Daraus der Christliche Leser befinden wird / das die 42. Anhaltischen Argument
auff keinen Trübsand / sondern auff das vnfeilbare helle Göttliche Wort erbawet
sind.
Allen liebhabern der warheit in der furcht Gottes zu dijudiciren / demütig
hiemit vntergeben vnd befohlen.
Gedruckt zu Zerbst / Durch Bonauentur Schmidt / Anno M. D. Lxxxvj.
|| [ID00002]
Actor. 4.
Vnd nu HErr siehe an jhr drewen / vnd gib deinen Knechten mit allerley
freudigkeit zu reden dein Wort / Amen.
|| [3]
SOLI CHRISTO VICTORIA ET GLORIA.
ES ist zweiffels ohn vnter andern Christlichen(Die
warheit helffe̅ verterdigen ist einnötiger
Gottesdienst.) tugenden nicht der geringste Gottesdienst / sich der
nothleidenden warheit annemen / vnd dieselbige mit waren gründen aus der H.
Schrifft vnd zeugnissen der alten rechtgleubigen Kirchen / souiel müglich /
befestigen / vnd von der Gegenlehr / so Menliche vernunfft dawider pflegt ein zu
wenden / abzusondern.
Denn hiedurch die Kirchen Gottes erbawet / der trost in der rechtgleubigen
hertzen gestercket / die schwachen zum erkentnis der seligmachenden warheit
erwecket / vnd die Bekenner selbst von tag zu tag / mit mehrerm licht begnadet
werden / So verheisset auch Gott seinen schutz dazu / wie der schöne Spruch
lautet: Streite für die warheit biß in den tod / so wird der HErr dein Gott für
dich streiten. Sir. 4.
Jedoch sol mit allem fleis in acht genommen werden / das man das nötige von dem
vnnötigen vnterscheide / vnd souiel jmmer müglich / der Kirchen Gottes mit
vergeblichem gezencke verschone. Wo aber die sach der wichtigkeit ist / das sie
ohne verletzung der gewissen nicht kan vnuorantwortet bleiben / so fodert Gott
neben gepürlichem Christlichen eyfer / die schöne tugend der sanfftmut /
bescheidenheit vnd lindigkeit / vnd wil / das man fürnemlich dahin sehe / vnd
arbeite / das die warheit erkleret vnd bewehret / die falscht Lehr aber mit
grunde refutiret vnd widerleget werde.
In betrachtung dieses / haben die Anhaltischen Prediger bißher allen fleis
angewandt / das der hochwichtige Artickel / darinn man jhre meinung begeret hat
/ nemlich von der Person /
|| [4]
Ampt /
vnd Maiestet vnsers HERrn vnd Heylandes Jesu Christi / des ewigen Gottes vn̅ Mariae der Jungfrawen Sons / rein vnd lauter aus der Propheten /
Aposteln / heiligen Merterer / vnd aller rechtgleubigen / beydes alter vnd newer
woluerdienter Kirchen Lehrer Schrifften vnd Bekentnissen also erkleret würde /
damit der vhralte / allgemeine / Christliche / Catholische Glaub erhalten / vnd
alle newe / der alten rechtgleubigen Kirchen vnbekante art zu reden vnd zu
lehren ausgesetzt vnd vermieten werden möchten.
(Wie viel an dem Ar tickel von der Person Christigelegen
sey.)
Daran jhm zwar niemand die gedancken machen sol / als wer an dieser sach nicht
viel gelegen / sintemal ja offenbar vnd vnleugbar / das diß der aller höchste /
nötigste / vnd tröstlichste Artickel / vnd der einige feste vnbewegliche grunde
ist vnserer Christlichen Religion / das wir nemlich vnsern HERrn vnd Heyland
Jesum Christum / als warhafftigen Gott vnd Menschen / in persönlicher
vereinigung der beyden vnterschiedlichen Naturen / welche vmb vnser Erlösung vnd
seligkeit willen / vnzertrenlich vnd vnzerstörlich mit einander vereiniget sind
/ recht erkennen / ehren / vnd anruffen. Denn auff diesen Artickel werden wir
getaufft / darauff ist die Kirche gebawet / dabey wird die Christliche Kirche
von allen andern Völckern vnd Secten vnterschieden / damit muß ein jeder im
leben vnd sterben sich trösten / dadurch wird auch der anfang des ewigen lebens
in den hertzen der Gleubigen angezündet / nach dem Spruch des HERrn: Diß ist das
ewige leben / das sie dich einigen Gott erkennen / vnd Jesum / den du gesandt
hast / das er sey CHRISTVS.
Wo aber dieser Artickel nicht recht gegleubet / vnd in der Kirchen ohne
verfelschung nicht erhalten wird / da verleuret sich als bald der ware glaube /
vnd der vnterscheid zwischen Christen vnd Vnchristen / vnd kan kein Christliche
Kirch alda sein / auch kein krefftiger bestendiger trost im hertze̅ auffgehen / noch bleibe̅. Denn der Spruch Pauli ist
vnwidersprechlich: Niemand kan
|| [5]
einem andern grund legen / ausser dem der gelegt ist / welcher ist Jesus
Christus. Vnd spricht S. Hilarius, lib. 9. de fide: das / wer Jesum Christum
nicht wisse / vnd jhn für waren Gott vnd waren Menschen nicht erkenne / der
wisse vnd erkenne sein selbst leben nicht / vnd sey einerley gefahr / den HErrn
Christum entweder keinen Gott / oder kein wares fleisch von vnserm fleisch
bekennen.
So ist auch die höchste ehre des menschlichen Geschlechts / vnd vnser einiger
krefftigster heubttrost / wider allerley gefahr vnd creutz / das wir wissen /
der eingeborne Sohn Gottes sey warer Mensch worden / vnd bleibe zugleich warer
Gott / der er von ewigkeit war / höre aber nicht auff zu sein / das er worden
ist / denn was er einmal an sich genommen / legt er nimmermehr abe / sagt
Damascenus. Daraus Tertullianus der alte Lehrer sehr tröstlich schleusset /
dieser Mitler zwischen Gott vnd den Menschen / hat von beyden teilen / als der
rechte Schiedsman / gleich als eine beylage / nemlich die göttliche vnd
Menschliche Natur / er behelt aber die Menscheit an sich / zu einem gewissen
pfand / dadurch alles fleisch versichert wird. Denn wie er vns das pfand des
Geistes hinderlassen hat / also hat er von vns das pfand des fleisches
angenommen / vnd mit sich in Himmel geführet / als eine versicherung / das auch
vnser fleisch dahin sol gebracht werden / darumb sey getrost mein liebes fleisch
vnd blut / denn du hast allbereit den Himmel / vnd das Reich Gottes eingenommen
in Christo. Wer euch nun anders bereden wil / der müste eben auch verleugnen /
das Christus in Himmel kommen sey.
Wiewol nun die rechte meinung dieses allerhöchsten Artickels in den Anhaltischen
Schrifften zum öffternmal auffs einfaltigste vnd tröstlichste erkleret worden
ist / so kans doch vmb des guthertzigen Lesers willen nicht schaden / das hieuon
die summa zum eingang allhie kürtzlich vnd einfaltig wiederholet werden.
|| [6]
Widerholung der warhafftigen Lere vnd Bekentnis von der Person / Ampt / vnd
herrligkeit Jesu Christi.
ES ist aber kein neher weg / die rechte Lehr in diesem hohen geheimnis von der
falschen zu vnterscheiden / denn das man die vrsachen betrachte / warumb
derselbige vnser einiger Heyland Jesus Christus / hab zugleich Gott vnd Mensch
sein sollen. Denn obwol wir arme Menschen in vnser (1.
Tim. 3.) grossen schwacheit diß grosse geheimnis (wie es der Apostel
nennet) nicht gnugsam verstehen können / so hat vns doch Gott / souiel vns zu
notwendigem trost dauon zu wissen von nöhten / durch sein heiliges Wort / welchs
die einige richtschnur ist vnsers Christlichen glaubens vnd bekentnis /
gnediglich offenbaret / wie folget.
Dem menschlichen Geschlecht hette nach dem fall von dem ewigen fluch / zorn / vnd
gericht Gottes nimmermehr geholffen werden können / wo nicht in dem geheimbten
Rath des Vaters von ewigkeit ein Mitler verordnet war / der vns arme / verlorne
/ vnd verdampte Menschen wider zu recht gebracht. Diese verordnung ist aus
Gottes freyem gnedigen willen vnd hertzen hergeflossen / vnd hat sich der ewige
Vater / Sohn / vnd heiliger Geist / welchen an ewiger Maiestet vn̅
herrligkeit / gar nichts wer abgangen / ob sie schon dz gefallene menschliche
Geschlecht / sampt den gefallenen Engeln / mit ewiger vngnad gestraffet hetten /
durch nichts anders / denn durch seine von vns vnuerdiente (Das nennet die Schrifft : oder
beneplacitum Dei: Gottes wolgefallen.) lieb
vnd hertzliche barmhertzigkeit zu solcher gnad bewegen lassen / wie die Schrifft
bezeuget / Johan. 3. Also hat Gott die Welt geliebet. Item / Rom. 5. Gott
preiset seine lieb gegen vns / etc.
Wie aber nu das deeret / oder Schluß von vnser Erlösung allein aus Gottes freyem
gnedigen willen / vnd hertzlicher erbarmung gegen vns dz arme menschliche
Geschlecht herfleust /
|| [7]
vnd kein
recht / gesetz / oder noth / auch kein eigen gut / oder nutze Gott dazu bewegen
/ viel weniger zwingen hat können / also ist gleichwol solcher gnediger
freywilliger abschied / rath / vnd verordnung auff gewisse endursachen gericht /
daraus abzunemen / das solch hohe ampt durch keinen andern Mitler / der entweder
nur bloser Gott / oder ein blose Creatur wer / hat bestellet werden können /
sondern das zugleich die göttliche vnd menschliche Natur zum Mitlerampt
notwendig gehören. Denn solches haben erfodert die drey ewige tugend / vnd
vnwandelbare eigenschafften in Gott selbst: nemlich / Gottes ewige gerechtigkeit
/ warheit / vnd barmhertzigkeit.
Aus betrachtung dieser dreyen tugenden / oder vielmehr(Vrsachen / warümb der Mitler Gott vnd Mensch hat sein sollen.)
wesentlichen eigenschafften in Gott / fliessen sechs vrsachen her / (nemlich aus
jeder zwo) derer drey auff die göttliche / vnd drey auff die menschliche Natur
gerichtet sind.
Den̅ dieweil Gottes ewiger wil vnd beschluß war / dem armen
menschlichen Geschlecht durch einen Mitler / der nicht allein für vns bürge vnd
selbst schuldig / sondern auch der Bezaler würde / zu helffen / so fodert die
ewige vnwandelbare gerechtigkeit Gottes einnen solchen Bürgen vnd Bezaler / der
da warhafftiger Mensch wer / jedoch für sich ohne schuld / auff das die straff
vnd der zorn Gottes wider die Sünde / von derselbigen Natur durch leiden vnd
sterben / getragen vnd gebüsset würde / durch welche die vbertrettung geschehen
/ vnd die Sünde sampt dem todt / als der Sünden sold / in die Welt eingeführet
war. Den̅ welche Seel sündiget / der gebürt auch die straff zu
leiden. Jedoch weil die Sünde war begangen wider das Gebot Gottes / vnd demnach
ein vnendliche schuld vnd straff / propter laesam summam maiestatem, verdienet /
so wer es / ob gleich ein Engel hett menschltche Natur angenommen / vnmüglich
gewesen / den gerechten zorn Gottes auszustehen / vnd zugleich dem
vnstrefflichen Richter sein gebürlich lob der gerechtigkeit zu zueignen.
|| [8]
Denn der gerechte zorn Gottes für
sich / allen Creaturen ein vntregliche last / vnd verzehendes fewr ist / darin
wie ein wachs in grosser flamm / alles in einem nu vnd augenblick müste
zerschmeltzen vnd zu nichts werden. Derwegen ein solcher Mitler hat verordnet
werden müssen / der vber die Menschliche Natur / die er annemen solte / auch
warhafftiger / ewiger / vnendlicher Gott were / vnd also in der straff seine
angenommene menschliche Natur nicht allein erhielte / vnd vor aller vngedult
bewarete / sondern auch das leiden vnd den todt / das ist / die bezahlung vnd
gnugthuung für vnser sünde / vor dem Tribunal Gottes / der eingeführeten schuld
/ welche ist ein vnendlich vnd vnermeßlich schrecklich vbel / gleich wichtig /
ja vberwichtig machte / auff das wir nicht allein durch dieselbige bezalung der
straffe loss / sondern auch der gnaden des ewigen lebens / vmb des verdiensts
des Mitlers willen / wider fehig würden.
Zum andern / erfodert eben dasselbige die ewige vnwandelbare warheit Gottes /
welche diesen Schluß vnd Raht / oder verordnung / wie / vnd wodurch dem arm en
gefallenen menschlichen Geschlecht wider solt auffgeholffen werden / also
decretiret vnd ausgesprochen hat: Der Same des Weibs sol der Schlangen den kopff
zertreten. Gen. 3. Ob nu gleich die heiligen Engel / so in der warheit bestanden
/ freilich durch Gottes gnad an sterck / krafft / vnd macht allen Teuffeln weit
vberlegen / so erfodert doch die zerstörung des Reichs der verdamnis / einen
solchen Helden / der durch eigene krafft die Sünde vnd den todt zugleich tilgen
/ vnd die ewige gerechtigkeit / sampt dem ewigen leben / durch seinen eigenen
sieg widerbringen könte. Derwegen hat er göttliche natur habe̅
müssen / dz er nicht im tod bliebe / sondern gewaltiglich vberwünde vnd siegete
/ vnd dem Teuffel sein macht vnd Reich zerstörete. Denn diß sind allein einer
göttlichen Person werck / tod vnd Teuffel vberwünden / leben vnd gerechtigkeit
wider bringen vnd austheile̅ / allen die an seinen Name̅ gleube̅. Jedoch hat er auch Mensche sein müssen /
nicht allein auf das
|| [9]
der
Verheissung / welche ist das Wort der Warheit / gnug geschehen möge (denn der
Held soll dee Weibes Same sein vnd heissen) Sondern auch / auff das der Sieg vns
zu gut vnd trost gereichete. Denn sonst / da derselbige ausserhalb der
menschlichen Natur erhalten wer / so würde des Todes Stachel noch in vns
hafften. Nun aber vnser Fleisch vnd Blut zu diesem Sieg / als die außerwehlte
Mitgehülffin / in thun vnnd leiden / auch das jhre bewiesen / vnd desselbigen
herrlichen Triumphs wider Sünd / Todt / Hell / vnd Teuffel mitgenossin worden /
so ist vnser Heyl vnd Trost auch hiemit befestiget.
Endlich vnd zum dritten ist der Mitler zu gleich Gott vnd Mensch / aus
erforderung seiner ewigen Gnad vnd Barmhertzigkeit. Denn zu dem Werck vnser
Erlösung / nicht allein die bezalung der Gerechtigkeit gehöret / welche nun
durch das heilige Opffer am Creutz volbracht / sondern das arme menschliche
Geschlecht bedarff auch / biss zum ende der Welt / das jhm solch heilwertige
Opffer / als die gnugthuung für alle vnsere Sünde / von dem Mitler / mit
jmmerwehrendem Trost / durch wirckung seines H. Geists / in erhörung aller vnser
Seufftzen vnd anliegen / krefftiglich applicieret vnd zugeeignet werde. Derwegen
hat sichs gebüret / das der Mitler / als vnser ewiger hoher Priester vnd König /
nicht blosser Mensch / sondern auch zugleich warhafftiger / ewiger / alwissender
HErr vn̅ Gott were / damit er den heimlichen Rath des ewigen
Vaters / welchen keine Creatur sehen noch erforschen kan / verkündigen / vnd die
Seufftzen in den Hertzen derer / so Gott anruffen / erkennen vn̅
für Gott bringen / vn̅ sein Opffer vnd Bezalung / zu allen zeiten
alle̅ Gleubigen zueignen / vn̅ sich für vnd für
vor sie heiligen könte / Item / dass er jhme zu allen zeiten möchte eine Kirche
samlen / regieren / beschützen / den heiligen Geist geben / vnd alle Menschen
endlich vom Todt erwecken / vnd seine Außerwehlten mit siegreicher Handt zu Gott
in das ewige Reich bringen / welches allen Gesegneten / die von Gott durch jhn
Segen erlangen / von anbegin
|| [10]
bereitet gewesen ist. Jedoch gehöret auch zu diesem vnserm trost / das er nicht
allein Gott / sondern zugleich warhafftiger Mensch / fleisch / gebein / vnd
geblüt von dem vnsern sey / auff das wir jhn mit aller freudigkeit / vmb der
nahen verwandtschafft willen / ansprechen / vnd vns seines eigenen Liebspruchs
trösten möchten (E. hes. 5.) / das niemand jemals
sein eigen Fleisch vnd Blut gehasset / sondern er nehret es / vnd pfleget sein /
gleich wie auch Christus die Gemein. Denn nach dem er der Schiedemann sein sol /
zwischen Gott vnd vns / so mus er beydes sein / Gott vnd Mensch. Sonsten als
blosser Gott / wer er vns viel zu hoch / vnd dürfften wir nicht für jhn tretten
/ dieweil Gott / in seiner Herrligkeit blos betrachtet / ein verzehrendes Fewer
ist. Als blosser Mensch aber / wer er zu diesem hohen Werck viel zu schwach vnd
zu wenig.
Bissher von den Vrsachen / warumb sichs anders nicht gebüret / denn das der
Mitler beyde Naturn / die Göttliche vnnd Menschliche an sich hette. Wer nun
dieselbigen in warer furcht vnd anruffung Gottes / aus der H. Schrifft mit
gleubigem Hertzen ohne fürwitz betracht / der schöpfft aus diesem
vnbegreifflichen geheimnis der Menschwerdung des ewigen eingebornen Sons Gottes
/ krefftigen Trost vnd Leben / vnd kan sich aller Ketzerey vnd verführung mit
Gottes hülffe wol erwehren. Denn hiedurch nicht allein die heilige Menschwerdung
des ewigen Worts / sondern auch warümb sie geschehen / vnd wie hoch vnser
Fleisch vnd Blut in Christo gezieret vnd erhöhet sey / auffs richtigst vnd
einfeltigst erkleret vnd angedeutet wird. Nemlich / (Wz
eigent lich die Menschwerdung des Sons Gottes sey) das die
Menschwerdung des Sohns Gottes / ein solch vnaufflöslich bandt oder Vereinigung
ist / der vnendlichen Gottheit des ewigen Worts / vnd der angenommen
menschlichen Natur / das der Sohn nach dem Beschluss vnd Rath der heiligen
Dreyfaltigkeit / welchen Er selbst / als der Mitler / so sich von anfang der
Kirchen zu vnserm Heyl hat senden lassen / aus dem geheimbten Schoss des Vaters
offenbaret vnd aus
|| [11]
gesprochen / zu bestimpter zeit / in dem Leib der reinen Jungfrawen
Marien / durch den heiligen Geist empfangen / vnd warhafftiger volkommener
Mensch worden ist / das ist / er hat die gantze menschliche Natur / Leib vnd
Seel / volkömlich / mit allen natürlichen eigenschafften vnd schwacheiten / doch
ohne Sünde / aus dem geheiligten Fleisch vnd Blut Marie / an sich genommen / vnd
dieselbige mit der Göttlichen Natur / nicht allein vnzertrenlicher weise /
sondern auch persönlich vereinigt / nicht zwar durch der beyden Naturn / oder
derselben natürlichen eigenschafften vn̅ wirckungen / verwandlung
oder vermischung / noch durch eine sonderliche capacitatem, fehigkeit oder
einschliessung / noch per infinitam quandam coëxistentiam seu vbiquitatem (das
die Menscheit mit der Gottheit vberal vnendlicher weise zugegen oder
allenthalben sey) auch nicht per exaequationem (das die Menschheit der Gottheit
gleich werde) noch ausgiessung oder thetliche mittheilung / seu donationem
proprietatum (oder geschenck der Eigenschafften) dadurch die Menscheit / so wol
als die Gottheit / allmechtig / allwissend / vnnd allenthalben sey / den̅ alle diese modi sind den oberzelten Vrsachen zu wider / Sondern
wie vnser Symbolum lautet / per assumtionem, das die ewige Gottheit des Sons hat
die Menscheit angenommen / vnd also in Christo ein einige Person ist vnd bleibt
/ welche ist des ewigen Worts eigene Person / die das angenomene Fleisch in sich
/ als jr eigen Fleisch / durch die persönliche Vereinigung vnzerstört tregt /
vnd erhelt in Ewigkeit / nach der Regel: Quod erat permansit, quod non erat
assumsit (was das Wort war / das ist es blieben / was es nicht war / dasselb hat
es angenommen) Item: Quod semel assumsit, nunquam deponit (was es einmal
angenommen hat / das legt es nimmermehr ab) Wird also von Christo alles recht
gesagt / was man nicht allein von Gott / sondern auch von einem volkommenen
Menschen / ausgenommen die Sünde / mit Warheit sagen kan / jed och nit was einer
Natur gehöret / kan / noch sol man von der andern
|| [12]
sagen / sondern was einer jeden
Natur zugehöret / wird mit warheit vnd mit der that von der Person gesagt / sie
werde gleich (Communicatio
idiomatum.) von derselbigen / oder von der andern / oder auch
von beyden genennet / welche Regel von Christo recht nach Gottes Wort zu reden /
heist communicatio idiomatum (gemeinschafft der eigenschafften) vnd ist nicht
res ipsa (die Sach selbs) sed declaratio rei (sondern derselben erklerung) wie
sie denn auch keines wegs nur blosse Namen gibt / sondern ist ein warhafftige
bezeugung / das diese Person zugleich volkomener Gott vnd Mensch sey / ohne der
Naturen / oder derselben Eigenschafften trennung oder verwischung. Daher auch
Christus ein solche Person ist / welche / ob sie wol nach der Gottheit eines
Wesens ist vnd bleibt mit dem Vater vnd heiligen Geist / nach der Menscheit aber
eines Wesens oder Natur mit der Mutter vnnd vns / jedoch / wegen der
persönlichen Vereinigung / jhres gleichen weder im Himel / noch auff Erden hat.
Denn sonst von keiner Person mit warheit gesagt kan werden / das sie zugleich
warhafftiger ewiger Gott / vnd ein volkomener Mensch sey / darumb dieses der
Menscheit Christi höchste Ehr ist / das sie mit dem Sohn Gottes persönlich
vereinigt ist.
(Vom Ampt des Mulers.)
Es ist aber diese Vereinigung nicht vergeblich / noch allein vmb desselbigen
angenommenen Fleisches herrligkeit willen / sondern vns zu gut geschehe̅ / auff das wir durch den Gehorsam dieses Mitlers / der Gott vnd
Mensch ist / wider mit Gott versühnet / vnd durch sein Verdienst vnd Krafft /
die Seligkeit erlangten. Darumb es nicht gnug / sondern ein vergeblich
wortgepreng vnd lauter verwirrung ist des warhafftigen Trosts / wenn man nur
disputiert vnd zanckt / was der angenommenen Menscheit für Ehr vnd Herrligkeit
widerfahren / vnter des aber (NOTA.) das Ampt Christi / entweder stillschweigend vbergehet
/ oder was Christo Amptshalben gebüret / als / von Sünden reinigen / Lebendig
machen / das Gericht halten / gewalt haben vber alles im Himel vnd auff Erden /
zur Rechten Gottes regieren / vnd
|| [13]
dergleichen / stracks von der Person des Mitlers / auff die angenommene
Menscheit / als geschenckte vnendliche Gaben vnd praerogatiuas, ziehen / So doch
das Ampt / vnd was Ampts halben Christo vbergeben / keines wegs nur auff diese
oder jene Natur / sondern auff die gantze Person sich zeucht / denn sonst were
das ewige Wort vergeblich Mensch worden.
Ist derwegen wol zu mercken / das ein anders sey / von den(Die eigen schafften der Naturen / vnnd die Amptswerck
sind vnterscheiden.) Eigenschafften der Naturen reden / welche der
gantzen Person zugeschrieben / aber doch nur auff die Natur / der sie eigen sind
/ gedeutet vnd ausgelegt werden müssen / wie denn solche Regel in Ewigkeit nicht
geendert wird / darümb das die zwo Naturen in dieser persönlichen vereinigung /
vnuermischt bleiben ewiglich / vnd vermag nimmermehr der Menscheit mit warheit
zugeschrieben werden / was der Gottheit gehöret / noch der Gottheit / was der
Menscheit eigen ist. Denn hieraus vnwidersprechlich ein Natur in die ander müste
verwandelt / vnd also das trostreiche geheimnis der persönlichen Vereinigung
zerstört werden / laut der Regel Lutheri: Tollens proprietates, tollit naturas
(wer die eigenschafften auffhebt / der hebt auch die Naturen auff) vnd lest sich
mit keiner Glossa gnugsam bescheinen / noch ferben / das etwas zugleich ein
endlich vmbschriebene Creatur sey / wie die Menschheit in Christo ist vnd bleibt
inn Ewigkeit / vnd doch der vnendlichen Gottheit Eigenschafften mit der that an
sich bekomme / oder theilhafftig werde.
Darnach ist ein anders von dem Ampt reden / welchs auch der Person zugeschrieben
wird / soll aber nicht / wie jetzt von den wesentlichen Eigenschafften geredet /
nur auff eine Natur / diese oder jene / gedeutet werden / Sondern weil vmb des
Ampts willen / diese Person muste zugleich Gott vnd Mensch sein / Darümb ist
Christus vnser Mitler / Erlöser / Versühner / vnd Seligmacher / vnser trewer
Hirt vnd Heyland / ewiger König vnd Hoherpriester / nach beyden Naturen / vnd
verricht das Ampt vnserer Erlösung in beyden Naturen / nicht zwar / das die
Gott
|| [14]
heit leide /
was die Menscheit leidet / noch die Menscheit volbringe / was die Gottheit
volbringet / sondern das ein jede Natur zu diesem Ampt das jre thut. Denn weil
vnser Erlösung zugleich erfodert / den tod leiden / vnd auch denselbigen
vberwinden / hat vns Gott nach seinem weisen rath vnd grosser barmhertzigkeit /
einen solchen Mitler geordnet / der beydes in einer person volbracht / aber
nicht in einer / sondern in / vnd durch vnterschiedene / jedoch vngeschiedene
Naturen. Darumb geschicht dieses keines wegs durch ein sönderliche mitteilung
der eigenschafft / wie etliche hieraus / secundum genus communicationis
idiomatu̅ (ein andere gemeinschafft der eigenschafften) zu
extruire̅ sich bemühen. Den̅ nicht eine Natur
thut oder leidet / was die andere thut oder leidet / sondern die person ists /
so beydes ausrichtet / sie leidet vnd vberwindet den tod / ein jedes nach seiner
Natur eigenschafft vnd wirckung / ohne trennung vnd vermischung / laut der Regel
Leonis: Sicut Deus non mutatur miseratione: ita homo non consumitur dignitate.
