sey / so bedürffe sie keines Mitlers / thut nichts zur sach. Denn wie der alte Lehrer Augustinus schreibt / de peccato originis Cap. 40. Verdammet Gott den menschen nicht vmb der natur willen / welche durch die sünde nicht weggenommen: sondern vmb der sünde willen / mit welcher die natur verunehret ist. Item Hypognost: 5. Ipsi enim quod homines, opus Dei sunt: Quod verò in ipsis est peccatum, opus Diaboli est, hoc est, quod in illis odit Deus, non ipsos opus suum / Das ist / das sie menschen sind / sind sie Gottes geschöpff / das aber in jhnen sünde ist / das ist des Teuffels werck / vnnd das hasset Gott an den menschen / vnnd nicht die menschen selbst / die sein geschöpff sein. Aus welchem klar / das Gott durchs gesetz die verderbte natur billich straffe / ob sie wol selbst die sünde ohne vnterscheid nicht ist / sondern durch die sünde rerderbt ist / derwegen sie auch gestraffet wird.
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So folgt auch dieses nicht / das wenn die verderbte natur nicht selbst die sünde sey / so bedürffe sie keines mitlers. Denn ob wol vnserverderbte natur selbst die sünde nicht ist / so bedarff sie doch derwegen eines mitlers / das sie sündig / verderbt / von Gott abgewandt / vnter Gottes zorn vnnd verdamnis ligt / daraus sie ohne mitler nicht kommen kan. Darumb Paulus Rom. 8. ob er wol wuste / das die verderbte natur selbst die sünde nicht war / sondern durchs fleisch geschwechet ward / das sie das gesetz nicht kondt halten / dennoch sich vernemen lest / das Gott seinen Sohn zum mitler verordnet / vnd vnter das Gesetz gethan / das er vnser verderbte natur von der sünd vnnd fluch des gesetzes erlösete. Es thut auch dieses nichts zur sache / das sie einwenden / wenn die verderbte natur selbst nicht solle sünde sein / so könne Gott durchs gesetz den gantzen menschen nicht anklagen / sondern mus nur etwas anders im menschen anklagen / denn es heist qualem te inuenio, wie ich dich finde / so vrteile ich dich / Nu findet Gott / das nicht etwas sonderbares im menschen sündige / sondern der gantze mensch selbst mit leib vnnd Seele / wie Paulus Rom. 7. schreibet / Ich bin fleischlich vnter die sünde verkaufft. Derwegen straffet er auch nicht etwas sonderbares im menschen oder in seiner natur / sondern den gantzen menschen / wie er itzo ist / mit leib vnnd Seel / vnnd straffet jhn derwegen gantz / dieweil er gantz durch die sünde verderbt ist / auff(14. Christus ist kommen in die welt / das er die welt selig mache. Johan. 3.) das er erkenne / das er für Gott ein grosser sünder sey / sein natur durch vnd durch verderbt sey / vnd alles tichten seines hertzen böse sey. Zum 14. treiben sie auch den Spruch Johan. 3. Christus ist kommen in die welt / das er sie selig mache.
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Wollen daraus schliessen / Ergo so heisse das wort (welt) so viel als sünde / vnnd sey Christus kommen die sünde selig zu machen. Das aber das wörtlein (welt) so viel heissen solt / als die Erbsünde ist die verderbte natur selbst etc. ist ein pur lauter gedicht. Welt heist verderbte menschen / vnd nicht sünde eigentlich. Christus ist kommen in die welt / das er sie selig mache / das ist / das er vns verderbte menschen von der sünden freie / erlöse / vnd ewig selig mache / vnd nicht die sünde. Denn es heist / qui propter nos homines / Der vmb vnser menschen willen / vnnd nicht der vmb der sünde willen mensch worden ist. Ja sprechen sie / hat Christus die welt oder menschen / welche eine verderbte natur sind / erlöset / So hat er auch die Erbsünde erlöset? Antwort / vnterscheide recht / so hastu schon den grund der warheit. Verderbte menschen vnnd Erbsünde sind nicht einerley / wie droben gründlich erwiesen. Derwegen ob wol war ist / das Christus kommen ist / die welt oder die verderbte menschen zu erlösen / So ists aber darumb nicht war / das er die Erbsünde erlöset. Sintemal er nicht kommen ist die sünde / sondern die sünder selbst als menschen von der sünde zu erlösen vnnd selig zu machen. (15. Math. 18. Des menschen Sohn ist kommen selig zu machen / das verloreu war.) Zum 15. vnterstehen sie sich auch den Spruch Christi Matth. 18. Des menschen Sohn ist kommen selig zu machen das verloren war / dahin zu deuten / das verloren sein / eben so viel heissen sol als ohne allen vnterscheid die sünde sein. Aber die antwort ist klar / Christus spricht nicht /
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das die Erbsünde verloren sey / oder das verloren sein ohne vnterscheid so viel heisse / als die Erbsünde sein etc. vnd das er kommen sey die Erbsünde selig zu machen / sondern das er kommen sey selig zu machen das verloren war / das ist / die armen menschen / so vmb vnnd von wegen der sünden willen verloren / vnnd der verdamnis vnterworffen waren. Zum 16. Actor. 2. stehet. Lasset euch teuffen zur(16. Lasset euch teuffen / zur vergebung der sünden.) vergebung der sünden. Ergo sprechen sie / ist die sünde der mensch ohne vnterscheid selbst / vnnd wird auch getauffet. Antwort / Dieses ist auch eine gantz nichtige folgerey / Denn Petrus klar vnterscheidet / da er spricht / lasset euch teuffen zur vergebung der sünden / vnd nicht / lasset die sünde teuffen zur vergebung der sünden. Die sünde wird nicht getaufft zur vergebung der sünden: sondern wir menschen werden getaufft zur vergebung der sünden. Dieses ist so klar / das mit grund der warheit in ewigkeit nicht mag vmbgestossen werden. Zum 17. Johan. 3. stehet. Es sey denn das jemand(17. Johan. 3. Es sey denn das jemand new geboren werde.) neugeboren werde etc. Ergo so ist die sünde der mensch selbst ohne vnterscheid / vnnd wird new oder wiedergeboren. Antwort. Dieses ist ein schendliche verkerung der wort Christi. Denn Christus in ermelten worten von menschen redet. Das wort (jemand) heist nicht die sünde / sondern zeiget vnnd deutet auff die menschen / so durchs wasser vnnd heiligen Geist neugeboren werden / kinder Gottes / vnnd von der sünde / darinnen sie empfangen vnnd geboren / errettet / vnnd frey gemacht werden.
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Die heilige Tauffe ist auch mit nichten eingesetzet / das sie der Erbsünde dienen / dieselbe neugeberen / oder zur seligkeit vnd kindtschafft Gottes befördern soll: sondern das der verdampte vnd verlorne mensch durch sie sol neugeboren / von der sünden abgewaschen / vnd ein kind Gottes werden. Wer anders von der Tauffe helt / der ist sonder zweiffel ein grewlicher schwermer. (18 Johan. 3. stehet / das das fleisch getaufft werde.) Zum 18. Johan. 3. stehet ja / das das fleisch getaufft werde. Fleisch aber ist die Erbsünde. Ergo so wird die sünde getaufft. Antwort. Das ist wol war / das fleisch oder der sündige mensch getaufft werde. Das aber daraus folgen solte / das das fleisch solte selbst die sünde sein / vnnd das also die sünde selbst getaufft würde / das ist ein lautere vnwarheit. Denn das wort fleisch heist nicht schlecht so viel als die Erbsünde / sondern begreifft zweyerley / nemlich die menschliche natur vnd verderbung derselben / wie droben gewaltig auch mit D. Lutheri worten dargethan. Derwegen Minor dieses arguments falsch ist / vnnd also das gantze argument nicht bestehen mag. So wird nu wol der mensch / der fleisch oder fleischlich ist Rom. 7. vnnd vnter die sünde verkaufft ist / getauffet / das er von der sünde erlediget werde. Aber das die sünde solte getaufft werden zur vergebung der sünden / das ist ein falscher nichtiger wahn vnnd lesterung des Gegentheils / welcher aus der Schrifft nimmermehr kan erwiesen werden. (19. Alter Adam Rom. 6.) Zum 19. Also wollen sie auch aus dem wörtlein alter Adam erzwingen / das die sünde der mensch selbst sey / vnnd das zwischen der sünde vnd menschlichen natur kein vnterscheid sey.
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Aber das alter Adam in S. Paulo Rom. 6. nicht so viel heisse / als ohne vnterscheid selbst die sünde sein / ist aus vnserm heiligen Catechismo (das ich alles andern itzo geschweige) offenbar. Denn vnser Catechismus sagt / das der alte Adam in vns soll erseufft werden vnd sterben. Soll nu der alte Adam oder alte mensch in vns erseufft werden vnd sterben / so müssen ja der alte Adam vnnd die verderbte natur nicht ohne vnterscheid einerley sein. Denn wo der alte Adam vnd die verderbte natur aller dings einerley weren / oder wenn die sünde vnsere verderbte natur selbst ohne vnterscheid were / so köndte es nicht heissen / der alte Adam solle vnnd müsse in vns erseufft werden vnd sterben / sondern es müste heissen / vnser natur leib vnd Seele selbst solten vnnd müsten erseufft werden vnnd sterben. Wobliebe aber als denn / das die gantze heilige Schrifft lehret / das wir arme sünder selig werden sollen. Aber es darff nicht viel disputirens / die wort (in vns) zeigen an den vnterscheid / welcher zwischen vnser verderbten menschlichen natur vnnd zwischen dem alten Adam oder sünde eigentlich zu reden ist / von welcher die heilige Tauffe bezeuget / das sie in vns erseufft werden / vnd sterben sol / die verderbte menschliche natur aber sol geistlich ernewert werden. Wil man aber das wort (alter mensch) von dem gantzen menschen verstehen / so fern er durch den heiligen geist nicht newgeboren ist / so muß gleichwol dieser vnterscheid dabey behalten werden / das es als denn zweierley begreiffe / nemlich die substantz des menschen oder sein leib vnd Seel / vnd den Erbschaden in derselben / oder die alte boßheit in leib vnd Seele / welche dem getaufften in der Tauffe vergeben wird vmb Christi willen / vnnd deren gentzliche außtilgunge zwar in der heiligen Tauffe angefangen / aber erst im kün
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fftigen leben volnkömlich volzogen wird. So kömpt es doch wieder dohin / das der alte mensch vnnd die substantz leibes vnnd der Seelen nicht ohne vnterscheid einerley sind. Denn die substantz leibs vnnd der Seelen wird von dem Erbschaden oder alten bosheit erlediget / aber der alte Adam oder die Erbsünde mus durch tegliche rewe in vns erseufft werden vnd sterben / vnd ein newer mensch in vns aufferstehen / der in gerechtigkeit vnnd heiligkeit ewiglich lebe. Zum 20. Titum. 2. sprechen sie / sey das wort (20. Tit. 2. stehe das wort gottlos wesen Ergo.) im deudschen vertirt / gottloß wesen / Ergo so sey die sünde ohne vnterscheid das menschliche wesen selbst. Antwort. Dieses ist so ein greifflicher betrug / das er nicht wol greifflicher sein köndte. Denn erstlich heist das wort im griechischen mit nicht eine substantz oder selbstendig wesen / als vnsere verderbte natur auch nach dem fall ist: sondern es heist gottlosigkeit / oder wie wir deudschen nach vnser sprach gewonheit pflegen zu sagen / ein Gottloses wesen / wandel etc. da das wort wesen kein selbstendig wesen bedeut / sondern ein gottloses fürhaben / wandel / handel etc. Zum andern gibts der gantze contextus versionis Lutheri / wie auch der griechische Text / das D. Luthero nie getreumet / das deudsch wörtlein (wesen) für die verderbte natur des menschen / welche ein selbstendiges wesen ist / von Gott erschaffen / zu nennen / denn also lautet der gantze Text: Denn es ist erschienen die heilsame gnade Gottes allen menschen / vnnd züchtiget vns / das wir sollen verleugnen das vngöttliche wesen / vnnd die weltliche lüsten etc. Daraus klar / das beide Paulus vnd Lutherus das vngöttliche wesen / vnd weltliche lüsten / vnd die menschliche natur vnterscheiden.
