Transkription

Luther, Martin: Betbüchlein sampt einem Passional. D. Martini Lutheri. Auffs new wiederumb auffgelegt, und aus dem alten Exemplar, so Anno 28. außgangen nachgedruckt, und mit schönen Figuren gezieret. Beneben einer Vorrede D. Basilij Satlers.
[Inhaltsverzeichnis]
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Der Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürstin vnnd Frawen / Frawen Elisabeth / Geborn aus Königlichem Stammen zu Dennemarck / Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. meiner gnedigen Fürstin vnd Frawen.
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Gnade vnd Friede von Gott dem Vater vnd dem Herrn Jesu Christo. DVrchleuchtige / Hochgeborne Fürstin / gnedige Fraw / es ist kein herrlicher gut Werck / das die gleubigen in dieser Welt verrichten / als das liebe Gebet. Denn da trit ein armer Mensch / für die hohe Göttliche Majestet / redet damit / wie ein Kind mit seinem lieben Vater / klaget Gott sein noth vnd anligen / vnnd
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schüttet sein Hertz für jhm aus / vnd bittet von jhm allerley zeitliche vnd ewige Güter. So begreifft auch ein recht Gebet / fast alle fürnembste Heuptarticul Christlicher Lehr in sich / vnd muß ein Christ / im Gebet / gleich alles auff sagen / vnnd ins Werck richten / was er jemals in Gottes Wort gestudieret vnd gelernet hat. Als / daß ich nur etlichs berüre / muß da ein Christ die hohe Lehr vom waren erkentnis Gottes gar wol in acht nemen / daß er jhm Gott nicht anderst fürbilde / noch anderst von jhm gedencke vnd halte / als er sich selber in seinem Wort vns offenbaret hat / Sonst verfeilet er des waren Gottes / vnd rüfft jhn nicht / sondern seines eignen Hertzen gedicht vnd gedancken an. So muß da die Lehr vom Gesetz / von der Sünde / von der Buß / nicht allein betrachtet / sondern auch geübet / vnd ins werck gerichtet werden / sonst wird das Gebet nicht erhöret. Im gleichen muß die Lehr vom Glau
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ben an vnsern HERRN Jesum Christum im Gebet practiciret werden / Also daß wir allerdings auff jhn vnd seinen verdienst vnd gehorsam vnser Gebet gründen / Denn das heist den Vater in seinem Namen bitten / Joh. 16. Im Gebet befindet sich auch der kampff des Fleischs vnd Geists / ja es müssen fromme Hertzen im Gebet / nicht allein mit jhrem Fleisch / dem Teuffel / vnd der Welt / sondern auch / wie Gen. 32. an Jacob fürgebildet ist / mit Gott selber kempffen. Daß also / wer recht beten sol / ein rechtschaffener Christ / in Gottes Wort wol geübet vnnd erfahren / Ja / wie die Schrifft redet / von Gott selber gelehret seyn muß. Wie aber das Gebet ein herrlich Werck ist / also richtet es auch grosse vnnd vnaußsprechliche ding aus / vnd erlangen rechtschaffene Beter / von dem Allmechtigen Gott alles das / was einem Menschen
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nicht allein zu diesem vergenglichen / sondern auch zum ewigen Leben nütz vnd heilsam ist / wie Joelis vnd Act. 2. stehet / Wer den Namen des HERRN anrüfft / der wird selig werden. Vnd ist einem Christen / der die heilige Schrifft lieset oder höret / ein sonderlicher lust vnd frewd in seinem Hertzen / daß er da befindet / wie gnedig Gott allweg / die heiligen Ertzuäter / Mosen / die frommen König / die liebe Propheten / Apostel vnnd andere Heiligen erhöret / wie grosse ding sie bey Gott durch das Gebet erhalten / vnd sonderlich / wie wunderbarlich sie Gott aus allen jhren Nöten auff jhr Gebet erlöset habe. Für allen dingen aber ist frommen Hertzen liebe darzu / wenn sie zu rück gedencken / vnd sich erinnern / daß sie selber an sich vnd in jhrem Leben / die krafft des Gebets befunden / vnnd aus mannicher grossen noth vnd gefahr von Gott / wenn sie jhn angeruffen / errettet sind.
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So ist allen frommen Hertzen bekant / daß wir des lieben Gebets / sonderlich auch in diesen letzten zeiten / weniger / denn essens vnd trinckens entberen können. Denn wenn wir vnser gelegenheit recht ansehen vnd bedencken / so befindet es sich / daß wir in steter gefahr des Leibes vnd der Seelen stehen / der Teuffel hat einen grossen zorn / weil er wenig zeit hat / vnnd gehet vmbher / wie ein brüllender Lewe / vnd sucht welchen er verschlinge / Wir aber sind schwach / vnd können nicht bestehen / sondern das Gebet muß das best thun / daß wir den Allmechtigen Gott auff vnser seiten haben vnd behalten. Darumb sagt Christus / Wachet vnd betet / auff daß jhr nicht in Anfechtung fallet / Vnd abermahl / So seyd nun wacker allezeit / vnd betet / auff daß jhr wirdig werdet zu entfliehen allem das geschehen sol / vnd zu stehen für des Menschen Sohn. Dieweil es aber so ein trefflich / heylsam vnd nötig Werck ist vmb das Gebet /
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so ist der böse Feind mit aller macht darnach aus / daß er es entweder hindere oder verderbe. Denn es befindet ein jeder bey sich / wie schwerlich es hergehe / daß man erst daran komme / vnd sich zum Gebet müssige vnd schicke / vnd ist nicht wol müglich / daß man alle hinderniß erzehle / die einem Menschen im Gebet fürfallen / vnnd jhn dauon abhalten. Wenn man auch schon zubeten angefangen / so kömpt vns ja so schwer an / daß man im Gebet verharre / vnd es zum ende bringe. Wie offt verleurt man sich gleich im Gebet / vnd kömpt schier gar daraus / vber den frembden gedancken / die einem einfallen? Fürnemlich aber verderbet das Gebet zum offtermahl die Heucheley / daß jhnen die Leut einbilden / wenn sie nur das eusserliche Werck / vnd sprechen der Wort des Gebets verrichten / so sey es genug / ob schon das Hertz nicht dauon weiß / noch bedencket / was man rede vnd von Gott begehre.
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Ich wil jetzt von Papisten nicht sagen / die das Gebet / auch wol in vnbekanter Sprach dahin schnurren / vnnd nicht achtung darauff geben / noch selber wissen / was sie sagen / sondern nur von vnsern Leuten reden. Wie viel findet man / die nur aus gewonheit etliche Gebet täglich sprechen / oder aus den Betbüchern lesen / vnd lassen es stracks bey den Worten vnd derselben erzehlung bleiben: Aber der sachen / der im Gebet gedacht wird / dencken sie gar nicht nach / sondern haben eitel frembde gedancken dabey / wenn nur die gewöhnliche Gebet gesprochen oder gelesen sind / so ist Gott bezahlet / wie sie sich felschlich gedüncken lassen. Aber dawieder lehret Gottes Wort / es sey mit dem sprechen der Wort / vnnd eusserlichem Werck des Gebets / nicht außgerichtet / sondern es müsse von Hertzen gehen / vnd zwar von rechtschaffnem Hertzen. Darumb straffet Gott Jes. 29. solche
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Heuchler / vnd zeigt jhnen deutlich an / daß jhm solch jhr Gebet nicht gefalle / Diß Volck nahet sich zu mir mit jrem Mund / vnd ehret mich mit jhren Lippen / aber jhr Hertz ist fern von mir / vnd drewet jhnen / daß er wünderlich mit jhnen vmbgehen / vnd sie straffen wolle. Der vrsachen halben verwirfft auch Christus Matth. 6. das Gebet der Phariseer vnd Heuchler / weil sie es auff das eusserliche Werck setzen / vnd meynen sie werden erhöret / weil sie viel Wort machen / Aber Christus sagt / sie haben jhren Lohn dahin. Dagegen hat das Gebet des Zöllners Luc. 18. zumahlen wenig Wort / denn er mehr nicht sagt / als / Gott sey mir Sünder gnedig. Aber weil es von Hertzen gehet / vnd zwar von rechtschaffenem Hertzen / so zeuget Christus / daß es erhöret sey / vnnd grosse ding außgerichtet habe / Er gieng (spricht Christus) hinab gerechtfertiget in sein Hauß.
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Ja es ist so viel am Hertzen gelegen / daß da Moses Exodi 14. gar kein Wort macht / auch weil jhm das Hertz beklummen / vielleicht kein Wort machen kan / Gott solches für ein vollstendig Gebet / ja für ein groß vnnd starck geschrey rechnet vnd annimpt. Vnd also müssen wir auch das Wort Schreien / in den Psalmen / nit von einem eusserlichen geschrey / sondern von einem Hertzlichen Gebet verstehen / da Dauid vnd andere / damahls / als sie solch Gebet gethan / in grossen engsten vnd nöthen gewesen / vnd von gantzem Hertzen zu Gott vmb hülff vnd errettung geseufftzet vnnd gebetet haben. Darumb sol ein jeder im Gebet sich wol fürschen / daß es nicht ein ledig Mundwerck vnnd Heucheley sey / sondern von Hertzen gehe / vnd zwar von rechtschaffenem Hertzen. Wie aber das Hertz geschaffen seyn / vnd gegen Gott stehen sol / wolte hie zu er
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kleren zu weitleufftig seyn / Derwegen ich es / nach gelegenheit dieser Vorrede / einziehen / vnnd allein kürtzlich / zu fernerm nachdencken / etwas dauon andeuten wil. Es sol ein rechtschaffner Beter / vber das / das jetzt allbereit erinnert / zwey ding wol in acht nehmen / Eins ist / daß er nicht sicher vnd ruchloß / sondern Bußfertig sey / vnd sein Sünd von Hertzen erkenne / vnd jhm leid seyn lasse. Der 51. Psalm heissts ein zerbrochen vnd zerschlagen Hertz. Denn von den Vnbußfertigen Betern spricht Jes. 1. Wenn jhr schon ewre Hend außbreitet / so verberge ich doch meine Augen für euch / Vnd ob jhr schon viel betet / höre ich euch doch nicht. Denn ewer Hende sind voll Blut / das ist / Ihr seyd Vnbußfertig / vnnd schemet euch ewer Sünden nicht. Vnnd das sind die Sünder / dauon Johan. 9. stehet / daß sie Gott nicht höre. Aber bey den Heiligen findet sich alle zeit / im Gebet ein zerschlagen vnd demü
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tigs Hertz / das denn Gott nicht verachten wil. Wie Abraham Gen. 18. gantz instendig Gott bittet für die Sodomiter / vnd es eben weit bringt / braucht er vnter andern die demütige Wort / daß er Staub vnnd Aschen sey. Da Jacob Gen. 32. in seiner Leibes vnd Lebens gefahr / zu Gott vmb hülff rüfft / braucht er vnter andern diese Wort: Ich bin zu gering aller Barmhertzigkeit vnd aller Trew / die du an deinem Knecht gethan hast. Dauid hats in vielen Psalmen / Als im 25. Gedenck nicht der Sünden meiner Jugend / etc. Sonderlich im 51. Gott sey mir gnedig nach deiner güte / vnd tilge meine Sünd nach deiner grossen Barmhertzigkeit / etc. Psalm 143. Vnd gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht. Der Zölner ist recht Bußfertig / darff seine Augen nicht auffheben gen Himmel / schlegt an seine Brust / vnd spricht: Gott sey mir Sünder gnedig. Mit solchem Bußfertigen / zerbroch
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nen vnd zerschlagenen Hertzen / sollen wir für Gott kommen / wenn wir beten wollen. Das ander ist / daß im Hertzen leuchten sol / ein rechter Glaube / vnd Kindlichs vertrawen / durch Christum zu Gott / daß er vns armen Sündern wölle / vmb seines lieben Sohns vnsers Mitlers Jesu Christi willen / gnedig seyn / alle Sünd vergeben / vnser Gebet gnediglich erhören / vnd vns geben / was vns nütz vnd selig ist. Denn ob schon Gott wil / daß wir vnsere Sünd / vnd seinen gerechten Zorn wieder die Sünd erkennen / So wil er doch darumb nicht / daß wir darin verzagen sollen / sondern das vertrawen zu jhm haben / daß er vns die Sünd / wenn sie vns rewen / aus Gnaden vergeben / vnnd vmb derselben willen vns vnser Gebet nicht versagen wölle. Solchen Glauben fordert Christus Matth. 21. da er sagt: Alles was jhr bittet im Gebet / so jhr gleubet / so werdet jhrs empfahen.
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Vnnd ist der Glaube gleich als die Seel des Gebets. Daher Christus hin vnd wieder in der Euangelischen Histori / dem Glauben die Erhörung des Gebets / vnnd erlangung Göttlicher hülff zuschreibet. Als Luc. 17. spricht er zu dem / den er von seinem Aussatz gereiniget. Vnd Luc. 18. zu dem / welchem er sein Gesicht wieder gegeben hat / Dein Glaub hat dir geholffen / etc. Vnd zum Cananeischen Weib / O Weib / dein Glaub ist groß / dir geschehe wie du wilt. Derwegen wir / vngeachtet / daß wir Sünder seyn / vns im Gebet mit wahrem glauben an Gottes gnaden verheissung halten sollen / vnd an den Spruch Jacobi gedencken / da er sagt Cap. 1. So jemand Weißheit mangelt / der bitte sie von Gott / etc. Er bitte aber im Glauben / vnd zweiffele nicht / Denn wer da zweiffelt / der ist gleich des Meers wogen / die vom Wind getrieben vnnd gewebt wird / Solcher Mensch dencke nicht / daß er etwas von dem Herrn empfahen werde.
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Wie nun Weiland der Ehrwirdige vnd von Gott hocherleuchte Theologus, Doctor Martinus Lutherus, die andere Heuptstück Christlicher Lehr / von allerley Irrthümen gereiniget / vnd derselben rechten verstand vnd gebrauch wiederumb auff die Bahn gebracht / Also hat er auch die hochnötige Lehr vom Gebet / aus der heiligen Schrifft / gar herrlich erkläret / vnd von allerley eingefallner Abgötterey / Aberglauben / Mißbrauch vnnd Heucheley gerettet / Daß wir nun / Gott lob vnnd danck / nicht mehr zu verstorbnen Menschen vnd jhren Bildern vnsere zuflucht nehmen / Sondern allein den wahren Allmechtigen Gott / im Namen seines lieben Sohns vnsers einigen Mitlers Jesu Christi / Wie er vns selber in seinem Wort lehret / in aller gefahr vnd noth anruffen. Vnnd ob wol / nach jhm / viel andere / allerley Betbücher in den Truck gegeben / da gleichwol guter Auffsicht nötig / Denn jhrer viel jhren Gifft vnd falsche Lehr mit
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einmengen / So hat doch dieses Betbüchlein D. Luthers / als eines rechten Practici, der alles was er hie schreibt / erfahren vnd versucht / den vorgang. Denn da andere nun gleich die wort / so man im Gebet gebrauchen kan / fürschreiben / dabey es auch viel Leut bleiben lassen / vnd darüber der sachen selber / die sie Gott im Gebet fürtragen / vergessen / Schreibet vns D. Lutherus gar kein gewisse Wort für / die wir im Gebet gebrauchen sollen / sondern richtet alles dahin / daß das Hertz recht gegen Gott stehe / vnd was man bey einer jeden Bitt des Vater vnsers für gedancken haben sol / etc. Dadurch denn der Heucheley vnnd dem blossen Mundwerck gewehret / vnd das Hertz recht informiret / vnterwiesen / vnd zu Gott gerichtet wird / daß es fein gedencke / was es sage / vnd was ein jede Bitte des Vater vnsers in sich habe / damit wir das Gebet des Sohns Gottes / darin er gantz ordentlich alle vnsere Geistliche vnnd Leibliche
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noth vnd anligen begriffen / mit verstand vnd rechter Andacht sprechen / vnd / wie Christus von vns fordert / den Vater im Geist vnd in der Warheit anruffen. Vnd weil ein Christ / wie oben gemeldet / im Gebet / die Lehr vom Erkentnis Gottes / vom Gesetz / vnd Euangelio / ins Werck richten muß / Damit solches desto besser geschehen könne / Erkleret D. Luther gar herrlich vnd einfältig / die Zehen Gebott / darin die Gesetz Lehr begriffen ist / vnd denn auch die Articul des Christlichen Glaubens / ja auch die Lehr von der Tauff / Beicht vnd heiligem Nachtmahl. Dieweil auch im Bapsthumb / der Engelische Gruß / der sonsten aus dem ersten Capittel Lucae genommen / nicht weniger / als die andern Heuptstück Christlicher Lehr / getrieben / vnnd bald nach dem Vater vnser den Kindern zu lernen auffgegeben / aber grewlich mißbraucht ist / reiniget er solchen Gruß / der an sich selber Gottes Wort ist / von allerley Abgötterey
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vnd Mißbrauch / vnd lehret wie man solch Wort Gottes / ohne Bäpstische̅ Aberglauben / recht vnd seliglich gebrauchen könne. Fasset also dieses Betbüchlein einfeltig vnd deutlich den gantzen Catechismum / vnd alle Heuptstück desselbigen / Vnd kan also diß Büchlin / so Summarischer weiß die gantze heilige Schrifft begreifft / einen Menschen vnterweisen zur Seligkeit / Wie Paulus 2. Tim. 3. von der gantzen heiligen Schrifft / deren Außzug der Catechismus ist / bezeuget / daß also ein Mensch recht gleuben / Gott anruffen / Christlich leben / vnd seliglich sterben kan. O wie wol stund es in Teutschland / da man so fein einfaltig bey dem Kinder Catechismo / bey den Zehen Geboten / Christlichen Glauben / Gebet Christi / bey der Lehr von der Tauff / vom Ampt der Schlüssel / vnd dem heiligen Nachtmahl bliebe / wie Gott selber vns dauon in seinem Wort berichtet vnd sich erkleret? Nun aber gehets an vielen örten mit
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der Religion eben seltzam vnd vbel her / daß wir Teutsche̅ / mit der zeit / wie im gemüth / sitten vnd geberden / also auch in Glaubens sachen / gar degeneriren, vnnd aus der arth schlagen / vnd durch spitzfindige disputationes fürwitziger Leut (wie Paulus 2. Cor. 11. redet) vns verrücken lassen von der einfalt in Christo Jesu. Vnnd ist es nun mit der zeit so weit kommen / daß man fast alle geschickligkeit in Glaubens sachen / vnd alle Gottseligkeit / darauff setzet / daß man die Bilder / die doch kein Mensch in vnsern Kirchen anbetet / abschaffe / die Altar vmbreisse / alle alte Ceremonien endere / vnd die Fest auffhebe / bey der Tauff ja keinen exorcismum brauche / (Wenn mans schon Christlich erkleret / daß ein Mensch von Natur ein Kind des Zorns / vnd vnter dem Reich der Finsterniß sey / aber durch die Tauff new geborn / vnd in das Reich Jesu Christi versetzt werde) daß man im gebrauch des heiligen Abendmals ja nur einen Tisch / Haußbacken Brod
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brauche / vnnd alles was von eusserlichen Ceremonien den Einfeltigen anleitung gibt / diß Abendmahl von einer Bürglichen Mahlzeit zu vnterscheiden / abschaffe / Item / wenn man betet / oder den Namen Jesus nennet / man ja das Heupt nicht entblösse / noch die Knie beuge / etc. Das heisst den Papistischen Sawrteig rein außgefegt / welches D. Luther nicht verstanden vnd bedacht haben sol / tc. Da hilfft nicht / daß wir sagen / es seyn Mittelding / vnd adiaphora, die wir allein vmb guter Ordnung vnd zucht willen / in Christlicher Freyheit / als die für sich wahrer Gottseligkeit nichts geben oder nehmen / vnd von Gott weder geboten noch verboten sind / gebrauchen. Aber dabey bleibt es noch nicht / sondern das ist viel erger / daß man gantz gefehrliche disputationes erreget vnd auff die Bahn bringet. Da wir bißhero / die Leut / so jhrer seligkeit halben angefochten worden / vnnd
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bekümmert gewesen / auff Gottes Wort / die allgemeine verheissung des Euangelij gewiesen / als darin Gott sich vnnd seinen Willen offenbaret / vnnd sie damit getröstet / daß Gott solche allgemeine verheissung / einem jeden in der heiligen Tauff / in der Absolution vnd dem heiligen Nachtmahl Christi applicire vnd zueigne / vnnd also einer sich darauff / als auff Gottes geoffenbarten willen / gründen vnd fest verlassen sol / kommen diese Klügling / vnnd führen mit jhren vnzeitigen disputationibus, von solchen Mitteln vnnd Gottes geoffenbartem Willen ab / auff den vnerforschlichen abgrund Göttlicher erwehlung. Daher heben sie auch auff / den vnterscheid zwischen den schwacheiten / so auch den Gleubigen anhangen / vnd den herrschenden Sünden / geben für / daß die Außerwehlten / wenn sie auch die allergrewlichste Sünde wieder das Gewissen begehen / gleichwol den Glauben / die gnade Got
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tes / den heiligen Geist / vnd die Seligkeit behalten / vnd nicht verlieren / welche Lehr zu einem Gottlosen Leben Thür vnd Fenster auffthut. Also lassen sie auch die heilige Tauff kein Bad der Wiedergeburt seyn / dadurch vns Gott die Sünd vergeben / vnd vns selig machen wolle / sondern verkehren vnnd verfelschen fast alle Zeugniß der heiligen Schrifft / darin wir vom nutz vnnd krafft der Tauff berichtet werden / geben für / daß man sie anderst denn wie sie lauten / erkleren vnd verstehen sol. Vom H. Nachtmahl lehren sie auch nicht also / wie vns dauon vnser lieber HERR vnd Heyland Jesus Christus berichtet / wie die Stifftung des H. Nachtmals / von den dreyen Euangelisten Matth. 26. Marc. 14. Luc. 22. vnnd Paulo 1. Cor. 11. beschrieben / vnd 1. Cor. 10. erkleret wird / aus welchen Worten doch allein die rechte Lehr vnd der Glaube vom H. Nachtmahl genommen werden kan / soll vnnd
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muß / da Christus sagt: Nemet hin vnnd esset / das ist mein Leib / der für euch gegeben wird / trincket / das ist mein Blut des Newen Testaments / oder das Newe Testament in meinem Blut / das für euch vergossen wird. Item / Paulus schreibt / Den Kelch den wir segnen / ist der nicht die gemeinschafft des Bluts Christi? Das Brod / das wir brechen / ist das nicht die gemeinschafft () des Leibs Christi? Sondern führen die Leut / wie die Schlang Euam / von solchen Worten Gottes ab / vnd sehen / wie sie darnach ein solche meinung / die der Vernunfft ehnlich / den Leuten beybringen. Daraus denn auch erfolget / daß sie von der Majestet Christi / vnd was er mit seinem heiligen Leib vermöge oder nicht / gantz gefehrlich disputiren. Wir aber bleiben einfeltig bey vnserm Kinder Catechismo vnd diesem Betbüchlein. Vnd wenn ein Mensch seiner Seligkeit halben / vnd Erwehlung zum Ewigen
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Leben sorgfeltig ist / halten wir jhm erstlich die zehn Gebot für / auff daß er daraus seine Sünd / vnd Gottes grimmigen Zorn vnd straff wieder die Sünd erkenne / vnd weil er daraus befindet / daß jhn Gott mit allem fug vnnd recht verdammen könne / darab erschrecke / rew vnd leid darüber habe / vnnd sich für der Göttlichen Majestet von Hertzen demütige. Darnach / damit er nicht verzage / weisen wir jhn / laut der Gnadenreichen Lehr des Euangelij / auff vnsern HERRN Jesum Christum / der das Lamb Gottes ist / das der Welt Sünde tregt / den habe Gott verordnet zum Gnadenstuel / auff daß alle die an jhn gleuben / nicht verloren werden / sondern das ewige Leben haben. Wir trösten einen solchen betrübten Menschen auch damit / daß er / nach Christi Ordnung / vnd auff sein zusag / getaufft sey / vnd Christum angezogen habe. Er sol sich auch an die H. Absolution halten / vermög Christi verheissung / Welchen jhr die
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Sünd erlasset / denen sind sie erlassen / vnd wenn er also die Absolution höret / sich derselben also trösten / als wenn jhm Gott von Himel zuruffte / dir sind deine Sünd vergeben. Er sol auch in solchem Glauben dadurch gestercket werden / daß Christus im H. Nachtmahl / zu jhm vnd einem jeden in sonderheit sagt: Nim hin vnnd iß / das ist mein Leib für dich gegeben / mein Blut für dich vergossen / zur vergebung der Sünden. Vnnd weil auch vber das der Geist Gottes zeugnis seinem Geist gibt / daß er durch Christum Gottes Kind sey / sol er jhm gar keinen zweiffel machen / GOtt wölle jhn aus gnaden Selig machen / vnd habe jhn erwehlet in Christo / ehe der Welt grund gelegt ist. Da auch einer schon bißweilen in so schwere Anfechtung fellt / daß er anders nicht fühlet / als wenn sein Glaube gar verloschen were / sol er sich doch an Gottes Wort vnd gnedige allgemeine zusag hal
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ten / vnd sich des Bunds / den Gott in der Tauff mit jhm gemacht / trösten / im gleichen auch an die H. Absolution vnnd das H. Nachtmahl / vnd die daran gehengte gnaden verheissung / sich mit gleubigem Hertzen halten. Wie wir dauon gar tröstlich in vnsern Kirchen singen: Ob sichs anlies / als wolt er nicht / laß dich es nicht erschrecken / Denn wo er ist am besten mit / da wil ers nicht entdecken / Sein Wort laß dir gewisser seyn / vnd ob dein Hertz sprech lauter Nein / so laß doch dir nicht grawen. Vnnd in einem andern Geistlichen Lied: Ich lig in streit vnd wiederstreb / hilff O HERR Christ den schwachen / An deiner Gnad allein ich kleb / etc. Diese nachrichtung / daß wir als bescheidenlich die Lehr von der Gnadenwahl Gottes führen / gibt vns der autor dieses Betbüchleins D. Luther / der von solcher erwehlung Gottes / wieder die Vertediger des freyen willens / vnd die Werckheiligen mit Christli
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chem eifer geschrieben / in seiner Vorrede vber die Epistel an die Römer Cap. 9. 10. 11. Aber hie ist / spricht er / den freueln vnd hochfahrenden Geistern / ein Mahl zu stecken / die jhren Verstand erst hieher führen / vnd oben anheben / zuuor den abgrund Göttlicher versehung zu forschen / vnd vergeblich sich damit bekümmern / ob sie versehen sind. Die müssen sich denn selbs stürtzen / daß sie entweder verzagen / oder sich in die freye schantz schlahen. Du aber folge dieser Epistel in jhrer Ordnung / bekümmere dich zuuor mit Christo vnd dem Euangelio / daß du deine Sünd vnd seine Gnad erkennest / darnach mit der Sünde streitest / wie hie das 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Capittel gelehret haben / Darnach wenn du in das acht kommen bist vnter das Creutz / das wird dich recht lehren die Versehung / im 9. 10. vnd 11. Capittel / wie tröstlich sie sey / etc. Also lehren wir vom vnterscheid der Sünden / daß die so nach dem Fleisch le
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ben / sterben müssen / dawider sie die Lehr / von jhrer vermeinten Gnadenwahl / nicht trösten oder schützen wird. Die aber durch den Geist / des Fleisches geschefft tödten / werden leben / vnd sey nichts verdamlichs an jhnen / Rom. 8. Von der heiligen Tauff lehren wir schlecht nach Gottes außtrücklichem wort / Marc. 16. Wer gleubt vnd getaufft wird / der wird selig werden / Johan. 3. Es sey denn daß jemand wieder geboren werde durch das Wasser vnd den heiligen Geist / so kan er das Reich Gottes nicht sehen. Act. 2. Thut Buß / vnd lasse sich ein jeglicher teuffen zur vergebung der Sünden / so werdet jhr den H. Geist empfahen / Act. 22. Stehe auff Bruder Paule / vnnd laß dich teuffen / vnd abwaschen deine Sünde. Rom. 6. Wisset jhr nicht / daß alle die wir in Christum getaufft sind / die sind in seinen Tod getaufft / Gal. 3. So viel ewer getaufft sind / die haben Christum angezogen. Eph. 5. Christus hat seine Gemein
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gereiniget durch das Wasserbad im wort. Tit. 3. Gott macht vns selig durch das Bad der Wiedergeburt. 1. Pet. 3. Das Wasser macht vns nun selig in der Tauff / welche durch jenes bedeutet ist / nicht das abthun des vnflats am Fleisch / sondern der Bund eines guten Gewissens mit Gott / durch die Aufferstehung Christi. Vom H. Nachtmahl gleuben wir / daß wir darin nicht allein Brod vnd Wein empfangen / sondern wie Paulus fein die Wort Christi 1. Cor. 10. deutlich erkleret / daß denen die von diesem Brod essen / vnd aus dem Kelch des HERRN trincken / werde der Leib vnd das Blut Christi communiciret vnd mitgetheilet. Von der Majestet Christi lehren wir / daß er nach seiner Menscheit zur Rechten Gottes erhöhet sey / vber alles was genennet mag werden / nicht allein in dieser Welt / sondern auch in der zukünfftigen / Eph. 1. Er könne auch mit seinem heiligen Leib seyn / wie vnnd wo er wil / sonderlich in seinem heiligen
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Nachtmahl / vermog seiner verheissung. Bey dieser Christlichen einfalt des heiligen Catechismi / sind E. F. G. von derselben Königlichen Eltern erzogen. Wie denn der hochberhümbte König zu Dennemarck Herr Christian etc. E. F. G. Groß Herr Vater / dieser Lehr nicht allein biß ans Ende zugethan gewesen / sondern auch nach derselben / als die in der heiligen Schrifft gewissen grund hat / die Christliche Reformation in dem hochlöblichen Königreich Dennemarck / angestellet / vnd hernach darauff den 1. Januarij Anno 1559. selig vnd frölich im HERRN entschlaffen. Inmassen auch eben diese Lehr / wie von anfang der Christlichen reformation, also auch jetzund noch / auff gnedige verordnung / des Hochwirdigen / Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Heinrichen Julij / Postulirten Bischoffen zu Halberstadt / vnd Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg etc. E. F. G.
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Herrn Gemahls / meines gnedigen Fürsten vnd Herrn / in allen S. F. G. Landen mit Christlichem eifer getrieben vnd fort gesetzt wird. Vnd damit auch E. F. G. dißfals mit der that beweisen / daß sie in die Fußstapffen jhrer Christlichen Eltern vnnd Vorfahren tretten / vnd diesen Himlischen Schatz / auch jhren Fürstlichen Kindern vnd Nachkommen auffzuerben gemeint seyn / haben dieselbige mir in gnaden befohlen / dieses Betbüchlein / welches E. F. G. von hochgedachten jhren Gottseligen Eltern gleich geerbet / wieder aufflegen zu lassen / Welches zu bestellen ich nicht allein in vnterthenigkeit mich schüldig erkant / Sondern auch dabey meinen Glauben vnnd Consens öffentlich zubekennen / vnd hinder mir zuuerlassen / diese Vorrede dafür setzen wollen. Der Allmechtige GOtt erhalte vns vnd vnsere liebe Kinder vnnd Nachkom
|| [ID00035]
men dabey gnediglich. Dem thu E. F. G. sampt derselben vielgeliebten Herrn vnnd Gemahln / meinem gnedigen Fürsten vnd Herrn / auch Jungen Herrn vnnd Frewlein / ich in seinen Gnadenreichen Schutz befehlen. E. F. G. vntertheniger Diener am wort Gottes Basilius Satler D.
|| [ID00036]

Vnade vnnd Friede allen meinen lieben Herrn vnd Brüdern in Christo.
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VNter andern viel schedlichen Lehren vnd Büchlin / damit die Christen verführet vn̅ betrogen / vnnd vnzehliche Mißglauben auffkomen sind / acht ich nicht für die wenigsten / die Betbüchlin / darinnen so mancherley jamer von Beichten vnd Sünde zehlen / so Vnchristliche Narrheit in den Gebetlin zu Gott vnnd seinen Heiligen / den einfeltigen eingetrieben ist / vnd dennoch mit Ab
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laß vnd rotem Titel hoch auffgeblasen / dazu köstliche Namen darauff geschrieben / Eins heist Hortulus animae, das ander Paradisus animae, vnd so fortan / daß sie wol wirdig weren einer starcken guten Reformation / oder gar vertilget weren. Welchs Vrtheil ich auch felle vber die Passional oder Legenden Bücher / darinnen auch viel zusatzes der Teuffel eingeworffen hat. Nu aber ich die zeit nicht habe / vnd mir solche Reformation alleine zu viel ist / wil ichs auff dißmal bey dieser ermahnung lassen bleiben / biß daß Gott zeit vnd gnade gibt. Vnnd in deß zum anfang / diese einfeltige Christliche Form
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vnd Spiegel / die Sünde zu erkennen vnd zu beten fürhalten / nach den zehen Geboten / vnd dem Vater vnser. Vnnd bin des gewiß / daß ein Christlich Mensch vberflüssig gebetet hat / wenn er das Vater vnser recht betet / wie offt er wil / vnd welchs Stück er wil. Denn es ligt nicht an viel Worten ein gut Gebet / wie Christus sagt Matthe. 6. Sondern an viel vnnd offt hertzlich seufftzen zu Gott / welchs solt wol ohn vnterlaß seyn. Bitte hiemit / jederman wolle sich der Brigittischen Gebet / vnd aller ander / die mit Ablaß oder zusagung außgemahlet sind / entwehnen / vnd wiederumb auff diß
|| [ID00039]
gemeine einfeltige Christliche Gebet gewehnen / welches der arth ist / je mehr vnnd lenger man es treibt / je süsser vnnd lustiger es wird. Dazu helffe vns der Meister solches Gebets / vnser lieber HErr Jesus Christus gebenedeyt in Ewigkeit / AMEN.
|| [ID00040]

Vorrede D. Martini Lutheri.
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DAs ist nicht ohn sonderliche Ordenung Gottes geschehen / daß für den gemeinen Christen Menschen / der die Schrifft nicht lesen mag / verordnet ist / zu lehren vnd wissen / die zehen Gebot / den Glauben vnd Vater vnser. In welchen dreyen Stücken / fürwar alles was in der Schrifft stehet / vnd jmer gepredigt werden mag / auch alles was einem Christen noth zu wissen / gründlich vnd vberflüssig begriffen ist. Vnd mit solcher kürtze vnd leichte verfasset /
|| [ID00041]
daß niemand klagen noch sich entschüldigen kan / es sey zu viel oder zu schwer zu halten / was jhm noth ist zur Seligkeit. Denn drey ding sind noth einem Menschen zu wissen / daß er selig werden müge. Das erste / daß er wisse / was er thun vnd lassen sol. Zum andern / wenn er nu sihet / daß er nicht thun noch lassen kan / aus seinen krefften / daß er wisse / wo ers nehmen / suchen vnd finden sol / damit er dasselbige thun vnnd lassen müge. Zum dritten / daß er wisse / wie er es suchen vnd holen sol. Gleich als einem Krancken ist zum ersten noth / daß er wisse / was seine kranckheit ist / was er mag o
|| [ID00042]
der nicht mag thun oder lassen. Darnach ist noth / daß er wisse / wo die Ertzney sey / die jm helffe dazu / daß er thun vnd lassen möge was ein gesunder Mensch. Zum dritten / muß er sein begehren / das suchen vnd holen oder bringen lassen. Also lehren die Gebot den Menschen seine kranckheit erkennen / daß er sihet vnd empfindet / was er thun vnd nich thun / lassen vnd nicht lassen kan / vnd erkennet sich einen Sünder vnnd bösen Menschen. Darnach helt jhm der Glaube für / vnd lehret jhn / wo er die Ertzney / die Gnaden finden sol / die jhm helffe from werden / daß er
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die Gebot halte / Vnd zeiget jhm Gott / vnd seine Barmhertzigkeit in Christo erzeigt vnd angeboten. Zum dritten lehret jn das Vater vnser / wie er dieselben begehren / holen vnd zu sich bringen sol / nemlich / mit ordentlichem / demütigem / tröstlichem Gebet / so wirds jhm geben / vnd wird also durch die erfüllung der Gebot Gottes selig. Das sind die fürnembsten drey Stück / so die Schrifft durchaus handelt vnd treibet. Darumb heben wir am ersten / an den Geboten an zu lehren / vnd erkennen vnsere Sünde vnnd bößheit / das ist / Geistliche Kranckheit / dadurch wir nicht thun noch lassen / wie wir wol schüldig seyn.
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Die Erste Tafel.
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DIe Erste vnd rechte Tafel Mosi begreifft die ersten drey Gebot / in welchen der Mensch gelehret wird / was er Gott sol vnd schüldig ist zu thun vnnd lassen / das ist / wie er sich gegen Gott halten sol. Das erste Gebot lehret / wie sich der Mensch halten sol inwendig im Hertzen / das ist / was er allzeit von jhm gedencken / halten vnd achten sol / nemlich / daß er sich alles gutes zu jhm versehe / wie zu einem Vater vnnd guten Freund in aller trew / Glaube vnd Liebe / mit furcht zu aller zeit / daß er jhn nicht beleidige / wie ein Kind seinen Vater. Denn das lehret die Natur / daß ein Gott sey / der da alles gutes gebe / vnnd in allem vbel helffe / wie das anzei
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gen die Abgötter bey den Heyden / vnnd lautet also: Du solt nicht andere Götter haben. Das ander Gebot lehret / wie sich der Mensch halten sol gegen Gott eusserlich in Worten / für den Leuten / oder auch innerlich für jhm selbs / nemlich / daß er Gottes Namen ehre / Denn niemand mag Gott / weder für jhm selbs / noch für den Leuten / zeigen nach der Göttlichen Natur / sondern bey seinem Namen / vnnd lautet also: Du solt den Namen deines Gottes nicht vnnütz führen. Das dritte Gebot lehret / wie sich der Mensch halten sol gegen Gott eusserlich in Wercken / das ist / in Gottesdiensten / vnd lautet also: Du solt den Feyrtag heiligen. Also lehren diese drey Gebot den Men
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schen / wie er mit Gott sol handeln / in Gedancken / Worten / Wercken / das ist / in gantz seinem Leben.

