Transkription

Reinecker, Johann/Mirus, Martin: Zwei Predigten: Gehalten in der Bischöflichen hohen Stifts-Kirchen zu Halberstadt.
[Inhaltsverzeichnis]
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Vorrede.
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DAß der Gütige vnd Barmhertzige GOTT mitten im Zorn vnd Trübsal an seine Barmhertzigkeit gedencke / vnd nicht(Habac. 452. Esa. 57, 16. ex. Ps. 103, 9.) immerdar hadern / noch ewiglich Zorn halten wolle / das beweiset Er nunmehr auch wiederumb im Wercke an dem löblichen alten Stiffte Halberstad / vnd Hertzogthumb Braunschweig. Ein harttes hatte(Ps. 60. 5.) er diesen Landen erzeiget / in dem er den Hochwürdigen vnd Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vn̅ Herrn / Herrn HENRICH-JULIUM, Postulirten Bischoff zu Halberstad / Hertzogen zu Braunschweig vn̅ Lüneburg / etc. vnsern allerseits gewesenen gnädigen Fürsten vnd Herrn / hochlöblicher gedechtnis / durch einen vnverhofften Todesfall aus diesem Leben hinweg genommen. Ein trawriges Spectakel ist gewesen / daß man J. F. G. todten Leichnam bey die Fünfftzig Meileweges von Praag naher Wulffenbüttel führen / vnd daselbst zur Erden bestatten müssen. Darüber hat billig das gantze Land getrawret / vnd nicht so sehr J. F. G. Todt / alß seine selbst eigene orbitatem vnd betrübten Zustand beklaget. Nun aber hat der liebe GOTT wiederumb ein Gnadenzeichen gegeben / dadurch alle die jenige / welche bißhero betrübt gewesen sind / wo nicht gentzlich /
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doch gleichwol etlicher massen wieder erfrewet werden können / in dem Hochgedachter J. F. G. Erstgeborner Herr Sohn / der Durchleuchtige / Hochgeborne Fürst vnnd Herr / Herr FRIDRICH-ULRICH, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. als Erbe vnd Successor in der Regierung / in J. F. G. Erb-Länden / die Erb-Hüldigung von den Vnterthanen genommen / vnnd die Regierung angetretten; In diesem Stiffte aber ein Hoch: vnnd Ehrwirdig Dom Capittel / als Sede vacante die ordentliche / gebietende Obrigkeit / das Regiment wol gefasset / vnnd zu einem Bischoff vnnd Hochgedachter J. F. G. Successorn, deroselbe̅ Jüngsten Herrn Sohn / den Hochwirdigen vnd Durchleuchtigen / Hochgeborne̅ Fürsten vn̅ Herrn / Herrn HENRICH-CAROLUM, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. durch eine einhellige Wahl postuliret vnd erwehlet. Durch welche Wolthat der oberste Erb-Herr (Ps. 82, 9. Dan. 2, 21. & 5, 21.) vber alle Lande / der die Könige ein vnd absetzet / gnädiglich zu erkennen gegeben / daß er gleichwol diese Lande nicht ohne Häupt / vn̅ gar verderben lassen / auch (Thren. 3, 31.) nicht ewiglich verstossen vnd betrüben; Sondern nach seiner grossen Güte vnd Trewe wieder erfrewen wolle: Wofür dan̅ seiner göttlichen Allmacht billig Lob vnd Danck zu sagen; Vnd / wie zu allen zeiten gebreuchlich / zu dieser letzten vnd gefährlichen Zeit aber hoch
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von Nöhten / den newen angehenden Herrn vn̅ Regenten zu jhrer Regierung Glück / Heil vnd alle Wolfart von GOtt dem Allmechtigen zu wünschen. Dieweil ich nun nicht anders weiß oder gedencken ka̅ / als daß dasselbe auch mir meines orts gebühren wolle / vnnd aber keine andere occasion vnd bequemigkeit zu einem publico documento vor dißmahl ersehen mögen: Als habe ich die Predigt / welche zuvor Hochgedachter J. F. G. zum Ehren Gedechtnis / auff gnädige anordnung vnd befehl eines Hoch: vnd Ehrwirdigen Donr-Capittels in der hohen Stifft-Kirchen alhie gehalten / zum öffentlichen Druck befordern / vnd dabey meine aus des hertzen Grund wolgemeinte / Vnterthänige gratulation vnd Glückwünsung verrichten wollen. Wünsche demnach Glück der Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürstin̅en vn̅ Frawen / Frawen ELISABETH, Geborn aus Königlichem Stam̅ zu Dennemarck / Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. Fürstlichen / hinterlassenen hochbekümmerten Wittwen / meiner gnädigen Fürstin vnd Frawen / daß der Barmhertzige GOtt J. F. G. in jhrem Hochbetrübten Wittwen-Stand / dieses zu Erquickung vnnd Trost jhres Hertzen hat wiederfahren lassen / daß dieselbe Hochgedachten jhren Ersigebornen Herrn Sohn auff des seligen Herrn Vaters Stuel sitzen; Den Jüngsten
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aber zu eine̅ Bischoff vn̅ Regenten dieses Stiffts destiniret vnnd erwehlet sehen: Der getrewe GOtt wolle J. F. G. auch in andere wege mehr erfrewen / trösten vnd stärcken / vnnd beydes jhren jungen Herrn vnnd Fräwlein / vnd dem gantzen Lande zu trost vnd bestenin guter gesundheit vnd aller ersprießlichen Wolfart Leibs vnd der Seelen lange zeit erhalten. Demnach so wünsche ich auch Glück vnd Heil / Segen vnd Wolfart / dem Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn FRIEDRICH-ULRICHEN, Hertzoge̅ zu Braunschweig vn̅ Lüneburg / etc. meinem gnädigen Fürsten vnd Herrn: Gott verleihe S. F. G. gesundheit vnd langes Leben / regiere dieselbe (Esa. 11, 1.) mit dem Geist der Weißheit vnd Verstandes / vnd gebe Gnade vnd Segen zu einem Christlichen / Fried-Reichen vnd GOtt wolgefälligem Regiment / etc. Ich wünsche Glück dem Hochwürdigen vnnd Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn HENRICH-CAROLO, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. daß S. F. G. durch vngezweifelte Göttliche providents vnd Vorsehung an des seligen Herrn Vaters stadt / zu einem Bischoff dieses Stiffts postuliret vnd erwehlet. Der himlische Vater wolle S. F. G. jhm zu Vaters-Gnaden lassen befohlen seyn / damit dieselbe in allen Christ-Fürstlichen Tugenden mögen erwachsen / vnnd diesem Stifft Heut oder Morgen lange zeit wol für stehen.
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Ich wünsche Glück vnd alle Wolfart dem gantzen Hochlöblichen Hause Braunschweig vn̅ Lüneburg / etc. Gott lasse dasselbe / alß eine vorneme Seule des Röm. Reichs in gutem Flor / gedeyen vnd auffnemen / immerdar wachsen vnd grösser werden / seiner Christlichen Kirchen vnd Schulen zu trost / alß eine vorneme Seugamme vnd Pflegerin / vnd dem gemeinen Nutz(Esa. 49, 23.) beydes im gantzen Reich vnd fürnemlich in diesen Landen zum besten / vnnd beförderung alles guten. Ich wünsche auch in sonderheit Glück einem Hoch: vnd Ehrwirdigen Dom-Capittel / meinen gnädigen / gebietenden Herrn: Der Allmechtige GOtt wolle J. Gn. vnd Hoch: Ehrw. beneben gesundheit vnd langem Leben / zu der Sedisvacants-Regierung viel Glück / Heil vnd Segen verleyen / damit sie sich darin (daß ich mit einem Wort alles sage) alß rechte Patres Patriae vnd Landes Väter erweisen mögen. Endlich so wünsche ich auch Glücke dem gantzen Lande / vnnd wiederhole meinen Wünsch aus dem 85. Psalm, Welcher auch in dieser Predigt ist eingeführet worden:(Psal. 85, v. 9.) Ach daß ich hören solte / daß GOtt der HERR redet / Daß er Friede zusagte seinem Volck vnd seinen Heyligen / auff daß sie nicht auff eine Thorheit geraten. Doch ist ja seine Hülffe nahe / dene̅ / die jhn fürchten / Daß in vnserm Lande Ehre wohne: Daß Güte
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vnd Trewe einander begegnen / Gerechtigkeit vn̅ Friede sich küssen. Daß Trewe auff der Erden wachse / vnd Gerechtigkeit vom Him̅el schawe. Daß vns auch der HERR guts thue / Damit vnser Land sein Gewächs gebe. Daß Gerechtigkeit dennoch für jhm bleibe / vnd im schwang gehe. Beschließlichen sol ich das vnerinnert nicht lassen / daß ich die Predigt Herrn D. MARTINI MIRI, seliger Gedechtnis / (welche er Anno 1591. am tage Matthaei zur renovation vnnd einweihung der hohen Stiffts Kirchen alhie gethan / vnd hernach in offenen Druck außgehen lassen /) Weil derselben in meiner Predigt gedacht wird / vnnd aber dieselbe: Vorlangst verrückt vnnd nicht mehr zu bekommen / gleichwol aber in aeternam rei memoriam wol auffznheben wirdig / guter wolmeinung hiebey habe drücken lassen / verhoffe / solches niemande zu wider; Allen Liebhabern aber der Warheit lieb vnd anmühtig seyn werde.
Erhalt vns HERR bey deinem Wort: Gib Friede in deinem Lande; Glück vnd Heil zu allen Stande. Amen. Datum Halberstad / den 22. Octobris ANNO 1613. M. IOANNES REINE CCIUS, Dom-Prediger daselbst.
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EPICEDIA.
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QUod patriis heu triste clientibus: occidit eheu,(I.) Occidit HENRICUS DUX JULIUS ille, patronu̅ Quem Patrięque Ducem coluit Brunonia tellus! Praesule quo Divi Stephani florere Cathedra Visa, nec à veris secedere devia sacris! Quique vel augustas Romani Caesaris aures, Ora vel, arcanum poterat vel pectus adire! Cujus in Heroo Virtus sibi pectore sedem Fixerat omnis, & omnigenas conjunxerat artes! Testis, quàm latè patet, omnis hic obvius orbis. O mihi si vires animi, si lingua sit artis Maeoniae magè gnara, tuas ut dicere laudes Sit volupè, immensis ô major laudibus Heros! Juliadis labor iste, suos quae docta Marones, Quaeque tui similes habet (absit Livor) Horati, Me satis hos tumulo versus inscribere: Vixit JULIUS HENRICUS, vixit quod vivere mundi Sedibus his licuit, jam vivere pergit Olympo, Jam Genios inter coelestem vivere vitam Gaudet, & est regni consors sine fine beati. Fama quoque & Virtus vivent hoc orbe perennes, Vivunt, ac vivant, Patriae nova gaudia, Sceptri Haeredes patrij: Pater in his ipse superstes Vivat & illustret patrium Virtutibus orbem.
VOci luctisonae quis pudor, aut modus(II. Ad oden 24. lib. 1. Horatii.) Justis sit lacrymis? concine lugubres Lessus Hemipolis, cui Patriae Pater, Cui Praesul bonus occidit! Ergo Juliaden mors cita sustulit Brunsvicum solii Romulei Ducem;
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Cui Res-consilio publica privaque Paucos inveniet pares! Cunctis ille bonis flebilis occidit, Nulli flebilior quàm Patrio solo: Hoc frustrà Caput, heu, non ita creditum Poscet, Praga, tuos lares! Quod si tota tuae moenia regiae, Si des lauta tuae regna Bohemiae, Non illi precium sufficiens dabis, Non haec damna resarcies. Amissi gravior Principis est dolor Ullo quàm valeas aere refundere. Durum, ni Soboles jam Patris aemula Spem reddat patriae bonam. M. HENRICUS REINECCIUS Pastor Mülingensis. (III.)
MAGNUS erat tumido Persas qui Marte subegit, Magnus is indomitâ morte sed, ecce! cadit! Magnos Roma Duces, magnos habuisse Dynastas Creditur: hos cineres Orcus & agger habent! Dicam Guelphiadum qui sanguine proximus Heros Fractus, & ah tristi morte subactus obis? Dicam: Juliades Henricus is, omnia magnus Qui fuit, aetheriâ sede receptus abit! Defunctum Patriae terrae, peregrinaque lugent Regna! quid? in Gnatis en redivivus adest: FRIDRICUSne ULRICUS, & altera, & altera Patrem Exaequent Soboles? exsuperéntve Pares? Indole promittunt sic omnia, & omnia coelum, Omnia terrigenae laeta vovere jubent! Ergo dolor mixtus sit carmi ne, funera Votis: Sarta sit his Salvis, publica tecta Salus. Vivant Guelfiadae, vivat post funera Virtus Guelphica, sitque Solo sitque probata Polo.
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Hoc mecum pullis Holthemia fluctibus orat; Hoc querulis juxta pullus Odacer aquis. Rmi. Dni. Episcopi Halberstad: Vicarius JACOBUS REINECCIUS.
QUi mundum perhíbent dictum, quòd mundius illô Pulcrius aut quicquam exstaret nihil, omine mundum(IV.) Dixerunt verô. Coelum, radiantiaque astra Lucentemque globum Solis Lunaeque tuetor; Jurabis, peplo esse poli nil pulcrius illo. Deîn terramque hominúmque genus, pecudumque volantumque Effigiem adspicito, sunt omnia munda, nec ulli Ulla requirenti magis unquam munda patebunt, Sive oculis terrae genitalia semina lustret, Et quid quaeque ferat regio, quid quaeque recuset, Sive erectos ad sidera vultûs, Sive soli omnia, sive opera aequoris omnia cernat, Mundities haec est quàm perfectissima Mundi.
At mitto hunc mundi mundum. Respublica summum Est Romana decus mundi, nec pulcrius illô Quâ Sol exoritur, quaque occidit; esse videtur. Mundus hic ut mundus nunc desijt esse! patritum, Quale olim fuerat, decus ut nunc perdidit omne, Quâ sola Romulidûm, quâ Teutonis ora superbit!
Est Caesar mundi Caput; est VIIque Viratus; Estque Ducum, Conitumque Genus praelustre; Quiritum Gloria quosque statûs deducit origine long â; Et doctos, fortes quesatos melioribus annis: Mundities isthaec mundi est suprema, nitelam Astrorum aequiparans, sed nunc pullata, ruinam Et damnum minitans, adversis flatibus acta, Et Membris spoliata suis, & honore perenni.
Occubuit Caesar Divûm genus! Occubuêre Eque Viris VII pars major! Mortaque Regum Non timuit turres; reliquorum aut splendida tecta; Sed luctum Nobis & lamentabile damnum Objecit! Tragicis HENRICUS-JULIUS Heros Nunc etiam poscit decorari versibus, Unus Totius poterat qui mundi Mundus haberi: Illa inquam Imperij pars august issima, summis Atque imis lessus, dolor & querimonia facta!
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Heu luctum & lacrimas, ut nunc geminare licebit, Quos propiùs tangit dolor iste! immo nec Atridas Iste dolor tangas solos, sed flentibus adsint, Semidei quondam queîs Relligioque, Fidesque, Ingenium summum, doctrinaque summa, vocale Eloquium & Suadae Veneres, Clementia, Candor, Judicium felix, Heroica gestaque nota.
Lingua Maronis eat spaciosa per aequora laudum, Inveniet segetem scribundi versibus aptam, Musaque profusis ubi luxurietur habenis.
Guelfiacam laudare domum, laudare togatam Militiam, armatamque HENRICI-JULII, id esset Non nostri ingenij, verùm IPSIUS illud abundè Iu lia doctorum ingeniis super aethera nota Praestitit, ac magnos laudum cumulavit accrvos.
Interea requiem defuncto quisque precari Non cesset, lacrimis & tantum ornare Dynastam Cuî minus est promptum Spem tantam implere canendo. Nec grave sit, FRID-HULDRICO, cûi sceptra paterna Et Deus & Leges mandant, bona quaeque precari, Patris ad exemplum impositas moderetur habenas, Qui Sacra restituit Sacris, & Dogma tenebris Obductum luci priscae, qui Iustitiae aequam Libravit lancem, qui Daedalus esse Lycéi Juliaci meruit, quô non augustius ullum, Quique propagavit studiorum nomina sumptu Magnifico, & patriam qui vitae praetulit ipsi, Iura vicaria quique dedit pro Caesaris arâ, Quôque fuit major nemo, nec, condere laudes, Est, dignè qui poßit. Eo Successor honore Gaudeat, Exemplumque sequax sit Fratribus illud, HENRICO-CAROLO in primis, pomoeria terrae Halberstadiacae cui desponsata dabuntur, Ipse ubi judicio ac annis firmaverit almam Spem Patriae., Et quidni firmaverit? Omina subsunt Nominibus: Pater & Fundator primus in uno Conveniunt: Patriam virtutem amplectere & artes, Dum ver luxuriat vitae: Felicia regna Sic sperare potes! Sic ingeminabimus omnes: Vivant Guelfiadûm Nati feliciter; omnis Nec mundi mundus nunc mundus desijt esse! Humilimi adfectûs & gratulationis quale-quale hoc monumen L. Mque. poneb. BERNHARDUS REINECCIUS LL. Studiosus.
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TEXTUS.
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Aus dem 2. Buch der Chronicken am 34. Cap:(2. Paral. 34. v. 1.) ACht Jahr alt war Josta / da er König ward / vnnd regieret ein vnnd dreissig Jahr zu Jerusalem. Vnd thet das dem HErrn(2.) wol gefiel / vnd wandelt in den Wegen seines Vaters Davids / vnnd weich weder zur Rechten noch zur Lincken. Denn im(3.) achten Jahr seines Königreichs / da er noch ein Knabe war / fieng er an zu suchen den GOTT seines Vaters Davids: Vnd im zwölfften Jahr fieng er an zu reinigen Juda vnnd Jerusalem / von den Höhen vnnd Haynen / vnnd Götzen / vnd gegossen Bildern. etc.