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Die gnade Gottes / spricht er / ist allen menschen erschienen / vnd nicht der sünde. Item / wir menschen sollen verleugnen das vngöttliche wesen etc. vnnd nicht die sünde sol das vngöttliche wesen verleugnen etc. Sollen vns demnach keine confusion auffdringen lassen / da Paulus vnd Lutherus klaren vnterscheid zeigen. Zum 21. Psal. 14. stehe / Sie tügen nichts / vnnd sind ein grewel mit jhrem wesen. Ergo sprechen sie / sey(21. Psalm 14. Sie tügen nichts.) offenbar / das das wörtlein wesen eben so viel heisse als das wort substantz / Folge derwegen recht / das die sünde ohne vn terscheid die menschliche substantz oder natur sey / vnnd das sünde vnd natur einerley etc. Antwort. Dieses ist nichts anders / denn eine schendliche verkehrung der heiligen Schrifft / vnnd D. Luthers version / welche billich allen frommen hertzen vrsach geben solte / die augen auffzuthun / zu sehen vnnd zu mercken / was hinter dieser schedlichen lehre stecke. Denn das wort (wesen) stehet nicht in der heiligen Sprache Psal. 14. sondern ein solch wort / welchs so viel heisset / als facinus, opus, studium, ein that / werck oder fleiß / damit die gottlosen vmbgehen / wie es denn die versiones in der Lateinischen sprache auch also haben. D. Lutheri version anlangend / hat er die deudsche art zu reden (welch ein wesen richt der mensch an / was ist doch das für ein schendlich wesen) in der version gebraucht / da das wort (wesen) nicht heist der gottlosen jhr substantz oder verderbte natur / welche ein selbstendig wesen ist: sondern jhren fleiß / thun / jhr tichten vnnd trachten damit sie teglich vmbgehen / jhre böse hendel zuuerrichten.
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Ebner massen stehet es auch nicht Psal. 53. in der heiligen sprache / sondern es stehet / sie sind abominabiles oder ein grewel worden in iniquitate, in jhrer vntugendt / vngerechtigkeit / welchs D. Luther in seiner version gegeben hat / sie sind ein grewel worden in jhrem bösen wesen. Da aber das wort wesen nicht eine substantz oder selbstendig wesen bedeutet / oder die verderbte natur des menschen selbst: sondern ein böses thun / tichten / trachten / fürnemen etc. Mag demnach das Gegentheil zu sehen / mit was gewissen es solche vnd dergleichen Sprüche zur beftetigung seiner irrigen meinung anziehe / vn̅ die einfeltigen / denen die art zu reden nicht bekandt / hinter das liecht füre / Gott gebe es jhnen zu erkennen. (22. Rom. 14. Alles was nicht aus dem glauben sey / das sey sünde.) Zum 22. Rom. 14. stehe / Alles was nicht aus dem glauben sey das sey sünde. Ergo sprechen sie / sey der mensch selbst ohne vnterscheid die sünde / oder die sünde sey der mensch selbst / weil der mensch für seiner bekerung nicht aus dem glauben sey. Antwort. Der Apostel redet in bemeltem Spruch von den wercken / welche ohne den glauben an Christum geschehen / vnnd spricht / das dieselben werck sünde sind / das ist / Gott mißfellig. So ziehen sie des Apostels wort felschlich auff die verderbte natur des menschen / vnnd wollen daraus erweisen / das die verderbte natur selbst die sünde sey / daruon dem Apostel nie getreumet hatte / schweige denn das er solchs solt geleret haben. Ob nu das heisse die Schrifft recht vnd nach dem glauben ausgeleget / gebe ich allen verstendigen zuerkennen. (23. 1. Joh. 3. Die sün de ist das vnrecht.) Zum 23. ziehen sie an den Spruch / 1. Johan. 3. Die sünde ist dasvnrecht / vnd wollen daraus erzwingen / das die sünde des verderbten menschen natur selbst sey.
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Aber sie bemühen sich vergeblich / vrsach ist diese / das das wort im griechischen Text nicht eine substantz heisset / sondern eine vngerechtigkeit / oder die gantze discrepantiam / oder wiederspenstigkeit der verderbten natur / innerlich vnnd eusserlich / welcher wegen Gott durchs gesetz die menschliche verderbte natur anklaget. Vnmüglich ists dem Gegentheil darzu thun / das das wort vngerechtigkeit in der Schrifft für das wort substantz / wesen oder die selbstendige natur des menschen gebraucht werde. Derwegen können sie auch jhre irrige meinung / das die sünde ohne vnterscheid des verderbten menschen natur sey / welche ja ein selbstendiges wesen oder natur ist / nimmermehr daraus beybringen. Ihr argument damit sie zu prangen pflegen / Sünde ist alles was wieder das gesetz Gottes ist. Die verderbte natur ist wieder das gesetz Gottes. Ergo ist sie ohne vnterscheid selbst die sünde etc. bestehet nicht / darumb das maior dieses arguments cum signo vniuersali nicht passirt: Denn ob wol die verderbte natur dem gesetz zuwider ist / oder widerstrebet / so thut sie doch das nicht / so fern sie eine natur ist von Gott erschaffen / sondern weil sie durch die Erbsünde verderbt ist / vnnd der fleischliche sinn eine feindschafft ist wieder Gott. Rom. 8. Wenn die natur als eine natur oder ein erschaffen wesen dem gesetz wiederstrebete / so beweisete das Gegentheil etwas. Weil sie aber nicht als eine natur oder ein erschaffen wesen wiederstrebt: sondern dieweil sie durch des Sathans trug vnd list zu fall gebracht vnd verderbt ist / so kan das Gegentheil nichts erhalten / den̅ das es seine eigene schande vnd gotteslesterung an tag gibt / in dem es die natur / welche auch itzo nach dem fall Gottes ge
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schöpff ist selbst zur sünde / vnd also Gott den Schöpffer der natur selbst zum Schöpffer der sünden machet. Für welcher gottslesterung Gott alle fromme hertzen behüten wolle. Zum 24. weil Genes. 6. stehet / Das alles tichten des (24. Gen. 6 Alles tichten vnnd trachten menschliches hertzens sey böse.) hertzen böse sey etc. sol auch jhrer meinung nach hieraus folgen / das die sünde das verderbte hertz ohne vnterscheid selbst sey. Aber es folget eben so wenig als das vorige / vrsach ist / das Moyses selbst das hertz vnnd das tichten des hertzen vnterscheidet. Das des hertzens tichten nur jmmerdar böse sey / das ist leider allzu war. Denn weil das hertz durch die sünde verderbt ist / kan es anders nicht denn böses tichten. Das aber hieraus folgen solte. Ergo so ist das hertz selbst die sünde / oder die sünde ist das hertz selbst / wird vergebens vom Gegentheil eingewendt. Denn das hertz als ein hertz ist Gottes geschöpff / das es aber böses tichtet / das rüret von der sünde her. Derwegen mit grund der warheit nicht kan gesagt werden / das hertz vnnd sünde einerley sind / oder das die sünde das hertz selbst sey / man wolte denn diese gottslesterung einführen / das Gott / der des menschlichen hertzens Schöpffer ist / ein Schöpffer der sünden sey / welchs müste gesagt werden / wen̅ man bestreiten wolte / das das hertz selbst die sünde were / oder das die sünde das hertz selbst ohne vnterscheid were. (25. Der von keiner sünde wuste 2. Co. 5.) Zum 25. führen sie auch ein den Spruch 2. Corinth. 5. Der von keiner sünde wuste / hat Gott für vns zur sünde gemacht / auff das wir in jhme die gerechtigkeit würden / die für Gott gilt. Vnd wollen daraus beweisen / das die sünde ein substantz oder vnser verderbte natur sey / vnd das die sünde wesentlich müsse in die gerechtigkeit verwandelt werden.