Agit enim vtraque forma cum alterius communione, quod proprium est: VERBO
scilicet operante, quod VERBI est: & carne exequente, quod carnis est.
Alterum horum coruscat miraculis; alterum succumbit iniurijs. Et sicut Verbum ab
aequalitate paternae gloriae non recessit: ita caro naturam noftri generis non
reliquit. Das ist / Gleich wie Gott nicht verwandelt wird / das er sich aus
erbarmung so tieff hernider gelassen hat: Also wird der Mensch durch die
herrligkeit / in die er erhoben ist / nicht verzehret. Denn beyde Naturn wircken
mit einander (Es stehet aber dabey / welchs etliche wissentlich vbergehen / quod
proprium est) Also das ein jede wircket / was jhrer eigenschafft gemeß ist.
Nemlich / das Wort wircket / was dem Wort eigen ist / vnd dz fleisch richtet aus
/ wz dem fleisch gemeß ist: die eine Natur lest sich sehen in Wunderwercken /
die andere ist dem leiden vnterworffen. Vnd wie das Wort nie verlassen hat die
gleiche ehr mit dem Vater / also hat das fleisch nie verlassen die art vnd
eigenschafft menschlicher Natur.
|| [15]
Wenn man nun also den Vnterscheidt zwischen den natürlichen Eigenschafften vnd
Ampt Christi / aus Gottes Wort(Von der Matester vnd
herrligkeit Christi.) erkleret hat / so kan man als denn recht von
seiner Maiestet vnd Herrligkeit reden. Man braucht aber diß Wort Maiestet /
nicht auff einerley weise / in gemein heist es / eines jeden Dings hoheit vnd
fürtreffligkeit / vmb welcher willen es andern in seiner art vorgezogen wird /
vnd kan ein jeder Mensch in seinem Standt / durch erbarkeit / tugend / kunst /
geschickligkeit vnd tapfferkeit erlangen / das er eine̅ andern in
gleichem Stand vorgehe / wiewol er denen / die in einem höhern Standt sind /
nicht gleich wird. Also erreichen priuat Personen / wie hoch sie auch vor andern
geadelt / oder mit authoritet / ansehen / vnd fürtrefflichen Gaben gezieret sind
/ nicht die Maiestet der hohen Obrigkeit. Item / Keyser vnd König sind in jhrer
höchsten Maiestet vnd Herrligkeit auff Erden / nicht zu vergleichen der
himlischen glorien der Außerwehlten Gottes. Denn jene ist ein jrrdische vnd
vergengliche / diese aber vnuergengliche vnd himlische Maiestet. Noch vbertrifft
die Menscheit Christi mit jhrer Herrligkeit vnd Maiesteit / weit aller Engel vnd
Außerwehlten im Himel Maiestet vnd Herrligkeit. Vnd dieweil sie doch ein Creatur
bleibt / erreicht sie nicht die Maiestet vnd Herrligkeit der ewigen vnendlichen
Gottheit. Derwegen die Maiestet des Menschen Christi / am richtigsten vnd
bequemsten aus Gottes Wort erkleret wird / per distinctionem, nach vnterscheidt
der Naturen / Ampts / vnd Gaben / wie die Regel Nazianzeni aussweiset: Alia est
consideratio filij respectu essentiae, alia respectu oeconomiae seu missionis.
(Es hat ein andere gelegenheit vmb den Sohn / so viel sein Wesen / ein andere /
so viel sein Ampt / oder Sendung anlangt.)
Wie nun die zwo Naturen in Christo / weder am wesen / noch natürlichen
Eigenschafften oder wirckungen / einander in Ewigkeit nicht gleich werden / denn
es muss ein vnterscheidt bleiben zwischen dem Schöpffer vnd Geschöpff / damit
nicht
|| [16]
das endliche vnd
vnendliche / das vmbschriebene vnd nicht vmbschriebene / das zeitliche vn̅ ewige / mit einander vermenget werde / welches gewislich folget
ex reali idiomatum communicatione seu donatione.
Also hat Christus eine andere Maiestet nach seiner Gottheit / ein andere nach
seiner Menscheit. Denn nach jener ist er mit dem Vater vnd heiligen Geist / ein
einiger Gott / gleich in der Herrligkeit / gleich in ewiger Maiestet / allmacht
/ vnendligkeit / allwissenheit.
Nach dieser ist er vnter Gott / nicht allein darümb / das sein angenomene
menschliche Seel / Fleisch / vnd Blut / ist vnd bleibt ein Creatur / wiewol
durch sein Aufferstehung vnd Himelfahrt / an glantz / weisheit / sterck /
herrligkeit / vnnd was nur hohes vnd fürtreffliches von einer Creatur gerhümt
kan werden / viel höher denn alle Creaturen im Himel vnd auff Erden / weit vber
vnsern verstandt vnd vernunfft / vnaussprechlicher weis erhoben / Sondern auch
als persona missa, in betrachtung seines Ampts / als des einigen Mitlers
zwischen Gott vnd vns. Welche Maiestet vnd Herrligkeit des Mitlerampts / vnserm
HERRN Christo nach beyden Naturen gebüret / vnd kan von der angenomenen
menschlichen Natur / nichts höhers mit warheit gedacht / noch geredt werden /
denn das sie mit dem Sohn Gottes eine Person worden / vnd der Sohn Gottes / in /
mit / vnd durch sein angenomene Menscheit / ohne vermischung vnd trennung / vns
von Sünd / Todt / Hell / vnd Teuffel erlöset / vnd mit dem Vater versönet / dazu
wider alle Feind gewaltig schützt vnd erhelt / zeitlich vnd ewiglich / daher wir
jhn wahren Gott vnd Menschen / in einer vnzertrenlichen Person / vna adoratione,
als den rechten Hertzkündiger / vnd einigen Nothelffer / mit einerley Gebet
ehren vnd anruffen. Wie denn auch diese Amptsherrligkeit vnd Maiestet / der
Messias / vnser ewiger König vnd Hoherpriester / Jesus Christus / wahrer Gott
vnd Mensch / sonst mit niemand weder im Himel noch auff Er
|| [17]
den / gemein hat. Denn es
ist in keinem andern Heyl / ist auch kein ander Name den Menschen gegeben /
darinnen wir sollen selig werden / Aetor. 4. Vnd daher kömpt es auch / das der
den Vater vergeblich ehret / der den Sohn nicht ehret / Johan. 5.
Bey welchem schönen Spruch nicht vnbequemlich zugleich(Watümb eben der Sohn hat Mitler sein sollen.) der wunderbare Rath
Gottes betrachtet wird / das eben der Sohn / vnd nicht der Vater / noch H. Geist
zum Heyland der Welt verordnet vnd gesandt wird. Dasselbige aber fleusset aus
der vnermeslichen weisheit Gottes her / welche ist ein Liebhaberin vnd
Stiffterin aller Ordnung. Dieweil den̅ der Heyland(1.) solt dem menschlichen Geschlecht / aus dem
geheimbten Schoss des Vaters / den beschlossenen Rath von vnserer Erlösung
ankündigen vnd offenbaren / so gebürete solch Ampt billich derselbigen Person /
die in dem allerheiligsten Geheimnis der hochgelobten Dreyfaltigkeit / selbst
ist vnd heisset Consiliarius, Rath. Jesai. 9. Vnd er ist des Vaters ewiges Wort
/(2.) darümb führet er auch billich das Wort
/ vnd wird der Redner / das ist / vnser Prediger zur Gerechtigkeit. Joel. 2.
Item / Er(3.) solt der Mitler sein zwischen Gott
vnd vns / das gebürete der mittel Person in der heiligen Dreyfaltigkeit. Er solt
ein Kind(4.) geborn vnd des Menschen Sohn werden
/ auff das er vns mit dem Vater versühnete / vnd die verlorne Kindtschafft
widerbrechte / Johan 1. das reimete sich am besten zu der Person des ewigen
Sohns Gottes / auff das es bey einem einigen / Ja eingebornen Son bliebe / vnd
dieser Name auff kein andere Person der heiligen Dreyfaltigkeit gelegt / vnd
also die Ordnung desselbigen vnerforschlichen allerheiligsten Geheimnis
vnzerrüttet erhalten würde. Auch solte er das Bilde Gottes in vns(5.) vernewern / vnd aus der Finsternis zum Liecht
/ aus dem Todt wider zum ewigen Leben vns bringen / Solchs verrichtete niemand
billicher / als dieselbige Person / welche inn Gott selbst ist der glantz der
Herrligkeit / vnd das wesentliche Ebenbild des Vaters / ja Er ist das Liecht /
vnd das Leben. Darümb wie wir(6.)
|| [18]
(7.) allein durch jhn / durch welchen alles
gemacht ist / das gemacht ist / erschaffen sind / also sind wir auch allein
durch jhn erlöset / vnd zu der Erbschafft des ewigen Lebens widergebracht / auff
(8.) das wir zugleich Miterben würden der
ewigen Gnaden durch jhn / der allein der natürliche Erb vnd Brunnquel ist aller
Gnaden / Rom. 8.
Hieraus leuchtet auch die vnaussprechliche Demut des (Von der tieffen Nidrigkeit vnd Demut des Mitlers. Philip. 2. Apocal.
13.) ewigen Sohns Gottes / vnsers Mitlers vnd Heylandes / welche nicht
allererst auff Erden in seinem Leyden angefangen / da er nach dem Fleisch
allerley schmach / vnehr / vnd verfolgung / mit wunderbarer Gedult / seinem
Vater zu gehorsam / biss jhn den Todt / ja den Todt am Creutze ausgestanden /
Sondern (wie die Schrifft bezeuget) das Lamb hat sich von anfang für vns
auffgeopffert / vnd dahin gegeben / darümb sich auch der (Matth. 11.) Mitler den kleinsten im Himmelreich
nennet / nicht das er seines Wesens oder Natur vnd ewiger Maiestet halben
kleiner wer / den der Vater vnd heilige Geist / Sondern wie er allein den Vater
volkömlich kennet / vnd besser denn kein Creatur verstehet / wie vbel es vmb vns
Menschen geschaffen sein würde / wenn der gerechte Zorn seines ewigen Vaters
vber vns hett sollen anbrennen / also hat sich niemand tieffer für vns
gedemütiget / als der Sohn / welcher / ehe der Welt grundt gelegt war / für vns
seinen himlischen Vater gebeten / vnd in den Schluss / das er vnser Schuldt auff
sich nemen solt / gewilligt / vnd da die Zeit erfüllet ward / hernider in die
Welt kommen ist / vnd alles / durch sein eigene Krafft vnd Wirckung / nach des
Vaters wolgefallen / befehl / vnd verordnung / volbracht. Dieser dreyer Graden
der aller tieffsten Nidrigkeit des Sohns kan mit Warheit keiner geleugnet werden
/ welche da heissen / 1. Intercedere, oder deprecari, das ist / Ehe der Welt
grundt (Ephes. 1. Psal. 2. Psal. 45.) geleget
wardt / für das arme menschliche Geschlecht bitten. 2. Velle obedientiam, in den
Schluss des Vaters willigen. 3. descendere propter ???es & propter nostram
salu
|| [19]
tem, vt homo
fieret: zu bestimpter zeit Mensch werden. Darümb jrren die jenigen gefehrlich /
welche die Nidrigkeit des Mitlers nur auff seine angenommene Natur legen / oder
deuten.
Vnd hieraus verstehet nun der Christliche Leser / das in dem Werck der
Menschwerdung des ewigen Worts die allerhöchsten(Die
aller höchsten Geheimnis Gottes in dem Werck der Menschwerdung des ewigen
worts verborgen) Geheimnis nicht allein von der ewigen Gerechtigkeit
vnd Barmhertzigkeit / Allmacht vnd Warheit Gottes / sondern auch die
vnaussprechliche Lieb vnd Demut des eingebornen Sohns scheinen vnd leuchten.
Darümb es die Schrifft nicht vnbillich zugleich ein hohes Wunderwerck / Jesai.
7. Hagg. 2. vnd ein gross Geheimnis der Gottseligkeit nennet. 1. Timoth. 3.
Den̅ wiewol die miracula vnd mysteria, das ist / die
Wunderwerck vnd Geheimnis / vnterschiedene Werck Gottes sind / so werden doch
beide Namen (diuerso scilicet respectu, das ist / mit gebürlichem vnterscheidt)
von diesem hohen trostreichen Wercke recht gebraucht / wie aus derselbigen
beyderley Namen beschreibung abzunemen. Denn die miracula oder Wunderwerck sind
opera Dei extraordinaria, das ist / solche Werck / da der gemeine Lauff oder
ordnung der Natur / durch die Allmechtige vnd vnsichtbare Krafft Gottes / nach
seinem verborgenen Willen / etlicher massen geendert oder verhindert wird / also
/ das dennoch vnsere eusserliche Sinne die beschehene Enderung spüren vnd
mercken können. Dagegen aber die mysteria oder Geheimnis sind Gottes weise /
vnwandelbare / vnd wolgefaste Ordnung / oder solche Werck / die von Gott auff
etwas gewieses verordnet vnd gerichtet sind / da zwar die Natur der ding / die
zu solcher Ordnung gehören / nicht geendert wird / vnd dennoch Gottes Werck ohne
den Glauben / der sich allein auff den geoffenbarten Willen vnd Zusag Gottes
gründet / mit blosser Vernunfft / viel weniger mit den eusserlichen fünff Sinnen
/ keins wegs begrieffen kan werden.
|| [20]
So ist nun die Menschwerdung des ewigen Sohns Gottes / an vn̅ für
sich selbst betrachtet / eines aus den allergrössesten Wunderwercken Gottes /
darümb das wider die Ordnung der Natur / ein Jungfraw schwanger wird / vnd jhrer
Jungfrawschafft vnuerletzt einen Sohn gebieret / Vnd der Helde / jhr Sohn / ist
vnd heisset Immanuel / Gott mit vns / Jesa. 7. Denn ob diesem Wunderwerck
bewegen sich Himmel vnd Erden / Hagg. 2. Vnd die heiligen Engeln mit allen
himlischen Heerscharen (1. Pet. 1.) gelüstet das
Wunder zu sehen / Vnd werden alle Außerwehlten sich inn Ewigkeit darüber zu
verwundern vnd zu erfrewen haben. Wiewols aber nicht alle Menschen in dieser
Welt jnne werden / noch achten / so weis doch die Mutter des HERRN für sich / in
jhrem Gewissen / vnd darffs jhr niemand bezeugen / dass sie an jhrer
Jungfrawschafft vnuerletzt diesen jhren eigenen Sohn geboren / vnd allein vom
heiligen Geist empfangen hat. Ob auch wol die Göttliche Natur inn CHRISTO mit
eusserlichen Augen von niemand jemals weder gesehen worden ist / noch gesehen
werden kan / so bezeugen doch die Werck / die der HERR aus eigener Krafft gethan
/ dass er mehr / denn ein Mensch / oder erleuchter gemeiner Prophet sey. Darümb
die Jünger beydes von jhm schreiben / dass sie mit jhm gessen vnd getruncken /
jhn gehöret / gesehen / beschawet / vnnd mit Henden betastet haben / dadurch
seine warhafftige Menschheit bezeuget wirdt. 1. Johannis 1. Vnd dass sie seine
Herrligkeit / Johan. 1. als des des eingebornen vom Vatter gesehen haben
(verstehe in vbungen der Wunderwerck / die er darümb des Vaters vnd nicht des
Fleisches Wercke nennet) welchs alles auff die ewige Gottheit gehet. Das also
das Wunderwerck die Person betrifft / in welcher zwo vnterschiedene Naturen /
die vnendliche vnd endliche / die ewige vnd in der zeit angenommene / die
Göttliche vnd Menschliche / die vnsichtbare vnd sichtbare / etc. persönlich /
vnzertrenlich / vnuermischt / vnd vnzerstörlich mit
|| [21]
einander vereiniget sind.
Dergleichen exempel an einiger person / von solchen vnterschiedenen Naturn / hat
die Welt nie gesehen noch erfaren. Darümb ists ein Wunderwerck / contra,
praeter, & supra rerum seriem, wie die Kirchen singet: ô admirabile
commercium. Item:
O rem mirandam, mirando foedere iuncta est Humani generis languida massa DEO. Das geheimnis aber gehet auff das ende / darümb die Menschwerdung des ewigen Worts geschehen / nemlich vmb der gnedigen verordnung Gottes willen / das wir durch diesen / vnd keinen andern weg / sollen erlöset werden. Darin stehet nu alle gottseligkeit / vnd erfodert freilich den glauben. Denn ob wol die Gottlosen in der Welt das Wunderwerck von der Geburt der Jungfrawen zu Bethlehem auch erfahren / vnd die Teuffel wissens / das sichs in warheit nicht anders verhalte / so ist die Gottselige betrachtung doch nur allein bey den Gleubigen / die dem geheimnis in der furcht Gottes nachdencken / vnd forschen in der Schrifft / welche dauon zeuget. Johan. 5. Die andern lassens bey dem blossen verwundern / als bey einer newe̅ zeitung / bleiben / vnd bessern sich nichts daraus / ja sie ergern sich viel mehr daran / wie Hannas vnd Caiphas / oder fallen auff abergleubische gedancken / gleich wie die jenigen / welche heut zu tag aus der Menscheit in Christo ein allwissende / allmechtige / allenthalbgegenwertige Hertzkündigerin / ja Schöpferin der kleinen hirsch vnd senffkörnlein dichten / vnd also durch wunder seltzame gedancken / die sie jnen / ohne / ja wider Gottes Wort einbilden / nicht allein das Geheimnis faren lassen / sondern auch das mirackel selbst verkeren / welchs doch die beyde vereinigte Naturn im geringsten nicht endert. Denn wie wolte sonst dieser wundere Helde / welcher seines gleichen (die person betreffende / als die zugleich Gott vnd Mensch ist) weder in Himel noch auff Erden hat / nichts desto weniger sein / bleiben / vnd heissen coessentialis Patri & matri, das ist / eines wesens zu
|| [22]
gleich mit
dem Vater vnd mit der Muter? So er doch nach der ewigen Natur in warheit
Mutterloß / vnd nach der angenommenen Natur Vaterloß ist vnd heisset. Hebr.
7
Das ist die eigentliche / warhafftige / vnwidersprechliche Lehr / von der Person
/ Ampt / vnd herrligkeit Christi / vnd wer anders von Christo helt oder lehret /
der verleugnet mehr seine Maiestet / denn das er dieselbige preise / oder
vertheidige. Denn man ehret Gott vergeblich mit Menschen trewmen / Matth. 15.
Vnd ist der Spruch Cassiani wol zu mercken: Non minoris erroris est, Domino
nostro Iesu Christo impropria addere, quàm propria derogare. Quod n non ita
dicitur, vt est; etiamsi honor videatur, iniuria est. Dz ist / Es ist ebe̅ so vnrecht / vnserm HErrn Jesu Christo zueignen / das jme nicht
gebürt / als jn des jenigen / so er eigen hat / berauben. Denn alles / was nicht
also geredt wird / wie es an jhme selbst ist / dasselbige / ob sichs schon
ansehen lest / als sey es ein ehr / so ists doch nichts / denn schmach vnd
vnehr. Wie auch Leo Episcopus ad Leonem Augustum schreibet: In magno sacrilegio
se versari, haereticorum manifestat impietas, cum sub specie honorandae in
Christo De tatis, humanae carnis in ipso denegant veritatem. Dz ist / Die
gottlosen Ketzer gebe̅ an tag / dz sie in grosser geistlichen
rauberey stecken / in dem sie vnterm schein der gottheit Christi / die aller
ehren werth / die warheit des menschlichen fleisches in jhme verleugnen.
Damit aber der Christliche Leser verstehe / das diß die rechte einhellige meinung
sey aller rechtgleubigen Christen von anfang der Kirchen / so wolle er die
zeugnis beyde aus Gottes Wort / vnd heiligen Merterer / so wol auch Lutheri /
vnd Fürst Georgen zu Anhalt / Christmilder gedechtnis / in der Anhaltischen
Apologien / welche Anno 1580. vmb bezeugung der warheit willen / den
Hochlöblichen dreyen weltlichen Churfürsten mit vnterthenigster demut
zugeschickt ist worden / selbst nachschlahen / so wird er vom 192. blat / biss
vffs 2,9. ausfürlichen bericht dauon befinden.
|| [23]
In sonderheit aber berüffet man sich schlißlich vnd bestendiglich auff die schöne
erklerung dieses hohen trostreichen geheimnis / beschrieben vnd begriffen in der
Epistel Leonis primi ad Flauianum / Bischoffen zu Constantinopel / welche auff
dem andern Concilio zu Epheso gehalten / von den Ketzern war vnterdruckt worden.
Denn es praesidiret daselbst Dioscorus Alexandrinus, des Eutychis patron / ein
frecher / beschwatzter / hoffertiger Mensch / welcher den hochlöblichen Keyser
Theodosium eingenommen / vnd mit seinem brachio seculari sich dermassen
gestercket hatte / das es gienge / wie Basilius vber die Eunomianer klagt / das
sie alle rechtmessige erkentnis der Religionsstreite gehindert / vnd selbst jn
eigner sachen actores & iudices vnd weis nicht / was mehr / haben sein
wollen. Denn der fromme Lehrer Flauianus mit harten schlegen ausser der
versamlung verstossen / vnd auff den dritten tag drüber gestorben ist / daher
dasselbe Concilium ein mörderischer Synodus genennet worden.
Nach vier jaren aber hat Martianus, der berühmte gottselige(Ein schön exempel / was der hohen Christlichen
Obrigkeit / bestendigen fried in der Kirchen anzurichten / gebüre. Vide Chro̅. Phil. parte 2. li. 3. pag.
126.) Regent vnd Keyser / das Concilium in der Stadt
Chalcedon gehalten / vnd ist selbst eigner person dabey gewesen / wie denn seine
Wort / die er damals geredet / angezogen werden / distinct. 96. Nos ad confirmandam fidem, non ad ostendendam potentiam, exemplo
Constantini Imperatoris pij, Synodo interesse volumus, vt inuenta veritare
dissidia tollantur, & non vltra multitudo prauis doctrinis attracta
discordet das ist / Wir wollen in dem Concilio erscheinen / wie der fromme
Keyser Constantinus auch gethan hat / nicht zwar vnsere pracht / noch macht
hiemit zu beweisen / sondern das der Christliche glaube müge desto mehr erkleret
vnd bestettiget werden / damit doch endlich die warheit an tag gebracht / vnd
das gezenck einmal auffgehoben / vnd durch falsche Lehr nicht je lenger je mehr
spaltung oder vneinigkeit vnter dem Volck angerichtet vnd verursacht werde.
|| [24]
Inn demselbigen Concilio sind Christliche decret vnd satzung / wider die
schreckliche Lehr / dadurch die zwo Naturn im HErrn Christo / in einander
vermischt vnd verwiret werden / gemacht worden.
Vnd ist Theodoretus, des nütze Schrifften von dieser Lehr noch vorhanden / vnd
fürwar lesens wol werth sind / wider in sein Bischofflich Ampt / daraus jhn
zuuor Dioscorus vertrieben / eingesetzt: wie denn auch damals obgedachte Epistel
Leonis ad Flauianum ans Liecht kommen / vnd in öffentlicher versamlung / an der
zahl 636. rechtgleubiger Väter / von Wort / zu Wort abgelesen worden / darauff
die verfamleten Orthodoxi Patres semptlich ausgeschriehen: Hac vera fides, haec
sancta fides, haec sempiterna fides: in hac baptizati sumus, in hanc baptizamus:
Omnes ita credimus. Haec Patrum fides, haec Apostolorum fides: Anathema sit, qui
ita non credit. Dieses ist der rechte glaube / dieses ist der heilige glaube /
diß ist der stetwehrende glaube. In diesem glauben sind wir getaufft / darauff
teuffen wir andere. Wir gleuben alle also / diß ist der Väter glaube / diß ist
der Apostel glaube: verflucht sey / wer nicht also gleubet. Vnd dauon hat die
Epistel / wie Nicephorus schreibet / den namen bekommen / das sie genant ist
worden / columna rectae fidei, , eine Seule des rechten
glaubens: Dabey wir auch / mit Gottes hülff / biß an vnser ende Christlich
verharren / vnd einmal also von dieser Welt seliglich abscheiden / vnd am
Jüngsten tag vor dem Richterstuel Jesu Christi mit allen freuden erscheinen
wollen / dazu vns Gott helffe / Amen.
|| [25]
Folget die Antwort auff D. Timothei Kirchners newe Buch.
WIewol nu den Anhaltischen Predigern nichts liebers wer / denn bey dieser
warhafftigen / trostreichen / vnd wolgegründten Lehr / jhres Ampts friedlich vnd
rühig abzuwarten / sich auch wissentlich vnd fürsetzlich zu memand jemals
genötigt / sondern in vorfallender not mehr nicht / denn jr Bekentnis vnd
verantwortung / mit gepürlicher demut eingewandt / vnd nach jhrem einfaltigen
verstande nur angezeiget / worauff der grunde jhrer Lehr beruhe / vnd was aus
des Gegenteils newen / bißher der Kirchen Gottes vnbekanten Lehren vnd phrasibus
für abschewliche paradoxa notwendig folgen / Begeren aber vber niemandes
gewissen zu herrschen / viel weniger jhre Lehr andern auff einigerley weis
auffzu dringen / noch jemand derwegen / ehe die sach in einem ördentlichen
Synodo gnugsam erkant vnd ausgefüret / im geringsten stücke zuuerdammen / so hat
jnen doch bißher der gewüntschte vnd so oft mit flehlicher bit gesuchte friede
nicht widerfaren können / sondern haben sich ohne vnterlas / jetzt von diesem /
jetzt von jenem / auff mancherley weis / zum aller schrecklichsten (jedoch
vnüberwiesen / vnd ohne schuld) ausschreihen / lestern / vnd verketzern lassen
müssen.
Wie denn endlich auch D. Timotheus Kirchner / Pfarherr vnd Superintendens zu
Weymar / ein groß Buch / von 85. bogen / mit einer
Vorrede der Theologen / in den dreyen Vniuersiteten / Leipzig / Wittenberg / vnd
Ihena / wider die 42. Anhaltische Argument / kurtz nach Martini / des
abgelauffenen 85. Jars / durch den Leipzischen druck hin vnd wider aus
|| [26]
gesprenget / darin (wie
die vberschrifft vnzeitig rühmet) gründlich bewiesen sein sol / das die 42.
Argument der Kirchen Diener im Fürstenthumb Anhalt / aus lauterm trübsand / vnd
erdichteten verkerungen zusammen geflochten seyen.