EXORDIUM.
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WAs GOtt der HERR seinem Volcke drewet /(Esa: 3, 1.) Esaiae am 3. daß Er wolle hinweg nemen allerley Vorrath / nicht allein allen Vorrath des Brots vnnd Wassers / auch nicht allein weise Werckleute vnd Bawmeister; Sondern auch die Propheten vnd Warsager; Item: Starcke vnnd
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Kriegsleute / Eltesten / Richter / Häuptleute / ehrliche Leute / Räthe vnd kluge Redener: Dasselbe hat Er etliche negst vorflossene Jahr hero an dem gantzen Röm: Reich / vnd fürnemlich auch an diesen Landen in allen Ständen / gnugsam zu wercke gerichtet vnnd erfüllet. (1.) Ich wil nicht weitläufftig sagen von dem Vorrath des Brots / vnd weisen Werckleuten / welche in den Haußstand gehören. Esto! Laß es seyn / daß dasselbe noch in einem mittelmässigen vnd leidlichen Zustande gefunden werde. Wiewol / wenn wir vnsere Augen etwas höher erheben / vnd anschawen wollen / wie alle Creaturen GOTtes / vnd in sonderheit die vier Elementa, sich nach (Rom. 8, 23.) jhrer Erlösung sehnen / dem eitelen Wesen der Menschen nicht gern lenger dienen / vnnd auff GOTtes Befehl ein Rache nach der andern üben: Wie sich die Erde erschütteret / vnd die Gottlosen (Gen. 4, 12.) Hellebrände nicht lenger tragen / auch jhre Krafft vnd Fruchtbarkeit nicht mehr also / wie wol vormahls geschehen / geben wollen Wie sich das Wasser schrecklich ergossen / vnd vnwiederbringlichen Schaden zugefüget; Wie das Fewer bald grosse vorneme Städte / bald geringe Städlein / Flecken vn̅ Dörffer / in die Aschen geleget / vnd allen Vorrath hinweg genommen / vnnd zwar so offt vnnd vielmahls / daß nicht ein Monat fürüber gangen / da man nicht von grossen vnnd erschrecklichen Fewersbrunsten solte gehöret haben; Wie auch in der Lufft nicht allein schreckliche Zeichen vnd Wunder gesehen / sondern auch schädliche Donner / Blitzen / Hagel vnnd Vngewitter fürgefallen / auch vngesunde Vergifftung / Pestilentz vnd andere Kranckheiten verursachet: zugeschweigen / wenn man an vielen Orten die aeraria publica vnd Schatzkammern besehen solte / würde der Vorrath gering gnug / vnd also GOTtes Drewung in diesem Stücke mehr dann zu viel / im wercke erfüllet / befunden werden. (2.) Von Propheten vnd Warsagern / welchen vnsere Theologi vnd gelarte Leute nicht vnbillig verglichen werden / wil ich auch
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nicht viel sagen. Wittenberg / Jena vnd Helmsted (daß ich nur die Benachbarte berüre) könten vns ein gantzes Buch der Klaglieder singen / über dem tödlichen abgang vieler vornemer Leute: Johannis-Georgij Volckmari, Aegidij Hunnij, Davidis Rungij Salomonis Gesneri, Georgij Mylij, Polycarpi Leiseri, Petri Piscatoris, Danielis Hoffmanni, Laurentij Scheurlini; daß ich Caselium, Taubmannum, vnd anderer saculteten vorneme Professores, gutwillig mit stillschweigen übergehe. Ist also auch in diesem Stück / Gottes Drewung in der that gnngsam erfüllet. Aber wenn wir / vors dritte / die starcke Kriegßleute / Richter / Elteste / Räthe vnd Redener / dadurch der dritte Stand der weltlichen(3.) Herrschafft vnd Oberkeit wird angedeutet / anschawen / so befindet sich / daß GOTT der HERR deroselben auch gar nicht verschonet habe. Von außländischen Königreichen / Franckreich / Schweden Polen vnd andern / welche das Röm: Reich nicht angehen / wil ich nichts sagen. Es sind noch nicht drey Jahr verflossen / daß das Deutsche Röm: Reich verloren hat den Friedliebenden vnd (wenn man etliche wenig der letzten Händel beyseits stellet) glückseligen / hochberühmten Regenten Rudolphum IIdum Röm: Keyser / hochlöblichster vnd Christmilder gedechtnis. Es hat verlore̅ den Ertz Bischoff vnd Chur Fürsten zu Cöln / Ernestum; vnd den Pfaltz Grafen vnd Chur Fürsten Fridericun IVtum beyderseits hochlöblichster gedechtnis. Welche / ob Sie wol nicht vnser Confession zugethan / sondern der eine Päbstisch / den ander Calvinisch gewesen; so werden doch J. C. F. G. von vielen gerühmet / daß sie nicht tyrannische Blutdürstige Köpffe; sonderr hochverstendige vnd Friedliebende Regenten gewesen seyn. Wir haben auch verloren Christianum IIdum Churfürsten zu Sachsen / hochlöblichster gedechtnis / dessen C. F. G. jederman hochpreiset / daß es eine sehr fromme Seele gewesen.
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Endlich / heu fatum Patriae! Haben wir auch verloren den Hochwirdigen vnd Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn HENRICH-JULIUM, Postulirten Bischoff dieses Stiffts / vnd Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / vnsern allerseits gnedigen / Fürsten vnnd Herrn / hochlöblicher vnd Christmilder gedechtnis; Ach GOTT! Quantum decus & columnam Patriae! Welch eine Zierde vnd Seule des Vaterlandes! Welch einen Weisen / Gelarten / Beredten / Großmüthigen / Tapffern Fürsten vnd Held! Welcher allein universim vnd zusammen viel herrliche / fürstliche Tugende an sich gehabt / in welchen eintzelen wol andere excelliren vnd berühmbt seyn. Nihil do auribus! Daß es wahr sey / weiß das gantze Deutscheland; Es wissens auch Ausländische Es weiß es in sonderheit der Aller Durchleuchtigster / großmächtigster vnnd vnüberwindtiger Römischer Keyser Matthias II, etc. Wie daher J. K. M. J. F. G. tödlichen Abgang höchlich betrauren vnnd beklagen / als dieselbe beydes in einem sonderliche̅ gnedigen condole̅ts Schreiben / an die hochbetrübte / hinterlassene Fürstliche Wittwe; so wol auch durch Keyserliche Botschafften allergnedigst zu erkennen gegeben haben. Vnd scheinet sonderlich ominosum vnd nachdencklich / daß hochgedachte J. F. G. aus deroselben Eltesten vnnd Räthen bey diesem Stiffte: den Herrn Cantzler / den Herrn Richter / den alten Praeceptorem vnd Hoffprediger / den alten geheimsten Secretarium, theils voran geschicket / theils bald hernach geholet. Vnnd muste derjenige entweder gar ein vnd , ein stoischer Stock vnd Storrkopff / oder ein sicherer Epicurer seyn / der nicht behertzigen vnnd bekennen wolte / daß solches durch sonderbahren Rath vnd Willen GOTtes / vnd nicht sine omine singuIari geschehe / vnd von zukünfftigen / vorstehenden Verenderungen billig allerhand nachdencken mache. Wir / die wir solches alles sehen vnd erfahren / vnnd das zu
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künfftige Vnglück vnnd Verenderung / zum theil von fern sehen / zum theil fast überm Halse fülen vnd erfahren / was sollen wir zur Sachen thun? Den tödlichen abgang der Verstorbenen / fürnemlich hochgedachter J. F. G. können vnd sollen wir billig beweinen / trawren vnd klagen. Vor allen dingen aber haben wir zubeklagen vnd zubetrawren vnsere vielfältige vnnd schwere Sünde / damit wir GOTtes Zorn vnd ernste exsecution vnd Straffe erreget haben. Wolan! confiteamur Jehovae! Lasset vns dem HErrn vnsere Sünde mit rewigem Hertzen abbitten / vn̅ auß den Klagliedern sagen: Vnsers Hertzen Frewde hat ein Ende: Vnser Reige̅(Thren. 5, 15.) ist in Wehklage̅ verkehret; Die Kron vnsers Häupts ist abgefalle̅: O weh / daß wir so gesündiget haben. Laßt vns forschen vnd suchen vnser Wesen / vnnd vns zum(Thren. 3, 40.) HERRN bekehren; Laßt vns vnser Hertz sampt den Händen auff heben zu GOTT im Himmel: Wir / wir haben gesündiget / vnd sind vngehorsam gewest / Darumb hastu billich nicht verschonet. Inmittelst / laßt vns auch gedencken an die Barmhertzigkeit des HERRN / die noch(Thren. 3, 22.) kein Ende hat; sondern ist alle Morgen new: Die Güte des HERRN ists / daß wir nicht gar aus seyn. Der HERR hat vns zerrissen / Er wird vns auch heilen;(Ose. 6, 1.) Er hat vns geschlagen / Er wird vns auch verbinden / wie Öseae am 6. geschrieben stehet. Dieweil nun der Morgende Tag zu hochgedachter J. F. G. Leichbegängnis / vnd allgemeinen Trawren in dem gantzen Hertzogthumb Braunschweig angeordnet: Vnd aber es einem Hoch: vnd Ehrwürdigen Dom-Capittel dieses Ttiffts / vnsern gnedigen gebietenden Herrn vnd Oberkeit / also gefällig gewesen / daß wir in
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dieser Stadt / vnd vornemlich in dieser hohen Stiffts Kirchen / denselben Luctum vnd Trawrbegängnis / heute diesen Sontag anticipiren, vnd J. F. G. zum Ehrengedächtniß eine Predigt verrichten sollen; Hat vns nicht anders gebühren wollen / als daß wir demselben gehorsamlich nachsetzen. Wollen demnach die Materiam, zu vnserm vorhaben dienlich / nemen aus der Historia des frommen / Gottseligen Königes Josiae, wie dieselbe beschrieben stehet im 2. Buch der Könige am 22. vnd 23; vnd im 2. Buch der Chroniken am 34. vnd 35. Capittel: vnd nachfolgende vier Stück zu handeln vornehmen:
1. Wie der König Josias jung zum Regiment kommen / vnd sich bald in der Jugend sehr wol angelassen;
2. Wie er im gantzen Lande den Gottes dienst reformiret, vnd alle Abgötterey abgeschaffet;
3. Was es zu seiner Zeit im weltlichen Regiment vor einen Zustand gehabt; vnd endlich /
4. Wie er an einem frembden Ort gestorben / gen Jerusalem geführet / begraben / vnnd von allen Vnterthanen betrawret vnd beklaget worden. (Aetas & indoles.)

I.
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Acht Jahr alt / sagt die Historia / war Josia / da er König ward: Daraus wir vernehmen / daß er sehr Jung zum Reich vnd Regiment kommen sey. Dieweil aber nicht gemeldet wird / was in den ersten acht Jahren seines Königreichs sich begeben habe / ist daraus abzunehmen / daß die Regierung domahls nicht bey dem Jungen König; sondern bey dem Hohenpriester Hilkia vnnd andern Eltesten des Reichs / gestanden; Der König aber inmittelst vnter deroselben Pflege: vnd Vormundschafft gewesen / vnnd von denselben zu allem Guten aufferzogen sey.
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Im achten Jahr aber seines Königreichs / vnnd im sechstzehenden seines Alters / fängt der König an zu fuchen den GOTT seines Vaters Davids. Zweifels ohn hat man an jhm einen herrligen Verstand vnnd Indolem gespüret; Vnnd derohalben angefangen / jhn herfür zuziehen / vnnd zu den Regiments Sachen zugebrauchen. Worin er dann sich also angelassen / daß man vor allen andern dingen seine Gottseligkeit zuspüren gehabt: Wie er nemlich solche anzeige öffentlich gegeben / daß er an der Abgötterey vnd Greweln / welche seyn Vater Amon, vnnd seyn Großvater Manasse, vnd andere vörige Könige eingeführet / gar kein gefallen trage; Sondern er wolle suchen den GOTT seines Vaters Davids / das ist: den waren GOTT Israëlis, welcher den David von den Schaffen genommen / zu einem Könige über sein Volck gesetzet / vnd jhm die Verheissung von einem ewigen Königreiche vnd zukünfftigen Messia gegeben Den hat er allein vor den waren lebendigen GOTT erkand / an denselben hat er gegleubet / dessen GOTtesdienst hat er vor seine Person lieb vnd werth gehalten / vnd durch das gantze Königreich lauter vnd rein wieder anzurichten; alle Abgötterey aber vnd Götzendienst abzuschaffen / lust vnd beliebung getragen. Alhie felt nun die Frage für: Weil Josias so gar jung(1. Lehr.) zum Reich kommen; Ob man denn wol junge Knaben zu Regenten erwehlen vnd setzen möge? Respon. Zwar die weisen Heyden haben das Gegenspiel lehren wollen / mit der fabulâ Phaëthontis, Denn in dem sie fürgeben / wie(Ovid. 2. Metam. Fab. 1. & 2.) Phaëthon / ein junger Knabe an seinem Vater die Sonne oder Phoebum begeret habe / daß er jhm seinen Wagen zu führen überlassen wolte: Wie sich der Vater dessen geweigert / vnnd was für Vnglück daher entstehen könte / erzehlet; der Sohn aber sich nicht wollen abweisen lassen / sondern jmmerdar in
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ständlich angehalten / bis es jhm endlich vom Vater zugelassen: Wie darauff Phaëthon den Wagen zu regieren angenommen / sey aber den muthigen Pferden viel zu leicht vnnd schwach gewesen / welche aus dem Geschirr geschlagen / den rechten Weg verlassen / Himmel vnd Erden angesteckt / vnd gros vnglück gestifftet: etc. Haben sie damit andeuten wollen / daß es nicht gut oder rathsam sey / einem jungen Knaben ein Regiment zu vertrawen / den̅ er viel zu schwach / vngehorsame Vnterthanen im zwang zu halten; Daher werde coelum terrae misciret, vnd in den Regimenten zu grosser Zerrüttung vnd Vnheil vrsach vnnd anlaß gegeben. Also / wenn Salomon in seinem Prediger am 10. spricht: (Eccl. 10, 16.) Weh dir Land / des König ein Kind ist; vnd des Fürsten frühe essen: Gibt er klärlich zu verstehen / daß ein Regiment sehr übel versehen / wen̅ der König oder oberste Regente ein Kind ist; die Fürsten aber / das ist / Räthe vnd Königliche Amptsverwalter / früe essen / vnd mehr auff Pancketiren / Fressen vnd Sauffen / als auff die Regierung vnd des Landes Wolfart bedacht seyn. Daß aber gleichwol der weise König Salomon nicht simpliciter vnnd schlecht von einem Kinde rede / das von Jahren ein Kind; sondern vielmehr / das am Ingenio vnnd Verstande Kindisch (. 17.) sey; bezeuget die Antithesis oder Gegensatz / wann er also bald drauff saget: Wol dir Land / des König Edel ist; vnd des Fürsten zu rechter zeit essen / zur Stercke vnd nicht zur Lust. Hie setzet er gegeneinander / ein Kind / vnd einen Edlen: Nun kan aber auch ein Kind / obs gleich an Jahren noch jung / gleichwol Edel seyn / beydes von Geschlecht vnd herkommen / vnd dann von gutem Verstande vnnd Edler art. Darumb redet Salomon von einem solchen Kinde / das nicht von Edler Zuneigung vnd gutem Verstande / ob es gleich entweder von hohem Geschlechte / oder
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auch von Jahren alt gnug were. Wenn aber ein Knabe von Jahren zwar jung / aber von Edlem Verstande vnd guter Hoffnung / daß derselbe wol zum Regiment könne erwehlet werden / wird Salomon nicht leugnen / aldieweil er ja selbst sehr jung dazu kommen / vnd in seiner Jugend viel besser als im Alter regieret hat / wie in seiner Historia / im 1. Buch der Könige am 2. vnnd folgenden Capitteln zu befinden. Also lieset man im 2. Buch der Könige am 11. vnnd 12. daß(2. Reg. 11, 21; & 12, 2.) Joas ein Knabe von sieben Jahren zum Könige sey gesetzet / vnnd habe wol regieret.
Also auch dieser Josias. Dagegen ist Rehabeam viertzig Jahr alt / wie er an seines(1. Reg. 14, 21.) Vatern Salomonis stat zum Regiment kömpt; vnnd gleichwol stehet von jhme im 2. Buch der Chronicken am 13: Rehabeam(2. Paral. 13, v. 7.) war jung / vnd eines blöden Hertzen / Regieret auch nicht(1. Reg. 12, 14; & 14, 22.) wol / als das 12. vnd 14. Capittel im 1. Buch der Könige außweisen. Also Josiae Sohn / Joahas ist drey vnd zwantzig; Jojakim(2. Reg. 13, 31; & v. 36.) aber sein Bruder / fünff vnd zwantzig Jahr alt / wie sie zum Regiment kommen: Fehlet aber weit / daß sie jhrem Vater Josiae, welcher viel jünger dazu kommen / nicht gleich thun. Vnnd viel andere Könige in Juda vnnd Israel, sind in volkommenen Mannlichen Alter zum Reich kommen / haben aber die meisten sehr übel regieret / als aus jhren Historien zu befinden. Ist demnach ein junger Knabe nicht simpliciter oder schlecht / von der Wahl zum Regiment außzuschliessen; Aber gleichwol / wenn einer dazu erwehlet werden sol / hat man auff nachfolgende puncte mit vleiß achtung zu geben: I. Daß er nicht allein von Edler Geburt / sondern auch von edler Art / von gutem Verstande vnnd Gaben; Daß man die zuversicht vnd hoffnung zu jhm tragen könne / daß ein tüchtiger vnd nützer Regent in jhm stecke / der Heut oder Morgen Land vnnd Leuten wol fürstehen werde.
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II. Daß es dem Regiment vnd gemeinen Nutz / zu scheinbarem Besten gereiche / daß ein Knabe / vnnd nicht ein ander / erwehlet werde. III. Daß die jenige / penes quos summa rerum, welche die Regierung zu verwalten haben / mit höchstem vleiß dahin traehten / daß inmittelst / bis der junge Regente erwachse / Land vnd Leuten wol fürgestanden / vnd das Regiment wol bestalt werde. Daß sind die Fürsten / von welchen Salomon sagte / Sie solten zu rechter zeit Essen / zur Stercke vnd Gesundheit / vnnd nicht zur Lust. (Esa. 5, 11.) Denn wenn Regenten des Morgens frühe auff sind / sich des Sauffens zu bevleissigen / vnnd sitzen bis in die Nacht / bis sie der Wein erhitze / vnnd achten inmittelst nicht auff das Werck des (Jer. 48, 10.) HERRN / auff das hohe Ampt / daß jhnen anbefohlen ist / Ja thun dasselbe Werck sehr nachlässig / vnd verseumen das gemeine Besten / die müssen sich hoch auffschürtzen / wen̅ sie dem Fluch vnd Weh entlauffen wollen / welches Esaiae am 5; vnnd Jeremiae am 48. gedrewet ist. IIII. Daß auch endlich der junge erwehlte Regente in allen löblichen Tugenden / auffsbeste / als müglich / aufferzogen werde: Wie (2. Sam. 12, 1. 25. 2. Reg. 11, 3; & 12, 2.) dann zu dem ende der junge Printz Salomon vnter die Hand des Propheten Nathans gethan worden / im 2. Buch Samuelis am 12; Vnnd Joas ist erzogen vnter dem Hohenpriester Jojada, im 2. Buch der Könige am 11. vnd 12. Vnd so lang / als er sich denselben hat lehren lassen / hat er wol regieret; Also auch Jossas vnter dem Hohen Priester Hilkia. (2. Lehr.) Vnd eben dis ist die andere Lehr / die alhie an dem Exempel Josiae zu betrachten fürfelt / wie nemlich / ein junger Regent wol vnd nützlich zum Regiment erzogen werden solle. Denn wie es sonst in andern dingen / also wirds auch hier fürnemlich heissen:
---- A teneris adsuescere multum est. Jung gewohnt; Alt gethan: Was ein gut Hake werden sol / muß sich bey zeitten krümmen.
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Alhie könte man nun sagen / in was Tugenden fürnemlich ein junger Regent zu erziehen sey: Dieweil aber dieselbe hernach im dritten Theil bey dem formular eines guten Regiments werden erzehlet werden / so wollen wir alhie abbrechen / vnd den ersten theil hiemit beschliessen.

II.
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Im andern Theil wird nun angezeiget / vnnd nach der länge(II. Reformatio cultûs divini.) erzehlet / wie es der König Josias gefunden im Tempel vnd GOttes dienste; vnd wie er denselben im gantzen Königreich reformiret habe. Die summa solcher reformation beruhet in diesen nachfolgenden Puncten: 1. Im zwölfften Jahr seines Königreichs / im(1. Abrogatio Idololatriae.) zwantzigsten aber seines Alters / fengt er an zu reinigen Juda vnd Jerusalem von den Höhen vnnd Haynen / Götzen vnd gegossen Bildern. Vnnd weil insonderheit der Baalitische Götzendienst das gantze Land erfüllet hatte / zerstöret / zerbricht vnnd zermalmet er nicht allein dieselbe Altar / vnd gegossene Götzenbilder / sondern er verbrent auch die Baalitische Priester selbst auff den Altaren / in massen von jhm geweissaget war / wol drey hundert Jahr zuvor / durch einen Propheten aus Juda / wie in 1. Buch der Könige am 13. zu lesen. Vnnd dasselbe(1. Reg. 13, 2.) verrichtet er nicht allein in Juda vnd Jerusalem / sondern auch in den andern Stämmen / in den Stätten Manasse, Ephraim, Simeon, Naphthali, vnd im gantzen Lande Israël. Diese erste reinigung vnd abschaffung des Götzendienstes hat sechs Jahr gewehret. 2. Im achtzehenden Jahr aber seines Königreichs / das ist im(2. Reparatio Templi.) sechs vnd zwantzigsten seines Alters / sendet er etliche seiner Räthe / als den Cantzler / Stadvogt vnd Schreiber oder Secretarium, zu dem Hohenpriester Hilkia, lesset demselben anzeigen / wie der König gnädiglich gemeinet / den Baw des Tempels / welcher etwas
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verfallen / wieder restauriren vnd ernewern zu lassen / vnd zu dem Werck auß Königlicher mildigkeit deputiret habe allen Vorrath am Gelde / welcher in das Hauß des HERRN / auß dem gantzen (Exod. 23, 15. Deuter. 16, 17.) Israel bißhero / vermöge des Gesetzes im 2. Buch Mosis am 23; vund im 5. Buch am 16. zusam̅ gebracht / vnd durch die Leviten auffgehaben vnnd verwahret war / daß man dasselbe Geld neme / vnnd gebe es vnter die Hände der Arbeiter / damit das Hauß des HERRN gebessert werde / wo es Bawfellig befunden. (3. Inventio libri Legis.) 3. Wie man nun dasselbe ins Werck gestellet / Bawmeister / Zimmerleute vnd andere Arbeitsleute vnd Lastträger / auch Treiber vnd Auffseher verordnet / vnnd zur bezahlung den Schatz des Tempels herfür genommen / Sihe / da findet der Hohepriester Hilkia das Gesetzbuch / welchs GOTT durch Mosen gegeben hatte. Vmb dasselbe Buch haben sich beydes der Hohe: vnd andere Priester bißhero so wenig bekümmert / daß sie nichts davon wissen / wo es sey / bis sie es ohngefehr bey dem Gelde verschlossen vnd verwahret finden. Dasselbe Buch gibt nun der Hohepriefter dem Secretario Saphan, daß er es dem Könige zu einem sonderlichen praesent bringen / vnd dabey anzeigen solle / wie es bey dem Schatz sey gefunden worden. (4. Fervor Regis in agendâ poenitentiá; & consulendo Domino.) Als nun Saphan dem Könige referiret, wie J. M. Befehl sey zu Wercke gerichtet / offeriret er auch das Buch / welchs jhm von dem Hohenpriester zugestellet war / vnnd lieset etwas drauß für dem Könige. Demselben gehet es also bald zu Hertzen / daß er seine Kleider zerreist / sich zu wahrer Busse schicket; Vnnd weil er leichtlich gedencken kan / daß der Zorn des HERRN wegen verachtung vnd vbertretung des Gesetzes / vnd in sonderheit vmb der grewlichen bißhero im Lande getriebenen Abgötterey willen / beydes vber den König vnd das gantze Volck sehr entbrand / vnd grosse Straff / nach drewung des Gesetzes / zubesorgen sey: Schicket er vorneme Gesandten zu einer Prophetin / mit namen Hulda, lesset das Angesicht des HERRN ersuchen vnd fragen: Ob nicht
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der Grim des HERRN / vnd die vorstehende Straffe noch abgewand werden könne? Der HERR lesset durch die Prophetin erstlich zwar eine(5. Responsum Domini.) harte Antwort geben: Dieweil man jhn / den HERRN / verlassen / andern Göttern gereuchert / vnd jhn erzürnet habe mit allerley bösen Wercken; So wolle Er auch vber den Ort vnd die Einwohner bringen alle die Flüche / die in dem Gesetzbuch geschrieben stehen;(Deut. 28, 15. & seqq.) Sein Grim solle angezündet vnd nicht außgeleschet werden. Aber gleichwol hernach lesset Ers etwas mitigiren vnd lindern / vnnd dem Könige Juda anzeigen: Dieweil sein Hertz weich worden für den ernsten Drewungen des Gesetzes / vnd dahero sich für dem HErrn gedemütiget / vnnd sein Angesicht mit Threnen ersuchen lassen; So wolle auch der HERR zu seiner zeit verschonen / vnd jhn in Frieden zu seinen Vätern versamlen / daß seine Augen das Vnglück nicht sehen sollen / welches der HERR hernach vber denselben Ort vnd Einwohner bringen werde. Darauff wird das Hertz des Königs wieder getrost / vnnd(6. Plenaria reformatio & renovatio foederis, inter Deum & populum.) fehret fort in seinem angefangenen Christlichen Vorhaben / lesset alle Eltesten vnd das gantze Volck / Junge vnd Alte / zusam fordern / gehet mit jhnen in das Hanß des HERRN / lesset das Buch des Bundes für den Ohren des gantzen Volcks für lesen / vnd ernewert den Bund zwischen dem HERRN vnnd dem Volck / daß man dem HERRN nach wandeln / seine Gebot / Zeugniß vnd Rechte von gantzem Hertzen vnd von gantzer Seelen halten / vnd nach den Worten des Bundes thun solte / welche im Gesetzbuch beschrieben. Er thut auch vollends hinweg alle Grewel in allen Landen / die der Kinder Israël waren / vnd verschaffet / daß alle die in Israël gefunden werden / dem HERRN jhren GOTT dienen müssen. Die Elteste vnnd das Volck sind auch nicht Halstarrig;(7. Populi obedientia.) Sondern dem Könige gehorsam / lassen die Abgötterey fahren / vnd dienen dem HERRN jhrer Väter GOtt / so lang als Iosia regieret.
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(8. Celebratio Paschae.) In sonderheit wird hernach beschrieben / wie herrlich vnnd prechtig der König Josia habe das Osterlamb schlachten / vnnd dasselbe Fest feyren lassen: Wovon im 2. Buch der Könige / das (2. Reg. 23. 2. Paral. 35.) 23; vnd im 2. Buch der Chronicken / das 35. Capittel können gelesen werden.