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Antwort. Dieser Spruch handelt zweierley / Erstlich / das Christus für vns zur sünde gemacht / zum andern / das wir in jhme die gerechtigkeit werden. So viel nu das erste betrifft / kan nicht gesagt werden / das das wort sünde allda so viel heisse / als die sünde selbst ohne vnterscheid sein. Denn wo das wort sünde allda solchen verstand haben solte / so müste Christus die wesentliche sünde worden sein / oder sein menschliche natur / so er angenom̅en / müste selbst ohne vnterscheid die sünde gewest sein / welches fürgeben eine erschreckliche gotteslesterung ist: sondern das wort sünde / wird alda figurlich genommen / vnnd heist so viel als ein opffer für die sünde / Christus ist für vns zur sünde / das ist / zum opffer für die sünde worden / auff das er vns menschen von der sünden erlösete / wie auch Jesa. 53. stehet. Demnach es denn für augen ist / das das wort sünde im ersten teil ermeltes Sprüchleins nicht eigentlich für die sünde genommen / sondern figurlich / für ein opffer für die sünde / so ligt des Gegentheils folgerey / da es hieraus erhalten wil / das die sünde die verderbte natur selbst sey / oder ein substantz sey / schon darnieder / vnd schleust nichts. Es folgt auch hieraus ferner / das das wort gerechtigkeit / im andern teil erwentes Spruchs nicht müsse von der wesentlichen gerechtigkeit / in welche der bekerte mensch solle verwandelt werden / verstanden werden: sondern müsse nach der analogia fidei erkleret werden. Offenbar ists / das Christi gerechtigkeit / nicht in vnser substantz natur oder wesen / verwandelt / sondern wie Paulus Rom. 4. lehret durch den glauben vns zugerechnet werde. Solcher gestalt werden wir in Christo die gerechti
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gkeit / vnnd nicht wie das Gegentheil tichtet / durch wesentliche verwandelung der sünde in die gerechtigkeit selbst / noch viel weniger aber also / als solte Christi gerechtigkeit der gleubigen substantz natur oder wesen werden. Man kan je nicht sagen / das die gleubigen oder gerechtfertigten Christen die gerechtigkeit Christi selber sind. Derwegen es ein lauter vnnütz geschwetz vnnd verkerung der wort Pauli ist / was das Gegentheil hie fürbringt / vnd demnach billich zuuerwerffen. (26. Kan man auch drauben lesen von den dornen. Matth. 7.) Zum 26. allegiren sie auch die wort Christi / Matth. 7. Kan man auch trauben lesen von den dornen / vnnd feigen von den disteln / wollen daraus darthun / das die verderbte natur selbst zur sünde worden / oder wesentlich in die sünde verwandelt sey. Antwort. Der Herr Christus handelt in angezogenen worten nicht von der wesentlichen verwandelung der menschlichen natur in die wesentliche sünde (wie das Gegentheil tichtet) sondern gleichnis weise lehret er / so wenig als man drauben von dornen lesen / vnd feigen von disteln brechen könne / so wenig könne aus des menschen hertz / weil es durch die sünde verderbt / vnd zum guten vntüchtig worden / etwas gutes vnd Gott wolgefelliges herkommen / es sey denn das es neugeboren werde. Darumb ermelte gleichnis vmbsonst / zu bestetigung der falschen lehre eingeführet werden / als solte die menschliche natur selbst wesentlich zur sünde worden / oder in die sünde verwandelt sein. Vnnd so viel auch von den Sprüchen der h. Schrifft / so Gegentheil seinen falschen wahn von der wesentlichen Erbsünde zubestetigen pflegt anzuziehen / an diesem ort gnug. Denn was sie sonst für Sprüche einzuführen pflegen / darauff ist droben an seinem ort allbereit gründtlich geantwortet.
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XVII. Antwort auff die Sprüche / so Gegentheil aus D. Lutheri Schrifften allegirt / seinen irrigen wahn von der wesentlichen Erbsünde hiedurch zu bestetigen.
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OB nu wol droben gründlich aus D. Lutheri Schrifften erwiesen ist / das die sünde des verderbten menschen natur selbst ohne vnterscheid nicht sey / vnnd ein einfeltiger Christ aus eingefürten gründen leichtlich schliessen kan / das D. Lutherus nicht gehalten habe / das die sünde des verderbten menschen natur selbst ohne vnterscheid sey. Jedoch weil das Gegentheil etliche Sprüchlein aus seinen Schrifften anzeucht / mit welchen es erweisen wil / das er bestendig gelehret / die sünde sey der mensch selbst ohne vnterscheid / so wollen wir dieselbige Sprüchlein besehen / vnnd D. Lutherum selbst in seinen Schrifften reden hören / wie er dieselbige seine Sprüche erkleret / vnnd in was verstande er sie geführet habe / daraus sich klar befinden wird / das Gegentheil D. Lutherum felschlich auff seine seite zu ziehen sich vnterstehe. Weil sie auch fürnemlich auff diese drey folgende Sprüchlein dringen / nemlich vber den 51. Psalm / Sünde ist alles / das von vater vnd mutter geboren wird. Vnd in der Kirchen Postil / sünde in vns ist nicht ein werck oder that / Sondern ist die natur vnnd gantzes wesen / vnnd im gloßlein / Rom. 3. Sünde ist alles das / was nicht durch das blut Christi erlöset / im glauben gerecht wird etc. wollen
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wir aufenglich auff dieselbige aus Luthero selbsten gründlichen bericht thun / daraus der Christliche Leser sich des rechten verstandes derselben nohtdürfftig wird zuerholen haben. (Vom Spruch Lutheri Psal. 51. Sünde sey alles das / was von vater vnd mutter geboren wird.) So viel nu das erste Sprüchlein aus dem 51. Psalm anlanget / hat sich D. Lutherus bald in folgender zeil erkleret / wie ers gemeinet / wenn er spricht / Sünde sey alles das / das von vater vnnd mutter geboren wird. Denn so setzet er bald drauff. Hinc nascitur diuisio peccati. Nam tota natura primum per peccatum corrupta & aeternae morti subiecta est, deinde alia ceu species peccati est, quod homo habens legem potest agnoscere, cum scilicet furta, adulteria, caedes etc. committuntur, Das ist / daher entspringt der vnterscheid zwischen der sünde. Denn erstlich ist die gantze natur durch die sünde verderbt / vnd dem ewigen Tode vnterworffen. Zum andern ist noch ein andere art der sünde / welche ein mensch / der das gesetz hat / erkennen kan / nemlich wenn man stilet / Ehebricht / thodtschleget etc. Welche wort Lutheri klar bezeugen / das wenn er spricht / Sünde ist alles das was von vater vnd mutter geboren ist / er nichts anders mit solcher art zu reden meine / als wenn er sonsten spricht / das die gantze natur durch die sünde verderbt sey. Denn durch solche weise zu reden erkleret er seine vorige wort. Darumb wenn du liesest in Luthero / das er schreibet / die sünde sey der mensch von vater vnnd mutter geboren etc. mustu solchs nicht auff Manicheisch verstehen / das der mensch selbst / wie er von vater vnd mutter geboren ist / ohne vnterscheid eigentlich zu reden die sünde sey (wie
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Gegentheil streitet) sondern wissen / das es nach D. Lutheri eigener erklerung mehr nicht heist / als durch die sünde verderbt sein / oder der sünden wegen der ewigen verdamnis schüldig sein. Nu weis menniglich / das durch die sünde verderbt sein / oder der sünden wegen der ewigen verdamnis schüldig sein / vnd ohne vnterscheid selbst die sünde eigentlich zu reden sein / nicht gleichgeltende reden sind. Der Christliche Leser mus auch darauff acht geben / das D. Lutherus nirgent / viel weniger vber den 51. Psalm schreibet (wie es auch dem Gegentheil aus alle seinen Schrifften zu erweisen vnmüglich) das sünde eigentlich zu reden vnnd ohne allen vnterscheid / alles das sey / was von vater vnnd mutter geboren ist. Das Gegentheil legt es wol D. Luthero auff seinen geschlossenen mund zu / es ist aber offenbar / das D. Lutherus an keinem ort selbsten also geschrieben. Darumb gilt es nicht den schlechten worten D. Lutheri einen solchen zusatz anhengen / dessen er selbst niemalß gebraucht: sondern viel mehr das Gegenspiel geschrieben vnnd gehalten. Daher auch D. Lutherus eben in der vorrede vber den 51. Psalm bald auff das vorige also schreibt: Dauid sic definit, vt significet peccatum esse corruptionem omnium virium, interiorum & exteriorum, adeo vt nullum membrum ita officium suum ita nunc faciat, sicut in paradiso ante peccatum, Das ist / Dauid definirt oder beschreibet die sünde also / das er zuuerstehen gibt / sie sey eine verderbung aller krefften / der jnnerlichen vnnd eusserlichen / also das kein glied itzo sein ampt also verrichte / wie es im Paradeiß für der sünde gethan hat.
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Aus welchem worten abermals klar / das D. Lutherus / wenn er sagt / Sünde sey alles das / was von vater vnd mutter geboren ist etc. keins weges das wolle verstanden haben / darauff Gegentheil dringet / nemlich das die sünde ohne vnterscheid oder eigentlich zu reden der mensch selbst sey: sondern das er durch solche rede / nur dieses anzeigen wolle / das die sünde eine tieffe verderbung sey der gantzen natur / vnd aller krefften in der menschlichen natur oder das der mensch der sünden halben für Gott schüldig sey der ewigen verdamniß. Nu gebühret sichs nicht D. Luthero seine wort weiter zu deuten / als er sie selbst ausleget vnd erkleret hat. Ibidem schreibet er / hoc à Theologo agitur, vt homo hanc suam naturam peccato corruptam sentiat, Das ist / ein Theologus gehet damit vmb / das er den menschen vnterweise / zu erkennen / das seine natur durch die sünde verderbt sey. Schreibt nicht (wie es Gegentheil gerne haben wolte) eines Theologi ampt sey / das er den menschen lehren solle / das seine verderbte natur selbst eigentlich vnd ohne allen vnterscheid die sünde sey. Vnd abermals / Theologiae proprium subiectum est homo peccati reus ac perditus & Deus iustificans ac saluator hominis peccatoris, Das ist / die Theologia hat eigentlich damit zu thun / oder jhr eigen subiectum ist / damit sie vmbgehet der mensch so schüldig vnnd verdampt ist / vnd Gott der den sündigen menschen gerecht vnnd selig machet. Aus welchen worten klar zubefinden / das wenn D. Lutherus den menschen die sünde nennet / damit anders nichts verstehet denn das der mensch der sünden schüldig / vnnd derwegen für Gott verdampt sey. Vnnd nicht wie