Es haben aber die Anhaltischen dasselbige newe dicke Buch / sampt der
vorgedruckten praefation / so wol als etlicher anderer vnuorursachte zunötigung
vnd calumnien / derer namen (vmb welche es jhnen viel mehr / denn vmb die
warheit selbst zu thun scheinet) man noch zur zeit in munde zu neme̅ (wie der 16. Psal. redet) oder mit gepürlichem preis zu celebriren für
vnnötig achtet / mit allem fleis durchlesen / wolten auch / da sie eines bessern
vnterrichtet weren / mit gepürlicher danckbarkeit gern weichen / Aber (Gott lob
vnd danck) es hat sich in warheit gar nichts befunden / das jre Argument /
welche durchaus noch fest stehen / vnd ewiglich wol bestehen werden / im
geringsten bewegen / geschweigen vmbstossen könte.
Wiewol man nun / der lenge nach / vnd ausführlich / durch alle Argument / von
einem zum andern gehen / vnd auffs newe / gar leicht / bey einem jeden / mit
gutem grunde darthun vnd beweisen könte / das nichts vberal von D. Kirchnern
refutiret / oder (wie er sich pag. 612. vergeblich rühmet) widerlegt / sondern
vielmehr der Anhalter Lehr bestettigt worden sey / so bedenckt man doch / das
bey diesem hellen Licht der geoffenbarten warheit (dafür Gott ewiglich gelobt
vnd gepreiset sey) sölches alles der Christliche vnparteyische Leser von sich
selbst (Man halte eins gegen das ander / vnd ruffe Gott
vmb gnade an / so wird sich die warheit finde̅) wol
mercken vnd verstehen werde / wenn er nur so viel zeit anwenden / vnd die 42.
Anhaltischen Argument (nach dem befehl des Apostels / prüfet alles / aber allein
das gute behaltet. 1. Thess. 5.) mit D. Kirchners Buch noch einmal mit
gebürlichen fleis in der furcht des HErrn conferiren wil. Derwegen mans auff
dißmal für beguemer vnd gnugsam geachtet / nur etliche fürneme punct zu erzehlen
/ daraus jederman / wie vbel des Gegentheils Lehr gegründet sey / augenschemlich
zu erken
|| [27]
nen / vnd ferner
den sachen / für sich selbst / in der furcht Gottes / nach zu dencken vrsach
habe. Wie numehr / auffs aller kürtzeste vnd eingezogenste / so viel müglich /
vnd dieser hochwichtigen sach notturfft leiden wird / im namen Gottes / welchen
wir vmb die gnade seines heiligen Geistes / durch Christum Jesum / des ehre vnd
namen es allein betrifft / aus hertzen grunde auruffen / folgen sol.
Anfenglich wolt er gern den statum causae zweiffelhafftig(Wouon eigentlich der streit sey.) machen / gleich
als wer das nicht die heuptfrage / Ob die menschliche Natur Christi allmechtig /
allwissend / allenthalben sey. Aber es gibts die gantze disputation / das es vmb
nichts anders zu thun. Wie ers denn endlich selbst nicht verbergen kan / als
hernach an vnterschiedenen orten angezeigt / vnnd nottürfftige erinnerung /
jedoch mit Christlicher bescheidenheit / aus Gottes Wort sol entgegen gesetzt
werden.
Vnd ist demnach mit allem fleis gar wol zu mercken / vnd vor allen dingen in acht
zu nemen / das er pag. 7. wider sich selbst(Das
Gegenteil bekenner selbst / das sie in phra sibus von der Augspurgischen
Confession abgewichen.) bekennen muß / das dieselbigen newen phrases /
oder art zu reden / die er abstractiuas nennet (nemlich / das fleisch / oder die
menschliche Natur Christi ist allmechtig / allwissent / allenthalben) dauon der
streit ist / in der Augspurgischen Confession (viel weniger in den andern von
der allgemeinen Christlichen Kirchen angenomenen vnd approbirten Schrifften)
nicht begriffen sind / etc. So bezeugt er ja hiemit öffentlich / das er mit
seinen verwanten / wider die praefation der Concordiformul / die ernstlich
hieuon protestiret / von der daselbst angezogenen norma, in phrasibus / das ist
/ so viel die art zu reden betrifft / abgewichen / vnd demnach ein newe art zu
lehren in die Kirchen Gottes einführe. Welchs der Apostel gar ernstlich verbeut
/ da er seinen Jünger Timotheum heisset an dem fürbilde der heilsamen Wort
anhalten / vnd diesen guten bey
|| [28]
lage bewaren / durch den heiligen Geist / der in vns wohnet. 2. Tim.
1. Wenn die Anhalter sonst nichts für sich hetten / so wer diß einige zu jrer
entschüldigu̅g vbrig gnug. Denn es heisset: Qui fingit nouas
phrases, fingit nouas res. Wer ein newe art zu reden auff die bahn bringet / der
gehet mit einer newen Lehr vmb. Daher auch der Sohn Gottes spricht: Meine
Schefflein hören meine Stimme. Johan. 10.
Möchten die löblichen Heupter dessen nottürfftiglich bericht werden / welche in
der praefation der Concordiformul am beschlus ernstlich bedinge̅
vnd befelen / dz man weder in phrasib. noch rebus, von der augspurgischen
Confession / vnd andern daselbst pro norma specificirten vnd benamten Büchern /
mit welchen freylich die Anhalter durchaus wol zufriden / im geringsten nicht
abweichen sol / sie würden / zweiffels one mit wenigem gefallen / in der that
spüren vnd mercken / das die Theologen jres teils mit der sach nicht richtig
weren vmbgangen / dieweil weder die praefatio̅ / noch Formula
Concordiae / viel weniger die darauff erfolgte Apologia dißfals mit einander
concordiren.
Ob aber wol Doctor Kirchner auff die Scripta Patrum, (Aus den alten Lehrern kan kein vbiquitet der menscheit in Christo bewiesen
werden.) vnd Decreta Synodi Ephesinae sich berüffet / wie sönderlich
pag. 189. 190. vnd sonst hin vnnd wieder zu sehen / so hat sich doch noch kein
Spruch gefunden / der also laute: Caro Christi est omnipotens, omniscia, vbique:
die menschliche Natur in Christo ist allmechtig / alwissend / allenthalben.
Sondern vielmehr das gegenspiel ist aus allen testimonijs Patrum, die er
hauffenweis hin vnd wider / sine iudicio coaceruirt / zuuernemen. Als / zum
exempel / pag. 587. wil er beweisen / das die menschliche Natur in Christo vmb
der persönlichen vereinigung willen mit dem ewigen Wort / alles erfülle / vnd an
allen orten gegenwertig sey. Allegirt derwegen einen Spruch Ambrosij, lib. 2. in Lucam, cap. 1. Bene magnus (Iesus) cuius virtus
mundum REPLEVIT, qui VBIQVE est, & erit semper: quia regni eius non erit
finis. Diss sol souiel heissen / als caro Christi est vbique, & replet
omnia.
|| [29]
Denn wer diß nicht gleube / der begehe ein schreckliche Gotteslesterung. pag.
567. 568. Der Christliche Leser wölle auch die andere dicta Patrum, daselbst
angezogen / behertzigen.
Belangend die zeugnis der Schrifft / welche niemand leugnet / nemlich das Christi
Fleisch vnnd Blut lebendigmachend(Das Gegentheil
vermenget die Eigenschafften der Naturen mit de̅
Amptswercken-) sey / von Sünden reinige / das gericht halte / etc.
(pag. 188. vnd durchs gantze buch hindurch) thun auch nichts zur sache. Denn die
Regel stehet dawider: Proptietates naturarum non debent confandi cum
appellationibus officii man sol die Eigenschafften der Naturn mit den Amptsnamen
vnd Amptswercken nicht vermengen. Möcht derwegen D. Kirchner billich die Regel /
welche er pag. 572. anzeugt / selbst besser in acht genommen haben: Quòd
allegare inconueniens non est soluere argumenta. A disparatis enim nihil
sequitur.
Zu deme / solt man schir einmal bedencken lernen / das die(Actiones theandricae admittunt
propositiones abstractiuas.) Amptswercke / darin die
abstractiuae propositiones vmb der gemeinen wolthat willen / so dem Menschlichen
geschlecht daraus erfolgen / zugelassen werden / darümb actiones theandricae
heissen / das der Mittler in / mit / vnd durch beide Naturn zu vnserm Heil
wircket / aber nicht / was dem Wort eigentlich zustehet / verricht die Menscheit
/ noch hinwider / was der Menscheit gebüret / volbringet die Gottheit. Sondern
nach der Regel Leonis: Verbo operante, quod verbi est; & carne exequente,
quod carnis est: Das ist / was dem ewigen Wort zustehet / dasselbige wird vom
Wort volbracht / vnnd was der Menscheit gebüret / das verricht die Menscheit.
Denn die Naturen in Christo sind , respectu vnius
eiusdémque apotelesmatis seu beneficij: non respectu vnius eiusdémque energiae
seu actionis: Wie die Monotheleten schwermeten. Sonst müste von der Regel
Leonis: Agit vtraque natura in Christo cum alterius communione (id est, vnione:
exclusa omni diuulsione & separatione) der notwendige appendix, dadurch die
gantze Regel erkleret wird / ausgetilget werden / da dabey stehet: Quod proprium
est.
|| [30]
Mangelt derwegen dem
Gegentheil an nichts anders / denn an Zeugnissen der Schrifft. So lang sie nun
dieselbige nicht klar / ohne zugesetzte Glosse / damit man sich bissher
geflicket hat / herfür bringen / sind die Anhalter nicht zu verdencken / dass
sie mit dem Propheten antworten: Ir saget wol / So spricht der HErr HERR (das
Fleisch Christi ist allmechtig / allwissend / allenthalben) so es doch der HErr
nicht geredet hat. Ezech. 22. Was denn in glaubens sachen ohne Schrifft
fürgebracht wird / das kan man viel sicherer verwerffen / denn annemen.
(Zu Quedlinburgk ist das Gegentheil widerlegt
worden.)
Dieweil auch die Herrn Theologen der dreyen löblichen Vniuersiteten / in jrer
Pręfation oder Vorrede (so wol / als D. Kirchner / pag. 215.) jhre newe Lehr
selbst fallen zu lassen / ja zu verdammen / sich erbieten / da sie eines einigen
Irrthumbs vberwiesen werden / So mögen sie die Acta Colloquij Quedlinburgici
noch einmal vberlesen / vnd sich nicht schemen / von D. Hesshusio die
Vnterweisung anzunemen / ob jhnen die Anhalter etwa zu gering weren.
Für Väter vnd Praeceptores wolten sie gern veneriret sein / aber sie sein von
jhrem Praeceptore Philippo selbst abgefallen / wie sie denn in jhrer prechtigen
Vorrede auch seines Namens vnter den benampten Praeceptoribus nicht mehr
gedencken. Da es doch in warheit heisset: Nisi vitula hac arassetis, &c.
Iudic. 14. Diesem Exempel können die Anhalter Gewissens halben nicht folgen /
sondern bleiben bey dem vnfeilbaren Göttlichen Wort / welchs allein Glaubens
Artickel macht / vnd beruffen sich nochmals auff die wolgegründten Schrifften in
corpore doctrinae (Corpus doctrinę
Phil.) Philippi begriffen. Zweiffeln auch gar nicht / das der
wathafftige einhellige Consens aller Rechtgleubigen / vnd demnach auch der
getrewen Helden Gottes / D. Lutheri / vnd Fürst Georgen zu Anhalt / etc. darinn
auffs aller deutlichste vnd einfeltigste zusammen getragen sey Gott wölle vns
biss ans ende dabey gnedigst erhalten.
So ist es doch je zu grob / das D. Kirchner schreibt / es hab ei
|| [31]
nerley verstandt / wan̅ man sage / die menschliche Natur Christi ist allmechtig / vnd
der Mensch Christus ist allmechtig. pag. 60.(Confusio concreti & abstracti.) da er doch
/ pag. 130. diesem zu wider / selbst bekennet das Wort Christus sey ein Name der
Person / welchs man ja mit warheit von der menschlichen Natur nicht sagen
kan.
Item: Er will nicht gestehen / das er concretum vnd abstractum mit einander
confundire / pag. 171. Vnd streitet doch hefftig / das alles / was der
menschlichen Natur eigen ist / der Gottheit mit warheit zugeschrieben werde /
pag. 169. Vnd widerümb / das die Eigenschafften der Gottheit / werden der
angenomenen menschlichen Natur Christi (realiter vnd in der that) mitgetheilt /
oder gegeben. pag. 170. Aber dawider sagt Vigilius Martyr: Impium &
sacrilegum est, ea. quae sunt propria Verbi, naturae carnis adscribere. Das ist
/ Gottloß / ja eine grewliche Lesterung wider Gott / vnd ein öffentlicher Raub
seiner Göttlichen ehren ist es / wenn man das jenige / was der Göttlichen Natur
des ewigen Worts eigen ist / der menschlichen Natur / oder dem angenommenen
Fleisch Christi zuschreibet.
Item / Cyrillus lib. 5. de Trin. Sic quae de Christo dicuntur, intelligenda sunt,
vt nec, quae Deitati conueniunt, humanitati ipsius tribuantur; nec, quae
humanitatis propria sunt, ad Deitatem ipsius detorqueantur. Haec ille.
Vnd zwar / D. Timotheus Kirchner kan nicht fürüber / obgesetzte seine Vniuersal
assertion wider sich selbst zu restringiren / dieweil er pag. 292. 413. bkennen
mus / das die Eigenschafft / nach welcher der Sohn vom Vater vnd H. Geist
vnterschieden ist / nemlich das er vom Vater in ewigkeit geborn / welchs man
nennet characteristicam Verbi notione̅, oder personale idioma
filij, nicht mitgetheilet werde. Wie kan den̅ sein dogma bestehen
/ das alles / was dem ewige̅ Son Gottes von Natur gebüret / gehöre
vnd werde in der that mitgetheilet der menschlichen Natur aus gnaden? Item /
Erwil nicht / das hiemit entweder ein exaequatio(Zweyerley allmechtig) naturarum & proprietatu̅
essentialium, oder zweyerley Allmech
|| [32]
tigkeit
(keit / vnd die exaequatio
naturarum stehen bey sammen.) gedichtet werden / ob man schon
sage / alle beyde Naturn in Christo seyen allmechtig. Denn es sey (gibt er für)
nicht pari ratione, auff einerley weis / pag. 95. 96. 97. Oder indifferenter,
ohne vnterscheidt / pag. 111. zuuerstehen / sondern diuersis rationibus, &
diuerso respectu, pag. 105. Denn es sey ein vnterscheidt / wie inter causam
& effectum; seu antecedens & consequens. pag. 31. 34. 35. 36. 39. 257.
595. Die Gottheit sey es von (Differunt ergo ratio̅e principij, non
formę.) Natur / aus vnd für sich selbst / die Menscheit (aliundè,
anders woher) von einem andern höhern principio, pag. 305. aus gnaden / in der
Person. pag. 192. Ex gratia alterius naturae, nemlich ex solius coniunctae
diuinitatis virtute: pag. 304. Jene geb es / dieser werde es gegeben /
mitgetheilt / vnd geschenckt. pag. 111. 161. Oder (wie es pag. 158. 255.
erkleret wird) das Wort sey omnipotens essendo, die angenommene Menscheit aber
habendo omnipotentiam. Jene sey es natürlich vnd wesentlich (essentialiter)
diese aber (realiter) thetlich / oder aus thetlicher mittheilung. pag. 212.
Summa: Das ewige Wort in Christo sey allmechtiger Gott / wesentlich / essendo:
die angenommene Menscheit sey zur gemeinschafft solcher allmechtigen Krafft per
gratiam vnionis komen / vnd wiewol sie ein Creatur ist vnd bleibt / so sey sie
doch allmechtig / nicht essendo, sed habendo omn potentiam Verbi, cui
hypostaticè vnita est. Haec ille, pag. 303. 304. Wird demnach in Christo
zugleich ein allmechtiger Gott / vnd ein allmechtige Creatur müssen statuiret
werden. Vnd alles / was er von der mitgetheilten Allmechtigkeit disputieret /
dasselbige verhelt sich (spricht er / pag. 207.) ebener massen auch mit den
andern Eigenschafften. Darinn jhm doch D. Hesshusius / welcher die Vbiquitet
ausgemustert hat / nicht beyfellet.
Ists denn nun vnterschieden / wie causa vnd effectus, oder wie antecedens vnd
consequens, wie geben vnd nemen / oder mittheilen vn̅ empfahen /
Item / dieweil es keine ausflucht / sondern (wie er setzt pag. 159.) die Warheit
selbst ist / das ein anders sey / wesentlich allmechtig / vnd ein anders / nicht
wesentlich
|| [33]
allmechtig sein / So
kans ja nicht einerley heissen / oder wird der Gottheit nicht eigen bleiben / so
es mit der that auch der Menscheit zugelegt worden ist.
Ja / D. Kirchners bericht nach / ist die warhafftige mittheilung der Maiestet
(wie er redet) weder der persönlichen vereinigung allein / noch auch der
erhöhung allein / sondern beyder effect / oder folge zugleich / pag. 506.
(wiewol / diesem zu wider / pag. 566. vnd sonst zu viel maln / sie nur ein folge
der persönlichen Vereinigung genennet wird) Nach dem nun die Göttliche Natur in
Christo allezeit volkömlich allmechtig / die Erhöhung aber der menschlichen
Natur (wie die Schrifft bezeugt) allererst nach dem Todte angangen ist / Luc.
24. Wie will man denn fürüber / das nicht vnter des im standt der Nidrigung
zugleich ein vnuolkommene vnd volkommene Allmechtigkeit in Christo gewesen sein
müsse? Welchs aberde vnica simplicissima omnipotentia, wie die Göttliche
Allmechtigkeit ist / mit nichten war sein kan.
Vnd nach dem D. Kirchners angemaste responsiones oder(Das Gegentheil sucht vergebliche ausflücht.) solutiones alle auff
einerley weg lauffen / vnd weder in forma, noch materia, oder fundamento
bestehen / sondern auff diss einige refugium gegründet sind / das die
menschliche Natur anders für sich / absolutè, pag. 380. 420. denn in der
persönlichen Vereininigung / aus welcher sie die Maiestet der allmechtigkeit /
etc. vnd nicht aus sich selbst / bekommen hab / betrachtet werde / So kan / noch
vermag jm diß nicht zu gutem kom̅en / er beweis denn zuuor
zweyerley / Erstlich / das in den obegmelten propositionibus, dauon der Streit
ist / das secundùm sese, für sich (welchs ein distinctiua locutio ist) vnd ex
sese (welchs causalis ist) einerley bedeutung haben.
Zum andern / das in der persönlichen Vereinigung die angenomene Menscheit anders
/ denn wie sie mit vnser Natur vnd wesen / in allem (ausgenomen die sünde)
verwandt ist vnd bleibt / nicht allein im standt der Nidrigkeit / sondern auch
im stand der
|| [34]
Herrligkeit /
betrachtet werde. Denn das Nazianzenus sagt / das ewige Wort werde auff ein
andere weis nach seinem wesen / vnd auff ein andere nach dem Geheimnis der
vereinigung mit der angenomenen Menscheit betracht / das bewehrt er mit dieser
angehengten Vrsach / denn das Wort (spricht er) so Fleisch worden ist / war etwa
(das ist / von ewigkeit) one Fleisch ( Orat. 1. de
filio) diß aber kan von der angenommenen Menscheit nicht gesagt werden. Denn sie
lesset sich auch mit den aller subtilesten Gedancken vom ewigen Wort nicht
separiren / one verletzung oder trennung der persönlichen Vereinigung. Derwegen
wie sie in / vnd nicht ausserhalb der Person des Worts / zugleich jhr
existentiam vnd subsistentiam bekommen hat wesentlich (daher denn die alten
Kirchen-Lehrer / ratione naturarum essentialiter concurrentium in vnam
hypostasin, dieselbige Vereinigung / welche ratione termini hypostatica genent
wird / auch essentialem genennet haben / wider die Manicheer / welchs D.
Kirchner numehr / Gott lob / mit den Anhaltern selbst beken̅et /
pag. 346. 347. 349.) also kan sie auch in der persönlichen vereinigung auff kein
andere / denn allein auff natürliche wesentliche weis betrachtet werden. Sonst
wird man nicht fürüber kön̅en / wider alle rechtgleubigen zu
statuiren / das die angenomene menschliche Natur etwa auch ausserhalb der
persönlichen Vereinigung / als quidda̅ absolutum aut separatu̅, gewesen / oder sey / oder sein möge. Welchs in alle ewigkeit
allen Sophisten / mit einige̅ Grunde zu bescheinen / oder
darzuthun / wol vnmüglich bleiben wird Respectu animae kan man wol von dem Leib
Christi besonders / oder absolutè gedencken vnd reden. Den̅ im
todt geschahe ein warhafftige trennung zwischen diesen beide̅.
Aber respectu vnionis hypostaticae cum Verbo, lesset sichs weder von Christi
Leib noch Seel anders gedencken oder reden / den̅ vermöge beider
existentz vn̅ subsistentz in des ewigen Worts person / ausserhalb
derer die angenomene menschliche Natur / we der an Leib noch Seel / auch nicht
ein augenblick / so wol im grab
|| [35]
des Todtes / als in der allerhöchsten Maiestet der Herrligkeit / nie gewesen /
noch ist / auch nicht sein kan / noch wird sein. Das ist vnd bleibt die ewige
vnwidersprechliche warheit. Vnd eben dieses bestetigt der Spruch Damasceni:
Fatemur in Christo saluas esse duas naturas, non seorsum & particulatim
ponentes vnamquanque, sed vnitas ad inuicem in vna co̅posita
hypostasi.(Von geben vnd empfahen in der
zeit.) lib. 3. cap. 3. Das er aber pag. 49. 328. fürgibt / die
Anhalter wollen dz gegebe̅ / oder empfahen in der zeit / von der
angenomene̅ menschlichen Natur gentzlich abwenden / vnd allein
auff die Gottheit ziehen / das kan er nicht beweisen. Es ist auch vnrecht / quòd
dare sem per praesupponat indigentia̅ in eo, cui aliquid datur.
pag. 38. Sępissimè enim no̅ indigentia̅, sed potius
coecitate̅ & ignorantia̅ mu̅di
pręsupponit. Den̅ wen̅ man Gott etwas gibt / so
bedeuts keine dürfftigkeit / oder mangel / der durch solches geben ersetzt /
oder (wie D. Kirchner redet) erfüllet werden müste (sintemal in Gott ist keine
dürfftigkeit / noch mangel) sondern es bedeut der Welt blindheit / vnwissenheit
/ vnd bosheit / das wir Gott nicht (wie sichs gebüret) nach seinem wesen vnd
willen erkennen vnd ehren. So ists auch nicht einerley / wenn dem Sohn Gottes /
dem es freylich an ewiger allmechtigen Krafft / weisheit / vnd herrligkeit nie
gemangelt / daran jm auch das geringste weder ab / noch zugelegt kan werden /
von seinem himlischen Vater dz Ampt vnser Erlösung vbergeben wird (welchs zu
gewieser zeit vns Menschen ist offenbar worden) vnd wenn er seine angenomene
Natur mit der vbermas aller Gnaden des H. Geistes zieret vnd stercket. Das kan
niemand mit gute̅ Gewissen leugne̅.
Derwegen auch hiebey der guthertzige Leser wolmeinende(Das Gegentheil ist nicht weit von Arij gesekschafft.) erinnert sein
wolle / das aus dem Spruch Leonis tractantis locu̅ Ephes. 1.
Darauff sich D. Kirchner pag. 318. 320. mit vielen vergeblichen worten berüffet
/ mit nichten wider die Anhalter / sondern wider jr Gegenteil selbst streite.
Inmassen auch im 20. Anhaltischen Argument / die Vbiquisten mit starcken
vnbewegliche̅ Gründen des Arianismi vberwiesen sind. Denn ob
sie wol mit
|| [36]
dem Munde dawider
protestieren / so führen sie doch / vielleicht aber vnwissent (welchs man sich
noch aus Christlicher lieb / wen̅ sie nicht so offt erinnert weren
/ gern zu jnen versehen wolte) einerley Vngründe. Vnd ist kein ander
vnterscheidt / denn allein dieser / das die alten Arianer (welche freylich wol
verstanden haben / das der ewigen wesentlichen Gottheit aus dürfftigkeit nichts
gegeben / oder zugelegt werden könne) für gnugsam achteten / das der Sohn Marie
/ den sie sonst für einen blossen Menschen hielten / mit allmechtigkeit / vnd
allwissenheit (an die Vbiquitet / als die gar zu grob / haben sie nicht gedacht)
begabt vn̅ gezieret wer / machten also nuncupatiuu̅
vnd factitium Deum aus Christo / als dessen Gottheit in der zeit angefangen /
vnnd aus dürfftigkeit die ewige allmechtige Krafft vnd weisheit empfangen.
Dargegen wol D. Kirchner mit seinen Consorten beken̅et / das der
HERr Christus kein blosser Mensch / sondern zugleich wesentlicher Gott sey.
Dieweil er aber von der angenommenen menschlichen Natur gleubt / lehret / vnd
schreibt / das sie zugleich mit dem ewigen Wort allmechtig / allwissend / ja
auch allenthalben sey / vmb zweyer Vrsach willen / Erstlich vmb der persönlichen
Vereinigung / Zum andern vmb der Erhöhung willen zur Rechten Gottes / jedoch sey
das ewige Wort solches alles longè sublimiori modo: So mag ein jeder
Gottfürchtiger für sich selbst vrtheilen / wie weit D. Kirchner von Arij
geselschafft sey / davon Leo redet / vnd ob er nicht hiemit aus der angenom̅enen Menscheit einen nuncupatiuum vnd factitium Deum dichte.
Daher auch die heutigen Antitrinitarier lestern / es sey gnug / das der Mitler
an seiner menschliche̅ Natur / durch die thetliche mittheilung der
Göttlichen Eigenschafften / allmechtig vnd allwissend sey / bedürffe ferner der
wesentlichen ewigen Gottheit nirgend zu. Welchen man anders nicht mit
bestendigem grunde begegnen kan / den̅ das man beweise / wie die
Anhaltischen gnugsam in jren festen Argumenten bewiesen haben / das nichts /
weder im Himel / noch auff Erden / allmechtig / alwissend / oder al
|| [37]
lenthalben sey / denn
allein das ewige Göttliche wesen. So redet auch Leo nicht von einer theilichen
mittheilung der wesentlichen göttlichen allmechtigkeit / allwissenheit / oder
allenthalbgegenwertigkeit / sondern (wie seine Wort ausweisen) de diuitijs
euehentis secum naturam assumtam super omnia, & cuncta eidem subijcientis.
Dawider der Apostel selbst excipirt denselbigen / der jhm alles vnterthan hat.