Lehr vnd Gebrauch.
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(1. Status Ecclesiae, Iosiâ regnum ad cunte.) AVß dieser Historia haben wir nun erstlich dasselbe wol zubehalten / was der König Jossas für einen zustand in der Kirchen GOttes zu seiner zeit gefunden habe / Nemlich: 1. der Baw des Tempels war verfallen; 2. das Gesetzbuch verloren; 3. vnd alles im gantzen Lande mit Abgötterey erfüllet. Mit was gepränge vnd Herrligkeit der König Salomon (1. Reg. 6. & 8. t. c.) den Tempel erbawet / vnd eingeweyhet habe / kan im 1. Buch der Könige am 6. vnd 8. Cap. gelesen werden. Dasselbe stadliche Gebäw / dessen gleichen zu der zeit in der Welt nicht zu finden gewesen / haben die folgende Könige mehrentheils nicht groß geachtet / weil sie von dem rechten Gottesdienst abgewichen: Daher ist es verfallen vnd verderbet / also daß auch der König Joas wol hundert (2. Reg. 12, 7.) Jahr vor Josia, die restauration vnnd ernewerung desselben angeordenet / im 2. Buch der Könige am 12. welche aber seine Nachkommen wiederumb / biß auff Josiam, haben fallen lassen: Daß also der herrliche Tempel jämmerlich vnnd gantz bawfellig gestanden / daß man auch newe gehawene Steine / wie alhie im Text stehet / vnd gehöffelt Holtz hat käuffen müssen zu Balcken an (2. Paral. 34, v. 11.) den Häusern / welche die Könige Juda verderbet hatten. Daß ist den Königen ein schmaler Ruhm / daß sie das schöne Gotteshauß nicht vleissiger in Baw vnd Besserung gehalten haben. Das Gesetzbuch aber hatte GOTT der HEERR mit besonderm Ernst vnnd Eiffer gegeben / vnnd beydes dem gantzen (Deut. 4, 1; & 17, 18.) Volcke / im 5. Buch Mosis am 4. etc. Vnd dann auch insonder
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heit dem Könige / im selbigen Buch am 17. mit vleiß zu lesen / vnnd das Leben vnd Regierung darnach anzustellen / befohlen. Domahls aber zu Josua zeitten / war es so vnbekant geworden / daß auch der Hohepriester Hilkia selbst nichts davon gewust / biß ers / alß ein Newes / seltzames vnd vnbekandes ding wieder findet / vnnd auch dem Könige praesentiren lesset. Also stehet im 1. Buch Samuelis am 3: daß zu des Hohenpriesters Eli zeitten / des(1. Sam. 3, 1.) HERRN Wort thewer / vnd wenig Weissaging gewesen. Vnd Esaiae am 5. stehet: Sie verachten das Gesetz des HErrn(Esa. 5, 24.) Zebaoth / vnd lestern die Rede des heyligen in Israel. Die Abgötterey endlich vnd Götzendienst hatte GOtt der HERR mit solchem Ernst verbotten / daß bey nahe nicht ein eintziges Gebot zu finden / welchs so offt / beydes im Mose vnnd andern Propheten wiederholet were / alß eben desselbe / daß sie jhnen keine Götzen / dem HERRN zum Bildnüß vnd dienste / machen / vnd keine frembde Götter haben oder ehren solten. Gleichwol aber waren sie sehr geneigt vnd hinfällig zur Abgötterey; tödteten auch die Propheten / welche dawider Predigten / wie auß der gantzen Historia altes Testaments klar zu befinden. Worüber dann der thewre Prophet Elias zu seiner zeit klaget / im 1. Buch der Könige am 19. Ich habe geeifert vmb den HERRn den GOtt(1. Reg. 19, v. 10) Zebaoth: Denn die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen / vnd deine Altar zubrochen / vnd deine Propheten mit dem Schwert erwürget / vnd ich bin allein(Esa. 2, 6; & 44, 9; & 48, 5; & 57, 5. Jer. 1, 16; & 2, 7; & 3, 6; & 5, 7; & 7, 17; & 16, 11; & 17, 1; & 22, 8. Ezech. 8. t. ??? & 20, 8.) vberblieben / vnd sie stehen darnach / daß sie mir mein Leben nehmen. Also klaget GOTT der HERR selbst vber die Abgötterey vnd erbärmlichen zustand des Gottes dienstes in seinem Volcke / beim Esaia 2. 44. 48. 57; Im Jeremia am 1. 2. 3. 5. 7. 16, 17. 22. etc. Im Ezechiele am 8. 20. vnd sonst hin vnd wieder bey den Propheten
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(2. 2 Vsus & applicatio ad nostra tempora.) Weil wir nun dasselbe auß der Schrifft wissen / so sols vns so viel weniger wunder nehmen / wenn wir dran gedencken / wie es vorzeiten vnter dem Pabstumb vmb den Gottesdienst gestanden / vnd noch stehe / an denen Orten / da es im vollen schwange gehet. Zwar auff Stiffte / Klöster / Kirchen / Capellen vnnd Clause / hat man zu der zeit gnugsam gewand / daß wol nicht eben darüber zu klagen were: Doch ist gleichwol dasselbe dabey zuerinnern / daß man dero vermeintlich zum Gottesdienst erbaweten Häuser / entweder gar keine / oder doch gar wenige / dem waren lebendigen GOTT allein zu Ehren; Sondern alle / oder ja die meisten / den verstorbenen Heyligen / vnd auß eigener Andacht erwehleten Patronen vnd Nothhelffern / wider GOttes Wort / consecriret, vnd geweihet hat. Daß Gesetzbuch aber / daß ist / die heylige Schrifft / ist bey nahe gar verloren / vnnd alles mit abgötterey erfüllet gewesen. Zwar vnsere Widersacher können es nicht wol leiden / daß man sage / D. Luther, seliger / habe die Bibel vnter der Banck steckend gefunden / vnd wieder herfür gesuchet. Nun ist wol nicht ohne / die Bibel ist nicht gantz vnd gar verloren / sondern noch / aber bey wenigen / verhanden gewesen / doch in verrichtung jhres Gottesdienstes / nur stückweise auß den Breviarijs vnnd in Lateinischer sprach gebraucht; Die einfältige Leyen aber haben sich behelffen müssen mit den gewöhnlichen Sontags vnnd Fest Evangelien vnd Episteln / neben den Häuptstücken das Catechismi / darauß zweifels ohne jhrer viele durch GOttes Krafft / im einfalt des Glaubens / (1. Pet. 1, 5.) zur Seligkeit seyn bewahret worden / wie S. Petrus in der 1. Epistel am 1. redet: Aber der rechte Verstand vnnd Gebrauch der Schrifft ist dermassen verdunckelt vnnd verkehrt gewesen / daß nicht allein die Leyen / welchen man die Bibel zu lesen vorboten hat / auch nicht allein die Curatores vnd Plebani, das ist / die vngeschickte Dorff Priesters; Sondern auch wol grosse Magistri nostri gar wenig davon gewust haben. Vnnd hie sey jhnen Trotz
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geboten / daß sie auß Durando, Hugone de Prato, Iohanne Fritsch / Iohan-Geiler Keiserbergio, Iohan-Herold, sonst Discipel de tempore genandt; Item, auß dem dormi securè vnnd andern derogleichen Büchern beweisen / daß die Schrifft so herrlich / Hell vnd Klar zu der zeit sey erkläret / vnd in Schrifften angezogen / alß sie / GOTT lob / jtzo in dem nehesten Seculo, in Predigten vnnd Schrifften angezogen vnd erkläret worden. So offt alß ich in den benanten Büchern etwas lese / jammert mich des elenden allegirens, vnd sonderlich des allegorisirens, vn̅ vberauß grossen Blindheit vnd Finsterniß: Habe aber inmittelst ein hertzlich Mitleiden mit denen guten Leuten / die es nicht besser haben wissen können / vor denen / die jtzund das helle Liecht der Warheit wol sehen / aber muthwillig die Augen zu thun / vnnd nicht sehen wollen. Daß aber auch eine sehr grosse Abgotterey vnd Götzendienst vnter dem Pabstumb getrieben: Die Herrligkeit des Lebendigen GOttes in ein Bilde / mit Menschen Händen gemacht / vorwandelt; die Ehr / so GOTT allein zustehet / den verstorbenen Heyligen zugelegt; Vnnd in sonderheit dem Verdienst vnd Vorbit Christi vnsers einigen Erlösers / Mitlers vnnd Vorsprachen bey(1. Tim. 2, 5.) GOTT / zur Verkleinerung / der heyligen Verdienst vnd Vorbit hoch gerühmet vnd gehalten / vnd die demselben Vngöttlichen Wesen widersprochen haben / mit Fewer / Wasser vnnd Schwert verfolget vnnd getödtet worden: Vnnd daß es noch im Reich des Pabstes so zugehe / kan vnnd mag nicht geleugnet / viel weniger entschuldiget werde̅ / man bementele es auch / wie man jm̅er wolle. Dasselbe muß vns nun nicht befrembden / weil wir gehört haben / daß es zun zeiten Iosiae, vnd sonst offt im alten Testament / auch einen solchen Zustand in der Kirchen GOttes gehabt: Vnd dann zuforderst / weil wir wissen / daß nicht allein der Prophet(Dan. 12, 1. Luc. 17, 22. & 21, 25. Matt. 24, 15.) Daniel am 12. vnd Christus Lucae am 17. 21. vnnd Matthaei am 24; Sondern auch die heyligen Apostel / fürnemlich Paulus in
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(2. Thes. 2, 3. 1. Joan. 2, 18. & 4, 3. Apoc. 17. & 18. t. c. 2. Officium Magistratûs in reformatione cultûs divini.) der 2. an die Thessalonicher am 2. vnd Johannes in der 1. am 2. vnd 4. vnd in der Offenbarung am 17. vnd 18. Cap. von der grossen Finsterniß vnnd erbärmlichen Zustande der Christlichen Kirchen vmb die letzte zeit der Welt lange zeit zuvor geweissaget haben. Inmittelst werden die Obrigkeiten an dem Exempel Iosiae jhres Ampts erinnert / wie sie sich Christliche reformationes vn̅ Verbesserung des Gottesdienstes mit vleiß sollen angelegen seyn lassen. Also thut Iosias: (.) Alle Abgötterey vnd Götzendienst schaffet er abe; (.) Den Tempel lesset er restituiren vnd Bawen; (.) Auß dem Gesetz erkennet er selbst seine Sünde / vnd ersucht das Angesicht des HERRN / daß desselben Grim möge abgewendet werden; (.) Er machet auch einen newen Bund zwischen dem Volck vnd dem HERRN / vnnd helt seine Vnterthanen dazu / daß sie demselben dienen / vnd in seinen Geboten wandeln müssen. (. Esa. 49, 23.) Also / wenn Obrigkeiten wollen Seugammen vnd Pfleger der Christlichen Kirchen seyn / wie sie Esaiae am 49. genennet werden; So haben sie mit vleiß dahin zu sehen / daß nicht die Brüste vergifftet / vnd die Seuglinge vnd Pflegekinder dadurch getödtet / daß ist / daß alle falsche Lehr / Irrthumb vnd Abgötterey abgeschaffet / vnnd dagegen die lautere Milch des reinen vnverfälscheten (1. Pet. 2, 2.) Worts GOttes / sampt dem heilsamen gebrauch der Sacramenten / fürgetragen vnd außgespendet / vnnd also der rechte Gottesdienst fort gepflantzet vnd verrichtet werde. (. 1. Cor. 14, 40.) Die Gottes Heuser sollen sie auch billig in zierlichem Baw erhalten / damit es , fein zierlich vnd wol darin zugehen (2. Sam. 7, 2.) möge. König David machte jhm ein Gewissen drüber / daß er in einem stadlichen Cedern Hause wohnete / vnnd die Lade des HERRN vnter den Teppichen in der Hütten des Stiffts bleiben müste. Itzt thun jhrer viel das Gegenspiel / vnd reissen die Kirchen Güter zwar zu sich / vn̅ wohnen gern in stadlichen Pallasten;
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Aber die Kirchen vnnd Gottes Heuser stehen an vielen Orten / daß es wol besser dienete. Wollen sie auch Gehorsame vnnd Gottsfürchtige Vnterthanen(.) haben / wie sie sich dann dahin / nach dem Exempel Josiae, billig bevleissigen sollen; So müssen sie auch das Stück nicht in vergessen stellen / daß sie selbst mit gutem Exempel jhnen vorgehen / denn da heisset es: Regis ad exemplum totus componitur orbis, Wie der König ist / also sind auch die Vnterthanen Darum̅ sollen sie selbst auß dem Gesetzbuch jhre Sünde erken̅en / ware Busse thun / vnnd mit embsigem demütigem Gebet den Grim vnd Zorn des HERRN abwenden helffen. Also that David in der grossen Pestilentz / im 2. Buch Samuelis(2. Sam. 24, v. 10. Jon. 3, 9.) am 24; Also that der König zu Ninive, im Propheten Jona am 3; Also thut alhie Josias. Also sollen Oberherrn vnnd Regenten nicht gedencken / daß sie semper frey seyn / wenn jhnen von GOttes Zorn vnd Straffen auß dem Gesetzbuch geprediget wird; Sondern wissen vnd bedencken / daß bey GOTT kein ansehen(Act. 10, 34.) der Personen / vnd daß die Straff vber sie so bald / alß vber die armen Vnterthanen ergehen können. Darumb sollen sie an jhnen selbst den anfang machen / sich für dem HERRN demütigen / ware Buß thun / vnnd dann die Vnterthanen dazu halten / daß sie es auch thun müssen. Welche dann / vors dritte / daß Exempel des Volcks Gottes(4. Subditorum obedientia imitanda.) alhie haben in acht zu nemen / daß sie jhrer from̅en vnd Gottsfürchtigen Regenten Exempel, Ordnung vnd Befehl nach leben / vnd sich zum rechten / waren Gottesdienst / in Gottseligkeit / furcht des HERRN / vnd Bußfertigkeit / williglich begeben / vnd jhnen gesagt seyn lassen / was im 95. Psalm stehet: Heute / wenn jhr(Psal. 95, v. 8.) meine Stimme höret / sollet jhr ewre Hertzen nicht verhärten. Die Elteste / die Josias sampt der gantzen Gemeine fordern ließ / hetten auch wol sprechen mögen: Wiltu denn nun
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klüger seyn / vnd alle deine Vorfahren verdammen? Die alten / in etlichen hundert Jahren her / sind auch keine Narren gewesen; Aber so sagen sie nicht / sondern nach dem sie hören die wort des Gesetzes / vnd sehen den Göttlichen Eifer des Königes / bequemen sie sich gern / vnnd begeben jhr Hertz / dem HERRN jhrer Väter GOTT allein zu dienen. (4. Regula reformationis: Vrebum Dei.) Dem Exempel sollen nun Gottselige Vnterthanen nachfolgen; Aber beides Vnterthanen vnnd Oberkeit haben dieses Stück noch dabey zu mercken / welchs jhre Regel vnd Richtschnur in aller reformation vnd verbesserung seyn solle / nemlich GOttes Wort / wie sich Iosias vnnd sein Volck nach dem Gesetzbuch (Esa. 8, 20.) vnd worte GOttes gerichtet haben. Daß ist es / was Esaiae am 8. stehet: Ad legem & testimonium, Nach dem Gesetz vnnd Zeugnis: Werden sie das nicht sagen / so werden sie die Morgenröte nicht haben. Wie denn auch im 5. Buch (Deuter. 4, 2; & 12, 32.) Mosis am 4. vnnd 12. Capittel GOTT der HERR spricht: Was ich euch gebiete / daß solt jhr thun: Ihr solt nichts dazu thun / vnd solt auch nichts davon thun. (Psal. 119, v. 105.) Darumb sollen wir mit David sagen: Lucerna pedibus nostris Verbum tuum: HERR laß dein Wort vnsern Füssen eine Leuchte seyn vnnd ein Liecht auff vnsern (2, Pet. 1, 19.) Wegen. Vnnd gedencken was Petrus in der 2. am 1. sagt: Wir haben ein festes Prophetisch Wort / vnd jhr thut wol / daß jhr drauff achtet / alß auff ein Liecht / daß da scheinet in einem tunckeln Ort / biß der Tag anbreche / vnd der Morgenstern auffgehe in ewren Hertzen. (Joan. 11, 10; & 12, 35.) Wer nun im Liecht oder bey Tage wandelt / der stösset sich nicht / sagt Christus Iohannis am 11; Wer aber in Finsternis wandelt / der weiß nicht / wo er hingehet: Darumb gleubet an das Liecht / wandelt im Liechte / dieweil jhrs habt / auff das jhr des Liechtes Kinder seyd / Iohan. am 12.
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Endlich / so wollen wir auch den Trost alhie mit nemen:(5. Consolatio: Deus poenitenti à & precibus motus, avertit poenas.) Gleich wie Iosias durch seine Busse / vnnd demütiges embsiges Gebet bey dem HERRN die Gnade erhält / daß die gedrewete Straffe nicht bey seinen Lebzeiten / sondern hernach erstlich eingeführt; Inmittelst aber Iosias in gutem Wolstande vnd glücklicher Regierung erhalten / vnd endlich im Friede zu seinen Vätern versamlet wird: Also ist der HERR Gnedig / Barmhertzig / Langmütig / von grosser Güte / vnd lesset sich des vbels gerewen / Ionae am 2. Plötzlich redet Er wider ein(Jon. 4, 2.) Volck vnd Könichreich / das Ers außrotten / zerbrechen vnd verderben wolle: Wo sichs aber bekehret von seiner(Jer. 18, 7.) Bößheit / da wider der HERR redet / so wil Er sich auch gerewen lassen das Vnglück / daß Er zu thun bedacht hatte / Ieremiae am 18. Das hat er bewiesen an David vnd Jerusalem / im 2. Buch(2. Sam. 24, v. 11. 16.) Samuelis am 24; An dem Gottlosen Achab, welcher sich auch demütigte für dem HCRRN / vnnd erlangete so viel / daß die jhm angedeutete Straff / biß zu seines Sohns zeit / verschoben wurde / im 1. Buch der Könige am 21; Also auch an Ezechia, oder Hiskia,(1. Reg. 21, 29. 2. Reg. 20. 19. Jon. 3, 10; & 4, 11.) im 2. Buch der Könige am 20; An der grossen Stad Ninive, im Propheten Iona am 3. vnd 4. Vnd hat die Barmhertzigkeit des HERRn noch kein Ende; Sondern sie ist alle Morgen new / vnd seine Trew ist groß / in den Klagliedern(Thren. 3, 22.) Ieremiae am 3. Darumb sollen wir / wen̅ der Grim des HERRN anbrent /(Psal. 2, 12.) auff seine Güte trawen / vnd mit Bußfertigem Gebet vnnd Threnen das Fewer löschen / so wird Er das Augenblick des Zorns(Esa. 54, 8. Habak. 4, 2.) bald lassen fürüber gehen / mitten im Zorn seiner Gnade eingedenck seyn / daß Vnglück entweder gar abwenden / auffschieben / oder doch die Züchtigung vnd Versuchung also miltern / daß wirs(1. Cor. 10, 13.) ertragen können. Vnd so viel vom andern Theil.
|| [ID00034]
(III. Status politiae.)

