|| [ID00001]
Warhafftige erklerung Des hohen Trostreichen Artickels von der Person / Ampt /
vnd Maiestet vnsers lieben HErrn vnd Heylandes Jesu Christi / Gottes vnd Marien
Sohn.
Aus vnbeweglichen Gründen der heiligen Schrifft / dem Christlichen Leser zu
mehrer nachrichtung in gewisse Argument / oder Schlusreden verfasset.
Zu nothwendiger widerlegung der vngegründten Lehr / von der empfangenen
Allmacht / Allwissenheit / vnd Allenthalbgegenwertigkeit der angenommenen
menschlichen Natur.
Mit angehengter kurtzer Antwort auff D. Timothei Kirchners newe Buch wider die
Anhalter / etc.
Gedruckt zu Zerbst / Durch Bonauentur Schmidt. M. D.
LXXXVI. Psal. 74. Ah HErre / DeIner VVIDer VVertIgen toben VVIrD Ie
Lenger Ie grösser.
|| [ID00002]
Augustinus, vt habetur in can. Quisquis 11. quaest. 3.
Quisquis metu cuiuslibet potestatis veritatem occultat, iram
Dei super se prouocat: quia magis timet hominem, quàm Deum.
Et post pauca: Vterque reus est, & qui veritatem
occultat, & qui mendacium dicit: quia & ille prodesse non
vult, & iste nocere defiderat.
Item Chrysostomus, vt citatur in can. Nolite. 11 quaest. 3.
Non solùm ille proditor est veritatis, qui transgrediens veritatem, palàm
pro veritate mendacium loquitur: sed etiam ille, qui non liberè pronunciat
veritatem, quam liberè pronunciare oportet: aut non liberè veritatem
defendit, qua̅ liberè defendere conuenit.
Hieronymus ad Pammachium: Nolo quenquam in crimine haereseos
patientem esse; ne apud eos, qui ignorant innocentiam eius, dißimulatio
conscientia iudicetur, si taceat.
|| [1]
Im̅ Namen der heiligen Dreyfaltigkeit.
ANfenglich dancken wir dem ewigen Gott / vnd Vater vnsers HErrn vnd Heylands Jesu
Christi / das er nach seiner veterlichen güte vnd barmhertzigkeit die
vorgefallene hochwichtige disputation von der heiligen ewigen Person / vnd
Maiestet seines geliebten / eingebornen Sons / vnsers warhafftigen / vnd einigen
helffers Jesu Christi / dermassen gnedigst regirt vnd gemittelt / das bishero
nicht allein vielen Christlichen hertzen / das Licht der warheit auffgangen /
sondern auch die Durchleuchtigsten vnd Durchleuchten Hochgebornen Chur / vnd
Fürsten numehr allgemach den Betrug etlicher Theologen mercken / vnd nach dem
hiebeuor jre Chur / vnd Fürstliche Gnaden mit listen hindergangen / jtzo die
Apologiam des also genanten Concordi Buchs / nicht wie zuuor / in jrer / der
Chur / vnd Fürstlichen Durchleuchtigkeit / sondern allein in der dreyen
Verfasser namen (wie billich) vff jhr eigen verantwortung / haben publiciren /
vnd ausgehen lassen.
DEnn freilich hiedurch allen frommen hertzen / vnd Liebhabern der warheit gute
hoffnung gemacht / das der Allmechtige / als ein Brunquell / vnd Vater alles
Lichts / vnd warheit / ferner die Hochlöblichen Heupter / vnd Regenten Deutscher
Nation / gnedigst werde erleuchten / vnd wie der Apostel sagt. 1. Petri 5.
volbereiten / stercken / krefftigen / gründen / damit sie nach dem exempel
Constantini /
|| [2]
Theodosij / vnd anderer grossen Helden /
die Göttliche warheit so viel desto mehr befürdern helffen / je gröber die
Irthumb gewesen / welche durch misbrauch jhrer lindigkeit bisher von wenig
eigensinnigen Lerern böslich ausgestrewet / vnnd mit vngrunde verteidiget worden
sind.
Dafür wir denn Gott / wie bisher geschehen / nochmals vmb gnedige vermehrung des
lichts zu jrer Chur / vnd Fürstlichen Gnaden zeitlichen / vnd ewigen heil vnd
trost / an Leib vnd Seel / tage vnd nacht von hertzen anzuruffen vnd zu bitten /
nicht ablassen wollen / vngezweifelter zuuorsicht / das so vieler Gottseligen /
vnd betrübten hertzen embsige / vnd andechtige seufftzen / endlich von dem
Allmechtigen jrer bitt gewehret / vnd ein hülffe erlangen werden / welche zu
seinen Göttlichen ehren / vnd der warhafftigen Kirchen seines lieben Sons ewigen
erbawung gereichen wird / Das verleihe die heilige Dreyfaltigkeit / hochgelobt
in alle ewigkeit / Amen.
Zum andern / dancken wir auch Gott von hertzen / das er die verfassung der
Erfurdischen Apologien dermassen nach seinem weisen rath moderirt vnd regieret
hat / das die grosse anzal der armen verfürten subscribenten / welche an der
Formula Concordiae hangen / dauon gelassen.
Denn hiemit nicht allein vieler gewissen / so auffs newe weren betrübt vnd
verwundet worden / verschonet blieben / sondern auch gnugsam vor allen
verstendigen bezeuget wird / das die Verfasser der Apologien dem werck selbs
mistrawen / vnd zweifels one vermarckt / das durch abforderung vnd samlung newer
subscription, viel die zuuor vnterschrieben (In massen sichs vnlangst ohne das
vffm Colloquio zu Quedlinburg ausgewiesen) jhre namen
|| [3]
reuociren würden / dadurch das gantze fürnemen mercklich geschwecht / ja wol gar
zerfallen möchte.
Dieweil denn Gott durch solchen weg / der vorigen subscribenten gnedigst
verschonet / haben sie so viel desto mehr vrsach / jr gewissen zu bedencken /
vnd durch warhafftige bekerung / die vorige Irrthumb / denen sie zum teil aus
furcht / zum teil aus vbereilung beygepflichtet / zu corrigire̅ /
damit sie nicht in peccato mortali stecken bleiben / sintemal jnen nicht
vnbekant / das die approbatio errorum pugnantium contra fundamentum sey peccatum
mortale, welchs vor Gott nicht kan entschüldigt werden / sonderlich wenn man
wissentlich darinnen verharret.
Dieweil denn der Erfurdischen Apologien autores vnd verfasser (Denn also werden
sie von jren eigenen bisher gewesenen consorten / trewen gehülffen / vnd
mitgesellen / den Theologen zu Rostoch / vnnd demnach von vns auch / in
gegenwertiger vnser nottürfftigen Verantwortung / mehrer richtigkeit halbe̅ / jedoch von vns one schmach gemeinet / intituliret) zu jrem
werck sich mit namen bekennen / nemlich:
Timotheus Kirchnerus: Nicolaus Selneccerus: vnd Martinus Chemnitius: So protestiren wir hiemit der gebür nach / in meliori forma, das wir in dieser vnser verantwortung keines wegs wider die löblichen Chur vnd Fürsten (deren Christliche intention wir allezeit gerühmet / vnd von hertzen / wie auch noch / allezeit gewuntsch haben / das sie jren rechtmessigen effect vnd vortgang / zu erleuterung der warheit vnd Christlicher einigkeit / die ohne warheit nicht bestehen kan / durch
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gebürliche mittel / welche bisher
von denen / so das werck geführet / oder wie sie von sich selbst schreiben / das
spiel in der hand gehabt / mehren teils gehindert / oder ja verkeret worden /
hette erlangen mögen) Sondern allein wider obgenante drey Verfasser / vnd jren
Beypflichtern wollen verstanden sein. Welchen zwar / dieweil sie fast
vntheologischer weis mit vns vmbgehen / der gebür nach / wol mit gleichem
begegnet werden könte / so wirs nicht für erbewlicher / vnd dieser hochwichtigen
sach gemesser achtete̅ / in warer furcht / vnd anruffung Gottes
mit bestendigen Gründen aus der heiligen Schrifft / viel mehr / denn mit
fleischlichen affecten / vnd vergeblichen worten vnser Lehr / vnd glauben zu
schützen.
Wollen derwegen / was zur sach nicht dienet / so viel müglich / abschneiden / vnd
jre conuicia / darin wir jnen gern gewonnen geben / sie selbst verantworten
lassen / damit wir nicht zugleich papyr / vnd zeit verderben.
Die Argument aber / vnd beweisung / darauff sich die Anhaltischen Kirchen / mit
allen rechtgleubigen in der gantzen Welt in diesem hoben geheimnis von der
Menschwerdung des Sons Gottes beruffen vnd gründen / wollen wir / zu ehren der
Göttlichen / vnwidersprechlichen / ewigen warheit / auffs kürtzeste widerholen /
vnd mit Gottes hülff darthun / das sie von der Erfurdischen Apologien im
geringsten nicht widerlegt / oder vmbgestossen sind / Sondern (Gott lob vnd
danck) noch fest vnd vnbeweglich stehen / wie sie auch in alle ewigkeit / wider
der Hellen pforten wol bestehen werden / vnd verhoffen gentzlich / die löbliche
Chur / vnd Fürsten / sampt allen Liebhabern der warheit in gantzem Deutschland /
werden durch Gottes gnad vnser vn
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schult in der
that spüren / vn̅ der dreyen Verfasser vngründe vnd betrug je
lenger je mehr erkennen / dazu der Allmechtige ferner sein gnad / vnd heiligen
Geist vmb seines Namens willen verleihen wölle / Amen.
Belangend derwegen die publicirte Apologiam / welche von den dreyen obgedachten
Theologen zu Erfurt gestelt / vnd anfenglich durch den Heidelbergischen /
hernach aber auch anderswo durch den Druck ausgesprenget ist / gibt vns nichts
zuschaffen / was sie durchs gantze Buch / in grosser weitleufftigkeit / mit
stetiger widerholung einerley wort / farben / vnd calumnien wider andere
streitten / oder viel mehr predigen (denn was andere betrifft / mögen sie für
sich / wie ohn zweiffel wol geschehen wird / verantworten) Sondern was in specie
/ als vornemlich das vierte Capitel / mit ausgedrucktem namen wider die
Anhaltische Theologen gericht ist / darauff vns vieler hochwichtigen vrsachen
halben mit nichten still zu schweigen gebürt / das wöllen wir auffs kürtzest
(vermittelst Göttlicher hilff vnd gnaden) durchsehen / vnd nach der richtschnur
Göttliches worts prüfen. Was nu mit Gottes Wort vberein kömpt / sol fern von vns
sein / das wirs nicht solten hoch vnd werth achten: Was aber demselben zu wider
/ verhoffen wir bey jederman / der billigkeit nach entschuldigt zu sein / das
wirs ohne ansehen der Person / mit rechtem grund der warheit / widerlegen vnd
verwerffen.
Es ist aber bald im anfang / so wol der Titel / als der(Fol. Apol. Erfu. 73. b.) eingang des
vierten Capitels dermassen verfasset / das man wol spüret / was zum Weinfas für
Heffen vnd affect mit vntergelauffen. Denn sie jhrer sach ein ansehen zu machen
/ vnd die Anhaltische Kirche̅ zu trennen / sich gleich
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mitleidend stellen / vnd nicht allein vnsern gnedigen
Fürsten vnd Herrn zu Anhald / sondern auch mehrern teil (wie sie reden / seiner
F. G. Kirchen / vnnd Kirchendiener entschüldigen) damit sie die vngnad / vnd
schuld desto füglicher vff etliche wenig / denen sie feind sind / vnd sie gern
verdechtig machen wolten / bringen möchten.
Darauff wir zur antwort geben / Erstlich / das wir jnen nicht gönnen / dz sie die
sach mehr nach den personen / denn nach der warheit vrteilen / weil sie die
Regel Tertulliani solten bedacht haben: Veritas non ex personis, sed personae ex
veritate iudicari debent. Nach welcher meinung auch Plato der weise Heid / sehr
vernünfftig vnd wol geredet hat: Omnino enim, non quis dixerit, sed quàm rectè
dicatur, considerandum est.
Zum andern / nemen sie jhr selber nicht wol in acht / dieweil sie hiemit jhre
affect verrahten / das sie nemlich die Leut gern vberreden wolten / die
Theologen im Fürstenthumb Anhalt weren gespalten / vnd mangelte an etlich
wenigen / die es hinderten / da sonsten die andern alle zu jhnen tretten würden
/ etc.
Denn hieraus gnugsam zu ermessen / das sie nichts liebers sehen / denn das sichs
also / wie sie fürgeben / verhielte / nemlich / das spaltung vnter vns würden /
so hetten sie hernach gute hoffnung / das man nach jhnen / als nach den
pacificis conciliatoribus, wider friede zu machen / schicken müste.
Wie sie denn bißhero durch erfarung gelernet / das sie hin vnd wider nicht ehe
platz gefunden / biss sie zuuor durch heimliche practiken die hertzen derer /
die zuuor im fried beysamen gelebt / vnter einander verdechtig gemacht: Als denn
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ist jnen der poss / oder viel mehr die Krämerey /
so sie mit Gottes wort treiben / (wie der Apostel redet. 2. Cor. 2.) nach jrem
wuntsche recht angangen / vnd geraten / nemlich grosse geschenck / mit der
Kirchen vnwiderbringlichen schaden / zu erlangen / vnd jre affecten auszufüren.
Aber wie es jnen bisher (dem ewigen Gott sey dafür ewiglich lob / vnd danck
gesagt /) an allen solchen / vnd dergleichen practicken im Fürstenthumb Anhalt
gefelet / also wollen wir nochmals den Gott der warheit / vnd des frieds
anruffen / das er jre hoffnung zu wasser mache.
Fügen jnen demnach zu wissen / das wir in allen Anhaltischen Kirchen / vnd
Schulen / durch Gottes gnad / viel eintrechtiger / vnnd brüderlicher gegen
einander gesinnet sind / denn es diesen dreien verfassern / mit all jrem anhang
/ lieb ist. Vnd damit sie gleichwol gewarnet sein / an vns sich mit solchen /
vnd dergleichen argwonischen griffen nicht ferner zu versündigen / so geben wir
jnen guter wolmeinung alhie / den spruch des Apostels zu bedencken: Qui
perturbat vos, portabit iudicium suum, quisquis sit. Wer euch jrre macht / der
wird sein vrteil tragen / er sey / wer er wölle. Galat. 5.
Denn numehr eben deshalben je weniger hoffnung sie zu schöpffen haben / das die
Anhaltischen Kirchen von der erkanten / vnd bekanten warheit / zu jnen abtretten
solten / je gröber sie jre sach selbst endecken / also das auch die jenigen / so
es bisher mit jnen gehalten / numehr von jnen aus hochwichtigen vrsachen
beginnen zu setzen / wie vnlangst der Quedlinburgische Conuent gnugsam
ausgewiesen / vnd bezeugt.
Das sie vns aber mit dem verhasten zunamen der
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Caluinischen gern beschweren wolten / were vieleicht jrem geist zu gut zu halten
/ dieweil er sich anders nicht schützen kan / wo nicht bey den einfaltigen die
warheit selbst dadurch in verdacht gesetzt würde.
Derhalben wir mit klaren worten bezeugen / das wir keiner Lehr / so von einigem
Menschen / ja von keinem Engel im Himel erdacht / zugethan / sondern dieselbige
einige / ewige / Göttliche lehr / glauben / vnd Religion allein für recht
erkennen / vnd bekennen / die in heiliger Schrifft von Gott selbst geoffenbaret
/ vnnd auff den rechten Heuptgrund / welcher ist Jesus Christus / mit warheit
erbawet ist. Wer derselbigen Lehr mit vns / vnd allen rechtgleubigen / von
hertzen grund beypflichtet / den halten wir / er hab namen / wie er wölle / für
ein heilig gliedmas der Christlichen Kirchen.
Nach dem aber kein Mensch in dieser Welt / von Adam an (den eingebornen Son Marie
ausgenomen) bis vff den letzten / der nach Gottes Raht noch geborn werden sol /
volkomen / vnd one sünde ist / sondern ein jeder / wo nicht an der Lehr (wie
denn der Propheten / vnd Apostel lehr / von Gott selbst / als vnstrefflich /
bewehret) jedoch am leben / seine stipulas an sich tregt / vnd ausser Christo
kein Mitler / erlöser / versüner / noch Heiland zu finden ist / der vns mit
seinem gehorsam das ewige leben verdient / vnd erworben / so können / noch
wöllen / noch sollen wir vns von keinem Mensche̅ / wie hoch
erleucht er auch sey / heissen / oder nennen lassen / weder Cephisch / noch
Paulisch / weder Caluinisch / noch Martinisch / weder Apollisch / noch
Philippisch / Hussitisch / oder Lutherisch / weder Bernhardiner / noch
Franciscaner. Denn das hiesse den Knecht vber den Herrn ge
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setzt / vnd ist von Gott durch den Apostel. 1. Corint. 1. 3.
ernstlich verbotten / Ja Lutherus selbst ist hefftig dawider / in massen er in
seiner trewen verwarnunge an alle Christen / sich zu hüten für auffruhr / vnter
andern gantz Christlich vermanet / vnd flehet / wie folget.
Ich bitte (spricht er) man wölle meines namens schweigen / vnd sich nicht
Lutherisch / sondern Christen heissen. Was ist Luther? Ist doch die Lere nicht
mein / so bin ich auch für niemand gecreutziget. S. Paulus wolte nicht leiden /
das die Christen solten heissen Paulisch / oder Petrisch / sondern Christen. Wie
keme denn ich armer stinckender Madensack dazu / das man die kinder Christi solt
mit meinem heilosen namen nennen? Nicht also lieben Freunde / lasset vns tilgen
die parteyische namen / vnd Christen heissen / des Lere wir haben. Die Papisten
haben billich einen Parteyischen namen / dieweil sie nicht begnüget an Christi
Lere / vnd Namen / wollen auch Bepstisch sein / so last sie Bepstisch sein /
denn der Bapst jr Meister ist. Ich bin / vnd wil keines Meister sein / Ich hab
mit der Gemeine / die einige gemeine Lere Christi / der allein vnser Meister
ist. Matth. 23. Bisher Lutherus / Tomo. 2. Germ.
Dieweil auch vnsere Widersacher mit diesem / vnd dergleichen Namen nichts anders
suchen / den das sie die jenigen / so jnen Ampts / vnd gewissens halben / aus
Gottes wort widersprechen / bey dem vnberichten Hauffen gern wolten glaublos
machen / vnd allen beyfall / ja wol die audientz selbst / damit sie allein
möchten gehört werden / abschneiden / so werden frome Gottfürchtige hertzen
dauor gewarnet sein / vnd viel mehr die sach selbst erwegen / damit sie sich
nicht lassen jrre machen / sondern der warheit nachforschen / vnd raum geben /
vngeacht / wie wenig / vnansch
|| [10]
lig / vnd
verhasset die jenigen sind / so die warheit durch Gottes gnad noch füren / vnd
verteidingen.
Es ist jnen aber an dem nicht gnug / sondern fechten auch sönderlich an / das der
Anhaldischen Bekentnis / vnd Apologia zur Neustad an der Hard gedruckt / denn
daraus wollen sie schliessen / es sey also practicirt / vnd müsse derhalben die
gantze Lehr verwerfflich sein.
Welches Argument so Kindisch lautet / das fürwar von so hohen sinnreichen
Theologen nichts Leppischer auff die bahn hett können gebracht werden. Denn wenn
sichs warhafftig schleust / der Anhalder bekentnis ist daselbst gedruckt / da
man den Patribus Bergensibus vor allem widerspricht / Darumb ist sie Ketzerisch:
So wird gleichsfals folgen müssen / die heilige Bibel / wie sie D. Luther
verdeutscht hat / ist vor der zeit auch daselbst / vnd zwar durch einerley
Typographum gedruckt / Derhalben ist sie Ketzerisch / vnd falsch. Bedürffen
demnach einer newen Bibel / darauff wir zwar bisher vertröstet / aber wie wir
vernemen / so ist das Werck mit dem Autore in Brun̅ gefallen /
Mögen vns derwegen an der alten Lutherischen version genügen lassen / bis vns
die newen Superlutheraner ein bessere zuwegen bringen.
Es ist ja D. Chemnitio nicht vnbekant / wie es vmb der Anhaltischen Theologen
Confession / vnd Apologiam geschaffen. Denn als er neben D. Jacobo Andree / vnd
D. Wilhelmo Zimmerman / den 6. Nouembris / Anno 79. zu Dessaw ankomen / dem
Durchleuchten / vnd Hochgebornen / vnserm Gnedigen Fürsten / vnd Herrn zu Anhalt
/ etc. Die Praefation des Concordibuchs zu insinuiren / vnd commendiren / hatten
S. F. G. albereit den 21. Octobris /
|| [11]
zuuor einen
Conuent seiner Theologen / beschrieben / vnd derselben einmütigs bedencken vber
gemelte Prefation schrifftlich eingenomen / welchs diesen gesanten von S. F. G.
offerirt worden / daraus abzunemen / das es kein priuatum scriptum, sondern
communi suffragio approbatum gewesen. Dieweil denn damals D. Chemnitius mit
gemelten beyden seinen Fratribus für nötig geacht / flugs ex tempore durch ein
Refutationschrifft zu antworten / sind sie (vngeacht / das jnen damals von jren
zugeordneten Politicis / vernünfftig geraten / sie soltens einen Monat in
bedencken nemen /) stracks vff jrem fürnemen blieben / vnd daselbst verharret /
bis sie den 12. Nouembris jre Refutationschrifft eingewand / vnnd selbst vnserm
Gnedigen Fürsten vnd Herrn vberantwortet. Welche dermassen von seltzamen
vngereimpten greifflichen calumnien in der eil zusammen gerafft worden / das wir
nicht verstehen / wie ein wüster Buch könte geschrieben werden.
Die weil sie denn darauff wider von Dessaw abgezogen / vnd verhofft / einen
sönderlichen rhum zu erlangen / als die dermassen den Anhaltischen begegnet /
das wir nichts mehr wider sie auffbringen könten / Sind wir von Hochgedachter
vnser gnedigen hohen Oberkeit vffs new conuocirt worden / welcher wir dafür von
hertzen dancken / das sie vns / wider vnser Antagonisten zuuersicht / zur
verantwortung gnedig komen lassen / Wie wir denn vnsere wolgegrünte Apologiam
wider gedachte wüste Refutationschrifft einmütiglich beschlossen / welche
abermal nicht wir / sondern vnser gnediger Fürst vnnd Herr selbst / (so viel
schwere calumnien von S. F. G. Kirchen / damit vns die mehr gedachten Theologen
zur vngüte beschweret / mit gu
|| [12]
tem grund
abzulehnen) beförderst an die Durchleuchtigste Hochgeborne drey weltliche
Churfürsten / vnnd darneben an andere der Augspurgischen Confession verwante
Christliche Stende / vnsere gnedigste / vnd gnedige Herrn / haben verschickt /
vnd gelangen lassen.
Dieweil denn solch vnser scriptum hiedurch publicum worden / vnd wir das liecht
niemals geschewet / sondern zu allen billigen mitteln / dadurch die Göttliche
warheit befördert / vnd bestendiger fried in solcher hochwichtigen Religions
spaltung angericht werden möcht / vns freywillig mit gebürlicher reuerentz / vnd
demnt jederzeit erboten / so hat es bey vns nicht gestanden / das jenige / so
von vnser Christlichen hohen Oberkeit selbst / aus hohem Fürstlichen bedencken
an die fürnembste Stende der Augspurgischen Confession verschickt ist worden /
zu hindern / das es anderswo nicht abgeschrieben / noch durch öffentlichen Druck
weiter publicirt würde.
Vnd ist zwar hieraus viel mehr dieses zu mercken / das dem widerpart nicht wol
dabey ist / wenn man jrer falschen Lehr durch öffentliche gegenschrifft aus
Gottes wort / sonderlich im drucke widerspricht. Denn jr vberzeugtes /
Brandtmahlichtes gewissen sagts jnen / das hiedurch jre bawfellige sach nicht
gut gemacht / sondern den jenigen / so die warheit lieb haben / je lenger / je
mehr entdecket wird. Derwegen sie als Lichtschewende / welches auffrichtigen
Theologen nicht geziempt / mit aller macht / für vnd für dahin arbeiten / das
nur allein jnen der Drucke frey / vnd offen stehe / damit niemand einreden /
oder fragen dörffe: Papa, quid facis?
|| [13]
Dieweil aber jre vbergebene Refutationschrifft / so wol als vnser bedencken / vnd
Apologia / on einigen zusatz / minderung / oder enderung mit dazu gedruckt /
vn̅ gleich mitten einkomen ist / solten sie sich ja so viel
desto weniger zu beschweren haben / wo sie nicht eben hiemit an tag geben wolten
/ das sie jrer sachen vngewis / vnd damit ans licht zukomen schewe trügen. Oder
hetten vernünfftiglich schliessen können / So der Anhaltischen schrifft vmb des
Newstettischen Drucks willen verdechtig / das hiedurch auch jre Refutation
verdechtig vnd verwerfflich gemacht würde.
Aber dis alles hiemit an seinen ort gesetzt / dieweil sie gleichwol vorgeben /
das sie hochnötig geursacht / vnser Bekentnis / vnd Apologiam durch waren grund
Göttliches worts bestendiglich abzulehnen / so wollen wir (wie allbereit
angezeigt) im namen Gottes / jre wider vns eingefürte gründe / durch die
richtschnur Göttlichs worts examiniren / vnd dem Christlichen Leser /
vermittelst Göttlicher hilff / vnd gnaden / zum augenschein demonstriren / vnd
beweisen / das sie auff lauter vngrund bawen / vnd jnen an nirgend mehr / denn
an Gottes wort / ob sie wol dasselbig zum schein / vnd deckel anziehen / mangelt
/ vnd demnach der Anhaltischen Argument / vnd gründe / noch vnbeweglich / vnd
feste stehen / wie sie denn auch wider aller Hellen Pforten wol ewiglich werden
bestehen bleiben.
Nach dem wir nu in vnser Apologia hiebeuor drey vnterschiedene teil vorgebracht.
Erstlich ein notwendige ablehnung der sechs beschwerlichen calumnien / damit sie
vns in jrer Refutationschrifft mit vngrunde beschuldigt.
Zum andern / die einfaltige / vnd richtige erklerung der Lehr von der Person
Christi / nach der rechtgleubigen
|| [14]
Kirchen meinung
kürtzlich widerholet / vnd mit bewerten zeugnissen der reinen Lerer bekrefftigt.
Zum dritten / Ein vergleichung vnserer Argument mit jrer vermeinten Refutation.
So nemen wir allhie für bekant an / das sie den mittel teil / die Thesin
betreffend / so wol als den ersten teil / darin wir jre vnbillige beschuldigung
widerlegt / mit stillschweigen approbiren / vnd zweifeln gar nicht / das
hiedurch bey verstendigen vnparteyischen Lesern albereit vnser vnschult
augenscheinlich / wie die helle Sonne am Mittag / herfür leucht. Denn da sie
einigen mangel in diesen zweien stücken befunden / würden sie denselbigen mit
nichten haben verschweigen können / noch sollen.
Derwegen guthertzigen Christen wir hiemit zu erkennen geben / was von solchen
Leuten zu halten / die für der gantzen Welt sich vnterstehen der jenigen Lehr zu
verdammen / oder ja verdechtig zu machen / derer richtige erklerung sie mit
keinem finger anrüren dörffen / geschweigen vmbstossen können.
(Apol. Anhald. pag. 181.
cum. 19. sequentibus.)
Denn wir ja aus fünff vnwidersprechlichen vrsachen / warumb der Mitler hab beide
/ Göttliche vnnd Menschliche natur / mit allen derselbigen vnterschiedlichen
wesentlichen eigenschafften / vnd natürlichen wirckungen an sich haben sollen /
das hohe geheimnis von der Menschwerdung des ewigen Sons Gottes dermassen
ausgefürt / das hiedurch nicht allein die vnterschiedene reden von den
eigenschafften / vnd wirckungen der Naturn / vnd von dem Ampt des Mitlers /
Sondern auch die hohe Maiestet / ehr / vnd herrligkeit / welche dem Mitler so
wol nach seiner Menschlichen / als nach seiner Göttlichen natur / on einige
vermi
|| [15]
schung / oder verwandelung / vnd
absonderung der Naturn / oder trennung der Person mit warheit gebüren / deutlich
erklert / vnd bewert worden ist.
Lassens demnach bey solcher erklerung nochmals beruhen / vnd sind gewis / das
kein Mensch durch einen andern / denn diesen glauben jemals selig worden ist /
noch werden kan.
Was beschuldigen sie denn die Anhaltischen Kirchen? Sonderlich weil sie auch die
verantwortung der sechs(Apol. Anhal. pag. 137. cum. 5.
sequentibus.) greifflichen calumnien im ersten teil daselbst widerlegt /
müssen vnangetastet lassen. Denn das sie die tabellam der zwölff angezogenen
paradoxorum / die wir aus jren eigenen Büchern jnen für die augen gestelt /
damit vermeinen abzulehnen / das der angezogenen Stücke keins im Concordibuch
also stehe / gebraucht / gefüret / oder verteidingt werde / sonst solte billig
alle Welt für solchem Buch gewarnet werden: Ist vns abermal sehr lieb / vnd
nemens für bekant an / das sie deutlich bekennen / vnd aussagen / angezeigte
stück alle seyen newe / erschreckliche / abschewliche paradoxa. Denn dafür
halten wirs auch / wie wir sie denn keiner andern meinuna angezeigt / vnd
erzelet haben / denn damit die vnsern / vnnd alle liebhaber der warheit vor
dergleichen vngereimpten opinionen trewlich zu warnen.
Dieweil es aber zu derer verantwortung / welcher namen genent werden / stehen sol
/ So fragen wir / obs nicht mehrenteils jr eigene Rottgeselln gewesen / vnd zum
teil noch sind? Solte man denn in so langer antithesi des Concordibuchs die
Kirchen auch vor solchen reden nicht gewarnet haben? Gebürt sichs auch in so
hochwichtiger sach parteyisch zu handeln / vnd da man sonst keines Menschen /
wie
|| [16]
hoch er sich verdint hat / verschonet / wie
geziemet sichs denn / seinem eigen part also vber zu helffen / oder wie jre
schöne art zu reden lautet / die sach vbern riss zu pappen?
Ja es hetten sich die Herrn verfasser hiebey viel mehr erinnern mögen / das die
jenigen / so jnen das Concordibuch anfenglich vorgeschriben / eben hiemit
dieselbigen paradoxa durchaus haben iustificiret. Vnd zwar wir würden nichts
gründlichs hieuon anzeigen / noch melden können / von wem nemlich solch buch
anfenglich zusamen bracht / vn̅ gemacht sey worden / wenn nicht
dasselbige durch etliche Frage / vnd Antwort / von dem buch / Formula
Concordiae, für die albern / vnd einfaltigen (wie der Titul lautet) durch Caspar
Fuger (vieleicht ists D. Jacobus Andree selbst gewesen) gestellet / vnd zu
Dresden / Cum Gratia, & Priuilegio, Anno 1580. gedruckt / offenbar wer
worden. Denn also lauten daselbst die ersten zwo Fragen / bald im eingang.
Die erste Frage.
Man sagt jtzt viel von einem newen Buch / genant Formula Concordiae, Lieber sage
mir doch / was ists für ein Buch?
Antwort.
Erstlichen habens etliche Gottfürchtige / friedliebende / vnd gelerte Theologen /
im Land zu Wirtenberg / Darnach auch in Nidersechsischen Kirchen / so allzeit
bey der reinen / vnuerfelschten (Ja Flacianischen) warheit der himlischen Lere
bestendig geblieben / vnd dauon niemals abgewichen sind / zusamen bracht.
|| [17]
Hieraus ist leicht zu schliessen / das es vmb D. Johan̅ Brentij /
vnd D. Jacobi Andree Lehr / dieselbigen durchaus zu Canoniziren / fürnemlich zu
thun gewesen / welchs die andern desto ehe haben passiren lassen / dieweil jnen
zu gefallen auch jr Flacianismus in den vbrigen Artickeln saluiret worden.
Wie wir denn keins wegs daran zweifeln / das D. Jacobus Andree viel zu
auffrichtig sey / denn das Er disfals mit den Herrn verfassern der newen
Erfurdischen Apologi / seine / vnd D. Brentij vorige Lehr / dieweil er doch
darauff verharret / vnd nichts bessers aus Gottes wort annemen wil / für
abschewlich / vnd verwerfflich halten / noch aussetzen lassen werde. Vnd gibt
fürwar bey verstendigen ein gros nachdencken / Warumb sie jtzt den praecipuum
autorem der Concordiformul / von welchem sie erstlich / vnd fürnemlich erdacht /
(wiewols etliche aus den jtzigen nicht wort haben wollen / hörens auch vngern
gedencken) so blötzlich aus jrer Synagog / der doch zuuor jr Feder / vnd munde /
ja in allem thun / vnd lassen / vnd also (wie man pflegt zu sagen) fast allein
das Fac totum war / exciudiren?
ABer wir wollen die Paradoxa nach einander anhören /(Tabella paradoxorum. I.) vnd jre verantwortung erwegen.
Was nu das erste paradoxum anlanget de gradibus praesentiae Dei, entschuldigen
sie zwar das Concordibuch / aber die angezogene autores, verstehe D. Brentium;
Iacobum(Ap. Anhalt. pag. 147. 148. 149. 150. 151.) Andreae; Item /
Andream Musculum, &c. wollen sie in jren reden wider den typum sanorum
verborum hiemit nicht iustificirt haben.
Was folgt denn hieraus anders / denn das sie wider jren willen vns recht geben
müssen / das wir nemlich ge
|| [18]
dachte reden billig
ausgesetzt / dieweil sie dem vorbilde der gesunden reden / darob man in der
Kirchen fest halten sol / nicht gemes.
So erkennet ja ein jeder verstendiger Leser auch one vnser erinnerung / was dis
für ein einigkeit / vnd Concordia sey / welche von denen / die selbst im
Heuptgrund so grewlich geirret / auffgericht wird. Vnd wer ist so alber / der
nicht von sich selbst mercke / das die stiffter dieses wercks durch einen
spiritum vertiginis mit einander verwirret werden / dieweil sie nicht allein D.
Andree Musculi / der beim Concordiwerck alzeit gewesen / vnd D. Brentij
propositiones, vmb den es anfenglich allein zu thun war / selbst (wiewol vngern)
vnter die Paradoxa müssen zelen / Sondern auch D. Jacobum / den sie zuuor schir
vff henden trugen / numehr gantz / vnd gar ausschliessen / vnd vffs aller
schimpfflichste verachten.
(Fol. Ap. Erf. 74. b)
Das auch dem Concordibuch nie in sinn komen / gemelte gradus praesentiae Dei zu
confundiren / ist leicht zu gleuben. Ob aber die Collectores hierin so gar
vnschüldig / vnd rein seyen / geben wir dem verstendigen Leser nur hieraus zu
ermessen / das sie folio. 296. für gleichstimmende reden anziehen / da
geschrieben stehet / Das Wort ward Fleisch / welches zum vierten gradu
praesentiae Dei gehört / vnd das Wort wonet in vns / welchs anders nicht /
den̅ per assistentiam war ist / nach erklerung des andern /
vnd dritten gradus praesentiae Dei: das ist ja ein confusio graduum.
Es were denn / das durch die einwonung des Worts in vns / auch alle Heiligen mit
jm persönlich vereinigt sein solten / wie sie etwan vor der zeit gestritten
haben. Welchs gleich so grob ist / als Samosateni lesterung / der eben auch
|| [19]
diese reden / das Wort ist Fleisch worden / vnd das
Wort wonet in vns / für aequipollentes / oder gleichstimmende gehalten / vnd
dadurch die Persönliche vereinigung der zweien Naturen in Christo verleugnet.
Wie Theodorus Rhetensis bezeugt: quòd Dominum impiè dixerit nudum fuisse
hominem, in quo Deus Verbum sicut & in singulis Prophetis habitârit; ac
proinde duas naturas separatas, & citra vllam prorsus inter se
communionem, in Christo esse, quasi alius sit Christus, alius Deus Verbum in
ipso inhabitans. Haec ille.
Dis mögen die newen Concordisten wol behertzigen / denn weil sie einerley
fundament mit den alten Ketzern füren / vnd dieselbigen vff einerley weis
erkleren / so kans auch mit jrer Lehr keinen andern ausgang gewinnen.
Item fol. 312. schliessen sie in der Concordiformul / mit klaren worten (wiewol
one grund) wo der Göttlichen natur in Christo eigene Maiestet / nicht auch der
Menschlichen natur mit der that / vnd warheit zugeschrieben werde / sonder von
der person des Menschen Sons / schlecht nur allein nach seiner Göttlichen Natur
/ welcher sie eigen ist / verstanden sol werden / wie sie den̅ aus
Gottes wort anders nimmermehr verstanden / noch erklert werden kan / das auff
solche weise (weil Gott ein Geistlich / vnzertrennet wesen / vnd demnach
allenthalben / vnd in allen Creaturen ist / vnd in welchen er ist / sonderlich
aber / da er in den gleubigen / vnd heiligen wonet / daselbsten solche seine
Maiestet mit / vnd bey sich hat) auch mit warheit gesagt werden möchte / das in
allen Creaturen / in welchen Gott ist / sonderlich aber in den gleubigen / vnd
heiligen / in welchen Gott wonet / alle fülle der Gottheit leibhafftig wone /
alle schetze der weisheit /
|| [20]
vnd des erkentnis
verborgen / aller gewalt in Himel / vnd auff Erden gegeben werde / weil jnen der
heilige Geist / der alle gewalt hat / gegeben wird: der gestalt denn zwischen
Christo nach seiner Menschlichen natur / vnd den andern heiligen Menschen kein
vnterscheid gemacht / vnnd also Christus seiner Maiestet beraubt würde / etc.
Was ist hiemit anders gemeint / denn was sonsten D. Jacob Andree in der
entschuldigung wider die von Ingolstadt am 25. blat / nur mit andern worten
ausspricht / wie folget.
Wenn die Persönliche vereinigung (spricht er) nichts anders sein solte / als in
der person des Worts bestehen / so kan man nicht leugnen / das alle ding von dem
Wort Gottes persönlich erhalten werden / es seye denn / das sie sagen wollen /
das die Person des Worts den Creaturen nicht zugegen seye. Derwegen wöllen wir
von allen Creaturen sagen / das sie mit dem Son Gottes persönlich vereiniget
sein / von welches Person sie erhalten werden. Bisher seine wort.
Das also zu beiden teilen die art zu reden / Adesse, inhabitare, & vniri,
das ist / gegenwertig sein / bewonen / vnd vereinigt werden / one vnterscheid
der graduum praesentiae Dei, wie allen verstendigen leicht ist zu ermessen /
gebraucht / vnd mit einander vermischt werden.
Item / ist das nicht ein confusio graduum praesentiae Dei da sie in formula
Concordiae fol. 313. vnter andern also schliessen / Wo Christus nicht so wol
nach / vnd mit seiner angenomenen Menscheit / als nach der ewigen Gottheit
allenthalben gegenwertig sey / das der gestalt Petrus / Paulus / vnd alle
Heiligen im Himel / weil die Gottheit / so allent
|| [21]
halben ist / in jnen wonet / auch bey vns auff Erden weren / etc. Wie
könte die Lehr von den vnterschiedenen gradibus diuinae praesentiae erger / denn
auff solche weis confundiret werden?
Also was das ander paradoxum / von der vermischung(II.) der persönlichen vereinigung / vnd communicationis idiomatum angehet
/ nemen wir abermals für bekant an / das sie vnsere allegata aus den benampten
Büchern jrer consorten / nicht tadeln können / derwegen sie eben hiemit D.
Brentium / vnd Jacobum Andree notwendig carpiren / vnd verdammen.
Nach dem sie aber subijciren / das die jenigen / so daran schuldig sein /
billiger / denn sie / darumb besprochen / vnd zu rede gesetzt werden solten / so
begert man von jnen zu wissen / dieweil sie sich vber gantz Teutschland der
censur angemast / warumb sie denn allhier so vberhin gestrichen?
Item / wie offt beruffen sie sich so wol in der formula Concordiae, als in
gegenwertiger Erfurdischen Apologia / auff viel andere jrer Consorten vnbenampte
schrifften / darin doch dergleichen paradoxa mit hauffen zu finden?
Das sie derwegen jr Christlich Concordibuch excusiren wollen / vnd nichts desto
weniger der jrigen nicht gleiches Schrotes schrifften durchaus Canonisiren / das
ist freilich / wie sie schreiben / ein zimlich stücklein / per antiphrasin. In
massen jnen solches auch die Theologen im Ertzstifft Magdeburg / am Sontag
Inbilate / Anno 82. zu Hall in Sachsen versamlet / in jrer censur vber gemelte
Apologiam / mit folgenden worten zu verstehen geben.
Zum neunden / (sagen die Synodici daselbst) weil die Herrn Theologen in dieser
Apologia / sich bisweilen
|| [22]
auch auff der vnsern scripta
referiren / were es (vnserm einfeltigen bedencken nach) rahtsamer / das man sich
auff die receptas publicas nostrarum Ecclesiarum confessiones berüffe / oder
aber an solchen örtern dieselbige materiam richtig erklerete / so viel zu diesem
negocio nötig. Denn vnter diesem namen (der vnsern schrifften) sich etwa ein
jeder verkeuffen möchte / vnd gleichwol vnleugbar / das nicht der vnsern aller
scripta durchaus gleiches schrots / vnd korns in der prob befunden werden. Haec
illi.
Dieweil sie sich aber auff jrer seiten alle vff die Formulam Concordie / als vff
die richtschnur jrer Lehr referiren / die sie allein erkleren / vortpflantzen /
vnd erhalten wöllen / so mag ein jeder verstendiger vrteilen / ob das nicht ein
confusio vnionis hypostaticae, & communicationis idiomatum sey / wenn D.
Joannes Mattheus ficht / vnd streittet / communicationem idiomatum realem esse
ipsam differentiam specificam vnionis duarum naturarum in Christo personalis.
Vnd diesen halten sie für einen pur reinen bekerten Lutheraner / noch sol die
Lehr im Concordibuch mit solcher vermischung nichts zu thun haben. Wer ist so
scharffsinnig / der dis könt zusamen reymen?
(III.)
Ebener massen helt sichs auch mit dem dritten Paradoxo von der vermischung der
Person / vnd Natur / oder der wörter Concreti, & Abstracti.
Dancken jnen derwegen freundlich / das sie vns vom verdacht / als hetten wir die
jrige hiemit vnbillig beschuldigt / entledigen / vnd solche vnbedechtige reden /
von wem sie auch gefallen / mit vns improbiren / vnd verwerffen.
Warumb lassen sie denn noch für / vnd für nicht ab / inter propositiones
abstractiuas zu referiren die herrliche
|| [23]
schöne
trostsprüche vom Ampt / vnd Person Christi?
Des Weibs Samen wird der Schlangen den Kopff zertretten. Genes. 3.
Item / Das blut Jesu Christi des Sons Gottes / reinigt vns von allen Sünden. 1.
Johan. 1.
Item / Mir ist gegeben alle gewalt im Himel / vnd auff Erden. Matth. 28.
Item / Coloss. 2. In jm wonet die gantze fülle der Gottheit persönlich / etc.
Confundiren sie nicht in diesen Sprüchen allen das Concretum, vnd Abstractum,
dieweil sie die wort stracks von der Person auff das angenomen Fleisch
detorquiren? Form. Concord. Fol. 310.
Zum vierden / das sie die Naturn einander gleich(IIII.) setzen / bezeugen jre eigene Bücher / daraus wir die Allegata von
wort zu wort angezogen / vnd erzelet.
So ist auch das Concordibuch mit nichten exempt / denn obs wol zum schein die
exaequation verwirfft / so ists jm doch in erklerung der sachen selbst zu wider
/ dieweil die Herrn verfasser noch durchaus streiten / Es gebüre der angenomenen
Menscheit eben dieselbige ehr / macht / gewalt / herrligkeit / vnd weisheit /
die der ewigen Gottheit eigen ist / ja sie verteidingen auch die rede / als
propriè, & simpliciter veram: Caro Christi est Deus: Das Fleisch Christi
ist Gott. Welchs im grunde (wo mans nicht eine figuratam locutionem sein lesset
/ in massen etwa D. Luther also / nicht böser meinung / aber keinen glaubens
Artickel daraus zu machen / geredet) nichts anders ist / denn das wir aus D.
Andree Musculo angezogen / welcher disputirt / das das ewige Wort mit seinem
angenomenen Fleisch ein wesen /
|| [24]
oder VNA essentia sey.
Welchs auch D. Heshusius die Churfürstliche Theologen zu Quedlinburg erinnert /
wie wir an seinem ort vermelden wollen.
(V.)
Das funffte Paradoxon anlangend / können sie nicht leugnen / das etliche vnter
jnen / derer namen / vnd wort von vns angezogen / zwischen der Clarification /
vnd Glorification vnterscheid machen / welches doch vom Euangelisten Johanne mit
einem wort ausgesprochen wird.
Das sie aber das Concordibuch disfals entschuldigen wollen / ist wider sie
selbst. Denn sie ja durchaus noch heutigs tags streitten / vnd fechten / das die
exaltatio naturae assumtae ad dexteram Dei, von mutter Leib an / in Christo
angefangen / vnd sey auff Erden solche herrligkeit des Fleisches Christi mit der
Knechts gestalt nur bedeckt gewest / welche gleichwol in den mirackeln bisweilen
herfür geleuchtet / bis sie sich nach der Aufferstehung / da die Knechtsgestalt
/ wie sie vorgeben / abgelegt / gentzlich mit vollem glantz ereigent / vnd
bewiesen hab.
Was ist dis anders / denn zugleich eine vermischung der ernidrigung / vnd
erhöhung / vnd daneben ein gedicht von einem vnterscheid des clarificirten / vnd
glorificirten leibs Christi?
Sintemal vorgeben wird / das die Menschliche natur in Christo / von der
empfengnis an / zur possess / oder besitz / gemeinschafft / brauch / vnd vbung
der göttlichen Maiestet / durch empfangene mitteilung aller Göttlichen
eigenschafft (wie die newe Phrases in der Erfurdischen Apologia lauten)
warhafftig komen / vnd erhaben sey / sie habs aber heimlich gehalten / bis nach
der Aufferstehung / etc.
|| [25]
Welchs freilich im grund nichts anders / denn eine verleugnung ist des gantzen
Artickels von der Erlösung des Menschlichen geschlechts durch Christum / vnnd
eine zerstörung der gantzen Historien von der Menschwerdung / ampt / mirackeln /
vnd wolthaten des ewigen Sons Gottes.
Das sechste Paradoxum / das Christus nach allen(VI.) beiden Naturen gelitten hab / verwerffen sie verbaliter, mit der
zungen: vnd behaltens realiter, mit der that.
Denn jre Bücher / vor / vnd nach der Formula Concordie / ausgangen / darauff sie
sich one vnterscheid beruffen / stehen für augen / vnd wil D. Selnecker keines
wegs leiden / noch zugeben / das man mit Theodoreto / welches meinung mit der
rede des Apostels. 1. Pet. 3. 4. vbereintrifft / sagen / oder für recht halten
sol / Christus ist dem Leiden / so fern er Gott ist / nicht vnterworffen gewest
/ Item / So fern er Gott ist / kan Christus nicht leiden.
Sol nu dieses vnrecht geredet sein / so mus vnwidersprechlich folgen / das
Christus entweder gar nicht / denn nur scheinweis hab gelitten / wie die
Marcioniten lesterten / von denen die Vbiquisten freilich nicht fern sind / weil
ein Leib / des Himel / vnd Erden vol ist (wie die Formula Concordie redet / Es
sey alles durch / vnnd durch vol Christi fleisch / oder vol Christus / auch nach
der Menscheit / fol. 313.) ans Creutz mit nichten hette angenagelt / noch am
Holtz gemartert / vnnd getödtet werden können / oder er wird nach beiden Naturen
gelitten haben.
Welcher meinungen keine mit Gottes wort bestehet. Vnd nichts desto weniger vnser
gegenteil so fest darauff beruhet / das sie in jrer vermeinten
Refutationschrifft wider vnser bedeneken / pag. 57. sich nicht geschewet / mit
diesen
|| [26]
schrecklichen worten heraus zu faren / das wo
jr dogma de Diuinitate suo modo in Christo passa, wie Brentius gelert / nicht
approbirt werde / der gantze Christliche glaub falsch / vnd wir noch nicht
erlöset / sondern ewig verlorn / vnd verdampt sein müsten. Haec illi.
(VII.)
Auff das siebende Paradoxum von der vermengung der Menschwerdung mit der
Himelfart Christi / haben wir D. Brentij (vmb welchen es den Vbiquisten
anfenglich allein zu thun gewest) eigene wort / buch / vnd blat angezogen / pag.
Apol. Anh. 160. Daraus klar bewiesen wird / das der Vbiquisten meinung sey / man
sol nach der zeit der Aufferstehung / vnd Himelfart Christi nicht fragen / denn
er sey von anfang seiner Menschwerdung vnsichtbarer weis hinauff in Himel
gefaren / vnnd zur rechten Gottes seines Vaters gesetzt.
Da auch die Herrn verfasser vnser wort mit gesunden augen angesehen / so hetten
sie pag. 146 in widerlegung jrer fünfften wider vns ausgesprengten calumnien /
da sie de futuris prognosticiren wolten / vnser intention / warumb wir die
tabellam paradoxorum aus jren Büchern zusamen gezogen / vnd daselbst inserirt /
leicht verstehen können / das wir nemlich den prognosticanten jren Calender
vmbwenden / vnd von jren abschewlichen leren nicht arckwonen / oder weissagen /
sondern die hochlöbliche Heupter / sampt allen Christlichen lesern auff jre
albereit / vor / vnd nach dem Concordiwerck publicirte schrifften mit anzeigung
Buch / blat / vnd wort / selbst weisen / vnd das vrteil nach der Göttsichen
richtschnur befehlen.
Dieweil denn solche vngehewre Knotten (wie wir daselbst am ende gedachter
tabellae, pag. Apol. Anh. 178.
|| [27]
gleichfals erinnert) in jrer weitgesuchten Antithesi fein stillschweigend
vbergangen sind / vnd die Autores nichts desto weniger so wol in der
Concordiformul / als in jtziger Erfurdischen Apologi sich etlich mal vff der
jrigen anderweit ausfürliche erklerung / vnd Schrifften referiren / so ist ja
hieraus offenbar / das obgedachte paradoxa bey jnen entweder für keine Irthumb
geachtet werden / oder das sie jrem Ampt nicht gnug gethan / sonder als
Splitterrichter parteyisch gehandelt / dieweil sie sonst aus allen winckeln so
viel errores in jrer langen antithesi zusam gerafft / der jrigen aber gantz
abscheuliche / vnd greiffliche jrthumb / ja lesterungen der allgemeinen
Christlichen warheit so meisterlich mit stillschweigen vbergangen.
Nach dem sie aber alhie jre Bawersdialectica gebrauchen(Fol. Ap. Erf. 75. a.) / daraus die newe
Regel genomen / wie man in Religions sachen fein höfflich / vnd Theologisch
antworten sol / nemlich wir sagen / das diese bezichtung nicht war sey / oder
wie einer aus den H. Bergischen Vätern vor der zeit in öffentlichen
disputationibus zu antworten gepflegt / Ego respondeo, quòd hoc argumentum non
est verum, etc. So müssen wir jnen zwar jre höffligkeit zu gut komen lassen /
denn von jnen heists:
Wir habens recht / vnd macht allein /
Was wir setzen / das gilt gemein /
Wer ist der vns sol meistern?
Dieweil sie vns aber herfür in jr dritt Capitel weisen / da fol. 71. Apol.
Erfurd. bey der beschreibung der Menschwerdung des Sons Gottes / die einwonung
aller Fülle der Gottheit dem Menschlichen angenomenen fleisch Christi also
zugeschrieben wird / das von dem augenblick der heili
|| [28]
gen Empfengnis an / die Menscheit in Christo zur Göttlichen maiestet
erhaben / ob sie wol dieselbige zur zeit der Ernidrigung heimlich gehalten / vnd
nicht allezeit hab blicken / noch sehen lassen / etc. so geben wir einem jeden
verstendigen zu erkennen / was dis anders sey / denn ein vermischung / wo nicht
gentzliche abtilgung beider Artickel von der Menschwerdung / vnd Himelfart
Christi / sonderlich / weil sie die göttliche Maiestet / in welcher besitz /
brauch / vnd vbung / wie sie reden / das fleisch Christi von Mutterleib an sol
erhöhet sein / so weit extendiren / oder amplificiren / vnd erstrecken / das /
wie D. Johannes Mattheus / Professor zu Wittemberg / die Formulam Concordie
expliciret / vom ersten augenblick der empfengnis an / der leib Christi / so wol
/ als die Gottheit / allenthalben sey / So ist ja nach dieser meinung / die
Menschliche natur Christi in Himel gefaren / so bald sie vom Son Gottes
angenomen.
Vnd eben diesen verstand hat auch jre versteckte auslegung des Artickels von der
sichtbaren Himelfart / darunter sie nichts anders / ob sie es wol nicht alweg
wöllen bekant sein / suchen / noch meinen / denn das man jrem fürgeben nach /
vngezweifelt gleuben sol / der sichtbare / begreiffliche / endliche leib Christi
/ welchen er im stand seiner nidrigkeit an sich gehabt / da er sein empfange
Maiestet noch heimlich gehalten / sey durch die Himelfart (welche sie im grund
jres Glaubens nur für ein spectackel halten / derwegen sie auch die letzte
widerkunfft des HErrn zum gericht / nur von einer apparition / oder offenbarung
verstanden haben wollen) vnsichtbar / vnbegreifflich / vnendlich worden.
Denn das heist bey jnen eigentlich / aus dieser jrdischen vergenglichen welt in
das himlische / vnd menschlicher
|| [29]
vernunfft
vnbegreiffliche wesen / oder leben eingehen. Da wol die wort bestehen könten /
aber jre meinung / die sie darunter verbergen / vnd nicht ehe / denn wenn sie
raum haben / offenbaren / ist der Historien des heiligen Symboli gantz / vnd gar
zu wider.
So viel nu das Concordibuch betrifft / ists eben vmb des willen desto
strefflicher / das es diesen hohen Artickel von der Himelfart vnerklert
stillschweigend vbergehet / da doch jr so viel / auch aus jren eigen
subscribente̅ / darumb gebeten.
Ja sie verleugnen im Concordibuch austrücklich / das Christus leiblicher /
begreifflicher / reumlicher weis im Himel sey / fol. 302. da doch die
Christliche Kirch / je / vnd alweg gegleubt / quòd Christus vbique sit
personaliter, in coelo localiter, in coena sacramentaliter.
Vom achten Paradoxo / das nemlich Christi leib / da(VIII.) er zu Hierusalem sichtbarlicher / vnd reumlicher weis / im
Tempel gepredigt / oder am Creutze gehangen / zugleich vff dieselbige zeit mit
der Gottheit zu Rom / Athen / im Himel / vnd vberal ausserhalb allen örtern /
vnsichtbarer / vnd vnreumlicher weis / gewesen sein sol / etc. Können sie nicht
leugnen / das sie vff diese meinung / mit D. Brentio / des wort wir in vnser
Apologia pag. 161. angezogen / jr ertichte Maiestet anfenglich gegründet.
Wie auch noch D. Johan̅ Mattheus vorgibt / der leib Christi sey vom
augenblick seiner empfengnis / ob er wol in Mutterleib nur reumlich / vnd
vmbschriben getragen / jedoch sonst vberal vnumbschriben / vnd one raum in Himel
/ vnd Erden gewesen.
Das aber das Concordibuch hieuon nichts wissen sol / geben wir allen Christlichen
lesern nur hieraus zu er
|| [30]
messen / das sie fol.
302. mit ausdrücklichen worten schreiben / Christi einiger Leib hab dreierley
weise etwa zu sein / vnd nach der leiblichen begreifflichen weise / wie er auff
Erden leiblich gangen / da er raum gab / vnd nam / seiner grösse nach / auff
solche weise sey er weder in Gott / oder bey dem Vater / noch im Himel.
Darnach machen sie seinen Leib zu einem Geist / oder gespenst / der wie das
gesichte / klang / oder dohn / item wie licht / vnd hitze / durch alle Creatur /
lufft / wasser / bret / vnd wand fare / vnd also sey er im Abentmal.
Endlich sol der leib Christi / so wol als Gott selbst / in / vnd ausser allen
Creaturen sein / wunderlicher weise / das sie jn weder fülen / rüren / messen /
noch begreiffen / sondern viel mehr / das er sie für sich habe / gegenwertig /
messe / vnd begreiffe / vnd nach dieser weise sey er mit Gott eine person.
Was folgt hieraus anders / denn das sie Christi leib in ein Gespenst verwandeln /
dieweil der HERR selbst bezeugt / das sey kein warhafftiger Leib / sondern ein
Geist / oder Gespenst / der sich nicht sehen / begreiffen / vnd fülen lasse /
noch fleisch / vnd bein an sich habe. Luce 24.
Wollen allhie geschweigen / das sie mit dieser Lehr die ware menschwerdung
Christi zu grund austilgen / dieweil sie vorgeben / der leib Christi sey mit
Gott eine person / nicht nach der weis / wie er auff erden raum geben / vnd
genomen / sondern wie er alles mit der Gottheit erfülle.
So müste ja nach dieser auslegung / nicht der Son Gottes für vns gelitten / vnd
gestorben sein / sondern nur lein pur gemeiner Mensch / dadurch notwendig all
vnser gaub / trost / vnd hoffnung zerstöret würde.
|| [31]
Das neunte Paradoxum von zweyerley Gottheit /(IX.) haben wir aus D. Brentij / vn̅ Jacobi Andree
angezogenen schrifften augenscheinlich erwiesen.
Das sie aber vorgeben / es sey mit klaren worten in libro Concordiae verdampt /
ist in vnser Apologia pag. 266. albereit verantwortet / nemlich / das solche
condemnatio in formula nirgend klar / vnd austrücklich zu finden. Denn ob sie
wol fol. 311. in genere affirmiren / es sey / vnd bleib in Christo nur ein
einige göttliche Almechtigkeit / krafft / maiestet / vnd herrligkeit / so ziehen
sie doch dieselbige per realem idiomatum communicationem, das ist / per
contradictionem in adiecto, eben so wol auff die Menscheit / als auff die
Gottheit / vnd sagen demnach von einem ding mit der that zugleich ja / vnd nein
/ ob sie es wol mit worten verblümen.
So viel aber die Antithesin anbelanget / welche sie sonst aus allen vier ecken
der Welt zusamen klauben / gedencken sie nicht mit einem einigen wort / das
etliche vnter jnen zweierley Gottheit / vnd allmacht / ein mittheilende / vnd
mitgetheilte / oder wie jre Epitheta lauten / communicantem, &
communicatam; item participantem, & participatam asserirt haben.
Dieweil sie denn fein stillschweigend vberhin streichen / so ist wol abzunemen /
das sie es für keinen Irthumb halten / sonderlich weil sie sonsten auch jrem
erdichten Anathemate selbst zu wider / diese proposition trutziglich
verteidingen / Caro Christi est Deus: Das fleisch Christi ist Gott.
Derwegen sie alhie zu milde berichten / das obgedacht paradoxum in libro
Concordiae mit klaren worten verdampt sey. In massen sie auch in jtziger
Erfurdischen Apo
|| [32]
logy / fol. 57. mehr nicht /
denn die erschaffene / vnd von der göttlichen natur abgesonderte Almechtigkeit
aussetzen / vnter des aber für / vnd für streitten / die Menschliche natur sey
der ewigen wesentlichen Almechtigkeit in Christo mit der that (realiter)
teilhafftig worden / ob sie wol nicht auch / wie die Gottheit / wesentlich
Almechtig sey.
Ist denn die Gottheit wesentlich Almechtig / die Menscheit aber per realem
omnipotentiae eiusdem communicationem; so können sie ja nicht fürüber / mit
Brentio zu distinguiren inter vnam illam, eandemque omnipotentiam, quatenus
est vel communicans, vel communicata, hoc est, simul actiua, & passiua.
Dauon wir in Gottes wort keinen bestendigen grund finden.
(X.)
Das zehende paradoxum, das die himelfart Christi nur eine Disparition / oder
verschwindung sey / mag ein jeder verstendiger aus den Allegaten vnser Apologie
/ pag. 165. vrteilen.
Ob aber das Concordibuch daran entschuldiget / weil es diesen Artickel vnerklert
gelassen / vnd demnach stilschwei? gend solche grobe jrthumb approbiret hat /
ist auch one vnser erinnerung leicht zu ermessen.
Denn auch die Jesuiten zu Meintz / cap. 9. Disputationis suae contra
Vbiquitarios, thesi. 96. von diesem Artickel nachfragen:
An Spiritus sanctus loquatur impropriè? Item, cur in tàm grandi volumine libri
Concordiae tàm altum sit de Ascensione phantastica silentium? scilicet (sagen
sie) vt populus non intelligat ineptissimas Patrum Concordiae ineptias. Haec
illi.
Das sie sich aber alhie auff das vorgehende Capitel jrer Erfurdischen Apologien
beruffen / stehen wol die wort
|| [33]
daselbst / fol. 71. die
wir in rechtem verstand gern annemen / das nemlich der Artickel von der
Himelfart historicè, vnd laut des Buchstabens zuuerstehen / vnd das Christus mit
seinem Leib am 40. tage nach seiner Aufferstehung warhafftig / vnd sichtbarlich
von der Erden durch die Wolcken erhaben / vnd gen Himel gefaren / vnd das hier
kein disparition / oder verschwindung zu dichten sey.
Aber wie reimpt sich hiemit / das die Formula Concordie / fol. 302. wie oben gemelt / klar aussagt / das Christus
leiblicher weis nicht im Himel sey.
Item / das nach art der göttlichen Rechten / Christi leib allenthalben
gegenwertig sey.
Item / das sie in jrer Apologia den Artickel von der widerkunfft des HERRN zum
gericht / nur von der apparition / oder offenbarung des albereit
allenthalbgegenwertigen leibs Christi erkleren? Denn freilich dis alles der
Historien Symboli zu wider ist.
Vom eilfften paradoxo, da sie Himel / vnd Hell in(XI.) einander mengen / zeugen abermal jre vnleugbare angezogene wort /
pag. Apol. Anhald. 171. Welche im Concordibuch alle stillschweigend Canonizirt
werden / in massen sie es alhie nicht allein vnuerneint lassen / sondern auch
mehr fur verantwortlich / denn für jrthumb achten.
Denn sol es zu verantworten sein / so mus es ja etlicher massen vertheidinget
werden / das der Himel in der Hell / vnd die Hell im Himel sey / welches wir mit
der ewigen Klufft des göttlichen Gerichts / dauon Luc. 16. der HERR redet / vnd
mit der absonderung der verdampten von den auserwelten / Matth. 25. da ein jeder
Hauff an seinen ort gewiesen wird / keins wegs concilijren können.
|| [34]
Wie aber der Artickel von der Himelfart im Concordibuch ausgelassen / Also ist
zwar die Hellefart / vieleicht vff etlicher Subscribenten erinnerung (Dieweil
sie zuuor im Torgawischen buch fast Comedien weis / durch Fahnen / vnd
Chorkappen / damit Christus / als ein Siegender Held / die Thor in der Hellen
auffgestossen / vnd vnter den Teuffeln rumort / das hie einer zum Fenster / der
ander dort zum Dache hinaus gefallen / welchs wir an seinen ort stellen / vnd
für die Kinder passiren lassen / erklert worden) sehr verschnitten / ob wol
remissiuè nichts anders sol gemeint sein.
Were gleichwol in solchem herrlichen vorhabendem werck zur algemeinen Concordien
ein ausfürlichere declaration beyder Artickeln / von der Hellenfart / vnd
Himelfart Christi / aus Gottes wort wol von nöten gewesen.
Aber es haben sich die Herrn verfasser besorgen müssen / sie möchten sich zu
beiden teilen blos geben / Dieweil Himel / vnd Hell so wenig / als niderfaren /
vnd auffaren / von einerley ort können verstanden werden. So ist dieselbige
gantze predigt Lutheri / darauff sich das Concordibuch bey dem neunden Artickel
referirt / welcher auch Fürst George zu Anhald / Christmilder gedechtnis / in
seiner dritten Predigt vber den 16. Psalm / fol. 251. gedencket / dem gedicht
von der allenthalbenheit durchaus zu wider. Man wolte denn alles von Christo nur
scheinweis / mit den Marcioniten / vnd nicht viel mehr historicè, nach der
Schrifft / verstehen / vnd auslegen.
(XII.)
Vom zwölfften / ob die verklerten leibe der Heiligen / (verstehe so wol Christi /
als seiner auserwelten) im Himel vmbschriben sein / das ist / jre vnterschiedene
disposition /
|| [35]
grösse / vnd gestalt der warhafftigen
Menschlichen gliedmassen an sich haben / vnd behalten / oder nicht? Dazu sagen
wir / Ja: die Vbiquisten aber / Nein: nach ausweisung jrer eigenen wort / die in
vnser Apol. fol. 173. etc. angezogen sind.
Das nu D. Brentij / vnd seiner Consorten meinung im Concordibuch nicht gedacht /
vnd demnach vnausgesetzt blieben / nemen wir für bekant an. Denn eben das
heissen wir / in der weitgesuchten antithesi jres Concordibuchs molli brachio
fürüber streichen / vnd der jrigen (vff welcher vielfeltige vnter des / vor /
vnd nach diesem streit / ausgegangene / wiewol vnbenampte / Bücher sie sich
allweg beruffen) stilschweigend verschonen. Wie sie denn auch im eilfften
Paradoxo vorgewand / das es von andern vorlengst sey verantwortet worden / vnd
doch zum wenigsten nicht anzeigen / wenn / wo / von wem / oder wie solchs
geschehen / noch wo es nach zusuchen / oder zu finden. Item / ob die
verantwortung gnug / oder zu wenig / dem göttlichen wort gemes / oder zu wider
sey.
Nach dem aber das Concordibuch fol. 302. mit klaren worten aussagt / Christi leib
sey nicht leiblicher / das ist / vmbschribener / begreifflicher weis im Himel /
wie er vmbschribener / vnd begreifflicher weis auff Erden gangen / so lassen wir
abermal einem jeden verstendigen das vrteil befohlen sein / ob nicht eben hiemit
D. Joan̅. Brentij / vnd Andree Musculi / sampt jrer Consorten
meinung bestettigt werde / da sie vorgeben / man müsse nicht gedencken / das
Christus in der gestalt / in welcher er sichtbarlich auffgefaren bis an die
wolcken / im Himel sey. Vnd ob wol Theodoretus / mit allen rechtgleubigen alten
Lerern anders hieuon geschrieben / vnd gehalten / so sey es doch ein vnrechter
|| [36]
verstand der Schrifft / vnd nichts / denn
kindische gedancken von Himlischen sachen gewesen / etc.
Aus welchem allem augenscheinlich klar / das wir den vnparteyischen Leser mit
erzelung so vieler abschewlichen Paradoxen nicht vnbillig gewarnet / sich vor
dem Concordibuch wol für zu sehen / in welchem freilich die Fundamenta / vnd
gründe aller derselbigen abschewlichen jrthumen heimlich versteckt sind.
Was aber nu von den Herrn verfassern der Erfurdischen Apology zu halten sey /
welche vngeacht / das sie nicht in abrede sein können / oberzelte Paradoxa seyen
in den angezogenen jrer Consorten Büchern von wort zu wort also / wie in vnser
Tabella ördentlich verzeichnet / zu finden / die auch so grob / das (wie sie
selbst bekennen) billig alle welt (Fol. Ap. Erf.
74. a.) dafür gewarnet werden solte / sie
nichts desto weniger in jrer langen / weitgesuchten / vnnd offtmals erzwungenen
Antithesi (darin bisweilen errores nur die zahl zu gemehren / mit eingemenget /
derer niemand jemals bezichtiget / geschweigen vberzeuget worden ist / als von
den zusamen geleimten Brettern / vnd dergleichen) solche vngehewre Knotten
ausgelassen / vnd niemand dauor gewarnet / sondern jren gesellen hiemit lauirt
haben / ja wol die gründe selbst / wie gemelt / im Concordibuch heimlich dazu
gelegt / vnnd vnterbawet. Solchs wolle ein jeder / dem die warheit / vnnd Gottes
furcht ein ernst ist / bey sich selbst zu gemüt füren / vnd behertzigen. Bisher
von der tabella paradoxorum.
HIerauff folget nu in vnser Apologia / vom 181. blat an / bis ins. 219. ein
kurtze / einfeltige / warhafftige erklerung des grossen geheimnis von der
Menschwerdung des Sons
|| [37]
Gottes / das ist / von der
persönlichen vereinigung der Göttlichen / vnd menschlichen Natur / sampt
derselbigen jmmerbleibenden wesentlichen eigentschafften / vnd wirckungen in
Christo.
Item / Von dem vnterscheid der Amptsnamen / so der Person nach beiden Naturn
zustehen / vnd der wirckungen / so nach jeder natur eigenschafft müssen erklert
/ vnd verstanden werden / per vsitatam regulam, welche die Patres genent
communicationem idiomatum.
Item / was eigentlich aus Gottes wort von der Maiestet / Ehr / glori / vnd
Herrligkeit Christi / so wol nach seiner ewigen Gottheit / als nach der
angenomenen Menscheit / welche auch in der erhöhung zur Rechten des Vaters
vnabgetilget bleibet / zu halten sey.
Dieweil aber solches alles von den Herrn verfassern mit keinem wort angerüret /
viel weniger aus der heiligen Schrifft / noch allgemeinen Symbolis widerleget
ist / noch werden kan / so wollen wir hiemit den Christlichen Leser daselbst hin
gewiesen haben / vnd zweifeln nicht / er werde hieraus leicht schliessen / das
vnsere Antagonisten in jrem gewissen der warheit vberzeugt sind / welche sie on
vrsach in antastung des dritten teils vnser Apologia / da wir jnen so viel
starcker / vnbeweglicher Argument entgegen setzen / zu widerlegen sich bemühen /
vnd doch nichts anders dadurch erhalten / denn das sie jr eigene Lehr je lenger
je bawfelliger machen / vnd derselbigen mangel / feil / vngewisheit / vnd
gebrechligkeit jederman zu erkennen geben / den Papisten aber / vnd andern
widersachern / vnser gantze Religion zu verlachen öffentlich prostituiren.
Solchs wollen wir nochmals / mit erklerung vnser Argument / welche noch fest
ste
|| [38]
hen / vnd mit ablehnung jrer
vngegründen widerlegung / auffs kürtzest / einfaltigst / vnd deutlichste dem
vnparteyischen Leser zu erkennen heimstellen / vnd hiemit vor dem betrug / in so
wichtigen sachen / jederman gewarnet haben.
Vnd bedingen alhie anfenglich / das wir mehrer richtigkeit halben / die ordnung
vnser vorigen Argumenten behalten wollen. Denn die Herrn verfasser viel argument
vbergehen / die andern aber confundiren / vnd wunderlich in einander werffen /
mehrer teils auch gar zustümmeln / vnd verkeren / welchs anzeigunge sind einer
bösen vngewissen sach / die sich auffrichtiger weise von niemand wil
vertheidingen lassen / sondern jre Patronen selbst pflegt vnter die augen zu
schelten.
Es ist aber der gantze streit alhie von diesen dreierley Propositionibus / oder
reden / Ob die menschliche Natur / oder das fleisch Christi / aus krafft der
persönlichen vereinigung mit der Gottheit des ewigen Worts / sey Almechtig /
alwissend / allenthalben. Also das Christus nicht allein seiner ewigen Gottheit
halben / nach welcher Er mit dem Vater / vnd heiligen Geist der warhafftige /
einige Gott / schöpffer / vnd erhalter aller ding / gleich dem Vater / vnd
heiligem Geist / an macht / gewalt / weisheit / sterck / krafft /
vnermessligkeit / Ehr / vnd herrligkeit ist / vnd bleibt von ewigkeit zu
ewigkeit / Sondern auch seiner angenomenen natur halben / nach welcher er vnter
Gott / das ist / kleiner denn der Vater / vnnd heilige Geist / Ja / wie
Augustinus sagt / se ipso minor, vnd demnach eines wesens mit vns / seinem
geschöpfe ist / sol für almechtig / alwissend / vnendlich gehalten / vnd
gegleubt werden.
|| [39]
Dazu sagen wir / Nein / aus folgenden / vnbeweglichen(Argumenta Anhaldinorumcontra Vbiquistas.) / warhafftigen
gründen.
Das Erste Anhaltische argument.
Erstlich / Gott befihlet ernstlich durch den Apostel /(I.) das wir fest halten sollen ob dem fürbild der heilsamen gesunden
rede des heiligen Geistes / in Prophetischer / vnd Apostolischer Schrifft vns
offenbaret / vnd vorgeschrieben.
Obgedachten art zu reden / das Christi fleisch almechtig / alwissend /
allenthalben sey / kömpt mit demselbigen fürbild nicht vberein.
Derhalben sind wir nicht schuldig darob zu halten / sonder viel mehr / als
verdechtige / vnd von Menschen erfundene zu verwerffen.
In diesem Argument haben wir Maiorem mit der Regel Lutheri erklert: Qui nouas
phrases fingit, nouas simul res fingit. Wer sich vnterstehet / in den
geheimnissen der hohen glaubens Artickel / newe art zu reden herfür zubringen /
der gehet gewislich mit newer Lehr schwanger.
Hiemit stimmet auch der schöne Spruch Augustini vberein: lib. 10. de Ciuit. Dei, cap. 23. Nobis ad certam
regulam loqui fas est, ne verborum licentia etiam de rebus, quae his
significantur, impiam gignat opinionem.
Die Minorem bestetigen vns die Antagonisten selbst. Denn in jrer vbergebenen
Refutationschrifft wider vnser bedencken / können sie nicht fürüber / sondern
müssen wider jren willen bekennen / das gedachte Phrases / die Menschliche natur
in Christo ist almechtig / alwissend / allenthalben / nicht allein in heiliger
Schrifft / vnd dreyen Heupt
|| [40]
symbolis / sondern
auch in der Augspurgischen Confession / Apologia / Schmalkaldischen Artickeln /
vnd Cathechismis Lutheri nicht zu finden.
So mus ja / jrem eigen bekentnis nach / vnwidersprechlich folgen / das es von
Menschen erdichte / vnd demnach verwerffliche Phrases sind.
Haben derwegen die Autores der Prefation im Concordibuch der Hochlöblichen
heupter Namen misbraucht / da sie berichtet / Es werde hiemit in bestettigung
der Formul Concordie von obgedachter norma fidei orthodoxae weder in rebus, noch
phrasibus abgeschritten.
Hierauff gebürt den Herrn verfassern der Erfurdischen Apologien richtig zu
antworten. Denn so lang sie diese newe Phrases aus obgedachten approbirten
schrifften nicht augenscheinlich / vnd nach dem Buchstaben selbst erweisen / so
bestehet dis erste Argument / vnd schleust wider sie / das sie in praefatione zu
mild berichtet haben.
Ob sie auch gleich vorwenden / jre Phrases seyen implicitè in obgedachter
hypotyposi (welchs wir jnen viel weniger gestehen) so ists doch nichts
geantwortet / sondern dasselbige müste vnter die sententz / res, oder meinung
der Lehr gezogen werden.
Sie haben aber fürgeben / das sie nicht allein mit der meinung / sondern auch mit
den worten selbst von der heiligen Schrifft / Heuptsympolis / Augspurgischen
Confession / Apologia / Schmalkaldischen Artickeln / vnd Catechismis Lutheri im
geringsten nicht abweichen.
Dieweil sie denn hiemit die Hochlöbliche Heupter persuadirt / vnd wider andere
vnschuldige haben zur vngnad bewogen (wie denn jre Chur / vnd Fürstliche gnaden
wir
|| [41]
keins wegs verdencken könten / die jenigen in
billige straff zu nemen / die von dem furbild der heilsamen Lehr in heiliger
Schrifft / vnd obgedachten Büchern der heiligen Schrifft gemes / nach dem
heilsamen / rechten / schrifftmessigem verstand angenomen / vnd verfasset /
abzuweichen sich vnterstehen möchten / Jedoch da sie zuuor ördentlich verhört /
mit Gottes wort vberwiesen / vnd halsstarriger weise bey jrem eingebildetem
vorgefastem jrthumb zu verharren befunden würden) So begeren wir nicht one
vrsach / das vnsere widersprecher jre phrases aus den Büchern in norma
begrieffen / nach dem Buchstaben beweisen. Wo nicht / wie es jnen denn / jrer
selbst aussag nach / zu thun vnmüglich / so werden sie hiemit einer öffentlichen
vnwarheit vberwiesen. Denn sie vnter der löblichen Heupter Namen in der
Praefation ausgegeben / sie tretten mit dem newen Concordibuch von offterwenter
norma weder in phrasibus, noch rebus ab / da doch die Heuptsachen mit solchen
phrasibus nirgend in norma beschriben sind.
Lassen demnach alhie nochmals alle vnparteyische Christen vrteilen / ob nicht die
Anhaltischen / sampt allen rechtgleubigen / wenn sie schon sonst kein ander
bedencken gehabt / jedoch an diesem Argument allein / vberwichtige vrsach
gnugsam gehabt / sich der Subscription des Concordibuchs zu wegern.
Denn wir sind nicht auff Menschen wort / noch lere / sondern allem auff Gottes
wort / vnd Christliche Symbola getaufft / haben dazu in vnsern promotionibus,
vnd ordinationibus an Eydes stat zugesagt / vnd angelobt / kein newe Lehr / so
dem Göttlichen wort / den Symbolis / noch Augspurgischen Confession / vnd
demnach der vnwandelbaren /
|| [42]
ewigen / göttlichen
warheit zu wider / weder in rebus, noch phrasibus, in vnserm Ministerio zu
gestatten / noch einzufüren.
Darumb vns billig alle Christliche hertzen wol entschuldigt nemen werden.
Nach dem sie aber hiebeuor in jrer Refutationschrifft wider vnser bedencken
dreyerley farben gebraucht / die newerdachte Phrases bey Ehren zu erhalten / so
erinnern wir alhie den Christlichen Lesern / das wir jnen zwo derselbigen
Scheinfarben haben abgedrungen / welche sie alhie nicht mehr auff die bahn
dürffen bringen / vnd in vnser Apologia pag. 230. zu finden sind / mit der
dritten aber / nemlich das die Patres also geredt sollen haben / wollen sie sich
noch schützen.
Nu begeren wir nichts mehr / denn klaren beweis / wo / in welchem Buch / blat /
ort / bey den rechtgleubigen alten Kirchenlerern diese phrases zu finden: Caro
Christi, oder humana natura Christi est omnipotens, omniscia, vbique. Denn so
lang sie dasselbig nach dem klaren Buchstaben nicht augenscheinlich beweisen /
in massen es jnen bisher daran gefehlet / so bleibt dis vnser erstes Argument
wider sie fest / vnd vnbeweglich.
Wie sie denn auch alhie in jrer Erfurdischen Apologia / fol. 75. sich fast selbst
schuldig geben / dieweil sie nicht richtig vffs Argument antworten / sondern wie
jre gewonheit ist / die fallaciam secundum plures interrogationes herfür suchen.
(Fol. Ap. Erf. 75. a.)
Belangend (sagen sie) die phrasin: humana natura Christi est omnipotens, wird
diese rede / nach ausweisung / vnd mit worten der Schrifft / vnd orthodoxae
antiquitatis,
|| [43]
also erklert / das Christo nach seiner
angenomenen Menschlichen natur göttliche gewalt / vnd macht gegeben / Matth. 28.
Bisher jre wort.
Was ist aber hiemit vnserm Argument benomen? Denn alhie nicht die frage ist / wie
sie jre newerdachte art zu Reden erkleren / sondern von der Rede selbst / ob sie
in der Christlichen Kirchen zu dulden / weil weder die heilige Schrifft / noch
die Heuptsymbola / noch die Augspurgische Confession / Apologia /
Schmalkaldische Artickel / oder Catechismus Luthert also reden / das die
Menschliche natur sey almechtig / alwissend / vnd allenthalben gegenwertig.
Von der erklerung / ob sie zu zulassen / oder nicht / werden die folgende
Argument handeln / alhie fragen wir von der Phrasi / welche sie zwar gern mit
dem Spruch Matth. 28. beschönen wolten / Aber alle wort desselbigen Spruchs sind
jrer Phrasi zu wider.
Denn wer hat jnen die macht gegeben / dem HERREN Christo seine wort also zu
erkleren / Ja viel mehr vmb zu keren / vnd gar zu verderben. Das es sol heissen
/ Mir / das ist / meinem angenomenen fleisch / oder Menschlichen natur. Ist
gegeben / das ist / thetlich mitgeteilt / vnd geschenckt. Alle gewalt im Himel
vnd auff Erden / das ist / die ewige / wesentliche / vnermesliche almechtigkeit
/ alwissenheit / vnendligkeit / oder allenthalbgegenwertigkeit meiner ewigen
Gottheit selbst / das ich also nach beiden Naturen almechtig / alwissend /
allenthalben sein sol.
Werden doch durch diese erklerung dem HERRN alle wort vmbgekert. Wenn wir den̅ schon so vergessen sein wolten / vnd diese nichtige erklerung
passiren lassen / so wer dennoch die Phrasis noch vnerwiesen / von welcher der
|| [44]
streit ist / vnd würde billicher geschlossen / das
wir mit der Schrifft / denn mit jnen zu reden vns befleissigen solten. Denn
sonst vns der Prophet öffentlich vnter augen schelten würde / wie der Spruch
lautet / Ezech. 22. Sie Predigen lose teiding / weissagen lügen / vnd sagen / So
spricht der HErr HERR / so es doch der HERR nicht geredt hat. In massen auch aus
den Sprüchen Johannis 5. vom vbergebenen gericht. Matth. 9. von der gewalt Sünde
zu vergeben. 1. Johan. 1. von der Sünden abwaschung. Item Philip. 2. von der
Ehre der anruffung / etc. obgedachter steittigen reden keine folget.
Das sie vns aber fürwerffen / wir wolten gern die Lehr von dem lebendmachenden
fleisch Christi / mit dem angezogenen spruch Cyrilli: Natura carnis ipsa per se
viuificare non potest. Quid enim maius natura Diuinitatis haberet? vmbstossen /
das ist ein öffentliche calumnia / dadurch sich jr geist allezeit / weil er
sonst nichts hat für zu bringen / sehen lesset.
Vnd zwar sie müssen vns bald drauff / wider sich selbst (Fol. Ap. Erf. 75. b) recht geben. Denn sie
bekennen / das sich Cyrillus / wie er verstanden sein wolle / gnugsam erklere /
nemlich / ob wol das fleisch durch sich selbst nicht könne lebendig machen / wie
Gott selbst / so könne es doch ea, quae indigent vita, lebendig machen / darumb
/ vnd daher / das es durch die vereinigung mit dem Wort zu solcher
lebendmachenden krafft erhaben / vnd komen sey.
Dieweil denn Christi fleisch (obs wol in warheit das lebendmachende fleisch ist /
vnd heist / ratione videlicet non essentiae, sed subsistentiae, hoc est, vnionis
cum Verbo, quod omnia viuificat, wie die klare wort in vnser Apologia
|| [45]
pag. 231. austrücklich gesetzt) gleichwol nicht / wie
Gott selbst / durch sein almechtige krafft / sondern durch krafft der
persönlichen vereinigung mit dem ewigen almechtigen Wort lebendig machet / wie
ists denn almechtig?
Denn es ja sich selbst / viel weniger andere aus eigener krafft nicht lebendig
machet / Sondern ist ein lebendigmachendes fleisch / Erstlich vmb der
vereinigung willen mit dem ewigen Wort / welchs das leben selbst ist. Johan. 1.
Vnd hieuon reden alle testimonia, welche cap. 1. Apologiae Erfurdensis vom
zehenden blat an / bis ins 14. aus den Patribus erzelet werden / welchen wir
disfals im geringsten nicht widersprechen / sondern bezeugen hiemit öffentlich /
das vnser meinung in allen / vnd jeden denselbigen Sprüchen begriffen / vnd
erkleret sey.
Zum andern / respectu meriti. Denn der Son Gottes hat sein eigen fleisch für
vnser Sünde zum lytro, oder bezalung dahin gegeben.
Zum dritten / respectu copulationis cum membris. Denn es ist kein applicatio des
warhafftigen trostes / noch ewigen lebens / weder an Leib / noch Seel des
Menschens / wir werden denn durch warhafftige bekerung / vnd glauben seine
gliedmassen. Non enim consolationem experimur, nisi fiducia Christi, &
Deus admirando consilio non vult nos recipere, nisi propter obedientiam,
& meritum huius personae, quae est Deus, & homo: nec regimur,
& viuificamur Christi Spiritu, nisi membra facti corporis eius.
Das aber Christi fleisch mit nichten darumb almechtig / alwissend / noch
vnendlich werde / bezeugt nicht allein der Spruch Lombardi / darauff die Herrn
verfasser nichts antworten können: Humanae Christi naturae datum non est,
|| [46]
posse omnia facere, quae Deus facit, ne omnipotens,
& per hoc Deus putaretur. Sondern auch Cyrillus selbst mit folgenden
worten / welche auch die Mechelburgische Theologen notirt haben: Ex quibus
omnibus (spricht Cyrillus lib. 11. in Ioan. cap. 22.) illud subtilius emergit, quòd etiam cum vt homo
adesset, non hac ratione, sed Deitatis virtute, ac gloria illos conseruabat.
Nihil ergo mali vobis accidere potest, ait, si carne abfuero; cum Deitatis meae
potestas, quae vos huc vsque conseruauit, in posterum etiam seruatura sit. Haec
non ideo dicimus, quia Domini corpus non magni aestimemus: sed quia mirabiles
hos effectus gloriae Deitatis attribuendos putamus. Nam ipsum etiam Domini
corpus coniuncti virtute Verbi sanctificatur. Haec ille.
(Fol. Ap. Erf. 75. b)
Was ferner in der Erfurdischen Apology an diesem ort von den wörtlein
essentialiter, habitualiter, formaliter, subiectiuè gedacht wird / sparen wir
hienunter an seinen ort / vnd können vns nicht gnugsam verwundern / das sie die
Argument flugs im anfange also in einandergeworffen. In massen sie auch hieher
ziehen / was wir in vnser Apologia pag. 145. bey der ablehnung jrer dritten
calumnien von etlichen secretis, so von D. Luther seligen mit eigner hande
geschrieben / vnd in des Gottseligen Fürst Georgen zu Anhalt / etc. Christmilder
gedechtnis / Archiuen zu finden / erwehnet haben. Welches von vns mit warheit
geschehen / bedürffen aber (Gott lob) vnser Lehr zu vertheidingen / noch zur
zeit solcher secreten / die wir billig in allen ehren halten / nirgend zu. Wie
wir denn auch derer vnser widerpart so leichtlich nicht wirdig achten wolten /
ob schon (welchs doch nicht ist) dieselbige zu publiciren / oder eröffnen / bey
vns stünde.
|| [47]
Wer aber die jenigen sind / die mit heimlichen / vnd offtmals erdichteten
brieffen / vnd was dergleichen ist / vmbgehen / mögen sich vnser widersacher
selbst durcheinander befragen / vnd prüfen / vnter vns werden sie solche
Märleinstichter nicht finden.
Es geschahe aber Anno. 78. zu Hertzberg im Colloquio, das vnser gegenteil ein
gros geplerr macht von seltzamen Brieffen / so etwa der Gottselige Philippus an
einen grossen woluerdienten Fürsten / der Augspurgischen Confession verwant /
solt geschrieben haben. Als wir aber dieselbigen zusehen begerten / vnd
vertröstung bekamen / wurde nichts draus / das wirs gleich selbst für ein
Schertz / oder viel mehr fur ein Fabel achten musten.
Noch eins können wir alhie nicht vnterlassen / die Herrn verfasser zu bitten /
das eben sie drey sich vntereinander / dieweil sie noch am leben sind / wol
besinnen wolten / ob nicht einer aus jrem mittel (sonderlich aber der jenige /
welcher seinen glauben so offt verendert / das er zu Hertzberg / als wir in
etlicher Dictaten / seiner jtzigen Lehr durch aus zu wider / wolmeinende
erinnerten / freywillig / wiewol seiner hochachtparkeit zu geringer Reputation /
bekante / er hette in vergangenen Jaren so viel geschrieben / das er jtzt gnug
zu corrigiren / vnd reuociren habe) etwan dem Herrn Philippo sein testament nach
seinem todt zu verbessern / oder viel mehr zu verbösern sich vnterfangen / da
ein Büchlein / Disce mori genand / wider solt auffgelegt werden / darin solch
testament in erzelung des H. Philippi Seligen abschied / von wort zu wort / so
viel sein bekentnis betrifft / angezogen. So es von nöten / könten wir
demselbigen sein eigen Hand / vnd glossam zeigen / da er seinem Praeceptori
|| [48]
gantze zeil ins testament inserirt / vnd andere wort
dafür ausgestrichen.
Was dis für ein Erbar stücklein sey / geben wir verstendigen / vnd Christlichen
Juristen zu erkennen. Sonderlich weil dasselbig Büchlein wider des Autoris
wissen / vnd willen / nach solcher correction / oder viel mehr deprauation /
heimlich wider in die Officinam verschickt worden / da es noch / durch
sonderliche schickung Gottes / ehe es auffgelegt / offenbar / vnd von andern
vnternomen ist.
Was solt man wol von vns armen Leuten für ein Weltgeschrey machen / wenn man
dergleichen Erbare stücke / daruor vns Gott ewiglich behüten wolle / vff einigen
vnsers mittels erweisen könte. Aber von jnen heists / wie der 56. Psalm sagt /
Was sie böses thun / das ist schon vergeben / denn sie machen jnen kein
gewissen.
Belangende das dictum Athanasij / da wir jnen wolmeinende / vnd one
weitleufftigkeit gewiesen / das jr allegatum sich anders / denn sie angezeigt /
befinde / geben sie zur (Fol. Ap. Erf. 76. a.) antwort / Erstlich / das es im
vmbschrieben von dem Amanuensi versehen / welchs wir an seinen ort stellen /
bitten aber gleichwol / da wir etwan solcher entschuldigung bedürfften / sie
wollen vns dieselbige auch zu gut komen lassen.
Das sie aber zum andern mit fast vnhöfflichen worten heraus faren / vnd vns
lügenstraffen / Es sey nicht war / was wir desfals berichtet / hetten wir vns
gleichwol zu jnen / als grossern Lichtern / ja Seulen der Kirchen / mehr
bescheidenheit versehen / vnd dafür geachtet / da wir / als die wir vns jnen
nicht gleich weder an alter / noch verstand halten / vieleicht gejrret / sie
würden vns (andern zum vorbilde) etwas gelinder begegnet sein / in betrachtung
der verma
|| [49]
nung des Apostels / Lieben Brüder / so
ein Mensch etwa von einem feil vbereilet würde / so helfft jm wider zu recht mit
sanfftmütigem Geist / die jr geistlich seit / vnd siehe auff dich selbst / das
du nicht versuchet werdest / Galat. 6. Denn wir meinten / solche vnd dergleichen
Regel weren jnen so wol / als vns vorgeschriben.
Dieweil sie aber der Geist jrer warheit dermassen heraus zu faren antreibt / so
wollen sie gleichwol bedencken / ob nicht so wol die Theologen im Ertzstifft
Magdeburg / als die Mechelburgischen in jrer beiderseits vberschickten Censur
von der Erfurdischen Apology erinnert / das sie an vielen orten nicht allein der
alten Väter Sprüche widersinnisch / sondern auch der jenigen meinung / die sie
zu refutiren sich vnterstehen / vnrecht citirten. Zugeschweigen / das sie eben
an diesem ort in entschuldigung des Sprüchs Athanasij zwifach vffs new sich
verraten.
Denn erstlich aus der Vorrede vber die opera Athanasij klar zu sehen / das die
scripta tertij Tomi sind supposititia.
Dieweil sie denn in jrer Apologia wider die Bremenses etliche dicta Augustini aus
dieser vrsachen / das dieselbige Scripta nicht eigentlich / wie sie vorgeben /
Augustino zustehen sollen / verwerffen / so hetten sie allhie dasselbige billig
ebenmessiger weis bedencken sollen.
Zum andern / sagen sie / das Athanasius in eadem oratione de suscepta natura
humana contra Apollinarium, pag. 53. Die wort Petri /
Act. 2. Dominum illum, & Christum fecit, quem vos crucifixistis,
&c. auff zweierley weise interpretire: Erstlich / De corpore Christi:
Zum andern / de vniuersa Ecclesia: Da doch die scripta Athanasij augenscheinlich
das contrarium beweisen. Denn weil der spruch /
|| [50]
dauon
wir erinnerung gethan / stehet / jrem eigen verzeichnus nach / pag. 540. vnd
dieselbige Oratio de suscepta natura humana contra Apollinarium, daraus der
locus, welchen wir notirt / genomen / nicht mehr / denn 6. folia in sich gantz /
vnd gar begreifft / wie kan es denn müglich sein / das ex eadem oratione, pag.
53. dauor / wie sie one grund fürgeben / das gegenspiel zu befinden? Müste doch
also dieselbige Oratio bey. 487. folia in sich begreiffen. Hat das auch der
Amanuensis versehen / so möcht er billig die Feder nider legen. Denn in solchen
wichtigen sachen / vnd sönderlich vor den hohen Heuptern die Religion zu
verfechten / freilich ein fleissigers auffsehen beides in setzen / vnd
abschreiben erfordert wird.
Ob wir jnen nu gleich wolten alhie vberhelffen / vnd das 53. blat des gantzen
operis Athanasiani verstehen / welchs vns nachweiset in die schöne herrliche
ausfürliche oration de incarnatione Verbi, eiusque corporali ad nos aduentu, so
kömpt jnen doch in derselben gantzen Homilia nicht ein Sprüchlein / noch einige
Syllaben zum behelff / wie wir nochmals allen verstendigen das vrteil befehlen /
vnd nicht zweifeln / das vmb dieser vrsach willen von den Herrn verfassern die
wort des 53. blats / darauff sie sich scheins halben beruffen / ausgelassen.
Denn sie vieleicht dafür achten / es werd jnen niemand nachschlahen. Was sie
denn nicht setzen / darauff können wir nicht antworten.
So viel aber den Spruch aus dem 540. blat Athanasij allegirt / betreffen thut /
ist derselbig in vnser Apologia pag. 236. ex toto contextu, welchen vnsere
widersacher vorsetzlich verstümmeln / gnugsam erklert / vnd wider jre falsche
gloss ausfürlich erhalten / das alhie ferner dauon zu dispu
|| [51]
tiren vnnötig. Sonderlich weil die Sprüche Nysseni / Basilij
/ vnd Epiphanij / von jnen des orts citirt / vnser Lehr(Fol. Ap. Erf. 76. b)
selbst bestettigen / vnd dem gegenteil widersprechen / wie im folgenden Argument
klar zu erkennen sein wird / wenn wir aus Nazianzeno erkleren werden / was
Basilius meine / da er lib. 2. contra Eunomium spricht:
Non esse Theologiae, sed oeconomiae sermonem illum Petri: Dominum ipsum,
& Christum fecit hunc Iesum.
Vnd zwar der Apostel erklert sich selbst / das fecit alhie so viel heisse / als
declarauit. Denn was S. Petrus / Act. 3. am ende seiner Pfingstpredigt sagt /
das Gott diesen Jesum / den die Jüden gecreutziget hatten / zu einem HERREN /
vnd Christ gemacht habe / das hat er im anfang derselbigen predigt / durchs wort
(Beweiset) ausgesprochen. Welchs die Schrifft vmb vnsert willen also beschreibet
/ denn mit thaten / wunder / vnd zeichen hat Gott beweiset / das dieser Jesus
nicht ein blosser Mensch / sondern zugleich warhafftiger ewiger Gott / vnd der
verheissene Messias selbst sey.
Dis ist eigentlich S. Petri meinung / welcher auch S. Paulus beyfelt / Rom. 1.
Aber gnug bisher von vnserm ersten Argument / welchs von den Herrn verfassern
der Erfurdischen Apology im geringsten nicht widerleget ist / noch werden kan /
sondern ewiglich wol bestehen wird / Dieweil sie jre newerdichte Phrases weder
aus Gottes wort / noch einigem rechtgleubigen alten Scribenten / dem klaren
Buchstaben nach / bescheinen können / Ja sie heuffen noch viel mehr jre
wunderliche art der newen sprachen / in massen wir in vnser Apologia pag. 233.
vnd 234. noch ein zimlich Register jnen für augen
gestelt / darauff sie kein wort
|| [52]
antworten / vnd
demnach wider sich selbst vnwidersprechlich bezeugen / das sie solche / vnd der
gleichen vngereumpte reden / welche der Leser daselbst auffsuchen kan /
vnuerworffen haben wollen.
Das ander Anhaltische Argument.
(II.)
Das ander Argument fleusset aus dem ersten / vnd handelt vom vnterscheid zwischen
der sachen selbst / vnd der Regel / damit die sache ausgesprochen wird. Denn
dieweil der streit ist / ob die angenomene Menschliche natur in Christo (welche
ein Creatur ist / vnd der ewigen Gottheit / als der Schöpfferin nimmermehr in
ewigkeit kan gleich werden) sey almechtig / alwissend / allenthalben / von des
wegen / das sie mit dem ewigen Wort eine Person worden ist: So mus vor allen
dingen zuuor der Heuptgrunde bewiesen werden / darauff solche reden entlich
beruhen.
Nu kan der grunde anders nicht gelegt werden / man beweise denn zuuor / das die
menschliche natur Christi durch die persönliche vereinigung mit dem ewigen Wort
hab auffgehört ein Creatur zu sein. Solchs aber zu beweisen ist vnmüglich.
Derwegen ist auch vnmüglich / das die phrases bestehen mögen: humana natura
Christi est omnipotens, omniscia, vbique.
Denn jr eigen Regel ist dawider / welche also lautet: Eatenus vera est
praedicatio, quatenus res est vera. Ein rede gilt so fern / so ferns die sach an
jr selbst leidet.
Nu leidet in warheit die sach nicht / das ich sage / die menscheit Christi sey
durch persönliche vereinigung mit dem ewigen Wort die Gottheit selbst worden.
|| [53]
Darumb kan auch mit warheit von der menscheit Christi nicht gesagt werden / das
sie sey almechtig / alwissend / allenthalben.
Von der Person aber ists beides war / nemlich / das Christus von seiner
empfengnis an / nicht allein warhafftiger Gott sey / welchs Er auch von ewigkeit
war / one anfang / vnd bleibts in ewigkeit / one ende / Sondern das er zugleich
warhafftiger Mensch sey / welchs er von anfang nicht war / sondern in Mutter
leib allererst worden ist / bleibt aber nu beides in einer Person / one
auffhören / das ist / one einige trennung der Person / vnd one vermischung /
oder verwandelung der Naturn.
Darumb alles / was ich von Gott / vnd einem warhafftigen Menschen / der doch one
Sünd ist / in warheit reden / oder gleuben kan / das kan ich auch Christi person
/ sie werde gleich von der Göttlichen / oder menschlichen Natur genent / mit
warheit zuschreiben. Nicht aber / was der Göttlichen natur eigen ist / gehört
der Menschlichen / vnd auch widerumb / was der menschlichen Natur eigen ist /
vermage der göttlichen mit warheit nicht zugeschrieben werden.
Dis ist (Gott lob / vnd danck) so deutlich / vnd klar / das es nu mehr auch die
Catechumeni verstehen lernen / Vnd ist zu beklagen / das man noch die zeit mit
beweisung dieses öffentlichen lichts der vnwidersprechlichen warheit / welcher
jederman billig mit allen freuden zuspringen / vnd beyfallen solt / verderben
mus.
Nach dem sich aber vnser widersacher für / vnd für auff den Spruch des HERRN
beruffen / Matth. 28. Mihi data est omnis potestas. Daraus jre realem
communicationem omnipotentiae factam carni zu erzwingen /
|| [54]
vnd wir jnen geantwort / Es gelte nicht / à disparatis, das ist / à
persona ad naturam zuschlissen. Denn der HERR rede vorsichtig / vnd deutlich /
Mir / nicht aber / wie sie es deuten / Meinem fleisch ist alle gewalt gegeben /
etc. So thun sie alhie einen zimlichen sprung / vnd sagen / von diesem (Fol. Ap. Erf. 77.
a) Argument / de confusione disparatorum sey droben in jrer Erfurdischen
Apology / cap. 2. & 3. nach der lenge geantwort
/ da wir nachschlagen / findet sich nichts / das zur sachen dienet. Derwegen
abermal offenbar / das sie vns one grunde widersprechen.
Wie wir vns denn nochmals mit des HERRN erklerung selbst schützen. Denn weil
Matth: am eilfften Christus klar bezeugt / alle ding seyen im vom Vater
vbergeben / vnd die Vbiquisten hin / vnd wider fechten / das die Persönliche
vereinigung der vnterschiedenen Naturen in Christo beruhe in vbergeben / vnd
empfahen / denn die göttliche Natur sey die geberin / die menschliche aber die
nemerin / oder empfaherin / So müste hieraus notwendig folgen / das nicht der
Son / sondern der Vater selbst die Menschliche natur an sich genomen / vnd also
Christus / oder der Messias worden sey. Sintemal des menschen Son jm nicht
selbst alle ding gegeben / sondern vom Vater empfangen hat.
Vnd also folget aus der Vbiquisten Lere vnwidersprechlich der Sabellianer / vnd
Patripassianer jrthumb / welche nur eine Person in der ewigen Gottheit bekanten
/ vnd demnach der Person des ewigen Vaters das gantze werck vnser erlösung /
nemlich die Menschwerdung / sampt der gnugthuung / in leiden / vnd sterben
zuschriben / vor welcher Gotteslesterung sich billig alle frome hertzen
entsetzen.
|| [55]
Es ist aber alhie auch dieses wol zu notiren / das die Herrn verfasser nicht in
abreden sind / noch sein können / das jnen der Spruch des HERRN: Data est mihi
omnis potestas, so viel heisse / als meae carni realiter communicata est
essentialis illa Dei omnipotentia. Vngeacht / das die gloss dem HERRN Christo
nicht ein einiges wörtlein in seinem Spruch gantz lesset. Sie behelffen sich
aber mit zweierley schein.
Erstlich / der ewigen Gottheit in Christo könne nichts gegeben werden.
Darumb was Christo gegeben sey / müsse seiner Menscheit gegeben heissen.
Zum andern / die alten Lerer haben diese Sprüch / darin Christo etwas gegeben /
anders nicht verstanden / denn respectu carnis.
Darumb sey es alles nur dem fleisch Christi / oder seiner Menscheit gegeben.
Ehe wir nu vff diese zwen behelff antworten / wolle der Christliche Leser zuuor
den Spruch des HERRN nach allen vmbstenden erwegen / vnd wol bedencken / ob
demselbigen von diesen glossatoribus nicht gewalt geschehe.
Denn erstlich bezeugt die gantze ordnung der reden Christi von Mattheo am letzten
beschriben / das der HERr seinen Jüngern nochmals auff dem Berge / dahin er sie
bescheiden hatte / das Predigampt mit der Lere / vnd Sigillen der Lere trewlich
zu verwalten befohlen / vnd zu bekrefftigung solches befehls sich auff sein
autoritet / die er vom Vater / als ein gesandter empfangen / beruffen hab /
damit sie nicht zweifeln dörfften / ob er solch ministerium zu verordnen befügt
sey / vnd von seinem himlischen Vater so viel
|| [56]
macht
habe / oder nicht. Wie er sie denn auch zugleich seines Göttlichen beystands
vertröstet / wider alle zukünfftige gefahr / darin sie von jm vnuerlassen sein
sollen. Denn siehe (spricht er) Ich bin bey Euch alle tage / bis an der Welt
ende.
Dieweil denn kein Vbiquitas hieraus des Leibs Christi / wie D. Heshusius zu
Quedlinburg selbst bewiesen / kan erzwungen werden (denn Christus sagt nicht /
Siehe mein Leib ist allenthalben bey Euch / sondern Ich / der Ich von anfang
meiner Kirchen beystand geleistet / wil Euch auch bis zum ende der Welt meines
beystandes kein augenblick beraubt sein lassen) Woraus wil man denn die
Almechtigkeit des Leibs Christi erstreiten / sintemal ja der HERR mit nichten
gesprochen / Mein angenomene Menschliche natur ist almechtig / sondern Mir ist
alle gewalt gegeben / etc.
Es wird aber das wort Exusia, gewalt / in der Schrifft / sonderlich bey den
Euangelisten / vnd Aposteln nirgend anders / denn relatiuè, von einem geordneten
gewalt / nach gewissem befehl / oder zulassung / vnd verwilligung gebraucht.
Durch die Vniuersal aber / so alhie dabey stehet / wird angezeigt / das die
verwaltung des Mitlern Ampts dieser andern Person / in der Gottheit / als einem
gesandten volmechtiglich durch ein gemein Decret / vnd beschlus / im
allerheiligsten geheimbten raht der ewigen Dreyfaltigkeit / mit allem gewalt /
allein / vnd sonst niemand vbergeben sey.
Dadurch zwar der Gottheit in Christo nicht besondere newe kräffte / die sie etwan
zuuor nicht gehabt / zugelegt worden (denn solchs were freilich ein Arianische
Gottes
|| [57]
lesterung / vnd verkleinerung
seiner ewigen / göttlichen / volkomenen Maiestet / vnd almacht / daran im nie
das geringste / noch ichtes gemangelt / geschweigen zugelegt / oder vermehret
hat werden können) Sondern dieweil er nicht von sich selbst / one / noch wider
seines Vaters willen / sich vnser angenomen / hett er one diesen verwilligten /
vnd jm vbergebenen allen gewalt / seine ewige almechtige krafft zu dem werck
vnser Erlösung / nicht angewant / oder gebraucht / wer vns zu gut nicht Mensch
worden / viel weniger hette er zur bezalung für vnser Sünde sich schlachten
lassen / noch das Predigampt zu vnserm trost verordnet / vnd eingesetzt.
Nach dem es aber dem Vater also wolgefallen / seinen Son in vnser fleisch zu
senden / hat er jm dazu alle gewalt / was zu vnserm Heil / seinem ewigen
beschlus nach / von nöten / anzurichten / vnd zu verordnen vbergeben. Das also
bey dem ewigen Vater kein gnad / noch zutrit erlangt kan werden / one durch den
Son / wie auch der Vater kein ehr annimpt / wenn man den Son nicht zuuor erkent
/ vnd ehret. Denn allein im namen des Sons wil er erkant / angeruffen / vnd
geehret sein.