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Gegentheil fürgibt / das der mensch selbst ohne vnterscheid eigendlich selbst die sünde sey. Denn er braucht in solchen Sprüchen das wort sünde figurlich für etwas das der sünden halben für Gott schüldig vnd verdampt ist vnd nicht das ohne vnterscheid selbst die sünde ist. Derwegen er auch nicht spricht / Gott mache die sünde selig / sondern den sündigen menschen mache er gerecht vnd selig von der sünde. Welchs alles mit sonderm vleis des Gegentheils verkehrung halben zu mercken ist. Spricht auch flugs darauff / darumb sey es in der Theologia zu thun / das der mensch erkenne / entpfinde vnnd erfare / quod sit reus peccati, reus & addictus morti, Das er schüldig sey der sünde / vnd dem Tode vnterworffen. Vnnd nicht darumb / das der mensch erkenne / das er eigendlich zu reden selbst vnnd ohne vnterscheid die sünde sey / oder das die sünde anders nichts sey / denn des menschen verderbte natur. Damit auch der Christliche Leser noch deutlicher ver(Beweis das D. Lutherus das wort (sünde) in diesem vnnd andern dergleiche̅ Sprüchlein / nicht eigendlich sondern figurlich gebrauche.) neme / das D. Lutherus mit solchen vnd dergleichen seinen reden nicht das habe andeuten wollen / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde ohne vnterscheid sey: sondern das er des worts (sünde) in angeregten Sprüchen figurlich brauche / wollen wir seine eigene erklerung hiervon anhören / welche stehet cap. 3. ad Galat: Tom. 4. lat: pag. 94. Cum peccator venit reuera in noticiam sui, non solùm sentit se peccatorem concretiue, seu adiectiue, sed etiam abstractiue, hoc est, non solum videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum, vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus / Das ist / Wenn ein armer sünder recht zu sein
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selbst erfentnis kömet / bedüncket jhn nicht anders / den̅ das er nicht alleine concretiue oder adiectiue sondern auch abstractiue ein sünder sey: das ist / es bedünckt jhnen (videtur sibi) er sey nicht alleine vnglückhafftig / sondern das Vnglück selbst / nicht alleine ein sünder vnd verflucht / sondern die sünde vnnd fluch selbst. Wie in der Lateinischen Sprache / wenn man einen auffs ergest böse oder arg nennen wil / so heist man jhn die boßheit selbst. Aus angezogenen worten D. Lutheri befindet sich erstlich augenscheinlich / das wenn er den sündigen menschen die sünde nent / so geschehe das nicht nach dem eigendlichen verstande des worts sünde / sonder figurlich / gleich als wenn man in der Lateinischen Sprach einen boßhafftigen menschen die boßheit selbst nennnet / seine boßheit damit zu exaggeriren oder groß zu machen. Wo fern D. Lutheri meinung gewest / das der mensch selbst eigendlich zu reden vnd ohne vnterscheid die sünde were / würde er den Christlichen Leser nicht auff die art oder brauch der Lateinischen Sprach gewiesen haben / vnnd auff die figur so den latinis in solchen vnd dergleichen reden vblich vnnd gemein ist. Weil er aber selbsten bezeugt / das er den sünder nicht propriè eigendlich / sondern figuratè / das ist / figurlich die sünde nennet / warumb wolten wir den̅ dem Gegentheil / zu wieder D. Lutheri seiner eigenen erklerung / gleuben / das er das wort (sünde) in solchen vnd dergleichen Sprüchen propriè oder eigendlich gebrauche. So setzet er auch fürs ander dieses dabey / er nenne den sünder / die sünde in diesem vnd keinem andern verstande / denn wie man einen verfluchten den fluch selbst / vnnd einen vnglückhafftigen menschen das vnglück selbst
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zu nennen pflegt iuxta morem latinae linguae / nach der art der Lateinischen Sprache. Nu ist nimand so vnuerstendig / der nicht wisse / das durch solche figurliche art zu reden der verfluchte vnglückhafftige mensch / nicht selbst zum fluch oder vnglück gemacht / sondern nur sein grosser Jammer / elend vnd vnglückhafftigkeit hiemit angedeutet werde. Wie nun eine grosse Thorheit vnd vnuerstand were / aus der figurlichen art zu reden erzwingen wöllen / das der verfluchte vnglückhafftige mensch selbst eigendlich zu reden vnnd ohne vnterscheid der fluch vnd vnglückhafftigkeit were: also ist es eine greuliche vermessenheit / tichten / das wenn D. Luther schreibet / Sünde sey alles was von Vater vnnd Mutter geboren / das wort (sünde) propriè eigendlich zu verstehen sey / da er doch figurlich den menschen von Vater vnd Mutter geboren / die sünde nent die großheit der sünde zu exaggerirn / vnd nicht propriè eigendlich / das anzudeuten / das die sünde ohne vnterscheid der mensch selbst sey / oder das der mensch selbst ohne vnterscheid nichts anders denn die sünde sey. Fürs dritte / ist auch dieses in Lutheri worten zu erwegen / das er nicht simpliciter stracks spricht / wen̅ der sünder zu erkentniß seiner sünde kome / so befinde er das er eigendlich zu reden nichts anders den̅ die sünde sey / Sondern wen̅ der sünder zu erkentniß seiner sünde kome / so bedüncke jhnen / er sey nicht alleine ein sünder / sondern auch abstractiue die sünde selbst. Nu verstehet menniglich / das ein grosser vnterscheid sey / vnter diesen beyden / die sünde selbst eigendlich zu reden sein / vnd sich in der anfechtung bedüncken lassen / es sey einer die sünde selbst. In Summa / wen̅ D. Lutherus gehalten / das eigendlich
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zu reden der mensch selbst die sünde were / ohne allen vnterscheïd / so hette er das wort (sünde) in einem figurlichen verstand / wie in obbemeltem Spruch Galat: 3. zu sehen / nicht brauchen können / Er hette auch die Exempel von dem verfluchten vnnd vnglückhafftigen menschen nicht anziehen dürffen. Denn solche weren wieder jhn selbst gewesen / sintemal was proprie oder eigendlich zu reden der fluch vnnd die vngluckhafftigkeit ist / figurate nicht kan also genent werden. Denn eshebt eins das ander auff. Derhalben so offt Gegentheil ein Sprüchlein aus D. Lutheri Büchern allegirt / das die sünde sey alles was vom Vater vnnd Mutter geboren oder vnser gantze natur vnd wesen sey etc. So ist dieses die richtige bestendige antwort aus Luthero selbst darauff / das er in solchen Sprüchen das wort (sünde) nicht propriè eigendlich sondern figurate brauche / die sünde zwar wie billich zu exaggeriren oder groß zu machen / aber doch nicht eigendlich zu lehren / das sie des verderbten menschen natur selbst ohne vnterscheid sey. (Vom Sprüchlein aus der Kirchen Postil / Sünde ist die natur vnd gantzes wesen.) Anlangend das ander Sprüchlein aus der Kirchen Postil am tage der Beschneidung: Vnser sünde in vns ist nicht ein werck oder that: sondern ist die natur vnd gantzes wesen etc. hat es eben die gelegenheit mit / als mit dem vorgehenden Sprüchlein aus dem 51. Psalm / nemlich das das wort (sünde) nicht propriè oder eigendlich hie genomen / sondern figurlich gebraucht werde / vnnd nur soviel heisse / als das die verderbte natur der sünden wegen für Gott schüldig vnd verdampt sey. Wie sich denn D. Lutherus deshalben bald in folgenden worten selbst erkleret / da er spricht: Darumb nimpt Gott das Glied / das zu der Geburt gehöret / vnnd dadurch die menschliche na
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tur gepflantzet wird / als wolt er sprechen / Deine Geburt vnnd deine natur / vnnd dein gantzes wesen ist sünde vnd vnrein (alda das wort (sünde) abermal pro re rea, das ist / dafür gebraucht wird / das es soviel heist / als der sünden wegen für Gott schüldig vnnd verdampt sein / wenn sich Gott nicht vber vns erbarmet / vnnd vmb Christi willen zu gnaden annimpt) das bezeuge ich mit diesem werck der Beschneidung / Es ist nicht ein werck das Hende vnd Füsse thun / Es ist wol ein werck gewesen / da Adam vnnd Heua den Apffel assen / aber darnach nach dem fall ists nimmer ein werck gewesen / denn da sahen sie das sie nacket waren / vnnd schemeten sich / wie der Text in Mose sagt. Vnnd alda hat sich die vergifft angehaben / vnd ist gangen durch den gantzen menschen / durch Leib vnd Seel / Es ist nicht mit wercken ausgericht / sondern die natur ist durch vn̅ durch verderbt / das keine gute lust mehr da ist / weder in Leib noch in Seele etc. Hie kan meniglich / der nicht mutwillig Blind sein wil / sehen / das ob gleich D. Lutherus figurlicher weise die sünde gros zumachen / den menschen selbst oder des mensche̅ verderbte natur die sünde geheissen / das gleichwol seine meinung nicht gewesen / das solchs propriè eigendlich zuuerstehen sey. Denn wo dieses seine intention gewest / hette er diese erklerung nicht dürffen auch nicht können hinzu setzen / das die natur durch vnd durch verderbt / oder der gantze mensch an Leib vnd Seel durch die Erbgifft oder Erbsünde verderbt sey: Sondern er hette stracks müssen dabey bleiben / das die sünde des menschen natur vnd wesen selbst were. Sonderlich aber hette er sich müssen der art zu reden gebrauchen / das die sünde eigendlich zureden der Mensch
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selbst ohn allen vnterscheid sey / oder der verderbte mensch sey eigendlich zu reden selbst die sünde / Solchs hat er aber niemals gethan / sondern allwege seine figurliche reden mit andern worten deutlich vnd also erkleret / das er durchs wort (Sünde) in solchen Sprüchen / nichts anders verstehe / denn das die menschliche natur sündig worden sey / der sünden halben für Gott schüldig / vn̅ der ewigen verdamnis vnterworffen / wo jhr nicht aus gnaden durch Christum geholffen werde / vnd das er nur deshalben den menschen die sünde genent / die sünde zu exaggerirn vnd gros zu machen / wieder der Schuel Theologen jr geticht / so die Erbsünde für einen geringen leichten gebrechen oder schaden / ausgaben / mit nichten aber anzudeuten / das der mensch selbst eigendlich zu reden die sünde were / oder das die sünde eigendlich zu reden / des menschen natur selbst were. Trotz sey dem Gegentheil geboten / das sie aus allen Schrifften D. Lutheri diese rede erweissen / das er geschrieben: Die sünde sey eigendlich zu reden der mensch selbst / oder der mensch selbst sey eigendlich ohne allen vnterscheid die sünde / oder die Erbsünde sey nichts anders eigendlich denn die verderbte natur. Können sie ermelte reden aus D. Lutheri Schrifften darthun / so wollen wir sie loben für die Meister / aber sie vermögens in ewigkeit nicht darzu thun / das bin ich gewiß. Ist demnach nicht genug / ein Spruch aus D. Lutheri Schrifften einführen / Sondern es muß auch darbey in Gottes furcht erwogen werden / wie D. Lutherus denselben entweder als bald drauff / oder an andern orten in seinen Schrifften erkleret vnd ausgeleget habe. Vnd was bedarffs viel wort / wir gestehn gerne / das D.