III.
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Im dritten wollen wir nun forschen / was es zu Iosiae zeiten in weltlichen Regierungs sachen für einen Zustand gehabt habe. Davon wird nun zwar in der Histori nicht außdrückliche meldung gethan; Wir habens aber darauß abzunemen / daß von jhm gesagt wird: Er wandelte in den Wegen seines Vaters Davids / vnnd weich nicht / weder zur Rechten / noch zur Lincken. Denn darauß haben wir vngezweifelt zu schliessen / daß er nicht allein den Gottesdienst / vnd die Wercke der Gottseligkeit / sondern auch die Regierung vnd weltliche Gescheffte / nach dem Exempel Davids / angestellet vnd verwaltet habe. Wann wir aber nun forschen / was der König David für ein Regiment gefüret / was er für Leute vmb sich gehabt / was er nicht habe gedüldet in seinem Reich / vnnd was er dagegen gewünschet vnd angeordent; So finden wir davon ein schön formular in dem 85. vnnd 101. Psalmen, welchs zweifels ohne auch Iosias, alß den Weg seines Vaters Davids / wird haben in acht genommen: (1. Abrogatio mali.) Die Summa gehet dahin / daß er: Erstlich alle böse Sachen / vnd die böse Leute ab geschaffet / vnd in seinem Königreich nicht gelitten: 1. Et hat jhm keine böse Sache für genommen: Was öffentlich Vnrecht / Frevel vnnd Gewaltsam gewesen / daß hat er selbst nicht eins für genommen / viel weniger andern für zunemen / oder außzuführen / verstattet; 2. Den Vbertreter hat er gehasset / vnd nicht bey jhm bleiben lassen; 3. Ein verkeret Hertze hat müssen von jhm weichen; 4. Der Bößhafftige vnd Gottlose ist nicht gedüldet / hat keine Bestallung bekommen können; 5. Den Ohrenbläser / welcher seinen Nehesten heimlich verleumbdet / hat er vertilget;
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6. Der Hochmütige / der mit stoltzen Geberden einher gepranget / hat auch keinen dienst funden; 7. Lügener vnd falsche Leute haben auch an seinem Hofe kein gedeyen vnd auffnemen haben können; 8. Vnd ins gemein hat er scharffe justicien administriret, alle Vbelthäter aus der Stad des HERRN außgerottet / vnnd alle Gottlose im Lande früe / mit schleuniger / ernster exsecution vertilget. Dagegen aber hat er sich in seiner Hoffhaltung vnd Regierung(2. Ordinatio & promotio boni.) vmbgesehen: 1. Nach den trewen im Lande; 2. Nach frommen Dienern: Vnnd ist das Regiment also bestellet / daß 1. Gnade; 2. Recht; 3. Fürsichtigkeit; 4. Trew vnd Redligkeit mit vleiß in acht genommen worden. Da hat nun auch floriren können: 1. Der Güldene Friede; 2. Die heilsame Justicia vnd Gerechtigkeit; 3. Güte vnd Trew; 4. Der Segen des HERRN im Ackerbaw / vnd allen andern Stücken / so zur Hoffhaltung vnd Narung gehören.

Lehr.
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Daß were nun wol ein rechtschaffen formular vnd Muster /(Optima Reipub. forma; & contrà.) nach welchem ein gutes vnd GOTT wolgefelliges Regiment anzustellen; vnnd nach welchem junge Regenten zu erziehen weren. Wolte GOTT / daß es an vielen Orten geschehen möchte! Denn wo das Gegenspiel geschicht / da stehets im Reich / daß es wol besser dienete. Wenn eine böse Sache nach der andern nicht allein fürgenommen / sondern auch mit Gewalt oder schein des Rechtens fortgetrieben vnd außgeübet wird: Wenn die Vbertreter / die verkehrte Hertzen / die Bösen vnd Gottlosen / die Verleumbder vnd Ohrenbläser / die Stoltzen vnd Hochmütigen / die Lügener vnd Falschen / nicht allein zu Hofe gelitten werden / sondern sie haben die vornemsten Ampter vnnd
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Bestallungen / sitzen oben am Brett / es muß alles durch sie bestalt vnd verrichtet werden / Lieber GOTT wie wirds da zugehen? Zuforderst wann auch dis noch hinzu kömpt / daß das Böse nicht gestrafft / die Vbelthäter nicht außgerottet / vnd die Gottlosen nicht vertilget werden; Sondern die Oberkeit sihet durch die Finger / vnd lesset allerhand Sünde vnd Schande vngestrafft hingehen / vnd die Oberhand gewinnen. Die trewen Landsassen werden nicht allein gar wenig respectiret, sondern offtmahls gedrückt / vnnd die Schmaltzfedern jhnen also gerupfft / daß sie fast gar nicht bleiben können. Fromme Diener hats gar wenig zu Hofe: dem Frommen wiederfehret auch wenig Gnade; sondern die Gottlosen Harpyae reissens alles hinweg; Es ist keine gleiche Wage des Rechtens; Die Person des Grossen wird angesehen; der Gottlose herfürgezogen; die Armen / die Wittwen / die Wäisen / werden vnterdrückt vnd haben keinen Erretter: Man gebraucht auch wenig Vorsichtigkeit / sondern plumpet vnvorsichtig vnnd vnbedachtsam in eine Sache hinein / vnd füret den Karren so weit / daß man weder hinter sich / noch vor sich kommen kan. Trewe / Glaube vnd Auffrichtigkeit ist auch gar wenig verhanden; sondern es ist in der jtzigen newen Politica eitel simuliren vnnd dissimuliren, welches auff gut Deutsch anders nichts heisset / alß Falschheit vnd Vntrewe; daß man sich freundlich vnd auffrichtig stellet / vnd inmittelst böse Tücke im Hertzen hat. Lieber GOTT / wo es so zugehet / was kan da für ein Regiment sey? (Salust. in bel. Jugurth. Gloss. Eccles. 21.) Wie kan da Fried vnd Einigkeit seyn? Friede ernehrt; Vnfriede verzehrt: Durch Einigkeit wird ein geringes Gut groß vnd vermehret; Durch Vneinigkeit aber ein grosses Gut klein vnnd verheret: Wie kan das Regiment bestehen / da die Festung des (Os. 89, 15.) Throns / daß ist / Gerechtigkeit vnd Gerichte auß dem Lande hinweg (Ps. 85, 11.) ist? Wie können Güte vnnd Trewe daselbst einander begeg
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nen? Was kan für ein Vertrawen seyn zwischen Oberherrn vnnd Vnterthanen? Was kan man auch für Segen vnd Gedeyen bey einer solchen Regierung zuerwarten haben? Darumb / so habens die Regenten mit vleiß zubehalten / diesen Spiegel stets vor Augen zu haben / das Böse nach demselben / alß einen schändlichen vnd schädlichen Vbelstand / abzuschaffen; vn̅ dagegen das Gute anzuordenen vnd zu befordern: Vnd weil es doch in menschlichen Händen vn̅ Krefften nicht stehet / so sollen sie vnablässig auß dem 85. Psalm beten: Ach daß ich hören solt /(Ps. 85, 9.) daß GOTT der HERR redet; Daß Er Friede zusagte seinem Volck vnd seinen Heyligen / Auff daß sie nicht auff eine Torheit geraten. Doch ist ja seine Hülffe nahe / denen / die jhn fürchten / daß in vnserm Lande Ehre wohne; Daß Güte vnd Trewe einander begegnen / Gerechtigkeit vnd Friede sich küssen; Daß Trewe auff der Erden wachse / vnd Gerechtigkeit vom Himmel schawe; Daß vns auch der HERR guts thue / Damit vnser Land sein Gewechs gebe; Daß Gerechtigkeit den noch für jhm bleibe / vnd im schwang gehe. Vnd das sey auch gleichsam , alß in einer kurtzen Tabel, nur mit den eusserlichen lineamentis entworffen vnd abgerissen / wie der König Josias, nach den Wegen seines Vaters Davids / die weltliche Regierung gefüret vnd bestalt habe.

IV.
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Nun ist noch vbrig zu betrachten / wie derselbe fromme König(IV. Mors ejúsque caussa; & subsecuta sepultura & luctus.) sey zu Tode kommen. Ibi humani quid passus est optimus Josias! Es ist jhm gegangen / alß einem Menschen / der sich in Rathschlägen etwas verstossen / vnd darüber selbst zu seinem Tode vrsach gegeben. Usque adeo nihil est ex omni parte beatum!
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Es ist durch auß nichts in diesem Leben / das da stets im gleiche seligen Zustande bestendiglich bleiben solte. Also ist es auch dem guten Josiae gangen. Es verhelt sich aber die Historia also: Pharao-Necho, König in Aegypten, wolte einen Krieg führen wider Carchemis am Wasser Phrat / vnnd muste etwas durch die Gräntzen des Jüdischen Landes ziehen / welches er dann gern gethan hette sine maleficio, ohne frevel vnd beschedigung / wie auß seinen worten abzunemen / da er dem Könige Josiae sagen (2. Paral. 35, v. 21.) lesset: Er sey nicht wider jhn außgezogen / habe auch mit jhm nichts zu schaffen. Nun gieng dasselbe Josiam nichts an / hatte auch keine erhäbliche vrsachen / sich des Wercks anzunemmen: Gleichwol aber rüstet er sich / entweder dem Könige von Assyrien zu gefallen / oder weil er bißhero bey der friedlichen vnd glückseligen Regierung etwas zu muthig worden. Vnd wie es pflegt zu gehen: Dulce bellum inexpertis, der Krieg ist anmuthig vnd lieb denen / die jhn noch nicht versucht haben; Also hat auch Josias lust zu Kriegen / wil dem Pharaoni den Durchzug nicht verstatten / sondern zeucht jhm mit Kriegsmacht entgegen / den Paß zu verlegen. Pharao lesset (2. Par. 35, v. 21.) jhn zwar bitten vnnd warnen / Er solle sich in den Krieg nicht mischen / er habe ja mit jhme nichts zu schaffen; Sondern sey auff sonderlichen Göttlichen Befehl / wider ein ander Hauß außgezogen: Höre auff von GOTT / spricht er / der mit mir ist / daß er dich nicht verderbe. (v. 22.) Josias aber wil nicht gehorchen den Worten Necho auß dem Munde Gottes; Wendet auch sein Angesicht nicht von jhm / sondern zeucht jhm entgegen / vnnd stellet sich mit seinem Kriegsvolck (2. Reg. 23, 30. Megddo ist elff Meilen vo̅ Jerusalem gewesen.) wider jhn zu streiten: Aber was geschicht? In dem ersten zusam treffen wird Josias von den Schützen hart verwundet / daß er sich auff einem andern Wagen muß in die Stad Megiddo führen lassen / da er bald hernach gestorben / vnd ist Tod von dannen / vber etliche Meileweges / gen Jerusalem gefüret / vnter den Grä
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bern seiner Väter begraben / vnd von dem gantzen Juda vnd Jerusalem / in sonderheit aber von dem Propheten Jeremia, vnnd allen Sängern vnd Sängerinnen / mit sonderbahren dazu gestelleten vnd angeordenten Klageliedern / gantz schmertzlichen betrawret vnd beklaget worden. Ein solches Ende hat genommen der Hochberühmte König / welcher das Zeugnis hat im 2. Buch der Könige am 23. daß an(2. Reg. 23, v. 25.) Gottseligkeit seines gleichen vor jhm nicht gewesen / vnd nach jhm nicht auffkommen. Vnd war nunmehr erst ein Mann auff seinem besten / von 39. Jahren; Darumb sein früezeitiger tödlicher Abgang so viel mehr zu beklagen.

Lehr:
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Wir sehen aber dabey / daß Menschen sind Menschen; Vn̅ /(1. Doctrina: Nemo sine crimine vivit. Psal. 62, 10. Job. 15, 15.) grosse Leute fehlen auch: Nemo sine crimine vivit; Es ist keiner ohn Tadel. Itzt haben wir das herrliche Zeugnis Josiae gehört / daß er an Gottesfurcht vnd Gottseligkeit seines gleichen nicht gehabt habe: Gleichwol aber versihet ers / daß er sich im Wolstande etwas erhäbt / vnd mänget sich in einen Krieg / der jhn nicht angieng; darin er auch / nach GOttes Willen vnnd Verhengnis / sein Leben einbüsset. Also erhub sich auch das Hertz Ezechiae oder Hiskiae, alß jhm GOTT der HERR die grosse Gnade erwiesen / daß jhm noch fünfftzehen Jahr an seinem Leben zugeleget / Esaiae am 39;(Esa. 39, t. c. 2. Reg. 20, v. 13.) Vnd im 2. Buch der Könige am 20. Josaphat hat auch ein herrlich Lob vnter den Königen Juda / im 2. Buch der Chronicken am 17; Alß er sich aber mit dem Gottlosen(2. Par. 17, 3. & 18. t. c.) Achab befreundet / vnd demselben in einem vnnötigen Kriege / Beystand vnnd Hülffe leistet / fehlet es vmb ein Haar / er were(v. 31,) vmbs Leben kommen / wenn jhm der HERR nicht sonderlich geholffen hette. Muß aber eine gute correction vnd Straff Predigt
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von dem Propheten Jehu vor lieb nemen / im selbigen Buch am 19. (2. Sam. 11. & 12. t. c.) König Davids seine Legenda mit Uria, dem Hethiter, vnd seinem Weibe Bathseba, ist wol bekant / auß dem 11. vnnd 12. Cap. des 2. Buchs Samuelis. Vnnd wird man schwerlich einen Heyligen finden in der Schrifft / von welchem nicht solten auch sonderbare Menschliche defectus vnd Mängel auff gezeichnet seyn; oder seind doch alle mit einander in die allgemeine proposition mit eingeschlossen / im 2. (Exod 34, 7. Job. 14, 4; & 15, 15.) Buch Mosis am 34. Der Vnschüldige ist für dem HErrn nicht vnschüldig; Job. am 14: Wer wil einen reinen finde̅ bey denen / da keiner rein ist? Iob. am 15. Sihe / vnter seinen (1. Reg. 8, 46. Prov. 20, 9.) Heyligen ist keiner ohn Tadel. Es lebet kein Mensch auff Erden / der nicht sündiget; Keiner kan sagen / daß sein Hertz (Psal. 32, 6. Psal. 143, v. 2.) rein sey von Sünden: Sondern alle Heyligen müssen vmb vergebung der Sünden bitten / vnd sprechen: HERR / gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht / Denn für dir ist kein Lebendiger gerecht. Ja / wenn GOTT mit dem (Job. 9, 3.) Menschen ins Gericht gehen / oder haddern wolte / könt er jhm auffs tausende nicht eins antworten. (Rom. 11, 32. Gal. 3, 22.) GOTT hat alles beschlossen vnter dem Vnglauben vnnd Sünde / auff daß er sich aller erbarme. Welchs dann der heylige Geist in der Schrifft so vleissig auffzeichnen lassen / beydes gleubigen Christen zu Trost / wenn sie an (Rom. 3, 19. Esa. 45, 24.) jhnen noch menschliche Schwachheit befinden; vnd dan̅ fürnemlich zu dem ende / daß aller Mund verstopffet werde / vnd alle Welt GOTT schüldig sey / darümb / daß kein Fleisch durch des Gesetzes (Rom. 3, 23.) Wercke für jhm gerecht seyn mag. Denn / es ist hie kein vnterscheid: Sie sind alzumal Sünder / vnd mangeln des Ruhms / den sie an GOTT haben sollen. Vnnd
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werden ohn Verdienst gerecht aus seiner Gnade / durch die Erlösung / so durch Christum Jesum geschehen ist / welchem GOTT hat fürgestellet zu einem Gnadenstuel / durch den Glauben in seinem Blut / wie S. Paulus an die Römer am 3. redet. Darnach weil Josias im Kriege verwundet vnnd vmbkommen(1. Consolatio: Mors violenta non separat à quiete aeternâ. Sap. 3, 1.) / vnnd aber gleichwol nach der Verheissung des HERRN / im Friede zu seinen Vätern ist versamlet worden / durch welche art zu reden / fürnemlich der Seelen Ruhe vnd Friede in der Hand GOttes / da sie keine Quaal anrühren kan / verstanden wird: So haben wir den Trost dabey zu mercken / daß violenta mors, ein gewaltsamer Tod / wann einer etwa erschlagen oder sonst jäm̅erlich vmbs Lebe̅ kömpt / einen Mensche̅ nicht hindere oder abscheide von dem ewigen Friede vnd Seligkeit / wenn er nur in warer Bußfertigkeit vnd Bereitschafft erfunden vnd betroffen wird. Zwar die Gottlose / Sichere vnd Vnbußfertige / wenn die auff ein kalt Eisen riechen / oder eine Kugel gehet dadurch / oder kommen sonst plötzlich vmb; So stehets vmb jhre Seele sehr gefehrlich / vnd wird heissen: Wie der Baum felt / also wird er(Eccl. 11, 3.) ligen bleiben. Aber wenn GOTT vber Rechtgleubige vnd Gottsfürchtige Christen verhenget / daß sie durch einen plötzlichen Vnfal vmbs Leben kommen: Wie dann Abel von seinem Bruder Cain erschlagen; Jonathan kömpt vmb im Kriege; Wie auch Urias, vnd(Gen. 4, 8. 2. Sam. 1, 4. 2. Sam. 11, 21.) vnser fromme König Josias: Vnd wie viel tausent heylige Märtyrer sind gesteiniget / mit dem Schwert gerichtet / verbrand / erseuffet / oder sonst jämmerlich vmbs Leben gebracht? Vnd kan kein Mensch wissen / wie vnd auff was weise er noch zu Tode kommen sol: So ist derselbe Tod / ob er gleich vor der Welt schmählich(Psal. 116, v. 15. Rom. 8, v. 35, 38) were / doch gleichwol werth gehalten für dem HERRN; Vnnd haben gleubige Christen den Trost / daß sie weder Gefährligkeit /
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noch Schwert / weder Tod noch Leben etc von der Liebe Gottes / die da ist in Christo Jesu / abscheiden könne. Muß derohalben jhnen ein so schleuniger Tod nicht allein nicht schaden / Sondern viel mehr beförderlich seyn / daß sie desto eh aller Marter abkommen (Joan. 5, 24. 3. . Matt. 24, 42. Luc. 12, 35. & 21, 36. Psal. 31, 6.) / vnd durch den Tod zum Leben hindurch dringen. Doch ist die Vermahnung dabey nötig / daß wir stets bereit seyn / weil wir nicht wissen können / wann GOTT der HERR über vns gebieten möchte; vnnd im täglichen Gebet / ümb abwendung eines bösen schnellen Todes / vn̅ alles vbels / vn̅ ümb eine selige Stunde vnd Heimfart / bey dem lieben Gott anhalten / vnd demselben vnsere Seele zu trawen Henden befehlen.
Applicatio ad Personam defuncti, R??? atque Ill Principis ac D nostri & c. Dieses sind die vier Stücklein / die wir vor dißmahl auß der Historia Josiae zu handeln fürgenomwen; vnnd nun auch auff zuvor Hochgedachten vnsern Gnädigen Fürsten vnd Herrn / hochlöblicher gedechtnis / appliciren wollen.

I.
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VOn J. F. G. hohen Fürstlichem Stamme vnnd herkommen; Von deroselben ersten Heyrath mit einem Churfürstlichen Fräwlein zu Sachsen; Von der andern Heyrath mit einem Königlichen Fräwlich auß Dennemarck / nunmehr hochbetrübten / hinterlassenen Fürstlichen Wittwen; Von der Fürstlichen jungen Herrschafft vnd Fräwlein; So wol auch von andern Sachen / die etwa im Fürstenthumb Braunschweig mögen verlauffen seyn / vnnd vns in diesem Stiffte so gar nahe nicht angehen / halte ich nicht von nöthen / weitleufftig zu berichten. (Aetas & indoles Postu lati.) ANNO 1566. Als J. F. G. zwey Jahr alt gewesen / sind dieselbe mit einhelliger Stimme von einem Hoch: vnnd Ehrwürdigen Dom Capittel alhie zu einem Bischoff dieses Stiffts Postuliret worden. Die Regierung aber ist zwölff Jahrlang bey jtzt Hochgedachtem Capittel gestanden; Vnd sind inmittelst J. F. G.
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in Gottseligkeit / Sprachen / freyen Künsten vnd allen Fürstlichen Tugenden also erzogen / daß dieselbe / weil jhre sehr fürtreffliche indoles, ingenium vnd Verstand nicht verborgen bleiben können / durch ein sonderbahres indultum Caesarium, nach vollendetem vierzehenden Jahr jhres alters / zur Administration vnnd Regierung dieses Stiffts admittirt vnd zugelassen worden.