Demnach der Son freilich / als vnser ewiger König / vnd hoher Priester / sein
almechtige ewige krafft vns zu gut / nach seines Vaters befehl / vnd wolgefallen
/ dahin gebraucht / das er Menschliche natur aus dem geheiligten Jungfrewlichen
geblüth seiner Mutter / in allem vns gleich (doch on sünde / Hebr. 4.) an sich
genomen / vnd dieselbige in seiner ewigen Person tregt / zieret / stercket /
weit vnaussprechlicher weis vber alle andere Creaturn im Himel / vnd auff Erden
/ ob er sie wol seiner ewigen Göttlichen Maie
|| [58]
stet / vnd almacht nicht gleich gemacht / noch den vnterscheid zwischen
dem Schöpffer / vnd geschöpff auffgehoben / oder seinem fleisch göttliche
eigenschafft mitgeteilt.
Denn solchs dem ewigen Decret seines Vaters / vnd demnach allem demselbigen
gewalt / die er vom Vater / als ein gesanter empfangen / zu wider sein würde.
Sintemal er in die Welt geschickt / die arme verlorne Menschen selig zu mache̅ / nicht aber die Menschliche natur / als sein geschöpff / der
Göttlichen ewigen natur / als der Schöpfferin / in sich an krafft / macht /
weisheit / noch herrligkeit gleich zu machen. Denn dadurch er sich selbst würde
degradirt / geunehret / vnd verleugnet haben.
Wie nu die Menscheit nicht kan zur Gottheit werden / ob wol Gottheit / vnd
Menscheit in Christo ein Person ist / also kan auch die Menscheit nicht
allmechtig / alwissend / noch vnendlich werden / ob wol der Mensch Christus /
oder des Menschen Son / das ist / dieselbige Person / die Gott / vnd Mensch ist
/ warhafftig / vnd in der that ist Almechtig / alwissend / vnd allenthalben /
oder vnentlich / nicht aber der Menschlichen / sondern der göttlichen Natur
halben.
Vnd ist sich hoch zuuerwundern / das etlichen / als D. Heshusio / vnd andern /
die es mit jm halten / das licht der warheit in dem auffgangen / das sie die
proposition, Caro Christi est vbique, mit bestendigem grunde / so wol als wir /
vnd alle rechtgleubigen / ernstlich verwerffen / vnd nichts desto weniger vber
den andern beyden: Caro Christi est omnipotens, & omniscia, noch halten
/ da sie doch hieuon eben so wenig / als von jener zeugnis der heiligen Schrifft
/ vnd alten Väter anziehen können.
|| [59]
Dazu vnmüglich / das die eigenschafft in Gott entweder von dem ewigen Göttlichen
wesen / oder von sich selbst vntereinander könten geteilet werden / sondern sind
/ vnd bleiben die aller einigste vnzertrenlichste einigkeit des ewigen
vnbegreifflichen Göttlichen wesens / das alwege durch einer Göttlichen
eigenschafft mitteilung / die andern semptlich / ja das Göttliche wesen selbst
notwendig folgen / vnd zugleich mitgeteilet werden müste.
Vber dieses alles / ist ja dis auch vnwiderleglich / das Vbiquitas, als
immensitas praesentiae, dem fleisch Christi mit nichten kan abgesprochen werden
/ so jm potentiae, vnd scientiae immensitas gebüren solten.
Dieweil auch der HERR dieselbige seine empfangene Amptsgewalt / die jm als einem
Legaten mit gewissem Decret / schlus / vnd abschied (also zu reden) von seinem
ewigen Vater vbergeben ist / selbst mit den beyden wörtlein Himels / vnd Erden
gleich vmbschrencket / damit anzuzeigen / das seine sendung / vnd dazu
verwilligte Amptsgewalt / durch ein gewissen abschied determinirt sey / vnd sich
weiter nicht erstrecke / denn das durch sein verdienst / vnd krafft die Menschen
in allen dingen wider zu recht gebracht / vnd seinem Vater ein ewige Kirchen aus
dem Menschlichen geschlecht gesamlet / erworben / vnd zugefüret würde / vermöge
der Apostolischen erklerung / Rom. 8.
Wiewol nu bisweilen die Schrifft vnser einfalt zu dienen / durch erwehnung
derselben beiderley wörtlein / Himels / vnd Erden / als zugleich des höchsten /
vnd nidrigsten wercks / oder geschöpffs Gottes / so von menschlichen augen
angeschawen / vnd erkant werden können (derer schöpfsung / vnd erhaltung
gleichwol der Menschlichen natur Christi
|| [60]
nicht kan
zugeschrieben werden / wie solt sie denn almechtig sein?) Gottes vnermesliche
almacht beschreibet: So kan / noch sol dennoch die vnentliche ewige wesentliche
krafft Gottes weder aus diesen beiden fürnembsten allein / noch aus allen andern
sichtbaren / oder vnsichtbaren geschöpffen Gottes in gemein geurteilt / vnd
gleich damit vmbschriben werden / sondern es ist / vnd bleibt vnwidersprechlich
war / das die ewige Gottheit des Sons / mit dem Vater / vnd heiligen Geist in
derselben allerheiligsten / vnd keiner Creaturn ermeslichen einigkeit des ewigen
Göttlichen wesens (vber die werck der schöpffung / erlösung / vnd heiligung / in
welches dreierley austeilung alles / was da vnserthalben ist / vnd von Gott
herkömpt / begriffen wird) on vnterlas in vnbegreifflicher weisheit / vnd
vnaussprechlicher krafft jre jnnerliche gemeinschafft habe / dazu er seiner
angenomenen Menschlichen natur (ob er sie wol / nach dem er sie einmal an sich
genomen / in ewigkeit vntrenlich / vnd vnzerstörlich an sich behelt) nicht
bedarff. Welchs wir dem Christlichen Leser / in der furcht Gottes ferner
zubedencken / befehlen.
Vnd wollen nu auff die Frage antworten / ob alles / was Christo gegeben / nur der
Menscheit gegeben heisse?
Sagen demnach / das ein anders sey / carni, & respectu carnis.
Damit wir aber richtigkeit halten / vnd nicht (wie vnser gegenteil pflegt) eins
in das ander mengen / so wollen wir vor allen dingen betrachten / was der HERR
Christus von seinem ewigen Vater empfangen hab / vnd wie mancherley dasselbig
sey.
Darnach aus den nachfolgenden Regeln / eine mit der andern vergleichen / vnd
durch einander erkleren.
|| [61]
Als / I. Quicquid habet Filius Dei per naturam, id habet filius hominis per
gratiam.
II. Quicquid accepit in tempore, accepit secundum humanitatem, seu respectu
humanae naturae.
III. Alia (secundum Nazianzenum) consideratio Filij(Nazian. orat. 1. de Filio. Basil. lib. 2. contra Eunom.) est ratione essentiae, alia
ratione oeconomiae. Oder / wie Basilius sagt: Differunt theologia, &
oeconomia.
IIII. Oeconomia & incarnationem, & incarnationis finem, hoc est,
officium Christi complectitur. Officium autem toti personae secundum vtranque
naturam incumbit, salua tamen vtriusque proprietate.
V. Discernendum est inter Deitatem mittentem, & personam missam.
VI. Missio, & obedientia facta est ab initio, nec tollit aequalitatem
essentiae, & potentiae, sed discernit ordinem personarum.
VII. Res tunc fieri, & dari dicitur, quando incipit patefieri, &
manifestari.
Wenn man diese Regel beysamen behelt / vnd eine durch die andere erklert / so
sind sie alle licht / vnd leicht / da sonsten / wenn sie von einander getrennet
werden / bald finsternis / vnd jrthumb eingefüret wird.
Es helt sich aber eigentlich / vnd in warheit also / wie folget.
Der ewige Son Gottes hat nichts von sich selbst / auch sein Göttliche natur / vnd
wesen nicht / sondern alles / was er ist / hat / vnd wirckt / das ist / hat /
vnd wirckt er aus gegebener / vnd empfangener krafft / von seinem ewigen Vater.
Nach der Regel Augustini: Filius agit per se, non à se.
|| [62]
Welche der HERR selbst bekrefftigt / da er spricht / Johan. 5. Warlich / warlich
ich sage euch / der Son kan nichts von jm selber thun / denn was er sihet den
Vater thun. Denn was derselbige thut / das thut auch der Son.
Item / Wie der Vater das leben hat in jm selber / also hat er dem Son gegeben /
das leben zu haben in jm selber / etc. Diesen Spruch / als ein vnwidersprechlich
zeugnis der ewigen warheit / wird niemand vmbstossen.
Was aber der Son hat von seinem ewigen Vater / das hat er nicht vff einerley /
sondern vnterschiedentlicher weis. Denn alles was er hat / ist / vnd wirckt /
das hat / ist / vnd wirckt er entweder von natur / durch sich selbst / vmb
seinet willen / oder aus gnaden / das ist / vmb vnsert willen.
Von Natur hat er von seinem ewigen Vater / von ewigkeit her / on anfang / vnd
ende / vermöge seiner ewigen geburt / das er Gott ist / eines wesens / almacht /
krafft / weisheit / herrligkeit / vnd ewigen Maiestet mit dem Vater / vnd
heiligem Geist / gleich wie dieses alles auch der heilige Geist ist / vnd hat /
aber nicht nur vom Vater / noch durch ein ewige geburt / wie der Son / Sondern
zugleich vom Vater / vnd Son / durch seinen ewigen ausgang.
Hieher gehören die drey schöne Sprüch im bekentnis Athanasij von der ordnung /
vnd persönlichen vnterschied zwischen dem Vater / Son / vnd heiligen Geist.
Denn der Vater ist von niemand weder erschaffen / noch gemacht / noch geborn /
noch ausgehende.
Der Son ist allein vom Vater nicht erschaffen / nicht gemacht / sondern geborn.
Der heilige Geist ist zugleich vom Vater / vnd Son / nicht erschaffen / noch
gemacht / noch geborn / sondern ausgehende.
|| [63]
Was aber der Son aus gnaden / das ist / vmb vnsert willen hat / das gehört
eigentlich zu seiner Menschwerdung / vnd haben die Schullerer dieses alles nicht
vnbequem in dreierley ordnung der empfangenen gnaden eingeteilt / nemlich / in
gratiam vnionis, capitis, & singularis praerogatiuae.
Wie denn daran bey allen rechtgleubigen kein zweiffel ist / das nach diesen
dreien gradibus, oder stücken / alles gar bequemlich könne verstanden / vnd
erklert werden / was so wol in der heiligen Schrifft / als von den alten Lerern
der Kirchen / gesagt / vnd geschriben ist von dem / das etwas dem Menschen
Christo in der zeit gegeben sey.
Denn alles / was der Mensch Christus hohes / vnd fürtreffliches hat / das hat er
/ entweder / vnd zum ersten / wegen(1.) der
Persönlichen vereinigung mit dem Wort / als ewiger / warhafftiger / vnd
natürlicher Gott / welches name / vnd eigenschafft / ehe dieser Mensch / Marie
Son / in der Jungfrawen leib empfangen / vnd auff diese Welt geborn war / weder
zuuor / noch hernach in ewigkeit / von keines andern Menschen kind vermochte /
noch kan praedicirt, oder geredet werden. Vnd folget gleichwol nicht / wenn ich
mit der rechtgleubigen Kirchen sage / der Son Marie ist der almechtige Schöpffer
/ vnd erhalter Himels / vnd Erden / das darumb (nach der Vbiquisten meinung) die
Menschliche natur in Christo almechtig sey / man wolte denn fürgeben / das sie
kein Creatur blieben / sondern die Schöpfferin selbst worden sey.
Oder der Mensch Christus hat es zum andern / wegen(2.) seines heiligen Ampts / als der Kirchen heupt / ewiger König / vnd
hoher Priester: Vmb welches allerheiligsten /
|| [64]
vnd
herrligsten Ampts willen / diese Person muste zugleich Gott vnd Mensch sein.
(3.)
Oder aber / vnd also zum dritten / hat ers von wegen des sonderlichen vorzugs der
hohen fürtrefflichen gaben / welche das fleisch Christi / wiewol nicht aus sich
selbst / jedoch für sich / vnd in sich selbst / zum teil vor der verklerung /
zum teil nach derselbigen / als die dadurch reich gemacht / vnd damit gesalbet
ist / für jren andern mitgenossen empfangen hat.
Wie nu der dritte grad / die empfangene gaben betreffende / dauon kein streit ist
/ zweiffels one nur von der angenomenen Menscheit in Christo mus erklert / vnd
verstanden werden (denn die ewige Gottheit in Christo / als aller gnaden / vnd
gaben vnerschöpfflicher wesentlicher Brunquel / kan von niemand begabt / noch
gezieret werden) Also ist vnwidersprechlich das Mitlerampt nicht einer Naturn
allein / sondern der gantzen Person befohlen / vnd vbergeben. Darumb auch allen
Ampts gewalt / welchen der ewige Son Gottes in seiner angenomenen Natur / nach
dem die zeit erfüllet war / beweist / der Person gegeben ist / welche auch jr
Ampt angefangen vor der Menschwerdung.
Denn ob wol die erfüllung des Ampts nicht one das Fleisch / noch ausser
demselbigen hat können volbracht werden / so ist doch die Kirchen im alten
Testament selig worden durch den glauben an den Mittler / welches zukünfftig
Opffer jnen albereit zum Heil krefftiglich applicirt worden / vmb des gehorsams
willen / darein sich der Son von vnsert wegen anfenglich / so bald der schlus
des Göttlichen raths aus der geheimbten Schos des ewigen Vaters durch die erste
verheissung offenbaret ist / freywillig ergeben / vnd
|| [65]
dem Menschlichen geschlecht zu trost darzu versprochen / vnd angeboten hat.
Nach dem nu das Decret von der widerbringunge des armen gefallenen Menschlichen
geschlechts beschlossen ist worden / ehe der Welt grund gelegt war / Ephes. j.
So kan ja mit nichten folgen / das vermöge solches ewigen Decrets das Mitlerampt
mit aller zugehörigen gewalt / nur dem fleisch Christi vbergeben (denn also
müste dasselbig von ewigkeit her gewesen / vnd demnach vom Himel komen / nicht
aber von vnser Natur genomen sein / was hetten wir vns denn sein zu getrösten?)
Sondern ist eigentlich derselbigen Person vbergeben / zu welcher im andern Psalm
der Vater saget: Du bist mein Son / Heute hab ich dich gezeuget. Heische von mir
/ so wil ich dir die Heiden zum erbe geben / vnd der Welt ende zum Eigenthumb.
Darumb auch Lutherus recht sagt / Tom. Ien. 3. lat. fol.
528. Regnum aeternum personae huic datur: Quòd est
impossibile dari homini puro. Quia est regnum Dei solius, esse Regem sine fine.
In historiam conceptionis. Luc. 1.
Was aber die gratiam vnionis anbelangt / wird von des Menschen Son (wie sich
vnser Heiland vns zu trost nennet) recht gesagt / das jm ein Name gegeben sey /
der vber alle Namen ist / Philip. 2. Item / das er krefftiglich sey erwiesen
Gottes Son / nach dem Geist / Rom. 1. Welchs aber mit nichten auff die
Menschliche natur kan / noch sol gezogen werden. Denn ob wol dieselbige nicht
allein wegen der Persölichen vereinigung mit dem ewigen Wort / sondern auch jrer
eigen fürtrefflichen gaben halben / vnd beförderst / das der ewige Son Gottes in
/ mit / vnd durch derselbigen ördentliche mitwirckung / vnd zuthun das
|| [66]
gantze werck vnser Erlösung volbracht / vnd
ausgerichtet hat / weit vber alle Creaturn erhaben ist / so bleibt sie doch ein
Geschöpff / vnd ist vnter Gott / wie der Apostel klar bezeugt / das Christo
alles vnterthan sey / jedoch ausgenomen Gott / der jm alles vnterthan hat. 1.
Corinth. 15. Denn Gott ist Christi Heupt. 1. Corinth. 11. Item / Alles ist ewer
/ Ir aber seit Christi / Christus aber ist Gottes. 1. Corinth. 3.
Wiewol nu Christus nicht in der zeit hat angefangen Gott zu sein / so ist er doch
auff Erden nicht als Gott erkant / noch geehret worden / sondern muste sich /
als einen blossen / gemeinen / ja aller nichtigsten Menschen verachten lassen /
bis er durch seine herrliche Aufferstehung von todten / siegreiche Himelfart /
vnd sichtbare ausgiessung des heiligen Geistes krefftiglich erwiesen hat / das
er der almechtige Son Gottes / vnd demnach der HERR sey vber alles. Da ist jm
allererst solcher Name recht zugeeignet / vnd gegeben / nach dem zugleich feinde
/ vnd freunde desselbigen an jm öffentlich vberzeugt worden sind / ob er wol von
ewigkeit solchen zuuor gehabt. Nach der Regel: Res tunc dari, & fieri
dicitur, quando incipit manifestari, & patefieri. Wenn etwas offenbar
wird / so sagt man / das es als denn geschehe / obs wol vor Gott / vnd in der
warheit viel ehe gewesen ist / (Erklerung etlicher
Reguln aus den alten Vetern. I.) denn das es allezeit dazumal aller
erst / wenn es erkant wird / seinen anfang solt bekomen haben.
HIeraus ist nu leicht zuuerstehen / was die heiligen Väter gemeint haben / wenn
sie sagen: Alles / was der Son Gottes von Natur hat / das hat des Menschen Son
aus gnaden.
|| [67]
Mit nichten wollen sie hiemit nach der Nestorianer lesterung zwen Söne in Christo
verstanden haben / sondern reden von Christo / als von einer Person / mit
vnterscheid der zweien Naturn / nach welchen diese Person vnterschiedene Namen
tregt / das sie zugleich Gottes / vnd des Menschen Son heist / vnd ist. Vnd
alles / was von derselbigen Wunderperson mit warheit gesagt kan werden / wenn
sie der Son Gottes genent wird / das ist zugleich auch war von derselbigen
Person / wenn sie den andern Namen tregt / das sie des Menschen Son genennet
wird. Vnd also haben sich die Nestorianer mit dieser Regel gar nicht zu
schützen.
Es misbrauchen aber derselbigen auch die Eutychianer / vnd Vbiquisten / gleich
als müste folgen / dieweil einerley praedicata von dieser Person gelten / sie
heisse gleich des Menschen / oder Gottes Son / das darumb auch einerley Namen
der eigenschafft / werck / oder thaten von beiden Naturen können / vnd sollen
predicirt werden / vnd das sonderlich der angenomenen Menscheit aus gnaden
gegeben / oder mitgeteilet sey / was der ewigen Gottheit in Christo aus
Naturlicher eigenschafft gebüre.
Denn hiedurch nicht allein der wesentliche vnterscheid beider Naturn in Christo
notwendig würde verschwinden / vnd der Gottheit eigenschafft könten nicht mehr
eigenschafft heissen / oder bleiben / sondern vber dieses alles müste die Person
auch getrennet werden / gleich wie in dem hohen gehemnis der heiligen
Dreifaltigkeit aus dem / das dem Vater / Son / vnd heiligem Geist einerley
natürlichen wesentlichen eigenschafften gebüren / nicht nur eine / sondern drey
vnterschiedene Person / in der einigen Gottheit erkant / vnd beschriben werden.
Welchs nu mehr auch den Catechu
|| [68]
menis (Gott lob)
offenbar / vnd wer vnter den Naturen in Christo kein vnterscheid mehr /
ausgenomen / das die eine von ewigkeit / die ander zu gewisser zeit almechtig /
alwissend / vnendlich / vnd allenthalben sey / vnd demnach zwo almechtigkeit
(ein ewige / vnd zeitliche) müsten gegleubt werden. Welches freilich eine
vnuermeidliche zerstörung sein würde der gantzen Christlichen Religion / vnd
seligmachendes glaubens.
Darumb bleibet fest / vnd gewis / das die angezogene Regel: Was der Son Gottes
von Natur hat / das hat des Menschen Son aus gnaden / beyderley extremis, mus
entgegen gestelt werden / nemlich zugleich der Nestorianer Irthumb / welche die
Person trenneten / vnd zwen Söne in Christo dichteten / vnd der Eutychianer
lesterung / welche die Naturn vermischeten / vnd was von der Gottheit verstanden
solt werden / vff die Menscheit zogen / gleich wie auch die Vbiquisten fürgeben
/ weil des Menschen Son warhafftig sey / vnd heisse der Son des allerhöchsten /
almechtiger Schöpffer / vnd erhalter Himels / vnd Erden / so müsse
vnwidersprechlich folgen / das auch die Menscheit in Christo almechtig sey.
Denn also erkleren sie dieselbige gnade / dadurch des Menschen Son empfangen hab
/ was dem Son Gottes von Natur gehört. So doch die Regel nicht von der
angenomenen Natur / sondern von der person Christi / welche vmb der Persönlichen
vereinigung willen der vnterschiedenen Naturn zugleich Gottes / vnd Marie Son
heist / vnd ist / redet.
Vnd das ist auch die Heuptvrsach alles dieses Irthumbs / vnd Schwarms von anfang
gewest / bis vff diese
|| [69]
stunde / das sie vngeacht aller
erinnerung / vnd erklerung / stracks des Menschen Son / vnd die Menscheit des
Sons für einerley halten.
Denn ob sie wol zum schein das Concretum, vnd Abstractum (wie man in Schulen
redet) bisweilen vnterscheiden / so behalten sie doch jr gedicht de triplici
genere communicationis idiomatum, vnd was sie in primo zugelassen / stossen sie
im dritten / da sie jre abstractiuas propositiones, mit verkerung der Schrifft /
vnd Altväter meinung / böslich vertheidingen / wider zu grund vmb / gleich als
were die Christliche Religion ein solch vngewis ding / das was an einem ort war
ist / am andern müste falsch sein / vnd nicht war bleiben.
So lang sie nu aus den rechtgleubigen Vätern / one verfelschung jrer wort / vnd
verstandes oder meinunge / nicht erweisen / das dieselbigen gelert haben / Was
der ewigen Gottheit in Christo von Natur gehöre / als almacht / alwissenheit /
vnendligkeit / das gehöre der angenomenen Menscheit aus gnaden / So lang wird jr
vngegründes fürgeben / das die Menscheit in Christo almechtig / alwissend /
vnendlich / oder vberal / vnd allenthalben sey / falsch bleiben / wie es denn
ist / vnd bleibt in ewigkeit.
Denn die gnad / dadurch des Menschen Son empfangen hat / was dem Son Gottes von
Natur gebürt / zeucht sich mit nichten auff die Natur in sonderheit / gleich als
wer derselbigen die almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit aus
thetlicher mitteilung wircklich zum Gnadengeschenck vbergeben / vnd verliehen
(welches die alten Schullehrer Gratiam habitualem, item gratiam singularis
praerogatiuae genennet haben. Die sich aber so weit nicht erstreckt / denn
|| [70]
sonsten der Manicheer / vnd Flacianer Irthumb folgen
müste: Quòd Caro Christi sit diuersae à nostra speciei, vnd also hetten wir kein
teil / noch trost mehr an Christo. Denn was er nicht an sich genomen / vnd
behalten / das hat er nicht geheilet / noch selig gemacht) Sondern die Regel
redet eigentlich / vnd nur allein de gratia vnionis, welche das gantze werck der
Gnadenreichen Menschwerdung des ewigen Sons Gottes begreifft / dadurch dem armen
gefallenen Menschlichen geschlecht solche ehr / trost / freud / vnd herrligkeit
aus gnaden widerfaren / das von diesem vnserm Bruder / der fleisch von vnserm
fleisch / vnsers gebeins / vnd geblüts / das ist / ein warhafftig natürlich
Menschenkind ist / mit warheit kan gesagt werden / das er sey almechtiger /
ewiger / natürlicher Gott / vnser lieber Immanuel. Welcher Ehren / vnd
Herrligkeit kein Engel / Ertzengel / Cherubin / noch Seraphin / von sich / noch
seinem Geschlecht rhümen kan / Hebr. 2. Ja die Engel Gottes selbst haben lust /
vnd freude / diese ehr / vnd herrligkeit der Menschen / in vnserm lieben Erlöser
/ vnd Heiland geoffenbaret / anzuschawen / vnd zu preisen. 2. Pet. 1.
Wie nu von ewigkeit her allein der ewige Gott / Vater / Son / vnd heiliger Geist
/ almechtig / alwissend / vnendlich ist / vnd bleibt / in ewigkeit / also hette
kein Mensch diesen Namen bekomen können / wo nicht der Son Gottes selbst Mensch
/ oder eines Menschen Son worden wer.
Derselbige Son Gottes / hochgelobt in ewigkeit / behelt was er von ewigkeit hat.
Wie Er sich aber in vnserm fleisch durch desselbigen annemung / vnd Persönliche
vereieinigung offenbaret hat / also ist auch durch solche gnad der Persönlichen
vereinigung des ewigen Worts mit vnserm
|| [71]
fleisch /
gebein / vnd geblüth dem Menschlichen geschlecht die ehre / vnd gnad widerfaren
/ das einer aus jrem mittel / vnd geschlecht / heist / vnd ist warhafftiger
natürlicher Son des allerhöchsten / almechtiger / alwissender / vnendlicher
Schöpffer / vnd erhalter Himels vnd Erden / Luc. 1. nicht aber nach der Natur /
in welcher er sich offenbaret hat / sondern nach derselbigen / die solche gnad
in eigener ewigen Person an vns bewiesen / vnd vnser Mitbruder (in allem vnserm
fleisch / vnd blut / an wesen / eigenschafften / vnd wirckungen / gleich /
ausgenomen die Sünde) worden ist / welches der Apostel das vrkündliche grosse
geheimnus der Gottseligkeit nennet. 1. Timoth. 3. Vnd bisher von der ersten
Regel.
Die ander Regel der alten rechtgleubigen Kirchenlehrer(II.) heist: Quicquid Christus accepit in tempore, accepit secundum
humanitatem, seu respectu assumtae humanae naturae.
Was vnser HERr Christus / der ewige Son Gottes / in der zeit empfangen hat / das
hat er nach der Menscheit / oder in betrachtung der angenomenen Menschlichen
natur empfangen.
Mit dieser Regel wissen die Vbiquisten nicht gnugsam zu prangen / vnd machen sich
sampt allen / die jnen beyfallen / je lenger je blinder / vnd jrriger.
Es ist aber die Regel für sich gantz tröstlich / licht / vnd herrlich / wenn man
die phrasin / oder art zu reden recht verstehet / vnd erkleret / Nemlich /
Erstlich / was da eigentlich heisse / Secundum humanitatem, seu respectu
assumtae humanae naturae.
Zum andern / Was da heisse / in tempore.
|| [72]
Zum dritten / Was heisse / habere, oder accipere. Denn dieser dreierley art zu
reden keine von vnserm gegenteil recht verstanden / noch erkleret wird.
Es helt sich aber in warheit also / Erstlich / die phrasis distinctiua, secundum
humanitatem, seu respectu humanae naturae, wird mit nichten (jrem fürgeben nach)
durchaus nur in dem verstand gefürt / das dadurch nichts mehr / denn der blosse
vnterscheid der naturen angedeutet / oder gemeinet werde: vnd demnach alles /
was Christo gegeben / nur der Menscheit gegeben heisse. Sondern es zeucht sich
auch diese phrasis offt vff den vnterscheid der betrachtung des ewigen Worts in
seinem blossen göttlichen wesen / ausserhalb seines Ampts (vmb welches willen
der Son Gottes Mensch ist worden / Johan. 1.) vnd des zustandes in seinem Ampt /
welchs ja dem HErrn Christo befohlen / vnd vbergeben / nicht zwar das es auff
der blossen Menscheit liege / sondern die andere Person der Gottheit / das ewige
Wort des Vaters selbst / tregt solch Mitlerampt / vnd ist darumb Mensch worden /
das es in vnser natur den todt / durch seinen todt vberwinde / vnd das leben zur
ewigen beute vns wider erwürbe / vnd schenckte.
Darumb zur erklerung dieser reden / secundum humanitatem, vel respectu humanae
naturae, Die Regel Nazianzeni hoch von nöten ist / die wir droben vnter andern
Regeln / am dritten ort angezogen / vnd zugleich mit der vierten / fünfften /
vnd sechsten daselbst erklert / das nemlich viel ein anders sey / von dem Son
reden in blosser anschawung / oder betrachtung seines Göttlichen wesens /
ausserhalb des Ampts / darzu er in diese Welt gesand / vn̅ Mensch
worden / vnd ein anders das grosse geheimnis seiner
|| [73]
Menschwerdung / sampt den vrsachen / warumb das ewige Wort sey Mensch worden /
erkleren / welches freilich dem ewigen Wort einen andern respect tribuirt.
Derwegen auch die Veter / ob sie wol wider die Arianer / welche aus dem / was die
Schrifft bezeugt / das Christo etwas in der zeit gegeben sey / die ewige
Gottheit des Sons anzufechten sich durstiglich vnterstunden / viel dergleichen
Sprüche nur auff die angenomene Menscheit Christi gezogen / jedoch herwiderümb
in widerlegung der Nestorianer / vnd Eutychianer / den andern vnterscheid nicht
mit wenigerm fleis in acht genomen / das nemlich die Person des ewigen Worts
bisweilen allein nach der blossen ewigen Gottheit / bisweilen nach der
oeconomia, die zugleich das geheimnis der Menschwerdung für sich / vnd das ampt
/ das ist / die Vrsachen / warumb der Mitler beyde Natur an sich habe / in sich
fasset / betrachtet werde.
Denn viel in der Schrifft vom ewigen Wort / respectiuè, wegen seines ampts
geredet wird / das absolutè von seinem göttlichen Wesen / blos / vnd ausserhalb
der menschwerdung / nicht passieret.
So ist ohne das in den Schulen wol bekant / das die subiecta in denen Reden / in
welchen die praedicata sollen respectiuè verstande̅ werde̅ / vocabula concreta sein müssen.
Derwegen auch was Christo respectu humanae naturae gegeben / mit nichten drumb
soli humanitati (ansgenommen die dona habitualia, von welchen kein streit ist)
gebüren. Sondern wie sich das ewige Wort durch freywillige auffnemung solches
seines heilwertigen ampts (dazu der Son Gottes von anfang der widerbrachten
Kirchen / durch die Offenbarung / vnd aussprechung der ersten Ver
|| [74]
heissung / im Paradeis / fast bey vier tausent
Jar vor seiner Menschwerdung / sich vns zu gut hat senden lassen) selbst
genidrigt / vnd als ein Knecht vnser heil zuuerwalten / da die zeit erfüllet
ward / inn vnserm fleisch erschienen ist: Also wird (demselbigen geheimnis
gemes) recht verstanden / vnd gesagt / das jm / als dem Verbo incarnato, vnd
nicht seinem fleisch allein / alles gegeben sey. Wie wir hernach etliche klare
Sprüch der alten rechtgleubigen Veter hieuon anziehen wöllen.
Vnd dieweil die angenomene menschliche Natur dem mitlerampt für sich allein viel
zu schwach were / so steckt ein heimlicher Stancarismus hierin (man beschöne /
oder bementel es / wie man wölle) so man streittet / das die amptsgewalt allein
dem fleisch / vnd nicht der Person / die fleisch worden ist / gegeben sey.
Hiemit kömpt vberein / das Cyrillus vnterschiedentlich redet von dem ewigen Wesen
des Sons Gottes / vnd von seiner sendung ins Fleisch / wie er denn von allen
beiden seine meinung mit vielen aequipollentibus formis, oder gleichsinnigen
Reden klar an tag gegeben hat. Denn vom ewigen Wesen des Sons Gottes brauchet er
diese Reden:
Secundum quod intelligitur, & est Deus; quatenus est Verbum ex Patre
genitum; quatenus est Deus verus; quatenus intelligitur secundum se, &
absque carne; quatenus extra carnem, & Deus ex Deo intelligitur;
quatenus secundum naturam est Deus; quatenus est sine carne, & nondum
sicut nos, & quodammodo implicitum Verbum.
Seine Menschwerdung aber / oder sendung ins Fleisch beschreibet er mit diesen
worten
|| [75]
Quatenus apparuit, sicut nos; quatenus missus est cum carne; quatenus exinaniuit
se ipsum; quatenus factus est, sicut nos; quatenus homo factus est; secundu̅ quod homo; quatenus carnem propriam suae diuinae, &
summae substantiae fecit; quatenus est Verbum caro factu̅,
& habitauit in nobis; quatenus apparuit in carne; quatenus in formam
serui venisse dicitur; quatenus ad humana descendit.
So ist auch ex Petro Lombardo bekant / das die particula distinctiua (SECVNDVM)
nicht allezeit auff einerley weis / oder meinung gebraucht werde. Denn also
schreibet er lib. 3. dist. 10.
SECVNDVM, habet multiplicem rationem. Aliquando enim exprimit conditionem, vel
proprietatem diuinae naturae, vel humanae; aliquando vnitatem personae;
aliquando notat habitum; aliquando causam. Cuius distinctionis rationem
diligenter lector animaduertat, atque in sinu memoriae recondat, ne eius
confundantur sensus, cum de Christo sermo occurrerit.
Das ist: Das wort (Secundum, oder NACH) hat mancherley bedeutung.
Bisweilen weiset es auff die eigenschafft der göttlichen(1.) / oder menschlichen Natur / als / Christus
ist ewig nach der Gottheit / Christus ist gestorben nach der Menscheit.
Vnterweilen zeiget es an die einigkeit der Person /(2.) als / der Son Gottes hat nach der Menscheit empfangen die göttliche
Allmechtigkeit / ja die Gottheit selbst.
Etwan bedeutets auch die empfangene Gaben /(3.)
welche die menschliche Natur / an / vnd für sich selbst hat. Als Lucae 2. Aber das Kind wuchse / vnd ward starck im Geist /
voller Weisheit / vnd Gottes gnade war bey jm.
|| [76]
Welches
alles von Christo Nach der angenomenen Menscheit geredet / vnd zuuerstehen ist.
(4.)
Zu zeiten weiset es auff die Vrsach / als / Christus ist vom Tod aus eigner Macht
erstanden / Nach seiner Gottheit / Das ist / darumb das er Gott ist.
Welche vnterschiedene bedeutungen der Leser mit fleis mercken mus / vnd im
gedechtnis behalten / damit er nicht jrre gemacht werde / so offt man von
Christo redet. Haec ille.
Zum andern / die phrasin, in tempore, ziehen vnser Widersacher stracks nur allein
auff die menschliche Natur in Christo / vnd haben diesen scheinbarlichen behelff
/ Es könne Gott nichts in der zeit gegeben werden / denn jm von Ewigkeit an
nichts jemals gemangelt.
Dieweil wir aber in vnser Defension / die vns D. Johannes Matthaeus / professor
zu Wittembergk / durch seine von vns vnuerursachte zunötigung vnlangst
abgedrungen / fast bey zehen bletter / in widerlegung des 42. paradoxi daselbst
/ mit erklerung dieser Frage zugebracht / vnd viel schöner Sprüche aus den
Vätern angezogen / So bitten wir alle Liebhaber der Christlichen Warheit / sie
wollen dieselbige erklerung / hindangesetzt alle affection / vnd praeiudicien /
aus Gottes Wort vrteilen. Denn vns diese Verantwortung ohne das vnter den Henden
wechst / das wir den guthertzigen Leser nicht gern mit widerholung einerley ding
lang auffhalten wolten.
Vffs kürtzest aber helt sichs hiemit in der Summa / wie folget.
Dem Son Gottes / weil er eines Wesens mit dem Vater / vnd heiligem Geist ist /
mangelt freilich nichts / als e
|| [77]
wigen Gott / vnd
aus seiner fülle empfahen wir alle / gnade vmb gnade. Joannis 1.
Er ist aber inn der fülle der bestimpten zeit Mensch worden / welchs er von
Ewigkeit nicht war / vnd wiewol er / was die Gottheit betrifft / so wol in / vnd
nach / als vor der Menschwerdu̅g vnwandelbar blieben / derwegen jm
an der Gottheit gantz / vnd gar nichts / auch das geringste nicht / weder ab /
noch zugangen / jedoch war zuuor / wie auch hernach im menschlichen Geschlecht /
dergleichen exempel vnter allen Menschen kindern vnerhört / das von einer Person
beides mit Warheit solte gesagt werden / das sie zugleich sey warhafftiger /
natürlicher / ewiger Gott / aus des Vaters Natur vor der Welt geborn / vnd
warhafftiger / natürlicher Mensch aus der Jungfrawen / da die zeit erfüllet war
/ in die Welt geborn.
Derwegen was diese Person von Ewigkeit hat / als Gott / das empfehet sie in der
zeit / als Mensch. Nicht das die menschliche Natur dadurch almechtig / alwissend
/ oder allenthalben worden / Sondern das zuuor kein Mensch gewesen / noch ausser
Christo sein wird / dem solcher Name mit der that gebüret / das er zugleich
warhafftiger natürlicher Mensch / vnd doch auch natürlicher / warhafftiger /
almechtiger / ewiger / alwissender / vnendlicher HERR / vnd Gott sey / vnd
heisse / Schöpffer / vnd erhalter Himels / vnd Erden.
Ob auch wol sein heilwertiges ampt in dem allerheiligsten / vnd geheimbsten raht
der heiligen Dreifaltigkeit ausser / vnd vber alle zeit / ehe der Welt grund
gelegt ward / beschlossen ist worden / Ephes. 1. Wie den das decretum
reparationis nostrae, vff kein vnterschiedene zeit kan restrin
|| [78]
girt werden / so ist es doch in der zeit
allererst promulgirt / vnd offenbar worden.
Derwegen auch in diesem verstand (ratione decreti non facti, sed patefacti, Das
ist / souiel die Offenbarung des ewigen Raths / vnd beschlus betrifft) recht /
vnd Christlich gesagt wird / das vnserm Mitler / Versüner / vnd Heiland alles /
was zu seinem ampt gehöret (welchs mit nichten allein der angenomenen Natur /
söndern der ewigen Person des Worts / die vmb solches ampts willen Mensch ist
worden / befohlen / vnd auffgetragen ist) sey in der zeit gegeben / verstehe
vnsert halben / obs wol in Gottes Raht von Ewigkeit her beschlossen war. Denn
respectu nostri geschicht disfals in der zeit / was respectu Dei von Ewigkeit
her vorabscheidet gewesen ist. Wie denn die Herrn Verfasser sich jrer eigen
Regel / die sie aus S. Augustino / vnd Lombardo in der Erfurdischen Apologien /
fol. 62. anziehen (Fol. Apol. Erf. 62. a.) / solten allhie erinnert haben / welche leret / das
in Gottes Wort offt nach vnser einfalt ein ding als denn / oder zu der zeit
heisse geschehen sein / wens offenbar wird. Daher auch der heilige Lerer
Athanasius den Spruch S. Petri / Act. 3. Dominum illum, & Christum
fecit, quem vos crucifixistis: also erkleret / das es nicht simpliciter, sed
secundum quid geredet / vnd zuuerstehen sey. Denn für sich war Christus allezeit
der HERR / bey den Menschen aber war es nicht allezeit bekant. Non igitur hîc
scriptum est, (inquit Athanasius) FECIT eum sibi filium, aut fecit eum sibi
Verbum, sed fecit eum Dominum. Idque non simpliciter, sed apud nos, &
in medio nostri eum fecit, quod idem est, ac si dixisset, declarauit eum
Dominum. Nam illud vocabulum FECIT, quod in fine dicebatur, id sub
|| [79]
alia voce, nempe DECLA rauit, in principio posuit. Ex
signis enim, ijsque quae fecit Dominus, DECLARATVM est, non simpliciter eum
hominem fuisse, sed Deum, & Dominum in corpore, eundemque Christum
fuisse. Haec ille.
Vnd bezeugt Augustinus klar / das nach diesem modo, oder tropo loquendi (wie es
daselbst genennet wird) die Schrifft auch sage / das der Son an jenem tag das
Reich dem Vater / vnd Gott vbergeben werde. Nicht zwar / das als den̅ allererst der Vater zu regieren anfahen werde / welcher mit dem
Son / vnd heiligem Geist / als warhafftiger / einiger / natürlicher / lebendiger
Gott / regirt / vnd herschet von ewigkeit zu ewigkeit / sondern das als denn
allererst vor allen Engeln / vnd Menschen / beide feinden / vnd freunden
augenscheinlich offenbar werde / das Christus sey der ewige Son des Vaters / vnd
das sein Reich / welchs er auff Erden durchs heilige Predigampt gesamlet / sey
warhafftig / nicht eines blossen Menschen fürnemen / sondern Gottes des ewigen
Vaters Wercke / vnd Reich gewesen.
Dieweil auch dem Namen Gottes an heiligkeit / vnd ehr niemals gemangelt / vnd
gleichwol der HERR vns beten leret / Geheiliget werde dein Name / so solten
daselbst aus der erklerung Augustini sich die Herrn Verfasser auch billig haben
vnterrichten lassen / das sich mit nichten so stracks zu schliessen gebüre /
Gott mangelt an nichts / derwegen kan jm nichts gegeben werden. Denn ob wol bey
Gott für sich kein mangel ist / so ist doch bey vns mangel an dem / das er von
vns fordert / vnd haben wil / nach der Regel / Gebet Gott / was Gottes ist.
Matth. 22. Denn wen̅ wir durch des heiligen Geistes gnad / vnd
Krafft new geborn / vnd also zum erkentnis der waren Gottesdienst kommen / so
|| [80]
geben wir Gott seine gebürliche Ehr mit vertrawen
/ Demut / furcht / Gebet / dancksagung.
Darzu kan man auch nicht allzeit menschlicher weise also schliessen / quòd dare
semper praesupponat indigentiam. Denn es ist ein fallacia / wie mans in Schulen
nennet / à dicto secundum quid ad dictum simpliciter. Welchs durch folgende zwen
Sprüch zum exempel mag erkleret werden.
Als zun Galatern am 6. spricht der Apostel / Ein jeder prüfe sein selbst Werck /
vnd als denn wird er an jm selber ruhm / oder ehr haben / vnd nicht an einem
andern.
Daraus mit warheit geschlossen wird: Die höchste Ehr eines Menschen ist das
Zeugnis eines guten Gewissens. Ob nu gleich die gantze Welt einen solchen
veracht / so folgt darumb nicht / das er bey jm selbst kein ehr habe. Wird aber
sein vnschuld erkant / so bekömpt er auch ehre bey andern / daran es jm doch bey
jm selber / wie der Apostel redet / nie gemangelt.
Also bezeugt der 94. Psalm / das Recht doch recht bleiben müß / vnd dem werden
alle fromme Hertzen zufallen. Nu ist ja bey dem heufflein der rechtgleubigen
allezeit die rechte heilsame Lehr / vnd ist vnmüglich / das die Christliche
Kirchen durchaus am fundament jrre / wiewol etliche gliedmasse̅
mit dicker finsternis ein zeitla̅g behafft sein kön̅e̅.
Obs nu gleich bey den falschen Lerern nicht erkant wird / so folgt doch nicht /
das der warhafftigen Kirchen Religion / oder Glaub falsch sey. Wie auch nicht
folget / wens offenbar / vnd erkant wird / was recht ist / das es darumb rechter
werde / oder zuuor dem vnschuldigen theil an Warheit vnd recht gemangelt habe /
sondern an erkentnis / vnd beyfall mangelt es.
|| [81]
Gleich wie es der Sonnen am Liecht nicht mangelt / ob wol der blindgeborne
zwischen tag / vnd nacht keinen vnterscheid erkennet. Da jm auch gleich die
augen geöffnet / wie Joannis am 9. das mirackel beschrieben wird / so wird doch
hiedurch der Sonnen Liecht für sich weder grösser / noch geringer / weder
volkömlicher / noch vnuolkömlicher / weder heller noch dünckeler.
Also bleibet Recht allezeit recht / wie denn auch Warheit allezeit ist / vnd
bleibet Warheit / ohne mangel / vnd tadel / man neme sie gleich an / oder
verfolge sie / falle jr mit hauffen ab / oder zu. Wer aber in der finsternis des
Vnglaubens bis ans ende verharret / der kan vnter die frome Hertzen / vnd
ausserwelten Kinder Gottes an jenem tag nicht gezelet werden.
Es were den̅ / dz man denselbige̅ Spruch des 94.
Psalms straffen / oder in zweifel ziehen wolte / darin der ausserwelten
eigentlich kennzeichen beschrieben ist. Denn Recht mus doch recht bleiben / vnd
dem werden alle frome Hertzen zufallen.
Solchs mögen vnsere Antagonisten / mit jren verfüreten / blinden / oder ja
vbereileten / vnd einfeltigen subscribenten wol zu gemüth füren / denn wir jnen
nichts böses in vnsern Hertzen gönnen / noch wüntschen.
Wer nu stracks verleugnet / das Gott etwas könne gegeben werden / der zerstöret
die gantze Religion / vnd alle Christliche Gottesdienst / dardurch endlich viel
grösser schaden / vnd finsternis in die Kirchen eingefüret werden müste / denn
in dieser sichtbaren Welt folgen könte / wenn die Sonne in jhrem Lauff vom
Firmament abgeschafft / vnd weggethan würde. Welchs wir allen verstendigen in
der
|| [82]
furcht Gottes zu behertzigen / vnd zu vrteilen
vntergeben.
Endlich lest sichs auch nicht verantworten / das die Herrn Verfasser so spielen
mit den wörtlein habere, vnd accipere. Denn bisweilen setzen sie den vnterscheid
der beiden Naturen in Christo also / das was die ewige Natur in Christo sey /
nemlich allmechtig / alwissend / allenthalben / essendo, . Eben dasselbig sey die angenomene Natur / vnd gebür jr in der that habendo,
.
Aber dieses ist von den jenigen / welche die disputation der newen Licentiaten zu
Wittembergk / An̅o 80. gehalten / durch eine ausfürliche collation
/ oder vergleichung mit der alten rechtgleubigen Kirchen / vnd Lehr / dermassen
widerlegt / das jnen vnmüglich etwas dawider mit gutem grunde auffzubringen.
Bisweilen ziehen sie / dem vörigen verstand stracks zuwider / das wort habere
auff die göttliche Natur / aber für die menschliche Natur behalten sie das wort
accipere.
Es ist aber die alte Schulregel vnwidersprechlich war: Quòd dare &
accipere personarum sit, vel suppositorum, non ipsarum naturarum.
(Vigil. lib. 2. contra Eutych. cap.
3.)
Welches der heilige Merterer Vigilius deutlich / vnd wol erkleret: Habere, vel
non habere gehet auff die Person / Quod autem habetur, vel non habetur, das
gehört zu dem vnterscheid der Naturn. Vnus enim est Christus, idemque Deus,
idemque homo: habens in verbis, & gestis, vnum, quod humanitatis;
aliud, quod propriae diuinitatis eius naturae conueniat: licet vtraque simul ad
vnam eius personam, vel substantiam pertineant.
Hiemit concordiret auch Fulgentius lib. 3. ad Thrafim.
Vnus, idemque Christus est, qui quod humanum est,
|| [83]
habet Deus in veritate humanae: & quod diuinum est, habet homo in
veritate diuinae naturae.
Welchs alles Cyrillus lib. 5. de Trinit. in diese schöne
Regel fasset: Sic, quae de Christo dicuntur, intelligenda sunt; vt nec, quae
Deitati conueniunt, humanitati ipsius tribuantur; nec quae humanitatis propria
sunt, ad Deitatem ipsius detorqueantur.
Wollen aber die Herrn Verfasser nochmals vff jrer meinung beharren / das alles /
was Christus in der zeit bekomen / gehöre nur der menschlichen Natur zu / so
möchte man nicht vnbillig von jhnen zuwissen begeren / Wer denn in der fülle der
zeit Mensch worden sey? Ists nicht der Son Gottes selbst / der menschliche Natur
hat an sich genomen? Wie kan denn an sich nemen / oder empfahen / vnd in der
zeit bekomen / nur von der Menscheit verstande̅ werden? welche
freilich in der zeit die Person des ewigen Worts mit nichten an sich genomen hat
/ sondern ist von dem ewigen Wort selbst in die einigkeit derselbigen ewigen
andern Person der heiligen Dreyfaltigkeit angenomen worden.
Es wollen aber die Herrn Verfasser alhie wol bedencken / wie sie mit bestendigem
grund den Jesuiten zu Meintz antworten möchten vff die ausfürliche widerlegung
beides jhrer Concordi formul / vnd Apologien / sampt der newen Licentiaten
disputation Anno 80. zu Wittemberg gehalten.
Denn vnter andern daselbst thesi 46. von den Jesuiten
klar bewiesen ist / das der gedichte vnterscheid zwischen dem / das gesagt wird
/ Deitatem Verbi esse, sed humanitatem in Christo habere realem omnipotentiam,
omniscien
|| [84]
tiam, &
omnipraesentiam, die Person viel mehr zertrenne / vnd die beiden Naturen Christi
in einander vermische / denn das hiedurch die Menschwerdung des ewigen Worts
solt erkleret werden.
Derwegen sie auch mit gutem grund wider die Vbiquisten decidiren / vnd das
gegenteil aus den Patribus deutlich anzeigen / vnd erweisen / wie aus
nachfolgenden jren eigen worten zuuernemen.
Quare S. Patres annotarunt secundum doctrinam scripturarum rectissimè dici,
Christo non tantùm secundum humanitatem, sed etiam secundum diuinitatem, ad
significandum discrimen personarum, aliquid à Patre esse donatum.
Sic Athan. in serm. 4. contra Arianos. Hoc dictum,
inquit, Pater diligit Filium, & omnia dedit in manus eius.
Et: Omnia mihi sunt tradita à Patre, & quaecunque sunt eius generis
sententiae, non indicant, quasi ea aliquan do non habuerit Filius, sed quòd ea,
quae possidet vt Deus, postulet vt Filius, &c. Et ea de causa hoc verbum
prolatum est, Datum est mihi, & accepi, & traditum est mihi, vt
ostenderet, se Patrem non esse, sed aeternum Verbum, & Filium, &
Verbum Patris, & quia Filius est, ideo perpetuò ex Patre habet,
quaecunque habet.
Et B. Cyrill. Alexandr. lib. 10. thesaur. cap. 1. Christus omnia à Patre accepisse se dicit, vt futuras
haereticorum opiniones radicitus euerteret. Nam ne quis omnia Patris in Filio
perspiciens, propter incommutabilem similitudinem eundem putet Patrem, &
Filium esse, quod Sabellio accidit, necessariò à Patre se accipere ait, quae ab
eo naturaliter habet; Vt cum alter det, alter accipiat, dualitas perso
|| [85]
narum demonstretur, non nominibus solùm, sed
verè ac personaliter distincta. Haec illi.
Hieraus ist nu leicht zuuerstehen / das die Sprüche / welche die Herrn Verfasser
alhie aus den alten Kirchenlerern zusamen gezogen haben / zu der reali
communicatione idiomatum, dadurch die menschliche Natur selbst almechtig /
alwissend / vnd vnendlich worden sein sol / gar nichts dienen / söndern
demselbigen gedicht viel mehr zuwider sind.
Denn ob wol Cyrillus lib. 2. ad Reginas spricht /(Fol.
Apol. Erf. 77. a.) Accepisse gloriam,
potestatem, & regnum super omnia, referendum esse ad conditionem
humanitatis. So folgt doch nicht / das darumb die menschliche Natur selbst
almechtig / alwissend / oder allenthalben sey / sondern solchs gebürt Christo
vmb seiner ewigen Gottheit willen. Dieweil er aber von Ewigkeit her nicht Mensch
gewesen / hat er solchsalles empfangen / als Mensch / per gratiam vnionis,
welchs Cyrillus alhie nennet conditionem humanitatis. Denn es zuuor nicht
erhöret war / das ein warhafftig natürlich Menschen kind zugleich auch
wesentlicher natürlicher Gott were.
Vnd also erkleret der heilige Lerer Athanasius diese Frage mit austrücklichen
worten / wie folget: Homo merus non dignus fuisset istiusmodi muneribus: Verbum
è diuerso solum, & merum istis non indiguisset. Coaptatum igitur nobis
est Verbum, potestatemque suam nobis impertijt, & superexaltauit. In
homine enim existente Verbo, accepit homo. Quoniam igitur Verbo existente in
carne exaltatus est homo, & accepit potestatem: ideo ista ad Verbum
referuntur, quia propter Verbum data sunt. Ideò enim, quia Verbum in homine
erat, istae gratiae donatę sunt;
|| [86]
et vt Verbum caro
factum est, ita etiam homo per Verbum ea accepit.
Mit welchen worten er klar bezeuget / das er nicht de gratia habituali, sed
vnionis rede. Den̅ dieweil die empfangene Maiestet also verstanden
sol werden / wie das ewige Wort ist fleisch worde̅ / vnd aber die
angenomene Natur mit nichten das Wort selbst worden / noch in dasselbige
verwandelt ist / so ist sie auch nicht für sich / in abstracto, almechtig /
alwissend / oder vnendlich worden: Sondern was Christus / als Gott / von
ewigkeit ist / das behelt er auch in der Menschwerdung.
Wie aber weder zuuor / noch hernach seines gleichen vnter Menschen nicht gefunden
/ also ist zuuerstehen / das jm solchs alles / was er von ewigkeit hat / vffs
newe gegeben werde / nicht zwar das es seiner menschlichen Natur gebüre /
söndern der Person bleibt es / die zuuor in menschlicher gestalt nicht gesehen /
noch erkant war.
Solchs bezeugt auch Cyrillus de recta fide ad Theodosium mit folgendem Spruch:
Manifestum est, quòd quae insunt natura, & propriè Verbo ex Deo Patre,
seruantur ei iterum etiam, quando apparuit vt homo. Ideò periculosum est audere
diffidere. Ad hunc igitur modum intelligi potest, omnia à Patre data Filio, vt
ea, quae ab aeterno habuit, quatenus Verbum Patris est, iterum accepisse
videatur, quatenus Verbum caro factum est, & in carne manifestatum.
&c.
Aus welchen worten Cyrilli vnwidersprechlich geschlossen wird / das so fern die
ewige Gottheit des Sons / dem angenomenen fleisch / oder der angenomenen
Menschheit gegeben ist / so fern gebüren jhr auch alle wesentliche
eigenschafften Gottes.
|| [87]
Nu ist ja vnleugbar / das die angenomene menschliche Natur / ob sie wol mit dem
ewigen Wort persönlich vereinigt / jedoch nicht in die göttliche Natur
verwandelt / noch die Gottheit selbst worden sey / Den̅ so fern
erstreckt sich die gratia vnionis hypostaticae gar nicht / das eine Natur von
der andern könte praedicirt werden / Söndern in Christo ist ein anders die
Gottheit / ein anders die Menscheit / solcher Vnterscheid kan in ewigkeit nicht
auffhören / noch geendert werden.
Darumb auch die allmechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit / noch andere
göttliche eigenschafft / der angenomenen menschlichen Natur nicht also gegeben
sein / das sie dieselbigen für sich empfangen hette / oder selbst mit der that
vnendlich / alwissend / vnd almechtig worden wer.
Eben dieses / vnd nichts anders meinet in warheit D. Lutherus / da er in seiner
schönen auslegung der letzten wort Dauidis / vnter andern also schreibet:
Christus vnser HERR hat zwo Geburt / oder zwo Natur in einer vnzertrenten
Person. Denn er ist ein Christus / nicht (wie der tolle geist Nestorij narret)
zween Christi.
Nach der ersten Geburt hat er nicht zeitlich / sondern von Ewigkeit her vom Vater
empfangen die ewige gewalt / oder Gottheit / vnd der Vater hat sie jhm gegeben /
gantz / vnd völlig / wie er sie selbst hat von Ewigkeit.
Nicht hat er sie jm also gegeben / das er sich derselbigen beraubet / oder
entlediget habe / sondern dieselbige gewalt / vnd kein andere / die er von
Ewigkeit gantz / vnd völlig gehabt / vnd in ewigkeit behelt / hat er dem Son
gegeben.
Denn es sind nicht zwo Gottheit / sondern beider
|| [88]
Personen ist ein einige Gottheit / vnd bleibet recht geredet / Esaiae 42. Ich
wil meine Ehre keinem andern geben / noch mein Lob den Götzen / denn der Son ist
kein ander Gott / noch Götze / sondern mit dem Vater ein einiger / rechter
ewiger Gott.
Hieuon spricht er selbst Joan. 16. Alles was der Vater hat / das ist mein /
Spricht nicht / der Vater hat nichts mehr / Ich habe es alles allein / oder der
Vater hat alles allein / ich habe nichts / sondern der Vater hats alles / aber
dasselbige alles / das er hat / das ist mein.
Das ist ja klerlich souiel gesagt / das der Vater / vnd Son ein enige Gottheit
haben / vnd von demselben alles / des Vaters / das des Sons ist / hats der
heilige Geist auch / wie er daselbst spricht: Er wirds von dem meinen nemen. Von
welchem meinem? On zweiffel von dem meinen / das der Vater hat / also nimmet der
heilige Geist von beiden / dem Vater / vnd Son / dieselbige völlige gantze
Gottheit / von ewigkeit her.
Item / Joan. 5. Wie der Vater das Leben hat in jm selber / also hat er dem Son
gegeben das Leben zu haben in jm selber / vnd wie der Vater todten aufferwecket
/ vnd lebendig macht / also auch der Son macht lebendig / welche er wil / auff
das sie alle den Son ehren / wie sie den Vater ehren / das alles ist von der
ersten ewigen göttlichen Geburt gesagt.
Nach der andern zeitlichen menschlichen Geburt / ist jm auch die ewige gewalt
Gottes gegeben / doch zeitlich / vnd nicht von ewigkeit her. Den̅
die Menscheit Christi ist nicht von ewigkeit gewest / wie die Gottheit / Sondern
wie man zelet / vnd schreibet / ist Jesus Marien Son dis Jar. 1543.
|| [89]
Jar alt / Aber von dem augenblick an / da Gottheit vnd
Menscheit vereiniget ist in einer Person / da ist / vnd heist der Mensch Marien
Son / almechtiger ewiger Gott / der ewige gewalt hat / vnd alles geschaffen hat
/ vnd erhelt / per communicationem idiomatum, darumb das er mit der Gottheit
eine Person / vnd auch rechter Gott ist. Dauon redet er Matth. vlt. Mir ist alle
gewalt gegeben im Himel / vnd auff Erden / Welchem Mir? Mir JEsu von Nazareth /
Marien Son / vnd Mensch geborn. Von ewigkeit hab ich sie vom Vater / ehe ich
Mensch ward: Aber da ich Mensch ward / hab ich sie zeitlich empfangen nach der
Menscheit / vnd heimlich gehalten bis auff mein aufferstehen / vnd auffart / da
es hat söllen offenbaret / vnd verkleret werden / wie S. Paulus Rom. 1. spricht:
Er ist verkleret / oder erweiset ein Son Gottes krefftiglich. Joannes nennet es
verkleret. cap. 7. Der heilige Geist war noch nicht / denn Jesus war noch nicht
verkleret. Bisher Lutherus.
Aus welchem Spruch / vnser / ja aller rechtgleubigen meinung klar / vnd deutlich
bezeuget wird.
Denn dieweil Lutherus durch dasselbige gantze buch jm fürgenomen / wieder die
Jüden beides zubeweisen / nicht allein / das Jesus von Nazareth der warhafftige
versprochene Messias / sondern das er auch warhafftiger ewiger natürlicher Gott
sey / vnd demnach in einer vnzertrenlichen Person zwo vnterschiedene Naturn
habe: So werden jhm seine wort wider seine rechte meinung misdeutet / wenn man
sie dahin verstehet / als hab er wollen beweisen / das die Menscheit in Christo
almechtig / alwissend / oder vnendlich worden sey.
Wie er denn in diesem angezogenen Spruch stracks
|| [90]
das
gegentheil leret / nemlich / das die Sprüche / Alles / was der Vater hat / das
ist mein. Joan. 16. Item / Der Son hat das Leben in jm selber / Joan. 5. etc.
welche von den Vbiquisten felschlich vff die menschliche Natur gezogen werden /
anders nicht denn von der göttlichen Natur Christi zuuerstehen sein.
Vnd setzt die Vrsach dazu / denn es sind nicht zwo Gottheit / sondern beider
Personen des Vaters / vnd des Sons / welchs er hernach auch von dem heiligen
Geist beweiset / ist ein einige Gottheit / vnd bleibet recht geredet / Esa. 42.
Ich wil meine Ehr keinem andern geben.
Als wolte Lutherus sagen / Die Almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit /
vnd dergleichen eigenschafft / können von dem göttlichen Wesen nicht getrennet
werden.
Wie nu der HERR Christus / nicht seiner zeitlichen / sondern ewigen Natur / vnd
Geburt halben / eines Wesens mit dem Vater ist / also gebürt jm auch die Ehr der
allmechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit anders nicht / denn so fern er
Gott ist. Denn sonsten würde die Person getrennet / vnd zwey vnendliche Wesen in
Christo / das ist / zwo Gottheit / eine zeitliche / vnd ewige gedichtet.
Derwegen / ob wol dem Menschen Christo die ewige gewalt Gottes in der zeit
gegeben / so hebt doch solchs den vnterscheid der Naturn in Christo nicht auff /
folgt auch nicht / das darumb die Menscheit Christi sey allmechtig / alwissend /
vnendlich worden / Söndern ist zuuerstehen nach der Offenbarung Gottes im
fleisch / per communicationem idiomatum, dadurch vom Son Mariae beides mit
Warheit gesagt wird / das er sey der wesentliche glantz / vnd
|| [91]
Ebenbild der herrligkeit des Vaters / Schöpffer / vnd Erhalter
Himels / vnd Erden / vnd das er sey almechtig / alwissend / allenthalben:
Nemlich / vmb der persönlichen vereinigung willen / welches geheimnis durch die
Regel communicationis idiomatum ausgesprochen / vnd erkleret wird.
Aber von der Menscheit Christi kan nicht gesagt werden / das sie aus des Vaters
Natur / vnd Wesen von ewigkeit geborn / noch das sie Himel / vnd Erden
erschaffen. Denn sie ist selbst ein geschöpff / vnd wird erhalten / nicht durch
sich selbst / sondern in / vnd von der Person des ewigen Worts / mit welcher sie
persönlich vereinigt ist. Darumb kan auch von jr nicht mit warheit gesagt werden
/ das sie almechtig / alwissend / oder allenthalben sey.
So nemen wir nu in diesem rechten eigentlichen verstand alle dicta Patrum von den
Herrn Verfassern alhie(Fol. Apol. Erf. 77.) zusamen getragen / gern / vnd willig an /
vnd zweifeln gar nicht / alle verstendigen werden vns aus Gottes Wort beifal
geben / das dieselbige allzumal dem gedicht vnsers gegenteils von der reali
idiomatum communicatione im geringsten nicht patrociniren.
Was wir auch hiebeuor bey der Regel Basilij / (Differunt propositiones
Theologiae, & oeconomiae:) Oder Nazianzeni, (quòd alia sit consideratio
Verbi ratione essentiae, alia ratione oeconomiae, quae simul mysterium
incarnationis, & finem illius mysterij, hoc est, officium complectitur:)
erinnert haben / Das wird von Cyrillo mit folgender schönen Regel / wie man die
Schrifft recht handeln / vnd auslegen sol / illustrirt / vnd bekrefftiget.
|| [92]
Exinaniuit SEMETIPSVM VERBVM (Nota au ream regulam
tractandi scripturam.) voluntariè, & factum est subditum Patri
vsque ad mortem. Quando igitur ex ijs, quae dispensatiuè vel facta sunt, vel
dicta propter carnem, & humanitatem, extolluntur quidam contra
cognitionem Filij, dicentes non esse Deum verum, & Filium secundum
naturam eum, qui humana forma: tunc omnem celsitudinem extollentem se
demoliemur, si subuerterimus opiniones, quas illi sentire voluerunt, &
accommodauerimus omnem sensum ad dispensationem obedientiae. Filium enim factum
in mensuris humanitatis decebat humana non auersari. Haec Cyrillus. Tomo 3. libro 1. de recta fide, ad Reginas. pag. 298.
(Fol. Apol. Erf. 78. a.)
So viel nu den Spruch Athanasij belanget / Data est Christo omnis potestas, vt
Saluatori: können die Herrn Verfasser nicht fürüber / sondern müssen wider jhren
willen bekennen / das solchs Athanasij wort / vnd meinung sey.
Damit sie aber nicht dafür angesehen werden / als geben sie der Warheit gewonnen
(welchs jhnen doch kein schande were / wenn sie sich Gott zu ehren vberwinden
könten) so suchen sie jhre Sophisticam herfür / vnd sagen / das wir in
assertione catholica, positione. 24. den Spruch
Athanasij vnrecht ausgelegt / vnd ein jrrige meinung darunter verborgen. Schemen
sich auch nicht / wider jhr Gewissen vns öffentlich zu beschüldigen / als wolten
wir mit vnser Lehr die Leute gern mit dem Arianisino beschmitzen / (denn solche
höffliche wort brauchen sie) daraus freilich zusehen / das sie / an statt
bestendiges grundes / daran es jnen allzeit mangelt / zur verleumbdung schreiten
/ vnd beweisen mit jhrem eigen exempel / das Maxentius recht gesagt:
|| [93]
Quorum mens contentioni indulget, & non
sanari, sed vincere cupit, auersa ab ijs, quae rectè dicuntur, tantùm intenta
est in hoc, vt inueniat, quod pro suis partibus loquatur.
Schrecklich aber ists / das sie die Lere für Arianisch ausruffen / welche von vns
also gesetzt / vnd erklert ist / wie die folgende wort ausweisen:
De Maiestate officij gloriatur Christus: Si vos Filius liberauerit, verè liberi
eritis. Ioan. 8. Item: Data est MIHI (scilicet SOLI, vt
Saluatori, secundum Athanasium) omnis illa potestas, videlicet liberandi genus
humanum à peccato, & morte, ac dandae vitae aeternae, repellendi hostes,
& exercendi iudicij, in quo damnaturus sum incredulos, saluatis
fidelibus: omnia denique, quae Mediatori congruunt, non minus potenter, quàm
sapienter, & mirando cum successu, contra inferorum portas transigendi.
Das ist / (wie es in vnser teutschen bekentnis von wort zu wort gegeben ist) Von
der Maiestet seines ampts rühmet der HERR CHRIstus Joannis am 8. capitel: So
euch der Son frey machet / so seid jr recht frey. Item / Matthaei am letzten:
Mir (nemlich / MIR allein / als dem Seligmacher / wie Athanasius herrlich daruon
redet / vnd D. Luther in seiner letzten Predigt zu Eissleben gethan / auch also
erkleret) ist gegeben alle gewalt / nemlich / das menschliche Geschlecht von
Sünden / vnd tod zu erlösen / das ewige Leben zugeben / die Feinde zuuertreiben
/ vnd das Gerichte zu halten / darinnen ich die vngleubigen verdammen / vnd die
gleubigen werde selig machen / Ja ALLES ist mir endlich gegeben / das dem Mitler
zwischen Gott /
|| [94]
vnd dem Menschen / so wol krefftiglich
/ als weislich / vnd mit je wunderlichem glückseligem fortgange / wider die
pforten der Hellen / zuuerrichten gebüret.
Bisher vnsere wort in assertione catholica, pag. 101.
welche allhie von vnserm gegenteil verworffen werden. Denn heisset nu das
Arianisch geleret / wenn wir vnsere zuhörer auff den einigen Heiland JEsum
Christum / Gottes vnd Mariae Son weisen / vnd sagen / das sonst niemand die
gewalt habe selig zu machen / oder mit S. Petro / das ausser dem Namen Jesu kein
heil zu hoffen / Act. 4. vnd mit S. Paulo / das kein ander grund gelegt könne
werden / denn der einige Name Jesu Christi. 1. Cor. 3. Ja mit dem Heiland
selbst: Qui non honorat Filium, non honorat Patrem. Wer den Son nicht ehret /
der ehret auch den Vater nicht. Joan. 5.
Mit welchen Sprüchen allen wir allein zu dem Son / der allein dazu gesandt / vnd
in die Welt kommen ist / das er vnser Saluator sey / gewiesen werden.
Ist nu dis (sagen wir) für Arianisch / vnd ketzerisch zu halten / so mögen alle
fromme Christen vrteilen / was in dem Wunderbuch der Concordiae, vnd Apologiae
für ein Christus vorgetragen werde.
Wir erschrecken von gantzem hertzen / vnd entsetzen vns ob dieser grewlichen
vermessenheit / das vnser gegenteil die vnwandelbare ewige Warheit Gottes für
Arianische Lesterung schelten / vnd ausruffen darff.
Der ewige getrewe GOTT gebs jhnen in der zeit der gnaden zuerkennen / damit jhnen
solche schwere Sünd nicht zum Gericht vorbehalten werde. Denn wir gar nicht
zweiffeln / wo sie dieses nicht erkennen / vnd zu
|| [95]
gleich Gott / vnd der Christlichen / von jhnen bisher hoch geergerten
/ vnd jemerlich betrübten Kirchen / noch vor jhrem ende mit ernst werden
abbitten / sondern in solcher meinung verharren / vnd dahin sterben / das es
jhnen zur Sünde wider den heiligen Geist / daruor Gott alle Christen ewiglich
behüten wölle / gereichen werde.
Denn wer der Arianischen Lesterung (Gott geklagt) den Weg / vnd die bahn wider in
die Kirchen weise / haben sie sich mehr / denn gut ist / zuersehen aus der
tabella phrasium Serueticarum, vnd andern angehengten Sprüchen der newen
Antitrinitarier / in der getrückten Collatione sententiae orthodoxae, &
Iacobiticae de persona Christi, wider die Disputation Anno 80. zu Wittembergk
gehalten / in welcher Collatio̅ diese newe Lehr vnsers gegenteils
zu grund vmbgestossen / wie jhnen denn in ewigkeit vnmüglich sein / vnd bleiben
wird / sich mit warheit dawider zuschützen.
Vnd zwar / das sie vnser Lehr wider jr eigen Gewissen verketzern / vnd verdammen
/ bezeugen sie wider sich selbst mit ferner anziehung eben desselbigen Spruchs
Athanasij /(Fol. Apol. Erf. 78. a.) darauff wir vns beruffen / der jhnen recht / vns aber
falsch sein sol. Die wort Athanasij / vber den Spruch Christi: Matth. xj. Omnia
mihi tradita sunt à Patre, pag. 290. lauten also:
Tradita enim sunt illi, vt medico, qui sanaret morsum serpentis: Et vt vitae,
quae excitaret mortuum: Et vt luci, quò illuminaret tenebras: Et vt rationi, quò
redintegraret vim rationalem.
Et paulò post: Certè, qua ratione sibi omnia tradita essent, indicare volens
Saluator, per Matthaeum subintulit: Venite ad me omnes, qui laboratis, &
onerati estis, &
|| [96]
ego reficiam vos. Datum enim
est mihi, vt fatigatos reficiam, & mortuos viuificem.
Das ist / (wie es in vnser teutschen bekentnis verdolmetscht ist) Es ist jhme
alles gegeben / als dem Artzte / der den biss der Schlangen heilete / vnd als
dem Leben / welches die todten aufferweckte / vnd als dem Liechte / dardurch er
die finsternis erleuchtete / vnd als dem verstendigen ewigen WORTE / damit er
die vernünfftige Krafft in dem Menschen widerumb zu recht brechte.
Vnd bald hernach: Als der Seligmacher wolte anzeigen / wie jm alle ding vbergeben
seind / hat er durch seinen Apostel Matthaeum darauff setzen lassen: Kompt her
zu mir alle / die jr müheselig / vnd beladen seid / ich wil euch erquicken. Denn
mir ist es gegeben / das ich die müheseligen erquicke / vnd die todten lebendig
mache. Bisher Athanasius.
Dieweil denn vnleugbar / daß das ewige Wort derselbige Artzt ist / welcher auch
vor seiner Menschwerdung Adam vnd Euam / in jrem verwundetem gewissen / wider
geheilet / vnd durch den Propheten rüffet / Ich bins der gerechtigkeit leret /
vnd ein meister bin zu heylen / oder zu helffen. Jesa. 63. vnd freilich das
herrliche zeugnis des Euangelisten Joannis am ersten / In jm war das leben / vnd
das leben war das licht der menschen / mit nichten von der angenomenen natur
Christi / sondern von seiner ewigen Gottheit mus verstanden werden / in massen
auch Cyrillus sagt lib. 1 ad Reginas de recta fide: pag.
314.
Nouilsimus Adam, hoc est, Christus, quia non indigebat vita, vtputa DEVS, factus
est in Spiritum nos viuificantem: quae viuificatio diuinae naturae propria est
posselsio.
|| [97]
Vnd endlich / dieweil das ewige Wort darumb vom Himel hernieder komen ist / das
es vns zu gut Mensch / vnd also vnser getrewer Medicus, vnd warhafftiger Helffer
würde / nicht aber sein menschliche Natur mit sich vom Himel hernider gebracht /
die auch zu solchem heilsamen ampt für sich allein viel zu wenig gewesen wer /
So vermag ja mit keinem bestendigen grunde geleugnet werden / das solche
amptsverwaldung / sampt aller zugehörigen Maiestet / vnd herrligkeit / dazu sich
der Son von anfang der Kirchen freiwillig von seinem himlischen Vater vns zu
trost hat senden lassen / vnd die er jm nicht selbst one beruff / noch wider
seines ewigen Vaters wolgefallen zugezogen / keins wegs nur von der angenomenen
Natur zuuerstehen sey.
Vnd folgt drümb nicht / das der Gottheit in Christo newe Krefft gegeben seyen /
Söndern das ewige Wort hette seine ewige almechtige Krafft vns zu helffen
nimmermehr angewand / wenn nicht in dem geheimbten allerheiligsten Schos des
Vaters / solch ampt / jm / als dem Son / vnd einigem Versöner / vollmechtiglich
auffgetragen / vbergeben / vnd befohlen wer / nemlich / das er sich in vnser
fleisch senden lassen / vnd nach volbrachtem Opffer / durch sein Leiden / vnd
aufferstehung wider in sein vörige ewige herrligkeit eingehen solt.
Dieses / vnd nichts anders meinet Cyrillus / da er spricht: Accepisse gloriam,
potestatem, & regnum super omnia, referendum est ad conditionem
humanitatis. Denn er hiemit das ewige Wort keins wegs darumb ausschleusset /
söndern wil eben solchs verstanden haben von derselbigen Person selbst / welche
Mensch worden / vnd in
|| [98]
conditione humanitatis, das ist
/ relatiuè, viel anders / denn absolutè in der blossen Gottheit betrachtet wird.
Denn also erkleret er in demselbigen gantzen Buch die conditionem humanitatis
(wie er redet) das ist / den stand im fleisch / per incarnationis mysterium,
durch das geheimnis der menschwerdung / dadurch freilich nicht nur die
angenomene Natur / sondern das ewige Wort selbst / von welchem der Euangelist
bezeuget / quod Verbum caro factum sit, das Wort ward fleisch / verstanden wird.
Nam existens in forma, & aequalitate Patris, DEVS Verbum, (spricht
daselbst Cyrillus vber den Spruch Act. 2. Dextra Dei exaltatus: &c. pag.
366.) quod ex illo, fortissima dextra, &
manus vera, inanitus quidem dicitur propter humanitatem: Exaltatus verò rursus,
non in externam dignitatem, & qua olim caruerit, conscendens: sed
rediens ad gloriam, & eminentiam sibi implantatam, & in ipso
semper existentem. Exaltatur enim humanè, quamuis secundum naturam existat
altissimus. Factus est enim homo. Et hoc opinor est naturae conditio, &
inanitio, quae dicitur. Quin Deus homo factus, quamuis nihil habitus sit, quàm
solus homo, & ita videbatur, praedicatus est in gentibus, &
fides habita est ei in mundo. 1. Tim. 3. Honoratus item, vt verè Filius Dei, ac Patris, summaeque
nobilitatis gloriam recepit, Deus esse creditus: nec insolita res illa ei est,
sed verum dicimus, summissum in humanitate, & exaltatum videri, quamuis
summa etiam gloria conspicuum. Haec ille. Tom. 3. de
recta fide ad Reginas.
Hieraus ist klar / das beide Stende / so wol der nidrigung / als der erhöhu̅g / von der gantzen Person / die Mensch worden ist / vnd nicht
nur von der angenomenen Natur Christi geredet / vnd verstanden werden.
|| [99]
Ob nu wol der Gottheit für sich nichts weder ab / noch zugehet / so ists doch
weit vnterscheiden / wenn man vom ewigen Wort absolutè, oder relatiuè redet.
Vnd zwar / nach dem vnser gegentheil nicht leugnen(Fol.
Apol. Erf. 78. a.) kan / sondern bekennen
/ vnd sagen mus / es sey offenbar / das Athanasius lere / Es sey eben darumb die
Person des Sons Gottes zu dem ampte / die Menschen selig zu machen / erwehlet /
dieweil er von ewigkeit ein erleuchtend Liecht / vnd lebendigmachendes Leben
gewest ist / Mit was gewissen verleugnen sie denn / das eben mit derselbigen
erwelung zu solchem ampt / allein dem Son / vnd sonst niemand / weder im Himel /
noch auff Erden (verstehe nicht allein keiner Creaturen / sondern auch dem Vater
/ vnnd heiligem Geist selbst nicht) derselbige beruff / vnd ampt der
menschwerdung zu vnserm heil / mit aller vollmacht / vnd gewalt / dazu gehörig /
als einem gesandten (jedoch derselbigen Person hoheit / vnd einigkeit im Wesen
mit dem Vater / vnd heiligem Geist nichts begeben) vffgetragen / vbergeben /
befohlen / vnd vertrawet sey?
Heist das nicht jm selbst mit eignem Munde widersprechen? Denn es hilfft sie
nicht / das sie die wesentliche Krafft / so der Gottheit eigen ist / vnd bleibt
von ewigkeit in ewigkeit / one ab / vnd zugang / one schmelerung / oder
vermehrung / mit der verwilligten vollmacht / lebendig / vnd selig zu machen (so
zum mitlerampt gehörig / vnd freilich nicht nur vff die menschliche Natur kan
gezogen werden / man wolte denn vorsetzlich zu Stanckaro / welcher das
mitlerampt nur auff die Menscheit deutete / tretten) für vnd für vermischen /
Söndern eben hiemit werden sie selbst zu öffentlichen Arianern / weil sie der
Menscheit Christi göttli
|| [100]
che wesentliche
eigenschafften zuschreiben / in massen die newe / vnd alten Antitrinitarier /
wie auch Serueti bekentnis ausgewiesen / das gedicht de reali, & physica
idiomatum communicatione nie geleugnet / ja aus diesem vngrunde wider die
wesentliche ewige Gottheit des Sons gestritten / weil es (jhrem fürgeben nach)
ohne noth / das der Heiland wesentlicher ewiger Gott sein müste / sintemal one
das seine Menscheit mit empfangener / oder mitgeteilten Maiestet / Almacht /
alwissenheit / vnd andern göttlichen eigenschafften in der that gezieret sey.
Also bestehet nu vnser ander Argument / sampt dem ersten / noch fest / vn̅ vnbeweglich. Welchs wir gleichwol der Warheit zum besten / etwas
ausfürlicher haben erkleren müssen / dieweil das gegentheil viel vngereimbtes
alhie geheuffet / vnd in einander gemenget.
Bitten derwegen den Christlichen Leser / das er vnser nottürfftige verantwortung
anders nicht / denn zu allem guten auffnemen wolle / vnd sönderlich der
angezogenen Regeln / welche sich am bequembsten / wenn man eine mit der andern
vergleicht / erkleren lassen / ingedenck bleiben. Denn dadurch die folgende
argument offt illustrirt werden / von welchen wir nu mehr desto kurtzer (so fern
sichs leiden wil) zu handeln / vns in richtiger Ordnung befleissigen wollen.
Das dritte Anhaltische Argument.
(III.)
DAs dritte Argument betreffende / findet ichs zwar mit wenig ruhm vnsers
gegenteils / jedoch mit Warheit / das sie jre Sach bey dem vn
|| [101]
berichten hauffen jrer Subscribenten nur mit dieser groben
Sophiftica schmücken / vnd bementeln / das die Person Christi getrennet werde /
wo man jhnen diese Reden nicht laß passieren / das die Menscheit Christi
almechtig / alwissend / allenthalben sey.
Dieweil wir sie aber gebeten / sie wolten die bekante Lehr / da man in Schulen
vnterscheidet zwischen denen wörtern / die man nennet Concretum, vnd abstractum,
helffen erhalten / vnd nicht schwechen / Haben sie bisher / wie wir in vnser
Apologia pag. 246. der jhrigen Reden etliche namhafftig
ausgesetzt / dieselbige zum teil schimpflich verworffen / zum teil misbraucht /
vnd verkeret / Endlich aber diese ausflucht funden / der Name Abstractum komme
her vom wort abstrahere, das heisse so viel / als separare.
Darumb sie vns in dem recht geben / das nemlich die Menscheit von der Person
Christi abgesöndert / oder getrennet / vnd gescheiden / nicht sey allmechtig /
alwissend / allenthalben / sie sey aber doch gewislich / vnd in der that
almechtig / alwissend / vnd allenthalben / so fern sie von der Person Christi
vnabgesöndert bleibe.
Dieses nu / vnd nichts anders ist noch für vnd für jr behelff / vnd meinung.
Sie gehen aber alhie sehr kurtz furüber / vnd sagen /(Fol. Apol. Erf. 78. a.) es sey nicht noth zu beweisen / das die
Scholastici das wort abstractum in senlu Etymologico gebraucht haben. Gleich als
wer es vmb das Etymon, woher das wort in der Grammatica seinen vrsprung habe /
zu thun / vnd nicht viel mehr / was in dem geheimnis von der Menschwerdung des
Sons Gottes / von diesen Reden / vnd newen Glaubens artickeln zu halten sey / da
sie fürgeben:
|| [102]
Das fleisch Christi sey almechtig / alwissend / allenthalben.
Denn dieweil ein anders ist / wenn man von der Person redet / von welcher man
freilich widerwertige ding sagen kan / als das sie sey endlich / vnd vnendlich /
sichtbar / vnd vnsichtbar / gecreutzigt / vnd nicht gecreutzigt / gestorben /
vnd nicht gestorben / aufferstanden / vnd nicht aufferstanden / gen Himel
gefaren / vnd nicht gen Himel gefaren / etc. Ein anders aber / wenn man von den
Naturen besonders redet / So mus man ja beides mit fleis in acht neme̅ / damit allezeit zugleich der Person vnzerstörliche einigkeit
wider Nestorium / vnd der beiden Naturen wesentliche vnterscheid wider Eutychen
erhalten werde.
Denn jener trennete die Person / weil er nicht wolt nachgeben / das man sagen
solt / der Son Gottes ist für vns gecreutzigt / Gott ist für vns gestorben /
dieser aber vermischte die Naturen / dieweil er lerete / die Gottheit Christi
selbst sey für vns gecreutzigt / vnd gestorben.
Vnd stacke Eutyches eben in diesem jrthumb / wie vnsere Antagomsten warhafftig
noch stecken / ob sie wol nicht gern dauon hören / das nemlich scheiden / vnd
vnterscheiden ein ding sey.
Damit sie aber jtzt der Sachen ein bessern schein geben / machen sie dreierley
genera communicationis idiomatum, da doch von anfang der Kirchen nicht mehr /
denn vom ersten / vnd einigem geredet / vnd geschrieben ist worden. Denn die
Ampts Namen / als Mitler / Erlöser / Versöner / Seligmacher / Heiland / ewiger
König / vnd Hoherpriester sein / etc. machen kein communicationem idiomatum,
sondern gehören Christo nach beiden Naturen / die
|| [103]
weil ein jede das jre / so jhr gebüret / zu solchem ampt thut / vnd
wirckt / daraus ein algemeine wolthat der erlösung folget / vmb welcher willen
auch der Mitler beide Naturn an sich haben muste.
Was aber die praerogatiuen / vnd vortreffliche Gaben / so der menschlichen Natur
beides vmb der persönlichen vereinigung mit dem Wort / vnd erhöhung willen zur
rechten des ewigen Vaters gebüren / können dieselbigen noch viel weniger vnter
die göttlichen Eigenschafften gerechnet / oder jn ein besonder genus
communicationis idiomatum gezogen werden.
Denn COMMVNICATIO IDIOMATVM ist ohne allen zweiffel nur die Regul / dadurch das
grosse geheimnis von der Menschwerdung des ewigen / vnd eingebornen Sons Gottes
ausgesprochen wird / da nemlich vmb der persönlichen vereinigung willen
beiderley Naturn wesentliche eigenschafften / vnd natürliche wirckungen / der
Person zugeschrieben werden / ob sie wol von derselbigen Natur / der sölche
eigenschaffte / vnd Wirckungen gehören / nicht alweg genennet wird.
Als / der Son Mariae ist Schöpffer Himels / vnd Erden / Der Son Gottes ist für
vns gecreutzigt / vnd gestorben.
Dis ist beides war / per communicationem idiomatum, weils von der Person geredet
wird / die Gott / vnd Mensch zugleich ist.
Darumb mus auch in der erklerung allezeit der verstand vff die Natur / vmb
welcher willen diß / oder jenes von der Person geredet wird / dirigirt / vnd
gezogen werden. Wie den̅ die Apostel den vnterscheid angezeigt
haben / Chri
|| [104]
stus ist gestorben nach dem fleisch
/ vnd lebendig gemacht nach dem Geist. 1. Petri 3. 4. Item / Er ist Dauids Son
nach dem fleisch / vnd erwiesen Gottes Son nach dem Geist. Rom. 1. 9.
So denn in primo genere, welchs allein von der rechten / vnd eigentlich also
genanter communicatione idiomatum handelt / die propositiones abstractiuae nicht
gelten / wie gelten sie denn in tertio, quod est idiomatum communicationis genus
fictitium? Es kan ja eine proposition nicht zugleich falsch / vnd warhafftig
sein.
Darzu ist weltkündig / vnd offenbar / das D. Heshusius aus Preussen hat weichen
müssen / vmb der proposition willen / das er sol fürgeben / vnd gestritten
haben; Caro Christi in abstracto est omnipotens.
Vnd haben vnsere Collocutores zu Hertzbergk / An̅o 78. jr iudicium
von diesem streit damals also gestelt / das sie D. Wigando / der sich Bischoff
zu Pomezan schreibt / mehr beyfall gegeben / denn seinem gegenteil D. Heshusio.
Ists denn vnrecht geredet / Caro Christi, seu humana natura in abstracto est
omnipotens, omniscia, vbique, &c. (wie denn D. Heshusius so fern / Gott
lob / kommen / das er zu Quedlinburgk selbst gestritten / quòd caro Christi non
sit vbique / vnd wir aus warhafftigen gründen göttliches Worts gar nicht daran
zweiffeln / das alle dieselbige propositiones in abstracto vnrecht seyen / man
verstehe das Abstractu̅ gleich Dialecticè, wie sichs gebürt / oder
Etymologicè, wie die Herrn Verfasser damit spielen / ja man setze gleich die
determinationem in abstracto dazu / oder las sie dauon) Wie komen denn die Herrn
Verfasser der Erfurdischen Apologien vff die widerwertige meinung / das sie
|| [105]
eben dieselbige propositiones, vmb welcher willen D.
Heshusius seines Bistumbs entsetzet worden / vnd sie mit jrem beyfal das
gegenteil iustificirt haben / numehr als abstractiuas vertheidingen.
Was ist denn für ein vnterscheid; In abstracto, oder abstractiuè esse
omnipotentem, omniscientem, omnipraesentem? D. Heshusius ist ja viel zu gelert
dazu / denn das er abstractum, vnd distractum für eins solt gehalten haben. So
schriehe sein gegenteil durch öffentlichen Druck / welcher noch vorhanden ist /
die phrasin determinatiuam, in abstracto, für einen blohen dunst aus (denn das
ist die bischoffliche höffligkeit) Wie sollen denn nu allererst dieselbige
propositiones für Glaubens artickel angenomen werden / sonderlich dieweil gantz
/ vnd gar nichts in der meinung geendert wird / wie auch in phrasi kein
vnterscheid zusehen / ausgenomen / das propositio in abstracto nu genent wird
propositio abstractiua. Aber sie werden der Kirchen Gottes jhren Bawers glauben
mit solchem nichtigen / vnd an jhm selbst widerwertigen beweis / vnd process
noch lang nicht einreden. Gott erleuchte nur ferner (wie er gnedigst angefangen
hat) die hochlöblichen Heupter / so wird man wol erfaren / was sie für
einhelligkeit / vnd gewisheit jres glaubens behalten werden.
Denn das sie die proposition Theodoreti; Sola caro in Christo passa est: Vel,
Christus, in quantum Deus, impatibilis(Fol. Apol.
Erf. 47. b.) est, noch nicht aus der Rede S.
Petri / Christus hat gelitten nach dem fleisch / recht verstehen / vnd zulassen
wöllen / sondern solam carnem halten für solitariam, & separatam carnem,
das ist alzu grob / vnd in vnser Apologia / bey diesem dritten argument mit
vielen herrlichen zeug
|| [106]
nissen der alten
rechtgleubigen Lerer gnugsam erklert / vnd ausgefürt / das alhie ferner wort
dauon zu machen vnnötig.
Nur allein / das man bey der distinctiua, SOLA, daraus sie ein disiunctiuam, vnd
separatiuam machen / beides jrn Eutychianismum / vnd Flacianismum zu mercken
hat. Jenen zwar in gegenwertigem Artickel / da sie dem Leiden Christi ein solche
meinung auffdichten / gleich als habe das ewige Wort des fleisches schmertzen
mit gelitten / vnd den todt auch etlicher massen / oder suo modo (wie sie reden)
für sich geschmecket: Diesen aber im artickel von der Rechtfertigung / da sie
per fidem solam, auch verstehen solitariam, hoc est, ab omni bono proposito
separatam.
Denn nach jrer meinung nicht allein das vertrawen / vnd eigener Ruhm / sondern
auch die gegenwart der guten Werck / das ist / der newe vorsatz von Sünden
abzulassen / in der rechtfertigung vor Gott die Seligkeit hindern sol.
Wollen jtzt geschweigen / das die propositio: Sola fide apprehendimus Christum,
qui est iusticia nostra, in den heiligen Sigillen der Christlichen Religion mus
bey jhnen nicht mehr heissen: Sola fide apprehendimus Christum. Gleich als weren
in Gottes Wort brieff / vnd Sigel wider einander / oder müste / was an einem Ort
war ist / am andern falsch sein / welchs kein rechtgleubiger nachgeben / vnd
jnen zubeweisen in ewigkeit vnmüglich vorfallen wird.
Derwegen sie dem vnterscheide inter solam, & solitariam carnem Christi;
Item, inter naturas in Christo distinctas, & separatas, billig etwas
besser nachdencken / vnd mehr berichts dauon aus Gottes Wort / vnd den alten
rechtgleubigen Kirchenlerern annemen solten.
|| [107]
Dieweil denn ABSTRACTVM in dieser Lehr nicht heisst etwas abgesonderts von der
Person Christi / sondern was einer jeden Natur in derselbigen Person Christi /
one schaden / oder trennung der persönlichen einigkeit / für sich eigentlich
gebüret / damit man von Christo / zugleich als warhafftigen Gott / vnd
warhafftigen Menschen / aus heiliger Schrifft recht gedencken / reden / vnd
gleuben könne / vnd nicht aus jhm mache entweder einen göttlichen Menschen / wie
Nestorius / oder einen menschlichen newerschaffenen Gott / wie Arius / vnd
Eutyches: Dieweil auch die persönliche vereinigung / so wol als die exaltation,
oder erhöhung / den vnterscheid der Naturen (welcher nirgend anders woher / denn
nur allein aus den vnterschiedlichen wesentlichen eigenschafften / vnd
natürlichen wirckungen fleust / vnd genommen werden kan) mit nichten auffhebt /
noch zerstöret / sondern viel mehr erhelt / vnd bekrefftiget / denn sonsten
keine persönliche vereinigung sein könte / sondern wer zugleich ein trennung /
vnd vermischung / wie aus Nestorij / vnd Eutychis schwarm zusehen / welche
beiderseits aus misuerstand der Lehr / die man communicationem idiomatum nennet
/ hergeflossen.
So würde auch sonsten die Exaltation / viel mehr ein destruction / vnd austilgung
der menschlichen Natur sein / wider den schönen / trostreichen Spruch Augustini:
Carni suae immortalitatem dedit, naturam non abstulit. Item, Ambrosij: Eadem est
corporis Christi etiam in gloria veritas, quae in nobis est, &c.
Auff welche meinung auch Gerson, Cancellarius Parisiensis, recht vnd wol
geschrieben: Gloria carnem Domini non tollit, sed extollit; non interficit, sed
perficit.
|| [108]
Diesen zeugnissen allen zu wider / ist offenbar / vnd an tage / das durch die
vbelerdachte allenthalbgegenwertigkeit der menschlichen Natur Christi / die
substantz / vnd Warheit derselben angenomenen Menscheit viel mehr zerstöret /
vnd ausgetilget / denn erhöhet / oder geehret werde. Daher man auch billig / vnd
mit warheit sagen kan: Vbiquitatis commentum carnem Domini non extollit, sed
tollit; non perficit, sed perimit, ac interficit.
Vmb dieser / vnd dergleichen vieler andern hochwichtigen vrsachen willen / die
mit keiner sophistica können vmbgestossen werden / widerholen wir vnser drittes
argument mit bestendigem grund / vnd lassens alle gelerten / vnd verstendigen
vrteilen / wie folget:
In abstracto, oder abstractiuè von den Naturen in Christo reden / ist einerley
art. Denn zu beiden teilen ein jede Natur / doch ohne absönderung / oder
trennung von der Person / für sich betrachtet wird.
Nu haben vnsere Colloquenten vor der zeit an D. Heshusio selbst gestrafft / vnd
verworffen / die propositiones in abstracto: Da man nemlich fürgeben / vnd
gestritten / carnem Christi in abstracto esse omnipotentem, omniscientem,
omnipraesentem.
Ergo, So folget vnwidersprechlich / das auch dieselbige propositiones, welche man
jtzt in der Erfurdischen (Fol. Apol. Erf. 41. 42.) Apologia abstractiuas nennet / falsch
sind. Denn was in abstracto falsch ist / mus auch abstractiuè falsch sein. Das
kan nimermehr feilen. Vber dieses schliessen wir also:
Die erhöhung der menschlichen Natur in Christo beruhet auff dem geheimnis der
persönlichen vereinigung
|| [109]
mit dem ewigen Wort / als
vff dem einigen fundament / vnd heuptgrunde / vmb welches willen zu keinem Engel
/ sondern allein zu dem Son Mariae gesagt ist / Setze dich zu meiner Rechten.
Heb. 1.
Es verursacht aber die persönliche vereinigung kein realem communicationem
idiomatum Deitatis in carnem, wie nicht allein allen rechtgleubigen / vnd dieses
geheimnis verstendigen bekant ist / söndern vnser gegenteil wider sich selbst
bezeuget / dieweil es in primo genere communicationis idiomatum (ausser welchem
doch in warheit nicht mehr genera communicationis idiomatum können erwiesen
werden) die propositiones abstractiuas selbst verwirfft.
Derwegen folgt vnwidersprechlich / das auch die erhöhung / vnd Maiestet der
menschlichen Natur in Christo kein sölche mitteilung der göttlichen
eigenschafften ins fleisch verursachen könne / wie vnser gegenteil dichtet / vnd
fallen demnach die propositiones abstractiuae auch in tertio genere
communicationis idiomatum wegk.
Diß vntergeben wir (wie gemelt) allen gelerten / vnd verstendigen zu vrteilen.
Denn was an einem Ort falsch ist / das kan am andern nicht war sein / Sonst
müste Warheit etwan auch vnwarheit sein / welchs vnmüglich ist / vnd bleibt
vnmüglich in alle Ewigkeit.
Wir protestiren aber alhie aduersus calumniam, & sophisticam. Denn wenn
wir mit allen rechtgleubigen / vnd verstendigen sagen: Es seyen nicht drey
genera, sondern nur ein genus co̅municationis idiomatum; So sagen
wir darumb nicht / das nur einerley genus, oder classis propositionum, seu
praedicationum de Christo sey / sondern
|| [110]
communicationis idiomatum (sagen wir) ist nur ein genus.
Denn idiomata, seu proprietates naturarum, appellationes officij, vnd
praerogatiuae carnis assumtae sind disparata, welche vnterschiedlich von Christo
(wo man nicht fürsetzlich die Lehr mit jrthumb confundiren / vnd verdunckeln
wil) verstanden / vnd erklert werden müssen / secundum triplicem illam gratiam,
vnionis, capitis, & habitualem: Wie droben im andern argument aus den
alten Schullerern deutlich angezeigt / vnd erwiesen worden.
Das vierte Anhaltische Argument.
(IIII.)
DAs vierte Argument vbergchen sie stillschweigend / derwegen es noch fest stehet
/ Wie folget:
Es ist vergeblich / vnd kan nicht bestehen / wenn man das jenige zum beweis /
oder erklerung anzeucht / welches jederman bekennet / das es weder gewesen /
noch seye / oder sein werde.
Nu bekennet ja vnser gegenteil selbst / das das fleisch Christi ausserhalb der
persönlichen vereinigung mit dem ewigen Wort / niemals gewesen / noch seye /
oder sein werde.
Derhalben so kan auch die erklerung der Praefation vber die formula Concordiae,
darüber vnser bedencken wolmeinende gestellet / vnd vbergeben ist worden / nicht
bestehen. Denn sie ist nicht allein an sich selbst vergeblich / vnd
|| [111]
nichtig / sondern auch der Sachen / dauon der streit
ist / öffentlich zu wider / das nemlich die göttliche Maiestet (wie jhre wort in
der Praefation lauten) der menschlichen Natur Christi nicht ausserhalb der
persönlichen vereinigung solte zugeschrieben werden.
Welchs Argument wir darümb alhie widerholen / auff das wir bey der Heuptsachen
bleiben / vnd den statum causae vns nicht verendern lassen.
Denn hieraus klar zusehen ist / wie die gute Herrn Verfasser in jrer Sach
entweder so gar schwach / vnd seicht fundirt sein / oder viel mehr jhre
verwundte Gewissen hiemit selbst an tag geben / dieweil sie nicht richtig bey
der Sach bleiben / söndern was jnen nicht dient / mit stillschweigen vbergehen /
daneben aber vrsach suchen / den Leser von der Heuptsach abzufüren / vnd als
denn das jenige zum beweis anzuziehen / dauon noch die Frage ist.
Denn jnen ja nicht vnbekant / das wir von der angenomenen / oder vereinigte̅ / vnd nicht abgesonderten menschlichen Natur Christi reden / vnd
dauon ist die Frage / Ob die angenomene menschliche Natur Christi sey almechtig
/ alwissend / allenthalben.
Diese phrases, vnd modos loquendi, wie sie in jhrer Praefation vber die formulam
Concordiae genennet werden / sol man aus Gottes Wort / vnd andern Büchern / so
daselbst für die richtschnur / oder Regel / vnd norma reiner Lehr von jhnen
selbst (wiewol sie nicht allein in phrasibus, sondern auch in rebus fern dauon
abgewichen / vnd noch abweichen) angezogen sind / beweisen / So vermeinen sie
mit solcher bementelung der Sachen abzuhelffen / vnd allen misuerstandt / vnd
ergernis (wie sie daselbst contradictoriè
|| [112]
bedingen)
auffzuheben / das die menschliche Natur nicht ausserhalb der persönlichen
vereinigung ermelte göttliche Maiestet der allmechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit habe. So doch diß nichts anders ist / denn ein sophistica
elusio, & veri status translatio, welchs man in Schulen nennet fallaciam
secundum plures interrogationes. Da ein anders gefragt / vnd auff ein anders
geantwort wird.
Ob sie aber gleichwol Christo nicht auch ein abgesönderte Menscheit andichten /
wird im folgenden argument bewiesen.
Das fünffte Anhaltische Argument.
DEnn zum fünfften wir aus jhrem (V.) dogmate
vnwidersprechlich schliessen / wie sie denn solchen Schluss / welchen sie
derwegen auch stilschweigend vbergehen / in ewigkeit nicht werden vmbstossen
können / vnd wir billig für bekant anziehen / das sie nicht mit einer syllaben
darauff zu antworten vermocht. Denn es ist vnmüglich / das dieser schluss
geleugnet könne werden / sondern bestehet aus Gottes Wort vnbeweglich / wie wir
alle verstendigen nochmals solches erkennen lassen / vnd demnach vnser argument
widerholen / welchs also lautet.
Was zugleich endlich / vnd vnendlich / vmbschrieben / vnd nicht vmbschrieben /
allenthalben / vn̅ nicht allenthalbe̅ / alwissend /
vnd nicht alwissend / almechtig / vn̅ nicht almechtig ist / oder
sein kan / das mus vnwidersprechlich nich einerley / sondern zweierley Natur /
oder Wesen an sich haben. Denn die Regel der göttlichen Warheit ist / vnd bleibt
vn
|| [113]
wandelbar in ewigkeit: Quodlibet est,
aut non est. Ein jeglichs ding / das mus ja / oder nein sein. Item: Nihil simul
potest esse tale, & non tale. Es kan nichts zugleich schwartz / vnd weis
sein. Denn wie kan ein eintzige Natur (spricht Damascenus im dritten Buch)
solche ding an / vnd in sich haben / die vnterschiedene Naturen machen / vnd
deswegen in einer Natur zugleich nicht bestehen können? Oder / wie ist es
müglich / das ein eintzige Natur zugleich erschaffen / vnd nicht erschaffen /
sterblich / vnd vnsterblich / vmbschrieben / vnd nicht vmbschrieben sey?
Das fleisch Christi / so der Son Gottes aus dem Leib der Jungfrawen Marien / in
einigkeit seiner Person / angenomen hat / ist / vnd bleibt ein warhafftiges
fleisch / vnd menschlicher Leib in alle ewigkeit / mit vns eines Wesens /
fleisch / Bein / vnd Geblüt / von vnserm geblüt / Bein / vnd fleisch / in allem
vns gleich / ausgenomen die Sünde / wie solches die gantze heilige Schrifft /
vnd alle rechtgleubigen Kirchenlerer von anfang bis auff diese stunde / vnd die
heiligen Merterer mit jrem blut bezeuget haben.
Darumb mus es entweder zweierley fleisch sein / ein vereinigtes / vnd nicht
vereinigtes / deren dieses vnsers Wesens / vmbschrieben / endlich / nicht
alwissend / almechtig / allenthalben: Jenes aber almechtig / alwissend /
allenthalben / vnendlich / vnumbschrieben / vnd demnach nicht vnsers Wesens
were. Oder / sol das vereinigte Fleisch Christi vnsers Wesens sein / vnd bleiben
/ wie wir alle gleuben / So kan es nicht mit göttlichen / vnendlichen
eigenschafften / vnd maiestet der almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit gezieret sein. Denn solches wer keine zier / sondern abtilgung
der Natur / wie Lutherus saget: Negans
|| [114]
proprietates,
negat naturas. Wer die eigenschaffte̅ verleugnet / der verleugnet
die Naturen selbst. Item / Theodoretus: Proprietatum deletio, vtriusque naturae
negatio est. Der eigenschafften vertilgung / ist beider Naturen verleugnung.
Dieweil denn dieser Schluss vnwidersprechlich noch fest stehet / so werden sie ja
hiemit augenscheinlich vberwiesen / das sie dem HERrn Christo zweierley
Menscheit andichten / ein angenomene / vnd nicht angenomene.
Welchs auch hieraus klar zusehen ist / das sie in der formula Concordiae fol. 302. mit austrücklichen / vnd deutlichen worten bekennen
/ das der Leib Christi / wie er auff Erden gangen / vnd am jüngsten tag wider
erscheinen werde / also nicht in Gott / oder bey dem Vater / noch im Himel sey.
Sondern er sey in Gott nach himlischer maiestetischer weis / dadurch er in allen
Creaturen wunderlich zugegen sey / in / vnd ausserhalb / vnter / vnd vber alle
ding / vnumbschrieben / vnd vnbegreifflich.
Welchs ja im grunde nichts anders ist / noch sein kan / denn ein Leib one glieder
/ größ / leng / gestalt / form / vnd disposition eines Leibs. Was wer aber dis
anders / denn ein blos gedicht / phantasma / oder schein eines Leibs / dadurch
all vnser Glaub / Hoffnung / Freud / Ehr / vnd trost / so wir an dem Son Gottes
haben / darumb das er vnser fleisch vnd blut worden ist / verschwinden müste.
Das edictum Iustiniani betreffende / welchs wir bey diesem argument in vnser
Apologia / pag. 265. angezoge̅ / vn̅ mit einem Spruch Athanasij / vnd Damasceni erklert haben /
müssen sie vns recht lassen / das nemlich die menschliche Natur Christi anders
nicht / denn in der Person des Worts / ausser welcher sie für sich selbst
nicmals gewesen / noch sein kan / sol betracht werden.
|| [115]
Das sie aber dazu setzen (Denn es dem Christlichen Concordibuch / oder den vnsern
nie in sinn komen / zu leren /(Fol. Apol. Erf. 78.
b.) das Christi fleisch für sich ein eigene subsistentiam, oder Person
gehabt / etc.) Solchs wer jnen zwar wol zu gönnen / wenn nicht das gegenspiel
aus jhrem dogmate vnwidersprechlich folgete.
Als zum Exempel / Ist Christus mit seinem Leib / wie er auff Erden raum geben /
vnd genomen / vnd an jenem tag reumlicher / vmbschriebener / begreifflicher /
sichtbarer weis widerkomen wird / nicht in Gott / wie das Concordibuch
vnbesonnen fürgibt / fol. 302. So mus er ja nach derselbigen vmbschriebenen /
sichtbaren / oder begreifflichen weis / nach welcher vff Erden das Opffer für
vnser Sünde am stamme des Creutzes geleistet ist worden / eine besondere
subsistentiam, oder Person ausserhalb der Person Gottes des ewigen Worts gehabt
haben / vnd also müste folgen / das nicht Gott / sondern ein pur lauter Mensch
für vns gelitten hette. Welche Lehr vns allen trost wegnemen würde. Derwegen sie
billig von allen fromen Hertzen verworffen wird.
Mit was Gewissen haben denn im Concordibuch so viel blinden Subscribenten
dieselbige nichtige / vnd verwerffliche Lehr approbirt / vnd angenomen?
So sind ja der jhrigen Bücher / darauff sie sich ferner beruffen / vorhanden / in
welchen allerley / nicht allein Eutychianische / sondern auch Nestorianische art
zu reden / hauffen weis zu finden.
Als / das der Son Gottes hab den Son Mariae angenomen.
Der Son Mariae werde von dem Son Gottes erfüllet.
|| [116]
Der Son GOttes wohne in dem Son Mariae.