1. Cor. 15. Wie denn viel ein anders ist / vberal gegenwertig sein / welchs
allein der ewigen wesentlichen Gottheit zugehöret / vnd vber alles herrschen /
welchs von beyden Naturn Christi / sönderlich im stand seiner herrligkeit /
recht gesaget wird / vnd derwegen D. Kirchner ein vnuerschampte calumnien
begehet / da er pag. 330. schreibt / durch den Spruch Antonij de Vercelllis / in
der Anhaltischen Schrifften angezogen / werde die menschliche Natur Christi von
der regierung vber alle Creaturen ausgeschlossen.
Was nun Christo in der zeit gegeben wird / dadurch einen mangel oder dürfftigkeit
in jhm zu erfüllen / das verstehen die Anhalter keins wegs von der Göttlichen /
sondern von der menschlichen Natur. Was jhm aber vor der Welt grund / vnd
demnach von ewigkeit gegeben / welchs doch zu bestimpter zeit allererst
offenbaret vnd erkant ist worden / dauon kan man die Göttliche Natur mit nichten
ausschliessen / als Johan. 17. Glorifica me ea gloria, quam habui, &c. vnd
hieher gehört die Regel Augustini & Lombardi: quòd etiam tunc aliquid dari
& fieri dicatur, quando incipit patefieri & manifestari. Wie sol man
sich deutlicher erkleren? Wie vntheologisch ists aber von einem Doctore
Theologiae geschlossen / das die menschliche Natur Christi nimmermehr werde
subiectum diuinae omnipotentiae, pag. 97. vnd sey doch allmechtig? pag. 90. 99.
Was ist denn in dieset proposition; Caro Christi, oder humana Christi natura est
omnipotens, pag. 100. für das subiectum zu halten / wenns nicht die menschliche
Natur ist? Wird denn diesem subiecto, nemlich der menschlichen Natur / allhie
nicht die allmech
|| [38]
tigkeit
(wie D. Kirchner selbst redet / pag. 103.) tribuiret? Denn (De modo praedicationis
inusitato.) das er sölchs / pag. 395. 425. mit dem modo
praedicationis singulari, oder inusitato zu entschüldigen vermeint / das ist im
32. Anhaltischen Argument allbereit hiedurch abgelenet / das derselbige modus,
welchen Philippus docendi gratia erfunden / vnd guter meinung à regulari &
figurato distinguiret hat (Nazianzenus aber heissets Epizeuxin, Theodoretus
Enallagen, Cassianus Synecdochen, Damascenus tropum antidosios) nicht admittire
propositiones in abstracto, sondern nur allein in concreto. Ob nu wol D.
Kirchner / pag. 426. solchs gern wolt eludiren / dieweil man die abstractiuas
propositiones / das Christi fleisch lebendig mache / von sünden reinige / etc.
nicht leugnen könne / darauff wolle der Christliche Leser in victoria
Anhaldinorum, pag. 143. die erklerung ex lib. 3. cap. 19. Damasceni auffsuchen
vnd bedencken / das diese abstractiuae propositiones (wie offt gedacht) de
actionibus Theandricis oder Deiuirilibus reden / da vnterschiedene wirckung der
beyden Naturn in Christo zu einerley Wolthat gehören. Dieselbige vnterschiedene
wirckung fliessen aus den vnterschiedenen natürlichen eigenschafften hero.
Derwegen die receptae locutiones abstractiuae, in jhrem rechten verstand / nicht
aller ding irregulares oder impropriae, viel weniger inusitatae genennet werden
können. Denn allhie gilt die vnwidersprechliche Regel: Agit vtraque natura cum
communione alterius, quod PROPRIVM est. Si vtraque agit, quod suum, seu quod
proprium est: necessariò inde emergie propositio, seu praedicatio regularis; non
figurata, nedum impropria. Ad propriu̅ enim agens propria refertur
actio, feu effectio.
(Actiones theandricae non tollunt
proprietates naturaru̅.)
Wenn nu jemand also argumentiret: Lebendig machen / von Sünden reinigen / etc.
erfodert allmechtige krafft. Die menschliche Natur Christi macht lebendig / vnd
reiniget von Sünden / etc. Darümb ist jhr die allmechtigkeit in der that
mit
|| [39]
geteilt. So ist
hierauff die warhafftige antwort / das es keines wegs recht geschlossen sey.
Denn im ersten Spruch / den man pflegt maiorem zu nennen / ist der mangel / das
dieselbige wolthaten etwas mehr / denn ein allmechtige krafft erfodern. Aus
dieser vrsach / denn sie gehören zum Mitler Ampt / welchs von beyden Naturn
verrichtet wird / nicht das die Naturn einerley krafft / oder wirckung haben
(denn so schwermeten die Monotheleten / welche als Ketzer verworffen sind)
sondern sie sind cooperatrices ad vnum apotelesma: das ist / zu einerley wolthat
thut ein jede Natur jhr bestes. So ist nu die menschliche Natur Christi nicht
müssig / sondern hilfft zur widerbringung vnsers lebens / vnd thut das jhre
dazu. Denn sie ist das Lösegelt vnd die bezahlung / welche der Son Gottes / als
sein eigen fleisch / zur gnugthuung vnd abtrag der göttlichen gerechtigkeit für
vnser leben dahin in den todt gegeben hat / vnd sie ist das organum proprium vnd
primarium, ja die edele himlische speis / dadurch wir des lebens / wie die Reben
des Saffts durch das Marck aus der Wurtzel des Weinstocks / theilhafftig werden.
Welchs alles verrichtet die krafft des / der das leben wesentlich ist / vnd mit
dieser Natur / welche fleisch / gebein / vnd geblüt von dem vnsern ist / sich
persönlich vereiniget hat. Wer dieses nicht bedenckt / der turbirt finem
mysterij incarnationis, vnd hat nicht gnugsam in acht / warümb zwo
vnterschiedene Naturn zum Mitler Ampt gehören. Denn das ewige Wort / der Sohn
Gottes / nicht darümb fleisch worden / das er die angenommene Natur durch
thetliche mittheilung seiner göttlichen eigenschafften / allmechtig / allwissend
/ vnd allenthalbgegenwertig machte (denn also hett es nur vmb dieselbigen
indiuiduam massam zu thun sein müssen) Sondern das er das menschliche Geschlecht
/ durch zuthun dieser vnser verwanten Natur / vom ewigen todt zum leben
krefftiglich / doch nicht ohne abtrag der Göttlichen gerechtigkeit /
rettete.
|| [40]
(Das jüngsie gericht halten / gehöret zu beyden naturn in
Christo / aber mit vnterscheidt.)
Eben solche meinung hats mit allen den andern sprüchen / die von den Amptswercken
/ oder Amptswolthaten / als gerecht machen / von sünden reinigen / das gericht
halten / etc. reden. Denn das jüngste Gericht sol sichtbarlich in den wolcken
gehalten werden / dazu von dem / der vnschüldiger weis in dieser Welt ist von
seinen Feinden hingerichtet worden. Darümb mus er Mensche sein / das sie sehen /
wider wen sie getobt / vnd in wen sie gestochen haben. Er sol aber nicht allein
vber die gantze Welt / ja wider die pforten der hellen selbst / richten /
sondern auch alles verborgene ans Liecht bringen / darümb ist er warhafftiger /
allmechtiger / allwissender Gott / den niemand wird betriegen können. So ist
auch sonst von Augustino nicht vbel geredet: Stat ad deprecandum, sedet ad
iudicandum, surgit ad puniendum. Allhie ist keine Natur müssig / sondern wircken
zugleich / respectu meriti & efficaciae: vngesöndert / jedoch auch
vnuermengt. Denn ein jede / was jhr gebürt vnd zustehet / volbringet / auff das
die eigenschafften der Naturn / vnd ordnung vnsers heils vnzerrüttet
bleiben.
Also lieget D. Kirchners effugium abermal darnider. Vnd (In der Kirchen sol man sich vor newer art zu reden hüten.) wird er /
seinem gebrauch nach / diese richtige erklerung mit nichten als philosophisch
verwerffen können / sönderlich dieweil jhm des Apostels vermanung im weg stehet
/ das man von dem fürbild der gesunden rede nicht abweichen sol. Vnd haben
zugleich Hieronymus vnd Augustinus, ja alle rechtgleubige Lehrer zu jederzeit
mit fleis vermanet / ne occasio esset deerrandi à veritate, ad certam regulam in
Theologia loquendum esse. Da auch das Gegentheil sich nicht auff newe phrases
begeben / so würde es bey dem recepto genere doctrinae wol blieben sein. Nu aber
gehets jhnen / eben wie Lutherus geweissaget hat: Qui nouum genus dicendi
fingit, fingit etiam nouum genus docendi. Das wird an jenem tage vorm
Richterstuel Jesu Christi schwer zuuerantworten sein.
|| [41]
Sollen aber die newerdichte glaubens artickel (das fleisch(Des Gegenteils vngereirnt fürgeben.) Christi ist
allmechtig / allwissend / allenthalben) personaliter verstanden werde̅ / wie pag. 99. 192. fürgegeben wird / so muß zuuor bewiesen
werden / dz die menschliche Natur sey etwas personale. Vnd also wird man den
Nestorio Eutychianismum beysammen haben. Sönderlich dieweil D. Kirchner pag.
268. selbst bekennet / das personale (wie er daselbst redet) etwas
incommunicabile sey.
Ja / ist der menschlichen Natur in Christo aus der persönlichen vereinigung mit
dem ewigen Wort die Maiestet der allmechtigen krafft nicht weniger zukommen /
oder (wie seine wort lauten) zugangen / als dem Leibe / durch die vereinigung
mit der vernünfftigen Seelen / die krafft zu leben / zu fülen / zu wircken / vnd
sich zu bewegen / zugehet / pag. 100. 165. Ite̅ / wie die augen
von der Seelen empfahen / vnd haben die krafft zu sehen / vnd die ohren zu hören
/ pag. 197. oder / wie das fewer dem eisen / so stets im fewer liegt / seine
eigenschafft zu leuchten vnd brennen mitteilet / pag. 184. 185. 191. So fragt
man nicht vnbillig / wie denn solche Realitet anders / denn subiectiuè vnd zwar
physicè verstanden werden könne? Sönderlich dieweil er von sich selbst bezeuget
vnd schreibt: participationis vocabulo sese eam in sententiam vti, quemadmodum
ferrum sit particeps proprietatum ignis. pag. 254.
Im fall hierauff geantwortet möchte werden / quòd simile non sit idem: so bleibt
man am sichersten bey der erklerung(Gleichnis vom
fewrichen eisen.) des Scholiastae Damasceni, lib. 4. cap. 3. Das
nemlich solch leuchten vnd brennen in einem stedtglüenden eisen nicht zwar von
einer thetlichen mitteilung der göttlichen eigenschafften mit der angenommenen
menscheit Christi / Sondern von der allmechtigen Gottheit selbst / so mit dem
fleisch persönlich vereinigt ist / verstanden werden sol. Die wort lauten also:
Quòd si ferrum incelligas eo pacto candens, vt nunquam possit candor ille
separari à ferro, illud semper erit intractabile, semper igneum, & ex
|| [42]
urens. Per huiusmodi
igitur ferrum, Christi carnem: per ignis au̅t candores, IPSIVS
DIVINITATEM (non inquet, maiestate̅ seu omnipotentiam reali
parcicipatione communicatam carni) accipe. Dieser Spruch refutiret alles / was
das Gegenteil vom fewrigen eisen nach der lenge für vnd für predigt vnd
disputiret.
Sol aber die mitteilung der göttlichen Maiestet / welche das Gegenteil der
menschlichen Natur zuschreibet / also verstanden werden / wie in der
persönlichen vereinigung die Naturen selbst mit einander gemeinschafft haben /
oder wie sich D. Kirchner pag. 258. 266. erkleret / nicht absolurè / sondern
relatiuè / vnd derwegen pag. 267. 279. disputiret / quòd communicatio Maiestatis
possit dici personalis, welchs er pag. 268. verdeutschet / persönliche
mitteilung der Maiestet / etc. Sols nu mit derselbigen diesen verstand haben /
das / wie die Person / also auch die Maiestet / welche von der Person nicht kan
gescheiden sein / der angenommenen menschlichen Natur mitgeteilet (das ist /
persönlich vereiniget) werde / pag. 337. So mus gleichwol folgen / das wie in
der persönlichen vereinigung die propositiones abstractiuae nicht passiren /
wenn man sagen wolt / die Gottheit ist die Menscheit / oder die angenommene
menscheit Christi ist die Gottheit: Also auch allhie nicht recht gesagt könne
werden: Die menschliche Natur ist allmechtig / allwissend / allenthalben.
Sondern in concreto wird von Christo beydes recht gesagt / das Gott warhafftiger
Mensch / vn̅ derselbige mensch auch warhaftiger Gott ist. Ite̅ / dz der Son Mariae / oder (wie sich der HErr vns zu trost
nennet) des Menschen Son sey allmechtig / allwissend / allenthalben. Wenn mans
nu bey dieser Christlichen einfalt beruhen / vnd die newerdichte art zu reden
faren liesse / so wer albereit dieser gantze streit im grund aufgehoben vnd
beygeleget.
Ferner aber / wer verstehet nicht / das diß widereinander lauffe / da D. Kirchner
schreibt / pag. 101. das fleisch / oder die angenomene menschliche Natur Christi
sey / an vnd für sich selbst / nicht allenthalben gegenwertig / wo die Person /
in welcher sie
|| [43]
bestehet / oder
jhre subsistentz hat / gegenwertig ist. Oder (wie die wort pag. 150. widerholet
werden) das Christi Leib zwar ein warer / endlicher / vmbschriebener Leib sey
vnd bleibe / vnd dennoch auff vnumbschriebene / vnbegreiffliche / vbernatürliche
weise gegenwertig sey / wo die Person gegenwertig ist. Diß gedicht / dadurch ja
dem Leib Christi ein absoluta omnipraesentia cum Verbo tribuiret wird / ist zu
Quedlinburgk gnugsam widerleget worden / vnd wird D. Heshusius sich darümb noch
lang zu keinem Nestorianer machen lassen / ob er gleich mit allen Rechtgleubigen
/ diese newe Eutychianische proposition verwirfft: Vbicunque(Vbiquitas gener alis.)
est, ibide̅ adesse oportet carne̅ Christi welche D. Kirchner setzet / pag. 117. vnd pag. 201. 202.
schreibt er / wo der Leib Christi nit allenthalben sey / da die Gottheit ist /
so müsse vnser glaub falsch sein. Wie denn diß sein fürnembstes Argument ist /
da er pag. 143. 148. vnd sonst durchaus im gantzen buch / pro vbiquitate naturae
humanae schleusset / wie folget: Wo die Person ist / welche in den zweyen
Naturen bestehet / die vnzertrenlich vnd indistanter mit einander vereinigt sind
/ da mus freilich die menschliche Natur mit gegenwertig sein / oder da sie (die
Anhalter) ein anders sage̅ / oder bestreiten wollen / müssen sie
die persönliche vereinigung aufflösen vnd zertrennen / da können sie nicht
fürüber. Haec ille.
Heisset aber das nicht / wider die warheit sich wissentlich aufflehnen? Denn ja
zu Nazareth in der empfengnis / zu Bethlehem in der Geburt / zu Hierusalem im
Tempel / zu Golgoltha am Creutz / etc. die menschliche Natur vnzertrenlich vnd
indistanter, wie Damascenus (aber in keinem Vbiquistischen verstand) redet / mit
der ewigen Gottheit des Worts persönlich vereiniget / vnd gleichwol darümb nicht
vberal war / noch alles in allem (welchs allein Gott zustehet) erfüllete.
Das er auch fürgibt / die sichtbare begreiffliche menschliche natur hab durch die
persönliche vereinigung mit dem vnsichtbaren vnbegreifflichen Wort / eine weis
bekomen / das sie inuisibili & incompraehensibili modo allenthalben / wo die
Person ist / ge
|| [44]
genwertig
sey / pag. 119. 147. das ist wider die öffentliche Lehr des Apostels / welcher
bezeugt / das der vnsichtbare Son Gottes darümb Mensch worden / auff das er /
der da freilich (wider D. Kirchners calumnien / damit er die Anhaltische̅ gern beschmitzen wolte / pag. 216.) nach seiner ewigen Gottheit
/ für sich betrachtet / die vnsichtbarkeit / vnbegreiffligkeit / vnd
vnendligkeit nim̅ermehr ablegt / noch verwandelt / im fleisch sich
offenbarete / vnd sichtbar würde / Nicht aber / das die menschliche Natur
hiedurch vnsichtbar würde. 1. Tim. 3.1 Joh. 1. Daher auch Theodoretus recht sagt
/ Dial. 3. Nos Diuinitatis & humanitatis talem praedicamus vnionem, vt
intelligamus vnam personam indiuisam, & eundem agnoscamus Deum &
hominem; visibilem & inuisibilem; circumscriptum & incircumscriptum;
& alia omnia, quaecunque diuinitatem & humanitatem designant, vni
personae accommodemus. Viel weniger reimet sichs mit der Schrifft / das per
modum assumtionis inuisibilem & illocalem (wie die wort lauten / pag. 145.)
die menschliche Natur auch den hohen modu̅ bekommen hab / das /
wenn sie also betrachtet wird / wie sie in der person des Worts inseparabiliter
& indistanter (gleich als könte sie ohne abtilgung von jemand anders
betrachtet werden) bestehet / sie weit gehe vber alles / was da kan / oder mag
genennet werden / in dieser vnd der zukünfftigen Welt / es heisse ort / stedte /
oder wie es wolle. Haec ille.
Dawider sagt die Schrifft: Caput Christi Deus. 1. Cor. 11. Item / ausgenomen den
/ der jm alles vnterworffen hat 1. Cor. 15. So ist ja gewiß / das auch in der
herrligkeit nicht auffhöre die gnadenverwantschafft des Sons Gottes mit vns: vnd
muß der Kirchen glaub in ewigkeit bestehen: quòd etiam in gloria sit &
maneat eadem in Christo corporis veritas, quae in nobis est. Carni enim suae
immortalitatem dedit, naturam non abstulit. Item: Quod semel assumsit, nun quam
deponit. So spricht D. Luther selbst in der Kirchpostill / am tage des Apostels
Andreae / das Christus als Mensch auff einmal nicht an viel (zugeschweigen an
allen) örten sein könne.
|| [45]
Belangend ferner / das er pag. 138. schreibt / er kehre sich(Thomas Aquinas carpitur.)
an Thomae Aquinatis wort nichts vberal / das können jhm die Anhalter wol zu gut
halten / denn sie selbst jhren Glauben auff keines Menschen / sondern allein
auff Gottes Wort gründen. Sie geben jhm aber gleichwol vernünfftig zu bedencken
/ wie er sich dissfalls mit D. Johann Matthęo vergleichen wolle / welcher sich
auff Thomam, als auff einen authenticum so starck berüffet / das er (solo Thoma,
inquiens, contentus sum) sein gantze Sach auff denselbigen setzet.
Sehr wunder aber nimpt es vns / wie D. Kirchner aus(Origeniano rum haeresis renouatur.) Gottes
Wort seinen newen Glaubensartickel zu beweisen gedencke / da er schreibet / er
gleube mit den seinen vngezweiffelt / das Christi glorificierter Leib weder raum
gebe noch neme / sondern durch alle Creaturen fahre / wie vnser Gesichte / item
klang oder thon / durch die Lufft / liecht / oder wasser fehret / vnd nicht raum
gibt noch nimpt / Item / wie liecht vnd hitze durch Lufft / wasser / glass /
Crystalle / vnd dergleichen fehret / vnd auch nicht raum gibt / noch nimpt /
etc. pag. 135. Denn hiemit öffentlich der Origenianorum Ketzerey bestetigt
wird.
Hieher gehöret auch / das D. Kirchner pag. 611. trutziglich(Theodoretus reijcitur.)
verwirfft die authoritatem Theodoreti, quòd Christus in coelo sit secundùm veri
corporis modum. Das er sich aber auff das Mirackel von den verschlossenen Thüren
referiret / thut nichts zur Sach. Denn die Regel heisset: Miracula non tollunt
definitionem naturae. Item, Miracula sunt extra semper & frequenter. So er
auch den Text recht ansehen wolte / würde er mit der Jugend / die noch im Syntax
studieret / bekennen müssen / quòd constructio designet consequentiam, non
inferat penetrationem dimensionum. Jedoch fechten solches die Anhalter nicht.
Was hilffts aber zur Vbiquitet des Leibs Christi? Denn wie der HERR Christus /
da er auff dem Wasser gienge / noch nicht mit seinem Leibe bey den Jüngern im
Schiff ware / Also da die Thür verschlossen / kam er zu jhnen / vnd wer mit
seinem
|| [46]
Leib noch nicht drinnen
im Gemach / ehe er hienein kame / viel weniger ist sein Leib allenthalben.
Hieher referiren wir auch den Spruch Augustini: Donec seculum finiatur, sursum
est Dominus, &c. Dawider das Gegentheil in den ausgesprengten Schmchecharten
viel Calumnien ausgeusset. Aber die Anhalter haben dasselbige allegatum nicht
erdichtet / sondern es wird mit gleichen worten von Gratiano eitiret / de
consecr. dist. 2. Vnd ist fest gegründet in der heiligen Schrifft / Actor. 3.
Philip. 3. Coloss. 3. Zu dem / so gibts die Antithesis, vnd der gantze Context /
Sintemal Augustinus daselbst miteinander die zwo Fragen conferiert / vnd durch
dersel bigen zusamenhaltung kürtzlich beyde erkleret / wie nemlich der HERR
Christus droben im Himmel / von dannen er wider kommen wird / vnd doch zugleich
auch warhafftig bey vns hieniden auff Erden gegenwertig sey.
Derwegen hieraus kein crimen falsi erzwungen kan werden / wie das Gegentheil
vnuerschampter weise fürgibt.
(Das Gegentheil dichtet crimina
falsi ohne grundt.)
Denn sonst müste folgen / das von den Anhaltern dem alten Lehrer Augustino etwas
wer zugemessen worden / das seiner / ja der gantzen Rechtgleubigen Kirchen /
vnnd der heiligen Schriffte Meinung gantz vnd gar zu wider. Ob aber gleich
derselbige Spruch gentzlich ausgelassen wer worden / so ist doch aus den andern
schönen Zeugnissen / welche bey dem 21. vnd 39. Anhaltischen Argument / pag.
273. 274. 468. 469. aus Augustino / Athanasio / Tertulliano / Cyrillo / Vigilio
/ Ambrosio / vnd Fulgentio in zimlicher anzahl erzehlet / vnd vom Gegentheil
nicht mit dem geringsten wörtlein haben dürffen angetastet werden / gnugsam vnd
augenscheinltch zu erkennen / was eigentlich Augustini / vnd demnach der gantzen
Rechtgleubigen Kirchen einhelliger Consens vnd Meinung gewesen / dadurch
freylich der Vbiquisten Treume viel mehr zu grunde refutiret / denn im
geringsten asserirt / geschweigen für Glaubens Artickel canoniziret werden /
darüber die Anhaltischen alle
|| [47]
verstendige Rechtgleubige Christen wol zu Richtern leiden können / vnd darümb
zum demütigsten gebeten haben wollen.
Dieweil denn D. Kirchner mit seinem crimine falsi so milde ist / das ers auch
pag. 578. widerholet / Vnd pag. 585. sich nicht schemet zu schreiben / die
Anhaltischen haben bey jhrem 42. Argument ein greifflich falsum restimonium,
also das es nicht wol greifflicher sein köndte / begangen / so ists allhie eben
einerley mühe / dem iudicio intelligentis lectoris dasselbige mit zu
vntergeben.
Es helt sich aber in Warheit also: Augustinus refutiret(Der Manicheer phantasey) / vnter andern Gründen / den Manicheer
Faustum mit diesem Argument: Dieweil sie (die Manicheer) aus dem Leib CHRISTI
ein lauter phantasma vnd Gespenst dichteten / vnd dasselbige nichts desto
weniger inn jhrer superstition colirten vnd ehreten / so weren sie erger / denn
damals die Vngleubigen Heyden waren / welche die Sonn vnd den Monde für Götter
hielten / die da (wiewol nicht für Götter zu halten) gleichwol etwas wesentlichs
in der Natur weren.
Aber der Manicheer phantasma war der keines. Dieses Argument opponiren die
Anhaltischen auch dem newen Vbiquistischen Schwarm / vnd ist allhie nicht vmb
die wort / sondern vmb das Argument für sich selbst zu thun / es werde gleich
mit Augustini oder anderer / mit Lateinischen oder Deutschen worten
ausgesprochen: Nemlich / Dieweil von dem Gegencheil die Allmechtigkeit /
Alllwissenheit / vnnd Allenthalbgegenwertigkeit (welche Eigenschafften allein
der Göttlichen Natur gebüren) auch der erschaffenen Natur CHRISTI zugeschrieben
werden / das freylich hiedurch noch vielgefehrlicher gejrret werde / als
vorzeiten die Heyden gejrrret haben. Denn diese ehreten an GOTtes statt / Sonn /
Mond / Stern: Item / hültzeren vnnd steinere Bilder / welche ob sie wol nicht
Götter waren / vnd demnach
|| [48]
mit
nichten also geehret werden solten / jedoch etwas wesentlichs in der Natur
waren.
Dargegen aber die Vbiquisten erzeigen Göttliche Ehr derselbigen Menschheit / die
da (jhrem fürgeben nach) wiewol nicht wesentlich / jedoch realiter vnd in der
that / allmechtig / allwissend / vnd allenthalben sein soll / so doch
dergleichen Creatur nie auff die Welt kommen / viel weniger von dem ewigen Wort
in einigkeit der Person angenommen worden ist. Ob nun hiemit ein crimen falsi
begangen sey / das wolle der Christliche vnpartheyische Leser nach der
Richtschnur des Göttlichen Worts zu vrtheilen / nochmals allhie zum aller
fleissigsten vnd demütigsten gebeten vnd ermanet sein.
Pag. 175. will er / die menschliche Natur Christi prüfe (Das Gegentheil macht aus der menschlichen Natur in Chri sto ein
hertzkündigerin / wider Gottes Wort.) auch die Hertzen vnd Nieren /
vnnd zeugt den Spruch an / Matth. 9. Jesus sahe jhre gedancken. Item / Johan. 2.
Jesus bedurffte nicht / das jemand zeugnis gebe von einem Menschen / denn er
wuste wol / was im Menschen war. Aber wer ist so alber / der nicht von sich
selbst / auch vnerinnert / verstehe / das diese Sprüch von der Person / vnd
nicht von der angenommenen Natur reden? Item / das sie die Gottheit in Christo
bezeugen / in massen der angezogene Spruch / Matth. 9. von Marco am andern
Capitel / da eben dieselbige Historien vom Gichtbrüchtigen / dauon Matthęus
redet / beschrieben stehet / deutlich erkleret wird / das er nicht von der
menschlichen (wie jhn D. Kirchner pag. 513. felschlich anzeugt) sondern von der
Göttlichen Natur zuuerstehen sey. Denn Jesus erkennet bald in seinem Geist (das
ist / nach seiner Gottheit / 1. Petr. 3. Rom. 1.) was seine Widersacher bey sich
gedachten. Item / Luc. 5. stehet geschrieben / die Krafft des HERRN gieng von
Jesu / vnd halff jederman. Dauon der guthertzige Leser bey dem 38. Anhaltischen
Argument / pag. 451. mehr berichts finden wird. Also schreibt die Schrifft zu
gleich omniscientiam & omnipraesentiam aussdrücklich / nur allein Gott zu /
welcher Iehouah, der HERR
|| [49]
ist.