II.
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ES haben aber J. F. G. fast eben einen solchen Zustand in(Reformatio Ecclesiae.) der Kirchen vnnd Gottesdienste gefunden / alß der König Josias. Zwar im Fürstenthumb Braunschweig hatte der Herr Vater / der Durchleuchtige / Hochgeborne Fürst vnnd Herr / Herr JULIUS, Hertzog zu Braunschweig vnnd Lüneburg / etc. Christmilder gedechnis / ANNO 69. die Christliche reformation angefangen / vnd vollendet / die Academiam fundiret, ein wolbestaltes Consistorium angeordnet / vnnd also dem Herrn Sohn ein wolgefastes Kirchen vnd weltliches Regiment hinter lassen. So war auch in diesem Stifft Halberstad / beides draussen auffm Lande / vnd in dieser Stad / in den Stad-Kirchen / die reine vnverfälschete Lehr des heyligen Euangelij, wie dieselbe auß den Schrifften der Propheten vnnd Aposteln / in der Augsburgischen Confession wiederholet ist / etliche viel Jahr zuvor öffentlich bekandt vnd angenommen. Aber in dieser hohen / so wol auch andern Unirten Stiffts-Kirchen vnnd Klöstern / waren noch alle Päbstische Irrthumb / Mißbreuche / vnd aber gleubische caeremonien geblieben / biß daß Hochgedachte J. F. G. auß Fürst- vnnd Christlichem Eifer das Christliche reformation Werck an die Hand genommen / welchs dann fürnemlich an J. F. G. hochzupreisen. Vnd mögen zwar andere an J. F. G. commendiren vnnd loben / das Hoch Fürstliche Geschlechte / den edlen Verstand / hohe Weißheit / Kunst vnnd Geschickligkeit / wissenschafft vnd erfahrung vieler dinge / Bered
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samkeit / tapffern Helden muth / vnnd andere Fürstliche Tugende / darinnen J. F. G. also excelliret, daß sie jhres gleichen gar wenige / einen Superiorem aber vnnd Meister nicht leicht finden vnnd agnosciren werden: Welchs alles dann billig lobens werth. Wir aber sollen fürnemlich dieses Wercks nicht vergessen / sondern mit danckbarem Gemüth hochpreisen vnnd rühmen / daß J. F. G. den rechten Gottesdienst in dieser vnd andern Stiffts-Kirchen restituiret haben. An dem Baw des Tempels haben zwar die Stiffts Kirchen alhie / weil von den lieben Vorfahren ohne das gnugsam dazu deputiret, J. F. G. nicht groß von nöthen gehabt; Wiewol dieselbe / wo es von nöthen gewesen / sich alß ein rechtschaffener Josias im Werck erwiesen: Alß die überauß schöne Kirche zu Grüning; das Templum Musarum oder schöne newe Collegium zu Helmstad; der newe angefangene Kirchen baw in der Heinrich Stad etc gnugsam außweisen vnd bezeugen. In restitution aber des Gesetzbuchs / daß ist / der heyligen Göttlichen Schrifft vnd Warheit / vnnd abschaffung der eingerissenen Mißbreuche / Abgötterey vnd sändlichen bösen Lebens der Geistlichen / haben sich J. F. G. gantz eiferig vnnd Fürstlich erwiesen. ANNO 1591. den 23. Februarij, jhres alters im 27. der Regierung aber im 14. Jahr / sind J. F. G. in eignener Person zu Capittel gangen / vnd haben einem Hoch: vnnd Ehrwürdigen Dom-Capittel in einer außführlichen vnnd zierlichen oration zu erkennen gegeben / was J. F. G. für eine Christliche reformation meditirte, vnd im Sinn hette: Da dan̅ J. F. G. die vornemste Bäpstliche Irrthumb / von Anruffung der Heyligen / communion vnter einer Gestalt / Meß Opffer für die Lebendige vn̅ Todte / Busse / Beicht vnd Satisfaction, Rechtfertigung / Verdienst der Wercke / vnnd der gleichen: Item, die abergleubische Caeremonien des canonis missatici, Ohlung / Weihung / Procession, Außstössung
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des Adams / Füßwaschens / Pacem küssens / Vigilien, Seelmessen / etc. vnd dann endlich das vngöttliche vnnd vngeistliche Leben der Geistlichen in dem vnreinen coelibatu etc mit rechtschaffenem Bischöfflichem Eifer erzählet / auß GOttes Wort widerleget vnnd gestrafft / vnd darauff proponiret haben / wie J. F. G. gern sehen / daß künfftig nach GOttes Wort / vnd der Augsburgischen Confession öffentlich gepredigt / die Sacramenta nach Christi einsetzung / vnnd zwar in deutscher Sprach / administriret, die horae canonicae in Lateinischen vnd Deutschen Gesängen vnnd Psalmen GOtt zu ehren / vnd zu Erbawung vnd Besserung der Menschen / fein andechtig verrichtet / vnd das Leben der Geistlichen gebessert / der Ehstand allen denen / die ausser demselben Keusch vnnd Züchtig zu leben nicht vermögen / zugelassen werden; Vnd in diesem allem die andere Stiffte vnd Klöster / in vnnd ausserhalb der Stad / sich nach dem Hohen Stiffte richten möchten. Ob nun wol ein Hoch: vnnd Ehrwürdig Dom Capittel domahls etwas bedenckzeit genommen; So ist doch gleichwol hernach das Christliche vorgenommene Werck durch Gottes Gnade vnd Segen / vnnd J. F. G. recht Bischöfflichen Eifer / so weit promoviret vnd befördert worden / daß jtzt Hochgedachtes Dom-Capittel mit einhelligem consens vnnd beliebung der gantzen Union, die angedeutete Christliche reformation selbst vor die Hand genommen / vnnd zu dem Behuff den Ehrwürdigen vnnd Hochgelarten Herrn Martinum Mirum, der heyligen Schrifft Doctorem, seliger gedechtnis / von der Kirchen S. Martini alhie / zum ersten Dom Prediger beruffen / welcher dann / nunmehr vor 22. Jahren / auff S. Matthaei tag die Encaenia oder renovalia, das ist / Kirchweihe in diesem Hohen Stifft gehalten / vnd die erste Euangelische Predigt an dieser Stelle gethan hat. Vnnd ob gleich noch nicht alle Stiffts Personen sich dazu bekennen / sondern es sind noch etliche verhanden satis absurde Catholici, welche in allem Bäbstlichem Irrsall / Abgötterey vnd
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Abergleubischen ceremonien, noch verblendet vnnd verstocket; Etliche aber nicht absurdè Catholici, welche gar wol wissen / daß die obangedeutete Irrthumb / abgöttische vnd abergleubische / theils auch närrische vnd lecherliche ceremonien, so wol auch das vnreine Leben der Geistlichen billig abzustelle̅ sey / lassen sich aber gleichwol inmittelst Catholische nennen / vnd haben zum wenigsten den Vortheil davon / daß sie bey andern Catholischen in grossem ansehen seyn / vnd die geistliche beneficia so viel leichter impetriren vnnd erlangen können; Etliche aber heissen nur mit dem Namen Catholisch / daß sie in jhren Sünden / Schanden vnd Vntugenden so viel sicherer vnd vngestrafft hin leben können / Wie ich etliche mit Namen zu nennen weiß / wenn es von nöthen thut. Welches alles dann dem lieben GOtt anheim zustellen / in betrachtung / daß die Bekerung GOttes werck ist: Vnd daß die reformation des Königes Iosiae auch nicht so leicht zugangen / vnd etliche Jahr darüber verlauffen / alß wir zuvor gehöret. Wen̅ ein Sarcker gewapneter seinen Pallast in hat / so wil er so leicht nicht herauß / sondern versucht alle Mittel / ob ers entweder gantz / oder doch etwas davon behalten möge: Jedoch so haben wir gleichwol dem lieben GOtt höchlich zu dancken / daß Er dasselbe löbliche Christliche Werck / nunmehr die zwey vnd zwantzig Jahr erhalten / vnd glücklichen fortgang dazu verllehen hat. Denn so wenig alß der Schnee oder Regen vergeblich (Esa. 55, 10.) von Himmel felt / sondern er befeuchtet das Erdreich vnd machet es Fruchtbar / Esaiae am 55; Eben so wenig wird GOTtes Wort so viel Jahr hero vergeblich seyn geprediget worden. Vnd wolte GOtt / daß ich so Bittselig seyn könte / daß meine Widersacher GOtt zu ehren / vnnd jhnen selbst zum besten / sich wolten einstellen in dieser Werckstad des heyligen Geistes / vnd die Predigten Göttlicher Warheit selbst anhören! Mir zweifelt gar (Psal. 29, 11. 1. Cor. 15, 58.) nicht / GOtt würde seinem Donner Krafft geben / vnd vnsere Arbeit nicht vergeblich geschehen lassen in dem HERRN / alß Paulus in der 1. an die Corinther am 15. redet
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Nun die noch zu gewinnen sind / die wird der Barmhertzige GOtt herzu füren zu seiner zeit; Die es aber muthwillig vnd halstarrig verachten vn̅ von sich stossen / auch jhres theils verhindern vnd verfolgen helffen / die befehlen wir dem Gerichte Gottes / vnd sind gewiß / daß sie demselben nicht entgehen werden. Bitten inmittelst den getrewen GOtt von Hertzen / Er wolle diß Christliche reformation Werck jhm ferner zu Gnaden lassen befohlen seyn / dasselbe gnädiglich continuiren, alle zu desselben Beförderung vnnd Fortsetzung gedeyliche Rathschläge fortuniren, vnd gesegenen / die hinterstellige Sordes gnädiglich außfegen / vns bey seinem heyligen vnd allein seligmachenden Worte / vnnd heilsamen Gebrauch der Sacramenten erhalten / vnd die Widersprecher erleuchten vnd bekeren / daß sie neben vns der Warheit bey fal geben / vnd durch den Glauben an Christum die seligkeit davon bringen mögen. Diß reformation Werck ist das aller löblichste / daß J. F. G. zeit jhrer gantzen Regierung fürgenommen / vnd durch GOttes Gnade verrichtet haben. Darumb müssen wir vns dasselbe zu rühmen nicht schewen oder schämen: J. F. G. habe̅ sich dessen selbst nicht geschämet / wie auß deroselben andern Theil Braunschweigischer Händel zu befinden; Auß welchem ich vmb derer willen / die etwa die Bücher nicht gesehen / nachfolgende versiculen wil hieher setzen:

V. 3.
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Kirch vnd Schloß ließ ich bawen Zu Grüning an der Bod; Thät ferner dahin schawen Daß zu meinm lieben GOtt Mein Schäfflein würdn geführt Nach seinem Gebot vnd Wort:
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Darumb ich reformiret Im Stifft / da sichs gehört.

V, 4.
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Ob solchs mir wol auffgladen Vnwillen vnd Abgunst; Vnd mir bracht grossen Schaden / Ists geschehen nicht vmbsonst: Man wolts ein Newrung nennen / Das ich gedültig trag: Denn Gott mein Hertz thut kennen / Sein Wort ich folget nach.

V. 5.
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Weil ich dahin muß sehen / Was er befohlen hat; Auff altem Brauch nicht stehen / Viel mehr ist sein Gebott. Vnd lassen dahin schleichen / Was Menschen eingesetzt; Von GOttes Wort nicht weichen / Sonst were meine Seel verletzt.

III.
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(Status Poli tiae.) DIe weltliche Regierung / vors dritte / belangende / haben J. F. G. warlich sich dahin bevlissen / daß ein gut Regiment müchte gefüret werden. Zu dem Ende haben sie vorneme Gelarte Leute je vnd allewege geliebet / geehret / befördert / gern vmb sich gehabt / vn̅ mit denselben von aller hand fürfallenden Sachen liscurriret. Vnnd wer wolte dran zweiffeln / daß nicht J. F. G. gantz gerne fromme vnd getrewe Diener vmb vnnd neben sich gehabt hatten?
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Den Vbertretter / ein verkehrtes Hertz / den Gottlosen / Verleumbder / Hochmüthigen vnd Stoltzen / Lügener vnnd Falschen / haben J. F. G. mit gutem Wissen vnnd Willen nicht neben jhnen gedüldet; auch eine scharffe ernste Justiciam wider alle Vbelthäter administriret, vnnd alle Bößheit auß dem gantzen Lande außzurotten sich bemühet. Aber wie kan alles schnurgleich getroffen werden? Vnd wer kan einem jeden ins Hertz sehen? Wolte GOtt / daß nicht die jenige / welche beides von J. F. G. vnd männiglichen wol für die besten vnnd getrewesten seyn gehalten worden / nicht die aller ärgeste gewesen weren / vnd bißweilen J. F. G. auff böse Sachen / vnd schädliche / vnvorsichtige Vnwege gefüret hetten? Wie J. F. G. von Hertzen grund Gütig / From vnd Gnädig gewesen; Also haben sie sich gern zu einem jeden des besten versehen: Vnnd kan seyn / daß Sie etlichen Leuten zu leicht vnd viel getrawet / vnd darüber betrogen vnd verfüret worden seyn. Wir haben aber gleichwol in sonderheit nicht groß zu klagen / fürnemlich in diesem Stiffte / sondern vielmehr dem lieben GOtt zu dancken / daß bey J. F. G. Regierungs zeit / Gnade / Güte vnd Wolthätigkeit / allen / die es rechtmessig begeret haben / wiederfahren; Gerechtigkeit vn̅ Trew / so viel an J. F. G. selbst gelegen gewesen / aequabiliter verwaltet; der güldene Friede erhalten / vnd GOttes mildreicher Segen / beides im gantzen Stiffte / vnd fürnemlich in dieser Stadt / wol mehr / alß an andern örten befunden vnd gespüret worden.