Der Son Gottes erfülle S. Petrum mit seinem Wesen / so wol als den Menschen
Christum.
Solche / vnd dergleichen Reden stehen fast in allen büchern D. Brentij / Jacobi
Andreae / vnd jhres gleichen / die sie von diesem streit geschrieben. Welche
freilich dahin zeigen / vnd lauten / als wer ein ander Gottes / ein ander Mariae
Son. Ein ander das ewige Wort / oder der eingeborne des Vaters / ein ander der
Mensch Christus / oder des Menschen Son.
Das jhnen auch sölche hochgefehrliche jrsame Reden nicht vnuorsehens entfaren /
sondern mit gutem bedacht / fürsatz / vnd ernst also gesetzt sind / ist daraus
offenbar / das sie die persönlichen vereinigung der beiden Naturn in Christo nur
allein aus der wirckendlichen / vnd thätlichen mitteilung der göttlichen
volkomenen Maiestet / vnd eigenschafften ins fleisch / beschreiben / vnd sonsten
dafür halten / das die Gottheit des ewigen Worts nicht weniger in Petro / denn
in Christo wohne.
Welches vngehewre dogma (so vns den HERrn Christum nicht zugleich natürlichen
Gott / vnd Menschen sein lesset / sondern nur einen göttlichen Menschen aus jhm
machet) in der Concordiformul fol. 312. gleichsfals asserirt / vnd vortheidinget
wird / wie droben de confusione graduum praesentiae Dei gnugsam erwiesen ist.
Können sich derwegen die adhaerenten desselbigen Concordibuchs / sampt den Herrn
Verfassern der Erfurdischen Apologien / nicht allein des Nestorianismi / so
wenig als des Eutychianismi / mit keinem bestendigen grund entlestigen / söndern
sind mit diesem vnserm fünfften argu
|| [117]
ment /
welchs noch vnbeweglich / vnd fest stehet / in jhrem verbranten Gewissen / für
Gott / vnd allen heiligen gliedmassen der himlischen / vnd jrdischen Kirchen
vberzeuget / das sie dem HERRN Christo zweierley Menscheit andichten / ein
vmbschriebene / nach welcher er eines Wesens mit vns ist / nemlich wie er auff
Erden gangen / vnd also (jrem fürgeben nach) nicht in Gott sein sol. Vnd ein
maiestetische / vnumbschriebene / vnsichtbare / vnbegreiffliche / nach welcher
er in Gott / vnd bey dem Vater im Himel / ja vberal / in / vnd ausser / vber /
vnd vnter allen Creaturen sein sol.
Dieweil sie denn aus jrem eigen Concordibuch / vnd andern jres teils Schrifften /
darauff sie sich beruffen / dieses grewlichen jrthumbs augenscheinlich
vberwiesen werden / so sind alle jre protestationes, die sie dagegen einwenden /
oder fürbringen / nichts denn blosse wort / der Sachen vnd That selbst vngemes /
vnd gentzlich zuwider.
Darümb sich billig alle fromme Hertzen / sonderlich aber die hochlöblichen
Heupter / welche Gott zu Schutzherrn der reinen / vnd nicht falschen Religion
beruffen / vnd verordnet hat / vor solcher vngehewern / gotteslesteriger /
scheutzlichen Lehr / bey verlust des ewigen heils / vnd Seligkeit sollen warnen
lassen.
Das sechste Anhaltische Argument.
DAs sechste Argument / darinnen wir(VI.) vnser
Widerpart freundlich gewarnet / das sie nicht zweierley Gottheit dem HErrn
Christo an
|| [118]
dichten sollen / beruhet zugleich vff
dem klaren Buchstaben jhrer gedrückten Bücher / darinn dieser alzu grobe jrthumb
augenscheinlich zu finden / vnd auff dem somnio de reali idiomatum co̅municatione, seu participatione facta carni, das ist / auff jres
gehirns (wie sie reden) erdichten Trawme selbst / das nemlich die menschliche
Natur in Christo / so wol als die göttliche / sey almechtig / alwissend /
allenthalben.
Denn erstlich kan mit nichten geleugnet werden / das D. Brentius / vnd Jacobus
Andreae anfenglich dis mit grossem ernst gestritten / vnd verfochten haben / das
in dem HERrn Christo nicht allein die ewige Gottheit zubetrachten sey / welche
der Son Gottes in sich / für vnd für gehabt / sondern auch die jenige / die der
Son Gottes zur zeit der menschwerdung dem Son des Menschen (denn also gefehrlich
reden sie / vff gut Nestorianisch / gleich als wer ein ander Gottes / ein ander
des Menschen Son) sol mitgeteilt haben.
Vnd setzen ausdrücklich zur vrsachen dazu / Alia enim est diuinitas communicans,
seu participans: alia communicata, seu participata. Sicut alius est donator,
aliud donum. Denn die da mitteilet (sagen sie) ist ein andere Gottheit / als die
da mitgeteilt wird. Gleich wie ein anderer ist / der da schenckt / ein anders
das geschencke.
Solche / vnd dergleichen wort findet man hauffenweis in jren verworrenen
streitbüchern / wie wir derselbigen viel in vnser Apologia / pag. 161. 162. 163. vnd 164. trewlich
zusamen gezogen / vnd dem Christlichen Leser für augen gestellt haben.
Ob sie nu gleich wolten fürwenden / sie hettens her
|| [119]
nach in jrem Concordibuch ausgesetzt / vnd verworffen / so nemen wir
zwar für bekant an / das sie es für ein teuffels(Fol.
Apol. Erf. 78. b.) lehr schelten / vnd
zweiffeln gar nicht / das es besser nicht zu tituliren sey. Jedoch verwundert
vns nochmals nicht vnbillig / dz sie (vber vnsere so offt widerholte erinneru̅g) nichts desto weniger die Brentianische / vnd Jacobitische
Epitheta von der communicirten / geschenckten / vnd mitgeteilten göttlicher
Almechtigkeit / vnd almechtiger Gottheit im Munde behalten / vnd nur in gemein
zur entschüldigung fürgeben / sie dichten kein zeitliche / oder erschaffene
Gottheit.
Item / Es sey nicht mehr / denn ein einige göttliche Allmechtigkeit / welche sie
doch eben so wol auff die menschliche / als vff die göttliche Natur in Christo
ziehen / ja diese Eutychianische / vnd Schwenckfeldische Reden noch trutziglich
/ vnd beharrlich für einen gewissen eigentlichen Glaubensartickel vertheidingen
/ quòd ipsa humana natura, seu caro Christi sit Deus, Das Christus Gott sey nach
beiden Naturen / vnd sein fleisch sey auch Gott.
Zum andern / bringet die Sach den beweis / vnd des gegenteils widerlegung selbst
mit sich / so lang sie jre gedicht von der allenthalbenheit / alwissenheit / vnd
almechtigkeit des fleisches Christi behalten. In massen aus diesem vnserm
sechsten Schluss / oder argument klar zusehen ist / welchs wir mit nachfolgender
erklerung deutlich widerholen.
Sol es war sein / das die menschliche Natur in Christo sey almechtig / alwissend
/ allenthalben / so ist sie es entweder durch ein besondere / erschaffene / vnd
von den wesentlichen eigenschafften der göttlichen Natur vnterschie
|| [120]
dene almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit: oder durch die ewige / wesentliche / vnerschaffene
almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit der Gottheit selbst / das also
der göttlichen / vnd menschlichen Natur Krafft / Weisheit / vnd vnendligkeit /
an der zahl einerley / vnd nicht zweierley / noch vnterschieden sey.
Es kan aber dieser fürgeben keins mit warheit bestehen / denn das erste
verwerffen die Herrn Verfasser selbst / das ander aber ist dem ersten so
verwandt / das der vnterscheid nur in worten / vnd nicht in der that beruhet.
Denn wie aus dem ersten ein notwendige austilgung folgen müste des vnbeweglichen
Artickels / darinn wir gleuben / vnd bekennen / das nur ein einiges göttliches
Wesen in der heiligen Dreyfaltigkeit / vnd demnach auch nicht mehr / denn nur
ein einiger almechtiger Gott sey / also kan aus dem andern keines wegs verhüttet
werden die Arianische / vnd Eutychianische vermischung des Schöpffers mit seinem
geschöpffe. Sintemal die Regel / damit von den alten rechtgleubige̅ Lehrern zugleich den Arianern / Eutychianern / vnd Monotheleten begegnet
worden / vnwidersprechlich war ist / vnd bleibt in alle ewigkeit: Quorum
operatio, & virtus in differenter vna est, his necesse est speciei
vnitatem seruari. Wo einerley Wirckung / Krafft / vnd Weisheit ist / da ist
nothwendig einerley Natur.
Darumb auch Cyrillus in Ioann. lib. 2. recht sagt:
Similiter operantur, quae omninò eiusdem naturae sunt. Welche ding gantz / vnd
gar einerley Natur haben / die haben auch einerley Wirckunge.
Item, Hilarius lib. 6. de Trin. Per hoc & Filius,
& Deus esse creditur Christus, quòd opera Patris efficiat.
|| [121]
Aus den Wercken des Vaters / die Christus thut / wird beides erkant / das er der
natürliche Son des Vaters / vnd derwegen Gott selbst sey. Vnd setzet die vrsach
dazu / wie folget:
Non enim exaequatur, & similis est Deo creatura. Si reperiri aliquid
potest eiusdem virtutis, erit eiusdem etiam substantiae.
Das ist / Kein Creatur / oder geschöpff ist dem Schöpffer gleich. So etwas könte
erfunden / oder gezeigt werden / das einerley Krafft mit dem Schöpffer hette /
das müst auch einerley Natur / oder Wesen an sich haben. Bisher Hilarius.
Dieweil denn die Herrn Verfasser die exaequation, dadurch die Naturn in Christo
einander werden gleich gemacht / selbst verworffen (verstehe mit dem Munde /
verbaliter; denn realiter, vnd in der that bleibt sie / so lang sie jr Vbiquitet
/ vnd realitet verfechten) So müssen sie entweder das gedicht / von der
allenthalbenheit / alwissenheit / vnd almechtigkeit der menschlichen Natur
fallen lassen / oder so sie fürgeben / die menschliche Natur sey auff ein andere
weis almechtig / alwissend / allenthalben / denn die göttliche Natur / werden
sie nicht furüber können / eben mit dieser nichtigen entschuldigung zweierley
almechtigkeit / alwissenheit / vnd vnendligkeit zu dichten / derer die eine sey
der Gottheit wesentlich / die andere der Menscheit nicht wesentlich / söndern
thätlich: Oder / wie sie sonst reden / Jene wird physica sein / die mitteilerin
/ oder geberin / Diese hyperphysica, die mitgeteilte / empfangene / oder
geschenckte / vngeacht / das nichts an Krafft / Weisheit / noch wirckung
vnendlich / oder almechtig kan genennet werden / das an
|| [122]
ders woher (wie die menschliche Natur in Christo / von der
Person des ewigen Worts) vnd nicht von sich selbst sein erhaltung hat.
Stellen also dis vnser sechste argument / welchs wir hiermit / wegen der Sachen
hochwichtigkeit / kürtzlich widerholet / vnd so viel vns müglich gewesen / vmb
der einfaltigen willen / auffs deutlichste erkleret haben / nochmals in aller
rechtgleubigen / vnparteyischen / vnd verstendigen billigs vrteil / vnd
erkentnis.
Das siebende Anhaltische Argument.
(VII.)
ZVm siebenden / mögen vnser Widersacher in warheit es dafür halten / vnd gleuben
/ das wir aus jrer scheutzlichen Lehr wenig freude haben / vnd viel mehr aus
Christlicher Lieb / zu notwendiger erinnerung / vnd warnung / vnser bedencken
bisher gestellet / denn das wir lust haben solten / in weitleufftige disputation
vns mit jnen einzulassen.
Dieweil wir aber der massen von jhnen ausgeschriehen / vnd in der Erfurdischen
Apologi vffs new / als Ketzer (wiewol vnüberwiesen / Gott lob / vnd wider recht)
verdampt werden / so mögen sie jhnen selbst / vnd nicht vns die schuld
zuschreiben / das wir aus vnuormeidlicher noth / die Warheit / vnd Ehr Gottes /
neben vnser vnschuld zu retten / jhnen nach dem natürlichen / göttlichen / vnd
beschriebenen Recht / in der gebür antworten / vnd was für vngereumbte paradoxa
aus jrem gedicht von der wirckentlichen
|| [123]
allenthalbenheit / alwissenheit / vn̅ almechtigkeit der
menschlichen Natur in Christo entspringen / one schew anzeigen.
Nach dem sie denn jtzt abermal in vnserm sechsten argument augenscheinlich
vberwiesen sind / das sie Christo zweierley almechtigkeit andichten / vnd die
falsche proposition, Caro Christi est Deus, Das fleisch Christi ist Gott / für
einen eigentlichen vnwidersprechlichen Glaubens artickel stracks wollen gehalten
haben: Daneben aber im fünffte̅ argument auch vberzeugt worden /
dz sie zweierley Menschheit / oder Leib in Christo fingiren (den̅
nach dem ersten / wie er vns gleich auff Erden gangen / vnd am jüngsten tag
widerkomen wird / sol er nach der Lehr des Concordibuchs fol. 302. nicht in Gott
sein / nach dem andern aber sey er vnumbschrieben / vnsichtbar / vnbegreifflich
/ almechtig / alwissend / allenthalben / vnd also in Gott / nach art der
beschreibung / die sich gar zu vnsern Leiben nicht reimet / noch etwas mit vns
gemein hat) Dieweil denn solchs (sagen wir) mit vnwidersprechlichen gründe̅ ausfürlich bisher auff sie erwiesen ist / vnd so lang erwiesen
bleibt / so lang sie das gedicht von der Vbiquitet des fleisches Christi nicht
endern / vnd fallen lassen / So kan ja kein verstendiger Christ leugnen / das
sie an statt der zweyen Naturn dem HERrn Christo viererley Naturn zuschreiben /
vnd also das trostreiche geheimnis von der Menschwerdung des ewigen Worts (so
viel an jnen ist) gar zu nichts machen / vnd böslich verkeren.
Denn ob sie wol zum schein mit worten dawider protestiren / so folgt es doch aus
jrer reali communicatione idiomatum in der that. Darumb was sie verbaliter, das
ist / mit worten verwerffen / das vertheidingen sie realiter, mit der that.
|| [124]
Dieweil wir denn mit jhren eigen worten bekennen müssen / das solche jre Lehr von
der Vbiquitet des fleisches (Fol. Apol. Erf. 78. b.) Christi / daraus so viel grewliche
paradoxa, vnd gantz vngereimbte meinungen herfliessen / ein verflucht
teuffelisch gedichte sey / so ist auch bey vns kein zweiffel / das es (wie jhre
wort / die wir jnen hiemit / vnser vnschuld zu retten / wider zu haus schicken
müssen / alhie schrecklich lauten) der leidige Satan aus der Hellen selbst /
welcher ein Vater der Lügen ist / diesen Meistern dictiret hab.
Welchs auch Gott gewislich an jhnen straffen wird / wo fern sie nicht in der
gnadenzeit (wie wir jne̅ hertzlich gönnen / vnd für sie bitten)
rechtschaffene Busse thun / vnd es jm mit zerknirsten hertzen abbitten. Dazu
jhnen GOTT helffe. Amen.
Das achte Anhaltische Argument.
(VIII.)
DAs achte Argument ist in vnser Apologia dermassen mit Gottes Wort / vnd der
alten rechtgleubigen Lehrern zeugnis verwaret / das dem gegenteil vnmüglich
gewesen / vnd wol vnmüglich bleiben wird in ewigkeit / richtig darauff zu
antworten / geschweigen mit grund dasselbig vmbzustossen.
Es fleust aber her / aus dem vnwidersprechlichen Artickel von der Schöpffung /
vnd aus der vnwandelbarn Regel der ewigen Warheit / dadurch man von einem ding
nicht widerwertigs / das ist / zugleich ja / vnd nein / reden kan. Denn es
heist: Quodlibet est, aut non est. Item, Nihil simul potest esse tale, &
non esse tale.
|| [125]
So wird nu im Artickel von der Schöpffung vor allen dingen der Schöpffer von dem
geschöpff / vnd hernach die Creaturen selbst nach jhrem Wesen von einander
vnterschieden.
Der Schöpffer ist ein vnendlichs / ewiges / vnermeslichs Wesen / in allem /
wiewol vnuerschlossen: vber alles / aber vnerhaben: vnter allem / jedoch
vngedrücket. Das heisset habere modum essendi repletiuum, alles erfüllen / vnd
zugleich vberal gantz zugegen sein / wesentlich / vnd krefftig / welches allein
Gott zugehöret / vnd wenn man von etwas mit warheit sagen kan / das es
allenthalben sey / so mus vnwidersprechlich folgen / das es Gott selbst sey.
Hoc enim est Deum esse, quod simul vbique totum esse: Spricht Augustinus de
ciuit. Dei. Das heist GOTt sein / nemlich gantz / vnd gar zugleich vberal sein.
Item: Deus est totus in coelo, totus in terra, non alternis temporibus, sed
vtrunque simul: quod nulla natura corporalis potest. GOTT ist gantz / vnd gar im
Himel / gantz / vnd gar auff Erden / nicht zu vnterschiedenen zeiten / sondern
zugleich auff ein mal / welches kein leibliche Natur vermag.
Item: Solius Trinitatis proprium est, quia non est corpus, vt vbique sit tota,
per spacia locorum non diuisa.
Es gehört allein der Dreyeinigkeit zu / dieweil sie kein Leib ist / das sie mit
jhrer gantzen substantz allenthalben sey / vnd durch keinen raum / oder Ort
getrennet werde.
Et Magister sententiarum lib. 3. Distinct. 33. Sola diuinitas essentia est illocalis, &
incircumscriptibilis.
Allein die Gottheit ist ein vnendliches / vnd vnbegreiffliches Wesen.
|| [126]
Was aber ein Creatur heisset / vnd ist / dasselbig alles hat / vnd behelt diese
wesentliche eigenschafft an sich / das es zugleich nicht mehr / denn an einem
Ort ist / noch sein kan / man wölle denn die Creatur mit dem Schöpffer
vermischen / vnd den gantzen Artickel von der Schöpffung zu grund zerstören.
Denn es kan / noch vermag diese gemeine Heuptregel von allen geschöpffen Gottes /
nicht geleugnet / noch durch einiges exempel / oder exception restringiret / vnd
eingezogen / oder geschwechet werden / dauon Ambrosius sagt / lib. de Spiritu
sancto:
Omnis creatura certis suae naturae limitibus est circumscripta, nec creatura
dicenda est, quae non habet circumscriptam, determinatamque substantiam,
& virtutem. Ein jegliche Creatur ist mit gewissen Zielen jhrer Natur
vmbschrieben / es sol auch kein Creatur genent werden / die nicht ein
vmbschriebene / vnd endliche substantz / vnd Krafft hat.
Ist auch nichts geredet / das man solchs für ein schwacheit der menschlichen
Natur in Christo wolte anziehen / welche nach dem stand der nidrigkeit sey
abgelegt worden / sondern es bestehet dawider die Schulregel noch fest / vnd
vnbeweglich:
Finitas, & circumscriptio circa creaturam, est potius complementum
ipsius, & perfectio, quàm infirmitas. Das die Creaturen endlich / vnd
vmbschrieben sind / das ist viel mehr jhr volkomenheit / denn jr schwacheit.
Vnd kömpt hiemit vberein die Regel Lutheri: Negans proprietates, negat naturas.
Wer eines dings natürliche eigenschafft leugnet / der verleugnet desselbigen
dings Natur selbst.
|| [127]
So ist nu gewis / vnd vnwidersprechlich / Das alles in allem erfüllen: das ist /
modus essendi replens omnia, wie mans in Schulen zu nennen pflegt / allein Gott
zugehöret.
Was denn nicht Gott selbst / sondern vnter Gott / das ist / ein Creatur / oder
geschöpff ist / das ist alles seiner Natur / Krafft / vnd wirckung halben
abgemessen / oder endlich / vnd vmbschrieben.
Jedoch hats ein andere meinung / vnd gelegenheit mit den Geistern / als mit den
Leibern.
Denn jene nicht fleisch / vnd Bein an sich haben / wie diese. Vnd sind doch jene
/ so wenig / als diese / ja sie können beiderley nicht mehr / denn an einem Ort
zugleich sein / nur das diese mit leiblichem raum / nach größ / statur / vnd
Ordnung der vnterschiedenen glieder / gleich vmbzirckelt / vnd vmbschrieben /
jene aber nach eigenschafft jrer Natur vnbegreifflicher / vnsichtbarer / vnd
doch anders nicht / denn endlicher weis / beschrieben werden.
Derwegen die Geister definitiuè, die Leibe circumscriptiuè etwa sind.
Dieser beiderley art reimen sich mit nichten auff Gottes Natur. Denn ob wol die
Engel so wol als Gott / vnsichtbarer / vnd vnbegreifflicher weis sind / wo sie
sind / so sind sie doch zugleich nicht mehr / denn an einem Ort.
Als zum exempel / Der Engel / so dem Apostel / der in Asia betet / beystunde /
konte zu derselbigen zeit nicht bey andern sonst in der Welt sein.
Darümb der alte Lerer Didymus lib. 1. de Spiritu sancto,
wie auch Basilius lib. de Spiritu sancto, cap. 22.
hieraus die Gottheit des heiligen Geistes erweisen / das er
|| [128]
zugleich in aller Apostel Hertzen gewonet / welche doch weit von
einander / hin vnd wider in der Welt zerstrewet waren.
Vnd wird hiemit klar bewiesen / das weder an vielen / noch allen Orten zugleich
sein / einiger Creatur / sondern allein Gott zugehöre. Denn sonst der Schluss
Didymi daselbst vnkrefftig sein würde / welchen er also fasset:
Si enim Spiritus sanctus vna de creaturis esset, saltem circumscriptam haberet
substantiam, sicut vniuersa, quae facta sunt. Nam etsi non circumscribantur
loco, & finibus inuisibiles creaturae: tamen proprietate substantiae
finiuntur. Spiritus autem sanctus, cum in pluribus locis sit, non habet
circumscriptam substantiam.
Das ist / Wenn der heilige Geist ein Creatur wer / so müst er zum wenigsten / wie
alle geschöpffe / ein vmbschriebene Natur haben. Denn ob wol die vnsichtbaren
Englische Natur in keinem raum / noch Ort beschlossen wird / so hat doch jhr
Wesen ein solche eigenschafft / das es endlich / vnd vm̅schrieben
ist. Aber der heilige Geist / weil er an vielen Orten zugleich ist / hat er kein
vmbschriebene endliche Natur.
Soviel aber die leibliche Geschöpff belanget / ist so gar vnmüglich / das sie
auff vnsichtbare / vnbegreiffliche weis / ohne lenge / größ / gestalt / Ordnung
/ raum / stell / oder Ort der vnterschiedene̅ stück / oder
gliedmassen sein können / das auch der HERR selbst seinen aufferweckten / vnd nu
mit ewiger Krafft / herrligkeit / vnd vnsterbligkeit verklerten / oder
glorificirten Leib / sonst nirgend anders woher / denn von der rechten
natürlichen beschreibung aus dem Artickel der Schöpffung / vnd demnach mitten
aus der
|| [129]
physica philosophia genomen / beschreibt /
vnd vertheidingt / das er kein gespenst sey. Denn sehet (spricht er) vnd fület /
ein Geist hat nicht fleisch / vnd bein / wie jr sehet / das ich habe. Luc. 24.
Welchs argument necessitate definitionis vnwidersprechlich zum gegenteil
schleusset / das diß kein warhafftiger menschlicher / sondern viel mehr ein
Marcionitischer / erdichter Leib sey / der nicht sichtbarlich / vnd begreifflich
fleisch / vnd bein an sich habe.
Kan demnach / noch vermag ein natürlicher Leib nicht sein vnumbschrieben /
vnbegreifflich / oder vnendlich / welches der alte Lerer Cyrillus so hoch
bekrefftigt / vnd betewert / das er in libro de Trinitate mit deutlichen worten
sich erkleret:
Quòd adeò sit corpori proprium, in loco, & magnitudine, seu quantitate
esse, vt etiam diuinitas, si esset corpus, nec quantitatem, &
magnitudinem, nec loci circumscriptionem effugere posset. Das es einem Leib also
eigentlich zugehöre / das er an eim gewissen Ort / gewisser grösse / oder
quantitet sey / das auch die Gottheit / wenn sie ein Leib were / weder der
quantitet / oder der grösse / noch der reumlichen vmbschreibung entgehen könte.
Dieweil denn im Concordibuch fol. 302. die dreierley weise etwa zu sein / von dem
Leib Christi also erkleret werde̅ / das derselbige / wie er vff
Erden gangen / circumscriptiuè, nicht in Gott sey: Definitiuè wie ein Geist etwa
ist / sey er im Sacrament: Repletiuè aber / vff maiestetische weis / da der Leib
Christi alles erfülle / sey er in Gott / vnd mit Gott ein Person / etc.
So antworten wir hierauff mit bestendigem grund /
|| [130]
das
wir aus hochwichtigen vrsachen diese Lehr zu billigen / nicht vnbillig bedencken
tragen. Denn in warheit hiedurch vff ein mal die gantze Lehr von Christo
verleugnet wird.
Erstlich / das der Son GOTtes für vns gelitten hab.
Zum andern / das der warhafftige Leib Christi wesentlich im heiligen Abentmal
ausgeteilt / vnd empfangen werde.
Zum dritten / das Gottes Son Mensch worden / vnd durch sein Leiden / vnd sterben
mit vnserm fleisch in die herrligkeit warhafftig eingangen sey.
Denn erstlich bezeugt die gantze heilige Schrifft / das vnser Heiland Jesus
Christus sein ampt auff Erden also verrichtet hab / das er niemals mit seinem
Leib mehr / denn an einem Ort zugleich gewesen. Zu Nazareth ist er in Mutterleib
empfangen / Zu Bethlehem geborn / In Aegypten ist er ein Exulant gewesen / im
Tempel hat er mit den Schrifftgelerten disputirt / Am Jordan ist er getaufft /
In der Wüsten ward er versucht / In Judaea / vnd Galilaea ist er von Flecken zu
Flecken vmbher gezogen / Zu Hierusalem eingeritten / Vor Pilato verurteilt / Zu
Golgoltha gecreutzigt / vnd kan mit keinem grund angezeigt werden / das er vor /
oder nach seinem Leiden an vnterschiedenen / (wollen geschweigen / an allen
Orten zugleich) gewesen sey.
Dieweil denn Christus nach solcher weise / wie er mit seinem begreifflichen
vmbschriebenen Leib auff Erden gangen / da er raum geben / vnd genomen / nach
seiner leiblichen größ / wie er auch am jüngsten tag also wider komen wird /
nicht sol in Gott sein / als das Concordibuch leret /
|| [131]
wie hat denn der Son Gottes dasselbig alles / in massen aus den Euangelisten
jtzt vffs kürtzeste angezeigt / vnd erzelet worden ist / ausgerichtet? So wird
ja die gantze Euangelische Historien nur von einem blossen Menschen müssen
verstanden werden.
Dis wollen guthertzige Christen wol bedencken / vnd nicht vff die Person /
sondern auff die Warheit sehen.
Denn hierauff beruhet vnser gantze Seligkeit / das wir gleuben / Der Son Gottes
selbst / vnd nicht ein blosser Mensch / hab sein Blut für vns vergossen.
Solchs hat nicht in einem maiestetischen / vnbegreifflichen Leib geschehen können
/ denn ein solcher Leib / der alles erfüllen sol / hette weder gefangen / noch
ans Creutz gehefftet / viel weniger am Holtz getödtet werden können.
Ist nu Christi Leib / wie er am holtz gehangen / leiblich / begreifflich /
endlich / vnd vmbschrieben / nicht in Gott / so sind wir noch vnerlöst.
Denn einem blossen Menschen wer dasselbige grosse Werck zu volbringen vnmüglich
gewesen. Wie der 49. Psalm bezeugt: Kan doch ein Bruder niemand erlösen / noch
Gott jemand versünen. Denn es kostet zu viel jhre Seele zuerlösen / das ers mus
lassen anstehen ewiglich.
Nu lauten die wort in der Concordi formul noch viel gefehrlicher / denn von einem
blossen Menschen. Sintemal der Apostel bezeugt / das wir alle in Gott leben /
weben / vnd sind. Act. 17.
Die Concordisten aber geben für / das auch der Leib Christi nach seiner grösse /
wie er auff Erden gangen / vnd am jüngsten tage wider komen werde / nicht in
Gott sey / viel weniger kan er nach dieser meinung des Sons Gottes selbst
eigener Leib sein.
|| [132]
So gar wird von der Concordiformul der Leib Christi / welchen sie doch (die
Vbiquisten) am höchsten ehren wöllen / geunehret / das er auch geringer / denn
aller andern Menschen Leibe geschetzet wird.
Denn in Gott leben / weben / vnd sind wir alle / wie wir auff Erden gehen / vnd
wandeln / ein jeder nach seiner statur / lenge / dicke / vnd größ.
Allein aber der Leib Christi sol nach seiner größ nicht in Gott sein. Denn (sagen
sie) Gott ist nicht ein leiblicher raum / oder stedte.
Gleich als müste darümb folgen / das der Leib Christi / welcher seiner größ
halben / ohne raum / vnd stedt nicht sein kan / also betrachtet / ausser Gott
sey? Hat denn der Son Gottes einen Leib / ohne raum / vnd stedte / one
gliedmassen / vnd größ an sich genomen?
Freylich folgt hieraus nichts anders / denn ein Nestorianische trennung der
Person Christi / wenn sein Leib / wie er auff Erden leiblicher weis raum geben /
vnd genomen / vnd das gantze Werck vnser Erlösung / keines wegs anders / denn
leiblicher weis / wie die Historien ausweiset / vnd die Kinder im Catechismo
bezeugen (Hoc certissimè verum est, Das ist gewislich war) verrichtet hat /
nicht sol in Gott sein.
Wir wollen aber dem Christlichen Leser alhie jhren Schluß zu judiciren für augen
setzen.
Gott ist nicht ein leiblicher raum / oder stedte.
Der vmbschriebene Leib Christi / wie er auff Erden gangen / vnd am jüngsten tage
widerkomen wird / kan nicht one raum / vnd stedte sein.
Derhalben ist der vmbschriebene Leib Christi / wie er
|| [133]
auff Erden gangen / vnd am jüngsten tag wider komen wird / nicht in Gott.
In Schulen würde man nicht allein schlecht / vnd einfaltig antworten; Ex puris
negatiuis nihil sequi. Sondern auch anzeigen / das kein Spruch recht an dem
andern hange. Denn es sind wol fünff termini in diesem Schluß / da sich nur drey
zu sein gehörten / nemlich. 1. GOTt. 2. Raum. 3. Leib Christi. 4. One raum sein.
5. Nicht in Gott sein.
Darümb gibt es keinen Schluß / Sondern folget eben auff einander / als wenn man
fürgeben wolt:
Die menschliche Seel ist vnsichtbar / vnd hat keine stück / oder gliedmassen an
sich.
Der menschliche Leib aber ist sichtbar / vnd von vnterschiedenen gliedmassen /
als stücken des Leibes zusamen gesetzt.
Derwegen ist der menschliche Leib mit der Seeln nicht persönlich vereinigt. etc.
Das nu dieses vnrecht geschlossen sey / kan ein jeder verstehen.
Also müste der vörige Schluß viel anders gerichtet sein / nemlich:
GOTT ist one leiblichen raum.
Das fleisch Christi (welchs vnser gegenteil wol fürgibt / aber noch nicht
erwiesen hat) ist Gott.
Darumb ists one leiblichen raum.
Oder:
Was one raum / vnd stedte nicht sein kan / das kan nicht in Gott / noch mit dem
ewigen Wort persönlich vereinigt sein.
|| [134]
Der Leib Christi / wie er auff Erden gangen / vnd am jüngsten tage wider komen
wird / kan seiner größ halben / nicht ohne stedte / vnd raum sein.
Darümb kan der Leib Christi / wie er auff Erden gangen / vnd zum endlichen
Gericht widerkomen wird / nicht in Gott / noch mit dem Wort vereiniget sein.
Aber welcher verstendiger Christ wird solchs mit gutem Gewissen können nachgeben?
Der mittelspruch ist zwar vnleugbar / Der Schluß aber streittet zugleich wider
den Glauben von der Schöpffung / da wir mit Paulo bekennen / Das wir alle in
Gott leben / weben / vnd sind. Act. 17. Vnd wider den artickel von der Erlösung
/ denn er trennet die Person Christi / gleich als were der Leib Christi vff
Erden ausser Gott gewesen / ja das endliche Gericht wird hiemit einem blossen
Menschen zugeschrieben.
Darumb vnwidersprechlich folget / das am ersten Spruch der mangel sey / das
nemlich vnser gegenteil nicht allein die gradus praesentiae Dei, abermal jhrer
nichtigen protestation zu wider / confundirt (denn ein anders ist / in Gott sein
/ welchs sich auff alle Creaturen erstreckt / ein anders / die persönliche
vereinigung der beiden Naturen in Christo) Sondern auch derselbigen proposition
/ In Gott sein / vnd mit dem Wort persönlich vereinigt sein / noch keine recht
verstehen / oder erkleren.
In massen die Jesuiten zu Meintz newlich wider vnser gegenteil ausfürlich / vnd
gnugsam erwiesen / das jhnen freilich Gewissens / vnd Ehren halben / endlich
einmal den Jesuiten viel mehr den̅ vns / mit bestendiger
widerlegung zu begegnen obliegen wird / welchs sie bisher mit grund nicht
|| [135]
haben zu wegen bringen können / darans jnen zweiffels
one auch ferner mangeln wird. Denn die offenbare Warheit lesst sich nicht
dempffen.
Zum andern / widersprechen wir darumb dieser Lehr / das nemlich der Leib Christi
dreierley weise zu sein / oder etwa zu sein / an sich hab / damit wir nicht mit
jnen zu Stenckfelder / vnd Sacramentirer werden.
Denn dieweil der Leib Christi im gesegneten Brod / vnd Wein des heiligen
Abentmals / definitiuè, das ist / wie es in der Concordiformul fol. 302.
erkleret wird / also sein sol / wie das gesicht / der klang / oder dohn / das
Licht / vnd hitze / durch Lufft / Wasser / glaß / Crystallen / vnd dergleichen
fehret / So wird hiedurch eben der geistler (wie sie Lutherus genant) opinion
bestetigt / vnd die warhafftige gegenwart im heiligen Abentmal zu grund
zerstöret.
Welchs nicht allein abermals die gemelten Jesuiten vnlangst in jhrer ausfürlichen
disputation zu Meintz wider die Vbiquiste̅ gnugsam erwiesen /
Sondern auch Thomas Aquinas selbst klar bezeugt / das definitiuè, das ist / nach
der Geister / oder Engeln weise an einem Ort sein / die gegenwertigkeit des
warhafftigen Leibs im heiligen Abentmal viel mehr hindere / denn befördere / wie
aus folgenden seinen eigenen worten zu sehen.
Nec est definitiuè in hoc Sacramento Christi corpus: quia sic non esset alibi,
quàm in illo altari, vbi conficitur hoc Sacramentum: cum tamen sit in coelo in
propria specie, & in multis altaribus sub specie Sacramenti. Haec ille:
parte 3. summae Theol. quaest. 76. art. 5.
Es ist aber hiebey auch dieses zu bedencken / wie fein die Herrn Verfasser der
Apologia jre wort in acht haben /
|| [136]
nach dem sie so
offt bedingen / der streit im H. Abentmal sey nicht de modo praesentiae (denn
die weise sey ein verborgen geheimnis) vnd setzen doch in der Concordi formul /
der Leib Christi sey im Brod des Abentmals geistlicher weise / wie der klang /
hitz / Licht.
Wo bleibt denn die praesentia corporalis, darumb es allein zuthun sein sol? Vnd
zwar sie sind auch dißfals der Sachen mit einander nicht einig. Denn eins teils
vnter jhnen sagen / Modum praesentiae ignoramus.
Die Theologen aber zu Franckfurt an der Oder / in censura confessionis Nic.
Menij, setzen dawider: Modum praesentiae nos ignorare falsò dicitur.
Solten derwegen durch einander der Sachen selbst zuuor einig werden / ehe sie
andere zuuordammen sich anmasseten.
Dagegen halten wirs einfeltig dafür / wenn man ja mit Luthero also reden wolte:
Corpus Christi esse definitiuè in Sacramento coenae: das man wol am sichersten
thete / man blieb bey der Heuptsachen / vnd ließ die nebenstreit / de tribus
modis essendi, de vbiquitate, vnd dergleichen (darümbs anfenglich mit nichten
fürnemlich / wie jtzt / zuthun gewesen / ja die Lutherus nicht allein selbst zu
letzt hat fallen lassen / sondern auch in medio feruore disputationis frey
öffentlich bekant / das es zufellige ding seyen / die nicht zur Heuptsachen
gehörten / noch dieneten) an jhrem Orte bleiben.
Die Heuptsache aber beruhet vff dem einigen grunde / das die wort noch fest
stehen.
So lasst vns nu bey den worte̅ bleiben / damit nicht durch jene
frembden vngereimpten gedicht die wort des HERrn hindan gesetzt / vnd geschwecht
werden.
|| [137]
Denn sie freilich in Ewigkeit wol steiff / vnd fest sind / vnd bestehen / wenn
nur menschliche glossen / deren das Concordibuch voll ist / daruon bleiben.
Es hat der HERR sein Testament gefasst in befehl / vnd beschreibung.
Der befehl erfordert des gantzen Menschens zugleich jnnerlichen / vnd
eusserlichen gehorsam / Nemet hin / Esset / trincket / Thut solchs zu meinem
gedechtnis.
Die beschreibung / was wir also nemen / essen vnd trincken sollen / ist die
definition, darinn vns die warhafftige gegenwart / austeilung / vnd nissung des
warhafftigen Leibs / vnd Bluts Christi angebotten / zugesagt / vberreicht / vnd
ausgeteilt wird / nemlich / wie die wort der beschreibung / welchs des
warhafftigen / almechtigen Stiffters vnbetriegliche zusage / vnd Verheissung ist
/ lauten:
Das ist mein Leib / der für euch gegeben wird /
Das ist mein Blut / das für euch vergossen wird.
So thu nun ein Christ / was der HERR befohlen hat / vnd gleube seinem wort / wie
er das Sacrament gestifft / vnd beschrieben hat / Ist ferner one not / viel zu
disputiren / oder zu zancken / wie es sein könne / oder nicht. Der HERR wird
seine zusage wol halten. Lasset vns nur zusehen / das wir nicht falsch befunden
werden.
Bey dieser einfalt bleiben wir / vnd lassen vns vom Leib Christi / der für vns
ein Opffer worden ist / nicht vff klang / dohn / Licht / oder gesicht weisen /
sondern sind gewis / das wir desselbigen Leibs in der warheit teilhafftig werden
/ der für vns am stamme des Creutzes auffgeopffert ist / welchs kein Geist /
noch gespenst gewesen. Sonst hetten die rechtgleubigen Kirchenscribenten aus der
Lehr von dem
|| [138]
heiligen Abentmal die alten Ketzer /
Marcioniten genant / nicht widerlegen können / wie allen verstendigen / auch one
vnser erinnerung / bekant ist.
Zum dritten / ist bisher gnugsam ausgefürt / vnd in offtgedachter Disputation der
Jesuiten zu Meintz / wider die formulam Concordiae, vnd Apologiae, mit ewigem
vnwiderbringlichem schimpff aller Subscribenten / vnd Patronen erwiesen / das
die maiestetische allenthalbenheit des Leibs Christi nichts anders / denn ein
Eutychianische vermischung beider Naturn in Christo / das ist / der menschlichen
Natur abtilgung / vnd demnach zugleich des geheimnis von der gnadenreichen
menschwerdung des ewigen Worts / so wol als der warhafftigen austeilung / vnd
nissung des waren Leibs / vnd Bluts Christi im heiligen Abentmal zerstörung /
vnd verleugnung sey.
Vnd zwar der Christliche Leser wolle solches nochmals hieraus behertzigen. Denn
nach dem der heilige Merterer Vigilius lib. 4. vnter
andern dis argument wider den Ketzer Eutychen braucht: So das Wort / vnd fleisch
in Christo ein Natur ist / Warumb ist denn das Fleisch Christi nicht so wol
allenthalben / als das ewige Wort? Welchs gleichwol Eutyches selbst noch viel zu
grob geachtet / denn das es bestehen könte.
So mus ja vnwidersprechlich folgen / dieweil die Concordisten fürgeben / Der Leib
Christi sey auff göttliche / himlische / maiestetische weis allenthalben / da
die Gottheit ist / fol. 302. das auch mit diesem fürgeben vermöge des Schluss
des heiligen Merterers Vigilij, nur einerley Natur in Christo gedichtet werde.
Daraus denn zugleich offenbar / das bey den alten
|| [139]
Lerern die vbiquitet der Menscheit Christi noch für abschewlicher / vnd viel
vngereimbter gehalten worden ist / als die verwandelung des fleisches Christi in
die Gottheit selbst. Denn sonst Vigilius ein vergeblich argument ab absurdo ad
absurdius wider den Ketzer Eutychen gefüret hette.
Bestehet also auch vnser achtes Argument vnwidersprechlich.
Vnd hat der Herrn Verfasser Exception / es seyen diuersi respectus, keinen
grunde. Denn viel ein anders ist / modus essendi, welchs ist ipsa forma, quae
dat esse rei; vnd ein anders / respectus.
Dieses ist ein zu zufellige vergleichung / da ein ding gegen das ander gehalten /
vnd doch dem Wesen nichts benomen wird: Als / Dauids Leib gegen Goliads Leib /
war ein vngleiche leng / nichts desto weniger behielt ein jeder seinen Leib.
Substantia enim non recipit magis, aut minus.
Jenes aber ist ein solche eigenschafft / ohn welche ein ding nicht bestehen kan.
Denn wenn der modus essendi circumscriptiuus von einem Leib kömpt / so höret er
auff ein Leib zu sein. Sintemal ein Leib nicht kan sein ohne größ / Figur / vnd
gestalt / die sich sehen / vnd fülen lesset / wie der HERR sagt: Sehet / vnd
fület / denn ein Geist hat nicht fleisch / vnd Bein / wie jr sehet / das ich
habe. Lucae 24.
Also ist die andere ausflucht gantz / vnd gar nichtig / ja auch kindisch / vnd
schimpfflich von solchen hohen Doctoren / vnd Licentiaten zu hören. Wie
sonderlich der Cantzler zu Wittembergk / Herr Licentiat Johan Schütz in seinen
Collectaneen aus Luthero zusamen gerafft / sehr damit
|| [140]
branget / als sey es gar argutum, nemlich / das sie nicht reden / de tribus
modis essendi simpliciter, sed alicubi essendi.
Denn zweierley vngereimbtes hieraus folget / Erstlich / das sie den modum essendi
repletiuum ziehen inter modos alicubi essendi. So doch Gott seiner vnendlichen
Natur halben / eigentlich nicht anders / denn vberal (vnd demnach ausserhalb /
vnd vber alle Ort) ist / noch sein kan. Vnd wird figuratè, oder impropriè gesagt
/ das Gott hie / oder dort / oder etwa an einem Ort sey / nemlich / propter
singularem efficaciam, & patefactionem gratiae, ac gloriae.
Zum andern / fallen sie eben hiemit / wider jhr eigen protestation / vffs newe in
das gedicht de quadruplici natura Christi. Denn hat Christus dreierley weis mit
seinem Leib etwa zu sein / vnd wie bisher bewiesen / dieselbige modi sind nicht
respectus diuersi, sondern gehören ad ipsam formam rerum substantialem, vnd
inferiren vngleiche substantz / oder Wesen / nemlich ein leibliche / englische /
vnd göttliche / so kan nicht geleugnet werden / das der Leib Christi / nach
dieser Lehr / zugleich Gott selbst / ein Engel / vnd theil von einem Menschen
sey.
Dagegen aber tres modi non simpliciter essendi, sed alicubi essendi,
praesupponiren auch vnwidersprechlich / si alicubi essendi tres illos modos
habet Christi corpus, quòd alicubi eosdem non habeat. Habet ergò praeter illos
tres, alium quartum essendi modum, nondum videlicet explicatum.
Vnd also ist nicht auszusprechen / was endlich für ein grewlicher wust
vngereimbter Lehr aus der heilosen Vbiquitet folgen werde / welche billig an dem
woluerdienten
|| [141]
Herrn Luthero (wie er selbst gebeten /
seine Schrifften zu vnterscheiden / vnd nicht sine iudicio zu lesen) mit Sem /
vnd Japhets mantel solte zugedeckt werden. Aber des vndanckbaren Chams
geschlecht kan von seiner vnart nicht lassen.
Das neunde Anhaltische Argument.
ZVm neunden / die vergleichung der Naturen /(IX.)
oder wesentlichen eigenschafften verdam̅en sie mit worten / vnd
asserirens mit der that.
Jedoch nemen wir alhie für bekant an / das es ein(Fol.
Apol. Erf. 78. 79.) verdamliche Lehr sey /
wenn man die Menscheit in Christo der Gottheit gleich achtet.
Nu folget aber vnwidersprechlich aus der Lehr von der almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit des Leibs Christi / das sie entweder
zweierley almechtigkeit / alwissenheit / vnd vnendligkeit dichten (wie hiebeuor
jhre Bücher öffentlich ausgewiesen / aber jtzt haben sie solches / weil es gar
zu grob / geendert) oder machen die menschliche Natur der göttlichen in Christo
an Macht / Weisheit / Maiestet / vnd vnendlicher gegenwart gleich. In massen D.
Brentius pag. recognitionis 63. vnd D. Jacobus in
disputatione de maiestate hominis Christi, thesi 26.
austrücklich bekent / vnd deutlich sich erklert haben / wie daselbst jre eigene
wort lauten:
Humanitatem Christi Diuinitati eius non , sed : non essentia, sed potentia: non natura, sed gloria: non
substantia, sed maiestate exaequamus.
|| [142]
Wir machen die Menscheit des HERRN Christi gleich seiner Gottheit / wiewol nicht
am Wesen / jedoch an gewalt / nicht souiel die Natur / sondern souiel die glori
/ vnd herrligkeit / nicht souiel die substantz / sondern souiel die maiestet
anlanget.
Vnd ist aus allen vmbstenden zusehen / das sie im gantzen Concordibuch so wol /
als in der Apologia nichts anders / denn dieses noch zur zeit lehren / vnd für
recht vertheidingen.
Derwegen auch in jhrer antithesi fol. Concordiae 314. die
wort ambiguè, vnd zweiffelhafftig gesetzt sind.
Denn sie haben ein ausflucht erdacht / das fleisch Christi sey wol almechtig /
alwissend / allenthalben: aber nicht wesentlich / wie die Gottheit: noch also /
das die almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit wesentliche eigenschafft
werden der angenomenen menschlichen Natur / wie es wesentliche eigenschafft der
Gottheit sind.
Behalten vnter des jhre vorgefaste meinunge / das fleisch Christi sey nichts
desto weniger almechtig / alwissend / allenthalben.
Denn (sagen sie) viel ein anders ists: Idioma fieri, & idioma
communicari, das ist / ein wesentliche eigenschafft werden / vnd das eine
wesentliche eigenschafft nach art der persönlichen vereinigung mitgeteilet
werde.
Was ist aber dis anders / denn ein exaequatio, oder vergleichung der beiden
Naturen?
Ja darinnen noch dreierley vngereimbter meinung verfasset / vnd heimlicher
verdeckter weise mit einverwickelt werden.
Als / erstlich sol die almechtigkeit / alwissenheit / allent
|| [143]
halbenheit von dem fleisch Christi / nicht aber das
göttliche Wesen selbst / realiter, vnd in der that können praedicirt werden.
Daraus vnwiedersprechlich folgen müste / das Gott nicht simplicissima, indiuidua
essentia, sondern quiddam ex essentia, & proprietatibus compositum sey.
Denn diese propositiones in abstracto nemen sie an / die menschliche Natur in
Christo ist almechtig / alwissend / allenthalben. Diese aber verwerffen sie /
die menschliche Natur in Christo ist die almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit / oder vnendligkeit selbst.
Item / Sie haltens für recht / wenn man sagt / die menschliche Natur Christi ist
Gott. Aber dagegen verwerffen sie / wenn man sagen wolt / die menschliche Natur
Christi ist die Gottheit selbst.
Es haben aber die Jesuiten zu Meintz ausfürlich bewiesen / das diese Reden alle
aequipollentes sind. Derwegen sie entweder semptlich / vnd sönderlich von der
menschlichen Natur in Christo zugleich war / oder zugleich falsch sein müssen.
Zum andern / sol nach dieser Lehr die almacht / alwissenheit / vnd vnendliche
gegenwart dem fleisch Christi in der that mitgeteilt werden / vnd doch der
göttlichen Natur wesentliche eigenschafft bleiben.
Das heisset zugleich ja / vnd nein / oder schwartz / vnd weis von einem dinge
reden. Denn was eines dings eigen ist / vnd bleibt / vermag keinem andern in der
that mitgeteilt werden / oder müste auffhören / des vörigen eigen zu sein / vnd
zu heissen. Das kan ein Kind von sieben jaren vrteilen / so bald es das Meum,
vnd Tuum zu nennen pflegt.
|| [144]
Zum dritten / ist vnmüglich / das nicht hieraus zweierley allmechtigkeit /
allwissenheit / allenthalbenheit / vnd demnach zweierley Gottheit in Christo
folgen solten / weil eine Natur wesentlich / die ander aber nicht wesentlich /
sondern thätlich sol almechtig / alwissend / allenthalben / vnd Gott selbst
sein.
Also werden die Natur in der that einander gleich gemacht / dieweil eine so wol /
als die andere almechtig / alwissend / allenthalbe̅ / vnd Gott
genen̅et wird. Nach der weise aber / da einer jeden solchs
gebürt / werde̅ sie vnterscheiden.
Mus demnach einer Naturn almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit / vnd
Gottheit / eines grads nidriger sein / als der andern / vnd also die Exaequation
in sich selbst wider auffgehoben / vnd getrennet werden.
Das ist in der that / vnd warheit nichts anders / denn ein Eutychianus
Nestorianismus / vnd Nestorianus Eutychianismus. Denn es gehet nach dem
Sprichwort: Error foecundus est. Item, Dato vno inconueniente sequuntur
infinita.
Bestehet derwegen auch vnser neunde Argument noch fest / vnd vnbeweglich.
Wie denn gleichsfals von den Jesuiten zu Meintz gnugsam dargethan ist / was
Nestorius apud presbyterum Rhaetensem gemeinet / welcher das gedicht de reali
idiomatum communicatione, als seiner Lehr gemes / nie verworffen hat. Dazu nicht
weniger / als die Vbiquisten / entweder keinen / oder gar geringen vnterscheid
gehalten / zwischen den vocabulis Concreti, vnd abstracti.
Ja eben darumb die persönliche vereinigung der beiden Naturn in Christo
verleugnet hat / das er mit seinem
|| [145]
Grosuater
Samosateno dafür hielte / Christus als der höchstbegabte Mensch könte nichts
desto weniger almechtiger Gott sein / ob er schon nicht ewiger natürlicher
Gottes Son in der Person were.
Es mögen auch die Herrn Verfasser daselbst warnemen / wie jnen jhr behelff
genomen ist / das sie zum schein alzeit fürgeben / Ihr gedicht von der Maiestet
sey nach art der persönlichen vereinigung zuuerstehen. Denn wir ein hertzlich
mitleiden haben / das sie sich so blos geben / das jrent halben die Jesuiten
öffentlich aller Subscribenten der Concordiformul spotten.
Derwegen jhre hohe notturfft ist / wie wir nu zum öfftern gebeten / vnd vermant /
das sie viel mehr wider die Jesuiten / als wider vns / die wir mehts anders /
denn die Warheit / vnd den Fried / wie Gott durch den Propheten Zachariam
befohlen hat / suchen / vnd meinen / ein ausfürliche / wolgegründte Apologiam
endlich einmal stellen / oder verfassen / vnd ausgehen lassen.
Denn wir sonst jhnen zu gefallen nicht können von vnser rechtmessigen
protestation wider jhr gedichte Vbiquitet abstehen / Sondern vermanen / vnd
bitten viel mehr / das sie selbst Gott zu ehren / vnd schüldigem gehorsam mehr
vff die Warheit / denn vff jre affect sehen wolten / vnd es für keine schand
achten / einen so groben / vberwiesenen / öffentlichen jrthumb zu reuociren.
Denn Recht mus doch recht bleiben / vnd dem werden zu letzt alle frome Hertzen
beyfallen. Psalm. 94.
Das zehende Anhaltische Argument.
|| [146]
(X.)
ZVm zehenden / dieweil es vnmüglich ist / das die almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit / von der göttliche̅ Natur / derer wesentliche̅ eigenschafft sie sind / getrennet werden könten (denn sie
gehören zu der Gottheit selbst / welche sonst auffhören würde simplicissimum ens
zu sein / sondern müste etwas aus der Natur / vnd eigenschafften zusamen gesetzt
/ das ist / zu einer Creatur werden) Derwegen wird man in alle Ewigkeit aus
keinem bestendigen grund der Schrifft / noch vernunfft erzwingen / geschweigen
darthun / oder erweisen können / dz die menschliche Natur in Christo / ohne
gentzliche vergötterung an jhr selbst / in der that / für sich / in abstracto,
almechtig / alwissend / allenthalben sey.
Sondern so lang diese Reden von vnserm gegenteil / als Glaubens artickel
verfochten werden / das fleisch Christi ist Gott / die Menscheit in Christo ist
almechtig / alwissend / allenthalben / so lang mus bey jhnen der vhralte /
vnwidersprechliche Glaubens artickel falsch sein / das fleisch Christi ist ein
geschöpff / das ewige Wort hat warhafftige menschliche Natur an sich genomen /
ist vnsers fleischs / gebeins / vnd geblüts teilhafftig worden. etc.
Vnd also verkeren sie die menschwerdung des ewigen Worts in ein blosse
vergötterung. Denn sie leren / das fleisch Christi sey Gott / vnd vertheidingen
die propositiones abstractiuas, die Menscheit Christi ist almechtig / alwissend
/ allenthalben / welche Namen allein von der göttlichen Natur mit warheit
praedicirt / oder gesagt werden können.
Das sie aber dawider excipiren / sie halten / lehren /
|| [147]
vnd gleuben nichts desto weniger / das die menschliche Natur in Christo sich für
vnd für / mit vnser Natur vergleiche / Erstlich / was die substantz / vnd Wesen
derselben anlanget / nach welcher Christus seinen Brüdern gleich worden /
ausgenomen die Sünde. Hebr. 2.
Zum andern / auch was Christi clarificirten / vnd verklerten Leib anlanget. Phil.
3.
Zum dritten / das die angenomene menschliche Natur Christi jre wesentliche
eigenschafften für vnd für behelt / vnd nimmermehr zum Geist / oder vnendlich
wird.
Dis alles ist für vns / welchs wir auch von jnen dermassen für bekant annemen /
das sie eben hiemit wider sich selbst jr eigen Gewissen auffdecken / vnd
bezeugen müssen / das sie jrer andern Lehr keinen grund haben. Denn freilich
hiemit alles vmbgestossen wird / was sie bisher de tribus modis essendi, oder
alicubi essendi, vnd dergleichen trewmen gestritten haben.
Denn ja allen vernünfftigen bekant / vnd dem artickel von der Schöpffung des
Menschens zum Ebenbild Gottes (vmb welches willen / auff das nemlich solches
alles wider zu recht gebracht / vnd mit nichten abgetilgt / noch zerstöret würde
/ es dem Son Gottes in seiner menschwerdung allein zuthun gewest) durchaus gemes
/ das von einem ding nicht contradictoriè opposita, das ist / solche
widerwertige Sachen / da jmer ein wort das ander wider vmbstösset / vnd
auffhebet / gesagt werden können.
Dieweil denn die menschliche Natur Christi / vnser Natur / an Wesen / vnd
wesentlichen eigenschafften auch in der verkleru̅g sol gleich
bleibe̅ / wie daran kein zweiffel ist /
|| [148]
(denn er alles / was zu einem volkomenen natürlichen Menschen
gehöret / an sich genomen hat / ohne allein die Sünd / welche auch nicht ist ein
theil / oder stück / oder erschaffene natürliche eigenschafft am Menschen: was
er aber hat angenomen / das behelt er vnzerstört / vnd vnabgelegt in alle
zukünfftige Ewigkeit) So kan ja nicht zugleich von jr mit warheit gedacht /
gesagt / noch gegleubet werden / das sie GOTT / vnd doch ein Creatur sey / das
sie almechtig / alwissend / allenthalben in der that sey / vnd nicht sey.
Oder / da es beides von der Menscheit Christi solte war sein / welchs doch
vnmüglich ist / so wird es entweder von vnser Natur an vns auch müssen war sein
/ oder kan nicht bestehen / das Christi / vnd vnser fleisch / ausgenomen die
Sünde / einander für vnd für / an Wesen / vnd eigenschafften / auch in der
Klarheit gleich sein.
Dis Argument wird in ewigkeit wol bleiben / in massen es auch von vnserm
gegenteil / wider jhr eigen Gewissen / wie gemelt / viel mehr bekrefftigt / denn
im geringsten geschwecht / oder soluiret worden ist.
Denn das sie aus der persönlichen vereinigung / vnd mitteilung der Maiestet / so
(jhrem fürgeben nach) daraus erfolget / vnd demnach aus der erhöhung der
menschlichen Natur in Christo zur rechten Hand Gottes / schliessen wollen / das
die menschliche Natur in Christo sey almechtig / alwissend / allenthalben / vnd
wie sie reden / Gott / aber nicht zur Göttin worden / vnd das solchs der
angenomenen menschlichen Natur verklerung / keines wegs aber derselbigen
vergötterung / zerstörung / oder abtilgung sey.
|| [149]
Dis alles wird one grund von jhnen geredet / nur die einfeltigen im jrthumb
zuerhalten / vnd sind eitel vergebliche / hochschwülstige / blosse wort / vnd
widerholung des / dauon noch der spann ist / welchs man in Schulen nennet
petitionem principij.
Denn das jenig / darüber man beweiss / vnd grund von jnen fordert / ziehen sie
zur prob an / als wer es albereit erwiesen.
Darumb wir nicht mehr darauff zu antworten schuldig sind / denn das wir jhre
nichtige Schlussreden / welche sie alhie in einander heimlich verwickeln / vnd
verschlagener(Fol. Apol. Erf. 79.) weis verstecken / in die rechte form
bringen / damit sie von einem jeden desto leichter mögen geurtheilt werdenn /
wie folget.
Die ewige Gottheit / vnd Maiestet Christi ist allmechtig / alwissend /
allenthalben.
Die menschliche Natur ist mit der ewigen Gottheit / vnd Maiestet Christi
persönlich vereinigt.
Derwegen ist der menschlichen Natur Christi dieselbige Maiestet / das sie auch
sey almechtig / alwissend / allenthalben / in der that mitgeteilt.
Antwort / Wenn die mittelste proposition also hiess: Die Menscheit Christi ist
die Gottheit selbst worden / so würde der Schluss folgen. Sonst hengts eben so
wenig an einander / als wenn man schliessen wolt:
Die Seel im Menschen ist vernünfftig / vnsterblich / vnsichtbar / one stück /
oder gliedmassen.
Der Leib ist mit der Seelen persönlich vereinigt.
|| [150]
Darumb ist der Leib vernünfftig / vnsterblich / vnsichtbar / ohne stücke / vnd
gliedmassen / das würde nicht folgen.
Denn ein anders ists / von der persönlichen vereinigung / ein anders von einer
jeden Naturn wesentlichen eigenschafften reden.
Jedoch ist hieraus abermal zu spüren / das vnser gegenteil (wie hefftig auch mit
dem Munde sie dawider protestiren) von der angenomenen / vnd vereinigten
Menschheit also halten / als hab sie vmb der vereinigung willen mit dem Wort die
gleicheit mit vnsern Leiben an jrem endlichen Wesen / vnd eigenschafften / in
etwas vnendliches an Macht / Weisheit / vnd gegenwart verendert.
Fallen also in jre vörige meinung / es sey in der Person Christi des angenomenen
fleischs / vnd bluts ein andere betrachtung / vnd beschreibung / denn wie es vns
durchaus gleich ist / vnd bleibet / ohne die Sünd / die zur Natur nicht gehört.
Die andere verdackte Schlussrede vnsers gegenteils ist diese:
Die rechte Hand Gottes ist allenthalben.
Die menschliche Natur in Christo ist zur rechten Hand Gottes erhöhet.
Derwegen ist sie allenthalben.
Antwort / wie zuuor:
Ein anders ists / Die Rechte Gottes selbst sein: ein anders / zu derselbigen
erhöhet sein.
Sonst müste auch folgen / das die menschliche Natur in Christo kein Crcatur /
sondern von ewigkeit wer. Denn so jenes recht were / müste dis auch recht sein:
|| [151]
Die Rechte Gottes ist ohne anfang.
Die Menscheit Christi ist zur Rechten Gottes erhöhet.
Darumb ist sie one anfang.
Summa: Es hangen vnsers gegenteils Schlussreden an einander / wie ein gewircke
von Sandkörnern zusamen geflochten. Vnd kan auch diß von niemand vmbgestossen
werden:
Sol der Leib Christi durch die verklärung allenthalben sein / so müssen auch
vnsere Leib also werden. Denn er wird vnsere nichtige Leib seinem herrlichen
Leib ehnlich machen. Phil. 3.
Wie reimbt sichs denn / das der HERR seinen verklerten Leib lesset angreiffen /
vnd spricht? Ein Geist hat nicht fleisch / vnd Bein / wie jr sehet / das ich
hab. Luc. 24.
Schemen solt man sich / das man wider die offenbare Warheit also wissentlich zu
fechten / vnd zancken verharret.
Denn das sie sich auff Schrifft beruffen / hat jhnen bisher gemangelt / in massen
auch zu Quedlinburgk jr Widerpart nicht mehr / denn klare Schrifft von dieser
proposition gefordert / das Christi fleisch allenthalben sey.
So lang sie nu diß aus vnuerkarter / klarer / vngezwungener Schrifft (darans jnen
ewiglich mangeln wird) vnbewiesen lassen / folgen wir billig der Vermanung des
HERrn: Sie werdens wol scheinbarlich fürgeben / also das (wo es müglich wer)
auch die ausserwelten Gottes von jnen verfüret werden möchten: Aber gleubt jhnen
nicht. Matth. 24.
Denn sie erfüllen noch heutiges tags die Prophezey
|| [152]
Ezechiels / tünchen mit losem kalck / predigen lose teidung / weissagen Lügen /
vnd sagen: So spricht der Herr HERr / So es doch der HERR nicht geredt hat.
Ezech. 22.
Das eilffte Anhaltische Argument.
(XI.)
ZVm eilfften / Dieweil aus vorhergehenden argumenten die exaequation, oder
vergleichung der beiden Naturn in Christo / so wol als die vergötterung der
menschlichen Natur vnwidersprechlich folget / so kan (Fol. Apol. Erf. 79.) auch dis argument de
naturarum identitate, welchs der Monophysiten jrthumb war / nicht vmbgestossen
werden / sondern folgt necessitate consequentiae, vnd beruhet auff der
vnwandelbaren Regeln / der göttlichen Warheit / vnd Ordnung der Schöffung
selbst.
Nemlich / wenn eines dings wesentliche eigenschafft von einem andern mit warheit
kan gedacht / oder gesagt werden / das demselbigen zugleich einerley Natur / vnd
Wesen gebüre.
Vnd widerumb / welchem ding eines andern natürliche wesentliche eigenschafften
nicht können zugeschrieben werden / die können auch nicht einerley Natur / vnd
Wesen an sich haben / wie Lutherus sagt: Tollens proprietates, tollit naturas.
Dieweil denn Christus nach beiden Naturn / wie vnser gegenteil dichtet /
almechtig / alwissend / allenthalden / vnd Gott selbst ist / so mus ja die
Menscheit in die Gottheit verwandelt / vnd demnach nur eine Natur in Christo
|| [153]
sein / sonderlich nach dem sie jhre vorige Lehr von
zweierley Gottheit / vnd allmechtigkeit in Christo / nu mehr selbst cassirt /
vnd auffgehoben haben.
Belangend die gleichnis vom fewrigen Eisen / haben jhnen die Jesuiten zu Meintz /
thesi 80. deutlich gnugsam gewiesen / das dieselbige vmb
zweierley vrsach willen den Vbiquisten zu jrem gedichte gar nichts diene.
Denn erstlich teilet das Fewer dem glüenden Eisen nicht sein eigen substantz /
oder wesentliche eigenschafft mit / sonst müste das Eisen gar zu Fewer werden /
vnd seine grösse / schwer / dicke / vnd lenge verlieren / vnd ja so wol / als
das Fewer auffwarts / nicht vnterwarts faren.
Zum andern / ist die Hitze im glüenden Eisen von des Fewers hitze / dauon es
glüende worden / abgesöndert / vnd also für sich selbst durchhitzet.
Müste demnach die Menscheit in Christo gleichfals durch ein sonderliche Gottheit
/ vnd almechtigkeit / welche der ewigen effect wer / almechtig sein. Vnd also
würden auffs new zwo Gottheit folgen.
Vber dieses / zusetzen / das in dem glüenden Eisen ein wesentlich Fewer / vnd
nicht nur die Hitze / als ein qualitas sey / so beweist doch solchs nicht mehr /
denn das durch vnd durch das Fewer in dem Eisen / nicht aber das Eisen
(eigentlich zu reden) für sich leuchte / vnd brenne. Also auch die Gottheit
leuchtet in der gantzen angenomenen Menscheit / so viel die persönliche
vereinigung betrifft / vnd bleibt nichts desto weniger die angenomene Menscheit
auch in der Person des ewigen Worts / endlich / vnd vmbschrieben / gleich wie
das Eisen sein gewicht / vnd größ nicht verlewert.
|| [154]
Wil man hiemit nicht zu frieden sein / sondern dis gleichnis alzu genaw
appliciren / so wird man die Sach dadurch mehr verdunckeln / denn erkleren.
Es haben aber die alten Lerer hiemit nicht mehr anzeigen wollen / denn Erstlich /
wie des Eisens gantze massa von des Fewers hitze durcharbeit wird / vnd doch die
natürliche eigenschafft so wol an sich / als am Fewer vnzerstöret bleibet / das
also auch in Christo die gantze Natur des Menschens an Leib / vnd Seel mit dem
ewigen Wort vereiniget werde / jedoch ohne vermischung vnd zerstörung beider
Naturen Wesen / oder substantz / vnd wesentlichen eigenschafften.
Zum andern / wie das glüende Eisen / oder Schwert / hiedurch zweierley Wirckung
bekömpt / nemlich zu schneiden / vnd zu brennen / das also der Mensch Christus /
welcher auch Gott ist / auff zweierley / nemlich zugleich vff göttliche / vnd
menschliche weis / nach jeder Naturn eigenschafft / ohne trennung der Person /
vnd vermischung der Naturn wircke / daraus ein algemeine Wolthat entspringt / zu
welcher ein jede Natur das jhre thut / darumb auch dieselbigen Wirckungen von
dem alten Lehrer Dionysio Areopagita actiones deiuiriles genent werden.
Denn nach der Menscheit stirbet Christus / nach der Gottheit erhelt er den Sieg /
vnd bleibt doch Gottheit / vnd Menscheit auch im tod vngetrennet / daraus die
Erlösung des menschlichen geschlechts folget / welche ein gemeine Wolthat
Christi ist / nach beiden Naturn.
Da aber die menschliche Seel für sich almechtig hette sein / oder werden können /
wie den Vbiquisten trewmet / so hett der Mitler an der menschlichen Natur gnug
|| [155]
gehabt / vnd der almechtigen ewigen göttlichen
Natur / oder Person des Worts nirgend zu bedörfft.
Euacuiren demnach / vnd verkleinern die Vbiquisten das gantze Werck der erlösung
/ vnd deutens in der that (was sie auch mit dem Mund dawider excipiren) nur auff
die menschliche Natur / welchs zugleich Stanckari / Nestorij / vnd Arij
lesterung in sich begreifft.
Das zwölffte Anhaltische Argument.
ZVm zwölfften / schliessen wir also: Wie im Christlichen Symbolo nur einerley
vnendliches Wesen(XII.) gegleubt / vnd bekant
wird / also ist auch nur einerley almechtigkeit / alwissenheit /
algegenwertigkeit / Herrligkeit / vnd Maiestet des ewigen Schöpffers (welcher
heisst / vnd ist GOTt Vater / Son / vnd heiliger Geist / hochgelobt in Ewigkeit)
vnzerstörliche / vnwandelbare / ewige / vnendliche / wesentliche eigenschafft.
Sol nu der Vbiquisten Lehr von der mitgeteilten / vnd warhafftig empfangenen
almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit der menschliche̅
Natur in Christo bestehen / so mus dieselbige angenomene menschliche Natur in
Christo vnwidersprechlich an Macht / Weisheit / vnd gegenwart vnendlich worden
sein. Vnd also würden zwey infinita, oder zum wenigsten identitas naturarum in
Christo folgen / dadurch notwendig das geheimnis beides der heiligen
Dreyfaltigkeit / vnd Menschwerdung des ewigen Worts auffgehoben / vnd zu nicht
werden müste.
|| [156]
Diß argument haben vnser Widersacher noch zur zeit nicht soluiren können / wird
jnen auch in ewigkeit vmbzustossen vnmüglich sein.
Damit sie aber etwas dagegen auffbrechten / vnd sich der Warheit (welcher zu
weichen bey jnen die höchste schande ist) nicht gefangen geben / ergrieffen sie
in jhrer praecipitirten wüsten refutationschrifft zu Dessaw (wie jhr gebrauch
ist) die petitionem principij.
Concedirten vns wol anfenglich die praemissas, das nur vna infinita essentia sey
/ nemlich essentia creatrix, seu creatoris propria.
Item / Das durch verleugnung / oder verenderung der eigenschafft die Naturn
selbst entweder verleugnet / oder verendert werden müsten.
Vnd hiemit haben sie vnser gantze Lehr wider jr eigen dogma concedirt / vnd
bekrefftiget. Jedoch bey jren blinden Subscribenten noch ein ansehen / vnd Namen
zuerhalten / darumb es jnen allein zuthun / ergriffen sie damals (wie gemelt)
petitionem principij, das ist / dauon noch die Frage war / zogen sie zum beweis
an / vnd was sie zuuor nachgegeben / zerstöreten sie wider per oppositum in
adiecto, das nemlich / Jenes alles vngeacht / nichts desto weniger die göttliche
Natur in der Person des Sons / was jr eigen ist / der angenomenen menschlichen
Natur in der that mitteile.
Dawider haben wir mit bestendigem grunde geantwortet / wie auch noch / das einer
Natur eigenschafft / keiner andern Natur / die nicht eines Wesens mit jr ist /
könne ohne abtilgung jrer selbst mitgeteilt werden. Denn eigen sein / heisse
nicht gemein werden.
|| [157]
Hierauff antworten sie nu alhie / fol. Apol. Erf. 80. vnd
vbergehen das vorige alles stillschweigende / welchs wir auch hiemit also für
bekant annemen / vnd wollen ferner jre newe ausflüchte examiniren.
Die Frage ist diese: An proprium alicuius naturae in quarto modo, possit alteri
naturae realiter partcipari, ita vt simul vtriusque reuera commune fiat,
& prioris nihilominus maneat proprium Systaticum, seu (vt Dialectici
nominant) proprium in quarto modo.
Das ist / Ob die eigenschafft / dadurch eine Natur bestehet / vnd one welche sie
auffhöret das jenig zu sein / das sie ist / einer andern / von jr nach dem Wesen
vnterschiedenen Naturn / also könne mitgeteilt werden / das sie zugleich der
vorigen natürliche / oder wesentliche eigenschafft bleibe / vnd doch in der that
/ vnd warheit mit der andern gemein werde / das ist / von einer so wol / als von
der andern warhafftig / vnd wirckentlich könne / vnd solle verstanden / vnd
geredet werden.
Als zum exempel / die ewige Gottheit in Christo ist almechtig / alwissend /
allenthalben / vnd wo diß nicht von Christo warhafftig könte gesagt werden / so
wer er nicht Gott.
Dieweil denn solche eigenschafften zum göttlichen Wesen selbst gehören / so ist
die Frage / Ob der angenomenen menschlichen Natur die göttliche almechtigkeit /
allwissenheit / vnd allenthalbenheit / auch könne / vnd solle zugeschrieben
werden / also das sie warhafftig so wol / als die Gottheit / almechtig /
alwissend / allenthalben sey / vnd solchs mit der Gottheit des ewigen Worts in
der that gemein hab / obs wol der göttlichen Natur ewige / vnwandel
|| [158]
baren / vnd wesentlichen eigenschafften für
vnd für sind / vnd beiben.
Darauff haben wir geantwortet / vnd antworten noch mit bestendigem grunde also /
das hiedurch die eigenschafften jren Namen verlieren müsten / vnd nicht mehr
eigenschafften bleiben / noch mit warheit genent werden könten.
Denn was einem andern in der that mitgeteilet wird / das kan ja dem vorigen / des
eigen es war / nicht mehr allein gebüren / in massen auch die Vernunfft / vnd
algemeine erfarung bezeugen / das durchs MEVM, vnd TVVM, welchs sind pronomina
possessiua, vnd gehören ad dominiorum, seu proprietatum distinctionem,
auffgehoben wird die communio rerum. Was jhrer zweien / oder vielen zugleich
gehört / das gehört nicht einem allein. Den̅ die Regel bleibt
vnbeweglich: Quod reipsa fit commune, desinit esse proprium in quarto modo.
Sonst müste die definition falsch sein: Proprium est, quod vni soli rei semper,
& omnibus eius indiuiduis inest.
Vnd könte nicht bestehen / das Nazianzenus / vnd Damascenus einmütiglich / vnd
bestendig bezeugen: Proprietas mutationem nescit. Quónam enim modo Proprietatis
nomen sustinere queat, si moueatur, atque mutetur?
Diß alles ist so gewis / vnd vnleugbar / das kein vernünfftiger Mensch daran
zweiffeln kan. Vnd dieweil es von den erschaffenen eigenschafften der Creaturen
war ist / das die eigenschafften eines dings / keinem andern zugeschriben werden
können / es sey denn dasselbig mit dem vörigen einerley Natur / vnd Wesen / denn
sonst bliebe Eigenschafft nicht eigenschafft: Wicuiel mehr mus es war sein
|| [159]
von den vnerschaffenen Göttlichen eigenschafften /
die Gottes natur / vnd wesen selbs sind / vnd nicht nur inhaerentes qualitates,
oder anklebende gaben / wie am Menschen?
Noch schemen sich die Herrn verfasser der Erfurdischen Apologien nicht / solches
vnser wolgegründetes argument für ein nichtige einrede zu schelten / vnd demnach
wider die principia catholica, daran kein vernünfftiger Mensch / noch Christ zu
zweiffeln hat / zu disputiren / gleich als köndten sie mit jrer gedichten
exception / oder ausflucht entwischen / da sie fürgeben / es sey ein anders
idioma fieri, vnd idioma communicari.
Item / wir leren (sagen sie) Quòd propria nunquam egrediantur sua subiecta; das
ist / (wie jre dolmetschung(Fol. Apol. Erf. 80. a) daselbst lautet /) das die wesentliche
eigenschafften der Göttlichen natur Christi der angenomenen menschlichen natur
wesentliche eigenschafften nimermehr werden.
Item / es bleiben gleichwol die almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit
der Göttlichen natur wesentliche eigenschafft / ob sie gleich der menschlichen
natur in der that mitgetheilt werden.
Denn solches nicht von einer wesentlichen mitteilung / auch nicht von einer
physica transfusione, oder ausgiessung der Göttlichen eigenschafften in die
angenomene menschliche natur / das sie solche eigenschafften an / vnd für sich
selbst / abgesondert von der Gottheit des Sons habe / zuuerstehen sey / sondern
von der mitteilung / so nach art / vnd von wegen der persönlichen vereinigung
der beyden naturen in Christo geschicht / wie nemlich die Seele dem Leibe jre
eigenschafften mitteilet / oder jn / mit vnd durch dieselben organa wircket.
|| [160]
Hierauff antworten wir ördentlich / vnd kürtzlich / wie man in Schulen zu
antworten pflegt.
Erstlich ists ein fallacia secundum plures interrogationes. Denn von einem andern
ist die frage / von einem andern thun sie jre erklerung.
Ob wir jnen nu gleich concediren: idioma fieri, sey etwas anders / denn idioma
communicari: dauon kein streite ist. So kan doch hieraus nicht bewiesen / noch
geschlossen werden: quòd vnius naturae proprium diuersae speciei naturis
realiter communicatum, maneat nihilominus vnius naturae proprium, etiam quando
alij naturae realiter communicatur.
Denn vnmüglich ists / das eines dings eigenschafft einem andern / so nicht
einerley wesen ist / wirckentlich mitgeteilt werde (es geschehe gleich
wesentlich / oder nicht wesentlich) vn̅ doch des vörigen
proprietas, oder eigenschafft / mit warheit bleibe.
Es were denn / das eigen / vnd gemein sein / nicht mehr vnterschieden / vnd
demnach ja / vnd nein / das ist / gantz widerwertige reden von einem ding
zugleich war sein könten.
Zum andern / geben sie der Regel / propria non egrediuntur sua subiecta, so wol
in der Concordiformul / fol. 308. als an diesem ort in der Apologia / fol. 80.
gantz / vnd gar einen vnrechten verstand / gleich als geschehe derselbigen gnug
/ wenn sie fürgeben / sie verstehen die mitteilung von keiner wesentliche̅ ausgiessung in die angenomene Menschliche natur / das sie solche
eigenschafften an / vnd für sich selbst / abgesondert von der Gottheit des Sons
habe / etc.
Denn dis abermal widerwertig geredet ist / gleich als könte die angenomene
menschliche natur auch von der
|| [161]
Gottheit des Sons
abgesondert / an / vnd für sich selbs sein / oder etwas haben. Was wer es denn
für ein angenomene natur / wenn sie doch abgesondert sein könte?
Komen also wider ad petitionem principij, gleich als wer die menschliche natur
Christi wol abgesonderter weis vmbschrieben / endlich / vnd mit solchen
eigenschafften / wie vnsere Leib / vnd Seel begabet / aber nach art der
persönlichen vereinigung sey sie allmechtig / alwissend / allenthalben.
Dichten derwegen für / vnd für zweierley menscheit in Christo / eine vereinigte /
vnd abgesonderte / welchs sit doch sonsten nicht gestehen wollen.
Vber dieses so wollen sie wissentlich nicht wissen / das in Christo nicht allein
die eigenschafften der beyden naturn / sondern auch der ewigen person selbst zu
bedencken sind / von welchen allen gesagt / vnd verstanden wird; quòd propria
non egrediantur sua subiecta.
Denn wie allein die ander Person der heiligen Dreyfaltigkeit heist / vnd ist das
ewige Wort / item der glantz / vnd wesentliche ebenbild des Himlischen Vaters /
darumb das sie aus des Vaters wesen geborn ist / vnd solchs kan von Christo
anders nicht / denn nach der Gottheit / in der person des ewigen Worts
verstanden werden.
Also ist vnmüglich / das auch in der persönlichen vereinigung der beyden naturen
(denn ausserhalb der persönlichen vereinigung wir von keinem fleisch Christi
wissen) die eigenschafften der Göttlichen natur vff die menschliche natur / noch
widerumb die eigenschafften der Menscheit auff die Gottheit sollen / oder können
mit warheit gedeutet / vnd verstanden werden.
|| [162]
Denn sonst eine vermischung folgen würde / das man weder von der Menscheit / noch
Gottheit in Christo vnterschiedlich reden / oder gedencken köndte.
Wie Theodoretus recht sagt: Confusio vnitarum naturarum non sinit cogitare nec de
carne, vt carne; nec de Deo, vt Deo.
Belangende die gleichnis von der menschlichen Seel im leib / remittiren wir vnser
gegenteil zu den Jesuiten / welche in obgedachter disputation zu Meintz / thesi
82. ausfürlich die Vbiquisten vberzeugt haben / das
hiedurch jrem gedicht von der Almechtigkeit / alwissenheit / vnd
allenthalbenheit der menschlichen natur Christi gar nichts gedienet / sondern
vielmehr dasselbig zu grund vmbgestossen werde.
Denn das müste ja (sagen sie) gar ein vnuerstendiger / ja vnsinniger / mensch
sein / der da meinte / das der Seelen eigenschafften / als verstehen / gedencken
/ rathen / schlüss machen / wöllen / vnd dergleichen / dem Leib in der that
mitgeteilt werden.
Es ist vnerhört / das der verstand dem Leib zugehören sol. Das man aber fürgibt /
die Seel wircke alles jn / mit / vnd durch den Leib / vnd das also auch die
Gottheit in Christo ALLEs / jn / mit / vn̅ durch die angenomene
mensch liche natur wircke / ist eben der Apollinaristen meinung / welche
vorzeiten durch solch argument erstreiten wolten / das die Gottheit in Christo
sey an stadt der vernünfftigen Seel / daraus folgen müste / das Christus kein
volkomener Mensch were.
Mögen derwegen die Vbiquisten zusehen / wie sie sich desselbigen jrthumbs mit
bestendigem grund entlestigen können / dieweil sie auch mit diesen Ketzern
einerley vngründe / vnd wort füren.
|| [163]
Es ist aber an jm selbst ein gantz nichtig fürgeben / denn die vernünfftige
menschliche Seel jre fürnembste wirckung / als gedencken / verstehen /
rahtschlagen / wöllen / erwehlen / etc. eigentlich zu reden / nicht den
leiblichen organis, instrumenten / oder gliedmassen mitteilet / weil niemand den
verstand / rath / willen / oder dergleichen edle werck im Menschen dem Leib /
sondern viel mehr der Seeln / oder vernunfft allein zuschreibet.
Denn ob wol durch der leiblichen organen der fünff eusserlichen sinnen /
reinigkeit / gesundheit / vnd volkomenheit / die gedancken / vnd gescheffte der
vernunfft sich reiner / vnd volkömlicher ereigen / da sonsten in kranckheiten /
als wohnwitz / vnd dergleichen / die vernunfft gehindert wird / so folget doch
nicht / das die Seel jre edle eigenschafft dem Leib in der that mitteile / also
das der Leib so wol / als die Seel gedencke / rahtschlag / verstehe / zele /
wehle / etc. WIe vnser gegenteil felschlich hieraus beweisen wil / das vff diese
weis / nach art der persönlichen vereinigung auch die menschliche natur in
Christo nicht weniger / als die Gottheit selbst / sey / vnd werde almechtig /
alwissend / allenthalben.
Denn zu diesem ende haben die alten Lehrer solche gleichnis vom Menschen vff
Christum keins wegs weder gezogen / noch verstanden / oder gebraucht: Sondern jr
meinung ist nur dahin gericht gewesen / etlicher massen zu erkleren / wie in
Christo die Gottheit des ewigen Worts / vnd die angenomene menscheit persönlich
vereinigt sind / one zerstörunge einiger naturn an wesen / eigenschafften / vnd
wirckungen / oder derselben verwandelunge / noch mit der andern vermischung.
|| [164]
Denn gleich wie Leib / vnd Seel ein Mensch sind / also ist Gott / vnd Mensch ein
Christus / sagt das Symbolum.
Daneben aber haben sie nicht verschwiegen / das in diesem exempel / wie fein
sichs auch reime / gleichwol viel vngleicheit zubefinden sey / wie in allen
gleichnissen zu geschehen pflegt. Denn es heisst: Simile non est idem.
Darumb wir in diesem hohen geheimnis von Christo (Aug.
Epist. ad Volusianum.) mit dem heiligen Augustino bekennen müssen: Si
quaeritur ratio, non est mysterium admirabile: si exemplum, non erit singulare.
Demus ergo, Deum posse aliquid facere, quod nos non possumus intelligere.
Wenn vnser gegenteil dieses hette recht behertzigt / so würde man in der
Concordiformul fol. 313. nicht so grob heraus gefahren sein / das alles
allenthalben / durch vnd durch vol Christus sey / auch nach der Menscheit. Item
/ fol. 302. Wo der Leib Christi nicht allenthalben sey / da die Gottheit / so
müsse vnser Glaub falsch sein / etc.
Diese vngeschickte Reden können mit keiner Schrifft erwiesen / noch erhalten
werden / sondern streitten zugleich wider die Warheit des Glaubens von Christo /
vnd wider die heilsame form von Christo zu reden.
In massen auch hieraus vnser gegenteil augenscheinlich confundiret wird / dieweil
sie in der Apologia von der vbiquitet in genere nichts wissen wollen / vnd doch
an gemelten Orten dieselbige so grob vertheidingen / welchs jnen zu Quedlinburgk
von D. Heshusio / vn̅ hiebeuor auch (wiewol beiderseits one
frucht) von den Mechelburgischen Theologen selbst in jhren vbergebenen notis,
oder Censur von der Erfurdischen Apologia fürgehalten worden ist.
Bestehet demnach vnser zwölfftes Argument gleichs
|| [165]
fals / wie die andern alle / noch vff festem vnbeweglichen grunde: Das
nemlich vielen gemeine werden / nicht mehr könne eines dings eigenschafft sein /
oder heissen / noch bleiben: sondern müsse folgen identitas naturarum, das ist /
der vnterscheid beider Naturn in Christo würde verschwinden.
Dabey auch dieses zu bedencken / das wenn wir gleich vnserm gegenteil in solcher
vngereimbten meinung (dafür vns doch Gott gnedigst / wie bisher / also forthin
auch / vnd in ewigkeit behüten wolle) beyfal geben / so würde doch hiedurch das
geheimnis der Menschwerdung des ewigen Worts mit nichten erklert / sondern
vielmehr zerstöret.
Denn dieweil almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit / solche
eigenschafften in Gott sind / die nicht allein dem Son / sondern auch dem Vater
/ vnd heiligem Geist wesentlich gebüren / so müste folgen / wo hierinn / oder in
derselbigen thätlichen mitteilung die persönliche vereinigung der beiden Naturn
bestünde / das so wol der Vater / vnd heilige Geist / als der Son Mensch worden
sey / wie die Sabellianer / vnd Patripassianer geschwermet haben.
Oder / deucht sie diß zu grob / vnd wolten jrer gewonheit nach / per oppositum in
adiecto excipiren / das nicht des Vaters / oder heiligen Geistes / sondern
allein des Sons allmechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit der
angenomenen menschlichen Natur realiter mitgeteilt sey: so müste folgen / das
der Son entweder andere / oder ja eines grads nidrigere wesentliche
eigenschafften hette / als der Vater / vnd heiliger Geist haben. Dieweil allein
des Sons allmechtigkeit communicabilis were: Jene aber / nemlich des Vaters /
vnd heiligen Geistes almechtigkeit könte keiner Creatur mitgeteilt werden.
|| [166]
Daraus vnwidersprechlich der Arianer / vnd newen Antitrinitarier jrthumb / ja
lesterung folgen müsten.
Denn da sie abermal fürwenden wolten / würde doch die person des ewigen worts
auch der angenomenen menscheit person / vnd blieb nichts desto weniger des Worts
eigene / vnd ewige person / one einige verkleinerung / oder geringerung / etc.
Darauff antworten wir mit allen rechtgleubigen / das eben hieraus zu erweisen /
das jr gedicht de reali idiomatum communicatione, nichtig / vnd verwerfflich
sey.
Denn sonst müste auch folgen / das man mit warheit sagen köndte: Caro verbi
assumta, est secunda Trinitis persona; Das angenomen fleisch Christi ist die
andere Person der heiligen Dreyfaltigkeit. Gleich wie sie dichten / das es recht
geredet sey / das Fleisch Christi ist almechtig / alwissend / allenthalben / ja
Gott selbst.
Dieweil aber jenes falsch ist / so kan auch dieses nicht bestehen. Darumb wir bey
dem Symbolo bleiben / welchs vns lehret / das die persönliche vereinigung nicht
stehe in thätlicher mitteilung weder der wesentlichen / noch der persönlichen
eigenschafften des Worts mit dem Fleisch / sondern in der vnzerstörlichen
annemung des fleisches in die andere person der heiligen Dreyfaltigkeit.
Das dreyzehende Anhaltische Argument.
(XIII.)
DAs dreyzehende argument ist aus dem alten Bischoffe Foebadio genomen / welcher
den Ketzern zu seiner zeit fürwurffe / sie hetten durch
|| [167]
vermischung der zweyen naturn etwas drittes aus Christo gemacht.
Also hat D. Andr. Musculus in disputatione de mysterio manifestationis Filij Dei
in carne, Thes. 28. aus dem ewigen Wort / vnd
angenomenen fleisch vnam essentiam fingirt / vnd derselbigen beyden coniunction,
oder zusamenfügung in ein wesen / nennet er daselbst perfectam, &
integram vnitatem: wie wir in vnser Apologia pag. 154. die formalia verba
angezogen.
So beweisen die Jesuiten zu Meintz / Thesi 18. Das eben
vff diese meinung die newen Licentiaten zu Wittenbergk / praeside D. Iacobo
Andreae, Anno 80. vnrecht disputirt haben / thesi VVit.
42. Quòd homo, & Deus: vel Filius Mariae,
& creator vnum quiddam sit. Das Gott / vnd Mensch / oder des Menschen
Son / vnd der Schöpffer ein ding sind.
Haben aber nicht hierauff Athanasius ad Epictetum, vn̅ Ambrosius
contra Apollinaristas, welcher beyden Sprüche Theodoretus in seinen dialogis
anzeucht / vorlengst geantwortet? Qualis infernus tantam blasphemiam euomuit, vt
dicatur corpus Christi cum Deitate Verbi vnius essentiae esse.
Vnd dieweil wir jnen jre eigene wort anzeigen / so thun sie vns gewalt / das sie
sagen / es sey ein calumnia, oder es sey vnser eigen gedicht. Denn es viel ein
anders ist: vnum esse in masculino, welchs heist / eine person sein: &
vnum esse in neutro genere, das ist / ein ding sein.
Christus ist vnus quidam, in, & ex duabus naturis: sed non vnum quiddam,
viel weniger vna essentia, ein ding.
|| [168]
Denn in Christo ist aliud, & aliud: sed non alius, & alius. Das
ist / wie in der heiligen Dreyfaltigkeit nur ein einigs Wesen / oder Natur ist /
ob wol drey vnterschiedene Personen sind: Also ist das gegenteil in Christo /
nemlich ein einige Person / aber zwey vnterschiedene Wesen / oder Naturn.
Dieweil denn diss so gewis / vnd war ist / das vnser (Fol. Apol. Erf. 81. a) gegenteil alhie selbst
frey heraus saget / wer anders lehret / der sey Anathema: So nemen wir hiemit
für bekant an / das sie die vörigen allegata D. Musculi / vnd jrer newen
Licentiaten hiemit öffentlich verwerffen / vnd nach jrem Bepstischen angemasten
gewalt anathematiziren.
Sie mögen aber wol zusehen / das sie den Segen hiemit nicht auch vber jhr eigen
Concordibuch gesprochen haben / welchs in derselbigen disputation der
Licentiaten zu Wittenberg Anno 80. hat sollen erkleret / vnd bekrefftiget
werden. In massen wir jnen alhie mit widerholung vnsers dreyzehenden arguments /
nochmals solches wolmeinende / mehrer warnung halben / zu gemüt füren wollen /
wie folget.
Das geheimnis der Menschwerdung des Sons Gottes / welches ist / vnd wird genent
die persönliche vereinigung der Göttlichen vnd menschlichen natur in Christo /
erfordert vnwidersprechlich / das ein jede natur jr wesentliche eigenschafft
vnuerrückt / vnd vnuerendert an sich behalte / auff das der natürliche
vnterscheid zwischen jnen bleibe. Sonst würden die naturen vermischt / vnd an
stadt der vereinigung zweyer volkomenen naturn / etwas drittes eingefürt / das
weder volkomener Gott / noch volkomener
|| [169]
mensch /
sondern etwas gemengtes aus beiden were / vnd demnach auffhörete / so wol mit
Gott nach der ewigen / als mit vns nach der zeitlichen natur eines wesens zu
sein.
Die newe Lehre aber von der Allmechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit
der angenomenen menschlichen Natur in Christo / lesset der göttlichen Natur
vnendliche wesentliche eigenschafften nicht vnuerruckt / noch vnuerendert /
sondern zeucht sie auch auff die endliche Natur / gleich als ob dieselbige so
wol / als die Gottheit in Christo almechtig / alwissend / allenthalben sey.
Darumb hebt solche newe Lehre den vnterscheid zwischen den beiden Naturen in
Christo auff / vnd dichtet aus jhnen etwas drittes / von welchem weder / das es
warhafftiger Gott / noch warhafftiger Mensch sey / gesagt kan werden / Sondern
müste (nach diesem gedicht) etwas aus der Gottheit / vnd Menscheit zusamen
gelöttet sein / das also aus den beide̅ Naturn in Christo etwas
drittes worden wer: gleich wie aus der vernünfftigen Seel / vnd menschlichem
Leib ein Mensch / oder menschliche Natur bestehet / die für sich / nach keinem
teil allein betrachtet / weder am Wesen / noch Person volkomen ist.
Denn dafür haltens in warheit die Vbiquisten / wie jnen die Jesuiten zu Meintz
solches gleichsfals fürgeworffen / vnd augenscheinlich gezeigt / dazu einen
dolum, der sich zu Theologen am wenigsten reime / genennet haben: das nemlich
die Person des ewigen Worts für sich / ohne die menschliche Natur / etwa
vnuolkomen gewesen / oder noch sey. Gleich als wer durch die menschwerdung dem
ewigen Wort etwas an volkomenheit der Person zugangen / daran es jr zuuor
gemangelt.
|| [170]
Aber solchs widerlegt Damascenus / vnd sein Scholiastes lib. 3. cap. 3. mit vielen ausfürlichen argumenten /
darauff wir vns vmb geliebter kürtze willen hiemit wollen referirt haben.
Hiewider gilt es mit nichten zu sagen / Es sey nicht war. Denn diese bewrische
antwort ist beides zu grob / vnd viel zu wenig. Sondern an stadt solcher
vnhöfflichen solution / solten die Herrn verfasser der Erfurdischen Apologien
viel mehr beweisen / das sie den grunde zu dergleichen falschen opinion nicht
legten / das ist / jr gedicht von der Vbiquitet müssen sie fallen lassen / sonst
wird sie jr eigen anathema selbst treffen.
Denn im Concilio zu Chalcedon ist wider jren Vorfechter Eutychen einhelliglich
geschlossen / das die zwo naturen in Christo jre natürliche wesentliche
eigenschafften durch die persönliche vereinigung viel genawer behalten / denn
wenn sie nie vereinigt worden weren. In massen dasselbig decretum klar mit sich
bringet / welchs also lautet: Christum consona omnes voce docemus perfectum in
diuinitate, & perfectum in humanitate: vnum Domiuum in duabus naturis,
inconfusè, immutabiliter, indiuisè, inseparabiliter cognoscendum; nulla
naturarum differentia sublata propter vnionem, sed salua MAGIS vtriusque
naturae proprietate, & in vnam personam & vnam subsistentiam
concurrente.
Dis kan mit dem gedicht / von der thätlichen mitteilung der Göttlichen
eigenschafften ins fleisch Christi / nicht bestehen. Drümb so sie mit vns dem
decreto Chalcedonensi beypflichten / so müssen sie jre trewme von der
Almechtigkeit / Alwissenheit / vnd allenthalbenheit des
|| [171]
fleischs Christi fallen lassen. Wo nicht / so bleibt es war / das sie aus der
persönlichen vereinigung der vnterschiedenen naturn in Christo ein drittes
machen / sie mögens gleich vermenteln / wie sie wollen.
Denn (wie das Concilium zu Epheso recht geschlossen) wer sich dem Christlichen
glauben nicht gemes erkleret / der ist demselbigen zu wider / er beruffe sich
gleich darauff / wie er wolle. Neque enim satis est, fidem voce duntaxat
confiteri, nisi rectè quoque eam interpreteris.
Das vierzehende Anhaltische Argument.
WAs kan denn nu zum vierzehenden für(XIIII.) ein
trost hieraus genomen / oder geschöpffet werden / wenn wir gleuben sollen / der
ewige Son Gottes / vnser einiger Heiland / hab in der menschwerdung ein solche
natur an sich genomen / die entweder von der empfengnis / oder geburt / oder
aufferstehung / oder himelfart an / habe warhafftig / vnd in der that angefangen
allenthalben zu sein / vnd sey die persönliche vereinigung anders nicht volkomen
/ denn nach derselbigen vnermeslichen Maiestet / oder viel mehr Vbiquitet /
dadurch allenthalben alles voll Christus sey / auch nach der menscheit / als die
Concordiformul redet. fol. 313. Wie er aber mit seinem Leib vff Erden gangen /
da er raum geben / vnd genomen / also sey er nicht in Gott gewesen / in massen
abermal das Concordibuch schrecklich leret. fol. 302. Ja
er sey auch im heiligen Abentmal mit seinem Leib anders nicht /
|| [172]
denn wie ein Geist etwa zu sein pflegt / oder wie der glocken dohn
/ vnd klang / oder sonst ein stimme / durch Lufft / Wasser / brett / vnd wand
fehret / vnd ist. etc.
Diß alles (sagen wir) dieweil es für einen sonderlichen Glaubensartickel im
Concordibuch asserirt wird / vnd wir droben albereit in vnserm achten argument
gnugsam ausgefürt / vnd zum deutlichsten erwiesen / das zugleich Nestorij /
Eutychis / vnd aller Stenckfelder / das ist / der rechten eigentlichen
Sacramentirer / vnd Geistler Lehr / durch solch vngehewer dogma bestettigt werde
/ so widerholen wir nochmals vnser vierzehendes argument / mit
vnwidersprechlichem grunde darzu thun / das durch der Vbiquisten Lehr aller
trost der Christen / den sie nicht allein von der Menschwerdung / vnd
siegreichen Himelfart / sondern auch von dem heiligen Abentmal des HERRN
zugewarten haben solten / auffgehoben / vnd souiel an jnen / den Vbiquisten ist
/ gantz vnd gar zerstöret wird / wie folget:
Aller Christgleubigen fromen Hertzen warhafftiger / vnd bestendiger trost
fleusset nirgend anders woher / beruhet auch auff nichts anders / denn nur
allein aus / vnd auff dem einigen Heuptgrunde vnser aller Seligkeit / das sie
nemlich gleuben / vnd für gewislich war halte̅ (wie die Kinder im
Catechismo sagen / das ist gewislich war) das der ewige Son Gottes jr Bruder /
das ist / fleisch von jhrem fleisch / jhres gebeins / vnd geblüts worden / der
vff Erden in der verwantschafft mit vnser Natur gelert / gelitten / gestorben /
begraben / zur Hellen gefahren / seinen menschlichen Cörper vom tod wider
aufferweckt / seinen Jüngern gezeigt / vnd nach viertzig tagen hienauff in Himel
gefürt / zur Rech
|| [173]
ten seines Vaters erhaben /
endlich auch vns nach sich zu holen widerkomen werde. Des alles zu einem
gewissen Sigill er das hochwirdig Sacrament seines Abentmals gestifftet / darinn
ER vns selbst / durch die Hand des Dieners / vermöge seiner zusage / mit dem
gesegneten Brod / vnd Wein / seinen warhafftigen / wesentlichen / das ist / für
vns auffgeopfferten Leib / zur Speise vnser matten Seelen / vnd sein tewres
warhafftigs / wesentlichs / das ist / sein eigen Blut / aus seinen heiligen
Wunden am stamme des Creutzes zur abwaschung vnser Sünden mildiglich vergossen /
zu einem labtrancke / vnd erquickung vnser Seelen / vberreicht / austeilet / vnd
applicirt / vnd sich vns hiemit selbst / gantz vnd gar zu eigen gibt / sampt
allem / das Er / mit seinem Leib vnd Blut / ja mit seiner gantzen substantz /
verdienst / vnd krafft / ist / hat / vermag / wirckt / vnd verdienet. Denn er
nicht allein die krafft / vnd wirckung / sondern viel mehr den cörper selbs
wesentlich / vnd demnach die substantz seines warhafftigen / sichtbaren / am
Creutz angenagelten / vnd durchstochenen Leibs / für vns gegeben / vnd sein
warhafftigs / natürlich / sichtbar / rosenfarbes blut / aus seinen
allerheiligsten Wunden für vns vergossen hat.
Ausser diesem allem ist kein trost in Himel / noch vff Erden / daran sich ein
geengstes hertze / vnd verwundtes gewissen in seiner blödigkeit halten / oder
auffrichten könte. Vnd beruhet gentzlich auff dem einigen Heuptgrunde der
warhafftigen Menschwerdung des ewigen Sons Gottes / das derselbige kein gespenst
/ sondern warhafftiger Mensch worden / vnd was er einmal worden / auch in der
herrligkeit / vnd demnach in ewigkeit nimermehr auffhöre zu sein / oder zu
bleiben.
|| [174]
Dieser Lehr aber zuwider / streitet das Concordibuch one grund / aus blossem
vorgefastem wohn / vnd eingebildter falscher hypothesi: Weil die Person des
ewigen Worts sey vnsichtbar / allenthalben / vnbegreifflich; vnd die angenomene
Natur von derselbigen nimermehr könne / noch solle getrennet werden: Derwegen
sey der sichtbare / begreiffliche Leib Christi / wie er auff Erden von Ort zu
Ort gangen / vnd also am jungsten tag sich wider offenbaren werde / nicht in
Gott / sondern hab solche von seiner empfengnis an / in Mutter leib mitgetheilte
/ vnd empfangene herrligkeit / nicht ehe / denn nach seiner aufferstehung / oder
Himelfart allererst volkomen leuchten lassen / vnd sey demnach eine Person mit
dem ewigen Wort / das ist / alles in allem / vnbegreifflicher / vnerforschlicher
/ vnd gantz Maiestetischer weise worden. Im Abentmal aber sey er / wie ein klang
/ der durch die wande fehret / etc. fol. Concord. 302.
313.
Dieweil denn hieraus vnwidersprechlich folgen müste / das nicht der HERR der
Ehren / sondern ein blosser Mensche / ausserhalb / vnd nicht in Gott / viel
weniger Gott selbst / seinen Leib für vns auffgeopffert / vnd sein Blut für vns
vergossen hette / wie Nestorius geschwermet: Dagegen aber in der ewigen gloria
nicht ein sichtbarer / begreifflicher / menschlicher Leib / der wie vnsere Leib
/ fleisch / vnd Bein hette / an Christo zufinden / sondern ein vnsichtbarer /
vnbegreifflicher / der mit der Gottheit alles erfüllete / welchs so grob / das
auch Eutyches nicht gröber hette jrren können: Wollen alhie geschweigen / das
die corporalis praesentia, oder manducatio (welchs eigentlich ist / vera veri
corporis praesentia, & manducatio in coena) gar in eine
|| [175]
Stenckfeldische geistlerey verkeret / vnd demnach die aller
schrecklichste Sacramentschwermerey / so jemals hat könne̅ erdacht
werden (wie die Jesuiten selbst den Vbiquisten solches mit starcken gründen
fürgeworffen) eingefürt vn̅ bestetigt wird / dadurch nemlich
zugleich nicht allein die warhafftige Sacramentliche gegenwart / sondern auch
die wesentliche warheit / vnd substantz des Leibs / vnd Bluts Christi selbst /
verleugnet / vnd von dem warhafftigen Leib / vnd Blut die Christen vff gedöhn /
vnd klang in der wandt / vnd dergleichen alfentzerey abgefüret werden.
Dieweil denn solches alles (sagen wir) aus dem Concordibuch / mit blat / zeil /
wort / vnd meinung augenscheinlich zu erweisen / vnd zu Quedlinburgk von D.
Heshusio dem gegenteil selbst vorgehalten / in massen sie auch nochmals diß
vnser vierzehende argument im Weinfaß zu Erfurd nicht haben zu soluiren sich
vnterstehen dürffen / noch können / sondern nur trunckener / mutwilliger /
vnbedachter weis dawider schelten / vnd lestern: So lassen wir allen
Gottfürchtigen hertzen / denen es vmb warhafftigen / bestendigen trost ein ernst
ist / die consequentz dieser vnser widerholten schlussreden zu vrteilen hiemit
befohlen sein / das nemlich durch das gedicht von der almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit des fleisches / oder menschlichen natur in
Christo / der warhafftige trost allerbekümmerten hertzen in der gantzen
Christenheit / gantz / vnd gar müste zu nicht / vnd zerstöret werden. Gott wölle
vns ewiglich dafür behüten / Amen.
|| [176]
Das funffzehende Anhaltische Argument.
(XV.)
DAs funffzehende argument fleusst aus dem vörigen / vnd bestehet auff gleichem
festen grunde. Derwegen es auch von dem gegenteil vnwiderlegt blieben: Welches
wir hiemit / wegen jres stillschweigens / abermal für bekant wollen angenomen
haben / vnd den schluss / der angestelleten ordnung halben / vffs kürtzeste
widerholen.
Es ist aber das argument dieses:
Nach dem man in der Erfurdischen Apologia / so wol als in der Praefation des
Concordibuchs / die falschen propositiones, das die menschliche natur Christi
sey almechtig / alwissend / allenthalben / hiemit zu beschönen / vnd zuerhalten
gedencket / das sie nicht dahin verstanden werden sollen / als hab die
menschliche natur solche eigenschafften an / vnd für sich selbst / Abgesondert
von der Gottheit des Sons: So sagen wir bestendiglich / zuuor wie jtzt / vnd
jtzt wie zuuor / das solchs entweder ein vergebliche ausflucht ist (wie es denn
in warheit nichts anders sein kan) oder man wird setzen müssen / das vns Christi
angenomene menschliche natur ferner nicht / denn abgesönderter weis von der
Gottheit / an wesen / eigenschafften / vnd wirckungen verwand sey. So viel aber
die betrachtung derselbigen in der persönlichen vereinigung betrifft / sey caro
Christi (wie Flacius mit den alten Manicheern geschwermet) diuersae à nostra
speciei.
Nu ist ja ausserhalb der persönlichen vereinigung kein fleisch / oder menscheit
Christi.
|| [177]
Derhalben müste hiedurch alle vnsere verwantschafft mit demselbigen fleisch / so
das ewige Wort persönlich angenomen / vnd an sich tregt / auffgehaben sein.