Hierem. 23. Bin ich nicht ein Gott / der nahe ist / spricht der HERR / vnd nicht
ein Gott / der ferne sey? Meinstu / das sich jemand verbergen könne / das ich
jhn nicht sehe / spricht der HERR? Bins ichs nicht / der Himmel vnd Erden füllet
/ spricht der HERR? Dieses alles gleubet vnd predigt man mit warheit von dem
Sohn Mariae: Denn Er ist der HERr / vnser Gott. Nicht aber kan mans von seiner
Menschheit sagen / denn die H. Schrifft niergend also redet.
Das aber aus der Erhöhung zur rechten hand Gottes /(Das
sitzen zur Rechten Gottes thutnichts zu der erdichten vbiquitet der
menschlichen Natur.) die Vbiquitas naturae assumtae folgen sol / pag.
177. dahin sich auch die Schrifft / pag. 180. 181. gleich mit gewalt mus
detorquiren lassen / ist zu Quedlingburg ausführlich widerlegt / vnnd dem
Christlichen Symbolo stracks zu wider / da wir bekennen / das der HERR mit
seinem Leib auffgefahren sey / vnd daselbst im Himmel / von dannen er wider
kommen wird / zur Rechten Gottes sitze / das ist / vber alles herrsche / was da
genennt werden könne / jedoch außgenommen vber GOTT / der jhm / als einem HErrn
/ alles vnter seine Herrschafft / ja vnter seine Füsse gethan hat. 1. Corinth.
15. Vnd hiemit wird drümb nicht verleugnet / das der gantze Christus Gott vnd
Mensch vber alles herrsche vnd regiere / wie D. Kirchner sein Gegentheil / als
solt jemand dasselbige verleugnen / zur vnbilligkeit beschuldigt / pag. 179.
Denn es ist ein anders / vberai regieren / oder vber alles herrschen / vnd
vberal gegenwertig sein. Dieses gehöret allein GOTT zu / als seine wesentliche
Eigenschafft: da man die Regel in acht mus haben: Totus vbique, sed non rotum.
Jenes aber kan auch von der Menschheit / per propositionem abstractiuam
praedicirt werden. Denn es gehört vnter die actiones officij, welche darümb
Theandricae heissen / das sie beyden Naturen zustehen: Seruata nihilominus
vtriusque proprietate: Das ist / mit vnterscheid nichts desto weniger einer
jeden Naturn wesentlichen Eigenschafften.
|| [50]
Pag. 203. gedenckt D. Kirchner der Vbiquitet in genere, welche sonst generalis,
oder absoluta pflegt genennet zu werden. Vnd allhie spüret man greifflich / was
für ein Consens (Sihe / wie jr zeugnis
vbereintrifft.) in dieser Brüderschafft sey / dieweil jhnen nicht
allein D. Hesshusius diss Gedicht mit vnwidersprechlichen Gründen widerleget hat
/ sondern die Theologen der dreyen Vniuersiteten wollen inn jhrer Pręfation von
der absoluta vbiquitate selbst nichts wissen / welche doch allhie D. Kirchner /
wie auch pag. 248. 249. mit nichten verneinet / vnd pag. 274. deutlich bekennet
/ das sie inn der Erfurdischen Apologien keines wegs verleugnet werde. Jedoch
bedinget er / das man cautè dauon reden soll / weil der modus, wie es zugehe /
das die menschliche Natur allenthalben gegenwertig sey / wo die Person des
ewigen Worts ist / vnausdencklich vnd vnaussprechlich sey. Gleich als were die
Sach / welche er mit seinen eigenen worten vbiquitarem in genere nennet / mit
zeugnissen der heiligen Schrifft / darans jhnen doch am aller meinsten biss auff
diese Stunde gemangelt / vnd wol ewiglich mangeln wird / schon erwiesen / vnd
blieb die Frage nur de modo vbiquitatis generalis, wie nemlich der Leib CHRISTI
/ mit der Gottheit des ewigen Worts / bey vnd inn allen Creaturen / Laub / Grass
/ Obs / Vogeln / Fischen / Thieren / Sternen / etc. (denn was ist vbiquitas
generalis anders / sönderlich dieweil sie / vnter andern des Gegentheils
Vngründen / im achten Psalm fundiret sein sol / darinn solches alles
specificiret wird?) in der that gegenwertig sey. Welchs doch je von einem
solchen ansehenlichen Theologo schrecklich zu hören / vnd wegen seiner andern
Gaben jhme freylich nicht zu gönnen ist. Werden also von dem Gegentheil aus dem
Leib Christi lauter Mirackel vnd Wunder gedichtet / da doch keine sind / vnd die
rechten Wunder vnter des / wo nicht gar verachtet / jedoch mit stillschweigen
vbergangen / wie Lutherus in der Kirchenpostill vbers Euangelium Luc. 2. am
Sontag nach dem heiligen Christ
|| [51]
tag meldet. Ja / dieses vnd dergleichen sind die grosse Wunder an
Christo / das die Kirchen singet: Den aller Welt kreis nie beschloss / der ligt
in Marien Schoss / Er ist ein Kindlein worden klein / der alle ding erhelt
allein / etc. Aber solches lest man fahren / vnd dichtet vnter des einen newen
Glaubens Artickel von der Allenthalbgegenwertigkeit des Leibs Christi / der doch
an seiner erschaffenen Natur / Substantz / wesentlichen Eigenschafften / vnd
Statur oder Größ / nach dem er sein volkömlich alter erreichet hat / im
geringsten nicht geendert / sondern viel reiner vnd volkömlicher blieben vnd
erhalten worden ist / denn vnsere Leibe hetten sein können / wenn der Sohn
Gottes diese verwandtschafft mit vns durch seine gnadenreiche Menschwerdung
nicht gemacht hette. Man sol einen reinen Glauben haben (spricht D. Lutherus
daselbst) der nichts one grund der Schrifft gleube. Es ist alles vn̅ vbrig gnug in der Schrifft / was man gleu ben sol. Es gehören aber zur
allgemeinen ertreumeten Vbiquitet auch folgende ausserlesene schöne phrases,
welche D. Kirchner(Bissher hat man die Vbiquitet / als
ein portentosum dogma verworffen / jetzt wird sie
auffs ne??? canonizieret.) mit gantzem ernst verthedigt / nemlich das
Christus Leib allenthalben sey / weil er ist zur Rechten GOTtes / die
allenthalben ist / pag. 443. Item / das die Gottheit niergend sey / da sie die
menschliche Natur nicht bey sich hab. pag. 462. Welchs man de vnione, so
Damascenus indistantem, das ist / indissolubilem nennet / gern zulesset / aber
nicht de coëxistentia. Item / die allgegenwertigkeit der menschlichen Natur /
welche in Christo alles erfülle / vermöge ohne öffentliche Gotteslesterung nicht
geleugnet werden. pag. 534. 551.
Item / Es sey fest in der Schrifft gegründet / ja Christi vnd des H. Geistes
selbst lehre / das des HErrn Leib nicht allein an vielen / sondern auch an allen
orten zu gleich sey / vnd sey ein erschreckliche lesterliche künheit / solches
leugnen pag. 567. 568. 581. 586. 587. 589. 594. 595. Item / das nach art der
rechten hand Gottes Christi Leib allenthalbengegenwertig sey pag. 608. 609.
|| [52]
Summa: Christus Leib sey allenthalben / wo Gott ist. pag. 572. noch sol man sie
nicht Vbiquisten heissen. Wie reimet sich doch diss mit dem schönen Weynachten
Gesang: Den aller Weltkreis nie beschloss / der ligt in Mariae Schoss. Es ward
ein kleine Milch sein Speis / der nie kein Vögelein hungern ließ / etc.
Er gründet aber diese seine Opinion de generali corporis Christi vbiquitate,
welche er pag. 383. communicationem omnipraesentiae nennet / 1. auff die
persönliche vnzertrenliche Vereinigung. 2. auff den Spruch / Ephes. 4. Er ist
auffgefahren vber alle Himel / auff das er alles erfülle. 3. Auff das Sitzen zur
rechten hand Gottes, pag. 225. 226. Denn hiedurch sol die omnipraesentia, oder
allgegenwertigkeit des Leibs Christi bestetigt sein / pag. 389. 390. Vnd pag.
391. bekennet er frey öffentlich / das in libro concordiae die omnipraesentia
gesetzt / welchs doch bissher jhrer viel haben bementeln / vnd demnach zur
Erfurdischen Apologien / wegen vieler Antilogien / sich nicht bekennen wollen.
Jedoch schreibt D. Kirchner allhie / es könne durchaus mit keinem Buchstaben
erwiesen werden / das eine contradictio zwischen dem Concordibuch vnd Apologia
dissfals sey / pag. 391.
Item / er bekennet daselbst / das sie vermöge des Concordibuchs lehren / Christus
sey nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch bey allen Creaturen
gegenwertig / vnd sey gantz vnd gar kein distantia loci zwischen Christi Leib im
Himmel / vnd vnsern Leiben / welche noch hieniden auff Erden sind. Das auch die
Substantz des Fleisches Christi in allen Creaturen sey / verneint er wol nicht
als vnrecht / er will aber derselben art zu reden nicht gebrauchen / darümb das
es könne missdeutet werden.
Gleich als wenn vmb des willen die Warheit solte verschwiegen / oder bementelt
werden: So ist ja hieraus gnugsam abzunemen / das sie ein anders reden / vnd ein
anders meinen / noch sollens keine antilogien sein.
|| [53]
Item / pag. 248. spricht er / es sey falsch / vnd Gotteslesterlich / wenn man
sage / oder lere / es stehe in der Bibel nirgend geschrieben / das Christi
fleisch / oder menschliche Natur allmechtig / allwissend / allenthalben sey. So
er doch pag. 7. hat bekennen müssen / diese phrases seyen auch in der
Auspurgischen Confession nicht zu finden / vnd darümb pag. 1. den statum causae
zu verendern sich bemühet. Aber vmb gelicbter kürtze willen remittiret man den
Christlichen Leser allhie billig auff das jenige / was allbereit vom Colloquio
Quedlinburgensi anderswo durch offenen druck ausgangen / darin diese vngründe
alle sehr stadtlich refutiret / vnd deutlich erkleret sein.
Es ist auch wider Gottes Wort / vnd durchaus Marcionitisch(Marclonitisch für geben.) / das D. Kirchner die
glorisieation oder herrligkeit der menschlichen Natur in Christo von der
empfengnis in Mutterleibe anfehet / vnd fürgibt / die ernidrigung sey ein
heimliche hinderhaltung / oder verbergung derselbigen mitgetheilten herrligkeit
/ oder Maiestet gewesen / biß nach seiner Aufferstehung vnd Himelfahrt sie erst
vollkomen geleuchtet hab. pag. 217. 234. 243.
Item / das Christi angenommene menschliche Natur die wissenschafft aller ding in
der nidrigkeit nicht hab brauchen wollen / pag. 447. 448. Denn sie wol in der
entpfengnis / von Mutter Leib an / dieselbige Maiestet vnd herrligkeit (verstehe
/ der mitgeteilten vnerschaffenen allwisserheit / allenthalbgegenwertigkeit /
allmechtigen / göttlicher krafft vnd wirckungen / damit sie begabet vnd
bereichert / wie er redet / pag. 484. 496.) warhafftig vberkommen vnd gehabt /
aber vmb der ernidrigung willen / solcher Maiestet ratione vsurpationis sich
geeussert / pag. 602. vnd dieselbige mehrer theils heimlich gehalten / gleich
wie etwa die Sonne mit einer wolcken zuweilen bedeckt / vnd gleich als verborgen
gehalten wird / pag. 506. 508. 522. 523. 550.
|| [54]
Sonst pflegen sie es in jhren gedruckten Schrifften vnd Predigten einer
nebelkappen zuuergleichen / so fein bescheiden wissen sie von diesen grossen
Geheimnissen zu reden. Was könte nuu den Marcioniten zu besserem vorschub
gelehrct / oder geschrieben werden / denn das die menschliche Natur Christi im
stand der niedrigung jhre herrligkeit bedeckthab / gleich als wenn etwa die
Sonne mit einer trüben Wolcken bedeckt wird? Sol diß die exinanitio oder
ernidrigung sein / so hat ja hiedurch die menscheit in Christo an jhr selbst
kein beschwerung empfinden können / obs wol vor menschlichen augen ein solche
jemmerliche gestalt mit jhr gehabt. In massen der Sonnen an jhrem glantz fünsich
/ durch die Wolcken nichts benommen kan werden / ob sie wol in der Menschen
augen sehr tunckel vnd betrübt scheinet. Ja / von der göttlichen / vnd nicht von
der menschlichen Natur möchte man wol diß gleichnis etlicher massen zu lassen /
wie der schöne Spruch Irenaei de quiescente, non maiestate carnis, sed , tröstlich ausweiset / vnd würde dennoch dabey müssen
heissen: Simile non est idem. Zur menschlichen Natur reimet sichs gantz vnd
garnicht.
(Widerwertige aus flüchte.)
Wie stimpts aber ferner zusammen / das man gleuben fol / der Leib Christi sey
allenthalben / wo das ewige Wort ist / vnd werde doch seine letzte Zukunfft zum
jüngsten Gericht / nicht durch eine blosse erscheinung / oder Offenbarung (wie
das Gegentheil in andern Büchern streitet) ohne warhafftige nider / oder auffart
geschehen? pag. 235. Von wannen sol denn ohne blosse erscheinung / oder
offenbarung / die warhafftige nider / oder auffart geschehen / wenn er mit
seinem Leib auff vnsichtbare weis alles erfüllet? wie dahin der Spruch Ephes. 4.
daselbst / vnd zwar durchs gantze buch mißdeutet wird.
Vnd hieher gehöret auch / das der Christliche Leser vmb dieser antilogien
conciliation bitte / da pag. 580. recht geleret wird / das der HErr mit seinem
Leibe am 40. tag. nach seiner Aufferstehung / sichtbarliche weise / motu locali,
gen Himmel
|| [55]
gefaren / da er von
der Wolcken auffgenommen / zur rechten Gottes sitzet / vnd am jüngsten tage also
wider kommen werde / etc. Item / Christi Leib sey auch im Himmel endlich /
sichtbar / vnd begreifflich / pag. 603. behalte seine vmbschriebenheit vnd
endligkeit / pag. 611. Diß alles ist der Schrifft gemes: Wie denn auch dieses
ein catholicum axioma ist: Quòd corpus Domini sit in coelo localiter. Item: Quòd
Deus non sit mole magnus, sed virtute. pag. 569. Welchs man von dem Leib Christi
/ der fleisch vnnd bein hat / Luc. 24. nicht sagen kan. Aber demselbigen allem
zu wider / streitet D. Kirchner / der Leib Christi sey nicht leiblicher /
begreifflicher / reumlicher weis im Himmel / pag. 604. 609. Sondernzugleich im
Himmel / auff Erden / vber vnd vnter allen Himmeln / ja allenthalben / wo GOtt
ist. pag. 572. Daraus wird folgen müssen / das Christi Leib sey gantz vnnd gar
qinddam illoc ale. Denn (wie Augustinus schreibt / Psal. 76.) Si Deus in aliquo
loco esset, non esse Deus. Sol nu der Leib Christi allenthalben sein / wo Gott
ist / so wird man / nach D. Kirchners fürgeben / auch sagen müssen: Nichts ist
so klein / der Leib Christi ist noch kleiner. Nichts ist so gros / der Leib
Christi ist noch grösser: Nichts ist so kurtz / der Leib Christi ist noch
kürtzer: Nichts so lang / breit / schmal / der Leib Christi ist noch lenger /
breiter / schmeler / vnd fort an / ist ein vnaussprechlich wesen / vber vnd
ausser allem / das man nennen oder dencken kan / etc. wie die wort von der
vnendlichen Gottheit lauten / pag. 573. Das wird ein sehr wunderbarliche
endligkeit / vnd (wie er redet) vmbschriebenheit sein müssen. Noch wil man
keiner antilogien oder contradiction gestendig sein.
Was er aber wider die excedentiam Diuinitatis (welchs(De excedentia Dei tatis in Christo.) ein
phrasis scholastica ist) disputiret / vnd felschlich mißdeutet / als sey sie
zuuerwerffen / denn sie hab in sich entweder ein expansione̅
diuinae naturae, oder eine aufflösung der Person /
|| [56]
vnd trennung der Naturen Christi
/ pag. 226. 227. Dawider setze man den herrlichen Spruch Athanasij / da er vnter
andern in seinem schönen Buch de humanitate Verbi & corporali eius aduentu,
auff folgende meinung schreibt: Das Wort / oder der ewige Sohn Gottes / ist
nicht in dem Leibe vmbschlossen / vnd ob er wol im Leib ist / so wird er doch
nicht gehindert / das er anderswo nicht sein könte / wenn er auch seinem Leibe
krafft vnd bewegung giebet / wird andern dingen seine krafft / wirckung / vnd
versehung nicht enttzogen / sondern das zum höchsten zuuerwundern ist / fasset
vnd begreiffet er dieses alles inn sich / weiler das ewige Wort ist / wirdt aber
von keinem ding vmbschlossen / oder vmbfangen.
Vnd bald hernach: Vnser Seelen / wenn sie gedencken etwas / das ausserhalb des
Leibes ist / können sie doch demselben durch jhre krafft keine bewegung geben.
Denn ob ein Mensch gleich gedencket von etwas / da er ferne von ist / als wenn
er jm von dem Himmel gedancken fürnimmet / kan er doch demselben die krafft des
lauffs / vnd die bewegung weder geben / noch nemen. Aber der Sohn Gottes ist
nicht also im Leibe / gleich wie die Seele in jrem Leibe gleichsam
eingeschlossen ist. Denn er ist nicht vmbschlossen / oder vmbfangen mit dem
menschlichen Leibe / sondern er vmbfenget den Leib / vnd leuchtet in demselben /
vnd ist doch zugleich in der Schoß des ewigen Vaters / vnd ist in vnd ausser
allen Creaturen. Bißher Athanasius.
(An corpus Domini definitione à nostro
differ at, in quantum corpus.)
Pag. 228. 229. predigt D. Kirchner weitleufftig / das es ein anders sey / von
einem Leib reden / der nur simpliciter ein Leib sey / ein anders de corpore
animato, ein anders de corpore glorificato, vnd abermal viel ein anders de
corpore cum Filio Dei personaliter vnito, &c. Aber was thut diß alles zur
Sach / das darümb der Leib Christi / dieweil er mit dem Son Gottes persönlich
vereinigt ist / sol allenthalben mit dem ewigen Wort gegenwertig sein? So doch
der HErr selbst seinen
|| [57]
warhafftigen / lebendigen / dazu glorifieirten / vnd freilich mit seiner ewigen
Gottheit persönlich vereinigten Leib mit keiner newen sonderbaren definition /
sondern eben mit der definitione philosophica / das ist / physica, welche im
ersten heuptartickel vnsers Christlichen glaubens von der Schöpffung / fest
gegründet ist / beschreibet / vnd spricht: Sehet meine hende vnd meine füsse /
Ich bins selbst / fühlet mich vnd sehet / denn ein Geist oder Gespenst hat nicht
fleisch vnd bein / wie jhr sehet / das ich habe / Luc. 24. Diß kan ja kein
warhafftiger Christ leugnen. Der stand / vnd hoheit (wie es D. Kirchner selbst
nennet / pag. 229.) ist wol vnterschieden / aber der Leib für sich bleibt an
seiner definition / Natur / vnd wesentlichen eigenschafften / im todt / leben /
vnd herrligkeit vnuerendert. In massen auch die persönliche vereinigung der
beyden Naturen Christi weder in seiner höchsten Maiestet gestercket / noch in
seiner aller tieffesten nidrigkeit geschwecht kan werden / sondern das band der
persönlichen vereinigung ist / von der empfengnis an zu Nazareth / eben so fest
vnd starck / als es jetzt ist / vnd in ewigkeit bleibt / zur rechten Gottes des
allmechtigen Vaters im Himmel. Vnd wird dadurch der Leib Christi an seiner
definition mit nichten weder geringert(Differt à nostro Domini corpus; non ratione essentiae,
sed ratione fub sistentiae, officij, & gratiae habitualis: sed haec
no̅ inferunt carnis omnipraesen tiam.) /
gemehrt / noch geendert. Denn wo wolte sonst der spruch Ambrosij bleiben? da er
sagt: Eadem est in Christo corporis veritas, quae in nobis est. Ja / wo wolte
das homousion, oder die verwandschafft Christi mit vns bleiben / daran vns doch
all vnser glaub / trost / hoffnung / ehr / frewd / vnd seligkeit gelegen ist?
Fürwar / dz ist von solchen hohen Theologis zu viel / vnd die
Anhaltervntergebens der gantzen rechtgleubige̅ Christenheit / zu
jetzigen / vnd zukünfftigen zeiten / mit warer demuth aus Gottes Wort zu
erkennen vnd zu vrtheilen / ob nicht durch diese proposition: Corpus Christi non
habet eandem cum nostro corpore definitionem, welche D. Kirchner nochmals / pag.
236. 237. categoricè vnd assirmatiuè zu defendiren sich vnterstehet / im grund
eben dasselbige in die Kirchen Gottes
|| [58]
eingeführet werde / das hiebeuor Flacius / vnnd noch zur zeit sein
anhang / vnsinniger weis gelehret hat / vnd lehren: Carnem Christi diuersae à
nostra esse speciei. Vnd wer dieses nicht wolt zugeben / der muste sich bey den
Flacianern für ein Sacramentirer ausschreien lassen / vnd noch. So wol als das
Gegenteil jetzt alle die jenigen für Sacramentirer (aber / Gott lob / ohne
grund) ausrüffet vnd verdammet / welche nicht zugeben können / sollen / noch
wollen: Quòd corpus Christi diuersae sit à nostro definitionis. Geich als wenn
(von den indiuiduis zu reden) nicht mehr gesagt wer / tota definitione, quàm
sola specie differre. Denn wie in scholis Dialecticorum die species propriè sic
dicta, ist quiddam compositum, welches Natur vnd eigenschafft die gantze
definitionem ex genere & differentia in sich begreiffet / also ist auch
offenbar vnd vnleugbar / das in definitione indiuiduorum, sönderlich in arbore
substantiae, wie der Leib Christi vnd vnsere Leib sind / die vnter einerley
Geschlecht oder art der Geschöpffe Gottes gehören / die species loco generis
posita nur ein teil von der gantzen definition ist. Wer nu sagt / quòd tota
definitione corpus Christi à nostro corpore differat, oder (das gleich so viel
ist) quòd diuersae à nostris corporibus sit definitionis, der sagt ja vielmehr /
denn der / welcher nur diuersam speciem statuiret. Vnd ist nicht müglich zu
beweisen / quòd indiuidua diuersae desinitionis non etiam diuersae inter sese
speciei seu formae sint. Das sey hiemit nochmals vmb der vnwandelbaren warheit
willen / allen verstendigen zu dijudiciren / auffs aller demütigsie vntergeben.
Wer augen hat zu sehen / der sehe / vnd wer ohren hat zu hören / der höre. Hie
leidet die warheit bey vnserm Gegenteil grosse not / wie denn die arme
posteritet hierüber zu seufftzen vnd zu klagen haben wird.
Betreffend / das sich D. Kirchner hin vnd wider / wenn er nicht ferner kan / mit
dieses / oder jenes beyfal vnd autoritet zu schützen bemühet / darauff wird er
den Anhaltern zu gutem komen lassen / sich mit seinen eigenen worten / die er
pag. 259.
|| [59]
gesetzt hat /
zuuerantworten / nemlich / das sie mit nichten zu billigen schüldig sein / was
dem göttlichen Wort zu wider / es habe es gleich geschrieben wor da woll. Haec
ille.
Das er aber pag. 260 261 fürgibt / es sey ein öffentlich falsch gezeugnis / das
Lutherus bezeuget haben sol / das in(Ob D. Luther in
diesem artickel / mit den Papisten einig / oder str eitig gewesen.)
diesem Artickel zwischen jm vnd den Papisten kein streit sey / das mag der
verstendige Leser aus den Schmalkaldischen Artickeln selbst vrtheilen. Es were
denn / das Lutherus anders daselbst geschrieben solt haben / denn ers gemeinet /
welchs jhm nicht reputirlich sein könte / vnnd derwegen auff D. Kirchners
verantwortung beruhet. Denn ja offenbar / das D. Luther diß für ein sönderliche
gnad vnd wolthat Gottes gerühmet hat / das mitten in derselbigen finsternis
nichts desto weniger das groß Geheimnis von der Menschwerdung des ewigen Worts
rein erhalten worden / vnd die phrates abstracti & concreti vnuermischt
blieben sind. Derhalben auch die Anhalter mit Luthero / vnd alle̅
rechtgleubigen hierüber billig eiffern / vnd darob getrewlich anhalten.
Pag. 273. setzt D. Kirchner diese wort: Nestorianer(Wie
das Gegenteil die Nestorianer beschreibe.) heissen wir die jenigen /
welche simpliciter negiren / oder verleugnen / das der Leib Christi / oder die
angenomene menschliche Natur Christi / die in der Person des Worts vnd sonst
nirgend jhre subsistentiam hat / gegenwertig sey / wo die Person des Worts
gegenwertig ist. Haec ille.