IV.
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LEtzlich / gleich wie Josias an einem frembden ort gestorben(Mors.) / vnd vber Land gen Jerusalem gefüret vnnd begraben worden: Also hat sichs auch mit J. F. G. nach GOttes Rath vnd willen zugetragen vnd begeben; Vnd sind J. F. G. dem Könige Josiae in diesem Stücke noch vorzuziehen. Denn Josias hatte gar vnd gantz keine erhäbliche Vrsachen zu seiner vorgenom
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menen Reise vnd Kriegswesen / darin er vmbkommen: J. F. G. aber haben hochwichtiger / obligender Gescheffte halber sich naher Prage begeben; vnd sind nicht allein durch dieselbe / sondern andere mit eingefallene streitige Sachen so lange zeit daselbst auffgehalten worden. Denn eben zu der zeit / alß J. F. G. hinauff gezogen / in jhren eigenen hochangelegenen Sachen am Keyserlichen Hofe zu sollicitiren, sind auch andere vorneme Chur: vnd Fürsten des Reichs von Röm. Key. May. Rudolpho II hochlöblichster vnd Christmilder gedechtnis / dahin beschrieben vnd ankommen / die zwischen höchstgedachter J. May. vnd deroselbeu Herrn Bruder vnd Successorn Matthia II entstandene vnnd weit außsehende Vneinigkeit hin zulegen. Vnd weil vnser Gnädiger Fürst vnnd Herr eben / domahls sich daselbst in loco befunden / hat es höchstgedachter Key. May allergnädigst gefallen / daß sie J. F. G. mit zu dem Vorhabenden Werck gezogen. Was nun J. F. G. darin gethan / wie sie Tag vnd Nacht gearbeitet / zwischen Wien vnd Praag auff der Post getrabet / vnnd nicht eh abgelassen / biß höchstgedachte beide Potentaten / die Herrn Brüder / mit einander Brüderlich verglichen / dasselbe ist Reichskündig vnd am tage; Vnd hat das gantze Röm. Reich J. F. G. deswegen ewig lob vnnd danck zu sagen. Denn was sonst der Teuffel für ein Vnheil im Reich hette stifften mögen / wolle̅ wir nunmehr nicht forschen / weil es durch Gottes Güte vnd Barmherhigkeit / vnd offt hochgedachter J. F. G. vnablässigen vleiß / gantz gnädiglich abgewendet vnd verhütet worden. Auch nach seligem absterbe̅ Höchstgedachtes Löblichen Key. Rudolphi, dessen May. J. F. G. alß ein Vater geliebet vnd hochgeehret / weil man sich aller hand gefährlicher Practiken vnd anschläge besorgen müssen / hat man glaubwirdige nachrichtung / daß domahls vorneme Potentaten vnd Stände des Reichs / an J. F. G. geschrieben / vn̅ inständlich gebeten / dieselbe wolten ja nicht ablassen / sondern ein wachendes Auge haben / vnd nach sonderlicher
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von GOtt verliehener dexteritet sich dahin bemühen / daß alle streittige Sachen hingeleget / vnnd alles Vnglück von gemeinen Vaterland abgewand werden möchte: Worin dann J. F. G. an Landesväterlicher Vorsorge / Trewe vnd Vleiß / die / Gott lob / nicht vergeblich gewesen / nichts haben mangeln lassen. So haben auch J. F. G. nicht eh ablassen oder die Hand abeziehen wollen / sie hetten dann jhre eigene Sachen zuvor zu ende gefüret: Vnd wan̅ J. F. G. nach Gottes Willen den Tag hetten erleben mögen / daß sie den jtzigen Reichstag hetten besuchen können / so würden dieselbe dem gantzen Röm. Reich mit gutem Rath beygewohnet / vnd dan̅ auch jhre eigene vnruhige Sachen / Entlich einmahl / zu einem andern Stande gebracht haben. Aber Gott dem HErrn / der alle vnsere Tage auff sein Buch geschrieben / da noch nicht ein einiger(Psal. 139, v. 16. Job. 14, 5.) da gewesen; Der dem Menschen ein ziel setzt / daß er nicht vbergehen mag / demselben hats anders gefallen Der hat J. F. G. da sie jtzo in procinctu vnd anzuge gewesen / mit Kranckheit angegriffen / vnd auß diesem Leben hinweg genommen / welchs dann wol(20. Jul. St. V. Anno 1613. AEt: 49; à postul: 47; Gubern: 35.) schmertzlichen zu beklagen. Aber was wollen wir machen? Die Vrsachen sind GOtt bekant; Zweifels ohne hat der Almechtige / alß ein GOtt des Friedens / J. F. G. für zukünfftiger Vnruhe hinweg nemen / vnnd zur ewigen Ruhe bringen wollen. Wir aber sprechen billig: Sicut Domino placuit, ita factum est, Wie es dem HErrn(Job. 1, 21.) gefallen / also ists ergangen / sein Name sey gebenedeyet. Ist etwas Menschliches / Sündliches vnd Straffwirdiges mit vntergelauffen / wie wir zuvor an Josia, vnd andern Heyligen / gesehen haben / vnd von J. F. G. nicht kan geleugnet werden; Sie sind ein Mensch gewesen: Grosse Leute fehlen auch; sie wegen weniger denn nichts / so viel jhr ist / sagt David im 62. Psalm: Vnnd(Psa. 62, 10.) was ein Mensch / vnd alle Menschliche Weißheit / Kunst vnd Geschickligkeit vermöge / wenn Gott seine Hand etwas abzeucht / daß hat man an dem hochweisen Könige Salomon, im alten Testame̅t / (daß ich keine andere Exempel einfüre) zufinden:
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So ist doch das das beste dabey / daß der Barmhertzige Gott / J. F. G. mit der zeitlichen Ruthe der Kranckheit etliche Wochen gezüchtiget / vnd zu warer Buß gefüret hat. Wie man dann glaubwirdigen Bericht hat / von denen die in wehrender Kranckheit stets vmb J. F. G. gewesen / daß dieselbe etliche Tage vor jhrem Ende in warer Rew vnd Leid / vnd öffentlicher Bekentniß jhrer Sünden / zu dem gebrauch des heyligen Abendmahls sich geschicket / dasselbe in warem Glauben gebraucht / vnd die vbrige zeit in inbrünstiger Anruffung des Namens Gottes zugebracht / vnd jhre Seele demselben / der sie mit seinem thewren Blut erkaufft / vnnd von allen Sünden gereiniget / zu trewen Henden befohlen. Der Himlische Vater wolle J. F. G. verleihen eine selige Ruhe vnd fröliche Aufferstehung an jennem Tage: Die hochbetrübte Fürstliche Wittwe / gesampt der jungen Herrschafft vnnd Fräwlein / so wol auch das gantze Land / vnd alle / die J. F. G. tödlichen Abgangs halber trawrig vnd bekümmert sind / anderweit trösten vnd erfrewen. Sein heyliges Wort / vnd den güldenen Friede erhalten; Alle vnruhige streitige Sachen / durch bequeme vnd behägliche Mittel lassen hinlegen; Ein wolbestaltes / glückliches Regiment verleihen: In sonderheit dieses Löbliche alte Stifft / mit den Augen der Barmhertzigkeit gnädiglich ansehen: Ein Hoch: vnd Ehrwürdig Dom Capittel / vnsere Gnädige gebietende Herrn vnd Landes Väter / durch seinen heyligen guten Geist regieren vnd erleuchten / daß J. Gn. V. Ehrw. beides in der Sedis vacantz Land vnd Leuten wol fürstehen; Vnd wenn die zeit der Postulation heran kömpt / ein solches Ober Häupt vnd Bischoff Postuliren / vnter welches Bischöfflicher Auffsicht vnd Regierung / daß heylige vn̅ allein seligmachende Wort Gottes lauter vnd rein erhalten / fortgepflantzet / vnd weit außgebreitet / der gemeine Nutz wol vnd friedlich regieret / vnd also dieses löblichen Stiffts vnd aller Einwohner vnd Vnterthanen / zeitliches vnd ewiges Heil vnd Wolfart gesucht vnnd befördert werden möge / Amen. ENDE.
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ENCAENIA, Oder RENOVALIA Der Stifft Kirchen
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Zu Halberstadt: Gehalten an S. Mattheus Tage / welcher war der 21. Septembris, ANNO 1591. vnd dabey geprediget.
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Durch MARTINUM MIRUM, der Heyligen Schrifft Doctorem vnd Dom Prediger daselbst.
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Halberstad / Gedruckt bey Jacobo-Arnoldo Koten / Im Jahr / M. DC. XIII.
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Dem Hochwirdigen / Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn HEINRICH JULIO, postulirten Bischoffe zu Halberstadt / vnnd Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. Meinem gnedigen Fürsten vnd Herrn.
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HOchwirdiger / Durchleuchtiger / Hochgeborner Fürst / gnediger Herr / Ewren Fürstlichen G. ist mein demütiges Gebet zu GOtt für E. F. G. sampt derselben Gemahl / junge Herrn vnd Fräwleins / zeitliche vnnd ewige wolfahrt in vnterthenigkeit zuvor: Gnediger Fürst vnd Herr / im Buch Tobiae am 12. Cap. sagt der Engel Raphael: Der Kömge vnnd Fürsten (Tob. 12, v. 3.) Rath vnd Heimligkeit sol man verschweigen / Aber Gottes Werck sol man herrlich preisen vnd offenbaren. Wenn denn das ein fürnemes vn̅ sonderlich Werck Gottes / welches die Handt des Höchsten gewircket / daß alhie die Christliche Reformation, daran E. F. G. aus hohen Fürstlichen Eifer / vnd Bischöfflicher Vorsorge / lange zeit mit trewen vleiß gearbeitet / zu gewündschtem Ende gelauffen;
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Vnd ein Hochwirdig Dom-Capittel mit einhelliger Einwilligung der Union, die Augspürgische Confession angenommen / vnd das publicum exercitium derselben in dieser Stifft-Kirchen nunmehr angeordnet: Als wird diß Werck billich GOtt dem Allmechtigen / vnnd E. F. G. welche GOtt zu seinem Werckzeuge hiezu gebraucht / zu ehren weit außgebreitet / gerümet vnd gepreiset. Habe demnach die erste Predigt / so auff E. F. G. vnd eines Hochwirdigen Dom-Capittels gnedige anordnung / ich alhie in dieser Stifft Kirchen gethan / in offenen Druck geben wollen / aus zweyen vrsachen: Erstlich / daß hieraus erkant werde / Wie Christus noch heutiges Tages zur rechten GOTtes herrschet / vnd sein Reich durch die Predigt des Euangelij teglich erweitert / bey seinem Wort gegenwertig ist / dasselbe mit seinem starcken Arm / vn̅ mechtiger Handt gewaltiglich fortsetzet / vnd wider das wüten vnnd toben des Satans / vnnd aller Pforten der Hellen krefftiglich(Mat. 16, 18.) schützet vnd erhelt / Wie im 110. Psalm stehet:(Psal. 110, v. 2.) Dominare in medio inimicorum tuorum: Herrsche mitten vnter deinen Feinden. Vnd Psalm 45.(Psal. 45, v. 6.) Scharff sind deine Pfeile / daß die Völcker für dir niederfallen; Mitten vnter den Feinden des Königes. Zum andern / daß menniglich hieraus verneme /
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wie es von E. F. G. mit dieser Reformation gemeinet: Nemlich nicht auff Calvinische weise / da man alles vber einen hauffen wirfft / Altar / Tauffstein / Kelche / Orgeln / Bilder aus den Kirchen weg schaffet / oder auch wol die Kirchen ex fundamento nieder reisset / Kirchen vnd Clöster Güter raubet vnd außteilet / welches nicht eine Reformation, sondern eine Deformation ist der Kirchen. Denn als Paulus gen Athen kam / vnd funde viel Abgöttische Altar in der Kirchen daselbst / Riß er keinen nieder / sondern nam vrfache von einem / daran (Act. 17, v. 23.) geschrieben stunde: Ignoto Deo, Dem vnbeka̅dten GOTT: Inen von dem waren Gott / dem sie vnwissent dienete̅ / zu predigen / vn̅ denselben bekant zu machen / in der Apostel Geschicht am 17. Im Tempel zu Jerusalem ist grewliche Abgötterey getrieben worde̅ / wie Christus darüber klaget / daß sie eine Mörder gruben (Luc. 19. v. 46.) daraus gemacht Lucae am 19. Dennoch hat Christus in demselben Tempel geleret vnd geprediget; Vnd (Luc. 2, v. 22.) Maria hat jhr Opffer auff den Altar bracht: Ob wol die Phariseer dieselben mit jhrem Aberglauben entweihet hatten. Darumb hats mit dieser E. F. G. Reformation nicht solche Calvinische meinung / sondern E. F. G. suchen vnd begeren nicht anders / denn daß die Mißbreuche abgeschafft / vnd dagegen Gottes reines Wort lauter vnnd vnverfelschet geprediget / die Sacramenta nach Christi ordnung vnd einsetzung gehandelt; Vnd das Leben der Stiffts Personen Gottes Wort
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gemeß / Christlich vnd selig gefüret werden sol: Dagegen lassen E. F. G. diß gantze Stifft in jhrem Esse, vnd alle Kirchen vnd Clöster bey jhrem Einkommen / etc. Das ist eine rechte Christliche Reformation, welche niemandt mit grunde tadeln wird / sintemal nicht verneinet werden kan / daß in der Römischen Kirchen viel Mißbreuche eingerissen / darüber viel frommer Hertzen lange zeit geseufftzet / vnnd die auch zu vnser zeit Keyser Carl der Fünffte gerne geendert gesehen hette / vnnd derowegen vmb ein frey Concilium beym Pabst offt angesucht vnd gebeten. Der Almechtige GOtt erhalte E. F. G. bey solchem Christlichen Eifer / für die seligmachende Warheit Gottes; Vnd erwecke viel andere Potentaten / die in E. F. G. Fußstapffen tretten / vnnd jhnen die selige(2. Tim. 1, v. 14.) Beylage des heiligen Euangelij lassen ernstlich befohlen seyn / dieselbe außbreiten / fortsetzen / auch rein vnd vnverfelschet auff die Nachkom̅en pflantzen: Dagegen falscher Lere vnd Irrthumb / sonderlich aber der Calvinischen Lesterung / welche gleich als eine Sündflut mit gewalt daher fehret / als wolte sie die gantze Welt verschwemmen / mit gebürlichem Ernst widerstehen / stewren vnd wehren / damit Christus der HERR seine Herberge vnd Krippelein bey vns in diesen Landen behalten möge / biß auff seine fröliche Wiederkunfft / welche nunmehr für der Thür ist / vnd nach welcher alle Creaturen sich engstiglich mit vns sehnen vnd verlangen.(Rom. 8. v. 22.)
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E. F. G. habe ich diese meine Predigt in Vnterthenigkeit dediciren wollen: Bitte demütig / E. F. G. wolle Ihr solches in Gnaden gefallen lassen / vnd mein gnediger Fürst vnd Herr seyn vnd bleiben. Thu E. F. G. sampt derselben hertzgeliebten Königlichen Gemahl / jungen Herren vnd Fräwlein / hiemit in Gottes gnedigen Schutz / zu langwiriger Gesundheit / friedlicher Regierung / glücklichem Zustande / zeit lichen vnd ewigen Heil / in vnterthenigkeit trewlich befehlen. Datum Halberstadt / den 7. Novembris, nach Christi vnsers lieben HErrn vnd Seligmachers Geburt / im tausent / fünffhundert vnd ein vnd neuntzisten Jahr. Ewer Füst: Gnad. vntertheniger Diener MARTINUS MIRUS Doctor, Domprediger daselbst.
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Euangelium an S. Mattheus Tage / Matthei(TEXTUS.) am 9. Capittel:
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VNd da Jesus von dannen gieng / sahe(Matt. 9, v. 9.) er einen Menschen am Zoll sitzen / der hies Mattheus / vnd sprach zu jhm: Folge mir Vnd er stund auff / vnd folget jhm. Vnnd es begab sich / da er zu Tische saß im(10.) Hause / Sihe / da kamen viel Zölner vnnd Sünder / vnd sassen zu Tisch mit Jesu / vnd seinen Jüngern. Da das die Phariseer sahen(11.) / sprachen sie zu seinen Jüngern: Warumb jsset ewer Meister mit den Zölnern vnd Sündern? Da das Jesus höret / sprach(12.) er zu jhnen: Die Starcken dürffen des Artztes nicht / sondern die Krancken. Gehet aber(13.) hin vnd lernet / was das sey: Ich habe wolgefallen an Barmhertzigkeit / vnd nicht am Opffer. Ich bin kommen die Sünder zur(14.) Busse zu ruffen / vnd nicht die Frommen.
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(EXORDIUM) GEliebten in Christo / Itzt seind es acht hundert vnd elff Jahr / da dieses Stifft anfenglich vom Keyser Carolo dem Grossen fundirt vnnd auffgerichtet worden. Denn derselbe Fromme Keyser hat gantzer dreissig Jahr Kriege gefüret / mit diesen Sächsischen Landen vnnd Völckern / biß er sie zum Christlichen Glauben bracht: Vnd hernach / da sie Christen worden / hat er / zu fortpflantzung vnd erhaltung des heyligen Euangelij / etzliche Bisthumb in diesen Grentzen gestifftet / als zu Bremen / Padelborn / Verden / vnd dieses alhie / welches anfenglich zu Sälingenstedt oder Osterwick gewesen / vnd folgendes nach viertzig Jahren / durch Bischoff Hildegrin / mit Rath vnnd Hülffe Keyser Caroli, hieher nach Halberstadt gelegt worden. (Hildegrinus, Episcopus 1. Halb.) Hildegrin der erste Bischoff alhie / ist ein fürnemer / gelerter / vnd Gottfürchtiger Mann gewesen; Wie auch viel seiner Nachfolger / deren Namen noch heutiges Tages im Catalogo illustriu̅ Virorum Germaniae gefunden werden: Haben GOttes Wort selbst geprediget / vnd die Leute von Heidnischer Abgötterey abgewiesen / vnnd zu Christo gefüret. Denn Bischoffe sind für zeiten Prediger gewesen / oberste Pfarrer vn̅ Superintendenten; Klöster sind Schulen gewesen; Stiffte sind Collegia oder Lectoria gewesen / wie jtzundt die Academiae, da man teglich zu gewissen stunden die heylige Bibel gelesen / vnnd erkleret hat: Daher die horae Canonicae, vnd die Personen Canonici lectores genennet worden sind. Wie noch solche jhre Empter mit etlichen legibus, so Papst Eugenius, vnd Leo jhnen gegeben / in Concilio Toletano zu finden. Aber weil mit der Zeit viel guter Ordnung gefallen / vnd dargegen viel Mißbreuche in allen Stifften eingerissen / also daß etliche (1. Cor. 3, v. 11, 12.) auffs Fundament / das ist / auff Christum / Gold / Silber / Edelgestein; etliche aber Holtz / Hew vnnd Stopfflen gebawet / 1. Corinth. 3. vnd bey vielen ein ärgerliches vnnd vnordentliches Leben
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erfolget: Als ist es jtzund aus sonderlicher schickung GOttes des Almechtigen / vnd aus hohem Fürstlichen Eifer / vnd Bischofflicher Vorsorge / des Hochwirdigen / Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn HENRICI-JULIII Postulirten Bisehoffs zu Halberstad / vnd Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. vnsers gnedigen Herrn / Gott lob / dahm bracht / daß ein Hochwirdig Dom Capittel / mit jhrer F. G. sich einer Christlichen Reformation verglichen / vnd die gantze Union darein gewilliget / daß nemlich die einfürten Mißbreuche / in Lehr vnd Caeremonien abgeschaffet / vnd hinfort der Prophetischen vnnd Apostolischen schrifften / in massen derer Summa in der Augspurgischen Confession gefasset / vnd ANNO 30. Keyser Carolo dem Fünfften / von Protestirenden Fürsten vnd Stenden vberantwortet worden / in diesem hohen Stifft / vnd andern darzu gehörigen Kirchen / geleret vnnd geprediget werden sol; auch das Leben der Stiffts personen vnd anderer / solcher Lehr gemeß / in Besserung gerichtet werden: Darzu denn dieser heutige Tag geordnet worden / daß diese löbliche Stifft Kirche / gleich jhre Encaenia oder Renovalia halten / vnnd den anfang zur Euangelischen Predigt gemacht werden sol. Hiefür sollen wir billig vnserm HERRN GOTT dancken. Im Propheten Zacharia am 14 stehet geschrieben: Vmb(Zach. 14, v. 7.) den Abend wirds liecht seyn. Da verheisset GOTT / daß er gegen Abent / am ende der Welt / wolle einen hellen Blick seines Euangelij leuchten lassen / vnd dadurch viel Leute bekehren vnnd selig machen. Wie gleicher gestalt der HERR Christus redet Matth. am 24. Daß Euangelium wird geprediget werden(Matt. 24, v. 14.) in der gantzen Welt; Vnnd dann wird das Ende kommen. Anfenglich ist es angangen in den Orientalischen Ländern / da der Sohn GOttes selbst geprediget / vnd das Werck der Erlösung verrichtet Hernach sind die Aposteln außgelauffen /
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gegen Occident vnd Mittag / vnd haben daselbst dem HERRN Ehristo grosse Mengen gesamlet; Itzt am Ende der Welt / ist es in diesen Mitternächtischen Ländern kommen / vnd der Glantz des Euangelij so weit ausgebrochen / daß er auch biß an die Pilattas gelanget. Denn die wilden Lappen / die zuvor in Wiltnissen gelebet / haben jtzund / wie die Historici schreiben / das Euangelium von Christo angenommen / vnd leben nach demselben Christlich vnnd selig. Das ist eine grosse Wolthat GOTtes / wie kümmerlich es sonsten auch in den betrübten zeiten / vnd letzten Hefen der Welt / (Luc. 1, 79.) allenthalben stehet vnd gehet. Denn ausser dem Liechte des Euangelij / sitzen die Leute im lauterem Finsternis / vnnd Schatten des Todes. Luc. 1; Treiben eitel Werck der Finsternis / vnd ziehen damit die ewige Finsternis vber sich: Aber / (1.) Durch die Predigt des Euangelij / lernen wir GOtt erkennen / nach seinem Wesen vnd Willen. (2.) Im Euangelio hören wir die grossen Geheimnissen / davon sonst die gantze Welt nichts weis: Als wie es anfenglich nach der Schöpffung vmb den Menschen gestanden; Item, woher Sünde vnd Todt in die Welt kommen; Item, was GOTT in Christo für ein Remedium dawider geordnet; Item, wie wir vns ferner verhalten sollen / wenn wir durch Christum geheilet / vnnd gerecht worden stnd. Denn wie in der Medicina diese vier Pünctlein geleret / vnd nothwendig sind zu wissen: Erstlich Physiologica, wie es vmb des Menschen Natur geschaffen / wenn er gesund ist; Zum andern / aetiologica, woher so mancherley Kranckheiten kommen; Zum dritten / therapeutica, was für Artzeney wider eine jegliche Kranckheit zugebrauchen; Zum vierden / diaetetica, wie sich der Patient halten mus / wenn er wieder gesundt worden / damit er nicht in ein Recidiva falle / vnnd das letzte erger werde / denn das erste: Also werden auch solche vier stücke vns in der Geistlichen Medicin fürgeschrieben / wie der HERR Christus diß Gleichnis im heutigen Euangelio braucht: Die Starcken bedürffen
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des Artztes nicht / sondern die Krancken; Hiezu gehören die Artickel von der Sünde / vom Gesetze / vom Euangelio / von Busse vnd Bekerung des Menschen / guten Wercken / vnd newen Gehorsam / vom Ende der Welt / vom jüngsten Gerichte / vom ewigem Leben der Gleubigen / von ewiger Straffe der Gottlosen / etc. Das Euangelium ist das einige Mittel / dadurch GOtt bey(3.) vns einkeret / seine Herberge / Tempel vnd Wohnung in vns machet. Johan. 14. Wer mich liebet / der wird mein Wort(Joan. 14, v. 23.) halten / vnd mein Vater wird jhn lieben / vnd wir wollen zu jhm kommen / vnd Wonunge bey jhm machen. Das Euangelium ist die Richtschnur vnsers Lebens / vnd die(4. Psael. 119, v. 105.) Leuchte vnser Füsse weiset vns wie wir vnser Leben anstellen vnd füren sollen / daß es GOtt angenem vnd gefellig / vnd vns andern Leuten heilsam vnd nütze sey. Das Euangelium weiset bestendigen Trost / in allem Creutz(5.) vnnd Trübsal: Vnnd wie das Manna in der Wüsten allerley Schmack gabe / wornach einem gelüste zu essen / im Buch der Weißheit am 16; Also ist kein Creutz auff der Welt / daß einen(Sap. 16, 20.) Christen vberfallen kan / er findet bey dem Himmelbrod darwider lebendigen Trost / damit er sich wiederumb auffrichten kan Psalm.(Psal. 119, v. 92.) 119. Wenn mich dein Wort nicht erhalten hette / Oder / wie die Wort an jhm selbst lauten: Wo dein Gesetz nicht mein Trost gewest were / so were ich vergangen in meinem Elende. Das Euangelium ist eine starcke Gegenwehr wider den(6. Ps. 91, 4.) Satan / vnd alle seine Anfechtunge / Psal. 91. Deine Warheit ist Schirm vnd Schildt. Im Euangelio lernen wir / wie wir selig sterben / frölich wieder(7.) auffstehen / vnnd bey Christo ewig leben mögen. Vnnd diese
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krafft des Euangelij sehen wir / GOTT lob / heutiges Tages für vnsern Augen / daß teglich gleubige Christen / auß vnserm Mittel / auch kleine Kinderlein / in dieser Lehr auff den HERRN Christum (Joan. 8, 51; & 5, 25.) seliglich einschlaffen / keinen Todt sehen noch schmecken / sondern durch den Todt hindurch dringen ins ewige Leben: Derwegen sollen wir billig GOtt für dieses Gnadenwerck dancken; Vnd weil Er vns jtzt alhie in diesem Stifft auch damit heimsuchet / es mit frölichem Hertzen annemen. Nicht hat es diese meinung mit angestalter Reformation, als wolte man die alte Catholische Religion vnnd Kirche gantz verwerffen / vnd etwas newes auff die Ban bringen; Nein traun / vnser Euangelium / laut der Augspurgischen Confession, lehret nichts anders / denn was die alte Catholische Kirche / das ist / Propheten / Aposteln / vnd alle Heyligen jederzeit geleret vnd gegleubet (Actor. 15, v. 11.) haben. Denn das ist vnser Cabala: Wir gleuben durch die Gnade vnsers HERrn Jesu Christi selig zu werden / wie alle vnser Väter / Wie solches im Concilio der Apostel Actorum 15. decretirt worden: Allein die Abusus sollen abgeschafft werden; vnd dagegen GOttes klares vnnd wahres Wort / rein vn̅ lauter / ohne Menschen Zusatz gepredigt / die Sacramenta, nach Christi ordnung vnd einsetzung gehandelt / vnnd das Leben derselben Lehr gemeß / Christlich vnd selig angestellet / vnd hinfort gefüret werden. Das ist die Reformation: Sonsten bleibet das gantze Stifft in seinem esse, vnd alle Kirchen vnd Clöster bey reinen Gottesdiensten / vnd jhrem Einkommen / ohne einigen abbruch vnd nachtheil. (PROPOSITIO bimembris:) Damit wir nun einen anfang machen / vnd diesem Tage / da dieses Stifft seine Encaenia helt vnd darneben das Apostel Fest mit einfelt / sein recht thun / so wollen wir zwey Pünctlein für vns nemen zu handeln:
Erstlich etwas berichten / von erbawung vnd einweihung der Kirchen / wie vnd warumb diese Heuser anfenglich gebawet vnd vnserm HERRn GOTt zu geeignet / geweihet vnd geheiliget worden.
Darnach zum andern auch vom heutigen Apostel Tage / warumb wir die gedechtnis der Heyligen in vnsern Kirchen behalten / vnd wie wir die Aposteln vnd andere Heyligen recht ehren sollen.