Diß argument bestehet erstlich für sich selbst vnwidersprechlich. Denn weil das
fleisch Christi sol mit der ewigen Gottheit alles gegenwertig thetlich / vnd
wirckentlich erfüllen / so kan es mit vnserm fleisch keine verwantschafft haben
/ welchs mit raum vnd stedte vmbzirckelt / vnd von wegen der ördentlichen
austeilung aller leiblichen glieder nicht kan anders / denn entlich / oder
vmbschrieben / vnd also nur an einem ort sein wesen haben.
Zum andern / wirds von dem gegenteil mit stillschweigen confirmirt / vnd
bestettigt. Denn da sie mit bestendigem grunde etwas dawider hetten wissen
auffzubringen / so würden sie es / jrer eigen notturfft halben / nicht
vbergangen haben.
Zum dritten / ob sie alhie auch fürwenden wolten / wiesonst jr gebrauch ist /
wenn jnen alle behelffreden abgeschnitten werden / das sie sagen / Gott wisse
wol rath dazu / wie sein Leib ein warhafftiger Leib bleibe / ob er schon mit der
Gottheit allenthalben / oder an vielen orten zugleich gegenwertig sey: So ist
jnen doch albereit von den Jesuiten zu Meintz solches genomen. Vnd geben wir
hierauff zur antwort / das Gott freilich zu allem / was jm wolgefelt / wol rath
zu finden wisse / one vnser zuthun: Aber vns gebürt von jm anders nicht / denn
nach seinem offenbarten Wort zu gedencken / vnd zu reden.
Dieweil er denn seinen lieben Son darumb hat Mensch lassen werden / nicht zwar
das er die menschliche natur in sich an almechtigkeit / alwissenheit / vn̅ vnendlicher
|| [178]
gegenwart jm selbst
gleich machte / sondern fleisch / Blut / vnd gebein von dem vnsern würde / vnd
nach Ordnung aller erschaffenen menschlichen gliedern / eigenschafften / vnd
wirckungen vns durchaus gleich (ausgenomen die Sünde) in derselbigen angenomenen
menschlichen Natur das gantze Werck vnser erlösung verrichtete: So gilt es /
oder reimbt sich gar nicht / eigene opiniones für Glaubensartickel / diesem
ewigen decret / schluss / oder Rath Gottes zu wider / erdencken / vnd hernach
nur hiemit zu entschuldigen / Gott wisse wol rath / diss / oder jenes zu
verschaffen. Denn solchs viel mehr ein versuchung / ja verhönunge / denn ein
ehre Gottes ist / vnd köndte sich sonst ein jeder schwermer hiemit behelffen.
Zum vierden / ist am tage / das in der disputation zu Wittembergk Anno 80. von
den newen Licentiaten vnter andern vngereimpten paradoxis, dieses sonderlich mit
grossem ernst gestritten / vnd vertheidingt worden ist / das der Leib Christi /
auch was die beschreibung / oder definition eines Leibs belanget / von vnsern
Leiben vnterscheiden sey. Welchs nichts anders / denn die öffentliche
schwermerey der alten / vnd newen Manicheer einfüret. Dazu wider des HERRN
Christi eigene definition / vnd beschreibung seines Leibs ex diametro streitet /
da er spricht: Sehet meine Hende / vnd meine Füsse / Ich bins selber. Fület mich
/ vnd sehet. Denn ein Geist hat nicht fleisch / vnd Bein / wie jhr sehet / das
ich habe. Lucae 24.
Welcher Spruch mit der vorwendung (das gleichwol der Leib Christi / nicht / wie
Petri / vnd Pauli Leibe / in eigener / sondern in des ewigen Worts vnendlicher
Person bestehe / vnd zubetrachten sey) keins wegs vermage auff
|| [179]
gehoben zu werden. Sondern wir setzen jhnen
die vnleugbare / trostreiche Regel Ambrosij entgegen / da er spricht: Eadem est
corporis Christi Veritas (ergo etiam substantia, & definitio eadem) quae
in NOBIS est. Personae enim assumentis infinitas non abolet, nec tollit
finitatem naturae assumtae. So ist auch viel ein anders / de distinctis corporum
gradibus (darauff sich etliche vergeblich beruffen) vnd de ipsa corporum
veritate, seu definitione reden. Wie denn Hende / vnd Füsse eines menschlichen
Leibs / so wol an Christo / als an vns / eigentlich aus dem artickel der
Schöpffung / vn̅ demnach ex arbore substantiae (man nenne jn
gleich Porphyrianam, oder Aristotelicam) nicht können / noch sollen
ausgeschlossen werden. Denn Christi Leib (so wol als vnsere Leibe) ein
vmbschriebene / erschaffene / vnd endliche creatur / vnd substantz ist / dauon
die Regel gilt: Substantia non recipit MAGIS, aut MINVS. Vnd bleibt nichts desto
weniger war / das Cyrillus sagt: Vnigeniti proprium corpus existens, omnia
humana transcendit: videlicet, non quidem diuersitate essentiae (aliàs enim
diuersae à nobis speciei esset) verùm dignitate, quam ex triplici habet gratia;
vnionis, habituali, & officij, seu capitis.
Zum fünfften / stehet im Concordibuch fol. 302. klar / das der Leib Christi / wie
er auff Erden gangen / nicht in Gott sey. Dieweil er aber in der Person des
ewigen Worts wesentlich ist / vnd aber / wie er auff Erden wesentlich gangen /
nicht sol in Gott / oder in der Person des Worts gewesen sein: So mus ja auff
Erden nichts anders / denn ein Manicheischer Leib für vns auffgeopffert sein.
|| [180]
Wunderlich aber sind sie jnen selbst dißfals zu wider / das auch der Leib Christi
/ wie er wider komen wird / jhrem fürgeben nach / nicht sol in Gott sein. Da
doch die letzte widerkunfft nicht kan vnter die Werck der nidrigkeit gezelet
werden / damit sie solchs alles sonst wollen ablehnen / das sie nemlich sagen /
Christus habe durch die aufferstehung die Knechtsgestalt gantz vnd gar abgelegt:
Sondern die widerkunfft des HERRN zum jüngsten gericht / wird eben die
warhafftige Offenbarung seiner Herrligkeit sein. Wie der HERR selbst bezeugt /
Matth. 25. Wenn aber des Menschen Son komen wird in seiner herrligkeit / vnd
alle heiligen Engel mit jhm / denn wird ER sitzen auff dem Stul seiner
herrligkeit / vnd werden für jhm alle Völcker versamlet werden.
Das kan von keinem gespenst / viel weniger von einem Leib / der Himel / vnd Erden
erfülle / verstanden werden. Drumb vnwidersprechlich war bleiben mus / das weder
die Maiestet / vnd Herrligkeit / noch die persönliche vereinigung der beiden
Naturen in Christo / die reumligkeit / vnd endligkeit des angenomenen Leibs
hindere: Wie das Concordibuch felschlich leret / das der Leib Christi / wie er
auff Erden raum / vnd Ort geben / vnd genomen / vnd also am jüngsten tag
widerkomen werde / nicht in Gott sey.
Eius enim est (spricht Athanasius) ire, & venire, qui aliquibus locorum
terminis circumscribitur, & eum, in quo erat, deserens locum, ad eum,
vbi non erat, veniebat. Ceterùm Verbi diuinitas vniuersa implens, nullis locorum
terminis separatur. Sicut nihil est, vnde discedat: ita nihil est, quò veniat.
Vnd ist das bande der persönlichen vereinigung in
|| [181]
Christo einmal so starck / als das andermal. Denn wie es durch die nidrigkeit
nicht schwecher worden / also ists durch die herrligkeit nicht stercker worden:
Sondern in beiden stenden ist / vnd bleibet Ein Christus / gestern / vnd heut /
vnd derselbig auch in ewigkeit. Hebr. 13.
Wer diß leugnet / der mus zugleich leugnen / das des Menschen Son / der das
gericht endlich hegen wird / sey vnser Immanuel / warhafftiger Gott / vnd
Mensch. Das thun eigentlich die Manicheer / vnd Vbiquisten / welche die letzte
zukunfft des HERRN nur für ein blosse erscheinung / vnd offenbarung halten / one
warhafftige nider / oder auffart. In massen sie hiebeuor auch aus der Himelfart
Christi nur ein disparition / oder verschwindung gedichtet haben.
Endlich / vnd zum sechsten / ist gewis / vnd wol beweislich / das die newen
Manicheer / welche die Erbsünd für des Menschen natur / substantz / vnd wesen
selbst halten / alle die jenigen / für Sacramentirer ausruffen / welche jnen die
proposition; quòd caro Christi diuersae sit à nobis speciei; Das Christi fleisch
nicht einerley art mit vns hab / nicht wollen passiren lassen. Wie wir denn
solchs / so es von nöthen / mit M. Hieronymi Mencelij / Superintendenten zu
Eisleben / eigener Handschrifft können darthun / darin̅ er sich
gegen einem guten freund beklagt / jnen würde schuld gegeben / das sie
Sacramentirer weren / wenn sie dieselbige proposition (wie gemelt) nicht wolten
gut sein lassen.
Was ist aber für ein vnterscheid zwischen diesen reden: Caro Christi diuersae à
nobis speciei est; Vn̅ / Corpus Christi non habet eandem cum
nostro corpore definitionem?
|| [182]
Dieweil denn die
Wittenbergische disputation Anno 80. von den newen Licentiaten / fürnemlich zur
declaration, oder erklerung der Concordiformul angestelt / vnd gemeint ist (wie
der Cantzler derselbigen Academien / H. Licentiat Johan Schütz in der vorrede
seiner Collectaneen selbst bezeugt) so mus ja hieraus vnwidersprechlich folgen /
das sie per realem idiomatum communicationem, das ist / durch jr gedicht von der
almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit des Leibs Christi / eben diß /
vnd nichts anders wollen einfüren / das man nemlich das fleisch Christi für ein
ander fleisch / denn an vns ist / halten sol: wider den obgedachten klaren
Spruch Ambrosij; Eadem est in Christo corporis veritas, quae in nobis est: Es
ist in Christo warhafftig eben ein solcher menschlicher leib / wie an vns ist.
Dieweil denn die alten Marcioniten / vnd Manicheer vorzeiten von Irenaeo /
Tertulliano / vnd dergleichen orthodoxis / vnter andern gründen sonderlich aus
der stifftung des heiligen Abentmals widerlegt worden sind: Nam si qua corporis
qualitas (spricht Tertullianus) quae non carnea sit, opponetur; certè non nisi
carnea sanguinem habebit, atque ita consistit probatio corporis à testimonio
carnis; & probatio carnis à testimonio sanguinis.
Vnser gegenteil aber / nicht allein vom Leib Christi ein andere beschreibung /
denn von vnsern Leiben dichtet / sondern auch wie der Leib auff Erden für vns /
an gewieser stedt / vnd raum zu Golgoltha / wesentlich / sichtbar / vnd
begreifflich auffgeopffert / vnd als das rechte Osterlamb am stamm des Creutzes
geschlachtet worden ist / nicht wil in Gott / geschweigen mit dem Son Gottes
persönlich vereinigt sein lassen (den̅ damals an jm kein
herrligkeit / schönheit /
|| [183]
noch Maiestet / darauff sie
die persönliche vereinigung allein gründen / zu befinden war. Jesa. 53.) vnd
darüber die warhafftige gegenwart des warhafftigen / wesentlichen Leibs / vnd
Bluts Christi im heiligen Abentmal / anders nicht wil verstanden / noch gegleubt
haben / denn wie ein klang / oder gedöhn / ja licht / hitz / gesichte / vnd
dergleichen / durch lufft / wasser / glas / vnd Crystallen faren (mit welchem
allem freilich die alten / vnd newen Manicheer gar wol zu frieden sein würden /
vnd könten) So lassen wir nochmals dem Christlichen Leser / so die sachen recht
verstehet / das vrteil befohlen sein / ob nicht der Vbiquisten Lehr zugleich den
allerergsten Sacramentschwarm / sampt der Manicheer lesterunge einfüre / vnd
bestettige. Sintemal sie nicht allein die warhafftige gegenwart im heiligen
Abentmal verkeren / sondern auch die warheit / oder die substantz / vnd das
wesen des Leibs selbst verleugnen / vn̅ von vnsern Leiben nach der
gantzen definition absöndern / dadurch er nichts mehr / denn allein den blossen
namen / mit vns gemein behalten kan.
Das sechzehende Anhaltische Argument.
MIt was grunde wollen sie denn nu das(XVI.)
Sechzehende argument vmbstossen / das nemlich jr gedicht von der Almechtigkeit /
Alwissenheit / Allenthalbenheit der menschlichen natur in Christo / all vnser
heil zu nichts mache? Dieweil der Spruch Athanasij vnwidersprechlich war ist /
vnd bleibt in ewigkeit: Quod non assumsit, no̅ sanauit. Daraus wir
nochmals also schliessen / vnd allen rechtgleubigen / ob es recht geschlossen
sey / zu erkennen vntergeben.
|| [184]
Der ewige rath / vnd abschied in der geheimbten schos des Vaters von der
menschwerdung des eingebornen Sons Gottes / ist allein dahin gerichtet / auff
das vnser sündhaffte natur / die dem tod heimgefallen / durch vereinigung des
ewigen Worts mit der geheiligten natur vnsers fleischs / gebeins / geblüts / vnd
vernünfftigen Seeln (an welcher der todt / wegen jrer vnschuld in Christo / für
sich kein recht / noch macht gehabt) von Sünden wider gereinigt / vnd zum ewigen
Leben hiedurch erworben würde. Wie die Kirche singet:
Beatus autor seculi Seruile corpus induit.
Vt carne carnem liberans, Non perderet quos condidit.
Das ist:
Der Selig Schöpffer aller ding /
Zog an eins Knechtes Leib gering /
Das er das fleisch durchs fleisch erwürb /
Vnd sein geschöpff nicht gar verdürb. Wie aber der Son Gottes allein die menschliche natur an sich genomen: also hat kein gefallene creatur ewiges heil zu hoffen / denn so fern sie mit der angenomenen natur des Mitlers / wesentlich an Seel / Leib / vnd allen gliedmassen verwand ist. In massen solches Damascenus aus den alten lerern sehr fein / vnd tröstlich erkleret / lib. 3. fidei orthodoxae. cap. 6. Toti humanae naturae dicimus vnitam esse totam diuinitatis Filij Dei essentiam. Nihil enim eorum reliquit, quae Deus Verbum initio nos formans, in natura nostra creauit; sed assumsit omnia, corpus, animam, & rationem, & horu̅ proprietates. Nam animal, quod vnius ex his non
|| [185]
est particeps, homo esse non potest. Praeterea totus
totum assumsit me, & totus toti vnitus est, vt toti salutem largiretur.
Quod enim non assumtum est, salutari medicina non curatum est.
Das ist: Wir leren / das das gantze wesen der Gottheit des Sons Gottes / mit der
gantzen menschlichen natur vereiniget sey. Denn er hat nichts dahinden gelassen
/ was er als das ewige Wort / der vns anfenglich gebildet / in vnser Natur
erschaffen hat / sondern er hat es alles angenomen / den Leib / die Seel / vnd
die vernunfft / vnd alle derselben eigenschafften. Denn was eines vnter diesen
nicht teilhafftig ist / das kan nicht ein Mensch sein. Darumb aber hat er gantz
sich mit mir gentzlich vereiniget / das er den gantzen Menschen selig machte.
Denn was nicht angenomen ist / dem ist nicht mit heilsamer Ertzney geholffen.
Bisher Damascenus.
Nu ist ja vnwidersprechlich war / das vnsere Leibe kein natürliche / wesentliche
verwantschafft haben können / mit einem solchen Leibe / des alles allenthalben
durch / vnd durch voll sey / wie das Concordibuch fol. 313. schreibt / das es
alles allenthalben durch / vnd durch voll Christus sey / auch nach der
menscheit. Denn ein solcher Leibe weder in Mutter Leibe hette können empfangen /
noch aus der Mutrer geborn / noch in warheit für vns geschlachtet werden können:
Sondern müste alles nur ein blosser schein gewesen / vnd demnach das gantze
werck vnser erlösung nicht in warheit / sondern nur scheinweis erfüllet / vnd
volbracht sein.
So wolle nu ein jeder vernünfftiger Christ (der nicht scheinweis / sondern aus
seines hertzen grunde begeret mit Gott versönet zu sein / weis aber von keinem
andern Sün
|| [186]
opffer / den̅ das am
stam̅e des Creutzes von dem Son Gottes in seinem eigenen
warhafftigen Leib geleistet ist) für sich selbst schliessen / ob durch der
Vbiquisten trewme von einem solchen Leib / der entweder / wie er am Creutz /
nach Ort / vnd stedt / zu Golgoltha angenagelt gehangen / nicht in Gott /
geschweigen Gottes leib gewesen; Oder ja zugleich sichtbar / vnd vnsichtbar / am
creutz / zu Rom / Athen / vnd vberal herümb / in Himel / auff / vnd vnter der
Erden vagirt sein sol / nicht all vnser Heil / Seligkeit / trost / vnd Hoffnung
zu schanden gemacht werde?
Hierauff können die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien nichts antworten /
sondern schreien nur (Fol. Apol. Erf. 81. a.) aus jhrem Weinfass mit vnsinnigkeit /
Es sey nicht war / Es sey erlogen: gleich als hetten wir vnser argument nicht
auff festen / vnbeweglichen grunde erbawet. Aber dieweil schelten / vnd lestern
vntriegliche Zeichen sind / das jhr Sach bawfellig / vnd das Gewissen bey jhnen
verwundt sey / so wollen wir die Rach Gott befehlen / vnd wuntschen vnserm
gegenteil / das sie ein mal von jhrer halsstarrigkeit ablassen / von jhrem
tieffen / vnd harten dünckelschlaff auffwachen / vnd recht nüchtern werden / ehe
sie der gerechte Richter (welchs wir jhnen nicht gönnen) gar in einen verkerten
sinne fallen lasse / wie der Prophet drewet: Quoniam repulisti Icientiam,
repellam ego te. Oseae 4.
Das siebenzehende Anhaltische Argument.
|| [187]
DAs siebenzehende argument hat den(XVII.) Herrn
Verfassern nicht einen geringen schweis ausgejagt / dieweil sie es an so vielen
Orten widerholen / vnd gern soluiren wolten / wenn sie könten. Aber es stehet
noch fest / vnd vnbeweglich / wird auch wol in Ewigkeit vnumbgestossen bleiben.
Die Frage ist diese. Nach dem der Spruch des Apostels: In Christo wohnet die
gantze Fülle der Gottheit leibhafftig / oder persönlich / Col. 2. von vnserm
gegenteil also verstanden / vnd erkleret wird: Der Leib / oder das Fleisch /
oder die menschliche Natur in Christo / ist durch die persönliche vereinigung
mit dem ewigen Wort teilhafftig worden der völligen göttlichen almechtigkeit /
alwissenheit / allenthalbenheit / glori / Maiestet / vnd herrligkeit / also /
das sie nu mehr / so wol als die Gottheit / almechtig / alwissend / allenthalben
/ ja Gott selbst sey: So fragen wir nicht vnbillig / ob sie denn auch von
ewigkeit hero sey / vnd was mehr zu der fülle der Gottheit gehört / zugleich
empfangen habe?
Denn wo alle fülle der Gottheit ist / da wird nichts ausgeschlossen. Müste also
jhrem gedichte nach / Christus nach seinem fleisch nicht zu Bethlehem geborn /
sondern mit seinem Leib vom Himel herab komen sein / wie die Apollinaristen
geschwermet.
Hierauff pflegten bisher vnser Widersacher zu antworten / das alle göttliche
eigenschafften des ewigen Worts (nota, ALLE; derwegen auch / one anfang / vnd
von ewigkeit / ja aus des Vaters Natur / vnd Wesen geborn / vnd also mit dem
Wort vom Himel komen sein) der menschlichen Natur mitgeteilt werden / aber nicht
auff einerley weis.
|| [188]
Denn etliche / als von ewigkeit
sein; Item / alle ding aus nichts erschaffen; werden (sagen sie) der angenomenen
Natur nur in concreto personae mitgetheilt.
Welchs / so wirs ohne vnterscheid also für recht solten passiren lassen /
verursachen würde / das (jrem gedichte nach) entweder zweierley Concreta weren /
nemlich concretum naturae, & concretum personae; Oder / das die
menschliche Natur für sich ein Person hette. Denn weil die proposition / des
Menschen Son hat Himel / vnd Erden erschaffen / sol also verstanden werden / das
hiedurch das Werck der Schöpffung der menschlichen Natur selbst / vnd nicht viel
mehr der Person / die in gemeltem Spruch von der angenomenen Natur den Namen
tregt / zugeignet werde / aber doch (wie sie excipiren) in concreto; so kans
nicht fehlen / es wird hiedurch der menschlichen Natur ein eigen concretum, das
ist / jr besondere hypostasis zugeschrieben. Sönderlich dieweil vnser gegenteil
an stadt der approbirten definition / da die communicatio idiomatum auff die
Person gezogen wird / nach der Regel Theodoretj: Vnio facit communia nomina;
eine besondere dichten / vnd alle eigenschafften Gottes stracks auff die
menschliche Natur deuten.
Darnach machen sie Secundum genus communicationis idiomatum, für die amptsnamen /
welche Christo nach beiden Naturn zugehören / als / das er vnser ewiger König /
Hoherpriester / Mitler / Erlöser / Versühner / Seligmacher / vnd Heiland worden
ist / etc. Was hat aber diss mit der communicatione idiomatum zu thun?
|| [189]
Das dritte sol etwas sönderlichs sein / vnd von der angenomenen natur in Christo
auch in abstracto, für sich gegleubt werden / das nemlich die menscheit Christi
sey almechtig / alwissend / allenthalben: daraus ja (wie bisher erwiesen) nichts
anders folgen könte / denn das sie aller ding schöpfferin / vnd erhalterin wer /
die sich doch selbs weder hat erschaffen / noch vff diese stunde erhelt. Denn
was heist almechtig sein anders / denn alle ding erschaffen / vnd erhalten?
Wiewol sie nu solche dreierley art communicationis idiomatum, newlich von jnen
also erdicht / vnd der gantzen Christenheit sonst vnbekant / mit etlichen
frembden grichischen namen (die sie ohne gnugsamen beweis / vnd erklerung
allegiren) zubeschönen sich bemühen / vnd nennen primam speciem communicationis
idiomatum : Secundam : tertiam
: So ist vns wol nicht vnbekant / das solche / vnd
viel mehr der gleichen wörter bey den grichischen Theologen im gebrauch (doch
nicht one vnterscheid) gewesen. Wenn man aber aus einem jeden dergleichen Namen
/ oder wort ein sonderlich genus communicationis idiomatum machen solt / so
würde sichs vber die massen weit austeilen.
Wie denn aus diesem vngrunde D. Christophorus Cornerus (einer aus den sechs
Patribus Bergensibus, von welchem doch gehalten wird / das er die Sach viel
besser verstehe) in seinen com̅entarien vber das Symbolum
Athanasij / darinn fast alle Brentianische Paradoxa, vnter einem newen fuco
widerholet / vnd asserirt werden / sechserley genera locutionum de attributis
Christi, pag. 104. erdichtet / vnd die gantze Lehr de
communicatione idiomatum
|| [190]
wunderlich zerstückelt / vnd
jemerlich durch einander confundiret.
Darzu ist vnserm gegenteil vnmüglich zu beweisen / das von den alten durch die
angezogene drey grichische wörtlein dreierley communication idiomatum solten
verstanden worden sein. Denn sie zuuor ausfürlich darthun müsten / das solche
dreierley species praedicationum vnter ein genus communicationis idiomatum
gehörten.
Es folgt aber noch lange nicht / ob gleich etliche Sprüche reden von den
wesentlichen eigenschafften der beiden Naturn / die der Person ohne vnterscheid
/ sie trage gleich von dieser / oder jener Natur den Namen / zugeschrieben / vnd
doch nur vff dieselbige Natur / der sie eigentlich zustehet / im rechten
verstand gezogen werden müssen: Etliche von den amptsnamen / die beiden Naturn /
aber nicht one vnterscheid zugehören: Etliche aber von den praerogatiuen / vnd
gaben / so der menschlichen Natur allein gebühren.
Ob wol (sagen wir) diß sich freilich also verhelt / so folgt doch hieraus noch
lang nicht / das darumb triplex genuscommunicationis idiomatum sey; wie vor der
zeit jr antwort gewesen / vnd sie noch bisweilen / auch in der Erfurdischen
Apologia sich hiemit behelffen.
Sie setzen aber hin / vnd wider / in jhren Büchern / lange Predigt / vnd
erklerunge dazu / nemlich / das etliche eigenschafften Gottes / actu secundo in
den Creaturen jres gleichen wircken / dauon die Creaturen genent werden / weis /
gerecht / gütig / etc.
Etliche aber / als von sich selbst / ohne anfang / Item vnendlich sein / lassen
keine Wirckung in den Creaturen /
|| [191]
dauon sie gleichen
Namen etlicher massen haben / oder bekomen möchten: ausgenomen / das die
vnsterbligkeit auch den Engeln / vnd menschlichen Seeln / als beider seit
vnsterblichen Geistern / angeschaffen / vnd in der that mitgetheilt werde.
Dieweil aber in der angenomenen Natur Christi die Wirckunge des heiligen Geistes
one mass sich ereigen / derwegen sey dieselbige nicht allein mechtiger / vnd
weiser / denn alle Creaturn / sondern so wol als die Gottheit selbst / almechtig
/ alwissend / allenthalben.
Welche erklerungen alle mit einander / vber diß / das sie die eigenschafft Gottes
mit den erschaffenen Gaben / vnd also den Schöpffer mit den Creaturen vermischen
/ eigentlich auch dieses mit sich bringen / das in Christo die menschliche Natur
mit der Gottheit wol einerley almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit
hab / aber nicht ewiger / sondern erschaffener weis / actu secundo, non primo.
Ob nu aus Christo nicht ein newerschaffener Gott hiedurch gedichtet werde /
lassen wir alle rechtgleubigen / vnd verstendigen vrteilen.
Jedoch / nach dem sie sich nu mehr etwas deutlicher erkleren / vnd mit vns
bekennen / die einigkeit sey der menschlichen(Fol.
Apol. Erf. 60. 81.) Natur nicht mitgeteilt
/ denn die Schrifft gedencke der ewigkeit ohne anfang nicht / etc. So nemen wir
zwar diß abermals wider sie für bekant an / das nemlich / ob wir gleich (wie wir
doch gewissens halben nicht können) mit jhrem gedicht de reali idiomatum
communicatione zu frieden sein solten / oder wolten: Dennoch nicht / wie bisher
von jhnen gestritten / alle / sondern nur etliche göttliche eigenschafften der
angenomenen menschlichen Natur gebüreten /
|| [192]
dadurch
denn ein trennung in den göttlichen eigenschafften notwendig folgen müste /
Sondern wir schliessen auch aus jrer eigenen angezogenen vrsachen / wie folget:
Man solle Christo nach seiner angenomenen menschlichen Natur nichts one Schrifft
zuschreiben.
Es stehet aber nirgend geschrieben / das Christi fleisch / oder angenomene
menschliche natur sey almechtig / alwissend / allenthalben / noch Gott selbst.
Derhalben sol man solchs von Christi angenomener menscheit nicht reden / leren /
gleuben / noch annemen.
Den mitler Spruch (Minorem genant) probiren wir also: Das die Vbiquitet der
menscheit Christi nirgend in der Schrifft bezeuget werde / haben vnser
widersacher selbst zu Quedlinburgk für D. Heshusio gestehe̅
müsse̅. Wie sie denn auch in der Apologia zu Erfurd zusam̅en geraspelt / nicht furüber können / sondern wider sich selbst
aussagen müssen / fol. 173. Es sey in Gottes Wort nicht ausgedruckt die
Vbiquitas per species. Vnd in jrer refutationschrifft wider vnser bedencken pag.
55. bekennen sie runde / das obgemelte phrases (eine so wol / als die andere)
semptlich / vnd sönderlich / weder in der heiligen Schrifft / noch andern
Büchern von jnen in der norma des Concordibuchs erzehlet / also secundum literam
gefunden werden.
So haben wir bisher bewiesen / das sie auch implicitè keinen grund in der
Schrifft haben. Derwegen sie alhie mit jrem eigen schwert geschlagen sind / vnd
bestehet numehr auch vnser siebenzehendes argument (wie gemelt) noch fest / vnd
vnbeweglich / welchs wir / vmb mehrer versicherung willen / zum beschlus alhie /
nicht mit vnsern worten / sondern wie es von den Jesuiten zu Meintz thesi 62.
|| [193]
trklert ist / mit denen vnser gegenteil / wo sie
jrer sachen keine schew trügen / viel billiger / denn mit vns sich einzulassen
hetten / also widerholen.
Si aliquae diuinitatis proprietates, vt omnipotentia, omnipraesentia,
omniscientia, gloria (has enim nominatim isti iactant) beneficio vnionis
hypostaticae humanitati Christi reipsa communicatae essent; necesse esset,
& reliquas numero infinitas, perfectione immensas, ei communicatas esse.
At humanitas omnium diuinarum perfectionum particeps non fuit, nec esse potuit.
Nullae igitur ei realiter communicatae fuerunt.
Primam propositionem nemo Theologiae gnarus inficiari potest, cui exploratum sit,
proprietates, vel attributa diuina (vt vocat Schola) inter se, & à
diuinitate, cogitatione tantùm nostra; non autem vel realiter, vel
essentialiter, vel formaliter discrepare. Nam cum quaeque earum proprietatum,
aequè ac diuina essentia, perfectione infinita sit, necessariò reliquarum omnium
vim eminenter complectitur; sicut anima rationalis in homine reliquarum
animarum, sentientis scilicet, & vegetatricis; & aureus
coronatus multorum obolorum; & Deus omnium rerum creatarum perfectiones
in se continere dicitur.
Sumtionem autem verissimam esse, quamplurimae diuinitatis proprietates ostendunt,
quae in humanitatem competere non possunt. Nam proprium diuinitatis est, vt sit
sua essentia, & à seipsa; vt sit ab omni aeternitate; vt sit increata,
expers initij, & finis; communis tribus personis, essentialiter
infinita, omnium rerum principium & finis; simplicissima, incorporea,
immaterialis, & incom
|| [194]
prehensibilis.
Quarum omnium perfectionum nulla, dispensatione vnionis hypostaticae, realiter
in humanitatem Christi transiuit. Nemo enim rectè dixerit, carnem Christi siue
secundum se, siue ratione vnionis personalis esse suam essentiam, increatam,
expertem initij, & finis; cum non possit non esse producta à Deo: vel
esse ab omni aeternitate, expertemque initij, & finis; cum ipsamet Vnio
personalis in tempore facta fuerit: vel denique esse fimplicem, non compositam,
incorpoream, immaterialem, incorruptibilem, & impassibilem; quia si
ratione Vnionis personalis potest caro, vel humanitas Christi dici incorporea;
cur non poterit ratione eiusdem dici non caro, non humanitas? quod manifestam
implicat contradictionem. Et, si potest dici incorruptibilis, quomodo Christus
carne passus est, & mortuus; & quomodo pati potuit, cum sit
incorruptibilis, & impassibilis, incorruptibilitate, &
impassibilitate ipsius Dei, qui pati, & mori non potest? Haec illi.
In summa / das Licht der göttlichen Warheit ist viel zu hell / denn das es mit
vergeblichen einreden / oder ausflüchten sich verdunckeln lasse.
Dieweil denn vnmüglich / das Gottes almacht / Weisheit / vnendligkeit entweder
von seinem göttlichen Wesen / oder von der Ewigkeit / könne getrennet / oder
abgesöndert werden / so kan vnser gegenteil mit nichten furüber / entweder mit
vns / vnd allen rechtgleubigen zu bekennen / das die menschliche Natur in
Christo nicht sey almechtig / alwissend / allenthalben / noch Gott selbst /
sondern ein endliche / erschaffene Creatur.
Vnd zwar diß were der aller richtigste / vnd sicherste
|| [195]
Weg zur bestendigen einigkeit / auff das Gott die Ehre behielte der
vnwandelbaren Warheit / welcher alle Menschen sich billig vnterwerffen solten.
Oder / da sie solch jr gedicht nicht fallen zu lassen gedencken / müssen sie
notwendig zugleich die Ewigkeit dem fleisch Christi zuschreiben / das ist / die
gantze Historien von der Geburt zu Bethlehem / vnd das die Menschheit Christi
eines Wesens mit vns sey / verleugnen / vnser Erlösung in ein scheinwerck
verkeren / vnd demnach nicht allein der Apollinaristen jrthumb / welche fürgaben
/ das fleisch Christi sey vom Himel komen / vernewern / sondern noch viel einen
ergern schwarm in die Christenheit einfüren. Dieweil jene Ketzer / ob sie wol
die vernünfftige Seel in Christo verleugneten / vnd aus der Historien von der
Geburt zu Bethlehem nur ein scheinwerck machten / nichts desto weniger dem Leib
Christi sein endligkeit / lenge / vnd Ordnung der gliedmassen vnabgesprochen
liessen / wie solchs aus den Dialogis Theodoreti zu sehen ist: Der Vbiquisten
meinung aber zugleich Leib / vnd Seel an Christo vergöttert / vnd aller
natürlichen menschlichen eigenschafften / one welche die substantz eines
Menschen nicht bestehen kan / beraubt / vnd durch jhre gedichte Vbiquitet in ein
vnendliche erfüllung aller ding / welchs allein Gott zugehöret / verkeret.
Ja / wie aus D. Johann Matthaeo zu sehen / von der empfengnis an / dem Leib
Christi / ehe noch Christus in die Welt geborn / die allenthalbenheit
zuschreibet / welchs so grob / das zuuor von keinem Ketzer jemals desgleichen
erfaren / noch gehört worden ist. Das wir nicht vnbillig / wider diese / vnd
jene / das ist / wider die alten vnd newen
|| [196]
Apollinaristen / mit Chrysostomo aus der heiligen Lehr von der waren gegenwart
des warhafftigen Leibs / vnd Bluts Christi / welche von beiderley denselbigen
Ketzern in der that (ob sie es gleich nicht wort haben wollen) verleugnet wird /
also argumentiren / vnd schliessen:
Sicut in sanctificato pane Domini, qui mediante Sacerdote liberatus est ab
appellatione panis, & dignus est habitus Dominici corporis nomine;
natura tamen panis permansit, & non duo per haec corpora, sed vnum Filij
corpus praedicatur: ita quoque in vnitate personae Christi, vtraque natura
incorrupta, proprietatis suae conseruat agnitionem. Haec Chrysostomus.
Das achtzehende Anhaltische Argument.
(XVIII.)
DAs achtzehende Argument beruhet auff der allereinigsten Einigkeit des göttlichen
Wesens / sampt allen wesentlichen eigenschafften in der heiligen Dreyfaltigkeit.
Vnd haben wir solches newlich in vnser Defension wider D. Johan Matthaeum /
professorem zu Wittenbergk / dermassen im dritten / vnd vierten argument
daselbst ausgefürt / das alhie ohne noth / weitleufftiger dauon zu handeln.
Jedoch widerholen wir es nicht vnbillig / vmb angestelter Ordnung willen / wie
folget:
Es ist vnmüglich / das die persönliche vereinigung der beiden vnterschiedenen
Naturn in Christo vff dem jenigen (eigentlich also zu reden) bestehe / oder
beruhe / das der ewige Son Gottes / mit seinem ewigen Vater / vnd heiligen
|| [197]
Geist gemein hat / vnd nach welchem er / als die
andere Person / so allein zum Mitlerampt verordnet / vnd gesand ist / von der
ersten / vnd dritten Person der heiligen Dreyfaltigkeit nicht kan vnterschieden
werden.
Nu ist ja vnleugbar / vnd in allen Christlichen Symbolis bekant / das der Vater /
Son / vnd heiliger Geist / so wenig nach den natürlichen / oder wesentlichen
eigenschafften / Maiestet / vnd herrligkeit / als nach dem ewigen Wesen selbst /
können vnterschieden werden. Denn nach sölchem allem / Gott Vater / Son / vnd
heiliger Geist / die aller einigste Einigkeit vnter sich haben / das auch vmb
derselbigen willen / ob wol ein jede Person für sich warhafftiger / ewiger /
vnermeslicher / almechtiger / alwissender / algegenwertiger / vnerschaffener
HERR / vnd Gott / nach Christlicher Warheit / sol / vnd mus bekant werden: wir
doch im Christlichen Glauben nicht drey ewige / vnermesliche / almechtige /
alwissende / algegenwertige / vnerschaffene / noch drey HERRN / oder drey Götter
/ wie drey Person nennen / noch bekennen können. Diß alles ist so war / vnd
vnwidersprechlich / das in ewigkeit nichts bestendigs dawider kan auffgebracht
werden.
Derwegen wir mit allen rechtgleubigen Christen schliessen / das das band der
persönlichen vereinigung der göttlichen / vnd menschlichen Natur in Christo
keins wegs bestehen / noch beruhen könne vff einiger thetlichen mittheilung des
göttlichen Wesens / noch wesentlichen eigenschafften / vnd Wirckungen Gottes:
Sondern das aus der Lehr vnsers gegenteils / welche bisher differentiam vnionis
hypostaticae in Christo specificam (wie man in Schulen zu reden pflegt) auff die
wirckentliche mitteilung der
|| [198]
göttlichen almechtigkeit
/ alwissenheit / allenthalbenheit ins fleisch / gesetzet / vnd gegründet haben /
eigentlich / vnd one ausflucht folge der Sabellianer / vnd Patripassianer
lesterung / von der Menschwerdung / Leiden / vnd sterben im fleisch / so wol des
ewigen Vaters / vnd heiligen Geistes / als des Sons.
Diß Argument ist so starck / das wir mit freuden / vnd gebürlicher dancksagung
gegen Gott rühmen / vnd bekennen / das wir anfenglich durch nichts mehr / denn
eben durch dieses bewogen sind worden / dem gedicht vnsers gegenteils aus Gottes
Wort zu widersprechen / vnd zweiffeln gar nicht / es könne noch vielen jrrigen /
vnd verfürten Subscribenten / vnter welchen freilich noch guthertzige Leute sind
/ die sich haben vbereilen lassen / mit welchen auch billig mitleiden zutragen /
durch fleissige betrachtung dieses arguments / auff vorhergehende ernste
anruffung göttliches Namens / zur Warheit gedienet werden.
Was antworten aber die Herrn Verfasser der Apologien zu Erfurd hierauff?
(Fol. Apol. Erf. 81. 82.)
Viel wort zwar / vnd ein lange Predigt haben sie dawider gesetzt / In warheit
aber thun sie dem argument so gar keinen abbruch / das sie es auch wider jhren
fürsatz selbst bestettigen.
Denn dieweil die Heuptfrage alhie nur diese ist / was die Specifica vnionis
duarum naturarum in Christo hypostaticae differentia, oder das warhafftige bande
sey dieses geheimnis / welchs die persönliche vereinigung heist / vnd ist / der
endlichen / vnd vnendlichen Naturn in Christo / das ist / worinn der vnterscheid
stehe / das man wol von Petro / Dauid / Mose / vnd dergleichen sagen kan /
dieser ist
|| [199]
ein Mann Gottes: Aber allein von Mariae
Son sagt man / dieser ist der Mann / der HERR / vnd Gott selbst. Gen. 4. Denn er ist allein Immanuel / Gott mit vns: Jesaiae
7. Das ist / Gott / vnd Mensch / in einer Person.
Ob nu der vnterscheid dieser Reden darinn stehe / das in andern Heiligen nur
etliche / dazu in diesem leben noch vnuolkomene / vnd wandelbare Gaben / oder
Wirckungen des heiligen Geistes / nach gewisser mass / vnd Ordnung: In der
Menscheit Christi aber / alle Gaben / ja (wie vnser gegenteil fürgibt) die
eigenschafften Gottes selbst / ohne mass / volkomen / vnd vnwandelbar / an
almacht / Weisheit / vnbegreifflicher algegenwertigkeit / vnd himlischer ewigen
Maiestet / oder herrligkeit sich ereigen / vnd leuchten?
Oder / ob viel mehr der vnterscheid hierinn bestehe / das alle andere Heiligen
nach der Person von dem Son Gottes vnterscheiden sind: Der Son Mariae aber ist
der Son Gottes selbst persönlich. Denn die angenomene menschliche Natur hat für
sich kein eigene Person / sondern ist in die Person des ewigen Worts auffgenomen
/ sonst könte sie nicht bestehen. Vnd beruhet eigentlich die persönliche
vereinigung mit nichten vff einer sonderlichen thetlichen mitteilung newer
vnerschaffenen eigenschafften / oder Gaben / so der menschlichen Natur in
Christo von der ewigen Gottheit widerfaren / sondern nur in der annemung / vnd
erhaltung derselbigen im Wort / ausser welchem diese indiuidua massa der
menschlichen Natur Christi nichts were / noch sein könte / wie allen
rechtgleubigen Chisten bekant ist.
Dieweil nu hierauff die Heuptfrage in diesem argu
|| [200]
ment bestehet / so nemen wir die erklerung vnsers gegenteils für
bekant / vnd zu freundlichem dancke an. Bitten auch / sie wollen dabey verharren
/ so wird mit der zeit / durch Gottes hülff / wol in der Kirchen / darinn der
vbiquistische Sawerteig nicht vermag die lenge zu bestehen / wider können
bestendiger Friede angerichtet werden.
Denn sie vns alhie endlich (Gott lob) beyfallen / vnd (wiewol vieleicht wider
jhren willen) recht geben müssen: (Fol. Apol. Erf.
82. b.) das nemlich die specifica
differentia der persönlichen vereinigung (wie jre wort lauten) nicht in co̅municatione potestatis bestehe / sondern in ipsa vnione, seu
concursu duarum in Christo naturarum in vnam hypostasin. Vnd das die mitteilung
der almechtigen Krafft nicht die vereinigung selbst / sondern ein consequens,
oder folge derselben sey. Bisher jre eigene wort.
Hiemit sagen wir austrücklich / das vnsere gantze Lehr von jhnen selbst / wider
das Concordibuch bekrefftiget sey. Denn so starck ist die Warheit (wie
Theodoretus fein redet) das jhr auch die Widersacher manchmal / wider jren danck
/ willen / vnd vorsatz beyfal / vnd zeugnis geben müssen.
So nu die Herrn Verfasser / wie bestendigen auffrichtigen Lerern wol anstehet /
auff dieser bekentnis der Warheit beruhen wollen / so ist kein zweiffel / jhr
vermeint Coneordibuch wird schon hiemit cassirt / vnd demnach bestendiger Friede
bey allen rechtgleubigen angerichtet / vnd confirmirt sein.
Sie thun aber in dem zuuiel / vnd vergessen jhrer andern geselschafft / das sie
vnsere nottürfftige / wolgemeinde / vnumbgengliche erinnerung für ein calumnien
ausruffen /
|| [201]
vnd vns beschüldigen / als sey es vns
nicht vmb die Warheit selbst / sondern nur vmb priuat Personen zuthun.
Item / es sey ein lauter zunöttigung zum Buch / neben(Fol. Apol. Erf. 83. a.) dem (sagen sie)
das es dem gegenteil freilich ein schande ist / das sie auch von den Jesuiten /
welche abgesagte Feinde vnser Kirchen sind / behelff suchen. Bisher jhre
beschüldigung.
Hierauff thun wir diesen warhafftigen bericht. Erstlich ists gnug / das es Gott /
als dem einigen Hertzkündigern / welchen kein Mensch betriegen kan / bewust /
vnd offenbar ist / obs vns in dieser hochwichtigen Sach / daran Gottes Ehr / der
Kirchen Ruhe / vnd aller Menschen ewige Seligkeit gelegen / vmb priuat Personen
/ vnd eigene affection / oder vmb die Warheit zuthun sey. Diß wollen wir allein
Gott richten lassen.
Zum andern / redets die Sach selbst / vnd ist am tage / das es viel mehr vnserm
gegenteil vmb Personen / denen sie ohne gegebene rechtmessige vrsach zu wider
sind / denn vmb warhafftigen Fried zuthun sey. Sonst hetten sie / nach der Regel
des Propheten (Liebet nur die Warheit / vnd den Fried / Zach. 8.) Iren proceß à
sufficienti cognitione, & probatione causae, wie nicht allein Gottes
Wort / sondern auch das Gesetze der Natur vns lehret / vnd mit nichten ab
executione angefangen / oder biß anher mit der Sach vorfahren. Aber auff diesen
Weg würde es bey dem alten Corpore doctrinae geblieben sein / vnd hette jnen
nicht gelungen / jhr vngegründtes gedicht der Kirchen auff zudringen / noch zu
inthroniziren.
Zum dritten / fragen wir / Wer denn die priuat
|| [202]
Personen sind / derer Paradoxa wir namhafftig angezeigt / vnd ausgesetzt haben?
Sinds nicht eben die fürnembsten aus den Bergischen Herrn Vetern / vnd jren
negsten verwanten / die das Spiel in der Hand haben / von welchen (wie D.
Selnecker in praefatione repetitionis suae, Anno 81. zu
Leiptzig gedruckt / schreibet) der tewre Mann D. Luther vor langest geweissagt /
das es also / wie leider vor augen / in der Kirchen zugehen werde / wenn das
Spiel in der Buben Hende komen werde?
Zum vierdten / ists denn nicht ein algemeine Sach / die sie freilich keins wegs
priuatim, sondern publicè, vnd cum autoritate füren / vnd tractiren? Sonderlich
dieweil sie semptlich zum Concordibuch so hoch sich verschworen / das sie
nemlich bey verlust jhrer Seligkeit anders nichts / denn demselbigen gemes /
gedencken / gleuben / lehren / noch schreiben wollen? Derwegen sie auch die
Cathedras vff den fürnembsten Academijs (welche von den löblichen Stifftern /
gleich als publica oracula, da man sich der Warheit aus allen vmbliegenden
Landen erholen solte / verordnet sind) occupirt / vnd sich der profession
Theologiae, die formulam Concordiae dadurch vortzupflantzen / angemasset haben.
Wie sie sich auch in der gantzen Apologien / hin / vnd wider / zum öfftersten /
vff der jrigen anderweit von diesem streit ausgegangene / vnd publicirte
Schrifften beruffen.
Dieweil denn vnter andern D. Johan Matthaeus zu Wittembergk / ex professo der
Vbiquisten Lehr zugethan / die specificam vnionis duarum in Christo naturarum
hypostaticae differentiam nominatim vff die realem communicationem gründet / wie
wir solches in Defensione tertij
|| [203]
argumenti Anhaldini
wider jhn öffentlich erwiesen / so ist ja nicht vnbillig / das wir dem
Christlichen Leser alhie zu erkennen geben / was für ein Spiritus vertiginis
vnter die Subscribenten komen / sintemal die Herrn Verfasser das jenig für ein
calumniam schelten / was die facultas theologica zu Wittembergk öffentlich für
recht bekennet / profitirt / vnd durch den Druck in die gantze Welt von sich
schreibt.
Nach dem auch obgemelter D. Johann Matthaeus sich rühmet / das er sonderlich die
Sacramentierer an jhren eigentlichen notis zu erkennen geben könne / vnd diß
neben andern für ein vnfeilbare notam, oder Kennezeichen anzeucht / wenn man
nicht gestehen wolle / das in diesem geheimnis differentia specifica, vel quasi
specifica (wie er ambiguè, vnd zweiffelhafftig redet) sey realis idiomatum
communicatio: So halten wir / eben demselbigen (wiewol falschen) praeiudicio
nach / die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien nicht vnbillig für
Sacramentirer / wie sie denn in warheit / auch von den Jesuiten (aber mit andern
/ vnd viel gewissern gründen / denn von D. Johann Matthaeo geschehen) des
Stenckfeldischen allergröbsten Sacramentschwarms / welcher das Bäpstische
gedicht von der transsubstantiation selbst vbertrifft / greifflich / vnd
augenscheinlich vberwiesen werden.
Derwegen wir vns auch zum fünfften / gar für keine schande achten / das wir
exceptis excipiendis, der Jesuiten argumenta in diesem streit wider vnser
gegenteil allegiren: nach der Regel; Omnia probate, quod bonum est, tenete.
Sintemal offenbar / das nicht allein die Apostel bisweilen der Heiden Sententz
angezogen / sondern Lutherus selbst
|| [204]
hat zum
öffternmal für ein sonderliche gnade Gottes gepreiset / das der hohe Artickel
beides von der heiligen Dreyfaltigkeit / vnd von der Menschwerdung des ewigen
Worts / im finstern Bapstumb erhalten. In massen auch vnleugbar ist / das so wol
in der Augspurgischen Confession / vnd derselben wolgegründten Apologien / als
in den Schmalkaldischen Artickeln / ja in allen zwischen den vnsern / vnd
Bäpstischen / wegen der Religion angestalten Colloquien / bekant / vnd angenomen
/ das von diesen Artickeln kein streit. Derwegen man auch jederzeit dieselbigen
/ als verglichene / beiderseits eintrechtiglich vbergangen / vnd nur zu den
jenigen geschritten / die zum ampt des Mitlers gehören.
So ists nu viel mehr vnserm gegenteil ein ewige / vnuerantwortliche schande / das
sie sich für Lutheraner (mehr denn für Christen) dazu allein für die bestendige
der Augspurgischen Confession verwanten / vnd protestanten ausgeben / vnd
gleichwol hiemit öffentlich vberzeugt werden / das sie beides von Lutheri Lehr /
vnd der Augspurgischen Confession / vnd protestation / darauff doch der gantze
Religions fried in Germanien gewidmet / selbst absehreiten. Das mögen sie wol
ponderiren.
Sonst haben wir in vnser Apologia / pag. 306. vnd 429. bey dem neuntzehenden /
vnd ein vnd viertzigsten argument (da auch vnser gegenteil wegen jhres
ruhmredtigen glorirens / das sie den Papisten an Kunst / vnd geschickligkeit /
wens zum treffen keme / wol gewachsen sein wolten / des alten Sprichworts
wolmeinende von vns erinnert worden / welchs wir bitten / das es in kein
vergessen gestellet werde / denn es heisst: Hîc Rhodus, hîc saltent:) der
|| [205]
Jesuiten halben / ob / vnd wie fern wirs mit jhnen
halten / oder nicht / vns gnugsam erklert / dabey wirs nochmals beruhen lassen.
Vnd zweiffeln gleichwol gar nicht / das viel gelerter verstendiger Leut vnter
jhnen erzogen werden / die der Warheit mit ernst nachforschen / vnd die Sachen
vieleicht besser / denn sie sich dürffen vernemen / oder mercken lassen /
verstehen. Für welche wir Gott nicht vnbillig anruffen / das jnen das Licht des
erkentnis / wie in diesem / also auch in andern streittigen Artickeln / so wol /
als vns / von tag zu tag mehr / vnd klärer angezündet / vnd mitgetheilet werde.
Vnserm gegenteil aber geben wir nochmals den Spruch Tertulliani zu einem Latein
auff: Veritas non ex personis, sed personae ex veritate aestimari debent. Oder /
wie der Heide Seneca recht gesagt: Non semper spectandum est, quis dicat, sed
quid dicatur.
Wenn Gott redet / so bleibts billig dabey: Ipse dixit. Wenn aber Menschen reden /
so heissts: Man sol nicht vff die Person / sondern auff die Sachen sehen. Denn
die Warheit / so fern sie recht / vnd schlecht tractirt / vnd erkleret wird /
endert sich mit nichten nach den eusserlichen vmbstenden der zeit / Ort / vnd
Personen / sondern ist / vnd bleibet vnwandelbar ewiglich.
Derwegen auch von vnserm gegenteil hieran sehr vnbillig geschicht / das sie der
Apostolischen Regel zu wider: Omnia probate, quod bonum est, tenete; jhres
gegenteils Bücher zu lesen stracks verbieten. In massen newlich D. Dauid Voigt
(der sonsten die Sachen viel besser verstehet / wie jn denn sein Praeceptor
Philippus Melanthon viel anders vnterrichtet / vnd freilich auch viel besser /
nisi vetus dor
|| [206]
miret gratia, vmb jn / vnd andere
sich verdienet hat) zu Ihena vnsere Defension wider D. Johann Matthaeum nicht
hat wöllen verkeuffen lassen / vnd einen armen Wandersman / der aus wenigen
exemplaren seine zerung zu erlangen gedacht / dermassen geengstigt / das er jhm
nicht allein die exemplaria (mit was gewissen / mag er verantworten) hat nemen
wollen / sondern auch den Kercker / vnd weis nicht was schwerers / angebotten.
Gleich als were diß der Weg die Lehr zuuertheidingen / oder als hetten sie nicht
die Bibel für sich / daraus sie vns / so wir jrreten / eines bessern zu
vnterrichten schuldig. Aber sie behelffen sich mit dem Latein: Ecce duo gladij
hîc. Item: Tempora mutantur, & nos mutamur in illls.
Zum sechsten / die gradus praesentiae diuinae betreffende / mögen sie sich
schmücken / vnd entschuldigen / wie sie wollen / so ist die confusio, oder
vermischung derselbigen im Concordibuch öffentlich für augen.
Denn fol. 296. stehet klar / das die propositio: Verbum
caro factum est, welche eigentlich ad quartum gradum gehöret / sey aequipollens,
oder gleichstimmende mit der Reden / Das Wort wonet in vns / welche doch
vielmehr zum dritten grad gehöret.
Also fol. 302. in explicatione trium modorum essendi,
wird das mysterium incarnati Verbi, durch die vnendliche Maiestet / dadurch Gott
alles in allem ist / vnd erfüllet / beschrieben: So doch dieselbige vnendligkeit
der algegenwertigen göttlichen Maiesiet eigentlich nicht zum vierten / sondern
zum ersten grad gehört.
Dieweil aber auch daselbst (wie nu zum öffternmal / vnd nicht vnbillig / wegen
der Sachen hochwichtigkeit /
|| [207]
gedacht / vnd widerholet
worden) stracks verneinet wird / das der Leib Christi / wie er auff Erden gangen
/ da er raum / vnd Ort geben / vnd genomen / nach solcher gestalt in Gott /
geschweigen Gottes Leib sey: So ist eben hiemit das jenige dem Leib Christi
abgesprochen / was nach dem ersten grad der gegenwart Gottes keiner Creatur
abgesprochen werden kan / noch sol: dieweil der Spruch des Apostels in gemein
auff alle geschöpff Gottes referirt / vnd gezogen werden mag: In ipso viuimus,
mouemur, & sumus. Act. 17.
Vber diß alles haben wir in vnser Apologia / pag. 300.
vnd 301. jhre eigene wort aus der Concordiformul fol. 312. angezogen / welche
klar beweisen / das sie die specificam mysterij huius differentiam nur auff die
realem communicationem idiomatum setzen. Denn sonst würde (jhrem daselbst gantz
nichtigem fürgeben nach) allen Creaturen / sonderlich aber den gleubigen / vnd
heiligen Menschen / in welchen Gott wohnet / alle Fülle der Gottheit leibhafftig
/ sampt allen Schetzen der Weisheit / vnd erkentnis / vnd demnach alle gewalt im
Himel / vnd auff Erden mitgeteilet sein: ja (sagen sie / folio Concordiae 313.) wenn Christus nur nach seiner ewigen Gottheit
allenthalben gegenwertig were / so würden der gestalt Petrus / Paulus / vnd alle
Heiligen im Himel (weil die Gottheit / so allenthalben ist / in jhnen wonet)
auch bey vns auff Erden sein / etc.
Ob denn diß nicht ein grobe / ja fast greiffliche vermischu̅g sey
der vnterschiedene̅ graden göttlicher gegenwertigkeit / neben dem
/ das differentia Vnionis duarum naturarum in Christo hypostaticae specifica nur
auff das gedicht der vbiquitet / vnd realis idiomatum communicationis ge
|| [208]
gründet wird / lassen wir allen verstendigen
Christen zu vrtheilen befohlen sein.
Denn dieweil vnser gegenteil vff angezogene jhre eigene wort aus der
Concordiformul gar nichts in der Erfurdischen Apologien zu antworten gewist / so
lassen wirs auch hiebey beruhen / vnd nemen jr stillschweigen nicht vnbillig für
bekant an. Wie denn hieraus offenbar / das die Concordiformul mit der Apologia
nicht aller ding gleichstimmet: nach dem alten Sprichwort; Non concordat
Psalterium cum cithara.
Endlich / vnd zum siebenden / das decretum Concilij Toletani betreffende / haben
wir die rechte erklerung / vnd meinung dauon in vnser Defensione tertij,
& quarti argumenti Anhaldini wider D. Joannem Matthaeum gnugsam
dargethan. Achtens derwegen alhie one noth / nach der lenge zu widerholen. Nur
allein das wir den Christlichen Leser zum freundlichsten erinnert haben wollen /
vff der Herrn Verfasser falsche gloss / oder vielmehr calumnias fleissig acht zu
geben. Denn es heisst: Non dicas falsum testimomum aduersus proximum tuum.
Das decretum Concilij Toletani lautet also: Cum tota cooperata sit Trinitas
formationem suscepti hominis, quoniam infeparabilia sunt opera Trinitatis: solus
tamen Filius suscepit humanitatem in singularitate personae, non in Vnitate
diuinae naturae: Id est, in eo, quod proprium est Filij, non quod commune est
Trinitati.
Mit nichten aber wird hiedurch von vns (wie vnser (Fol.
Apol. Erf. 83. b.) gegenteil felschlich / vnd
wider jhr eigen Gewissen / alhie beschwerlich vns beschuldigen) verneinet / das
die gantze göttliche Natur in der person des Sons die menschliche Natur an sich
genomen habe.
|| [209]
Denn wir solches zu verfelschen / zu verleugnen / oder zu verneinen / für ein
öffentliche Lesterung halten / der wir mit Hertzen / vnd Munde widerspreche̅ / wie auch dergleiche̅ fürgeben mit keinem
bestendigen grunde aus vnsern schrifften / noch Lehr in Ewigkeit wird können
erwiesen werden. Ja wir halten vnsere Widersacher für öffentliche Verleumbder /
so lang biß sie mit vnsern eigen worten solche abschewliche Lesterung / der sie
vns wider jr eigen Gewissen beschuldigen / vff vns erweisen / welches jhnen
ewiglich wol vnmüglich sein / vnd bleiben wird.
Sondern wir leren / gleuben / vnd haltens mit allen rechtgleubigen
vnwidersprechlich dafür / das die Person des Sons / wie sie one die ewige
Gottheit / nach welcher sie mit dem Vater / vnd heiligem Geist eines Wesens ist
/ nicht bestehen kan / also keins wegs ausserhalb / oder abgesöndert (welchs gar
vnmüglich) von der göttlichen Natur / Mensch worden / oder menschliche Natur
angenomen hab / sondern das die gantze volkomene göttliche Natur in der Person
des Sons mit der angenomenen menschlichen Natur vereinigt sey. Wie solches von
Damasceno lib. 3. cap. 6. nach
der lenge ausgefüret / vnd Dionysij Spruch angezogen wird: Omnem, &
perfectam diuinitatis naturam, in vna sui ipsius ,
vnitam omni humanae naturae, & non partem parti: &c.
Es folgt aber hieraus mit nichten / das darumb die menschliche Natur so wol / als
die göttliche / sey almechtig / alwissend / allenthalben. Denn das hiesse das
bande / oder terminum, in quo vtraque natura concurrit; Das ist / die
persönliche vereinigung der beiden volkomenen Naturn in Christo / viel mehr vff
das göttliche Wesen / nach welchem
|| [210]
die drey Personen
in der Gottheit nicht vnterschieden sind / denn nach obgesetzter Regel Dionysij
/ allein auff die andere Person der heiligen Dreyfaltigkeit / setzen / vnd
gründen / dadurch freilich nichts anders / denn der Sabellianer / vnd
Patripassianer Lesterung eingefüret / vnd bekrefftiget würde. Wie wir solches
nochmals allen verstendigen / aus Gottes Wort zu judiciren heimstellen.
Denn auch Petrus Lombardus / welchen die Herrn (Fol.
Apol. Erf. 83. b.) Verfasser alhie felschlich
citiren / vnd vieleicht nicht mit nüchtern augen angesehen (sintemal er nicht /
wie sie fürgeben / Distinctione sexta, sed quinta, libri tertij, cap. 1. des Concilij Toletani gedenckt) viel mehr für vns /
denn für vnser gegenteil decidirt / vnd schleusset / wie folget:
Quod dicitur solus Filius formam serui accepisse, per hoc non excluditur diuina
natura ab exceptione seruilis formae, sed aliae duae personae, Pater scilicet,
& Spiritus sanctus.
Bey welchem Spruch vnser gegenteil zugleich annotiren mag / das forma serui, ob
es schon bisweilen auch von der sterbligkeit / vnd allerley schwacheit / welcher
Christus in diesem leben (aber one Sünde) vnterworffen gewesen ist / gebraucht
wird / dennoch principaliter nichts anders sey / denn natura assumta, wie
daselbst aus den Patribus nach der leng bewiesen wird. Derwegen jr fürgeben
nicht bestehen kan / das durch die erhöhung Christus die Knechtsgestalt
gentzlich hab von sich gelegt. Denn also müst er auffgehört haben warhafftiger
Mensch zu sein.
Das aber im Concilio Toletano ferner gesagt wird: Id, quod est proprium Filij,
non quod commune est Trinitati, hominem accepit: wird daselbst erklert / das es
also
|| [211]
zuuerstehen sey: Id est, propriè in hypostasi
Filij, non in tribus communiter personis, diuina natura humanam naturam sibi
vniuit.
Vnd folgt die vrsach darauff / cap. 2. ibidem: Dei Filius dicitur factus homo,
vel esse homo, non solùm, quia hominem assumsit; sed quia ipsum in Vnitatem,
& singularitatem sui, & personae accepit. Natura autem diuina
hominem quidem accepit, id est, hominis formam sibi vniuit; sed non in
singularitatem, & vnitatem sui. Seruata enim proprietate, ac diuersitate
duarum naturarum personae singularitas extitit. Ideóque non sic dicitur diuina
natura esse homo, vel facta homo, sicut Dei Filius. Hactenus verba Petri
Lombardi.
Aber diß alles wird von den Vbiquisten vmbgekert / die durch jhr gedicht / das
die menschliche Natur in Christo / durch die persönliche vereinigung mit dem
ewigen Wort / zur possess / oder besitz / gemeinschafft / brauch / vnd vbung
(wie die Erfurdische Apologia an vielen Orten / sonderlich fol. 4. 5. 6. 56.
wider die heilsame form der heiligen Schrifft / vnd alten Veter / sehr
gefehrlich redet) der göttlichen Maiestet / vnd eigenschafften komen sey / im
grunde nichts anders / den̅ assumtionem naturae humanae in
singularitatem diuinae naturae, vnd demnach totius Trinitatis incarnationem, das
ist / der Patripassianer Lesterung / wie hefftig sie auch per oppositum in
adiecto (jrer art / vnd gewonheit nach) dawider protestiren / in die Kirchen
einfüren / vnd bestettigen: In massen alle verstendigen / auch ohne vnser
erinnerung / mit schmertzen vorlangest erkant / vnd beklagt haben.
Der guthertzige Leser wolle vns nicht verargen / son
|| [212]
dern freundlich zu gut halten / das wir in diesem achtzehenden
argument der Warheit zum besten / etwas lenger / den̅ wir verhofft
/ wegen vieler verwirreten puncten vns haben auffhalten lassen. Wollen forthin /
vermittelst göttlicher hülff / so viel müglich / der kürtze vns befleissigen:
Jedoch das der Sachen notturfft (wie billig) nicht hindan gesetzt / noch
vbergangen werde.
Das neuntzehende Anhaltische Argument.
(XIX.)
DAs neuntzehende Argument ist vnserm gegenteil ein brandmal im Gewissen. Denn ob
sie wol fürgeben / sie halten Vnionem hypostaticam, (Fol. Apol. Erf. 83. b.) vnd
communicationem Maiestatis nicht für eins / so sind doch nicht allein jhre
Schrifften / darauff sie sich so manchfeltig beruffen / öffentlich am tage /
sondern wir haben albereit im vorgehenden argument das contrarium aus der
Concordiformul selbst / augenscheinlich wider sie mit anziehung jrer eigen wort
erwiesen.
Das sie aber vffs newe fürwenden / es sey ein anders personalis, ein anders
essentialis communicatio idiomatum, seu Maiestatis; hilfft sie nichts / sondern
beschüldigt sie viel mehr eines vberzeugten Gewissens. Denn jhnen nicht
verborgen sein kan / das die Maiestas omnipotentiae, omniscientiae, vnd
omnipraesentiae etwas wesentlich / vnd nicht etwas persönlich in gott ist. So
bezeugt auch die Definitio personae, das personalis communicatio (es sey denn /
das communicatio pro vnione genomen werde / dauon hie nicht geredet wird) ein
öffentliche implicationem contra
|| [213]
dictionis
einfüre. Sintemal personale das jenige heisst / quod est incommunicabile. Quod
enim communicabile est, id propriè loquendo non est personale.
Vber dieses / dieweil communicatio in Christo / nicht ist die Vnio selbst /
sondern quiddam consequens; vnd die beiden Naturn / an jhren natürlichen
eigenschafften / vnd Wirckungen / auch in der persönlichen vereinigung
vnuerendert bleiben (wie zu Chalcedon / wider die alten / vnd newen Eutychianer
/ so wol als zu Epheso wider die Nestorianer / sie seyen alt / oder new / aus
Gottes wort bestendig / vnd einmütig geschlossen / vnd verabscheidet worden) so
ist vnmüglich / das die göttliche̅ eigenschafften von der
menschlichen Natur in Christo können mit Warheit praedicirt / oder gesagt werden
/ man wolte denn allen vnterscheid der Naturn auffheben / vnd sagen / die
Menscheit sey die Gottheit selbst.
Werden derwegen alhie die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien / abermal
durch jhre eigen Regel vberwiesen / das jre Lehr falsch sey. Denn wie die co̅municatio(Fol. Apol. Erf. 84. a.) ist (sagen sie) also ist auch die
einigkeit / vnd hergegen / wie die einigkeit / also auch die communicatio. Talis
est communicatio idiomatum, qualis est vnio: quia hanc illa consequitur.
Nu sind ja die beiden Naturn in Christo also vereinigt / das gleichwol eine von
der andern in abstracto nicht kan gesagt werden. Denn die Gottheit ist nicht
Menschheit / noch die Menscheit Gottheit.
Derwegen freilich auch die eigenschafften derselbigen Naturn nicht also mit
einander verwechselt / oder communicirt werden / das der Gottheit die
sterbligkeit / oder das
|| [214]
Leiden / noch der Menscheit
die almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit / oder vnsterbligkeit könne
mit warheit gebüren / noch zugeschrieben werden.
Die Vrsach ist diese. Denn die gemeinschafft der eigenschafften beruhet auff der
persönlichen vereinigung. Vnd wie die Naturn vereinigt sind / also verwechseln
sich die Namen / sampt den natürlichen eigenschafften / vnd Wirckungen. Derwegen
wer der Menscheit das zuschreibet / das der Gottheit eigen ist / nemlich
almechtig / alwissend / allenthalben sein / der kan nicht furüber / aus der
Menscheit zugleich die Gottheit zu machen. Sintemal jhrer eigen Regel nach / wie
die communicatio ist / also ist auch die einigkeit. Geschicht nu die
communicatio in abstracto, so mus auch die einigkeit in abstracto geschehen /
vnd bestehen: dadurch das gantz mysterium Verbi incarnati zu nicht werden müste.
Zu dem / es halte vnser gegenteil Vnionem vnd communicationem für gleich / oder
vngleich / für eins / oder nicht für eins / so bestehet nichts desto weniger der
Nestorianismus in jhrer Lehr / so lang sie folio Concordiae 302. vncorrigirt
lassen / das der Leib Christi / wie er auff Erden gangen / vnd am jüngsten tag
wider komen wird / nicht in Gott sey. Item / so lang sie fol. 296. daselbst
diese beide Reden für aequipollentes, oder gleichstimmende halten / das Wort
ward fleisch / vnd das ewige Wort wohnet in vns. Denn dieweil vnleugbar / das
die einwohnung des Sons Gottes in vns geschicht per assistentiam, also das wir
gleichwol nach der Person von dem Son Gottes vnterschieden bleiben / so müste
sichs nach dieser aequipollentz / gleichsfals mit Christo halten / wie Nestorius
geschwermct.
|| [215]
Vnd was folget anders / denn entweder ein verkerung der Historien von Christo in
ein pur lauter spectackel / vnd Marcionitisch gespenst / oder ein Nestorianische
trennung der Person / dieweil sie folio Apologiae 84.
alle die jenigen für Nestorianer ausruffen / die wider die Vbiquitet mit allen
rechtgleubigen streitten / das Christus mit seinem Leib zugleich nicht mehr /
als an einem Ort sey.
Ist diß Nestorianisch / so mus vnwidersprechlich folgen / das der Leib Christi am
stamme des Creutzes nicht warhafftig / sondern nur scheinweis gehangen / in
warheit aber (wie Brentius vnbesunnener weis gestritten) als der HERRE im stande
seiner tieffesten nidrigkeit die klegliche stimme von sich geben / Mein Gott /
wie hastu mich verlassen / Er zugleich damals mit seinem Leib in der höchsten
gloria / ausser allem leiden / vberal / im Himel / auff Erden / zu Rohm / Athen
/ vnd in der Helle gewesen sey.
Oder / sol die Geschicht von der creutzigung des angenagelten Leibs Christi zu
Golgoltha warhafftig sein / vnd bleiben (wie die Kinder sagen / Hoc certissimè
verum est, Das ist gewislich war) So mus aus diesem nichtigen gedicht folgen /
das der angenagelte Leib Christi am Holtz nicht sey in Gott / noch viel weniger
Gottes Leib gewesen. Wo blieb denn vnser Heil vnd trost?
Das sind die schöne gründe / vnd beweis / die vnser gegenteil füret / jhre böse
Sach zu stützeln. So grob / vnd vnbedacht / das Nestorius selbst nicht gröber
hette schwermen können. Wie denn die Jesuiten zu Ingolstadt hiebeuor / nach
ausweisunge vnser Apologien / pag. 306. nicht vnbillig
den Vbiquisten vorgeworffen / das sie viel blinder sind / denn Nestorius /
welcher aus den gründen / oder viel
|| [216]
mehr
vngründen / daraus vnser gegenteil die persönliche vereinigung erhalten / vnd
beweisen wil / gar wol gesehen / vnd verstanden / das derselbigen zerstörung
daraus vnwidersprechlich folgen müste. Derwegen jm auch das gantze Concilium zu
Epheso so ernstlich widersprochen.
Gern möchten wir aber hören / wie vnser gegenteil alhie der opinion sich
entlestigen wolte / oder könte / die D. Johan Matthaeus / professor zu
Wittembergk / öffentlich dictiret / vnd durch den Druck ausgebreitet hat / das
nemlich der Leib Christi von seiner empfengnis an / die Maiestet empfangen /
vberal zu sein / wo die Gottheit ist / im Himel / vnd auff Erden / noch ehe die
Geburt zu Bethlehem ergangen. Welchem tand auch D. Zacharias Schilter professor,
vnd procancellarius zu Leiptzig / in seiner ersten disputatz de Regno Christi,
thesi 31. wiewol mit etwas verblümbdern worten patrocinirt. Denn sollen die
jenigen Nestorianer sein / die da gleuben / vnd halten / das Christus mit seinem
Leib zugleich nicht mehr / als an einem Ort sey / wie sich die Herrn Verfasser
der Erfurdischen Apologien erkleren / so mus freilich entweder die Historien von
der empfengnis / Geburt / vnd education des Kindlein Jesu / so wol als von dem
gantzen stand seines Predigampts / vnd nidrigkeit auff Erden / falsch sein /
oder sein Leib wird / vermöge der Concordiformul / damals nicht in Gott /
geschweigen Gottes Leib gewesen sein.
Geben demnach vnsere Censores hiemit öffentlich wider sich selbst an tag / das
sie von einem schwindelgeist getrieben werden. Denn von der vbiquitet wollen sie
in jrer Apologia fol. 172. nichts wissen / welche sie
doch
|| [217]
nicht allein in der Concordiformul deutlich zum
öfftern asseriren / wie bißher erwiesen / sondern auch an diesem ort hiemit
augenscheinlich zu bestettigen sich vnterstehen: dieweil sie alle die jenigen /
one vnterscheid / für Nestorianer schelten / die der Vbiquitet widersprechen.
Wer nu nicht mutwillig wil blind / vnd verfüret sein / der lern alhie den
Nestorianischen Geist in den Vbiquisten erkennen / vnd bedencke mit fleis die
Regel: Prüfet die geister / das ist / die lehrer / ob sie von Gott sind / das
ist / ob jr Lehr recht / vnd heilsam / vnd mit Gottes wort / als mit der einigen
richtschnur des waren glaubens vberein stim̅e. Denn dis
priuilegium kan / noch sol kein mensch / wie hoch / weis / vnd mechtig er sein
mag / der Christlichen Kirchen mit gutem gewissen nemen / oder hindern / welchs
vns Christus so thewer erworben / vnd so hoch durch seinen Apostel befohlen hat:
Omnia probate, quod bonum est, tenete. Prüfet alles / vnd behaltet allein / was
recht vnd gut ist. Dahin auch die ernste warnung gerichtet / da der Euangelist /
vnd Apostel Joannes spricht / daran solt jr den Geist Gottes erkennen: Ein
jglicher Geist / der da bekennet / das Jesus Christus ist in das fleisch komen /
der ist von Gott. Vnd ein jeglicher Geist / das ist / lehrer / der da nicht
bekennet (verstehe / mit der vnwidersprechlichen folge seiner Lehr so wol / als
nach dem eusserlichen scheinbaren protestiren / vnd mündlichen vorgeben) das
Jesus Christus in das fleisch komen (das ist / das vnser Heiland zugleich warer
natürlicher Gott / vnd Mensch sey / vnd sein Ampt / zwar nicht jme / sondern
viel mehr vns zum besten / in vnzerstöreten beyden Naturn / vnd derselben
wesentlichen eigenschafften trage / vnd verwalte) der ist nicht von Gott / vnd
das ist der
|| [218]
Geist des Widerchrists / von welchem jr
habt gehört / das er komen werde / vnd ist jtzt schon in der Welt. 1. Joan. 4.
Bestehet derwegen auch dieses vnser neuntzehende argument noch vnbeweglich /
nemlich aus dem Symbolo Athanasij / wie folget:
Wenn wir mit allen rechtgleubigen sagen / vnd bekennen / der Vater ist almechtig
/ der Son ist almechtig / der heilige Geist ist almechtig / alwissend /
allenthalben / so bezeugen wir hiemit / das Vater / Son / vnd heiliger Geist /
ein einiges ewiges wesen / nicht aber ein eimge person sind.
Derhalben auch in Christo nicht eine person / sondern eine natur / vnd wesen
eingefüret wird / so man lehret / die menscheit sey so wol / als die Gottheit /
almechtig / alwissend / allenthalben. Vnd also wird zugleich Nestorij / vnd
Eutychis schwarm bestettigt / vnter welchen jener aus zweien Naturn zwo Person /
dieser aber aus der einigkeit der Person nur eine Natur gedichtet. Vnd jrreten
sich alle beide an der Lehr de communicatione idiomatum, die sie für etwas mehr
/ als für ein Regel / das geheimnis von der Menschwerdung des ewigen Worts
auszuspreche̅ / hielten.
Daher denn D. Lutherus (welcher gleichwol auch in dem / vnserm gegenteil zu wider
ist / das er die communicationem idiomatum niemals realem genennet hat) recht /
vnd wol geurteilt / vnd ausgesprochen: Wer die zwo Naturn in Christo / Gott /
vnd Mensch / bekennet / der mus auch jhrer beiden idiomata der Person (Nota, der
Person / nicht der andern Natur) zusprechen. Denn Gott / vnd Mensch ist nichts /
wo sie nicht solten jhre idiomata, oder eigrnschafften haben. Darumb sind sie
beide / Nestorius /
|| [219]
vnd Eutyches mit jrem Irthumb /
vnd verstand billig verdampt. Haec ille, lib. de Concilijs.
Das zwentzigste Anhaltische Argument.
DAs zwentzigste Argument ist von vns(XX.) anders
nicht / denn zur trewen warnung gemeinet. Dieweil denn vnser gegenteil keiner
freundlichen warnung stadt geben wil / vn̅ gleichwol der
Christlichen Kirchen / sowol jtzt / als bey der zukünfftige̅
posteritet / das höchste / nemlich die ewige Seligkeit an diesem hohen artickel
gelegen / so gebürt vns auch dieses argument zu retten / vnd dem gegenteil
seinen mangel deutlich vnter augen zusetzen / ob der liebe Gott vieleicht noch
etlichen hiedurch das Hertz erweichen / vnd aus so dicker / schrecklicher
finsternis / ja lesterungen heraus reissen wölle: dafür wir jn teglich bitten /
vnd vnserm gegenteil nicht liebers (wie Gott weis) gönnen / noch wuntschen. Es
helt sich also:
Ist Christus (wie vnser gegenteil streittet) nach beiden Naturn almechtig /
alwissend / allenthalben / so ist er entweder nach beiden Naturn dem Vater
gleich / vnd also wer der Spruch falsch: Pater maior me est (der Vater ist
grösser / denn ich) Oder / Er müste auch nach beiden Naturn eines geringern
wesens sein / denn der Vater. Vnd also köndten wir nicht mehr mit Athanasio
bekennen: Aequalis Patri secundum Deitatem, minor Patre secundum humanitatem.
|| [220]
Nu kan ja dieser Meinung keine bestehen. Denn das Symbolum, sampt der gantzen
heiligen Schrifft / ist wider beide.
Derwegen ist vnsers gegenteils Lehr von der almechtigkeit / alwissenheit / vnd
allenthalbenheit des fleisches Christi vnwidersprechlich falsch / vnd nichtig.
Alhie wolle der Christliche Leser wol acht haben / wie vnser gegenteil die Sach
gern bementeln / vnd vertüschen (Fol. Apol. Erf. 84. b.) wolte. Denn sie nur von der
almechtigkeit reden / vnd nennens die gemeinschafft der Maiestet: fliehe̅ aber mit fleis das jenige / was sie sonst damit verstanden haben
wollen / nemlich / das Christi fleisch so wol / als die Gottheit selbst /
zugleich almechtig / alwissend / vnd allenthalben / ja Gott sey. Denn solchs /
vnd nichts anders / ist eigentlich jre meinung. Sie schmücken sich aber mit der
Maiestet / sonst möchten sie sich selbst verdechtig machen / vnd jhre
vngegründte Lehr verrahte̅. Dazu antworten sie vffs argument nicht
richtig / sondern durch vmbschweiffe / vnd brauchen abermal die fallaciam
secundum plures interrogationes: dadurch denn vnser meinung viel mehr bestettigt
/ als geschwechet wird.
Denn weil die Frage ist / Ob die Menscheit Christi / so wol / als die ewige
Gottheit / alniechtig / alwissend / allenthalben sey / vnd sie darauff nicht
richtig antworten / sondern erkleren den modum; Quomodo, wie das fleisch Christi
almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey: So ist hiemit schon bekant: Quòd
sit; das es (jhrem wohn nach) also sey.
Vnd bestehet demnach vnser argument durch jhr eigen gezeugnis. Denn die
vngleicheit der weis / wie ein
|| [221]
ding eben diß sey /
oder hab / das ein anders ist / oder hat / macht in der Sach / oder That selbst
keinen vnterscheid / wie allen vernünfftigen bekant.
Sie verstehens nu physicè, oder hyperphysicè, das die menschliche Natur Christi
almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey (denn dauon ist allein die Frage /
obs sich also verhalte / vnd nicht auff was weise?) So können sie nicht furüber
/ entweder zweierley almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit zu
dichten / wie hiebeuor aus jren eigen streitschrifften wider sie erwiesen / ob
sie es wol nicht mehr wort haben wollen: Oder müssen zulassen / das in der that
(quae enim tantùm rei modo differunt, reipsa non differunt) zwischen den beiden
Naturn kein vnterscheid / vnd demnach Christus so wol nach seiner angenomenen
Menscheit / als nach der ewigen Gottheit / dem Vater gleich sey.
Vnd also könte der Spruch des HERRN nicht bestehen: Pater maior me est; Der Vater
ist grösser / denn ich. Joan. 14. Oder / solte dieser Spruch (wie es denn anders
nicht sein kan) war bleiben / so müste Christus nach beiden Naturn eines
geringern Wesens sein / denn der Vater; wider das heilige bekentnis Athanasij:
Gleich ist Christus seinem himlischen Vater nach der Gottheit / kleiner ist er /
denn der Vater / nach der Menscheit.
Diß solt vnser gegenteil mit Gottes Wort / vnd nicht mit jhrer Tautologia, da sie
jmer ein Liede / per petitionem principij widerholen / vmbstossen / aber es wird
jnen fehlen.
Derwegen es nichts von jnen geredet ist / das sie von der weise disputiren / weil
sie die sach noch nicht bewiesen haben.
|| [222]
So wissen sie selbst / das wir nicht von der abgesönderten (wie sie sich allezeit
hiemit behelffen) sondern von der vereinigten menscheit Christi reden.
Darumb es vergebliche ausflücht / vnd in warheit nichts anders / denn eines
vberzeugten bösen gewissens anzeigungen sind (in massen es auch die praefation
der Jesuitischen disputation zu Meintz für lauter betrug anzeucht) das sie für /
vnd für einerley geschrey / one beweis füren / die realis communicatio idiomatum
sey nach art der persönlichen vereinigung / vnd erhöhung zur rechten hand Gottes
zuuerstehen. Item / die menschliche natur in Christo hab solche eigenschafft
Gottes (verstehe / das sie almechtig / alwissend / vnd allenthalben / ja Gott
selber sey) nicht abgesöndert von der göttlichen natur / an / vnd für sich
selbst / sondern das jr die almechtige göttliche gewalt mitgeteilet / das
widerfehret jr (sagt die Erfurdische Apologia / fol. 85.) vnd das empfehet sie aus der persönlichen vereinigung / nach art /
vnd von wegen derselben / vnd der erhöhung zur Rechten Hand Gottes / wie der
leib / von der Seelen empfehet / on alle verwandlung / oder exaequation. Vnd das
dieselbige mitgeteilte göttliche Maiestet / vnd Almacht (Fol. Apol. Erf. 85. a.) /
jn / mit / vnd durch die angenomene menschliche natur leuchte / vnd wircke / wie
das fewer / in / mit vnd durch das fewerige eisen leuchtet / vnd wircket / etc.
Diese reden alle / vnd wie ferner jre lange Predigten lauten / sind nichts denn
vergebliche widerholung des jenigen / das noch vnbewiesen ist / als wer es
bewiesen. Vnd reicht jmer eine contradiction der andern die hande.
Denn ja offenbar / das die persönliche vereinigung / vnd erhöhung zur Rechten
Gottes / vnterschiedene artickel sind.
|| [223]
Ist nu die menschliche natur Christi almechtig / alwissend / allenthalben vmb der
persönlichen vereinigung willen / so ist sie es nicht vmb der Exaltation / oder
erhöhung willen. Vnd widerumb / ist sie es vmb der erhöhung willen / wie kan sie
es denn vmb der persönlichen vereinignng willen sein?
Ja die allenthalbenheit hindert die erhöhung. Denn eben darumb heist es / nach
dem Spruch Athanasij / apud Theodoretum: Non excelsus, sed caro excelsi
exaltatur: Dieweil die Göttliche natur / wegen jres vnendlichen wesens / dadurch
sie alles in allem erfüllet / dem orte nach / nicht erhöhet werden kündte. Wie
auch die menschliche natur eben darumb nicht vberal / oder allenthalben ist /
noch sein kan: denn sie ausserhalb dieser sichtbaren welt vber alle Himel
erhöhet ist.
Vnd wiewol die Rechte des Vaters allenthalben ist / so ist doch die menschliche
natur Christi nirgend / denn im Himel / zur rechten des Vaters erhaben. Solt sie
aber / vermöge dieses artickels / allenthalben sein / so müste sie nicht in
Himel erhaben / sondern die Rechte Gottes selbst worden sein.
Das also weder die menschwerdung / noch erhöhung einige Vbiquitet der angenomenen
natur in Christo einfüret / noch verursachet. Wie solte denn solch gedicht nach
art derselbigen beyden / vnd weit von einander vnterschiedenen artickeln /
zuuerstehen sein?
Vber dieses ist es nichts geredet / das die Almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbenheit der menschlichen natur in Christo warhafftig mitgeteilt / vnd
widerfaren sey / welche sie auch in der that empfangen: sie habs aber
|| [224]
(wie jre erdichte exceptiones lauten) nicht an / vnd
für sich selbst / von der göttlichen Natur abgesöndert.
Denn dieweil wir von keiner abgesönderten Natur wissen / noch reden / so ist ja
hiemit bekant / das die vereinigte Menscheit Christi solche wesentliche
eigenschafften Gottes (jhrem fürgeben nach) in der that empfangen / die jr auch
mitgeteilt / vnd widerfaren: Derwegen sie sie freilich / als empfangene / vnd
mitgeteilte / an sich hat. Denn was wer es sonst für ein empfahen / widerfaren /
vnd mitteilen / wenn kein haben darauff erfolgete?
Was man empfehet / das hat man. Was einer Natur von der andern widerfehrt / vnd
in der that mitgeteilt wird / das wird beiden gemein / vnd bleibt keiner allein
eigen. Id enim alteri communicari dicitur (sagen die Jesuiten zu Ingolstadt)
quod alteri commune efficitur: hoc est, quod prioris desinit esse proprium in
quarto modo. Vnd das verstehen auch die Catechumeni.
So hat nu die menschliche Natur in Christo (nach der Vbiquisten Lehr) diß mit der
Gottheit gemein / das sie nicht weniger / als die Gottheit / almechtig /
alwissend / allenthalben ist. Vnd also müste Christus nach beiden Naturn dem
Vater entweder gleich / oder vngleich sein / welches beides vnrecht.
Kan derwegen / noch vermage der Vbiquisten gedicht von der almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit der menschlichen Natur in Christo nicht
bestehen: Man wolle denn öffentlich / wider den algemeinen Catholischen /
Christlichen Glauben / entweder die persönliche vereinigung selbst / mit den
Eutychianern / vnd Monophysiten: oder die ewige Gottheit des Sons mit den
Samosatenianern / vnd Arianern verleugnen.
|| [225]
Denn wie dieses aus dem andern / so folgt jenes aus dem ersten.
Ist Christus nach beiden Naturn dem Vater / an Macht / Weisheit / vnd gegenwart
gleich / so ist er nach keiner Natur kleiner / denn der Vater / vnd höret also
auff / warhafftiger natürlicher Mensch zu sein: wie die Eutychianer / vnd
Monophysiten geschwermet.
Ist er aber nach beiden Naturn dem Vater vngleich / so bleibt er nicht
warhafftiger / ewiger / natürlicher Gott / sondern wird nur ein erschaffener /
vnd gemachter Gott / wie vorzeiten Samosatenus / vnd Arius gelestert. Ist auch
dieses bey Mans gedencken von Serueto / jenes aber von Schwenckfeld / des
Nachfolger die Vbiquisten sind / vernewert worden.
Ob sie nu gleich / nach jrem Bawersglauben (damit sie die Leute wollen bethören /
als blieben sie bey dem einfaltigen verstand der Schrifft / vnd rechtem
Christlichen Glauben) dawider hefftig toben / vnd schreien: Es sey nicht war /
Es sey erlogen (Denn so fein bescheidentlich reden sie / welchs wir jrem
verstand / vnd angemasten gewalt zuschreiben) So verstehet doch der Christliche
Leser / das der grund / in den praemissis, daraus diß vnwidersprechlich
geschlossen wird / von jnen vnwiderlegt / ja viel mehr bestetigt ist / vnd
bleibt. Sie wolten denn / nach jrer Dialectica, für recht passiren / vnd gelten
lassen: Antecedens concedere, & consequens negare; Oder / consequens
destruere, & antecedens affirmare: Das ist / zugleich ja / vnd nein
sagen in einerley Sachen. Das mus niemand thun (spricht Lutherus im buch von den
Conciljs) denn ein gar vnuerstendiger / oder ein verzweiffelter Spötter.
|| [226]
Die gleichnis von Leib / vnd Seel / item von Fewer / (Fol. Apol. Erf. 85. a.) vnd Eisen (darauff sie
alhie wider komen) sind droben von vns gnugsam / wie auch von andern hiebeuor /
zum öffternmal nach der der lenge erklert / vnd dienen nichts zu der Vbiquisten
Sachen.
Denn wie vmb der persönlichen vereinigung willen der Seeln / vnd Leibs am
Menschen / nicht kan gesagt werden / der menschliche Leib sey vernünfstig /
verstendig / weis / gelert: ob gleich nicht vnrecht gesagt wird / der Mensch ist
vernünfftig / weis / gelert / verstendig: Also ist wol recht gesagt / der Mensch
Christus (nicht aber / die Menscheit Christi) ist almechtig / alwissend /
allenthalben / Schöpffer / vnd erhalter aller ding.
Item / wir leugnen nicht / das die Gottheit in / mit / vnd durch die angenomene
menschliche Natur leuchte vnd wircke. Wie aber daraus nicht folget / das die
menschliche Natur in die Gottheit verwandelt / oder / das Licht selber werde:
also ist sie auch nicht selber almechtig / alwissend / allenthalben / sondern
solche eigenschafften / vnd Wirckungen gehören allein der Gottheit / vnd nicht
der Menschheit zu.
Gleich wie von einem glüenden Schwert / obs wol zugleich brennt / vnd schneidet /
jedoch nicht gesagt kan werden / das brennen des stahls / oder Schwerds / noch
schneiden des Fewers / oder der gluth wirckunge sey / sondern beides wird wol
vff einmal volbracht / aber von vngleicher vrsach. Viel weniger folget / dieweil
das Fewer / oder viel mehr die hitze des Fewers / in / mit / vnd durch das
glüende Eisen leuchtet / vnd brennet / das drumb die Krafft / oder Wirckung zu
leuchten / vnd brennen so wol dem Eisen / als
|| [227]
dem
Fewer zustehe. Wie vnser gegenteil fol. Apol. Erf. 86.
felschlich hieraus schleusst / das die menschliche Natur aus der persönlichen
vereinigung / vnd erhöhung die göttliche Krafft alles im Himel / vnd auff
Erde̅ zu schaffen / erhalten / vnd zu regieren in der that
(verstehe / sagen sie / vereinigter / aber nicht abgesönderter weis) empfangen
habe: die sich doch selbst nicht erhelt / sondern in / von / vnd durch das ewige
Wort erhalten wird.
Was sie nu bey diesem argument widerholen / von der proposition / das Christi
fleisch ein lebendmachendes(Fol. Apol. Erf. 85. b.) fleisch sey / ist nicht wider vns /
sondern wider jhr eigen gedicht. Denn aus dem ersten Concilio zu Epheso gehalten
/ klar zu beweisen / das die rechtgleubigen Väter eben darumb Nestorium verdampt
haben / dieweil er dieselbige proposition von einer sönderlichen
lebendigmachenden Krafft / so dem fleisch Christi von der beywonung des ewigen
Worts mitgeteilt solt worden sein / verstanden haben wolte. Welchs nichts anders
ist / denn der Vbiquisten realis idiomatum communicatio; nur dieses ausgenomen /
das Nestorius (wie die Jesuiten zu Ingolstadt vorlangst erwiesen) viel
scharffsinniger / als vnser gegenteil gewesen: Sintemal er wol gesehen / das ex
reali idiomatum communicatione mit nichten (wie vnser Vbiquisten vnsinnig
streitten) die persönliche vereinigung der beiden Natum / sondern vielmehr
derselbigen trennung in Christo erfolge.
Droben aber haben wir deutlich erklert / das Christi fleisch warhafftig
lebendmachend sey / vmb dreierley vrsach willen:
Erstlich / als des ewigen Worts / ausser welchem kein
|| [228]
Krafft des Lebens ist / eigen fleisch. Denn nichts kan lebendig machen / das
nicht das Leben wesentlich / das ist / ein Schöpffer des Lebens ist: wie
Cyrillus an vielen Orten bezeugt.
Zum andern / als das einige Lösegeld / dadurch wir vom tod zum Leben erkaufft
sind.
Zum dritten / als die warhafftige Speise zum ewigen Leben / vmb der niessung /
vnd application willen. Denn wie das fleisch Christi nach einmal volbrachtem
Opffer für der Welt Sünde / nicht ohne leben ist / noch sein kan ewiglich: Also
ist vnmüglich / das die jenigen / so nicht seine gliedmassen sind / des lebens
teilhafftig werden / In massen auch niemand seines warhafftigen fleisches ohne
leben geneusset / man wolte denn leugnen / das Christi fleisch ein warhafftig
lebendigmachend fleisch sey.
Wie der HERR sölches alles mit einem Spruch zusam̅en fasset: Ich
bin das lebendige Brod vom Himel komen: Wer von diesem Brod essen wird / der
wird leben in ewigkeit / vnd das Brod / das ich geben werde / ist mein Fleisch /
welchs ich geben werde für das Leben der Welt.
Christi fleisch ists / vmb der persönlichen vereinigung willen mit dem Wort /
welchs das Leben wesentlich ist.
Für das Leben der Welt wird es gegeben / als ein Opffer / vnd bezalung für die
Sünde.
Als ein Brodt erquickt es die Menschen zum ewigen Leben / vmb der application /
vnd niessung willen. Denn vngenossen / macht es niemand lebendig; genossen aber
/
|| [229]
hat es nicht ein Krafft zu tödten / sondern
lebendig zu machen: Sonst wer es viel mehr ein gifft / denn ein Speise zum
leben.
Wie aber hieraus nicht folget / das fleisch Christi ist ein lebendigmachend
fleisch / drümb ist es das Leben selbst: Also folget auch nicht / Es ist des
Sons Gottes eigen fleisch / drümb ist es so wol / als die Gottheit in Christo
almechtig / alwissend / allenthalben.
Denn wenn sichs also verhielte / so wer nicht von nöten gewest / das das Wort
fleisch würde / Sintemal die Krafft lebendig zumachen auch einer Creaturn hette
können mitgeteilt werden: vmb welches fürgebens willen Nestorij Lehr verdampt
ist worden.
Zwischen Nestorij aber / vnd der Vbiquisten Lehr ist kein vnterscheid: denn nur
allein / das jener die wesentlichen eigenschafften Gottes der vnuereinigten nach
der Person (denn er nur ein vnionem assistentiae dichtete / wie auch noch die
Antitrinitarier thun) diese aber (wie jhre wort lauten / ob wol die Sach
widerspricht) der vereinigten menschheit / die ja in Christo ein Creatur ist /
vnd bleibt in Ewigkeit / zuschreiben.
Dieweil aber beiden der Spruch Jesaiae 42. entgegen ist: Gloriam meam alteri non
dabo: Vnd die Vbiquisten das wort (Alteri) nur von einer andern Person / vnd
nicht zugleich von einer andern Natur verstehen / ist diß so grob / das es
keines widerlegens bedarff.
Denn wie der ewige Son zweierley eigenschafften an sich hat: nemlich die
wesentliche̅ / nach welcher die heilige̅ drey
Personen in der Gottheit einander gleich / ja einig sind / als almechtig /
alwissend / allenthalben sein / etc. vnd
|| [230]
die
persönliche / nach welcher der Son vom ewigen Vater / vnd heiligen Geist
vnterschieden wird / als da sein / aus des ewigen Vaters Natur geborn / der
glantz seiner herrligkeit / das ewige Wort / vnd wesentliche Ebenbild des Vaters
sein: Also ist war von beiderley eigenschafften des ewigen Worts / nemlich / so
wol von den natürlichen / oder wesentlichen / als von den persönlichen / das
solche Ehr dem fleisch Christi keins wegs gebüre / man wolte denn zugleich durch
die mitteilung der wesentlichen eigenschafften einen newen Gott / vnd durch der
persönlichen eigenschaffte̅ mitteilung / noch einen Son Gottes
dichten / das ist / die gantze Christliche Lehr vff einmal vmbstossen /
verleugnen / vnd zu nicht machen.
Wie denn auch vnser gegenteil diese glossam weder aus Gottes Wort / noch aus dem
heiligen Symbolo Athanasij wird erhalten können / da in der Erfurdischen
Apologia also stehet:
Wenn der Son Gottes seiner angenomenen menschlichen (Fol. Apol. Erf. 86. b.) Natur seine göttliche
gewalt mitteilet / so teilet er keiner andern / oder frembden Creatur ausserhalb
seiner Person / seine göttliche Maiestet mit / sintemal in Christo non est
alter, & alter, ist kein ander / vnd ander / sondern ein andere Natur /
etc.
Denn dieweil hiemit öffentlich bekant wird / das die göttlichen eigenschafft der
angenomenen Menscheit in Christo / als einer Creatur (ob sie wol nicht / wie
andere Creaturn / von der Person des Worts abgesöndert / oder frembd /
ausserhalb der Person des Worts / sondern des Worts angenome̅ /
vnd demnach sein eigen fleisch / vnd blut ist) gleichwol als einer bleibenden
Creaturn / mitgeteilt
|| [231]
werden: So wird aus dem Symbolo
Athanasij / so wol als aus Gottes Wort selbst / der beweis hinweg fallen / das
des Vaters / Sons / vnd heiligen Geistes ein einige Gottheit sey / darümb das
sie einerley Ehr / Maiestet / vnd herrligkeit / an almechtiger Krafft /
vnendlicher Weisheit / vnd vnermeslicher allgegenwart haben: Sintemal solches
alles / nemlich die göttliche Ehr / Maiestet / vnd herrligkeit der almacht /
alwissenheit / vnd algegenwertigkeit in Christo / von der erschaffenen Natur so
wol / als von der Schöpfferin / in der that / vnd warheit sollen gelten / vnd
gesagt werden können.
Was möchte nu den alten / vnd newen Antitrinitariern für bequemere fürschübe /
vnd beförderung jrer grewlichen Lesterung wider die ewige Gottheit des Sons
widerfahren?
Zugeschweigen / da der Spruch Jesaiae nicht eigentlich de natura, sondern de
persona altera zuuerstehen sein sol / das hiemit eben zugleich / die wesentliche
mitteilung der göttlichen eigenschafften vom Vater / nicht allein dem Son /
sondern auch dem heiligen Geist abgesprochen wird.
Dieweil denn solches alles wider die öffentliche Warheit sichtet / vnd demnach
vnser zwentzigste argument (nicht weniger / als die andern alle) noch fest / vnd
vnbeweglich bestehet / vnser gegenteil aber kemer freundlichen warnung audientz
/ noch raum zu geben bedacht: So wolle der Christliche Leser nochmals aus
folgenden gründen ermessen / ob nicht durch der Vbiquisten Lehr den
Antitrinitariern (Gott erbarms) thor / vnd thür in Deutschla̅d
aufsgetha̅ werde / vnd höchlich zubesorge̅ (der
almechtige gütige Gott
|| [232]
wolle solchs gnediglich
abwenden / vnd bey zeit hindern) wie die Arianische blasphemien gantz Orient
eingenomen / vnd den gerechten zorn Gottes vber denselben gezogen / das die
aller herrlichsten Schulen / vnd Kirchen jtzo der grawsamen Mahometischen
lesterung Stelle worden sein / Es möchte dergleichen vnfall / vnd verwüstung
auch Germanien / vnd andern Christlichen Königreichen / vnd Lendern widerfaren.
Denn one allen zweiffel diß bey allen rechtgleubigen vnleugbar / vnd bekant ist /
das die wesentliche / ewige Gottheit / nach welcher vnser HERR / vnd Heilande
JEsus Christus seinem ewigen Vater / vnd dem heiligen Geist gleich / ja einig
ist / vnter vielen andern / fürnemlich mit diesen viererley vnwidersprechlichen
gründen bewiesen werde.
Erstlich / mit gewissen ausserlesenen Sprüchen der heiligen Schrifft.
Zum andern / aus den natürlichen eigenschafften / die allein Gott zugehören.
Zum dritten / aus den Wercken / die keiner Creatur müglich.
Zum vierten / vnd letzten / aus den cultibus, oder diensten / die sonst niemand /
denn allein dem ewigen / lebendigen / warhafftigen Gott gebüren.
Diese gründe aber semptlich / vnd sönderlich werden von den Voiquisten zum teil
verkert / zum teil zweifelhafftig gemacht: dieweil sie dieselbigen auch auff die
angenomene menschliche Natur Christi ziehen / welche doch nicht von Ewigkeit her
gewest / sondern in der zeit allererst erschaffen ist / vnd wie andere Creaturn
jhren anfang in dieser Welt bekomen hat.
|| [233]
Derwegen wird durch der Vbiquisten Lehr die gewisheit der ewigen / wesentlichen
Gottheit in Christo geschwecht: dagegen aber der Antitrinitarier grewliche
Lesterung wider die heilige Dreyfaltigkeit gesterckt / vnd der Türcken vnglaub
in die Christenheit heimlich eingefüret.
Den mitler spruch (Minorem genant) beweisen wir ex sufficiente enumeratione
partium Maioris; das ist / aus gnugsamer erzelu̅g / wie die gründe
/ derer im ersten Spruch (daran kein Christ zweiffeln kan) gedacht wird / von
vnserm gegenteil misbraucht werden.
Denn erstlich / die Zeugnis der heiligen Schrifft betreffende / so ist offenbar /
das vnter andern diese zween Sprüch nicht die geringsten / sondern fast die
fürnembsten sind / dadurch die Christliche Kirch bißher erwiesen / das vnser
HERr Christus nicht allein warhafftiger Mensch / sondern auch ewiger /
natürlicher / warhafftiger Gott sey / nemlich der Spruch des Euangelisten / Das
Wort ward fleisch. Joann. 1. vnd der Spruch des Apostels / Ein jeglicher sey
gesinnet / wie Jesus Christus auch war / welcher / ob er wol in göttlicher
gestalt war / hielt ers nicht für einen Raub / Gott gleich sein / Sondern
eussert sich selbst / vnd nam Knechts gestalt an. Phil. 2.
Nu wird der Spruch des Euangelisten von den Concordischreibern fol. 296. also
verderbt / das er nicht mehr sol bezeugen / denn das Gott in vns wone / sintemal
dieser Spruch dem vörigen aequipollens, oder gleichstimmende sein sol. So müste
ja folgen / das der Son Mariae so wenig in der Person Gott selbst von Natur wer
/ als Petrus / vnd Paulus / vnd wir alle / in welchen Gott / als jn seinen
Tempeln wohnet. Vnd also wird
|| [234]
aus vnserm Im̅anuel / welcher , GOTT / vnd mensch ist /
nur gemacht , ein göttlicher mensch: dz also (nach der
alten Eutychianer / vn̅ Nestorianer meinu̅ge /
welche sich mit den Samosatenianern / vn̅ Arianern beide wol
vergleichen) aus dem Verbo incarnato (welchen die Griechen genent haben Deum
, Gott mit vnserm fleisch bekleidet / vnd vereinigt
/ der vnser angenomenes / vnd mit sich persönlich vereinigtes fleisch / in alle
ewigkeit an sich behelt / vnd tregt) müste werden carneus, hoc est, factitius
Deus, seu homo , ein fleischerne / das ist /
erschaffener / vnd new gemachter Gott. Welches im grunde nichts anders / denn
der heutigen Antitrinitarier / vnd newen Arianer / oder Seruetianer lesterung
ist.
Der Spruch Pauli aber (in Gottes gestalt / vnd Gott gleich sein / Item / Knechts
gestalt an sich nemen) wird von den Vbiquisten gantz / vnd gar wider der alten
rechtgleubigen Kirchen einhelligen consens / vnd meinung / ja auch wider D.
Brentij selbst erste / vnd schrifftmessige erklerung (darauff wir vns /
geliebter kürtze halben / hiemit abermal referirt haben wollen) zum
schrecklichsten verkeret. Sintemal er von jnen mit nichten (wie es doch der
context erfordert / vnd mit sich bringt) verstanden / oder ausgelegt wird / von
der ewigen / wesentlichen Gottheit des Sons / welcher freilich nach der
göttlichen gestalt (das ist / nach seiner ewigen Natur / so da ist die fülle der
Gottheit / das ist / die volkomene wesentliche Gottheit) einig / vnd gleich ist
/ vnd bleibt dem Vater / vnd heiligem Geist / an ewiger herrligkeit / vnd
Maiestet / als warhafftiger / natürlicher / wesentlicher / ewiger Gott selbst.
|| [235]
Sondern derselbige trostreiche / vnd recht Apostoliche Spruch / mus sich gantz
widersinnischer weis (Gott geklagt) drehen / vnd misdeuten lassen auff eine
mitgeteilte göttliche gestalt der almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit
/ das ist / auff jhre vnzeitige vbelerdachte Maiestet / so das angenomene
menschliche fleisch in / vnd von Christo empfangen / aber vor seiner
aufferstehung nicht volkömlich gebraucht / sondern in der nidrigkeit / welchs
sein sol die Knechts gestalt / gleich mit einer Laruen bedeckt / verborgen / vnd
heimlich gehalten hab / vff gut Manicheisch / dadurch zugleich die beweisung der
göttlichen Natur geschwecht / vnd die menschliche Natur in Christo gar
verleugnet wird.
Ob nu diß abschewliche gedicht / der vngleubigen Antitrinitarier / vnd
abtrünnigen Mamelucken / so zum Alcoran sich begeben / blasphemien / vnd
lesterungen wider die ewige Gottheit vnsers Heilandes Jesu Christi nicht
befördere / mag ein jeder rechtgleubiger / vnd verstendiger Leser bey sich
selbst in der furcht Gottes bedencken / vnd ermessen.
Denn freilich die newen Antitrinitarier eben auff solche weise den Spruch Pauli
verkeren / vnd daraus wider die ewige Gottheit vnsers Heilandes gar leicht also
schliessen können / wie folget: Der gantze Christus bestehet aus der gestalt
Gottes / vnd aus der gestalt eines Knechtes. Philip. 2.
Er hat aber von Mutterleib an (nach der Vbiquisten Lehr) beide gestalt an seiner
menschlichen Natur / vnd Substantz gehabt / dieweil er nach der Menscheit mit
den göttlichen eigenschafften gezieret / derselben aber im stand
|| [236]
der nidrigkeit sich geeussert / vnd vor den Leuten in
dieser sichtbaren Welt nur einen eusserlichen menschlichen knechtswandel gefüret
/ biß er nu durch den eingang in seine herrligkeit die Knechtsgestalt gar
abgelegt.
Derwegen ist er vor / vnd nach seinem Leiden ein pur lauter Mensch (so viel sein
Substantz betrifft) bleiben / ob er wol mit göttlichen eigenschafften der
almacht / alwissenheit / allenthalbgegenwertigkeit / als ein gemachter Gott /
gezieret / vnd begabet ist.