Sol nu diß der Nestorianismus sein / welchs doch noch nie erhöret ist worde̅ / So vrteile der Christliche Leser selbst / ob hiemit nicht der
Eutychianismus öffentlich bestetigt werde. Denn also leret Vigilius Martyr,
libro 4. contra Eutychen / das nur eine natur in Christo statuiret werde / wenn
man fürgibt / das die angenommene menscheit sey allenthalben / wo die Gottheit
ist. Vnd gilt hie kein ausflucht / das D. Kirchner fürgibt / sein dogma sey
nicht identicè, subiectiuè, oder physicè zuuerstehen /
|| [60]
die menscheit habs nicht von
sich / sondern aus der persönlichen vereinigung mit dem Wort. Denn das sind
nichts / denn vergebliche petitiones principij, vnd paralogismi secundùm plures
interrogationes. Die frage ist nicht / woher das fleisch Christi / oder die
angenommene menscheit in Christo allmechtig / allwissend / allenthalben sey /
sondern ob sichs gebüre / also zu gleuben / vnd zu lehren / das fleisch Christi
ist allenthalben. Welchs so grob / das es Eutyches selbst nicht statuiren
dorffte. Darümb jhn Vigilius Martyr hiemit refutiret / das nemlich sonst folgen
müste / das die angenommene Natur in Christo allenthalben sey / wo die Person
des Worts ist. Denn so lauten Vigilij Martyris austrückliche wort: Si Verbi
& carnis vna natura est, quomodo cum Verbum vbique sit, non vbique
inueniatur & caro? Namque quando in terra fuit, non erat vtique in coelo. Et
nunc, quia in coelo est, non est vtique in terra. Et in tantum non est, vt
secundùm ipsam Christum expectemus venturum de coelo, quem secundùm Verbum
nobiscum esse credimus in terra. Igitur secundùm Vos, aut Verbum cum carne sua
loco continetur, aut caro cum Verbo vbique est: quando vna natura contrarium
quid, & diuersum non recipit in seipsa. Diuersum est autem & longè
dissimile, circumscribi loco, & vbique esse. Eoquia Verbum vbique, caro
autem eius vbique non est; apparet, vnum eundemque Christum vtriusque esse
naturae: & esse quide̅ vbique secundùm natura̅
Diuinitatis suae: & Ioco contineri secundùm naturam humanitatis suae. Das
ist / So das Wort vnd fleisch eine Natur ist / warümb ist denn nicht auch das
fleisch vberal / so doch das Wort vberal ist? Denn weil das fleisch auff Erden
war / da war es freilich nicht im Himmel / vnd jetzund / weil es im Himel ist /
so ist es freilich nicht auff Erden / vnd ist so gewiß nicht auff Erden / das
wir auch gewertig sind / das nach dem fleisch Christus vom Himel kommen werde /
welchen wir doch gleuben / das er als das ewige Wort / das ist / nach der
gottheit bey vns auff Erden sey.
|| [61]
Derhalben nach ewer Meinung entweder das Wort sampt seinem Fleisch / an einem ort
vmbfangen / oder das Fleisch sampt dem Wort vberal sein würde / dieweil einer
Natur nicht kan zugeschrieben werden / was da widerwertig vnd einander
zuentgegen ist. Nun ist aber wider einander / an einem ort vmbschrieben sein /
vnd allenthalben sein / vnd weil das Wort allenthalben ist / sein Fleisch aber
nicht allent halben ist / So ist es ja offenbar / das eben derselbige
warhafftige einige Christus beyde Naturen hat / vnnd allenthalben ist / nach
seiner Gottheit / vnd an einem ort gleich als vmbfangen ist / nach seiner
Menscheit. Bissher Vigilius Martyr: Welchen zwar D. Wigandus eben vmb dieser
Lehr willen / wie jetzt D. Kirchner die Anhalter vmb keiner andern Vrsach willen
/ des Nestorianismi beschuldigt. Aber hiedurch müste die alte rechtgleubige
Kirchen durchaus der Nestorianischen Ketzerey verdechtig gehalten werden.
Dagegen der Christliche Leser das schöne freudige Epiphonema, damit Vigilius
Martyr daselbst seine Lehr bestetigt / wolle behertzigen: Circumscribitur
Christus loco, per naturam carnis suae: & loco non capitur, per naturam
Diuinitatis suae. Haec est fides & confessio catholica, quam Apostoli
tradiderunt, Martyres roborauerunt, & fideles nunc vsque custodiunt. Das ist
/ Christus ist allenthalben / so fern er Gott ist / vnd ist nicht allenthalben /
sondern nach der Gröss seines Leibs mit ort vmbschrieben / so fern er Mensch
ist. Diß ist der allgemeine Christliche Glaube vnd Bekentnis / so die Apostel
gelehret / die Märtyrer bestetigt haben / vnd die Gleubigen biss auff diese
Stundt behalten. Bissher der alte Lehrer vnd Märtyrer Vigilius. Dabey die
Anhalter / mit allen Rechtgleubigen / durch Gottes gnad / auch zuuerharren
gedencken.
Pag. 278. beschüldigt D. Kirchner die Anhalter / sie streiten / das communicatio
idiomatum nur verbalis sey / oder res de solo titulo. Aber diß wird er in
Ewigkeit mit keinem Grunde
|| [62]
vber
sie erweisen können / bedarff derwegen diese Calumnia keiner verantwortung.
Zu grob ists aber / das er pag. 290. fürgibt / wenn das (Secundùm.) wörtlein / SECVNDVM, de graua
vnionis verstanden werde / so heis es souiel / als ex gratia vnionis. Vnd also
sey die Proposition: Christus secundùm humanam naturam est omnipotens, zu
verstehen / das nemlich die menschliche Natur solche Herrligkeit habe ex gratia
vnionis hypostaticae. So doch die Heuptfrage nicht dauon ist / woher / oder wie
/ sondern ob die menschliche Natur allmechtig / allwissend / allenthalben sey.
Vnd im andern Anhaltischen Argument hat er nicht wollen zugeben / das die
particula (secundùm) vnter andern bissweilen de gratia vnionis, seu vnitate
personae (wie Petrus Lombardus redet) gebraucht / oder verstanden werde. So
wissen auch die Knaben aus jrem Donat / das ein anders sey / causalis: vnd ein
anders distinctiua oratio. Denn in solchem Gebrauch ist das wörtlein (secundùm)
nota subiecti, non causae: wenn man propriè vnd eigentlich dauon reden wil.
Pag. 283. bemühet er sich sehr zu beweisen / das er die beyde Naturen in Christo
nicht mit einander exaequire, oder derselbigen vnterscheid durch die Lehr / von
der thetlichen mitgetheilten allmechtigkeit / allwissenheit / allenthalbenheit /
so der angenommenen Menscheit in Christo sol widerfahren sein / auffhebe. (Zweyerley Allmechtigkeit. Sublimior
& inferior.) Aber eben mit seiner eingewandten
Entschuldigung / beweist er ausdrücklich wider sich selbst / das er zweyerley
allmechtigkeit / oder allmechtige Naturen in Christo dichte. Den̅
dieselbige Maiestet (spricht er) werde longè sublimiori modo, auff eine viel
höhere weise / der Gottheit des Sohns / als seiner angenommenen Menscheit
zugeschrieben. Wenn denn die Allmechtigkeit vnermesslich höher ist in der
Götlichen Natur / denn inn der menschlichen / vnd demnach einen vnermeßlichen
vnterscheidt zwischen beyden Naturn macht / das hiedurch eine der andern
nimmermehr exęquirt / oder gleich werde / wie pag. 284 fürgege
|| [63]
ben wird / so vrtheile
ein jeder verstendiger Christ / obs nach diesem verstandt / in warheit einerley
Allmechtigkeit bleibe / die nemlich in vnterschiedenen modis oder viel mehr
gradibus, als in positiuo vnd comparatiuo, betrachtet / vnd jetzt höher / jetzt
geringer statuiret vnd genennet wird? Sönderlich dieweil D. Kirchner seines
Gegentheils einrede (quòd reipsa non differant, quae tantùm rei modo differunt)
hiemit wil refutiret haben / pag. 282. Vnd disputiret mit vielen (wiewol in sich
selbst widerwertigen) worten / das auch in reipsa (wie er redet / pag. 327.) ein
vnterscheid / oder das nicht allein ratione principij, verùm etiam rei ipsius,
der vnterscheidt zwischen der Allmechtigkeit / die Christus nach der Gottheit
(von Ewigkeit) vnd die er nach der Menscheit (inn der zeit) empfangen habe /
zuuerstehen sey. pag. 326.
Ja / der verstendige Leser wolle bedencken / obs auch von der ewigen Göttlichen
Allmechtigkeit mit Warheit könne geredet werden / das sie anders / denn auff
einerley vnermessliche höchste weis vnserm HERRN Christo gebüre / vnd in jhm
betrachtet werden soll. Denn wenn die Allmechtigkeit von Christo / pro
diuersitate naturarum modis etiam diuersis, iam videlicet inferiori, iam longè
sublimiori sol prędiciret werden / so kan sie nicht bleiben proprietas Dei
essentialis (substantia enim non recipit magis vel minus) Sondern wird nothalben
inter qualitates müssen referiret werden / bey welchen nemlich die gradus seu
modi inferiores vnnd sublimiores rerum eiusdem generis gelten. Qualitates enim
recipiunt magis & minus. Atque ita in Christo sublimior erit Deitatis,
inferior humanitatis omnipotentia. Genere quidem eadem, sed gradibus seu modis
diuersa. Das wird ein schöne Theologiam geben.
Diss alles wird noch viel mehr bestetigt / so offt D. Kirchner in seinem gantzen
Buch streitet / die menschliche Natur in Christo sey wol in der that (realiter)
allmechtig / allwissend / al
|| [64]
lenthalben / Aber doch nicht so wol / als die Gottheit / welcher
solche Ehre von ewigkeit hero / vnd wesentlich gebüre.
Zu dem / so kan man allhie aus seinem eigenen principio argumentiren / wenn etwas
höher vnd grösser ist / denn das ander / so kans ja nicht einerley bleiben /
pag. 322.
Das Wort ist allmechtig / aber auff ein viel höhere vnd grössere weis / denn die
angenommene Menscheit in Christo / welche gleichwol (nach des Gegentheils
fürgeben) auch allmechtig ist. Derhalben kans nit einerley allmechtigkeit sein /
etc. So doch die Christliche Kirch nicht mehr / denn von einerley allmechtigkeit
weis.
Der Christliche Leser bedencke ferner / obs einerley allmechtigkeit bleib /
welche in der Gottheit ist quiddam essentiale, in der Menscheit aber sein sol
, seu donum, ein Gabe / jedoch weder essentiale quid
dam, noch accidens, pag. 342.
Ja / wer sihet nicht / das dieses öffentlich wider einander lauffe? Da D.
Kirchner fürgibt / die Menscheit Christi sey nicht so wol / als die Gottheit
selbst / allmechtig / pag. 583. Item / Gott sey in dem allerhöchsten gradu
perfectionis per essentiam allmechtig / oder viel mehr (wie sichs denn in
Warheit anders nicht verhelt) die Allmechtigkeit selbst / welche ehre vnd
perfection er der menschlichen Natur Christi nimmermehr mittheilet / denn dieses
hiesse auff Eutychianisch die Naturen vermenget / pag. 490.
Vnnd bekennet doch / diesem allem zu wider / daß das Concordibuch lehre / Es
gebüre der angenommenen menschlichen Natur eben dieselbige (Nota, Eben
dieselbige) Ehre / Macht / vn̅ Gewalt / welche der Gottheit eigen
ist. pag. 597. 598. Noch wil man keiner antilogien / oder widerwertigen lehre
gestendig sein.
Item / Wie reimbt sichs / das die menschliche Natur / nicht / wie Gott selbst /
allenthalben sey / vnd sey doch allenthalben nach art der Göttlichen Rechten?
pag. 608. 609. Was ist
|| [65]
denn
(nach art der rechten hand Gottes) anders / denn (wie Gott selbst) allenthalben
sein?
Der Christliche Leser wolle auch dieses allhie bey sich selbst behertzigen /
Dieweil D. Kirchner vnterm Namen des thewren(Das
Gegentheil misbrauchet des thewren Manns Lutheri namen) woluerdienten
Lutheri / allerley Sprüch one schew einführet / die er für lauter Glaubens
Artickel auffwirffet / vnd doch vnter des scheinbarlich fürgibt / als bawe er
das Fundament in dieser Sache nur auff Gottes vnfeilbares Wort / pag. 589. mit
welchem Spruch der Schrifft will er denn beweisen / das man in der Kirchen
Gottes / ohne Ergernis der Schwachgleubigen / also reden vnnd lehren sol oder
könne / wie er pag. 573. schreibet / Ein Leib sey der Gottheit viel viel zu weit
/ vnnd können viel tausent Gottheit (Nota, viel tausent Gottheit / noch wil er
pag. 606. nicht gestehen / das er mit seinen Consorten mehr / denn einerley
Gottheit dichte) drinnen sein / etc. Von viel tausent Legion Engeln redet wol
die Schrifft / aber von viel tausent Gottheit findet man nichts inn der Bibel.
Derwegen man das allhie wol mit des frommen Sems vnd
Japhets Mantel bedecken möchte / sönderlich dieweil ohne das ein gemein
Sprichwort ist: Duo cum idem dicunt, non esse idem.
Ein meisterlich Argument ist aber dieses / von fünff terminis:(Dextra Dei non infertvbiquitatem
carnis.) Dextra Dei non est locus, sed vbique. Caro Christi
exaltata est ad dextram Dei. Ergo caro Christi non est in loco aliquo coelesti,
sed vbique. Denn also lauten D. Kirchners eigene wort / pag. 287. Die rechte
handt Gottes / zu welcher die menschliche Natur Christi gesetzt / ist kein ort /
reumliche stedte / sondern die Krafft Gottes selbst / welche / wo sie ist / da
ist sie gantz vnnd nicht zertheilet. Derwegen vnmüglich / das sie (die
Anhaltischen) ratione sessionis ad totam dexteram Dei, sagen können / das die
menschliche Natur Christi nicht solte da gegenwertig sein / da die vnzertheilte
rechte hand Gottes ist. Haec ille.
|| [66]
Der Spruch Iesaiae 42. Gloriam meam ALTERI (Vom Spruch
Jesai. 42. Ich wil meine Ehr keinem audern geben.) non dabo (dauon D.
Kirchner / pag. 291. ein lange Predigt anstellet) trennet freylich die Person
nicht. Denn in Christo ist nicht ALTER & alter, seu alius & alius. Er
vermischt aber auch die Naturn nicht / denn in Christo gleichwol ist aliud &
aliud. Darümb sagt man recht: Filius Mariae est omnipotens, omniscius, vbique.
Item / Filius Dei est crucifixus, mortuus, sepultus: per communicationem
idiomatum, secundùm aliud & aliud: welchs nicht souiel heisset / als
aliunde, seu ex alio & alio. Denn die particula secundùm (wie obgedacht) ist
allhie nicht causalis, sondern distinctiua naturarum, quibus praedicata ista, vt
subiectis, propriè competunt. Das wil D. Kirchner mit den seinen wissentlich
nicht wissen / noch verstehen / obs wol numehr (Gott lob) die Catechumeni
verstehen lernen.
So haben die Anhaltischen für sich die klare Zeugnis der alten Rechtgleubigen
Lehrer. Denn also wird der obgesetzte Spruch Jesaię 42. von Cyrillo erkleret:
Dialogo 6. Gloriam meam alteri non dabo, inquit; Neque enim permittet vllis
rebus alijs, quàm sibi, iuxta substantialem dignitatem verae Deitatis
sublimitatibus magnificari. Quomodo enim natura creata ad huius dignitatis
conditionem perueniret, vt nihil nobilitatis supra se relinquat? Das ist / Ich
will meine Ehre keinem andern geben / denn er wird keiner Creatur vberal / sie
sey wer sie wölle / zulassen / das sie mit den wesentlichen der warhafftigen
Gottheit Herrligkeiten vnd Ehre solte erhöhet werden. Wie solte auch die
erschaffene Natur zu dem Stande der Herrligkeit kommen / das nichts vber sie
were?
Item / Athanasius bezeugt eben dasselbige mit folgenden worten: Cauendum est, ne
inducamus diuersam aliquam substantiam, quam tamen velimus capacem esse
proprie
|| [67]
tatum
primae substantiae. Scriptum est enim: Gloriam meam non dabo alteri. Dz ist /
Man soll sich hüten / dz man nit jrgend eine vnterschiedene Substantz / oder
Natur einführe / von der wir sagen / das sie der Eigenschafften des Göttlichen
Wesens fehig sey. Denn es stehet geschrieben: Ich gebe meine Ehre keinem andern
/ etc.
Was die verkehrung des Spruchs Pauli / de forma Dei & serui, Philip. 2.
anlanget / referirt sich wol D. Kirchner auff(De forma Dei & serui.) Philippum / welchen
er doch sonst nicht hoch helt / aber der locus pag. 296. von jhm allegiret /
beweiset mit nichten / das der menschlichen Natur CHRISTI beyde Gottes vnnd
Knechts gestalt zugehöre / denn sie kan nicht GOTT gleich sein oder werden. So
haben die Anhalter aus Nazianzeno klar bewiesen / das die alten Lehrer das wort
(, exinaniuit seipsum) von dem / quod Verbum ERAT,
non quod factum erat, verstanden haben. Bestehet demnach der Antitrinitarier
Lesterschluss / aus der Vbiquisten Vngrundt collegirt / noch feste / vnd wird
sich mit vier terminis, wie D. Kirchner pag. 299. kindischer weise phantasieret
/ mit nichten eludiren lassen / welchs der verstendige vnpartheyische Leser
selbst erkennen wolle.
Pag. 316. 317. schemet er sich nicht wider sein eigen Gewissen(Von der waren Anbetungdes Fleisches Christi.) /
die Anhaltischen mit gar hefftigen worten zu beschuldigen / als lehreten sie /
das Christi Fleisch gantz vnnd gar nicht anzubeten sey / sondern werde von
dieser Ehr stracks ausgeschlossen. Ja (spricht er) sie versagen dem Fleisch
CHRIsti die Ehre der Anruffung gantz vnd gar / trennen das Gebett / vnd den
Gottesdienst / wendens von der gantzen Person abe / vnd ziehens allein auff die
Gottheit des Sohns / dadurch die Person / oder die Naturen gewißlich getrennet
werden. Bissher D. Kirchner. Welche schreckliche Calumnia vnd verleumbdung auch
/ pag. 380. 381. von jhm wider holet wird.
|| [68]
Aber auff solche öffentliche Calumnien bedarffs (Gott lob) keiner langen antwort.
Die Anhalter lehren mit allen Rechtgleubigen / das weder die blosse Gottheit
(denn sie ist ein verzehrendes fewer) noch die blosse Menscheit in CHRISTO (denn
sie kan vns für sich weder erhören / noch helffen / ja / wie Lutherus inn der
Kirchpostill bezeugt / sie konte jhr selbst am Creutz nicht helffen) Sondern die
Person des Mitlers / welche zugleich GOTT vnd Mensch ist / soll angebetet werden
/ nemlich Christus / Gottes vnd Marien Sohn. Vnd sollen die Naturn im Gebett
keines weges / auch mit den aller subtilesten Gedancken / nicht zertheilet /
viel weniger durch einander vermischt werden / Sondern CHRISTVM / den
almechtigen Gottes vnd Mariae Sohn ruffen wir an / vna latria, mit einerley Ehr
/ erstlich vt datorem omnis boni, als der vns allein / inn allerley noth / an
Leib vnd Seel helffen kan / vnd zum andern / vt Mediatorem & propiciatorem,
als den Mitler / vnd versühner / vmb welches einigen / vnnd sonst vmb keines
andern willen nicht allein alle Verheissung sind Ja / vnd Amen / Sondern der
auch darümb in die Welt gesandt ist / das wir zu seinem Namen allein / vnnd
sonst zu keinem andern zuflucht haben sollen. Actor. 4. Die eingeführte
Gleichnis von der Königlichen Kron / Purpur / vnd Scepter / haben die alten
Lehrer nur vmb Erklerungs willen / vnd nicht / das es gantz vnd gar einerley sey
/ gebraucht. Denn es heisset: Simile non est idem. Item: Nullum simile currit
quatuor pedibus.
Das Gegentheil aber rüffet die Gottheit in Christo an / von wegen jhrer
wesentlichen Allmacht / vnd die Menscheit vmb der empfangenen / oder (wie sie
reden) mitgetheilten Allmacht willen. Dadurch freylich nicht einerley Ehr der
Anruffung bleibet / Sondern es wird vnicus ille cultus latriae seu adorationis
in duplicem verkehret. Denn ob mans wol nicht wort haben wil / so bezeugts doch
die that im Werck /
|| [69]
das hiedurch
die gedancken vff zweierley vnterschiedene allmechtige Naturn zerstrewet werden.
Vnd dieweil die menschliche Natur nicht pari, sed inferiori modo: die Gottheit
aber sublimiori modo, sol allmechtig sein / so wird freilich hiedurch zweierley
ehr der anruffung gedichtet / die eine / so der Gottheit gehöret / ist
sublimior; die andere aber / so der menscheit zudeputiret wird / ist inferior.
Das kan mit der warheit des göttlichen Worts nimmermehr bestehen.
Mit der Anhalter meinung aber stimmen alle Rechtgleubigen / vnd (wie D. Kirchner
pag. 318. nicht leugnen kan) der Christen Litaney selbst. So mag der guthertzige
Leser am ende des 28. Anhaltischen Arguments etliche auserlesene testimonia
Patrum selbst nachschlahen / welche allhie zu widerholen vnnötig / vnd zu
lang.
Gar ein newes aber ists / dz pag. 328. fürgegeben wird / der(Ob der Sohn das Mitlerampt durch die ewige geburt
empfangen hab.) Sohn hab das Mitlerampt durch die ewige Geburt
empfangen. Den̅ also müste es ad notionem characteristicam Verbi
interiorem referiret werden / welchs ein confusio wer operum Dei ad intra &
extra: wie die Kirchen mit Augustino redet. Item / es würde hieraus nothwendig
folgen / das / wie der Sohn / ohne die ewige Geburt aus des ewigen Vaters wesen
/ also auch one das Mitlerampt / nicht die andere Person der Heiligen
Dreyfaltigkeit sein / oder heissen könte. So doch vnleugbar / das alles / was
zum Mitlerampt gehöret (welchs der Sohn freilich vor der Welt anfang / vnd
demnach von ewigkeit / aber nicht aus des ewigen Vaters wesen / sondern aus
desselbigen gegen vns arme verlorne vnd verdampte Menschen gnedigem veterlichen
willen vnd wolgefallen empfangen hat) allein auff den ewigen Rath / Schluß / vnd
Decret der heiligen hochgelobten Dreyfaltigkeit gegründet sey / ohne welchen der
ewige Sohn Gottes seine allmacht zu vnser Erlösung nicht angewendet oder
gebraucht hette / vnd also gleichwol / wenn schon das Mitlerampt verblieben /
nichts desto weniger der warhafftige einge
|| [70]
borne Sohn des Vaters
hiesse vnd were / hoch gepreiset in ewigkeit. Wollen allhie geschweigen / das
durch diß / bißher in der Kirchen Gottes gar vnerhörte paradoxum, der heilige
Geist von dem Decret oder beschluß vnd einheiliger verwilligung / ja
versiegelung des Mitlerampts sequestrirt vnd ausgeschlossen sein müste. Denn die
ewige Geburt des Sohns siehet nur auff den Vater / vnd nicht auff den heiligen
Geist / sonst wer das ewige Wort nicht der eingeborne vom Vater / Johan. 1. Ja /
der Son selbst ist Mitler worden / durch seine ewige fürbitt vnd intercession
für dz arme menschliche Geschlecht / aus welchem er jhme ein ewige Kirchen / zur
ehre seines himlischen Vaters erbawen wolte. Psal. 2. Darümb ists viel ein
anders / von dem jenigen reden / was der Sohn durch die ewige Geburt allein vom
Vater / vnnd nicht zugleich vom heiligen Geist / noch von sich selbst / vnd was
er vermöge des Mitlerampts / als persona missa, à tota Deitate mitie̅te empfangen hat. So redet auch die Schrifft vnterschiedlich von
der ewigen Geburt des Sohns / ohne welche er nicht were / noch mit warheit
genent würde das ewige Wort / das Liecht vom Liecht / der (Heb. 1.) glantz seines Vaters ewigen herrligkeit /
oder das wesentliche Ebenbildt des Vaters. Vnd also würde das Geheimnis der
heiligen Dreyfaltigkeit zu nichts. Aber vom Mitlerampt spricht der HErr / Der
Vater ist grösser / denn ich. Johan. 14. Item / Ich thue vnd rede nichts von mir
selbst / sondern alles / was mir mein Vater zu thun vnd zu reden befohlen hat /
dz thue vnd rede ich. Denn der Vater / der mich gesandt hat / der hat mir ein
Gebot gegeben / was Ich thun vnd reden sol. Johan. 12. Stecken derwegen hinder
diesem newen fürgeben nicht wenig Irrthumb verborgen. Gott gebs dem Gegentheil
bey zeit zu erkennen / vnd zu corrigiren.
(Vom spruch Augustini ad
Dardanum.)
Ferner / Ob wol D. Kirchner pag. 330. den Spruch Augustini ad Dardanum (Es solget
nicht / das zugleich mit Gott allenthalben sey / was in Gott ist) hiemit
eludiren wil /
|| [71]
als wer er seinem
dogmati nicht zu wider. Denn es sey ein grosser vnterscheid / pariter vbique
esse vt Deus (welchs er von der menscheit Christi nicht verneinet) vnd ita
vbique esse, vt Deus, welchs er gern (wie seine wort lauten / pag. 330.) gestehe
/ das Christus nach seiner menscheit nicht also gegenwertig sey / als nach
seiner Gottheit: Item / Es seyen nicht aequipollentes proposi tiones, auff
vbernatürliche Göttliche weis im Himmel vnd Erden gegenwertig sein / vnd wie
Gott selbst vberal sein / pag. 331. Oder / nach art der Rechten Gottes vberal
sein. pag. 332. So wird doch der verstendige Leser auch vnerinnert (wenn er nur
das 21. Anhaltische Argument ein wenig ponderiren wil) die contradictionem
mercken. Sönderlich dieweil er hiebeuor / sich erkleret / es sey nicht pari
ratione seu modo zuuerstehen / allhie aber das pariter gleich zulesset / vnd
nichts mehr dawider excipiret / denn allein / das in Epist. ad Dardanum, nicht
(pariter vbique vt Deus) sondern (ita vbique vt Deus) stehe. Was ist denn
zwischen diesen phrasibus, pariter vt Deus, vnd pari ratione seu modo vt Deus,
vnd ita vt Deus, vbique esse, für ein subtiler vnterscheid? Denn D. Kirchner
schreibt ausdrücklich / pag. 330. es sey ein grosser vnterscheid darunter.
Nach dem er sich aber auff den klaren Spruch Augustini, Tom. 7. de peccatorum
meritis & remissione, cap. 31. pag. 684. berüffet / so kans den Anhaltern
nicht zu wider sein / der Christlichen Kirchen daraus das vrtheil zu vntergeben
/ ob sie / oder jhr Gegentheil recht haben. Die wort Augustini (wie sie D.
Kirchner / pag. 330. 331. selbst angezogen) lauten also: Quamuis in terra factus
sit filius hominis; diuinitatem tamen suam, qua in coelo manens, descendit in
terram, non indignam censuit nomine filij hominis; sicut carnem suam dignatus
est nomine filij Dei, ne quasi duo Christi ista accipiantur, vnus Deus, alter
homo; sed vnus atque idem Deus & homo. Deus, quia in principio erat Verbum;
Homo, quia Verbum caro factum est, & habitauit in nobis.
|| [72]
Ac per hoc, per distantiam diuinitatis & infirmitatis, filius Dei manebat in
coelo, filius hominis ambulabat in terra: per vnitatem verò personae, qua
vtraque substantia vnus Christus est, & filius Dei ambulabat in terra, &
idem ipse filius hominis manebat in coelo. Haec ille. Daraus ja jederman
erkennen kan / das die abstractiuae locutiones (quòd caro Christi sit
omnipotens, omniscia, vbique) nirgend weder in der Schrifft / noch orthodoxa
antiquitate fundiret sind. Viel weniger kan aus einigem zeugnis Augustini
bewiesen werden / das / dieweil die ewige Person des Worts sey exemta ab omni
localitate (welches niemand leugnet) darümb auch (wie pag. 335. felschlich
geschlossen wird) seine angenommene menscheit illocalis, oder allenthalben sey.