Die Ander Tafel.
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DIe Ander vnnd lincke Tafel Mosi helt inne die sieben folgende Gebot / in welchen der Mensch gelehret wird / was er den Menschen vnd seinem Nehesten schüldig ist zu lassen vnd zu thun. Das erste lehret / wie man sich halten sol gegen alle Oberkeit / welche an Gottes stat sitzen / Darumb folget dasselbige für andern Geboten den ersten dreyen / die Gott selbs antreffen / als sind Vater vnd Mutter / Herrn vnd Frawen / vnnd lautet also: Du solt deinen Vater vnd deine Mutter ehren. Das ander lehret / wie man sich halte
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gegen seinem gleichen oder Nehesten / seiner eigen Person halben / daß man dieselbe nicht beleidige / sondern wo sie darff / fördere vnd helffe / vnd lautet also: Du solt nicht tödten. Das dritte lehret / wie man sich halte gegen des Nehesten höhestes Gut / nach seiner eigen Personen / das ist / sein ehelich Gemahl / Kind oder Freund / daß man dieselbigen nicht schende / sondern bey Ehren behalte / so ferne es jederman müglich ist / vnd lautet also: Du solt nicht Ehebrechen. Das vierde lehret / wie man sich halte gegen des Nehesten zeitlich Gut / daß man es nicht nehme noch hindere / sondern fördere / vnd lautet also: Du solt nicht stelen. Das fünffte lehret / wie man sich halte gegen des Nehesten zeitliche Ehre vnnd gut Gerücht / daß man das nicht schweche /
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sondern mehr schütze vnd erhalte / vnnd lautet also: Du solt nicht falsch gezeugnis reden wieder deinen Nehesten. Also ist verboten / zu schaden in allen Gütern des Nehesten / vnd geboten denselben zu frommen. Wenn wir nu das Natürliche Gesetze ansehen / so finden wir / wie billig vnnd gleich alle diese Gebot sind. Denn nichts ist hie geboten gegen Gott vnd den Nehesten zu halten / daß nicht ein jeglicher wolt jhm gehalten haben / wenn er an Gottes vnd seines Nehesten stat were. Die letzten zwey Gebot lehren / wie böse die Natur sey / vnd wie rein wir von allen begirden des Fleisches vnd Gütern seyn sollen / Aber da bleibet Krieg vnd Erbeit / dieweil wir hie leben / die lauten also: Du solt nicht begehren deines Nehesten Hauß.
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Du solt nicht begehren seines Weibes / Knecht / Magd / Viehe / oder was sein ist.

Kurtzer Beschluß der zehen Gebot / spricht Christus selber.
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Was jhr wollet / daß euch die Menschen thun sollen / dasselbige thut jhr jhn auch. Das ist das gantze Gesetze vnd alle Propheten / Matth. 7. Denn niemand wil vndanck leiden für seine Wolthat / oder seinen Namen einem andern lassen. Niemand wil hoffart gegen jhm erzeiget haben. Niemand wil vngehorsam / zorn / vnkeuscheit seines Weibes / beraubung seiner Güter / liegen / triegen / affterreden / leiden / sondern liebe vnd freundschafft / danck vnd hülffe / warheit vn̅ trew erfinden von seinem Nehesten. Das gebieten aber alles die zehen Gebot.
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Die Vbertretung derselben.
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Wieder das Erste.
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WEr in seiner Wiederwertigkeit Zeuberey / Schwartzkunst / Teuffels Bundgenossen suchet. Wer Brieff / Zeichen / Kreuter / Wörter / Segen vnd deßgleichen gebrauchet. Wer Wündschruten / Schatzbeschwerungen / Cristallen sehen / Mantel fahren / Milch stelen vbet. Wer sein Werck vnd Leben / nach erwehleten Tagen / Himels zeichen / vnd der Weissagern dünckel richtet. Wer sich selbs / sein Viehe / Hauß / Kinder vnd allerley Gut / für Wölfen / Eisen / Fewr / Wasser / schaden / mit bestimpten Gebeten segnet vnd beschweret. Wer sein Vnglück vnd Widerwertigkeit dem Teuffel oder bösen Menschen zuschreibt / vnd nicht mit lieb vnd lob / alles
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böses vnnd gut / von Gott alleine auffnimpt / vnd jhm wieder heim tregt mit dancksagen / vnd williger gelassenheit. Wer Gott versuchet / vnd in vnnötige fehrligkeit Leibes oder Seel sich gibt. Wer in seiner frömigkeit / verstand / oder andern Geistlichen Gaben hoffertig ist. Wer Gott mit vergessen der Seelen noth / nur vmb zeitliches nutzes willen ehret. Wer Gott nicht vertrawet allezeit / vnd in allen seinen Wercken nicht zuuersicht hat in Gottes Barmhertzigkeit. Wer zweiffelt an dem Glauben oder an Gottes Gnaden. Wer nicht andern wehret den Vnglauben vnd zweiffel / vnnd hilffet nicht / daß sie gleuben / vnd Gottes Gnade trawen / so viel er vermag. Vnd da gehören her / aller Vnglauben / verzweiffeln / mißglauben.
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Wieder das Ander.
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WEr ohn noth oder aus gewonheit leichtlich schweret. Wer falschen Eid schweret / oder auch sein gut gelübd bricht. Wer Vbel thun gelobet oder schweret. Wer bey Gottes Namen fluchet. Wer nerrische Fabeln von GOtt schwetzet / vnd die Wort der Schrifft leichtfertig verkehret. Wer Gottes Namen nicht anrüfft in seiner Wiederwertigkeit / vnd nicht lobet / in liebe vnd leid / in Glück vnd Vnglück. Wer Rhum vnd Ehre vnnd Namen suchet von seiner frömigkeit / Weißheit etc. Wer Gottes Namen anrüfft felschlich / oder falsche Lehre gibt / als die Ketzer / vnd alle hoffertige Heiligen. Wer Gottes Namen nicht lobet in allen dingen was jhm für kömpt. Wer nicht wehret andern die Gottes
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Namen vnehren / felschlich brauchen / vnd durch denselbigen böses wircken. Vnnd daher gehöret die eitel Ehre / Rhum vnd Geistliche hoffart.

Wieder das Dritte.
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WEr nicht Gottes Wort höret oder lehret. Wer nicht betet vnnd GOtt Geistlich dienet. Wer nicht alle seine Werck lesser Gottes Werck seyn. Wer nicht gedultig ist / vnnd seinen Willen bricht vnd tödtet. Wer nicht gelassen stehet in allen seinen wercken vnd leiden / daß Gott mit jhm mache wie er wil. Wer nicht den andern diß alles zu thun hilfft / vnd jhnen wehret dawieder zu thun. Hieher gehören alle halßstarrige / eigensinnige / wiederspenstige Köpffe.
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Wieder das Vierde. WEr sich armuts / gebrechens / verachtung seiner Eltern schemet. Wer jhnen nicht jhre notturfft mit Speise vnd Kleider versorget. Viel mehr / wer jhnen fluchet / schlehet / nachredet / hasset vnd vngehorsam ist. Wer nicht von Hertzen groß von jhnen helt / vmb Gottes Gebots willen. Wer sie nicht ehret / ob sie gleich vnrecht vnd gewalt thun. Wer seine Herrn vnd Oberkeit nicht ehret / trew vnd gehorsam ist / sie sind gut oder böse. Wer nicht hilfft zu diesem Gebot / vnd wiederstehet den Vbertretern desselbigen. Vnd da gehöret her alle hoffart / auffrhur / vntrew vnd vngehorsam. Wieder das Fünffte. WEr mit seinem Nehesten zürnet. Wer zu jhm sagt / Racha (das sind allerley zorns vnd hasses zeichen.)
|| [ID00055]
Wer zu jhm sagt / Fatue / du Narr / das sind allerley Schandwort / Flüch / Lesterung / Nachreden / Richten / Vrtheilen / Hohnsprüch / etc. Wer seines Nehesten Sünde oder Gebrechen rüget / vnd nicht bedecket vnnd entschüldiget. Wer seinen Feinden nicht vergibt / nicht für sie bittet / nicht freundlich ist / nicht wolthut. Vnd hierinne sind alle Sünde des zorns vnd hasses / als Todtschlag / Krieg / rauben / brennen / zancken / habern / trawren des Nehesten Glücks / frewen seines Vnglücks. Wer nicht vbet die Werck der Barmhertzigkeit / auch gegen seinen Feinden. Wer die Leute zusammen hetzt oder henget. Wer vneinigkeit machet zwischen andern. Wer nicht versünet die Vneinigen. Wer nicht wehret oder fürkompt zorn vnd vneinigkeit / wo er kan.
|| [ID00056]

Wieder das Sechste.
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WEr Jungfrawen schwecht / Ehebricht / Blutschanden vnd dergleichen Vnkeuscheit wircket. Wer Vnnatürliche weise oder Personen (das sind stumme Sünden) gebrauchet. Wer mit schandbarn Worten / Liedlin / Historien / Bilden / die böse lust reitzet oder zeigt. Wer mit sehen / greiffen / willigen Gedancken / sich reitzt vnd befleckt. Wer die vrsach nicht meidet / als fressen / sauffen / müssigkeit / faulheit / schlaffen / vnd Weibs oder Mans personen gemeinschafft. Wer mit vbrigem Schmuck / geberden etc. andere zur vnkeuscheit reitzet. Wer Hauß / raum / zeit / hülffe / gestattet solche Sünde zu thun. Wer eines andern Keuscheit nicht hilfft bewahren / mit rath vnd that.
|| [ID00057]

Wieder das Siebende.
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WEr Dieberey vnd Reuberey / geitz vnd Wucher treibt. Wer falsch Gewicht vnnd Maß brauchet / oder böse Wahr für gut außgibt. Wer vnrecht Erbgüter vnd Zinß einnimpt. Wer verdient Lohn fürhelt / vnnd Schuld verleugnet. Wer seinem Nehesten dürfftigen / nicht borget noch leihet / ohn allen auffsatz. Alle die geitzig sind / vnnd eilen Reich zu werden. Vnd wie sonst frembd Gut behalten / oder zu sich bracht wird. Wer des andern Schaden nicht wehret. Wer den andern nicht warnet für Schaden. Wer seines Nehesten vortheil hindert. Wer seines Nehesten gewinst verdrieß hat.
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Wieder das Achte.
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WEr für Gericht die Warheit schweiget vnd vnterdruckt. Wer schedlich leugt vnnd betreugt. Item / alle schedliche Schmeichler / Ohrenbleser vnd Zweyzüngige. Wer des Nehesten Gut / Leben / werck vnd Wort vbel außlegt vnd schmehet. Wer denselbigen bösen Zungen stat gibt / hilfft vnd nicht wiederstehet. Wer seine Zungen nicht brauchet zu entschüldigen seines Nehesten Namen. Wer nicht straffet den Affterreder. Wer nicht alles gutes von jederman sagt / vnd alles böses schweigt. Wer die Warheit schweigt / oder nicht versicht.

Wieder die letzten zwey.
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DIe letzten zwey Gebot sind ziel vnd mahl gesetzt / da wir hin kommen sollen / vnd täglich durch vns da
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hin arbeiten / mit hülffe vnd gnaden Gottes / Denn die böse neigung stirbt nicht ehe gründlich / das Fleisch werde denn zu Puluer vnd new geschaffen. Die fünff Sinn werden eingeschlossen im 5. vnd 6. Gebot. Die sechs werck der Barmhertzigkeit im 5. vnd 7. Die sieben Todtsünde / Hoffart im 1. vnd 2. Vnkeuscheit im 6. Zorn vnd Haß im 5. Fraß im 6. Tragheit im 3. vnd wol in allen. Die frembde Sünde sind in allen Geboten / Denn mit heissen / rathen vnd hülffe wieder alle Gebot gesündiget kan werden. Die ruffende vnnd stumme Sünde sind wieder das 5. 6. vnd 7. Gebot etc. In allen diesen Wercken sihet man nichts anders / denn eigen Liebe / die das jre suchet / nimpt Gott was sein ist / vnd den Menschen was derselbigen ist / vnnd gibt nicht / weder Gott noch Menschen / etwas
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von dem das sie hat / ist vnd mag. Daß wol Augustinus saget / Der anfang aller Sünde / ist die eigene seines selbs Liebe. Aus diesen allen folget / daß die Gebot nicht anders denn Liebe gebieten / vnd Liebe verbieten / Vnd die Gebot nichts erfülle denn Liebe / auch nichts vbertrit denn Liebe. Darumb spricht S. Paul / daß die Liebe sey erfüllung aller Gebot / gleich wie die böse Liebe ist vbertretung aller Gebot.

Die Erfüllung derselbigen.
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Des Ersten.
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GOttes Liebe vnd Furcht im rechten Glauben / vnd alle zeit in allen Wercken fest vertrawen / gantz bloß / lauter / in allen dingen gelassen stehen / sie sind böse oder gut. Da gehöret her / alles was in der gantzen Schrifft vom Glauben / Hoffnung vnd der Liebe Gottes geschrieben ist / wel
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ches alles kürtzlich in diesem Gebot begriffen ist.

Des Andern.
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LOb / Ehre / gebenedeyung vnnd anruffen Gottes Namen / vnnd seinen eigen Namen vnnd Ehre gantz vernichten / daß allein Gott gepreiset sey / der allein alle ding ist vnd wircket. Da gehöret her / alles was von Gottes Lob / Ehre / Danck / Namen / Wort in der Schrifft gelehret ist.

Des Dritten.
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SIch Gott ergeben / daß alle vnser Werck er alleine thu in vns / denn diß Gebot fordert eine Geistarme Seele / die da jhres (nicht sein) für Gott opffert / daß er jhr Gott sey / vnd in jhr seines Wercks vnd Namen bekomme / nach den zweyen ersten Geboten. Da gehöret her / alles was von Gottes Dienst / Predig hören / vnd guten Wer
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cken / den Leib vnter den Geist zu werffen / befohlen ist / daß alle vnser Werck Gottes sind vnd nicht vnser.

Des Vierden.
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WIlliger Gehorsam / Demütigkeit / Vnterthenigkeit aller Gewalt vmb Gottes wolgefallen willen / als der Apostel S. Peter sagt / ohn alles wiederbellen / klagen vnd murmelen. Da gehöret her / alles was von Gehorsam / Demuth / Vnterthenigkeit / Ehrerbietung geschrieben ist.

Des Fünfften.
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WEdult / Sanfftmütigkeit / Gütigkeit / Freundligkeit / Barmhertzigkeit / vnd aller ding ein süsses / freundlichs Hertz / ohn allen haß / zorn / bitterkeit gegen einem jeglichen Menschen / auch den Feinden. Da gehören her / alle Lehre von der Gedult / Sanfftmütigkeit / Friede / Einigkeit / vnd dergleichen.
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Des Sechsten.
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KEuscheit / Zucht / Schamhafftigkeit in Wercken / Worten / Geberden vnd Gedancken / Auch Messigkeit in Essen / Trincken / Schlaffen / vnd alles was der Keuscheit förderlich ist. Da gehören her / alle Lehre von der Keuscheit / fasten / nüchtern / messig seyn / beten / wachen / arbeiten / vnnd wo mit Keuscheit behalten wird.

Des Siebenden.
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ARmuth des Geistes / Mildigkeit / Willigkeit seiner Güter zu leihen vnd geben / ohn allen geitz vnd begirde leben. Da gehören her / alle Lehre von dem Geitz / vnrechtem Gut / Wucher / List / Betrug / Schaden / hinderniß des Nehesien am zeitlichen Gut.

Des Achten.
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EIn Friedsame / Heilsame Zunge / die niemand schadet / vnnd jederman frommet / die die Vneinigen versünet / die Verlesterten entschüldiget vnd verficht / Das ist Warheit vnd Einfeltigkeit in Worten. Da gehöret her / alle Lehre vom schweigen vnnd reden / daß des Nehesten Ehre / Recht / Sache / vnd Seligkeit antrifft.

Der letzten zwey.
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DAs ist / vollkommene Keuscheit / vnd verachtung zeitlicher Lust vnd Güter gründlich / das allein in jenem Leben volnbracht wird. In allen diesen Wercken sihet man nicht anders / denn frembde / gemeine / das ist / Gottes vnd des Nehesten Liebe / die suchet nicht was jhr / sondern was Gottes vnd des Nehesten ist / vnd ergibt sich jederman frey zu eigen / dienst vnd willen. So sihestu / daß in den zehen Gebo
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ten gar ördentlich vnnd kürtzlich begriffen sind alle Lehre / die dem Menschen noth sind / welche so jemand halten wil / hat alle Stunde gute Werck zu thun / daß jhm nicht noth were / andere Werck zu erwehlen / hie vnd da lauffen / vnd das thun / da nichts von geboten ist. Das alles ist mercklich angezeiget / damit / daß nichts in diesen Geboten gelehret ist / was der Mensch jhm selbs thun / lassen / oder von andern begehren sol / sondern was er andern / Gott vnd den Menschen thun vnd lassen sol / Daß wir es greiffen müssen / daß die Erfüllung stehet in der Liebe / gegen andern / vnd nicht gegen vns / Denn der Mensch thut / lesset vnnd suchet jhm selbs schon zu viel / das nicht zu lehren / sondern zu wehren noth ist. Darumb lebet der am aller besten / der jhm selbs nicht lebet. Vnd der lebet am allerergesten / der jhm selbs lebet / denn also lehren die zehen Gebot. Daraus man sihet / wie wenig Menschen wol leben / ja als
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ein Mensch / niemand mag wol leben. Darumb so wir das erkennen / müssen wir nu lernen / wo wirs nemen sollen / daß wir wol leben / vnd die Gebot erfüllen.

Auslegung des Glaubens.
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DEr Glaube theilet sich in drey Heuptstück / nach dem die drey Person der heiligen Göttlichen Dreyfaltigkeit darin erzehlet werden. Das erste dem Vater / Das ander dem Sohn / Das dritte dem heiligen Geiste zu zueignen / Denn das ist der höheste Artickel im Glauben / darinnen die andern alle hangen. Hie ist zu mercken / daß zweyerley weise gegleubet wird. Zum ersten / von Gott / das ist / Wenn ich gleube / daß es
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wahr sey / was man von Gott sagt. Gleich als wenn ich gleube / daß wahr sey / was man vom Türcken / Teuffel / Helle sagt. Dieser Glaube ist mehr ein wissenschafft oder wahn / denn ein Glaube. Zum andern wird an Gott gegleubet / das ist / wenn ich nicht allein gleube / daß wahr sey / was von Gott gesagt wird / sondern setze mein trawen in jhn / begebe vnd erwege mich mit jhm zu handeln / vnnd gleube ohn allen zweiffel / er werde mir also seyn vnd thun / wie man von jhm sagt. Auff welche weise ich nicht gleubte / dem Türcken oder Menschen / wie hoch man sein Lob preisete. Denn ich gleube leichtlich / daß ein Man from sey / ich wags darumb nicht / auff jhn zu bawen. Solcher Glaube / der es wagt auff Gott / wie von jhm gesagt wird / es sey im leben oder sterben / der macht allein einen Christen Menschen / vnnd erlanget von Gott alles was er wil / den mag kein falsches Hertz haben / denn das ist ein lebendi
|| [ID00068]
ger Glaube / vnd der wird geboten im ersten Gebot / das da sagt / Ich bin dein Gott / Du solt kein ander Götter haben. Darumb ist das Wörtlein / An / fast wol gesetzt / vnd mit fleiß wahrzunemen / daß wir nicht sagen / Ich gleube Gott dem Vater / oder von dem Vater / Sondern / An Gott den Vater / An Jesum Christum / An den heiligen Geist. Vnnd den Glauben sol man niemand geben / denn allein Gott. Darumb wird die Gottheit Jesu Christi vnd des heiligen Geistes damit bekant / daß wir an jhn / gleich wie an den Vater gleuben. Vnd wie es ein gleicher Glaube ist an alle drey Person / so sind die drey Person auch ein Gott.

Das Erste Theil des Glaubens.
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ICh gleube an GOTT den Vater Allmechtigen / Schöpffer Himels vnnd Erden.
|| [ID00069]

Das ist:
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Ich versage dem bösen Geist / aller Abgötterey / aller Zeuberey vnd Mißglauben. Ich setze mein Trawen auff keinen Menschen auff Erden / auch nicht auff mich selbs / noch auffmein Gewalt / Kunst / Gut / Frömigkeit / oder was ich haben mag. Ich setze mein Trawen auff keine Creatur / sie sind im Himel oder auff Erden. Ich erwege vnnd setze mein Trawen allein auff den blossen vnsichtlichen einigen Gott / der Himel vnd Erden geschaffen hat / vnd allein vber alle Creatur ist. Wiederumb entsetze ich mich nicht für aller bößheit des Teuffels / vnd seiner Geselschafft / denn mein Gott vber sie alle ist. Ich gleube nichts desto weniger an Gott / ob ich von allen Menschen verlassen oder verfolget were. Ich gleube nichts desto weniger / ob ich Arm / Vnuerstendig / Vngelehret /
|| [ID00070]
veracht bin / oder alles dinges mangel. Ich gleube nichts desto weniger / ob ich ein Sünder bin / Denn dieser mein Glaube sol vnd muß schweben vber alles was da ist vnd nicht ist / vber Sünde vnnd Tugend / vnd vber alles / auff daß er an Gott lauter vnd rein sich halte / wie mich das erste Gebot dringet. Ich begehre auch kein Zeichen von jhm / jhn zuuersuchen. Ich trawe bestendiglich auff jhn / wie lange er verzeucht / vnd setze jhm kein Ziel / Zeit / Maß oder Weise / sondern stelle es alles heim seinem Göttlichen Willen / in einem freyen richtigen Glauben. So er denn Allmechtig ist / was mag mir gebrechen / das er mir nicht geben vnd thun möge? So er Schöpffer Himels vnd Erden ist / vnd aller ding ein HERR / Wer wil mir etwas nehmen oder schaden? Ja wie wollen mir nicht alle ding zu gut kommen vnd dienen / wenn er mir guts gan / dem
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sie alle gehorsam vnnd vnterthan sind? Dieweil er denn Gott ist / so mag er vnd weiß / wie er es machen mit mir sol auffs beste / dieweil er Vater ist / so wil ers auch thun / vnd thut es hertzlich gerne. Dieweil ich daran nicht zweiffel / vnd setze mein Traw also auff jhn / so bin ich gewiß sein Kind / Diener vnd Erbe ewiglich / Vnnd wird mir geschehen / wie ich gleube.

Das Ander Theil.
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VNnd an Jesum Christum seinen einigen Sohn vnsern Herrn / der empfangen ist von dem heiligen Geist / geborn von der Jungfrawen Maria / gelitten vnter Pontio Pilato / gecreutziget / gestorben vnnd begraben / Nieder gestiegen zu der Helle / am
|| [ID00072]
dritten Tage aufferstanden von den Todten / auffgefahren gen Himel / Sitzend zur rechten Gottes des Allmechtigen Vaters / von dannen er zukünfftig ist / zu richten die Lebendigen vnd die Todten.

Das ist:
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Ich gleube nicht allein / daß Jesus Christus warhafftiger einiger GOttes Sohn ist / in einer ewigen Göttlichen Natur vnd Wesen / von ewigkeit jmer geboren / sondern auch daß jhm von dem Vater alle ding vnterworffen sind / vnd auch nach der Menscheit mein vnd aller ding ein HERR gesetzt ist / die er mit dem Vater nach der Gottheit geschaffen hat. Ich gleube / daß niemand an den Vater gleuben / vnd zu dem Vater kommen mag / weder durch Kunst / Werck / Vernunfft / noch alles das man nennen kan im Himel vnd auff Erden / denn allein in vnd
|| [ID00073]
durch Jesum Christum seinen einigen Sohn / das ist / durch den Glauben an seinem Namen vnd Herrschafft. Ich gleube festiglich / daß er mir zu gut empfangen ist von dem heiligen Geist / ohn alles Menschlichs vnnd Fleischlichs Werck / ohn leiblichen Vater oder Mans Samen. Auff daß er mein vnnd aller die an jhn gleuben / Sündliche / Fleischliche / vnreine / verdamliche Empfengnis reinigte / vnd Geistlich machete / durch gnedigen willen seines vnnd des Allmechtigen Vaters. Ich gleube / daß er mir geborn ist / von der reinen Jungfrawen Maria / ohn allen schaden jhrer Leiblichen vnnd Geistlichen Jungfrawschafft / auff daß er nach ordenung Väterlicher Barmhertzigkeit / meine Sündliche vnd verdampte Geburt vnd aller seiner Gleubigen segnete / vnschedlich vnd rein machte. Ich gleube / daß er sein Leiden vnnd Creutz für meine vn̅ aller Gleubigen Sün
|| [ID00074]
de getragen hat / vnnd dadurch alle Leiden vnd Creutz gesegnet / vnd nicht allein vnschedlich / sondern auch heilsam vnd hochverdienstlich gemacht hat. Ich gleube / daß er gestorben vnd begraben ist / meine Sünde vnd aller seiner Gleubigen gantz zu tödten vnd begraben / dazu den Leiblichen Todt erwürget / vnnd gantz vnschedlich / nützlich / heilsam gemacht hat. Ich gleube / daß er zu der Helle nieder gestiegen ist / den Teuffel vnd alle seine gewalt / list vnd bößheit / mir vnnd seinen Gleubigen zu dempffen vnd gefangen zu nehmen / daß mir der Teuffel hinfort nicht schaden kan / vnnd mich von der Hellen pein erlöset / die auch vnschedlich vnd verdienstlich gemacht. Ich gleube / daß er sey aufferstanden am dritten Tage von den Todten / mir vnd allen seinen Gleubigen ein newes Leben zu geben. Vnd also mit jhm in Gnaden vnd Geist erwecket hat / hinfort nimer
|| [ID00075]
zu sündigen / sondern jhm allein zu dienen / in allerley Gnaden vnd Tugenden / vnnd also die Gebot Gottes erfüllen. Ich gleube / daß er auffgefahren sey gen Himel / vnd von dem Vater empfangen Gewalt vnnd Ehre / vber alle Engel vnd Creaturen / vnd also sitzet zu der rechten Hand Gottes / Das ist / Er ist ein König vnd HERR vber alle Gottes Güter im Himel / Helle vnd Erden. Derhalben er helffen kan mir vnd allen Gleubigen / in allen vnsern nöten / wieder alle vnser Wiedersacher vnd Feinde. Ich gleube / daß er wieder von dannen / von dem Himel kommen wird am Jüngsten Tage / zu richten die Lebendigen / die denn erfunden werden / vnd Todten / die in des verstorben sind. Vnd alle Menschen / alle Engel vnd Teuffel / für seinen Gerichsstuel komen müssen / vnd jhn leiblich sehen / mich vnd alle seine Gleubigen zu erlösen von dem Leiblichen Todt vnnd allen Gebrechen / vnd zu straffen ewiglich
|| [ID00076]
seine Feinde vnd Wiedersacher / vnd vns von jhrer gewalt ewiglich zu erlösen.

Das Dritte Theil.
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ICh gleube an den heiligen Geist / eine heilige Christliche Kirche / eine gemeinschafft der Heiligen / Vergebung der Sünden / Aufferstehung des Fleisches / vnd ein Ewiges Leben / Amen.

Das ist:
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Ich gleube nicht allein / daß der heilige Geist ein warhafftiger Gott ist / mit dem Vater vnd Sohn / Sondern auch in vnd zu dem Vater durch Christum vnnd sein Leben / Sterben vnd alles was von jm gesagt ist / niemand kommen noch etwas desselben erlangen mag / ohn des heiligen Geistes werck / mit welchem der Vater vnd
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Sohn / mich vnd alle die seinen rüret / wecket / rüffet / zeucht / durch vnd in Christo / Lebendig / Heilig vnd Geistlich macht / vnd also zum Vater bringt / Denn er ist das / damit der Vater durch Christum vnd in Christo alles wircket vnd lebendig macht. Ich gleube / daß da sey auff Erden / so weit die Welt ist / nicht mehr denn eine heilige gemeine Christliche Kirche / Welche nicht anders ist / denn die gemeine oder samlung der Heiligen / der frommen / gleubigen Menschen auff Erden / welche durch denselben heiligen Geist versamlet / erhalten vnd regieret wird / vnd täglich in den Sacramenten vnd Wort Gottes gemehret. Ich gleube / daß niemand kan Selig werden / der nicht in dieser Gemeine erfunden wird / eintrechtiglich mit jhr haltend / in einem Glauben / Wort / Sacramenten / Hoffnung vnd Liebe / vnnd kein Jüde / Heyde / Ketzer oder Sünder mit jhr Selig werde / es sey denn / daß er sich
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mit jhr versüne / vereinige / vnd jhr gleichförmig werde in allen dingen. Ich gleube / daß in dieser Gemeine oder Christenheit alle ding gemeine sind / eines jeglichen Güter des andern eigen / vnnd niemand ichts eigen sey. Darumb mir vnd einem jeglichen Gleubigen / alle Gebet vnd gute Werck der gantzen Gemeine / zu hülff komme / beystehen vnnd stercken müssen zu aller zeit / in Leben vnd Sterben. Vnd also ein jeglicher des andern Bürde tregt / wie S. Paulus lehret. Ich gleube / daß da sey in derselben Gemeine / vnd sonst nirgend / vergebung der Sünde. Daß ausser derselben nicht helffe / wie viel vnd groß die gute Werck jmer seyn mügen / zur Sünden vergebung / Aber inner derselben nicht schade / wie viel / groß vnd offt gesündiget werden mag / zu vergebung der Sünde / welche bleibt / wo vnd wie lange dieselbige einige Gemeine bleibt. Welcher Christus die Schlüssel gibt / vnd spricht Matth. 18. Was jhr wer
|| [ID00079]
det auff binden auff Erden / sol auffgebunden seyn in dem Himel / Desselbigen gleichen zu dem entzelen Petro / an stat vnnd bedeutung der entzelen vnd einigen Kirchen / Matth. 16. Was du wirst auffbinden / etc. Ich gleube / daß da zukünfftig ist eine Aufferstehung der Todten / in welcher durch denselben heiligen Geist / wird wieder aufferweckt werden alles Fleisch / das ist / alle Menschen nach dem Leib oder Fleisch / fromme vnd bösen. Also / daß eben dasselbige Fleisch / das gestorben / begraben / verwesen / vnd mancher weise vmbkommen ist / wieder komen sol vnd lebendig werden. Ich gleube / daß nach der Aufferstehung seyn wird ein ewiges Leben der Heiligen / vnd ewiges Sterben der Sünder / Vnd zweiffel an dem allen nicht / der Vater durch den Sohn Jesum Christum vnsern Herren / mit vnd in dem heiligen Geist / werde mir diese Stücke alle lassen geschehen / das ist / Amen / Das ist / Es ist trewlich vnd gewiß wahr.
|| [ID00080]

Ein Sermon von dem Gebet.
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ZVm Ersten / Daß ein Gebet recht gut sey / vnd erhöret werde / sind zwey ding von nöten. Das Erste / Daß man von Gott eine Verheissung oder Zusage habe / vnd dieselbe zuuor bedencke / Gott derselben vermahne / vnnd sich dadurch erwege tröstlich zu bitten. Denn so Gott nicht hette heissen bitten / vnd Erhörung zugesagt / möchten alle Creaturen mit allem bitten / nicht ein Körnlein erlangen. Daraus denn folget / daß niemand von Gott etwas erlanget / seiner oder seines Gebets wirdigkeit halben / sondern allein aus abgrund Göttlicher gütigkeit / der allen bitten vnd begierden zuuor kömpt / durch sein gnedig zusagen vnd heissen / vnd
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vns beweget zu bitten vnd begehren / auff daß wir lernen / wie gar viel mehr er für vns sorget / vnd mehr bereit ist zu geben / denn wir zu nehmen vnd suchen / vnnd dadurch küne werden tröstlich zu bitten / sintemahl er mehr darbeut / denn wir bitten mügen. Zum Andern / ist noth / daß man je nicht zweiffele / an der zusagung des warhafftigen vnd getrewen Gottes. Denn eben darumb hat er erhörung zugesagt / ja zu beten befohlen / daß man je gewissen vnd festen Glauben habe / es werde erhöret / Als er sagt Matth. 21. vnd Marci am 11. Ich sage euch / alles das jhr bittet / gleubet nur / daß jhrs empfangen werdet / so geschicht es gewiß. Vnd Lucae 11. Bittet / so wtrd euch gegeben / Suchet / so werdet jhr finden / klopffet an / so wird man euch auffthun. Denn wo ist vnter euch ein Sohn / der seinen Vater bittet vmbs Brod / wenn gibt er jhm ein Stein? Oder wo er bittet vmb
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Fisch / welcher gibt jhm eine Schlangen? Oder so er bittet vmb ein Ey / welcher gibt jhm einen Scorpion? So denn jhr die jhr arg seyd / könnet doch gute Gaben geben ewern Kindern / wie viel mehr wird ewer Himlischer Vater einen guten Geist geben / denen die jhn bitten? Auff diese vnd dergleichen zusagung vnd befehl / muß man sich tröstlich erwegen / vnd mit rechtem vertrawen bitten. Zum Dritten / So jemand also bittet / daß er zweiffelt an der Erhörunge Gottes / vnd allein dahin setzet / auff ebenthewr sein Gebet / es geschehe oder nicht / der thut zwey böse stück. Das erste / daß er sein Gebet selbs zu nicht macht / vnd vmbsonst arbeitet. Denn also spricht S. Jacobus der Apostel: Wer von Gott bitten wil / der bitte also / daß er nicht zweiffel im Glauben / Denn so er zweiffelt / ist er gleich einer Wellen des Meers / die der Wind hin vnd her wiegt / Vnd derselbe Mensch nehme jhm nicht für / daß er etwas von
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Gott erlange. Das meynet er also / daß desselben Menschen Hertz nicht still helt / Darumb kan jhm Gott nichts geben. Der Glaube aber helt das Hertz still / vnnd machets empfehlich Göttlicher Gaben. Das ander böse Stück ist / daß er seinen aller getrewesten vnnd warhafftigen Gott / für einen Lügener vnd einen losen vngewissen Man achtet / als einen / der seinem zusagen nicht müge oder wolle gnugthun / vnd also durch seinen zweiffel / Gott die Ehre vnd den Namen der Trewe vnd Warheit beraubt. Darinne so schwerlich gesündiget wird / daß auch durch dieselbe Sünde ein Christe zu einem Heyden wird / vnd seinen eigen Gott verleugnet vnd verleuret / Vnd so er darinne bleibet / ewiglich ohn allen Trost muß verdampt seyn. Wird jhm aber etwas geben / das er bittet / so wird es jhm nicht zur Seligkeit / sondern zu schaden geben / Zeitlich vnd Ewiglich / auch nicht vmbs Gebets willen / sondern aus dem zorn Gottes / daß er be
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lohne die guten Wort / die da in Sünden vnd Vnglauben / vnd Göttlicher Vnehre gesprochen werden. Zum Vierden / Sprechen etliche / ja ich wolt wol vertrawen / mein Gebet würde erhöret / wenn ichs wirdig were / vnnd wol machet. Antwort ich / Wenn du nicht ehe bitten wilt / du wissest denn oder empfindest dich wirdig vnd geschickt / so mustu nimmermehr bitten. Denn wie vor gesagt ist / Vnser Gebet muß nicht sich gründen oder halten auff vnser oder seine Wirdigkeit / sondern auff die vnwanckelbare Warheit Göttlicher zusagung. Vnd wo sichs auff sich selbst oder etwas anders gründet / so ists falsch / vnd betreugt dich / ob es auch für grosser andacht das Hertz zubreche / vnd eitel Blutstropffen weinet. Denn darumb bitten wir / daß wir nicht wirdig sind zu bitten / vnnd eben dadurch werden wir wirdig zu bitten / vnnd werden erhöret / daß wir gleuben / wir seyns vnwirdig / vnd allein auff die trewe Got
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tes vns tröstlich wagen. Sey wie Vnwirdig du magest / so schawe drauff / vnd mit gantzem Hertzen nim wahr / daß tausent mahl mehr / ja alles allein daran gelegen ist / daß du Gottes Warheit ehrest / vnnd nicht in deinem zweiffel / seine trewe zusagung zu Lügen machest. Denn deine Wirdigkeit hilfft dich nicht / deine Vnwirdigkeit hindert dich nicht. Aber die Mißtrawe verdampt dich / vnd die Zuuersicht wirdiget vnd behelt dich. Darumb hüte dich dein Lebenlang / daß du dich nimmer wirdig oder geschickt achtest / zu bitten oder zu empfahen / Es sey denn / daß du dich findest einen freyen Waghals / auff das warhafftige vnd gewisse zusagen deines gnedigen Gottes / der dir seine Barmhertzigkeit also wil offenbaren / daß zu gleich / wie er dir Vnwirdigen / vnuerdienten / aus lauter Gnaden / vngebeten / Erhörung zugesagt hat / also wil er auch dich vnwirdigen Beter / aus lauter Gnaden / zu ehren seiner Warheit vnnd
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Zusagung erhören. Auff daß du nicht deiner Wirdigkeit / sondern seiner Warheit / damit er die Zusagung erfüllet / vnd seiner Barmhertzigkeit / damit er die Zusagung gethan hat / Danck sagest. Daß bestehe der Spruch Psalm. 25. Alle Gottes Werck / sind lauter Barmhertzigkeit vnd Warheit. Barmhertzigkeit in der Zusagung / Warheit in Erfüllung vnd Erhörung der Zusagung. Item Psalm. 85. Die Barmhertzigkeit vnd Warheit haben sich mit einander geküsset / das ist / sie kommen zusamen in einem jeglichen Werck vnd Gaben / die wir erbitten / etc. Zum Fünfften / Sol man sich in diesem vertrawen also halten / daß man Gott nicht ein Ziel stecke / Tag oder stat stimme / noch die weise oder maß setze seiner Erhörung. Sondern das alles seinem Willen / Weißheit vnd Allmechtigkeit heim geben / nur frisch vnnd frölich warten der Erhörung. Doch nicht wissen wollen / wie vnd wo / wie bald / wie lange / durch welche.
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Denn seine Göttliche Weißheit wird vberschwenglich besser weise vnd maß / zeit vnd stat finden / denn wir gedencken mügen / vnd solten auch Wunderzeichen geschehen / wie im alten Testament / da die Kinder von Israel Gott vertraweten / er würde sie erlösen / vnd war doch kein mügliche weise für Augen / noch in allen jhren Gedancken / da thet sich das Rote Meer auff / vnd gab jhn einen Weg hindurch / vnnd ertrenckt alle jhre Feinde auff einmahl. Also Judith 8. Die heilige Fraw / da sie höret / daß die Bürger zu Bethulia in fünff Tagen die Stadt wolten vbergeben / wenn jhnen Gott in des nicht hülffe / straffet sie dieselbigen / vnd sprach: Wer seyd jhr / daß jhr Gott versucht? Das sind nicht fürnehmen / damit man Gnade erlange / sondern mehr Vngnade erwecke / Wolt jhr Gott ein ziel setzen / sich ewer zu erbarmen / vnd stimmen einen Tag / nach ewrem wilköre / etc. Darumb halff jhr auch Gott wun
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derlich / daß sie dem grossen Holofernes sein Heupt abschlug / vnnd die Feinde also vertrieben wurden. Also spricht auch S. Paulus Ephes. 3. Daß Gottes vermügen ist also gethan / daß er vberschwenglich höher vnnd besser thut / denn wir bitten oder verstehen. Darumb sol man sich erkennen zu geringe dazu / das wir nennen / abmahlen / oder dargeben mügen zeit / stat / weise / maß vnd andere vmbstend / des / das wir bitten von Gott / sondern jhm alles heimstellen / vnd vnuerrückt festiglich gleuben / er werde vns erhören.