Was nu den Antitrinitariern auff diese Gotteslesterung / dazu jnen durch
obgedachte verkehrung des Apostolischen Spruchs anleitung gegeben / vnd ein
grosser vorteil gethan wird / mit bestendigem grund zu antworten sey / werden
die Vbiquisten / so lang sie vff jrem gedicht verharren / wol vnangezeigt
lassen.
Zum andern / ist kundt / vnd offenbar / das man in der Christlichen warhafftigen
Religion bißher einmütiglich also geschlossen:
Niemand ist almechtig / alwissend / allenthalben / denn allein Gott in seinem
vnendlichen Wesen.
Es ist aber so wol der Son / als der Vater / vnd heiliger Geist / almechtig /
alwissend / vnd allenthalben.
Darumb ist der Son so wol / als der Vater / vnd heiliger Geist / warhafftiger /
ewiger / wesentlicher / natürlicher Gott.
Dieweil aber nicht mehr / denn ein einiger Gott ist / vnd der Son gleichwol nicht
der Vater / noch heiliger Geist ist / so folget / das obwol ein andere Person
der Vater / ein andere der Son / ein andere der heilige Geist / dennoch Vater /
Son / vnd heiliger Geist der einige / lebend
|| [237]
machende / ewige / natürliche wesentliche Gott ist / gleich in der
herrligkeit / vnd ewigen Maiestet.
Nu aber die Vbiquisten eben diese Maiestet der göttlichen almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit / vff die angenomene menschlichen Natur
ziehen / vnd deuten / so verstehet ja ein jedes fromes Hertze / das hiedurch der
obgesatzte Schluss geschwecht / vngewis / vnd zweiffelhafftig gemacht wird.
Dieweil ein vngleubiger Mahumetist bald instantiam geben / vn̅ ein
einwurff vorbringen könte: Auff diese / oder dergleichen weise / wie folget:
Die menschliche Natur ist ein Creatur. Sie ist aber gleichwol (der Vbiquisten
Lehr nach) almechtig / alwissend / allenthalben. Derwegen folget nicht / das vmb
sölcher Namen / vnd eigenschafft willen / der Son Mariae eines Wesens mit dem
ewigen Vater sey.
Hierauff / wissen wir wol / das vnser gegenteil excipirt: Es sey ein vnterscheid
in der weis. Denn die Gottheit in Christo sey die almechtigkeit selbst / die
menschliche Natur aber sey nur almechtig: Item / Jene hab es von Ewigkeit /
diese in der zeit / etc.
Aber es sind vergebliche behelff / die nichts zur entschuldigung dienen. Denn so
wenig sie zu Quedlinburgk vor D. Heshusio / mit einiger schrifft haben beweisen
können / das die Menscheit Christi sey allenthalben: Also werden sie auch in
ewigkeit mit keinem Spruch (dem buchstaben / vnd eigentlichem verstande nach)
erweisen / das sie almechtig / oder alwissend sey. Wiewol jhnen solches von D.
Heshusio (darob sich billig zuuerwundern) noch on allen grunde zugelassen:
gleich als were die vnendligkeit der Macht / vnd Weisheit geringschetziger /
denn die
|| [238]
vnendligkeit der gegenwart: Oder / als könte
die gedichte almechtigkeit / vnd alwissenheit des Fleisches Christi bestehen /
ob sie schon in dem vnkrefftig befunden würde / seine (des fleisches) substantz
allenthalben zu praesentiren. So doch die allenthalbenheit nicht ferner sich
erstreckt / als wo fern die Creaturen sind / oder wonen / es sey im Himel /
Lufft / Wasser / auff Erden / oder vnter der Erden. Die almacht aber / vnd
Weisheit Gottes vbertrifft dieses alles / was erschaffen ist / vnermeslicher
weis / vnd könte viel tausentmal mehr Creaturen / ja gantz newe Welt erschaffen:
welche Krafft ob sie der Menscheit Christi (die sich selbst nicht gemacht / noch
erhelt / vnd wie Lutherus recht / vnd Christlich schreibet / sich selbst von dem
tode nicht erwecket hat / noch jhr selbst am creutz hat helffen können) auch
zugeteilt sey / man hiemit den Vbiquisten / vnd jhrem anhang besser zu bedencken
vbergeben wil.
So lang sie nu nicht klare Schrifft bringen / das Christus nach beiden Naturn
almechtig / alwissend / allenthalben sey / bleibt jhr gedicht vnbewiesen / vnd
verwerfflich.
Zu dem / weil der Mensch Christus anders nicht almechtig ist / als warhafftiger
Gott (denn kein Creatur ist almechtig) So ferner aber Gott ist / ist er auch die
Gottheit / vnd almechtigkeit selbst; was kan denn für erhebliche vrsach
angezogen werden / warümb das fleisch Christi (welchs nach der Vbiquisten Lehr /
nicht allein almechtig / sondern auch Gott ist) nicht auch die Gottheit / vnd
almechtigkeit selbst / vnd demnach ein newe / almechtige Göttin (aus gleichem
der Vbiquisten vngrunde) solte genennet werden?
|| [239]
Hierauff begeren auch die Jesuiten zu Meintz richtige antwort / vff welche wir
vns nochmals / nicht zwar als vff vnsere Rottgesellen (wie die Herrn Verfasser
trunckener(Fol. Apol. Erf. 87. a.) weis calumnijren) sondern darumb beruffen / das sie
dißfals halten / vnd schreiben / was dem göttlichen Wort gemeß ist. Daher auchu
Ltherus selbst bekant / Er hab in diesem artickel mit den Papisten keinen zanck
/ oder zwiespalt. So heissts ja; Non quis, sed quid dicat, attendas: Siehe auff
die Warheit / vnd nicht vff die Person. Sonst möchten sie auch die gantze Bibel
/ vnd alle rechtgleubigen alte Veter verwerffen / dieweil sich die Jesuiten / so
wol als wir / derselbigen gebrauchen / vnd darauff beruffen.
Im fall man hiemit noch nicht zu frieden sein / sondern vieleicht abermal den
erdichten vnterscheid vrgiren wolt / das gleichwol die almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit von jnen (den Vbiquisten) nicht vff einerley
weis in beiden Naturn / sondern vff ein andere weis in der Gottheit / auff ein
andere in der Menscheit Christi betrachtet werde: So antworten wir / das in der
heiligen Dreyfaltigkeit gleichfals das ewige göttliche Wesen / sampt allen
wesentlichen eigenschafften Gottes / anders in dem ewigen Vater / als von
niemand; anders in dem ewigen Son / als allein vom Vater durch die ewige Geburt;
vnd anders in dem ewigen heiligen Geist / als zugleich vom Vater / vnd Son durch
den ewigen ausgang mitgeteilt / vnd empfangen / betrachtet wird.
Aber wie hieraus nicht folgt / das Vater / Son / vnd heiliger Geist nur ein
einige Person in vnterschiedener Natur / vnd Wesen / sondern vielmehr einerley
form /
|| [240]
gestalt / Natur / vnd Wesen in vnterschiedenen
gleichewigen Personen an sich haben / behalten / vnd sind / von Ewigkeit / zu
ewigkeit: Also würde in Christo vnwidersprechlich die gleicheit in den Naturn
(ausgenomen die zeit) vnd daneben die spaltung / oder trennunge der Person
folgen müssen.
Wollen alhie geschweigen / das eben durch vnsers gegenteils fürgeben / das
nemlich die persönliche vereinigung in Christo stehe vff geben / welchs von der
Gottheit geschehe / vnd vff empfahen / oder nemen / welchs allein von der
Menscheit zuuerstehen sein sol / die menschwerdung viel mehr des Vaters / als
des Sons / nach der Sabellianer / vnd Patripassianer Lesterung (dauon hiebeuor
auch notdürfftige meldung / vnd Christliche warnung geschehen) eingefüret / vnd
bestettigt wird. Sintemal Christus alles von dem Vater / vnd nicht von sich
selbst empfangen hat. Matth. 11. Joann. 17.
Vertieffen sich also die guten Herrn aus einem jrthumb in den andern / nach dem
Sprichwort: Dato vno inconueniente lequuntur infinita. Item: Incidit in seyllam,
qui vult vitare charybdim.
Zum dritten / spricht der Euangelist / Alle ding sind durch das Wort gemacht /
vnd one dasselbige ist nichts gemacht / was gemacht ist. Joan. 1. Daraus die
rechtgleubige Kirchen beweiset / das der Son Gottes sey warhafftiger / ewiger /
natürlicher / wesentlicher Gott / denn das Werck lobt den Meister. Vnd die
Schrifft erklert sölchs nicht allein von der Schöpffung der Welt / welche einmal
geschehen / sondern auch von der widerbringung des armen gefallenen menschlichen
geschlechts zum ewigen Leben /
|| [241]
vnd daneben von der
erhaltung aller geschöpffe / biß zum ende der Welt. Denn es ist beides /
Schöpffung / vnd erhaltung / eines Meisters Wercke.
Derhalben bezeugt der Apostel / das der Son / welchen Gott gesetzt hab zum Erben
vber alles (Nota: dem Son gebürt alles / nicht allein aus verdienst / als dem
Mitler / sondern auch von Natur / als dem Erben. Das Erbteil aber wird zu
gewisser zeit eingethan / vnd vbergeben: darumb hat er auch als Gott etwas /
nemlich sein Erbteil / vnd eigenthumb / welchs von ewigkeit wol im Raht Gottes
also beschlossen / Ephes. 1. aber nicht von ewigkeit in der that also vorhanden
gewesen / zu gewisser zeit empfangen / one nachteil / dürfftigkeit / vnd mangel
seiner ewigen Gottheit / Psalm. 2.) durch welchen er auch die Welt gemacht / sey
nicht allein der glantz der herrligkeit des ewigen Vaters / vnd das ebenbilde
seines Wesens / sondern trage auch / das ist / regiere / vnd erhalte alle ding
mit seinem krefftigen Wort. Hebr. 1.
Vnd der 147. Psalm schreibt nicht allein die Erschöpffung / sondern auch
erhaltung der gantzen Welt / vnd aller Creaturn in der Welt dem einigen Gott zu
/ da er vermant / vnd spricht:
Singet vmb einander dem HERRN mit dancke / vnd lobet vnsern Gott mit Harffen.
Der den Himel mit Wolcken verdeckt / vnd gibt Regen auff Erden / der Grass auff
Bergen wachsen lesst.
Der dem Vieh sein Futter gibt / den jungen Raben / die jn anruffen. etc.
|| [242]
Dieweil nu die Erfurdische Apologia mit dürren (Fol.
Apol. Erf. 86. a.) worten ausspricht / das
Christus auch nach seiner persönlich vereinigten / vnd erhöheten menschlichen
Natur / alles schaffe / erhalte / vnd regiere / im Himel / vnd auff Erden: vnd
die Concordiformul fol. 307. alle mirackel Christi / daraus man sonst sein ewige
Gottheit zuerweisen pflegt / vff die mitgeteilte / vnd empfangene Maiestet der
angenomenen / vnd erhöheten Menscheit deutet: So mus ja vnwidersprechlich folgen
/ das (vermöge der Vbiquisten gloß) aus allen diesen / vnd dergleichen Wercken
(welche doch die Schrifft allein der almacht / vnd Krafft des ewigen Schöpffers
/ als dem Finger Gottes zuschreibet / vnd die der Son mit dem Vater / vnd
heiligem Geist gemein hat / Psalm. 33.) nicht mehr wider die Antitrinitarier
krefftiglich wird geschlossen können werden / das der Vater / Son / vnd heiliger
Geist / eines göttlichen ewigen Wesens / Natur / form / oder gestalt sind /
gleich in der herrligkeit / vnd ewigen Maiestet. Sintemal (der Vbiquisten
gedicht nach) auch die vereinigte / vnd erhöhete Menscheit in Christo / zu
sölcher göttlichen almacht / vnd gewalt warhafftig erhaben / das sie ALLEs in
der That schafft / erhelt / vnd regirt (wie die newe Apologia one grund fürgibt)
im Himel / vnd auff Erden.
Also wird forthin der 147. Psalm nicht mehr von dem Jehouah / vnd Schöpffer aller
ding / welcher Name in der Schrifft eigentlich nur allein dem göttlichen Wesen
zugeschrieben wird / Sondern von der Menscheit in Christo / das ist / von der
Creatur müssen verstanden werden / das dieselbige Regen / vnd Schnee vom Himel
gebe / Graß auff Berge̅ wachsen lasse / vn̅ dem
Viehe sein futter schaffe.
|| [243]
Welchs doch vnser gegenteil weder aus Gottes Wort / noch mit eines einigen
rechtgleubigen Lerers gezeugnis in ewigkeit beweisen kan / sönderlich dieweil
bekant / das die menschliche Natur Christi weder von / noch durch sich selbst
erhalten werde / viel weniger sich selbst erschaffen habe.
Vnd ob wir schon nachgeben wolten / das die Gottheit in Christo / vmb der
persönlichen vereinigung willen mit dem Fleisch / ALLES / nicht allein in / vnd
mit (welchs wir gern bekennen) sondern auch durch die angenomene / vereinigte /
vnd erhöhete Menscheit (welchs die Schrifft nicht leidet) trage / schaffe /
erhalt / vnd regire / im Himel / vnd auff Erden: So müste doch hiedurch die
persönliche vereinigung zum wenigsten vor der erhöhung geschwecht (weils damals
noch nicht im Werck also ergangen ist) oder die erhöhung mit der nidrigung
vermischet / vnd demnach die historische Warheit in zweiffel gezogen werden.
Wollen abermal geschweigen / das durch etwas / schaffen / tragen / erhalten / vnd
regieren alles / was im Himel / vnd auff Erden / vnd demnach Fewer / Lufft /
Wasser / Erden / Sonn / Mond / Stern / Menschen / Viehe / Grass / vnd Laub /
noch einige Creatur / weder klein / noch gros / vnausgeschlossen (denn sölchs
alles mit dem Himel / als mit einer deck / oder gewelb begriffen / vnd vmbfangen
ist) Diß nu alles (sagen wir) durch etwas angenomenes schaffen / tragen /
erhalten / vnd regieren (welchs allein Gott zustehet) macht kein persönliche
vereinigung / man wolt denn abermal Gott den ewigen Vater / vnd seinen
eingebornen Son / das ewige Wort / mit den Sabellia
|| [244]
nern / für eine Person halten / dieweil die Schrifft bezeuget / das
alle ding durch das Wort gemacht / Joan. 1. vnd Gott durch seinen Son auch die
Welt erschaffen hab. Hebr. 1. Vnd der Psalm gebraucht sölche Reden nicht allein
vom Son / sondern auch vom heiligen Geist: Denn der Himel ist durchs Wort des
HERRN gemacht / vnd all sein Heer durch den Geist seines Mundes. Psalm. 33.
Zum vierten / vnd letzten ist gewis / das die Ehr der anruffung / vnd Gebets
keiner Creaturn / sondern allein Gott gebüret / als dem einigen Hertzkündiger /
vnd almechtigen Helffer / der seinen gleubigen in aller noth gegenwertig
beywonet / jre seufftzen erhöret / vnd nach seinem weisen Raht / wie es am
besten ist / trost / linderung / Hülff / vnd rettung schafft / vnd verleihet.
Dieweil aber vnser Widersacher solchen Gottesdienst / auch der angenomenen
menschlichen Natur in Christo / die ein Creatur ist / vnd zwar nicht (wie mit
vns die gantze rechtgleubigen Kirchen) vmb der persönlichen vereinigung willen
mit dem ewigen Wort / sondern viel mehr vmb der von jhnen vbelerdachten
Vbiquitet / oder Maiestet / vnd wirckendlicher mitteilung willen der
wesentlichen eigenschaffte̅ Gottes / zuschreiben: So schwechen sie
eben auch hiemit den beweis von der ewigen Gottheit in Christo / vnd stercken
der Antitrinitarier abgötterey / wider aller rechtgleubigen bekentnis / Lehr /
vnd meinunge.
Alhie aber (welchs nothwendig mit zu erinnern ist) misbrauchen sie abermal zu
jrem vorteil / das von den alten Lehrern wider Nestorium im ersten Concilio zu
Epheso recht geschlossen / man solle Christum Gott / vnd
|| [245]
Menschen / ohne trennung / in einer Person / mit einerley Gebet
zugleich ehren / vnd machen ein Eutychianische vermischung der Naturn / gleich
als gebürte der menschlichen Natur so viel ehr / als der göttlichen. Da doch
hieraus eben das jenige / so der alten rechtgleubigen Veter Lehre im grund zu
wider ist / folget.
Denn dieweil sie (die Vbiquisten) die Gottheit / vnd Menscheit in Christo mit
einerley Ehr / aber vmb vngleicher vrsachen willen / verehren / die Gottheit
zwar vmb jhrer wesentlichen Maiestet willen / die Menscheit aber vmb derselbigen
aus gnaden / oder geschencks weise mitgeteilten / vnd empfangenen Maiestet
willen (wie D. Zacharias Schilter / Professor Theologiae, vnd Procancellarius zu
Leiptzigk / thesi 75. Disput. 1.
de regno Christi, vnam, eandemque illam Immanuelis gloriam, seinem eigen
Gewissen / vnd vörigen Lehr / die er anders von seinem praeceptore gelernet hat
/ viel mehr aber der öffentlichen Warheit des göttlichen Worts zu wider /
vnterscheidet / vnd distinguirt in naturae quidem diuinae , naturae verò humanae ex gratia ei donatum, seu vt
munus ei datum) So wird eben hiedurch das Gebet getrennet / vnd bleibt nicht
einerley latria, oder Gottesdienst / sondern vff gut Nestorianisch wird die
Menscheit mit der Gottheit coadorirt / als werens vnterschiedene Person / vnd
werden die gedancken im Gebet zugleich verwirret / vnd zerteilet: Sintemal die
vrsach / darumb beiden Naturn sölcher cultus, oder Gottes dienst erzeigt wird /
nicht einerley / sondern zerspalten ist. Daraus denn vnwidersprechlich an stadt
des warhafftigen einigen Gottesdiensts / ein Nesto
|| [246]
rianische Anthropolatria, oder Menschendienst / in die Kirchen Gottes
eingefüret werden müste.
Dagegen die rechtgleubigen alten Lerer einmütiglich aus Gottes wort geschlossen /
das dem ewigen Son Gottes / so wol nach / als vor seiner gnadenreichen
Menschwerdung / die anruffung gebüre / als natürlichem / ewigen Gott / mit dem
Vater / vnd heiligem Geist / hochgelobt in Ewigkeit.
Betreffend aber die angenomene Menscheit Christi / wird dieselbige keins wegs vom
gebet ausgeschlossen / Sondern dieweil im Gebet / vnter andern notwendigen
requisiten / fürnemlich dreierley erfordert wird:
Erstlich / die gewisheit / wie der rechte Gott anzutreffen sey / damit man nicht
etwas für Gott halte / wie Türcken / Jüden / vnd Heiden / das nicht Gott ist.
Zum andern / ob er vns könne erhören / das ist / ob er nicht allein die Krafft /
sondern auch die Macht / oder den gewalt habe / vns armen Sündern zu helffen.
Zum dritten / warumb er sich vnser noth annemen / vnd die seufftzen der elenden /
die seinen Namen anruffen / nicht verachten / noch verstossen sol / vnd wolle.
So haben die alten rechtgleubigen Lehrer / nemlich Augustinus / Chrysostomus /
Cyrillus / Damascenus / etc. Ja nach / vnd von denselbigen auch die Scholastici,
zum gleichnis (welchs doch nicht gar / sondern nur etlicher massen / nach
gleichnis art / sich reimet / wie wir es denn auch one calumnien verstanden
haben wollen) die königliche Kron / Scepter / vnd Purpur / vmb erklerung willen
/ gebraucht.
|| [247]
Denn wie für sich derselbige königliche ornat mit keiner supplication / noch
fußfall der Vnterthanen verehret wird / vnd gleichwol so jn der König an sich
tregt / ohne verletzung der königlichen Maiestet / vnd Wirden / nicht verunehrt
/ noch abgerissen werden kan / Sondern dienet viel mehr dem Supplicanten zu
dreierley:
Erstlich / das er an der Person nicht jrre / vnd etwan einen Diener für den Herrn
anspreche.
Zum andern / das er sich der königlichen autoritet dabey erinnere / vnd nicht
zweiffel / es werde bey dem abschied / der jm von diesem purpurato, welcher den
amptsscepter in der Hande führet / vnd die königliche Kron auff dem Heupt tregt
/ gegeben werde / wol bleiben müssen / vnd von niemand können cassirt / noch
vmbgestossen werden.
Zum dritten / das er desto freudiger hinzu gehe / weil er den Scepter / vnd die
Kron / sampt dem purpurmantel siehet / mit welchem allem der König zu anzeigung
seines Regentenampts / vnd geneigten willens / jederman audientz / vnd
gebürlichen rechtmessigen abscheid zu geben / bekleidet ist / das er nemlich
auch den geringste̅ Supplicanten / wie elend / oder vnwirdig er
geacht möchte werden / gleichwol vmb der Kron / das ist / vmb seines königlichen
ampts willen / nicht hülfflos lassen sol / noch wolle.
Also wird das angenomene menschliche fleisch Christi nicht für sich / als ein
Creatur angebetet / sondern wir ruffen an den eingebornen Son Gottes / welcher
vnser fleisch / Bein / vnd geblüth an sich tregt / vnd haben dreierley nütz
dauon / wie folget:
Erstlich / damit wir mit den vngleubigen Heiden / Jüden / oder Türcken (die ohne
erkentnis des eingebornen
|| [248]
Sons den Schöpffer der Welt
/ das ist / jrn eigen götzen / oder bild anruffen) des rechten Gottes nicht
fehlen / denn er hat sich in vnserm fleisch offenbaret. 3. Tim. 3.
Zum andern / damit wir an seiner Macht nicht zweiffeln dürffen / denn dieser ists
/ der nicht allein von natur einerley almechtige Krafft hat / mit dem Vater /
vnd heiligem Geist / sondern dem auch der Vater / mit sieglung des heiligen
Geistes / alle gewalt des menschlichen geschlechts Heil / vnd Seligkeit
betreffend / volmechtiglich vbergeben / vnd mit eigner stimme vns befohlen / das
wir diesen / vnd keinen andern hören sollen / welcher one jemands verhinderung
seinem Wort / zusage / vnd drewunge Krafft geben wird / Psalm. 68. Darumb auch
der Vater alles gericht dem Son auffgetragen / vnd wil von niemand geehret sein
/ der seinen lieben Son verachtet / Johann. 5. Mit allen aber den jenigen wil er
ewiglich wol zu frieden sein / die den Namen seines eingebornen Sons in
warhafftiger bekerung anruffen. Rom. 10. Joel. 2.
Denn sonsten kein ander Name den Menschen gegeben ist / in welchem heil zu hoffen
wer. Act. 4. Vnd das ist der Name / in welchem sich endlich alle Knie beugen
werden / so wol der fromen / als der gottlosen / zur Ehre Gottes des Vaters.
Phil. 2. Denn auch die verdampten endlich (aber mit ewigem schrecken / furcht /
vnd zittern) erkennen werden / in welchen sie gestochen haben.
Wie denn mit solcher Ehr vnser Heiland Jesus Christus albereit verkleret ist /
vnd noch teglich durch die Predigt seines Euangelij verkleret wird. Welche er
wol / ehe der Welt grund gelegt ward / warhafftig gehabt von
|| [249]
Ewigkeit / vnd dieselbige niemals verlorn / jedoch vnsert halben /
die wir jhn von Natur nicht dafür erkant / von seinem Vater gebeten / vnd in der
zeit empfangen hat: verstehe / so fern jhn das menschliche geschlecht fur den
einigen Mitler / durch das licht seiner gnaden erkent / vnd auffnimpt.
Zum dritten / werden wir durch diß geheimnis auch des göttlichen willens gegen
vns versichert / damit vnser vnwirdigkeit vns nicht zu rück treibe. Denn vmb der
nahen blutuerwantschafft willen / dadurch sich der Son Gottes mit annemung vnser
Natur / so genaw gegen vns in höchster freundschafft verbunden / haben wir ein
freudigkeit jhn anzusprechen / vnd dürffen an der hülff / vnd erhörung nicht
zweiffeln.
Denn wir haben nicht einen Hohenpriester / der nicht könne mitleiden haben mit
vnser schwacheit / sondern der versucht ist allenthalben / gleich wie wir / doch
ohn Sünde. Hebr. 4. So hat ja niemand jemals sein eigen fleisch / vnd blut
gehasset / sondern er nehret es / vnd pfleget sein. Ephe. 5. Vnd eben darümb
behelt auch das ewige Wort an sich / was es einmal worden ist / auff das wir
nicht vff vnser vnwirdigkeit / sondern vff die verwantschafft sehen / die er mit
vns auffgerichtet.
Diss ist die warhafftige trostreiche Lehr von der rechten anruffung Jesu Christi
/ Gottes / vnd Mariae Son / in einer Person. Wie denn vnser gegenteil mit keiner
schrifft / noch exempel der Schrifft diese erklerung wird tadeln / noch
vmbstossen können. Ja / die gantze Christliche Litaney gibt wider sie zeugnis /
dieweil wir nicht beten / oder sagen:
Du Menscheit / oder / du fleisch Christi / erhöre vns:
|| [250]
Sondern du Lamb Gottes / erhöre vns. Oder / wie im Euangelio stehet: Jesu lieber
Meister / du Son Dauid / erbarm dich vnser.
Vnd in der Litaney wird die vrsach der erhörung eben aus der verwantschafft mit
vns / vnd aus dem heiligen ampt des Mitlers angezogen: Erhöre vns durch dein
heilige Geburt / durch dein bitter Leiden / vnd todt / durch dein fröliche
aufferstehung: etc.
Darumb wer die menschliche Natur im Gebet von dem ewigen Wort / mit einigem
gedancken trennet / oder mit demselbigen (wie beides von den Vbiquisten
geschicht) vermenget / der verlewert zugleich die gewißheit / wer der rechte
Gott sey / vnd mus zweiffeln nicht allein / Ob / sondern auch warümb jm
zuhelffen sey. Denn er sonsten weder von dem vermögen / noch willen des / der jm
helffen sol / gewis sein kan. Daraus denn freilich der Antitrinitarier
abgötterey / vnd dergleichen götzenwerck gar leichtlich folget. Derwegen vnser
gegenteil diese freundliche warnung nochmals in der furcht Gottes wol
behertzigen / vnd nicht verachten / noch so leichtfertig in winde schlahen
wolle.
Was aber mehr zu diesem argument gehöret / mag der Christliche Leser in
collatione catholicae, & orthodoxae Christianorum fidei cum disputatione
habita VVitebergae, Anno 80. thesi 137. von dem 154. blat an / biß ins 160. nachsuchen: Alda mit
gnugsamen gründen dargethan / vnd erwiesen wird / das zwischen Serueti so wol /
als der newen Antitrinitarier Lesterungen / vnd der Vbiquisten Lehr / beides in
sententia, vnd phrasibus gar wenig vnterscheids zuspüren. Wer nicht mutwillig
jrren wil / der ist
|| [251]
daselbst / vnd alhie gnugsam
gewarnet. Denn vns diese Schrifft / one das / wider vnser zuuersicht / vnter den
Henden wechset / das wir nothalben abbreche̅ / vnd den Leser vff
andere erklerung weisen müssen. Wie wir denn auch für den sichersten Weg halten
/ das wir vnsern Glauben / Lehr / vnd bekentnis (so viel müglich) viel mehr mit
anderer / der göttlichen Warheit / vnd demnach der Augspurgischen Confession /
in rechtem schrifftmessigen verstand (als denn in angezogener Collation / vnsers
einfaltigen verstandes / anders nicht zubefinden) von hertzen zugethanen / vnd
verwanten Lehrern zeugnissen / denn mit vnsern eigen worten darthun / vnd
beweisen.
Was aber vnser gegenteil de datis Christo in tempore; von dem / das Christo in
der zeit gegeben / alhie widerholet / ist droben in vnserm andern argument
ausfürlich(Fol. Apol. Erf. 86. a.) erklert / vnd verantwortet. Denn sie die gantze Religion
müsten vmbkeren / wenn sie jre falsche meinung / als könte Gott gar nichts
gegeben werden / erhalten solten. Sintemal der HERR selbst befohlen / man sol
Gott geben / was Gottes ist / Matth. 22. vnd der 68. Psalm sagt: gebt Gott die
Macht (das ist / erkennet / vnd preiset mit Zungen / vnd Hertzen / das allein
Gott almechtig ist) Seine Herrligkeit ist in Israel / vnd seine Macht in den
Wolcken.
Item / Lucae 17. zürnet Christus / das nicht mehr / denn der einige Samariter von
den zehen aussetzigen (die er gesund gemacht / da er mit seinem Leib nicht bey
jhnen gewest / viel weniger durch seine menschliche Natur jnen geholffen /
sondern sie von sich geschickt hatte) wider vmbkerete / vnd GOTT (nicht aber
seinem fleisch) die ehre gab. Denn Gott erkennen / vnd preisen / heisset
eigentlich / sei
|| [252]
nen für sich (auch ohne vnser
erkentnis) stedt heiligen Namen noch mehr heiligen / vnd also Gott seine
gebürliche Ehr geben / wie es die Schrifft selbst ausleget: Opffer Gott danck /
vnd bezahle dem Höhesten deine gelübde: Vnd ruff mich an in der noth. Denn wer
danck opffert / der preiset mich: Vnd das ist der Weg / das ich jhm zeige das
Heil Gottes. Psalm. 50.
Welchs denn aus keinem mangel bey Gott herfleusst / der freilich auch on vnser
geben / vnd ehren / geehrt ist / vnd bleibt von ewigkeit zu ewigkeit. Der mangel
aber ist in vns / welcher durch das Licht göttliches erkentnis / vnd Offenbarung
/ so vns Gott aus gnaden anzündet / vnd widerfaren lesset / ersetzet wird / das
er als denn von vns seine gebürliche Ehr empfehet / wenn er vns mit dem
gnadenlicht seines Worts durch seinen heiligen Geist zuuor erleuchtet.
Diß ist die ewige / vnwidersprechliche Warheit in gemein von den heiligen
Gottesdiensten / dadurch Gott seine Ehr / ohne derselbigen einigen mangel / oder
dürfftigkeit / von seinem geschöpff / auch in der zeit gegeben wird.
Was wir aber in sonderheit de datis Christo in tempore, nach dem vnterscheid
seines göttlichen Wesens / vnd ampts / gleuben / halten / vnd leren / dasselbige
ist keins wegs (wie vnser gegenteil alhie wider jhr eigen Gewissen / (Fol. Apol. Erf. 86. a.) vns
schuld gibt) ein Arianische Lesterung. Sondern die Arianer / dauon Bischoff Leo
meldet / theileten der Gottheit in Christo sönderliche Krafft / vnd stercke zu /
die sie in der zeit empfangen haben solt / vnd verleugneten dadurch die ewige
gleicheit / ja einigkeit am Wesen des Sons mit dem Vater. Welchs nichts anders
im grunde gewesen /
|| [253]
denn eben vnsers gegenteils
gedicht / als könte die menschliche Natur in Christo mit gleicher almacht /
Weisheit / vnd vnendlicher gegenwart begabt / vnd gezieret werden / durch die
thetliche mitteilung / vnd empfahung aller / oder etlicher eigenschafften Gottes
/ ob sie gleich nicht wesentlich die Gottheit selbst würde. Das also nach des
Bischoffs Leonis warnung / sich die Vbiquisten am allermeisten fürzusehen haben
/ damit sie nicht gar zugleich in der Eutychianer / vnd Arianer geselschafft
gerathen.
Vnd zwar / damit der Christliche Leser die Sach noch eigentlicher einneme / so
ist ja bekant / vnd vnwidersprechlich / das die göttliche Maiesiet / vnd
herrligkeit des ewigen Worts / anders nach seinem Wesen / secundum Theologiam,
da kein vnterscheid ist zwischen dem Vater / Sohn / vnd heiligem Geiste / vnd
anders nach seinem ampt / secundum oeconomiam, wie die alten rechtgleubigen
Kirchenlerer reden / betrachtet wird.
Zu deme / wird das geben / vnd empfahen / auff vnterschiedene weis gebraucht /
vnd verstanden / nach dem man entweder redet de gratia vnionis; oder de
maiestate capitis, seu officij; oder de gratia habituali donorum, seu
praerogatiuarum.
Wenn nu der Spruch Leonis Episcopi recht angesehen wird / so bedarff man keiner
glossa / sondern es erkleren sich die wort selbst / das er nemlich rede / vnd
verstanden sein wolle de donis gratiae habitualis, das ist / von einer solchen
erhöhung / nach welcher der verklerten Menscheit Christi ein newe Ehr / vnd
gewalt / die sie zuuor nie gehabt hat / gegeben sey. Denn er leret / das man
solchs / vnd dergleichen von dem göttlichen Wesen des ewigen Worts mit nichten
sagen könne.
|| [254]
Der Spruch Leonis lautet im Teutschen / wie folget: Es mögen vns die jenigen / so
der Warheit (verstehe / von der ewigen Gottheit des Sons / vnd einigkeit seines
Wesens mit dem Vater) widersprechen / dieses berichten: Nemlich / wenn der
almechtige Vater / oder nach welcher Natur / Er seinen Son vber alles erhaben /
oder welcher substantz / vnd Wesen Er alles vnterworffen habe? Denn der Gottheit
/ als dem Schöpffer / ist alzeit alles vnterworffen gewesen. Wenn nu der
Gottheit eine gewalt zugelegt / oder jhr dieselbe nu erst vermehret / das ist /
wenn derselben höhe noch mehr erhöhet worden ist: So were die Gottheit kleiner
gewesen / denn der sie erhöhet hat / vnd hette nicht an sich gehabt die
Reichthumb der göttlichen Natur / von welcher vberflus jr mangel hette müssen
erstattet werden. Wer aber also daruon halten wolte / der were ein rechter
gesell des Arij. Bißher Leo.
Die lateinischen wort (ob jemand mehr lust zu denselbigen hette) sind diese:
Dicant aduersarij Veritatis, quando omnipotens Pater, vel secundum quam naturam,
Filium suum super omnia euexerit, vel cui substantiae cuncta subiecerit? Deitati
enim, vt creatori, semper subiecta fuerunt. Huic si addita potestas, si exaltata
sublimitas, minor erat prouehente, nec habebat diuitias eius naturae, cuius
indiguit largitate. Sed talia sentientem, in societatem suam Arius rapit. Haec
ille, tractans locum Ephes. 1.
Dieweil denn die Herrschafft / vnd Maiestet der menschlichen Natur in Christo
vber alle Creaturn / vnd die göttlichen wesentlichen eigenschafften / als da
sind / die ewige / vnendliche / vnermesliche almechtigkeit / alwissenheit /
allenthalbgegenwertigkeit / etc. nicht einerley sind: So ist ja
|| [255]
klar / das vnser gegenteil dißfals eine confusionem disparatorum
begehet / das ist / die eigenschafften Gottes mit den Gaben der volkomenheit /
so der angenomenen Menscheit gebüren / vermischet / Vnd demnach nicht wider vns
/ sondern wider sich selbst von der Arianischen geselschafft / der sie am
nehesten verwant ist / prediget.
Belangend den Spruch / das Gott Christi Heupt(Fol.
Apol. Erf. 86. a.) sey. 1. Cor. 11. verstunden
die Arianer denselbigen blos von dem göttlichen Wesen des Worts / welchs vnser
Natur an sich genomen / vnd wolten hieraus beweisen / das die Gottheit des Worts
eines grads nidriger were / als die Gottheit des ewigen Vaters. Welches der
intention / vnd meinung des Apostels gantz / vnd gar widerstrebt / dieweil der
Man daselbst / dahin die vergleichung mit Christo gericht ist / das Heupt des
Weibes genent wird / nicht vmb vngleicheit der Natur (denn sie sind gleiches
Wesens) sondern vmb des ampts / oder Ordnung willen.
Derhalben wir diese der Arianer meinung / billig verwerffen / als eine
gottslesterung. Denn der Vater / Son / vnd heiliger Geist ist der einige Gott /
gleich in der Herrligkeit / gleich in ewiger Maiestet.
Dagegen aber ist auch dieses war / dieweil das ewige Wort nicht allein nach
seinem Wesen / welches er mit dem Vater / vnd heiligem Geist gemein / vnd gleich
/ ja einig hat / sondern auch nach seinem ampt / als ein gesanter / vnd Mitler /
wie droben aus Nazianzeno erwiesen / betrachtet wird. Das Ampt aber ist dem /
der es einem andern aufftregt / vnterworffen / vnd Christus verwaltet sein Ampt
nach beiden Naturn: Derwegen in diesem verstand / ohne abbruch der göttlichen
Dreyeinigkeit / recht gesagt wird /
|| [256]
das Gott Christi
Heupt sey nach beiden Naturn. Missio enim, & obedientia (sagt Cyrillus)
non tollunt aequalitatem essentiae, aut potentiae, sed discernunt ordinem
personarum, hoc est, missum â mittente.
Vnd ist der Spruch des Apostels bekant / das Christus sein Reich endlich Gott /
vnd dem Vater vberantworten werde: Vnd als denn wird auch der Son selbst
vnterthan sein dem / der jhm alles vnterthan hat / auff das Gott sey alles in
allem. 1. Cor. 15.
Mit welchem fein vbereinstimmet / da Augustinus spricht: Christus, in quantum
Deus, nos sibi cum Patre su biectos habet: in quantum Sacerdos (Est autem
Sacerdos secundum vtranque naturam) nobiscum Patri subiectus est. lib. 1. de Trin. cap. 8. Das ist: So
fern man Christum nach seiner Gottheit absolutè, oder blos betrachtet: sind jm /
so wol als dem Vater / wir / vnd alle Creaturen / warhafftig / als dem Schöpffer
vnterworffen. So fern er aber relatiuè, das ist / nach seinem hohen
priesterlichen ampt / welchs er in / vnd nach beiden Naturn verwalt / vnd tregt
/ betrachtet wird / als der gesante: ist Er mit vns dem Vater vnterthan.
Dieweil auch der Apostel an gemeltem Ort ferner bezeugt / das es alles Christo
vnterthan sey / jedoch ausgenomen / der jhm alles vnterthan hat; vnd Athanasius
Dialogo 1. de sancta Trinitate, auff die wort des HERrn
dringet: Der Vater ist grösser / denn ich / Joan. 14. Daraus er recht
schleusset: Maiorem credo Patrem Filio, non vt Deum Deo, sed vt Patrem Filio
incarnato (seu, quod idem est, in carnem misso) Siquidem non dixit: Deus maior
me est, sed Pater maior me est; &c. Vmb dieser
|| [257]
trostreichen vrsach willen / ists keine Ketzerey / wenn wir mit der alten
rechtgleubigen Kirchen sagen / vnd bekennen / das Christus seinem ampt nach
(welchs er gutwillig mit sönderlicher reuerentz / vnd ehrerbietung gegen seinem
ewigen Vater / als der Mitler / zu vnserm heil / vnd trost / auff sich genomen)
kleiner sey / denn der / bey welchem er vmb vnser versönung bittet / ob er wol
mit demselbigen einerley Natur / Maiestet / herrligkeit / vnd almacht in
ewigkeit behelt. Sintemal auch ein Mensch bey seines gleichen für einen andern
intercediren / oder bitten kan / ohne abbruch seines gleichmessigen gewalts /
vnd ansehens.
Wie denn solchs Basilius Magnus mit einem feinen gleichnis erkleret: Demus enim
(inquit) duos REGES pares esse, ac potestatem eandem habere: praefectum verò
quendam, vel ducem ambos offendisse. Horumue alterum, prius admittentem
offendentis supplicationem, petere à regni socio, vti cum illo redeat in
gratiam. Num putabimus hoc imminuere dignitatem petentis? Nequaquam. Bißher
Basilius.
Petri Lombardi Spruch / lib. 3. Distinct. 14. aus Ambrosio vber den Euangelisten Lucam / das die
Person Christi / in quantum facta est hominis persona, in der zeit empfangen /
was sie als die Person des Worts / von ewigkeit gehabt (welchen wir in vnser
Apologia pag. 319. angezogen haben / die Regel damit zu erkleren / das der Son
Mariae aus gnaden hab alles / was der Son Gottes(Fol.
Apol. Erf. 87. b.) von Natur hat) wolten sie
gern verwerffen / bringen aber nichts dawider auff / derwegen wirs auch dabey
beruhen lassen.
|| [258]
Denn schelten / vnd anmaulen / oder mit groben worten heraus faren / Es sey nit
war / es sey erlogen: Item / Man könts / wenn man wolte / verantworten / etc.
Ist noch vnbewiesen / vnd werden vnsere gründe das Licht wol dulden. Sie aber
suchen ausflüchte / vnd schewen / ja verhindern die ördentliche erkentnis. Denn
sie mit dicker finsternis / vnd brandmahlichten Gewissen behafftet sind. Bißher
vom zwentzigsten argument.
Das ein vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
(XXI.)
DAs ein vnd zwentzigste argument bedarff nicht weitleufftiger verantwortung. Denn
es für sich selbst klar / vnd deutlich ist / das es beysammen nicht bestehen
könne / da sie bekennen: die menschliche Natur Christi sey / weder abgesönderter
/ noch vereinigter weise / an / vnd für sich selbst almechtig / alwissend /
allenthalben (vngeacht das sie dieses bisher mit aller macht zuuertheidingen
sich bemühet / Es wolte denn D. Selnecker sein eigene wort nicht mehr kennen /
da er Anno 72. wider Bezam vnter andern also geschrieben: Humana natura non ex
se, non per se, non seorsim, non extra personam Christi, sed in Christo, atque
adeò IN SESE etiam habet omnem potestatem, id est, diuinam planè, &
aeternam, SIBI datam à Christo, & in Christo, potentiam in coelo,
& in terra, G. vlt. b. H. 1. Item: H. 4. Habet IN SESE, etsi non per se, aut ex se, nec
seorsim extra Christum, potentiam infinitam, & diuinam. &c. Also
haben sie vor der zeit geleret /
|| [259]
welchs sie jtzt
verneinen) vnd streitten nichts desto weniger / die Menscheit Christi hab die
Maiestet der göttlichen almacht / alwissenheit / vnd allenthalbgegenwertigkeit /
nach art der persönlichen vereinigung / realiter, in der that empfangen. Das
heisst ja / mit einer Hand geben / vnd mit der andern wider nemen / oder
zugleich ja / vnd nein von einer Sachen reden.
Solchs zu erkleren / beruffen wir vns nochmals auff den / in heiliger Schrifft
wolgegründeten / vnd von der rechtgleubigen Kirchen zu allen zeiten beliebten
Spruch Magistri sententiarum, lib. 3. Distinct. 14. Non est datum humanae Christi naturae, posse omnia
facere, quae Deus facit, ne omnipotens, & per hoc Deus putaretur.
Das ist: Es ist der menschlichen Natur Christi mit nichten gegeben / das sie
alles zuthun vermöge / was Gott thut / auff das sie nicht für almechtig / vnd
dadurch für Gott selbst gehalten werde.
Vnser gegenteil aber lehrt das Widerspiel / nemlich wie die wort jrer newen
Apologien fol. 86. lauten / das die(Fol. Apol. Erf.
86. a.) menschliche Natur Christi /
vermöge der persönlichen vereinigung / vnd erhöhung / die göttliche almacht /
vnd Maiestet dermassen in warheit bekomen / das sie nicht weniger / als die
Gottheit selbst / alles schaffe / erhalt / vnd regiere / im Himel / vnd auff
Erden.
Dieweil denn hieraus folgen müste / das die menschliche Natur (wie sie denn sonst
nicht leugnen) Gott selbst worden / vnd demnach für sich almechtig sey / welches
bißher D. Brentij / vnd D. Jacobi Andreae einhellige meinung(Fol. Apol. Erf. 88. a.)
gewesen / in massen jhre Bücher / disputation / vnd streitschrifften ausweisen:
So vnterstehen sie sich doch / solches
|| [260]
alhie
zuuermenteln. Darumb sie wider vff jre gewönliche paralogismos gerathen / vnd
erkleren sich / wie folget:
Erstlich / per fallaciam secundum plures interrogationes; das Christi menschliche
Natur nicht extra personam Verbi, noch per modum transfusionis die almechtige
gewalt Gottes (darunter sie auch die alwissenheit / vnd allenthalbenheit
verbergen) empfangen hab. Denn sonst man auch Cyrillum (jhrem fürgeben nach)
straffen müste / des Spruch sie daselbst in jhrer Erfurdischen Apologien fol.
88. anziehen / der gantz / vnd gar für vns / vnd jrem gedicht öffentlich zu
wider ist. So jhnen doch vberflüssig bekant / das wir von der abgesönderten
Menscheit Christi / weil dieselbige nirgend zufinden / mit niemand streitten /
wie auch die Frage nicht ist de modo, wie / oder auff was weise / sondern An
sit, ob die Menscheit in Christo sey almechtig / alwissend / allenthalben.
Zum andern / damit es bey jhren vnberichten Subscribenten ja nicht das ansehen
gewinne / als hett es jnen an antwort / oder viel mehr an blossen worten / vnd
vergeblicher behelffrede gemangelt / so ergreiffen sie ferner die petitionem
principij, vnd ziehen zum beweis an / dauon noch der streit ist: das nemlich die
angenomene menschliche Natur Christi solche almechtige gewalt (wie sie reden)
nicht zwar an jrem eigen Wesen / wie sie nach demselbigen vnterschiedlich auch
in ipsa vnione betrachtet wird / sondern von wegen / vnd nach art der
persönlichen vereinigung / in der Person des Worts / oder des Sons Gottes selbst
habe.
Diß aber alles (vngeacht das es noch zur zeit weder erwiesen / noch ausgefüret)
ist so voll schlipfferigen / vnd zweiffelhafftigen worten / dz jmer ein
widersprechung / oder contradiction vff die andern dringet.
|| [261]
Wenn sie es einfeltiglich dabey beruhen liessen / wie die Christliche Kirch
gleubet / vnd leret / das die almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit
ferner nicht von der Menscheit Christi könne / noch sol gesagt / vnd verstanden
werden / denn so fern sich die gratia vnionis erstreckte: So müsten sie die
propositiones abstractiuas fallen lassen / vnd jr gedicht de reali idiomatum
co̅municatione facta humanitati assumtae gantz / vnd gar
cassiren. Wie denn vff keinen andern weg der Friede in der Christenheit / die
Religion betreffende / wider angericht / noch bestehen können wird.
Dieweil sie aber die abstractiuas propositiones; Caro Christi est omnipotens,
omniscia, vbique: Item, caro Christi est Deus; noch für vnd für trutziglich
begeren zu defendiren / so wird jhnen billig die manchfeltige widerwertigkeit
jrer eigen reden vnter augen gesetzt / wie folget:
Zum ersten / die menschliche Natur in Christo sol die almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit nicht haben / wie sie vnterschiedentlich
nach jhrem Wesen / sondern wie sie in der Person des Worts betrachtet wird. Was
ist diß anders / denn ein öffentliche implicatio contradictionis; dadurch
entweder verleugnet wird / das die Menscheit Christi nach jhrem Wesen von der
ewigen Person des Worts angenomen sey / vnd demnach anders nicht / denn
wesentlich in derselbigen persönlichen vereinigung betrachtet werde: Oder / sol
diß bleiben (wie es anders nicht sein kan) so wird eben mit dieser jrer eigen
erklerung das gedicht / darüber sie streitten / vmbgestossen.
Zum andern / die menschliche Natur (geben sie für) hab solche göttliche gewalt
nicht in / vnd für sich selbst / aber doch in der Person des Worts hab sie es
selbst. Den̅ also spielen
|| [262]
(Fol. Apol. Erf. 88.
b.) sie alhie fol. Apol. Erf. 88. mit listiger distinction / vnd versetzung
desselbigen wörtleins / Selbst / das der einfeltige Leser sol gedencken / sie
lassen die göttliche eigenschafften nur bey der Person / die sie doch in der
Person vff die angenomene Natur selbst ziehen.
Zum dritten / wie hat aber solches alles die menschliche Natur / welche doch viel
mehr / vermöge der persönlichen vereinigung / von dem ewigen Wort getragen /
erhalten / vnd demnach gehabt wird? wie zugleich Theodoretus / vnd Vigilius
bezeugen; das habere, vnd assumere, dem ewigen Wort: haberi autem, &
assumi, der Menscheit Christi zustehe.
Zum vierten / wie reimet sichs / das sie jhren / oder ja der jhrigen / vörigen
Schrifften / darauff sie sich in jtziger Erfurdischen Apologien zum öfftermal
beruffen / zu wider / nicht mehr zweierley almechtigkeit in Christo (wie sie
hiebeuor geschwermet) nachgeben wollen? So sie doch in jhrer Dessawischen
Refutationschrifft wider vnser wolgemeintes bedencken vber die Praefation jhrer
Concordiformul / pag. 70. mit dürren worten bekant / es sey ein vnterscheid non
tantùm ratione principij, verùm etiam rei ipsius, zwischen der almechtigkeit /
die Christus nach der Gottheit / vnd die er nach der Menscheit empfangen habe.
Wie bestehet nu jhr fürgeben / das die göttliche / vnd menschliche Natur in
Christo einerley almechtigkeit (aber auff vngleiche weise / beide gleichwol /
eine so wol / als die andere / in der that / realiter) haben / so doch
dieselbige vnter sich re ipsa, das ist / nicht allein nach der weis / anfang /
oder zeit / sondern auch in der that selbst / realiter, vnterschieden sein sol?
Kan auch ein ding realiter, in der that / einerley;
|| [263]
vnd doch zugleich auch realiter, das ist / in der that / nicht einerley /
sondern vnterschieden sein? Wer hat jemals vngereimpter fürgeben gehört? Noch
sol man diesen hocherleuchten dreyen Lichtern teutscher Nation / die sich einer
algemeinen reformation der alten Catholischen Lehr von Christo anmassen / nichts
einreden.
Das ist wol war / das der vnterscheid nach der weis eines dings / nicht drumb in
der that selbst einen vnterscheid verursache. Als / der Vater / Son / vnd
heiliger Geist haben in der that einerley Natur / Wesen / Krafft / vnd almacht:
obs wol in der Person des Vaters vff ein andere weis / denn in der Person des
Sons / vnd heiligen Geistes betrachtet wird.
Aber wo der vnterscheid nicht allein in der weise eines dings / sondern auch in
der that selbst ist / da kan die Sach nicht einerley bleiben.
Dieweil denn vnser gegenteil klar von sich schreibt / das der vnterscheid
zwischen der almechtigkeit / so vff jhre weis die Gottheit / vnd vff jre weis
die Menscheit in Christo empfangen habe / nicht allein bestehe respectu
principij, sed etiam rei; Das ist / vber den vrsprung / die Sach auch selbst
betreffe: So folget vnwidersprechlich / das Christus / jrem fürgeben nach
(vngeacht aller jhrer exception / vnd in sich selbst widerwertigen bedingungen)
zweierley almechtigkeit / in der that vnterschieden / an sich habe. Derwegen
dieselbige freilich in der that nicht zugleich einerley sein / noch bleiben kan.
Wie wir alle vernünfftige Menschen hierüber zu Richter wol dulden / vnd leiden
können.
Zum fünfften / ziehen wir auch nicht vnbillig hieher / das sie bey dem vörigen
argument / weis nicht was für
|| [264]
Sophisterey / fol.
Apol. Erf. 87. vns fürwerffen / die wir in anziehung des
Spruchs Lutheri / aus seinem Buch vber die letzten wort Dauidis / sollen
begangen haben: Daraus (Fol. Apol. Erf. 87. b.) freilich gnugsam zu spüren ist (wie jre
wort daselbst lauten / die wir jnen hiemit billig in jhren eigen busen / dahin
sie gehören / schieben / vnd jhrem vberzeugten Gewissen zu bedencken selbst
heimsiellen) qua fide, & religione sie diese gantze Sache führen.
Denn das Christus sey persona missa, die der ewige Vater in vnser fleisch gesand
hat / wird ja kein Christ leugnen dürffen. Das aber derselbigen Person in
betrachtung nicht zwar jres ewigen wesens / sondern des Mitlerampts volmechtige
gewalt / alles was zum menschlichen Heil dienet / oder von nöthen ist / zu
verordnen / vnd zuuerwalten / vbergeben sey / kan ohne zerstörung aller
Christgleubigen Hertzen trostes / Heil / vnd Seligkeit nicht widersprochen
werden.
Vnd also sind wir freilich / dem Son Gottes / als Gott in vnser fleisch gesand /
zum ewigen Erbe / vnd Eigenthumb von seinem himlischen Vater / vnd nicht nur der
angenomenen Menscheit / als einer Creaturn / geschenckt / vnd gegeben. Welchs /
obs wol von ewigkeit beschlossen gewest / doch vor erfüllung der zeit nicht hat
in der that wircklich volbracht werden können / sonsten müste das menschliche
geschlecht auch von ewigkeit gewesen sein.
Derwegen auch der ander Psalm / verheissungs weis / als nicht von einem
gegenwertigen / sondern zukünfftigen ding redet / vnd weissaget: Heische von mir
/ so wil Ich DIR die Heiden zum Erbe geben / vnd der Welt Ende zum Eigenthumb.
|| [265]
Sagt darzu / DIR (nicht / deinem fleisch) darumb kan das geben keins wegs nur von
der menschlichen Natur verstanden werden.
Dieweil auch die Regel heisst: quòd Res tunc dicatur fieri, & dari, cum
incipit patefieri, & manifestari. Das ist: Wenn ein ding offenbar / vnd
erkant wird / so sagt man / das es geschehe / oder gegeben / vnd empfangen
werde: So kan der Spruch Lutheri anders nicht erklert / noch verstanden werden
(man wolle jhn denn wider die heilige Schrifft selbst verstehen) denn wie der
Apostel sagt: Gott ist offenbaret im fleisch. 1. Tim. 3.
Vnd dieweil Lutherus daselbst beides bezeugt / nemlich / das in der zeit der
Mensch Christus empfangen hab / das er almechtig / vnd demnach zugleich
Schöpffer Himels / vnd der Erden sey: So müste sonst (nach vnsers gege̅teils fürgebe̅) notwendig folgen / so der
menschliche̅ Natur die almechtigkeit gebüret / dz sie zugleich
auch die Schöpfferin sey aller ding / welchs gar wider den Glauben wer.
Derwegen die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien nimermehr werden erhalten
können / das sie vnuerschempt(Fol. Apol. Erf. 86. a.) fürgeben / das auch die angenomene
menschliche Natur / aus empfangener almechtigkeit (jhrem gedicht nach) alles im
Himel / vnd auff Erden schaffe / erhalt / vnd regiere. Denn einmal war ist / vnd
bleibts in ewigkeit / das sich die angenomene Menscheit in Christo selbst weder
erschaffen hat / noch erhelt. Vnd wie allein Gott alle Creaturn im anfang
erschaffen / souiel die vnterscheidene species, art / oder geschlecht derselben
anlanget: Also ist es keiner Creaturn (auch der Menscheit in Christo nicht)
sondern allein Gottes Werck / vnd almechtige Krafft / das noch
|| [266]
teglich dieselbige species in den indiuiduis propagirt / vnd
erhalten werden: Nemlich / das nicht allein Laub / vnd Grass aus der Erden / vnd
Früchte auff den Baumen wachsen / sondern auch die Fisch im Meer sich gemehren /
vnd Thier von Thieren / Viehe vom Viehe / Menschen von Menschen geborn werden.
Denn wiewol solchs alles dem Reich Christi dienen soll / vnd vmb der
Menschwerdung willen des ewigen Worts / bestehet / vnd erhalten wird (wie die
Kirchen singet: Wer er nicht erstanden / So wer die Welt vergangen) So kan doch
nicht mit warheit daraus geschlossen werden / das Christi fleisch dieser Ordnung
/ vnd propagation / oder fortpflantzung aller Creaturen Schöpfferin / oder
erhalterin sey / sondern es mus bey dem Spruch Mose bleiben / Psalm. 90. Das es
allein des Werck sey / der Gott ist von ewigkeit zu ewigkeit. Denn nicht das
fleisch Christi / sondern du ewiger HERRE Gott bist es (spricht der Man Gottes
daselbst) der du die Menschen lessest sterben / vnd sprichst / Kompt wider
Menschenkinder. Diss mögen die Herrn Verfasser wol behertzigen.
Wir haben aber in vnser Defension wider D. Johann Matthaeum der alten Schullehrer
meinung ex fratre Antonio de Vercellis; der sich vff Bonauenturam berüffet /
angezogen / welche viel richtiger ist / als der Vbiquisten Lehr / da sich
nemlich die Scholastici Theologi also erkleren: Christus hab triplicem
potestatem. Potestatem praesidendi, & potestatem impetrandi, secundum
vtranque naturam, vt summus Rex, seu caput, & Sacerdos Ecclesiae.
Potestatem denique efficiendi omnia, quae vult, in coelo, & in terra, vt
Deus omnipotens, creator ac sustentator rerum omnium.
|| [267]
Das ist / Als vnser ewiger König / oder Heupt /(1.) herschet Christus vber alles / nach beiden Naturn / jedoch herschet
er nicht vber Gott / der jn gesand hat. 1. Cor. 15.
Als ewiger Hoherpriester erlangt er vns alles / was(2.) wir bitten / vnd diß gehört jm auch nach beiden Naturn.
Aber die Macht / oder Krafft der menschen Hertzen /(3.) vnd Nieren zu prüfen / alles zu schaffen / tragen / erhalten / vnd
gegenwertig zu regieren / hat er allein nach seiner ewigen Gottheit. Darumb in
diesem der menschlichen Natur die almechtigkeit nicht sol / noch kan
zugeschrieben werden.
Zum sechsten / Augustini Spruch in Epistola ad Dardanum, anlangende: Non est
consequens, quod in Deo est, pariter vbique esse, vt Deus: Das ist: Es folget
nicht / das das jenige / so in Gott ist / so wol als Gott / allenthalben sey:
bringen sie ein vergebliche cauillation herfür(Fol.
Apol. Erf. 88. b.) / vnd beweisen / das sie
selbst mit lauter Sophisterey vmbgehen. Denn sie den Leser gern vberreden wolten
/ Augustinus verleugne / oder verwerffe daselbst nicht die allenthalbenheit des
fleisches Christi / sondern lere nur / das nicht einerley weis der
allenthalbenheit in Christo sey nach beiden Naturn. Komen also wider vff die
petitionem principij, vnd ziehen zum beweiss an / das noch selbst beweisens
bedarff / ja / das mit keinem bestendigem grunde in Ewigkeit bewiesen kan
werden.
Denn der Heuptstreit (wie nu offt gemelt) ist nicht de modo, sondern de
quaestione, AN SIT statuenda naturae Christi assumtae VBIQVITAS? So lange sie
das nicht beweisen (wie jhnen denn aller beweiss dißfals in alle ewigkeit
vnmüglich sein / vnd bleiben wird) so sind alle
|| [268]
andere ausflüchte vmbsonst / vnd vergeblich. Ja / sie geben hiemit je lenger je
mehr / nichts anders / denn jre böse Sach / vnd brandmahlichte Gewissen an tag /
vnd widersprechen jnen selbst. Denn zu Quedlinburgk (wie auch in gegenwertiger
jhrer Apologien / fol. 172.) sie sich gleich der general Vbiquitet geeussert /
für welche sie doch alhie wider / mit jrem sonst von jhnen ausgemusterten
Redelsfürer D. Jacob Andreae / in verkerung dieses Spruchs Augustini anfahen zu
fechten.
Denn diese gloss von der vngleichen weis der allenthalbenheit Christi nach beiden
Naturn / sie von D. Jacobo Andreae entlehnet / der sie zwar von anfang dieses
gedichts nicht also gefüret / sondern hernach allererst erfunden / vnd da er
seine Licentiaten Anno 80. zu Wittembergk promouirt / mit gleicher meinung thesi
254. de persona Christi gesetzt hat. Mag derwegen
der Christliche Leser in Collatione orthodoxae doctrinae, & Iacobiticae,
vom 260. blat an / biß vffs 265. nochmals daselbst nachsuchen / was die rechte
meinung Augustini sey.
Vnter des lassen wir vnser gegenteil hierüber mit D. Heshusio zusammen / vnd
wollen D. Heshusium seines Gewissens erinnert haben / ob jhm hierzu still
zuschweigen / vnd die Kirchen Gottes / so viel an jm ist / in so grober
verfürung stecken zu lassen / vnd nicht viel mehr zu warnen ampts halben
gebühre. Sonderlich dieweil sein Name vnter den blinden Subscribenten / die für
dem Richterstuel Jesu Christi anders nicht / denn wie in der Concordiformul
begriffen / die Lehr von der allenthalbenheit der angenomenen menschlichen Natur
(welchs gedicht doch ein
|| [269]
öffentliche verfelschung der
Warheit ist) zuuerantworten / mit Hertzen / Feder / vnd Munde sich verpflichtet
haben / noch hafftet. Denn der Knecht / der des HERRN willen weis / vnd thut jn
nicht / der wird duppel streich dauon bekömen.
Dagegen wir den Christlichen Leser zu Augustino selbst remittiren / der sich an
vnzehlichen Orten wider die newen Concordisten / sonderlich aber in angezogener
57. Epistel ad Dardanum, pag. 176. dermassen erklert / das aus seiner Lehr die Vbiquitet des
fleischs Christi nimermehr wird bewiesen werden können.
Denn er klar daselbst das gegenspiel bezeugt / das nemlich der Leib Christi sein
Wesen gar verlieren müste / wenn er zugleich an vielen / oder allen Orten sein
solte. Sondern gewis ist er daselbst (spricht Augustinus) nemlich im Himel / von
dan̅en wir seiner widerkunfft teglich erwarten. Philipp. 3.
Vnd erklert diesen Spruch (das nicht folge / was in Gott ist / das es darümb / so
wol als Gott / allenthalben sey) mit vnserm eigen exempel. Denn wir alle in Gott
sind / leben / vnd weben / Act. 17. Wir sind aber nicht drümb mit Gott
allenthalben.
So er aber nur von vnterschiedener weis solt geredt haben / würde solchs der
Sachen gantz / vnd gar zu wider gewest sein / dieweil Augustinus daselbst
Dardanum vff seine Frag vnterrichtet / das wiewol im tod / vnd grabe / Christi
Leib / vnd Seel von cinander geschieden / vnd nicht an einem Ort beysam̅en gewesen / viel weniger der Leib / mit dem Wort allenthalben /
im Himel / auff Erden /
|| [270]
vnter der Erden / in der Hell
/ vnd im Paradis zugleich hab sein können / das nichts desto weniger die
persönliche vereinigung darumb nicht getrennet worden. Sintemal dieselbige des
natürlichen menschlichen Leibs in Christo Substantz nicht auffhebet / viel
weniger verhindert / das der Leib sein eigenschafft / disposition / Ordnung /
stell / gestalt / vnd proportion der gliedmassen behalte / obwol die Gottheit
Himel / vnd Erden erfüllet.
Durch diese erklerung wird vnsers gegenteils falsche gloss deutlich widerlegt.
Sönderlich wenn man bedencket / das Augustinus eben mit vns / zum beweiss
anzeucht / dieweil die natürlichen eigenschafften / so wol der Menscheit / als
der Gottheit in Christo / durch die persönliche vereinigung nicht auffgehoben /
vermischt / noch zerstöret werden / so könne Christus anders nicht / denn allein
nach seiner Gottheit / allenthalben sein. Denn sonst die Warheit der
menschlichen Natur verleugnet / vnd zu nicht werden müste.
Diese meinung bestettigt auch Petrus Lombardus lib. 3.
sententiarum, Distinct. 22. cap. vlt.
Damit aber gleichwol vnserm gegenteil vff diese nichtige ausflucht / vnd kahles
fündlein DE MODO (da sie fürgeben / die Menscheit sey auff ein andere weis /
denn die Gottheit allenthalben) auch aus dem Concordibuch geantwortet werde / So
bitten wir / sie wollen bedencken / was sie daselbst geschrieben / das nemlich
alles durch vnd durch / voll Christus sey / auch nach der Menscheit. Wie aber /
oder auff was weise? Nicht (sagen sie) nach der ersten leiblichen begreifflichen
weise / sondern nach der vbernatürlichen göttlichen weise. fol. Concord. 313. b.
|| [271]
Heisst denn / vff göttliche weise allenthalben sein / nicht eben so viel / als
wie Gott selbst allenthalben sein. Wenn alles voll Christus sein sol / auch nach
der Menschheit / so mus ja die Menscheit so wol / als die Gottheit / repletiuè
allenthalben sein / vnd mit seiner substantz alles erfüllen.
Was ist aber diß anders / denn de modo gesagt? Denn also erklerets D. Brentius de
pers. vnion. fol. 7. b. Vbicunque est Deitas Christi,
ibi secum habet etiam humanitatem suam: idque non LOCALITER, sed REPLETIVE.
Item, contra Bull. Anno 61. fol. 10. Cum manifestum, & confessum sit, quòd diuina substantia
Christi omnia impleat: fieri non potest, quin omnes sana, & Christiana
mente praediti fateantur, humanam etiam SVBSTANTIAM Christi omnia IMPLERE.
Item, in recognit. fol. 244. betewert er hoch / das Er /
vnd die seinigen gleuben / vnd bekennen / das Christus mit seinem LEJBE alles
vff eine himlische weise / vnd nach art der Rechten Gottes erfülle / vnd
allenthalbgegenwertig sey / das / wenn auch ein Engel vom Himel ein anders
predigte / So wolten sie solchs verfluchen / vnd sprechen: Anathema Maranatha.
Haec ille.
Dieweil sie auch sonsten durchaus fürgeben / das Christi Menscheit allenthalben
sey nach art der Rechten Gottes. Die Rechten Gottes aber ist die Gottheit selbst
/ wie reimpt sich denn zusam̅en / das die Menscheit allenthalben
sein sol / da die Gottheit ist / nach art der Rechten Gottes / vnd nach art
göttlicher Natur / vnd das sie doch allenthalben sey / nicht auff die weise /
wie die Gottheit?
|| [272]
Das heisst sich ja selbst öffentlich confutiren / vnd confundiren / das ist (vff
gut teutsch) in die backen hawen / welchs wir vnserm gegenteil nicht gönnen /
sondern wuntschen jhnen saniorem mentem.
Zu deme bekennen sie zwar selbst / es sey ein vnerforschlich geheimnis / WIE
Christus nach beiden Naturen allenthalbgegenwertig sey
Dieweil denn die weise / auff welche beides die Gottheit / vnd auch die Menscheit
allenthalbgegenwertig sein sol / vnerforschlich ist; Wer hat jhnen denn eben
offenbahret / ob die Menscheit auff gleiche / oder auff andere weis / denn die
Gottheit / allenthalben sey? Wer hat sie gelehret / solche weisen der Vbiquitet
zu vnterscheiden? Denn das Christus alles thun könne / was er wil / vnd
sonderlich was er in seinem Wort verheissen hat / daran ist kein zweiffel. Wir
begeren aber Schrifft / wo er verheissen hab mit seinem fleisch allenthalben zu
sein / vnd wer jhnen eben gesagt / das zweierley weise der
allenthalbgegenwertigkeit sey / ein andere nemlich nach der Gottheit / ein
andere nach der Menscheit Christi?
Wiewol ferner antwort alhie nicht von nöten / so wolle doch der Christliche
Leser zu mehrer sterckung der rechten meinung / folgende Sprüchlein Augustini
erwegen.
Denn also redet er Tractatu 30. in Ioan. Donec seculum
finiatur, sursum est Dominus; sed tamen hîc nobiscum etiam est Veritas Dominus.
Corpus enim Domini, in quo resurrexit, in vno loco esse oportet; Veritas autem
eius vbique diffusa est.
Et tract. 78. A quibus homo abscedebat, Deus non
recedebat. Etenim idem ipse Christus & homo, & Deus.
|| [273]
Ergo & ibat (hoc est, abscedebat) per id,
quod homo erat: & manebat per id, quod Deus erat. Ibat per id, quod in
vno loco erat: manebat per id, quod vbique erat.
Item: Homo Christus, secundum corpus in loco est, de loco migrat, & cùm
ad alium locum venerit, in eo loco, vnde venit, non est. Deus autem implet
omnia, & vbique totus est, nec secundum spatia tenetur locis.
Et tractatu 106. Christus iuit ad dexteram Patris, vnde
venturus est ad iudicandum viuos, ac mortuos, praesentia corporali, secundum
fidei regulam, sanamque doctrinam. Nam praesentia spirituali cum eis erat,
vtique venturus, post ascensionem suam, & cum tota Ecclesia sua in hoc
muudo, vsque ad consummationem seculi. Quos enim reliquit absentia corporali,
seruaturus est cum Patre, praesentia spirituali.
Item, de essentia Diuinitatis: Sicut eundem Dei Filium, & Redemtorem
nostrum secundum Diuinitatem inuisibilem, incorporeum, &
incircumscriptum, sicut & Patrem, & Spiritum sanctum, non
credere, impium est: ita eundem Dei Filium, in homine assumto, visibilem,
corporeum, atque localem post resurrectionem non credere, & profiteri,
est prophanum.
Idem lib. 22. de ciuitat. Dei: Christus vbique est
tanquam Deus, & in loco aliquo coeli propter veri corporis modum; cui
immortalitatem dedit, naturam non abstulit.
Item, Epist. 3. Quantumcunque sit corpus, vel
corpusculu̅, vt loci occupet spacium, eundemque sic impleat,
vt in nulla eius parte sit totum, necesse est.
|| [274]
Item, Epist. 146. Ego corpus Christi ita in coelo esse
credo, vt erat in terra, cum ascenderet in coelum; & quemadmodum ipse
Christus discipulis de resurrectione ipsius dubitantibus ait; Palpate, &
videte; Spiritus carnem, & ossa non habet.
Et lib. de Vnit. & Trinit. cap. 2. Per id, quod
Deus est; aequalis Patri, & vbique praesens est, & in coelo
totus, & in terra totus, & in nullo continetur loco. Per id,
quod homo; & passus, & mortuus est, & resurrexit,
& ascendit in coelum, sedetque ad dexteram Patris; & sic veniet
ad iudicandu̅ viuos & mortuos, quemadmodum est ire visus
in coelum, in eadem forma carnis, & substantia; cui profecto
immortalitatem dedit, naturam non abstulit.
Item, Serm. 140. feria 2.
Paschae; Ideo Dominus noster absentauit se corpore ab omni Ecclesia, &
ascendit in coelum, vt fides aedificetur. Haec ille. Was folget hieraus anders /
denn das die Vbiquitet den Christlichen Glauben nicht erbawe / sondern viel mehr
vmbstosse / vnd zerstöre?
Aber diser / vnd dergleichen Sprüche werden drunten im 39. argument mehr folgen.
Itzt wolle der Christliche Leser zum beschluss dieses 21. arguments / in der
furcht Gottes / nur dieses noch bey sich selbst behertzigen / wie die
Christliche Kirchen von jhrer festen Burgk aus dem 46. Psalm singet. Denn wie
wir singen / also gleuben wir auch:
Nemlich / Das Wort sie sollen lassen stahn / vnd kein danck darzu haben: ER (der
HERR Zebaoth / vnser Herr JEsus CHRIstus) ist bey vns wol auff dem plan / Mit
seinem Geist / vnd Gaben.
|| [275]
Ob dieser Lehr / vnd bekentnis sollen wir lassen den Leib / Gut / Ehr / Kind /
vnd Weib / etc. vff das vns der Himel bleibe. Wie kan aber hiemit bestehen / das
die Vbiquisten in jrem Concordibuch fürgeben / Es sey alles / durch vnd durch /
voll Christus / auch nach der Menscheit?
Das zwey vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
DIe zwey vnd zwentzigste erinnerung /(XXII.)
gehet auff das wort / Essentialiter, oder wesentlich / damit sie in der
Praefation jhrer Concordiformul / wie auch alhie in der Erfurdischen Apologien
spielen / vnd(Fol. Apol. Erf. 88. a.) meinen / es sey der Sachen gnug geschehen / wenn sie
sagen / die menschliche Natur in Christo sey so wol / als die göttliche /
almechtig / alwissend / allenthalben / aber nicht wesentlich / wie die Gottheit
/ sondern persönlich.
Aber wir antworten noch / wie zuuor / das solche erklerung / der Sachen selbst /
gantz / vnd gar zu wider ist. Denn erstlich kan mit nichten geleugnet werden /
das die menschliche Natur nicht etwas persönlich in Christo ist / sondern etwas
wesentlich ist sie in der ewigen Person des Worts / darumb was in derselbigen
persönlichen vereinigung der beiden Naturn in Christo von der menschlichen Natur
/ in abstracto, gesagt kan werden / das hat sie eigentlich an jrem Wesen. Sols
jhr aber vmb der persönlichen vereinigung willen mitgeteilt werden / so kan es
anders nicht / denn in concreto geschehen / nach der Regel communicationis
idiomatu̅ also genant / dadurch beiderley Naturn
|| [276]
eigenschafft von der Person gesagt werden / ob sie
gleich nicht von derselbigen Natur / von derer eigenschafft geredet wird / den
Namen tregt.
Wie Fulgentius bezeugt / lib. 3. ad Thrasim. Vnus,
idemque Christus est, qui, quod humanum est, habet Deus, sed in veritate
humanae: Et quod diuinum est, habet homo, sed in veritate diuinae naturae.
Daraus folgt kein participatio, seu communicatio omnipotentiae, omniscientiae,
& omnipraesentię cum carne: wie die Vbiquisten dichten.
Zum andern / kan auch jhre gloss / da sie fürgeben / nicht wesentlich / sondern
persönlich sey die Menscheit in Christo almechtig / alwissend / allenthalben /
darümb nicht bestehen. Denn vber das / das der Menscheit hiedurch / auff gut
Nestorianisch / ein besondere hypostasis zugeschrieben / vnd also die einigkeit
der Person getrennet wird / dieweil die wesentlichen eigenschafft der Gottheit
in Christo sollen der angenomenen Menscheit / wiewol nicht wesentlich / jedoch
persönlich / vnd in der that mitgeteilt werden: So wird zugleich hiemit (wie
offt gemelt / vnd mit keinem bestendigen grund kan widerlegt werden) das
geheimnis der Menschwerdung des eingebornen Sons / von den Vbiquisten mit den
Sabellianern / vff die gantze Dreyfaltigkeit / die dadurch verleugnet wird /
gezogen. Sintemal dieselbigen eigenschafften / nach welchen der Vater / Son /
vnd heiliger Geist das aller einigste Wesen sind / vff die erschaffene Natur in
Christo gedeutet werden / welche sich doch keiner Creatur thetlicher weis
mitteilen lassen.
Zum dritten / was kan vngereimpters erdacht werden / denn das Christi Leib
persönlich / vnd mit der that /
|| [277]
aber nicht wesentlich
allenthalben sey? Ist denn nu Christi Leib etwa realiter, mit der that / da sein
Natur / Substantz / oder Wesen nicht ist? Was ist denn ein Cörper one
cörperliche substantz / vnd Wesen? So mus ja / jhrer eigen erklerung nach / im
heiligen Abentmal (vmb welches willen sie / wiewol felschlich / vnd one grund /
fürgeben / das man dieses gedichts de reali idiomatum communicatione nicht
entperen könne) der Leib Christi nicht wesentlich / vnd demnach nur ein
Marcionitischer scheinleib sein.
Welchs freilich der aller grewlichste Sacramentschwarm / vnd in der that nichts
anders / denn ein Stenckfeldische geistlerey / das ist / ein endliche
verleugnung zugleich des warhafftigen Wesens / vnd der warhafftigen
gegenwertigkeit des wesentlichen Leibs / vnd bluts Christi im heiligen Nachtmal
verursacht. Dawider billig alle Christen einreden / vnd warnen solten.
Belangend die Rede: Quod diuinae naturae per essentiam est, id humanae naturae
per accidens communicari; Das ist: Was die göttliche Natur nach dem Wesen hat /
das werde der menschlichen Natur zufelliger weise mitgeteilet / etc. wissen sie
wol / das wirs jhnen nicht auffgedichtet: wie sie es denn auch wider jhren danck
bekennen müssen / da(Fol. Apol. Erf. 89. a.) sie es von sich schieben wollen / vnd
es dem autori (welcher im anfang jr Heupt war / dem sie alle heuchelten / nu
aber von jnen selbst ausgemustert / so bestendig ist jr Concordia) zu
verantworten befehlen.
Verneinen derwegen / vnd beiahen einerley wider sich selbst / vff einem blat.
fol. Apol. Erfurd. 89. Darumb der verstendige Leser
vrteilen mag / was von jnen zu halten. Denn was sie verbaliter, mit dem Munde
verwerffen /
|| [278]
das asseriren sie realiter, mit der that
/ wie aus den folgenden argumenten ferner zuerkennen sein wird.
Das drey vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
(XXIII.)
DEnn zum drey vnd zwentzigsten sie vnaufflöslicher weis bestrickt sind / da wir
also geschlossen / vnd noch schliessen:
Ist die Menscheit in Christo almechtig / alwissend / allenthalben / so ist sie es
entweder von natur / oder aus gnaden.
Von natur ist sie es nicht / wie sie selbst bekennen / (Fol. Apol. Erf. 89. a.) denn sie ist es nicht
wesentlich.
Das sie es aus gnaden worden sey / geben sie zu / jedoch excipiren sie / das
solchs nicht per accidens, das ist / zufelliger weis zuuerstehen. Welchs
gleichwol hiebeuor / vnd sonderlich im anfang dieses streits / jhre Lehr vnd
meinung gewesen / wie aus jhren eigen streitbüchern zuerweisen ist.
Dieweil es denn nu personaliter zuuerstehen sein sol / so fragen wir jtzt nicht
allein / wie im vorigen argument angehört / was denn die menschliche Natur in
Christo persönlich sey / oder hab? sondern dieweil personalis vbiquitas naturae
assumtae nicht sol sein essentialis, aut substantialis vbiquitas, so gebürt
jhnen zu beweisen / was denn in Christo eigentlich persona, oder personale
quiddam sey / oder heisse / das doch nicht sey quiddam subsistens, sonderlich
wenn es sol sein realiter alteri naturae communicabile, seu participabile.
|| [279]
Diese terminos verstehet nicht ein jeder Leser / sondern nur die jenigen / so
studieret / vnd den rechten grund dieser hohen Lehr in den Schulen gelegt haben.
Dieweil denn solchs vnser gegenteil mercket / so fahen sie alhie / an stadt der
solution / an zu digrediren in locum(Fol. Apol. Erf.
89. a.) communem, dadurch sie (jhrer
Flacianischen gewonheit nach) inuehiren / vnd lestern die freye Künste /
sonderlich Dialecticam, ohne welche doch in keiner facultet etwas fruchtbarlichs
kan gelert / noch erkleret werden. Vnd wolten gern / wenn sie dürfften / wie jhr
vorfechter gethan / den Bawersglauben erheben / damit man one einiges nachfragen
sich alles vberreden liesse / vnd also würden wir bald ein schreckliche barbarey
in allen Stenden haben / wie dieses Volck mit verachtung der freyen Künst / vnd
verwüstung der Schulen gantz trewlich bißher dahin gearbeitet.
Damit wir aber in öffentlicher Sachen nicht viel wort machen / so mag es dabey
beruhen / das sie sich alhie selbst am besten abmalen / dieweil sie wider die
Dialecticam disputiren / vnd also dieselbige edle Kunst (der sie selbst am aller
beschwerlichsten / sehr greifflich / vnd gröblich misbrauchen / vnd zu jrem
eigen tande nicht entrathen können) gern aus der Theologia gar ausgemustert
sehen wolten. Denn sie wol erfaren / das sie mit warheit in keinem öffentlichen
gesprech sich schützen könten / wenn sie vor vnparteilichen Richtern
Syllogisticè, kurtz / vnd rund / ohne ausschwebende weitleufftigkeit / aus
Gottes Wort mit sich (wie billig) solten reden / oder handeln lassen.
Bestehet derwegen auch dieses argument noch auff vnbeweglichem festen grunde /
Das nemlich die almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit der
menschlichen
|| [280]
Natur in Christo (so sie ja zugelassen /
vnd gegleubt sol werden) entweder sey etwas wesentlichs / oder etwas zufelligs.
Vnd dieweil sie wider sich selbst beides verleugnen (da sie doch zuuor also
gelert haben / das es etwas zufelligs sey / welchs sie jtzt stracks verneinen /
daraus jhrer Lehr gewisheit / vnd bestendigkeit zu ermessen ist) so werden sie
in ewigkeit nicht furüber können / sondern mit vns die Warheit / wider jren
willen / vnd danck / bekennen müssen / das es nemlich nichts / denn ein
vergeblich gedicht / vnd trawme sey.
(Fol. Apol. Erf. 89. b.)
Denn das sie aus dem Spruch Cyrilli; Vnigeniti Dei proprium corpus existens omnia
humana transcendit, also schliessen; Ergo etiam arborem substantię. Solchs
heisset zu viel auff einen bissen genomen / dieweil mehr in consequente ist /
denn in antecedente. Ja / es nicht allein wider Cyrillum / sondern auch wider
den einhelligen consens aller rechtgleubigen ist. Sintemal obwol in dem / der
Leib Christi alle menschliche Leibe / ja aller Creaturn / auch der Engeln Natur
/ vnaussprechlicher weis vbertrifft / das er mit dem ewigen Wort persönlich
vereinigt / vnd mit der volkomenheit aller Gaben für sich selbst gezieret /
darzu das edle Lösegeld worden ist / welchs der eingeborne Son Gottes für vnser
Leben gegeben / vnd bezalet hat / wie auch dieselbige angenomene menschliche
Natur in Christo des ewigen siegs / vnd triumphs vns zu gut teilhafftig worden /
in welcher sich zugleich das ewige Wort / für vnd für / als das Heupt der
gantzen Gemein erzeigt / vnd beweisst: So hört doch nichts desto weniger Leib /
vnd Seel in Christo keines wegs auff / vns an Wesen / Natur / eigenschafften /
vnd wirckungen gleich zu sein. Ist demnach / vnd bleibt die
|| [281]
angenomene menschliche Natur ein Creatur / vnd vermag aus der
Ordnung der wesentlichen Geschöpffen Gottes nimermehr ausgeschlossen werden /
man wolte denn öffentlich den Manicheern zuspringen / welchen freilich hiemit
ein guter eingang gemacht ist / da vnser gegenteil in jhrer Erfurdischen
Apologien fol. 89. vnbesonnen heraus fehret / vnd den Leib Christi ex arbore
substantiae (welchen sie schimpfflich Porphyrianam nennen) ausschleusset.
Verleugnen hiemit den artickel der Schöpffung / darein die menschliche Natur in
Christo freilich mit Leib / vnd Seel / Augen / Ohren / Henden / Füssen / vnd
allen gliedmassen gehöret. Vnd stercken der alten / vnd newen Manicheer
lesterung / quòd caro Christi diuersae sit à nostra speciei; Oder (wie die newen
Licentiaten zu Wittembergk Anno 80. disputirt haben) quòd corpus Domini tota
definitione à nobis differat: siue (vt ipsorum verba retineamus) quòd impiè
negetur, nouam corporis Christi ponendam definitionem, quae corpori Christi
peculiariter applicetur: thes. 228. Dauon abermal der
Christliche Leser die Collationem orthodoxam auffsuchen mag / pag. 244. 245.
Daraus denn vnwidersprechlich folgen müste: quòd peccatum sit substantia. Wie mit
folgendem Syllogismo, welchen wir den Substantialisten zu gut setzen / weil doch
jhr Lehr / ob sie wol articulo primo verbaliter verworffen / gleichwol articulo
octauo formulae Concordiae realiter, vnd sönderlich alhie von den Herrn
Verfassern der Apologien zu Erfurd per exclusionem carnis Christi ex arbore
substantiae, vffs newe confirmirt / vnd bekrefftiget wird.
So können derwegen die Substantialisten wider die
|| [282]
Vbiquisten also argumentiren: Quicquid in nobis naturae Christi assumtae non est
consubstantiale, peccatum est.
Corpus, & anima in nobis naturae Christi assumtae non sunt
consubstantialia. Ergo; corpus, & anima in nobis ipsissimum peccatum
sunt.
Der erste Spruch bestehet fest / denn Christus hat die Sünde nicht angenomen. Der
ander Spruch / wiewol er nichtig ist / beruhet er doch eigentlich vff der
hypothesi der Erfurdischen Apologien / welche den Leib Christi aus dem
praedicamento substantiae, darein wir mit Leib / vnd Seel / als erschaffene
Creaturen Gottes gehören / ausschleusst / vnd stracks vnter die transcendentia
zehlet.
Darümb folgt das Manicheische paradoxum vnwidersprechlich / das die Sünde der
menschlichen Seeln / vnd Leibs Wesen selb selbst sey / wie die newen Manicheer
(denn also intituliren sie einander) reden. Werden derwegen die Substantialisten
von den Vbiquisten vnbillig verdampt.
Vnd kömpt dem Manicheischen traum auch dieses in der Vbiquisten Lehr zu hilffe /
das sie in jrer Refutationschrifft wider vnser bedencken / pag. 61. dem
menschlichen Hertzen viererley form / oder modos essendi zugeschrieben / vnd
wollen dasselbig geschwetz physicè verstanden haben. Vnter welchen der letzte
modus, nemlich cor intelligens, eigentlich ad conuersionem gehöret / vnd demnach
physicam noui cordis creationem, welchs nichts anders / denn die Flacianische
klotzbuss ist / erfordert / vnd in die Kirchen einfüret. Wie wir in vnser
Apologia pag. 277. vor der zeit trewlich gewarnet / vnd erinnert / welchs aber
diesen Leuten wenig zu hertzen gehet.
|| [283]
Es schleusset aber vnser gegenteil ex arbore substantiae nicht allein die
menschliche Natur Christi aus / gleich als wer sie nicht vnsers Wesens: Dagegen
doch in codice sacri Romani imperij (der heiligen Bibel jtzt zugeschweige̅) de summa Trinitate anders nicht / denn das der Saluator sey
homousios aeterno Patri secundum Deitatem, & nobis secundum naturam
assumtam, zu gleuben sancirt / vnd gebotten: Sondern Gott / vnd die Personen der
heiligen vnzerteilten Dreyfaltigkeit / sollen auch weder essentia, noch
subsistentia sein. Denn weil sie stracks / vnd simpliciter ex(Fol. Apol. Erf. 89. b.)
arbore substantiae von jhnen excludiret werden / so können sie der keines sein /
oder bleiben. Verleugnen also die bißher gebreuchliche / vnd in der Kirchen
approbirte definitiones, oder beschreibung / beide Gottes / von dem man sagt:
Deus est essentia; vnd der dreyen Personen in Gott / welche sind vnterschiedene
hyphistamena, oder subsistentia. Gleich als were es wider den Christlichen
Glauben / vnd müste notwendig folgen / dieweil Gott ist Ens entium, wie die
Philosophi reden / Oder , wie die alten Kirchenlehrer
bey den Griechen geredet: das man darumb dieselbige perfectissimam, &
incompraehensibilem essentiam Dei nicht vber alle seine Geschöpffe erheben / vnd
demnach in arbore substantiae die öberste dignitet / vnd Ehre / wie sonst im
hohen artickel von der Schöpffung geschicht / welcher fürnemlich in
praedicamento substantiae erkleret wird / dem Schöpffer / vnd Erhalter aller
dinge nicht zuschreiben dürffe.
Ja / es ist an diesem allem noch nicht gnug / sondern das mysterium vnionis
duarum naturarum in Christo hypostaticae, sol auch in praedicamento nullo sein.
So doch
|| [284]
beide / Mysterium, vnd miraculum, gehören ad
actiones Dei partim ordinarias, partim extraordinarias. Wie denn oeconomia Verbi
incarnati respectu formae ein mirackel ist / respectu finis ein mysterium.
Ob nu gleich aus der Vernunfft / ex regulis Dialecticis, aut physicis, dieses
hohen wunderbaren geheimnis keine vrsach können angezeigt werden / so folgt
darumb nicht / das Gottes Werck in praedicamento nullo sein. Wie auch diese
scharffsinnige Theologen / denen die freyen Künste so hoch zu wider sind / das
sie aus der Dialectica wider die Dialecticam syllogiziren / hiebey vernünfftig
solten bedacht haben / das / wiewol die accidentia absoluta, als quantitas, vnd
qualitas, in Gott nicht stadt haben / gleichwol jm accidentia relatiua von der
Schrifft zugeschriebe̅ werde̅.
Ob nu personalis vnio duarum naturarum in Christo nicht sey relatio, wie die
assumtio naturae humanae in hypostasin Verbi ist actio quaedam totius Trinitatis
terminata in solius Filij persona; Diß mügen sie mit Thoma, vff den sich D.
Johan. Matthaeus / professor zu Wittembergk / sönderlich berüffet / vnd mit
andern scholasticis Doctorib. ausfüren. Wir kön̅en jnen zugefallen
nicht zugleich die principia Theologiae, vnd artium verwerffen: Sondern bleiben
viel mehr bey der distinction Augustini inter opera Trinitatis ab extra,
& intra. Dieweil denn incarnatio Filij ist opus Dei ab extra, so ists
ein actio Dei assumentis naturam nostram in vnitatem secundae personae
Trinitatis.
Hieraus werden die Catechumeni wider vnser gegenteil (welchem wir solche grobheit
nicht gönnen / das sie das axioma catholicu̅: Quicquid est in
reru̅ natura, vel est substantia, vel accidens; aus der
Theologia mit solche̅ trunckenem geschrey / als weren sie voll
süsses mosts / on / ja wider
|| [285]
alle vernunfft / sinn /
vnd witz / ausmustern / vnd verwerffen) leichtlich schliessen / in quo
praedicamento sit admirabile illud Verbi incarnati mysteriu̅. Vnd
werde̅ freilich an vnser stadt den Herrn Verfassern der
Erfurdischen Apologien antworten: Aduersus negantes principia, tanquam aduersus
furiosos, non esse disputandum.
Dieweil sie den̅ die Regel: Quicquid est in reru̅
natura, vel est substantia, vel accidens; welche wir in vnser Apologia pag. 324. in diesem 23. argument loco maioris, gleich als zum
fundament gebraucht / nicht können vm̅stossen (den̅
es müste sonst die gantze Ordnung der Natur zerrüttet / vnd der artickel von der
Schöpffung gantz / vnd gar vm̅gekeret werden) so lasst vns nu auch
die andere propositio̅ / Minore̅(Fol. Apol. Erf. 90. a.)
genant / betrachten / da sie fürgeben / das die realis communicatio idiomatum
weder substantia, noch accidens sey.
Das erste zwar / das sie kein substantz sey / bedarff vnsert halben nicht
beweisens. Jedoch mögen sie alhie zusehen / wie sie sich dißfals mit den newen
Licentiaten zu Witembergk vergleichen / welche in jhrer disputation Anno 80. de
persona Christi, thes. 74. die communicationem
idiomatu̅ definiren / quòd sit res verè existens. Denn hieraus
eigentlich / vnd vnwidersprechlich folgen mus / dz solch jr gedicht / das sie
realem communicationem idiomatum nen̅en / nicht allein in gemein
ein substantz / sondern dieser jhrer erklerung nach / substantia prima, das ist
/ quiddam in Christo indiuiduum, & singulare sey. Nach der Regel /
welche durch keine sophisterey kan geschmehlert / noch vmbgestossen werden: Omne
quod est, seu reuera existit; eo ipso, quòd est, seu reuera existit, singulare
est.
Dieweil denn communicatio idiomatum realis ist
|| [286]
etwas /
das in Christo vff die persönliche vereinigung der beiden Naturn / vnd aus
demselbigen wundergeheimnis folget / vnd sol gleichwol sein res verè existens,
das ist / Singularis, oder indiuidua, so mus es substantia prima sein / welchs
in vernünfftigen Creaturn / wie die Menscheit Christi ist / eigentlich ein
hypostasis, oder Person für sich / oder ein stücke / vnd theil der Person sein
mus. Also wird (jrem gedicht nach) aus der persönlichen vereinigung beider
Naturn in Christo / noch ein andere Person / Oder zum wenigsten / vber die zwo
vnterschiedene Naturn / aus vnd in welchen Christus / vnd die an / oder in
Christo sind / vnd bestehen (wie die alten orthodoxi geredet haben / ) noch etwas drittes / tanquam res verè existens, &
realiter omnipotens, omnipraesens, atque omnisciens, vnwidersprechlich folgen.
Welchs noch viel ein grösser monstrum opinionis ist / denn Nestorij schwarm
jemals hat werden / noch sein können.
Vff die Regel: Qualis est vnio, talis etiam est communicatio (welcher alhie von
vnserm gegenteil abermal gedacht (Fol. Apol. Erf. 90. a.) wird) haben wir hiebeuor Nazianzeni /
vnd Theodoreti erklerung angehört: Das sie nemlich weiter nicht / denn vffs
concretum gehet. Daher Theodoretus sagt: Vnio facit communia nomina: Das ist
(nach des Herrn Lutheri dolmetschung) wie die Naturn mit einander vereinigt sind
/ also verwechseln sich auch die Namen. Dieweil denn aus der Menscheit nicht die
Gottheit / noch hergegen aus der Gottheit die Menscheit worden ist / so kan man
auch keiner Naturn eigenschafft von der andern Natur / in abstracto praediciren
/ sondern sie gehören beiderseit einer Person zu / in welcher die vnterschiedene
Naturn vereinigt sind.
|| [287]
Sicut enim naturae vnitae sunt
(spricht Nazianzenus) ita earundem attributa permutantur. Dabey wirds wol
bleiben.
Im fall sie noch nicht zu frieden sein können / so mögen sie eben mit dieser
Regel / die sie widersinnisch anziehen / vberwiesen werden / das sie (vngeacht /
was sie bedingen / denn es sind doch lauter protestationes contrariae facto)
communicationem idiomatum essentialem hiemit wider sich selbst beiahen / vnd
setzen. Denn sie nicht in abrede sein können / das dieselbige vereinigung in
Christo (welche respectu termini, in quo fit vnio, heisst / vnd ist personalis)
von den alten orthodoxis, respectu concurrentium ad illum terminum vnionis
personalis, etwan auch naturalis, essentialis, vnd substantialis genent wird.
Wie wir in vnser Defension wider D. Johan Matthaeum augenscheinlich erwiesen.
Mögen sich derwegen die Herrn Verfasser wol fürsehen / das sie nicht in den
andern anathematismum Cyrilli impingiren / dieweil sie in jrer newen Apologien
stracks das gegenspiel setzen / nemlich die persönliche vereinigung sey nicht
substantialis, fol. 90. noch essentialis, fol. 91.
Denn eben dieses hat die Christliche Kirchen an Nestorio verdampt / wie Theodorus
Rhaetensis bezeugt / pag. 13. Da er also spricht: Rursum verò Ecclesia minimè
probat, vt ex Pauli, & Theodori, & Nestorij sententia duas in
Christo naturas simpliciter dicamus, sed duas naturas Essentialiter vnitas: qua
adiectione omnem eum sensum, quo naturae dirimuntur, & quotcunque verè
excellentem, & admirabilem hanc vnitionem disiungere aggrediuntur,
repudiat: duasque naturas significat non modò essentialiter vnitas, sed etiam
ea vnitione, quae vnicam hy
|| [288]
postasin citra vllam
diuulsionem, & confusionem efficit. Haec ille.
Hieher gehört auch das dritte capitel / im dritten buch Damasceni de fide
orthodoxa, von anfang biß zum ende. Da vnter andern diese schöne erklerung
vnserm gegenteil öffentlich widerspricht: Substantialem dicimus vnionem, hoc
est, veram, non secundum phantasiam, apparentiamque fallacem. Substantialem
autem, non quòd ex duabus naturis vna perficiatur natura, sed quòd vnitae sint
ad inuicem secundum veritatem, in vnam compositam Filij Dei hypostasin. Et earum
substantialem differentiam astruimus saluari: nam creatum mansit creatum,
& increatum increatum; &mortale manebat mortale, &
immortale immortale; & circumscriptum circumscriptum, &
incircumscriptum incircumscriptum; visibile visibile, & inuisibile
inuisibile. Hoc autem miraculisclaret, illud iniurijs suabiacet. Bißher
Damascenus.
So vrteile nu der Christliche Leser / welchem Teil mehr beyfal zu geben / vns /
die wirs mit Damasceno / vnd allen rechtgleubigen halten / oder dem gegenteil /
von welchem Damasceni meinung dißfals gar verleugnet wird.
Das aber zum andern dieselbige jhre communicatio idiomatum realis auch kein
accidens, oder nicht accidentalis (Fol. Apol. Erf. 90. a.) sey / vnterstehen sie sich aus der
Regel zubeweisen / quia in Deum non cadat accidens. Verschweigen vnter deß (wie
vor gemelt) wissentlich / das zweierley accidentia sind / absoluta, vnd
relatiua, wie man in Schulen redet: vnd das derselbige Spruch sich weiter nicht
/ denn vff die absoluta erstrecke. Derwegen der beweis alhie mangelhafftig / vnd
nichtig befunden wird.
|| [289]
Zu setzen aber / vnser gegenteil hab recht / das nemlich die vbiquitet / oder
allenthalbenheit weder etwas wesentlichs / noch zufelliges in der menschlichen
Natur Christi sey / bestehe auch weder zufelliger / noch wesentlicher weise /
denn in diesem sind wir mit jnen einig.
Dieweil denn vber diese beide / kein drittes gezeiget kan werden / dahin solche
vbiquitet gehörte / so werden sie ja den schluss wider jren danck müssen stehen
lassen / das es (wie sie selbst reden) ein blosses gedicht / vnd traum
jhres(Fol. Apol. Erf. 90.
b.) eigen gehirns sey / was sie von der vbiquitet der menschlichen
Natur Christi fechten / oder dichten. Bleibt demnach diß Argument noch fest /
vnd vnbeweglich.
Das vier vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
ALso ist jhnen vnmüglich / das vier vnd(XXIV.)
zwentzigste Argument auffzulösen / geschweigen vmbzustossen / in massen sie es
auch stilschweigend vbergehen / welchs wir demnach nicht vnbillig / als für
bekant annemen.
Es beruhet aber vff der vnwidersprechlichen Regel der ewigen vnwandelbaren
göttlichen Ordnung / vnd Warheit / das man von einem ding nicht zugleich ja /
vnd nein sagen könne.
Darumb schliessen wir nochmals: Was eigen ist / das ist nicht gemein / vnd was
gemein wird / das bleibt nicht eigen.
Die almechtigkeit aber / alwissenheit / vnd allenthalbe̅heit /
|| [290]
sind der ewigen göttlichen Natur wesentliche /
vnwandelbare eigenschafften / one welche das göttliche Wesen nichts wer.
Derhalben können sie der menschlichen Natur nicht (wie vnser gegenteil felschlich
lehret) in der that mitgetheilt werden / sonst müste vnwidersprechlich folgen /
das sie nicht der Gottheit eigenschafften blieben. Denn was in der that der
menschlichen Natur in Christo / aus gnaden / oder geschencks weis sol mitgeteilt
worden sein / obswol derselbigen wesentliche eigenschafft nicht wird / so höret
es doch auff / der Gottheit eigen zu bleiben.
Vnd ist hie nicht die Frag / ob proprium fieri, vnd communicari (wie sie fol.
Apol. Erf. 79. phantasieren) ein ding sey? Denn das kan
ein jeder vnterscheiden. (Wiewol ein Doctor aus der Vbiquisten schar / mit Namen
VVolfgangus Peristerus, der sich inspectorem Dioecesis Landesbergianae in noua
Marchia schreibt / vnter andern vielen vngereimpten opinionen / als da er
fürgibt / wenn man von der almechtigkeit Christi redet / so sey gantz / vnd gar
kein vnterscheid inter hominem, & humanitatem, quemadmodum nec inter
Deum, spricht er / & diuinitatem. Item; In persona Christi, nullum
prorsus abstractum concedendum esse, &c. Auch dieses Paradoxum vnlangst
/ durch öffentlichen Druck / in die Christenheit ausgestrewet / vnd spargiret
hat: Diuina natura in Christo communicat, seu communia, ac PROPRIA sibi facit
omnia idiomata, quae sunt humanitatis naturalia, siue propria: Et vicissim
humanitati communicat sua idiomata, seu proprietates suae diuinae naturae,
easque humanitati facit PROPRIAS. Item: communicatum esse, heisset bey jhm so
viel / als in
|| [291]
proprietatem datum esse. Vnd das sol
der Concordiformul eigentliche meinung sein.) Sondern die Frage ist / Ob
beysammen bestehen könne / Einer Natur wesentliche eigenschafft sein / vnd
bleiben / vnd doch zugleich der andern Naturn in der that mitgetheilt / vnd zu
gemeinem besitz / nutz / vnd gebrauch vbergeben werden?
Man fragt auch nicht / Wie? Sondern / ob solchs geschehen könne? das An sit; solt
man beweisen / so würde sich das Quomodo? hernach von sich selbst wol finden.
Denn vnser grund ist / das Ja / vnd Nein / von einerley Sachen nicht bestehen
könne. Dabey wirds wol bleiben. Wer aber wider die öffentliche Warheit fechten
wil / den müssen wir Gottes Gericht erwarten lassen.
Das fünff vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
ZVm fünff vnd zwentzigsten / bemühen sie(XXV. Fol.
Apol. Erf. 90. b.) sich vber die massen sehr
(aber gantz vnd gar vergeblich) zu beweisen / das etwas anders sey physica, vnd
etwas anders Realis communicatio idiomatum.
Dagegen beruhet vnser grunde / das Realis, vnd physica communicatio idiomatum
einerley sey / Erstlich vff vnsers gegenteils eigenen schrifften / darinn sie
solches mit klaren deutlichen worten bekennen / vnd lehren / wie wir in vnser
Apologia pag. 326. vnd pag. 328. augenscheinlich erwiesen.
Dieweil sie denn solchs nicht verneinen können / vnd D. Selneckers wort mit sind
angezogen / da er hiebeuor
|| [292]
recht geschrieben / wenn
man die communicationem idiomatum stracks für realem defendire / so werde
dadurch die Eutychianische vermischung der Naturn eingefürt / der vnterscheid
zwischen der persönlichen vereinigung / vnd daraus erfolgten communication der
eigenschafften auffgehoben / vnd der Antitrinitarier lesterung von dem
vergötterten Christo / vnd mit allen göttlichen eigenschafften gezierten
Menschen gesterckt / vn̅ befürdert / etc. So hette jnen ja
hierauff im Weinfass zu antworten gebüren wollen.
Zum andern / vberweisen wir sie mit jhren eigen gleichnissen. Denn dieweil die
göttlichen eigenschafften der menschlichen Natur in Christo also mitgetheilt
werden sollen / wie Leib / vnd Seel im Menschen: Item / Fewer vnd Eisen in der
Schmidässe / gemeinschafft mit einander haben / welche sie selbst ein natürliche
communication nennen / so bedürffen sie ferner vberzeugens nicht / das realis,
vnd physica idiomatum communicatio einerley sey.
Zum dritten / haben wir sie albereit aus jhrer eigen Regel vberzeugt. Denn weil
Cyrillus darauff Nestorio das anathema verkündigt / das er vnionem in Christo
naturalem, seu physicam respectu concurrentium in eandem Verbi hypostasin
verworffen / sie aber stracks / sine exceptione, vel limitatione darauff
dringen: Qualis vnio, talis communicatio; So können sie nicht furüber / jre
realem idiomatum communicationem auch physicam zu nennen / wo sie nicht
wissentlich von Cyrillo als Nestorianische Ketzer / darumb das sie naturalem in
Christo vnionem negiren / verdampt sein wollen.
(Fol. Apol. Erf. 92. b.)
Zum vierten / treiben sie selbst jr gespött / vnd gauckelwerck (denn also reden
sie) mit dem wort Reale, vnd
|| [293]
wolten andere gern
bezichtigen / vnd verdechtig machen / als giengen sie mit teuscherey (wie sie
auch zu diesem wort /(Fol. Apol. Erf. 92. a.)
sonst den Spitzbuben bekant / vnd gebreuchlich / lust haben / vnd also reden)
oder mit betrug vmb: So doch die praefation der Meintzischen Jesuiten
disputation sie selbst mehr / denn einerley betrugs in dieser hochwichtigen Sach
vberzeugt / welchs sie wissentlich vnuerantwort / vnd demnach für bekant vff
sich lassen. Dazu was sie an jrem gegenteil carpiren / müssen sie selbst wider
jhren danck recht sprechen / in dem sie approbiren / was in responsione ad
quaestionem pueri de communicatione idiomatum, Anno 70. zu Witembergk gedruckt
ist / das nemlich das wort Reale so fern(Fol. Apol.
Erf. 92. b.) geduldet werden könte / wenn es
opponirt werde ei, quod est fictum, imaginarium, vnd nur ein blosser Name / oder
Titul / sine rei veritate.
Dieweil sie denn hiemit zu frieden / so werden sie ja mit keinem wort beweisen
können / das wir in diesem verstand realem idiomatum communicationem jemals
verworffen. Vnd zweiffeln gar nicht / das wir newlich / in vnser Defension wider
D. Johan Matthaeum / allen liebhabern der Warheit gnug gethan / da wir bald im
eingang / vmb mehrer richtigkeit willen / die drey wörtlein / was da heisse
Communicatio; item, reale; vnd verbale; weil sie nicht vff einerley weis
gebraucht werden / deutlich erklert / vnd vnterscheidet haben: dahin wir
nochmals / geliebter kürtze halben / den Christlichen Leser remittiren.
Zu̅ fünfften / beken̅e̅ die Herrn
Verfasser der Apologie̅ zu(Fol. Apol.
Erf. 90. b.) Erffurd / mit hellen /
deutliche̅ / klare̅ worten / dz inter verba, vnd
Res (wie sie rede̅) kein mediu̅ sey. Wie kan den̅ inter verbale̅, vnd realem idiomatu̅
co̅municatione̅, noch ein media,
|| [294]
oder tertia sein / nemlich / essentialis, seu
naturalis, oder physica? Denn sie ja so vnuerstendig nicht sein / das hiemit von
jhnen selbst / inter verba, & res, ein tertium, oder medium gesetzt
werde.
Dagegen jnen vnmüglich / die Regel vmbzustossen: Quod in rebus est , id est in verbis veritas: was in der Natur die Sach selbst
ist / das ist in der Rede die Warheit. Veritas enim orationis, est congruentia
verborum cum re ipsa: das ist / die Warheit in der rede ist / wenn wort / vnd
that mit einander vbereintreffen.
Darumb heisst es: Eatenus vera est oratio, quatenus res est vera: So fern ist die
Rede war / so fern sich die Sach also verhelt / wie dauon geredet wird. Nam ab
eo (spricht Aristoteles in Categorijs) quod res est, vel non est, oratio dicitur
vera, vel falsa. .