Denn die Person vnd angenommene Natur des ewigen Worts sein disparata: vnd
heisset die Regel: A disparatis nihil sequitur.
(Ob realis vnd physica communicatio idiomatum einerley sey.)
Pag. 350. disputirt D. Kirchner / das communicatio idiomatum realis nicht sey
physica. Aber dieweil er sonst auff die Regel dringet: Qualis vnio, talis
communicatio. Darauff die Anhaltischen in jhrem. 25. Argument die minorem
subsumiret: Quòd vnio hypostatica respectu concurrentium naturarum sit physica:
welchs er allbereit selbst gebilligt. pag. 346. 347. 349. So verstehet der
Christliche Leser / das die conclusio vnwidersprechlich folge / nemlich / das
auch communicatio idiomatum realis, physica genant müsse werden. Vnd seyen
demnach entweder zugleich realis vnd physica communicatio idiomatum, beyde war /
nemlich / wenn sie den nudis titulis, welche D. Kirchner / pag. 357. den
Anhaltern mit vngrunde fürwirfft / opponiret werden (Quod enim in rebus est
seu physis, id ipsum est in oratione seu veritas) oder müssen beyde falsch sein / wenn sie
nemlich von einer vbiquistischen Maiestet sollen verstanden werden. Diß Argument
ist so fest / das D. Kirchner / nach dem er sonst keinen ausflucht findet / die
Regel in maiore (Qualis est vnio, talis est communicatio)
|| [73]
darüber / aber mit vergeblicher
arbeit / sich vnterstehet zu restringiren / vnd sagt / sie gehe nicht weiter /
denn das sie der verbali praedicationi, von blossen titeln vnd abwechselung der
Namen / entgegen gesetzt werde. Da doch die Anhalter in der verantwortung auff
die drey ausgesprengte Sendebrieff gnugsam dargethan vnd erwiesen / das es nicht
von blossen titeln oder Namen geredet sey / wenn man mit Nazianzeno sagt: Sicut
in Christo naturae vniuntur: ita earundem attributa permutantur. Oder (wie es D.
Luther gegeben hat / welchs doch von D. Kirchnern / pag. 351. verworffen wird /
denn diese Leut schonen auch(NOTA.) D. Luthers nicht / wo er jhnen nicht zu gefallen
redet) Gleich wie die zwo Naturen sich in einer Person Christi vereinigen / also
vereinigen sich auch die Namen beyder Naturn / in dem Namen der einigen Person /
welchs zu latein heisset Communicatio idiomatum, vel proprietatum. Haec
Lutherus. Vnd die Regel Theodoreti: Vnio facit communia nomena: redet auch nicht
de nudis titulis. Denn wie es war ist / das der Son Mariae nicht blosser Mensch
/ sondern zugleich warhafftiger ewiger Gott ist / also führet er den titel mit
der that / vnd ist kein blosser Name / wenn man sagt / der Sohn Mariae ist
allmechtig / allwissend / allenthalben. Wie sichs aber mit warheit nicht sagen
lesset / das die Menscheit in Christo Gott sey (denn solchs numehr D. Kirchner
selbst verwirfft / pag. 352. obs wol aus seiner Consorten gedruckten Schrifften
hiebeuor bewiesen) also sinds nichts denn lere titel / vnd blosse Namen /(Das Gege̅teil gibt dem fleisch Christi
blosse titul vnd namen.) wenn das Gegenteil für vnd für streitet / die
menschliche Natur in Christo sey allmechtig / allwissend / allenthalben. Oder /
das Christus nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch / alles schaffe
pag. 352. welchs abermal wider Lutherum ist / der da mit deutlichen worten das
contrarium bezeugt / das nemlich Christus / als Gott / alles schaffe: als Mensch
/ schaffe er nichts. Denn es heisset: qualis est naturarum vnio, talis est
communicatio idiomatum. Die vnio naturarum erfodert eitel
|| [74]
propositiones in concreto.
Derwegen sollen auch die propositiones communicationis idiomatum anders nicht /
denn in concreto geführet werden.
Was aber die viuificationem, adorationem, vnd dergleichen trostreiche Sprüch / so
de natura assumra, auch in abstracto (Gratia capitis.) gebraucht werden / betreffen
thut / die gehören ad gratiam capitis, welche begreiffet die appellationes
officij & cultuum, vnd sol mit der communicatione idiomatum nicht miseiret
werden / Sondern gehöret inn die Regel de actionibus theandricis. Vnd also
refutiret D. Kirchner niemand / denn sich selbst / vnd schreibt der menschlichen
Natur Christi zu / das jhr nicht gebüret / welchs / nach dem Spruch Cassiani /
eben so ein grosse vnehr des HErrn Christi ist / als Gott seine ehr absprechen /
die jhm allein / vnd keiner Creaturen / gebüret vnd zugehöret.
(Das Gegenteil selbst / vnd nicht die Anhalter / dichten in
Christo einen Mittelgewalt.)
Das er aber pag. 353. 432. 454. auff die Anhaltischen sticht / als schrieben sie
Christo nur einen erschaffenen / oder mittelgewalt zu / daran redet er seinen
gewalt. Denn die Anhaltischen lehren vnd gleuben / das die ewige Natur in
Christo einerley natürliche / wesentliche / vnerschaffene / vnd vnendliche
allmacht hab mit dem Vater vnd heiligem Geist. Die menscheit aber in Christo
vbertreffe mit jhrer gewalt / sterck / vnd krafft vnaussprechlicher weis alles /
was vnter Gott ist. Denn allein den vnterscheid zwischen dem Schöpffer vnd
Geschöpffe / welcher in Christo selbst nimmermehr kan auffgehoben werden /
ausgenommen. 1. Corinth. 15. so ist sonst nichts / weder im Himmel / noch auff
Erden / der menschlichen Natur an gewalt / (Intermedia & subalterna su̅t in eode̅ praedicamento.) sterck / krafft / oder
weißheit gleich / viel weniger vberlegen. Jedoch kan solchs mit warheit kein
mittelgewalt genenet werden / denn sie sonst mit der ewigen / vnendlichen /
wesentlichen allmacht Gottes müste einerley art / oder (wie man in Schulen
redet) eiusdem generis sein / von welcher sie doch toto genere
|| [75]
vnterscheiden ist / vnd zwischen
dem Schöpffer vnd Geschöpffe kein drittes / oder intermedium sein kan / wie bey
dem 32. Anhaltischen Argument / pag. 401. 402. ferner ausgefüret worden ist.
Die Amptsverwaltung aber betreffende / wird dauon weder die wesentliche allmacht
des ewigen Worts / noch des fleisches Christi vnermesliche gewalt / sterck / vnd
krafft ausgeschlossen / sondern ligt darümb das Ampt auff beyden Naturn / das
ein jede jhr bestes / ohne trennung vnd ohne vermischung / in gesampten vnnd
warhafftig Vereinigten / jedoch vnterschiedenen wirckungen / dabey thut.
In massen solches auch die Wunderwercke bezeugen(Miraculae Christi.) vnd ausweisen. Denn ob wol
die menschliche Natur hat vim cooperandi in efficiendis miraculis (wie D.
Kirchner redet / pag. 369.) so hat sie doch nicht vim prorsus vnum idemque
operandi. Sondern es bleibt das axioma vnwidersprechlich war: Tetigit, vt homo:
sanauit, vt Deus. Nach der Regel de actionibus Theandricis: Verbo, quod Verbi
est, operante: & carne, quae carnis sunt, exequente. Welche Regel auff dem
Concilio Chalcedonensi, ex Epistola Leonis ad Flauia num, ist genennet worden
columna orthodoxae fidei: wie Nicephorus bezeugt. Wer nu dieses nicht zulesset /
der ist eben hiemit (ab orthodoxa fide) von dem Vhralten / rechten / allgemeinen
/ Catholischen / Christlichen glauben abgefallen / das fehlet nimmermehr.
Vnd wolle der Christliche Leser behertzigen / ob nicht D. Kirchner selbst
(potentiam mediam) einem mittelgewalt dem(Potentiae intermedia.) HErrn Christo andichte
/ dieweil aus seinen worten / pag. 427. souiel abzunemen / das er in dem wohn
stehe / als sey personalis omnipotentia, oder personaliter omnipotentem esse,
quiddam intermedium inter essentialem & accidentalem, seu subiectiuè
inhaerentem omnipotentiam.
|| [76]
Denn (spricht er) die menschliche Natur Christi / weder essentialiter noch
subiectiuè allmechtig ist / sondern personaliter. Vn̅ personaliter
allmechtig sein / oder allmechtige krafft haben / respectu videlicet vnionis
personalis, erkleret er daselbst deutlich / das es (seinem fürgeben nach)
quiddam intermedium sey. Noch wil ers nicht wort haben / das er Christo nach
seiner menscheit / selbst ein mediam potentiam, oder omnipotentiam intermediam
zuschreibe / vnd also zweierley allmechtigkeit dichte.
Nach dem er aber auch für vnd für mit dem alten Schulwort (Von dem Wort identicè.) (identicè) spielet / vnd wil hiedurch sich weis brennen /
das er die proposition (Caro Christi est omnipotens, omniscia, vbique) nicht
identicè, viel weniger subiectiuè, sondern personaliter verstehe / So weis man /
das in den Schulen ein ding entweder numero, oder specie, oder genere idem
genant wird. Dieweil denn die allmechtigkeit / allwissenheit / vnd
allenthalbgegenwertigkeit von der angenommenen menschlichen Natur nicht identicè
sol versianden werden / so mus ja vnwidersprechlich folgen / das die
omnipotentia carnis entweder numero, oder specie, oder genere vnterschieden sey
ab omnipotentia Verbi. Sie ist aber / nach D. Kirchners Lehr / nicht
vnterschieden genere, oder specie, vnd also bestehet die exae quatio naturarum,
respectu omnipotentiae, realiter carni communicatae, quae eiusdem speciei seu
generis esse fingitur cum omnipotentia Verbi essentiali. Jedoch sols nicht gar
identicè verstanden werden. Differunt ergo numero. Vnd also kan er nicht fürüber
/ sondern ist augenscheinlich mit seinen eignen worten vberwiesen / das er zwo
allmechtigkeit in Christo dichte / sönderlich dieweil er selbst (wie gemelt)
bekennet / personaliter allmechtig sein / oder allmechtige krafft haben / sey
quiddam intermedium.
(Von den zweten hertzbergischen Argumenten der
Anhalter.)
Es kompt auch D. Kirchner auff die beyde Argument / welche die Anhalter jhren
Colloquenten zu Hertzbergk Anno 78 fürgehalten / auff welchen eigentlich die
gantze sach beruhet. Wiewol er sich aber vom 354. blat / biß vffs 358. gar
hefftig /
|| [77]
dieselbige zu soluiren
/ bemühet / so wölle doch der Christliche Leser nur den fleis / aus lieb der
Warheit / anwenden / seine antwort mit dem 25. Anhaltischen Argument / darinn
dieselbigen beyde Syllogismi Hertzbergae propositi, mit tractiret werden / zu
conferiren. Denn kein zweiffel daran / es werde die Sach selbst beweisen / das
die Anhaltischen Gründe noch vnbeweglich vnd fest stehen. Wie sie denn auch in
Ewigkeit wider alle pforten der Hellen wol vnvmbgestossen bleiben vnd bestehen
werden. Man lasse alle Verstendigen vnd Rechtgleubigen aus Gottes Wort / welchs
allein die Richtschnur sein mus / sine praeiudicio dauon vrtheilen.
Damits aber gleichwol dem Gegentheil an wort vnd Scheinbeweis nicht mangele / so
stellet D. Kirchner pag. 431.(Das Gegentheil verkehret
zugleich der heiligen schrift vnd Veter zeugnis.) ein lang Register an
/ darinn durch etliche Bletter nach einander / wie auch sonsten in seinem
gantzen Buch / die aller trostreichesten Sprüche / beydes der heiligen Schrifft
/ vnd rechtgleubigen Väter / so entweder von der ewigen Gottheit vnd Herrligkeit
des Worts zeugen / oder das hohe Mitlerampt Christi / dazu der beyden
vnterschiedenen Naturn vnterschiedene Eigenschafft vnd Wirckunge gehören /
beschreiben / sich alle von jhm jemmerlich verderben / vnd nur auff die
angenommene menschliche Natur in Christo detorquiren vnd ziehen lassen müssen /
also das auch der edle Spruch / Johan 1. Wir sahen seine Herrligkeit (vngeacht /
das dabey stehet / als die Herrligkeit des eingebornen vom Vater) auff das
Gedicht von der mitgetheilten allmechtigkeit / allwissenheit / vnnd
allenthalbgegenwertigkeit / welche die menschliche Natur Christi in der zeit der
empfengnis sol bekommen haben / gezogen vnd misdeutet wird. Noch sol die Regel
Theodoreti wider solche Glossatores nicht gelten: Verbum Dei stolidè intellectum
non est verbum Dei. Darüber wolle Gott selbst / vnd die gantze Christliche
Kirche Richter sein.
Item / Vom 436. blat / biß auffs 446. fehet er / seiner gewon
|| [78]
heit nach (wiewol er kein
weschhafftiger Geist / wie er pag. 442. andere daselbst schilt / sein wil) ein
sehr lange Predigt an / ob etwa (Von des H. Luthert
Streitschrifften.) D. Luther (seliger) in seinen Streitschrifften /
teruore contencionis, zu weit gangen / oder nicht. Nun ist gewiß vnd offenbar /
das D. Lutherus von allen getrewen Anhaltern (keinen außgeschlossen) für ein
außerwehlt Werckzeug Gottes erkent / gehalten / vnd geehret wird. Aber seines
thewren ehrwirdigen Namens misbrauchen sie keines wegs / wie das Gegentheil /
zum Deckel falscher Lehr / Sintemal hiedurch der woluerdiente Mann viel mehr
geunehret / denn geehret würde. Dauon der Christliche Leser bey dem 31.
Anhaltischen Argument / pag. 378. mehr bericht zu finden. Vnd pag. 9. desselben
Buchs / wird mit D. Lutheri eigenen worten angezeigt / das er jederman warnet /
man sol aus seinem Namen kein Erbsect machen. Denn / wie die wort inn der
Kirchpostill bey dem Euangelio am dritten Sontag des Aduents lauten / so hat
auch deshalben Johannes der Teuffer selbst seine Jünger von sich zu Christo
gewiesen / auff das sie nicht nach seinem Todt ein Erbsect auffrichteten / vnd
(wie heut zu tag das Gegentheil nur Lutherisch gerhümet sein vnd heissen wil)
Johanniter würden / gleich den Papisten / die sich für Benedicter / Cartheuser /
Barfüsser / Augustiner / Carmeliten / etc. ausgeben vnnd rhümen / welchs doch im
grunde nichts anders / denn ein verfluchte Abgötterey / vnnd von dem Apostel des
HERRN. 1. Corinth. 1. 3. zum höchsten verboten ist / Sondern auff das alle (wie
Lutheri wort lauten) an CHRISTO hiengen / vnnd warhafftige Christen hiessen vnd
würden.
So viel aber die Sach an jhr selbst betrifft / ist am tage / vnd kan mit Warheit
von niemand geleugnet werden / das Lutherus für jrrig gehalten / wenn man den
Naturn zuschreibe / das der Person zugehöret / vnnd herwider. Hiebey lass mans
bleiben / vnd sey für bekant angenommen / das wer auch der jenige sey / so
dawider handelt / der jrre gewisslich in die
|| [79]
sem Artickel. An
personalibus ist den Anhaltern nichts gelegen / können dieselbige vmb friedens
willen wol fahren / vnd zu eines jeden verantwortung inn seinem Gewissen gestalt
sein lassen / Die Lehr aber kan man niemand zu gefallen endern. So ist ja
offenbar / das Lutherus auch nach auffgerichter Concordia / Anno 37. bekant / er
hab viel ex feruore geschrieben / vnd nimpts auff sein Seel / es sey weder jhm /
noch andern mit solchem gezencke gedienet gewesen. Derwegen er auch von der
Vbiquitet (daraus doch das Gegentheil pag. 441. einen vnbeweglichen nagelnewen
Artickel jres glaubens dichtet) ferner zu disputiren verbotten / inn massen er
auch mitten im Streit mehrertheils ex hypothesi darauff kommen / vnd hernach als
zufellig ding / so nicht zur Sach gehöre / wider abgeschnitten. Das alles ist
offenbar / vnd kan mit keinem bestendigen Grund der Warheit geleugnet werden /
D. Kirchner predige gleich dawider / so lang / vnd was er wolle.
Vnd dieweil er / pag. 527. 528. selbst bekennen mus / das Vigilius (welchen er
doch / pag. 546. diesem abermal zu wider / gern zu einem Vbiquisten machen
wolte) item Fulgentius / vnd andere (Ja / die gantze rechtgleubige Kirche) den
Spruch Christi / Matth. 28. (Ich bin bey euch allezeit) nur von der Göttlichen /
vnd nicht von der angenommenen menschlichen Natur auslegen / So sehe er wol zu /
wie er seinen newen Glaubens Artickel von der Allenthalbgegenwertigkeit der
menschlichen Natur erhalten wolle. Hat jemand feruore contentionis, wie hoch
begabt er auch sey / wider den einhelligen Consens der allgemeinen
rechtgleubigen Kirchen / seine besondere stipulas oder opiniones gehabt vnd von
sich geschrieben / So antworten wir darauff (wie D. Kirchner die Sprüch allhie
zum theil selbst angezogen) mit Augustino contra Faustum Manichaeum lib. 11. Hoc
genus literarum, non cum credendi necessitate, sed cum iudicandi libertate
legendum est.
|| [80]
Item / ad Fortunatum: Epist. 198. Neque enim quorumlibet disputationes, quamuis
catholicorum & laudatorum hominum, velut Scripturas canonicas habere
debemus: Vt nobis non liceat salua honorificentia, quae illis debetur hominibus,
aliquid in eorum scriptis improbare atque respuere: Si fortè inuenerimus, quod
aliter senserint, quàm veritas habet, diuino adiutorio vel ab alijs intellecta,
vel à nobis. Haec ille. Wie denn auch Hieronymus recht saget: Quicquid de
Scripturis autoritatem non habet, eádem facilitate contemnitur, qua approbatur.
Das ist / Wenn etwas ohne / zu geschweigen wider die Schrifft / in Glaubens
sachen vorgebracht wird / der Lehrer sey so hohes Ansehens / als er wölle / oder
könne / so ist viel sicherer / dasselbig zu verwerffen / denn anzunemen.
Sintemal die Warheit nicht aus der Person / sondern die Person aus der Warheit
zu richten ist / wie Tertullianus sagt: Veritas non ex personis, sed personae ex
veritate iudicandae sunt.
Pag. 446. Kömpt er widerümb auff die Alwissenheit der menschlichen (Von der allwissenheit der menschlichen
Natur.) Natur Christi / vnd vngeacht / das Lutherus simpliciter alle Gloss
verwirfft / vnd gar nit gestehen wil / das der Spruch Marc. 13. also glossiret
sol werden / dz nicht wissen so viel heisse / als nicht wissen wollen / oder als
wol wissen / vnd doch nicht sagen wollen: Sintemal (wie Lutherus ausdrücklich
mit den Anhaltern bezeugt) allein die Gottheit in Christo alle ding (verstehe /
zugleich auff ein mal / ipso actu, wie Bonauentura redet) sihet vnd weis: Dieses
aber alles vngeacht / sol der newe Glaubens Artickel noch bestehen / das die
menschliche Natur solche Maiestet / nemlich die Wissenschafft aller ding / wol
jederzeit / von der Empfengnis an / gehabt / aber zur zeit der Ernidrigung nicht
allwege hab brauchen wollen / pag. 447. vnd hieher referiret D. Kirchner die
Sprüch / das die Schrifft von Christo auch in der Nidrigung bezeuge / Er hab
seiner Widersacher Gedancken gesehen. Matth. 9. Alles gewisset. Johan. 2. 21.
etc. So doch offenbar vnd bekant / das dieselbige Sprüch von der Per
|| [81]
son / vnd nicht von der
angenommenen Natur reden. Ja (wie obgemelt) erklerts die Schrifft selbst von der
Gottheit / Marci am 2. Jesus erkennet bald / in seinem Geist / das sie also
gedachten bey sich selbst. Item / Johan. 1. als Nathanael vernimpt / das jhn der
HERR erkandt / vnd gesehen / ehe er zu jhm kommen war / so schleusset er nicht
hieraus (wie die Vbiquisten) das die menschliche Natur CHRISTI bey jhm vnter dem
Feigenbaum gegenwertig gewesen / vnnd mit jhren menschlichen Augen jhn gesehen
hab / Sondern er argumentiret ab omniscientia, tanquam à proprietate soli Deo
competente, ad diuinam naturam, vnd erkennet also den Messiam von GOTT gesandt /
vnd spricht: Rabbi / du bist Gottes Sohn / du bist der König von Israel. Welches
eben das Bekentnis Petri ist / Matth 16. Du bist Christus / des lebendigen
Gottes Sohn. Item / Marthę / Johan. 11. Du bist Christus / der Sohn Gottes / der
in die Welt kommen ist.
Dieweil denn auch D. Kirchner von den Agnöeten abermal(Von den Agnöeten.) souiel Bletter erfüllet / welche man nochmals dem
verstendigen Leser mit dem 32. Anhaltischen Argument zu conferiren vnd
dijudiciren befohlen sein lesset / So hett jm gleichwol nicht vbel angestanden /
dz zeugnis Nazianzeni zu consideriren / dabey die Anhaltischen endlich zu
beruhen sich erkleret. Aber die Sach redets an jhr selbst / das dem Gegentheil
mit Nazianzeni decision / aduersus Arianos serm. 2. de Filio, nicht wil gedienet
sein. Denn sie sonst mit stillschweigen nicht so würden vberhin streichen. Die
wort aber lauten also: Eccui igitur dubium esse potest, quin horam quidem, vt
DEVS, cognitam habeat: ignoret autem, vt homo? Nam apparens natura discernenda
est ab inuisibili. Quapropter ignorantiam humanitati, non diuinitati
adscribendam esse, piè, & religiosè sentimus. Das ist: Wer will denn
zweiffeln / das jhme die Stundt / so fern er Gott ist / bekant / so fern er aber
Mensch ist / vnbekant
|| [82]
sey? Denn
man mus die sichtbare Natur von der vnsichtbaren vnterscheiden. Derwegen wir
Gottselig vnd wol dafür halten / das die vnwissenheit nicht zwar der Göttlichen
/ sondern der menschlichen Natur in Christo sol zugeschrieben werden. Dabey
wirds wol bleiben.
Hiemit stimpt auch der Spruch Athanasij / serm. 4. contra Arianos, pag. 249.
(welchen D. Kirchner bey dem 35. Anhaltischen Argument auch / vielleicht mit
gutem bedacht / im lesen vbersehen hat) Cuiuis manifestum est, ignorationem ad
carnem pertinere: ipsum autem Verbum, quatenus Verbum est, omnia, antequam
fiant, scientia praecognoscere.
Item / Bonauentura schleusset vnwidersprechlich: Quemadmodum impossibile est, vt
an ma Christi, quamuis vnita sit Verbo, sit, vbicunque est Verbum; alioquin
esset immensa, & existentia ipsius exae quaretur existentiae Verbil Ita
quoque impossibile est, vt intellectus animae Christi, simul omnia cognoscat
actu, quae Verbum, quamuis ei personaliter vniatur, &c.
Sind nun die jenigen für Agnöcten zu halten / welche lehren / das die menschliche
Natur in CHRISTO nicht sey allwissend / so wird man Nazianzenum / Athanasium /
vnd Bonauenturam / ja Lutherum selbst mit nichten dauon aussschliessen
können.
Mag demnach der Christliche Leser selbst aus Gottes Wort vrtheilen / ob sichs
entschuldigen lasse / das D. Kirchner nicht allein die Göttliche Natur inn
CHRISTO / sondern auch die menschliche zur Hertzkündigerin macht / pag. 512. vnd
doch pag. 513. nicht will nachgeben / das hiedurch zwo Hertzkündigerin in
Christo gedichtet werden. Denn (gibt er für) der Sohn Gottes habe seiner
angenommenen Menscheit nicht ein besondere allwissenheit gegeben / die sie
abgesondert von der Göttlichen Allwissenheit / an vnd für sich selbst hette /
etc. Gleich als wer der Streit von einer abgesonderten /
|| [83]
vnd nicht viel mehr von der
vercinigten menschlichen Natur in Christo. Denn abgesondert ist sie nie gewesen
/ könt auch nicht bestehen. Sind derwegen solche exceptiones nichts / denn
vergebliche ausflücht vnd behelffe.
In Summa: D. Kirchner machts viel gröber / als noch kaum einer aus jhrer gantzen
Clerisey hat manchen können. Führet auch in seinem gantzen Buch keinen richtigen
Beweis / sondern behilfft vnd flickt sich durch vnd durch mit den dreyen
fallacijs, aequiuocationis, petitionis principij, & plurium interrogationum
seu propositionum. Daraus nichts anders folget / denn (wie man sagt) sine fine
dicentes. Vnd müssen ja krefftige jrrthumb sein / dieweils in den dreyen
löblichen Vniuer siteten die Herrn Theologen (wie sie sich selbst Intitulieren /
denn(Wo haben sich die Propheten / Apostel /
Mertyrer für Herrn ausgegeben? Wie sticht sie der Hoffart.) sie fast
vber jederman in glaubens Sachen dominiren vnd herschen wöllen) alles sollen für
recht erkant vnd gebilligt haben. Sie werden fürwar viel dings durch Prillen
gelesen / oder sonst einander wissentlich louiret haben / den̅ es
ja durchaus zu nichts tüchtig ist. Vnd wer jnen gewisslich viel besser
angestanden / sie hetten dafür jre Erfurdische Apologien folgend complirt / vnd
in dem Artickel von der Erbsünde die Substantialisten (wo fern sie es nicht
heimlich mit jnen halten) widerlegt. Denn sonst (wenns gleich noch so dicke wer)
bleibts doch ein opus imperfectum: Dieweil mehr darinnen proponirt / denn
ausgeführet ist worden. Das wollen die Herrn Theologen wol behertzigen.