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therus bißweilen den menschen sünde heisset / aber das er solches in eigendlichem verstande thun solte / das können noch sollen wir nicht nachgeben. Denn wir haben Gott lob D. Lutheri erklerung oder außlegung selbst für vns Galat. 3. daruon kurtz zuuor / nemlich das er das wort (sünde) in solchen reden nicht propriè eigendlich / sondern figurlich brauche / vnd heisse jhme nichts mehr als sündig / vnrein / verderbt / vnd der sünden wegen Gottes Gericht verfallen / vnd der Ewigen verdamniß schüldig sein: In welchem verstande vnd bedeutung wir das wort (sünde) gerne annemen / vn̅ vns mit nichten zu wieder oder entgegen ist. Das wir vns aber der Schrifft den Artickeln des Glaubens vn̅ Luthero selbst zuwieder aus der verderbten natur ohne vnterscheid die sünde solten mache̅ lassen / das können wir gewissens vn̅ warheit halben / dem Gegentheil nicht einreume̅. Das dritte Sprüchlein betreffend / Sünde ist alles das /(Von dem Sprüchlein D. Lutheri Sünde ist alles das / was nicht durch das Blut Christi er löset / im glauben gerecht wird.) was nicht durch das Blut Christi erlöset / im glauben gerecht wird etc. ist vns auchnicht zuwieder / wenn es nach D. Lutheri eigener deutung ausgeleget wird / das ist / das das wort (Sünde) so viel heisse als sündig / das ist / durch die Erbsünde dermassen befleckt vnd verderbet / das deswegen alles was am menschen ist / des Todes vnd der ewigen verdamnis vmb der angeerbten sünden willen / schüldig sey. In welchem verstande es D. Luther wieder des Babsts vnd seiner Schul Theologen geticht / so die Erbsünde sehendlich verkleinert haben / offtmals gebraucht. Denn wir auch selbsten / wen̅ wir mit Gott handeln vmb gnedige vergebung vnserer sünden / von hertzen bekennen / das es alles vnnd eitel sünde mit vns ist / das ist / das wir für seinem angesicht nichts tügen / wenn er wolte sünde zurechnen / vnd vns nach vnseren missethaten vergelten / vnd das
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wenn wir durchs Blut Christi nicht erlöset / im glauben gerecht würden / mit Leib vnd Seel ewig für Gott verdampt sein vnd bleiben müsten. Aber dieses hebt darumb den vnterscheid zwischen der menschlichen natur selbst vnd der sünde nicht auff. Denn D. Lutherus eben in ermelten worten (darauff Gegentheil sich beruffen thut) solchen vnterscheid zwischen dem menschen als Gottes geschöpff / vnnd der sünde / welche des Teuffels werck ist / gewaltig bekrefftiget / in dem er spricht / Es sey alles sünde / was nicht durch Christi Blut erlöset / im glauben gerecht wird. Nu ist aber der sündige mensch / vnd nicht die sünde durch Christi Blut erlöset / vnd wird der mensch vnd nicht die sünde im glauben gerecht / wie D. Lutherus Rom. 4. aus dem 32. Psalm bezeuget / Die Seligkeit ist des menschens / welchem Gott zurechnet die gerechtigkeit etc. Derwegen ists klar / das D. Lutherus mit angezogenen worten / den menschen selbst eigendlich zu reden nicht zur sünde machet: sondern figurlich die sünde zu exaggeriren vnnd groß zu machen (wieder des Bapsts vnnd der vernunfft vorgeben) alles sünde / das ist / sündig (reum schüldig) heisset / das nicht durch Christi Blut erlöset / im glauben gerecht wird. Ist auch dem Gegentheil vnmüglig aus der Schrifft selbst zuerweisen / das Gott die sünde durch Christi Blut erlöset / vnd im glauben gerecht machet / wenn es gleich Berge versetzen könte. Das der sündige mensch durch Christi Blut von der sünde erlöset / durch den glauben gerechtfertidet werde / das bezeuget die gantze Heilige Schrifft / das sie aber von der sünde eigendlich zu reden solchs sagen solte / ist weder aus der Propheten / noch Apostel Schrifften zuerweisen.
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Ja sprechen sie / hiedurch aber wird die Erbsünde gantz vernichtiget / vnd klein gemacht. Antwort / Wer mit der Schrifft worten die Erbsünde beschreibet / der vernichtiget oder verkleinert die sünde nicht. Es were denn / das man dem heiligen Geist selbst / von welchem wir die heilige Schrifft haben / zu messen wolte / das er die Erbsünde verkleinerte. Nu beschreiben wir mit der heiligen Schrifft worten die Erbsünde / das sie ein mangel sey Rom. 3. ein verderbung Rom. 3. vnd was dergleichen wörter mehr sind. Derwegen kan vns das Gegentheil mit grunde der warheit nimmermehr beschüldigen / das wir die Erbsünde verkleinern. Wollen sie aber sagen / wer die Erbsünde ein accidens nenne / der verkleinere sie / wir thun das / Ergo so verkleinern wir die Erbsünde. Darauff geben wir diese bestendige antwort / Erstlich(Bestendiger beweis / das wir die Erbsünde (ob sie wol ein accidens oder zufelliger schade von vns genent) mit nichten verkleinern / oder geringer machen.) das Paulus Rom. 7. die Erbsünde ein adiacens oder ein anhangende sünde nenne / welchs im grunde eben so viel ist / als wenn er sie ein accidens nennete. Vnnd können sie doch derwegen dem Apostel nicht schuld geben / das er die Erbsünde verkleinere. Zum andern / nennets die Epistel an die Hebreer cap. 12. eine anklebende sünde / welchs auch eben soviel ist / als wenn sie die Erbsünde ein accidens hiesse / vnnd dürffen sie derwegen gemelte Epistel der vorkleinerung der Erbsünde nicht belegen. Zum dritten / nennet die Schrifft die Erbsünde ein defect / mangel / verderbung / Rom. 3. welchs wie die Gelerten wissen accidentia oder zufellige scheden sind / vnd nicht eine substantz oder wesen bedeuten / Wer wil aber so küne
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sein / vnnd derwegen die Epistel an die Römer beschüldigen das sie die Erbsünde verkleinere. Zum vierden / nennet die heilige Schrifft die Erbsünde vngerechtigkeit Rom. 7. 1. Johan. 3. vbertretung Rom. 4. Sünde Rom. 5. bosheit schalckheit 1. Cor. 5. welchs abermal eitel solche namen sind / so vnter die accidentia oder zufellige ding gerechnet werden / vnnd nichts selbstendiges oder wesentliches bedeuten. Vnnd bleibt dennoch war / das die Erbsünde hiedurch nicht verkleinert. Zum fünfften / die heilige oder Hebreische Sprache desgleichen nennet die Erbsünde auon, incuruatio, krumme / pescha / vngerechtigkeit / Rescha / vnruhe / brennende bosheit / die nicht ruhet oder feiret / chataach / fehl / jrsal etc. welche auch accidentia sind vnnd bedeuten. Bleibt nichts desto weniger war das sie die sünde nicht verkleinert. Zum sechsten / bezeugt die heilige Schrifft gar an vielen örtten / das die Erbsünde sampt allen jhren früchten / vnnd was daraus erfolget an den selbigen solle auffhören / vnd ein ende nemen / die natur aber oder das wesen des menschen solle bleiben / glorificirt vnnd herrlich gemacht werden Jesa. 30. Der herr wird den schaden seines volcks verbinden / vnnd seine wunden heilen. Jesa. 38. Du hast dich meiner Seelen hertzlich angenommen / das sie nicht verdürbe / denn du wirffst alle meine sünde hinter dich zu rücke. Mich. 7. Der herr wird sich vnser erbarmen / vnsere missethat dempffen / vnnd alle vnsere sünde in die tieffe des Meers werffen. 1. Johan. 1. Das blut Ihesu Christi seines Sohns reiniget vns von aller sünde Philip. 3. Der vnsern nichtigen leib verkleren wird etc. welche Sprüche abermal deutlich bezeugen / das die Erbsünde an vns ein
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accidens sep arabile sey / ein solcher schade der von vnser natur kan abgethan vnd vertilget werden / vnnd kan gleichwol jhr nicht zugemessen werden / das sie die Erbsünde verkleinere. Zum siebenden / Braucht die Schrifft auch solcher wörter / in welchen sie die menschliche natur als ein subiectum der sünde beschreibet / die sünde aber als ein zufelligen schaden / der in der menschlichen natur ist / als Rom. 6. Lasset die sünde nicht herschen in ewerm sterblichen leibe / Rom. 7. So thue ich nun dasselbige nicht / sondern die sünde die in mir wohnet / Denn ich weis / das in mir / das ist / in meinem fleische nichts gutes wonet. Item so finde ich in mir nu ein gesetz / der ich wil das gute thun / das mir das böse anhanget / Rom. 8. Vnd verdampte die sünde im fleisch / Ephes. 4. Durch die vnwissenheit so in jhnen ist / Prouerb. 23. Torheit stecket den knaben im hertzen. Jere. 17. Die sünde Juda ist auff die Taffel jhres hertzen gegraben etc. welche Sprüche auch alle mit einander aussagen / das die sünde nicht sey des menschen natur selbst / sondern ein schade in derselben. Dieses aber ist ein accidens malum ein böser zufall / wie alle verstendige vnnd der Schrifft kündige Christen wissen / noch darff man derentwegen nicht sagen / dz die Schrifft die Erbsünde verkleinere. Zum achten / machet die Schrifft auch mit verstendliche̅ worten einen vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd sünde / in dem sie bezeuget / die me̅schliche natur werde nicht verdampt als eine natur / sondern dieweil sie durch die Erbsünde verderbt ist Psal. 39. Du züchtigest den mensche̅ vmb der sünde willen Jesa. 50. Ihr seidvmb eur sünde wille̅ verkaufft / Jes. 59. Eure vntugent scheiden euch vn̅ euren Gott Eze. 3. Der Gottlose wirdvmh seiner sünde willen sterben.
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Daraus abermals klar / das die Erbsünde nicht die verderbte natur ohne vnterscheid sey / sondern eine verderbung derselben / oder wie es in Schulen genennet wird ein accidens ein zufelliger böser schedlicher Mangel oder gebrechen derselben / vnd wird doch auch hiedurch die Erbsünde nicht verkleinert. Dieweil es denn am hellen Tage ist / das wir die Erbsünde solcher gesralt / wie die Schrifft dauon redet / beschreiben / ist dem Gegentheil vnmüglich darzu thun / das wir mit vnser Lere / da wir die Erbsünde als ein zufelligen bösen gebrechen der natur beschreiben / dieselbe darumb solten verkleinern. Hierzu kömpt nu / das auch D. Lutherus selbst die Erbsünde also beschreibet / das sie malum separabile / das ist / ein solcher schade sey / der von der natur könne ausgetilget werden / Item / eine priuation / mangel / böse qualitet oder Seuche sey etc. vnd was dergleichen wort mehr sind / so alle vnter die accidentia gezelet werden. Vnnd kan doch nimand mit bestand von jhm sagen das er die Erbsünde verkleinern wollen. Müssen sie den D. Lutherum deswegen zu frieden lassen / der die Erbsünde als eine schedliche verderbung oder accidens beschreibet / vnd können jhn der verkleinerung der Erbsünde mit warheit nicht beschüldigen / so sollen vnnd müssen sie auch zugleich vnser Lere passiren vnd vngescholten lassen / es sey jhnen lieb oder leid / denn wir dißfals einerley Lehre mit der heiligen Schrifft vnnd Luthero von der Erbsünde füren. Es füret das Gegentheil auch folgenden Spruch D. Lutheri ein / aus dem 4. Tom: Jenensi ad Galat. 3. Ein Sophistischer Theologus rede also von der sünde /
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das sie eine qualitet oder böse Seuche in der Seelen sey /(Vom Spruch Lutheri / Ein Sophistischer Theologus rede also von der sünde das sie eine qualiter oder böse seuche sey.) wie eine farbe an der wand etc. derwegen so habe er das aceidens stracks vnd ohne vnterscheid verworffen. Lesset aber aussen was Lutherus ferner hinzu setzet / da er sich gnungsam declarirt / wie er seine wort verstanden haben wolle. Wollen aber seine wort gantz hieher setzen: Ideo peccata non sunt reuera ibi vbi cernuntur & sentiuntur. Nam secundum Theologiam Pauli, nullum peccatum, nulla mors, nulla maledictio est amplius in mundo, sed in Christo qui est agnus Dei, qui abstulit peccata mundi, qui factus est maledictum, vt nos à maledicto liberaret. Contra secundum Philosophiam & rationem, peccatum, mors, & maledictio nusquam sunt nisi in mundo, carne seu peccatoribus. Non enim aliter potest Theologus Sophista de peccato loqui, quàm gentilis Philosophus, nempe sic: Qualitas haeret in substantia aut subiecto, sicut ergò color in pariete, ita peccatum in mundo carne vel conscientia haeret. Igitur eluendum est, per contrarios motus, scilicet per charitatem. Vera autem Theologia docet, quòd nullum peccatum amplius sit in mundo. Quia Christus in que̅ pater coniecit peccata totius mun di Iesa: 53. vicit, deleuit, occidit illud in corpore suo. Is semel mortuus peccato, resuscitatus verò ex mortuis amplius non moritur. Vbicunque igitur est fides in Christum, ibi reuera peccatum abolitum, mortuum & sepultum est. Vbi verò non est fi des in Christum, ibi peccatum manet. Quanquam reliquiae peccati sint adhuc in sanctis, quia perfectè non credunt etc. tamen illae mortuae sunt, quia propter fidem in Christum non imputantur.