Wenn nu Reale das jenige heissen sol / welchs warhafftig geschicht / vnd in der
that also ist / vnd kein blosser Name / Titul / noch gedicht ist / wie man
sonsten zusagen pflegt / re vera, verè, oder wie Athanasius / vnd andere reden /
, das ist / das nicht traum / oder phantasey / vel
quiddam imaginarium, & fictum, , allein ein
blosser / oder lediger Name / vnd Titul sey (wie sie an jtztgemeltem Ort jhrer
Apologien (Fol. Apol. Erf. 90.
b.) prechtig dauon zu reden wissen) so mus es ja auch Grammaticè, oder
Dialecticè mit solcher form zu reden ausgesprochen werden / damit es der Sachen
selbst nicht zu wider / vnd demnach blosse wort seyen.
Dieweil denn die Vbiquisten von der menschlichen Natur Christi das reden / das
sich in warheit / vnd mit der
|| [295]
That zu derselbigen
nicht reimet / als / das sie Gott sey (denn also wer sie kein Creatur) das sie
alles im Himel / vnd auff Erden schaff / erhalt / vnd regiere (die sich doch
selbst weder erschaffen hat / noch erhelt) Item / das der Leib Christi / wie er
auff Erden raum geben / vnd genomen / vnd also wider komen wird / nicht in Gott
sey (viel weniger würde er solcher gestalt des Sons Gottes eigener Leib sein /
zu geschweigen / das der Herr der Ehren sich für vns hette können creutzigen
lassen / noch als des Menschen Son das Gericht dermassen würde halten können)
Item / das Christi leib im Abentmal anders nicht / denn wie der klang in der
wande / oder das Licht / vnd gesicht in der Crystalln ist / gegenwertig sey
(denn hiedurch die warhafftige / wesentliche / leibliche gegenwertigkeit / vnd
niessung des waren Fronleichnams / vnd seines tewren rosenfarben Bluts gar in
ein Schwenckfeldische Sacramentirische geistlerey verwandelt würde) Item / das
es alles durch vnd durch / voll Christus sey / auch nach seiner Menscheit (denn
hiedurch die gantze Historien von Christo in ein Marcionitische phantasey
verkeret würde) vnd was dergleichen vngereimbter Reden mehr sind:
So folgt ja vnwidersprechlich / das der Vbiquisten gedicht de reali idiomatum
communicatione nichts mehr / denn blosse wort / vnd lehre Titul sind / die sich
mit der that viel anders halten / vnd nicht vnbillig mit der Regel Cassiani
refutirt werden: Non minoris erroris est, Domino nostro I. C. impropria addere,
que propria derogare. Quod enim non ita dicitur, vt est; etiamsi honor
videatur, iniuria est. Das ist / Es ist gleich so wol jrthumb / Christo / was jm
nicht gebürt / geben / als das jhm gebürt / nemen.
|| [296]
Denn was anders von jhm geredet wird / als sichs in warheit verhelt / ist eine
schmach Christi / obs jm schon für ein Ehr zugemessen wird.
Zum Sechsten / die zwey argument betreffend / welche wir jhnen zu Hertzbergk
haben opponirt / setzen sie alhie wol (Fol. Apol. Erf.
91. 92.) ein lange Predigt dawider /
widerlegen aber so gar nichts / das sie auch vnser meinung wider jhren willen
bestettigen.
SEQVVNTVR ARGVMENTA DVO, Hertzbergae Vbiquistis opposita. 23. Augusti. Sessione istius colloqui quinta, hoc est, antepenultima:
post merid. Anno 1578.
Es helt sich aber die Sach also / Nach dem sie vff vnsere Frage im colloquio zu
Hertzbergk (was denn für ein vnterscheid sey zwischen der reali, vnd physica
idiomatum communicatione, dieweil sie jene asserirten / diese aber verwürffen)
nichts mehr zu antworten wusten / denn das gleichsfals in dem allerhöchsten
Artickel der heiligen Dreyfaltigkeit die drey Personen wol realiter, aber nicht
essentialiter vnterschieden weren: So haben wir aus diesem jrem eigen bericht /
vnd gegebener antwort / tanquam ex hypothesi, diese zween Syllogismos damals ex
tempore wider sie gesetzt / damit anzuzeigen / das sie wider sich selbst redeten
/ vnd eben mit dieser antwort zugleich den vnterscheid der beiden Naturn Christi
in ein trennung der Person / vnd die enigkeit der Person in ein vermischung der
Naturn verkereten / das ist / nicht allein Nestorij / sondern auch der
Monophysiten lesterung in die Kirchen einfürten. Wir stellen aber dem
verstendigen vnparteyschen Christlichen Leser nochmals das Vrteil aus Gottes
wort frey anheim / ob wir recht / oder vnrecht geschlossen / wie folget.
|| [297]
PRIMVM ARGVMENTVM Hertzbergense.
Denn erstlich / ist bey allen rechtgleubigen vnwidersprechlich(Fol. Apol. Erf. 91. a.)
war / vnd bekant / das diese zwey wörtlein (essentialiter, vnd realiter)
wesentlich / vnd thetlich; im geheimnis der heiligen Dreyfaltigkeit / souiel
zwar dieselbige allereinigste einigkeit der göttlichen Natur / sampt allen
wesentlichen eigenschafften des Vaters / Sons / vnd heiligen Geists betrifft /
keinen vnterschiedenen verstand in sich haben / sondern (wie die compendiaria
fidei orthodoxae explicatio Anastasij Patriarchae Theopolitani, vnd Cyrilli
Alexandrini lehret) Essentia, natura, item forma, sunt vna, & eadem res.
Souiel aber die drey Personen in Gott anlanget / haben dieselbige zwey wörtlein /
essentialiter, vnd realiter, das ist / wesentlich / vnd thetlich / nicht
einerley / sondern jhren vnterschiedenen verstand / darum̅ das der
Vater / Son / vnd heiliger Geist / wiewol sie keins wegs drey vnterschiedene
Natur / oder Wesen / jedoch drey vnterschiedene Person sind.
Dieweil denn in Christo nicht zwo vnterschiedene Person in einerley Natur /
sondern viel mehr zwo Naturn in einer Person sind / so kan mit keinem grund
bewiesen werden / das die göttliche Maiestet / almacht / alwissenheit / vnd
allenthalbenheit des ewigen Worts sol der angenomenen Menscheit in der that /
vnd doch nicht wesentlich mitgeteilt sein / sönderlich dieweil dieselbigen
eigenschafft der ewigen Gottheit in der that von dem göttlichen Wesen mit
nichten pflegen / noch vermögen vnterschieden zu werden.
Können derwegen die Vbiquisten nicht furüber / ent
|| [298]
weder mit vns / vnd allen rechtgleubigen / so wol realem, als physicam
communicationem idiomatum zu verwerffen / oder wider die öffentliche Warheit
zugleich mit einander alle beide zu asseriren / sönderlich dieweil sie selbst
bekennen / das reale eben so viel heisse / als / ;
welche erklerung freilich cuiuslibet rei naturam, & essentiam, eines
jeden dings Natur / vnd Wesen / mit begreiffet / vnd mit nichten ausschleusset.
Vnd also / wo fern sie auff jhrem gedicht verharren / werden sie endlich den
Nestorianern so wol / als den Monophysiten vnwidersprechlich zuspringen müssen /
dieweil aus der physica, das ist / reali idiomatum communicatione in Christo
folget / nicht zwar aliud, & aliud, cum personae identitate; sondern
viel mehr alius, & alius, cum identitate naturae, seu essentiae: das ist
/ der Naturn vermischung / vnd der Person trennung.
(Fol. Apol. Erf. 91.)
Vff diß argument antwort vnser gegenteil durch ein gantz bogen blat / welches
Sum̅a / vnd Inhalt ist / concessio praemissarum, &
negatio consequentiae rectè ex praemissis extructae. Den ersten / vnd andern
Spruch können sie nicht straffen / sondern bestettigen sie viel mehr / vnd
leugnen doch den schluss / der in ördentlicher consequentz daraus folget. Das
mus Niemand thun (sagt D. Lutherus im buch von den Concilijs) denn gar ein
vnuerstendiger / der kein Vernunfft hat / oder ein verzweiffelter Spötter.
Das sie aber von der Dolmetschung / die vnser / ja (Fol.
Apol. Erf. 91. b.) aller rechtgleubigen
vnwidersprechliche meinung in maiore von dem vnterscheid der beiden wörtlein
(essentialiter, vnd realiter) nicht gnugsam erreicht hat / ein gros
zettergeschrey inseriren / gibt vns nichts zuschaffen / dieweil wir kein schuld
|| [299]
daran haben / vnd die Sach an jhr selbst deutlich
gnug ist.
Sie solten aber auch dißfals / falsch gezeugnis wider jhren vnschuldigen Nechsten
zuuerhüten / der erinnerung jrer Brüder / vnd getrewen Consorten zu Hall
ingedenck gewesen sein / welche in jhrer Censur vff die Erfurdischen Apologien
diesen vorwurff also verantworten:
Desgleichen (sagen sie) wird (verstehe / folio Apol. Erf. 91.) der Anhaltiner argument gesetzt: vocabula (essentialiter, &
realiter) differunt: &c. Da sol jhr geharnischter Dolmetscher geben
haben / im geheimnis der Dreyeinigkeit sind die Personen wesentlich / vnd mit
der that vnterschieden / dieweil sie einer Natur / oder eines Wesens sind. Es
stimmen aber die erste / vnd andere edition dißfals nicht vberein / auch ist es
besser gesetzt in der andern edition / als in der ersten. Derwegen könte dieses
/ was dem Dolmetscher zugemessen wird / vnsers erachtens wol aussen gelassen
werden. Bißher jhre wort / daraus zusehen / das sich vnser gegenteil alhie mehr
jre affection / denn die Warheit hat regieren lassen.
SECVNDVM ARGVMENTVM Hertzbergense.
Zum andern / weil in gegenwertigem streit de communicatione idiomatum reali vff
nichts anders / als vff das jenige / das sonsten in Christo wesentlich / vnd in
der that vnterschieden ist / gesehen wird (denn man redet von der thetlichen
mittheilung der göttlichen eigenschafften ins fleisch / nach welchen
eigenschafften die Gottheit wesentlich / vnd in der that von der angenomenen
Menscheit Christi / als die Schöpfferin vo̅ jrem geschöpffe
vnterschie
|| [300]
den ist) So kan ja nicht
bestehen / das die beide Naturn in Christo wesentlich / vnd in der that / was
die eigenschafften betrifft / von einander vnterschieden / vnd zugleich die
menschliche Natur der göttlichen eigenschafft / obwol nicht wesentlich / jedoch
in der that (realiter) teilhafftig worden sey. Sönderlich dieweil in dem
geheimnis von der allerheiligsten Dreyeinigkeit Gottes / die realis distinctio
personarum nicht gehet vff das jenige / das zugleich realiter, vnd essentialiter
Gott Vater / Son / vnd heiliger Geist vnter sich gemein haben / Söndern viel
mehr vff das jenige / nach welchem Vater / Sohn / vnd heiliger Geist / sind
warhafftig / vnd in der that / alius, & alius; ob sie wol mit nichten
sein / noch sein können aliud, & aliud.
In Christo aber ist beides / realis distinctio, vnd realis communicatio vff
einerley obiect der natürlichen göttlichen eigenschafften gericht / das nemlich
/ vermöge dieser opinion / die menschliche Natur / nach denselbigen göttlichen
eigenschafften / als da sind almacht / alwissenheit / allenthalbenheit / glori /
vnd Maiestet / zugleich von der Gottheit vnterschieden / vnd nicht vnterschieden
sein sol. Nur das man es mit dieser nichtigen / vnd in sich selbst widerwertiger
gloss / oder farb zu beschönen sich bemühet / nemlich / die distinctio idiomatum
vtriusque naturae sey zugleich realis, vnd essentialis, thetlich / vnd
wesentlich: die communicatio aber idiomatum, sey wol realis, jedoch nicht
essentialis. Item / das one grund / vnd der Sachen selbst zuwider fürgegeben
wird; die distinctio begreiffe beider Naturn idiomata; die communicatio aber /
die in der that geschehe / sey nur vom fleisch Christi zuuerstehen / welchem die
göttlichen eigenschafft widerfahren / vnd aus
|| [301]
gnaden
mitgeteilt worden; nicht aber der Gottheit die menschlichen eigenschafft.
Das nu der letzte behelff nichts sey / ist daraus abzunemen / das die alten
rechtgleubigen Lehrer diesen Canonem, oder Regel / so da heisst communicatio
idiomatum, durchaus alternatiuè, vnd reciprocè (, wie
Damascenus redet / lib. 4. cap. 19.) verstanden haben / so wol von der göttlichen / als von der
menschlichen Natur.
Denn wie der erschaffenen Naturn eigenschafft / Wirckung / vnd Leiden dem HERrn
der ehren zugeschrieben werde̅ / also werden die göttliche Krafft
/ Herrligkeit / vnd Wirckungen dem Son Mariae zugeschrieben: per modum
alternationis, wie es die alten genennet haben / nach der schönen auslegung
Damasceni / lib. 3. cap. 4.
welches gantze capitel hieher gehöret.
Vnd sind beiderseit nicht blosse Titul / oder Namen / sondern ist die ewige
Warheit / das der HERr der Ehren für vns gecreutziget / vnd der Son Mariae Himel
/ vnd Erden erschaffen hab. Denn Christus ist beides / Gott / vnd Mensch / in
einer Person / obwol jenes nicht von der Gottheit / noch dieses von der
Menscheit kan / oder sol verstanden werden.
Der erste behelff aber ist nichts / denn ein vergebliche petitio principij, vnd
mangelt jhrem fürgeben nur an beweis. Derwegen es bey vnserm argument / so wir
jhnen zu Hertzbergk auch in diesem stücke opponirt haben / wol bleiben wird. Als
nemlich / Contrariorum eadem est ratio:(Fol. Apol.
Erf. 92. a.) wenn von widerwertigen / vnd
streittenden Sachen einerley wort gefüret werden / so haben dieselbigen einerley
verstand / sonst wer kein widerwertigkeit / noch streit.
|| [302]
So ist nu kunt / vnd offenbar bey allen vernünfftigen / vnd darff bey den
rechtgleubigen keiner beweisung / das die wesentliche gemeinschafft / vnd der
wesentliche vnterschied der natürlichen wesentlichen eigenschafften in Christo
sind contraria, das ist / widerwertige ding / die beysammen in einerley Natur
nicht bestehen / noch zugleich von derselbigen können mit warheit gesagt werden.
Denn das hiesse ja / vnd nein von einerley Sachen reden / welchs der gantzen
Ordnung der Natur / das ist / dem artickel von der Schöpffung / vnd demnach der
vnwandelbaren Regel göttlicher Warheit zu wider ist.
Dieweil denn der wesentliche vnterscheid der eigenschafften in Christo ist realis
idiomatum distinctio, so mus auch physica idiomatum communicatio nichts anders
sein / denn realis idiomatum communicatio. Vnd kan demnach diß so wenig / als
jenes / vnd jenes so wenig / als dieses zugleich beysammen bestehen / sondern es
bleiben die Naturn / eigenschafften / Willen / vnd Wirckungen in Christo
realiter, vnd essentialiter vnterscheiden.
Derwegen so wol realis, als essentialis, seu physica idiomatum communicatio aus
der Kirchen Gottes ausgemustert werden mus / man wolle denn zugleich die
einigkeit der Person Christi trennen / vnd den vnterscheid der Naturn auffheben:
Dadurch ein endliche verleugnung des gantzen geheimnis von der Menschwerdung /
oder offenbarung des Sons Gottes im fleisch (darauff alle Gottseligkeit
gegründet ist. 1. Tim. 3.) eingefürt / vnd verursacht würde.
Vnd thut zur Sachen gar nichts / das sie fürgeben / sie gebrauchen das wort
Realis alhie nicht pro essentiali.
|| [303]
Denn weder jhnen /
noch vns gebürt / newe phrases zuerdencken / oder den worten newe
vngebreuchliche bedeutunge̅ anzudichten / sondern ob der form der
gesunden Reden sollen wir fest anhalten / damit nicht durch leichtfertige
verenderung der Sprach / die Religion selbst / wie zu Babel / endlich gantz vnd
gar verdunckelt / oder vermischt / vnd verwirret / ja wol zu grunde ausgetilget
/ vnd verloren werde.
Derwegen auch von vns kein vnchristlich / viel weniger ein vnerbar stück (wie sie
vns aus vnchristlichem hass(Fol. Apol. Erf. 92. a.) mit vnwarheit alhie schuld geben)
begangen wird / das wir die Schefflein Jesu Christi für jhrer Sprach / vnd
stimme / als frembd / vnd der stimme vnsers Ertzhirten vngemes / ja zuwider /
nach ausweisung vnsers obligenden ampts trewlich warnen. Denn es heisst: Oues
meae vocem MEAM audiunt. Ioan. 10. Item: Si non DIXERINT
secundum legem hanc, non erit eis matutina lux. Iesaiae 8.
So haben sie ja in jhrer vermeinten Refutationschrifft zu Dessaw / fol. 55.
selbst aus gerechtem göttlichen Gericht wider sich mit Feder / vnd Munde
bekennen müssen / das jre newe phrases von der thetlichen mitteilung der
wesentlichen almechtigkeit / alwissenheit / allenthalbenheit des ewigen Worts in
sein angenomen fleisch / weder in Gottes Wort / noch in den andern approbirten
Schrifften / bey jhrer norma im Concordibuch vermeldet / zufinden seyen.
Dieweil denn ohne diese newerung der Sprach / vnd Lehr / diß hohe geheimnis
gleichwol kan erklert werden / dadurch auch von anfang der Welt alle
rechtgleubigen / welche von der vbiquitet der Menscheit Christi nie kein wort
gehört / ja an solche vngehewere Lehr nie gedacht haben /
|| [304]
heilsam sind vnterricht / getröstet / vnd selig worden: So ist es
ja an jhnen selbst ein gantz vnchristlich / ja ein vnerbar stücke / das sie
wissentlich von der angenomenen / bewehrten / vhralten weis / vnd form von
Christo zu reden / vnd predigen / abweichen / vnd sölche newe grillen / ohne /
ja wider so wol des göttlichen Worts / als der alten rechtgleubigen Kirchen
zeugnis / für Glaubens artickel canoniziren / vnd erhalten wollen.
Bißher von den zweien Hertzbergischen Argumenten / an welchen sich newlich auch
D. Johan Matthaeus / professor zu Witembergk / in seiner wüsten / vnd wider sich
selbst lauffenden antwort / auff vnser wolgegründte Defension / die noch fest
stehet / wie sie denn in ewigkeit wol bestehen wird / versuchet hat. Aber in
warheit denselbigen so gar nichts benomen / noch abgebrochen / das er sie wider
seinen willen / vnd danck / viel mehr befestigt / denn im geringsten widerleget.
In massen auch sein gantzes buch nichts anders / denn ein bestettigung der
Anhaltischen Lehr ist. Nur allein / das Er gantze plaustra conuiciorum, vnd viel
nerrischer spotwort ausgegossen / damit er doch sich selbst / sampt seinen
Consorten / viel mehr / denn vns verhönet / vnd dem vnberichten Leser ein Nasen
drehen wil / gleich als hab er sich gar wol verantwortet.
Vnter des aber spielet Er mit diesem grossen geheimnis / vnd behilfft sich mit
Rotwelschen / vnuerstendlichen / oder ja zweiffelhafftigen Reden / vnd
Cothurnis, dadurch Er verhofft beide Gott / vnd Menschen zu eludiren. Wie jm
denn solches auch von den jenigen / denen er besser / als vns bekant / in
offenem Druck vorgeworffen / das Er nemlich der ware̅ Religion
niemals auffrichtig vnter augen
|| [305]
gangen / sondern
allezeit mit zweizüngigen Reden sich geflicket / vnd den Mantel nach dem Winde
gerichtet. Darauff wir seine entschuldigung / die aber ohne zweiffel (ausgenomen
schmach vnd lesterwort / darinn er ein Meister ist) schmal / vnd kalt wird sein
/ mit begier erwarten.
Nach dem er aber jtzt nicht anders / denn wie er vor 17. Jaren in seinen bey
vnser Defension zum beschluss gedruckten thesibus gelehrt / verstanden sein wil
/ so mus er entweder damals mit betrug sein vm̅gangen / oder
betreugt jtzt die Leute / vnd redet wider sein eigen Gewissen / dieweil er an
vns verdammet / was er an jme / vnd den seinen wil für recht erkant / vnd
vertheidigt wissen.
Welcher sein Geist auch sönderlich hieraus wol zu prüfen ist / dieweil er pag.
450. von sich / vnd seinen Collegen nicht gestehen wil / das sie etwas anders
lehren / oder prositiren / denn wie sie es von den Herrn Praeceptoribus /
Luthero / Philippo / vnd andern / aus Gottes Wort empfangen / so doch offenbar /
das die Concordiformul nichts anders ist / denn Corporis doctrinae Philippi
abrogatio, & totius Flacianismi (wie einer aus jhren fürnembsten
Patronen selbst bekant) saluatio.
Ja / D. Jacob Andreae hat hiebeuor das Corpus doctrinae Philippi (darauff man
doch bißher in allen promotionibus, vnd ordinationibus, nach der heiligen Bibel
/ vnd dreyen Heuptsymboln / mediante iuramento, welchs nu gar vergessen /
obligirt ist worden) von offener Cantzel / zu Wittenbergk / vffn ersten Sontag
nach Trinitatis, Anno 79. als ein buch voll bubenstücke
/ oder viel mehr Schelmstücke / mit grosser lesterung trutziglich
ausgeschrie
|| [306]
hen / vnd verdam̅t / welchs der studirenden Jugend / vnd viele̅
andern fromen Hertzen in der Christlichen gemein daselbst so gar abschewlich
anzuhören ist gewesen / das sie jhr misfallen vber solcher frecheit / vnd
künheit / aus einem Christlichen eyffer mit grossem getümmel in der Kirchen
dermassen eröffnet / das der Predicant nicht wenig darob bestürtzt worden / vnd
als bald den H. Philippum / vff welchen er zuuor so grewlich gescholten / wider
hat angefangen zu loben / als einen hohen Mann / welchen er für seinen
Praeceptorem erkenne / hab auch viel von jhm gelernet / Ja (wie seine
wortlauten) venerir / vnd ehre jhn auch in der gruben / da er ruhet / als einen
woluerdienten Mann vmb Kirchen / vnd Schulen / etc. In massen dieselbige
Schmachpredigt / damit sie damals hoch gepranget / vnd gleich triumphiret haben
/ durch den öffentlichen Druck zu Magdeburgk / vnd Dreßden ausgangen / vnd nicht
vnbillig zum ewigen gedechtnis / vnd zeugnis wider der Vbiquisten leugnen /
darauff sie sich nu begeben / verwaret wird.
So rühmet ja / vber dieses alles D. Johan̅ Matthaeus selbst / pag.
responsionis suae 14. das jhm von andern (suae farinae
hominibus) grosser danck zugeschrieben / darumb das die Lehr de communicatione
idiomatum zuuor nicht also zu Wittembergk sey erkleret worden. Wie kan sie denn
des Herrn Philippi / in welches Corpore doctrinae (beförderst aber in seinem
herrlichen buch Locorum communium, darauff sich auch der ausserwelte
hochlöbliche Werckzeug Gottes / Fürst Georg zu Anhalt / Christmilder gedechtnis
/ in seiner schönen Weyhnachtpredigt von dem grossen geheimnis der Menschwerdung
/ des ewigen Worts / fol. 4. referirt) der Kern aus D. Luthers schrifften /
|| [307]
vnd Predigten auffs deutlichste zusammen getragen /
vnd begriffen ist / gemes sein? Oder / Warümb verdampt er andere / die sich auff
nichts anders / denn auff die erkante / vnd bekante Warheit der rechten
schrifftmessigen erklerung Herrn Lutheri / vnd Philippi jederzeit referiren?
Ja / mit was Gewissen darff er die Anhaltischen Kirchendiener antasten / die wir
vns doch fürnemlich auff die schöne erklerung dieses heutigen streits in
refutatione Stancari, Anno 53. am tag Joannis des Teuffers / vffm Fürstlichen
Hauss Dessa / vom Herrn Philippo mit eigner Hand beschrieben / vnd vbergeben /
beruffen? welchs autographum noch in archiuis Anhaldinis, als ein praeclarum
depositum doctrinae orthodoxae, cuius custos, & hospes est Princeps
Ascaniae, verwaret wird / dabey wir auch / mit Gottes hilff / vnd im Namen
Gottes / wider alle newerung / einfaltig zu beruhen / vnd verharren /
entschlossen.
Heisset das nicht , vnd vanitas; ja wol vanitas
vanitatum, & mera putida vanitas; die Leute wollen bereden / man bleib
bey der Herrn Praeceptorum Lutheri / vnd Philippi (die in bestendiger
Christlicher Lieb / vnd einigkeit beysammen gelebt / niemals aber jemand zur
subscription jrer Religion / oder bekentnis gedrungen / noch vmb wegerung der
subscription veriagt haben) Lehr / vnd Concordi: So doch das Werck am hellen
Mittag widerspricht?
Warumb helffen sie nicht viel mehr zu einem freyen / öffentlichen /
vnuerdächtigen national Synodo, nach welchem so wol von jnheimischen / als
auslendischen so viel seufftzen / von so langer zeit hero / noch teglich ergehen
/ vnd freilich mit gutem Gewissen weder abgeschlagen / noch ge
|| [308]
hindert werden kan? Wie sich denn vnser
gegentheil (an dem es bißher allein gemangelt) hiezu vber die billigkeit
(dieweil die protestierenden Religions verwanten hiebeuor / vnd allezeit wider
die Papisten eben diese hinderung legitimae cognitionis fur die aller höchste
vnbilligkeit angezogen) allermeist gegenwertigen der hochbetrübten Kirchen gantz
erbermlichen zustand selbst / bewegen lassen solte. Vnd zwar vmb jres eigen
Concordibuchs willen / welchem die Schmalkaldischen Artickel mit einuerleibet
sind / da der Mann Gottes Lutherus in seiner Vorrede / fol. Concord. 135. diese
hefftige eiueriche wort gebrauchet / dafür wir vns nicht wenig entsetzen / vnd
da sie nicht durch die Concordiformul von vnserm gegenteil selbst canonizirt
weren / gross bedencken haben würden / dieselbige an diesem Ort zu allegiren:
Das nemlich Lutherus daselbst aus einem sehr hefftigen eiuer / die Bäpstischen
öffentlich für der gantzen Welt ausrüfft / vnd schilt / als lichtflüchtigen /
vn̅ tagschewende Schelmen / darümb das sie so jemerliche mühe
haben / ein frey Christlich Concilium zu verziehen / vnd zuuerhindern / daran
man wol mercke / das der Bapst lieber wolt die gantze Christenheit verlorn / vnd
alle Seelen verdampt sehen / ehe er sich / oder die seinen wolt ein wenig
reformiren / vnd seiner Tyranney ein mass setzen lassen. Ob sich nu der
vbiquistische hauff (sonderlich die Redelsfürer) dieses alten Lutherischen
segens bey verstendigen nicht auch teilhafftig machen / ja fast bey jren eigen
Consorten in verdacht bringen / das sie mehr vber jhr gesuchte reputation / vnd
eigen nutz / denn ob der algemeinen Kirchen heil / vnd einhellichem consens der
Warheit eiuern / Solchs alles mag jhnen einmal jhr Gewissen / wens endlich
auffwachen
|| [309]
wird / selbst vnter augen sagen / vnd
bezeugen. Denn es doch bey dem Sententz wol bleiben wird / welchen der HERR /
der die Warheit selbst ist / ausgesprochen: Wer arges thut / der hasset das
Licht / vnd kömpt nicht an das Licht / auff das seine Werck nicht gestrafft
werden. Wer aber die Warheit thut / der kömpt an das Licht / das seine Werck
offenbar werden / denn sie sind in Gott gethan. Johann. 3.
Aber hieuon sey dem Christlichen Leser das Vrteil befohlen. Jtzt wollen wir auffs
kürtzeste anhören / was D. Johann Matthaeus vff mehrgedachte zwey argument
antworte.
Bey dem ersten carpirt er anfenglich Maiorem, welche doch nicht vnser / sondern
vielmehr seiner Consorten ist / aus derer antwort / als ex hypothesi, wir zu
Hertzbergk argumentirt haben: vnd also füret er / mit verwerffung Maioris, seine
lumina Ecclesiae (wie er sie pag. 352. heuchlerischer / wo nicht hönischer weise
nennet) selbst zur Schulen.
Zum andern / formirt er Maiorem nach seinem gefallen / pag. 349. vnd spricht;
Maior solte also lauten: Vbi essentiae est identitas, & personarum non
essentiale, sed reale discrimen (sicut est in mysterio Trinitatis) ibi REALE,
& ESSENTIALE differunt. Haec propositio (inquit) est catholica,
& vera, ex qua certissima demonstratio extrui potest.
Dieweil denn D. Johann Matthaeus so ein scharffsin̅iger Dialecticus
ist / So lassen wir die Maiorem propositionem also / wie er sie jhm selbst zum
vorteil formiret hat /
|| [310]
bleiben / vnd zweiffeln nicht
/ der verstendige Leser (welcher freilich auch vnsere Maiorem, so fern man sie
mit gesunden augen ansihet / anders nicht / denn vff dieselbige meinung hat
verstehen können) werde mit vns / vnd allen rechtgleubigen / diesem hochmutigen
Goliath sein eigen Schwerd aus der Hande nemen / vnd also schliessen / per
inuersionem; wie folget.
Vbi Reale, & Essentiale differunt, ibi essentiae est identitas, &
personarum non essentiale, sed reale discrimen; sicut est in mysterio
Trinitatis.
At in Christo Immanuele (secundum Vbiquistarum opinionem) Reale, &
Essentiale differunt.
Ergo, in Christo (secundum Vbiquistarum opinionem) est essentiae identitas,
& personarum non quidem essentiale, sed tamen reale discrimen. Ac per
consequens, D. Ioannes Matthaeus cum astipulatoribus suis essentialis simul
Eutychianus, & realis Nestorianus est. Id quod erat demonstrandum. Quia
ex Maiore illa, quae etiam ipso teste, nobisque vltrò concedentibus, catholica,
& vera est, certissima haec demonstratio extruitur.
Was hat er nu mit seiner Sophisterey wider die Anhalter erhalten? Freilich nichts
mehr / denn eben das / was jm / vnd seinem anhang von der gantzen rechtgleubigen
Kirchen mit bestendigem grunde schuld gegeben wird: nemlich / das er zugleich
ein Eutychianer / vnd Nestorianer sey; vngeacht / das er nicht verstehen wil /
wie zween vngleiche / ja widerwertige jrthumb aus einerley falscher hypothesi,
oder meinunge herfliessen.
Zum dritten / das er aber in seinem argument die Minorem also attexirt: Sed in
persona secunda Trinitatis,
|| [311]
quae est Iesus Christus
Filius Dei, etsi non est naturarum identitas, manet tamen reale discrimen
personae Filij ad Patrem, & Spiritum sanctum. Vnd wil daraus schliessen:
Ergo, vocabula (Reale, & physicum) differunt in persona Christi, sicut
in mysterio Trinitatis: Das ist erstlich an einem solchen hocherleuchten Doctor
(wie er gern dafür gehalten / vnd vnter die lumina Ecclesiae gezelet sein wolt)
ein schendliche verkerung der Heuptfragen / welchs man in Schulen nennet
paralogismum secundum plures interrogationes. Denn die Frage nicht ist / de
discrimine reali inter personam Patris, Filij, & Spiritus sancti; welchs
wir mit allen rechtgleubigen / on seine erinnerung / gern erkennen / vnd
bekennen. Sondern dieweil im geheimnis der heiligen Dreyfaltigkeit propter reale
discrimen personarum, & identitatem essentiae, die zwey wörtlein
(Essentiale, vnd Reale) nicht vff einerley weis können verstanden werden / so
ist die Frage / ob denn in mysterio incarnationis, vbi identitas est non
naturarum, sed personae, & diuersitas non personae, sed naturarum, nicht
billig Essentiale, vnd Reale ein ding bedeuten / vnd demnach Realis idiomatum
communicatio, so wol als Essentialis, naturalis, oder physica zugleich entweder
asserirt / oder verworffen werden müssen? Das ist der status, dauon man nicht
solt ausschweiffen. Sonst heissts: A disparatis nihil sequitur. Für eins.
Zum andern / henget in dieser D. Johann Matthaei schlussrede gar nichts an
einander / sondern folget vielmehr das gegenspiel. Siquidem ad iustam
consecutionis ratione̅, in medio termino, qui in subiecto maioris
no̅ est simplex, verùm bime̅bris, non alterius
duntaxat, sed potius vtriusque
|| [312]
partis veritas
requiritur: Vt nimirum, sicut in mysterio Trinitatis, ita etiam in mysterio
Verbi incarnati, locum habeat non solùm , verùm etiam
. Aber dieser ding reimpt sich keins auff Christum /
in welchem nicht zwo Person eine Natur / sondern zwo Naturn eine Person haben.
Vnd ist also Minor nicht perfectè affirmatiua.
Derhalben man in schola Philippica (wenn der Praeceptor noch leben solt) diesem
vnzeitigen Doctor antworten würde: Erstlich / In prima figura non valet
consequentia, si minor est negatiua.
Zum andern / ab insufficienti enumeratione partium nihil sequitur. Ad veritatem
enim copulatiuae propositionis requiritur omnium partium applicatio, &
veritas. Nec valet consequentia à parte copulatiuae ad totam.
Aber diß wollen wir den Herrn Philosophis zu Witembergk ferner auszufüren / vnd
ex regulis consequentiarum dauon zu vrteiln / vbergeben / von welchen D. Johan
Matthaeus forthin sein Dialecticam besser studieren mag / damit er mit seinem
exempel nicht das Sprichwort bestettige: .
Bleibt derwegen vnser erstes argument noch vnum̅gestossen / man
wolte denn / zugefallen den Arianern (welchen D. Johann Matthaeus vorzeiten so
nahe sol verwant gewesen sein / das er gar keinen bestendigen Syllogismum aus
der gantzen Bibel wider sie hat machen / noch zu wegen bringen können) diß
nachgeben; quòd in persona Iesu Christi aliquid sit realiter omnipotens,
& omniscium, quod non sit essentialiter Deus.
Dagegen wir festiglich / vnd bestendig gleuben / lehren /
|| [313]
vnd folgenden Syllogismum durch Gottes gnad / wider alle Sophisten
vertheidingen wollen: Quicquid est realiter omnipotens, omniscium, vbique; id
etiam realiter, & essentialiter Deus est.
Caro Christi no̅ est realiter, aut essentialiter Deus, sed est
creatura. Ergo, nec realiter o̅nipotens, omniscia, vbique est.
Diese wolgegründte / vnd vnwidersprechliche schlussreden / werden alle Sophisten
/ vnd Vbiquisten / so lang Sonn / vnd Mond leuchten / ja in alle ewigkeit wol
vnwiderlegt bleiben lassen müssen.
Dem andern Hertzbergischen argument thut D. Johan Matthaeus noch viel weniger.
Denn weil er selbst bekent; proprietates vtriusque naturae communicari non
quidem naturis inter se, verùm personae, in qua vnitae sunt: vnd das einer
jede̅ Naturn eigenschafft von den eigenschafften der ander
Natur zugleich realiter, vnd essentialiter, wesentlich / in der that /
vnterschieden sein / vnd bleiben / welche doch anders nicht / denn in der Person
/ nach welcher sie vereinigt sind / betrachtet werden: So kan ja nimermehr von
jm / noch seinem anhang bewiesen / viel weniger erstritten / noch erhalten
werden / das die menschliche Natur einerley almacht / Weisheit / vn̅ allgege̅wart mit der ewige̅ Gottheit in der
Person des Worts zu gemeinem besitz / brauch / vn̅ Wirckung (wie
er redet) bekomen / oder empfangen habe. Denn sonsten weren die beiden Naturn in
einer Person zugleich wesentlich / vnd in der that von einander vnterschieden /
vnd nicht vnterschieden.
Wie sie aber wesentlich / vnd in der that beysammen / das ist / in einer Person
vereiniget sind / also haben sie nicht allein realiter, in der that / sondern
auch essentialiter,
|| [314]
oder wesentlich / all jhre
eigenschafft in einer Person beysammen / vnuermischt / vnd vngetrennet. Denn der
vnterscheid macht keine scheidung / wie die vereinigung in Christo keine
vermischung bringt. Darumb auch hieraus erweislich / das die zwey wörtlein
(Reale, vnd physicum) in mysterio Verbi incarnati einerley bedeuten / vnd
demnach Realis, vnd physica idiomatum communicatio (wie gemelt) entweder
zugleich asserirt / oder verworffen sein müssen. Daraus denn der Christliche
Leser vnsers vngestümmen / vnbesonnenen Antagonisten D. Johann Matthaei
nichtiges fürwenden durchaus in all seinem andern geschwetze augenscheinlich zu
ermessen hat. Denn in warheit aus seinem gantzen widerholten Tractat nichts
anders zu spüren / denn das jm diese hohe Sach kein ernst sey / sondern er
treibt aus beiden theilen heimlich sein gespött. Sintemal fast alle seine wort
(welchs trewen Lerern nicht gebürt) auff schrauben gesetzt sind / die man so wol
auff vnsere / als auff vnsers gege̅teils meinu̅g
ziehe̅ / vn̅ verstehe̅ kan.
Wie denn sönderlich alhie sein vberzeugtes brandmahlichtes Gewissen jn treibet /
das er seinen Consorten zu wider / selbst klar heraus zum öfftermal / mit vns /
vnd allen rechtgleubigen (die er doch den Vbiquisten zugefallen / welcher Brot
er isset / wider sein Gewissen hilfft verketzern / vnd lestern) bekennen mus: in
persona communia esse omnia, quae naturis per se consideratis, sunt propria.
Item / da es der Erfurdischen Apologien fürnemlich vmb die abstractiuas
propositiones zuthun ist (darob sich auch D. Heshusius aus seinem Bistumb hat
müssen verjagen lassen) lehret er stracks das contrarium; nemlich (wie seine
wort lauten pag. 365.) Non dicimus, in abstracto carnem
|| [315]
Christi esse omnipotentem, omnipraesentem, &c. Immò illas abstractas
formulas reijcimus, & damnamus: &c.
Wiewol er nu mit nichten gestehen wil / das jemand aus den Subscribenten der
Concordiformul die propositiones abstractiuas jemals vertheidingt (welchs sich
doch selbst widerlegt) So nemen wir nichts desto weniger solchs für bekant an /
vnd antworten mit Eusebio in historia Ecclesiastica lib. 4. cap. 17. Qui negat, quod est; sine dubio
culpabile iudicat esse, quod negat.
Dieweil er den̅ hiemit eben vnser Lehr wider das gedicht de reali
idiomatum Deitatis co̅municatione facta carni, selbst
bekrefftiget; Was hat er denn für vrsach / mit so vielen scheltworten / vnd
Seetirischen Namen wider sein eigen Gewissen vns anzutasten? Sönderlich weil er
vns auch in dem hohen geheimnis vom heiligen Abentmal / wider seinen danck mus
zeugnis geben: quòd loquamur verbis Ecclesiae, & vtamur forma sanorum
verborum; welche jm gleichwol (denn so hoch ehret er Gottes Wort) müssen heissen
hoedorum pelliculae. pag. 499.
Item / Er schreiet die jenigen für Sacramentirer aus / welche lehren / das man im
heiligen Nachtmal bey den worten der stifftung fest bleiben / vnd nichts dazu
thun / noch dauon nemen sol. pag. 551. Aber wir bleiben bey dem austrücklichen
befehl Gottes / Deut. 4. Ir solt nichts dazu thun / das ich euch gebiete / vnd
solt auch nichts dauon thun. Item: Prouerb. 30. Thue nichts zu seinen worten /
das er dich nit straffe / vnd werdest lügenhafftig erfunden. Item: Apoc. 22. So
jemand dazu setzet / so wird Gott zusetzen auff jhn die Plagen / vnd so jemand
dauon thut / so wird Gott abthun sein theil vom buch des Lebens. etc.
|| [316]
In summa; dieweil D. Johan Matthaeus die vbiquistische trewme von der
almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbgegenwertigkeit des fleisches
Christi wil helffen / nach all seinem vermögen / als ein gedingter Bileam /
wider sein Gewissen / allein vmbs bauchs willen verkleistern / vnd bementeln /
so masset er jhm selbst an die alwissenheit / wil sich für ein Hertzkündiger
auffwerffen / vnd (so fern man dem Concordibuch nicht durchaus vnterschreibe /
vnd recht gebe) mit keiner schrifftmessigen erklerunge zufrieden sein / wider
den Spruch des Apostels: Mit dem Hertzen gleubt man zur Gerechtigkeit / mit dem
Munde bekennet man zur Seligkeit. Rom. 10. Diß sind wir jm nicht schuldig
einzureumen / sondern befehlen das vrteil dem allein gerechten Richter / vnd
warhafftigen Hertzkündiger Jesu Christo.
Aber hieuon auff dißmal / vnd an diesem Ort gnug. Wer bey dem hellen Mittagliecht
mutwillig der Warheit zuwider / vnd blind sein wil / der sey jmer hin blind. Qui
coecutit, coecutiat adhuc: Et qui sordidus est, sordescat adhuc. Apoc. 22. Sein schuld sey vff jhm.
Das sechs vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
(XXVI.)
SO ist nu zum sechs vnd zwentzigsten offenbar / vnd zugleich durchs vörige
argument augenscheinlich erwiesen / das es nicht allein der vnwandelbaren Regel
göttlicher Warheit / vnd Ordnung / sondern auch dem gemeinen verstand aller
vernünfftigen Menschen / ja allen natürlichen / göttlichen / vnd vblichen
|| [317]
Rechten / vnd der algemeinen erfarung im gantzen
menschlichen Geschlecht zu wider sey / das eines dings eigenschafft / dadurchs
von einem andern mit der that vnterschieden wird / zugleich desselbigen eigen
bleiben / vnd doch dem andern / von dem es hiedurch vnterschieden wird / in der
that mitgetheilt / vnd also allen beiden gemein werden sol.
Denn das hiesse zugleich ja / vnd nein / oder schwartz / vnd weis von einem dinge
reden: Ja wider alle beschriebene / vnd natürliche Recht die vnterschiedung der
graden / vnd Ordnung der Empter / sampt der eigenthümbligkeit der gütter / wie
dieselbige im siebenden Gebot weislich von Gott selbst versehen / vnd bestettigt
ist / auffheben / vnd ein vichische gemeinschafft aller ding im menschlichen
leben / vff gut widerteufferisch anrichten / vnd alle Gerechtigkeit / so wol der
vnterschiedenen Stenden in der weltlichen Policey / als in Handel / vnd Wandel /
oder keuffen / vn̅ verkeuffe̅ (welchs alles vff dem
vnterscheid stehet inter meum, & tuu̅, dz / was eigen ist
/ nicht für gemein / noch was gemein ist / für eigen gehalten werde) auff einmal
vmbstossen. Dadurch die Regel des HERrn selbst fallen müste / Matth. 22. Gebt
dem Keiser / was des Keisers ist / vnd Gott / was Gottes ist.
So können auch vnser Antagonisten nichts bestendiges dawider auffbringen /
sondern ergreiffen jhre petitionem(Fol. Apol. Erf. 92. b.) principij: Es sey ein anders / Realis
distinctio naturarum, & essentialium proprietatum in persona Christi;
vnd ein anders / Realis communicatio Maiestatis diuinae in persona Christi.
Brauchen also die Sophisterey ex fallacia aequiuocationis, mit der prechtigen
Rede / von der warhafftigen mittheilung der göttlichen Maiestet in der Person
Christi: damit es der einfaltige hauff jhrer blinden
|| [318]
Subscribenten nicht so leicht innen werde. Denn sie gedencken permutatis in
speciem extremis zuentwischen.
Wenn man aber die erklerunge von andern Orten jhrer Apologien nachsuchet / so ist
communicatio realis Maiestatis diuinae, nichts anders / denn was sie sonst
heissen realem communicationem essentialium Deitatis proprietatum, dz nemlich
der menschlichen Natur in Christo gegeben / oder mitgetheilt seyen / attributa
diuinitatis propria, göttliche / vnd vnendliche eigenschafften / oder göttliche
Maiestet. Item / das die menschliche Natur in Christo (Fol. Apol. Erf. 3. b. 4. a
5. a. 6. b. 56. a. & passim pervniuersum
librum.) zum besitz / possess / gemeinschafft / gebrauch / vnd vbung (wie
jre newe phrases lauten) der göttlichen Maiestet / vnd eigenschafften also komen
sey / das nu Christus nach beiden Naturn sey in der that almechtig / alwissend /
allenthalben.
Hieraus sihet ja ein jeder verstendiger / das contradictoriè opposita von
einerley menschlichen Natur in Christo gesagt werden.
Dieweil denn in Christo nicht mehr / denn einerley Maiestet der göttlichen
almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit ist / welche der Gottheit
wesentliche eigenschafft in ewigkeit bleibt (wie vnser Antagonisten alhie wider
sich selbst bekennen müssen / das der warhafftige vnterscheid der Naturn / vnd
wesentlichen eigenschafften in der Person Christi / in alle ewigkeit mus
behalten werden) So kan ja solche der ewigen Gottheit in Christo eigene / ewige
/ vnd vnwandelbare Maiestet durch kein thetliche mitteilung vff die Menscheit
gezogen / vnd derselbigen gemein werden. Man wolte denn die principia fidei, das
ist / die bewerte gründe des gantzen Christlichen Glaubens wissentlich euertiren
/ vnd zu nichts machen.
|| [319]
Das sie aber sonst fürwenden / Es bleibe gleichwol ein vnterscheid zwischen den
Naturn / dieweil die almechtigkeit / alwissenheit / vn̅
allenthalbenheit / welchs der Gottheit wesentliche eigenschafften sind / der
Menscheit in der that nur mitgetheilet / aber nicht jre eigenschafften zugleich
werden / etc. Solchs ist nicht allein / aus oberzelten gründen nichts geredet /
vnd an jhm selbst widerwertig / Sondern auch von D. Johann Matthaeo dermassen
erklert / das man sihet / das sie entweder der Sach vnter sich selbst noch nicht
einig sind / oder gebens alhie mit worten anders von sich / denn sie es im
Hertzen meinen. Sintemal D. Johan Matthaeus vnter andern seinen vngereimpten
paradoxis, auch dieses austrücklich setzet / paginis tractatus sui de vnione
hypostatica 103. & 104.
das assumtio carnis in vnitatem personae (welche anders nicht / denn per realem
idiomatum communicationem declarirt werden könne / vnd müsse) ein solche
participatio, oder mitteilung aller göttlichen eigenschafften sey / das dadurch
die menschliche Natur zum besitz / oder possess der göttlichen Natur / welche
numehr der menschlichen Natur eigen worden / erhaben sey: vt Verbi diuinitas sit
propria facta carnis diuinitas.
Ist denn die Gottheit selbst der menschlichen Natur eigen worden / wie solten
nicht viel mehr zugleich die göttlichen eigenschafften auch derselbigen
Menscheit eigen worden sein? Sönderlich dieweil diuina omnia (auch die ewigkeit
/ vnd vnleibligkeit nicht ausgenomen) sollen der menschlichen Natur in Christo /
durch die thetliche participation, oder mittheilung / eigenthümblich zur
gemeinen possess / gebrauch / vnd wirckung eingethan sein. Aber diß vngehewer
portentum ist in vnser Defension ausfürlich widerlegt / dahin wir den
Christlichen Leser nochmals wollen / vm̅ geliebter kürtz willen /
remittiret haben.
|| [320]
In massen wir auch hiebeuor (nemlich droben im beschluss vnsers 24. arguments)
aus der Oration D. Wolfgangi Peristeri / den 8. Octobris / An̅o
83. zu Landesbergk / vor seiner gantzen Clerisey daselbst gehalten / vnd in
diesem 84. Jar gedruckt (darinn er / vnter vielen andern vngereimpten puncten /
gantz vnd gar kein abstractum in Christo concediret; Wie auch gleiche
geschickligkeit D. VVolfgangus Harterus, Pfarrer / vnd professor Theologiae zu
Leiptzigk von sich lauten lassen / in einem colloquio sagende: Abstractum
humanae naturae non est in rerum natura) klar erwiesen haben / das communicari
bey den Consorten der Vbiquisten nichts anders heisse / quàm in proprietatem
dari. Item; quòd diuina natura (secundum istorum opinionem) humanitati non
tantùm communicet sua idiomata, seu proprietates suae diuinae naturae; Verùm
etiam humanitati easdem PROPRIAS efficiat. Denn also lehret D. Peristerus, in
obgedachter Oration / folijs A 4. B. 1. 2. etc.
Welche meinung er auch in seiner (nach ausweisung der inscription) ehegedruckten
/ denn gehaltener Predigt / vber das Euangelium des 12. Sontags nach Trinitatis
/ zur algemeinen form / oder fürbild der heilwertigen Lere von Christo (wie die
wort daselbst in der Praefation A. 3. lauten) widerholet / vnd mit allem ernst
(wiewol one grunde) zuuerfechten sich angemasset / da er vnter andern hierauff
hefftig dringet / das wie Christus nach seiner göttlichen art / vnd Natur / oder
Wesen warhafftiglich almechtig ist / also hab er solche seine EIGENE almacht
seiner menschliche̅ Natur auch mitgetheilet / vnd gemein / ja
EIGEN gegemacht / der gestalt / das numehr nicht allein die Gottheit
|| [321]
Christi almechtig / alweise / alwissend / etc. / sey
/ vnd bleibe / sondern auch die Menscheit.
Item / Es sol in Christo kein vnterscheid sein / zwischen den wörtlein Gott /
oder göttliche Natur / oder die Gottheit Christi / wie auch der Mensch / oder
die menschliche Natur / vnd die Menscheit Christi in diesem fall (seinem
fürgeben nach) ein ding ist / vnd derselbige Mensch / oder die Menschheit / oder
die menschliche Natur Christi (spricht er) hat warhafftig / in der that / vnd
warheit / vnd zum ewigen EIGENTHVM / empfangen göttliche almacht / Weisheit /
alwissenheit / Herrligkeit / Maiestet / vnd was dergleichen ist. B. vlt.
Item / Es sol kein ander vnterscheid sein / den̅ nur allein / dz
die Gottheit an jhr selbs / vnd vo̅ natur almechtig sey / die
Menscheit aber nicht an jhr / noch von sich selbs / sondern von Gottes / oder
der göttlichen Natur wegen / von der sie solche gewalt / vnd almacht in der
Menschwerdung / vnd persönlichen vereinbarung von der Gottheit zu EIGEN
empfangen hab / vnd in alle ewigkeit behalte. C. vlt.
Item / die göttliche almacht / das ist / die geistliche Hand Gottes (wie er
daselbst redet) vnd die menschliche Hand Christi / sollen wircken / vnd Wunder
thun / nicht als zwo Hende / sondern als eine Hande: denn aus zweien
vnterschiedlichen Henden / nemlich der geistlichen / vnd der menschlichen sey
eine Hand worden. D. 1. Darumb das die Gottheit in / vnd durch seinen gantzen
Leib ausgegossen / vnd hab alle seine gliedmassen der gestalt eingenomen / vnd
jhr selbs dieselbigen vereinbaret / das sie auch solcher jhrer Menscheit / die
Macht / vn̅ Krafft mitgeteilet / alles zuthun / vnd zuuerrichten /
vnd auszufüren / was Gottes Son thut / oder wircket. E. 3.
|| [322]
Welchs im grunde nichts anders / denn zugleich der Monophysiten / vnd
Monotheleten schwarm ist / nur vff ein ander art der Sprach eingefürt. Darauff
sich die newen Concordisten wol eines bessern vnter einander berathen / vnd
vergleichen möchten: Denn Gott zu solcher verkerung dieses hohen trostreichen
geheimnis nicht ewiglich stillschweigen wird. Vnd tragen wir keinen zweiffel /
es werden vns alle frome Hertzen diese erinnerung wol zu gut halten / dieweil
wir aus dringender noth nicht haben vmbgehen können / dieselbige mit
einzubringen / vff das der Christliche Leser vrteile / ob nicht vnser gegenteil
/ so da fürgibt / sie halten communicari, vnd proprium fieri nicht für eins /
mit sich selbst vneins / vnd der Sachen noch nicht gewis gnug sey. Sönderlich
nach dem sich die Erfurdische Apologi so offt vff der jrigen fernere declaration
berüffet: vnd freilich D. Peristerus mit seinen widerwertigen erklerungen wird
von jhnen nicht weniger vnausgeschlossen sein wollen / als D. Balthazar
Sartorius / professor Theologiae zu Jena (von dem man auch helt / das ers viel
besser verstehe / vnd demnach in seinem Gewissen nicht wenig verwundet sey)
welcher in seiner disputation de EVANGELIO 5. Octobr.
Anno 1582. daselbst gehalten / vber die dreierley distincta genera
communicationis idiomatum, die er nominatim, vnd expressè asserirt / thes. 46. auch der newen erklerung D. Johann Matthaei zu
Witembergk (der nu anfehet die abstractiuas locutiones zuuerwerffen / vnd mit
vns zu bekennen / das die communicatio idiomatum nicht geschehe inter naturas,
sondern der Person Christi werden beiderley Naturn eigenschafft zugeschrieben)
stracks zuwider disputirt; Verè, & realiter diuinae naturae
|| [323]
Christi OMNIA illa attribui, quae humanae accidunt:
Et rursus, humanae tribui OMNIA, quae diuinae sunt: thes. 48. Vnd diß nent er daselbst nicht allein communicationem, sondern auch
participationem inter naturarum proprietates. Denn er imaginiret jm ein
sönderliche (vns bißher vnerhörte) distinction / nicht zwar inter vnionem,
& communicationem, sondern viel mehr inter vnionem, & naturarum
communionem, atque idiomatum participationem, welche participatio idiomatum sol
sein (wie er jhm sein eigene phraies formiret) realis illa inter naturarum
proprietates communicatio: thes. 45. Ja eben darauff
zehlet er auch inter dona (quae sic nominat) increata, diuinam maiestatem,
gloriam, virtutem, & potentiam illam, quae solius diuinae naturae
propria est, & nequaquam finita. Vnd wil mit aller macht erhalten / das
auch der angenomenen menschlichen Natur solchs alles in der that gebühre. thes.
52. 53. Wie er denn ferner ex statu humiliationis
dichtet maiestatis illius à momento conceptus carni Christi realiter
communicatae occultationem; Darauff hernach glorificatio, vnd exaltatio erfolget
/ welche nichts anders sein sol / denn concessa plenissima eiusdem maiestatis
iam ante carni à conceptu participatae, & hactenus occultatae, seu
repressae vsurpatio, & ostensio: thes. 54.
Welches alles D. Dauid Voigt in seiner widerruffspredigt am ersten Sontag des
Aduents / Anno 80. zu Jena gethan / vnd daselbst gedruckt (darinn er seinem
Gewissen / vnd vörigen Lehr gantz zuwider / sich durchaus vff gut Jacobitisch
erkleret) gleichsfals nicht allein beiahet / sondern auch mit viele̅ (wiewol nichtigen) worten scherffet / dazu sich nicht schewet / dem ewigen
Son Gottes öffentlich
|| [324]
zu widersprechen. Denn da der
HERR gesagt / Johann. 14. In meines Vaters Hause sind viel Wonungen: Item / Ich
gehe hin / euch die stete zu bereiten: Item / Ich wil euch zu mir nemen / auff
das jhr seid / wo ich bin / etc. So setzet D. Voigt trutziglich / ohne / ja
wider alle Schrifft / Glauben / vnd Hoffnung der Christen / das contrarium;
nemlich / im Himel sey kein Ort. C. 2. Wo bleibt denn der trost der heiligen
Merterer? Si terra non capit, coelum nos recipiet. Haec isti.
Vnd müssen bey der Vbiquisten zuhörern diese manchfeltige (wiewol vngleiche / vnd
in sich selbst widerwertige) Paradoxa eitel Glaubensartickel sein / die sie doch
nicht allezeit / ob sie gleich mit jhren eigenen worten vberwiesen werden /
gestehen wollen / Sondern nach dem sie jhre gelegenheit ersehen / vnd Leute für
sich haben / erkleren sie jhre vbiquistische / vnd Manicheische geheimnis /
jetzt so / jtzt anders.
Bleibt demnach auch diß vnser sechs vnd zwentzigste argument noch vnbeweglich.
Wir lassen aber die Vbiquisten jhrer antilogien halben / da jmer einer dem
andern in seinen dictatis, orationibus, disputationibus, vnd declarationibus
widerspricht / selbst zusammen / vnd geben hieraus dem verstendigen Leser den
grund / oder viel mehr vngrund jhrer newerdichten Scheinconcordien vernünfftig
zuermessen.
Das sieben vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
|| [325]
DAs sieben vnd zwentzigste argument ist(XXVII.)
albereit droben im zwentzigsten augenscheinlich erklert / vnd bewiesen. Denn
dieweil vnser gegenteil (wie daselbst angezeigt / vnd der Christliche Leser /
mehrer nachrichtu̅g halben / in die ausfürliche widerlegung der
Witenbergische̅ disputatio̅ An̅o
80. gehalte̅ / welche widerlegu̅g Collatio
sententiae catholicę, & orthodoxae cum disputatione D. Iacobi Andreae,
intituliret ist / remittirt worden) mit Serueto, vnd seinem anhang / den alten /
vnd newen Antitrinitariern / beide in mehrer teils phrasibus, vnd erkleru̅ge̅ jrer bawfelligen gründe / sampt der verkerung
vieler trostreichen Heuptsprüche der Schrifft / vnd Veter von der ewigen
Gottheit des Sons / welche sie auff jhr vbelerdacht gedicht von der
mitgetheilten Maiestet der angenomenen menschlichen Natur ziehen / vnd
dergleichen daselbst nach der leng / vnd nottürfftiglich explicirten puncten /
gar nahe verwant / jm auch weder Arius / noch Seruetus / so wenig als die newe
Rott der Antitrinitarier diß commentum de reali naturae in Christo humanae
omnipotentia, omniscientia, omnipraesentia, hette / noch würde zu wider sein
lassen: So ist die Rechnung bald gemacht / das der Vbiquiste̅ Lehr
jrer (der Arianer) lesterung wenig / oder gar nichts abbreche̅ /
sondern vielmehr stercken / fürdern / vnd bekrefftigen wird.
In massen wir / zu trewer Christlicher warnung / diß vnser 27. argument (welchs
die Herrn Verfasser der Erfurdischen(Fol. Apol. Erf.
92. b. 93. a.)
Apologien aus jhrem Weinfass nur ein wenig anbellen / aber sonst vngebissen
lassen) nochmals alhie / als fest / vnd vnbeweglich (wie es denn in ewigkeit
sampt allen andern / wol vnümbgestossen bleiben wird) widerholen / vnd erkleren
/ wie folget.
|| [326]
Wenn der grund / daraus die Christliche Kirche bißher erwiesen / das Christus,
Mariae Son / nicht allein warhafftiger natürlicher Mensch / vnsers fleisches /
gebeins / vnd geblüts (wie daran / so lang er auff Erden gangen / weder Feinde /
noch Freunde jemals gezweiffelt / vnd kein rechtgleubiger Christ / weder jtzt /
noch in ewigkeit zweiffeln wird) sondern auch ewiger / natürlicher /
wesentlicher Gott sey / mit dem Vater / vnd heiligem Geist / etc. Wenn dieses
Glaubens gründe / vnd beweisung (sagen wir) geschwechet wird / so wird auch der
Christliche Glaub selbst von der ewigen Gottheit des Sons geschwecht.
Der grunde aber / vnd beweisung des Christlichen Glaubens in diesem artickel
stehet / vnter andern / fürnemlich darauff / das Christus, Mariae Son / wiewol
er nach seinem menschlichen Leib / ist endlich / vnd vmbschrieben (dazu im stand
seiner nidrigkeit aller menschlichen schwachheit / ausgenomen die Sünde /
vnterworffen gewesen) so ist er doch seiner Person nach / almechtig / alwissend
/ allenthalben / welchs allein dem ewigen Gott zugehöret.
Darumb ist er vnwidersprechlich zugleich ewiger Gott / vnd hat sein Person nicht
in der zeit angefangen / sondern ist eine aus der heiligen ewigen
Dreyfaltigkeit.
Sol man nu mit den Vbiquisten gleuben / das Christus auch nach seiner Menscheit /
oder das auch die menschliche Natur Christi sey almechtig / alwissend /
allenthalben: so wird ja derselbige jtzt erklerte grunde geschwecht / das die
Arianer dawider werden excipiren können / Es folge nicht / das man schliesse /
Christus ist almechtig / alwissend / allenthalben / derwegen ist er eines Wesens
mit dem ewigen Vater.
|| [327]
Denn (werden sie sagen) Ist doch (der Vbiquisten Lehr nach) die Menscheit in
Christo auch almechtig / alwissend / allenthalben / vnd folgt gleichwol nicht /
das sie eines Wesens mit dem Schöpffer sey / sondern sie ist / vnd bleibt ein
Creatur / vber alle andere Creatur mit göttlicher eigenschafft / Herrligkeit /
vnd Maiestet gezieret / vnd begabt.
Wie nu die Vbiquisten den Arianern / vnd Antitrinitariern mit sattem grunde / vnd
nicht vergeblichen wortpredigten begegnen wollen / mögen sie zusehen. Wir achten
keinen Christen so alber / der nicht aus seinem Catechismo vrteilen könne / das
diß vnser argument / zu trewer warnung alhie widerholet / vnwidersprechlich fest
/ vnd gewis bestehe.
Denn der Vbiquisten ausflüchte / die sie alhie gebrauchen / durchaus nichtig /
vnd wider sie selbst sind. Als(Fol. Apol. Erf. 93. a.) da sie sagen / Wo Christus nicht zuuor
/ vnd von ewigkeit almechtiger / ewiger Gott were / so hette er in der zeit
seiner (jme persönlich / vnd vnzertrenlich vereinigten) menschlichen Natur /
solche almechtige gewalt nicht können / noch vermögen mitzutheilen.
Was ist das anders / denn das alte Lied / petitio principij genant? Sie sollen
beweisen / das die menschliche Natur almechtig / alwissend / allenthalben sey /
so ziehen sie dasselbig an / als wer es schon bewiesen / dauon doch noch der
streit ist.
Vnd da wir vnter andern auch dieses wider sie zum vnwidersprechlichen beweis
fürbringen / das sonsten die ewige Gottheit in Christo zweiffelhafftig gemacht
würde / so wollen sie das gegenspiel (jedoch one erwehnung einiges grundes) dem
Leser einreden: nemlich / wenn man mit jnen
|| [328]
gleube /
das die Menscheit Christi in der zeit almechtig / alwissend / vnd allenthalben
zu sein angefangen hab / so folge / das Christus zuuor ewiger / almechtiger GOtt
sey.
Wie aber / vnd aus welchem grunde solches folge / können sie nicht anzeigen. Sind
derwegen jre Predigten dißfals nichts / denn scopae dissolutae, welchs hieraus
zusehen / wenn man jhren schluss / welchen sie (als in Schuln bekant ist) in
forma Enthymematis fürbringen / in seine rechte Ordnung eines gantzen Syllogismi
setzet / wie folget:
Was der Menscheit Christi in der zeit gegeben ist worden / das hat / vnd ist Er
als Gott von ewigkeit.
Christus hat seiner angenomenen menschlichen Natur in der zeit die almechtigkeit
gegeben.
Drumb ist er von ewigkeit hero almechtiger GOTt.
Antwort. Das Christus warhafftiger / ewiger / almechtiger Gott sey / ohne anfang
/ vnd ende / daran zweifeln wir gar nicht. Das aber solches aus den praemissis,
oder beiden vorhergehenden Sprüchen recht geschlossen sey / vnd
vnwidersprechlich folgen müsse / dauon ist die Frage.
So warnen wir nu / aus trewem / forgfeltigem / Christlichen Hertzen / das man die
beweisung / vnd gründe dieses hohen artickels von der ewigen Gottheit vnsers
Heilandes Jesu Christi besser in acht nemen wolle / damit nicht der
Antitrinitarier lesterung thor / vnd thür / in die Kirchen Gottes mit gewalt
sich einzudringen / auffgesperret werde. Denn sie hierauff bald antworten werden
/ weil denn die Menscheit Christi almechtig sey / so sey es nicht von nöthen /
das man von der ewigen Gottheit des Menschen
|| [329]
Christi
sich zancke / Sondern (spricht Seruetus / von welchem alles geschmeis / vnd
Teuffels Hoffgesinde der newen Antitrinitarier / oder Feinde der heiligen
Dreyeinigkeit in Gott / herkömet) es ist gnug / das man wisse / das dieser
Mensch / der aus der Jungfrawen geboren / sey Gott / weil jm / als der aller
edelsten Creaturen Gottes / alle göttliche eigenschafft / almacht / alwissenheit
/ allenthalbenheit / anruffung / Ehr / Maiestet / vnd Herrligkeit in der that
mitgetheilet sein.
Vnd eben diesen wohn / vnd erklerung füren auch die Vbiquisten / wie in
Collatione catholicae, & orthodoxae doctrinae cum disputatione
Iacobitica, aus jhren eigenen schrifften erwiesen. Derwegen durch jhr angezogen
argument die Antitrinitarier viel mehr gesterckt / als refutirt werden.
Aus vrsachen / denn anfenglich Maiorem, den ersten Spruch belangende / ist
derselbig gantz schwach / mangelhafftig / vnd schlipfferich / man wolte denn
zugeben / das Christus / als Gott / von ewigkeit hab fleisch / blut / gebein /
augen / Ohrn / Hende / Füsse / das ist / einen erschaffenen Leib / vnd Seel an
sich gehabt. Denn diß alles hat er in der zeit seiner Menscheit / die er mit
annemung erschaffen / vnd mit erschaffung angenomen hat / gegeben. Was aber für
ein vnchristlicher Glaube hieraus folgen würde / lassen wir den Christlichen
Leser vrteilen.
Zum andern / ist der mitlerspruch (Minor genant) wider die gantze heilige
Schrifft. Denn vber das / daß zwo almechtigkeit / oder zwo almechtige Naturn /
ein
|| [330]
ewige / vnd zeitliche / hieraus vnwidersprechlich
folgen müsten (wie die Antitrinitarier solches wol verstehen / vnd derwegen mit
dem gedicht de reali idiomatum Deitatis cum carne Christi participatione vberaus
wol zu frieden sind) so könte auch der Spruch Christi nicht bestehen / da er
bezeugt / jm sey (nicht seinem fleisch) vom Vater (nicht von jm selbst) alles in
seine Hende vbergeben. Matth. 11. Joh. 17.
Denn er vnterscheidet daselbst / nicht zwar das göttliche Wesen (nach welchem er
mit dem Vater / vnd heiligem Geist / der einige Gott ist / vnd bleibt /
hochgelodt von ewigkeit zu ewigkeit) sondern seine Person / als eines gesanten /
von der Senderin. Diese Ordnung wird von den Vbiquisten alhie verleugnet.
Wie sie aber mit keinem wort / noch grunde der heiligen göttlichen Schrifft in
ewigkeit erweisen können / das die ewige / almechtige Gottheit des Sons jhrer
angenomenen Menscheit hab gleiche almacht mitgeteilt: Also sind wir / one / ja
wider schrifft jnen beyfal zu geben / nicht schuldig / viel weniger solches zu
thun bedacht. Sondern erinnern viel mehr den Christlichen Lesern hiebey nochmals
/ das er wol bey sich behertzige / was aus diesem der Vbiquisten gedicht folge.
Denn ob wir jnen solches gleich passieren liessen (wie wir Gewissens halben nicht
thun können / sollen / noch wollen) das nemlich die Menscheit hab von der
Gottheit in Christo / aus krafft der persönlichen vereinigung in der that /
jedoch nicht von ewigkeit her / göttliche almacht / alwissenheit / vnd
allenthalbenheit für sich empfangen: So würde doch hiedurch (wie nu offt
erinnert) die Menschwerdung des Sons viel mehr zerstöret / als erkleret.
|| [331]
Denn dieweil die Geberin / oder Mittheilerin aller solchen göttlichen
eigenschafften / oder Gaben / ist (vermöge der Schrifft) die Person / nicht zwar
des Sons / sondern des ewigen Vaters / Matth. 11. Vnd aber die persönliche
vereinigung der göttlichen / vnd menschlichen Natur auff solcher thetlicher
mitteilung / als vff der differentia specifica, oder quasi differentia specifica
(wie D. Johan Matthaeus zu Witembergk schwermet) beruhen sol. Was würde denn
anders daraus / denn eine Menschwerdung / nicht zwar des Sons / sondern des
ewigen Vaters selbst / wie Sabellius / mit seinen Patripassianern geschwermet?
Diß wolle der Christliche Leser nicht in winde schlahen / sondern vmb Gottes
Ehrn / vmb Christlicher Warheit / vmb heisamen Friedes willen wol bey sich
behertzigen / zu gemüt füren / vnd erwegen.
Was nu vnser gegenteil alhie ferner mit anhenget /(Fol.
Apol. Erf. 93. a.) vnd spricht: Lieber
schleusst man nit also von einem Menschen / vnd schleusst recht? Dieses Menschen
Leib lebet / vnd empfindet. Derwegen mus er eine lebendige Seele haben / etc.
das nemen wir von jnen für ein schertz auff.
Denn wir erstlich sie nicht so gar vergessen halten können / das sie hiebeuor
(wiewol ohne grunde) hefftig gestritten / das communicatio idiomatum realis, vnd
physica, nicht ein ding sey. So sie nu diß exempel ohne bedingung bloss wollen
angenomen haben / sind sie hiemit schon wider sich selbst.
Zu deme / wers viel zu grob / wenn solche grosse Lichter teutscher Nation (wie
diese drey Menner in jrer Apologien / da sie die gantze Welt zu reformiren sich
vnterstehen / gehalten sein wollen / vnd jhnen D. Johan Matthaeus da
|| [332]
mit heuchelt / oder vieleicht jhr spottet / da
er sie in seiner newen Responsion pag. 352. lumina Ecclesiae nennet) noch nicht
solten wissen / das vis vegetatiua, sensitiua, vnd rationalis (wie wir sie
hiebeuor in vnser Apologien / pag. 275. gleichsfals zum freundlichsten erinnert)
sind im menschlichen Leib potentiae, & facultates non corporis propriè
loquendo, sed animae. Denn die Seel hat im menschlichem Leib jre sönderliche
Krafft / nach art / vnterscheid / vnd Ordnung der glieder / welche von der Seeln
/ als organa, oder Werckzeuge / zu vnterschiedenen Wirckungen / nach
autstheilung des weisen Schöpffers / gebraucht werden.
Wie nu mit warheit nicht kan geschlossen werden: Dieser Mensch ist vernünfftig /
zehlet / argumentirt / gibt weisen Raht / etc. darümb ist sein Leib vernünfftig
/ zehlet / argumentirt / gibt weisen raht. Sondern diß wird hieraus viel mehr /
als à proprio effectu ad propriam causam geschlossen / das nemlich derselbige
Mensch ein vernünfftige Seel in sich habe.
Also von Christo schliessen wir recht / dieser Mensch vbet mirackel / welchs
vnwidersprechliche Zeugnis () sind der göttlichen
almechtigkeit. Denn niemand kan solche Werck thun / wie Christus thut. Johan. 3.
Derwegen ist er nicht blosser Mensch / wie wir / sondern neben dem / das er
menschliche Natur warhafftig an sich hat / vnd behelt / ist er auch zugleich
warhafftiger / ewiger / almechtiger Gott.
Vnser gegenteil aber schleusst vnrecht: Ergo, ist seiner Menscheit die göttliche
almechtigkeit in der that mitgetheilt. Denn eben hieraus der schluss à proprio
effectu ad propriam causam geschwecht würde.
|| [333]
Aber wir lassen den weisen gelerten philosophis, vnd physicis diß argument à
corpore sentiente ad animam ferner auszufüren befohlen sein. Vnd dancken Gott /
das solche studia noch nicht gar in Teutschland verloschen sind: commendiren
auch / vnd befehlen dieselbige der Christlichen studirenden Jugend mit allem
fleiss / als einen sönderlichen hohen Schatz / zu vieler trostreichen Sprüch /
vnd geheimnissen der Schrifft / richtiger erklerung hochnötig / vnd warnen sie
vor dem vngeschickten groben Bawersglauben / welchen vnser gegenteil jmer im
Munde füret.
Item / das sie sich auch jhr vngereimptes geschrey wider die freyen Künst nicht
lassen jrre machen. Wie denn newlich zu Witembergk den 11. Decemb. Anno 83. in
erklerung einer weissagung Danielis die Physici öffentlich als Thoren
ausgeruffen worden / darumb das sie vnter andern / auch vom vnterscheid der
Winden / darnach sich die Schiffleut vffm Meer richten müssen / vernünfftig
disputiren. Wir wollen jtzt nicht sagen (hat man damals pontificaliter
gepredigt) ob 4. 8. 16. oder 32. Winde sein / wie die physici Thoren / etc.
Das heisst ja der studierenden Jugend die freyen Künste / vnd edle Philosophiam
an Gottes statt commendiren. Denn ob wol solche / vnd dergleichen disputationes,
oder subtilitates physicae freylich vff die Cantzel nicht gehören / so dienet
doch nirgend zu / das man nur / wo man kan / gelegenheit sucht / vnd ergreifft /
vff die Studia Philosophica zu stechen / Aristotelem Narristotelem zu nennen /
vnd die Principia physica durch hönische vergleichu̅g mit einem
Bierglass / oder Topffe öffentlich zuuerlachen:
|| [334]
durch freilich die Jugend (so ohne das / von Natur / vnd zwar jtziger
zeit / je lenger / je mehr vor dem fleis / Sorg / vnd mühe / welche die freyen
Künste / vnd Sprachen erfordern / ein abschew tregt) zu müssigang / vnd
vppigkeit angereitzet / vnd zu einer grewlichen / hochschedlichen Barbarey /
daraus endlicher verderblicher vntergang Kirchen / vnd Schulen / Land / vnd
Leuten erfolgen mus / anlass / vnd vrsach gegeben wird.
Diß aber ist auch der danck / das sich die gute Leut aus derselbigen / vnd andern
löblichen faculteten haben erschrecken lassen / vnd der Subscription dieser
abschewlichen Lehr teilhafftig gemacht. Darob wir zwar ein Christlich mitleiden
gegen sie tragen / vnd in vnserm Gebet jhrer nicht vergessen.
Betreffende den Spruch Cyrilli / dessen alhie von (Fol.
Apol. Erf. 93. a.) den Herrn Verfassern gedacht
wird / ist derselbig ein Kron der Warheit / von dem wir wol mit Luthero sagen
können: tripudium cordis, & corona capitis nostri. Corpus enim Christi
(spricht Cyrillus in Ioannem, lib. 4. cap. 19.) panis de coelo est, quia aeternam comedentibus
vitam largitur. Magnum certè signum, Deitatis in hoc corpore naturam habitare;
quoniam illa hinc donantur, quae certè omnem naturam excedunt.
Das ist: Der Leib Christi ist das Brodt vom Himel / denn er gibt denen / so jn
essen / das ewige Leben. Das ist fürwar ein gros Zeichen / das die Gottheit
selbst in diesem Leibe (persönlich) wohnet. Denn durch diesen Leibe werden
solche ding gegeben / welche weit alle Creaturn vbertreffen.
In diesem Spruch Cyrilli ist alles auffs kürtzeste
|| [335]
beysammen / was wider der Vbiquisten Lehr kan fürgebracht werden. Denn erstlich
(spricht Cyrillus) der Leib Christi sey das Brodt vom Himel. Hieraus folgt
vnwidersprechlich: Ergo, so tregt diesen Leib an sich derselbige / der vom Himel
komen ist. Denn der Leib ist nicht für sich vom Himel komen / sondern aus der
Mutter in die Welt geborn. Er heisst aber / vnd ist das rechte Himelbrot / denn
er ist des eingebornen Sons Gottes / der vmb vns Menschen / vnd vmb vnser
Seligkeit willen vom Himel hernider komen / vnd Mensch worden ist / eigener
Leib.
Wie nu die Appollinaristen vnrecht schliessen: Christi Leib ist das Brodt vom
Himel; darümb ist Christi Leib vom Himel komen. Also schliessen auch die
Vbiquisten vnrecht: In Christi Leib / oder Menscheit wohnet die almechtige
göttliche Natur des eingebornen Sons Gottes persönlich; darumb ist der Leib /
oder die Menscheit Christi almechtig / alwissend / allenthalben. Denn in einem
ding wohnen / vnd dasselbige / was das einwohnende ist / selbst sein / oder
werden / gibt keinen rechten / warhafftigen / vnd bestendigen schluss / weder
aus der Vernunfft / noch Gottes Wort.
Zum andern / da Cyrillus spricht: Corpus Christi panis de coelo est, quia
aeternam comedentibus vitam largitur; argumentirt / vnd schleusst er mit vns /
vnd allen rechtgleubigen / à proprio effectu ad propriam causam: wie folget.
Was den niessenden das ewige Leben gibt / das mus ein Speis / oder Brodt vom
Himel sein.
|| [336]
Der Leib Christi gibt denen / so jhn essen / das ewige Leben.
Derwegen ist er das Brodt vom Himel / vnd macht demnach lebendig / zwar nicht
darümb / das er ein Leib ist (denn also ist er nicht vom Himel) sondern darümb /
das er des eingebornen Sons Gottes / des ewigen Worts / so das wesentliche leben
/ das ist / Schöpffer / Widerbringer / vnd Erhalter alles Lebens ist / eigener
Leib worden / vnd demnach das rechte lebendige Brodt vom Himel ist: verstehe /
durch die versönliche vereinigung mit dem / der vom Himel komen ist. Denn wenn
Christus nicht were das Leben wesentlich / so könt er weder das Leben genent
werden / noch sein eigen fleisch / oder etwas anders in der that lebendig
machen.
Quod enim participatione, non natura vitam habet, non viuificat, sed mutuò
aliunde vitam accipit. Nec creaturae licet dicere: Ego sum vita. Wie daselbst
Cyrillus lib. eodem, cap. 18. nach der lenge / vnd
deutlich hieuon redet.
Aber diß argument dienet gar nichts für vnsers gegenteils opinion / welche auch
von Cyrillo gantz / vnd gar abschreitet / vnd das contrarium schleusset. Nemlich
/ wie D. Kemnitzius felschlich argumentirt.
Das ewige Leben geben / ist nicht einer erschaffenen Macht / sondern der
göttlichen almacht Werck selber.
Der Leib Christi gibt denen / so jn essen / das ewige Leben.
Darümb ist dem Leib Christi göttliche almacht in der that mitgeteilt worden.
|| [337]
Diesen wohn zu vertheidingen ist Cyrillo nie im traum fürkomen: Sondern er leret
demselbigen stracks zuwider / das wenn sichs schon also hielte / wie die
Vbiquisten fürgeben (welchs doch nicht ist / noch sein kan) so folgte doch die
Krafft lebendig zumachen / nicht aus der mitgetheilten almechtigkeit des
fleisches Christi / wo man nicht zuuor bewiese / das die Menscheit / oder das
fleisch Christi selbst das Leben wesentlich / vnd also von natur / oder
wesentlich almechtig worden: welchs gleichwol vnser gegentheil noch nicht sagen
darff.
Wunder aber ist es / das sie nicht alhie bedencken / wie jhr Lehr von jnen selbst
widerleget wird / dieweil sie dem Leib Christi die krafft lebendig zumachen
wider Cyrillum bald absprechen / bald zusprechen.
Denn da Cyrillus / mit Christo / vnd allen rechtgleubigen leret: Wer den Leib
Christi esse / der hab das ewige Leben / darumb das er der Leib des sey / der
vom Himel komen ist / vnd in welchem das Leben selbst wohnet: So schreiben sie
solches dem Leib für sich zu / vnd wollen doch nicht alle / die den Leib Christi
(wie sie leren) warhafftig essen / des ewigen Lebens teilhafftig sein lassen.
Müste demnach der Leib Christi für sich zugleich das Brodt zum Leben / vnd zum
tode sein. Welchs sey ferne.
Wir haben aber gleichwol nicht vmbgehen können / dieses vmb des vnberichten
hauffens willen kürtzlich hiemit zu erkleren / welcher sonst von dem geschrey
vnsers gegenteils gar eingenomen / vnd verfüret wird. In massen Cyrillus selbst
hierüber klagt / libro eodem, cap. 18. Haec nos
& cogitare (inquit) & scribere peruicacia vestra cogimur.
Impellimur enim exquisitius ad vtilitatem legentium ista scribere.
|| [338]
Zum dritten / nach dem Cyrillus erkleret hat / das der Leib Christi denen / die
jn essen / nicht den todt / sondern das ewige Leben gebe / nemlich darumb / das
er das Brodt vom Himel / das ist / des eingebornen Sons Gottes / welcher vns das
Brot vom Himel worden ist / eigener Leib sey: Oder / wie er dazu setzt / das in
diesem Leib die göttliche Natur selbst wohne. So bewehret er dieses alles / mit
dem / welchs er nennet: Magnum signum, ein gros Zeichen / das sichs anders nicht
verhalte. Quoniam illa (inquit) hinc donantur, quae certè omnem naturam
excedunt: Denn hiedurch (spricht er) werden solche ding gegeben / welche weit
alle (verstehe / erschaffene / denn die Schöpfferin hiemit nicht kan gemeinet
sein) Naturn vbertreffen.
Vbertrifft denn die Gab des ewigen Lebens aller Creaturn vermögen / vnd krafft /
so kan sie ja nicht für sich dem Leib Christi zugeschrieben werden. Denn sonst
das signum magnum, das ist / derselbige grosse beweis Cyrilli / das in diesem
geheuss / oder Leib / vnd Tempel Christi die almechtige Gottheit des ewigen
Worts persönlich / oder leibhafftig (wie der Apostel bezeugt) wohne / zu nicht
werden müste. Sondern (wie sich Cyrillus selbst erklert) ditissima illa natura
summas has diuitias largitur: Das ist; Die aller reicheste Natur / welche ist
die ewige Gottheit selbst / gibt / vnd schenckt vns solche hohe Schetze.
Darumb stehen eben in demselbigen capitel / kurtz zuuor diese wort: Hic enim
effectus profectò demonstrabit, de coelo, id est, ex Deo esse hunc panem. Decet
enim aeterna esse, quae ab aeterno donantur. Das ist: Diese krefftige Wirckung
beweiset eigentlich / das diß Brodt vom
|| [339]
Himel / das
ist / von Gott sey. Denn es gebürt sich also / das es ewige Gaben sein / welche
von dem ewigen Gott aus seiner eigenen Person geschenckt / vnd gegeben werden.
Daher auch das ewige leben durch niessung dieses Brots / welchs des Sons Gottes
eigener Leib ist / empfangen wird.
So schliessen wir nu auch diß argument / vnd bitten den Christlichen Leser / er
wolle den Spruch Cyrilli lib. eodem in Ioannem, cap. 18.
jhm lassen befohlen sein / da er diese erklerung also beschleusst: Qui ergo
immaculata Ecclesiae dogmata sequitur, fugiat ab istis, & ad simplicem
veritatis pulcritudinem vias dirigat suas: & sicuti Patrem vitam esse
naturaliter credit, sic Filium quoque vitam esse substantialiter non dubitet.
Vt enim lumen de lumine est, sic & vita de vita. Et quemadmodum quae
luce indigent, per Filium Pater illuminat, & sapientes per eum facit:
sic quae vita egent, per Filium vt per vitam suam, quae ex ipso emanat,
viuificat.
Das ist: Wer der Kirchen vnbefleckte Lehr behalten wil / der sol die Ketzer faren
lassen / vnd sich allein nach der schönen / lieblichen / einfaltigen Warheit
richten. Vnd wie er gleubet / das der Vater das Leben wesentlich sey / also sol
er nicht zweiffeln / das auch der Son das Leben wesentlich sey. Denn wie er das
Licht vom Licht ist / also ist er auch das Leben von dem Leben. Vnd wie der
Vater die jenigen / so des Lichts bedürffen / durch den Son erleuchtet / vnd
durch den Son die Weisheit gibt / also die ding / so des Lebens nottürfftig sind
/ macht er durch den Son / als durch sein eigen Leben / welchs aus seiner ewigen
Natur herfleusset / lebendig. Bißher Cyrillus.
|| [340]
Das aber die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien alhie ein newe Predigt /
von der erhöhung Christi / allein nach seiner Menscheit / anhengen / vnd sagen
(Fol. Apol. Erf. 93.
a.) schimpfflich / die Regel Nazianzeni / vn̅ Basilij /
darauff wir vns jeder zeit / mit allen rechtgleubigen beruffen: Nemlich / Quòd
alia sit consideratio Filij ratione essentiae; alia ratione officij, seu
missionis; wolle es (verstehe / in jren Köpffen) nicht ausmachen: Vnd sich auff
den Spruch Athanasij (welchen wir in allen ehren halten / zur vbiquitet aber mit
nichten dienstlich achten) beruffen; Quòd non altissimus, sed caro altissimi
exaltetur: Item / Das alles / was Christo gegeben / nur von seiner Menscheit
zuuerstehen sey / etc.
Von diesem / vnd dergleichen ist droben albereit nottürfftiger / vnd ausfürlicher
bericht geschehen: dadurch denn augenscheinlich erwiesen / das dieses alles
wider vnsers gegenteils gedicht streite / vnd der Vbiquisten fürgeben durchaus
(wie wir jnen solche jhre schöne phrases, vff gemeltes blats öberster linien /
billig wider zu haus schicken) vergebliche / vnd nichtige theydungen seyen.
Dabey wirs nochmals beruhen lassen / vnd dem Christlichen vnparteyischen Leser
das vrteil nach der vnfeilbaren richtschnur des göttlichen Worts befehlen.
Das acht vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
(XXVIII. Fol. Apol. Erf. 93. b. 94. a.)
DAs acht vnd zwentzigste argument / aus dem spruch / wider die anruffung der
verstorbenen Heiligen / welchen Philippus Tom. 4. pag.
556. aus Luthero setzet / lassen sie gut sein. Sagen
aber / es be
|| [341]
neme jhrer Lehr nichts / das
nemlich derselbige grewel von der anruffung der verstorbenen Heiligen / wo kein
andere vrsach wer / nur vmb dieser einigen willen / die alzuwichtig ist / billig
solte verworffen werden / das hiedurch die beweisung der ewigen Gottheit des
Sons vertunckelt würde. Sintemal alle Propheten durch die anruffung / so dem
Messiae gebührt / beweisen wollen / das er almechtig / vnd von Natur Gott sey.
Wie kan aber diß mit der Vbiquisten meinung bestehen / das nemlich auch die
angenomene menschliche Natur Christi almechtig / vnd aus derselbigen empfangenen
Maiestet / wiewol nicht von Natur / jedoch in der that / Gott sey? Ist die
almacht in Christo ein vnwidersprechlich zeugnis / das er warhafftiger ewiger
natürlicher Gott sey / so kan die menschliche Natur nicht almechtig / noch Gott
sein / wie jnen die Vbiquisten trewmen lassen. Denn sonst würde der Propheten
argument von dem vnwidersprechlichen zeugnis der ewigen natürlichen Gottheit in
Christo (wie Lutherus recht gesagt) vertunckelt / oder zwo almechtige Gottheit /
ein zeitliche / vnd ewige / in Christo eingefüret. Hierauff beruhet das
argument.
Das sie aber von der Heuptfrage abschreiten / vnd in(Fol. Apol. Erf. 20. b. 94.
b.) locum communem wider Danaeum digrediren / gibt vns nichts
zuschaffen / haben auch die rechte meinung / wie fern Christi fleisch / oder
warümb es anzubeten sey / albereit droben erklert.
Da auch die Herrn Verfasser vff dieser meinung beruhen wolten / da sie aus
Damasceno lib. 4. cap. 3. sich
erkleren / vnd sagen: Das fleisch Christi mit dem Wort persönlich vereinigt /
wird angebetet / da es sonsten / wenn du mit subtilen gedancken die angenomene
menschliche
|| [342]
Natur von der Gottheit abscheidest /
nicht anzubeten ist. Da sie (sagen wir) hiebey wolten beruhen / so wer der
Sachen / vnser einfalt nach / in diesem punct schon gerathen / vn̅
dürfften des zettergeschreys wider Danaeum nirgend zu.
Das sie aber die warhafftige vrsach der anbetung des fleisches nicht allein vff
die persönliche vereinigung / sondern auch auff jhre thetliche mitteilung der
Maiestet / dadurch die Menscheit in Christo so wol / als die Gottheit / sol
almechtig / alwissend / allenthalben / vnd ein Hertzkündigerin worden sein /
gründen:ist nicht allein hieraus abzuneme̅ / das sie solch gedicht
mit grossem trutz / noch jmer fort vn̅ fort beharlich
vertheidingen / sondern auch alhie mit austrücklichen (Fol. Apol. Erf. 94. a.) worten aussagen: das
die Ehre der anbetung / wie auch die almechtige gewalt / so zu der erhörung des
Gebets gehöret / diesem Fleisch / oder angenomener menschlichen Natur des Sons
Gottes / welche mit jhm persönlich / vnd vnzertrenlich vereiniget / alleine /
vnd sonst keinem andern fleisch / vnd Menschen mehr / im Himel / oder auff Erden
mitgeteilet sey.
Mit welchen worten sie stracks (wider Damascenum / vnd alle rechtgleubigen / auff
welcher zeugnis sie sich nur scheinweis beruffen) die menschliche Natur in
Christo für ein Hertzkündigerin / vnd erhörerin / vnd demnach für ein
erschaffene almechtige Göttin auffwerffen. Derwegen sie nicht mit einerley Gebet
das ewige Wort im Fleisch / nach erforderung der persönlichen vereinigung /
sondern duplici latria, mit vnterschiedener Ehr (die Gottheit / als von Natur
almechtig; vnd die Menscheit / als der die almechtigkeit / vnd Krafft vnsere
seufftzen zu erhören / in der that mitgetheilt sey) anruffen. Dadurch ob nicht
zugleich
|| [343]
Nestorij / vnd Eutychis abgötterey / so wol
durch trennung der Person / als auch durch die vermischung der Naturn eingefüret
werde / lassen wir abermal allen verstendigen / die sönderlich der beiden
Concilien (Ephesini primi wider Nestorium / vnd Chalcedonensis wider Eutychen)
decreta gelesen / vnd recht eingenomen / das vrteil befohlen sein.
Vnsern Glauben aber / vnd Lehr in diesem punct betreffende (weil vns das
gegenteil gern / wenn sie nur könten / in verdacht / vnd gefahr setzen wolt)
erkleren wir nochmals rund / vnd deutlich: das wir nemlich Christum / GOTt / vnd
Menschen anbeten / mit einerley Ehr: den gantzen Christum (denn von keinem
halben Christo wissen wir) das Wort / das da fleisch worden ist.
Wir zerstückeln / noch teilen Christum keins wegs im Gebet / als sey er halb Gott
/ vnd halb Mensche. Wir zerstrewen auch vnsere Hertzen nicht / das wir mit
einigem gedancken die menschliche Natur von Christo vnserm Immanuel (zu welchem
wir allein von hertzen grunde seufftzen / vnd schreihen) absöndern / oder vff
ein ander weis die Gottheit / vff ein andere die Menscheit anruffen / noch
vnterschiedene Gaben von der Gottheit / vnterschiedene von der Menscheit bitten
solten: Sondern richten vnsere Hertzen gantz / vnd gar zu dieser Person / die
Gott / vnd Mensch ist / in einer vnzertrenlichen / vnd vnuermischten Person.
Summa / wir bleiben bey Augustino / welcher im 58. Sermon von den worten des
HERRN also spricht: Dicunt haeretici, Filium non esse natura Dei Filium, sed
creatum; quibus respondendum est; Si Filius non est Deus natus, sed creatura;
nec colendus est omninò, nec vt
|| [344]
Deus adorandus,
dicente Apostolo: coluerunt, & seruierunt poriùs creaturae, quam
Creatori. Et ad Galatas; Sed tunc ignorantes, his, qui natura non sunt Dij,
seruiebatis. Sed illi ad hoc replicabunt, & dicent: Quid est, quòd
carnem eius, quam creaturam esse non negas, simul cum Diuinitate adoras, atque
ei non minus, quam Diuinitati deseruis? Ego Dominicam carnem, immo perfectam in
Christo humanitatem, propterea adoro, quòd à Diuinitate suscepta, &
Deitati vnita est, vt non ALIVM, atque ALIVM, sed vnum, eundemque Deum,
& hominem Filium Dei confitear.
Also lehret auch Athanasius: Qui Dominum in carne adoramus, non creaturam, sed
creatorem corpore indutum adoramus; nec rei creatae citra Deum, qui creauit
omnia, cultu inseruimus.
Item, Cyrillus lib. de recta fide ad Theodos: Num igitur tanquam hominem
adorabimus Emanuelem? Absit. Deliramentnm enim hoc esset, & deceptio, ac
error. In hoc enim nihil differemus ab his, qui creaturam colunt vltra
conditorem, & factorem.
Hiemit stimmet auch das schöne Zeugnis Lutheri vberein / in seiner herrlichen
auslegung der letzten wort Dauidis: da fol. 562. Tom.
VViteb. Germ. 5. von der warhafftigen anbetung des
Menschen Christi also geleret wird. Wenn wir den Menschen von Marien geborn
anbeten / so beten wir nicht einen abgesönderten Menschen an / der für sich
selbst / ohn Gott / vnd ausser Gott / eine sönderliche eigene Person sey /
Sondern wir beten den einigen rechten Gott an / der mit dem Vater / vnd heiligem
Geist / ein einiger Gott / vnd mit der Menscheit ein einige Person ist. Bißher
Lutherus.
|| [345]
Hiedurch wird abermal widerlegt / da die Concordiformul fol. 302. ohne grund
fürgibt / das der Leib Christi / wie er auff Erden leiblich gangen / do er raum
gab / vnd nam / nach seiner grösse / also nicht in Gott gewesen sey. Was hetten
denn die Hirten zu Bethlehem / Weisen aus Morgenland / blinden vor Jericho / der
bekerte Schecher am Creutz / ja Thomas selbst / auch nach der Aufferstehung /
angebetet? Müste es nicht ein abgesönderter blosser Mensch / ohne / vnd ausser
Gott / das ist / ein Creatur / oder zum wenigsten nur ein gespenst gewesen sein?
Diß möge̅ die Herrn Co̅cordiste̅ mit
einander zu concilijren / vn̅ das erueifige (jrem geist nach)
wider den HERrn / vnd seine gesalbten zu renouiren / vffs newe zu Berga vor
Magdeburgk / oder im Weinfass zu Erfurd / bey der fetten Küchen / vnd frischem
Keller / da es feine subtiles Spiritus gibt / einen Synodum, sex, vel trium
virorum anstellen / damit sie vrsach bekommen / sich opiparè, & lautè
(wie sich jhre Hochachtbarkeit selbst / weil sie doch nur Menschen zu gefallen /
vnd jhrem bauch zu nutze dienen / nicht vnbillig wol werth achten / vnd
befinden) tractiren zu lassen.
Das neun vnd zwentzigste Anhaltische Argument.
WIe fein meisterlich aber vnterfangen sich(XXIX.)
vnsere Antagonisten das neun vnd zwentzigste argument zu eludiren. Es ist ein
grosser vnterscheid(Fol. Apol. Erf. 94. b.) (sagen sie) zwischen Christi Leib / vnd der heiligen
Leiben. Denn allein Christi Leib / des Sons Gottes eigen Leib /
|| [346]
vnd mit jm persönlich / vnd vnzertrenlich vereinigt ist.
Desgleichen ist allein Christi Leib zur rechten Hand der Krafft / vnd Maiestet
Gottes erhöhet / welche stücke von keines heiligen Leibe können gesagt werden.
Bißher jre wort.
Wer hat denn von den vnsern jemals geleugnet / das in gemelten / ja viel andern
mehr puncten der Leib Christi nicht allein für vns / sondern auch für allen
andern Creaturen seine vnaussprechliche praerogatiuen / vnd vorzüge habe / vnd
vber alle nicht allein sichtbare / sondern auch vnsichtbare geschöpff Gottes /
weit auch vber die Seraphin / Cherubin / Thronen / Herschafft / Fürstenthumb /
Gewalt / Krefft / Ertzengel / vnd Engel erhoben sey?
Solt aber hieraus folgen / das er darümb nicht / wie der andern Heiligen Leibe /
in die Ordnung der sichtbaren / vnd empfindlichen substantzen / oder
wesentlichen menschlicher Leiben gehörete? Oder / solt er darümb auffhören des
Sons Gottes eigener Leib zu sein / wenn er auch in der Herrligkeit zur Rechten
Gottes im Himel seine vnterschiedentliche / angeborne / geheiligte / vnd von den
todten aufferweckte gliedmassen / in gebürlicher menschlicher statur /
proportion / vnd gestalt an sich behielte / vnd demnach nicht zugleich an vielen
/ noch allen Orten (welchs allein der vnendlichen ewigen Gottheit / vnd keiner
Creatur zugehöret) gegenwertig were? Wo bliebe denn der Spruch des HERRN? Fület
/ vnd sehet / denn ein Geist hat nicht fleisch / vnd bein / wie jhr sehet / das
ich habe. Lucae 24.
Dieweil denn diese wort (Gott lob / vnd danck) viel zu hell / vnd klar sind /
denn das sie sich durch einige Sophisterey elndiren lassen / so bleibt auch diß
argument noch fest / vnd vnbeweglich / welchs wir also widerholen.
|| [347]
Vnser Heyland Jesus Christus betet embsiglich / Johan. 17. Vater / Ich wil / das
/ wo ich bin / auch die bey mir seyen / die du mir gegeben hast / das sie meine
Herrligkeit sehen / die du mir gegeben hast.
Ist nu der Leib Christi zugleich im Himel / in der Hell / vff Erden / in Wasser /
Lufft / Fewer / vnd vberal / wie das Concordibuch / fol. 245. 302. vnd 313.
fürgibt / vnd bey diesem argument / in der drey Theologen vbergebener
Refutationschrifft / vor vnser Apologia gedruckt / pag. 74. vnd 75. hefftig
(wiewol one grund) gestritten wird / das die Lehr von der allenthalbenheit der
menschlichen Natur in Christo ein offenbarer / bestendiger / vnd vnbeweglicher
Artickel vnsers Christlichen Glaubens sey / vnd wer denselbigen verwerffe / der
begehe ein grewliche / vnd erschreckliche Gotteslesterung / etc.
So mus aus dem Gebet Christi vnwidersprechlich folgen / das auch die Heiligen /
so bald sie von diesem leben abgefordert werden / vberal / vnd demnach almechtig
sein. Warümb solten sie denn (wenn sichs also verhielte) nicht auch billig
angebetet werden?
Darümb bestehet noch (wie wir aus den worten Lutheri trewlich gewarnet) das ob
schon kein andere vrsach were / warümb man das gedicht von der vbiquitet mit
allem ernst fliehen / vnd verwerffen solte / jedoch diese einige gros / vnd
wichtig gnugsam were / dieweil sie den grunde von der Gottheit Christi
vertunckelt.
Wir wollen aber auch die antwort vnsers gegenteils vff diß argument erwegen. In
jrer obgedachten Refutationschrifft gaben sie dem Gebet Christi ein solche gloss
/ gleich als begert der Heylande von seinem himlischen
|| [348]
Vater / das wo seine Heiligen sein / Er vberal bey jhnen sein möchte.
Aber es ist jhnen geantwortet / das Christus solchs nicht bitten dürffe / sondern
er sey es / wegen seiner vnermeslichen / vnendlichen Gottheit / von Natur. Dahin
auch der Spruch gehet: Ich bin bey euch allezeit / biß zum ende der Welt /
Matth. 28. Daraus Damascenus lib. 4. cap. 19. des HERrn Christi ewige Gottheit beweiset. Darumb
diese von jnen vbelerdachte gloss in warheit nichts anders ist / denn ein
mutwillige verkerung desselbigen trostreichen heiligen Gebets vnsers Heilandes /
welchen freuel Er freilich / als ein gerechter Gott / dem keines Menschen
gedancken verborgen sein / von jnen fordern wird.
Sie suchen aber jtzt in jhrer Erfurdischen Apologien (Fol. Apol. Erf. 94. b.) newe ausflüchte / vnd
geben erstlich für / es folge gar nicht / das wo Christus mit seinem Leibe ist /
die Heiligen mit jren Leiben auch sein müssen.
Mit welcher antwort sie dem Gebet Christi abermals stracks widersprechen. Denn
die Wort des HERRN sind klar / das er nemlich / als vnser ewiger Hoherpriester /
vns alle / die wir an seinen Namen gleuben / bey seinem himlischen Vater
verbittet / das wir (denn also legts der Apostel selbst aus) in jenem Leben bey
jm sein mögen allezeit. 1. Thess. 4.
Solte nu vnser Widersacher meinung gelten / so müste der HERR etwas vnmüglichs
gebeten haben. Was würde aber für trost hieraus zu schöpffen sein / wenn die
Christen an jenem tage mit schmertzen erfahren müsten / man hette jhnen wol
hoffnung gemacht / bey jhrem Erlöser zu sein allezeit / aber solchs könt jnen
nicht widerfaren? Die
|| [349]
weil vnser gegenteil
trutziglich fürgibt / es folge gar nicht / das wo Christus mit seinem Leibe ist
/ die Heiligen mit jrem Leibe auch sein müssen. Ja / wo bliebe vnter des die
Apostolische betewrung / das vnser ewiger Hohepriester am tage seines fleisches
Gebet / vnd flehen mit starckem geschrey / vnd threnen geopffert habe zu dem /
der jhm von dem tod kunte aushelffen / vnd sey auch erhöret / darumb das er Gott
in ehren hatte? Hebr. 5.
Diß alles müste falsch sein / vnd würde also der Heyland (wie der Apostel von vns
Menschen redet) nicht gewist haben / was er beten sollen / wie sichs gebührt.
Wie solt er denn die Heiligen vertretten / nach dem das Gott gefellet? Rom. 8.
Heisset das nicht / mit dürren worten der heiligen Schrifft widersprechen?
Zum andern / sagen sie dem vörigen zuwider / der angezogene(Fol. Apol. Erf. 95. a.)
Spruch aus dem Gebet Christi / Joan. 17. Gehe nicht
weiter / denn so weit / nemlich (wie jhre wort daselbst lauten) das wie Christus
im ewigen Leben mit seinem Leibe ist also auch die Heiligen mit jren Leiben bey
jm / im ewigen Leben sein sollen. Mit welchen worten sie eigentlich jr
vberzeugtes Gewissen an tag geben / dieweil sie wider jhren willen / vnd vorsatz
vnser argument / welchs sie gern vmbstossen wolten / selbst müssen bekrefftigen.
Denn ists jr ernste / das die Heiligen in jenem Leben den HERrn Christum mit
seinem Leib allzeit bey sich haben werden / vnd das souiel die substantz des
Leibs belanget / die Heiligen eben also mit jhren Leiben bey Christo im ewigen
Leben sein werden / wie Christus mit seinem Leibe in
|| [350]
dem ewigen Leben bey den Heiligen ist / etc. So kan mit keinem grunde geleugnet
werden / das wie der Heiligen leibe nicht zugleich im Himel / vnd in der Helle /
noch allenthalben sein werden / also auch Christi Leib nicht zugleich im Himel /
vnd in der Helle / noch allenthalben sein könne.
Oder / es müsten zugleich wie Christi / also auch der heiligen Leibe allenthalben
/ im Himel / vnd in der Helle sein / daraus abermal das alte Brentianische /
vngehewre / grewliche gedicht folgen würde / das / dieweil Christi Leib / mit
allen gleubigen / nach dieser Welt / ohne zweiffel / für vnd für im ewigen Leben
/ vnd gleichwol (wie die Vbiquisten jhnen trewmen lassen) zugleich im Himel /
Hell / vnd vberal sein sol / das auch Himel / vnd Hell (dieser vngereimpten Lehr
nach) souiel den Ort belanget / nicht vnterscheiden / sondern beide vberal
beysammen / vnd also die Teuffel / sampt jren mituerdampten / im Himel so wol /
als in der Helle / vnd die ausserwelten neben Christo / in der Hell so wol / als
im Himel sein müsten / dafür billig alle frome Hertzen erschrecken.
Das aber vnser Antagonisten mit solchen opinionen / vnd gedancken / aus Brentio
geschöpffet / noch behafft seyen / ist hieraus abzunemen / das sie nicht
austrücklich bekennen / noch sagen dürffen / Christus sey mit seinem Leib im
Himel / sondern brauchen dafür diese art zu reden / welche sie nach jhrem
vorteil deuten können: Er sey mit seinem Leibe im ewigen Leben.
Denn es jnen nicht ein wil / das Christus mit seinem Leib also im Himel
reumlicher weis / nach art / vnd eigenschafft eines natürlichen / warhafftigen /
menschlichen Leibs sey / das er / ob ers wol könte / jedoch (vermöge der
Schrifft /
|| [351]
vnd Glaubensartickel) vor der Welt ende
mit seinem Leib nicht wider hernider kome / viel weniger allenthalben sey
(welchs allein Gott zugehört) sondern nach dem Spruch Augustini recht gegleubt
werde: Donec seculum finiatur, sursum esse Dominum.
Zu deme / können wir auch dieses / vmb des Christlichen Glaubens willen / vnsern
Widersachern nicht gut sein lassen / das / wiewol sie sonst für vnd für den
vnsern (aber Gott lob ohne grund) fürwerffen / als gebe man dem HERrn Christo
nach seiner Menscheit nicht mehr Ehr / denn sonst einem Heiligen im ewigen Leben
/ alhie selbst in solchem groben jrthumb alzu greifflich sich betreffen lassen /
da sie (dem vnterscheid zwischen Christo dem Heupt / vnd seinen gliedmassen gar
zuwider) one einige bedingung fürgeben / das wie Christus / also auch die
Heiligen im ewigen Leben sein sollen. So doch allein Christus mit seinem Leib
also im Himel ist / das er nicht allein für sich / wie andere Heiligen / der
ewigen Frewde sich ergetze / sondern vielmehr vns zu gut / welchen er aus seiner
fülle ewiges Licht / Freud / vnd herrligkeit mitteilet: In massen auch Christi
Leib allein / vnd nicht der Heiligen Leibe zu der Maiestet der Rechten Gottes
erhöhet / von allen ausserwelten Engeln / vnd Menschen angebetet / vnd geehret
wird. Solten derwegen die Herrn Verfasser der newen Apologien im Weinfass / vff
solche hochwichtige Sachen billig mehr fleis / denn (leider) für augen ist /
angewand haben.