Das Vater Vnser.
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Vorrede vnd bereitunge zu bitten die sieben Bitt von Gott.
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VAter vnser / der du bist im Himel.
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Die meynung.
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O Allmechtiger Gott / dieweil du durch deine grundlose Barmhertzigkeit / vns nicht allein zugelassen / sondern auch geboten vnd gelehret hast / durch deinen einigen lieben Sohn vnsern Herrn Jesum Christum / daß wir durch sein verdienst vnd Mittel / dich einen Vater achten vnd nennen sollen / So du doch billig nach aller Gerechtigkeit / ein gestrenger Richter seyn möchtest vber vns Sünder / die wir so viel vnd schwerlich wieder deinen Göttlichen allerbesten Willen gethan / vnd dich erzürnet haben. So gib vns durch dieselbe Barmhertzigkeit / in vnser Hertz ein tröstliche Zuuersicht deiner Väterlichen liebe / vnd laß vns empfinden / den allerlieblichsten schmack vnd süssigkeit der Kindlichen sicherheit / daß wir mit frewden / dich einen Vater nen
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nen / kennen / lieben vnd anruffen mügen in allen vnsern nöten / Behüt vns / daß wir deine Kinder bleiben / vnd nicht verschulden / damit wir aus dir / allerliebster Vater / einen erschrecklichen Richter / vnd vns selbs aus Kinder zu Feinden machen. Du wilt auch / daß wir nicht allein Vater / sondern in gemein vnser Vater / dich anruffen / vnd also eintrechtiglich / für alle sampt bitten. Darumb gib vns eine eintrechtliche / Brüderliche liebe / daß wir vns alle sampt warhafftige Brüder vnnd Schwestern erkennen vnd achten / vnd dich einen gemeinen vnsern lieben Vater / für alle vnd jederman bitten / als ein Kind für das ander gegen seinem Vater thut. Laß niemand vnter vns das seine suchen / oder des andern für dir vergessen / sondern abgethan allen Haß / Neid vnnd Zwietracht / vns als die wahren frommen Gottes Kinder / vntereinander lieben / vnd also eintrechtiglich sagen mügen / nicht mein Vater / sondern vnser Vater.
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Auch dieweil du nicht ein Leiblicher Vater bist / der auff Erden ist / sondern der du im Himel bist / ein Geistlicher Vater / der nicht stirbt noch vngewiß ist / oder jhm selbs nicht helffen mag / wie der Irrdische vnd Leibliche Vater. Damit du vns anzeigest / wie vbermessig du ein besser Vater bist / vnd lehrest / zeitliche Vaterschafft / Vaterland / Freunde / Gut / Fleisch vnnd Blut / für dir verachten. So gib vns / O Vater / daß wir auch deine Himlische Kinder seyn mügen / lehre vns / der Seelen vnd des Himlischen Erbtheils allein wahrnemen / daß vns das zeitliche Vaterland vnnd Irrdische Erbgut nicht betriege / vmbfange / hindere / vnnd gantz zu Irrdischen Kindern mache / daß wir mit rechtem wahrem grunde mügen sagen / O Himlischer Vater vnser / vnnd wir warhafftig deine Himlische Kinder seyn mügen.

Die Erste Bitt.
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Geheiliget werde dein Name.
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Die meynung.
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OAllmechtiger Gott / lieber Himlischer Vater / dein heiliger Name wird auff diesem elenden Jamerthal / leider so mannigfeltig verunheiliget / verlestert vnd geschmehet / wird vielen dingen zugeeignet / da deine Ehre nicht an ist / wird auch in vielen stücken / vnd zu Sünden mißbraucht / daß auch das schendliche Leben / wol eine schande vnd vnehre deines heiligen Namens möcht heissen. So gib vns deine Göttliche Gnade / daß wir vns für alle dem hüten / das nicht zu Ehre vnd Lob deines heiligen Namens reichet. Hilff / daß alle Zeuberey / vnd falsche Segen abgethan werden. Hilff / daß allerley beschweren des Teuffels oder Creaturen durch deinen Namen / auffhöre. Hilff / daß aller Mißglauben vnnd Aberglauben / außgewurtzelt werden. Hilff / daß alle Ketzerey / falsche Lehre / die sich im
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schein deines Namens dargeben / zu nicht werden. Hilff / daß aller falscher schein der Warheit / Frömigkeit / Heiligkeit / niemand betriegen. Hilff / daß niemand bey deinem Namen schwere / liege oder triege. Behüte vns für allem falschen Trost / vnter deinem Namen ertichtet. Behüte vns für aller Geistlicher Hoffart vnd eiteler Ehre / zeitlichs Rhums oder Namens. Hilff / daß wir in allen vnsern nöthen vnd gebrechen / deinen heiligen Namen anruffen. Hilff / daß wir in der angst vnsers Gewissens / vnnd am letzten sterben deines Namens nicht vergessen. Hilff / daß wir in allen vnsern Gütern / Worten vnd Wercken / dich allein loben vnd ehren / nicht vns dauon einen Namen geben oder suchen / sondern dir alleine / des alle ding alleiue sind. Behüte vns für dem schendlichen Laster der Vndanckbarkeit. Hilff / daß aus vnsern guten Wercken vnd Leben / alle andere gereitzet werden /
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nicht vns / sondern dich in vns zu loben / vnd deinen Namen ehren. Hilff / daß aus vnsern bösen Wercken oder Gebrechen niemand geergert werde / deinen Namen zu vnehren / oder dein Lob nachzulassen. Behüte vns / daß wir nichts begehren / weder zeitlich noch ewiglich / daß nicht deines Namens Ehre noch Lob sey / Vnd so wir solchs werden bitten / woltestu vnser Thorheit nicht erhören. Hilff / daß vnser Leben also sey / daß wir als warhafftige Kinder Gottes erfunden werden / daß dein Väterlicher Name nicht vmbsonst / oder fälschlich vber vns genennet werde / Amen. Vnd in das Gebet gehören alle Psalmen vnd Gebet / da man Gott innen lobet / ehret / singet / dancket / vnd das gantze Alleluia.

Die Ander Bitt.
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Zukomme dein Reich.
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Die meynung.
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DIß elend Leben ist ein Reich aller bößheit / darinnen ein Herr ist / der böse Geist / aller bößheit vnnd Sünde ein anfang vnd Heuptschalck. Dein Reich aber ist ein Reich aller Gnaden vnd Tugend / darinne ein HERR ist Jesus Christus / dein lieber Sohn aller Gnaden vnd Tugend ein Heupt vnd Anfang. Darumb hilff vnd gnade vns / lieber Vater. Gib vns für allen dingen einen rechten bestendigen Glauben an Christum / ein vnerschrockene Hoffnung in deine Barmhertzigkeit / wieder alle blödigkeit vnsers sündlichen Gewissens. Eine brünstige süsse Liebe zu dir / vnd allen Menschen. Behüte vns für Vnglauben vnd verzweifeln / vnd endlichem Neid. Hilff vns von der vnfletigen lust der Vnkeuscheit / vnd gib vns eine Liebe zu der Jungfrawschafft vnd allerley Keuscheit. Hilff vns aus der Zwietracht / Krieg / Vn
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fried / vnnd laß zukommen deines Reichs Tugend / den Friede vnd einigkeit / vnnd stilles Leben. Hilff vns / daß nicht zorn oder ander bitterkeit in vns sein Reich vberkomme / sondern durch deine Gnade / in vns regiere einfeltige süssigkeit vnd Brüderliche trewe / vnd allerley Freundschafft / Mildigkeit / Sanfftmütigkeit. Hilff / daß nicht vnordige betrübnis vnnd schwermütigkeit in vns sey / sondern las zukomen die Frewd vnd Lust / in deiner Gnade vnd Barmhertzigkeit. Vnnd endlich / daß alle Sünde von vns gewand werden / vnd wir deiner Gnaden / aller Tugend vnd guter Wercke vol / mügen dein Reich werden / daß alle vnser Hertz / Muth vnd Sinn / mit allen krefften inwendig vnd außwendig / dir nach deinen Geboten vnd Willen vntertheniglich dienen / vnnd sich allein von dir regieren lassen / nicht jhn selbs nach dem Fleisch / Welt oder Teuffel folgen. Hilff / daß solch dein Reich angefan
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gen in vns / zunehme / vnd täglich sich bessere vnd mehre. Daß vns nicht vberfalle die listige bößheit / die tragheit zu dem guten / auff daß wir nicht wieder zu rücke fallen. Sondern gib vns einen ernsten Fürsatz vnd vermügen / nicht allein anzuheben from zu seyn / sondern viel mehr kecklich darinnen fortgehen vnnd volnbringen. Wie der Prophet sagt: Erleuchte meine Augen / daß ich nicht entschlaffe oder faul werde im angefangen guten Leben / vnnd der Feind mein also wieder gewaltig werde. Hilff / daß wir also bestendig bleiben / vnd daß dein zukünfftig Reich dieses angefangen dein Reich beschliesse vnd vollende. Hilff vns aus diesem sündlichen / fehrlichen Leben. Hilff vns jenes Leben begehren / vnd diesem feind werden. Hilff vns den Todt nicht fürchten / sondern begehren. Wende von vns die Liebe vnd anhangen dieses Lebens / auff daß also dein Reich in vns aller ding volnbracht werde. Vnd in diese Bitt gehören alle Psal
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men / Vers vnnd Gebet / da man Gnade vnd Tugend von Gott bittet.

Die Dritte Bitt.
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Dein Wille geschehe / wie im Himel / also auch auff der Erden.

Die meynung.
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VNser Wille gegen deinem Willen geachtet / ist nimmer gut / sondern allzeit böse. Dein Wille aber ist allezeit der beste / vberaus auff das höchste zu lieben vnnd zu begehren. Darumb erbarme dich vnser / O lieber Vater / vnd laß nicht nach vnserm Willen etwas geschehen. Gib vnd lehre vns recht gründlich Gedult haben / wenn vnser Wille gebrochen wird oder verhindert. Hilff / so jemand etwas redet / schweiget / thut oder lesst / das vnserm Willen wieder ist / daß wir nicht darumb zornig vnd böse werden / nicht fluchen / nicht klagen / nicht schreien /
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nicht richten / nicht verdammen / nicht wiedersprechen / etc. Hilff / daß wir vnsern Wiedersachern vnd Verhinderern vnsers Willens / demütiglichen weichen / vnd vnsern also fahren lassen / daß wir sie loben / segenen / wolthun / als denen / die deinen Göttlichen aller besten Willen wieder vnsern Willen volnbringen. Gib vns Gnade / daß wir allerley Kranckheit / Armuth / Schmach / Leiden vnd Wiederwertigkeit / willig tragen / vnd erkennen / daß dasselbe dein Göttlicher Wille sey / vnsern Willen zu creutzigen. Hilff vns / daß wir auch vnrecht gerne leiden / vnd behüt vns für der Rach. Laß vns nicht böses mit bösem bezahlen / Gewalt mit Gewalt vertreiben. Sondern in solchem deinen Willen / der vns dasselbige zufügt / wolgefallen haben / dich loben vnd dir dancken. Laß vns nicht dem Teuffel oder bösen Menschen zu rechnen / wenn vns etwas wieder vnsern Willen begegnet / sondern allein deinem Göttlichen Willen / der
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solches alles ordent zu vnsers Willen hindernis / vnd zu mehrer Seligkeit in deinem Reich. Hilff / daß wir willig vnd frölich sterben / vnd den Todt in deinem Willen / gerne auffnehmen / daß wir nicht mit Vngedult oder verzagung / dir vngehorsam werden. Hilff / daß alle vnser Glieder / Augen / Zungen / Hertzen / Hende vnd Füsse / nicht jhrer begierden / noch Willen gelassen werden / sondern in deinem Willen gefangen / gestöckt vnnd gebrochen werden. Behüte vns für allen bösen / spenstigen / hartmütigen / halßstarrigen / eigensinnigen vnnd eigen Willen. Gib vns rechten Gehorsam / ein vollkomene ledige gelassenheit / in allen dingen / Geistlich / Weltlich / Zeitlich vnnd Ewiglich. Behüte vns für dem grawsamen Laster des nachredens / verleumbden / affterreden / freuel richten / verdammen / versprechen andere Menschen. O das grosse Vnglücke / vnnd die schwere plage solcher
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Zungen / wende ferne von vns. Sondern lehre vns / daß / wenn wir etwas sehen oder hören / strefflich vnd vns mißfellig von andern / daß wir dasselbige schweigen / zudecken / dir allein klagen / vnd deinem willen heim geben / vnd also allen vnsern Schüldigern hertzlich vergeben / mitleiden mit jhn haben. Lehre vns erkennen / daß vns niemand Schaden thun mag / er thu jhm denn selbs vorhin tausent mahl mehr Schaden für deinen Augen / auff daß wir dadurch mehr zu Barmhertzigkeit vber jhn / denn zu Zorn beweget werden / mehr sein zu jammern / denn zu rechen. Hilff vns / daß wir vns nicht frewen / wenn es vbel gehet denen die vnsern Willen nicht gethan / oder sonst mißfallen in jhrem Leben. Auch daß wir vns nicht betrüben / wenn es jhn wol gehet. Vnd in diese Bitt gehören alle Psalmen / Vers vnd Gebet / da man wieder die Sünde vnd Feinde innen bittet.
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Die Vierde Bitt.
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Vnser tåglich Brod gib vns heute.

Die meynung.
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DAs Brod / ist vnser HERR Jesus Christus / der die Seele speiset vnnd tröstet. Darumb / O lieber Himlischer Vater / gib Gnade / daß Christus Leben / Wort / Werck vnd Leiden / vns vnd aller Welt geprediget / bekand vnd behalten werde. Hilff / daß wir sein Wort vnd Werck in allem Leben / für ein krefftig Exempel vnd Spiegel aller Tugend haben. Hilff / daß wir in Leiden vnd Wiederwertigkeiten / vns durch vnd in seinem Leiden vnd Creutz / stercken vnnd trösten mügen. Hilff / daß wir vnsern Todt / durch seinen Todt / in festem Glauben vberwinden / vnd also kecklich dem lieben Fürgenger / in jenes Leben folgen. Gib Gnade / daß alle Prediger dein Wort vnd Christum / in aller Welt / nütz
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barlich vnd seliglich predigen. Hilff / daß alle die dein Wort predigen hören / daß sie Christum erkennen lernen / vnd daran sich redlich bessern. Du woltest auch gnediglich / alle frembde Predige vnd Lehre / da Christus nicht erlernet wird / aus der heiligen Kirchen treiben. Erbarme dich aller Bischoffen / Priestern / Geistlichen / vnnd aller Oberkeit / daß sie durch deine Gnade erleuchtet / vns recht lehren vnnd führen / mit Worten vnd guten Exempeln. Behüte alle schwachgleubigen / daß sie sich nicht ergern / ob dem bösen Exempel der Oberkeit. Behüte vns für Ketzerischen vnnd abtrünnigen Lehren / daß wir in einem täglichen Brod / in täglicher Lehre vnd Wort Christi eins bleiben. Lehre vns durch deine Gnade / Christus Leiden recht betrachten / hertzlich fassen / vnd seliglich in vnser Leben bilden. Laß vns des heiligen wahren Leichnams Christi in vnserm letzten Ende nicht beraubt werden. Hilff / daß alle Priester
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das Hochwirdige Sacrament / wirdiglich vnnd seliglich zu der gantzen Christenheit besserung handeln vnnd brauchen. Hilff / daß wir vnd alle Christen das heilige Sacrament zu seiner zeit mit Gnaden seliglich empfahen. Gib vns einen seligen Friede vnd Einigkeit in allen Landen. Behüt vns für Krieg vnd Hader / vnd allem Vnfriede / auff daß wir des täglichen Brods vnnd Leiblicher Nahrung mit stiller ruge gebrauchen / zu deinem Lob. Gib allen Königen / Fürsten / Herrn / vnd Räthen / guten Verstand vnd trewen Willen seliglich vnnd friedlich jhr Vnterthan zu regieren. Behüt alle Vnterthan / für Auffruhr vnnd allem Vngehorsam. Lehre vns durch deinen Geist / Göttlich Haußhalten / Kind vnd Gesind Christlich regieren zu deinem Dienst / Lob vnnd Ehre. Behüt vnser Kind vnd Gesind für Sünde vnnd Schande / für Fahr vnnd Schaden an Leib vnd Seele. Behüt die
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Früchte auff dem Felde / vnd alles Viehe für Vngewitter / Gifft / wilden Thieren vnd allem Schaden etc. Du woltest alle gefangene / hungerige / durstige / nackete / elende / Widwen / Waisen / krancke vnd betrübte Menschen / gnediglich trösten vnd erlassen. In diese Bitt gehören alle Gebet oder Psalmen / da man für die Oberkeit bittet / sonderlich wieder die falschen Lehrer / für die Jüden / Ketzer vnd alle jrrige Menschen / auch für alle betrübte vnd trostlose / armen / dürfftige / leidende Menschen.

Die Fünffte Bitt.
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Vnd verlaß vns vnsere schuld / als wir verlassen vnsern schüldigern.

Die meynung.
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DIese Bitte hat einen anhang vnd eine beydingung / daß wir zuuor sollen vnsern Schüldigern verge
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ben / Wenn das geschehen ist / so mügen wir denn sagen: Vergib vns vnsere schülde. Vnd das ist oben in der dritten Bitte gebeten / daß Gottes Wille geschehe / der wil / daß man alles gedültig leiden sol / vnd nicht böß für böses geben / nicht rache suchen / sondern gut für böses geben. Als vnser Vater thut im Himel / der seine Sonne lesst auffgehen vber die frommen vnnd bösen / vnd lesst Regnen vber die jhm dancken vnd nicht dancken. Darumb bitten wir / O Vater / tröste vns vnser Gewissen / jetzt vnd an vnserm letzten Ende / welches für vnsern Sünden vnnd deinem Gericht grewlich erschrickt / vnd erschrecken wird. Gib vnsern Hertzen deinen Friede / daß wir deines Gerichts mit frewden erwarten mügen. Gehe nicht mit vns in die scherffe deines Gerichts / denn da wird kein Mensch Rechtfertig erfunden. Lehre vns / lieber Vater / nicht auff vnsere gute Werck oder Verdienst vns verlassen oder trösten / sondern alleine auff
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deine grundlose Barmhertzigkeit / lauter vnd fest vns wagen vnd ergeben. Desselbigen gleichen / laß vns auch nicht verzagen / vmb vnsers strefflichen sündigen Lebens willen / sondern deine Barmhertzigkeit höher / breiter / stercker achten / denn alle vnser Leben. Hilff allen Menschen / die in Todes nöthen vnd in der anfechtung solcher verzweiffelung sind / vnd sonderlich dem N. oder dem N. Vergib jhnen vnd vns / alle vnsere Schülde / tröste sie / vnd nim sie zu Gnaden. Gib vns deine Güte für vnser bößheit / wie du vns geboten hast zu thun. Stille den grawsamen Affterreder / Anklager vnd Großmacher vnser Sünde / den bösen Geist / jetzt vnd an vnserm Ende / vnnd in allen engsten des Gewissens / dieweil wir auch des affterredens vnd der Menschen Sünde groß zu machen vns enthalten. Richte vns nicht nach anklagen des Teuffels vnd vnsers elenden Gewissen / vnd er
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höre nicht die Stimme vnser Feinde / die vns Tag vnd Nacht für dir schüldigen / gleich als wir nicht hören wollen die Affterreder vnd Verkläger der andern. Nim von vns die schwere Last aller Sünde vnd Gewissen / auff daß wir mit leichtem / frölichem / hertzlichem Gewissen / in gantzer Zuuersicht deiner Barmhertzigkeit / leben vnd sierben / alles leiden vnnd thun mügen. Vnd in diese Bitt gehören alle Psalmen vnnd Gebet / die vmb Sünde die Barmhertzigkeit Gottes anruffen.

Die Sechste Bitt.
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Vnd führe vns nicht in Versuchung.

Die meynung.
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DRey Versuchung oder Anfechtung haben wir / das Fleisch / die Welt / den Teuffel. Darumb bitten wir / lieber Vater / gib vns Gnade /
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daß wir des Fleisches lust zwingen. Hilff / daß wir seinem vbrigen essen vnd trincken / schlaffen / faullentzen / müssiggang widerstreben. Hilff / daß wir dasselbe mit fasten / messigem Futter / Kleider / Lager / wachen / arbeiten / dienstbar vnd zu guten Wercken geschickt machen. Hilff vns / daß wir seine böse neigung zur Vnkeuscheit / vnd alle seine begierde vnd reitzen / mügen mit Christo ans Creutz schlagen vnnd tödten / daß wir keiner seiner Anfechtung bewilligen oder folgen. Hilff / so wir sehen ein schön Mensch / Bilde oder andere Creaturen / daß das nicht ein Anfechtung / sondern vns eine vrsach sey / Keuscheit zu lieben / vnnd dich in deinen Creaturen zu loben. Hilff / so wir etwas süsses hören / etwas lieblichs empfinden / daß nicht darinnen Lust / sondern dein Lob vnd Ehre gesucht werde von vns. Behüte vns für dem grossen Laster des Geitzes vnnd begierden der Reichthümer dieser Welt. Behüte vns / daß wir
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nicht die Ehre vnnd Gewalt dieser Welt suchen / oder in dieselbe neigung verwilligen. Behüte vns / daß wir nicht von den bösen vnd Widerwertigkeiten der Welt zu Vngedult / Rache / Zorn oder andere Vntugend / gezogen werden. Hilff / daß wir der Welt liegen / triegen / verheissen / vntrewe / vnd allem jhrem Gut vnd bösen absagen / versachen / (wie wir denn in der Tauffe geredt haben) vnd darinne fest bestehen / vnd täglich mehr vnd mehr zunehmen. Behüte vns für des Teuffels eingeben / daß wir nicht in Hoffart vnnd vnser eigen wolgefallen / vnd anderer verachtung bewilligen / vmb Reichthumb / Adel / Gewalt / Kunst / Gestalt / oder anderer deiner Güter willen. Behüte vns / daß wir nicht in Haß vnd Neid fallen / aus jrgend einer vrsachen. Behüte vns / daß wir nicht folgen der Anfechtung des Glaubens / der Verzweiffelung / jetzt vnd an vnserm letzten Ende.
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Laß dir befohlen seyn Himlischer Vater / alle / die wieder die grosse mannigfeltige anfechtung streiten vnnd arbeiten / Stercke die da noch stehen / hilff wieder auff denen / die gefallen sind / vnd ligen danieder. Vnd gib vns allen deine Gnade / daß wir in solchem elenden vnsichern Leben / mit so viel Feinden ohn vnterlaß vmbgeben / mit einem Ritterlichen festen Glauben bestendiglichen fechten / vnd die ewige Kron erlangen.

Die Siebende Bitt.
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Sondern erlöse vns von dem Vbel.

Die meynung.
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DIese Bitte bittet für alles böse der Pein vnd Straffe / wie denn die heilige Kirche thut in den Litanien. Erlöse vns / O Vater von deinem ewigen Zorn vnd der Hellischen pein. Erlöse vns von deinem gestrengen Vrtheil /
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im Tod vnd am Jüngsten Tage. Erlöse vns von dem schnellen gehenden Todt. Behüte vns für Wasser vnnd Fewr / für Blitzen vnd Hagel. Behüte vns für hunger vnd thewren zeiten. Behüte vns für Kriegen vnd Blutuergiessen. Behüte vns für deinen grossen plagen / für Pestilentz / Frantzosen / vnd anderen schweren Kranckheiten. Behüte vns für allem vbel vnd nöten des Leibes / so doch / daß in diesem allen / deines Namens Ehre / deines Reiches mehrunge / vnnd Göttlicher Wille sey.

AMEN.
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Hilff Gott / daß alle diese Bitt wir vngezweiffelt erlangen / vnd laß vns nicht daran zweiffeln / du hast vnnd wirst vns hierinne erhören / daß es Ja / vnd nicht ein Nein oder Zweiffel sey. So sprechen wir frölich Amen / das ist wahr vnd gewiß / AMEN.
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Auslegung des Aue Maria.
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HIe ist zu mercken / daß je niemand sein vertrawen vnd zuuersicht stelle auff die Mutter Gottes oder jre verdienst / Denn solche zuuersicht gebührt allein Gott / als der einige hohe Gottesdienst. Sondern daß man durch sie vnd durch die Gnade / so jhr gegeben ist / Gott preise vnd dancke. Vnd sie nicht anders lobe vnd liebe / denn als die von Gott solche Güter / aus lauter Gnaden / ohn verdienst erlanget hat / wie sie selbs bekennet im Magnificat. Gleich als wenn ich aus ansehen des Himels / der Sonnen vnd aller Creatur / mich bewege / den Schöpffer derselbigen zu loben / vnd sie in mein Gebet vnd Lob menge vnd spreche: Ach Gott der du also
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schöne feine Creatur geschaffen hast / gib mir / etc. Also auch hie / sol das Gebet die Mutter Gottes einmengen / vnnd sagen: Ach Gott / welch ein Edel Mensch hastu hie geschaffen / Gebenedeyet sey sie / etc. Vnd der du sie hoch geehret hast / gib mir auch / etc. Daß je also das Hertz nicht auff jhr beruge / sondern durch sie dringe zu Christo vnd Gott selber. Darumb laut auch das Aue Maria also / daß es alle ding GOtt gibt / vnnd spricht: Gegrüsset seystu Maria voll Gnaden / der HErr ist mit dir / Gesegenet bistu vnter den Weibern / vnd gesegenet ist die Frucht deines Leibes Jesus Christus / Amen. Da sihestu / daß hierinne kein Gebet / sondern eitel Lob vnnd Ehre begriffen ist.
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Gleich wie in den ersten Worten des Vater vnsers auch kein Gebet ist / sondern Lob vnd Ehre Gottes / daß er vnser Vater vnd im Himel sey. Drumb können auch wir aus dem Aue Maria weder ein Gebet noch anruffen machen / Denn es vns nicht zimpt / die Wort weiter deuten / denn sie lauten / vnd der heilige Geist gesetzt hat. Doch mügen wir sie handeln auff zweyerley weise. Zum ersten / als ein betrachtung / daß wir drinnen erzehlen / die Gnaden / die jhr Gott geben hat. Zum andern / daß wir ein Wundsch dazu thun / daß sie von jederman dafür erkant vnd gehalten werde. Auffs erste / ist sie voller Gnaden / damit sie ohn alle Sünde erkant wird / das ist ein hoch groß ding / Denn Gottes Gnade machet sie voll alles guten / vnd ledig alles bösen. Auffs ander / ist Gott mit jhr / das ist / daß alle jhr thun vnd lassen / ist Göttlich / vnnd geschicht in jhr von Gott / dazu be
|| [ID00116]
schützet vnd bewahret er sie für allem / das jhr schedlich seyn mag. Auffs dritte / ist sie gesegenet für allen Weibern / nicht allein darumb / daß sie ohn wehe vnd schmertzen / vnd ohn versehrung geboren hat / vber Heua vnnd alle andere Weiber. Sondern daß sie auch fruchtbar ist worden / vnd empfangen hat / ohn alle Sünde / von dem heiligen Geiste eine Leibliche Frucht / das keinem Weibe geben ist. Auffs vierde / daß jhre Frucht gesegenet ist / nemlich / für dem Fluch enthalten / der vber alle Kinder der Heue gehet / daß sie in Sünden empfangen / vnnd des Todes vnd Verdamnis schüldig geborn werden. Aber diese Frucht jhres Leibes allein gesegenet / vnd wir alle durch dieselbige gesegenet werden.

Zum Andern.
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Ist nun hie ein Gebet oder Wundsch dazu zu setzen / daß man bitte für alle die diese Frucht vnd Mutter verfluchen. Wer
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verfluchet aber diese Frucht? Alle die sein Wort / das Euangelion vnd den Glauben verfolgen vnd verfluchen / als jetzt thun die Jüden vnd die Papisten. Daraus denn folget / daß jtzt niemand diese Mutter vnnd jhre Frucht so fast verfluchet / als die mit vielen Rosenkrentzen sie segenen / vnnd das Aue Maria immer im Maul haben. Denn sie sinds am meisten / die Christus Wort vnd Glauben am höchsten verfluchen. Darumb schawe darauff / es wird diese Mutter vnd jhre Frucht zweyerley weise gesegenet / Leiblich vnnd Geistlich. Leiblich mit dem Munde vnd mit den Worten des Aue Maria / das sind jhre ergeste Lesterer vnd Verflucher. Geistlich / mit dem Hertzen / daß ich jhr Kind Christum in allen seinen Worten / Wercken vnd Leiden / lobe vnd segene. Daß thut niemand / denn der recht Christlich gleubet. Denn ohn solchen Glauben / ist kein Hertz gut / sondern es steckt natür
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lich vol fluchens vnd lesterens wider Gott vnnd alle seine Heiligen. Darumb / wer nicht gleubet / dem ist zu raten / er las das Aue Maria vnd alle Gebet anstehen / denn es ist von solchen geschrieben / Oratio eius fiat in peccatum. Sein Gebet werde zur Sünde. Psalm. 109.

Verteutschte Psalmen.
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Der 12. Psalm zu beten vmb erhebung des heiligen Euangelions.
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HIlff HErr / die Heiligen haben abgenommen / vnd der Gleubigen ist wenig worden vnter den Menschen Kindern. Einer redet mit dem andern vnnütze ding / vnd reden heucheley mit vneinigem Hertzen.
|| [ID00119]
Der HERR rotte aus alle heucheley / vnd die Zunge die da stoltz redet. Die da sagen / vnser Zunge sol vberhand haben / vns gebürt zu reden / wer ist vnser Herr? Weil denn die Elenden verstöret sind / vnd die Armen seufftze̅ / wil ich auff / spricht der HERR / Ich wil ein Heil auffrichten / das getrost darin handeln sol. Die Rede des HERRN sind lauter / wie durchleutert Silber in erdenem Tiegel / bewerth sieben mal. Du HERR woltest sie bewaren / vnnd vns behüten für diesem Geschlecht ewiglich. Es sind Gottlosen vmb vnnd vmb / wenn vnter den Menschen Kindern die losen erhöhet werden.

Der 67. Psalm zu beten vmb erhebung des Glaubens.
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GOtt sey vns gnedig vnnd segene vns / Er las vns sein Andlitz / leuchten. Sela.
|| [ID00120]
Daß wir auff Erden erkennen seinen Weg / vnter allen Heyden sein Heil. Es dancken dir Gott die Völcker / Es dancken dir alle Völcker. Die Völcker frewen sich vnd jauchtzen / daß du die Leute recht richtest / vnd führest die Leute auff Erden. Sela. Es dancken dir Gott die Völcker / Es dancken dir alle Völcker. Das Land gibt sein gewechs / Es segene vns Gott / vnser Gott. Es segene vns Gott / vnd aller Welt ende fürchte jhn.

Von der gantzen / das ist / von der Wesentlichen vnd Erbsünde sampt jhren Früchten.
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GOtt sey mir gnedig nach deiner Güte / vnd tilge meine Vbertretung nach deiner grossen Barmhertzigkeit. Wasche mich wol von meiner Missethat vnd reinige mich von meiner Sünde̅.
|| [ID00121]
Denn ich erkenne meine Vbertretung / vnd meine Sünde ist immer für mir. An dir alleine habe ich gesündiget / vnd vbel für dir gethan. Darumb wirstu recht bleiben in deinen Worten / vnd rein erfunden wenn du gerichtet wirst. Sihe / ich bin in vntugend gemacht / vnd meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. Sihe / du hast lust zur Warheit / Du lessest mich wissen die Weißheit heimlich verborgen. Entsündige mich mit Isopen daß ich rein werde / wasche mich daß ich Schneeweis werde. Las mich hören Freude vnd Wonne / daß die Gebeine frölich werden die du zuschlagen hast. Verbirge dein Andlitz von meinen Sünden / vnd tilge alle meine Missethat. Schaffe mir Gott ein rein Hertz / vnd ernewe in mir einen willigen Geist.
|| [ID00122]
Verwirff mich nicht von deinem Angesicht / vnnd nim deinen heiligen Geist nicht von mir. Las mir wider kommen den trost deines Heils / vnnd der freye Geist enthalte mich. Ich wil die Gottlosen deine Wege leren / Das sich die Sünder zu dir bekeren. Errette mich von den Blutschulden / Gott der du meines heils Gott bist / daß meine Zunge rhüme deine Gerechtigkeit. HERR thu meine Lippen auff / Daß mein Mund verkündige dein Rhum. Denn du hast nicht lust zum Opffer / ich gebe es sonst / vnd Brandopffer gefallen dir nicht. Die Opffer Gottes sind / ein zubrochen Geist / Ein zubrochen vnd zuschlagen Hertz wirstu Gott nicht verachten. Thu wol an Zion nach deinem guten willen / bawe die Mauren zu Jerusalem. So wirstu lust haben zu den Opffern der Gerechtigkeit / zu den Brandopffern
|| [ID00123]
vnd gantzen Opffern / So wird man Farren auff deinen Altar legen.

Der 103. Psalm Gott zu dancken / für allerley Wolthat.
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LObe den HERRN meine Seele / Vnd alle mein inwendiges seinen heiligen Namen. Lobe den HERRN meine Seele / Vnd vergis nicht / was er mir wider guts gethan hat. Der aller deiner Missethat gnedig ist / Vnd heilet alle deine Kranckheit / der dich krönet mit Güte vnd Barmhertzigkeit. Der deinen Mund settiget mit gutem / daß deine Jugent vernewet wird / wie ein Adeler. Der HERR schafft Gerechtigkeit vnd Gericht / allen die vnrecht leiden. Er hat seine wege Mose wissen lassen / den Kindern Israel sein thun. Barmhertzig vnd gnedig ist der HERR langmütig vnd von grosser güte.
|| [ID00124]
Er wird nicht immer haddern / noch ewiglich zorn halten. Er hat nicht mit vns gehandelt nach vnsern Sünden / vnd hat vns nicht vergolten nach vnser Missethat. Denn so hoch der Himmel vber der Erden ist / leßt er seine güte walten vber die so jhn fürchten. So ferne der Morgen ist vom Abend / leßt er vnser Vbertretunge vber vns seyn. Wie sich ein Vater vber Kinder erbarmet / so erbarmet sich der HERR vber die so jhn fürchten. Denn er kennet was für ein Gemecht wir sind / Er gedenckt dran daß wir Staub sind. Ein Mensch ist in seiner zeit wie Hew / Er blüet wie eine Blume auff dem Felde. Wenn der Wind darüber gehet / so ist sie nimmer da / Vnd jhre stette kennet sie nicht mehr. Die Güte aber des HERRN weret von Ewigkeit zu Ewigkeit / vber die so jhn
|| [ID00125]
fürchten / Vnd seine Gerechtigkeit auff Kinds kind. Bey denen die seinen Bund halten / Vnd gedencken an seine Gebot / daß sie darnach thun. Der HERR hat seinen Stul im Himmel bereit / vnd sein Reich wird vber alles herrschen. Lobet den HERRN jhr seine Engel / gewaltig von krefften / die jhr sein Wort außrichtet / daß man höre die Stimme seines Worts. Lobet den HERRN alle seine Heerscharen / seine Diener die jhr sein wolgefallen thut. Lobet den HERRN alle seine Werck / an allen orten seiner Herrschafft / Lobe den HERRN meine Seele.