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Das ist / Darumb sind die sünde nicht warhafftig / da sie gesehen vnnd empfunden werden. Denn nach S. Pauli Theologia ist keine sünde / kein todt / kein fluch mehr in der welt / Sondern in Christo welcher ist das lamb Gottes / das weggenommen hat die sünde der welt / der ist worden ein fluch / das er vns vom fluch erlösete. Hergegen aber nach der Philosophia vnd der vernunfft / ist sünde todt vnd fluch nirgend denn in der welt / im fleisch vnnd in den sündern. Denn es kan ein Sophistischer Theologus nicht anders von der sünde reden / denn wie ein heidnischer Philosophus / nemlich also / qualites / das ist / ein zufellig ding klebet oder hanget an dem wesen. Wie nu die farbe an der wand ist / also ist auch die sünde in der welt / fleisch vnnd gewissen / darumb mus man sie auswaschen oder vertreiben / durch wiederwertige bewegung / nemlich durch die liebe. Aber die rechte warhafftige Theologia leret / das keine sünde mehr in der welt sey. Denn Christus auff welchen der vater der gantzen welt sünde geworffen Jesa. 53. hat die sünde in se nem leibe vberwunden / vertilget vnnd getödtet / vnnd nach dem er von den todten erstanden stirbt er nicht mehr. Darumb wo der glaube an Christum ist / daselbst ist warhafftig die sünde vertilgt gestorben vnnd begraben. Wo aber der glaube an Christum nicht ist / da bleibt die sünde / wiewol auch noch sünde bleibet in den heiligen / denn sie gleuben nicht vollkommen / wiewol sie gestorben sind / darumb das sie von wegen des glaubens an Christum nicht zugerechnet werden. Bisher Lutherus. Antwort / Das D. Lutherus das wort qualitas vnart oder accidens (denn qualitas wird vnter die accidentia gezehlet) nicht simpliciter oder gentzlich verwerffe / erscheinet erstlich aus seiner auslegung vber den 90. Psalm
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da er selbst die Erbsünde eine qualitet / seuche / vnart oder böse kranckheit nennet / wie dieselbe wort droben allegirt sind. Welches er nicht würde gethan haben / wenn er simpliciter stracks der meinung gewest / das die Erbsünde keine qualitas oder accidens were. Weil er sie aber selbst also nennet / ists klar / das ers nicht simpliciter stracks verworffen habe / sondern secundum quid / das ist / nur also / wenn es von den Sophisten zur verkleinerung der Erbsünde gebraucht wird / wie wirs denn in solchem verstande auch mit D. Luthero verwerffen. Das aber D. Lutherus gemeltes wort nur in dem Sophistischen verstande / vnd nicht in dem rechten verstande (nach welchem ers selbst gebraucht) verworffen habe / erscheinet daraus: das er nicht simpliciter ohne vnterscheid streitet / das die Erbsünde keine qualitet oder böse seuche in der natur sey / sondern wenn die Sophisten komen vnd geben für / es sey eine solche geringe qualitet oder seuche / wie eine farbe an der wand / welche leichtlich kan abgewaschen werden / vnd das also auch diese böse seuche oder schade der angebornen Erbsünde durch die wercke der liebe von vns wol könne ausgewaschen vnd vertilget werden: so sie doch ein solcher beschwerlicher grosser vntreglicher jammer schaden oder mangel ist / den keine Creatur hat tilgen oder abwaschen können / sondern alleine durchs Teure blut Jesu Christi des Sohns Gottes hat müssen getilget vnnd abgewaschen werden. Diesen mißbrauch ermeltes worts / dadurch die Sophisten die Erbsünde geringschetzig gemacht haben / hat D. Lutherus an jhnen gestrafft / vnd nicht das wort qualitas an jhmselbst / wenn es recht gebraucht wird / verworffen / wie ers denn selbst in rechtem verstand gebraucht vnd behalten hat.
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Da auch seine D. Lutheri meinung gewest / das die Erbsünde ein substantz oder die verderbte natur selbst ohne vnterscheid were / hette er nicht schreiben können (wie in diesen seinen worten geschicht) das die sünde in der Welt im fleisch were / Item das die sünde noch in den gleubigen bliebe. Denn mit diesen worten macht er klaren vnterscheid zwischen der verderbten natur vnd sünde / so im fleisch ist. Bestetiget also selbst deutlich / das die sünde in der natur als in einem subiecto sey / wie solt er denn solchs an den Schullehrern simpliciter oder ohn allen vnterscheid straffen. Alleine wie gemelt ists jhm darumb zu thun / (dessen wir den̅ mit jhme einig) das die sünde nicht für eine geringe qualitet seuche oder mangel gehalten / vnd also extenuirt werde / welchs er an de̅ Sophisten billich gestrafft / vn̅ wir mit jhme. Wie er den̅ auch dieses an den Sophisten billich gestrafft / das sie die sünde nur angesehen / wie sie im fleisch ist / vnd darneben nicht verstanden / das der Glaube nach S. Pauli lehre numehr die sünde nicht / wie sie im fleisch ist / ansehen solle / sondern in Christo / auff welchen der Himlische Vater aller Welt sünde gelegt. Da sie hergegen hielten / die sünde im fleisch müst durch die Liebe getilget werden / vnnd were die sünde ein so geringer mangel / der da gar wol durch die werck der liebe könte getilget vnd abgewaschen werden / gleich wie eine farbe von der wand / welchs alles falsch ist / vnnd das verdinst Jesu Christi gentzlich auffhebet. Denn vnwiedersprechlich war / das die sünde für Gottes angesicht / durch nichts anders denn alleine durchs Blut Jesu Christi / kan getilget oder abgewaschen werden 1. Johan. 1. Befindet sich also im grunde / das ermelter Spruch
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Lutheri nicht wieder vns / sondern für vns ist. Denn in dem verstande / in welchem D. Lutherus das wort qualitas an den Sophisten getadelt / da es nemlich die sünde geringschetzig / oder aus derselben einen geringen schaden machet / tadeln wir es auch. Im rechten verstand aber / wie es D. Lutherus selbst gebraucht / da es heist ein geferlicher grosser schade / eine schedliche Seuche / ein trefflicher grosser schade vnd mangel / dem nimand steuren kan / denn Christi Todt vnd Blut alleine / behalten wirs auch / vnnd keren vns nicht an des Gegentheils vergeblich lestern / das sie vber diesem wort treiben. Denn wollen sie es simpliciter ohne auszug verwerffen / so müssen sie D. Lutherum selbst straffen vnd verdammen / der es im 90. Psalm / wie auch dieses orts / gebraucht vnd behalten hat. Lassen sie aber D. Lutherum bleiben / so müssen sie vns dieses worts halben auch wol bleiben lassen / vnd keinen danck zu lohn haben. Sie ziehen auch dieses an / das D. Lutherus wieder(Vom spruch D. Lutheri wieder Latomum.) Latomum geschrieben / das wörtlein (sünde) habe nur einerley brauch oder verstand in der Schrifft / vn̅ heisse nichts anders / denn das / was mit dem gesetz Gottes nicht vbereintrifft. Derwegen so thun wir vnrecht vnnd wieder D. Lutherum (sprechen sie) das wir sagen / es werde auff mehrerley weise gebraucht. Antwort. Wer D. Lutheri wort wieder Latomum recht verstehen wil / der muß wissen woruber zwischen jhm vnd Latomo der streit gewest sey / nemlich daruber / ob die böse lust in den getaufften warhafftig sünde were etc. oder nicht. D. Lutherus sagt ja dazu. Latomus nein. Vnd gab für / das wort sünde Rom. 7. hiesse nur eine schwacheit vnnd straffe der sünden / vnnd nicht ein solchen ge
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brechen der warhafftig sünde vnd der verdamnis wirdig. Hiewieder beweiset D. Lutherus / das wo in der Schrifft gehandelt werde / was eigendlich sünde sey / vnd was Gott selbst sünde heisse / solle man Latomi Sophistische ausflucht hindan setzen / vn̅ keines weges einreumen / das sünde eigendlich zu rede̅ etwas anders heisse / den̅ was in Gottes gesetz verbote̅ ist. Demnach den̅ die böse lust im gesetz verbote̅ / so müsse sie freilich sünde sein / vnd eigendlich dafürgehalte̅ werden. Vnter des aber hat D. Lutherus mit nichten verleugnet die figurliche bedeutung des worts sünde / deren er sich selbst Galat. 3. wie droben erwiesen / gebraucht. Wie er denn auch eben in selben Buch wieder Latomum schreibet: Vt ad institutum veniamus, Christus dum offerretur pro nobis, factus est peccatum metaphoricè cum peccatori ita fuerit per omnia similis, damnatus, derelictus, confusus, vt nulla re differret à vero peccatore, quàm quòd reatum & peccatum quod tulit ipse non fecerat. Das ist / Damit wir zur sache komen / Christus als er für vns geopffert ward / ist er verblümeter oder figurlicher weise zu reden zur sünde gemacht / dieweil er einem sünder also durchaus ehnlich gewest / verdampt / verlassen vnd verachtet / das er nirgent an vnterschieden war von einem rechten sünder / den̅ das er die schuld vnd sünde so er trug selbst nicht begangen hatte. Vnd abermals: Quid est peccatu̅ damnari de peccato? Diximus Christum esse peccatum factum pro nobis, sicut dicit2. Corinth. 5. Eum qui non nouerat peccatum, pro nobis peccatum fecit, vt iusticia Dei essemus in illo. Hicvtrunque peccatum vtroque loco ponit: Metaphoricu̅ vel allegoricu̅ est Christus de quo peccato damnauit nostru̅ verum peccatum. Nam quod peccatum nostru̅
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tollatur, vnde habemus, nisi de Christo facto peccato pro nobis, Das ist / Was ist sünde durch sünde verdampt werde̅? Wir haben gesagt / Christus sey zur sünde gemacht für vns. Wie der Apostel spricht. 2. Cor. 5. Den der von keiner sünde wuste hat er für vns zur sünde gemacht / auff das wir die gerechtigkeit in jhm würde̅ / Hie zeucht er an beyderley sünde an beyden orten. Sünde (wie es nach der figur Metaphora oder Allegoria genennet wird) ist Christus / durch welche sünde er verdampt hat vnsere warhafftige sünde. Denn das vnsere sünde von vns weggenommen wird / haben wir nirgent her denn von Christo / der für vns zur sünde gemacht ist. Derwegen das Gegentheil D. Luthero selbstaufftichtet / so er nicht gethan. Sintemal D. Lutherus in ermelten worten wieder Latomum weiter nicht gehet / den̅ wenn von der sünde eigendlich zu rede̅ gehandelt werde / da heisse das wort sünde nur einerley / wie Rom. 7. Sonsten aber ausserhalb diesem eigendlichen verstande werde es auch noch auff mehr weise gebraucht / wie solchs bishero mit D. Lutheri eigenen worten gnugsam erwiesen ist. Also vnterstehet sich Gegentheil auchden klaren hellen vn̅ deutlichen Spruch D. Lutheri / so den vnterscheid zwische̅ der natur vnd sünde deutlich für augen stellet / nemlich Genes. 4. Spirituales homines debent distinguere inter originale(Vom Spruch D. Lutheri Genes. 4. Geistliche leute sollen vnterscheiden zwischen der Erbsünde vnd Creatur.) peccatu̅ & creaturam. Opus generationis est creatura Dei bona & sancta, est enim ex Deo benedicente, Das ist / geistliche leute sollen vnterscheiden zwischen der Erbsünde vn̅ Creatur. Das werck Kinder zeugen ist Gottes gute heilige Creatur oder ordnung / den̅ sie kömpt von Gottes segen her etc. schendlich zuuorkehren vn̅ zu eludiren / schaffet aber nichts damit / denn das es seine böse sache je lenger je erger macht.