Vom Ersten.
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DIs Hauß / darinnen wir zusammen kommen / heissen wir eine Kirche / das ist ein Griechisch wörtlein / , oder , des HERRN Hauß; Wie auch das wörtlein Dom-Stifft / quasi Domini Stifft / lautet. Denn diß Hauß ist GOTT zugeeignet / daß darinnen seine Gottesdienste sollen verrichtet werden: Vnd dabey hat sich GOTT verbunden / daß Er wolle gegenwertig seyn / durchs Worts vnd Sacrament krefftiglich wircken / die Leute bekeren vnd selig machen. Im 2. Buch(Exod. 20, v. 24,) Mosis am 20: An welchem Ort ich meines Namens Gedechtnis stifften werde / da wil ich zu dir kommen / vnd dich segnen. Das ist: Wo man in meinem Namen wird Predigen / Teuffen / Absolviren / Sacrament reichen / da wil ich / der gebenedeyte Weibes Samen / gegenwertig seyn / vn̅ das Volck segnen / vom Fluch vnnd ewiger Verdamnis erlösen. Im 3. Buch(Levid. 26, v. 11.) Mosis am 26. Ich wil meine Wohnung vnter euch haben / vnd meine Seele sol euch nicht verwerffen; Ich wil vnter euch wandeln / vnnd wil ewer GOTT seyn / vnd jhr solt mein Volck seyn. Ezech. 43: Die Herrligkeit(Ezech. 43, v. 5.) des HERRN erfüllet das Hauß: Vnd ich höret eine Stimme: Das ist der Ort meines Throns / vnd die Stedte meiner Fußsolen / darin ich ewiglich wil wonen. Psalm. 76. GOTT ist in Juda bekandt; In Israel(Psal. 76, 2.)
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ist sein Name herrlich: Zu Salem ist sein Gezelt / vnnd (Psal. 132, v. 14.) seine Wonung zu Zion. Psalm. 132. Diß ist meine Ruhe ewiglich; Hie wil ich wonen / denn es gefelt mir wol. Lateinisch heist diß Hauß Templum, à contemplando, daß Christen für vnnd für jhr Angesicht dahin richten sollen / vnnd in Nöten jhr Zuflucht zu dem GOTT nemen / der sich alda durchs (Dan. 6, 10.) Wort hat offenbaret. Als Daniel in der Babylonischen Gefengnis betet / thet er die Fenster auff / so gegen Jerusalem giengen / da der Tempel vnd Bundes Laden gestanden / knyet alda nieder / vnd richtet sein Angesicht gegen denselben ohrt: Also sindt vnsere Templa alle gebawet / daß der Chor / sampt dem hohen Altar / gegen Morgen oder auffgang der Sonnen gerichtet ist / zum Zeugnis / daß wir den GOTT ehren vnd anruffen / der sich zu Jerusalem hat offenbaret / vnd alda das Werck der Erlösunge / durch sein Leiden / Sterben / vnd Aufferstehen verrichtet / vnd daß wir nun teglich auff seine fröliche Wiederkunfft sehnlich hoffen vn̅ warten / da (Mala. 4, 2. Luc. 1, 78.) er mit auffsteigen der Sonnen / als die Sonne der Gerechtigkeit / vnd der Auffgang aus der Höhe / wieder erscheinen wirdt. Anfenglich hat man nicht solche Kirchen gehabt. Berosus vnd Josephus schreiben von Adam / als er aus dem Paradis verstossen worde̅ / habe er zwo steinerne Seulen auffgerichtet / darin er die drey Historien gegraben: Erstlich / von der Schöpffung der Welt; Zum andern / von seinem erbärmlichen Fall; Vnnd zum dritten / die verheissunge von dem Zukünfftigen Weibessamen / welcher der Schlangen den Kopff zutreten sol. Diese zwo Seulen sind Adams Kirche gewesen / dahin hat er sich alle Tage mit seinen Kindern versamlet / vnnd geprediget / haben auch jhr Gebet vnnd Gottesdienste / mit Opffern vnd Lobgesängen alda verrichtet. Zu Noah vnd Abrahams Zeiten sind Altar gebawet worden. (Gen. 12, v. 7. 8.) Gen. 12. Da Abraham die Verheissung bekommen / daß in seinem Samen sollen gesegnet werden alle Völcker auff Erden / Da
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bawet er einen Altar / vnd hebet an zu predigen vom Namens des HERREN / das ist / des Sohns Gottes. Als Jacob für seinem Bruder Esau fleugt / vnd in Mesopotamiam(Gen. 28, v. 11.) zeucht / bleibt er die erste Nacht auff dem Felde / leget einen stein zum Heupte; vnd siehet im schlaff eine Leiter / die von der Erden hinauff gen Himmel reicht / auff welcher die Engel auff vnd nieder steigen / vnd ist der Sohn GOttes oben an der Leiter / vnd redet mit Jacob: Als Jacob erwachet / spricht er: Hie ist warhafftig(v. 16.) GOttes Hauß / vnd die Thür des Himmels / nennet den ort Bethel / daß heist ein Hauß des HERrn / zuvor hat es Luza / zum Mandelbaum geheissen / vnd nimmet den Stein / salbet jhn mit Oehl / vnd spricht: HERR GOTT meines Vaters Abrahams(v. 20.) vnd Isaac / wirstu mit mir seyn / vnd mich behüten auff dem Wege / den ich ziehe / vnd wirst mir Brod zuessen / vnd Kleider anzuziehen geben / vnd mich wieder zu meinem Vater bringen / So solstu mein GOTT seyn mein Lebenlang: Vnd dieser Stein / darauff ich gelegen bin / sol ein GOttes Hauß werden; Darzu wil ich den Zehenden geben / von allem was ich habe. Gen. 28. Hernach er vber zwanhig Jahr aus Mcsopotamia wieder kömmet / bawet er alda einen Altar / vnd spricht zu seinem Hause: Reiniget euch / vnd last(Gen. 35, v. 2, 3.) vns auff seyn / vnd gen Bethel ziehen / daß ich daselbst einen Altar bawe / dem GOTT / der mich erhöret hat / zur zeit meines Trübsals / Gen: 35. Dergleichen Altar haben sie auch in jhren Hütten gehabt zu(Gen. 13, 18. Gen. 33, 20.) Mamre / Salem vnd sonsten: Vn̅ hat dieser geweret 2454. Jahr. Hernach da die Israeliten aus Egypten zogen / vnd Moses befehl entpfieng / das Volck ins gelobte Landt zufüren / redet Moses(Exod. 25, & 26. t. c.) mit Christo / vnd spricht: Er sol selbst mit ziehen / vnd das Volck leiten / füren vnd schützen: Wenn du nicht mit vns zeuchst (sagt er) so wil ich keinen Fuß fort setzen. Da antwortet der Sohn Gottes(Ex. 33, 15.) Er wolle mitziehen / vnd befielt jhm / er sol jhm ein Hauß bawen / darinnen er seine Wonung habe / giebt jhm dessen auch einen Ab
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riß (Ex. 36. & seqq.) / wie es seyn sol. Da bawet Moses eine Kirche / von Seidenen Teppichten / die hatte drey vnterschiede: 1. Atrium, den Vorhoff / darinne das Volck stunde; 2. Sanctum, darinnen war der güldene Leuchter / der Tisch mit dem Schawbroten / vnnd der Reuchaltar; 3. Sanctum Sanctorum, darinnen war die Bundeslade / allenthalben schön vbergüldet / inwendig lagen die zwo steinerne Taffeln Mosis mit den zehen Geboten / Item der Stecken Aaronis / welcher in einer Nacht gegrünet / geblühet / vnd Mandeln getragen / vnd ein Krüglein voll Manna / Außwendig war auff der Bundes Laden ein güldener Gnadenstuel / darauff der Sohn GOttes in der Wolcken vnd Fewer Seulen ruhet / vnd stunden auff der Seiten zween Cherubim; die mit jhren Flügeln zusammen rüreten / vnd beyde jhre Angesichte auff den Gnadenstuel richteten. Diese Kirche truge̅ die Israeliten viertzig Jahr mit sich in der Wüsten: Vnd wenn das Volck fortziehen solte / erhub sich die Wolcke (Num. 10, v. 35.) oder Fewer Seule in die höhe / vnd Moses ruffte: HErr / stehe auff / laß deine Feinde zerstrewet / vnd die dich hassen / flüchtig werden für dir; Wenn das Volck sich lagern solte / lies sich die Wolcken oder Fewer Seule wieder hernieder / auff den (v. 36.) Gnadenstuel / vnd Moses ruffte: Komm HERR wieder zu der Menge der tausent Israel / Im 4. Buch Mosis am 10. Bey dieser Kirchen hat der Sohn Gottes grosse Wunderzeichen (Jos. 3, 16; & 4; 18.) gethan / vnd seine gegenwart offt krefftiglich erwiesen. Als sie an den Jordan kamen / vnnd hinüber ins gelobte Land wolten / befahl Josua den Bajulis, daß sie den Tempel vorher tragen / vnd damit ins Wasser tretten solten / alsbald wandte sich der Jordan zu rücke / vnd gienge das Volck truckenes Fusses hindurch: Entlich da die mit der Kirchen wider heraus tradten / fiel das Wasser wieder zusammen / Josuae 3. vnnd 4. Als sie die Stadt Jericho belagert (Jos. 6, 11; v. 15. 20.) hatten / lies Josua die Kirche sieben Tage vmb die Stadt herumb tragen / vnd am siebenden Tage siebenmal: Hievon fielen.
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die Mauren ein zu Jericho von sich selbst / vnd war die Stadt erobert / verbannet / vnnd verbrand / Josuae 6. Als sie das Land gantz(Jos. 18, 1.) eingenommen / vnd vnter sich geteilet / satzten sie diese Kirchen gen Silo / dahin muste alles Volck zusamen kommen / auff die hohen Fest / vnd alda jhre Opffer vnd GOttes dienste verrichten. Wenn(1. Sam. 4, v. 4; & 5, 1.) sie in Krieg auszogen trugen sie diese Kirche mit sich: Vnnd zu Eli zeiten ward sie jhnen genommen von den Philistern / vnd gen Aßdod gefüret / vnd neben den Götzen Dagon gesatzt; Aber des Nachts schlug die Lade des HERren vmb sich vnd schmiß Dagon das Heupt / vnd beyde Hände ab / griff auch der Philister Fürsten an / mit plagen an heimlichen örtern / daß sie sie nicht lenger bey sich behalten / sondern wieder von sich schaffen musten. Endlich(2. Sam. 6, v. 17.) holet sie David gen Jerusalem / vnnd satzte sie in die Burg Zion / daß ist hernach seine Kirche gewesen / davon er in Psalmen so offt rümet / vnd alle seine frewde vnd lust dran gehabt / Als Psalmo 23.(Psal. 23, 6. & 26. 8. & 27, 4.) Ich werde bleiben im Hause des HERRN jmmerdar. Psalm. 26. HERR ich habe lieb die Stete deines Hauses / vnd den Ort / da deine Ehr wohnet. Psalm 27. Eins bitte ich vom HERRn / daß hette ich gerne / daß ich im Hause des HERRN bleiben möge mein Lebelang / zu schawen die schönen Gottesdienste des Herrn / vnd seinen Tempel zubesuchen. Psal. 42. Wie der Hirsch(Psal. 42, 2.) schreyet nach frischem Wasser / so schreyet meine Seel GOtt zu dir: Meine Seel dürstet nach GOtt / nach dem lebendigen GOtt; Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesichte schawe? Ich wolte gerne hingehen mit dem Hauffen / vnd mit jhnen wallen zum Hause Gottes / etc. Psal. 84. Wie lieblich sind(Psal. 84, 2.) deme Wonunge / HERR Zebaoth: Meine Seele
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verlanget vn̅ sehnet sich nach den Vorhöfen des HErren; Mein Leib vnd Seel frewen sich in den lebendigen(Psal. 122, v. 1.) GOTT. Psal. 122. Ich frewe mich des das mir geredt ist: Daß wir werden ins Hauß des HErren gehen / etc. Vnd diese Kirche hat geweret 486. Jahr. (2. Reg. 6, v. 1. & seqq.) Hernach bawet Salomon den ersten Tempel zu Jerusalem / das war ein groß herrlich Werck. Denn als David sterben solte / (1. Paral. 23, v. 14.) befahl er jhm diesen Baw / vnd sagte: Sihe / ich habe hierzu gesamlet in meiner Armuth hundert tausent Centner Goldes / vnd tausent Centner Silbers / darzu Ertz vnd Eisen ohne zahl. 1. Chron. 23. Diß hat Salomon genommen / vnd noch viel mehr darzu gethan. Vnd an dem Tempel elff gantzer Jahr gebawet: Hat achtzig (1. Reg. 6, 38. 1, Reg. 5, 15.) tausent Zimmerleute; siebentzig tausent Handtreicher hiezu gebrauchet. 1. Reg. 5. 6. Dieser Tempel ist inwendig durchaus mit Golde vberzogen gewesen / auch der Bodem an der Erden mit güldenen Blechen beleget / Außwendig das Tach mit Golde vberzogen / vnnd die Mauren von lauter Marmelstein / daß / wenn die Leute nach Jerusalem gereiset / es weit vnnd ferne geleuchtet vnnd geglentzet / daß sie jhre frewde vnd lust dran gesehen. Vnd ist ein solches Gebewe gewesen / daß es vnter die sieben Wunderwerck der Welt gerechnet worden. Darein hat Salomon die Bundeslade gesetzet / vnd ist das Volck Israel aus allen Landen dahin kom̅en / vnnd haben jhre Gottesdienste alda verrichtet. Diß hat geweret (2. Reg. 25, v. 9.) 423. Jahr / da ist Nebucadnezar kommen / vnnd hat den schönen Tempel verbrandt / vnd in die Aschen gelegt / vnud das Jüdische Volck mit sich nach Babel gefangen gefüret. Von dieser zeit an wird der Bundes Lade nicht mehr in der Bibel gedacht. Die Rabinen schreiben / Jeremias habe sie zur zeit der Belagerung in den Berg Moria begraben / welches ein Vorbilde gewesen / daß die rechte Bundes Lade vn̅ Gnaden-Thron / der ewige Sohn Gottes / an der stedte solte sterben vnd begraben werden. Den̅ Golgatha / da
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der HERR gecreutzigethworden / ist am Berge Moria gelegen gewesen. Nach viertzig Jahren / alß das Jüdische Volck aus der(Esrae. 3, t. c.) Babylonischen Gefengnis erlöset / vnnd wieder heim kommen / ist der ander Tempel angefangen worden zu bawen; sind aber 46. Jahr daran gehindert worden / Joan. 2. Derselbe hat nachmals(Jo. 2. 20.) gestanden 569. Jahr / da hat Titus das garaus gemacht mit dem Jüdischen Volcke / vnd der Mosajschen Policey. Vn̅ ist der Tempel abermal verbrandt / vnd gantz Jerusalem zerschleufft worden / daß kein Stein auff den andern blieben. Hierauff sind die Apostel außgelauffen in alle Welt / vnd haben dem HERRN Christo aus allen Völckern vnd Zungen einen heyligen Samen gesamlet: Da sind die Fana idolorum zerstöret / vnnd dagegen Christo viel schöner Kirchen gebawet worden; Sonderlich zur zeit Constantini Magni, da die Christenheit nach langwiriger verfolgung Halcyonia erlanget; Deßgleichen vnter dem Keyser Theodosio, Marciano, vnd andern. Carolus Magnus, wie droben gemeldet / hat alhier in Sachsen vnnd Westphalen viel Bistumb gestifftet / vnnd vnter andern auch diß alhie zy Halberstadt: Das haben hernach die Bischoffe von tage zu tage gebessert / wie es denn viel fürnemer Leute in diesem Stifft gehabt. Haymo der dritte Bischoff alhie / ist ein sehr gelerter Mann(Haimo, Episc. 3. Halberst.) gewesen / hat vber die gantze Bibel geschrieben / wie noch seine Commentaria, sampt etlichen Homilijs gefunden werden: Hat auch mit grossem vnkosten eine stadtliche Bibliothec alhie gezeuget / dazu jhm Keyser Ludovicus Pius ein Euangelien Buch geschencket / mit Golde / Silber / vnnd Edelgesteinen auff das allerschönste geziehret. Bernhardus der siebende Bischoff / ein Marggraff von(Bernhardus, Episc. 7.) Meissen vnd Laußnitz / hat das Closter Heimerßleben gestifftet / daß Jungfrawen darinnen Christlich erzogen werden solten; Vn̅ hat das Pfortenhauß alhie fundirt / darinnen noch heutiges tages
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zwölff Wittwen / oder andere Personen vnterhalten werden. Sein Bruder Sigfrid hat das Hauß Grüningen gebawet / vnd dasselbe / alß er ohne Erben gestorben / dem Bischoffe seinem Bruder zur Kirchen zu Halberstadt geschencket / daher es noch der Bischöffliche Sitz vnd Burg ist. (Hildebardus, Episc. 8.) Hildebardus der achte Bischoff hat das Closter zu Stötterlinburg gestifftet. (Arnoldus, Episc. 9.) Arnoldus der neunde Bischoff / hat die Kirche alhie zu vnser lieben Frawen gebawet / vnd Canonicen darin gesetzet / welche er geordnet / daß sie sich nach diesem Dom richten / vnnd demselben conformiren sollen; Item das Closter zu Ilsenburg. (Brandagus, Episc. 10.) Brandagus der zehende Bischoff / hat das Closter S. Johannis fundirt, vnd erstlichen Canonicen darein gesetzet; Item die Stifft Kirche Bonifacij, ausser der Stadt. (Burcardus, Episc. 11.) Burcardus der elffte Bischoff / hat den Peters Hoff in der Burg gebawet / vnd 24. andere Höse für die Canonicos. (Burcardus Bucco, Epis. 12.) Burcardus Bucco, der zwölffte / hat das Closter im Holtz Hüseburg auffgerichtet; Item / in der Stadt das Collegium zu S. Paul / vnd das Hospital zu S. Alexio für arme Leute. (Reinhardus, Episc. 15.) Reinhardus der fünffzehende / hat das Closter Hamerßleben fundirt, in welchem der gelerte Mann Hugo in seiner jugend erzogen worden / welcher nachmahls zu Pariß ein grosser Doctor gewesen; Item das Closter zu Caldeborn; Hat auch das Stifft S. Johannis alhie zu einem Closter gemacht. (Gonradus, Episc. 21.) Conradus der 21. hat mit den Tempel-Herrn / so zu S. Burghard gewesen / gewechselt / vnd darein die Nonnen zu S. Jacob transferirt. (Hermannus, Episc. 27.) Hermannus der 27. ein Herr von Blanckenburg / oder Graffe von Reinstein / hat das Barfüsser Closter / das Hospital zum heyligen Geist / das Closter in der Newstadt / vnnd S. Nicolaus Closter gestifftet. (Albertus, Episc. 28.) Albertus der 28. das Jungfrawen Closter Aderßleben / bey Wegeleben / etc.
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Gleicher gestalt haben andere Bischöffe mit hülff der Weltlichen Obrigkeit / jhre Stiffte gebessert / vnd allenthalben viel Kirchen auffgerichtet / alle zu dem ende. Fines Templorum, sind diese drey gewesen: 1. Daß Gottes Wort gelehret / vnd die Hochwirdigen Sacramenta alda administirt werden sollen / Psal. 122: Jerusalem(Psal. 122, 3.) ist gebawet / daß eine Stadt sey / da man zusamen kommen sol / da die Stämme hinauff gehen sollen / nemlich die Stämme des HErren zu Predigen dem Volck Israel / vnd zu dancken dem Namen des HErrn. Aus der vrsachen sind auch Dörffer vnd Städte gebawet / das Leute beysammen wonen. wie der Christliche Poet saget:
Utque alios alij de religione docerent,(Stigelius.) Contiguas pietas jussit habere domos. 2. Vmb des Gebets willen / daß alda die Leute zusammen kommen / GOtt anruffen / loben vnd preisen sollen: Hievon sagt Christus: Mein Hauß ist ein Bethauß / Luc. 19. Vnd verheist(Luc. 19, 46.) Matth. am 18. Wo jhrer zwey oder drey in seinem Namen(Matt. 18, 19.) zusammen kommen / alles was sie eins werden zubitten / daß sol jhnen wiederfaren vom Vater im Himmel. 3. Zum zeugnis / daß der HERR vnser GOTT sey / wie die Kinder Ruben / Gad / vnd Manasse sagten / da sie einen Altar gebawet hatten / jenseid dem Jordan: Dieser Altar sol ein Zeugnis seyn / daß der HERR / der Gott Israel / vnser GOTT sey / Josu. am 22.(Jos. 22, 27.) Hiezu haben sie auch die Kirchen geweihet / vnnd vnserm HERRN GOTT zu eigen gegeben / vnd bey jhrer Kirchweihe das Sprengwasser / Räuchfaß vnnd Opffer gebrauchet. Das Sprengwasser ist GOttes Wort / das haben sie geprediget / Den̅ dadurch werden die Hertzen der Menschen besprenget mit dem Blute Jesu Christi / 1. Pet. 1. Daß Räuchfaß ist das liebe Gebet /(1. Pet. 1, 2.)
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das ist das rechte Reuchwerck / das hinauff gen Himmel steiget / vnd für GOTT angenehm ist. Also weihet Moses seine Kirche in der Wüsten / prediget dem Volcke / betet mit jhnen / vnd opffert / da erscheinet der HERR vom Himmel / vnnd erfüllet die Kirche mit seiner Herrligkeit. (Exod. 40, 18,) Im andern Buch Mosis am 20. (2. Reg. 8. t. c.) Salomon weihet auch also seinen grossen Tempel / setzet die Bundes Lade darein / das ist / die Predigt vom Sohn Gottes / kniet nachmahls vor dem Altar / breitet seine Hende aus gen Himmel / (v. 23.) vnd betet: HERR Himmels vnd der Erden / du Gott Israel / der du heltest Bundt vnnd Barmhertzigkeit deinen Knechten / Siehe / ich habe deinem Namen ein Hauß gebawet / nicht daß du in Heusern (v. 27.) wonest / von Henden gemacht / denn aller Himmels Himmel können dich nicht begreiffen. HERR mein GOTT / laß deine (v. 29.) Augen offen stehen vber diß Hauß Nacht vnd Tag / daß du hörest (v. 37.) das Gebet / welches dein Volck an dieser Stedte thun wird. Wen̅ Thewrung oder Pestilentz oder Dürre / oder Raupen / oder Heuschrecken im Lande seyn werden; oder daß der Feinde die Thore (v. 35.) belegert / oder jrgens eine Kranckheit regieret; Oder der Himmel verschlossen wirdt / daß nicht regnet / vnd sie werden beten an diesem (v. 36. 2. Par. 7, v. 1.) Orth / vnd sich von Sünden bekehren / so wollestu HERR hören im Himmel vnnd jhnen gnedig seyn / etc. Auff diß Gebet er schiene GOtt mit seiner herrligkeit / vnd erfüllet das gantze Hauß; Vnd es fiel Fewer vom Himmel / vnd verzehret das Brandopffer. (v. 5. 1. Reg. 6, v. 63.) Vnd Salomon offerte zwey vnd zwantzig tausent Ochsen / vnnd hundert vnd zwantzig tausent Schaffe / vnd hielte mit dem Volcke ein Frewden Fest sieben Tage / 1. Reg. 8; 2. Chron. 6. vnd 7. Gleicher weise weihet Eßdras den andern Tempel nach der (Esrae 6, v. 16.) Babylonischen Gefengnis. (1. Mac. 4, v. 36,) Item / Judas Maccabeus hielt Encaenia oder Renovalia, als Antiochus Epiphanes den Tempel verunreiniget / vnd Abgötterey vnnd Vnzucht darinnen getrieben hatte / Ruffte das Volck
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zusammen / reiniget den Tempel / mit flehen vnd beten / vnd ordnet(v. 59.) ein Järlich Fest auff den 25. Tag Novembris, welches er Encaenia oder Renovalia nennet / das ist / Vernewrung vnd reinigung des Tempels / 1. Maccab. 4. Dieser vnser Tempel vnd Stifft Kirche / ist ANNO 992. geweihet worden / vnter dem Bischoff Hildebardo, vnd ist Keyser Otto selbst in der Person / mit vielen Fürsten vnd Graffen gegenwertig gewesen / deßgleichen zwölff Bischoffe vnd Crtzbischoffe / an stadt der zwöff Aposteln: Ist geschehen amtage S. Galli / dieweil Bischoff Hildebardus im Closter S. Gallen erzogen war; Wird auch das gedechtnis solcher Kirchweihe noch Järlich bey vns an S. Gallen tag gehalten. Heute halten wir Encaenia oder Renovalia dieses Tempels / da die Mißbreuche abgeschafft / vnnd eine Christliche reformation angefangen wird. Vnnd brauchen auch hierzu: Erstlich das Spreng Wasser / das ist / GOttes Wort; Setzen hierein die Bundes Laden / die Predigt des H. Euangelij / vom Sohn Gottes / daß der allein vns fürgestelt sey / zum Gnadenstuel(Rom. 3, 25.) durch den Glauben / in seinem Blut. Rom. 3. Zum andern nemen wir das Rauchfaß / das ist das liebe Gebet / vnd ruffen zu GOtt von grnud vnsers Hertzen / er wolle diß sein angefangen Werck gnedig vollnziehen / vn̅ Segen vn̅ Gedeyen darzu geben / daß es gereiche zu seinen Göttlichen Ehren / zu außbreitung seines Euangelij / zu erbawung der Kirchen / vnd zu aller Zuhörer ewigen Seligkeit / Amen / HERR Jesu Amen. Zum dritten wollen wir vnser Opffer verrichten: Vnd ob wir nicht zwey vnd zwantzig tausent Ochsen / vnd hundert vnd zwantzig tausent Schaffe zu opffern haben / wie Salomon in seiner Kirchweihe; Wollen wir die Opffer vnser Lippen bringen / welche besser sind denn ein Farr / der Hörner vnd Klawen hat. Psalm 69. vnd nach der Predigt vnser(Psal. 69, v. 32.) Te Deum laudamus etc. singen / vnd GOTT mit frölichem
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Hertzen vnd Munde für diese vnnd alle seine Wolthaten loben / Ehren vnd Preisen / etc. So viel vom ersten Theil.