Psalm 20. für gut Regiment vnd weltlich Oberkeit.
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DER HERR erhöre dich zur zeit der angst / Der Name des Gottes Jacob schütze dich.
|| [ID00126]
Er sende dir hülffe vom Heiligthumb / vnd stercke dich von Zion. Er gedencke alle deines Speißopffers / vnnd dein Brandopffer müsse fett seyn / Sela. Er gebe dir was du im Sinn hast / vnd erfülle deine anschlege. Wir wollen von deinem Heil rhümen / vnd im Namen vnsers Gottes panir auffwerffen / Der HERR erfülle alle deine Bitte. Nu mercke ich / daß der HERR seinem Gesalbeten hilfft / vnd erhöret jhn in seinem heiligen Himmel / Das Heil seiner Rechten ist mechtig. Jene verlassen sich auff Wagen vnd Rosse / wir aber wollen dencken an den Namen vnsers Gottes. Sie sind nider gestürtzt / wir aber stehen auffgericht. Hilff HERR / Der König erhöre vns zur zeit wenn wir ruffen.
|| [ID00127]

Wider der Christlichen gemeine vnd des Euangelions Feinde / Psalm 79.
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HERR es sind Heyden in dein Erbe gefallen / die haben deinen heiligen Tempel verunreiniget / vnnd aus Jerusalem Steinhauffen gemacht. Sie haben die Leichnam deiner Knechte den Vogeln vnter dem Himmel zu fressen geben / vnd das Fleisch deiner Heiligen den Thieren im Lande. Sie haben Blut vergossen vmb Jerusalem her wie Wasser / vnd war niemand der begrub. Wir sind vnsern Nachbarn ein schmach worden / Ein Spot vnd Hohn / denen die vmb vns sind / HERR wie lange wiltu so gar zürnen / vnnd deinen eyffer wie Fewr brennen lassen? Schüt deinen grim auff die Heyden / die dich nicht kennen / Vnd auff die Königreiche die deinen Namen nicht anruffen.
|| [ID00128]
Denn sie haben Jacob auff gefressen / vnd seine Heuser verwüstet. Gedencke nicht an vnser vorige Missethat / laß bald deine Barmhertzigkeit vber vns grösser seyn / denn wir sind fast dünne worden. Hilff vns Gott vnsers Heils / vmb deines Namens ehre willen / errette vns vnd vergib vns vnser Sünde vmb deines Namens willen. Warumb sollen die Heyden sagen / wo ist nu jhr Gott? Las vnter den Heyden für vnsern Augen kund werden die rache des Bluts deiner Knechte das vergossen ist. Las für dich kommen das seufftzen der Gefangenen / nach deinem grossen Arm behalt vbrig die Kinder des Todes. Vnnd vergilt vnsern Nachbarn siebenfeltig in jhrem Schos / jhr schmach damit sie dich HERR geschmeht haben. Wir aber dein Volck vnnd Schaf deiner Weyde dancken dir ewiglich / vnd verkündigen deinen Rhum für vnd für.
|| [ID00129]

Ein gemein Gebet sich Gott zu ergeben in allerley sachen / Psalm. 25.
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ZV dir HERR erhebe ich meine Seele. Mein GOtt ich hoffe auff dich / las mich nicht zu schanden werden / daß sich meine Feind nicht frewen vber mich. Denn keiner wird zu schanden der deiner erharret / Es müssen aber zu schanden werden die ohn vrsachen verschmehen. HERR zeige mir deine Wege / vnnd lere mich deine Steige. Leite mich in deiner warheit vnd lehre mich / denn du bist der Gott meines Heils / täglich harre ich dein. Gedencke HERR an deine Barmhertzigkeit vnd an deine Güte / die von der Welt her gewesen ist. Gedencke nicht der Sünde meiner jugent vnd meiner Vbertrettung / gedencke aber nach deiner Barmhertzigkeit vmb deiner güte willen.
|| [ID00130]
Der HERR ist gut vnd recht / darumb wird er die Sünder vnterweisen auff dem Wege. Er leitet die Elenden recht / vnd leret die Elenden seinen Weg. Alle Steige des HERRN sind güte / vnd trewe / denen die seinen Bund vnnd Zeugnis behüten. Vmb deines Namens willen HERR sey gnedig meiner Missethat / die da gros ist. Wer ist der / der den HERRN fürchtet? Er wird jhn vnterweisen den Weg den er erwelet. Seine Seele wird wonen im guten / vnd sein Same wird das Land besitzen. Das Geheimnis des HERRN ist vnter denen die jhn fürchten / vnnd seinen Bund wird er sie wissen lassen. Meine Augen sehen stets auff den HERRN / denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen. Wende dich zu mir vnd sey mir gne
|| [ID00131]
dig / Denn ich bin einsam vnd elend. Die angst meines Hertzen ist gros / füre mich aus meinen nöthen. Sihe an mein jammer vnnd elend / vnd nim weg alle meine Sünde. Sihe / daß meiner Feinde so viel ist / vnd mit freuelem Haß hassen sie mich. Beware meine Seele vnnd errette mich / las mich nicht zu schanden werden / denn ich trawe auff dich. Schlecht vnd recht behüte mich / denn ich harre dein. Gott erlöse Israel / aus alle seiner not.

Der 10. Psalm wider den Antichrist vnd sein Reich zu beten.
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HERR warumb trittestu so ferne? verbirgest dich zur zeit der not. Wenn der Gottlose vberhand kriegt / mus sich leiden der Arme / sie treiben jhren mutwillen / wie sie es fürnehmen. Denn der Gottlose rhümet sich wie
|| [ID00132]
es jhm gelüst / vnd der Geitzige segenet sich vnd lestert den HERRN. Der Gottlose / weil sein zorn fort gehet / fraget er nach niemand / alle seine anschlege sind ohn Gott. Er treibet sein thun immerdar. Dein Gerichte sind hoch von jhm / er handelt trotzig mit seinen Feinden. Er spricht in seinem Hertzen / ich werde nimmermehr vmbgestossen werden / es wird nicht noth haben. Sein Mund ist voll fluchens / lists vnd trugs / vnter seiner Zungen ist mühe vnd arbeit. Er sitzt auff der Laur in den Höffen / er erwürget die Vnschüldigen heimlich / Seine Augen haben acht auff den armen hauffen. Er lauret jm verborgen / wie ein Lew in der Hüle / Er lauret daß er den Elenden erhasche / vnd erhaschet jhn / wenn er jhn in sein Netze zeucht. Er zuschlegt vnd krümpt vnnd fellet
|| [ID00133]
den armen hauffen mit seiner gewalt. Er spricht in seinem Hertzen / Gott hats vergessen / er hat sein Antlitz verborgen / er sihets nicht mehr. Stehe auff HERR Gott / erhebe deine Hand / vergis der Elenden nicht. Warumb sol der Gottlose Gott lestern / vnd sprechen in seinem Hertzen / du fragest nicht darnach? Du sihest ja / denn du schawest das Elend vnd Jammer / daß dirs in die Hend geben werde / der arme hauffe wirds dir heimstellen. Du bist der Waisen helffer. Zubrich den Arm des Gottlosen / vnd suche den bösen / so wird man sein Gottlos wesen nimmer finden. Der HERR ist König immer vnnd ewiglich / jhr Heyden werdet aus seinem Lande vmbkommen. Das verlangen der Elenden hörestu HERR / jhr Hertz wird sich richten / daß dein Ohre drauff mercke.
|| [ID00134]
Daß du recht schaffest dem Waisen vnd Armen / daß der Mensch nicht mehr freuel sey auff Erden.

Sermon von der Betrachtung des heiligen Leydens Christi.
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ZVm Ersten / bedencken etlich das Leyden Christi also / daß sie vber die Jüden zornig werden / singen vnnd schelten vber den armen Judas / vnd lassens also gnug seyn / gleich wie sie gewonet andere Leute zu klagen vnd jhre Widersacher verdammen vnd versprechen. Das möcht wol nicht Christus Leyden / sondern Judas vnd der Jüden bößheit bedacht heissen. Zum Andern / haben etlich angezeigt mancherley Nutz vnd Frucht / so aus Christus Leyden betrachtung kommen / Dazu
|| [ID00135]
gehet jrre ein Spruch Alberto zugeschriebe̅ / daß es besser sey Christus Leyden ein mal oben hin vberdacht / denn ob man ein gantz Jar fastet / alle tag einen Psalter betet etc. Dem folgen sie blind dahin / vnd geraten eben wider die rechte Frucht des Leydens Christi / denn sie das jhre darinnen suchen / Darumb tragen sie sich mit Bildelein vnd Büchelein / Brieffen vnd Creutzen / auch etliche so ferne faren / daß sie sich für Wasser / Eysen / Fewr / vnd allerley ferligkeit zu sichern vermeynen / vnd also Christus Leyden ein vnleyden in jhn wircken sol / wider seine Art vnd Natur. Zum Dritten / haben sie ein mitleiden mit Christo jhn zu klagen vnd zu beweinen / als einen vnschüldigen Menschen / gleich wie die Weiber / die Christo von Jerusalem nachfolgeten / vnnd von jhm gestrafft wurden / sie solten sich selbst beweinen vnd jhre Kinder / der art sind / die mitten in der Passion weit ausreissen / vnd von dem Abscheid Christi zu Bethanien / vnnd
|| [ID00136]
von der Jungfrawen Marien schmertzen / viel eintragen / vnnd kommen auch nicht weiter. Da kömpt es / daß man die Passion so viel Stunde verzeucht / weis Gott / ob es mehr zum schlaffen oder zum wachen erdacht ist. In diese Rotte gehören auch die / die gelernet haben / wie grosse Frucht die heilige Messe habe / vnd jhrer einfeltigkeit nach / achten sie es gnug / wie sie die Messe hören / dahin man vns führet / durch etliche Lehrer Sprüche / daß die Messe / opere operati, non opere operantis, von jhr selber / auch ohn vnser verdienst vnd wirde / angenehme sey / gerade / als were das gnug / So doch die Messe nicht vmb jhr selbst wirdigkeit / sondern vns zu wirdigen / ist eingesetzt / Sonderlich vmb des Leydens Christi willen zu bedencken / denn wo das nicht geschicht / so macht man aus der Messe ein leiblich vnfruchtbar Werck / es sey an jm selbst wie gut es mag / Denn was hilfft dichs / daß Gott Gott ist? Was ists nütze / daß essen vnd trincken
|| [ID00137]
an jhm selbst gesund vnnd gut ist / wenn es dir nicht gesund ist? Vnd zubesorgen ist / daß man es mit vielen Messen nicht besser macht / wenn man nicht die rechte Frucht darinnen suchet. Zum Vierden / die bedencken das Leyden Christi recht / die jhn also ansehen / daß sie hertzlich dafür erschrecken / vnd jhr Gewissen gleich sincket in ein verzagen. Das erschrecken sol daher kommen / daß du sihest den gestrengen zorn vnnd vnwanckelbarn ernst Gottes / vber die Sünde vnnd Sündere / daß er auch seinem eigen allerliebsten Sohn hat nicht wollen die Sünde los geben / er thete denn für sie eine solche schwere Busse / als er spricht durch Isaiam 53. Cap. Vmb der Sünde willen meines Volcks / habe ich jhn geschlagen. Was wil dem Sünder begegen / wenn das liebste Kind also geschlagen wird? Es muß ein vnaußsprechlicher vntreglicher ernst da seyn / dem so ein grosse vnmeßliche Person entgegen gehet / vnd dafür ley
|| [ID00138]
det vnd stirbt / Vnd wenn du recht tieff bedenckest / daß Gottes Sohn / die ewige Weißheit des Vaters / selbst leydet / so wirstu wol erschrecken / vnd je mehr je tieffer. Zum Fünfften / daß du dir tieff einbildest / vnd gar nicht zweiffelst du seyest der Christum also martert / denn deine Sünde habens gewißlich gethan / Also schlug vnd erschreckt S. Peter Actor. 2. die Jüden / gleich wie ein Donnerschlag / da er zu jhn allen in gemein sprach / Ir habt jhn gecreutziget / daß drey tausent denselbigen tag erschreckt vnnd zappelnd / zu den Aposteln sprachen / O lieben Brüder / was sollen wir nu thun? Darumb wenn du die Negel Christi sihest durch seine Hende dringen / gleube sicher / daß deine Werck sind / sihestu seine dorne Kron / gleube / es sind deine böse gedancken / etc. Zum Sechsten / nu sihe / wo Christus eine Dorne sticht / da solten dich billich mehr denn hundert tausent Dörne stechen / ja ewiglich solten dich also vnd viel erger
|| [ID00139]
stechen. Wo Christo ein Nagel seine Hende oder Füsse durch martert / soltestu ewig solche vnd noch erger Negel erleyden / also denn auch geschehen wird / denen / die Christus Leyden an jhn lassen verloren werden. Denn dieser ernste Spiegel Christus wird nicht liegen noch schimpffen / was er anzeigt / muß also sein vberschwencklich. Zum Siebenden / ein solch erschrecken nam S. Bernhardus daraus / daß er sprach / Ich meynet / ich were sicher / wuste nichts von dem ewigen Vrteil / das im Himmel vber mich gangen war / bis daß ich sahe / daß der einige Gottes Sohn / sich mein erbarmet / erfür trit / vnd in dasselb Vrtheil sich für mich ergibt / Awe / es ist mir nicht mehr zu spielen vnnd sicher zu seyn / wenn ein solcher ernst da hinden ist. Also gebot er den Weibern / Weinet nicht vber mich / sondern vber euch selbst vnnd vber ewre Kinder / vnd sagt vrsach / denn thut man also dem grünen Holtz / was wil mit dem dürren geschehen? Als solt er sa
|| [ID00140]
gen / aus meiner Marter lernet / was jhr verdienet / vnd wie es euch gehen sol. Denn hie ist es war / daß ein klein Brecklein geschlagen wird / dem grossen Hund zum schrecken. Also hat der Prophet auch gesagt / es sollen sich selb vber jhn klagen alle geschlecht auff Erden / spricht nicht / sie sollen jhn klagen / sondern sich selb vber jhn klagen. Also erschracken auch die Actor. 2. wie oben gesagt / daß sie zu den Aposteln sagten / O Brüder / was sollen wir thun? Item / also singet die Kirche / ich wil fleissig daran gedencken / vnd so wird in mir verschmachten meine Seele. Zum Achten / in diesem Punct muß man sich gar wol vben / denn fast der gantze nutz des Leydens Christi gar daran gelegen ist / daß der Mensch zu seins selbst erkentnis komme / vnd für jhm selbst erschrecke vnd zu schlagen werde. Vnd wo der Mensch nicht dahin kömmet / ist jhm das Leyden Christi noch nicht recht nütz worden / denn das eigene natürlich Werck des
|| [ID00141]
Leydens Christi ist / daß es jhm den Menschen gleichförmig mache / daß / wie Christus an Leib vnd Seele jemmerlich in vnsern Sünden gemartert wird / müssen wir auch jhm nach also gemartert werden im Gewissen von vnsern Sünden. Es gehet auch hie nicht zu mit vielen Worten / sondern mit tieffen gedancken / vnd gros achtung der Sünden. Nim ein Gleichnis / Wenn ein Vbeltheter würde gerichtet / darumb / daß er eines Fürsten oder Königes Kind erwürget hette / vnd du sicher werest vnnd singest vnd spiltest / als werestu gantz vnschuldig / bis daß man dich schrecklich angriffe / vnd dich vberwünde / du hettest den Vbeltheter dazu vermöcht. Sihe / hie würde dir die Welt zu enge werden / sonderlich / wenn das Gewissen dir auch abfiele / also viel engster sol dir werden / wenn du Christus Leyden bedenckest / denn die Vbeltheter die Jüden / wie wol sie nu Gott gerichtet vnd vertrieben hat / sind sie doch deiner Sünde Diener gewest /
|| [ID00142]
vnd du bist warhafftig der durch sein Sünde Gott seinen Sohn erwürget vnnd gecreutziget hat / wie gesagt ist. Zum Neunden / wer sich so hart vnnd dürre empfindet / daß jhn Christus Leyden nicht also erschreckt vnd in sein Erkentnis führet / der sol sich fürchten / denn da wird nicht anders aus / dem Bilde vnd Leyden Christi mustu gleichförmig werden / es geschehe in dem Leben oder in der Hellen / zum wenigsten mustu am sterben in das erschrecken fallen / vnnd zittern / beben vnd alles fühlen / was Christus am Creutz leydet. Nu ist es grawsam am Todbet des zu warten / darumb soltu Gott bitten / daß er dein Hertze erweiche / vnd lasse dich Fruchtbarlich Christus Leyden bedencken / denn es auch nicht müglich ist / daß Christus Leyden von vns selber müge bedacht werden gründlich / Gott sencke es denn in vnser Hertz / auch noch diese Betrachtung noch keine andere Lehre dir darumb geben wird / daß du solt frisch von dir selbst darauff fal
|| [ID00143]
len / dasselbe zu volbringen / sondern zuuor Gottes Gnaden suchen vnd begeren / daß du es durch seine Gnade vnd nicht durch dich selbst volnbrengest / Denn daher ist kommen / daß die oben angezeigt sind / Christus Leyden nicht recht handeln / denn sie Gott nicht darumb anruffen / sondern aus jhrem eigen vermügen / eigene weise dazu erfinden / gantz Menschlich vnd vnfruchtbarlich damit vmbgehen. Zum Zehenden / wer also Gottes Leyden / einen Tag / eine Stunde / ja ein Viertel stund bedenckt / von demselben wollen wir frey sagen / daß es besser sey / denn ob er ein gantz Jahr fastet / alle Tag einen Psalter betet / ja daß er hundert Messen höret / denn dieses bedencken wandelt den Menschen wesentlich / vnnd gar nahe wie die Tauffe widerumb newe gebiert. Hie wircket das Leyden Christi sein rechtes natürlich edles Werck / erwürget den alten Adam / vertreibet allen Lust / Freude vnnd Zuuersicht / die man haben mag von Crea
|| [ID00144]
turen / gleich wie Christus von allen / auch von Gott verlassen war. Zum Eylfften / dieweil denn solch Werck / nicht in vnser Hand ist / so geschicht es / daß wir es zu weilen bitten / vnd erlangen es doch nicht zu der Stunde / dennoch sol man nicht verzagen oder ablassen. Zu weilen kömpt es / daß wir nicht darumb bitten / wie Gott denn weis vnd wil / denn es wil frey seyn vnnd vngefangen / da wird denn der Mensch betrübt in seinem Gewissen / vnnd mißfelt jhm selbst vbel in seinem Leben. Vnd mag wol seyn / daß er nicht weis / daß Christus Leyden in jhm solchs wircket / daran er villeicht nicht gedenckt. Gleich wie die andern fast an Christus Leyden gedencken / vnnd doch nicht in jhr selbst Erkentnis draus kommen. Bey jenen ist das Leyden Christi heimlich vnnd warhafftig / Bey diesen scheinbarlich vnnd betrieglich. Vnnd der weise nach / GOtt offt das Blat vmbwendet / daß die nicht das Ley
|| [ID00145]
den Christi bedencken / die es bedencken / vnnd die Messe hören / die sie nicht hören / vnd die nicht hören / die sie hören. Zum Zwölfften / bißher sind wir in der Marterwochen gewesen / vnnd haben den Karfreytag recht begangen / Nu kommen wir zu dem Ostertag vnnd Aufferstehung Christi. Wenn der Mensch also seiner gewar worden / vnd gantz erschreckt in jhm selber ist / muß man acht haben / daß die Sünde nicht also im Gewissen bleiben / es würde gewis ein lauter verzweyffeln daraus. Sondern gleich wie sie aus Christo geflossen vnd erkand worden sind / so muß man sie wider auff jhn schütten / vnd das Gewissen ledig machen. Drumb sihe ja zu / daß du nicht thust / wie die verkerten Menschen / die sich mit jhren Sünden im Hertzen beissen vnnd fressen / vnd streben darnach / daß sie durch gute Werck / oder gnugthuung / hin vnd her lauffen / oder auch mit Ablas sich heraus arbeiten / vnnd der Sünden los werden
|| [ID00146]
mügen / das vnmüglich ist / vnd leider eingerissen ist solche falsche zuuersicht der gnugthuung vnd Walfarten. Zum Dreyzehenden / denn wirffestu aber von dir deine Sünde auff Christum / wenn du festiglich gleubest / daß seine Wunden vnd Leyden / sind deine Sünde / daß er sie trage vnd bezale. Wie Esaias 53. sagt: Gott hat vnser aller Sünde auff jhn gelegt. Vnd S. Petrus / Er hat vnser Sünde an seinem Leibe getragen / auff dem Holtze des Creutzes. Sanct Paulus / Gott hat jhn gemacht zu einem Sünder / für vns / auff daß wir durch jhn rechtfertig würden. Auff diese vnd der gleichen Sprüchen mustu mit gantzem wag / dich verlassen / so viel mehr / so herter dich dein Gewissen martert. Denn wo du das nicht thust / sondern durch deine rewe vnd gnugthuung / dich vermissest zu stillen / so wirstu nimmer mehr zu ruge kommen / vnd must zu letzt doch verzweyffeln.
|| [ID00147]
Denn vnser Sünde wenn wir sie in vnserm Gewissen handeln / vnnd bey vns lassen bleiben / in vnserm Hertzen ansehen / so sind sie vns viel zustarck / vnd leben ewiglich. Aber wenn wir sehen / daß sie auff Christo ligen / vnd er sie vberwindet durch seine Aufferstehung / vnd wir das kecklich gleuben / so sind sie tod vnd zu nichte worden. Denn auff Christo mochten sie nicht bleiben / sie sind durch sein Aufferstehen / verschlungen / vnd sihest jtzt keine Wunden / keine Schmertzen an jhm / das ist / keiner Sünden anzeigung. Also spricht S. Paulus / daß Christus gestorben ist vmb vnser Sünden / aufferstanden vmb vnser Gerechtigkeit / das ist / in seinem Leyden macht er vnser Sünde bekand / vnd erwürget sie also / aber durch sein Aufferstehen macht er vns gerecht / vnd los von allen Sünden / so wir anders dasselb gleuben. Zum Vierzehenden / wenn du nu nicht magst gleuben / so soltu wie vorhin gesagt /
|| [ID00148]
Gott darumb bitten / denn dieser Punct ist auch allein in Gottes Hand frey / vnd wird auch gleich geben / zu weilen öffentlich / zu weilen heimlich / wie von dem Punct des Leydens gesagt ist. Magst dich aber dazu reitzen. Zum Ersten nicht das Leyden Christi mehr an zusehen (denn das hat nu sein Werck gethan vnnd dich erschreckt) sondern durch hindringen / vnd ansehen sein freundlich Hertz / wie voller Lieb das gegen dir ist / die jhn dazu zwingt / daß er dein Gewissen vnd deine Sünde so schwerlich tregt. Also wird dir das Hertz gegen jhm süsse / vnnd die Zuuersicht des Glaubens gestercket. Darnach weiter / steig durch Christus Hertz zu Gottes Hertz / vnd sihe / daß Christus die Liebe dir nicht hette mocht erzeigen / wenn es Gott nicht hette gewolt in ewiger liebe haben / dem Christus mit seiner Liebe gegen dir / gehorsam ist. Da wirstu finden das Göttlich gut Vater Hertz / vnd
|| [ID00149]
wie Christus sagt / also durch Christum zum Vater gezogen. Da wirstu denn verstehen den Spruch Christi / Also hatt Gott die Welt geliebt / daß er seinen einigen Sohn vbergeben hat etc. Das heist denn Gott recht erkennet / wenn man jhn nicht bey der Gewalt oder Weißheit (die erschrecklich sind) sondern bey der Güte vnd Liebe ergreifft. Da kan der Glaube vnnd Zuuersicht denn bestehen / vnnd ist der Mensch also warhafftig new in Gott geborn. Zum Funffzehenden / wenn also dein Hertz in Christo bestetiget ist / vnnd nu den Sünden feind worden bist / aus Liebe / nicht aus Furcht der Pein. So sol hinfürter das Leyden Christi auch ein Exempel seyn deines gantzen Lebens / vnd nu auff eine andere weise dasselb bedencken. Denn bißher haben wir es bedacht / als ein Sacrament / das in vns wirckt / vnd wir leyden / Nu bedencken wir es / daß wir auch wircken / nemlich also.
|| [ID00150]
So dich ein Weetag oder Kranckheit beschweret / dencke / wie geringe das sey gegen der Dornen Kronen vnnd Negeln Christi. So du must thun oder lassen was dir wider ist / dencke / wie Christus gebunden vnd gefangen / hin vnd her gefürt wird. Ficht dich die Hoffart an / sihe wie dein HERR verspottet vnd mit den Schechern verachtet wird. Stöst dich Vnkeuscheit vnd Lust an / gedencke / wie bitterlich Christus sein zartes Fleisch zugeisselt / durchstochen vnd durch schlagen wird. Ficht dich Haß vnd Neid an / oder rache suchst / gedencke / wie Christus mit vielen Threnen vnd ruffen / für dich vnnd alle seine Feinde gebeten hat / der sich wol billicher gerochen hette. So dich Trübsal oder waserley Widerwertigkeit / Leiblich oder Geistlich bekümmert / sterck dein Hertz vnd sprich: Ey warumb solt ich denn nicht auch ein klein
|| [ID00151]
Betrübnis leyden / so mein HERR im Garten Blut für Angst vnnd Betrübnis schwitzt? Ein fauler vnnd schendlicher Knecht were das / der auff dem Bette ligen wolt / wenn sein Herr in todes Nöten streiten muß. Sihe / also wider alle Laster vnd Vntugend / kan man in Christo Stercke vnd Labsal finden. Vnd das ist recht Christus Leyden bedacht / das sind die Früchte seines Leydens / vnd wer also sich drinnen vbet / der thut besser / denn daß er alle Passion hörete / oder alle Messe lesen. Daß heissen auch rechte Christen / die Christus Leyden vnd Namen also in jhr Leben ziehen / wie S. Paulus sagt / Die da Christo zugehören / die haben jhr Fleisch mit allen seinen Begierden gecreutziget mit Christo. Denn Christus Leyden muß nicht mit Worten vnd Schein / sondern mit dem Leben vnd warhafftig gehandelt werden. So vermanet vns S. Paulus / Gedenckt an den / der einen solchen Wider
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streit von den bösen Menschen erlitten hat / auff daß jhr gestercket vnd nicht Mat werdet in ewrem Gemüte. Vnd S. Petrus / Wie Christus in seinem Cörper gelitten hat / so solt jhr euch mit solchen Gedancken rüsten vnd stercken. Aber diese Betrachtung ist aus der weise kommen vnd seltzam worden / der doch die Episteln S. Paulus vnd Petrus vol sind. Wir haben das wesen in einen schein verwandelt / vnnd das Leyden Christi bedencken / allein auff die Brieffe vnd an die Wende gemalet.
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Sermon von dem Sacramente der Tauffe.
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ZVm Ersten / die Tauffe heisset auff Griechisch Baptismus, zu Latein Mersio, das ist / wenn man etwas gantz ins Wasser tauchet / daß vber jhm zusammen gehet. Vnnd wie wol an vielen Orten der brauch nimmer ist / die Kinder in die Tauffe gar zu stossen vnd tauchen / sondern sie allein mit der Hand aus der Tauffe begeust / so solt es doch so seyn / vnnd were recht / daß nach laut des Wörtlin Tauffe / man das Kind oder jglichen der getaufft wird / gantz hinein ins Wasser sencket oder teuffet / vnnd wider heraus zöge / Denn auch ohn zweyffel / in Teutscher Zungen /
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das Wörtlin Tauffe / her kömpt / von dem Wort Tieffe / daß man tieff ins Wasser sencket / was man teuffet. Das foddert auch die Bedeutung der Tauffe / Denn sie bedeutet / daß der alte Mensch / vnd sündliche Geburt von Fleisch vnd Blut / sol gantz erseufft werden / durch die Gnade Gottes / wie wir hören werden. Darumb solt man der Bedeutung gnug thun / vnd ein rechts volkommens Zeichen geben. Zum Andern / die Tauffe ist ein eusserlich Zeichen oder Lösung / die vns absondert von allen vngetaufften Menschen / daß wir dabey erkennet werden / ein Volck Christi vnsers Hertzogen / vnter welches Panir (das ist / das heilig Creutz) wir stetiglich streiten wider die Sünde. Darumb müssen wir drey ding in dem heiligen Sacrament ansehen / das Zeichen / die Bedeutung / vnnd den Glauben. Das Zeichen stehet darinnen / daß man den Menschen in dem Namen des
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Vaters / vnd des Sohns / vnd des heiligen Geistes / stöst ins Wasser / aber man lest jhn nicht darinnen / sondern hebt jhn wider heraus. Darumb heist man es / aus der Tauffe gehaben. Also müssen alle beide Stück in dem seyn Zeichen / das teuffen vnd heraus heben. Zum Dritten / die Bedeutung ist ein seliglich Sterben der Sünde / vnd Aufferstehung in Gnaden Gottes. Daß der Alte Mensch / der in Sünden empfangen wird vnd geboren / da erseufft wird / vnnd ein newer Mensch heraus gehet vnd auff stehet / in gnaden geboren. Also nennet S. Paulus / an Tit. 3. die Tauffe / ein Bad der newen Geburt / daß man in demselben Bad new geboren vnd vernewert wird. Als auch Christus Johan. 3. saget / Es sey denn / daß jhr anderweit geboren werdet / aus dem Wasser vnd dem Geist (der Gnaden) so müget jhr nicht eingehen in das Himmelreich.
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Denn gleich wie ein Kind aus Mutter Leibe gehaben vnd geboren wird / daß durch solch Fleischlich geburt / ein sündigs Mensch ist vnd ein Kind des Zorns / Also wird aus der Tauffe gehaben vnd geboren der Mensch geistlich / vnd durch solch geburt ein Kind der Gnaden vnnd rechtfertiger Mensch. Also ersauffen die Sünde in der Tauffe / vnd gehet auff die Gerechtigkeit für die Sünde. Zum Vierden / die Bedeutung vnnd sterben oder ersauffen der Sünde / geschicht nicht volkommen in diesem Leben / biß der Mensch auch Leiblich sterbe vnd gantz verwese zu Puluer. Das Sacrament oder Zeichen der Tauffe ist bald geschehen / wie wir für Augen sehen. Aber die Bedeutung die Geistliche Tauffe / die erseuffung der Sünde weret dieweil wir leben / vnnd wird allererst im Tode volnbracht / da wird der Mensch recht in die Tauffe gesenckt / vnd geschicht wie die Tauffe bedeut. Darumb ist diß gantz Leben nicht an
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ders / denn ein geistlich teuffen ohn vnterlas / bis in den Todt. Vnnd wer getaufft wird / der wird zum Tode verurtheilet / Als spreche der Priester wenn er teuffet / Sihe / du bist ein sündiges Fleisch / darumb erseuffe ich dich in Gottes Namen / vnd Vrteil dich zum Tode in dem selben Namen / daß mit dir alle deine Sünde sterben vnnd vnter gehen. Also sagt S. Paulus Rom. 6. Wir sind mit Christo begraben / durch die Tauffe zum Tode. Vnnd je ehr der Mensch stirbt nach der Tauffe / je ehr seine Tauffe volbracht wird / Denn die Sünde höret nicht gantz auff / dieweil dieser Leib lebet / der so gantz in Sünden empfangen ist / daß Sünde sein Natur ist / als der Prophet sagt. Sihe in Sünden bin ich empfangen / vnd in Vntugenden hat mich meine Mutter getragen. Welcher in keiner weise zu raten ist / sie sterbe denn vnd werde zu nichte / mit jhrer Sünde. Also ist eines Christen Menschen Le
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ben nicht anders / denn ein anheben seliglich zu sterben / von der Tauffe an bis ins Grab / Denn Gott wil jhn anders machen von new auff / am Jüngsten Tage. Zum Fünfften / desselbigen gleichen / aus der Tauffe heben geschicht auch behende. Aber die Bedeutung / die Geistlich geburt / die mehrung der Gnaden vnd Gerechtigkeit / hebt wol an in der Tauffe / weret aber auch biß in den Todt / ja biß an Jüngsten Tage / da wird aller erst vollnbracht / das die Tauffe hebung bedeut / da werden wir vom Tode / von Sünden / von allem Vbel / auff stehen / rein an Leib vnd Seele / vnd denn ewiglich leben. Da werden wir recht aus der Tauffe gehaben / volkömlich geborn / anzihen das rechte Wester Hembd / des vnsterblichen Lebens / im Himmel. Als sprechen die Gefattern / wenn sie das Kind aus der Tauffe heben / Sihe / deine Sünde sind nu erseufft / wir empfangen dich in Gottes Namen / in das Ewig /
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vnschüldig Leben. Denn also werden die Engel am Jüngsten Tage heraus heben / alle Christen getauffte fromme Menschen / vnnd werden da erfüllen / das die Tauffe vnd die Gefattern bedeuten / als Christus sagt Matth. 24. Er wird außsenden seine Engel / vnd sie werden jhm versamlen seine Außerweleten / von den vier orten der Wind / vom Auffgang biß zum Nidergang. Zum Sechsten / diese Tauffe ist vor zeiten angezeigt in der Sündflut Noe / da die gantze Welt erseufft ward / außgenommen Noe / mit dreyen Söhnen vnd jhren Weibern / acht Menschen / die in der Archen behalten worden. Daß die Menschen der Welt erseufft worden / bedeut / daß in der Tauffe die Sünde erseufft werden. Daß aber die Achte in der Archen mit allerley Thieren behalten worden / bedeut / daß durch die Tauffe der Mensch selig wird. Als das S. Peter außlegt in seiner andern Epistel. Nu ist die Tauffe
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weit ein andere Sündflut / denn jene gewesen ist / Denn jhene hat nicht mehr denn eines Jars Menschen erseufft / aber diese Tauffe erseufft noch durch die gantze welt / von Christus Geburt an bis an Jüngsten Tag / allerley Menschen / vnnd ist eine Sündflut der Gnaden / wie jene eine Sündflut des Zorns war / wie im 28. Psalm verkündiget ist / Gott wird machen eine bestendige newe Sündflut / Denn ohn zweyffel viel mehr Menschen getaufft werden / denn in der Sündflut ersoffen sind. Zum siebenden / daraus folget / daß wol war ist / Ein Mensch / so er aus der Tauffe kömpt / sey rein vnd ohn Sünde gantz vnschüldig / aber es wird von vielen nicht recht verstanden / die meynen / es sey gar keine Sünde mehr da / vnnd werden faul vnd hinlessig / die sündliche Natur zu tödten. Gleich wie auch etliche thun / wenn sie gebeicht haben. Darumb / wie oben gesagt ist / sol man es recht verstehen / vnnd wissen / daß vnser Fleisch / weil es hie
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lebet / Natürlich böse vnnd sündhafftig ist. Dem zu helffen / hat jhm Gott einen solchen Rath erdacht / daß er es gantz new anders schaffen wil. Gleich wie Hiere. 17. anzeiget / Der Töpffer / da jhm der Topff nicht wol gerieth / denselben wider in den Thon zu hauffe sties vnd knettet / vnd machet darnach einen andern Topff / wie es jhm gefiel: Also (spricht Gott) seyd jhr in meinen Henden. Vnd in der ersten Geburt / sind wir nicht wol geraten / Darumb so stösset er vns wider in die Erden / durch den Todt / vnd machet vns widerumb am Jüngsten Tage / daß wir denn wol geraten vnd ohn Sünde sind. Diesen Rath hebt er an in der Tauffe / die den Todt vnd Aufferstehung am Jüngsten Tage bedeut / wie gesagt ist. Vnd darumb als viel die Bedeutung oder das Zeichen des Sacraments ist / so sind die Sünde mit dem Menschen schon todt / vnnd er ist Aufferstanden / vnd ist also das Sacrament geschehen. Aber das Werck des Sa
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craments ist noch nicht gar geschehen / das ist / der Todt vnd Aufferstehung am Jüngsten Tage / ist noch fürhanden. Zum Achten / also ist der Mensch gantz rein vnnd vnschüldig Sacramentlich / das ist nicht anders gesagt / denn er hat das Zeichen Gottes / die Tauffe / damit angezeigt wird / seine Sünde sollen alle Todt seyn / vnnd er in Gnaden auch sterben / vnd am Jüngsten Tage Aufferstehen / reine ohn Sünde vnschüldig / ewiglich zu leben. Also ists des Sacrament halben war / daß er ohn Sünde vnschüldig sey. Aber dieweil nu das noch nicht volbracht ist / vnd er noch lebt im sündlichen Fleisch / so ist er nicht ohn Sünde / noch rein aller dinge / sondern angefangen rein vnnd vnschüldig zu werden. Darumb wenn der Mensch zu seinen Jahren kömpt / so regen sich die natürlichen sündlichen Begirden / Zorns / Vnkeuscheit / Liebe / Geitz / Hoffart vnd der gleichen / der keines nicht were / so die Sünde im Sacrament alle erseufft vnd Todt
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weren. Nu sind sie nur bedeutet zu erseuffen / durch den Todt vnd Aufferstehung am Jüngsten Tage. Also klagt S. Paul Roma. 7. vnd alle Heiligen mit jhm / daß sie Sünder sind / vnd Sünde in jhrer Natur haben / ob sie wol getaufft / vnnd heilig waren / darumb / daß sich die natürlichen sündlichen Begierden immer regen / dieweil wir leben. Zum Neunden / So sprichstu / was hilfft mich denn die Tauffe / wenn sie nicht tilget / vnd ableget die Sünde gantz vnnd gar? Hie kömpt nu der rechte Verstand vnnd Erkentnis des Sacraments der Tauffe. Das hilfft dir das Hochwirdige Sacrament der Tauffe / daß sich Gott daselbst mit dir verbindet / vnd mit dir eins wird / eines gnedigen vnnd tröstlichen Bunds. Zum Ersten / Daß du dich ergibst in das Sacrament der Tauffe / vnnd seiner Bedeutung / das ist / daß du begerest mit den Sünden zu sterben / vnd am Jüngsten
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Tage new gemacht werden / nach anzeigung des Sacraments / wie gesagt ist. Das nimpt Gott auff von dir / vnnd lest dich teuffen / vnnd hebt von Stund an dich new zu machen / geust dir ein seine Gnade vnd heiligen Geist / der anfehet die Natur vnd Sünde zu tödten / vnd zu bereiten zum sterben / vnd zum Aufferstehen am Jüngsten Tage. Zum Andern / Verbindestu dich also zu bleiben / vnd immer mehr vnd mehr zu tödten deine Sünde / dieweil du lebest / biß in den Todt. So nimpt dasselbe Gott auch auff / vnnd vbet dich dein lebenlang / mit vielen guten Wercken vnd mancherley Leyden / damit er thut / das du begeret hast in der Tauffe / das ist / daß du wilt der Sünde los werden / sterben vnnd new Aufferstehen am Jüngsten Tage / vnd also die Tauffe vollbringen. Darumb lesen wir vnd sehen / wie er seine lieben Heiligen so hat lassen martern vnd viel leiden / daß sie nur bald getödtet /
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dem Sacrament der Tauffe gnug theten / stürben vnd new würden. Denn wo das nicht geschicht / vnnd wir nicht leyden noch vbung haben / so vberwindet die böse Natur den Menschen / daß er jhm die Tauffe vnnütz machet / vnd fellet in Sünde / bleibt ein alter Mensch / wie vorhin. Zum Zehenden / Dieweil nu solches dein verbinden mit Gott stehet / thut dir Gott wieder die Gnade / vnnd verbindet sich mit dir / er wolle dir die Sünde nicht zurechnen / die nach der Tauffe in deiner Natur sind / wil sie nicht ansehen noch dich darumb verdammen. Lest jhm dran genügen / vnnd hat ein wolgefallen / daß du in steter Vbung vnnd Begirden seyest / die selben zu tödten / vnnd mit deinem sterben jhr los zu werden. Derhalben / ob sich wol böse Gedancken oder Begirden regen / Ja ob du auch zu weilen sündigest vnnd fellest / so du doch wieder auffstehest vnd wieder in den Bund trittest / so sind sie in Krafft des Sacra
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ments vnd Verbündnis schon dahin / als S. Paulus Roma. 8. saget / Es verdampt die natürliche sündliche böse Neigung keinen / der in Christum gleubet / so sie nicht folgen vnnd verwilligen denselbigen. Vnd S. Johannes der Euangelist in seiner Epistel spricht: Vnd ob jemand fiele in Sünde / so haben wir einen Fürsprecher für Gott / Jesum Christum / der eine Vergebung worden ist vnser Sünde. Dasselbe geschicht alles in der Tauffe / da wird vns Christus gegeben / wie wir hören werden im folgenden Sermon. Zum Eylfften / wenn nu dieser Bund nicht were / vnd Gott nicht Barmhertziglich durch die Finger sehe / so were keine Sünde so klein / sie verdammet vns / denn Gottes Gerichte mag keine Sünde leiden. Darumb ist kein grösser Trost auff Erden denn die Tauffe / durch welche wir in der Gnaden vnnd Barmhertzigkeit Vrtheil treten / welche die Sünde nicht richtet / sondern mit vielen vbungen außtreibt.
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Also spricht S. Augustinus einen feinen Spruch / Die Sünde wird in der Tauffe gantz vergeben / nicht also / daß sie nicht mehr da sey / sondern daß sie nicht zugerechnet wird. Als spreche er / die Sünde bleibt wol biß in den Todt / in vnserm Fleische / reget sich auch ohn vnterlas / aber dieweil wir nicht drein willigen / oder bleiben / so ists durch die Tauffe also geordent / daß sie nicht verdammet / noch schedlich ist / sondern außgetilget wird teglich mehr vnd mehr / biß in den Todt. Derhalben sol niemand erschrecken / ob er fühlet böse Lust vnd Liebe / auch nicht verzagen ob er schon fellet / sondern an seine Tauffe gedencken / vnnd sich derselben frölich trösten / daß Gott sich da verbunden hat / jhm seine Sünden zu tödten / vnd nicht zur Verdamnis rechnen / so er nicht drein williget / oder nicht drinnen bleibt. Auch sol man dieselben wütende Gedancken oder Begierden / ja auch das fallen / nicht annehmen zum verzagen / son
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dern als eine Vermanung von Gott / daß der Mensche an seine Tauffe gedencke / was er da gered hat / daß er anruffe Gottes Gnaden / vnd sich vbe zu streiten wider die Sünde / ja auch zu sterben begere / daß er der Sünden müge los werden. Zum Zwölfften / Hie ist nu das dritte Stück des Sacraments zu handeln / nemlich / der Glaube / das ist / daß man festiglich gleube / wie das Sacrament nicht allein bedeut den Todt / vnd Aufferstehung am Jüngsten Tage / durch welche der Mensche new werde ewiglich ohn Sünde zu leben / sondern daß es auch gewißlich dasselbe anhebe vnd wircke / vnd vns mit GOtt verbindet / daß wir wollen biß in den Todt / die Sünde tödten vnnd wieder sie streiten. Vnd er wiederumb vns wolle zu gut halten / vnnd gnedig mit vns handeln / nicht richten nach der scherffe / daß wir ohn Sünde nicht sind in diesem Leben / biß daß wir rein werden durch den Todt. Also verstehestu / wie ein Mensch vn
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schüldig / rein ohn Sünde wird in der Tauffe / vnd doch vol bleibt / viel böser neigung / daß er nicht anders rein heist / denn daß er angefangen ist rein zu werden / vnnd derselben Reinigkeit ein Zeichen vnnd Bund hat / vnnd je mehr rein werden sol / vmb welches willen jhm Gott seine nachstellige Vnreinigkeit nicht rechnen wil / vnnd also mehr durch Gottes gnediges rechnen / denn seines wesens halben rein ist. Wie der Prophet sagt Psalm. 32. Selig sind die / den jhre Sünde vergeben sind / Selig ist der Mensch / dem Gott seine Sünde nicht zurechnet. Dieser Glaube ist der aller nötigest / denn er der grund ist alles Trostes / Wer den nicht hat / der muß verzweyffelen in Sünden / denn die Sünde die nach der Tauffe bleibt / machet / daß alle gute Werck nicht rein sind für GOtt. Derhalben muß man gar keck vnnd frey an die Tauffe sich halten / vnnd sie
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halten gegen alle Sünde vnd erschrecken des Gewissen / vnd sagen demütiglich / ich weis gar wol / daß ich kein rein Werck nicht habe / aber ich bin je getaufft / durch welche mir Gotte / der nicht liegen kan / sich verbunden hat / meine Sünde mir nicht zurechnen / sondern zu tödten vnnd vertilgen. Zum Dreyzehenden / Also verstehen wir nu / daß vnser Vnschuld von der Tauffe gantz vnnd gar der Göttlichen Barmhertzigkeit halben so heist / die solchs angefangen vnnd mit der Sünde gedult tregt / vnnd vns achtet / als weren wir ohn Sünde. Daher verstehet man auch / warumb die Christen heissen in der Schrifft die Kinder der Barmhertzigkeit / ein Volck der Gnaden / vnnd Menschen des gütigen willen Gottes / darumb daß sie angefangen haben durch die Tauffe rein zu werden / vnnd durch Gottes Barmhertzigkeit mit der vbrigen Sünde nicht verdammet
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werden / biß sie durch den Todt vnnd am Jüngsten Tage gantz rein werden / wie die Tauffe mit jhrem Zeichen außweiset. Darumb ist das ein grosser Irrthumb / die da meynen / sie sind durch die Tauffe gantz rein worden / vnd in jhrem Vnuerstand gehen sie dahin vnd tödten jhre Sünde nicht / wollens auch nicht Sünde lassen seyn / verharren darinne / vnd machen also jhre Tauffe gar zu nichte / bleiben allein in etlichen eusserlichen Wercken hangen / vnter welchen die Hoffart / Haß vnd andere natürliche Bößheit / die sie nicht achten / nur stercker vnd grösser werden. Nein / es ist nicht also / Es muß die Sünde / böse Neigung für ware Sünde erkant werden. Daß sie aber vnschedlich sey / Gottes Gnaden zuschreibe / der sie nicht rechnen wil / so doch / daß man sie mit vielen Vbungen / Wercken vnnd Leyden bestreite / zu letzt mit sterben tödte. Welche das nicht thun / den wird er sie nicht nachlassen / darumb daß sie der Tauffe vnd
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jhrem verbinden nicht folge thun / vnd hindern das angefangene Werck Gottes vnd der Tauffe. Zum Vierzehenden / Der arth sind auch die / die da meynen jhre Sünde mit gnugthuung tilgen vnd ablegen / kommen auch so ferne / daß sie der Tauffe nicht mehr achten / gerade als hetten sie der Tauffe nicht mehr bedurfft / denn daß sie heraus gehaben sind. Wissen nicht / daß sie durchs gantz Leben biß in den Todt / ja an Jüngsten Tag Krafft hat / wie droben gesagt. Darumb meynen sie etwas anders zu finden / die Sünde zu vertilgen / nemlich / die Werck / vnd machen also jhn selbst vnd allen andern böse / erschrockene / vnsichere Gewissen / verzagung am Tod / vnnd wissen nicht wie sie mit Gott dran sind / achtens / die Tauffe sey nu durch die Sünde verloren vnd nicht mehr nütz. Da hüt dich für bey leibe / Denn wie gesagt / ist jemand in Sünde gefallen / so
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gedencke er am stercksten an seine Tauffe / wie sich Gott daselbst mit jhm verbunden hat / alle Sünde zu vergeben / so er wider sie fechten wil biß in den Todt. Auff dieselbige Warheit vnd Verbindung Gottes muß man sich frölich erwegen / so gehet die Tauffe wieder in jhrem Werck vnnd Krafft. So wird das Hertz wider zu frieden vnnd frölich / nicht in seinem Werck oder gnugthuung / sondern in GOttes Barmhertzigkeit / die jhm in der Tauffe zugesagt ist / ewiglich zu halten. Vnd an dem Glauben muß man also fest halten / daß ob auch alle Creature vnnd alle Sünde einen vberfielen / er dennoch daran hange. Angesehen daß / wer sich dauon lest dringen / der machet Gott zu einem Lügener in seinem verbinden / an dem Sacrament der Tauffe. Zum Funffzehenden / Den Glauben ficht der Teuffel am meisten an / wenn er den vmbstösset / so hat er gewonnen. Denn auch das Sacrament der Buß (dauon
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gesagt ist) seinen grund an diesem Sacrament hat / Dieweil allein denen die Sünde vergeben werden / die getaufft sind / das ist / denen Gott zugesagt hat / Sünde vergeben / also daß der Bus Sacrament ernewert vnnd wieder anzeucht der Tauffe Sacrament. Als spreche der Priester in der Absolution / Sihe / Gott hat dir deine Sünde jtzt vergeben / wie er dir zuuor in der Tauffe zugesagt / vnnd mir jtzt befohlen in Krafft der Schlüssel / vnd kömpst nu wider in der Tauffe Werck vnd Wesen. Gleubstu / so hastu / Zweyffelstu / so bistu verloren. Also finden wir / daß die Tauffe durch Sünde wird wol verhindert an jhrem Werck / das ist / vergebung vnd tödtung der Sünde / aber allein durch den Vnglauben jhres Wercks / wird sie zu nichte. Vnnd der Glaube bringet herwieder dieselben hindernis jhres Werckes / also gar ligt es alles am Glauben. Vnd wenn ich solt klerlich sagen / so
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ist es ein ander ding / die Sünde vergeben / vnd die Sünde abzulegen oder aus zu treiben. Die Vergebung der Sünde erlanget der Glaube / ob sie wol nicht gantz auß getrieben sind. Aber die Sünde außtreiben / ist Vbung wieder die Sünde / vnnd zu letzt sterben / da gehet die Sünde gantz vnter. Es ist aber alles beydes der Tauffe Werck. Also schreibt der Apostel zun Ebreern / die doch getaufft waren vnd jhre Sünde vergeben / sie sollen die Sünde ablegen die jhn anligt. Denn dieweil ich gleube / daß mir Gott die Sünde nicht rechnen wil / so ist die Tauffe krefftig / vnd sind die Sünde vergeben / ob sie wol noch da bleiben eines grossen Theils. Darnach folget das außtreiben durch leyden vnd sterben etc. Das ist der Artickel den wir bekennen / Ich gleube an den heiligen Geist / Vergebung der Sünde etc. Da wird die Tauffe sonderlich berürt / in welcher die Vergebung geschicht / durch GOttes verbinden mit vns / darumb muß man nicht zweyffeln an derselben vergebung.
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Zum Sechzehenden / Also folget / daß die Tauffe alle Leyden / vnd sonderlich den Todt / nützlich vnnd hülfflich machet / daß sie mir dienen müssen der Tauffe Werck / das ist / die Sünde zu tödten / denn es mag nu nicht anders werden / wer der Tauffe gnug thun wil / vnd der Sünde los werden / der muß sterben. Aber die Sünde stirbet nicht gerne / darumb machet sie den Todt so bitter vnd grewlich. Also gnedig ist Gott vnd mechtig / daß die Sünde / die den Todt bracht hat / wird mit jhrem eigen Werck (den Todt) wieder vertreiben. Man find viel Leute die leben wollen / daß sie from werden / vnd sprechen / sie weren gerne from. Nu ist kein kürtzer Weise oder Weg / denn durch die Tauffe vnnd Tauffen Werck / das ist / Leyden vnd sterben / Dieweil sie des nicht wollen / ist es ein Zeichen / daß sie nicht recht wissen noch meynen from zuwerden. Darumb hat Gott mancherley stende verordnet / in welchen man sich vben vnnd
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leyden lernen sol / etlichen den Ehelichen / den andern den vnterthenigen / den andern den regierenden Stand / vnd allen befohlen mühe vnd arbeit zuhaben / daß man das Fleisch tödte vnd gewene zu tödten. Denn alle denen die getaufft sind / den hat die Tauffe dieses Lebens ruge / gemach vnnd genüge zu lauter Gifft gemacht / als eine verhindernis jhres Wercks / Denn darinne lernet niemand leyden / gerne sterben / der Sünde los zu werden / vnd der Tauffe folge thun / sondern wechst nur Liebe dieses Lebens / vnd grewel des ewigen Lebens / Furcht des Todes / vnd flucht der Sünde vertilgung. Zum Siebenzehenden / Nu sihe / in der Menschen Leben / Es sind jhr viel / die fasten / beten / wallen vnnd dergleichen vbung haben / mit welchen sie nur verdienst zu samlen vermeynen / vnnd hoch zu sitzen im Himmel / lernen aber nimmer mehr jhre böse vntugent tödten. Man solt fasten / vnnd alle vbung da
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hin leiten / daß sie den alten Adam die sündliche Natur / druckten vnnd geweneten zu emperen alles des / das diesem Leben lustig ist / vnd also zum Todt täglich mehr vnnd mehr bereit machen / daß der Tauffe gnug geschehe. Vnnd aller derselben vbungen vnd mühe solt man masse nehmen / nicht nach der Zahl vnnd grösse / sondern nach der fodderung der Tauffe / das ist / daß ein jglicher die vbung vnnd so viel an sich nehme / die vnd so viel jhm nütz vnd gut were / die sündliche Natur zu drucken / vnnd zum Todt schicken / dieselbigen auch ablassen vnnd mehren / darnach man befünde / die Sünde abnemen oder zunemen. So faren sie daher / vnnd laden auff sich diß vnd das / thun jtzt also / jtzt anders / nur nach der Laruen vnnd ansehen des Wercks / darnach schwind wieder fahren lassen / vnd also gantz vnbestendig werden / daß nimmer nichts aus jhn wird / Etlich drüber die Köpff zu brechen vnd die Natur verderben / daß sie noch jhn noch andern nütz sind.
|| [ID00179]
Das sind alles Früchte der Lehre / die vns besessen hat / daß wir meynen nach der Rewe oder Tauffe ohn Sünde sind / vnnd die guten Werck nicht Sünde zu vertilgen / sondern frey für sich selbst der menge samlen / oder den gethanen Sünden gnug thun. Da helffen zu die Prediger / die der lieben Heiligen Legende vnnd Werck nich weißlich predigen / vnd gemein Exempel daraus machen / so fallen denn drauff die Vnuerstendigen / vnd wircken jhr verderben aus der heiligen Exempel. Gott hat einen jglichen Heiligen seine sondere Weise vnd Gnade gegeben / seiner Tauffe folge zu thun. Die Tauffe aber mit jhrer Bedeutung ist allen ein gemein mas gesetzt / daß ein jglicher seines Standes sich prüfe / welche weise jhm am besten förderlich sey / der Tauffe genug zu thun / das ist / die Sünde zu tödten / vnd sterben. Auff daß also leicht vnnd sanfft werde die bürde Christi / vnd nicht mit engsten vnnd sorgen zugehe. Wie von denselben Salo
|| [ID00180]
mon sagt / Die Werck der Vnweisen martert sie nur. Darumb daß sie den Weg zur Stadt nicht wissen. Denn eben wie die geengstet sind / die zur Stadt wollen vnd treffen den Weg nicht / Also ists mit diesen auch / daß alle jhr Leben vnd Wircken wird jhn sawr / vnd richten doch nichts aus. Zum Achtzehenden / Daher gehöret nu die gemeine Frage / ob die Tauffe vnnd Gelübde / die wir da Gott gethan / mehr oder grösser sind denn die Gelübde der Keuschheit / Priesterschafft / Geistligkeit / so doch die Tauffe gemeine ist allen Christen / vnd man es achtet / die Geistlichen ein besonders haben vnd höhers. Antwort / ist aus dem vorgesagten leichtlich zu antworten / Denn in der Tauffe geloben wir alle gleich ein ding / die Sünde zu tödten vnnd heilig zu werden durch Gottes wircken vnnd Gnade. Denn wir vns dargeben vnnd opffern / wie ein Thon dem Töpffer / vnnd ist da keiner
|| [ID00181]
besser denn der ander. Aber derselben Tauffe folge zu thun / daß die Sünde ertödtet werde / mag nicht eine weise oder stand seyn. Darumb hab ich gesagt / ein jglicher muß sich selbst prüfen / in welchem Stand er am besten die Sünde müge tödten / vnd die Natur dempffen. Also ist es war / daß kein höher / besser / grösser gelübd ist / denn der Tauffe gelübd / Was kan man weiter geloben / denn alle Sünde vertreiben / sterben / diß Leben hassen / vnd heilig werden? Vber das Gelübd aber mag sich eins wol verbinden in einen Stand / der jhm füglich vnd förderlich sey zu seiner Tauffe vollbringung. Gleich als wenn zween zu einer Stadt wandeln / mag einer den Fußsteig / der ander die Landstraß gehen / wie jhm am besten dünckt. Also wer sich an Ehelichen stand bindet / der wandelt in desselben Standes mühe vnd leyden / darinne er seine Natur beladet / daß sie liebs vnd leids gewone / Sünde meide / vnd sich
|| [ID00182]
zum Tode deste bas bereite / das er nicht so wol vermöchte ausser demselben stande. Vber diesen stand ist nu noch ein höher / der regierende Stand in Geistlichem Regimente / als Bischoff / Pfarrherr etc. Die sollen alle Stunde gantz wol durch vbet mit Leyden vnd Wercken fertig seyn zum Tode / nicht allein vmb jhren willen / sondern auch vmb der willen / die jhn vnterthenig sind zu sterben. Doch in allen diesen Stenden muß man dennoch die mas nicht vergessen / wie droben gesagt / daß man die Vbung so halte / daß nur die Sünde außgetrieben werde / vnd nicht nach der mennig oder grösse der Werck sich richte. Aber leider wie wir vergessen haben der Tauffe / vnnd was sie bedeut / was wir drinnen gelobet / vnnd wie wir in jhrem Werck wandeln / vnd zu jhrem ende kommen sollen / also haben wir auch der Wege vnd der stende vergessen / vnd fast nicht wissen / was zu solchen Stenden eingesetzt oder
|| [ID00183]
wie man sich darinnen halten sol zur Tauffe erfüllung. Es ist ein Pompa daraus worden / vnnd nur ein Weltlicher schein kaumet vberblieben / wie Jesaias sagt. Dein Silber ist Schaum worden / vnnd dein Wein ist wesserig worden / des erbarme Gott / Amen. Zum Neunzehenden / So aber das heilige Sacrament der Tauffe so ein gros gnediges vnnd tröstliches ding ist / ist mit ernst darauff zu sehen / daß man GOtt je hertzlich vnnd frölich da für ohn vnterlas dancke / Lob vnnd Ehre sagen. Denn ich besorge / der vndanck hat verdienet / daß wir blind worden / nicht wirdig gewesen sind solche Gnade zu erkennen / vnnd die gantze Welt voll Tauffe vnnd gnade Gottes gewesen vnd noch ist / Wir aber in die engstliche einige Werck / darnach ins Ablas vnd der gleichen falsche Tröste verführet sind / vermeynet / Gott nicht ehe zu trawen wir weren denn from / vnnd gnug geschehen für die Sünde / als wolten wir jhm seine
|| [ID00184]
Gnade abe keuffen / oder bezalen. Fürwar / wer Gottes Gnade nicht also achtet / daß sie jhn als einen Sünder dulden vnd selig machen werde / vnd allein seinem Gerichte entgegen gehet / der wird GOttes nimmer frölich / mag jhn auch weder lieben noch loben. Aber so wir hören / daß er in der Tauffe Bund vns Sünder auffnimpt / schonet vnd machet vns rein von Tage zu Tage / vnnd das festiglich gleuben / muß das Hertz frölich werden / Gott lieben vnd loben. Also spricht er im Propheten / Ich wil jhr schonen / wie ein Vater seines Kindes. Darumb ist noth / daß man der Hochgelobten Majestet / die sich gegen vns arme / verdampte Würmlein so gnedig vnd barmhertzig erzeiget / dancksage / vnnd das Werck / wie es an jhm selbst ist / gros mache vnd erkennc. Zum Zwantzigsten / dabey sollen wir vns aber auch fürsehen / daß nicht eine falsche sicherheit bey einreisse / vn̅ spreche bey jr selbst /
|| [ID00185]
Ist es so gnedig vnnd gros ding vmb die Tauffe / daß vns Gott die Sünde nicht rechnen wil / vnd so bald wir wider kommen von der Sünde / alle ding schlecht sind in Krafft der Tauffe / so wil ich dieweil leben vnd thun meines willens / vnnd hernachmals oder am sterben an meine Tauffe gedencken / vnd Gott seines Bunds vermanen / vnd denn meiner Tauffe gnug thun. Ja freylich ist es also groß vmb die Tauffe / daß wenn du wieder kömmest von Sünden / vnd der Tauffe Bund anrüffest / deine Sünde vergeben sind. Sihe aber zu / wenn du so freuel vnd mutwillig sündigest auff die Gnade / daß dich das Gerichte nicht ergreiffe / vnd deinem Wiederkommen zuuor komme / vnd ob du denn schon woltest gleuben in die Tauffe oder vertrawen / daß durch Gottes verhengen deine Anfechtung so groß werde / daß der Glaube nicht bestehen müge. Denn so die schwerlich bleiben die nicht sündigen / oder je aus lauter gebrechlig
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keit fallen / wo wil dein freuel bleiben der die Gnade versucht vnnd verspottet hat? Darumb last vns mit furchten wandeln daß wir die reichthumb Göttlicher gnaden mügen mit einem festen Glauben behalten / vnd seiner Barmhertzigkeit frölichen dancken immer vnd ewiglich / Amen.