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Denn erstlich können sie diese klare helle wortt D. Lutheri nimmermehr vmbstossen / da er schreibet / man solle die Erbsünde von der Creatur vnterscheiden. Creatur aber heist D. Luthero alles das / so Gott erschaffen hat / daruon sagt er sollen geistliche Leute die Erbsünde vnterscheiden. Nun ist vnsere natur auch nach dem fall Gottes Creatur vnd geschöpff / das können sie nicht verleugnen / sie wolten denn den ersten Artickel von der schöpffung verleugnen / da gesagt wird / das vns Gott erschaffen habe etc. oder wolten den Teuffel zum Schöpffer vnser natur machen. Derwegen so sollen vnnd müssen sie ohne jhren danck den vnterscheid zwischen vnser natur / welche auch itzo nach dem fall Gottes Creatur vnnd geschöpff ist / vnnd der Erbsünde / so nicht Gottes Creatur oder geschöpff ist / stehen lassen / wie jhn D. Lutherus in angezogenen wortten recht vnd deutlich gesetzet hat. Das sie aber hergegen einwenden / D. Lutherus verstehe durchs wortt Creatur nicht vnsere verderbte natur / sondern Gottes ordnung vnnd segen im Ehestand nach seinem willen kinder zu zeugen etc. ist ein schendlich vnnd gantz vnnütz gedicht des Gegentheils. Denn (wie albereit angedeutet) geben Lutheri wortt klar / das alles / was Gottes Creatur Gottes ordnung vnd werck ist vnnd heisset / das sey von der Erbsünde zu vnterscheiden. Nun ist aber nicht alleine die ordnung kinder nach Gottes willen zu zeugen etc. Gottes Creatur: sondern auch vnsere menschliche natur / welche Gott auch itzo nach dem fal erschaffet. Derhalben ists vnd bleibet auch in Ewigkeit war / das
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nicht alleine die ordnung kinder zu zeugen: sondern auch die menschliche natur selbst von der Erbsünde zu vnterscheiden. Derwegen vermag Gegentheil vnsern grund aus D. Lutheri klaren wortten genommen nicht vmbzustossen / es sey denn das es zuuor erweise / das des Sathans werck / als die sünde nicht von allen Creaturen oder wercken Gottes zu vnterscheiden sey / sondern alleine von der ordnung Kinder zu zeugen / oder aber / das irgend eine Creatur oder Geschöpff Gottes sey / welchs sünde ohne vnterscheid vnd eigendlich zu reden sey / vnd demnach des Teuffels Geschöpff selbst. Wenn Gegentheil dieses nicht erweiset / (wie es denn nimmermehr thun kan) so bemühet es sich vergeblich. Denn so lange diese vniuersalis / das alles was Gottes Creatur ordnung vnd werck ist vnd heisset / von der Erbsünde solle vnterscheiden werden etc. stehen bleibet / so lange ligt Gegentheils geticht von der wesentlichen Erbsünde darnieder / vnd ist zu grunde vmbgestossen. Benemen also die folgende wort D. Lutheri / das das werck Kinder zu zeugen Gottes ordnung sey / den vorgehenden worte̅ Lutheri / welche an stat einer vniuersal regel stehen / gar nichts / sondern bekrefftigen viel mehr den vnterscheid zwischen der natur vnd Erbsünde / als das sie jhn solten auffheben oder vmbstossen. Denn wie die sünde nicht Gottes Creatur oder ordenung ist / also auch die propagatio oder fortpflantzung (durch welche nichts anders denn nur alleine die sünde fortgepflantzet wird) kan oder mag für Gottes Creatur oder ordnung nicht erkant werden. Denn wenn der mensch / so durch die fleischliche Geburt herkömpt / durchaus oder ohne vnterscheid (wie Gegentheil streitet) in seiner natur substantz
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oder wesen nichts anders denn sünde were / so köndte ja Gott der Almechtige am menschen / den er durch die ordnung des Kinder zeugens fortpflantzet / nichts vberall finden / das sein Geschöpff were / alldieweil er die sünde für sein Creatur oder geschöpff nimmermehr erkennen kan oder wil / sondern sie ist vnd bleibet des Sathans werck 1. Johan. 3. 6. Demnach es denn vnwiedersprechlich wahr ist / das Kinder zeugen auch itzo Gottes gute ordnung sey / die er auch erhelt: so vernimpt ja menniglich hieraus / das die Kinderlein oder menschen / durch solche ordnung gezeuget / nicht ohne vnterscheid vnnd eigendlich zu reden (wie das Gegentheil fürgibt) selbst die sünde sein / sonst müsten sie des Teuffels werck sein / dieweil die sünde des Teuffels werck ist. Es kan auch Gott dem Hern eine solche ordnung mit warheit nimmermehr zu gemessen werden / durch welche das fortgeflantzt werde / so nur sünde ist ohne vnterscheid / vnnd derwegen ein werck des Sathans ist / an welchem Gott nichts finden mocht / das er für sein Geschöpff erkennen köndte / Denn Gott an der sünde nichts findet oder erkennet das sein were. Wenn nu der mensch vom Vater vnd Mutter geboren selbst eigendlich zu reden / vnd ohne vnterscheid die sünde were / so köndte noch vermöchte er am menschen nichts finden noch erkennen / das sein Creatur were. Daraus abermals erfolgete / das der mensch nur ein werck des Teuffels were / da vns Gott fürbehüten wölle. Das sie nu fürgeben / es sey D. Luthero sehlecht eins / die verderbte menschliche natur vnnd die Erbsünde /
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vnnd sey vberall kein vnterscheid darzwischen etc. das ist ein schendlich geticht / auff seinen geschlossenen Mund / vnnd ist durch Lutherum selbst in ob angeregten worten (geistliche menschen sollen zwischen der Creatur vnnd Erbsünde vnterscheiden Genes. 4.) gnugsam wieder leget / wie denn auch in den 33. grunden aus D. Lutheri Büchern droben gesetzet / das Gegenspiel vnvmbstößlich dargethan. Abermals ziehen sie an / das D. Lutherus in Genesi(Vom SPruch Lutheri Genesi. 3. Die Erbsünde sey von der natur des menschen.) Cap. 3. schreibet / Die Erbsünde sey von der natur des menschen. Ergo sprechen sie / habe Lutherus gehalten / das die natur selbst die sünde sey ohne vnterscheid. Antwort. D. Lutherus hat in keinem andern verstande geschrieben / das die Erbsünde von der natur sey / denn das er anzeigete / das die Erbsünde nicht von aussen der natur angeflogen were / also das die natur dadurch vnbeschediget oder vnuorderbt blieben (wie etwa die Sophisten geleret) sondern were jr angeboren / oder in der empfengniß auffgeerbet. In summa / D. Lutherus der streitet Genesi. 3. wieder die Sophisten / welche vnter dem babstum gelehret haben / das die Erbgerechtigkeit nur ein eusserlicher schmuck gewest an der natur / gleich als wenn man einer schönen Jungfrawen einen Krantz auffsetzete / vnnd das sie köndte von der natur ohne beschedigung oder verletzung derselben nicht weniger genommen werden / als ein Krantz vom Heupt der Jungfrawen / ohne verletzung desselben genomen wird. Wolten dadurch erhalten / das die natur des menschen durch den fall Adae nicht were verseret worden / sondern gantz geblieben.