Belangend die Vbiquitet / daran sie nu selbst zu zweiffeln anfahen / vnd von D.
Heshusio zu Quedlinburgk wol eingetrieben worden sind / ist bekant / das sie in
jhrer vermeinten Refutation wider vnser bedencken (wie
|| [352]
kurtz zuuor bey diesem argument angezogen) einen offenbaren / bestendigen /
vnd vnbeweglichen arlickel vnsers Christlichen Glaubens daraus gemacht / welcher
ohne grewliche / vn̅ erschreckliche gotteslesteru̅g
nicht kön̅e verleugnet werde̅.
Das sie aber hiebeuor selbst (wie auch noch) sehr widerwertige meinung dauon
gehabt / ist in vnser Apologia pag. 338. mit jren eigen worten angezeigt. Itzt
komen sie fast wider auff das schöne fündlein Chemnitij; Abundet quisque suo
sensu.
Denn von der algemeinen allenthalbenheit des Leibs Christi wollen sie nicht
angesehen sein / das sie mit jemand zancken / vnd dichten eine vbiquitatem
specialem, oder partialem, welchs ein öffentliche contradiction in adiecto in
sich fasset. Denn was nicht vberal / sondern nur etwa allenthalben ist / das ist
in warheit nicht allenthalben.
Das sie aber Lutherum (welcher zu letzt / wie vnleugbar / die Regel vrgirt / Tom.
8. Ienensi, fol. 340. Man
solt nichts von allenthalbenheit disputiren / denn hiedurch nur Stenckfelds
geistlerey von der vergötterung des Leibs Christi gestercket / vnd demnach die
ware gegenwart / sampt dem Leibe selbst / im heiligen Abentmal zu grund
verleugnet würde) so liederlich hindan setzen / vnd mit dem gottlosen Cham den
fromen Noah so gar entblössen / das sie jhm solch vngereimpt dogma, welchs sie
doch selbst nicht mehr (Fol. Apol. Erf. 95. a.) so gar (wie im anfang) beiahen / noch
auffrichtig / wie sie es heimlich im Hertzen haben / bekennen / vnd
vertheidingen dürffen / biß in seine gruben zumessen / stehet jrem geist nich
vbel an: Wir aber wollen vns solcher jhrer vndanckbarkeit an dem tewren
Werckzeuge Gottes nicht teilhafftig machen.
|| [353]
Sie verleugnen aber vnter des / oder verkleistern die algemeine allenthalbenheit
des Leibs Christi in allen Creaturen / Laub / Stein / Holtz / Grass / vnd (wie
sie vnhöfflich(Fol. Apol. Erf. 171. b. 173. a.) reden) in allen
vnsaubern Orten / wie sie wollen / oder zuthun vermögen: so stehet sie doch
nicht allein in jren hiebeuor ausgangenen büchern / vnd ist zu Witembergk in der
disputation / Anno 80. öffentlich (wiewol mit bösen / faulen / vnd losen
gründen) asserirt worden / sondern wird auch in der Concordiformul / welche die
arme Subscribenten am jüngsten gericht von wort zu wort / in rebus, &
phrasibus, zu verantworten / sich an Aydes statt / mit Hand / Mund / vnd Hertzrn
gantz vergessentlicher / schrecklicher weis / verpflichtet haben / an
vnterschiedenen Orten deutlich / vnd klar bekrefftiget: dermassen / das auch
fürgegeben wird / der Christliche Glaub müste falsch sein / wenn nicht alles
durch vnd durch vol Christus fleisch sey / folio Concordiae 302. 313.
Damit es aber nicht ein ansehen habe / als nöttigten wir vns zu vnserm gegenteil
/ so wollen wir dem Christlichen Leser zum besten / alhie die erinnerung der
Mechelburgischen Theologen auff diesen punct von wort zu wort selbst für augen
setzen / vnd daraus (wie einig diese Subscribenten sind) zu vrteilen befehlen.
Die wort der Mechelburgischen Censur vber die Apologiam / von den dreyen Mennern
zu Erfurd verfasset / lauten vnter andern / wie folget.
Die Apologia sagt / das Christlich Concordibuch gehe eigentlich / vnd allein /
vnd nicht weiter / denn auff die praesentiam totius Christi in Ecclesia,
& Sacramentis. Item: das die generalis vbiquitas dem Concordibuch
|| [354]
angedichtet werde. Nu ist ja diß im Concordibuch
augenscheinlich / vnd derhalben vnleugbar / das die generalis vbiquitas corporis
Christi; Das Christus auch nach seiner Menscheit / vnd mit seinem Leibe
allenthalben sey / wo Gott ist / in etlichen vnterschiedenen Ortern austrücklich
im Concordibuch gesetzt / vnd bestettiget wird.
(1.)
Als nemlich / fol. 313. fac. b. So mus folgen / das
Christus auch nach der dritten vbernatürlichen weise / sey / vnd sein müge
allenthalben / wo Gott ist / vnd alles durch vnd durch voll Christus sey / auch
nach der Menscheit.
(2.)
Et ibidem; Wo du kanst sagen / Hie ist Gott: da mustu auch sagen / So ist
Christus der Mensch auch da: vnd wo du einen Ort zeigen würdest / da Gott were /
vnd nicht der Mensch / so were die Person schon zertrennet.
(3.)
Item: Nein Gesell / wo du mir die Gottheit hinsetzest / da mustu mir die
Menscheit mit hinsetzen / sie lassen sich nicht söndern.
(4.)
Item: fol. 301. fac. b. wird aus Luthers grossem
bekentnis ein langer locus abgeschriebe̅ / da vor diesen worten /
(Meine gründe / darauff ich stehe in solchem stücke / seind diese) austrücklich
diese proposition von Luther gesetzt wird / das er geschrieben / das der Leib
Christi allenthalben sey. Solches erweiset er bald darauff mit folgenden vier
gründen / die im Concordibuch erzelet / vnd in Luthers bekentnis austrücklich
zur bestettigung generalis vbiquitatis gelegt werden.
(5.)
Item / fol. 302. Du must diß Wesen Christi / so er mit Gott eine Person ist /
etc. so tieff / vnd nahe in alle Creaturn setzen / als Gott darinnen ist. Denn
er ist eine vnzer
|| [355]
trennete Person mit Gott: wo
Gott ist / da mus er auch sein / oder vnser Glaub ist falsch / etc.
Dieweil nu das Concordibuch so offt / vnd ausfürlich an etlichen
vnterschiedlichen Orten die generalem vbiquitatem öffentlich bekennet / vnd
vertheidinget / so würden ja die wort in der Apologia / das das Concordibuch
eigentlich / vnd allein nicht weiter / denn auff die praesentiam Christi in
Ecclesia, & Sacramentis gehe / vnd das dem Concordibuch die generalis
vbiquitas angedichtet werde / müssen geendert / vnd ausgelassen werden / wo
nicht die Apologia in einer öffentlichen vnwarheit sol ergriffen werden.
Bißher jhrer eigen Rottgesellen wort / bey welcher zeugnis wir es auch bleiben
lassen / vnd geben hieraus (wie gemelt) dem Christlichen Leser der Herrn
Verfasser Spiritum vertiginis zuermessen. Wie sie denn zugleich hiemit jhr böse
Gewissen vor der gantzen Welt an tag geben / vnd verrahten / dieweil sie
einander selbst der falschen Lehr des Concordibuchs erinnern / vnd nichts desto
weniger (vermöge der schrecklichen obligation) dasselbig biß für den Richterstul
Jesu Christi / durchaus in allen syllaben / vnd sententzen / semptlich / vnd
sönderlich zu vertheidingen / auff sich behalten. Gott gebs jhnen mit warer
bekerung zu erkennen.
Das nu ferner hieneben das neunte capitel der Erfurdischen Apologien (wie auch
sonsten hin vnd wider) viel(Fol. Apol. Erf. 172. b. 173. a.) wort
verderbt de indistante vnione duarum naturarum in Christo; hilfft jhrem gedicht
/ das Christi Leib allen Creaturen gegenwertig sey / gar nichts: Sondern wir
bleiben auch dißfals bey der verantwortung der Mechelburgischen / das nemlich /
ob wol zwischen Christi Leib drobe̅ im Himel /
|| [356]
vnd zwischen vnsern hieniden auff Erden ein distantia loci sey /
gleichwol darümb nicht folge / das auch zwischen der göttlichen / vnd
menschlichen Natur ein solche distantia sey / noch die persönliche vereinigung
in Christo hiedurch auffgehoben werde. Wie man denn bekennen mus / das im tode
Christi / da sein Leib im grabe / sein Seel im Paradeis ist / dennoch die
persönliche einigkeit darumb nicht getrennet / noch ein distans vnio hypostatica
daraus worden sey.
Es ist aber die wunderbare verwirrung / vnd abschewliche vngewisheit jhrer Lehr
auch daraus zu prüfen / das sie im Concordibuch (wie angezeigt) durchaus
streitten / wenn der Leib Christi nicht so wol allenthalben / in / vnd ausser
allen Creaturen sey / als die Gottheit / so müsse vnser Glaub falsch / vnd die
Person getrennet sein / vnd (Fol. Apol. Erf. 172. a.) doch in jrer Apologia diesem zuwider
nicht zugeben wollen / das die substantz des Leibes / oder fleisches Christi
allenthalben / oder in allen Creaturen sey. So mus ja hieraus folgen / das
Christus nicht die substantz / sondern nur den schein eines Leibs nach seiner
allenthalbenheit an sich trage. Vnd wer hieraus nicht erkennet / das die
Vbiquisten mit den alten / vnd newen Manicheern leichen / der mus gar nichts /
oder ja alzu wenig von dem Heuptgrunde vnser allein warhafftigen Christlichen
Religion verstehen.
Das dreissigste Anhaltische Argument.
|| [357]
IM dreissigsten argument geben sie sich(XXX.)
fast gefangen. Denn sie mit keinem wort darauff antworten können / sondern
stellen sich beschwert /(Fol. Apol. Erf. 95. a.) vnd eilen furüber. Derwegen wir den
Christlichen Leser bitten / das er vnser Apologiam hieuon selbst auffschlahe /
vnd mit fleis erwege / vom 340. blat an / biß vffs 345. Die Summa daruon helt
sich auffs kürtzeste / wie folget:
Sie wollen jrem gedicht also helffen / die menschliche Natur Christi sey
almechtig / alwissend / allenthalben / aber nicht subiectiuè. Nu ist diese
erklerung nicht allein dunckel / vnd zweiffelhafftig / darein sich der wenigste
teil der armen verfürten Subscribenten / ja wol nicht einer wird richten können
/ sondern leuffet auch wider sich selbst.
Denn weil ein jede Rede (wie in Schulen bekant) in sich fasset subiectum,
praedicatum, vnd copulam: so sind ja diß locutiones abstractiuae, da die
menschliche Natur den Ort des subiecti jnnen hat. So sie nu jnen selbst nicht
widersprechen wollen / sondern darauff bleiben / das die Menscheit Christi nicht
subiectiuè almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey / so müssen sie mit vns
/ vnd allen rechtgleubigen dieselbige locutiones abstractiuas cassiren. Vnd also
were bestendiger Friede zu hoffen.
Wollen sie es aber ferner glossiren / vnd sagen: nicht subiectiuè, sondern
personaliter, so stehet die Rede abermal auff schrauben / vnd gebührt sich in so
hohen geheimnissen nicht also zu spielen. Denn wenn wirs schon vmb friedens
willen also verstehen / vnd annemen wolten: Das fleisch Christi / das ist / die
Person des ewigen Worts / welche fleisch worden ist / vnd vnser Natur hat an
sich geno
|| [358]
men / ist almechtig / alwissend /
allenthalben: So wer es doch vnförmlich geredet / vnd würde vnserm gegenteil mit
solcher auslegung gar nichts gedienet sein.
Sol mans aber mit jhnen dahin verstehen / das wol das fleisch Christi seiner
Natur halb nicht almechtig / alwissend / allenthalben sey / jedoch sey es solchs
alles in der Person / vmb der vereinigung willen mit dem Wort / vnd von wegen
der erhöhung zur rechten Gottes / etc. So antworten wir bestendig / vnd mit
warhafftigem grunde / das weder per gratiam vnionis, noch exaltationis die
eigenschafften des ewigen Worts von der angenomenen Menscheit anders / denn in
concreto, das ist / in solcher form zu reden / das loco subiecti die Person /
vnd nicht die Natur stehe / gesagt werde.
Denn sonsten folgen müste / das Christi Menscheit ein andere art / oder Natur
hette für sich / ein andere in der Person betrachtet: Da sie doch für sich
ausserhalb der Person nichts ist / vnd in der Person mit nichten anders / denn
nach jhrem Wesen / wesentlichen eigenschafften / vnd Wirckungen / an welchem
allen sie vns gleich ist / betrachtet werden kan. Hierauff stehet / vnd beruhet
diß gantz argument / wird auch wol fest bleiben wider alle Sophisten.
Belangende abermal die Regel Nazianzeni: quòd alia sit consideratio Filij,
respectu essentiae, alia respectu oeconomiae; (Das ist / Es hat ein andere
meinung / wenn man vom göttlichen Wesen des ewigen Worts / absolutè, für sich
redet / vnd ein andere / wenn man von seiner menschwerdung (Fol. Apol. Erf. 95. a.) /
vnd ampt redet) stellen sich die Herrn Verfasser alhie gleich / als weren sie
nicht dawider / vnd erkleren sich doch mit keiner richtigen syllaben / sondern
verwerffen
|| [359]
stracks / als Arianisch / wenn man aus der
Schrifft die erklerung thut / das die amptsverwaltung / ohne abbruch des ewigen
göttlichen Wesens / vnd almacht / der Person des Worts / vnd nicht nur seiner
angenomenen Menscheit auffgetragen / vbergeben / vnd befohlen sey. Derwegen sie
auch zu Hertzbergk die Regel Philippi (das in der Schrifft klarer vnterscheid
müsse gehalten werden zwischen den Sprüchen / die eins teils von der Gottheit /
so da sendet / eins teils von der Person / die gesand ist / reden) nicht leiden
wolten / wie das Protocoll / dabey glaubwirdige Personen / als lebendige /
vnuerwerffliche Zeugen / angezogen / vnd gegenwertig gewesen / augenscheinlich
ausweiset.
Vnd zwar die Herrn Verfasser geben alhie abermal jhr vberzeugtes Gewissen an tag
/ welchs sie auff diesen(Fol. Apol. Erf. 95. a. b.) punct nicht mehr hat antworten
lassen / denn es gehe das Concordibuch nichts an / sondern stehe bey der jenigen
/ so dem Hertzbergischen colloquio beygewonet / bericht. Lassen vnter des den
Leser vngewis / vnd im zweiffel / ob die Regel (Discernendum est inter Deitatem
mittentem, & personam missam) anzunemen / oder zuuerwerffen sey. So doch
D. Selnecker / vnd D. Chemnitius dabey gesessen / da nemlich zu Hertzbergk 23.
Augusti / Anno 78. sessione quinta (hoc est, antepenultima) pomeridiana, von
jhrem theil diese Rede gefallen: Si concederemus Regulam, quòd discernendum sit
inter Deitatem mittentem, & personam missam; sequeretur, quòd Filius sit
missus non tantùm à Patre, sed etiam à Spiritu sancto: quia vna vtriusque
Deitas est.
Darauff sich die vnsern erklert / wie es alle rechtgleubigen anders nicht halten:
Decretum factum esse à Patre,
|| [360]
sed consensum esse
totius Trinitatis. Item, Mitti à Patre Filium volentem, & quidem non
refragante, sed potius obsignante Spiritu sancto. Ps. 40.
Dieweil aber das gegenteil darauff inferirt: Ergo duo sunt Filij, mittens,
& missus; Ist jhnen von den vnsern die Regel Nazianzeni entgegen gesetzt
worden / mit folgenden worten: Nequaquam duo sunt Filij, sed vnus est, manetque
Filius, qui aliter consideratur ratione ESSENTIAE, aliter ratione oeconomiae,
seu officij. Officium Redemtoris solus Filius sustinet, & quidem ab
initio decreti promulgati in paradyso. Sed idem Filius ratione aeternae
essentiae vnus est Deus cum Patre, & Spiritu sancto, à quibus ratione
Deitatis, gloriae, & maiestatis indistinctus est, distinctus tamen
hypostasi.
Diß haben wir alhie mit den worten / wie sie damals gefallen / vnd von dem
Notario trewlich auffgezeichnet sind / zu widerholen für nötig geacht / auff dz
der Christliche Leser erken̅e / was vnser gegenteil von den
angezogenen beide̅ Regeln halte / one welche doch viel sprüche in
Gottes wort nicht könten recht / noch deutlich gnugsam erkleret worden.
Dieweil sie aber alhie widerumb den Spruch des (Fol.
Apol. Erf. 95. b.) Apostels (in Christo wohnet
die gantze fülle der Gottheit leibhafftig / (Coloss. 2.) mit einsprengen /
daraus (wiewol one grund) zu beweisen / das Christus (wie sie reden) auch nach
seiner angenomenen menschlichen Natur / von dem augenblick seiner empfengnis /
göttliche maiestet / das ist / almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit
gehabt (denn also erklerts D. Johan Matthaeus, professor zu Witembergk / das der
Leib Christi / von seiner empfengnis an / allenthalben sey) so bleiben wir (sie
mügen süss / oder sawer dazu sehe̅)
|| [361]
nochmals bey der festen / vnbeweglichen meinung aller rechtgleubigen / das
nemlich aus demselbigen Spruch des Apostels nichts wenigers / denn ein solch
vbiquistisch gedichte folge. Es sey denn / das sie zuuor die Jesuiten mit gutem
grunde widerlegen / welcher dißfals richtige / vnd anderweit widerholte
declaration vber denselbigen Spruch wir vnserm gegenteil aus der Meintzischen
disputation de persona Christi aduersus Vbiquitarios, mit fleis zu ponderiren
vnter augen setzen.
Denn also lauten jre wort daselbst / capite 6. thesi 69. Apostolus affirmat, non in humanitate, sed in
Christo inhabitare plenitudinem Diuinitatis; quod verissimum est, quia non
tantùm, more Sanctorum ceterorum per gratiam consors factus fuit diuinae
naturae, sed plenissimè, & perfectissimè homo ille est DEVS.
Deinde ait (inhabitare plenitudinem) in Christo, quo Verbo no̅
solùm ipsarum inter se naturarum, ac , sed personalis
quoque, si quis proprietatem eius perperam cum Nestorio vrgeat, communicatio
non stabiliri, sed tolli potius videtur. Qui enim, Verbi causa, domum inhabitat,
& natura, & hypostasi à domo distinguitur.
Postremò ait, plenitudinem diuinitatis fuisse in Christo; at isti in quarundam
tantùm, non autem omnium diuinarum proprietatum co̅municatione,
quibus plenitudo diuinitatis continetur, sua̅
colloca̅t.
Habent autem verba Pauli clarissimam sententiam à S. Patribus saepè explicatam,
plenitudinem Diuinitatis in Christo corporaliter habitasse; quia in eo non fuit
Diuinitas, vt in ceteris Sanctis tantùm spiritualiter, aut vt olim in templis
manufactis vmbraliter (nam in eodem capite, vt
|| [362]
notauit in Ep. ad Dardanum Augustinus, vmbram futurorum corpori Christi opponit)
sed , verè, & substantialiter; quia veram,
naturalem, & substantialem communiter in vna persona, vel subsistentia
cum carne Christi habuit vnionem; ex qua vnione consecutum est, vt &
Filius Dei verè, & perfectè esset homo, & Christus homo verè,
& perfectè esset Deus, eiusque corpus verè Dei corpus.
Vnde facilè intelligitur, & cur plenitudo Diuinitatis, omnesque thesauri
sapientiae, & scientiae in Christo fuerint, & cur fuerint
corporaliter; illud quidem, quia cum Christus homo verè fuerit Deus, necesse est
eum omnium quoque proprietatum diuinarum, quae à Diuinitate non separantur,
participem fuisse: hoc verò, quia corpus humanum in suam personam verè assumsit.
Bißher die Jesuiten zu Meintz.
Ein gefaster trutz aber ist an den Vbiquisten zu spüren (Fol. Apol. Erf. 95. b.) / das sie alhie selbst
bekennen / es sey jhnen nicht vnwissend / das die Veter mehres teils den Spruch
Pauli Phil. 2. von der angenomenen Knechtsgestalt / also erklert haben / das sie
formam Dei pro Diuinitate, & formam serui, pro humanitate genomen / in
massen sie auch solche erklerung für vnstrefflich rühmen. Vnd faren nichts desto
weniger fort / jhre erdichte Maiestet darein zu flechten / gleich als hab die
Menscheit Christi beide Gottes / vnd Knechts gestalt an sich / vnd jene zwar
durch diese / im stand seiner nidrigkeit / biß zur aufferstehung / hinderhalten.
Dadurch nicht allein das gantze intent des Apostels am selbigen ort verkeret /
sondern auch den aller grewlichsten Ketzern die thür vffs new in die Kirchen
einzubrechen geöffnet wird.
|| [363]
In massen die opinio Erasmi (welcher sich sonst vmb die freyen Künst / vnd
Sprachen zum besten verdient hat) vber diesen Spruch so mangelhafftig befunden /
das vnserm gegenteil nicht vnbewust / wie stadlich dieselbige von andern aus
Gottes wort widerleget worden ist. Wollens aber vnsere Antagonisten ja dißfals
(wie sie sich fast vernemen lassen) mit Erasmo halten / so werden sie die
Arianische lesterung aus diesem Spruch des Apostels mit nichten widerlegen
können: dieweil Erasmus austrücklich (aber mit vngrunde) fürgibt / dieser Spruch
vermöge nichts wider die Arianer.
Gleich als were das nicht ein herrliche bekrefftigung der ewigen Gottheit vnsers
Heilandes / wider Arium / das der Apostel so embsig redet: Erstlich / Christus
war () finge nicht an zu sein.
(2.)
In Gottes gestalt / das ist / Wesen / oder Natur. Denn (wie Basilius sagt) Gottes
gestalt / vnd Wesen kan nicht zweierley sein / dieweil Gott ist simplissimum
ens, das aller einigste Wesen.
(3.)
Hielt ers für keinen raub / das ist / er wars von natur / ohne jemandes nachteil
/ auch nicht durch eigene anmassung.
(4.)
Gott gleich / welchs beide wider Arium / vnd Sabellium gehet / vnd von der
Menscheit Christi (weil sie nicht auffhöret ein Creatur zu sein) mit warheit
nimermehr gesagt kan werden.
(5.)
Dieses alles hat er sich geeussert / vnd ist Mensch worden. Das ist sein tieffe
nidrigkeit / nicht des fleisches / sondern des Sons Gottes selbst im fleisch /
welches er / als ein knechtische Natur der herrligkeit des Schöpffers
vnter
|| [364]
worffen / mit allen schwacheiten
(ausgenomen die Sünde) warhafftig angenomen / vnd darinn nicht (wie er doch so
wol nach / als vor der persönlichen vereinigung mit vnserm fleisch wol hett thun
können) gepranget / oder nur sich göttlich geberdet / sondern vns als ein Knecht
gedienet. Er selbst (wil der Apostel sagen) nicht die angenomene Menschheit /
sondern der Son Gottes (welcher eines Wesens mit dem Vater) ist in die Welt
komen / vns zu dienen / one abbruch seiner ewigen Gottheit / vnd gleicheit mit
dem Vater. Denn das ampt schmehlert der keines / dieweil ein anders ist / von
dem göttlichen Wesen des Sons / ein anders von seiner Menschwerdung / dazu die
gantze oeconomey / vnd Amptsverwaltung vnser Seligkeit gehört / reden.
Solchs alles wird alhie von den Vbiquisten disputirlich / vngewis / vnd
zweiffelhafftig gemacht / so doch Lutherus selbst (vff welchen sie sich zum
schein beruffen) in seiner Kirchpostill am Sontag Palmarum vber diesem Spruch
nicht das geringste (so fern man die wort nicht mit gewalt anders deutet / denn
der gantze inhalt mit sich bringet) vnser meinung zuwider / noch dem gegenteil
zum besten redet / wie wir den verstendigen Leser aus dem gantzen context
derselbigen schönen Predigt (welche alhie zu widerholen viel zu lang sein würde)
selbst vrteilen lassen.
So ist Hieronymi auslegung / darauff sich die Herrn Verfasser auch beruffen /
kein gründlicher bestendiger beweiss / sondern nur eine anzeigung / vnd
widerholung / wie andere diesen Spruch erkleren. Vnd ob er wol seine gedancken
daneben anzeigt / patrociniren doch solche
|| [365]
mit
nichten der vbiquistischen Maiestet / sondern sind jhr viel mehr entgegen / wie
vor gelerten leicht darzuthun wer.
Wir können aber alhie nicht vmbgehen / dem Christlichen Leser zum besten / die
schöne erklerung dieses Spruchs aus dem 78. tractatu Augustini vber Johannem
kürtzlich zu erzehlen / wie folget: Per quod Filius non est aequalis Patri, per
hoc iturus erat ad Patrem, à quo venturus est viuos & mortuos
iudicaturus. Per illud autem, in quo aequalis est gignenti vnigenitus, nunquam
recedit à Patre, sed cum illo est vbique totus pari diuinitate, quam nullus
continet locus. Cum enim in forma Dei esset, sicut Apostolus loquitur, non
rapinam arbitratus est, esse aequalem DEO. Quomodo enim rapina possit esse
natura, quae non erat vsurpata, sed NATA? Semetipsum autem exinaniuit, formam
serui accipiens. Non ergo amittens illam, sed accipiens istam, eo modo se
exinaniens, quo hîc minor apparebat, quàm apud Patrem manebat. Forma quippe
serui accessit, non forma Dei recessit: haec est assumta, non illa consumta.
Propter hanc dicit: Pater maior me est. Propter illam vero: Ego, & Pater
VNVM sumus. Hoc attendat Arianus, & hac attentione sit sanus, ne
contentione sit vanus; aut, quod est peius, insanus. Haec enim est forma serui,
in qua Dei Filius minor est, non Patre solo, sed etiam Spiritu sancto: neque id
tantum, sed etiam se ipso, quia idem ipse in forma Dei maior est seipso.
Item: Ipse ergo Christus Filius Dei, aequalis Patri in forma Dei, quia semetipsum
exinaniuit non formam Dei amittens, sed formam serui accipiens: maior est
& seipso, quia maior est forma Dei, quae amissa non est, quàm serui,
|| [366]
quae accepta est. Quid itaque mirum, vel quid
indignum, si secundum hanc formam serui loquens, ait Dei Filius: Pater maior me
est? Et secundum Dei formam loquens, ait idem ipse Dei Filius: Ego, &
Pater vnum sumus? Vnum sunt, secundum id, quod Deus erat Verbum: Et maior est
Pater, secundum id, quod Verbum caro factum est.
Et ibidem: Aequalis enim Patri Filius, per quem factus est homo: Vt minor esset
Patre, factus est homo, quod nisi fieret, quid esset homo? Cum discipulis
audiamus verba Doctoris, non cum alienis sequamur astutiam deceptoris.
Agnoscamus geminam substantiam Christi; diuinam scilicet, qua aequalis est
Patri; humanam, qua maior est Pater. Vtrunque autem simul, non duo, sed vnus
est Christus: ne sit quaternitas, non trinitas DEVS. Sicut enim vnus est homo,
anima rationalis, & caro: sic vnus est Christus, DEVS, & homo.
Ac per hoc Christus est Deus, anima rationalis, & caro. Christum in his
omnibus, Christum in singulis confitemur. Bißher Augustinus.
Es wollen aber vnser Antagonisten alhie zum vberflus nochmals zum trewlichsten
erinnert sein / das ehe sie an vns Ritter zu werden sich vnterstehen / jnen (wie
wir sie nu zum öfftermal gebeten / vnd vermanet) zuuor die Jesuiten zu
widerlegen gebühre / welche in diesem stück der Lehr warhafftig / vnd richtig
erfunden werden. Wie sie denn vff das gedicht / das die Menscheit Christi von
dem augenblick (wie die Vbiquisten fürgeben) seiner empfengnis an / die
göttliche Maiestet gehabt / also antworten in disputatione Moguntinensi, cap.
5. thesi 66. Si humanitas ab
ipso vtero ad
|| [367]
summam Diuinitatis gloriam euecta est,
cur B. Ioannes ausus est absolutè dicere? Nondum enim erat Spiritus datus, quia
Iesus nondum erat glorificatus; cur Christus ipsa passione iam imminente petijt
clarificari à Patre? cur Lucas scripsit? Oportuit Christum pati, & sic
intrare in gloriam suam.
Item: Si reipsa etiam in vita mortali humanitas Christi fuit omnipotens, omnium
rerum conscia, gloriosa, immortalis, vbique; quomodo intelligi potest, eandem
reipsa sine manifesta fictione, & simulatione, fuisse subiectam
miserijs, & doloribus, ignorantiae, impotentiae, conclusam fuisse
angustijs vteri, praesepis, sepulcri? nisi velint cum Manichaeis phantasticam
aliquam carnem inuehere. Si enim caro Christi verè fuit gloriosa, &
impassibilis, licet eam gloriam non declarârit; quomodo potuit esse simul
obnoxia passioni? Et si in ipsa adeò morte maiestatem suam maximè ostendit
obscuratione Solis, scissione saxorum, excitatione mortuorum, ruptione veli,
quomodo omnium terribilium terribilissimae mortis capax esse potuit?
Von dem Spruch aber Phil 2. erkleren sie sich also: cap. eodem, thesi 68. Apostoli verba non illam habent sententiam, quam
Vbiquitarij fingunt; Christum hominem, cum esset in forma Dei, se exinaniuisse,
hoc est, Maiestatem beneficio vnionis hypostaticae acceptam occultasse,
& cohibuisse, vilique, & seruili forma apparere voluisse; sed
hanc, Christum cum esset in forma Dei, hoc est, secundum substantiam suam DEVS,
formam serui, hoc est, naturam humanam assumsisse, quam nunquam, ne quidem in
resurrectione, aut ascensione deposuerit. Sic enim veteres omnes locum hunc
intellexerunt, conuenienter sanè
|| [368]
verbis Apostoli. Nam
primò formam Dei formae serui opponit, qua voce etiam Philosophi naturam rei,
atque substantiam intelligunt. Deinde seipsum declarans, quid sit accipere
formam serui, vt annotauit B. Fulg. mox addit, In similitudinem hominum factus,
& habitu inuentus, vt homo. De seruili autem conditione, vt monuit
Augustinus, accipiendum est, quod proximè sequitur: Humiliauit semetipsum,
factus obediens vsque ad mortem.
Certe B. Cyrillus Alexandrinus non semel expressè probat, Christum non posse dici
alia ratione exinanitum, nisi quatenus factus est homo. Nam quomodo (inquit)
exinanitum est, quod à Deo assumtum est; quomodo exinanitum est, quod ante non
fuit plenum; quod ante non fuit liberum; quod non est effectum seruum?
Et B. Fulg. Neque enim (inquit) aliud fuit illa summi Dei exinanitio, nisi
formae seruilis, id est, humanae naturae susceptio. Vtraque enim in Christo est
forma; quia vtraque & vera, & plena est in Christo substantia.
Beatus verò Augustinus ex hoc vno loco firmissimam putauit confici regulam contra
Arianos, vt in Scripturis de Christo alia de forma Dei, id est, diuinitate, alia
de forma serui, id est, de humanitate intelligantur. Et alibi reprehendit
Maximinum Arianorum Episcopum, quôd formam serui sublatam esse in resurrectione
putauerit. Haec illi.
Geliebts dem Christlichen Leser / so mag er ferner hienon ein ansfürliche
erklerung dieses Apostolische̅ Spruchs nachlesen / in Collatione
fidei orthodoxae cum disputatione habita VVitebergae, anno 80. vom 205. blat anzufahen / biß vffs 223.
|| [369]
In summa; Ist vnsers gegenteils gloss warhafftig / das nemlich die göttliche
gestalt / Phil. 2. nicht sey das göttliche Wesen selbst / sondern die göttliche
Maiestet / der menschlichen Natur mitgetheilt / Vnd das also die menschliche
Natur zugleich habe Gottes / vnd Knechts gestalt / so wird sie ja dieselbige
mitgeteilte Maiestet / als formam Dei, vnd demnach formaliter empfangen haben.
Wo bleibt denn jhr widersinnische protestation / das die menschliche Natur in
Christo almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey / aber nicht formaliter; so
sie doch solche Maiestet in warheit (jrem fürgeben nach) als formam Dei
empfangen hat?
Item / So das wort forma, nicht solt von der Natur selbst verstanden werden / so
müste nicht allein in Gott etwas anders die Natur / vnd forma sein / vnd also
blieb er nicht simplicissimum ens: Sondern man würde auch den Manicheern mit
keinem bestendigen grund begegnen können / die aus der Menscheit Christi nur ein
angenomene blosse gestalt eines Menschen dichteten. Das mag vnser gegenteil wol
behertzigen.
Das ein vnd dreissigste Anhaltische Argument.
DAs ein vnd dreissigste argument gehet(XXXI.)
auff die Regel / darauff vnser gegenteil selbst (aber ohne rechte application)
dringet / das nemlich die(Fol. Apol. Erf. 95. b.) Eigenschafften nicht weiter sich
erstrecken / denn vff das jenige / dem sie eigentlich gehören. Proprietates non
egrediuntur sua subiecta, quorum sunt proprietates.
|| [370]
Diese Regul hat vnser gegenteil bißher also zu eludiren sich vnterstanden / das
die göttliche eigenschafften nichts desto weniger in der Person bleiben / ob sie
gleich der angenomenen Menscheit in der that mitgeteilt werden. Quia (inquiunt)
humana natura Christi non est alter, sed altera. Thesi VViteb. 153. sectione prima.
Aber darauff ist in Collatione fidei orthodoxae, & Iacobiticae, pag. 168. albereit von andern gnugsam geantwort / vnd wird
solch gedicht auch von den Jesuiten zu Meintz / cap. 5. thes. 65. ausfürlich
widerlegt / dahin wir den Christlichen Leser hiemit wollen remittiret haben.
Jedoch kürtzlich vnser argument zu widerholen / helt sichs mit demselbigen also
/ wie folget.
Dieweil in Christo zweierley eigenschafften zu betrachten sind (denn eins teils
gehören zur beschreibung der beiden vnterschiedenen Naturn / nach welchen er
entweder seinem himlischen Vater / vnd heiligem Geist / als warhafftiger Gott:
oder vns / das ist / seinen Brüdern / als warhafftiger Mensch / doch ohn Sünde /
gleich ist: Eins teils aber zur beschreibung seiner Person / nach welcher das
ewige Wort vom Vater / vnd heiligen Geist vnterschieden ist) So mus
vnwidersprechlich folgen / das weder die persönlichen / noch wesentlichen
eigenschafften des ewigen Worts mit warheit auff die angenomene Menscheit können
/ noch sollen gedeutet / oder gezogen werden.
Denn sonsten ex communicatione reali idiomatis personalis folgen würde / das die
angenomene Menscheit so wol / als die Gottheit des Worts / aus des ewigen Vaters
Natur / vnd Wesen geborn / vnd der glantz seiner ewigen Herrligkeit wer. Vnd
also müsten vnwidersprechlich
|| [371]
zween Söne sein. Aus
thetlicher mitteilung aber der wesentlichen eigenschafften in das fleisch
Christi / würde auffgehoben der vnterscheid zwischen der göttlichen / vnd
menschlichen Natur / vnd das jenige / so vnwidersprechlich allein zur
beschreibung der göttlichen Natur (nemlich almechtig / alwissend / allenthalben
sein) gehört / auff die Menscheit gezogen / vnd demnach aus derselbigen etwas
vnendlichs an krafft / Weisheit / vnd gegenwart gedicht / das also aus dieser
meinung vnmüglich sein würde / den Christlichen Glauben zu erhalten / da nicht
mehr denn von einem vnendlichen / almechtigen / vnd alwissenden Wesen geleret
wird / sondern müsten nothwendig zwey infinita (ein ewiges / vnd erschaffenes)
zugelassen werden.
Ob nu hiedurch nicht zugleich das grosse geheimnis von der heiligen
Dreyfaltigkeit / vnd warhafftigen menschwerdung des Sons Gottes labefactiret
werde / lassen wir alle gottfürchtige verstendige Hertzen vrteilen: vnd keren
vns nichts an vnsers gegenteils geschrey / die vns alhie abermal(Fol. Apol. Erf. 95. b.)
(jren geist an tag zu geben) fürwerffen / es sey erlogen: Item / es seyen
calumnien / lesterung / vnd dergleichen. Denn vnser beweis stehet für augen /
vnd schewet keins wegs das Licht / sondern wir bitten vmb richtigen process /
damit vnser gegenteil zur gebürlichen rechenschafft jhres Glaubens gehalten
werde / vnd sich nicht zugleich für Kleger / vnd Richter anzumassen habe. Wie
denn solches mit wenigem jhrem ruhm / mit vieler fromer / vnd gelerter Leute
nachteil / schaden / vnd hertzenleid / mit Kirchen / vnd Schulen jemerlicher
zerrüttunge / mit vieler einfeltigen Hertzen betrübu̅g / vnd der
feinde des H. Euangelij frolocke̅ / vnd triumphiren / ein gute
lange zeit anhero geschehen /
|| [372]
welches der almechtige
gerechte Gott zu seiner zeit wol recht richten wird. Psalm. 75.
Das sie aber mit so gantz prechtigen worten fürgeben / vnd gleich hönisch fragen
/ wie sie die Person Christi auffheben solten / von welcher sie doch / vermöge
(sagen sie) göttliches Worts / vnd des Christlichen Concordibuchs / bestendig
lehren / das die angenomene menschliche Natur Christi / eben daher / vnd sonst
nirgend anders her / almechtige Krafft / vnd gewalt empfangen habe / dieweil sie
mit der ewigen Person des Sons Gottes vnzertrenlich vereiniget / vnd one
dieselbe nicht einen augenblick bleiben / oder bestehen könte?
Diß alles ist nichts / denn ein vergebliche petitio principij (welchs Lutherus
heisset / incertum per incertum probare) dadurch sie jhrem gebrauch nach / das
jenig zum beweis anziehen / dauon noch die Frage ist / ob sichs also halt / oder
nicht? Denn sie zuuor aus Gottes wort / darauff sie sich ohne grund beruffen /
mit klaren Sprüchen darthun / vnd beweisen solten / das die Menscheit Christi
almechtig / alwissend / allenthalben / vnd wie sie sonst reden / Gott selbst
sey.
Dieweil sie aber (wie droben angezeigt) in jhrer vermeinten Refutationschrifft /
pag. 55. wider vnser bedencken vber die Praefation der
Concordiformul / endlich haben mit vberzeugtem Gewissen / wider jhr eigen
fürgeben / bekennen müssen / das weder die heilige Schrifft / noch andere
approbirte Bücher von jhnen selbst in der norma specificirt / vnd erzehlt / also
reden / vnd der Son Gottes klar bezeugt / das von seinem Vater / vnd nicht von
sich selbst / dazu nicht
|| [373]
seiner Menscheit / sondern
jhme / als dem gesanten vom Vater / alle gewalt gegeben sey: So verstehet der
Christliche Leser / auch one fernere erinneru̅g / was dißfals
vo̅ vnsers gegenteils nichtiger protestation zu halten / als
die sich auff das göttliche Wort beruffen / darans jnen doch nicht allein
mangelt / sondern es wird auch das widerspiel daraus erwiesen: das nemlich / so
die persönliche vereinigung (jhrem fürgeben nach) darauff bestünde / das die
Gottheit sey die geberin / die Menscheit aber die Nemerin / freilich nicht der
Son / sondern der Vater selbst / nach der Sabellianer lesterung / müste Mensch
worden sein. Ja / dieweil der Vater alles dem Son in seine Hende vbergeben hat /
müst aus diesem vnsers gegenteils vngründe folgen / das sich der Vater mit dem
Son persönlich vereinigt hette. Denn der Vater hat dem Son alle gewalt vbergeben
/ welche auch der Son vom Vater warhafftig / vnd in der that empfangen hat.
Wolan / GOTt der HERR wird freilich solche grewliche lesterung / dazu vnser
gegenteil nicht allein vrsach gibt / sondern albereit den grund gelegt hat / wol
zu finden wissen.
Belangend das argument / welchs sie alhie lateinisch /(Fol. Apol. Erf. 96. a.) vnd teutsch
widerholen / aber mit keinem wort aufflösen / remittiren wir / vmb geliebter
kürtze willen / den Christlichen Leser zu vnser Defension wider D. Johann
Matthaeum / newlich in druck ausgangen. Vnd geben vnserm gegenteil vnter des zu
bedencken / wie sie nicht vns / sondern den Jesuiten zu Meintz (welche auch in
diesem stücke recht / vnd wol / vnd der heiligen göttlichen Schrifft gemes
halten / vnd schreiben) antworten wollen / dieweil sie jnen eben diß argument /
cap. 5. disputationis de persona Christi aduersus
Vbi
|| [374]
quitarios, thes. 62. mit deutlichen worten / die wir droben bey vnserm siebenzehenden
argument / pag. 193. erzehlet haben / obijciren vnd fürhalten.
Damit sie aber nicht dasselbige (jrer gewonheit nach) nur eludiren / vnd
verlachen / oder fürgeben / es sey schon verantwortet: so setzen wir alhie nicht
vnbillig die 63. thesin dazu / vnd begeren von jhnen / so fern sie jhrer Sache
keine schewe tragen / das sie die Jesuiten mit gnugsamen gründen widerlegen. Als
denn wirds vnsert halben kein noth haben / denn wir der Warheit jederzeit raum
zu geben erböttigk sind.
Folget derwegen / wie die Jesuiten ferner / beides D. Jacobo Andreae / vnd den
Herrn Verfassern der Erfurdischen Apologien vff jre ausflüchte antworten. Denn
also lauten daselbst ferner jre wort: Ad hanc probationem firmissimam nihil
planè habent, quod probabiliter respondeant. (the.
VViteb. 175.) Iacobus Andreas primam
propositionem concedit, de sumtione tacet. Id tantùm annotat de proprietate
aeternitatis; humanitatem quidem Christi ab aeterno non fuisse; (thes. 124. 125. Dan. 7.) potestatem tamen illi communicatam aeternam
esse, & ab aeterno fuisse, secundum illud Danielis: Potestas eius
potestas aeterna, quae non auferetur.
At architecti Apol. Concord. Kirchnerus, Selneccerus, & Chemnitius,
cernentes in hoc argumento esse digitum DEI, ingenuè fatentur, non omnes
proprietates (Apolog. cap. 3.
fol. 56. 60.) Diuinitatis humanitati esse
communicatas, vt aeternitatem, infinitatem, & quod sit Spiritus; tùm
quia diuina Scriptura has proprietates illi non attribuit; tùm quia sequeretur
alioquin, humanitatem non in tempore, sed ab omni aeternitate à persona Verbi
assumtam fuisse.
|| [375]
Verùm haec responsio euidenter refellitur. Primò, quia, vt argumentatur
Smidelinus, Apostolus perspicuè(the. VViteb. 175.) scripsit: In ipso inhabitat OMNIS
plenitudo Diuinitatis corporaliter. Col. 2.
At vbi aeternitas, Diuinitas, immaterialitas, aliaeque proprietates ante
enumeratae absunt; ibi neque plenitudo, neque omnis plenitudo Diuinitatis esse
potest; cum plena Diuinitas non sit, vbi vel vna eius desideratur proprietas.
Secundo, quia S. Patres à communione idiomatum nullam Diuinitatis,
humanitatisque Christi proprietatem remouerunt, sed omnes vtrique naturae in
concreto, hoc est, personae vicissim attribuerunt, vt sicut Christus Filius Dei
ratione vnionis hypostaticae verè, & propriè dicitur natus, passus,
sepultus; sic Christus homo verè, & propriè dicatur creator coeli,
& terrae, aeternus, infinitus, immortalis.
Quòd autem aliquando sancti Patres propositiones quasdam eiusdem generis, vt
Christus est creatura, est incorporeus, est materiae expers, admittere
reformidarunt; eò factum est, quòd cum Arianorum, aliorumque haereticorum,
& erroribus, & phrasibus conuenire viderentur. Itaque B.
Hieronymus, & Augustinus, ne occasio esset deerrandi à veritate, ad
certam regulam in Theologia loquendum esse monuerunt.
Deinde primae propositionis probatio inuicta est omnium Theologorum confessione.
Nam cum omnes proprietates, vel attributa Diuinitatis sint vnum, & idem
realiter, & essentialiter cum Diuinitate: neque à sese, neque à
Diuinitate ipsa vlla Dei potentia, etiam absoluta, separari possunt. Quare si
Diuinitas realiter communicata est humanitati, & eius naturalis
infinitas, aeternitas, atque id genus aliae communicatae erunt.
|| [376]
Ad hanc rationem autores Apologiae respondent, Filio Dei, qui communicationem
suae Maiestatis in scripturis (cap. 4. fol. 81. a.) sanctis manifestauit,
probè exploratum esse, quemadmodum communicatio illa sine diuisione proprietatum
diuinarum peracta sit, atque idcirco se ei nodum hunc dissoluendum relinquere.
Haec illi.
Vff diese der Jesuiten erklerung ist vnser gegenteil zu antworten schuldig. Wir
zweiffeln aber nicht / sie werdens wol bleiben lassen. Denn die Warheit lesset
sich nicht mit leren hülsen / vnd vergeblichen worten vnterdrücken / vnd ob wir
wol die grobe jrthumb des Bapsihum̅s im wenigsten an den Jesuiten
/ noch andern Münchsorden billigen / noch entschuldigen: So ist doch offenbar /
das in diesem Artickel sich Lutherus selbst (wie recht / auffrichtig / vnd
billig geschieht / denn man ja allezeit / befürderst in so hochwichtigen Sachen
/ nicht auff die Personen / sondern vielmehr vff die Warheit an jr selber sehen
sol) zu den Papisten bekant / vnd in allen angestelten colloquijs zwischen der
Augspurgischen Confession verwanten / vnd genanten Catholicis bey diesem
artickel kein streit fürgefallen. Ja dieweil auch der Religions fried hierauff
gewidmet / vnd beruhet / so hat vnser gegenteil wol zuermessen / zu was newerung
/ vnd gefehrlicher weitleufftigkeit jhr vbelerdachte Vbiquitet mit der zeit
(welchs doch Gott allergnedigst verhüten wolle) möchte vrsach geben.
Betreffend den vnterscheid zwischen den Reden (caro Christi substantialiter, vel
naturaliter, per se, in se, & secundum se vita est, vel viuifica. Et,
caro Christi per coniunctionem (Fol. Apol. Erf. 97. a.) cum Verbo ad virtutem viuificandi
conscendit; vnter welchen die erste falsch ist / die ander aber ist war) sind
wir
|| [377]
mit Cyrilli worten / vnd meinung / so wol als mit
der determinatione Concilij Ephesini, de carne Christi viuifica, seu
viuificatrice, als dem göttlichen Wort Johan. 6. gemes / durchaus zu frieden.
Es werden aber vnser Widersacher weder aus Cyrillo / noch Gottes Wort in Ewigkeit
beweisen / das man in der Kirchen Gottes mit warheit sagen könne / oder soll:
Quòd caro Christi sit Deus, aut sit omnipotens, omniscia, & vbique.
Derwegen wir diese Reden billig mit allen rechtgleubigen nicht allein fliehen /
sondern als ketzerisch von hertzen grunde verwerffen.
Das wir aber Lutheri grandiloquentiam recht auslegen / vnd nicht mit den
Flacianische̅ Vbiquisten aus allen(Fol. Apol. Erf. 97. b.) seinen Reden oracula
machen / das wird vns kein verstendiger können verdencken. Sintemal keines
Lehrers / weder alten / noch newen autoritas, oder ansehen / vnd Name so gros
ist (wie auch Lutherus von jhm selbst so viel / vnd hoch nicht wil gehalten
haben) das man alles stracks von jm für Glaubensartickel auffnemen / oder
anbeten solt / sondern es sol vielmehr alles (wie die Apostel lehren / vnd
befehlen) nach der Richtschnur göttliches worts geprüfet / vnd dem Christlichen
Glauben gemes geredet / vnd ausgelegt werden.
Damit vns aber nicht jemand vnbilliger weis in verdacht ziehe / als
verkleinerte̅ wir hiemit D. Lutherum / welchen wir vielmehr /
den̅ vnser gegenteil / als ein hocherleucht Werckzeug Gottes
lieben / vnd ehren / so wolle der Christliche Leser alhie vnbeschwert sein / zu
durchsehen / vnd recognisciren / was dißfals D. Heshusius selbst zu Quedlinburgk
für ein erklerung / vnser meinung gantz gemes / eingewand / dabey wirs nochmals
beruhen lassen / wie von wort zu wort folget.
|| [378]
HESHVSII DE LVTHERO iudicium.
Wir achten Lutherum für einen tewren Werckzeug Gottes / der den grund aus Gottes
Wort gezeiget / vnd das seine Schrifften vieler grossen Scribenten bücher weit
vorzuziehen sein. Aber es ist jme auch / wie andern H. Vetern / also gangen /
das er incidenter, vnd zufellig / bißweilen etliche argument gebraucht / welche
den stich nicht halten / wie im loco de vbiquitate vermeldet wird. Darzu hat er
bisweilen solche phrases gebraucht / welche nicht allein die Widersacher jtziger
zeit carpiren / sondern vieleicht etliche der vnsern aus vnuerstand jrgend also
brauchen könten / das man also eigentlich reden solte / vnd von vorsichtigkeit /
welche Gottes wort erfordert / keine vermanung zulassen möchten. Als / im streit
de peccato originis sind viel aus misuerstand harter reden D. Lutheri / von vns
abgewichen / vnd werden noch heutiges tages viel Leut durch die Manicheer
verfüret / vnd durch die listigen allegaten aus Lutheri schrifften / in jrthumb
erhalten.
Anhaltini pag. 154. ziehen Musculi Reden an; Quòd caro,
& Verbum sint vna essentia. Wenn er lebte / vnd man jn darumb zu rede
setzte / würde er sich mit Lutheri loco de identica praedicatione vertheidingen
/ vnd also die Rede für recht ausgeben / vnd erhalten wollen.
Nach dem auch Lutherus in der Hauspostill die annunciationis Mariae spricht:
Vnser fleisch / vnd blut ist Gott / geben die Collectores wider die Anhaltischen
für / als sey es recht gesagt: caro Christi est DEVS; welches doch Lutheri Rede
gar nicht ehnlich ist / do sie doch selbst in
|| [379]
diesem
genere locutionum abstractiuas locutiones nicht zulassen / daraus man sihet /
was ardor contentionis thut.
Es ist aber ein anders / das D. Luth. offt in seinem schreiben gemeint hat /
darinnen er vnstraffbar / vnd billig von vns verantwortet wird: ein anders aber
/ ob die phrases alle co̅modae sein / vnd also sollen probiret
werde̅ / dz es communis licentia sein sol / ebe̅
also in Ecclesia audacter zu rede̅.
Hierauff erzehlet D. Heshusius aus Luthero etliche Sprüch / ausgezogen zum
nachdencken. Als / Luth: cap. 28. Genes. de scala Iacob,
inquit: Vtrunque igitur verum est, summa diuinitas est infima creatura, serua
facta omnium hominum, immò ipsi Diabolo subiecta; Das wird nimmermehr / als
propriè geredt / in der Kirchen zuuerantworten sein. Denn Lutherus redet in
abstracto (das ist / durch ein solch wort / das nicht eigentlich die Person /
sondern eine Natur der Person bezeichnet) vnd gibt der Gottheit (in abstracto
genennet) was der menschlichen Natur eigen ist / da doch die Gottheit kein
Creatur worden ist / ob schon Gott ist Mensch worden / vnd die Menscheit eine
Creatur ist.
Ob es nun schon Lutherus dahin nicht gemeinet / so ist doch solche Rede sehr
gefehrlich / dahin sie mit worten sihet. Darumb halten wirs dafür / das alhie
Luthero nicht jrthumb in der Lehr mag zugemessen werden. Seine phrasis aber sey
incommoda, vnd soll autoritas Lutheri keine licentz machen / also in der Kirchen
eigentlich zu reden / etc.
Vnd bald vorm ende daselbst / stehen diese wort: Man kan ja Lutheri identicam
praedicationem, in phrasibus zur imitatio̅ nicht proponire̅ / ob wir wol Lutheri intent / vnd end gern billigen. Also ists
auch in andern mehr /
|| [380]
vnd ist in alle̅
Schrifften der Veter ein grosser vnterscheid / zwischen dem / das zur Sach
gehöret / vnd guten grund hat / vnd dem / was beyfellig dazu komen / vnd der
Sachen nichts benimmet / wens schon beseits gesetzt wird. Wir ziehen vns aber
hierin auff der Kirchen vrteil / drumb vns niemand verdencken wird / das wir vmb
einen Synodum bitten. Bißher Heshusius.
Das aber die Herrn Verfasser (vngeacht aller erinnerung / die wir in vnser
Apologia dermassen mit Lutheri eigenen worten ausgefürt / das sie auch derselben
vberdrüssig worden / vnd es ein lang geschwetz aus D. Luthers Hauspostillen
schimpfflich nennen) nichts desto weniger jhren (Fol.
Apol. Erf. 97. b.) newen Glaubensartickel / das
Christi fleisch selbst Gott sey / aus Vigilio, vnd Nazianzeno beschönen wollen /
darauff antworten wir mit den obgedachten Jesuiten zu Meintz (den̅
wir schemen vns nicht mit jnen die Warheit zu beken̅en / ob wirs
wol sonst in andern stücken / da sie von derselbigen abweiche̅ /
keins wegs mit jnen halten) cap. 4. the. 52. wie folget:
Quòd verò quidam veteres carnem Christi Diuinitatis participem faciunt; nihil
iuuat istorum realem , qua diuinitas det, humanitas
accipiat. Nam è contrario & alij non verentur dicere, naturam diuina̅ esse incarnatam. Vnde sequitur, & carnem realiter esse
communicatam Diuinitati, quod isti negant.
Quam verò sententiam eiusmodi dicta habeant subiectam, Patres Quintae Synodi
Constantinopolitanae, & alij contra Eutychianos (qui illis multò, quam
Vbiquitarij, ingeniosius ad conflandam vnam in Christo naturam abuteba̅tur) apertè declarârunt. Nempe non eò dici, aut carnem Christi
Deificatam, aut Diuinitatem incarnatam; quôd vel
|| [381]
caro
in diuinam, vel Diuinitas in humanam transierit naturam; sed quòd secundum
hypostasin, vel subsistentia̅ caro Verbo, & Verbum carni
realiter vnitum, & coniunctu̅ sit.
Verè ergo caro Christi particeps facta est Deitatis; quia eo ipso, quòd à diuina
Verbi persona assumta est, verè Dei caro facta est,
& in vnam quasi Deitate̅, vt loquitur Epiphanius, reducta;
qua Christus ex humanitate & Diuinitate verè & propriè co̅positus vnus est Deus; ac denique etiam maiestate Deitatis (vt
habet Augustinus) glorificata, quia vna adoratione propter co̅munionem vnius personae cum Diuinitate adoratur.
Quòd si annotationes Vbiquitarioru̅ sententijs Patru̅
no̅ dissimilib. appositas sequi vellemus; diceremus
breuissimè, abstracta vocabula pro concretis saepe Patres vsurpauisse.
Quòd verò Vigilius martyr dicit, carnem propter Verbum esse Deum; &
Gregorius Nazianzenus , simul DEVM, vel Deo aequalem;
ipsi Apologiae architecti concedunt,(Fol. Apol. Erf.
97. b.) phrases non esse vulgatas,
& vsitatas, sanamque posse habere intelligentiam, quam tamen non
assignant. Habent verò eandem intelligentiam cum sententia B. Ioannis: Et Verbum
caro factu̅ est. In qua constat, voce carnis per Synecdochen
totu̅ hominem intelligi, vt sensus sit; Filium Dei factu̅ esse homine̅, phrasi receptissima in diuinis
Scripturis.
Nam vt obseruauit B. Augustinus, quod Apostolus in Epist ad Roman. scripserat; Ex
operibus Legis non iustificabitur omnis caro: In Epistola ad Galatas sic
expressit; Scientes aute̅, quod non iustificatur homo ex operibus
Legis. Itaque caro DEVS esse dicitur, sicut Christus homo verè est DEVS;
Quemadmodum apertè indicat B. Vigilius, & B. Damasceni, qui Greg.
Nazianzeni sententiam citauit, commentarius, Haec illi.
|| [382]
Das zwey vnd dreissigste Anhaltische Argument.
(XXXII.)
DAs zwey vnd dreissigste argument bleibt so lang bestehen / biß vnser gegenteil
beweist / das die Menscheit Christi sey an / oder für sich etwas persönlichs /
oder selbstendiges. Solchs aber ist allen Sophisten (Fol. Apol. Erf. 56. a.) zu beweisen vnmüglich
/ vnd albereit von vnserm gegenteil bekant / daß das idioma personale der
augenomenen menschlichen Natur nicht könne mitgeteilt werden.
Dieweil denn / jrer eigen declaration nach / die menschliche Natur Christi weder
essentialiter, noch formaliter, noch subiectiuè, noch habitualiter, dazu auch
(wie man in Schulen redet) weder per se, noch per accidens (dazwischen nach
ausweisung des artickels von der Schöpffung / wie alle Vernunfft aus Gottes wort
/ vnd Ordnung anders nicht erkennen / noch vrteilen kan / gar kein drittes
vermag erdacht zu werden) almechtig / alwissend / vnd allenthalben ist: So ist
sie in warheit der keines / sondern bestehet der Vbiquisten Lehr auff lanter
trewmen.
(Fol. Apol. Erf. 98. a.)
Vff diß argument antworten sie / die erzehlung der weise / nach wlecher ein ding
etwas in sich hab / sey vnuolkomen. Denn der modus sey ausgelassen / das nemlich
die angenomene menschliche Natur Christi die almechtige gewalt (wie sie daselbst
reden) personaliter, das ist / von wegen / vnd nach art der persönlichen
vereinigung habe. Vnd das sol heissen modus inusitatus, & quiddam inter
substantiam, & accidens intermedium, seu tertium. Aber wir antworten mit
allen rechtgleubigen / wie folget.
|| [383]
Erstlich / hebt die persönliche vereinigung nicht auff die natürlichen
eigenschafften der Menscheit / sondern wie das Concilium Chalcedonense weislich
decernirt / erhelt sie dieselbigen viel genawer / volkomener / vnd gewieser /
als sie jrgend an einem gemeinen Menschen sein könten.
Zum andern / gehet der modus praedicationis inusitatę mit nichte̅
auff die locutiones abstractiuas; sondern nur vff die propositiones de Concreto.
Denn die abstractiuae sind entweder regulares; als / wenn ich sage / Das fleisch
Christi ist ein Creatur. Oder figuratae, als wenn Lutherus per Synecdochen sagt
/ vnser fleisch / vnd blut ist Gott. Denn da wird das abstractum pro concreto
gesetzt / vnd heisst souiel / als der Mensch Christus / welcher fleisch / gebein
/ vnd geblüt von dem vnsern ist / der ist warhafftiger / ewiger Gott. Welchs
denn also (wie sichs gebühret) ausgelegt / vnd erkleret / nicht mehr praedicatio
figurata, viel weniger regularis, sondern inusitata ist / vnd genant wird.
Den̅ ob sie wol nicht impropriè mus / noch soll verstanden /
oder erklert werden / so hat sie doch jres gleichen nicht vnter allen Reden in
dem gantzen Werck aller geschöpff / vnd Ordnung Gottes.
Zum dritten / ist (wie gesagt) die Menscheit Christi für sich weder etwas
personale: noch anders / denn nach jhren wesentlichen eigenschafften in der
Person des ewigen Worts zu betrachten. Ja / ob sie auch gleich etwas persönlich
/ oder selbstendig wer / wie Nestorius geschwermet hat / so könte doch mit
nichten erwiesen werden / das personaliter etwas sein / oder haben / sey ein
tertium, oder intermedium inter substantiam, vnd accidens; sönderlich weil in
defi
|| [384]
nitione personae das genus ex
praedicamento substantiae (denn es ist quiddam verè subsistens) genomen wird.
Aber nach dem diese Schulwörter dem gemeinen Volck frembd / vnd den gelerten für
sich die Sach bekant / wollen wir hieuon nicht mehr wort machen / damit wir
nicht möchten angesehen werden / als wolten wir mit vnserm gegenteil bey dem
hellen Mittaglicht / an der Sonnen glantz / vnd öffentlicher Warheit noch
zweifel tragen.
(Fol. Apol. Erf. 98. a. b.)
Das sie aber also inferiren / vnd schliessen: Was darffs viel wort? Was Christus
spricht / ist freilich warhafftig / was er auch saget / das gegeben sey / mus
jhm warhafftig / vnd mit der that gegeben sein.
Nu spricht er / das im alle gewalt im Himel / vnd auff Erden nach seiner
angenomenen menschlichen Natur gegeben / oder mitgeteilt sey.
Derwegen mus es freilich war sein / vnd mus sich auch mit der that also halten.
Darauff antworten wir / das wir mit dem ersten Spruch / welcher maior propositio
pflegt genent zu werde̅ / durchaus zu friede̅.
Den̅ Christus / als die almechtige / ewige Warheit selbst /
freilich nicht liegen / noch triegen kan. Jedoch sol jhm auch niemand seine wort
mit zusatz / oder frembder gloss verkeren / sondern wie er sie geredt / vnd
gemeint hat / bleiben lassen. Sonst impingirt man in die Regel Theodoreti;
Verbum Dei stolide intellectum, non est Verbum Dei. Das ist / Wenn man Gottes
wort vnrecht / oder widersinnisch verstehet / so hört es auff Gottes wort zu
sein. Denn Gottes wort ist allezeit heilig / vnd ist Warheit. Wen aber die
Menschen jhre falsche gloss / oder meinung daran klecken / so ist dasselbig / so
von aussen hinzu kömpt / falsch / vnheilig / vnd Lügen.
|| [385]
Der ander Spruch aber (minor genant) hat nicht allein zugesatzte wort / sondern
auch ein heimliche Vbiquistische gloss / deren sich keines zu dem Spruch Christi
reimet.
Denn erstlich sagt der HERR nicht / Meinem fleisch / sondern Mir / das ist /
allein meiner Person / vnd sonst niemand / ist gegeben alle gewalt im Himel /
vnd auff Erden. Denn allein die andere Person in der heiligen Dreyfaltigkeit hat
das Mitlerampt auff sich genomen / aus befehl / vnd schluss des Vaters / von jm
selbst / dem ewigen Son / freywillig verwilligt / vnd vom heiligen Geist
einmütiglich versiegelt.
Zum andern / Sagt der Son Gottes nicht / das jhm solches in der zeit gegeben /
obs wol in der zeit offenbar worden / sondern der Apostel Ephes. 1. vnd Dauid im
andern Psalm bezeugen / das es für der Welt grund geschehen sey.
Zum dritten / ob wol der alten rechtgleubigen Kirchen / vnd Lutheri auslegung
vber die letzten wort Dauidis vnuerwerfflich / das solchs alles nach der
angenomenen menschlichen Natur zuuerstehen sey / so folgt doch der Vbiquisten
gloss nicht / das darumb / was Christo gegeben / nur seiner Menscheit gegeben
sey. Denn ein anders ists / von der blossen Menscheit / ein anders von der
Person / die Mensch worden ist / vnd demnach nicht allein absolutè, nach jrem
ewigen göttlichen Wesen / sondern auch relatiuè, nach der verwaltung dieses
empfangenen Mitlerampts in vnserm angenomenen fleisch (wie droben in vnserm
andern argument bey der Regel Nazianzeni ferner erklerung geschehen) betrachtet
wird.
|| [386]
Zum vierten / ists wider die gantze heilige Schrifft / das Gott / oder Christo
nach der göttlichen Natur in der zeit nichts gegeben werde. Denn der ander Psalm
/ die erste Bitt im Vater vnser / der gantze Gottesdienst nach der ersten Tafel
der zehen Gebot / die Klage des HERrn / Lucae 17. vber die neun vndanckbare /
die nicht wider vmbkereten / vnd Gott die Ehre gaben / ja die Regel selbst /
Matthaei 22. Gebt Gott / was Gottes ist / vnd die gantze Christliche Religion
widerspricht diesem tand. Sintemal darumb Gottes wort gepredigt wird / das Gott
erkant werde / vnd also sein gebürliche Ehr von Menschen empfahe. Nicht das es
der ewigen Maiestet Gottes an Ehr / vnd Herrligkeit mangele / die er bey vns
suchen müsse / sondern das wir des Lichts seiner Offenbarung bedürffen / dadurch
sein Name / welcher heilig / vnd hehr ist von ewigkeit zu ewigkeit / öffentlich
erkant / gefürcht / vnd gepreiset werde.
Dahin auch die heiligen Engel bey der Geburt Christi zu Bethlehem vns weisen.
Denn was heisset / Ehre sey Gott in der höhe / anders / denn Gott in seinem
lieben Son erkennen / vnd jm allein das Lob der Weisheit / Gerechtigkeit /
almacht / vnd Barmhertzigkeit zuschreiben? Also bittet auch der Son die
verklerung vom Vater in der zeit seiner tieffen nidrigkeit / Johan̅. 17. auff das die Herrligkeit seiner ewigen Gottheit / die er vor der Welt
grund gehabt / da noch kein Creatur erschaffen / viel weniger die menschliche
Natur von jm angenomen war / erkant werde. Vnd diesen Namen / das er der
eingeborne Son Gottes sey / hat er krefftiglich durch seinen sieg erwiesen / vnd
also auch vnter seinen Feinden öffentlich bekomen / vnd erhalten / von welchen
er zunor / als ein fluch veracht / vnd erwürgt worden. Act. 3. Rom. 1. Phil. 2.
|| [387]
Vber diß alles / so Gott nichts in der zeit gegeben kan werden / wo wird denn der
Spruch des Apostels bleiben. 1. Cor. 15. welcher klar bezeugt / das der Son an
jenem tage werde Gott / vnd dem Vater das Reich vbergeben? Welchen Augustinus
mit der Regel erklert / das als denn(Lib. quaest. 83. q. 69.) ein ding
gegeben heisse / wens erkant / vnd offenbar werde. Denn ob wol auch jtzt Christi
Reich warhafftig ist Gottes / vnd des Vaters Reich / so ists doch bey alle̅ in der Welt dermassen nicht offenbar / Sondern man helts für ein
menschlich fürneme̅ / oder angenomene̅ wohn. Dort
aber an jenem tag / wenn alle Reich dieser Welt werden auffhören / vnd
abgeschafft sein / wirds beide für Feinden / vnd Freunden erwiesen / vnd
offenbar werden / das die Kirchen nicht von Menschen / sondern allein von Gott /
dem sie auch endlich heimgefürt sol werden / gesamlet / vnd erhalten worden sey:
Darob sich die verdampten ewiglich werden entsetzen / vnd fürchten müssen / die
Ausserwelten aber sollen jhr ewige Freud daraus zu schöpffen haben.
Auff welche weise auch Cyrillus lib. 8. cap. 15. in Ioannem mit deutlichen worten von der erklerung
schreibet / wie folget: Clarificasse autem se nomen suum, & iterum
clarificaturum Pater voce de coelo delapsa hîc denunciat: non quidem per nouae
claritatis adeptionem, & quia ipsum Patris nomen claritudinem
aduentitiam recipiat (est enim claritas paterni nominis, & excellentia
eins, ac gloria immensa, atque infinita, neque incrementum, neque imminutionem
in se admittere valens) sed huiusmodi glorificatio intelligenda est, quantum ad
claritatis, ac eminentiae ipsius nominis sui ostensionem, declarationem, ac
manifestationem. Haec ille. Similis huic locus est apud eundem auto
|| [388]
rem, lib. 9. in Ioan:
cap. 20. Item lib. 6. cap. 11. Item lib. 11. cap. 27.
Endlich / dieweil denn vnser gegenteil nimermehr aus Gottes wort / noch einigem
grund desselbigen / weder in phrasi, noch in sensu, das ist / im verstand nach
jrer meinung so wenig / als im buchstaben erweisen kan / das die Schrifft jemals
also geleret / wie sie schreien / vnd schreiben / das Christi fleisch selber
Gott / almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey: So werden sie alhie billig
mit jhrem eigen Schwert geschlagen / das nemlich solche Reden / als der heiligen
göttlichen Schrifft / beide in worten / vnd meinung vngemes / vnd zuwider /
durchaus falsch / vnd derwegen verwerfflich seyen. Vnd also wird erfüllet die
Klage des Propheten: Sie tünchen mit losem kalck / predigen lose teidung /
weissagen Lügen / vnd sagen: So spricht der HERR Herr / so es doch der HERR
nicht geredet hat. Ezech. 22.
Belangend Lutheri Sprüche / derer alhie etliche von (Fol. Apol. Erf. 98. b. 99.
100.) den Herrn Verfassern zusammen getragen / sind vns
dieselbigen im geringsten nicht / sondern vielmehr vnserm gegenteil selbst
augenscheinlich zu wider / wie der Christliche Leser auch ohne vnser
weitleufftigere erinnerung gar leicht wird verstehen können / so er diese von
dem gegenteil erzelte sprüche / mit den jenigen / so in vnser Apologien / vom
204. blat anzufahen / biß vffs 214. aus Lutheri Heuptschrifften trewlich
angezogen / vnd zur deutlichen erklerung vnsers Glaubens jederman für augen
gestellet sind / mit gebürlichem fleis in der furcht Gottes conferiren / vnd
ponderiren / das ist / ohne vorurteil / oder eingebilden falschen wohn /
vergleichen / vnd erwegen wird.
Ein schreckliche verblendung aber / oder vielmehr an
|| [389]
gemaster muthwil ists / das vnser gegenteil sich nicht schemet / D.
Luthero seine wort gantz widersinnisch zu erkleren / vnd gar in ein ander
meinung zuuerkeren. Denn ja der Spruch vbers 14. cap. Johannis deutlich / vnd
klar ist: Das nemlich der Mensch Christus almechtig sey / vnd alles thue / was
wir bitten / aber nicht der menschlichen / sondern der göttlichen Natur halben:
nicht das er von der Mutter geborn / sondern das er Gottes Son ist.
Mit welchen worten Lutherus eben diß (das wir mit allen rechtgleubigen lere̅ / vnd beken̅en) vnd im grunde nichts anders saget
/ vn̅ bekrefftiget: das nemlich nicht die Menschheit in Christo /
welche (wie Lutherus sonst redet) jr selbst am Creutz nicht helffen konte /
sondern allein die Gottheit / so der Menscheit persönlich vereinigt ist /
almechtig sey.
Noch tretten diese Reformatores auff / vnd halten dafür / wir verstehen auch die
Muttersprach nicht. Denn sie wöllen Lutheri wort glossiren / gleich als sey das
die meinung(Fol. Apol. Erf. 98. b.) dieses deutlichen Spruchs: Christi fleisch ist wol
almechtig / aber nicht von sich / sondern aus mitgeteilter göttlichen Maiestet
vom Wort / mit dem vnser Natur persönlich vereinigt ist.
Wer wil so alber sein / das er sich bereden lass / Lutherus hab diß in solchem
Spruch wolle̅ sagen / da doch kein wort dahin lautet / sondern
stracks das widerspiel ausgesprochen wird / das nemlich Christus alles / was wir
bitten / zuthun vermöge / nicht aber nach der Natur / die mit vns / sondern die
mit dem ewigen Vater verwant ist?
Also helt sichs auch mit dem andern Spruch aus der Kirchpostill angezogen / da
Lutherus schreibet: Christus sey voller gnade / vnd Weisheit gewesen /
|| [390]
das er alles / was jhm fürkomen ist / hab vrteilen
können / darumb das die Gottheit / die allein alle ding siehet / vnd weis / in
jhm persönlich / vnd gegenwertig wohnet. Aus welchen worten vnser gegenteil
nimermehr beweisen wird / das auch die menschliche Natur Christi almechtig /
alwissend / vnd allenthalben sey: Sondern diß sind / vnd bleiben allein der
ewigen Gottheit eigenschafften / welche keiner Creatur (auch der Menscheit
Christi selbst nicht) gebüren.
Summa / aus allen angezogenen Sprüchen Lutheri / so von den Herrn Verfassern der
Erfurdischen Apologien bey diesem argument / fol. 99. vnd 100. in zweien bogen
blettern erzelet / ist das geringste nicht zu befinden / das vnser Lehr zu wider
sey / sondern wird viel mehr des gegenteils Vbiquistischem gedicht in allen
denselbigen widersprochen.
Vnd wolle der Christliche Leser sönderlich behertzigen / was D. Luther in der
auslegung des 110. Psalms schreibt. Denn weil vnser gegenteil fürgibt / es werde
in Christo nicht die Gottheit / sondern die Menscheit verklert / (wie sie denn
vff solche meinung / stracks widersinnisch den schönen Spruch Johann. 17.
anziehen / vnd deuten) So ist sich nicht vnbillig hoch zuuerwundern / mit was
Gewissen (Fol. Apol. Erf. 100.
a.) sie denn alhie die wort Lutheri / vber den Spruch / Setze dich zu
meiner Rechten / allegiren dürffen / welche doch jhrem gedicht / beide nach dem
buchstaben / vnd meinung zuwider sind / wie folget.
Hiemit (spricht Lutherus) gibt er jhm die Gottheit nicht / sondern verkleret
dieselbige / wie er warhafftiger ewiger Gott mit dem Vater ist / vnd nu auch mit
der menschlichen Natur zu derselbigen herrligkeit erhaben / das man
|| [391]
mus gleuben / vnd bekennen: Christus der Mensch
sitzet zur Rechten Gottes / vnd hat gewalt vber die Engel / vnd ist nichts im
Himel / vnd Erden / das nicht vnter jm sey / vnd heisst also warhafftiger Mensch
/ vnd warhafftiger Gott / zur Rechten des Vaters sitzend / HErr vber alle
Creaturn / der da in göttlicher Maiestet / vnd doch auch in menschlicher Natur
gewaltiglich vns regieret / als vnser HERr / vnd König in ewigkeit / das wir von
/ vnd durch jn alles haben / etc.
Bißher Lutheri eigene wort / welche vnser / vnd aller rechtgleubigen einhellige /
wolgegründete / vnwidersprechliche meinung / Lehr / vnd Glauben gewaltig
befestigen / dabey wirs auch beruhen lassen / vnd also vnser Widersacher (als
die des woluerdienten H. Lutheri Namen nur zum deckel jrer abschewlichen Lehr
misbrauchen) abermal mit jrem eigen Schwerde schlahen.
Betreffende die phrasin Cyrilli: secundum aliud, &(Fol. Apol. Erf. 100. b.)
aliud; ist dieselbige von den Aposteln entlehnet / vnd verstehen die Kinder in
Schulen / so nur jhren Donat gelernet / das alhie die praepositio secundum, ein
particula distinctiua, oder nota subiecti, vnd nicht causalis sey. Denn dieweil
von Christo widerwertige ding geredet werden / als das Leben selbst wesentlich
sein / vnd doch sterben: Item / anbeten / vn̅ angebetet werden:
oder (wie die Kirchen vff Weyhnachte̅ singt) Den der Erdkreis nie
beschloss / der ligt in Marien Schos: Item / Es ward ein kleine Milch sein
Speiss / der nie kein Vögelein hungern liess / vnd dergleichen: So wird mit
dieser art zu reden / die da heisst: secundum aliud, & aliud, eigentlich
der vnterscheid beider Naturn in Christo erkleret / das man nemlich dieselbige
Sprüch zum teil
|| [392]
nach der Gottheit / zum teil nach der
Menscheit verstehen / mit nichten aber beiderley praedicata zugleich vff die
Menscheit ziehen müsse / wie vnser gegenteil hieraus nur ein besöndere
betrachtung des vrsprungs / woher die menschliche Natur almechtig / alwissend /
vnd allenthalben / weil sie es von sich selbst nicht sein kan / worden sey /
erzwingen wil: welchs doch weder die form der Reden (denn secundum aliud heisst
alhie nicht ex alio) noch die Sach selbst leidet. Sintemal nicht allein die
Schrifft also nicht geredet / wie es vnser gegenteil deutet / sondern es
streitet auch wider die Historien.
Denn sonst were der Leib Christi zugleich am Creutz gestorben / vnd nicht
gestorben / im grab gelegen / vnd nicht gelegen / von toden aufferweckt / vnd
nicht aufferweckt / gen Himel gefaren / vnd nicht gefaren / daselbst zur Rechten
Gottes erhaben / vnd nicht erhaben / wie er auch / dieser falschen meinung nach
/ zum gericht wider komen / vnd nicht widerkomen würde. Welchs alles dem gantzen
Christlichen Glauben zu wider ist. Aber weil hieuon in vnser Apologia / pag.
361. 362. 363. ausfürlich gehandelt / ists alhie one
noth / mehr wort dauon zu machen.
(Fol. Apol. Erf. 100. b. 101. a.)
Das sich aber vnser gegenteil vff jhre vnterschiedene genera communicationis
idiomatum berüfft / darauff haben wir albereit geantwortet / das solchs jr eigen
gedicht sey / vnd keinen grunde weder in der Schrifft / noch alten
rechtgleubigen Kirchenlerern habe / in massen sie auch selbst zu Dessaw in jhrer
vbergebenen wüsten Refutationschrifft pag. 55. (wie nu
offt gedacht) klar bekant / das sie die locutiones abstractiuas von des
fleisches Christi almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit / weder
aus Gottes wort /
|| [393]
noch einiger bewerten / vnd
approbirten Schrifft in norma erzelet / beweisen können. Derwegen sie mit diesen
/ vnd dergleichen nichtigen / vnd in sich selbst widerwertigen exceptionibus,
vnd protestationibus nichts anders / denn jhr vberzeugtes Gewissen / vnd
bawfellige Sach / dauon sie doch / der Warheit / ja Gott selbst / vnd seiner
Kirchen zu ehren / nicht abtretten wollen / je mehr vnd mehr an tag geben /
welchs wir dem almechtigen / gerechten / vnd warhafftigen Hertzkündigern / vnd
Richtern Jesu Christo / welchen niemand in ewigkeit betriegen wird / allein
befohlen sein lassen.
Ob nu D. Luther (wie sie alhie jhres bedünckens / ein grosse wichtige Frag
erheben) zu letzt abgelassen hab / die Vbiquitet(Fol.
Apol. Erf. 101. b. 102.
a.) zuuerfechten / ja auch andere dauor gewarnet / darff nicht viel
beweisens. Denn seine Regel stehet öffentlich für augen / das man von der
Vbiquitet nicht disputiren sol. Vnd mitten im streit / da er mehr ex hypothesi,
denn assertiuè darauff kömpt / bricht er selbst wider ab / vnd nent es zufellige
ding / die zur Heuptsachen nicht gehören. Tom. Ien. Germ. 3. fol. 496.
So ist ja vnleugbar / ob gleich die Kirchpostill Anno 1521. ausgangen / das er
nichts desto weniger / auch in seinen streitbüchern / dieselbige / als seiner
besten bücher eins / dafür wirs auch billig halten / commendiret. Denn Tom. Ien.
3. Germ. fol. 381. heisst
ers SEIN aller bestes buch / vnd fol. 382. SEIN liebstes
buch. Dieweil denn aus der Kirchpostill die gedichte Vbiquitet / vnd was
derselbigen anhenget / mit vielen herrlichen sprüchen / vnd zeugnissen / wie
dieselbige in vnser Apologien / vber obgemelte örter / auch bey diesem argument
/ vnd sönderlich pag. 368. zum trewlichsten angezoge̅ sind /
widerlegt wird: So wird ja
|| [394]
billig dasselbige edle
Buch den zufelligen vnerklerten puncten in den streitschrifften vorgezogen / vnd
bleiben nichts desto weniger die wort der stifftung des heiligen Nachtmals noch
fest stehen. Sonderlich dieweil Lutherus / als ein auffrichtiger Lehrer selbst
bekennet / das er den Sachen ex feruore contentionis etwa zuuiel gethan. Welchs
jm denn zu bekennen keine schand / sondern viel mehr ein Ehr ist / in welchem
vnser gegenteil billig seinem exempel folgen solte.
Denn also lauten sein eigene wort / die bey vns mehr gelten / weder aller vnser
Widersacher Lesterungen: Quae sic ardens cogito, prae nimia sapientia stulta
sunt, etiam me ipso iudice, post refrigeratum calorem inuentionis. Qualia sunt
multa, quae in principio causae meae feruens scripsi.
Das ist / Was ich so hitzig gedenck / das ist vor vbriger Weisheit nichts denn
thorheit / wie ich denn solches selbs bekennen mus / nach dem meine hitzige
gedancken gekület werden. Vnd ist dessen viel / so ich anfangs in meiner Sach
hitzig geschrieben. Bißher Lutherus / in der Vorrede vber etliche lateinische
Predigt / Anno 37. in druck ausgangen. Tom. Ien. 3. lat.
fol. 523.
Solten sich derwegen die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien billig
schemen / wenn sie nicht alle (Fol. Apol. Erf. 101. b.) schame abgelegt / das sie so scurriren
/ vnd mit groben / ehrlosen (wie sie reden) criminibus falsi vmb sich werffen.
Aber wir schicken jnen jr vnhöffliche schertz / ja wol vnchristliche spottworte
von so hohen Sachen wider zu hauss / da sie / nach der Juristen sprichwort /
sagen: Esset vnum magnum verbum, si verum esset.
|| [395]
Denn was darff es viel wort / weil die Sach an jhr selbst am tage ist? dazu der
Juristen Codex de summa Trinitate, vnsern Glauben / vnd Lehr / wider der
Vbiquisten / vnd Jacobiten trewme / durchaus bekrefftigt. Gott gebs vnsern
Widersachern in der zeit der gnaden zu erkennen.
Wir können vns aber alhie nicht gnugsam verwundern / das sie auch jrer
fürnembsten Patronen nicht verschonen / sondern so schimpfflich von jnen
schreiben. In massen sie sonsten von einem referiren / der / ob ers wol besser
verstehet / jedoch sich mit diesem Sprichwort entschüldigen sol: Quid debet vnus
multum dicere? Ob aber dem Gewissen hiemit gnug geschehe / mag der Christliche
Leser aus dem 58. Psalm vrtheilen / da Gott durch den Königlichen Propheten
Dauid solchen hohen Leuten also zuschreihen lesset: Seid jr denn stum̅ / das jr nicht reden wolt / was recht ist / vnd richten / was
gleich ist / jr Menschen kinder? etc.
Was könte auch von diesen hönischer geredet / oder gedacht werden / denn das D.
Selnecker in seinem carmine für der oration D. Jacobi Andreae / welchen er
daselbst per ludibrium, fortem supplantatorem nennet / Anno 76. nicht allein
alle drey facultet / seditionis, conspirationis, vnd fraudis beschüldigt /
Sondern auch öffentlich jhnen fürwirfft / Sie thuen alles PROPTER OFFAM?
Turba prius (spricht er) sublimia spirans, Iam NOBIS subscribit; & hinc
atque inde vacillans Respicit huc illuc: seruet, facit OMNIA, vt OFFAM.
Aber Gott wird solch gespött zu seiner zeit richten. Denn dieweil D. Selnecker
gemerckt / das es offarij subscriptores weren / mit was Gewissen hat er denn sub
tàm
|| [396]
graui iuramento, damit die Concordiformul
beschlossen wird / die subscription von jhnen annemen können? Hette er nicht
viel mehr / mit seinen Herrn Assessoribus, den spruch Augustini bedencken
sollen? Ille, qui hominem prouocat ad iurationem, & scit, eum falsum
iuraturum esse, vincit homicidam. Quia homicida corpus occisurus est: Ille
animam. Immò duas animas: & eius animam, quem iurare prouocauit;
& SVAM. Oder / so er jhnen allerley conditiones, wie dauon gesagt wird /
zugelassen: Warumb hat er denn / mit seinen adiuncten / jhnen hernach derselben
keinerley gestendig sein / vnd bleiben wollen? Sol man in so hochwichtigen
Sachen dermassen procediren / vnd spielen?
(Fol. Apol. Erf. 102. a.)
Von den Agnoëten / derer sie alhie auch erwehnen / ist in vnser Apologien
ausfürlicher bericht geschehen / wie der guthertzige Leser daselbst vom 369.
blat anzufahen / biß vffs 374. befinden wird.
Das aber vnser gegenteil daran sich nicht wil settigen lassen / sondern stracks
die ewige / wesentliche / göttliche alwissenheit / auch der menschlichen Natur
Christi zuschreibt / gereicht eigentlich dahin / das sie Lutherum selbst
(welchen sie bald zu jhrem vorteil biß in Himel erheben / bald in die tieffeste
Helle / wo nicht mit worten / jedoch in der that / verdeckter weise / als bey
diesem Orte zu sehen ist / versencken) mit vnter die Agnoeten ziehen müssen / in
massen jhnen die Jesuiten zu Meintz / in offtgedachter disputation / cap. 6.
thes. 73. sölchs albereit vorgeworffen / darauff jhnen nicht mit stillschweigen
zu antworten gebühren wird.
Denn soll der Spruch Marci 13. vnglossiret verstanden werden / wie Lutherus in
der Kirchpostill lehret / so
|| [397]
mus entweder der
Vbiquisten alwissendes fleisch ein gedicht sein / oder Lutherus selbst für einen
Agnoeten gehalten werden. Denn weil Lutherus der menschlichen Natur halben gar
keine gloss leiden wil / so werden sie mit jhrer deuteley mit nichten bestehen /
das die Menscheit Christi(Fol. Apol. Erf. 51. b.) zur zeit der nidrigkeit wol alles
gewist / aber nicht hab offenbaren wollen. Denn solchs mit nichten von der
Menschheit / sondern vielmehr von der Gottheit in Christo zuuerstehen wer / nach
der erklerung Hilarij, welcher lib. 9. de Trinit. vber
den Spruch des Apostels; In ipso omnes thesauri sapientiae, & scientiae
absconditi sunt, also spricht: Insunt igitur, sed si professione extarent, non
essent absconditi. Ita ergo ignorat diem iudicij. Vnd lib. 10. Professio nescitae diei, non est ignorationis infirmitas, sed tacendi
dispensatio.
Diß alles gehet auff die Gottheit / vnd mit nichten auff die Menscheit Christi.
Darümb lassen wirs bey dem vrteil / vnd decision / oder erklerung Nazianzeni
bleiben / welcher in widerlegung der Arianer in seinem andern Sermon vom Son
Gottes / also spricht: Eccui igitur dubium esse potest, quin horam quidem, vt
Deus, cognitam habeat: ignoret autem, vt homo? Nam apparens natura discernenda
est ab inuisibili. Quapropter ignorantiam humanitati, non diuinitati
adscribendam esse, piè, & religiosè sentimus.
Das ist: Wer wil denn zweiffeln / das jme die stund / so fern er Gott ist /
bekant / so fern er aber Mensch ist / vnbekant sey? den̅ man mus
die sichtbare Natur von der vnsichtbaren vnterscheiden. Derwegen wir gottselig /
vnd wol die vnwissenschafft der Menscheit / vnd nicht der Gottheit zuschreiben.
|| [398]
Das aber vnser gegenteil so hoch darauff dringet / das (Fol. Apol. Erf. 51. b.) gleichwol Nicephorus
(wiewols etliche nicht one vrsach für ein erratu̅ librarij achten)
lib. 18. cap. 50. schreibe / die
Agnoeten haben gelert / das das Wort / oder Son Gottes wol alles wisse / aber
die menschliche Natur / so mit dem Wort persönlich vereinigt ist / wisse viel
dings nicht / als die stunde des Jüngsten tags / etc. hette der mühe nicht
bedürfft / weils der Vbiquisten Sach viel mehr hindert / als befürdert. Sintemal
aus Theodoreto / vnd andern Scribenten am tage ist (wie wir denn in vnser
Apologia pag. 372. aus Damasceno / vnd pag. 374. aus Nicephoro selbst / in
erzehlung der Historien von den alten Ketzern / Jacobiten genandt / so jtzt
wider jung werden / klar erwiesen haben) das nemlich die Eutychianer darumb sind
Monophysiten genent worden / das sie aus der persönlichen vereinigung des ewigen
Worts mit dem fleisch eine vermischung in eine Natur machten: Erstlich zwar der
Gottheit ins fleisch / im stande der nidrigkeit (daher sie denn Spruch des
Euangelisten: Verbum caro factum est, also auslegten; Verbum factum est carneum.
Derwegen sie auch das leiden der Gottheit zuschrieben / wie zu vnsern zeiten die
Patres Bergenses gleichfals gethan) vnd hernach widerumb des fleiches in die
Gottheit. Denn im stand der erhöhung machten sie aus der verklerung des Menschen
Christi ein lauter vergötterung der Menscheit.
Ob sie nu wol scheins halben (wie diese Sect jmer die wort hat verendert / in
welchem sie abermal vnserm Widerpart sehr gleich sein) dem ewigen Wort vor der
vereinigung die alwissenheit zuschrieben: so verleugneten sie doch die
alwissenheit Verbi incarnati, welchs sie nenten Verbum carneum.
|| [399]
Hiemit stimmet vberein / das Isidorus lib. 8.
Etymologi klar bezeugt / der Agnoeten jrthumb sey
gewesen / das die Gottheit Christi nach der persönlichen vereinigung mit der
Menscheit / etlich ding / als die stund des gerichts / nicht gewüst sol haben.
Das aber etliche vnter jhnen (die Eunomio Eupsychiani / oder Eunomio Eutychiani
genant / von dem Eupsychio / welcher lib. 7. Sozomeni,
cap. 17. Eutychius heisst / vnd der Sect Eunomij
zugethan gewesen) ex reali idiomatum communicatione, das ist / nicht vmb der
ewigen Gottheit / sondern vmb der mitgetheilten / vnd empfangene̅
Maiestet willen (wie Nicephorus lib. 12. cap. 30. klar zuuerstehen gibt) auch die omniscientiam, oder
alwissenheit / dem Verbo carneo (als einem gemachten / vnd mit himlischen
vbernatürlichen Gaben gezierten Son Gottes) zugeschrieben / das geben auch die
newen Antitrinitarier nach / vnd vergleichen sich mit vnsers gegenteils meinung
durchaus / ob es wol die Vbiquisten mit worten so grob nicht von sich geben.
Vnd also ist den Herrn Verfassern der Erfurdischen Apologien dieser behelff /
oder ausflucht nicht allein genomen / sondern beweist auch / das sie der
Eutychianer / oder Monophysiten lesterung / von welchen die Agnoeten / sampt den
Jacobiten herkomen / vnd mit den Nestorianern / vnd Arianern wider die ewige
Gottheit des Sons auslauffen / noch nicht recht nachgedacht. Denn sie vieleicht
sonsten in solchen schwarm / darinn sie mit den alten / vnd newen Jacobiten biß
vber die Ohren stecken / so weit sich nicht würden vertieffet haben. Gott gebs
jhnen noch (weil sie auff dem Weg sind) zu erkennen: Auff das endlich
|| [400]
dieser hochschedliche newe schwarm mit der alten
Agnoeten Sect aus der Kirchen Gottes gantz vnd gar ausgerottet / vnd vergessen
werde. Wie Nicephorus der Agnoeten Historiam fein beschleusst: Non longè pòst id
malum rursum euanuisse, & haeresin eam ignorantiae profundo immersam
esse.
Das man nu ferner excipiren / oder fürwerffen möchte; ob denn nicht die Menscheit
alles / was sie zuwissen beger / wissen könne? Darauff antworten wir mit gutem
bedacht: Ob wir gleich diese Rede nicht fechten / noch verneinen / sondern in
jrem rechten verstand gern zulassen / das nemlich die menschliche Natur in
Christo mit solcher volkomenheit / auch für sich selbst / begabet / oder
begnadet sey / das sie jederzeit / one einige hinderung / jres gefallens / wo /
wie / vnd wenn sie wil / sein könne / darzu auch alles / was sie beger / zu thun
/ vnd zu wissen vermöge: So ist doch hieraus keins wegs zu schliessen / das sie
drumb so wol / als die Gottheit selbst / almechtig / alwissend / vnd
allenthalben sey.
Sondern wie diß vnwidersprechlich war ist / vnd bleibt / das ob sie wol in
warheit sein kan / wenn / wie / vnd wo sie es begert / jedoch sie nirgend
anderswo / noch vff andere weis ist / den̅ wo fern / vnd wie sie
sich mit klarer zusage der Schrifft zu sein versprochen: Also kan auch mit
keinem grund der Warheit geleugnet werden / das ob sie wol alles / was sie wil /
zu wissen / oder zuthun vermag / jedoch jhrer volkomenheit nach / also mit
Weisheit / vnd tugenden begnadet ist / das sie das jenig / so jhr nicht gebührt
/ sondern Gott seiner Weisheit / vnd almacht allein hat fürbehalten / weder zu
wissen / noch zu thun begert.
|| [401]
Denn sonst wer sie an Weisheit / vnd tugend nicht volkomen: in massen Adam / vnd
Eua / da sie Götter sein wolten / vnd sich wider Gottes Ordnung zu vergreiffen
gelüsten liessen / auffhöreten weis / vnd from zu sein / sondern fielen in
thorheit / vnd Sünde: welches alles von Christo weder gedacht / noch gesagt
werden kan / oder sol.
Derwegen auch der Apostel 1. Cor. 15. die vniuersalem, das Gott alles Christo dem
Menschen vnter seine Füsse gethan / mit einer exception gleich restringirt / wie
folget: Wenn aber die Schrifft / oder der Psalm saget / das es alles vnterthan
sey / ists offenbar / das ausgenomen ist / der jm alles vnterthan hat.
Vber diß kan auch mit nichten widersprochen / noch geleugnet werden: Nemlich / ob
gleich der menschlichen Natur in Christo sterck / Weisheit / vnd freyheit zu
thun / zu wissen / vnd zu sein / was / wenn / wie / vnd wo sie wil / so volkomen
ist / das sie dißfals alle Creaturn / nicht allein die ausserwelten Menschen /
als seine mitconsorten / vnd blutuerwanten / sondern auch die Engel / Ertzengel
/ vnd Thronen selbst / vnaussprechlicher weis vbertrifft (wie wir hiebey auch
gern zugeben / vnd gleuben / das die Menscheit Christi jtzt in der herrligkeit /
die zeit / stund / vnd minuten des letzten gerichts / vnd dergleichen alles
wisse / welchs jhr im stand der nidrigkeit vmb vnsert willen verborgen war) So
erreicht sie doch keins wegs darumb die volkomenheit des Schöpffers selbst.
Vnd folget gleichwol nicht / das die volkomenheit der menschlichen Natur in
Christo (eigentlich zu reden) sey quiddam medium, zwischen der göttlichen
almacht / oder alwissenheit / vnd der Engeln / oder ausserwelten Menschen
|| [402]
stercke / vnd Weisheit / wie vnser gegenteil fol.
Apol. Erf. 73. am ende des dritten capitels / fürgibt.
Denn also müste zwischen dem Schöpffer / vnd geschöpff ein drittes sein / welchs
vnmüglich. Sondern wie die angenomene Natur in Christo an jrem Wesen / also auch
an allen jren Gaben / praerogatiuen / vnd hoheiten ist / vnd bleibt sie (so wol
als andere Creaturen) ein geschöpff / vnter Gott / vnd ist jhre volkomenheit /
Maiestet / vnd herrligkeit / toto genere, nicht zwar von andern geschöpffen /
sondern von dem Schöpffer (denn der Schöpffer / vnd das geschöpffe können
einander in ewigkeit nicht exaequirt, oder gleich gemacht werden) vnterscheiden
/ ob sie wol donorum numero, & gradibus, das ist / an zahl / glantz /
vnd Licht jhrer Gaben / alle andere Creaturen (so wol die Engel / als Menschen)
weit vber vnsern verstand / vnd Vernunfft / von vns gantz vnbegreifflicher / vnd
vnaussprechlicher weise / vbertrifft.
Zu dem allen / wird auch billig alhie die beschreibung der almechtigkeit / vnd
alwissenheit Gottes erwogen / welche (so wol als andere attributa DEI) seine
wesentliche vnteilbare eigenschafften / ja Gott selbst sind / vnd begreiffen
alles in sich / was da geschehen ist / oder jtzt geschicht / vnd noch geschehen
sol. Denn diß alles betracht die göttliche alwissenheit in der that zugleich
alle augenblick / viel gewisser / als wir das gegenwertige / so vns fürgebracht
wird / mit gesunden augen anschawen / oder mit reinen gedancken betrachten
können. Vnd nach seiner wesentlichen almacht hat Gott nicht allein alles / zu
der zeit / da es jhm gefallen / gemacht / wie er gewolt / sondern erhelt auch
die Ordnung seines geschöpffs / wie lang es jm wolgefelt / vnd hette mehr
geschöpff herfür bringen können / oder auch diese gar vnterlassen mögen / nach
seinem wolgefallen.
|| [403]
Dagegen die menschliche Natur in Christo sich selbst weder erschaffen / noch von
den todten aufferwecket hat / viel weniger tregt / vnd erhelt sie sich selbst /
darumb ist sie nicht almechtig. Vnd ob sie gleich / als die gantz ohne Sünd /
mangel / vnd fehl ist / mit keinem jrthumb behafft / noch einigem zweiffel
vnterworffen / vnd demnach alles / was zu wissen von jhr erfordert werden kan /
es sey gleich vergangen / gegenwertig / oder zukünfftig / one allen zweiffel
vnterschiedlich bedenckt / verstehet / vnd weis / wie sie denn jrenthalben von
niemand bedarff vnterrichtet zu werden / sondern der Geist des ewigen Worts /
der in jhr ist / vnterrichtet sie alles (in massen auch im stande der nidrigkeit
auff alle fragen / so fürgebracht werden / mit grosser verwunderung jedermans /
beides der Feinde / vnd Freunde / von diesem Menschen richtige erklerung
gefallen) So ists doch viel ein anders / alles (so wol das noch geschehen sol /
als das vor lengst geschehen ist / oder jtzt geschicht) vngezweiffelt wissen /
dauon man fraget (dahin denn Damascenus / vnd die Scholastici fürnemlich
gesehen) vnd widerumb / viel ein anders (sagen wir) ist es / alle vergangene /
gegenwertige / vnd zukünfftige ding / als weder zukünfftig / noch vergangen /
sondern als jtzt gegenwertig / zugleich in der that anschawen / vnd zugleich
alle zeit (actu ipso) für augen haben.
Wie denn auch hiebeuor erkleret worden / das die volkomene Tugend / vnd Weisheit
in Christi angenomener Natur / mit nichten das jenige zu forschen sich
vnterstehet / was die heilige Dreyfaltigkeit jhrer Macht / vnd Weisheit allein
fürbehalten. Das also die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien / vnd die
jhnen dißfals beyfal geben / in dem sie andere fur Agnoeten schelten / sich
|| [404]
wol fürzusehen haben / das sie nicht am tieffesten in
der Agnoeten jrthumb bestecken.
In massen wir auch die jenigen zum freundlichste̅ wollen nochmals
alhie gewarnet haben / welchen der almechtige die augen so fern geöffnet / das
sie so wol / als wir (Gott lob) diese Reden (das fleisch Christi ist
allenthalben / oder wie die Concordiformul fol. 313. vnbesonnen fürgibt / Es sey
alles durch vnd durch vol Christus / auch nach der Menschheit / etc.) als falsch
/ vnd der Schrifft zu wider erkennen: vnd doch aus vnzeitigem / vnbedachtem
eyfer / noch die andern beide propositiones, zum teil mit den Monotheliten / zum
teil mit den Agnoeten / vnd Monophysiten / oder Eutychianern (denn diese alle
einerley schwarm mit vnsern Vbiquisten gefüret) ohne grunde vertheidingen: das
nemlich Christi Menscheit almechtig / vnd alwissend sey / etc. So sie doch von
diesen so wenig Schrifft / als von jenen können fürbringen / vnd freilich die
almacht / vnd alwissenheit sich vber die allenthalbenheit erstreckt / dazu alles
vff der Arianer / vnd Antitrinitarier lesterung ausleufft / wie auch hiebeuor
gnugsam dargethan / vnd erwiesen ist.
Der Christliche Leser wolle zum beschluss dieses arguments den Spruch
Bonauenturae jhm lassen befohlen sein / der also lautet: Quemadmodum impossibile
est, vt anima Christi, quamuis vnita sit Verbo, sit, vbicunque est Verbum;
alioqui esset immensa, & existentia ipsius aequaretur existentiae Verbi:
Ita quoque impossibile est, vt intellectus animae Christi, simul omnia cognoscat
ACTV, quae Verbum, quamuis ei personaliter vniatur. Haec ille, lib. 1. sentent. Distinct. 37. art.
2. q. 1.
|| [405]
Das drey vnd dreissigste Anhaltische Argument.
DAs drey vnd dreissigste argument / wolten(XXXIII. Fol.
Apol. Erf. 102. a.) sie gern vertuschen / wens
jnen nicht so deutlich für augen gesetzt wer. Jedoch haben wirs jnen / nicht als
das vnser / sondern nur in gemein opponirt / damit wir von jhnen / was dem
jenigen / so es vieleicht brauchen möchte / zu antworten wer / erfahren / vnd
lernen möchten. Das argument lautet also.
Sol etwas mit warheit von einem ding gesagt werden / so mus es auch dasselbig an
sich haben / das von jm gesagt wird: es geschehe gleich wesentlicher / oder
zufelliger weis. Denn die Regel ist fest / vnd vnwidersprechlich; Dici de
aliquo, requirit inesse. Was bey einem ding gantz vnd gar nicht zu finden / das
kan jhm auch nicht zugeschrieben werden.
Nu bekent vnser gegenteil freywillig / das fleisch Christi hab die Maiestet der
göttlichen almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit / weder
substantialiter, noch accidentaliter, in / oder an sich.
Derwegen kan auch solche Maiestet von dem fleisch Christi mit warheit nicht
gesagt werden / vnd sind demnach diese art zu reden dem vorbild der Schrifft
vngemess / vnd der Sach selbst zu wider / das nemlich die menschliche Natur in
Christo nicht weniger / als die Gottheit / sey almechtig / alwissend /
allenthalben / ja Gott selber.
Diß argument wird so wol / als die vörigen in ewigkeit fest bleiben. Jedoch
wollen wir des gegenteils antwort hierauff erwegen.
|| [406]
Erstlich komen sie ad petitionem principij, jhrer (Fol.
Apol. Erf. 102. a.) gewonheit nach / vnd geben
für / Es folge keins wegs / Christi angenomene menschliche Natur hat die
almechtige gewalt nicht für / vnd an sich selbst / subiectiuè, formaliter, vel
habitualiter. Ergo, So hat sie dieselbige gantz / vnd gar nicht. Denn sie habs
persönlich. Aber diß ist schon im vorigen argument widerlegt.
Wir verwundern vns aber nicht vnbillig / warumb sie nicht viel mehr / der gebühre
nach / fein richtig vffs argument antworten / sondern das vorgehende in dieses
ziehen / vnd vermischen.
Dieweil sie aber hiebeuor deutlich bekant / die almechtigkeit / alwissenheit /
vnd allenthalbenheit seyen nicht in / oder an der angenomenen Menscheit /
sondern in der Person; vnd aber die Menscheit für sich kein Person ist / noch
hat: So folgt ja noch / wie zuuor / das nicht die Menscheit Christi / sondern
der Mensch Christus / oder dieselbige ewige Person / welche in der fülle der
zeit vnser fleisch / vnd blut an sich genomen hat / vnd Mensch worden ist /
almechtig / alwissend / vnd allenthalben sey. Denn sie nicht allein Mensch /
sondern auch warhafftiger / ewiger Gott ist / vnd bleibt / hochgelobt von
ewigkeit zu ewigkeit.
(Fol. Apol. Erf. 89. 102. b.)
Das sie aber inter substantiam, vnd accidens ein drittes / oder mediu̅ dichten / ist viel zu grob / den̅ das es solchen
grossen Theologen billig zugemessen / geschweigen von jhnen selbst fürgebracht
werden solt / vnd stösset den gantzen artickel von der Schöpffung gar zu boden /
wie bißher zum öfftermal deutlich erklert / vnd bewiesen ist.
Belangend den vnterscheid zwischen der einwonung / vnd thetlicher mitteilung
aller göttlichen eigenschafften mit
|| [407]
dem fleisch
Christi / welches des ewigen Worts eigener Tempel worden ist / sind alle Bücher
der Vbiquisten voll beweisung / das sie es für eins halten: dieweil sie keinen
andern grunde haben jhres gedichts von der almechtigkeit / alwissenheit / vnd
allenthalbenheit der menschlichen Natur Christi / denn das die gantze fülle der
Gottheit in derselbigen leibhafftig wohne.
Aber wir setzen jhrem traum bestendig entgegen / das hieraus auch folgen müste /
das Christi fleisch vnerschaffen / vnendlich / vnd vo̅ ewigkeit
her gewest sey / sintemal diese eigenschafften nicht weniger / als jene zur
volkomenen Gottheit gehören.
Zu dem / das die fülle der Gottheit nicht blos in der angenomenen menschlichen
Natur wohne / sondern in derselbigen zugleich leuchte / mit / vnd durch
dieselbige krefftig sey / vnd jre göttliche Werck / jedoch freywillig /
ausrichte / solchs wird kein verstendiger Christ leugnen. Es folget aber mit
nichten hieraus / das darumb die angenomene Menscheit selbst das Liecht der
göttlichen Maiestet / oder für sich almechtig / alwissend / vnd allenthalben
sey. Sondern viel mehr das Widerspiel folget / das nemlich in Christo ein anders
sey das Liecht der Maiestet / almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit /
vnd ein anders / das angenomene fleisch / durch / in / vnd mit welchem in der
persönlichen vereinigung solche Maiestet leuchtet / wie in den herrlichen
mirackeln (die aus krafft nicht zwar der menschlichen / sondern vielmehr
göttlichen Natur geschehen / obwol bißweilen die menschliche Natur jhre dienst
dazu leistet) offenbaret / vnd erkant wird. Johan. 2.
Wer nu solches leugnet / der vermischt die mensch
|| [408]
werdung des ewigen Worts / mit der göttlichen einwohnung / vnd
gegenwart bey andern Heiligen / in massen alhie (Fol.
Apol. Erf. 102. b.) die Herrn Verfasser der
Erfurdischen Apologien den vnterscheid fast allein aus der Wirckung nemen / so
da nur in quantitate & qualitate bestehet / secundum plus &
minus, das nemlich die Gottheit in Christo volkömlicher / denn in andern
Heiligen leuchte / mit welcher erklerung auch Nestorius gar wol zu frieden hette
sein können. Wollen alhie geschweigen / das im Concordibuch (wie hiebeuor etlich
mal erinnert worden) fol. 296. für aequipollentes, oder gleichstimmende Reden
angezogen werden / Das Wort wohnet in vns / vnd in Christo wohnet die gantze
fülle der Gottheit leibhafftig.