Sermon von der Beicht vnd dem Sacrament.
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WIe wol ich offtmahl vom Sacrament vnnd der Beicht geprediget vnnd geschrieben habe / doch weil die zeit Järlich wiederkömpt / welche dazu geordnet ist / daß man dauon handele / vmb der willen / die das Sacra
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ment nehmen wollen / müssen wir auch dasselbe in der Summa wiederholen / vnd aber dauon reden. Auffs Erste / habe ich offt gnug gesagt / wie die Christen nicht verbunden sind / eben auff dieses Fest das Sacrament zu nehmen / sondern recht vnnd macht haben / wenn sie wollen hinzu zugehen / dazu denn Gott das Priesterampt verordnet hat / daß dieselben des Volcks alle Tage warten vnnd pflegen sollen mit Gottes Wort vnd den Sacramenten. Darumb ist es Vnchristlich gehandelt / wenn man die Leute zwingen wil / auff diese zeit das Sacrament zu holen / bey einer Todtsünde / wie man bißher gethan hat vnd noch an vielen Orten thut. Denn diß Sacrament wil vnnd kan nicht leyden daß jemand gedrungen vnd genötiget sein brauche / sondern suchet nicht anders / denn eine hungerige Seele / die sich selbst treibt / vnnd fro wird / daß sie dazu kommen kan / der andern mag es nicht / die von den
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Leuten dazu müssen getrieben werden. Darumb hat der Teuffel bißher mit voller gewalt vnd macht regiert durch den Bapst / den er getrieben hat / die gantze Welt zum Sacrament zu treiben vnnd zu dringen / dazu auch Jederman gelauffen ist als die Sewe / vmb des Gebots willen / damit dem Sacrament so grosse Vnehre vnd Schmach geschehen / vnd die Welt so voll Sünde ist worden / daß es zu erbarmen ist. Weil wir denn nu solches wissen / sollen wir vns kein Gebot fangen lassen / sondern vns der Freyheit halten / die wir von Christo haben. Das sage ich vmb der willen / die nicht denn auff diese zeit wollen zum Sacrament gehen / vnnd solches allein vmb der gewonheit vnnd gemeinen brauchs willen thun / wiewol es nichts schadet / daß man eben auff diß Osterfest hinzu gehet / so ferne das Gewissen nicht an die zeit gebunden / sondern frey sey / vnnd geschickt / das Sacrament zu nehmen.
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Von der Beicht.
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AVffs Ander / müssen wir auch der gleichen vom Beichten reden. Erstlich aber ist zuwissen / daß in der Schrifft dreyerley Beicht sey. Die Erste geschicht für Gott / dauon der Prophet Dauid sagt Psalm 32. Meine Sünde habe ich dir bekennet / vnd meine Vntugend habe ich nicht verborgen / Ich habe gesagt / ich wil meine Missethat wieder mich bekennen / vnd du hast hinweg genommen die Vntugend meiner Sünde. Item bald zuuor spricht er daselbst / Ich wolt ein mal schweigen / da gieng mirs also / daß ich verschmachtet wie in der hitze des Sommers. Das ist / für Gott kan niemand bestehen / er bringe denn diese Beicht mit sich / wie der 129. Psalm sagt / Bey dir ist gnade / auff daß du gefürchtet werdest / Das
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ist / wer für dir handeln wil / muß also handeln / daß solche Beicht von Hertzen gehe / die also spreche: HERR bistu nicht Barmhertzig / so ist es verloren / wie from ich auch seyn kan. Solches müssen alle Heiligen bekennen / wie abermal im vorigen Psalm stehet / Für dieselbige Vntugend werden für dir bitten alle Heiligen. Also lehret vns diese Beicht / daß wir alle gleich Buben vnd Sünder sind / vnnd wie man saget / Ist einer from / so sind wir alle from / Hat jemand sonderliche Gnade / der dancke Gott darumb / vnd rhüme sich selbst nicht. Ist jemand in Sünde gefallen / so ist es sein Blut vnd Fleisch / Vnnd ist keiner so tieff gefallen / es kan ein ander / der jtzt stehet / auch noch tieffer fallen. Darumb ist vnter vns / so viel vnser ist / kein vnterscheid / sondern Gottes Gnade scheidet vns alleine. Diese Beicht ist nu so hoch von nöten / daß sie kein Augenblick nachbleiben / sondern eben das gantze Leben eines Chri
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sten seyn sol / also / daß er ohn auffhören Gottes Gnade preise / vnd schende sein Leben für Gottes Augen. Sonst so bald ich ein gut Werck oder gut Leben auffwerffe / bleibt sein Gerichte nicht aussen / welches der keines leidet / dafür denn niemand bestehen kan. Darumb muß diese Beicht also geschchen / daß du dich selbst verdammest / als der des Todes vnd des hellischen Fewrs werth sey / so kömpstu zuuor / daß dich Gott nicht Vrtheilen noch verdammen kan / sondern dir gnedig seyn muß. Aber von dieser Beicht reden wir jtzt hie nicht. Die andere aber geschicht gegen dem Nehesten / vnd ist der Liebe Beicht / wie die erste des Glaubens ist. Dauon geschrieben ist in der Epistel Jacobi / Bekenne einer dem ander seine Sünde. Das ist eine solche Beicht / wenn einer seinem Nehesten leide gethan hat / sol ers für jhm bekennen. Wie Christus Matth. 5. saget: Wenn du deine Gabe auff den Altar
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opfferst / vnnd wirst alda eindencken / daß dein Bruder etwas wider dich hat / so las alda für dem Altar deine Gabe / vnd gehe zuuor hin / vnnd versüne dich mit deinem Bruder / vnnd als denn kom vnnd opffere deine Gabe. Vnd / sey wilfertig deinem Wiedersacher bald / dieweil du noch mit jhm auff dem Wege bist etc. Hie foddert er von beyden seiten / daß dieser / der den andern beleidiget hat / vmb vergebung bitte / vnnd der gebeten wird / jenem vergeben. Diese Beicht ist auch not vnd geboten / wie die vorige / Denn Gott wil keinem gnedig seyn / noch seine Sünde vergeben / er vergebe denn seinem Nehesten auch. So kan auch der Glaube nicht rechtschaffen seyn / er bringe denn diese Frucht / daß er dem Nehesten vergebe / vnd vmb Vergebung bitte / sonst darff der Mensch für Gott nich kommen / Ist diese Frucht nicht da / so ist der Glaube vnd die erste Beicht auch nicht rechtschaffen.
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Die Dritte ist / die der Bapst geboten hat / die heimlich in die Ohren für dem Priester geschicht / dieselbige ist nicht von GOtt geboten / Der Bapst aber hat die Leute dazu gezwungen / vnnd daneben so viel gestalt vnd vnterscheid der Sünde gemacht / daß es niemand erschwingen kan / damit die Gewissen getrieben vnd gemartert sind / daß es jammer vnd noth ist. Hieuon sagen wir aber also / GOtt zwinget dich nicht dazu / daß du beichtest durch den Glauben gegen jhm / oder durch die Liebe für dem Nehesten / wenn du nicht wilt selig werden oder seine Gnade haben / Er mag sein auch nicht / daß du hingehest vnd thust es / aber doch vngerne vnnd mit vnlust / sondern wil / daß du es von dir selbst mit Liebe vnd Lust von Hertzen thust. Des hat der Bapst nicht geachtet / Sondern hierinne also gefahren / gleich als gehöret es in das Weltlich Regiment / da man mit zwang handlen muß / hat nicht darnach gefragt / ob mans gerne oder vn
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gerne thu / sondern stracks geboten / daß / welcher auff diese zeit nicht Beichtet / der solle nicht auff den Kirchoff begraben werden. Aber Gott fragt nichts darnach / du thust es oder nicht / wenn es nicht mit lust geschicht. Darumb thustu es nicht gerne / so ists besser / du lassest es anstehen. Denn zu Gott kan niemand kommen / denn der mit lust vnd freiem willen kömpt / darumb kan dich niemand dahin treiben. Thustu es vmb des Gebots willen / auff daß du dem Bapsi gehorsam seyest / so thustu vnrecht. Noch gehet es jtzt durch die Welt also / daß jederman dahin leufft / allein weil es geboten ist / Darumb dieselbe zeit recht die Marter Wochen heisset / daß darinnen die Gewissen gemartert vnd geplaget werden / daß es ein jammer ist / mit schaden vnnd verderben der Seelen. Dazu auch Christus selbst viel schendlicher gemartert wird / denn da er am Creutz hieng.
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Darumb mügen wir wol die Hende auffheben vnnd Gott dancken / daß er vns ein solch Liecht geben hat. Den̅ wiewol wir nicht viel Früchte tragen vnd vns bessern / so haben wir dennoch einen rechten verstand. So ist nu viel besser / daß man von der Beichte vnnd dem Sacrament bleibe / denn daß man vngerne hinzu gehe / so bleiben doch die Gewissen vngemartert. Also sagen wir nu von der heimlichen Beicht / daß niemand dazu gezwungen sey. Aber doch ist sie gerhaten vnnd gut / vmb dieser Vrsach willen / Denn wo vnd wie offt du Gottes Wort hören kanst / soltu es nicht verachten / sondern mit hertzlicher Begierde annehmen. Nu hat Gott sein Wort lassen außgehen / durch die gantze Welt / daß es alle Winckel erfüllet / also daß du / wo du hin kömpst / Gottes Wort vberall findest: Wenn ich nu predige die Vergebung der Sünde / so predige ich das rechte Euangelion. Denn die Summa des Euangelij ist die / Wer an Chri
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stum gleubt / dem sollen seine Sünde vergeben seyn / also daß ein Christlicher Prediger nimmer das Maul auffthun kan / er muß ein Absolution sprechen. Also thut auch der Priester vber dem Altar / wenn er spricht / Pax vobis, Das ist / ich verkündige euch von Gott / daß jhr Friede habt vnnd vergebung der Sünden durch Christum / Das ist auch eben das Euangelion vnd die Absolutio. Also auch die Wort damit er das Sacrament machet / Das ist mein Leib der für euch gegeben wird / Das ist mein Blut das für euch vergossen wird zu vergebung der Sünden etc. Solt ich nu darumb sagen / Ich wil nicht Beichten / weil ich das Wort im Sacrament habe / so thet ich eben / als wenn jemand sagte / ich wil auch keine Predigt hören. Das Euangelion sol ohn vnterlas schallen vnnd klingen durch aller Christen Mund / darumb sol mans mit freuden annehmen / wo vnnd wenn mans hören kan / die Hende auffheben /
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vnd Gott dancken / daß du es vberal hören kanst. Darumb wenn du nu zur heimlichen Beicht gehest / soltu nicht so viel auff dein Beichten acht haben / als auff des Priesters Wort. Vnnd scheide es also / Eines ist das du sagest / das ander das der sagt / der dich höret. Das du thust / da soltu nicht viel von halten / sondern habe acht auff das / das er dir sagt / nemlich / daß er dir an Gottes stat verkündiget vergebung der Sünden. Hie ist gleich so viel / er sey ein Priester vnd im Ampt zu predigen oder sonst ein Christen / Das Wort das er redet / ist nich sein / sondern Gottes Wort / vnd Gott helt auch so fest darüber / als ob er es selbst redte. Also hat er sein heiliges Wott in alle Winckel gesteckt. Weil wirs denn vberal finden / sollen wirs mit grossem danck auffnehmen / vnd nicht in Wind schlagen. Denn in der Beicht hastu auch diß Vortheil / wie im Sacrament / daß das
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Wort allein auff deine Person gestellet wird. Denn in der Predigt fleugt es in die gemein dahin / vnd wiewol es dich auch trifft / so bistu sein doch nicht so gewis. Aber hie kan es niemand treffen / denn dich allein. Soltestu aber nicht hertzlich fro werden / wenn du einen Ort wüstest / da Gott mit dir selbst reden wolt? Ja wenn wir einen Engel möchten hören reden / so würden wir wol biß an der Welt Ende lauffen. Sind wir aber nicht tolle Elende vnd vndanckbare Leute / die wir nicht hören was man vns sagt. Da stehet die Schrifft vnnd bezeuget / daß Gott durch vns redet / vnnd daß es ja so viel gilt / als wenn er es mit seinem Munde redet. Als da Christus spricht Matth. 18. Wo zween oder drey versamlet sind in meinem Namen / da bin ich mitten vnter jhn. Item Johan. 20. Welchen jhr die Sünde erlasset / den sind sie erlassen / vnnd welchen jhr sie behaltet / den sind sie behalten.
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Da spricht Gott selbst die Absolutio / wie er das Kind selbst teuffet. Vnnd du wilt sagen / man dürffe des beichtens nicht. Denn ob du gleich dasselbe im Sacrament auch hörest / soltu es dennoch darumb nicht hinweg schlagen / sonderlich weil es dich (wie gesagt ist) alleine betrifft. Darüber hastu auch noch ein vorteil / daß du in der Beicht alle deinen fehl sagen kanst / vnnd darüber rath holen. Vnnd wenn sonst keine andere Vrsach were / vnd Gott gleich nicht selbst da redet / wolt ichs dennoch vmb dieses Stücks willen nicht gerne emperen / daß ich hierinne meinem Bruder mein Hertz eröffnen kan / vnd klagen / was mir anligt. Denn es ist ein elend ding / wenn das Gewissen beschweret ist / vnnd in einer angst ligt / vnnd kein Raht noch Trost weis. Darumb ist es auch ein edel tröstlich Werck / daß da zween zusamen kommen / vnd einer dem andern Rath / Hülffe vnd Trost gibt / vnd gehet fein Brüderlich vnd
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lieblich zu / Einer endeckt seine Kranckheit / so heilet jhm der ander seine Wunden. Darumb wolt ich des nicht für aller Welt gut emperen. Wiewol es nicht geboten sol werden / auff daß man nicht ein Gewissen darüber mache / als müste man zuuor beichten / ehe man zum Sacrament gehe / Doch sol mans je nicht verachten / du kanst Gottes Wort nicht zu viel hören / noch so tieff ins Hertz bilden / es ist noch viel besser. Darumb habe ich gesagt / daß man die zwey wol scheiden sol / die Beicht vnnd die Absolutio die du hörest / daß du auff die Absolutio am meisten achtung habest / vnnd nicht vmb des Gebots willen zur Beicht gehest / noch darumb / daß du mit deinem beichten woltest ein gut Werck thun / vnd als solten dir vmb des willen die Sünde vergeben werden / sondern allein darumb / daß du da Gottes Wort hörest / vnd dauon Trost empfahest. Da reiche die Ohren zu / vnnd las dirs eingehen / wie Gott durch den Menschen redet vnnd ver
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gibt dir deine Sünde / Dazu gehöret denn der Glaube. Vnser beichten ist bißher gewesen / wenn man die Leute Absoluiert / hat man jhn so viel Werck auffgelegt / damit sie solten für die Sünde genugthun / das solt Absoluiert heissen / so es doch erst recht angebunden ist. Die Sünde sollen alle hinweg seyn durch die Absolution / so legen sie jhn auff erst dafür genug zuthun / vnnd zwingen die Leute also vom Glauben / vnd von der Absolutio auff jhre Werck. Also solten sie aber gelert haben / Sihe / das Wort / das ich dir sage an Gottes stat / mustu mit einem rechten Glauben fassen / kanstu den Glauben nicht haben / so las dein beichten anstehen. Doch nicht also / daß du darumb nicht soltest hingehen / wenn dein Glaube zu schwach were / vnnd da Trost vnnd Stercke foddern. Kanstu nicht gleuben / so klage es auch deinem Bruder dem du beichten wilt / vnnd sprich / Ich füle wol daß ich der Beichte vnnd der
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Absolutio bedürffe / befinde mich aber zu kalt vnnd schwachgleubig dazu. Denn welchem wiltu dein Gebrechen klagen / denn Gott? Wo kanstu jhn aber finden / denn in deinem Bruder? Der kan dich mit Worten stercken vnd helffen / das ist recht gebeichtet. Vnnd wolt Gott / daß die gantze Welt so weit bracht were / daß jederman bekennete / daß er nicht könte gleuben. Das sey nu von der Beicht gesagt / daß es alles frey seyn sol / also daß man vngedrungen von sich selbst zu der Beich komme. Was sol man aber beichten? Da haben vns vnsere Prediger viel für geblawet mit den fünff Sinnen / sieben Todt Sünden / zehen Geboten etc. Damit sie vnser Gewissen verwirren. Aber also solt es zugehen / daß du vorhin fühlest / was dich drücket / vnd die Sünde die dich zum meisten beissen / vnnd dadurch dein Gewissen beschweret wird / dieselben soltu deinem
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Bruder fürlegen vnd beichten. Darumb darffestu nicht lange suchen / vnnd nach allen Sünden trachten. Nim nur für dich die dir einfallen vnd sprich. Also bin ich gebrechlich vnd gefallen / da begere ich Trost vnd guten Rath. Denn die Beichte sol kurtz sein. Vnnd ob dir etwas einfelt / das du vergessen hast / soltu dich nicht irren lassen / Denn du hast es nicht darumb gethan / als were es ein gut Werck / vnd als müstu es thun. Kanstu es doch wol Gott heimlich beichten / oder im Sacrament vnter der Messe darüber ein Absolutio hören. Darumb sol man sich nichts darumb bekümmern / ob gleich die Sünde vergessen sind. Sind sie vergessen / so sind sie dennoch vergeben. Denn Gott sihet nicht an / wiewol du gebeichtet hast / sondern sein Wort / vnd wie du daran gleubest. Auch lautet die Absolutio nicht also / daß etliche Sünde vergeben sollen seyn vnd etliche nicht / sondern ist eine freie Predigt /
|| [ID00204]
die dir verkündigt / daß dir Gott gnedig sey. Wenn dir aber Gott gnedig ist / so müssen je alle Sünde hinweg seyn. Darumb halt dich allein an die Absolutio / vnd nicht an dein Beichten / du hast etwas vergessen oder nicht / so las es fahren / so viel du gleubest / so viel ist dir vergeben. Also muß man immerdar wieder die Sünde vnd böse Gewissen auff GOttes Wort trotzen.