Vom Andern.
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Das ander Theil vom heutigen Apostel Fest / warumb wir die Gedechtnis der Apostel in vnsern Kirchen behalten / vnnd wie wir die verstorbenen Heyligen recht ehren sollen. WIr haben Heute den Tag S. Matthei / den halten wir billig / wie auch ander Apostel Festa, in vnsern Kirchen feyerlichen / nicht der meinung / daß wir die Aposteln vnd andere Heyligen anbeten sollen; Daß ist nicht die rechte ehre der Heyligen / sondern ist vnrecht / auß diesen vrsachen: 1. Erstlich ist hievon kein Buchstabe in Gottes Wort: Man findet sonst viel in der Schrifft vom Gebete / wen wir anruffen sollen / was wir bitten sollen / wie vnd warumb wir erhöret werden; Auch sind viel schöner Form vnnd weise zu beten / in Psalmen vnd anderswo beschrieben / aber nichts von anruffunge der verstorbenen Heyligen. (Deut. 6, 13. Matt. 4, 10. Matt. 6, 9. Psal. 50, 15.) 2. Zum andern ist es wieder GOttes Wort. Deutr. 6. steht geschrieben: Du solt GOTT deinen HERRN anbeten / vnd jhm allein dienen. So leret vns Christus beten: Vater vnser / der du bist im Himmel / etc. Vnnd im 50. Psalm spricht GOTT: Ruff Mich an in der zeit der Noth / so wil ich dich erretten / so soltu mich preisen. (Jere. 2, 12.) Vnd Jeremiae 2. klaget GOTT vber solche Abgötterey. Solte doch der Himmel sich dafür entsetzen / erschrecken vnd sehr erbebe̅ / spricht der HERR. Mich / die lebendige Quelle / verlassen sie / vnd machen jhnen hie vnd da außgehawene Brunnen / die doch löchericht sindt / vnd kein Wasser geben. 3. Zum dritte̅ ist es wider das Mitler Ampt Christi:
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Denn es ist ein einiger Mitler / zwischen GOTT vnd dem Menschen / Jesus Christus. 1. Tim. 2. Wir haben einen Vorsprecher(1. Tim. 2, v. 5. 1. Joan. 2, 1. Rom. 8, 34.) bey dem Vater / Jesum Christum / den Gerechten. 1. Joh. 2. Der sitzt zur rechten Gottes / vnd vertrit vns. Rom. 8. 4. Zum vierden ist es den Heylige̅ selbst eine vnehre: denn wenn man sie anruffet / so mus man jhnen Omnipotentiam vnd Omniscientiam; Allmacht vnd Allwissenheit zuschreiben / daß sie alle vnser Noth sehen vnd wissen / die seufftzen vnser Hertzen kennen vnd verstehen / vnnd eine allmechtige Handt haben zu helffen; Das ist zu viel für die Heyligen / vnd gehöret allein GOtt zu. Zu dem wollen die Engel sich nicht anbeten lassen / Apoc. 22.(Apoc. 22, v. 9.) Ich bin dein Mittknecht / bete GOTT an. Viel weniger begerens die verstorbenen Menschen. Sie rümen auch nicht von jhrem verdienst / daß sie jhnen oder andern den Himmel verdienet / sondern sagen alle mit der Jungfrawen Maria: Er hat(Luc. 1, 49.) grosse Barmhertzigkeit an mir gethan; Vnnd mit dem Patriarchen Jacob: Minor sum Domine, HERR ich bin(Gen. 32, v. 10.) nicht wehrt all deiner Barmhertzigkeit / die du mir erzeigest. Gen. 32. 5. Zum fünfften ist es in der Kirchen GOTtes nihe breuchlich gewesen: Vnnd ist kein Exempel hievon / weder im alten noch newen Testament zu finden / auch nicht bey den Vätern / etliche hundert Jahr nach Christi Himmelfart. Von Origene, vnd andern wenigen ist es wol in Schrifften ventilirt worden / Aber andere fromme Kirchen Lerer / alß Lactantius, Chrysostomus, Hylarius, Epiphanius vnd Augustinus habens in jhren Büchern widerlegt vnd verworffen. Epiphanius schreibet im Buche contra Antidico-Marianitas: Revera sanctum erat corpus Mariae, sed non Deus; Revera fuit virgo honorata, sed non ad adorandum data; sed ipsa adorans eum, qui secundùm carnem ex ipsa genitus. Quis Prophetarum unquam praece
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pit adorari hominem, nedum mulierem: Sit in honore Maria; Pater, Filius, & Spiritus S. adoretur, Das ist Der Leib Mariae ist warhafftig heylig gewesen / aber nicht GOTT; Sie ist warhafftig die gebenedeyte vnter allen Weibern / vnnd hoch zu ehren / aber nicht anzubeten / sondern sie hat selbst den angebetet / der von jhr geboren ist: Welcher Prophet hat jemahls geleret / daß man einen Menschen anbeten sol / ich geschweige ein Weib: Man halte Mariam in ehren; Aber man bete an GOtt Vater / Sohn / vnd heyligen Geist. Anno Christi 470. hats Petrus Gnaphaeus, ein Ketzer erstlich in die Kirchen bracht / vn̅ angefangen öffentlich die Heyligen anzuruffen: Darnach ist es Anno 681. in Synodo OEcumenica sexta mit einem besondern Canone bestetiget worden; Aber vnrecht: Daru̅b es jtzt in reformirten Kirchen wieder abgeschafft ist. Daß man aber hie fraget: Ob man denn die thewren Märterer / vnd Heyligen Gottes nicht ehren sol? Darauff ist die antwort: Ja traun / Warumb wolten wir die nicht ehren / die GOtt (Act. 9, 15. 1. Cor. 3, 16; & 6, 19; 2. Cor. 6, 16. 2. Tim. 4, 7.) selbst ehret? Welche in jhrem Leben außerwehlte Rüstzeuge Gottes / vnd lebendige Tempel vnnd Wonunge des heyligen Geistes gewesen; Die einen guten Kampff gekempffet / Glauben behalten / vnd die Krone der Herrligkeit empfangen: Billig werden die geehret in der Christenheit / vnd in den Hertzen aller Gleubigen. Wir gedencken jhrer seligen Seelen mit aller ehrerbietung im besten; Wir halten auch jhre Leibe vnd jhre Gebeine heylig: Den̅ wir wissen / wie nicht allein die Seele / sondern auch der Leib / Gottes geschöpff; Also ist derselbe auch durch Christum erlöset / in der heyligen Tauffe mit dem Blute Christi gewaschen / vnnd im (Joan. 6, v. 54.) Abentmal mit Christi Leib vnd Blut (welches eine Speise der vnsterbligkeit) genehret. Darumb Irenaeus sagt: Impossibile est corpora nostra posse manere in sepulcris, cum sint nutrita vivifica carne & sanguine filij Dei, &c. Es sey vnmüglich / daß vnsere Leibe können in den Gräbern bleiben / weil sie mit dem lebend
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machendem Fleisch vnnd Blut des Sohns Gottes gespeiset vnd getrencket seyn; Vnd werden jtzt von den Engeln bewacht in jhren Gräbern / daß kein Beinlein noch Steublein davon verröret oder verloren seyn kan / biß ad diem restitutionis omnium, Actor. 3.(Act. 3, 21. Matt. 13, 43. Dan. 12, 3.) Da werden sie leuchten wie die Sonne am Himmel / vnd wie der Glantz des Firmaments. Matth. 13. Daniel. 12. Wir verwerffen auch nicht alle Gemehlte vn̅ Bilde der Heyligen / sondern sagen mit Doctor Luther: Daß die Bildstürmer / Zwinglianer vnd Calvinisten vnrecht thun / die alle Bilder aus der Kirchen reissen; Bekennen mit Gregorio: Quod doctis est scriptura, illud vulgo est pictura, Was die Gelerten in der Schrifft haben / das können die Einfeltigen an den Gemehlden vnnd Bildern lernen vnd studiren. Wir behalten auch die gedechtnis der Heyligen in vnsern Kirchen / vnnd begehen die Festa der hochgelobten Jungfrawen Maria / vnnd der Apostel feyrlichen. Hie von haben wir Gottes Wort: Psalm. 112: In memoria sempiterna erit justus, Des(Ps. 112, 6. & 116, 15.) Gerechten wird nimmermehr vergessen werden; Psalm. 116: Der Todt seiner Heyligen ist wehrt geachtet für den Augen des HErren. Wir haben auch Exempel in der Bibel: Der verstorbenen Ertzväter wird im alten Testament gar ehrlich erwehnet; So gedenckt auch Christus Johannis des Teuffers nach seinem tode rühmlichen. Vnd in 105. 106. Psalm / Actor. 7. Heb. 11. werden(Ps. 105. t. & 106. t. Act. 7, t. c. Ebr. 11, t. c.) die grossen Wercke der Heyligen / sampt jhrem Lobe nach der lenge beschreiben. Was nun Gottes Wort vns weiset / das erzeigen wir den Heyligen willig vnd fleissig; Aber wir müssen hieneben acht haben / daß wir vom Wort nicht schreiten / vnnd demselbigen zuwider nichts fürnemen: Darumb lassen wir Gottes Wort alhie das Liecht vnser Füsse seyn / vnd ehren die Heyligen auff dreyerley weise / wie solches in der Augspurgischen Confession erkleret wird. Erstlich loben wir GOTT in seinen Heyligen / Psalm. 150.(Ps. 150, 1.)
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Laudate Dominum in sanctis ejus. Das ist: Wir Rümen vnd Preisen die grossen Wolthaten Gottes / die er der Welt durch diese seine Werckzeuge erzeiget hat / daß er jhm aus dem Menschlichem Geschlecht für vnd für eine Kirche samlet / vnd zu allen zeiten grosse Wunderleute / vnd heilsame Lehrer erwecket hat / welche er angethan mit krafft aus der höhe / vnd durch sie sein Wort vnd Euangelium in der Welt außgebreitet / fortgesatzt / erhalten / vnnd auch jtzund gnedig an vns gelangen lassen / daß wir auch kommen seyn zum Erbtheil der Heyligen im Licht; Erretet aus der Obrigkeit der finsterniß / vnnd versetzt in das Reich seines lieben Sons / an welchen wir haben die erlösung durch sein Blut / Nemlich vergebunge (Col. 1, 13. Ephes. 1, 7.) der Sünden. Coloss. 1. Ephes. 1. Hiefür loben vnnd preisen wir GOTT / denn es sint nicht wercke der Heyligen / sondern des Sohns Gottes / wie S. Paulus (Ephes. 4, v. 8, 11.) bezeuget Ephes. 4. Er ist auffgefaren in die höhe / vnnd hat Gaben emtpfangen für die Menschen / setzt etliche zu Aposteln / etliche zu Propheten / etliche zu Euangelisten / etliche zu Lerern / (1. Cor. 12, 4.) etliche zu Hirten 1. Corinth. 12. Es sind mancherley Gaben / aber es ist ein Geist; Es sindt mancherley Empter / aber es ist ein HERR; Es sind mancherley Kreffte / aber es ist ein GOtt / (1. Cor. 15, 10.) der da wircket alles in allen / 1. Corin. 15. Ich habe mehr gearbeitet denn sie alle; Aber nicht ich / sondern Gottes Gnade / die in mir ist. Hiebey examiniren wir auch vnser Lehre vnd Bekentnis / ob es mit der Lehre der heyligen Apostel vberein stimme / vnd wen̅ wir das befinden / schliessen wir / daß wir Gliedmassen der waren Apostolichen Kirchen seyn / vngeachtet was andere wider vns schreyen vnd schreiben. Wir betrachten auch das Leben der Heyligen / vnnd wenn wir darinnen schwachheit oder auch grosse fehltrit befinden / wie bey David vnd Petro / lernen wir daraus / daß wir nicht durch vnsere Wercke oder Verdienste / sondern durch die Gnade vnsers HERRN Jesu Christi selig werden.
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An jhrer Straffe vnnd Züchtigung erkennen wir die grosse Barmhertzigkeit Gottes / daß er seine Kinder nicht strafft / wie die Gottlosen / Sondern züchtiget sie mit der Ruten / vnd wendet seine Gnade nicht von jhnen / lest auch seine Warheit nicht fehlen / vnd seine Verheissung nicht auffhören / Psalm. 89.(Psal. 89, 33.) Ihr vielfeltiges Creutz vnd trübsal / darinnen sie auff Erden gewallet / erinnert vns / daß GOTT seine Heyligen wünderlich füret / Psal. 4; Vnd seine Kirche ohne Menschliche gewalt / allein(Psal. 4, 4.) mit seinem starcken Arm / vn̅ mechtiger Handt / schützet vnd erhelt. Ihre herrliche rettung zeugen von der grossen Krafft vnd Allmacht GOttes / daß wir einen GOTT haben / der da hilfft / vnd einen HERRN HERRN / der vom Tode errettet / Psalm. 68. Daß die Hand des Höchsten kan alles endern / Psalm. 77. vnd(Psal. 86, 21. & 77, 11. & 130, 7.) zu helffen kein ziel habe / wir groß auch sey der schade. Psalm. 130. Ihr Todt vnd Marter / vnd in derselben jhre grosse frewdigkeit vnnd bestendigkeit / ist ein gewiß vnnd vnwidersprechlich zeugnis / daß jhr Lehr vnnd Predigt GOttes ewige Warheit sey / vnd daß gewiß ein ander Leben müsse folgen nach diesem / darinnen GOTT vermöge seiner Gerechtigkeit / jhnen wiederumb in alle ewigkeit guts thun / vnd sie jhres Leids vnd Leidens reichlich ergetzen wird / Wie sich Paulus damit tröstet / 2. Timoth. 4. Ich werde(2. Tim. 4, 6.) geopffert / vnnd die zeit meines abscheidens ist verhanden / Ich habe meinen Lauff vollendet / Glauben behalten / einen guten Kampff gekempffet / Mir ist beygelegt die Krone der Gerechtigkeit / welche mir geben wird der gerechte Richter an jenem Tage; Vnd nicht allein mir / sondern allen / die seine erscheinung lieb haben. Zum andern rühmen vnd preisen wir auch die Personen der Heyligen / daß sie GOTtes trewe Knechte gewesen / Matth. 25.(Mat. 25, 21. 2. Tim. 4, 7. Act. 14, 22. Apocal. 7, 14. & 12, 11.) Glauben gehalten / 2. Timoth. 4. Durch viel Trübsal gangen / Actor. 14. Ihre Kleider gewaschen im Blut des Lambs / vnd jhre Seele nicht geliebet biß in den Todt / wünschen jhnen alles guts /
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dem Leibe ein selige ruhe / vnd jhren Seelen newe licht vnd frewde im Himmel. Wie die Israeliten an die Gräber jhrer Verstorbenen geschrieben: Requiescat corpus in pace, & sit anima custodita in fasciculo viventium apud Dominum, Der Leib habe alhie seine ruhe / vnd die Seele müsse eingebunden seyn / im Bündlein der (1. Sam, 25, v. 29.) Lebendigen für dem HERRN. 1. Sam. 25. Zum dritten / stellen wir vns der Heyligen Exempel für zum Vorbilde / bevleissen vns derselben / was jhren Glauben vnnd Leben belanget / nach zufolgen. Wie in der ersten Kirchen bey den Begrebnissen der Merterer Vigilia gehalten worden / da sie bey Nacht zu sam̅en kamen / vnd bey dem Leichnam der erwürgeten geprediget / sich mit Psalmen / vnd andern Lectionibus auch Geistlichen Lobgesängen vnter einander zn gleicher bestendigkeit ermanet: Nicht daß sie den Todten Exequias gehalten / vnd jhnen damit zum Him̅el haben helffen wollen; sondern daß die Lebendigen hiedurch erinnert worden / solchem Exempel des Glaubens / Bekentnis / Bestendigkeit / vnnd anderer Tugenden der Heyligen nach zu folgen / vnd sich zu gleichem Kampff zu bereiten. Also betrachten wir auch der Heyligen Glauben / vnd Gottseliges Leben / vns zur nachfolge: Daß / wie sie an Christum gegleubet / jhn hertzlich geliebet / vmb seinet willen sich alles auff der Welt verziehen / ein heyliges / vnstreffliches Leben gefüret / jhr Creutz mit grosser gedult getragen / vnd sich keine gefahr / auch den Todt nicht lassen schrecken / sondern bey Christo / vnnd seinem Euangelio bestendig biß an den letzten Seufftzer beharret / selig gestorben / vnnd sind nu droben im Himmel / stehen für dem Stuel des Lambs / angethan mit weissen Kleidern / haben Palmzweige in jhren Henden / loben vnd preisen GOTT mit den lieben Engeln / sehnen sich auch nach jhres Leibes erlösung / vnd schreyen mit heller Stimme: HERR du Heyliger vnnd Warhafftiger / wie lange richtestu / vnnd rechest nicht vnser Blut an denen / die auff Erden wonen? (Apocal. 6, 10. & 7. 12.) Apocalyp. 6. 7.
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Daß auch wir also vns vnser Christenthumb lassen ein ernst seyn / an Christum recht gleuben / jhn von Hertzen lieben / vnd vns nichts in dieser argen Welt lassen von jhm abwenden / auch in Ereutz vnser Seele mit gedult fassen / eine gute Ritterschafft vben /(Luc. 21, 29. 2. Tim. 4. v. 7. Tit. 2, 12.) Glauben vnd gut Gewissen bewaren / das vngöttliche Wesen / vn̅ die Weltliche Lüste verleugnen / züchtig / gerecht vnd Gottselig in dieser Welt leben / vnnd jmmerdar warten auff die selige hoffnung vnd erscheinung der herrligkeit des grossen Gottes vnsers Heylandes Jesu Christi / vnd mit Johanne seufftzen: Kom̅ HERR Jesu /(Apocal. 22, v. 20.) kom̅ balde / auff daß wir endtlich zu der rechte̅ Gemeinschafft aller Heyligen versamlet werden / vnd mit jhnen GOTT von Angesicht zu Angesicht anschawen / vnd in alle ewigkeit loben vnd preisen / Amen. Das ist die Ehre / so den Heyligen nach Gottes Wort gebüret: Vnd soviel auff dißmal. Wollen hiemit GOTt vmb seine Gnade anruffen / etc. GOtt allein die Ehre.


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