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Dawieder streitet nu Lutherus vnnd dringet / das die Erbgerechtigkeit nicht sey eine solche eusserliche gabe gewest / so von aussen zu der natur komen / sondern sey eine solche Gabe gewest / so in der natur gewesen / vnnd derwegen ohne verletzung der natur nicht habe können verloren werden. Derhalben die Sophisten weit jrren / in dem sie tichte̅ / die natur sey nach dem fal gantz vn̅ vnverletzet blieben. Giebt ein Gleichnis vom Auge / dem sey es naturlich das es sehe / oder sey in der natur des auges / das es sehe. Gleich aber wie man recht sage / wenn das Auge verwundet / das seine natur verseret sey / also erhalte sichs mit dem menschen auch / nemlich das er nach dem fal warhafftig verderbt / vnd das seine natur durch die sünde gewißlich verletzt sey. Daraus klar zuuerstehen / was Lutheri meinung sey / wenn er spricht / die Erbgerechtigkeit sey dem menschen naturlich / vnd die Erbsünde sey von der natur / Nemlich nicht das die Erbgerechtigkeit des menschen natur selbst ohne vnterscheid gewest / (denn wo das war / hette sie durch Adams fall ohne verlust der gantzen natur / nicht können verloren werden / so doch die natur blieben ist / ob wol die Erbgerechtigkeit doraus verloren worden) oder das numehr nach dem fall / die sünde ohne vnterscheid des menschen natur selbst sey etc. sondern das er wieder die Sophisten / so aus der Erbgerechtigkeit nur eine eusserliche gabe machten / welche ohne verletzung der natur hette können verloren werden / vnd hergegen aus der Erbsünde nur einen eusserlichen angeflogen mangel macheten / der die natur vnbeschedigt gelassen / verteidigte vnd erhielte / das weder die Erbgerechtigkeit für dem fall / am menschen nur eine solche eusserliche gabe gewest /
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noch auch die Erbsünde nach dem fall nur so ein eusserlicher geringer angeflogener mangel were / bey welchem die natur noch gantz vnnd vnuorletzt geblieben: sondern ein grosser / greulicher vnnd vnaussprechlicher schade / durch welchen die gantze natur verderbt were. Derwegen er auch bald darauff schreibet / das die Erbsünde nicht des verderbten menschen natur selbst sey: sondern sey eine verderbung in der natur / im fleisch / im Leib / in der Seelen / im geblüet / im Marck vnd Beinen / im willen / im verstande / in der Vernunfft / welche in diesem Leben nicht alleine volkömlich daraus nicht könne getilget werden / sondern auch für sünde (verstehe von vngleubigen vnd vnbekerten) nicht erkand werde. Wie er denn auch dieses (seine meinung deutlich an tag zugeben) darbey setzet / nemlich / das ob wol die Erbgerechtigkeit aus der natur verlohren / vnnd die natur durch solchen rerlust verderbt sey: jedoch bleibe die natur alleine / das sie vielfeltiger weise verderbt sey. Welches er aber nicht schreiben vnd setzen können / wenn er gehalten / das die Erbsünde ohne vnterscheid des menschen natur were / wie vnser Gegentheil jhm gerne diesen schwarm antichten wolte. Heist also D. Luther von der natur sein / nicht die natur ohne vnterscheid selbst sein / sondern so viel als der natur angeboren sein / in der gantzen natur sein / vnd dieselbige schendlich vnd jemmerlich verderbt haben / welchs wir mit D. Luthero von hertzen bekennen. Gegentheil pfleget auch dieses aus Luthero fürzubringen(Lutherus nenne die Erbsünd eine wesentliche sünde.) / das er Tom. 1. Ienensi die Erbsünde eine wesentliche sünde nennet / aber er erkleret bald selbst / wie er diese seine wort verstanden haben wölle: Ideo essentiale voco, quia per natiuitatem contrahimus, nec cessat aliquando si
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cut actuale, Ich heisse die Erbsünde eine wesentliche sünde derwegen / das wir sie durch die geburt oder empfengnis bekommen / vnnd das sie nicht also auffhöret / wie die wirckliche sünde. Daraus klar / das D. Lutherus die Erbsünde nicht eine wesentliche sünde nenne / das sie ohne vnterscheid des menschen natur selbst were (wie es vnser Gegentheil deutet) sondern dieweil der mensch in der empfengnis vnnd geburt dieselbe bekömpt / vnd das sie nicht auffhöret / wie die wircklichen sünden zu weilen auffhören / vnnd nicht allezeit im gang oder lauff sind. (Item. ernenne die Erbsünde eine natur sünde.) Ja sprechen sie / Lutherus in der Kirchen Postil nennet die Erbsünde eine natur sünde oder Person sünde / derwegen kans ja nicht verleugnet werden / das sein meinung gewest / die Erbsünde sey die natur selbst etc. Antwort. Wenn das folgen solte / D. Lutherus nennet die Erbsünde eine natur sünde / Ergo so ist sie die natur selbst / so müste gleicher gestalt auch folgen / D. Lutherus nennet die Erbsünde eine Person sünde / derwegen ist die Erbsünde eine Person. Daraus aber folgen würde / das die Erbsünde leib vnd Seel hette / vernunfft / augen / mund etc. Aber D. Lutherus nennet die Erbsünde nicht eine natur oder Person sünde / gleich als were sie die natur oder Person des menschen selbst ohne vnterscheid: Sondern dieweil itzo nach dem fall / die Erbsünde zugleich mit vnser natur vnd Person anfehet / denn der same daraus wir empfangen werden ist sündlich vnnd vnrein / also das die natur vnnd Person derhalben nimmer ohne die Erbsünde ist: sondern die sünde ist für vnd für in der natur vnd Person /
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weil der mensch lebet. Dieses kan das Gegentheil mit grund der warheit nimmermehr vmbstossen. Es müssen dem Gegentheil auch herhalten die wort(Vom Spruch D. Lutheri / Sünde ist meine natur vnd art.) Lutheri Tom. 3. German. vber den 51. Psalm. Sünde ist meine natur vnd art etc. Ergo. Aber alle verstendige Christen wissen / das das wort natur nicht allezeit ein selbstendiges wesen heist / wie die menschliche natur ist: Sondern das mit ermeltem wort / vielmal eines dinges art / eigenschafft / krafft vnnd neigung bedeutet wird. Also spricht Lutherus / sünde sey seine natur vnnd art / das ist so viel gesagt / als wenn er spreche / Ich bin von art vnnd natur zur sünde geneigt / meine böse verderbte natur treibet vnd beweget mich zu sündigen. Derwegen diese wort Lutheri Gegentheils jrrige meinung im wenigsten nicht bestetigen. Wolten sie aber sagen / Es stehe gleichwol kurtz zuuor / das Lutherus sage / Sünde sey seine natur vnd anhebendes wesen etc. So ist dieses die bestendige antwort / das D. Lutherus des worts sünde da nicht eigendlich brauche / sondern pro re rea, peccato perdita & damnata, Das ist / für ein solch ding / das der sünden schüldig ist / mit sünden vorderbt / vnnd derhalben Gottes Zorn vnd der verdamnis vnterworffen ist / wie D. Lutherus das wort sünde Galat. 3. solcher gestalt recht vnnd woll erkleret hat. Vnnd wil D. Lutherus nicht anders sagen / denn meine natur / mein anhebendes wesen ist durch aus durch die sünde vber die masse sehr vorderbt vnd verunreiniget / also das wenn sich Gott meiner vmb Christi willen nicht erbarmete / müste ich mit Leib vnd Seel ewig verloren sein.
|| [ID00232]
Summa summarum / Gegentheil ziehe aus Lutheri Schrifften was für Sprüche es wolle / in welchen Lutherus sagt / das sein natur sünde sey: so ist einmal aus dem dritten cap. zun Galat. (welche wort wir droben citirt) klar vnnd offenbar / das er in solchen Sprüchen des wörtleins sünde nicht propriè oder eigentlich / sondern figurlich gebrauche / da es anders nichts bedeutet / denn das der mensch vber die masse seer durch die sünde verderbt sey / oder das die sünde ein tieffe verderbung der gantzen menschlichen natur sey / so in diesem leben nicht gnugsam könne ausgesprochen werden. Vnnd wie man ein vnglückhafften menschen nach art der Lateinischen Sprachen / wens jhm sehr vbel gehet / pfleget das vnglück selbst zu nennen / nicht das er eigentlich zu reden das vnglück oder vnglückhafftigkeit selbst sey / sondern sein grosses elend vnnd vnglück hiermit anzudeuten. Also heist D. Lutherus zu weilen den sündigen menschen nach solcher figurlichen art sünde / nicht das er selbst eigentlich zu reden ohne vnterscheid die sünde sey: sondern darmit anzuzeigen / das er durch die sünde vber die massen sehr verderbt vnd in grosser noht vnd Elend stecke / also das jm daraus niemand als alleine der einige mitler Ihesus Christus durch sein blut vnd tod helffen könne. Derwegen wir dem Gegentheil weder können noch sollen einreumen / das es D. Lutheri worten diesen falschen jrrigen verstandt antichte / als hette er hiemit zuuerstehen geben wollen / das die sünde ohne vnterscheid der mensch selbst were / da wir doch das Gegentheil aus Lutheri mund vnd worten deutlich angehört haben. Für eins. Fürs ander / erscheinet auch daraus / das D. Lutherus mit solchen reden nicht gewolt / das die sünde der mensch
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oder seine natur selbst sey / dieweil er Genes. 4. mit klaren worten gelehret / man solle die Creatur / das ist / die menschliche natur von der Erbsünde vnterscheiden. Welchs er nicht würde gethan haben / wenn er gehalten / das die natur vnnd Erbsünde ohne vnterscheid eigentlich zu reden / einerley weren. Fürs dritte / würde D. Lutherus die Erbsünde Gen. 38. nicht ein malum separabile / das ist / ein solch vbel genent haben / das von vnser natur könne vnd solle gescheiden werden / wenn sein eigentliche meinung / glaube vnnd lehre gewest / das die Erbsünde vnnd verderbte natur ohne vnterscheid einerley weren. Weil er aber die Erbsünde ein solch vbel genennet / das von der natur kan gescheiden werden / ist abermals offenbar / das er das wort sünde in den Sprüchen / da er den menschen oder sein natur sünde heist / nicht proprie oder eigentlich / sondern figurlich gebraucht vnnd verstanden habe. Fürs vierde / ist auch daraus am tage / das Lutherus das wort (sünde) in viel ermelten Sprüchen nicht eigentlich sondern figurlich brauche / weil er an so vielen örtten in seinen Büchern schreibet / das die sünde einem aussatz / einem gifft vnnd vnreinigkeit etlicher massen gleich / vnnd das in der aufferstehung vnser fleisch leib vnd seele bleiben werden / da die sünde nicht mehr sein wird / welchs er nicht hette schreiben können / wenn jhm das wort (sünde) in offt ermelten Sprüchen eigentlich so viel hiesse / als sünde ohne vnterscheid sein. Denn wenn vnser natur selbst ohne vnterscheid die sünde were / so köndte die Erbsünde mit keinem aussatz gifft oder vnreinigkeit verglichen werden / köndte auch nicht gegleubt werden / das die natur leib vnnd Seele in der aufferstehung bleiben würden / da die sünde nicht
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mehr sein wird. Denn die Erbsünde wird ja nicht aufferste hen. Wenn sie aber ohne vnterscheid vnser natur selbst were / so müste sie aufferstehen vnd bleiben in ewigkeit / denn vnser natur wird am Jüngstentage aufferstehen vnd ewig leben vnd bleiben. Aber verstendigen Christen ist gnug hiervon gesagt / vnd ist jhnen die warheit durch Gottes gnade reichlich für augen gestellet. Wer aber nicht sehen / sondern mutwillig blind sein wil / der mag auff sein Ebentheur hinfahren / er wirds zu seiner zeit wol finden / was er gemacht habe. Gott erleuchte der verirreten hertzen / vnnd steure der falschen irrigen meinung des Gegentheils / vmb seines namens willen. AMEN.

In verlegung Leonhard Wipprechts Buchführers zu Ihena.
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