Vom Sacrament des Altars.
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AVffs Dritte / müssen wir weiter vom heiligen Sacrament reden. Zuuor haben wir gesagt / daß man niemand dazu zwingen / sondern frey lassen sol. Vber das ist noch von beyder gestalt zu reden.
|| [ID00205]
Ich hab vorhin gesagt / daß man bey vns hinfort nicht solle Eine gestalt reichen / Wer das Sacrament haben wil / der sol es gar holen. Denn wir habens nu lang gnug gepredigt vnnd getrieben / daß nicht zu vermuten ist / daß da jemand sey / der es nicht hab können verstehen. Ist aber jemand noch so grob / oder wil so schwach seyn / daß ers nicht fassen kan / den lassen wir gehen / Es ist eben so gut / daß er dauon bleibe. Solt einer Gottes Wort so lange hören / vnnd sich auff den Henden tragen lassen / vnd doch immer sagen / Ich verstehe es nicht / das were kein gut Zeichen. Denn es ist nicht müglich / daß du es so lange soltest hören / vnnd dennoch nicht erleucht werden. Weil du denn blind bleibest / so ists besser / daß man dir das Sacrament nicht gebe. Kanstu das Wort nicht fassen / das doch helle vnd gewis ist / so fasse auch das Sacrament nicht. Were doch das Sacrament nichtes / wenn das Wort nicht were. Auch ist es nu also erschollen /
|| [ID00206]
durch vnnd durch in die Welt / daß es auch die wissen / so dawieder sind. Weil aber dieselben nicht schwach / sondern verstockt vnd verhertet sind / vnnd sich dawieder mit dem Kopff setzen / vnnd doch hören / daß wir vnsere Lehre so klar mit der Schrifft beweisen / daß sie nichts dazu antworten / noch dargegen etwas auffbringen können / sondern bleiben bey jhrer Römischen Kirchen / wollen vns mit gewalt dazu dringen / daß wir jhn folgen. Darumb gilt nu nicht mehr weichen noch leiden / weil sie vns wollen trotzen / vnd für ein recht haben / was sie lehren vnd thun. So wollen wir beyde gestalt nehmen / eben darumb / daß sie es vns weren wollen. Darumb ist hie nicht mehr das Ergernis anzusehen bey diesen Leuten. Wenn aber ein ort were / da das Euangelion nicht gehöret were / da were es billich vnnd Christlich / daß man eine zeitlang sich den schwachen eben machte. Wie wir zum ersten / da diß ding noch zu new war / auch
|| [ID00207]
gethan haben. Nu aber / weil man sich also dawieder setzet / vnd wil es mit gewalt teuben / gilt es nicht mehr schonens. Es ist auch ein fein ding / daß Gott also regiert vnnd ordnet / daß diß Sacrament nicht ohn Verfolgung sey / Denn er hat es drumb eingesetzt / daß es der Christenheit Losung vnd Malzeichen sey / dabey man vns kennen könte. Denn wenn wirs nicht hetten / könte man nicht wissen / wo vnnd welche Christen weren / vnnd wo das Euangelion Frucht schaffete. Wenn man aber zum Sacrament gehet / so sihet man / wer sie sind / die das Euangelion gehöret haben. Darnach kan man auch achtung haben / ob sie Christlich leben. Also ist das ein Malzeichen / dabey man vns kennct / damit wir auch Gottes Namen bekennen / daß wir vns seines Worts nicht schemen. Wenn nu der Bapst sihet / daß ich zum Sacrament gehe / vnd nehme beyde Gestalt nach dem Euangelio / so ist das
|| [ID00208]
Zeugnis da / daß ich ans Euangelion wil. Fehet er denn an zu zürnen vnnd wil mich erwürgen / so gehet es recht / wie es zum ersten in der Christenheit gangen ist / da die Christen auch bey diesem Warzeichen Gott bekenneten. Vnsere Bischoffe haben beyde Gestalt verboten / wollen wir nu Christum bekennen / so müssen wir hingehen vnd beyde gestalt nemen / daß man wisse / daß wir Christen sind / vnnd vber dem wort Gottes halten. Würget man vns darüber / so sollen wir leiden / Gott wird vns das Leben reichlich gnug wieder geben. Darumb ists recht / daß wir also verfolget werden / sonst wenn es in ehren gienge / so were kein recht Bekentnis da. Also bleiben wir in einem rechten Stand / daß wir müssen Schande vnd Schmach / vnnd dazu des Todes gewarten vmb des HERRN willen / wie es in der ersten Kirchen gangen ist. Weiter habe ich gesagt / daß es nicht
|| [ID00209]
gnug sey / daß du zum Sacrament gehest / du seyest denn gewis vnd wissest einen schutz für dich / damit du küntest Grund vnnd Vrsach anzeigen / daß du recht daran thust. Auff daß du gerüstet seyest / wenn man dich angreiffen würde / vnnd küntest dich für dem Teuffel vnnd der Welt schützen mit Gottes Wort. Drumb kanstu nicht auff eines andern Glauben hingehen / Denn du must für dich selbst gleuben eben so wol als ich / denn du eben so wol streiten must als ich. Darumb mustu für allen dingen die Wort wol wissen / damit Christus das Sacrament eingesetzt hat / Nemlich diese. IN der Nacht da Jesus verraten ward / nam er das Brod / dancket vnd brachs / vnd gabs den Jüngern vnd sprach: Nemet / esset / das ist mein Leib / der für euch gegeben wird / das thut zu meinem Gedechtnis.
|| [ID00210]
Desselbigen gleichen nam er auch den Kelch / nach dem sie zu Abend gessen hatten / vnd dancket / vnnd gab jhn den / vnnd sprach: Trincket alle daraus / Das ist der Kelch des newen Testaments in meinem Blut / das für euch vergossen wird / zu vergebung der Sünde / Solches thut / so offt jhr trincket / zu meinem Gedechtnis. Diß sind Wort / die weder sie noch der Teuffel leugnen können / drauff müssen wir stehen. Vnnd las sie es glosieren / wie sie wollen / so haben wir Gottes Wort klar / das da sagt / Das Brod sey Christus Leib / für vns gegeben / vnnd der Kelch seines Bluts für vns vergossen. Das heist er vns thun / daß wir sein dabey gedencken. So hat der Bapst geboten / man sol es nicht also thun. Ja sagen sie / Wir sind Leyen vnnd
|| [ID00211]
irren / verstehens nicht vnnd könnens nicht außlegen. So sagen wir wider / Vns gebürt es eben so wol auß zu legen als jenen / Denn vns ist eben so wol geboten / an Christum zu gleuben vnd den Glauben zu bekennen / vnd alle Gebot Gottes zu halten / als jhenen. Denn wir haben eben den Gott / den sie haben wollen / Wie sollen wir den gleuben / vnd sein Wort nicht wissen noch verstehen? Weil mir denn geboten ist zu gleuben / so muß ich ja auch die Wort wissen / die ich gleuben sol / Denn wie kan ich ohn wort gleuben? Dazu muß ich auch feste darauff stehen / vnd mich wissen damit zu schützen / vnnd wiederlegen was man dagegen auffwirfft / Also kanstu jenen das Maul stopffen vnnd schliessen / Mein Glaube muß je eben so gut seyn / als deiner / darumb muß ich je das Wort so wol haben vnnd wissen als du. Als wenn hie der Euangelist saget / Jesus nam den Kelch vnnd gab jhn den
|| [ID00212]
Jüngern / vnnd sprach: Trincket alle daraus / Das ist mein Blut des Newen Testaments / welchs für euch vergossen wird etc. Diese Wort sind je klar gnug / vnd ist niemand so grob / der nicht verstehe / was da heisse / Nemet hin vnd trincket alle drauß / Das ist der Kelch des Newen Testaments in meinem Blut. Darumb sagen wir / Es sey denn daß sie vns lehren / daß trincken etwas anders heisse / denn wie es die gantze Welt heisset / so bleiben wir dabey / daß wir alle aus dem Kelch trincken sollen. Es stehe nu dawieder was da wolle / gewonheit oder Concilia, So sagen wir dargegen / Gott ist elter / vnd grösser denn alle ding. Item / So sind diese Wort auch klar / Das thut zu meinem Gedechtnis. Hie sage mir / Wer sol des HERRN gedencken? Ist es allein den Pfaffen / vnnd nicht allen Christen gesagt? Was ist aber sein gedencken anders / denn von jhm predigen vnnd jhn bekennen? Sollen wir denn alle des
|| [ID00213]
HERRN gedencken / so muß vns je auch beydes gegeben seyn zu nehmen / vom Brod zu essen / vnd vom Kelch zu trincken / das kan je niemand leugnen. Darumb hilffts nichts / daß du einen Deckel darüber machest / vnnd sagest / wir sollen die Wort nicht wissen. Sollen wirs nicht wissen / was thustu denn? Wiltu doch ein Hirt seyn / vnd soltest darumb da seyn / daß du mich sie vnterweisest vnd fürpredigest. Vnd must also mit den faulen Thedingen deine eigene schande bekennen / vnd dich selbst in die Zungen beissen / daß du so vnuerschampt wieder die Warheit reden darffst. Also sihestu / wie man die Wort des Sacraments fassen / vnd gewis halten sol / den̅ da ligt die macht alle an. Dieselbe̅ müssen wir alle wissen / verstehen vnd mit dem Glauben daran hangen / daß man sich damit könte wehren / vnd die Feinde zu rücke schlagen. Wenn du nu zum Sacrament wilt
|| [ID00214]
gehen / so höre die Wort / vnnd halt es dafür / daß da der Schatz gar ligt / darauff du stehen vnd dich verlassen sollest. Denn sie eigentlich zu dir gesprochen werden / Mein Leib wird gegeben / Mein Blut wird vergossen (sagt Christus) Wozu? Daß du es allein essen vnd trincken sollest? Nein / sondern zu vergebung der Sünden. Das ist eben das dich trifft / Vnd alles ander was sonst hie geschicht vnd gesprochen wird / dienet alleine dazu / daß dir deine Sünde sollen vergeben werden. Sol es aber zur vergebung der Sünden dienen / so muß es auch gut seyn den Todt zu vberwinden / Denn wo die Sünde weg ist / da ist auch der Todt hinweg / vnd die Helle dazu. Wo diese hinweg sind / da ist auch alles Vnglück hinweg / vnnd muß alle Seligkeit da seyn. Da da ligt der grosse Schatz / da sihe auff / vnnd las das Narrenwerck faren / damit die hohen Schulen vmbgehen vnnd sich bekümmern / wie der Leib Christi da sey / vnd sich
|| [ID00215]
verberge vnter einer solchen kleinen Gestalt. Solch Wunderwerck setze aus den Augen / vnnd hange an dem Wort vnnd trachte darnach / daß du Nutz vnnd Frucht von dem Sacrament habest / nemlich diese / daß dir deine Sünde vergeben werden. Darumb mustu dich also schicken / daß dich die Wort treffen. Das geschicht denn / wenn du fühlest / daß dich deine Sünde beisset vnnd erschrecket / daß du in Anfechtung ligst des Fleisches / der Welt vnd des Teuffels. Hie bistu zornig vnnd vngedultig / jtzt fichtet dich der Geitz an vnd sorge der Narung etc. Daß du ohn vnterlas viel anstösse hast / vnd zu weilen auch grobe stück mit lauffen / daß du fellest vnnd die Seele verletzt wird. So bistu denn ein arm elend Mensche / fürchtest dich für dem Todt / wirst verzagt / vnnd kanst nicht frölich seyn. Da ist zeit vnnd vrsach gnug / daß du hin gehest / beichtest vnnd deine Noth für Gott klagest vnd sprechest / HERR du hast
|| [ID00216]
das Sacrament deines Leibs vnd Bluts darumb eingesetzt vnnd vns gelassen / daß man da vergebung der Sünde holen sol. So füle ich daß ich sein nottürfftig bin / Ich bin in Sünden gefallen / vnd stehe in Furcht vnd verzagen / bin nicht küne dein Wort zu bekennen / habe so viel vnd so viel Gebrechen. Darumb kom ich nu / daß du mich heilest / tröstest vnd sterckest etc. Darumb habe ich also gesagt / daß man das Sacrament keinem geben solle / er wisse denn zuuor anzugeben / daß es also vmb jhn stehe / Nemlich daß er sage / was jhm feile / vnd begere da Stercke vnd Trost zu holen / durch das Wort vnd das Zeichen. Wer es nu nicht also brauchen kan / der bleibe dauon / vnnd thu nicht wie die thun / die sich auff diese zeit so jämmerlich Martern / wenn sie zum Sacrament gehen / vnd doch gar nicht wissen / was sie thun. Wenn du nu das Sacrament geholet hast / so gehe fort vnd vbe deinen Glauben / da dienet das Sacrament zu / daß du
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denn köntest sagen: Da habe ich öffentlich das wort / daß mir die Sünde vergeben sind. Dazu auch das öffentliche Zeichen in meinem Munde genommen / das kan ich bezeugen / wie ichs auch öffentlich bekant habe / für dem Teuffel vnnd aller Welt. Wenn dich nu der Todt vnd das böse Gewissen anficht / kanstu darauff stönen / vnnd trotzen wieder den Teuffel vnnd die Sünde / vnd also deinen Glauben stercken / vnnd das Gewissen frölich machen gegen Gott / vnnd wirst also gebessert / von tage zu tage / da du sonst träg vnnd kalt bleibest / vnd je mehr du dich dauon zeuchst / je vngeschickter du wirst. Fülestu aber daß du vngeschickt / schwach / vnnd ohn Glauben seyest / wo wiltu anders stercke holen denn hie? Wiltu so lange harren / biß du zuuor rein vnnd starck werdest / so kömpstu wol nimmermehr dazu / vnd ist dir auch das Sacrament kein nütz. Diß were der rechte brauch des Sa
|| [ID00218]
craments / damit die Gewissen nichts gemartert / sondern getrost vnd frölich werden. Denn Gott hat es nicht gegeben / als solt es ein Gifft vnd Marter seyn / daß man dafür erschrecken solt / wie wir gethan haben / durch die verkerete Lehre / als solten wir da vnser frömigkeit Gott opfferen / vnd haben die Wort / die vns zu Trost vnnd Heyl gegeben sind / die Gewissen zu stercken / erquicken / frölich vnd los von allem vnglück zu machen / verborgen. Also solt man es fassen / vnd das Sacrament nicht anders ansehen / denn daß drinne eytel süsse Gnade / Trost vnd Leben sey. Den jenigen ist es ein Gifft vnnd Todt / so da frech hinan gehen / keine Schwachheit / Gebrechen oder Noth fühlen / die sie dazu treiben solte / gleich als weren sie zuuor rein vnd from. Solche wil es aber haben / die jhre Gebrechen erkennen / vnd fühlen daß sie nicht from sind / vnd doch gerne from werden wolten. Also ligt es allein an solchem fühlen / Denn wir
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sind zwar alle gebrechlich vnnd Sünder / wir erkennens aber nicht alle. Diß sey gnug gesagt / wie man sich gegen dem Sacrament bereiten vnnd halten sol / den Glauben zu vben vnd stercken durch die Wort im Sacrament / daß der Leib vnnd das Blut für vns gegeben vnnd vergossen sey / zu vergebung der Sünde / durch welche Wort gnugsam angezeiget vnnd außgetruckt ist aller Nutz / Frucht vnnd Brauch des Sacraments / so ferne wir sein für vns selbst geniessen. Das ander Stück das aus dem ersten folget / heist nu die Christliche Liebe / drauff man auch wol achtung haben sol. Denn wir sind auch schüldig / daß wir den Nutz vnd Frucht des Sacraments scheinen lassen / vnd beweisen können / daß wir es nützlich empfangen haben. Itzt sehen wir / daß es durch alle Welt in so viel Messen empfangen wird. Wo sihet man aber irgent einige Frucht die auch hernach folget?
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Dis ist aber nu die Frucht / daß wir vns wieder lassen essen vnnd trincken / wie wir des HERRN Christi Leib vnd Blut gessen vnd getruncken haben / vnd auch zu vnserm Nehesten diese Wort sprechen. Nim hin / iß vnd trinck / daß es nicht ein spot / sondern ernst sey / daß du dich dahin gibst mit allem deinem Leben / wie Christus in diesen Worten gethan hat / mit allem das er ist. Als solt er sagen / Da bin ich selber / der für dich wird gegeben / den Schatz schencke ich dir / was ich habe / das soltu auch haben / wenn dirs mangelt / sol mirs auch mangeln / Da hastu meine Gerechtigkeit / Leben vnnd Seligkeit / daß dich weder Sünde noch Tod / Helle vnd alle Vnglück vberweltigen sol. So lang ich gerecht bin vnd lebe / so lange soltu auch from vnnd lebend bleiben. Solche Wort spricht er zu vns / die müssen wir auch fassen / vnd gegen vnsern Nehesten reden / nicht allein mit dem Munde / sondern auch mit der That /
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Nemlich also / Sihe mein lieber Bruder / Ich habe meinen HERRN empfangen / der ist mein / Vnd habe nu vberig gnug vnd alle fülle. So nim du nu auch was ich habe / das sol alles dein seyn / vnd ich wil es auch für dich da setzen / Ist es noth / daß ich für dich sterben sol / so wil ichs auch thun. Dis Ziel ist vns hie in diesem Sacrament gesteckt / daß solche beweisung gegen dem Nehesten in vns erscheine. Das ist aber wahr / wir werdens nicht dahin bringen / daß wir so vollkommen werden / daß einer Seele / Leib / Gut vnnd Ehre für den andern setze / Wir leben noch im Fleische / das so tieff in vns gewurtzelt ist / daß wir dis Zeichen vnnd Beweisung nicht können so reine geben. Vmb des mangels willen hat Christus das Sacrament auch eingesetzt zur vbung / daß mans da hole / was vns hierinne fehlet. Denn was wiltu sonst thun / wenn du das nicht bey dir findest? Du must es je jhm auch klagen vnnd sprechen: Sihe / daran fehlet
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mirs / du gibst dich mir so reichlich vnnd vberflüssig / Ich kan aber nicht widerumb also thun gegen meinem Nehesten / das klage ich dir vnnd bitte / Las mich doch so reich / so krefftig werden / daß ichs auch thun könne. Vnnd ob es wol vnmüglich ist / daß wir so vollkommen mügen werden / so sollen wir dennoch darnach seufftzen / vnd ob es vns mangelt / nicht verzweyffelen / so ferne solche Begierde in vns bleibet / daß wirs gern thun wolten. Dis ist aber nicht das geringste stück der Liebe oder hingebens / wenn ich kan meinen dünckel hinweg geben. Meinem Nehesten kan ich wol zeitlich Gut vnnd Leiblichen dienst geben / mit meiner mühe vnnd arbeit / ich kan jhm auch dienen mit der Lehre vnd Fürbit. Item daß ich jhn heimsuche vnd tröste / wenn er kranck oder betrübt ist / speise / wenn jhn hungert / löse / so er gefangen ist etc. Aber das ist das aller gröste / wenn ich des Nehesten schwachheit tragen kan.
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Es wird aber ein mangel vnter vns bleiben / daß wirs nicht vollkömlich thun können als Christus gethan hat. Er ist die reine helle Sonne / darinne kein Nebel ist / dargegen ist vnser Liecht kaum als ein Strohalm angezündet gegen diese Sonne. Dort ist ein glüender Backofen vol Fewers vnd vollkommener Liebe / noch ist er zu frieden wenn wir nur ein Kertzlin anzünden / vnd vns ein wenig stellen / als wolten wir die Liebe herfür leuchten vnd brennen lassen. Dis ist nu der mangel / den wir alle vntereinander sehen vnd spüren / da sol bey leib niemand Vrtheilen / vnnd sprechen / das ist nicht Christus / sondern sihe / wie er gethan hat im Euangelio / da er seine Jünger so offt narren vnd strauchlen lest / vnd damit seine Weißheit jhrer Thorheit lesset weichen vnnd dienen / verdampt sie nicht / sondern duldet jhre schwachheit / vnnd sprich zu jhn: Wo ich hingehe / da könnet jhr itzt nicht kommen. Item zu
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Petro / Was ich thu / das weistu jtzt nicht. Durch solche Liebe gibt er dahin seine Gerechtigkeit / Vrtheil / Gewalt / Rach vnd Straffe / vnd das recht / so er vber vns vnd vnsere Sünde hat. Er könd vns wol verdammen vmb vnser thorheit willen / Noch thut er nicht mehr denn daß er sagt / du thust vnrecht / du weist nichts. Wirfft vns aber nicht hinweg / sondern tröstet vns. Darumb sage ich / daß es nicht ein geringe Exempel der Liebe sey / daß man den Nehesten könte tragen / wenn es schwach ist im Glauben / oder in der Liebe. Wiederumb aber ist vns nicht zugelassen / ob Christus gleich mit seinen Jüngern so freundlich handelt / daß man darumb die schwachheit oder Sünde billichen solle. Denn er hernach zu Petro spricht / Was ich jtzt thu / wirstu erst hernach wissen. Da hat er alleine der schwachheit frist gegeben / vnd dieselbe getragen. Als solt er sagen / Den Vnuerstand vnd schwachen Glauben wil ich vmb deinen willen tra
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gen / vnd dir schonen / so ferne du in dieser erkentnis bleibest / daß du noch bas heran müssest / vnd denckest / du woltest hernach / nicht daß du faul vnd zu sicher werdest. Darumb sollen wir vns nicht träge lassen machen / wenn wir das Sacrament empfangen haben / sondetn fleissig seyn / vnd acht haben / daß wir in der Liebe zunemen / vnd vns des Nehesten notturfft annehmen / vnnd jhm die handreichen / wo er noth leidet / vnnd vnser hülffe bedarff. Thustu das nicht / so bistu nicht ein Christen / oder je ein schwacher Christ / ob du gleich dich rhümest / du hast den HERRN mit allem was er ist empfangen im Sacrament. Wiltu aber gewis seyn / ob du Fruchtbarlich zum Sacrament gegangen seyest / so kanstu es nicht besser treffen / denn daß du acht habest / wie du dich gegen deinem Nehesten erzeigest. Du darffst nicht darnach gedencken / wie grosse andacht du gehabt habest / oder wie wol dir die wort im Hertzen schmecken. Es sind wol gute ge
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dancken / es ist aber nicht gewis vnd kan dir fehlen. Damit wirstu aber gewis / daß es in dir krefstig sey / daß du darauff sehest / wie du gegen deinem Nehesten stehest. Findestu es also / daß dich die Wort vnd das Zeichen oder Sacrament erweichen vnnd bewegen / daß du deinem Feind hold seyest / vnd dich deines Nehesten annimpst / vnnd hilffest jhm seinen Jammer vnd Leid tragen / so gehets recht. Sonst wo du das nicht thust / so bleibstu vngewis / wenn du einen Tag hundert mal des Sacraments genössest mit so grosser andacht / daß du auch für frewden weinetest. Denn solche wünderliche Andacht für Gott nichts ist / die so lieblich eingehet / vnd wol so fehrlich / als sie gut ist. Darumb müssen wir für allen dingen des bey vns selbst gewis seyn / wie S. Petrus sagt / Thut fleis ewren Beruff fest zu machen / durch gute Werck. Es ist zwar wol gewis an jhm selbst / das Wort vnnd Sacrament / Denn darüber zeuget Gott selbst
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mit allen Engeln vnnd frommen Leuten. Aber es fehlet noch an dir / ob du auch dasselb Zeugnis gebest. Darumb wenn gleich alle Engel vnnd die gantze Welt von dir zeuget / daß du das Sacrament nützlich genommen hast / so ist es doch viel schwecher / denn das Zeugnis das du selbst gibst: Aber dazu kanstu nicht kommen / du schest denn dein wesen an / ob es herfür leuchte / vnd in dir gewircket vnd Frucht geschaffet habe. Wo denn die Frucht nicht folgen wil / vnd du fühlest / daß du jmmerdar bleibest wie zuuor / vnd dich des Nehesten nicht annemest / so hastu vrsach / daß du dich anders drein stellest / denn es ist kein gut Zeichen. Must es doch Petrus auch hören / der doch from war / vnd wolt für Christum sterben vnd wunder thun / Wie wiltu aber thun? Fülestu noch böse Lust / Zorn / Vngedult etc. So hastu abermal eine noth die dich treibet vnd jaget zum HERRN Christo / daß du es jhm klagest / vnnd sprechest: Ich gehe zum Sacrament / vnd bleibe den
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noch wie vor ohn Frucht / Ich habe so grossen Schatz empfangen / der bleibt da bey mir ligen vnnd rugen / das klage ich dir. Hastu mir den Schatz gegeben vnnd geschenckt / so gib auch / daß er Frucht vnnd ein ander wesen in mir schaffe / sich beweise / vnnd erzeige gegen meinem Nchesten. Wenn du dich nu ein wenig anhebest zu beweisen / so wirstu immer stercker werden / vnd von tage zu tage mehr herfür brechen. Denn dis Leben ist nicht anderst / denn ein Leben des Glaubens / der Liebe vnd des heiligen Creutzes. Aber diese drey werden nimmer in vns vollkommen / weil wir auff Erden leben / vnnd hat sie niemand vollkommen / denn allein Christus / der ist die Sonne / vnnd vns gegeben vnnd gesetzt zum Beyspiel / dem wir nachömen müssen. Darumb findet man allezeit vnter vns etliche / die da schwach / vnnd etliche / die da starck sind / vnd aber etliche die noch stercker sind. Diese können wenig / die andern viel / ley
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den / vnnd müssen also alle bleiben in dem Ebenbilde nach Christo. Denn diß Leben ist ein solcher Wandel / darinne man immerdar fort feret von Glauben in Glauben / von Liebe in Liebe / von Gedult in Gedult / oder von Creutz in Creutz. Es ist nicht Gerechtigkeit / sondern Rechtfertigung / nicht Reinigkeit / sondern Reinigung / Wir sind noch nicht kommen / dahin wir sollen / wir sind aber auff der Bahn vnd im Wege / darauff sind etliche weiter vnnd weiter. Gott ist zu frieden / daß er vns findet in der Arbeit vnnd Fürsatz / Wenn er wil / so kömpt er bald vnnd stercket den Glauben vnd die Liebe / vnnd setzt vns in einem Augenblick aus diesem Leben in Himmel. Weil wir aber auff Erden leben / müssen wir immerdar ein ander tragen / wie vns Christus getragen hat / angesehen / daß vnser keiner gantz vollkommen ist. Solches hat vns Christus nicht allein fürgebildet durch sein eigen Exempel / vnd
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durch das Wort dargegeben / sondern auch in der Gestalt des Sacraments abgemahlet / nemlich / in Brod vnnd Wein. Wir halten / daß vnter dem Brod vnnd Wein sey der wahre Leib vnd das Blut Christi / als es auch ist. Da sehen wir anders / vnnd gleuben anders / darinne der Glaube fürgebildet ist. Denn wenn wir das Wort hören / vnnd das Sacrament nehmen / so haben wir ein schlecht Wort vnd Werck / noch ergreiffen wir darinnen das Leben vnd alles Gut / dazu auch Gott selbst. Also ist auch die Liebe abgemalct in diesen Zeichen vnd Gestalten. Zum ersten im Brod / Denn wenn die Körner auff einem hauffen ligen / vnnd nicht gestossen sind / so ist ein jeglichs für sich ein eigen Leib / vnnd wird nicht mit dem andern vermischet / Wenn sie aber zusammen gestossen werden / so wird aus allen ein Leib. Darnach geschicht solches auch im Wein / wenn man die Beer nicht drucket /
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so behelt ein jgliches seine Gestalt für sich. Wenn sie aber außgedruckt werden / fleusset es alles zusammen / vnnd wird ein Tranck. Daß man nicht mehr sagen kan / das Meel ist in diesem Korn gewesen / oder das Tröpfflin in dieser Beer / denn es ist ein jgliches in des andern Gestalt gekrochen / vnd ist also ein Brod vnd ein Tranck daraus worden. Also hat es S. Paulus auch gedeutet 1. Cor. 10. Wir viel / sind ein Brod vnnd ein Leib / die wir alle eines Brodes theilhafftig sind. Wir essen den HERRN durch den Glauben des Worts / das die Seele zu sich nimpt vnd sein geneusset. So isset mein Nehester mich wieder / mein Gut / Leib vnd Leben gebe ich jhm / vnd alles was ich habe / vnd las jhn des alles geniessen vnd gebrauchen zu aller notturfft. Item so darff ich meines Nehesten wieder / bin auch Arm vnnd Elend / vnnd las mir wieder helffen vnnd dienen. Also werden wir in einander geflochten / daß einer dem
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andern hilfft / wie vns Christus geholffen hat / Welches Geistlich einander essen vnd trincken heist. Diß sey nu zur Zugabe vom Sacrament gesagt / wenn wir hingegangen sind / daß wir denn achtung haben sollen auff die Liebe / dadurch wir für vns selbst gewis werden / ob wir Fruchtbarlich das Sacrament empfangen haben / vnnd dasselbe auch gegen andern beweisen können / auff daß wir nicht hinzu lauffen / vnd doch immer bleiben wie zuuor. Darumb sollen wir vns (wie ich gesagt habe) von vnser eigener Andacht vnd gedancken geben / auff das wesen gegen den Nehesten / vnnd den Spiegel für vns nehmen / also daß wir es vns lassen ein ernst seyn. Das Sacrament sol also mit vns vmbgchen / daß es vns wandele vnd ander Leute mache. Denn die Wort vnd Werck Gottes wollen nicht müssig seyn / sondern gros ding schaffen / Nemlich / daß wir frey vnd los werden von Sünden / Todt vnnd
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Teuffel / vnnd vns für keinem ding fürchten. Vnd doch wiederumb Knechte werden des aller geringsten Menschen auff Erden / vnd vns des gar nicht beschweren / sondern froh werden / daß wir jemand finden mügen / der vnser hülffe darff / vnnd vns lassen bang seyn / daß wir so viel Guts haben vnd nicht anlegen sollen. Wo nu das Sacrament solches nicht schafft / so ist zu fürchten / daß es schaden thu. Doch ob es nicht so gantz krefftig ist / sol man die vnuollkommenen vnd schwachen darumb nicht hinweg werffen / sondern nur allein die / so da faul vnnd frech sind / vnd meynen es sey daran genug / daß sie hin gelauffen sind / vnd das Sacrament geholet haben. Du must anders werden vnnd dich beweisen / so kanstu durch das Zeichen spüren / daß Gott bey dir ist / so wird dein Glaube gewiß vnd sicher / Denn du kanst je wol fühlen / ob du frölicher vnd kühner werdest / denn du vor gewesen bist. Vorhin wenn wir vom Tode höre
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ten / vnnd an die Sünde gedachten / wolt vns die Welt zu enge werden. Fühlen wir nu jtzt solches nicht mehr / so ist es vnser eigene Krafft nicht / Denn vorhin kunten wir dahin nicht kommen / da wir auch mehr fleis daran wendeten / vnd vns selbst mit Wercken helffen wolten. Item / so kanstu auch fühlen / ob du dem hold seyest / der dir leid gethan hat / vnnd dich erbarmest des / der kranck ist. Also kanstu spüren / ob es Frucht bey dir schaffe durch dein eigen Leben. Fühlestu solches nicht / so klage Gott deinen mangel vnnd noth / wie wir denn alle thun müssen vnser Lebenlang / Sintemal (wie wir gesagt haben) niemand vollkommen ist. Das sey dauon auff dißmal gnug.
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Sermon von der Bereitung zum Sterben.
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ZVm Ersten / Dieweil der Todt ein Abscheid ist von dieser Welt vnnd allen jhren hendeln / ist noth / daß der Mensche sein zeitlich Gut ordentlich verschaffe / wie es sol oder er gedencket zu ordnen / daß nicht bleibe nach seinem Tode vrsach zancks / haders / oder sonst eines Irrthumbs / vnter seinen nachgelassenen Freunden. Vnnd diß ist ein Leiblicher oder eusserlicher Abschied von dieser Welt / vnd wird vrlaub vnd letzte gegeben dem Gut. Zum Andern / Daß man auch Geistlich einen Abscheid nehme / das ist / man vergebe freundlich / lauterlich vmb Gottes
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willen allen Menschen / wie sie vns beleidiget haben. Wiederumb auch begere vergebung lauterlich vmb Gottes willen / von allen Menschen / deren wir viel ohn zweyffel beleidiget haben / zum wenigsten mit bösen Exempeln / oder zu wenig wolthaten / wie wir schüldig gewesen sind / nach dem Gebot Brüderlicher Christlicher liebe. Auff daß die Seele nicht bleibe behafftet mit irgent einem handel auff Erden. Zum Dritten / wenn so jederman vrlaub auff Erden gegeben ist / sol man sich denn alleine zu Gott richten / da der Weg des Sterbens sich auch hinkeret vnnd vns führet. Vnnd hie hebt sich an die enge Pforte / der schmale Steig zum Leben / des muß sich ein jglicher frölich erwegen / Denn er ist wol fast enge / er ist aber nicht lang. Vnnd gehet hie zu / gleich wie ein Kind aus der kleinen Wonung seiner Mutter Leib / mit gefahr vnnd engsten geboren wird / in diesen weiten Himmel vnd
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Erden / das ist / auff diese Welt. Also gehet der Mensch durch die enge Pforten des Todes / aus diesem Leben in das ewige Leben. Vnd wiewol der Himmel vnd die Welt da wir jtzt inne leben / gros vnd weit angesehen wird / so ist es doch alles gegen dem zukünfftigen Himmel viel enger vnd kleiner / denn der Mutter Leib gegen diesem Himmel ist. Darumb heisset der lieben Heiligen sterben eine newe Geburt / vnnd jhre Fest nennet man zu Latein / Natale, ein Tag jhrer Geburt. Aber der enge Gang des Todes macht / daß vns diß Leben weit / vnd jenes enge dünckt / Darumb muß man das gleuben / vnd an der Leiblichen Geburt eines Kindes lernen / als Christus sagt: ein Weib wen̅ es gebiert / so leidet es angst / wenn sie aber genesen ist / so gedenckt sie der angst nimmer / dieweil ein Mensch geboren ist von jhr in die Welt. Also im sterben auch / muß man sich der angst erwegen vnd wissen / daß darnach ein grosser raum vnd frewde seyn wird.
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Zum Vierden / Solch zurichten vnd bereitung auff diese fart / stehet darinne. Zum ersten / Daß man sich mit lauterer Beicht (sonderlich der grössesten Stück / vnd die zur zeit im Gedechtnis / müglichs fleis erfunden werden) vnnd des heiligen Christlichen Sacraments des heiligen waren Leichnams Christi / versorge / desselben andechtig begere / vn̅ mit grosser zuuersicht empfahe / so man es haben mag. Wo aber nicht / sol nicht desto weniger das verlangen vnnd begierd desselben tröstlich seyn / vnnd nicht darob zu sehr erschrecken. Christus spricht / Alle ding sind müglich dem / der da gleubet / denn die Sacrament anders nicht sind / denn Zeichen / die zum Glauben dienen / vnd reitzen / wie wir sehen werden / ohn welchen Glauben sie nichts nütz sind. Zum Fünfften / Sol man je zusehen mit allem ernst vnd fleis / daß man die heiligen Sacrament groß achte / sie in ehren habe / sich frey vnd frölich darauff verlasse / Vnnd sie gegen die Sünde / Todt vnnd
|| [ID00239]
Helle also wege / daß sie weit vberaus schlahen / Auch viel mehr mit den Sacramenten vnnd jhren Tugenden sich bekümmern / denn mit den Sünden. Wie aber die Ehre recht geschehe / vnd was die Tugend sind mus man wissen. Die Ehre ist / daß ich gleube / es sey war vnnd geschehe mir / was die Sacrament bedeuten / vnd alles was Gott darinnen saget vnd anzeiget / daß man mit Marien der Mutter Gottes in festem Glauben spreche / Mir geschehe nach deinen Worten vnd Zeichen. Denn dieweil daselbst Gott durch den Priester redet vnnd zeichnet / möcht man Gott keine grössere vnehre in seinem Wort vnd Werck thun / denn zweyffelen / ob es war sey. Vnnd keine grössere Ehre thun / denn gleuben / es sey war / vnd sich frey darauff verlassen. Zum Sechsten / Die Tugend der Sacrament zu erkennen / muß man vor wissen die Vntugend / dawieder sie fechten vnd vns gegeben sind. Der sind drey.
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Die Erste / das erschreckliche Bild des Todes. Die Ander / Das grewliche mannigfeltige Bilde der Sünden. Die Dritte / Das vntregliche vnuermeidliche Bilde der Hellen vnd ewigen Verdamniß. Nu wechst ein jgliches dieser dreyen / vnd wird groß vnd starck / aus seinen zusatzen. Der Todt wird gros vnd erschrecklich / daß die blöde / verzagte Natur / dasselbe Bilde zu tieff in sich bildet / zu sehr für Augen hat. Dazu steuret nu der Teuffel / auff daß der Mensche das greßlich Geberde vnnd Bilde des Todes tieff betrachte / dadurch bekümmert / weich vnd zaghafftig werde. Denn da sol er wol alle die schrecklichen / gehnlinge / böse Töde fürhalten / die ein Mensch je gesehen / gehöret oder gelesen hat. Daneben mit einwickeln den Zorn Gottes / wie er vor zeiten hie vnnd da die Sünder geplaget vnd verderbet hat. Damit die blöde Natur zur furcht des Todes / vnd zur Liebe vnd Sorge des Lebens trei
|| [ID00241]
ben. Dadurch der Mensch zu viel beladen mit solchen Gedancken / Gottes vergesse / den Todt fliehe vnnd hasse / vnd also Gott am letzten Ende vngehorsam erfunden werde vnnd bleibe. Denn je tieffer der Todt betracht / angesehen vnd erkant wird / je schwerer vnd fehrlicher das sterben ist. Im Leben solt man sich mit des Todes gedancken vben / vnd zu vns foddern / wenn er noch ferne ist / vnd nicht treibt. Aber im sterben / wenn er von jhm selbst schon alzu starck da ist / ist es fehrlich / vnd nichts nütz. Da muß man sein Bilde außschlahen / vnd nicht sehen wollen / wie wir hören werden. Also hat der Todt seine Krafft vnd Stercke in der blödigkeit vnser Natur / vnnd in seinem vnzeitigen zu viel ansehen vnnd betrachten. Zum Siebenden / Die Sünde wechst vnd wird groß auch durch jhr zu viel ansehen vnd tieff bedencken. Da hilfft zu die blödigkeit vnsers Gewissen / das sich selbst für Gott schemet / vnnd grewlich strafft.
|| [ID00242]
Da hat der Teuffel denn ein Bad funden / das er suchet / da treibt er / da machet er die Sünde so viel vnnd gros. Da sol er alle die für halten / die je gesündiget haben / vnd wie viel mit wenigern Sünden verdampt sind. Daß der Mensch aber muß verzagen oder vnwillig werden zu sterben / vnnd also Gottes vergessen / vnd vngehorsam erfunden vnd bleiben biß in den Todt. Sonderlich / dieweil der Mensch meynet / er müsse die Sünde als denn betrachten / vnd thu wol / recht vnd nützlich daran / daß er damit vmbgehe. Also findet er sich denn vnbereit vnd vngeschickt / so sehr / daß auch alle seine gute Werck zu Sünden worden sind. Aus dem denn muß folgen ein vnwillig sterben / vngehorsam Gottes willen / vnd ewiges Verdamnis. Denn die Sünden tieff betrachten / hat da keinen fug noch zeit / das sol man in der zeit des Lebens thun. Also verkehret vns der böse Geist alle ding / am Leben / da wir solten des Todes /
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der Sünde / der Hellen Bilde stetig für Augen haben / als Psalm. 50. stehet / Meine Sünde sind mir alle zeit für Augen. So thut er vns die Augen zu vnd verbirget dieselben Bilde: Am Todt / da wir sollen nur das Leben / Gnad vnnd Seligkeit für Augen haben / thut er vns denn allererst die Augen auff / vnnd engstet vns mit den vnzeitigen Bilden / daß wir der rechten Bilden nicht sehen sollen. Zum Achten / Die Helle wird gros / vnd wechst auch durch jhr zu viel ansehen vnnd hartes bedencken zu vnzeit. Dazu hilfft vber die mas sehr / daß man Gottes Vrtheil nicht weis / Dahin der böse Geist die Seele treibet / daß sie sich mit vbrigen / vnnützen vorwitz / ja aller fehrlichsten fürnehmen beladet / vnnd verstehen sol Göttliches Raths heimligkeit / ob sie versehen sey oder nicht. Hie vbet der Teuffel seine letzte / gröste / listigeste Kunst vnd vermügen / Denn damit führet er den Menschen (so er es
|| [ID00244]
versihet) vber Gott / daß er sucht Zeichen Göttliches willens / vnd vngedultig werde / daß er nicht wissen sol / ob er versehen sey / macht jhm seinen Gott verdechtig / daß er viel nahe nach einem andern Gott sich sehnet. Kürtzlich / hie gedenckt er die Gottes Liebe mit einem Sturmwind außzuleschen / vnd Gottes Haß erwecken. Je mehr der Mensch dem Teuffel folget / vnd die Gedancken leydet / je fehrlicher er stehet / vnnd zu letzt sich nicht mag erhalten / er felt in Gottes Haß vnd Lesierung. Denn was ist es anders / daß ich wissen wil / ob ich versehen sey / denn ich wil alles wissen / was Gott weis / vnnd jhm gleich seyn / daß er nichts mehr wisse denn ich / vnnd also Gott nicht Gott sey / so er gar nichts vber mich wissen sol? Da helt er für / wie viel Heyden / Jüden / Christen Kinder verloren werden / vnnd treibet mit solchen fehrlichen vnd vergebenen Gedancken so viel / daß der Mensch / ob er sonst gerne stürbe / doch in diesem stück vnwillig wird.
|| [ID00245]
Das heisset mit der Helle angefochten / wenn der Mensche mit Gedancken seiner Versehung wird angefochten / darüber im Psalter gar viel klagens ist. Wer hie gewinnet / der hat die Sünde / Helle / Todt auff einen hauffen vberwunden. Zum Neunden / Nu muß man in diesem handel allen fleiß ankeren / daß man dieser dreyer Bilde / keines zu Haus lade / noch den Teuffel vber der Thür male / sie werden selbst alzu starck herein fallen / vnd das Hertz mit jhrem ansehen / disputieren vnd zeigen / gantz vnd gar inhaben wollen. Vnnd wo das geschicht / so ist der Mensch verloren / vnnd Gottes gantz vergessen. Denn diese Bilde gehören gar nicht in diese zeit anders / denn mit jhn zu fechten / vnd sie außzutreiben / Ja / wo sie alleine sind / ohn durch sehen in ander Bilde / gehören sie nirgend hin / denn in die Helle vnter die Teuffel. Wer nu wol mit jhn fechten wil / vnd sie außtreiben / dem wird nicht gnug seyn /
|| [ID00246]
daß er sich mit jhn zerre vnd schlage / oder ringe / denn sie werden jhm zu starck seyn / vnd wird erger vnd erger. Die Kunst ists gantz vnd gar / sie fallen lassen / vnd nichts mit jhn handeln. Wie gehet aber das zu? Es gehet also zu. Du must den Todt in dem Leben / die Sünde in der Gnaden / die Helle im Himmel ansehen / vnnd dich von dem ansehen oder blick nicht lassen treiben / wenn dir es gleich alle Engel / alle Creatur / Ja / wenn es auch dich dünckt Gott selbst anders fürlegen / daß sie doch nicht thun / aber der böse Geist machet einen solchen schein. Wie sol man denn thun? Zum Zehenden / Du must den Todt nicht in jhm selbst / noch in deiner Natur / noch in denen / die durch Gottes Zorn getödtet sind / die der Todt vberwunden hat / ansehen oder betrachten / du bist anders verloren / vnnd wirst mit jhn vberwunden. Sondern deine Augen / deines Hertzen gedancken / vnd alle deine Sinnen gewaltig
|| [ID00247]
lich kehren von demselben Bilde / vnd den Todt starrig vnnd emsig ansehen / nur in denen / die in Gottes Gnaden gestorben vnnd den Todt vberwunden haben / fürnemlich in Christo / darnach in allen seinen Heiligen. Sihe / in diesen Bilden wird dir der Todt nicht erschrecklich noch grewlich / ja verachtet vnnd getödtet / vnd im Leben erwürget vnnd vberwunden seyn. Denn Christus ist nichts / denn eytel Leben / seine Heiligen auch. Je tieffer vnd fester du dir das Bilde einbildest vnnd ansihest / je mehr des Todes Bilde abfellet / vnnd von jhm selbst verschwindet / ohn alles zerren vnnd streiten / Vnnd hat also das Hertz friede / vnd mag mit Christo vnnd in Christo gerüglich sterben / wie Apo. stehet / Selig sind die in dem HERRN Christo sterben. Das ist bedeut Num. 21. Da die Kinder von Israel von den Fewrigen Schlangen gebissen waren / nicht sich mit denselben Schlangen zerren / sondern die
|| [ID00248]
todte Ehrne Schlangen musten ansehen / da fielen die Lebendigen von jhn selbst ab / vnd vergiengen. Also mustu dich mit dem Tode Christi alleine bekümmern / so wirstu das Leben finden. Vnd wo du den Todt anders wo ansihest / so tödtet er dich mit grosser vnruge vnd pein. Darumb saget Christus / In der Welt (das ist / auch in vns selbst) werdet jhr vnruge haben / in mir aber den Friede. Zum Eylfften / Also mustu die Sünden nicht ansehen in den Sündern / noch in denen / die in Sünden endlich blieben vnnd verdampt sind / du fehrest gewißlich hinnach / vnd wirst vberwunden. Sondern must abkeren deine Gedancken / vnnd die Sünden nicht / denn in der gnaden Bilde ansehen / Vnnd dasselbe Bilde mit aller Krafft in dich bilden / vnnd für Augen haben. Der gnaden Bilde ist nichts anders / denn Christus am Creutz / vnnd alle seine lieben Heiligen. Wie verstehet man das?
|| [ID00249]
Das ist Gnade vnd Barmhertzigkeit / daß Christus am Creutze dein Sünde von dir nimpt / vnd tregt sie für dich / vnd erwürget sie / vnd dasselbe festiglich gleuben / vnd für Augen haben / nicht daran zweyffeln / Das heisset das Gnaden Bilde ansehen / vnd in sich bilden. Desselbigen gleichen / alle Heiligen in jhrem Leyden vnd Sterben auch auff jhn tragen gleiche Pein / vnnd mit dir leyden vnnd arbeiten. Wie geschrieben stehet / Einer trage des andern Bürde / so erfüllet jhr Christus Gebot. Also spricht er selber Matth. am 11. Kommet zu mir alle / die jhr beladen seyd vnd arbeitet / ich wil euch helffen. Sihe / so magstu deine Sünde sicher ansehen / ausser deinem Gewissen / Sihe / da sind Sünde nimmer Sünde / da sind sie vberwunden / vnnd in Christo verschlungen. Denn gleich wie er deinen Todt auff sich nimpt vnnd jhn erwürget / daß er dir nicht schaden mag / so du anders gleubest /
|| [ID00250]
daß er dir das thut / vnnd deinen Todt in jhm / nicht in dir ansihest. Also nimpt er auch deine Sünde auff sich / vnnd in seiner Gerechtigkeit / aus lauter Gnaden dir vberwindet / So du das gleubest / so thun sie dir nimmer schaden. Also ist Christus des Lebens vnnd Gnaden Bilde / wieder des Todes vnnd Sünden Bilde vnser Trost. Das sagt Paulus 1. Corinth. 15. Gott sey Lob vnnd Danck / daß er vns in Christo gegeben hat vberwindung der Sünden vnd des Todes. Zum Zwölfften / Mustu die Helle vnd Ewigkeit der Pein / mit der Versehung / nicht in dir / nicht in jhr selbst / nicht in denen die verdampt sind / ansehen / auch nichts bekümmern / mit so viel Menschen in der gantzen Welt / die nicht versehen sind. Denn sihestu dich nicht für / so wird dich das Bilde schwinde stürtzen / vnnd zu Boden stossen. Darumb mustu hie gewalt vben / die Augen fest zu halten für solchem Blick / denn er gar nichts nütz ist / ob
|| [ID00251]
du tausent Jahr damit vmbgehest / vnnd verderbet dich zu mal. Darumb sihe das Himlische Bilde Christum an / der vmb deinen willen gen Himmel gefahren / vnd von Gott ist verlassen gewesen / als einer der verdampt sey ewiglich / da er sprach am Creutz / Eli, Eli lama asabthani, O mein Gott / warumb hastu mich verlassen? Sihe / in dem Bilde ist vberwunden deine Helle / vnnd deine vngewisse Versehung gewiß gemacht. Denn so du dich damit alleine bekümmerst / vnnd gleubest / daß für dich geschehen sey / so wirstu in demselben Glauben behalten ewiglich. Darumb las dirs nur nicht aus den Augen nehmen / Vnnd suche dich nur in Christo / vnd nicht in dir / so wirstu dich ewiglich in jhm finden. Also / wenn du Christum vnd alle seine Heiligen ansihest / vnd dir wol gefellet die Gnade Gottes / der sie also erwehlet hat / vnd bleibest nur fest in demselben wol
|| [ID00252]
gefallen / so bistu schon auch erwehlet. Wie er saget Genesis 12. Alle die dich segenen / sollen gesegenet seyn. Hafftestu aber nicht hierauff allein / vnnd fellest in dich / so wird dir eine vnlust erwachsen gegen Gott vnnd seine Heiligen / vnd also in dir nichts guts finden. Da hüte dich für / Denn da wird der böse Geist dich hin treiben / mit viel listen. Zum Dreyzehenden / Diese drey Bilde oder streit / ist bedeut Judicum am 7. Da Gedeon die Midianiten mit drey hundert Man / an drey orten in der Nacht angreiff / doch nicht mehr thet / denn lies Drometen blasen / vnd Liecht scherben zusammen schlahen / daß die Feinde flohen / vnd sich selbst erwürgeten. Also fleucht Todt / Sünde vnd Helle mit allen jhren krefften / so wir nur Christi vnnd seiner Heiligen leuchtende Bilde in vns vben (in der Nacht / das ist / im Glauben / der die bösen Bilde nicht sihet noch sehen mag) dazu mit GOttes Wort /
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als mit Drometen dazu reitzen vnnd stercken. Also führet dieselbe Figur Isaias 9. Die Last seiner Bürden / die Rute seines Rücken / das Scepter seines treibers / hastu vberwunden / gleich wie zu den zeiten der Midianiter / die Gedeon vberwand. Als spreche er / deines Volcks Sünde (das ist eine schwere Last seiner Bürden in seinem Gewissen) vnd den Todt (der da ist eine Rute oder Straffe / der da drücket seinen Rücken) vnnd die Helle (die ein Scepter vnd gewalt ist des Treibers / damit gefoddert wird ewiges bezalen für die Sünde) hastu alle vberwunden. Wie es denn geschehen ist zu den zeiten Midian / das ist / durch den Glauben / dadurch Gedeon ohn alle Schwerdschlege die Feinde verjaget. Wenn hat er das gethan? Am Creutze / Denn daselbst hat er vns sich selbst bereitet ein dreyfaltig Bilde / vnserm Glauben für zu halten / wieder die drey Bilde / da der böse Geist vnnd vnser
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Natur vns mit anfechten aus dem Glauben zu reissen. Er ist das lebendige vnnd vnsterbliche Bilde / wieder den Todt / den er erlitten / vnnd doch mit seiner Aufferstehung von Todten bezeuget / daß er vberwunden sey in seinem Leben. Er ist das Bild der gnaden Gottes / wieder die Sünde / die er auff sich genommen / vnnd doch durch seinen vnüberwindlichen gehorsam vberwunden hat. Er ist das Himlische Bilde / der verlassen von Gott / als ein verdampter / vnnd doch durch seine allmechtige Liebe die Helle vberwunden / bezeuget / daß er der liebste Sohn sey / vnd vns allen dasselbe zu eigen gegeben / so wir also gleuben. Zum Vierzehenden / Zum vberflus hat er nicht alleine in jhm selbst / die Sünde / Todt / Helle vberwunden / vnd vns fürgehalten zu gleuben / sondern zu mehrem trost auch selbst die Anfechtung erlitten vnd vberwunden / die wir in diesen Bilden haben. Er ist eben so wol angefochten mit
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des Todes / der Sünde / der Hellen Bilde / als wir. Des Todes Bilde hielten sie jhm für / da die Jüden sagten / Er steige nu herab vom Creutze / Er hat ander gesund gemacht / er helffe jhm nu selbst. Als sprechen sie / Da / da sihestu den Todt / du must sterben / da hilfft nichts für. Gleich wie der Teuffel einem sterbenden Menschen des Todes Bilde herfür rückt / vnnd mit schrecklichem Bilde die blöde Natur schüchtert. Der Sünde Bilde hielten sie jhm für / da sie sagten / Er hat ander gesund gemacht / ist er Gottes Sohn / so steige er herab etc. Als sprechen sie / Seine Werck sind falsch vnd lauter triegerey gewesen / er ist des Teuffels Sohn vnd nicht Gottes Sohn / er ist sein mit Leib vnd Seele / er hat nie kein gut gethan / sondern eytel bößheit. Vnnd gleich wie die Jüden Christo diese drey Bilde zutrieben auff ein mal /
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vnordentlich vntereinander / Also wird der Mensche von denselben zu gleich auff einmal vnordentlich bestürmet / daß er irre werde / vnd nur bald verzweyffele. Wie der HERR die Verstörung Jerusalem beschreibet Luc. 19. daß jhr Feinde sie vmbgeben mit einem Schut / daß sie nicht aus künten kommen / das ist der Tod. Zum Andern / daß sie sie an allen enden engsten vnnd treiben / daß sie nirgend bleiben künnen / das sind die Sünde. Zum dritten / daß sie sie nieder schlahen zur Erden / vnd lassen keinen Stein auff dem andern / das ist die Helle vnd verzweyffelung. Der Hellen Bilde trieben sie zu jhm / da sie sagten / Er vertrawet Gott / las sehen / ob er jhn löse / Er sagt / er sey Gottes Sohn. Als sprechen sie / er gehöret in die Helle / Gott hat jhn nicht versehen / er ist ewig verworffen / es hilfft hie kein vertrawen noch hülffe / ist alles vmb sonst. Wie wir nu sehen / daß Christus zu
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allen den Worten vnd grewlichen Bilden still schweiget / nicht mit jhn ficht / thut als höre vnnd sehe er sie nicht / verantwortet keins. Vnnd wenn er schon geantwortet hette / so hette er vrsach gegeben / daß sie mehr vnd grewlicher hetten geplerret vnd getrieben. Sondern allein auff den liebsten willen seines Vaters acht hat / so gantz vnd gar / daß er seines Todes / seiner Sünde / seiner Helle auff jhn getrieben / vergisset vnd für sie bittet / für jhren Todt / Sünde vnd Hell. Also sollen wir dieselbigen Bilde auch lassen herfallen vnd abfallen / wie sie wollen oder mügen / vnnd nur gedencken / daß wir an dem willen Gottes hangen / das ist / daß wir in Christo hafften vnnd festiglich gleuben / vnser Todt / Sünde vnnd Helle / sey vns in jhm vberwunden / vnnd müge vns nicht schaden / Auff daß also Christus Bilde in vns alleine sey / vnd mit jhm Disputieren vnd handeln.
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Nutz vnnd Krafft der Sacrament.
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ZVm Funffzehenden / Nu kommen wir wieder zu den heiligen Sacramenten / vnnd jhren Tugenden / daß wir lernen / wo zu sie gut sind / vnd sie brauchen. Welchem nu die Gnade vnd Zeit verliehen ist / daß er beicht / Absoluiert / bericht wird / der hat wol grosse vrsache / Gott zu Lieben / Loben vnd Dancken / vnd frölich zu sterben. So er anders sich tröstlich verlesset / vnnd gleubet auff die Sacrament / wie droben gesagt ist. Denn in den Sacramenten handelt / redet / wircket / durch den Priester dein Gott Christus selbst mit dir / vnnd geschehen da nicht Menschen Werck oder Wort. Da geredt dir Gott selbst alle die ding / die jtzt von Christo gesagt sind / vnd wil daß
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die Sacrament ein Warzeichen vnd Vrkund seyn / Christus Leben solle deinen Todt / sein Gehorsam solle deine Sünde / seine Liebe solle deine Helle auff sich genommen vnd vberwunden haben / Dazu wirstu durch dieselben Sacrament eingeleibet / vnd vereiniget mit allen Heiligen / vnd kömpst in die rechte gemeinschafft der Heiligen. Also / daß sie mit dir in Christo sterben / Sünde tragen / Helle vberwinden. Daraus folget / daß die Sacrament / das ist / die eusserliche Wort Gottes / durch einen Priester gesprochen / gar ein grosser Trost sind / vnd gleich ein sichtlich Zeichen Göttlicher meynung / daran man sich halten sol / mit einem festen Glauben / als an einen guten Stabe / damit Jacob der Patriarch durch den Jordan gieng. Oder als eine Latern / darnach man sich richten vnnd ein Auge auff haben sol mit allem fleis / durch den Finstern Weg des Todes / Sünde vnd Helle / wie der Prophet saget /
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Dein Wort HERR ist ein Liecht meiner Füsse. Vnnd S. Peter / Wir haben ein gewisses Wort Gottes / vnnd jhr thut wol daran / daß jhr sein wahrnemet. Es mag sonst nichts helffen in Todes nöthen. Denn mit dem Zeichen werden alle erhalten / die erhalten werden / Es weiset auff Christum vnnd sein Bilde / daß du magst wider des Todes / Sünde / Helle / Bilde sagen / Gott hat mir zugesagt / vnnd ein gewis Zeichen seiner Gnaden in den Sacramenten gegeben / daß Christus Leben meinen Todt in seinem Tode vberwunden habe / Sein Gehorsam meine Sünde in seinem Leyden vertilget / Seine Liebe meine Helle / in seinem verlassen / zustöret habe. Solch Zeichen / solch zusagen meiner Seligkeit / wird mir nicht liegen noch triegen / Gott hat es gesagt / GOtt mag nicht liegen / noch mit Worten noch mit Wercken. Vnd wer also pocht / vnd sich auff die Sacrament stönet / des Erwehlung vnd Versehung wird sich selbst /
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ohn seine sorge vnnd mühe / wol finden. Zum Sechzehenden / Hie ligt nu die aller grösseste macht an / Daß man die heiligen Sacrament / in welchen eytel Gottes Wort / zusagen / zeichen geschehen / hoch achte / in ehren halte / sich darauff verlasse. Das ist / daß man weder an den Sacramenten / noch an den Dingen / der sie gewisse Zeichen sind / nicht zweyffel / Denn wo daran gezweyffelt wird / so ist es alles verloren / Denn wie wir gleuben / so wird vns geschehen. Als Christus sagt: Was hülffs / daß du dir fürbildest vnnd gleubest / der Todt / die Sünde / die Helle der andern / sey in Christo vberwunden / wenn du nicht auch gleubest / daß dein Tod / deine Sünde / deine Helle dir da vberwunden vnd vertilget sey / vnnd also erlöset seyest? So wer das Sacrament gar vmb sonst / dieweil du nicht gleubest die ding / die dir daselbst angezeigt / gegeben vnnd versprochen werden. Das ist aber die grawsamste Sünde /
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die geschehen mag / durch welche Gott selber in seinem Wort / Zeichen vnnd Werck als ein Lügener geachtet wird / als der etwas rede / zeige / zusage / das er nicht meyne noch halten wolte. Derhalben ist nicht zu schimpffen mit dem Sacrament / Es muß der Glaube da seyn / der sich darauff verlasse vnnd frölich wage / in solche Gottes zeichen vnnd zusagen. Was wer das für ein Seligmacher oder Gott / der vns nicht möchte oder wolt vom Tode / Sünde / Helle selig machen? Es muß groß seyn / was der rechte Gott zusagt vnd wirckt. So kömpt denn der Teuffel / vnnd bleset dir ein / Ja wenn ich denn die Sacrament hette vnwirdig empfangen / mich durch meine Vnwirdigkeit solcher Gnaden beraubet? Hie mache das Creutz für dich / las dich Wirdigkeit oder Vnwirdigkeit nichts anfechten / schaw nur zu / daß du gleubest / es sey ein Zeichen der wahren Wort Gottes / so bistu vnnd bleibest wol wirdig / Glaube macht wirdig / Zweyffel macht vnwirdig.
|| [ID00263]
Darumb wil der böse Geist dir ander Wirdigkeit vnnd Vnwirdigkeit fürwenden / daß er dir einen zweyffel / vnd dadurch die Sacrament mit jhren Wercken zu nichte / vnnd Gott in seinen Worten ein Lügener mache. Gott gibt dir vmb deiner Wirdigkeit willen nichts / Er bawet auch sein Wort vnd Sacrament auff deine Wirdigkeit nicht / sondern aus lauter Gnaden bawet er dich Vnwirdigen auff sein Wort vnd Zeichen. Daran halt nur fest vnd sprich / Der mir sein Zeichen vnd Wort gibt / vnnd gegeben hat / daß Christus Leben / Gnade vnd Himmel meinen Todt / Sünde / Helle / mir vnschedlich gemacht habe / der ist Gott / wird mir die ding wol halten. Hat mich der Priester Absoluiert / so verlasse ich mich darauff / als auff GOttes Wort selber / Sind es denn Gottes Wort / so wird es war seyn / Da bleibe ich auff / da sterbe ich auff. Denn du solt eben so fest trawen auff des Priesters Absolution / als wenn dir
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Gott einen besondern Engel oder Apostel sendet / ja / als ob dich Christus selbst Absoluiert. Zum Siebenzehenden / Sihe / einen solchen Vortheil hat der / der die Sacrament erlanget / daß er ein Zeichen vnd zusage GOttes erlanget / daran er seinen Glauben vben vnd stercken mag / er sey in Christo Bilde vnd Güter beruffen. Ohn welche Zeichen die andern allein im Glauben arbeiten / vnd sie mit der begierde des Hertzen erlangen. Wiewol sie auch erhalten werden / so sie in demselben bestehen. Also soltu auch sagen vber dem Sacrament des Altars / Hat mir der Priester gegeben den heiligen Leichnam Christi / das ein Zeichen oder zusagen ist / der gemeinschafft Christi vnd aller Engel vnnd Heiligen daß sie mich lieb haben / für mich sorgen / bitten vnnd mit mir leyden / mich stercken / meine Sünde tragen / vnnd Helle vberwinden / so wird es vnd muß also seyn.
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Das Göttlich Zeichen treugt mich nicht / vnd las mirs nicht nehmen. Ich wolt ehe alle Welt vnd mich selbst verleugnen / ehe ich daran zweyffelt / mein Gott der sey mir gewis vnd warhafftig in diesen seinen Zeichen vnd zusagen. Ich sey sein vnwirdig oder nicht / so bin ich ein Gelied der Christenheit / nach laut vnnd anzeigung dieses Sacraments. Es ist besser / ich sey vnwirdig / denn das Gott nicht warhafftig gehalten werde / Hebe dich Teuffel / so du mir anders sagest. Nu sihe / man find Leut / die gerne wolten gewis seyn / oder ein Zeichen vom Himmel haben / wie sie mit Gott daran weren / vnd jhre Versehung wissen. Vnd wenn sie gleich ein solch Zeichen vberkemen / vnnd sie doch nicht gleubten / was hülff sie es? Was hülffen alle Zeichen ohn Glauben? Was halffen die Jüden Christus vnd der Apostel Zeichen? Was helffen noch heut die Hochwirdigen Zeichen der Sacrament vnnd Wort Gottes? War
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umb halten sie sich nicht an die Sacrament / welche gewisse vnnd eingesetzte Zeichen sind / durch alle Heiligen probiert vnd versucht / gewis erfunden / allen denen / die gegleubt haben / vnd vberkommen alles was sie zeichen. Also solten wir die Sacrament lernen erkennen / was sie sind / wozu sie dienen / wie man sie brauchen sol. So finden wir / daß nicht grösser ding auff Erden sey / das betrübte Hertzen vnnd böse Gewissen lieblicher trösten mag. Denn in Sacramenten sind Gottes Wort / die dienen dazu / daß sie vns Christum zeichen vnd zusagen mit allem seinem Gute / das er selbst ist / wieder den Todt / Sünde / Helle. Nu ist nichts lieblicher / begierlicher zu hören / denn Todt / Sünde / Helle zuuertilgen. Das geschicht durch Christum in vns / so wir des Sacraments recht brauchen. Der brauch ist nichts anders / denn gleuben / es sey also / wie die Sacrament durch Gottes wort zusagen vnd verpflich
|| [ID00267]
ten. Darumb ist noth / daß man nicht allein die drey Bilde in Christo ansehe / vnnd die gegen bilde damit außtreibe / vnd fallen lasse. Sondern daß man ein gewis Zeichen habe / das vns versichere / es sey also vns gegeben / Das sind die Sacrament. Zum Achtzehenden / Sol kein Christen Mensche an seinem Ende zweyffelen / er sey nicht allein in seinem Sterben / sondern gewis seyn / daß nach anzeigung des Sacraments / auff jhn gar viel Augen sehen. Zum Ersten / Gottes selber vnnd Christi / darumb daß er seinem Wort gleubet / vnnd seinem Sacrament anhanget. Darnach die lieben Engel / die Heiligen vnd alle Christen. Denn da ist kein zweyffel / wie das Sacrament des Altars weiset / daß die alle sampt / als ein gantz Cörper zu seinem Gliedmas zulauffen / helffen jhm den Todt / Sünde / Helle vberwinden / vnnd tragen alle mit jhm. Da gehet das Werck der Liebe vnnd Gemeinschafft der Heiligen im ernst vnd gewaltiglich.
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Vnnd ein Christen Mensch sol jhm auch solchs fürbilden vnnd keinen zweyffel drob haben / draus er denn keck wird zu sterben. Denn wer dran zweyffelt / der gleubet aber nicht recht an das Hochwirdige Sacrament des Leichnams Christi / in welchem gezeiget / zugesagt / verpflicht wird Gemeinschafft / Hülffe / Liebe / Trost vnd Beystand in allen nöthen. Denn so du gleubest an die Zeichen vnd Wort Gottes / so hat Gott ein Auge auff dich / wie er sagt Psal. 31. Firmabo &c. Ich wil meine Augen stets auff dich haben / daß du nicht vntergehest. So aber Gott dich sihet / so sehen jhm nach alle Engel / alle Heiligen / alle Creaturen / Vnnd so du in dem Glauben bleibest / halten sie alle die Hende vnter / Vnd gehet deine Seele aus / so sind sie da / vnd empfangen sie / du magst nicht vntergehen. Das ist bezeuget im Eliseo 4. Regum 6. der zu seinem Knechte sprach / Fürchte dich nicht / jhr ist mehr mit vns denn mit
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jhnen. So doch die Feinde sie vmbringet hatten / vnd niemand anders sahen. Aber Gott thet dem Knechte die Augen auff / da war vmb sie ein grosser hauffe Fewriger Pferde vnd Wagen. Also ists auch gewis vmb einen jglichen der Gott gleubet. Da gehen denn die Sprüche her / Psalm 33. Der Engel GOttes wird sich einlassen rings vmb die da Gott fürchten / vnd wird sie erlösen. Vnnd Psalm 124. Welche Gott vertrawen / die werden vnbeweglich seyn / wie der Berg Zion / er wird ewiglich bleiben / Hohe Berge (das sind Engel) sind in seinem vmbringe / vnd Gott selber vmbringet sein Volck / von hin bis in Ewigkeit. Psalm 90. Er hat seinen Engelen dich befohlen / auff den Henden sollen sie dich tragen / wo du hin gehest / daß du nicht stössest deinen Fus an jrgent einen Stein. Auff den Schlangen vnd Basilisken soltu gehen / vnnd auff den Lewen vnnd Drachen soltu treten (das ist / alle Stricke vnnd List des Teuffels werden dir
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nichts thun) Denn er hat in mich vertrawet / Ich wil jhn erlösen / Ich wil bey jhm seyn in allen seinen Anfechtungen / Ich wil jhm außhelffen / vnd zu Ehren setzen / ich wil jhn vol machen mit Ewigkeit / Ich wil jhm offenbahren meine ewige Gnade. Also spricht auch der Apostel / Daß die Engel / der vnzehlig viel sind / allzumal dienstbar sind / vnnd außgeschickt vmb der willen / die da Selig werden. Daher kömpts / daß der heilige Patriarch Jacob Genesis 49. sagt / da er sterben solt / Nempt war / ich werde zu meinem Volcke gesamlet / vnd ist gestorben vnnd gesamlet zu seinem Volck. Also auch zu Mosen vnnd Aaron hat Gott gesprochen / du solt gehen zu deinem Volck vnd deinen Vätern. Damit außgetrückt wird / daß der Todt ein gang ist zu viel mehr Volcks / die auff vns warten / denn wir verlassen. Dis sind alles grosse ding / Wer mags gleuben? Darumb sol man wissen /
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daß Gottes Werck sind / die grösser sind / denn jemand dencken mag / vnnd sie doch wircket in solchen kleinen Zeichen der Sacrament / Daß er vns lehre / wie groß ding sey ein rechter Glaube zu Gott. Zum Neunzehenden / Sol aber niemand sich vermessen / solche ding aus seinen krefften zu vben / sondern Gott demütiglich bitten / daß er solchen Glauben vnd Verstand seiner heiligen Sacrament in vns schaffe vnd erhalte. Auff daß also mit Furcht vnd Demut zugehe / vnd wir nicht vns solche Werck zuschreiben / sondern Gott die Ehre lassen. Dazu sol er Christum anruffen / Sol aber bitten / daß er nicht zweyffel / das Gebet werde erhöret / da hat er zwo Vrsache zu. Die Erste / daß er jtzt gehöret hat aus der Schrifft / wie Gott den Engeln befohlen hat / daß sie lieben vnd helffen müssen / allen die da gleuben. Das sol man jhm fürhalten vnd auffrücken / nicht / daß er es nicht wisse oder sonst nicht thete / sondern
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daß der Glaube vnd Zuuersicht zu jhm vnd durch jhn zu Gott dester stercker vnnd frölicher werde / dem Tode vnter Augen zu gehen. Die Ander / Daß Gott geboten hat / wenn wir bitten wollen / daß wir je feste gleuben / es geschehe was wir bitten / vnnd sey ein warhafftig Amen. Dasselbige Gebot muß man GOtt auch auffrücken vnnd sagen / Mein Gott / du hast geboten zu bitten / vnd zu gleuben / die Bitte werde erhöret. Darauff bitte ich vnnd verlasse mich / du wirst mich nicht lassen / vnd einen rechten Glauben geben. Dazu solt man das gantz Lebenlang Gott bitten / vmb die letzten Stunde / vmb einen rechten Glauben. Wie denn gar fein gesungen wird am Pfingstag / Nu bitten wir den heiligen Geist / vmb den rechten Glauben allermeist / wenn wir heim fahren aus diesem Elende etc. Vnd wenn die Stunde kommen ist zu sterben / sol man Gott desselben Gebets
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ermanen / neben seinem Gebot vnnd zusagen / ohn allen zweyffel / es sey erhöret. Denn so er geboten hat zu bitten / vnnd zu trawen im Gebet / dazu Gnade geben zu bitten / was solt man zweyffeln / er habe es darumb gethan / daß er es erhören vnd erfüllen wil? Zum Zwantzigsten / Nu sihe / was sol dir dein Gott mehr thun / daß du den Todt willig annemest / nicht fürchtest vnd vberwindest? Er weiset vnd gibt dir in Christo des Lebens / der Gnade / der Seligkeit Bilde / daß du für des Todes / der Sünde / der Hellen Bilde / nicht dich entsetzest. Er legt dazu deinen Todt / deine Sünde / deine Helle / auff seinen liebsten Sohn vnnd vberwind sie dir / macht sie dir vnschedlich. Er lest dazu deine Anfechtung des Todes / der Sünde / Helle / auch vber seinen Sohn gehen / vnd dich darin zu halten lehret / vnnd sie vnschedlich / dazu treglich macht.
|| [ID00274]
Er gibt dir des alles ein gewis Warzeichen / daß du jhe nicht daran zweyffelest / nemlich die heiligen Sacrament. Er befihlt seinen Engeln / allen Heiligen / allen Creaturen / daß sie mit jhm auff dich sehen / deiner Seelen warnemen / vnd sie empfahen. Er gebeut / du solt solches von jhm bitten / vnd der erhörung gewis seyn. Was kan oder sol er mehr thun? Darumb sihestu / daß er ein wahrer Gott ist / vnd rechte grosse Göttliche werck mit dir wircket / Warumb solt er dir nicht etwas grosses aufflegen (als das Sterben ist) wenn er so grosse vortheil / hülffe vnnd stercke dazu thut? Auff daß er versuche / was seine Gnade vermag / wie geschrieben stehet Psalm. 110. Die werck Gottes sind groß / vnd außerwehlet / nach allen seinem wolgefallen. Derhalben muß man zusehen / daß man je mit grossen frewden des Hertzen dancke seinem Göttlichen willen / daß er
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mit vns wieder den Todt / Sünde vnnd Helle / so wunderliche / reichliche vnnd vnmeßliche Gnade vnd Barmhertzigkeit vbet / vnd nicht so sehr für dem Todt fürchten / als seine Gnade preisen vnnd lieben. Denn die Liebe vnd das Lob das Sterben gar sehr leichtert / wie er saget durch Esaiam / Ich wil zehmen deinen Mund mit meinem Lobe / daß du nicht vntergehest. Das helffe vns GOtt / AMEN.
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Ein schon andechtig Gebet des Königes Manasse von Jerusalem / da er gefangen lag zu Babylon.
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OHERR Allmechtiger Gott / vnser Väter / Abraham / Isaac vnnd Jacob / vnnd jhres gerechten Samens / der du Himmel vnd Erden / mit allem das drinnen ist / gemacht hast / Der du das Meer mit einem Wort deines Gebots versiegelt hast / vnd die tieffe verfasset vnd versiegelt zu Ehren deinem schrecklichen vnnd löblichen Namen / welchen alle ding fürchten / vnd zittern für dem Angesicht deiner Macht / Des Zorn vnnd drewen vber die Sünder vntreglich ist / aber vnmeßlich vnnd vnbegreifflich die Barmhertzigkeit deiner Verheissunge /
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Denn du bist Gott der HERR / der aller höhest vber allen Landen / langmütig vnd von grosser Güte / vnd gnedig vber die bößheit der Menschen / Denn du HERR hast nach deiner Güte verheissen Busse zur vergebung der Sünden / Aber weil du bist ein GOtt der Gerechten / hastu solche Busse nicht gesetzt den Gerechten / Abraham / Isaac vnd Jacob / die dir nicht gesündiget haben / Ich aber habe gesündiget mehr denn Sand am Meer ist / vnnd meiner Missethat ist viel. Darumb sitze ich krum in grossen Eisen Banden / daß ich auch kein Odem habe / denn ich habe deinen Zorn erweckt / vnd vbel für dir gethan / daß ich solche Grewel angericht / vnd so viel dir zu leide gethan habe. Nu aber beuge ich die Knie meines Hertzen / vnnd bitte vmb Gnade für dir HERR / Ach HERR ich habe gesündiget / gesündiget habe ich / Ich erkenne meine Missethat. So bitte ich nu vnd flehe dir / Vergib mirs HERR / vergib mirs / vnd laß mich nicht in meinen
|| [ID00278]
Sünden verderben / vnd behalte nicht vber mich das ewige Leiden / Sondern wollest mir Vnwirdigen helffen / nach deiner grossen Barmhertzigkeit / so wil ich dich allzeit loben mein Lebenlang / Denn dich lobet alle Krafft der Himel / vnd dir sey Ehre in Ewigkeit / AMEN.
|| [ID00279]