So ist auch bissher gnugsam erwiesen / das die tres modi(Die tres modi essendi reimen
sich nicht zu dem Leib Christi. NOTA.)
essendi, oder alicubi essendi, die dreyerley weise / oder wesen etwa zu sein
(denn ob sie es wol nicht gern hören / das mans wesen nennet / so stehen doch
die klare Wort vor augen / das nemlich Christus dadurch / das Gott vnd Mensch
eine Person ist / ein vbernatürlich WESEN / oder weise bekommen hab / zu sein an
allen orten / pag. 575.) mit nichten bestehen können / man wölle denn dem Leib
Christi / welcher ja niergend anders / den̅ wie er in persona
Verbi seine subsistentz hat / vnd dem
|| [84]
nach mit nichten ausserhalb der persönlichen Vereinigung /
für sich selbst / betrachtet kan werden (Sintemal ausserhalb der persönlichen
Vereinigung die angenommene menschliche Natur Christi weder ist / noch jemals
gewesen / oder sein wird) dreyerley wesen / oder gestalt / ein leibliche /
geistliche / vnd göttliche andichten / wider die gantze heilige Schrifft vnd
wider den allgemeinen Christlichen glauben. Vnd lesset sich mit dem gar nicht
entschuldigen / das Bonauentura (welchs in rechtem verstandt niemand tadeln kan)
schreibet: Quemadmodum Dei Filius secundùm diuinitatem habet triplicem modum
essendi: in omnibus per essentiam, in iustis per gratiam, in Christo per
vnionem: Sic corpus Christi localiter est in coelo, personaliter in Verbo,
sacramentaliter in altari. Denn daraus keines wegs folget / das darümb der Leib
Christi (welcher nicht ist quiddam infinitum, wie die Gottheit) zugleich hab
modum essendi, oder alicubi essendi circumscriptiuum, definitiuum, &
repletiuum.
(Erzelung etlicher newen abschewlicher reden der
Concordiformul.)
Damit aber auch der Christliche leser verstehe / was für ein abschewliche newe
art zu reden vnd lehren in der Concordiformul heimlich verstackt sey /
dergleichen weder in der heiligen Bibel / vnd drey Heuptsymboln / noch in der
Augspurgischen Confession / derselben Apologien / Schmalkaldischen Artickeln
vnnd Catechismis Lutheri zu finden / dabey doch die löblichen Heupter / so wol
in phrasibus, als in rebus zuuerharren gesinnet / so will man allhie nur die
gröbsten / vmb geliebter kürtze willen / dem Christlichen Leser nochmals für
augen stellen / wie folget.
Im Concordibuch / pag. 245. b. stehet also / das des Menschen Sohn zur Rechten
der allmechtigen Maiestet vnd Krafft Gottes / realiter, das ist / mit der that
vnd warheit / nach der menschlichen Natur / erhöhet / weil er in Gott
auffgenommen / als er von dem heiligen Geist in Mutter Leib empfangen / vnd sein
menschliche Natur mit dem Sohn des allerhöchsten per
|| [85]
sönlich vereinigt / etc.
Vnd solchs wird nach der lenge widerholet / pag. 307. b. & sequentibus.
Aber mit diesen prechtigen worten / welche in der oberzelten Bücher keinem zu
finden / wird der Artickel von der menschwerdung Christi / mit seiner erhöhung
zur rechten hand Gottes / so allererst nach der Himmelfahrt (wie die
Euangelisten einhelliglich bezeugen) erfolget ist / durchaus vermischet / vnd
also die ordnung der Christlichen Glaubens Artickel turbirt vnd zerstöret / vnd
die gantze nidrigung Christi nur in ein Marcionitische phantasey oder schein
verkeret.
Pagina ead. 245. b. stehet / das Christus jetzt / nach dem er in seine
herrligkeit eingangen / nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch / alles
wisse / alles vermöge / vnd allen Creaturen gegenwertig sey. Hiemit ist die
generalis vbiquitas humanae naturae in Christo asserirt / welchs doch jr viel
aus den subscribenten bißher nicht haben gleuben wollen.
Pag. 295. a. wird von dem heiligen Abendmal aus dem grossen Catechismo Lutheri
recht gesagt: Solchs mercke vnd behalt nur wol / denn auff den worten (der
einsetzung) stehet all vnser grund / schutz vnd wehr / wider alle jrrthumb vnd
verführung / so je kommen sind / vnd noch kommen mügen / etc. Hiemit haltens
auch die Anhalter / denn was wider Gottes Wort streitet / das ist alles
schwermerisch vnd verwerfflich.
Aber diesem zu wider / werden pag. 241 b. 242. a. Item / 301. b. 302. a.
viererley gründe angezogen / darunter das göttliche Wort allererst die dritte
stell bekömpt / gleich als stünden die wort der heiligen stifftung nicht mehr
fest gnug / welche doch ewiglich wider der hellen pforten wol bestehen werden.
Derwegen dieses der göttlichen warheit vngemeß / vnd demnach in sich selbst ein
öffentliche antilogia ist / darein die Anhalter mit gutem gewissen nicht
willigen können / sondern bleiben bey der festen burgk des heiligen göttlichen
Worts / auff das sie mit der Christlichen Kirchen in warheit singen / vnd allen
Wider
|| [86]
sprechern
diesen rhum entgegen setzen können: Das wort sie sollen lassen stahn / vnd kein
danck dazu haben / etc.
Pag. 296. a. wird gesetzt / das diese rede / Verbum caro factum est, das Wort ist
fleisch worden / durch gleichstimmende reden / das Wort wonet in vns / vnd
dergleichen / widerholet vnd erkleret werde. Diß ist ein öffentliche confusio
graduum praesentiae Dei: Vnd folget daraus vnwidersprechlich / zugleich der
Arianismus, vnd Nestorianismus. Ob nu gleich D. Kirchner fürgibt / es haben die
Patres bißweilen den Spruch Johannis 1. Et habitauit in nobis, von der
persönlichen vereinigung der beyden Naturn in Christo ausgelegt / so folget doch
hieraus kein aequipollentia phrasium. Denn bey den Patribus die gewonheit
gewesen / das sie offtmals einerley Sprüch auff mancherley weis gebraucht / aber
vnter des mus man (sönderlich wen̅ man confessiones oder bekentnis
stellet) eines jeden spruchs eigentliche meinung erhalten / vnd erfodern die
gleichstimmende reden grammaticam proprietatem, wie in der Dialectica de
phrasibus aequipollentibus angezeigt wird. Ist derwegen D. Kirchners ausflucht
nicht allein vergeblich / sondern vberzeugt auch die Herrn Theologen / das sie
in der Concordiformul an (Crimen
falsi.) der Deutschen Version des spruchs: Et habitauit in
nobis: ein crimen falsi begangen.
Denn in der Bibel hat es Lutherus nicht gegeben / wie es in der Concordiformul
betrüglicher weis angezogen (Das Wort wohnet in vns) sondern also wirds der
Christliche Leser in der Bibel finden (Das wort ward fleisch / vn̅
wonet vnter vns / etc.) Wenn sie diese dolmetschung nicht zu jhrem vortheil
verkeret hetten / so würde der einfeltige Leser den betrug von sich selbst
gemercket haben / dz es nemlich kein gleichstimmende reden sein könzen / Wie
denn der Griechische text noch klerer ausweiset. Hilff Gott / was solt man für
ein zettergeschrey hören / wenn man ein solch öffentlich vnd notorium crimen
falsi auff die armen wolgevlagten Anhalter beweisen könte.
Pag. 302. a. werden dem Leib Christi dreyerley weis etwa zu
|| [87]
sein / nemlich circu̅scriptiuus, definitiuus, vn̅ repletiuus,
zugeeignet. Welchs durchaus weder mit der warheit des göttlichen Worts
vbereinstim̅et (wie nun offt vermeldet ist worden) noch mit
sich selbst concilijret werden kan / sondern den angezogenen Schrifften in
obgedachter norma, so wol in rebus, als in phrasibus; vnd so wol in phrasibus,
als in rebus, gantz vnd gar vngemes vnd zu wider ist / wie nicht allein etlich
mal bißher klageweis gedacht / sondern auch in der Anhaltischen Apologia bey dem
achten Argument mit vnwidersprechlichen gründen dargethan vnd erwiesen ist.
Pag. 307. a. wird die krafft wunderwerck zu üben / vnd das vnser Heyland von
einer Jungfrawen / vnverletzt jhrer Jungfrawschafft / geborn / der menschlichen
Natur zugeschrieben / da doch das letzter dem hohen artickel von der schöpffung
/ wie auch dem 22. Psal. öffentlich zuwider / vnd dz erste mit der columna or
hodoxae fidei so wenig / als mit der Regel Athanasij (Tetigit vt homo, sanauit
vt Deus) bestehen kan / noch vermage. Zu geschweigen / das die miracula in der
schrifft vom HERrn selbst nicht werden genent opera carnis, sondern opera
Patris.
Pag 310. b. wird abermal ein mercklich crimen falsi zwifacher weise begangen / in
verkehrung der dolmetschung Lutheri. Denn Johan. 5. lautet der spruch also: Vnd
hat im macht gegeben(Duplex
crime̅falsi.) auch dz gericht zuhalten /
darümb dz er des Menschen Son ist. Aber im Concordibuch stehet für das wort
(macht / im Griechischen(1.) heissets Exusia) dz
wort (krafft / welchs im Griechischen heisset ) vnd sind
diese wörter bey gegenwertigem spruch keins wegs zu confundiren. Item / da die
schrifft sagt (darümb dz er des Menschen Sohn ist) setzen sie ein gloß dazu (vnd
wie er(2.) fleisch vnd blut hat) da doch etliche
jres teils mit hefftigen worten streiten / die Kirch sage nicht / es sey auch
nicht schrifftmessig geredet: Quòd filius Dei habeat, aut acceperit humanam
naturam. Noch sol man nicht sagen / dz sie contradctoria schreiben / oder mit
jhren glossen die schrifft meistern / vnd Lutheri dolmetschung jres gefallens
verkehren. Fürwar den Anhaltern würde solchs nicht zu gut gehalten.
|| [88]
Aber bey dem Gegentheil heissets / Wir haben recht vnd macht allein / was wir
setzen / das gilt gemein / wer ist / der vns sol meistern? Psal. 12.
(???)
Pag. 312. a. wird der vnterscheid zwischen Christo nach seiner menschlichen Natur
/ vnd den andern heiligen Menschen / auff die empfangene Maiestet gesetzt / das
nemlich der menschlichen Natur die Maiestet der göttlichen eigenschafften in der
that mitgeteilt sein sol. Hierin stecket zugleich der Nestorianer vnd
Entychianer jrrthumb verborgen.
(???)
Pag. 313. b. stehet ausdrücklich / das alles durch vnd durch vol Christus sey /
auch nach der menscheit. Item / bald hernach / wo du mir Gott hinsetzest (gleich
als gebürete sich in abstracto von der göttlichen Maiestet also zu reden) da
mustu mir die menscheit mit hinsetzen. Was ist diß anders / denn vbiquitas
generalis?
Bißher von den fürnembsten newerdichten phrasibus der Concordiformul, dabey die
Regel Philippi billig solt betrachtet werden: Nouae phrales semper aut errores,
aut dissidia pariunt. Das ist / auff newe art zu reden / folgen in der Kirchen
gewißlich entweder grewliche jrrthumb vnd finsternis / oder jemmerliche
zerrüttung vnd gezencke.
(Abschewliche grew liche reden des gegenteils.)
Sonst disputiren sie auch absche̅wlicher weis vor der studirenten
Jugend / vnd wollens für recht verteidigen / quòd corpus Domini non tantùm sit
in coena, sed etiam in coeno: Item, in foeno & hordeo, & in omnibus
cantharis cereuisiarijs, &c. Vnd wer das nicht annimpt / der mus ein
Sacramentirer heissen. Die Schrifften sind vorhanden / daraus man sie vberweisen
kan. Aber man wil diß vmb glimpffs willen / auff dissmal wissentlich
eingestellet haben.
Belangend die tabellam paradoxorum, welche vmb keiner (Von der tabella paradoxoru̅.) andern vrsach willen der Anhaltischen Apologien inseriret worden
ist / denn das man dem verdacht begegnete / als hielte sichs in warheit nicht
also / sondern würde vielleicht nur aus
|| [89]
neide dem Gegentheil auffgedichter weise zugemessen / stehen die
klaren zeugnis vnter jhren authoribus von wort zu wort vor augen verzeichnet.
Dieweil denn die praefation der dreyen Vniuersiteten vor D. Kirchners buch /
berichtet / das alle der jhrigen Schrifften mit dem Concordibuch durchaus
vbereinstimmen / so werden sie auch demselbigen billig zugemessen / als darin
der grund dazu geleget wird / ob man sich wol im Concordibuch / vmb der
löblichen Heupter willen / die wider alle newe phrases in jhrer vorrede
ernstlich protestiren / so laut nicht hat dürffen vernemen lassen. Vnd bestehet
demnach D. Kirchners ablehnung sehr kalt / das er hin vnd wider in seinem
grossen Buch (darinnen er / wie bissher augenscheinlich erwiesen / so im
höchsten / so im geringsten / gar nichts an den Anhaltischen Argumenten
widerlegt / sondern dieselbige viel mehr bekrefftiget / vnd nur allein damit
vmbgehet / das er den Einfeltigen vnberichten Leser gern vberreden wolte / sie
streiten nichts wider seine vnd seiner adhaerenten Lehre) kein andere solution
gibt / denn es stehe auff verantwortung der authorum, man möge dieselbigen
besprechen / sie seyen mündig vnd beredt gnugsam / etc.
Alle verstendige hertzen / vnd Christliche Liebhaber der(Prouocatio ad intel ligentes et
rectè iudicantes.) heiligen / vnwandelbaren / göttlichen
warheit / zugleich bey jetzigen vno zukünfftigen zeiten / mögen aus beyder part
Schriften das vrteil fellen / wer recht oder vnrecht hab. Die getrewen Anhalter
dancken Gott von hertzen / das er sie in der that befinden lesset / das jhr
Gegentheil (mit welchen sie / wegen der dicken schrecklichen finsternis / damit
jhre Lehr behafftet / ein Christlich mitleiden tragen / vnd vmb erleuchtung für
sie bitten) nichts mit grunde wider sie auffbringen kan. Achten derwegen auff
dissmal für vnnötig / mit verlust der edlen zeit / die man viel besser anlegen
kan / in weitleufftigere Gegenschrifft sich einzulassen / sondern haben mit den
erzehlten puncten / darin man noch viel paradoxa wissentlich dissimuliret / vnd
vorbeygangen
|| [90]
hat / nur ein wenig
andeuten wollen / wie vbel des Gegenteils Lehr fundirt vnd gegründet sey / damit
der vnparteyische Leser den sachen für sich selbst ferner nach zu dencken vrsach
habe. Notoria enim non indigent verbosa refutatione: das ist / offenbare jrrhumb
/ bedürffen keiner weitleufftigen widerlegung.
(Beschlus.)
Beschliessen demnach mit dem Spruch Athanasij, an Epictetum, fol. 75. Quae ita
manifestò praua peruersaque sunt, ea curio sius tractare non oportet, ne
contensiosis hominibus ambigua videantur; sed tantummodo ad ea respondendum est,
quod ipsum per se sufficit, ea orthodoxae Ecclesiae non esse, neque maiores
nostros ita sen sisse. Das ist / Wenn etwas öffentlich so gar falsch vnd
verkeret ist / sol man es nicht genawer ausecken / noch weitleufftiger handeln /
damit es bey zancksüchtigen Leuten nicht zweiffelhafftig scheine / sondern man
sol nur dis drauff antworten (welches denn für sich selbst antwort gnug ist) das
solches der rechtgleubigen Kirchen Lehr nicht sey / vnd das vnsere Vorfahren (in
der Christlichen vnd rechtgleubigen Kirchen) also nicht gegleubt haben. Haec
ille.
Jedoch sol hiemit / die warheit zu verfechten / so mündlich / so schrifftlich /
wo / vnd wie es die notturfft erfodern wird / sönderlich in einem allgemeinen
rechtmessigen Synodo / vnbegeben sein.
Was auch sonsten von einem newen vnrühigen Geist / dessen (Der Anhaltischen Lehr vom H. Abendmal wird vnbilliger
weis angetastet.) namen die Anhaltischen in jren schrifften nie gedacht
/ auch desselben noch zur zeit bedencken haben / wider jre Confession de caena,
welche / fo fern man candidè vrteilen wil / dem göttlichen Wort / vnd Catechismo
durchaus gemeß ist / gifftiger weis (wider dz gebott des Apostels: Non
efficiamur inanis gloriae cupidi, inuidi, inuicem prouocantes, inuicem
inuidentes. Gal. 5.) aus lauter vnuorursachter polypragmonischer zunötigu̅g (dazu noch ehe sie publiciret ist worden) durch den druck zu
Leipzig in diesem angehenden jar spargiret / könte ohne grosse mühe mit gutem
bestendigen grunde widerleget werden. Denn ja vor augen / dz es
|| [91]
nichts denn ein schendliche
Sophisterey ist / da er schliessen wil / die Anhalter gleuben / dz der HErr
Christus mit seinem Leib im Himel sey nach dem ort / von dannen er wider komen
wird / darümb sey er nicht im H. Abendmal / da er doch warhafftig ist / nach
seinem vnfeilbaren allmechtigen krefftigen wort vnd zusage. Gleich als würde
eines durchs andere gehindert / vnd were nicht beydes war / wie die Kirchen von
alters her recht saget: Localiter in coelo, Sacramentaliter in caena.
So ist auch die schöne Regel Philippi (Nihil habet rationem Sacramenti extra vsum
diuinitus institutum) welche alle Sacramentschwermerey zu bodem schlegt / darob
auch D. Lutherus so hoch erfrewet ist worden / vnd D. Eccius Anno 41. im
Colloquio zu Regenspurgk kein wort darauff hat antworten können / in der
Anhaltischen Apologia / pag. 443. mit Fürst Georgen zu Anhald / Christmilder
gedechtnis eigenen worten bewiese̅ vn̅ erkleret. Ob
nu wol der vnglaub die göttliche warheit nicht hindert noch auffhebt (denn es
heisset / Abusus non tollit rei substantia̅: das ist / vmb der
Person / oder vnglaubens willen / wird dz wort nit falsch / dadurch es ein
Sacrame̅t vnd eingesetzt worden ist / wie die wort aus dem
grossen Catechismo Lutheri / in der Concordiformul / pag. 295. a. citiret vnd
angezogen sind) so folget dennoch nicht / das darümb die Regel de vsu diuinitus
instituto (da Sacramentum vnnd ratio Sacramenti, propriè loquendo, vnterschieden
sein) nur allein de externa ceremonia vnd demnach de solo opere operato rede.
Den̅ solches nit ehe wird bestehen können / man hab denn zuuor
nicht allein den Catechismum corrigirt / der da lehret / quòd haec verba (PRO VOBIS, welche freilich ad vsu̅ caenae
gehören) requirant omnino corda credentia: sondern auch das praeceptum fidei
iteratum (Hoc facite in mei commemorationem) ab vsu diuinitus instituto gantz
vnd gar remonirt vnd excludirt: wider des HErrn befehl / Du solt nichts dazu /
noch dauon thun / sonst wird Gott zu deiner plage thun. Deut. 4. 12. Prou.
30.
|| [92]
Dieweil aber ein jeder verstendiger Christ / den Geist für sich selbst gar
leichtlich prüfen / vnd in warheit befinden wird / das er wider das achte Gebott
ein öffentliche calumniam begehe / vnd das jenige / was für sich recht vnd wol
geredet / vnd billig nach der Richtschnur der Göttlichen warheit zum besten
solte auffgenommen / vnd verstanden werden / auffs aller ergste mißdeute vnd
verkehre (daraus denn dieser Leut Candor, deß sie doch vor andern wollen
gerühmet sein / zuerkennen ist) So wil mans vmb friedes willen auff dißmal auch
dem gerechten Richter / welcher durch seinen Apostel nit vergeblich gesagt: Qui
autem perturbat vos, portabit iudicium suum, quisquis sit, Gal. 5. heimgestelt
vnd befohlen sein lassen. Sönderlich dieweil D. Kirchner selbst (welcher doch
nicht gern etwas / das jn vnrecht gedaucht / mit stilschweigen vbergangen) die
vberaus kurtze vnd runde erklerung der Anhaltischen / bey jrem achten Argument /
pag. 137. widerholet / mit keinem wort / als verwerflich oder falsch / hat
anrüren dürffen / noch verdechtig machen können. Sonst gebens zwar alle
vmbstende / das dem Gegentheil an nichts mehr / denn nur allein (wie vnlangst
ein vorneme Person nicht vnweißlich geurtheilt) an der einigen Syllaben von
dreye̅ Buchstaben (BAN) mangele / so würde Deutschland bald
ein Hispanische inquisition erfaren müssen / dieweil sie fast jederman
hofemeistern / ja vor der gantzen Welt gehessig machen / vnd als die dominatores
vnd dictatores fidei den andern nur vorschreiben wollen / wie vnnd was man
gleuben oder leren sol / zu jhnen aber darff niemand sagen / Papa, quid facis?
Denn es gehet / wie die Kirchen in dem 73. Psalm klaget / Sie vernichten alles /
vnd reden vbel dauon / vnnd reden vnd lestern hoch her. Was sie reden / das mus
vom Himel herab geredt sein / was sie sagen / das mus gelten auff Erden. Darümb
fellet jhnen jhr pöbel zu / vnd lauffen jhnen zu mit hauffen / wie wasser. Ach
Gott der tewre Name dein / mus jrer schalckheit deckel sein / du wirst einmal
auffwachen. Psal. 124.
|| [93]
Derselbige Allmechtige / getrewe / ewige Gott / welcher alle lesterung vnd
verkehrung seiner Warheit bey der höchsten Vngnad gar ernstlich verbotten hat /
geb seine Göttliche gnad vnd heiligen Geist / das die hohen löblichen Heupter
Deutscher Nation sich vber die arme notleidende Warheit vnd hochbetrangte
Kirchen erbarmen / vnd durch einen ördenlichen Synodum oder Christliche
Versamlung diese hochwichtige Sach(Demütigste bitt vmb
einen ördentlichen Sydum.) aus Gottes heiligem Wort / welchs die
einige Richtschnur ist / die Warheit von der Vnwarheit / vnd das Liecht von der
Finsternis / zu vnterscheiden / vnd bestendigen Fried wider anzurichten /
endlich ein mal recht erkennen vnd erörtern lassen möchten / Vnd tröste vnter
des alle fromme Hertzen / die vmb der warheit willen verhasset oder verfolget
werden / vnd bekehre alle / die da vnwissend vnd nicht mutwillig jrren / durch
Jesum Christum vnsern warhafftigen Helffer / vnnd einigen Seligmacher /
Amen.
Wüntschen hierauff dem Christlichen vnpartheyischen Leser ein glückseliges newe
Jar / vnd beschliessen mit dem Anhaltischen tröstlichen Symbolo, darinn die
Jarzahl begriffen: PraepotentIs ManVs DeI aVXILIabItVr Ser VestanIs.
|| [94]
Lutherus in disputatione de vnione duarum naturarum in
Christo, & communicatione idiomatum.
FIdes Catholica haec est, vt vnum Dominum Christum confiteamur verum Deum &
hominem. Ex hac veritate geminae substantiae & vnitate perfonae, sequitur
illa, quae dicitur co̅municatio idiomatum, vt ea, quae sunt
hominis, rectè de Deo; & contra, quae Dei sunt, de homine dicantur. Verè
dicitur: Iste homo creauit mundum: Et, Filius Dei est passus, mortuus, sepultus.
Non tamen haec vera sunt in abstracto (vt dicitur) humanae naturae. Idem contra
Schuuenckfelt: Occultus Eutyches habitat in talibus haereticis, negare paratis
aliquando, Verbum esse carnem factum. In speciem concedunt, Verbum esse carnem
factum: olim id negaturi, obtento theatro, post negatam in Christo
creaturam.
Item / vbers 14. Cap. Johannis: Christus redet beyde Gottes vnd Menschen wort /
daraus gewaltiglich bewiesen wird / wie vnser Lehr vnd Glauben helt / das er
beyde warhafftiger Mensch vnd auch warhafftiger Gott ist.
Item / Wenn er vberal redete als Gott / so könte man nicht beweisen / das er ein
warhafftiger Mensch were / So er aber vberal redete / als ein Mensch / so würde
man nicht gewar / das er auch warhafftiger Gott were.
Ite̅ / Weil er denn also eine Person Gott vn̅ Mensch
gegleubet wird / so gebürt vns auch also vo̅ jme zu reden / als
beyderley Natur fodert / das etliche wort die menschliche Natur / etliche aber
die Göttliche Natur anzeigen / das man eben darauff sehe / was er nach der
menschlichen Natur redet / vnd auch nach der
|| [95]
göttlichen. Den̅
wo man solchs nicht war nimpt vnd recht vnterscheidet / so müssen folgen so
mancherley Ketzerey / wie vorzeiten gewesen sind / da etliche gesagt haben / Er
were nicht warhafftiger Gott / etliche / Er were nicht warhafftiger Mensch. Denn
sie konten sich nicht drein richten / das sie die zweyerley rede deutlich
vnterscheideten / nach den zwo Naturen.
Item / Ich hab erlebt / das dieser Artickel bissher vber tausent Jar blieben ist
/ wider alle spitzige Köpff vnd Teuffel in der Helle / so sich dawider gelegt
haben / soll auch für allen wol bleiben. Darumb last vns dem heiligen Geist so
viel ehre thun / das er gelehrter vnd klüger sey / denn wir mit vnser
Kinderkunst / vnnd diesen Artickel nach der Schrifft rein vnd lauter
behalten.
Item / vber den 330. Psalm: Darümb stehet hie der feste Grund / vnd ist gewaltig
beschlossen / weil er also redet / das dieser HErr (der verheissen Dauids Sohn /
Christus) zur Rechten Gottes sitzet / an dem ort / da keinem lautern Mensche̅ / ja auch keinem Engel gebüret zu sitzen / Nemlich auff Gottes
eigenem Thron oder Stuel / so leidet sichs nicht zu sagen oder zu gleuben / das
er lauter Mensch sey / oder ein ander Creatur (wie sie möcht genennet werden /
als der Arianer traum fürgab) vnter Gott. Denn das ist in der Schrifft hart
verbotten / das man keine Creatur Gott soll gleich machen / auch keinen andern
Gott neben in setzen / etc.
Item, lib. de Concilijs: Was man von Gott redet / mus auch dem Menschen
zugemessen werden / nemlich / Gott hat die Welt geschaffen / vnd ist almechtig.
Der Mensch Christus ist Gott. Darümb hat der Mensch Christus die Welt geschaffen
/ vnd ist almechtig. Vrsach ist / denn es ist eine Person worden aus Gott vnd
Mensch / darümb führt die Person beyder Naturen Idiomata.
Item / Was were der Mensch / mit dem sich Gott persönlich vereiniget / wenn er
nicht rechte menschliche Eigenschafften haben solte? Er müste ein Gespenst sein
/ wie die Manicheer gelehret haben.
AT TV, DOMINE, VSQVEQVO?