Vorrede D. Mart. Luth.
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ICh habs für gut angesehen / das alte Passional Büchlein zu dem Bettbüchlin zu thun / allermeist vmb der Kinder vnnd Einfeltigen willen / welche durch Bildnis vnd Gleichnis besser bewegt werden / die Göttlichen Geschicht zu behalten / denn durch blosse Wort oder Lehre / wie Sanct Marcus bezeuget / daß auch Christus vmb der Einfeltigen wil
|| [ID00280]
len eitel Gleichnis für jhn geprediget habe. Ich habe aber etliche mehr Geschicht aus der Biblia dazu gethan / vnnd Sprüche aus dem Text dabey gesetzt / daß es beydes desto sicher vnnd fester behalten werde. Vnd das alles zum guten anheben vnd Exempel / ob jemand dem nach wolt folgen / vnnd so er geschickt dazu were / solches bessern. Denn ichs nicht für böse achte / So man solche Geschichte auch in Stuben vnd in Kammern mit den Sprüchen malete / damit man Gottes Werck vnd Wort an allen Enden jmer für Augen hette /
|| [ID00281]
vnd dran Furcht vnd Glauben gegen Gott vbet. Vnnd was solts schaden / ob jemand alle fürnemliche Geschichte der gantzen Biblia also lies nach einander malen in ein Büchlein / daß ein solch Büchlein ein Leyen Bibel were vnd hiesse / Fürwahr man kan dem gemeinen Man / die Wort vnd Werck Gottes / nicht zu viel oder zu offt fürhalten. Wenn man gleich dauon singet vnnd saget / klinget vnd predigt / schreibt vnd lieset / malet vnd zeichent / So ist dennoch der Satan jmerdar allzu starck vnd wacker / dasselbige zu hindern vnnd
|| [ID00282]
vnterdrücken mit seinen Engeln vnd Gliedern / daß solch vnser fürnemen vnd fleiß nicht allein gut / sondern auch wol noth / vnd auffs höhest noth ist. Ob aber das die Bildenstürmer werden verdammen vnd verachten / da ligt mir nichts an / Sie bedür ffen vnser Lehre nichts / So wollen wir jhrer Lehre nicht / vnnd sind also balde gescheiden. Mißbrauch vnnd falsche zuuersicht an Bilden / habe ich alle zeit verdampt vnnd gestrafft / wie in allen andern Stücken / Was aber nicht Mißbrauch ist / habe ich jmmer lassen vnd heissen bleiben vnnd halten / also daß mans
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zu nützlichem vnd Seligem brauch bringe. Also lehren wir die vnsern / vnd die Albern / die Klüglinge sollen weder vnser Schüler noch Meister seyn. Christus sey mit allen die jhm gleuben / vnd jhn lieb haben / Amen.
|| [ID00284]
|| [ID00285]
Am anfang schuff Gott Himel vnnd Erden / Genes. 1. Vnd Gott sahe an alles was er gemacht hatte / Vnd sihe da / Es war sehr gut / Gen. 1. Vnd Gott ruget am siebenden Tage von allen seinen Wercken / Gen. 2.
|| [ID00286]
|| [ID00287]
Vnd Gott schuff den Menschen jhm zum Bilde / zum Bilde Gottes schuff er jhn / Vnnd er schuff sie ein Mänlein vnd Frewlein / Gen. 1. Vnd Gott der HERR bawete ein Weib aus der Riebe / die er von dem Menschen nam / vnd brachte sie zu jhm. Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinen Beinen / vnd Fleisch von meinem Fleisch etc. Gen. 2.
|| [ID00288]
|| [ID00289]
Vnd Gott der HERR gebot dem Menschen / vnd sprach: Du solt essen von allerley Beumen im Garten. Aber von dem Baume des Erkentniß gutes vnd böses soltu nicht essen / etc. Denn welches Tags du dauon jssest / wirstu des Todes sterben / Gen. 2. Die Schlange sprach zum Weibe / Ihr werdet mit nichte des Todes sterben / Sondern Gott weiß / daß / welches Tags jhr dauon esset / so werden ewre Augen auffgethan / vnd werdet seyn wie Gott / etc. Gen. 3.
|| [ID00290]
|| [ID00291]
Da sprach Gott der HERR zu der Schlangen / Ich wil Feindschafft setzen zwischen Dir vnd dem Weibe / vnnd zwischen deinem Samen vnd jrem Samen / Derselb sol dir den Kopff zutreten / vnd du wirst jhn in die Fersen stechen / Gen. 3. Dalies Gott der HERR Adam aus dem Garten Eden / daß er das Feld bawet / dauon er genomen ist / vnd treib Adam aus. Vnd lagerte für den Garten Eden den Cherubim mit einem blossen hawenden Schwert / zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens / Gen. 3.
|| [ID00292]
|| [ID00293]
Da der HERR sahe / daß der Menschen boßheit groß war auff Erden / vnnd alles tichten vnd trachten jres Hertzen nur böse war jmerdar / Da rewet es jhn / daß er die Menschen gemacht hatte auff Erden / Gen. 6. Da kam die Sündfluth viertzig Tage auff Erden / Vnd die Wasser wuchsen / vnd huben den Kasten auff / vnnd trugen jhn empor vber der Erden / etc. Also ward vertilget alles was auff dem Erdboden war / Gen. 7.
|| [ID00294]
|| [ID00295]
Der HERR sprach: Es ist ein geschrey zu Sodom vnd Gomorra / das ist groß / vnd jhre Sünde sind fast schwere / Gen. 18. Da lies der HERR Schwefel vnd Fewer regenen von dem HERRN vom Himel herab / auff Sodom vnd Gomorra / vnnd kehret die Stedte vmb / etc. Gen. 19.
|| [ID00296]
|| [ID00297]
Der HERR sprach zu Mose / Am zehenden Tage des ersten Monden / neme ein jglicher ein Schaf / da kein feil an ist / ein Menlin / vnd eins Jahrs alt / vnd solts behalten biß auff den vierzehenden Tag des Monden. Vnd ein jglichs Heufflin im gantzen Israel sols schlachten zwischen Abends. Vnd solt seines Bluts nemen / vnd beide Pfosten an der Thür / vnd öberste Schwelle damit bestreichen / Exod. 12.
|| [ID00298]
|| [ID00299]
Der HERR stürtzet die Egypter mitten ins Meer / daß das Wasser wider kam / vnd bedecket Man vnd Reuter / vnd alle Macht des Pharao / die jhnen nachgefolget waren ins Meer / daß nicht einer aus jhnen vberbleib. Aber die Kinder Israel giengen trocken mitten durchs Meer / Vnd das Wasser war jhnen für Mauren zur rechten vnd zur lincken / Exod. 14.
|| [ID00300]
|| [ID00301]
Der HERR redet alle diese Wort / Ich bin der HERR dein Gott / Du solt kein ander Götter haben neben mir / etc. Exod. 20. Gott verkündiget euch seinen Bund / den er euch gebot zu thun / nemlich die zehen Wort / vnd schreib sie auff zwo Steinern Tafeln / Deut. 4.
|| [ID00302]
|| [ID00303]
Vnd als der Taw weg war / Sihe / da lags in der Wüsten / rund vnd klein / wie der Reiff auff dem Land ist. Vnd da es die Kinder Israel sahen / sprachen sie vnternander / das ist Man / Exod. 16. Er speiset dich mit Man / daß du vnd deine Veter nie erkand hattest / Auff daß er dir kund thet / Daß der Mensch nicht lebet vom Brod allein / Sondern von allem das aus dem Munde des HERREN gehet / Deut. 8.
|| [ID00304]
|| [ID00305]
Der HERR sprach zu Mose / Mache dir eine ehrne Schlange / vnnd richte sie zum Zeichen auff / Wer gebissen ist / vnd sihet sie an / der sol leben / Num. 21. Also muß des Menschen Sohn erhöhet werden / Auff daß alle die an jhn gleuben / nicht verloren werden / Sondern das ewige Leben haben / Johan. 3.
|| [ID00306]
|| [ID00307]
Der HERR wird euch selbs ein Zeichen geben / Sihe / Eine Jungfraw ist schwanger / vnd wird einen Sohn geberen / den wird sie heissen / Immanuel / Isai. 7. Vnd der Engel sprach / Fürchte dich nicht Maria / du hast Gnade bey Gott funden. Sihe / du wirst schwanger werden im Leibe / vnd einen Sohn geberen / des Namen soltu Jesus heissen / etc. Luc. 1.
|| [ID00308]
|| [ID00309]
Maria aber stund auff in den Tagen / vnd gieng auff das Gebirge endelich / zu der Stadt Juda / vnd kam in das Hauß Zacharias / vnd grüsset Elisabeth. Vnnd es begab sich / als Elisabeth den Grus Marie höret / hüpffet das Kind in jhrem Leibe / Luc. 1.
|| [ID00310]
|| [ID00311]
Vnd es begab sich / da sie zu Bethlehem waren / kam die zeit daß sie geberen solte. Vnd sie gebar jhren ersten Sohn / vnd wickelt jhn in Windeln / vnd leget jhn in eine Krippen / Denn sie hatten sonst keinen raum in der Herberge / Luc. 2.
|| [ID00312]
|| [ID00313]
Vnd da acht Tage vmb waren / daß das Kind beschnitten würde / Da ward sein Name genennet Jesus. Welcher genennet war von dem Engel / ehe denn er in Mutter Leibe empfangen ward / Luc. 2.
|| [ID00314]
|| [ID00315]
Zur zeit des Königes Herodis / Sihe / da kamen die Weisen vom Morgenland gen Jerusalem / vnd sprachen: Wo ist der newgeborne König der Jüden? Vnnd sie fielen nider / vnd beten das Kind an / Vnd theten jhre Schetze auff / vnd schenckten jhm Gold / Weyrauch vnd Myrrhen / Matth. 2.
|| [ID00316]
|| [ID00317]
Herodes schicket aus / vnnd lies alle Kinder zu Bethlehem tödten / vnd an jhrer gantzen Grentze / die da zweyjärig vnd drunter waren. Da ist erfüllet / das gesagt ist von dem Propheten Jeremia / der da spricht: Auff dem Gebirge hat man ein geschrey gehöret / viel klagens / weinens vnnd heulens / Rahel beweinet jhre Kinder / etc. Matth. 2.
|| [ID00318]
|| [ID00319]
Vnd da die Tage jhrer Reinigung / nach dem Gesetz Mosi kamen / brachten sie das Kind Jesum gen Jerusalem / Auff daß sie jhn darstelleten dem HERRN. Vnd Simeon segnet sie / vnd sprach zu Maria seiner Mutter / Sihe / Dieser wird gesetzt zu einem fall vnd aufferstehen vieler in Israel / vnnd zu einem Zeichen / dem widersprochen wird / Luc. 2.
|| [ID00320]
|| [ID00321]
Das Kind Jesus bleib zu Jerusalem / vnd seine Eltern wustens nicht / etc. Vnd es begab sich nach dreyen Tagen / funden sie jhn im Tempel sitzen / mitten vnter den Lehrern / daß er jhnen zuhörete / vnnd sie fragete. Vnnd er sprach zu seinen Eltern / Was ists / daß jhr mich gesucht habt? Wisset jhr nicht / daß ich seyn muß in dem das meines Vaters ist? Luc. 2.
|| [ID00322]
|| [ID00323]
Es ward ein Mensch von Gott gesand / der hies Johannes / Derselbige kam zum Zeugnis / daß er von dem Liecht zeugete / Johan. 1. Johannes kam in alle Gegend vmb den Jordan / vnd predigte die Tauffe der Busse / zur vergebung der Sünden / Luc. 3.
|| [ID00324]
|| [ID00325]
Jesus kam aus Galilea an den Jordan zu Johanne / daß er sich von jhm teuffen liesse / etc. Vnd sihe / da thet sich der Himel auff vber jhm. Vnnd Johannes sahe den Geist GOttes / gleich als eine Taube erab fahren / vnd vber jhn komen. Vnnd sihe / Eine Stimme vom Himel erab sprach: Das ist mein lieber Sohn / an welchem ich wolgefallen habe / Matth. 3.
|| [ID00326]
|| [ID00327]
Da ward JEsus vom Geist in die Wüsten geführt / Auff daß er von dem Teufel versucht würde / etc. Es stehet geschrieben / Der Mensch lebet nicht vom Brod alleine / Sondern von einem jglichem Wort / das durch den Mund Gottes gehet. Es stehet geschrieben / Du solt anbeten Gott deinen HERRN / vnd jhm allein dienen. Es stehet geschrieben / Du solt Gott deinen HERRN nicht versuchen / Matthe. 4.
|| [ID00328]
|| [ID00329]
Jesus vnd seine Jünger wurden auch auff die Hochzeit geladen. Vnd da es am Wein gebrach / spricht die Mutter Jesu zu jhm / Sie haben nicht Wein. Jederman gibt zum Ersten guten Wein / vnnd wenn sie truncken worden sind / als denn den geringern / Johan. 2.
|| [ID00330]
|| [ID00331]
Da Herodes seinen Jahrstag begieng / Da tantzte die Tochter der Herodias für jhnen. Das gefiel Herodes wol / Darumb verhies er jhr mit einem Eide / er wolt jhr geben / was sie foddern würde. Vnd als sie zuuor von jhrer Mutter zugerichtet war / sprach sie: Gib mir her auff einer Schüssel das Heupt Johannis des Teuffers. Vnd der König ward trawrig. Doch vmb des Eides willen / vnd dere die mit jm zu Tisch sassen / befahl ers jhr zu geben. Vnd schicket hin vnd entheupte Johannes im Gefengnis / vnd sein Heupt ward her getragen in einer Schüsseln / vnd dem Megdlin gegeben / Matth. 14.
|| [ID00332]
|| [ID00333]
Da Jesus nahe zu Jericho kam / saß ein Blinder am Wege vnd ruffet / Jesu du Sohn Dauid / erbarm dich mein / etc. Luc. 18. Jesus sprach zu Martha / Ich bin die Aufferstehung vnnd das Leben / Wer an mich gleubet / der wird leben / ob er gleich stürbe / Vnnd wer an mich gleubet / der wird nimmermehr sterben / Da er das gesaget / rieff er laut / Lasare kom heraus / Vnd der verstorbene kam heraus / gebunden mit Grabetüchern / Johan. 11.
|| [ID00334]
|| [ID00335]
Saget der Tochter Zion / Sihe / dein König kömpt zu dir sanfftmütig / vnd reit auff einem Esel / vnd auff einem Füllen der lastbaren Eselin. Aber viel Volcks breitet die Kleider auff den Weg. Die andern hieben Zweige von den Beumen / vnnd streweten sie auff den Weg. Das Volck aber das vor gieng / vnd nachfolget / schrey vnd sprach: Hosianna dem Sohn Dauid / Gelobet sey der da kömpt in dem Namen des HERRN / Hosianna in der höhe. Matth. 21.
|| [ID00336]
|| [ID00337]
Jesus leget seine Kleider abe / vnnd nam einen Schurtz / vnd vmbgürtet sich. Darnach goß er Wasser in ein Becken / hub an den Jüngern die Füsse zu waschen / vnd trucket sie mit dem Schurtze / damit er vmbgürtet war / Johan. 13.
|| [ID00338]
|| [ID00339]
JEsus sprach zu seinen Jüngern / Mich hat hertzlich verlanget / diß Osterlamb mit euch zu essen / ehe denn ich leide / Luc. 22. Vnnd da sie assen / nam Jesus das Brod / dancket vnd brachs / vnd gabs seinen Jüngern / vnd sprach: Nemet hin / Esset / das ist mein Leib / der für euch gegeben wird / Solchs thut zu meinem gedechtniß. Desselben gleichen nam er auch den Kelch / nach dem Abendmahl / dancket vnd gab jhn den / vnd sprach: Nemet hin vnd trincket alle draus / Dieser Kelch ist das Newe Testament in meinem Blut / das für euch vergossen wird / zur vergebung der Sünden / Solchs thut so offt jhrs trincket / zu meinem gedechtnis / Matth. 26. Mar. 14. Luc. 22. 1. Cor. 11.
|| [ID00340]
|| [ID00341]
Jesus gieng hinaus mit seinen Jüngern vber den Bach Kidron / da war ein Garte etc. Johan. 18. Vnd nam zu sich Petrum / vnnd die zween Söne Zebedei / vnnd fieng an zu trawren vnd zu zagen. Da sprach Jesus zu jhnen / Meine Seele ist betrübet / biß in den Todt etc. Matth. 26. Es erschien jhm aber ein Engel vom Himel / vnd stercket jhn / Vnd es kam / daß er mit dem Tode rang / vnd betet hefftiger. Es ward aber sein Schweiß / wie Blutstropffen / die fielen auff die Erden / Luc. 22.
|| [ID00342]
|| [ID00343]
Als Jesus noch redet / Sihe / da kam Judas der Zwelffen einer / vnnd mit jhm eine grosse Schaar / mit Schwerdten vnd mit Stangen. Vnd der Verrheter hatte jhnen ein Zeichen gegeben / vnd gesagt: Welchen ich küssen werde / der ists / den greiffet. Vnd als bald trat er zu Jesu / vnd sprach: Gegrüsset seystu Rabbi / vnd küsset jhn. Jesus aber sprach zu jhm / Mein Freund / warumb bistu kommen? Da traten sie hinzu / vnnd legten die Hende an Jesum / vnnd griffen jhn / etc. Da verliessen jhn alle Jünger / vnd flohen / Matth. 26.
|| [ID00344]
|| [ID00345]
Die aber Jesum gegriffen hatten / führeten jhn zu dem Hohenpriester Caiphas / dahin die Schrifftgelehrten vnnd Eltesten sich versamlet hatten. Petrus aber folgete jhm nach von ferne / biß in den Pallast des Hohenpriesters / vnnd gieng hinein / vnd satzte sich bey die Knechte / auff daß er sehe / wo es hinaus wolte. Die Hohenpriester aber vnnd Eltesten / vnd der gantze Rath / suchten falsche Zeugnis wieder Jesum / auff daß sie jhn tödten / Vnd funden keins. Vnd wiewol viel falscher Zeugen erzu traten / funden sie doch keines / Matth. 26.
|| [ID00346]
|| [ID00347]
Des morgens aber hielten alle Hohepriester vnd die Eltesten des Volcks einen Rath vber Jesum / daß sie jhn tödten. Vnd bunden jhn / führeten jhn hin / vnnd vberantworten jhn dem Landpfleger Pontio Pilato etc. Vnd der Landpfleger fragte jhn / vnd sprach: Bistu der Jüden König? Jesus aber sprach zu jhm / Du sagests. Vnnd da er verklaget ward von den Hohenpriestern vnd Eltesten / antwortet er nichts. Da sprach Pilatus zu jhm: Hörestu nicht / wie hart sie dich verklagen? Vnnd er antwortet jhm nicht auff ein Wort / Also / daß sich auch der Landpfleger sehr verwunderte / Matth. 27.
|| [ID00348]
|| [ID00349]
Da rieff Pilatus abermahl zu jhnen / vnd wolte Jesum los lassen / vnnd sprach: Was hat denn dieser vbels gethan? Ich finde keine vrsach des Todes an jhm / Darumb wil ich jhn züchtigen / vnnd los lassen / Luc. 22. Da nam Pilatus Jesum / vnnd geisselt jhn / Joh. 19.
|| [ID00350]
|| [ID00351]
Da namen die Kriegsknechte des Landpflegers Jesum zu sich in das Richthauß / vnnd samleten vber jhn die gantze Schare. Vnd zogen jhn aus / vnnd legten jm einen Purpurmantel an / vnd flochten eine Dörne Krone / vnd satzten sie auff sein Heupt / vnd ein Rhor in seine rechte Hand. Vnd beugeten die Knie für jhm / vnd spotteten jhn / vnd sprachen: Gegrüsset seystu der Jüden König / vnnd speieten jhn an. Vnnd namen das Rhor / vnnd schlugen damit sein Heupt / Matth. 27.
|| [ID00352]
|| [ID00353]
Da gieng Pilatus wider eraus / vnd sprach zu jhnen: Sehet / Ich führe jhn eraus zu euch / daß jhr erkennet / daß ich keine schuld an jhm finde. Also gieng Jesus eraus / vnnd trug eine Dörnen Krone vnnd Purpurkleid. Vnd er spricht zu jhnen: Sehet / Welch ein Mensch. Da jhn die Hohenpriester vnd die Diener sahen / schrien sie / vnd sprachen: Creutzige / Creutzige / Joh. 19.
|| [ID00354]
|| [ID00355]
Da aber Pilatus sahe / daß er nichts schaffet / Sondern daß viel ein grösser getümel ward / Nam er Wasser vnd wusch die Hende für dem Volck / vnnd sprach: Ich bin vnschüldig an dem Blut dieses Gerechten / sehet jhr zu. Da antwortet das gantze Volck / vnd sprach: Sein Blut komme vber vns vnd vber vnser Kinder / Matth. 27.
|| [ID00356]
|| [ID00357]
Vnd da sie jhn verspottet hatten / zogen sie jhm den Mantel aus / vnnd zogen jhm seine Kleider an / Vnnd füreten jhn hin / daß sie jhn creutzigeten / Matth. 27. Vnd er trug sein Creutze / vnd gieng hinaus zur stette / die da heisst / Scheddelstete / welche heisst auff Ebreisch / Golgatha / Joh. 19.
|| [ID00358]
|| [ID00359]
Alda creutzigten sie jhn / vnd mit jhm zween ander / zu beiden Seiten / Jesum aber mitten inne / Johan. 19. Da ward die Schrifft erfüllet / die da sagt: Er ist vnter die Vbeltheter gerechnet worden / Marc. 15. Pilatus aber schreib eine Vberschrifft / vnd setzte sie auff das Creutze. Vnd war geschrieben / Jesus von Nazareth / der Jüden König / Johan. 19.
|| [ID00360]
|| [ID00361]
Vnd es war vmb die sechste Stunde / vnd sie creutzigten jhn. Jesus aber sprach: Vater / vergib jhnen / denn sie wissen nicht was sie thun / Luc. 23. Da sie jhn aber gecreutziget hatten / theileten sie seine Kleider / vnnd wurffen das Los darumb. Auff daß erfüllet würde / das da gesagt ist durch den Propheten / Sie haben meine Kleider vnter sich getheilet / vnd vber mein Gewand haben sie das Los geworffen / Matth. 27. Vnd Jesus rieff laut / vnnd sprach: Vater / Ich befehle meinen Geist in deine Hende. Vnd als er das gesagt / verschied er / Luc. 23.
|| [ID00362]
|| [ID00363]
Vnnd sihe / Ein Man mit Namen Joseph / ein Ratherr / der war ein guter fromer Man / der hatte nicht bewilliget in jhren Rath vnd handel / der war von Arimathia / der Stadt der Jüden / der auch auff das Reich Gottes wartet / Der gieng zu Pilato / vnnd bat vmb den Leib Jesu / Luc. 23. Da befahl Pilatus / man solt jhm jhn geben. Vnd Joseph nam den Leib / vnd wickelt jhn in ein rein Linwand / Matt. 27. Es kam aber auch Nicodemus / der vormahls bey der Nacht zu Jesu komen war / vnnd brachte Myrrhen vnd Aloen vnternander / bey hundert pfunden / Johan. 19.
|| [ID00364]
|| [ID00365]
Da namen sie den Leichnam Jesu / vnd bunden jhn in Leinen Tüchern mit Specereyen / wie die Jüden pflegen zubegraben. Es war aber an der Stedte / da er geereutziget ward / ein Garte / vnd im Garten ein new Grab / in welches niemand je geleget war. Da selbs hin legten sie Jesum / vmb des Rüstages willen der Jüden / dieweil das Grab nahe war / Joh. 19.
|| [ID00366]
|| [ID00367]
Am Abend aber des Sabbaths Feirtags / welcher anbricht am Morgen des ersten Feirtages der Sabbathen / kam Maria Magdalena / vnd die ander Maria / das Grab zu besehen. Vnnd sihe / Es geschach ein groß Erdbeben / Denn der Engel des HERRN kam vom Himel erab / trat hinzu / vnnd waltzet den Stein von der Thür / vnnd satzte sich drauff. Vnd seine gestalt war wie der Blitz / vnd sein Kleid weis als der Schnee. Die Hüter aber erschracken für furcht / vnnd waren als weren sie todt / Matth. 28.
|| [ID00368]
|| [ID00369]
Aber der Engel antwortet / vnnd sprach zu den Weibern: Fürchtet euch nicht / Ich weiß daß jhr Jesum den gecreutzigten suchet. Er ist nicht hie / Er ist aufferstanden / wie er gesagt hat. Kompt her / vnd sehet die Stet / da der HERR gelegen hat. Vnd gehet eilend hin / vnnd saget es seinen Jüngern / daß er aufferstanden sey von den Todten. Vnnd sihe / Er wird für euch hingehen in Galileam / Da werdet jhr jhn sehen / Sihe / Ich habs euch gesagt / Matth. 28.
|| [ID00370]
|| [ID00371]
Maria Magdalena stund für dem Grabe / vnd weinet draussen etc. Spricht Jesus zu jhr: Weib / was weinestu? Wen suchestu? Sie meynet es sey der Gärtner / vnd spricht zu jhm: HERR / Hastu jhn weggetragen / so sage mir / wo hastu jhn hingelegt? so wil ich jhn holen. Spricht Jesus zu jhr / Maria. Da wandte sie sich vmb / vnd spricht zu jhm / Rabuni / das heisset / Meister. Spricht Jesus zu jhr: Rüre mich nicht an / Denn ich bin noch nicht auffgefahren zu meinem Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern / vnd sage jhnen / Ich fahre auff zu meinem Vater / vnd zu ewrem Vater / zu meinem Gott / vnd zu ewrem Gott. Maria Magdalena kömpt vnd verkündiget den Jüngern / Ich habe den HERRN gesehen / vnd solchs hat er zu mir gesagt / Joh. 20.
|| [ID00372]
|| [ID00373]
Vnd vber acht tage / waren abermal seine Jünger drinnen / vnd Thomas mit jhnen. Kömpt Jesus da die Thüren verschlossen waren / vnd trit mitten ein / vnd spricht: Friede sey mit euch. Darnach spricht er zu Thoma / Reiche deinen Finger her / vnd sih meine Hende / vnd reiche deine Hand her / vnd lege sie in meine Seiten / vnd sey nicht vngleubig / sondern gleubig. Thomas antwortet / vnd sprach zu jhm: Mein HERR vnnd mein Gott. Spricht Jesus zu jhm / Dieweil du mich gesehen hast Thoma / so gleubestu. Selig sind / die nicht sehen vnd doch gleuben / Joh. 20.
|| [ID00374]
|| [ID00375]
Zu letzt / da die Eilffe zu Tische sassen / offenbaret sich Jesus / vnnd schalt jhren Vnglauben vnd jhres Hertzen hertigkeit / daß sie nicht gegleubet hatten / denen / die jhn gesehen hatten aufferstanden. Vnnd sprach zu jhnen: Gehet hin in alle Welt / vnd prediget das Euangelium aller Creaturen. Wer da gleubet vnd getaufft wird / der wird Selig werden / Wer aber nicht gleubet / der wird verdampt werden / etc. Vnd der HERR / nach dem er mit jhnen geredt hatte / ward er auffgehaben gen Himel / vnnd sitzt zur rechten Hand Gottes / Marc. 16.
|| [ID00376]
|| [ID00377]
Vnd als der Tag der Pfingsten erfüllet war / waren sie alle einmütig bey einander. Vnd es geschach schnelle ein brausen vom Himel / als eines gewaltigen windes / vnd erfüllet das gantze Haus / da sie sassen. Vnd man sahe an jhnen die Zungen zertheilet / als weren sie fewrig. Vnd er satzte sich auff einen jglichen vnter jhnen / vnd wurden alle vol des Heiligen Geistes / vnd fiengen an zu predigen mit andern Zungen / nach dem der Geist jhnen gab auszusprechen / Act. 2.
|| [ID00378]
|| [ID00379]
Sie aber giengen aus / vnd predigten an allen Orten. Vnnd der HERR wirckte mit jhnen / vnnd bekrefftiget das Wort / durch mitfolgende Zeichen / Marc. 16. Petrus sprach: So wisse nu das gantze Hauß Israel gewiß / daß Gott diesen Jesum / den jhr gecreutziget habt / zu einem HERRN vnd Christi gemacht hat. Thut Busse / vnd lasse sich ein jeglicher teuffen auff den Namen Jesu Christi / zur vergebung der Sünde / So werdet jhr empfahen die Gabe des heiligen Geistes. Denn ewer vnd ewer Kinder ist diese Verheissung / vnd aller die ferne sind / welche Gott vnser HERR erzu ruffen wird. Die nu sein Wort gerne annamen / liessen sich teuffen / etc. Act. 2.
|| [ID00380]
|| [ID00381]
Vnnd Jesus sprach: Gehet hin in alle Welt / vnd prediget das Euangelium aller Creaturen. Wer da gleubt vnd getaufft wird / der wird selig werden. Wer aber nicht gleubet / der wird verdampt werden. Die Zeichen aber / die da folgen werden / denen / die da gleuben / sind die / In meinem Namen werden sie Teuffel außtreiben / Mit newen zungen reden. Schlangen vertreiben. Vnd so sie etwas tödlichs trincken / wirds jhnen nicht schaden. Auff die Krancken werden sie die Hende legen / so wirds besser mit jhnen werden / Marc. 16.

Psalm. 19.
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Ire Schnur gehet aus in alle Lande / Vnnd jhre rede an der Welt ende.
|| [ID00382]
|| [ID00383]
Jesus sprach: Von nu an wirds geschehen / Daß jhr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur rechten der Krafft / vnd komen in den Wolcken des Himels / Matth. 26. Wenn aber des Menschen Sohn komen wird in seiner Herrligkeit / vnd alle heilige Engel mit jhm / denn wird er sitzen auff dem Stuel seiner Herrligkeit / Vnnd werden für jhm alle Völcker versamlet werden. Vnd er wird sie von einander scheiden / Gleich als der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet / Vnnd wird die Schafe zu seiner Rechten stellen / vnd die Böcke zur Lincken / Matth. 25.
|| [ID00384]

Register.
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Die Zehen Gebot. Der Glaube. Ein Sermon vom Gebet. Das Vater Vnser. Das Aue Maria. Etliche verteudschte Psalmen. Ein Sermon von der betrachtung des leidens Christi. Ein Sermon von der Tauffe. Ein Sermon von der Beicht vnd dem Sacrament. Ein Sermon von der bereitung zum Sterben. Ein Gebet des Königs Manasse von Jerusalem. Das Passional. ENDE.
|| [ID00385]

Helmstadt / Gedruckt durch Jacobum Lucium / Anno 1604.
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