Das sie aber die realem communicationem idiomatum für ein effectum, vnd
consequens der persönlichen vereinigung (Fol. Apol.
Erf. 103. a.) erkleren / ist erstlich der
Concordiformul zu wider / welche fol. 302. deutlich aussagt / das die
persönliche vereinigung darauff beruhe / das die Menscheit so wol als die
Gottheit in Christo sey vberal. Denn sonst müste (jrem fürgeben nach) vnser
Glaub falsch sein. Derwegen auch daselbst gestritten wird / das Christi Leib in
der gestalt / wie er auff Erden gangen / nicht in Gott gewesen.
Zum andern / hat D. Johan̅ Matthaeus / professor zu Wittembergk /
seinen zuhörern das gegenspiel öffentlich dictirt / vnd hernach in druck
spargirt / das die realis communicatio idiomatum sey differentia specifica
Vnionis hypostaticae, vnd wer dawider rede / der sey ein Sacramentirer. Nu
verstehen auch die Kinder in Triuial schulen / das differentia specifica Vnionis
hypostaticae, nicht könne zugleich derselbigen consequens, oder effectus sein.
|| [409]
Zum dritten / hat das fleisch Christi solchen effectum seiner allenthalbenheit
weder vor / noch in / oder nach seiner verklerung jemals erwiesen / sondern ist
/ vnd bleibt auch in der herrligkeit eines Wesens mit vns. Denn sonsten nicht
gesagt könte werden / das vnser fleisch zur rechten Gottes erhaben. So aber ein
anders an desselbigen stadt / das mit vns verwant ist / in solche herrligkeit
auffgenomen / vnd versetzet wer / so hetten wir vns desselbigen am wenigsten
weder zu frewen / noch zu trösten. Wird derwegen vnsers gegenteils gedicht
billig verworffen.
Belangende die abschewliche Rede / das die almechtigkeit des Sons Gottes in
seiner menschlichen Natur nicht essentialiter, oder wesentlich sey (so doch
solches keiner Creatur kan abgesprochen werden / nach dem alten vers: Enter,
praesenter, Deus hîc, & vbique potenter) stehet dieselbige austrücklich
in jhrer vermeinten Refutationschrifft wider vnser bedencken / für vnser
Apologien gedruckt / pag. 83. In massen sie auch dieselbigen alhie nicht(Fol. Apol. Erf. 103. a.)
leugnen / sondern allein mit einer newen gloss ferben / vnd entschuldigen.
Aber wir lassens dem vnparteyischen Leser / vnd allen rechtgleubigen Christen zu
vrteilen befohlen sein / ob nicht ein Arianische verleugnung der ewigen /
wesentlichen Gottheit in Christo daraus folge / wenn man fürgibt / in Christo /
oder in seiner angenomenen Menscheit sey / wohne / vn̅ leuchte die
gantze fülle der Gottheit / aber nicht wesentlich.
Wie kan denn der Son Mariae wesentlicher / ewiger / almechtiger Gott sein / wenn
er die ewige / almechtige Gottheit nicht wesentlich an sich hat? Ja dieweil sie
dazu setzen / die ewige almechtige Gottheit des Sons / sey / oder wohne /
|| [410]
vnd werde in der that mitgetheilt seiner angenomenen
menschlichen Natur / aber weder substantialiter, noch accidentaliter; vnd wöllen
doch hieraus die persönliche vereinigung der Gottheit des ewigen Worts mit der
angenomenen Menscheit beweisen: So verstehet ein jeder Catechumenus, der nur
seinen Catechismum in acht hat / das sie hiemit in warheit / noch weniger / als
die Arianer / Christo dem Son Mariae tribuiren / vnd zuschreiben: Dieweil aus
diesem grewlichen gedicht der Vbiquisten folgen müste / das Christus weder
substantialiter, noch accidentaliter Gott sey / für welcher Lesterunge Gott alle
frome Hertzen ewiglich behüten wolle.
Wir vermanen / ja bitten vnser Antagonisten / als für den augen Gottes / sie
wollen vns diß für keine zunötigung misdeuten / sondern sich wol bedencken / obs
nicht gleiches vrteil vff sich trage / solche abschewliche Lesterunge nach dem
buchstaben aussprengen / vnd vertheidingen / oder den grund dazu legen?
Freylich bedarff solches (das wir mit jhnen diß argument (Fol. Apol. Erf. 103.
a.) schliessen) bey verstendigen nicht viel wort / so wirds auch des
Menschen Son / welchem alles gericht gebühret / on allen zweiffel zu seiner zeit
wol finden / vnd richten / ob sie es gleich jtzt nicht gleuben / oder achten /
noch fülen. Denn zu seiner zeit (spricht der Son Gottes) wil ich recht richten.
Psalm. 75.
Das vier vnd dreissigste Anhaltische Argument.
|| [411]
DAs vier vnd dreissigst argument ist dem(XXXIIII.) Christlichen Leser zur notwendigen erinnerung / vnd warnung
gericht / damit er sich von dem gegenteil nicht einnemen / noch verfüren lasse /
weil sie vnter andern Sophistischen grieffen / auch mit dem wörtlein
Dispensation / welchs die Griechischen Theologen oeconomiam genent / spielen.
Denn wenn sie sonst nirgend kein ausflucht haben / jhr gedicht von der
almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit der menschlichen Natur
Christi zu beschönen: sagen sie / es sey ratione dispensationis, oder oeconomiae
zu verstehen. Vnd hat D. Chemnitius in seinem buch de duabus naturis in Christo
sein sönderlich Fest mit der Dispensation. Denn er viel anders redet de
dispensatione Vnionis, quàm exinanitionis.
Dispensatio Vnionis sol die Menschwerdung des ewigen Worts bedeuten / dadurch das
angenomen fleisch / vom augenblick der empfengnis an / zur Maiestet der Rechten
Gottes erhabe̅ / vnd die göttliche almacht / alwissenheit /
allenthalbenheit / durch thetliche mitteilung / von der göttlichen Natur
empfangen hab / zum gemeinen besitz / gebrauch / vnd vbung.
Das aber dieselbige angenomene menschliche Natur solche von der Gottheit
empfangene Maiestet im stand der nidrigkeit auff Erden (wie die Vbiquisten
fürgeben) hinderhalten / das sol dispensatio exinanitionis heissen. Vnd nach
dieser dispensation sol die menschliche Natur in Christo sich gestelt haben /
als wisse sie die stund des Jüngsten tags nicht / denn sie hab es nicht wollen
offenbaren.
|| [412]
Item / Er dicht jhm selbst einen vnterscheid inter dispensationem (Kemnitzius de duabus in Christo naturis. pag. 356. 513.) ordinariam, vnd extraordinariam;
nach dieser sol der Leib Christi allenthalben sein / nach jener nicht. Vnd wenn
Augustinus sagt / in Epistola 57. ad Dardanum: Du solt
nicht zweiffeln / das der Mensch Christus Jesus jtzund daselbst sey / von dannen
er komen wird. Item: gedencke / vnd behalt mit fleis diß Christliche bekentnis /
das er aufferstanden ist von den todten / auffgefaren gen Himel / sitzet zur
Rechten des Vaters / vnd wird nicht anders woher / denn von dannen komen / zu
richten die lebendigen / vnd die todten / vnd wird also komen nach dem zeugnis
der Engel wort / wie man jhn hat sehen gen Himel faren / das ist / eben in
derselbigen gestalt / vnd Wesen des fleisches / welchem er zwar die
vnsterbligkeit geben / aber seine Natur nicht genomen hat. Nach dieser Natur sol
man nicht gedencken / das er allenthalben sey / denn man mus sich hüten / das
wir nicht also die Gottheit dieses Menschen vertheidingen / das wir jm die
Warheit des Leibs benemen: etc.
Vnd da er anderswo spricht: nemlich Serm. 60. de verbis
Domini: Semper quidem Diuinitate nobiscum est: Sed nisi corporaliter abiret à
nobis Christus, semper eius corpus carnaliter videremus, & nunquam
spiritualiter crederemus. Item, wenn Fulgentius schreibt: Christum localiter
terram deseruisse; Christus hab / dem raum nach / die Welt verlassen.
Diese / vnd dergleichen Sprüch in der heiligen Schrifft / vnd bey den alten
Kirchenlerern / sollen alle secudum dispensationem ordinariam zuuerstehen sein /
nach beschreibung des Leibs Christi / welche der HERR ge
|| [413]
braucht / Lucae 24. da er spricht / Fület / vnd sehet /
denn ein Geist hat nicht fleisch / vnd bein / wie jhr sehet / das ich hab. Vnd
auff diese weis / wie Christus mit seinem Leib auff Erden raum geben / vnd
genomen / sol sein Leib / nach aussag des Concordibuchs fol. 302. nicht in Gott
(geschweigen / Gottes eigener Leib) gewesen sein.
Aber bey der Kirchen / im heiligen Abentmal / vnd sonst vberal / sol die
menschliche Natur Christi gegenwertig sein dispensatione extraordinaria. Daher
auch die Erfurdische Apologia das heilige Nachtmal des HERRN vnter die mirackel
zeugt / vnd gibt für / die Sacramenta seyen actiones Dei extraordinariae. So
doch kaum etwas in Gottes wort deutlicher / richtiger / vnd sorgfeltiger
verordnet / vnd gefasset ist / als die stifftung der hochwirdigen Sacramenten.
Daher auch die Regel in gemein von allen Sacramenten / so wol des alten / als
des newen Testaments / vnwidersprechlich war ist / vnd bleibt: Das kein
Sacrament zu nennen sey / welchs nicht von Gott selbst verordnet / vnd also /
wie es verordnet ist / gebraucht werde.
Das sie aber vom heiligen Nachtmal fürgeben / es(Fol.
Apol. Erf. 172. a.) sey nicht allein
specialis, ein sonderliche (welchs wir auch sagen) sondern auch extraordinaria
institutio; das ist ein öffentliche implicatio contradictionis, vnd oppositio in
adiecto. Denn institutio, einsetzung / vnd ordinatio, Stifftung / oder
verordnung / ist ein ding. Was aber extraordinariè geschicht / das kan (propriè,
vnd eigentlich zu reden) kein institutio, einsetzung / Stifftung / noch
verordnung genent werden.
Dieweil denn vnser gegenteil mit dem wort
|| [414]
Dispensation
/ sonst oeconomia genant / so mancherley betrug / vnd alfentzerey treibet / vnd
hiedurch die angenomene menschliche Natur Christi gar zum gespenst macht / so
hat es die vnuermeidliche notturfft erfordert / das wir jnen solches endecketen
/ wie in diesem argument geschicht / welchs also lautet.
Was die Griechische Kirchenlerer bey dem geheimnis der persönlichen vereinigu̅g der göttlichen vnd menschlichen Naturn in Christo / oeconomiam
(zu latein dispensationem) genent haben / das gehet eigentlich vff die Sendung
des ewigen Sons Gottes in vnser fleisch / welchs ist die menschwerdung des Worts
/ vnd auff die endliche vrsach derselbigen sendung / welche ist die versünung /
vnd widerbringung / oder erlösung des armen menschlichen geschlechts.
Ob nu wol der angenomenen menschlichen Natur kein grössere Ehr widerfahren hette
können / denn das sie nicht allein für sich / ohn alle Sünd / mängel / vnd fehl
/ dazu mit allerley gaben / die nur genent / oder gedacht werden können / weit
vber alle Creaturen begnadet / sondern auch des ewigen Sons eigenes fleisch /
blut / vnd Seele worden ist / in / mit / vnd durch welche des Teuffels / vnd der
Sünden Reich zerstöret / vnd dem armen verdampten menschlilichen geschlecht /
die Gerechtigkeit / so für Gott gilt / vnd ewiges Leben wider gebracht / die
auch jtzt im Himel zur Rechten Gottes vber alles (Gott allein ausgenomen)
herschet / vnd regieret / vnd mit dem Wort durch einerley Gebet / angeruffen /
vnd geehret wird (denn wir nicht das Wort allein / oder blos betrachtet /
sondern das Wort / welchs fleisch ist worden / anbeten / vnd ehren) So ist doch
|| [415]
gewis / das weder die persönliche vereinigung /
noch die verwaltung des Mitlerampts / vmb welches willen solche vereinigung der
beiden Naturn in Christo geschehen ist / etwas dispensire / oder verursache /
dadurch der vnterscheid der beiden Naturn in Christo verwirret / oder die
verwantschafft seiner angenomenen Menscheit mit vnser Natur zweiffelhafftig
gemacht werde.
Solchs aber folgete vnwidersprechlich / wenn die menschliche Natur durch ein
sönderliche dispensation / vmb der persönlichen vereinigung / oder erhöhung
willen zur Rechten Gottes / die Ordnung / art / vnd eigenschafft seiner
leiblichen gliedmassen nicht mehr an sich haben solte / sondern auff vnsichtbare
vnbegreiffliche weis einer mitgeteilten göttlichen Maiestet / alles in allem
worden wer. Im stand aber der nidrigkeit vff Erden sich nur / wie ein ander
Mensch / geberdet / vnd derselbigen jrer empfangenen Maiestet / derer sie sich
nu allererst volkomen gebrauche / geeussert hette. Denn solches alles würde
vnser Heil / Freud / vnd trost / viel mehr zerstören / turbiren / vnd hindern /
denn erbawen.
Derwegen kan solche erdichte dispensation der menschlichen Natur keinen bestand
haben. Sondern die oeconomia gehet auff die erbawung / vnd verwaltung des Reichs
Christi auff Erden / dazu hat sich der Son Gottes von anfang selbst als den
aller weisesten / vnd trewesten dispensatorem, oder oeconomum, vnd Haushalter
bestellen / vnd freywillig vns zu gut senden lassen. In massen er auch aus
solcher gewalt / als das Heupt der Kirchen / seine Diener im Predigampt
oeconomos, als vnterhaushalter Gottes beruffen / vnd verordnet hat.
|| [416]
Ob nu wol der Son Gottes seiner ewigen Natur halben / mit dem Vater / vnd
heiligem Geist / ist / vnd bleibt der warhafftige / einige / lebendige Gott /
gleich in der herrligkeit / gleich in ewiger Maiestet: So wird doch / wege̅ dieser oeconomey / das er vnser Heil verwaltet / als ein
gesanter / vnd verordneter dispensator, oder oeconomus, viel von jm geredet /
das für sich von jm / ausserhalb dieses ampts / sich nicht reimete.
Das heisst nu oeconomi, oder dispensatione Vnionis, oder
oeconomiae mysterio bey den alten von Christo geredet / vnd dahin gehen alle
Sprüch von vnserm gegenteil / fol. Apol. Erf. 103. angezogen / daraus nichts
wenigers zu erzwingen / denn das die Menscheit Christi sol dispensatione quadam
almechtig / alwissend / oder allenthalben sein / welchs den alten Lerern nie in
sinn komen / geschweigen das sie solches geschrieben / oder mit worten solten
von sich geben haben / wie der Christliche Leser auch ohn vnser ferner
erinnerung wol verstehet.
Denn was dienet weniger zur beschönung der erdichten Vbiquitet / als die von
vnserm gegenteil one verstand / vnd so wol dem buchstaben / als der meinung nach
/ jhrer (Fol. Apol. Erf. 103.
a. b.) gloss stracks zu wider / daselbst erzehlten schöne trostreichen
Sprüche aus Nysseno / Basilio / Cyrillo / Chrysosiomo? Sönderlich dieweil sich
Gregorius Nyssenus / welcher Basilij Magni bruder gewesen / selbst austrücklich
erklert / das er mysterij ineffabilem illam oeconomiam nichts anders heisse /
denn die persönliche vereinigung / welche eben darumb in der Person bestehet /
dauon sie auch den Namen hat / das durch solche Ehr / vnd Maiestet / der
angenomenen Menscheit (so wol als der ewigen Gottheit) natürliche / vnd
|| [417]
wesentliche eigenschafft vnuerrückt bleiben. Denn
sonst wer es kein Vnio hypostatica, sondern Vnitas, seu identitas physica;
dadurch das wunderbare geheimnis derselbigen dispensation / das Gott vnd Mensch
eine Person in Christo worden sein / zerstöret / vnd in ein lauter gespenst
verwandelt würde.
Zum andern / bezeugets die Sach / vnd ist am tage / dz die alten Scribente̅ / so offt sie die persönliche vereinigu̅g der
beiden Naturn in Christo wider die Nestorianer / Eutychianer / vnd Monotheliten
vertheidingen / fürnemlich / vnd allezeit diß beweisen / das in derselbigen
wunderbaren vereinigung die eigenschafften beider Naturn / sönderlich der
angenomenen Menscheit / nicht weniger / ja viel reiner erhalten werden / denn
sie ausserhalb der vereinigung sein könten. Wie das decretum Concilij
Chalcedonensis klar mit sich bringet. Solchs aber wird durch die dispensationem
carnis maiestaticae, welche vnser gegenteil dichtet / gar auffgehoben.
Hieher gehört der schöne Spruch Cyrilli. lib. 5. de Trin.
Sic, quae de Christo dicuntur, intelligenda sunt, vt nec, quae Deitati
conueniunt, humanitati ipsius tribuantur: nec quae humanitatis propria sunt, ad
Deitatem ipsius detorqueantur.
Item, Fulgentij; lib. de incarn: & gratia, cap 2.
In Christo Dei Filio personam non diuidunt naturarum propria, nec Vnitas
personae potest vtriusque naturae propria confundere, vel auferre.
Zum dritten / Halten die Patres gleichen vmbwechsel der eigenschafften beider
Naturn / wegen dieses hohen geheimnis der persönlichen vereinigung: aber anders
nicht / denn in concreto, das ist / von der Person zu reden.
|| [418]
Denn so die Person von der göttlichen Natur den Namen tregt / so
werden jhr so wol die menschliche eigenschafft zugeschrieben / als die
göttlichen / wenn sie von der menschlichen Natur genent wird. Vnd sind beide
Reden war propter mysterium, seu oeconomiam Vnionis hypostaticae.
Daher Theodoretus sagt Dial. 2. Cum de naturis loquimur,
suum cuique tribuamus: cum autem de persona verba facimus, communicanda sunt
naturarum propria. Item, Damascenus lib. 3. cap. 4. Cum
de Diuinitate loquimur, non dicimus passibilem, aut creatam: nec humanitatem
dicimus increatam, vel incircumscriptam. At cum de persona verba facimus, siue
ab vtraque parte simul, siue ab altera denominetur, vtriusque naturae propria ei
imponimus.
Zum vierdten / leidet das mysterium dispensationis, seu oeconomiae mit nichten /
das der menschlichen / noch göttlichen Natur widerwertige dinge zugeschrieben
werden / als zugleich erschaffen / vnd nicht erschaffen / vmbschrieben / vnd
nicht vmbschrieben / endlich / vnd vnendlich / sterblich / vnd vnsterblich / dem
Leiden vnterworffen / vnd nicht vnterworffen sein / sondern der Person werden
solche widerwertige ding zugeeignet / darumb das sie zwo vnterschiedene Naturn
an sich hat.
Zum fünfften / ist die Regel Basilij lib. 2. contra
Eunomium deutlich / vnd klar / das ein anders sey von dem ewigen Wort
theologicè, das ist / nach seinem ewigen Wesen / absolutè betracht: ein anders
aber relatiuè, seu oeconomicè, als von einem gesanten reden / welcher mit vnserm
fleisch vereinigt ist. Wie nu Theologiae sermo nicht gehet auff die Menscheit /
also auch oeconomiae sermo erfordert
|| [419]
nothwendig die
Person / welche Gott ist / vnd in vnser fleisch sich hat senden lassen / vnd
also die amptsuerwaltung vnsers Heils vff sich genomen.
Dieselbige Person des geereutzigten (sagt Petrus Act. 2.) hat GOTt zum HERRN /
vnd Christ gemacht / das ist / verklert / vnd offenbahrt / oder wie daselbst
folget / declarirt / das ist / nach auslegung des Apostels Pauli Rom. 1.
krefftiglich erwiesen / das er der ewige Son Gottes / vnd der versprochene
Messias / oder Christus / das ist / der Welt Heiland sey. Welcher auch / in
betrachtung solcher oeconomiae, oder verwaltung / vnd widerbringung vnsers Heils
/ dazu er in die Welt gesand / vnd Mensch worden ist / alle gewalt vber Himel /
vnd Erden (darans jm doch seiner ewigen Natur halben / nach welcher er eines
Wesens mit dem Vater ist / von ewigkeit nie gemangelt) warhafftig empfangen hat:
Wie Nyssenus ferner bezeugt / vnd von den Herrn Verfassern der Erfurdischen
Apologien(Fol. Apol. Erf. 103. a.) (aber in einem andern / das ist / vnrechten verstand)
angezogen ist.
Wie könt er auch bitten / das seine Menscheit für sich / mit der Ehr / die er von
anfang gehabt / verkleret(Fol. Apol. Erf. 103. b.) würde / so doch dieselbige sein
angenomene Menscheit von anfang nicht gewest? Vnd Lutherus vber den 110. Psalm
(wie hiebeuor vermeldet) selbst bezeugt / das die Gottheit in Christo verkleret
werde / zwar nicht propter defectum, als hette sie jre Ehr ein zeitlang abgelegt
/ oder verloren / sondern (wie abermal Basilius wider Eunomium lib. 4. recht sagt) secundum oeconomiam, seu dispensationem
humanitatis. Darumb das durch die menschwerdung / vnd sönderlich im stand der
nidrigkeit / die herrligkeit Gottes in Christo nicht alweg erkant wurde.
|| [420]
Also war er wol allzeit Gott seinem himlischen Vater gleich / aber in der
Nidrigkeit war solcher Name verborgen / welcher durch die verklerung offenbar /
vnd demnach mysterio oeconomiae, seu dispensatione carnis, durch das endeckte
geheimnis seiner menschwerdung / vor aller Welt jm gegeben worden / wie der
Spruch Chrysostomi / welchen er in auslegung des 15. capitels der ersten Epistel
an die Corinther nach gesundem verstand göttlicher Schrifft füret / auch
klerlich ausweiset.
Denn verkleren heisset Johann. 17. öffentlich bekant machen / wie der HERR eben
dasselbig wort daselbst vers. 4. von seinem himlischen
Vater braucht: Ich habe dich verkleret auff Erden / vnd was er damit meyne /
legt er selber aus / verl. 6. Ich habe deinen Namen
offenbaret den Menschen / die du mir von der Welt gegeben hast.
So hat auch freilich (wie Cyrillus de recta fide ad Theodosium, vnd sonsten
durchaus / mit der alten rechtgleubigen Kirchen einhelliglich / vnd tröstlich
schreibt) das (Fol. Apol. Erf. 103. b.) ewige Wort sein Lebe̅ ins angenomene
fleisch gesencket (wie sie alhie den Spruch verdeutschen / quòd vitam suam carni immisit) Jedoch anders nicht / denn wie
sich Cyrillus selbst erkleret / ipsa per Vnionem dispensatione, das ist / durch
die dispensation der vereinigung / welchs von den Scholasticis Theologis genent
wird gratia Vnionis. Denn das fleisch Christi / nicht als blosses fleisch / für
sich / sondern als des Sons Gottes eigenes fleisch / für der Welt Sünde zum
Lösegeld dahin gegeben / machet lebendig: keins wegs aber ex opere operato,
sondern im rechten Glauben genossen / dadurch wir seine gliedmassen werden / vnd
also von seiner fülle / als des Heupts / oder wie die Reben von der
|| [421]
edlen Wurtzel des warhafftigen lebendigmachenden
Weinstocks / safft / vnd krafft zum leben / durch einerley Geistes wirckung /
ziehen / vnd schöpffen. Johann. 1. 15.
Was dienet aber solches zu der Vbiquitet der menschlichen Natur in Christo? von
welcher der alten rechtgleubigen Kirchen nie getrewmet hat / wie solten sie denn
ein solch vngereimpt geoicht (ja viel mehr gespenst) einer falschen Lehr / vnter
dem wort oeconomiae, oder dispensation verborgen gehabt haben? Aber gnug bißher
auch von diesem argument.
Das fünff vnd dreissigste Anhaltische Argument.
AVff das fünff vnd dreissigste argument(XXXV.)
antworten sie per fallaciam secundum plures interrogationes. Denn sie
verwechseln die Heuptfrag / welchs bey den Sophisten heisset Translatio status
causae, vnd von den jenigen gebraucht wird / denen das Liecht zu hell in die
augen scheinet / das ist / die mit vberzeugtem Gewissen einer bösen Sach
patrociniren.
Die Frag / darumb es in diesem argument zuthun / ist mit nichten (wie vnser
gegenteil alhie den statum causae(Fol. Apol. Erf. 103. b. 104. a.)
felschlich / vnd zu seinem vorteil formiret) ob ein vnterscheid sey zwischen
diesen Reden? die Gottheit / almacht / vnd das Leben selbst wesentlich / oder
natürlich sein: Vnd / von wegen / oder nach art der persönlichen vereinigung
göttliche gewalt / vnd lebendigmachende Krafft haben: Oder / mit dem Leben
persönlich vereiniget / vnd zu der Krafft lebendig zu machen / vind der
persönlichen vereinigung
|| [422]
willen / mit dem Wort
erhaben sein. Denn wer wolt so grob sein / das er diese Reden / die wir
semptlich im rechten (aber nicht Vbiquistischen) verstand vnterworffen lassen /
aus Gottes wort nicht vnterscheiden könte? So wird ja vnser gegenteil nimermehr
beweisen / das wir sie für aequipollentes, oder gleichstimmende angezogen haben
solten.
Sondern dauon ist die Frage / ob im geheimnis der heiligen Dreyfaltigkeit
einerley sey / wenn wir sagen / Allein Gott ist almechtig: Item / Gott allein
hat almechtige Krafft: vnd / Gott ist die almechtigkeit selbst? Sind diß
gleichstimmende Reden (wie wir aus Gottes wort / aus den Symbolis / vnd alten
Christlichen Lerern in vnser Apologia nach der lenge bewiesen) so kan von der
angenomenen Menscheit Christi / one abtilgung jrer Natur / so wenig gesagt
werden / das sie almechtig sey / oder die almechtige Krafft in der that habe /
als das sie die almechtigkeit selbst sey.
Hierauff hat vnser gegenteil in der eingewanten Refutationschrifft / vor vnser
Apologia gedruckt / pag. 84. vnd 85. geantwort / das wenn ein Schüler in der
Schul fürgeben / vnd bestreitten wolte / das realiter habere omnipotentiam,
& esse omnipotentem, vel esse ipsam omnipotentiam, seyen aequipollentes
propositiones; demselbigen ein guter schilling gehören würde. Denn die göttliche
Natur sey die omnipotentia selbst / die menschliche aber habe sie / vnd sey
habendo omnipotens.
Dieweil denn in der Erfurdischen Apologien / fol. 104. von den Herrn Verfassern
diese Frage vnberürt stehen bleibt / vn̅ durch verwechslung der
Heuptsach vnser erkleru̅g
|| [423]
mit
stilschweigen iustificiret wird: So geben sie zwar / wider sich selbst / dem
vnpartheyischen Leser das vrteil in die Hand / das nemlich der Tichter jhrer
vermeinten Refutationschrifft / wenn jm der bard / darauff er sich Anno 78. zu
Hertzbergk berieffe / nicht zu graw wer worden / ein gute correction vieleicht
wol verdienet hette. Denn mit welchem Mass man misset / mit dem sol wider
gemessen werden. Sönderlich dieweil der Prophet sagt: Etiam canicies sparsa est
in eo, & tamen non animaduertit: Er hat auch grawe haar krieget / noch
wil ers nicht mercken. Hoseae 7. Item Jesa. 65. Quoniam puer centum annorum
morietur: et peccator centum annorum maledictus erit. Die Knaben von hundert
jaren sollen sterben / vnd die Sünder von hundert jaren sollen verflucht sein.
Aber wir lassen vns für vnser Person genügen / vnd dancken Gott / das wir dißfals
durch jr eigen liechtschewende vberzeugtes Gewissen absoluirt / vnd
rechtgesprochen werde̅. Wolle̅ nichts desto weniger
jre newe Predigt / die sie alhie von dem lebendigmachenden fleisch Christi / one
verstand(Fol. Apol. Er. 104. a. b.) / vn̅ jrer Lehr selbst zu wider /
cu̅ cordis contradictione, nach der lenge widerholen / auffs
kürtzeste vbersehen. Der Christliche Leser wolle sich nicht verdriessen lassen /
das wir das lange geschwetz mit gleichem werth / die Warheit zu retten /
vergelten müssen.
Erstlich geben sie für / Nestorius würde gewonnen(Fol.
Apol. Erf. 104. a.) Spiel gehabt haben / wenn
sichs vnser Lehr gemess verhalten solte. Darauff geben wir diese richtige
antwort / das eben vmb dieser vrsach willen Nestorius / als ein götzendiener
(daher er auch genant) verdampt worden ist / das er
diese aequipollentes, oder gleichstimmende
|| [424]
Reden
(nemlich / in der that ein mitgetheilte / oder realiter communicirte
lebendigmachende Krafft haben / vnd wesentlich Gott / oder das Leben selbst
sein) trennete / vnd mit vnserm gegenteil dem fleisch Christi ein besondere
mitgeteilte / eingegossene / oder wie die Apologia fol. 103. b. redet /
eingesenckte Krafft lebendig zu machen andichtete.
Dawider Cyrillus / vnd die zwey hundert Veter vffm Concilio zu Epheso versamlet /
einmütiglich geschlossen / wenn schon ein sölche participatio, oder communicatio
realis, das ist / ein thetliche mitteilung der lebendigmachenden Krafft im
fleisch zugelassen werden möchte / das gleichwol solchs viel zu wenig wer / dem
menschlichen geschlecht das Leben wider zu bringen / sondern das gehöre allein
demselbigen zu / der das Leben selbst wesentlich ist. Vnd bewiesen demnach aus
der Schrifft / das Christi fleisch / nicht vmb einer empfangenen / eingesenckten
/ oder mitgeteilten Krafft / noch sönderlicher Maiesiet / vnd erhöhung willen
lebendig mache / sondern allein vmb der persönlichen vereinigung willen mit dem
Wort / welchs das Leben wesentlich ist / vnd sein angenomen fleisch für vnser
Leben in den todt gegeben / vnd also zur Speise des ewigen Lebens ve̅rordnet hat.
Wie nu das fleisch Christi sich selbst vom todt nicht aufferwecket hat / also
hats auch nicht die Krafft für sich empfangen / vom todt vns zum Leben zu
erwecke̅. Sondern das Leben / des wir von Christi fleisch /
als seine warhafftige giedmassen teilhafftig werden / ist ein vnleugbar effect /
vnd zeugnis / das es nicht (wie Nestorius schwermet) eines blossen Menschen /
sondern viel mehr des Menschen / der der eingeborne Son Gottes / vnd demnach das
Leben selbst ist / eigen fleisch sey.
|| [425]
Dagegen Nestorius fürgab / es bedürffte solches geheimnis nirgend zu / das man
Gott vnd Mensch für ein Person hielte / sondern wer gnug / das man dem fleisch
Christi sölche empfangene gnad der lebendigmachenden Krafft zuschriebe.
Aber Cyrillus / vnd das gantze Ephesinum Concilium haben solchs gewaltig
widerlegt / vnd erhalten / das vnser Leben / vnd Seligkeit nicht aus einer
sönderlichen mitgeteilten Krafft / Maiestet / oder almacht des angenomenen
fleisches Christi / sondern aus dem einigen verdienst / vnd Krafft des Mitlers /
so vnser fleisch durch sein fleisch zum Leben thewer erkaufft / vnd erarndet hat
/ herfliesse.
Dieweil denn vnser Widersacher mit Nestorio einerley vngründe füren / so gehören
sie auch vnter einerley Anathema des Concilij Ephesini. Vnd entschüldigt sie
nicht / das sie mit worten sich beruffen / sie haltens mit der Kirchen / welche
lehret / das in Christo zwo Naturn persönlich vereinigt sind: Sondern sind
souiel desto strefflicher / vnd gröber / das sie aus dem / daraus Nestorius /
wie auch noch alle Antitrinitarier / wol verstunde / vnd verstehen / das kein
persönliche vereinigung folge / dieselbige zu erhalten gedencken.
Vnd ist nicht gnug / sich mit dem Munde auff die Concilia beruffen / vnd doch im
grunde denselbigen zu wider sein. Denn es heisst vielmehr (wie Synodus Ephesina
selbst bezeugt) Nequaquam sufficit, fidem voce duntaxat confiteri, nisi rectè
quoque eam interpreteris.
So mag nu der Christliche Leser die Sprüche aus Cyrillo / so vnser gegenteil
alhie fol. Apol. Erfurd. 104.
|| [426]
abermal vber einen hauffen schüttet / ponderiren /
vnd erwegen. Denn er nirgend finden wird / daß das fleisch Christi durch ein
sönderliche mitgeteilte / oder empfangene almechtige Krafft lebendig mache:
sintemal dieses Nestorij meinung viel mehr würde gesterckt / als geschwechet /
oder widerleget haben. Sondern durchaus dringet Cyrillus auff die persönliche
vereinigung / vnd zeiget an / das Christi fleisch lebendig mache / kome daher:
quia non SOLA esse in Christo intelligitur, sed habet Filium Dei sibi
coniunctum, qui substantialiter vita est. Das ist / Nicht des fleisches Krafft
ists / sondern des Sons Gottes / der in / mit / vnd durch das fleisch / one
vermengung / vnd trennung wircket / vnd das Leben selbst wesentlich ist.
So wird nu solche Krafft / vnd Ehr dem fleisch zugeschrieben / per gratiam
Vnionis; mit nichten aber per realem idiomatum Deitatis cum carne
communicationem, seu participationem. Denn Christi fleisch für sich (auch in
derselbigen vereinigung betrachtet) ist / vnd bleibt ein Creatur / die selbst
bedarff / das sie beym Leben erhalten werde / wie sie sich denn nicht selbst
tregt / erhelt / noch lebendig macht. Aber dieweil sie in Christo das Lösegeld
worden ist / dadurch wir vom tod zum Leben erkaufft sind / so macht auch das
ewige Wort / vmb desselbigen willen / vnd durch dasselbige lebendig / alle seine
gleubige gliedmassen.
Das meinet Cyrillus / wenn er vnter andern sich also erklert / das man auff das
geheimnis der menschwerdung sehen müsse. Denn Christi fleisch sey ein
lebendigmachendes fleisch / nicht darümb / das es fleisch ist / oder heisst /
sondern viel mehr darumb / das es des ewigen Worts / welches alle ding lebendig
macht / eigenes fleisch ist / vnd
|| [427]
nicht (wie andere
Menschen) für sich ein selbstendige Person / sondern vom Son Gottes / in
einigkeit seiner ewigen Person angenomen / vnd also vnzertrenlich / vnd
vnzerstörlich im Wort erhalten werde. Welchs Nestorius zum hefftigsten
widerfochten / vnd derwegen billig von dem Concilio verdampt worden ist.
Dieweil denn die Frage alhie nicht ist / von der persönlichen vereinigung /
sondern von der empfangenen mitgeteilten Krafft der göttlichen almacht dem
fleisch Christi eingesencket: vnter welcherley beiden Reden / die erste
(betreffende die persönliche vereinigu̅g) von Nestorio verworffen;
die andere aber (de reali idiomatum Deitatis cum carne participatione)
verfochten / vnd mit beiden Henden wer angenomen worden: So ists ein vergeblich
gewesch / das(Fol. Apol. Erf. 104. b.) vnser gegenteil alhie mit so grossem pracht vns zu den
200. Vetern des Ephesini Concilij in einen Kampff weiset / so doch jhre
abschewliche Lehr von der Vbiquitet / vnd erdichten almechtigkeit des fleisches
Christi / nirgend ausfürlicher / denn in demselbigen Ephesino / wider Nestorium
/ vnd drauff erfolgten Chalcedonensi Concilio / wider Eutychen / wie die acta,
vnd decreta beiderseit ausweisen / widerleget ist.
Zum andern / was aber den Spruch Johann. 5. Er hat dem Son gegeben / das Leben zu
haben in jm selber / etc. anlanget / darffs nicht viel glossirens / dieweil sich
der text selbst ausleget. Denn die vörige wort / welche vnser gegenteil zum
vorteil vbergehet / beweisen vnwidersprechlich / das es nicht von der
menschlichen / sondern göttlichen Natur geredet sey.
Aus vrsachen: Denn erstlich verstehen die Jäden selbst /
|| [428]
das er hiemit anzeige / Gott sey sein Vater / vnd das er Gott gleich sey.
Welchs vnser gegenteil von der Menschheit nicht wird gestehen / dieweil man zu
beiden theilen (sie zwar mit blossen worten / wir aber mit allen rechtgleubigen
in der that) die exaequation der beiden Naturn in Christo verwerffen.
Vber dieses redet der HERR deutlich von der weise selbst. Denn (spricht er) wie
der Vater das Leben hat in jhm selber: Also hat er dem Son (er sagt nicht /
meinem fleisch) gegeben / das Leben zu haben in jm selber. Der Vater aber ist /
vnd hat das Leben wesentlich / also auch der Son / als der eingeborne vom Vater.
Denn er ist eines Wesens mit dem Vater / welchs mit nichten vom fleisch Christi
kan in warheit gesagt / noch gedacht / oder verstanden werden.
Zum dritten / Athanasij Spruch de suscepta humanitate contra Apolinarium, pag.
530. betreffend / solt vnser gegenteil bedacht haben
/ das die bücher in tertio & quarto Tomo operum Athanasij, vnter welchen
auch dieses ist / supposititij, vnd frembde sind / derer Autor Athanasius
eigentlich nicht gewesen ist.
Zu deme / so stehet daselbst ein erklerung des Spruchs Marci 13. von der
vnwissenheit des Jüngsten tags nach der Menscheit Christi / welche sie viel mehr
in acht solten gehabt haben / dieweil sie dieselbige meinung an vns für ein
jrthumb der Agnoeten verdammen. Dawider doch Athanasius auch sonsten / nemlich
Serm. 4. contra Arianos, pag. 249. also schreibet: Cuiuis manifestum est, ignorationem ad carnem
pertinere: ipsum autem Verbum,
|| [429]
quatenus Verbum est,
omnia antequam fiant, scientia praecognoscere. Vnd eben daselbst / am blat zuuor
/ erkleret Athanasius den Spruch Johann. 5. wie folget: Quòd autem illae voces
(Datum est) & (traditum est) nusquam ostendant, illum aliquando non
possedisse; licitum est ex simili dicto in vniuersum hoc ipsum prospicere. Ait
enim Saluator: Quemadmodum Pater habet vitam in semetipso: ita quoque Filio
dedit vitam habere in semetipso. Nam ex hac voce (DEDIT) indicat, sese Patrem
non esse: ex isto autem dicto (ITA) Filij similitudinem, proprietatemque cum
Patre significat. Si igitur aliquando fuisset, cum Pater non haberet: certum
est, etiam fuisse, cum Filius non haberet. Vt enim PATER: ita quoque &
Filius habet. Quòd si illud impium dictu est; PATREM non semper habuisse: PIVM
autem illud; Patrem semper habuisse: quî quaeso non absurdum, dicente Filio; Vt
Pater habet, ITA & Filium habere: istos dicere; non ITA ipsum habere,
sed aliter? Sincerior igitur, ac maioris fidei sermo VERBI est, quo dicit, se ea
accepisse, quae semper habet, quia à Patre habeat. Et Pater quidem à nemine:
Filius autem à Patre habet. Vt enim, si ipsum iubar loquatur; OMNIA mihi donauit
LVX, vt illustrarem: Et ex me ipso lucem non praebeo, sed vt LVX voluit. Ea si
diceret, non indicaret, se lucem aliquando non habere, sed lucis se quiddam esse
proprium, lucisque omnia sua esse. Ita id quoque multò magis in Filio
intelligendum est. Nam OMNIA Pater dedit Filio: Et rursum, OMNIA Pater in Filio
possidet: Filioqueue possidente, Pater vicissim ea retinet. Vt enim Filij
diuinitas, Patris diuinitas est: ita Pater in Filio vniuersitati re
|| [430]
rum prouidentia consulit. Horum igitur
verborum istiusmodi intellectus est.
Bißher vnsere meinung vber die Rede des HERRN (Denn wie der Vater das Leben hat
in jm selber / Also hat er dem Sohn gegeben / das Leben zu haben in jhm selber)
mit des heiligen Bischoffs Athanasij eigenen worten / auffs aller deutlichst /
vnd lieblichst erkleret / dabey wir auch mit allen rechtgleubigen beruhen.
Jedoch lassen wir auch dieses Spruchs Johann. 5. erklerung / wie sie in
obgedachtem buch de suscepta humanitate stehet / in jrem werth / vnd sagen mit
Basilio / lib. 1. contra Eunomium: Das die Veter offt in
einfalt dahin geredet / nicht aus falscher meinung / welchs hernach von den
Ketzern / wie alhie von den Vbiquisten geschicht / misbraucht sey worden.
Es ist aber eigentlich diß die meinung / wie die menschliche Natur in Christo mit
der ewigen almechtigen Gottheit des Worts vereinigt ist: also hat sie auch die
almechtige Krafft lebendig zu machen / empfangen.
Ihr ist aber nicht gegeben / das sie vmb der persönlichen verenigung willen die
Gottheit / oder Gott selbst wer.
Darumb ist jhr auch nicht gegeben / das sie das Leben in jr / als Gott selber /
habe: sondern die Person / mit welcher sie persönlich vereinigt / hat / vnd ist
das Leben in jhr selber / vom Vater durch die ewige Geburt / wesentlich / vnd
als vom Vater in vnser fleisch gesant / durch sein verdienst / vnd Krafft / vns
die Gerechtigkeit / vnd das ewige Leben wider zu bringen / vnd den todt / sampt
dem Reich der Sünden / zu tilgen.
Welchs alles durch die mirackel (die Christus / als des
|| [431]
Vaters eigene Werck / vbete) bewiesen / vnd also der Welt / die den Sohn
nicht kennete / noch für den warhafftigen Gott / vnd Messiam hielte / oder
ehrete / offenbar worden ist.
Zum vierten / können sie nicht leugnen / das die schöne liechte erklerung
Athanasij / von dem / das da Christo geben / vnd empfahen heisse / Sermone 4. contra Arianos, pag. 247.
eigentlich auff das ewige Wort / vnd demnach auff die ewige Gottheit selbst gehe
/ nach welcher der Son / oder das ewige Wort mit dem Vater eines Wesens ist.
Dieweil denn die Regel; Quae possidet vt Deus, ea postulat vt Filius: Was
Christus als Gott hat / das heischt er / als der Son / von Athanasio den
Arianern entgegen gesetzt ist / so kan ja nicht alles heischen / fordern / vnd
empfahen nur auff die Menscheit gericht sein.
Wie können sie denn mit gutem Gewissen die jenigen(Fol.
Apol. Erf. 105. a.) für Arianer schelten / vnd
verdammen / welche eben das / so Athanasius lehret / gleuben / vnd halten?
Sintemal ja hieraus offenbar / vnd erweislich / das geben / vnd nemen / oder
empfahen / die Ordnung der Personen in der heiligen Dreyfaltigkeit vnterscheide
/ wider Sabellium. Jedoch der einigkeit des göttlichen Wesens / noch der
gleicheit des Sons mit dem Vater / vnd heiligem Geist gar nichts beneme / wider
Arium.
Das aber sölche Sprüche entweder die Menschwerdung des ewigen Worts gar solten
ausschliessen / oder das ja vmb derselbigen willen von der Menscheit Christi
gleiche almacht / alwissenheit / allenthalbenheit / vnd Maiestet / wie vom
ewigen Wort / solten praedicirt / vnd gesagt werden müssen: ist alles beides
vnsers gegenteils nichtig fürgeben /
|| [432]
dadurch jm
Athanasius selbst widersprochen / vnd der Arianer lesterung viel mehr gesterckt
/ als widerlegt haben würde. Sönderlich dieweil der ander Psalm vff die
menschwerdung / vnd einsalbung dieses newen Königs zu Zion austrücklich siehet /
darinn auch das Erbe der Heiden demselbigen Mitler / der vns bey seinem
himlischen Vater / ehe der Welt grund gelegt / ausgebeten hat / versprochen /
vnd zugesagt wird.
Zum fünfften lassen wir alle Christliche Hertzen / die jren Catechismum verstehen
/ vrteiln / ob nicht recht geschlossen / wenn wir also argumentiren.
Die almechtigkeit gehört zum göttlichen Wesen selbst. Derwegen die wort im
Symbolo: Ich gleube an einen almechtigen Gott / so viel heissen / als ich gleube
/ das nichts almechtig sey / denn der einige Gott.
Dieweil denn so wol der Son / als der Vater / vnd heilige Geist / almechtig ist;
so mus vnwidersprechlich folgen / das Vater / Son / vnd heiliger Geist / ob sie
wol nicht einerley Person / jedoch ein einiges göttlich / ewig Wesen sind /
gleich in der herrligkeit / gleich in der ewigen Maiestet.
Es ist aber die menschliche Natur in Christo nicht eines Wesens mit dem Vater /
Son / vnd heiligem Geist.
Derwegen ist sie nicht Gott / viel weniger almechtig / alwissend / allenthalben.
Denn solchs mit warheit von keiner Creatur / wie die angenomene Menscheit in
Christo ist / vnd bleibt / gesagt / noch gegleubt werden kan.
Sol sie aber almechtig sein / so mus sie auffhören ein Creatur zu sein: Vnd also
würde das geheimnis der menschwerdung in zwo Person getrennet / vnd demnach in
|| [433]
der heiligen Drefaltigkeit die vierte Person
gedichtet / vnd eingefüret / vor welchem grewel vns Gott ewiglich behüten wolle.
Amen.
Zum sechsten / sihet man an den Herrn Verfassern alhie fol. Apol. 105.
augenscheinlich / wie sie den affecten indulgiren / vnd viel mehr zur
Sophisterey / als zur Warheit geneigt sind. Denn nach dem jhr refutationschrifft
/ pag. 84. (wie hiebeuor angezeigt) vnser argument spöttisch eludirte / vnd zur
Schuldisciplin verwiese: Haben wir in vnser Apologia / pag. 386. nicht mehr
darauff geantwort / denn das in Schulen die Knaben freilich ex doctrina
postpraedicamentorum wol verstehen / daß das wort (Habere) vff mancherley weis
gebraucht werde. Nam aliter haberi substantiam, aliter accidentia, aliter
contenta, aliter vestitum. Aber (haben wir dazu gesetzt) wie reimbt sich diß zur
almechtigkeit / alwissenheit / vnd allenthalbenheit des fleisches Christi /
welche sind wesentliche eigenschafften Gottes? Bißher vnsere wort.
Hierauff antworten nu diese drey hochgelarten Theologen(Fol. Apol. Erf. 105. a.) anders nichts / denn
mit einem tollen trunckenem geschrey / aus jrem Weinfass / one einigen grunde:
Man vntersiehe sich die hohen geheimnis von Christo / aus dem Aristotele zu
vrteile̅ / bey welchem doch die norma iudicij nicht zu finden
/ etc. Lassen also den Heuptpunct / darauff sie billig antworten solten /
abermal faren / vnd beweisen jren blinden eyfer wider die armen vnschuldigen
Philosophos, vnd Dialecticos.
Gleich als hetten wir fürgeben / man müste / oder solte von den mysterijs fidei,
nicht aus Gottes wort / sondern ex regulis Aristotelicis, oder philosophicis
vrtheilen. So
|| [434]
doch das gegenspiel aus allen vnsern
Schrifften zu erweisen / vnd zwar eben auff demselbigen blat vnser Apologien /
beruffen wir vns auff den Spruch: Habent Mosen, & Prophetas, illos
audiant. Luc. 16.
Das sie aber jre Vbiquitet / vnd was derselbigen anhenget / weder aus Gottes wort
/ noch andern approbirten Schrifften / derer sie selbst in norma Concordiae
gedacht / bescheinen können / beweisen nicht allein vnser vnbeweglichen gründe /
der sie noch keinen soluiret / viel weniger vmbgestossen haben: sondern mit
eigenem Mund / vnd feder haben sie es pag. 55. in jhrer refutationschrifft
bekennen / vnd wider sich selbst (wie der Christliche Leser daselbst befinden
wird) bezeugen müssen. Das wir jhnen freilich alhie viel billiger / denn sie vns
/ mit jhrem alten Sprichwort (wens (Fol. Apol. Erf. 106. a.) in so hochwichtigen Gewissens sachen
damit ausgericht wer) begegnen könten; Auff eine öffentliche vnwarheit gehöre
kein antwort.
Aber wir lassen jhnen jhre höffligkeit zu gut komen / vnd wollen vns solches
Bepstlichen gewalts / oder viel mehr freuels nicht anmassen / noch jhrer Sünden
teilhafftig machen. Es wolle viel mehr der vnpartheyische Leser jr vberaus schön
/ vnd sinnreich argument erwegen / wie folget.
Dialectica, vnd Philosophia sind nicht norma iudicij de mysterijs fidei.
Darümb sind sie nichts nütze in der Kirchen / die heiligen Schrifft in jhren
Sprachen recht zuuerstehen / noch andern in richtiger Ordnung fruchtbarlich
fürzutragen / vnd zu erkleren. Sondern (wie der Apostel befiehlt) Taceat in
Ecclesia Mulier, das ist / Philosophia. Denn sie sind beide generis foeminini.
Das heisst ja der einreissenden
|| [435]
barbarey wehren. In
massen auch sonsten jhr (nu mehr aber von jhnen selbst ausgemusterter) Principal
/ D. Jacob Andreae im gebrauch hat / bey hohen fürnemen Personen / die
Dialecticam einem Bawer / der ein fuder Holtz vffm Marck verkeuffen wil / vnd
die Rhetoricam einem Landbetler / vffs hönischeste zuuergleichen.
Zum siebenden / vff die argumenta Bonauenturae sagen(Fol. Apol. Erf. 105. b.) sie nicht mehr /
denn das droben capite secundo albereit darauff geantwort sey worden / dahin sie
den Christlichen Leser remittirt haben wöllen.
Nach dem wir aber auffsuchen / finden wir gar nichts dauon: Ausgenomen / das sie
fol. 44. hefftig wider Bonauenturam,(Fol. Apol. Erf. 44. b. 45. a.) Magistrum sententiarum, vnd aller
Schullerer Theologia̅, die sie gantz vnd gar ausgemustert habe̅ wollen / donnern. So doch jr eigen Consort / D. Johann Matthaeus
/ Professor zu Wittembergk / seine auditores fürnemlich auff die Scholasticos
Theologos füret / vnd sönderlich auff Thomam, an dem er sich (wie er in der
Praefation vber seinen tractat de Vnione hypostatica schreibt) allein genügen
lasse. So sagt der Apostel / man sol alles prüfen / aber allein das gute
behalten.
Dieweil denn calumnijren / lestern / holhippeln / viel ein anders ist / als
beweisen / oder widerlegen / so stehen auch Bonauenturae argument noch fest /
welche wir hiemit dem Christlichen Leser / in vnser Apologien / pag. 388. vnd
389. wider auffzuschlagen / vnd nach der Richtschnur göttliches worts zu
vrteilen wollen befohlen haben.
Vnd wissen freilich / das diese Sprüche der heiligen(Fol. Apol. Erf. 106. a.) Schrifft: Mir
(Christo) ist aller gewalt gegeben im Himel / vnd auff Erden / Matth. 28. Item /
der alte (Antiquus dieru̅)
|| [436]
gab jhm (dem
Son des Menschen) gewalt / Ehr / vnd Reich / das jhm alle Völcker / Leute / vnd
Zungen dienen solten. Seine gewalt ist ewig / die nicht vergehet / vnd sein
Königreich hat kein ende. Dan. 7. Item / Ihme (Christo dem gecreutzigten / nicht
seinem fleische) ist ein Name gegeben / der vber alle Namen ist / etc. Philip.
2. in alle ewigkeit wol fest / vnd bestendig sein / vnd bleiben werden / wenn
der Vbiquisten / vnd aller Sophisten gloss / vnd zusätze (wie scharff /
sinnreich / oder scheinbarlich sie auch jmer sein / oder geachtet werden mögen)
wie der Rauch vom Winde zerstrewet / vnd also sampt jhren autoren / Patronen /
vnd adhaerenten / mit ewigem hohn / vnd spott plötzlich vergehen werden. Denn es
müssen doch zu letzt (wie der sechste Psalm drewet) alle Feinde Gottes / vnd
verfelscher seines worts / zu schanden werden / vnd sehr erschrecken / Sich zu
rück keren / vnd zu schanden werden plötzlich.
Das sechs vnd dreissigste Anhaltische Argument.
(XXXVI.)
AVff das sechs vnd dreissigste argument / das nemlich die exaequatio, vnd
confusio naturarum keines wegs verhütet werden könne / wenn man die (Fol. Apol. Erf. 106.
a.) göttliche eigenschafft der menschlichen Natur zuschreibe / berichten
sie / es sey ein öffentliche vnwarheit / vnd demnach keiner antwort werth.
Dieweil wir denn solche newe art zu disputieren / vnd argumenta zu soluiren / in
vnser Dialectica nicht studiret / so
|| [437]
müssen wir
solches jhrem vbermessigen verstand zuschreiben / vnd achtens dafür / das sie
nicht vergeblich / noch one vrsach im vörigen argument dermassen vff die
Dialecticam gescholten haben / als die dem Widersacher viel bescheidener(Fol. Apol. Erf. 105. b.)
lehret vnter augen gehen / damit die Warheit erklert / vnd der mangel der
falschen Lehr entdecket werde.
Aber vnser gegenteil / wie wir verstehen / helt solches für ein vnnötige
weitleufftigkeit / vnd kan mit der Bawers Dialectica (Es sey nicht war / Es sey
erlogen / ein öffentliche vnwarheit bedürff keiner antwort / etc.) der Sachen
viel ehe rahten / vnd abhelffen.
Vnd freilich / wo sie den nachdruck haben / faren sie mit dieser Dialectica sehr
scharff. Denn sie soluiren nicht allein per modum arguendi mendacij, da sie die
Leut vnvberwiesen lügenstraffen: sondern auch per carcerem, vnd exilium.
Aber wir antworten mit Zacharia Barachiae Son / welchen die Jüden getödtet haben
zwischen dem Tempel / vnd Altar / auff das (wie des HERRN letzte Busspredigt
lautet) vber sie kome alle das gerechte Blut / das vergossen ist auff Erden /
von dem Blut an des gerechten Abels / biß vff denselbigen / des alten / fromen /
vnd woluerdienten Hohenpriesters Joiadae Son / der da sprach / als er
gesteiniget wurde: Dominus videbit, & requiret: Der HERR wirds sehen /
vnd suchen. 2. Paral. 24. Matthae. 23.
Damit aber gleichwol nicht jemand gedencke / die Vbiquisten seyen an der
exaequation der beiden Naturn in
|| [438]
Christo so gar
vnschuldig / wie sie mit worten scheinbarlich fürgeben / so wolle der
Christliche Leser die nachfolgende Sprüche aus D. Kacobi Confutationschrifft /
Anno 83. wider Gregorium de Valentia im druck ausgangen / kürtzlich nach der
Richtschnur des göttlichen worts prüfen / vnd erwegen. Denn also lauten die wort
daselbst / pag. 14. Propter Vnionem hominis cum Deo
constanter affirmamus: HVMANAM naturam ad AEqualitatem gloriae, &
potentiae cum diuino VERBO exaltatam esse, vt non modò iam potens sit, sed etiam
OMNIPOTENS. Item, pag. 31. Etenim Patres omnes vno ore
fatentur, Christum secundum humanitatem non modò ad AEQVALEM, sed EANDEM, hoc
est, ipsius Deitatis propriam Maiestatem, exaltatam esse: cui cum omnia sint
praesentia, quis, nisi INSANVS, negaret, per eandem Maiestatem, HVMANITATEM
assumtam quoque OMNIA praesentia habere, & OMNIBVS praesentissimam esse?
Item, pag. 70. Naturam humanam assumtam dicimus esse
AEQVALIS gloriae, & maiestatis: immò, quod magis absurdum videtur, in
EADEM GLORIA, quae Deus est ipse Filius DEI. Aber dergleichen Sprüche findet man
hauffen weis in allen Vbiquistischen Schrifften / Disputationen / vnd Predigten:
Was ists auch anders / denn ein exaequatio natur arum, wen die Concordiformul so
wol / als die Erfurdischen Apologia / diese propositiones durchaus für
Glaubensartickel wil approbirt wissen / das Christus nach beiden Naturn sey
almechtig / alwissend / allenthalben? Wir lassen die Kirchen Gottes vrtheilen.
|| [439]
Das sieben vnd dreissigste Anhaltische Argument.
DAs sieben vnd dreissigste argument fleust(XXXVII.) aus dem negstvorhergehenden. Denn wie (nach aussage Theodoreti)
ein anders ist / das da annimpt / vnd ein anders / das angenomen wird / nach
welchen beiden doch nur ein Christus betrachtet wird: Also ist ein sehr grosser
vnterscheid zwischen dem / das da hat / vnd dem / so gehabt wird / vnd wird
gleichwol durch solche betrachtung die Person Christ nicht getrennet.
Eben dieses hat Nazianzenus gemeinet / da er sagt: Hoc quide̅
deificat, illud verô deificatur. Denn in Christo sind zwo Naturn / die göttliche
/ vnd menschliche / vnter welchen jene (also zureden) vergöttet / diese aber
vergöttet wird.
Ob nu gleich durch die persönliche vereinigung / der göttlichen Natur in Christo
nichts abgangen (die hiemit jre Lieb gegen das arme menschlich geschlecht
bewiesen hat) der menschlichen Natur aber ist hiedurch die allerhöchste Ehr
widerfaren: So mus doch vnser gegenteil alhie wider sich(Fol. Apol. Ert. 106. b.)
selbst bekennen / daß das wort Deificatio, vergötterung / nicht so gar
eigentlich / vnd wol geredet sey. Sondern dieweil es vo̅ den
alte̅ Vetern / jrer art nach / das grosse gnade̅werck / das der Son Gottes Mensch ist worden / desto ansehelicher zumachen /
also gebraucht / welchs hernach die Eutychianer (wie zu vnsern zeiten die
Schwenckfelder / ja auch die Vbiquisten selbst) stracks dem blossen buchstaben
nach / one gnugsame erklerung / für einen Glaubensarti
|| [440]
ckel verstanden haben: so erkennen sie es nu zanck / vnd
misuerstand zuuerhüten / für etwas vngelegener / vnd sagen: Es sey am aller
besten / das man sich desselbigen worts / da von der angenomenen Menscheit
vergötterung geredet wird / souiel müglich / enthalte.
Derwegen wir diß nicht vnbillig für bekant annemen / vnd wird demnach der
Vbiquisten newerdichter Glaubensartickel / da sie fürgeben / das fleisch Christi
sey Gott selber (nicht aber die Gottheit selber / gleich als könte etwas Gott
sein ohne die Gottheit) Item / es sey almechtig / alwissend / allenthalben /
hiemit durch jr eigen zeugnis verworffen.
Sonst wer es vnsert halben nicht von nöten / die alten rechtgleubigen Lerer in
die Schul zu füren / sondern wir haltens einfeltig dafür / das solche / vnd
dergleichen Sprüche wol können nach guter gelegenheit in dem verstand / wie sie
von den Lerern selbst gemeint / gebraucht werden / nicht aber nach der alten vnd
newen Eutychianer verkerung.
Den̅ vnser gegenteil die art zu reden für vngelegen achtet / vnd
lesset doch die falsche meinung / von jrer vbelerdachten Vbiquitet (dadurch die
wolgemeinte / vnd für sich mit nichten vngelegene Sprüche der alten reinen Lerer
/ vngelegen worden) gar nicht fallen / sondern wil sie zum hefftigsten
vertheidingt wissen.
Wie nu Damascenus selbst bekennet / lib. 4. cap. 19. Das in diesen wörtlein (Incarnatio, vnd Deificatio;
Item, humanatio, vnd Verbifactio, &c.) ein reciprocatio sey / welchs er
nent considerationem seu Theoriam : Also erklerts der
Scholiastes lib. 3. cap. 17. auffs aller deutlichste /
mit folgendem Spruch / welchen der Christliche Leser wol erwegen wolle /
sönderlich dieweil sichs im teut
|| [441]
schen so bequem
nicht aussprechen lesset. Die wort des Scholiastae, oder commentatoris lauten
also:
In Vnione illa dispensatoria, & Dei fuit humanatio, & carnis
Deificatio: Quae duo solùm habent rationis discrimen, ob terminorum
distinctionem, & diuersam designationem. Nam Dei humanationem dicentes,
Deum hominem factum insinuamus: constituimusque Deum, vt primum huius diuinae
operationis terminum, hominemque tanquam secundum: & exinanitionis
motum explicamus, quo inclinauit Deus coelos, & descendit. Sed carnis
Deificationem nominantes, carnem à Verbo assumtam denotamus: collocantes carnem,
tanquam primum huius ineffabilis motionis terminum; Deum verò, vt secundum,
& ad quod tendat huiusmodi motus, & altissimam sublimationem,
glorificationemque exprimimus, qua imum ad summum est subuectum; quemadmodum in
priore enunciatione summum ad imum denotabatur inclinatum.
Das ist: In der vereinigung / vnd Offenbarung im fleisch / ist zugleich Gott
Mensch worden / vnd das fleisch vergöttet worden: welche zwey ein ding sein /
vnd werden allein von wegen vngleicheit der Reden von einander vnterschieden.
Denn in dem wir die Menschwerdung Gottes nennen / zeigen wir an / das Gott Mensch
worden / vnd stellen also Gott erstlich dar / das von jme diß göttlich Werck
erstlich hergeflossen / vnd zum andern den Menschen / vnd geben hiemit
zuuerstehen / mit was bewegung / oder neigung Gott sich gleich verkleinert /
oder seiner hoheit geeussert / vnd gedemütiget hab / das er dazumal den Himel
geneiget / vnd hernider gestiegen sey.
|| [442]
Da wir aber des fleisches vergöttung nennen / geben wir zuuerstehen / daß das
fleisch vom Wort auff / vnd angenomen sey. Stellen also das fleisch erstlich dar
/ daruon diese vnaussprechliche bewegung entstanden sey: Gott aber zum andern /
dahin sich solche bewegung erstrecket hab / vnd zeigen also die höchste hoheit /
vnd verklerung an / durch welche das nidrigste zum höchsten erhoben ist / gleich
wie in der vörigen weis zu reden angedeutet wird / daß das höchste sich gar
hernider gebogen hab.
Et paulò post: Sicut sanctissimi Patres hanc propositionem recipiunt: Deus est
factus homo; ob Verbi Dei humanationem: Ita & hanc, homo factus est
Deus; ob carnis, naturaeque humanae (quae tota nomine carnis intelligitur)
Deificationem. Summoperè tamen expetunt rectam, & piam vtriusque
propositionis intelligentiam: seclusa omni importunitate Sophistica, quae à
diuinis, & arduis sensibus explican dis, eliminari prorsus debet,
& reijci. Quis enim non iure stomachabitur, & in dignè feret, ad
hanc diuinam Aquilae Euangelicae propositionem; Verbum caro factum est (quam
audientes reuereri debemus, & cum pietate, atque religione genua
flectere, caput inclinare) Sophisticas adduci expositiones, &
Sophismatum ineptias, ab omni disciplina explodendas? Das ist / Denn gleich wie
die heiligen Veter diese weis zu reden annemen / Gott ist Mensch worden / von
wegen der Menschwerdung des Worts / welches ist der ewige Sohn Gottes: Also
nemen sie auch diese an / der Mensch ist Gott worden / von wegen des fleisches /
vnd der menschlichen Natur (die durch das Wort / Fleisch / gantz vnd gar / vnd
nit nur eines teils verstanden wird) vergöttung. Sie erfordern aber höchlich /
das
|| [443]
man beide Reden / Gottselig / vnd recht verstehe
/ hindan gesetzt alle vnbilliche / vnd vnleidliche Sophisterey / die von den
göttlichen / vnd hohen geheimnissen gantz / vnd gar sol ausgestossen / vnd
verworffen sein. Denn wer wolte nicht billig zornig sein / vnd wen solts nicht
verdriessen / so diese göttliche Rede des Euangelischen Adlers / das Wort ist
fleisch worden (welche wir mit aller ehrerbietung hören / gottseliglich vnsere
Knie darfür biegen / vnd das Heupt neigen sollen) sophistisch ausgelegt wird /
vnd also sophistisch / vnd grob / welches durchaus in keiner Lehr / vnd
disciplin zu dulden? Bißher der Scholiastes Damasceni.
Dieweil wir denn solchs alles in vnser Apologia / vom 391. blat anzufahen / biß
vffs 401. gnugsam ausgefürt / vnd sich vnser gegenteil (wie gemelt) alhie selbst
verrett / das es vngelegen / also ohne erklerung / stracks blos vff die
vergötterung des fleisches Christi zu dringen: die angezogene Sprüche aber ex
Damasceno, de carne Domini diuinis actionibus ditata; Item, de ferro ignito,
vstiuam ignis actionem(Fol. Apol. Erf. 106. b. 107. a.)
possidente, vnd was dergleichen mehr von den Herrn Verfassern der Erfurdischen
Apologien bey diesem argument weitleufftig widerholet wird / sich alle selbst
wider vnser gegenteil erkleren (Sintemal dabey stehet / das glüende Eisen brenne
/ nicht aber seinet halben / sondern wegen der vereinigung mit dem Fewer / in
massen auch die bereicherung / oder locupletatio / nicht weniger / als die
Deificatio, oder vergöttung des fleisches Christi / anders nicht / der Warheit
gemes / verstanden werden kan / denn wie sich Damascenus selbst am besten
erklert / secundum purissima̅ illam naturae assumtae cum Verbo
vnitionem hypostaticam) so lassen wirs auch dabey beruhen: Sönderlich die
|| [444]
weil die puritas, oder Reinigkeit derselbigen
vereinigung sonst gar turbirt / vnd verdunckelt würde / wenn dadurch der
Vbiquisten fürgeben nach / die Menscheit in Christo so wol / als die Gottheit /
solt almechtig / alwissend / allenthalben / ja Gott selber worden sein.
Dergleichen weder Reden / noch meinunge / aus den alten rechtgleubigen Vetern
(so wenig als aus Gottes wort) von vnserm gegenteil in ewigkeit nicht erwiesen /
noch erstritten werden können.
Bestehet also auch dieses argument noch fest / vnd ist von vnserm gegenteil viel
mehr bekrefftiget / denn widerlegt wordern. Dauon wir dem Christlichen Leser zum
besten / vnd den Herrn Verfassern vrsach zu geben / ampts halben der Sachen
etwas fleissiger / als bißher von jhnen geschehen / nach zu dencken / hiemit
nochmals der Jesuiten erklerunge in der offterwehnten disputation zu Meintz
publieirt / nicht zu verachten / sondern aus Gottes wort / wo sie mangelhafft /
zu widerlegen / vnd allermeist vff die 52. proposition / cap. 4. dißfals gut
acht zu geben / der gebühr nach wollen gebeten / vnd angehalten haben.
Belangend den locum Basilij, dem vnsere Antagonisten (Fol. Apol. Erf. 107. b.) (wie jre höffliche
wort alhie lauten) gern ein Nasen drehen wolten / als patrocinirt er jrem
vbiquistischem gedicht / habe̅ wir in vnser Apologia / pag. 400.
aus Theodoreto so wol / als aus Basilij eigenen worten / vnsere / ja aller
rechtgleubigen Christen meinung gnugsam erwiesen / alhie zu widerholen vnnötig.
Jedoch vmb mehrer richtigkeit / vnd erklerung willen / remittiren wir den
Christlichen Leser abermal zu derselbigen Jesuitischen disputation / in welcher
vnserm gegenteil auch dieser behelff genomen / wie cap. 6. thesib. 80. vnd 81.
zu befinden. Wir wollen nur die letzte wort daraus
|| [445]
anziehen / darinn erkleret wird / wie fern sich diese gleichnis vom fewrigen
Eisen erstrecke: nemlich / wie folget.
Fatendum est, à S. Patribus hanc similitudinem vsurpatam fuisse, propter duo,
quae similiter se habere videntur in ferro ignito & carne Christi.
Alterum est, quòd sicut ignis totam substantiam ferri, vel carbonis, sic diuina
persona Verbi intimè totam peruadit humanitatem assumta̅, idque
sine vlla vel mutatione sui, vel reali communione ipsarum inter se naturarum.
Sicut enim Deus, licet intimè & realiter per modum causae efficientis
penetret omnes creaturas, in quibus existit secundum essentiam, praesentiam,
& potentiam; non tamen ideò reipsa naturam suam omnibus rebus
communicat: Sic persona Verbi, licet cum Diuinitate intimè, per modum causae
formalis, vel potius nouo, & inexplicabili quoda̅ modo
hypostatico peruadat totam Christi carnem & animam: non tamen ideò ei
communicat, nisi suam subsistentiam, à qua Vnio hypostatica, vel personalis
appellata est. Ignis autem neque naturam, neque proprietates, neque
subsistentiam suam communicat ferro; nec communicare potest, nisi subsistentia
ferri aboleatur.
Alterum est, quòd quemadmodum ferrum igne, vel ardore vsquequaque immeante duas
sortitur actiones, secandi, & vrendi; sic caro Christi, vel Christus
homo ex intima coniunctione Diuinitatis, diuinas simul, & humanas, quas
appellat Dionysius Areopagita, operationes(Ep. ad Caium.) exercet; diuinas ratione
Diuinitatis, humanas ratione carnis; sicut ferrum vrit non vi sua, sed ratione
ignis coniuncti.
|| [446]
Cum qua explicatione planè conuenit illa propria B. Damasceni magni in hac re
Theologi doctrina, saepè repetentis in eruditissimis libris de orthodoxa fide,
ex duobus nasci capitibus; altero, quòd naturae
ambae in Christo inter se coniunctissimè immeent; altero, quòd copulatae sint in
vnam subsistentiam, vel personam.
Cum igitur in similitudine ferri candentis prima tantùm sit conditio, non autem
secunda, quae primaria est, idonea esse non potest ad declarandam
communicationem idiomatum. Haec illi.
Das acht vnd dreissigste Anhaltische Argument.
(XXXVIII.)
DAs acht vnd dreissigste argument gehet fürnemlich vff dreierley vnterscheid in
Christo: Erstlich zwischen der persönlichen vereinigung / communication
idiomatum, vnd erhöhung.
Zum andern / zwischen den natürlichen eigenschafften / gemeinen Amptswercken /
vnd empfangenen / oder mitgeteilten Gaben.
Zum dritten / zwischen der dreyfachen gnad / vnionis, capitis, &
praerogatiuarum carnis (wie die Scholastici Theologi dauon vnterschiedlich
reden) Oder / das Christus alle andere Heiligen / vnd die Engel selbst / auff
dreierley weis vbertreffe. 1. Dignitate personae, nach der wirdigkeit der
Person. 2. Maiestate officij, nach der Maiestet des ampts. 3. perfectione
donorum, nach der Gaben volkomenheit.
|| [447]
Das nu vnser gegenteil fürgibt / sie vermischen dieser punct keinen / wer jnen
wol zu gönnen / vnd eben hiemit haben(Fol. Apol. Erf.
107. b.) sie vnser argument bekrefftigt /
das nemlich die Lehr / in welcher sölche punct nicht richtig vnterschieden
werden / billig zuuerwerffen sey. Ob sie wol nu leugnen / das solchs von jnen
geschehe / so redets doch die Sach selbst.
Denn erstlich fahen sie die exaltation / oder erhöhung der menschlichen Natur zur
Rechten Gottes von dem augenblick der empfengnis an / welche doch allererst im
34. Jar hernach gefolgt / laut des Spruchs / Muste nicht Christus sölches alles
leiden / vnd also in seine Herrligkeit eingehen? Lucae 24. Denn hiebeuor war er
noch nicht verklert. Johann. 7.
So nu die menschliche Natur in Christo almechtig / alwissend / vnd allenthalben
ist / wegen jhrer erhöhung zur Rechten Gottes / so ist sie es nicht vmb der
persönlichen vereinigung willen. Sonst würde der stand der nidrigkeit mit dem
stand der erhöhung vermischt / vnd die gantze Historien vom Leiden / vnd sterben
Christi in ein gespenst verkehrt.
Ist sie es aber wegen der Vnion / so ist sie es nicht wegen der exaltation. Denn
sonst müste des Herrn aufferstehung vnd Himelfahrt nichts denn ein vergeblich
spectackel gewesen sein / Sintemal er (jrem fürgeben nach) mit seinem Leib sol
im Himel / zur Rechten Gottes / vnd vberal gewesen / vnd erhaben sein / ehe er
noch auff die Welt geborn / vom augenblick der empfengnis an. Das heisset ja die
Glaubensartickel wol vnterscheiden.
Zum andern / setzen sie in jhrer Concordiformul / fol. 302. 312. vnd 313. das die
persönliche vereinigung bestehe in
|| [448]
der thetlichen
mittheilung der göttlichen almacht / alwissenheit / vnd allenthalbenheit / one
welche der Leib Christi / wie er auff Erden raum geben / vnd genomen / auch vom
Himel endlich also wider komen werde / nicht in Gott (geschweigen / mit dem Son
Gottes persönlich vereinigt) gewesen / vnd das sonst der Christliche Glaub
falsch / ja alle Heiligen mit Gott persönlich vereiniget sein müsten.
Heisst aber das nicht / Vnionem hypostaticam, mit der communicatione idiomatum,
dadurch dasselbige geheimnis ausgesprochen sol werden / in einen klumpen
vermischen?
Zum dritten / so sie die natürlichen eigenschafften Gottes / vnd die amptswereke
des Mitlers / dazu ein jede Natur in Christo das jre thut / one trennung / vnd
vermengung / von den Gaben / damit die angenomene Menscheit für sich vber alles
/ was vnter Gott / vnaussprechlicher weise begnadet ist / ernstlich / vnd in
warheit vnterscheiden / wafür streitten sie denn von der almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit der menschlichen Natur? Sind denn (Fol. Apol. Erf. 108.
b.) sölchs nicht göttliche eigenschafften / oder (wie sie selbst bekennen)
attributa Diuinitatis propria? Wo hat denn die Schrifft jemals also geredet /
das fleisch Christi ist Gott selber / oder die menschliche Natur Christi / ist
so wol als die göttliche / almechtig / alwissend / allenthalben? Schrifft /
Schrifft / vnd nicht jhre gloss fordern wir / so wer der Sachen schon gerahten.
Denn mit jren schlipfferigen selbsterdachten Regeln / wird nur mehr vnd mehr
finsternis in die Kirchen Gottes eingefüret / das sie nemlich fürgeben / es
folge kein ver
|| [449]
mischung / dieweil das
Concordibuch pag. 305. lere / das die wesentlichen eigenschafften einer Natur /
der ander Natur(Fol. Apol. Erf. 107. b.) wesentliche eigenschafften nimermehr werden. Denn
nicht ist die Frage / was sie werden / sondern obs göttliche wesentliche
eigenschafften bleiben / wenn sie doch der angenomenen erschaffenen Naturn in
der that / als realiter attributa, sollen mitgeteilt werden / zur gemeinen (wie
die newe Apologia redet) besitzung / oder possess / vbung / vnd gebrauch? Diß
stehet zu beweisen / welchs nicht allein wider die Vernunfft / sondern viel mehr
wider die gantze heilige Schrifft selbst streittet. Derwegen vnser gegenteil
dißfals nimermehr wird bestehen / noch entschüldigt sein können.
Zum vierten / lass es nu gleich also sein (welchs doch nicht sein kan) das die
communicatio idiomatum realis (wie sie vnser gegenteil verstehet / dadurch
nemlich die Menschheit in Christo nicht weniger / als seine ewige Gottheit /
almechtig / alwissend / allenthalben / ja Gott selber worden) sey consequens,
oder effectum Vnionis hypostaticae.
Was wird aber hieraus folgen? Erstlich / ists ein consequens, oder effect der
persönlichen vereinigung / so kans nicht zugleich sein consequens, oder effectum
exaltationis, seu glorificationis. Denn dieselbige folgt vber 34. Jar nach der
persönlichen vereinigung. Also sind der Vbiquisten gloss nichts anders / denn
contradictiones, seu opposita in adiecto; da jmer ein wort das ander widerlegt /
wie albereit im anfang dieses arguments aus der Historia Symboli bewiesen ist.
|| [450]
Vber dieses / was alhie die Herrn Verfasser consequens (Fol. Apol. Erf. 107. b.) Vnionis hypostaticae
nennen / das wird in der disputation zu Witembergk / de dicto Psalmi 45. 9. Ianuarij, dieses 84. Jars / vom Herrn Licentiaten
Johann Schützen / Academiae illius procancellario, & primario Theologiae
professore gehalten / thesi 35. cognatum vnctionis
Messiae genent / daru̅ter nebe̅ andern auch dieses
erzehlt wird / quòd naturae finitae in Christo infinita potentia, &
gloria sit data: Item / vnter die effectavnctionis referirt der disputator (wie
die wort daselbst lauten) quòd Dominus in ministerij
sui curiculo erat, in manu habens animorum sensa, & consilia hostium,
tàm viuus, quàm moriens in cruce.
Sol nu diß bestehen / des nemlich der HERR vnser Heiland sey ein Hertzkündiger
worden durch die vnction / oder vnion / so mus ers entweder von ewigkeit zuuor
nicht gewesen sein / welchs (wie wir achten) vnser gegenteil selbst (vnd nicht
vnbillig) verwerffen wird / denn es wider die ewige Gottheit des Messiae
streitet.
Oder / Er ists von ewigkeit gewesen / vnd bleibts in ewigkeit / als warhafftiger
/ natürlicher / ewiger Gott. Er ists aber auch nach der Menscheit in der that
(wie die Vbiquisten fürgeben) worden.
So haben wir demnach in Christo zwo Hertzkündigerin / so wol als zwo almechtige /
alwissende / vnd allenthalhalbende Naturn. Die eine ist communicans, datrix,
effectrix, seu creatrix, anterior: Die andere acceptrix, communicata,
participata, effecta, creata, seu factitia, consequens; Jedoch eine so wol als
die andere cordium & renum scrutatrix.
Wie fern wird man denn nu abermal von der Anti
|| [451]
trinitarier / oder Arianer lesterung sein? Oder / wo wird die
beweisung der ewigen wesentlichen Gottheit in Christo bleiben? welche bißher
vnter andern / auch aus diesem attributo (wie billig) genomen / das man nemlich
wider die Ketzer also geschlossen hat / wie folget.
Christus weis / was in der Menschen Hertzen ist / vnd darffs jm niemand sagen.
Johann. 2. Darumb ist er ewiger / alwissender / wesentlicher Gott.
Denn ob gleich vnser gegenteil excipiren wolt: Er sey so viel desto mehr
wesentlicher Gott / dieweil er so̅st seine Menscheit nicht hett
alwissend / noch zur Hertzkündigerin machen können: so helts doch den stich
nicht / sondern ist wider sie selbst. Sintemal eben darumb der beweis vngewis
werden müste / dieweil alwissenheit / vnd die Hertzen prüfen / auch von einer
Creatur könte gesagt werden.
Zu deme / ists wider die austrückliche göttliche Schrifft / welche bezeugt / das
Jesus seiner Feinde boshafftige gedancken erkant habe spiritu suo, in / oder mit
seinem Geist / Marci 2. welchs eben die art zu reden ist / die Petrus füret /
Mortuus carne, viuificatus Spiritu. 1. Pet. 3. 4. Denn der Euangelist Marcus des Apostels Petri
Jünger gewesen / vnd seine Sprach behalten. Wie denn auch der Apostel Paulus
gleiche art zu reden füret / Rom. 1. das nemlich Jesus Christus / vnser HERRE /
geborn sey von dem Samen Dauid nach dem fleisch / vnd erweiset der almechtige
Son Gottes nach dem Geist / der da heiliget / durch die aufferstehung der
todten. Welcher Geist der heiligung eigentlich ist sein ewige Gottheit. So
spricht der Euangelist Lucas am 5. vnd die Krafft des HERrn gieng von Jesu / vnd
halff jederman. Sind denn die mirackel zeugnis / das
|| [452]
Jesus sey der HERR / Jehoua / das ist / ewiger wesentlicher Gott / so sind sie
ja freilich nicht aus empfangener / oder mitgetheilten Maiestet / almacht / oder
Krafft der Menscheit Christi geschehen (wie das Concordibuch fol. 307.
felschlich fürgibt) ob wol dieselbige zu weilen (nicht aber bey allen) das jre
mit dazu gethan hat.
Zum fünfften / die Amptswercke betreffende / als lebendigmachen / Johann. 6. das
Gericht halten / Johann. 5. von Sünden reinigen / Matth. 9. 1. Johann. 1. vnd
dergleichen: ist der Son Gottes darumb Mensch worden / vnd hat sein angenomene
Natur in sich nicht allein geheiligt / sondern auch mit vbernatürlicher sterck /
Weisheit / vn̅ volkomenheit / weit vber vnser Vernunfft gezieret /
auff das er in / mit / vnd durch dieselbige das Werck vnser Erlösung ausrichte.
Er ist aber / als ewiger Gott / für sich allein mit dem Vater / vnd heiligem
Geist / almechtig / alwissend / allenthalben blieben / denn sonst sein angenomen
fleisch nicht hette dem tod können vnterworffen sein.
Gehören derwegen solche Amptswolthaten freilich dem Messiae nach beiden Naturn zu
/ nicht aber darumb / das beide Naturn einerley Krafft / vnd Wirckung gehabt /
sondern das zu vnserm Heyl vngleiche Werck / vnd demnach vnterschiedene Krafft /
wie auch vnterschiedene Naturn / erfordert worden / nemlich / den todt leiden /
vnd vberwinden / die Sünde büssen / vnd die Gerechtigkeit wider bringen / etc.
dazu ein solche Person gehörte / die zugleich Gott / vnd Mensch were / auff das
der sieg / in / mit / vnd durch vnser Natur erhalten / Gott im leiden das Lob
der
|| [453]
Gerechtigkeit / mit gedult / vnd gehorsam
zugeschrieben / vnd der todt Christi nicht allein der Sünden gleichwichtig /
sondern auch vberwichtig befunden würde / ein zwiefachs gut vns dadurch zu
erwerben / nemlich nicht allein vergebung / oder absolution / vnd befreyhung von
der Sünden / vnd ewigen straff / sondern auch verdienst / vnd widerbringung des
ewigen Lebens.
Diß alles hat vns dieser Immanuel erhalten / merito, & efficacia sua:
durch sein heilig verdienst / vnd göttliche Krafft. Derwegen wir auch jm / als
Gott / vnd menschen / one trennung / vnd vermischung seiner vnterschiedenen
Naturn / eigenschafften / vnd Wirckungen / mit einerley Gebet / vnd dancksagung
dafür ewiglich Lob / Ehr / vnd Preiss sagen. Wie solchs alles in Epistola Leonis
ad Flauianum, welche billig heisst columna orthodoxae fidei, zu Chalcedon wider
Eutychen tröstlich / vnd ausfürlich erkleret / darinn vnter andern auch diese
Regel stehet / dabey wirs einfeltig mit allen fromen Christen beruhen / vnd
bleiben lassen:
Ein jede Natur in Christo wircket das jhre / mit der andern gemeinschafft / oder
vereinigung / one vermischung / vnd trennung: Also das das ewige Wort / was des
Worts ist / wircket; das angenomen fleisch aber / was dem fleisch zugehöret /
verrichtet. Die eine Natur schimmert / vnd glentzet von mirackeln; die andere
ligt vnter dem Creutz / vnd klagt vber gewalt. Bißher Bischoff Leo.
Es wolle aber der Christliche Leser von vbung der Wunderwerck Christi / vber die
andern schöne
|| [454]
Sprüche / in vnser Apologien pag. 401.
angezogen / auch diesen erwegen / von dem mirackel zu Cana / dadurch der HERR
den Jüngern seine Herrligkeit / das ist / die krafft seiner ewigen Gottheit /
vnd nicht (wie es vnser gegenteil misdeutet) die erdichte maiestet der
empfangenen almacht / oder Krafft seiner angenomenen Menscheit offenbahret.
Den̅ also schreibet hieuon ein alter Lerer / Maximus genant:
Credamus carissimi, ipsum esse Dei Filium, quem Filium hominis confitemur.
Credamus, illum nostrae naturae consortem, & paternae substantiae
coaequalem: quoniam & nuptijs interfuit, vt homo: & aquam in
vinum mutauit, vt DEVS.
Das ist: Mein allerliebsten / lasst vns gleuben / vnd nicht daran zweiffeln / das
derselbige warhafftig der ewige Son Gottes selbst sey / welchen wir des Menschen
Son nennen / vnd bekennen. Lasst vns vngezweiffelt / vnd festiglich gleuben /
das er vnser Natur an sich genomen / vnd doch eines Wesens mit dem ewigen Vater
sey. Denn als ein Mensch / war er auff der Hochzeit zu Cana / Er machte aber aus
dem Wasser den Wein / als der warhafftige / ewige / wesentliche Gott / aller
ding Schöpffer / vnd Erhalter.
Belangend den Spruch / Johann. 3. Gott gibt jhm (Fol.
Apol. Erf. 108. a.) den Geist nicht nach der
mass / schemen sich die Herrn Verfasser nicht / vns einer schendlichen verkerung
desselbigen zu beschüldigen. So wir doch in vnser Apologien pag. 403. die hoheit
/ Maiestet / vnd Herrligkeit der angenomenen menschlichen Natur in Christo /
durch fünff vnterschiedene grad / nicht allein dermassen aus Gottes wort
ausgefüret / vnd durch verleyhung Gottes des heiligen
|| [455]
Geistes illustrirt / das sie nichts dawider mucken dürffen / vnd dergleichen
liechte erklerung in all jhren büchern nicht zu finden: Sondern wir haben auch
daselbst fol. 404. die Regel / mit welcher sich etliche one verstand flicken /
vnd bementeln wollen: Quòd caro Christi sit finitae naturae, sed infinitae
potentiae; durch D. Selneckers eigene limitation erklert / das wir nemlich / so
fern dieselbige Infinitas potentiae nicht absolutè, sondern respectu nostri
verstanden werde / damit friedlich. Nach welcher meinung aber / dieselbige
potentia carnis Christi, ob sie gleich infinita respectu nostri genent möchte
werden / gleichwol nicht sey eadem genere & numero cum increata
& absoluta Dei omnipotentia.
Wollen sie denn solches nicht gut sein lassen / so wird D. Selneckern gebüren /
das er auch sein exegema (dieweil er doch one das / nach ausweisung seiner newen
praefation in Genesin, reuocirens gewohnt ist) widerruffe / vnd also werden sie
nicht fürüber können / den Monotheliten (mit welchen sie es ohne das gewislich /
vnd in der that / wiewol noch zur zeit heimlich halten / dieweil sie es mit
austrücklichen worten nicht gestehen dürffen) öffentlich beyzufallen. Welche
gleichsfals mit dem Munde zweierley Naturn in Christo bekanten / aber
dieselbigen mit den Monophysiten (wie hernach im 41. argument sol angezeigt
werden) in der that verleugneten / dieweil sie der Menscheit so wol / als der
Gottheit infinitam, vnd demnach potentiam, atque scientiam vnam, eandemque
genere, ac numero, beiden Naturn Christi zuschrieben.
Ist derwegen ohne noth / das wir vns dißfals ferner mit jnen einlassen / sondern
weisen den Christlichen Leser zu
|| [456]
der ausfürlichen
erklerung dieses schönen Spruchs / welche in Collatione catholicae, &
órthodoxae Christianorum fidei de persona Christi, & sacra eius coena,
cum disputatione Anno 80. VVitebergae habita,
vnterschiedlich zu finden ist / (Fol. Apol. Erf. 108. a.) pag. 103. Item / 201. 202. Mit welcher
declaration auch der Spruch Tertulliani / alhie angezogen / vberein trifft / vnd
also des gege̅teils Lehr viel mehr widerlegt / als stercket / oder
entschüldiget.
Damit aber die Herrn Verfasser der Erfurdischen Apologien vrsach habe̅ / diesem herrlichen Spruch forthin ein besser Liecht zugeben /
den̅ (leider) bißher aus jren finstern glossen geleuchtet / so
habe̅ sie obgedachter Meintzische̅ Jesuiten
meinung für sich / darauff sie / als Seulen / vnd Liechter der newuereinigten
Kirchen / billig ampts vnd Gewissens halben (auff das die hohen Heupter / welche
bißher schendlich von jnen betrogen / vnd hinder das Liecht verfürt worden sind
/ klar erkennen mügen / ob sie / oder jr gegenteil / die Warheit für sich haben
/ vnd vertheidingen) nicht mit stillschweigen / noch scheltworten (wie jhr
gebrauch ist) sondern mit Schrifft / vnd gutem grunde zu antworten sich schuldig
achten werden. Der Jesuiten wort stehen cap. 6. thes. 70. die wir in jrem werth
lassen / vnd erwarten des gegenteils erklerung / oder widerlegung. Sie lauten
aber also.
Verba illa Ioannis Baptistae (Non enim ad mensuram dat Deus Spiritum: Ioann. 3.) an ad Christum solum pertineant, incertum est. Nam
ille, vt suis Discipulis persuaderet, Christo, quàm sibi, maiorem contigisse
gratiam; rationem illam generalem adfert. Non enim ad mensuram dat Deus
Spiritum; q.d. Deum beneficium gratiae suae non circumscripsisse certis
limitibus, sed alijs minorem, alijs
|| [457]
maiorem gratiam
conferre. Et si ad Christum solum pertinerent, non Verbo praesentis temporis
(dat) sed praeteriti potius (dedit) vsus fuisset.
Si verò ad Christum solum cum plerisque S. Patribus ea referre velimus, eandem
habent intelligentiam cum sententia Apostoli iam explicata, vt annotauit B.
Cyrillus, & Theophylactus: vt Spiritum sine mensura accepisse dicatur
ratione diuinitatis, quae fons est omnis gratiae, omniumque thesaurorum
sapientiae, & scientiae.
Quanque & ratione humanitatis dici potest sine mensura gratia̅, omnesque thesauros sapientiae accepisse; quoniam summum
gratiae, sapientiaeque creatae donum, non parcè, & ad mensuram certam,
vt in ceteris Sanctis, dimensum; sed quantum in creaturam aliquam conuenire
poterat, & quod omnibus gratiae effectib. ornatu̅,
& cumulatu̅ esset, accepit.
Mensura, inquit B. August. diuisio quaedam donorum est; alij enim datur per
Spiritum sermo sapientiae, alij sermo scientiae, &c. At in Christi
animum non diuisio donorum, sed omnia simul dona, quae hominibus communicari
solent, tanquam in fontem confluxerunt, vnde in Ecclesiam perpetuò redundarent.
De plenitudine enim eius omnes accepimus.
Quam admirabilem vim, & efficacitatem actu quidem finitam (gratia enim
inhaerens animae Christi, vt qualitas creata, ita & finita est) potentia
autem, & virtute quasi infinitam habet humanitas Christi non solùm ex
gratia Vnionis personalis; hoc est, quia secundum hypostasin Diuinitati infinito
fonti omnis gratiae inseparabiliter coniuncta est; sed quia gratia illi collata
non particularis, vt in ceteris omnibus creaturis, sed
|| [458]
vniuersalis est, quae in vniuersum genus hominum redundare possit.
Non admodum, vt exemplo res fiat clarior, dissimilis virtuti Solis. Nam sicut Sol
causa vniuersalis, licet reuera definitam vim habeat, & efficacitatem,
non tamen influit in tot homines, quin in omnem aeternitatem possit in plures;
sic humanitas Christi vim gratiae spiritualem non tot contulit hominibus, quin
pluribus in sempiternum conferre possit. Ad quam magnitudinem gratiae Christi,
nemo purus homo vllis virtutum exercitationibus peruenire posse videtur; sicut
linea, quantumcunque protrahatur, nunquam superficiei; & angulus acutus
nunquam aequari poterit recto. Haec illi.
Das neun vnd dreissigste Anhaltische Argument.
(XXXIX.)
VOn dem neun vnd dreissigsten argument haben sie in jrer vermeinten
refutationschrifft wider vnser bedencken vber die praefation des Concordibuchs /
ein fast beschwerlich / aber in sich selbst gantz vnförmlich / dazu ohne grund /
vnd durchaus affectionirt geschwetz gefüret. Darauff wir jnen in vnser Apologien
/ vom 405. blat anzufahen / biß vffs 423. mit solcher auffrichtigkeit / vnd
bestendiger wolgegründter Warheit begegnet / das sie nu kein wort mehr dawider
auffbringen können.
Damit sie aber der Warheit sich nicht gefangen geben (Fol. Apol. Erf. 108. b.) (welches sie jnen zur
schande / so es doch jhr höchste Ehr sein würde / zuziehen) so remittiren sie
vns herfür ins dritte
|| [459]
Capitel. Wollen derwegen mehrer
richtigkeit / vnd angestelter Ordnung halben / auch diß vnser argument auffs
kürtzeste widerholen / vnd jre verantwortung / dahin sie vns remittiren /
darauff erwegen. Wir schliessen also.
Ist die menschliche Natur in Christo almechtig / alwissend / allenthalben / so
hat sie angefangen solches zu sein / entweder vom augenblick jhrer empfengnis /
oder geburt / oder aufferstehung / oder Himelfahrt an zu rechnen.
Sie hats aber von derselbigen zeit keiner zu sein / noch zu werden / anfahen
kön̅en / denn sonsten alle dieselbigen Artickel vnsers
Christlichen Glaubens in ein purlauter gespenst / Fabel / gedicht / vnd
vergeblich spectackel verkeret / vnd nicht mehr für ein Historien gelten würden
/ welche doch zugleich mit göttlichen / Englischen / vnd glaubwirdiger Menschen
zeugnis / Mund / vnd Federn bekrefftiget / vnd mit so viel tausent heiliger
Merterer bluth / welchs köstlich für Gott geachtet wird / versiegelt sind.
Derhalben folgt vnwidersprechlich / das die Lehr von der almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit der angenomenen menschlichen Natur in
Christo / falsch / vnd verwerfflich sey. Bißher vnser argument.
Was sie nu hiebeuor für behelffreden / vnd ausflüchte / diesen jhren newerdichten
Glaubensartickel / wie sie jhn gern dafür wolten gehalten haben / zu stützeln
auff die bahn gebracht / findet der Christliche Leser in vnser Apologien / wie
vermeldet / nottürfftig widerlegt. Itzt wöllen wir / vmb geliebter kürtze willen
/ nur auff die Erfurdische Sophisterey antwortenten / wie folget.
Erstlich vermischen sie die ewige Gottheit mit der menschlichen Natur / vnd
ziehen die Mirackel / dadurch
|| [460]
Christus seine
Herrligkeit offenbaret / vnd leuchte̅ hat lassen / auff die
mitgeterlte empfangene Maiestet der Menscheit. Dazu schewen sie sich nicht / die
aller trostreichsten Sprüch / welche die ewige Gottheit in Christo wider die
Ketzer beweisen (Fol. Apol. Erf. 61. b.) / zu misbrauchen. Denn (sagen sie) Johannis 1. stehet ja
austrücklich geschrieben: Wir sahen seine Herrligkeit / vnd Johann. 2. Jesus
offenbarte seine Herrligkeit / So mus er sie ja freylich gehabt haben. Item /
das er von seiner Mutter / vnuersehret jhrer Jungfrawschafft geborn / sol ein
Werck der empfangenen almacht des maiestetischen fleisches sein.
Aber hiewider bedarffs keiner antwort / dieweil sie im ersten Spruch (wie jhr
Meister / des geist sie treibt / Matthae. 4.) ein fallaciam diuisionis begehen /
vnd die erklerung desselbigen Spruchs / welche dazu gehört / auslassen: Nemlich
/ Wir sahen seine Herrligkeit / Was für eine Herrligkeit? Nicht zwar eines
maiestetischen / almechtigen / alwissenden / allenthalbenden fleisches / sondern
eine Herrligkeit / als des eingebornen Sons vom Vater. Johann. 1. So ist ja das
ewige Wort nicht seiner angenomenen Menscheit / sondern seiner Gottheit halben /
der eingeborne vom Vater.
Also im andern Spruch / Jesus offenbahrete seine Herrligkeit / stehet abermal die
erklerung dabey / welche man nicht solt dauon zwacken: vnd seine Jünger gleubten
an jn / Johann. 2. Verstehe / wie es zuuor gelautet / als an den eingebornen Son
Gottes: mit nichten aber / als an einen maiestetischen vergötteten Menschen /
wie Nestorius / vnd Eutyches geschwermet.
Denn die Sprach des Euangelisten Johannis ist bekant / das nemlich sölche / vnd
viel mehr Zeichen Jesus für
|| [461]
seinen Jüngern gethan /
die auch zum teil (aber nicht alle) beschrieben sind / auff das wir gleuben /
Jesus sey Christ / der Son Gottes. Johan. 20. Darum̅ auch Petrus
an stadt der andern Jüngern antwortet: HERR / du hast wort des ewigen Lebens /
vnd wir haben gegleubt / vnd erkant / das du bist Christus / der Son des
lebendigen Gottes. Johan. 6.
Item / da der Lamgeborne arme Bettler vorm Tempel zu Hierusalem / durch den Namen
Jesu gesund war worden / antwortet Petrus denen / die sich darob verwunderten /
vnd bezeugte / das Gott hiedurch sein Kind Jesum / den Fürsten des Lebens / habe
verkleret / vnd also bestetiget seinen Namen. Act. 3. Daraus offenbar / das die
mirackel alle im newen Testament fürnemlich dahin gehen / das man erkenne / vnd
bekenne / das Jesus Christus der HERRE / das ist / der eingeborne Son des ewigen
Gottes / vnd also von natur gleichewiger Gott sey / zu vnserm Heil in diese Welt
gesand / vnd in vnserm fleisch offenbaret / zur Ehre Gottes des Vaters. 1. Tim.
3. Phil. 2.
So viel aber die Geburt vnsers Heilandes von der Jungfrawen betrifft / kan
dieselbige der Menscheit / noch einiger mitgeteilten Krafft / so die Menscheit
empfangen sol haben / so wenig zugeschrieben werden / als das sie in der
Jungfrawen Leib / vber natürlicher weis vom heiligen Geist durch vberschattung
des almechtigen / Lucae 1. empfangen: Sondern ist vnd bleibt ein Werck der
vnerforschlichen almacht Gottes / von welchem der 22. Psalm sagt: Denn du / mein
GOTt / vnd HERr (nicht die empfangene Maiestet / oder almacht meines fleisches)
hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen / du warest meine zuuersicht / da ich
noch an meiner Mutter brüsten war. etc. Freylich ists eine
|| [462]
Schand / ja grosse Sünde / vnd Lesterung / das vnser gegenteil
solche herrliche Sprüch / durch jhre erdichte Maiestet so schrecklich verderbet.
Ist aber die menschliche Natur Christi so bald in Mutter leib / vom augenblick
der empfengnis an / allenthalben gewest / wie D. Johann Matthaeus in seinem
tractätlein de Vnione hypostatica pag. 86. geschrieben /
vnd die (Fol. Apol. Erf. 61.
b.) Erfurdischen Apologien alhie setzet / das die menschliche Natur von der
empfengnis an sölche göttliche Maiestet bekomen / vnd nennet dasselbig die
vnwandelbare ewige Warheit / welche nicht könne verneinet werden / man wolte
denn Gottes Wort (dem sie doch mit dieser gloss gewalt thun) selbst verleugnen:
wie kans denn fehlen / das die Geburt zu Bethlehem / nach der Apollinaristen /
vnd Marcioniten lesterung / kein gespenst gewesen sein solt?
Die beide Sprüche Gregorij Nysseni / vnd Leonis Epist. 81. alhie von den Herrn
Verfassern angezogen / gehen (Fol. Apol. Erf. 62. a.) weiter nicht / denn vff die gratiam
Vnionis. Wie auch vnser gegenteil obiter hiebey annotiren mag / das Bischoff Leo
die menschliche Natur nennet formam serui, etiam quatenus in gloriam diuinae
potestatis per Vnionem hypostaticam euecta est. Wie kan denn das gedicht von
ablegung der angenomenen Knechtsgestalt in der glori / bestehen?
Denn das ferner vnser gegenteil fürgibt / vnd streitet / die menschliche Natur
hab jhre maiestet zur zeit der exinanition hinderhalten / biß nach der
aufferstehung / ist wider Gottes wort / vnd alle rechtgleubigen alten Lerer: wie
wir in vnser Defension wider D. Johann Matthaeum / bey seinem 62. absurdo, vom
280. blat anzufahen / biß vffs 284.
|| [463]
mit vielen
trefflichen Sprüchen augenscheinlich dargethan / vnd erwiesen haben. So ist auch
daselbst / bey dem 42. paradoxo, die Regel Lombardi / ex Augustino; Res tunc
dicitur fieri, cum incipit manifestius patefieri; derer alhie fol. Apol. Erf.
62. one rechte application gedacht wird / ausfürlich
erklert / das wir dißfals den Christlichen Leser ferner auffzuhalten / für
vnnötig achten.
Die alte Schulregel; Totus Christus est vbique, sed non totum Christi (von
welcher D. Selnecker zu Leipzig in einer disputation / als er von derselben
gefragt worden / sich öffentlich erkleret: illam regulam esse Sacramentariam)
wolten sie gern verwerffen / wenn sie mit fugen könten.
Sie geben aber dreierley antwort: Erstlich können(Fol.
Apol. Erf. 108. b.) sie nicht fürüber zu
bekennen / es sey war / das Damascenus lib. 3. cap. 7. die wörtlein totus, vnd totum vnterscheide / wie
alius, vnd aliud. Vnd eben hiemit haben sie vnser / ja aller rechtgleubigen
wolgegründete / vnwidersprechliche meinung wider sich selbst bestettiget.
Denn weil in Christo zweierley müssen betrachtet werden: Vnitas personae contra
Nestorium, & distinctio naturarum contra Eutychen: Das ist; die
einigkeit der Person / vn̅ vereinigung der beide̅
vnterschiedenen Naturn: So wird per communicationem idiomatum, einer jeden
Naturn eigenschafft de toto Christo, aber nicht de toto Christi; das ist / von
der gantzen Person / nicht aber von beiden Naturn zugleich praedicirt / oder
geredet / vnd verstanden. Als / leiden / vnd sterben / gehört Christo nach der
Person zu / nicht aber nach beiden Naturn. Darümb sagt man: Totus Christus
passus, & mortuus est, sed non totum Christi. Den̅ ob wol
nicht ein halber Christus für vns gelit
|| [464]
ten /
vnd gestorben / so hat doch nicht alles / was an Christo ist / leiden / vnd
sterben können / noch sollen. Sonst wer vnser Leben dahinden blieben / vnd gar
mit auffgangen / so könte auch die erklerung des Apostels nicht bestehen /
Christus ist getödtet nach dem fleisch / aber lebendig gemacht nach dem Geist.
1. Petri 3.
Zum andern / geben sie für: Nicht Damascenus / sondern Lombardus hab also
geredet: Totus Christus est vbique, sed non totum Christi. Wens denn schon also
wer / müsts drumb vnrecht geredet sein? Heisst nicht viel mehr die Regel: Non
quis, sed quid dicat, attendendum est. Was gehet vns die Person an / man sehe
auff die Sach.
Sagt denn nicht Damascenus lib. 1. cap. 17. Solius Dei est, vbique esse. Item: Sola Deitas est
incircumscripta. Vnd was redet Vigilius Martyr im negstfolgenden viertzigsten
argument anders / lib. 4. contra Eutychen? Ja Gottes
wort selbst bekrefftigt diese Regel. Denn als Christus zu Cana war / da war er
mit seinem Leib sonst nirgend / vnd erfült gleichwol / als warhafftiger / ewiger
Gott / Himel / vnd Erden: das also freilich totus Christus, die gantze Person
vberal war / jedoch nicht nach beiden Naturn / sondern mit seinem Leib war er
damals nur zu Cana. Johann. 2.
Zum dritten / geben sie für / es folge eine trennung der Person daraus / vnd man
werde endlich dahin geraten / das man diese vnchristliche Reden vertheidingen
müsse: Quòd Christus non vbicunque est, homo sit: nec vbicunque est, vnitus sit
homini, siue humanae assumtae naturae.
|| [465]
Darauff antworten wir / das viel mehr aus vnsers gegenteils wohn / vnd gedicht
sölches folge. Denn sol Christus nach beiden Naturn allenthalben sein (wie sie
fürgeben) wo wird denn in Christo das jenige bleiben / welchs da heisst / vnd
ist / fleisch von vnserm fleisch / gebein von vnserm gebein / vnd geblüth vo̅ vnserm geblüth? Freilich wird solchs an Christo durch die
allenthalbenheit beider Naturn gantz / vnd gar abgetilgt / vnd verleugnet /
sönderlich dieweil das Concordibuch fol. 302. austrücklich setzt / Christi Leib
/ wie er auff Erden gangen / sey nicht in Gott. Wie hat denn der eingeborne Son
Gottes seine Herrligkeit zu Cana offenbaren können?
Also stösset jhr erdichte allenthalbenheit zugleich die warhafftige gegenwart des
heiligen Fronleichnams Jesu Christi im hochwirdigen Abentmal gantz vmb / vnd zu
boden. Sintemal vns mit nichten ein sölcher Leib vom HERrn zu niessen verordnet
/ der Himel / vnd Erden erfüllete / sondern der für vns am stamme des Creutzes
auffgeopffert / vnd in den todt gegeben ist.
Der Spruch Didymi de Spiritu sancto, erklert sich selber / vnd ist hiebeuor / da
de tribus modis essendi geredet /(Fol. Apol. Erf. 109. a.) dieser nichtige behelff / so alhie
von vnserm gegenteil widerholet / gnugsam widerlegt worden.
Vff das argument de dextera Dei zu antworten / weisen wir die Herrn Verfasser zu
den Jesuiten. Denn weil sie von vns keinen bericht der Warheit annemen wollen /
so lassen wir sie mit denselbigen zusammen. Ihre wort in mehrgedachter
disputation / capite 10. thesi 109. lauten also: Nunc
repetamus argumentationem istorum subtilem, Christus sedet ad
|| [466]
dexteram Patris; at dextera Patris est vbique; humanitas ergo
vbique est; quae hoc ineptior est, quo plura in ea peccantur. Nam ex illa non
efficitur aliud, quàm Christum hominem, vel humanitatem in concreto ratione
suppositi esse vbique.
Deinde vitiosa argumentatio est, immò sophistica collectio, sicut & haec:
Caput hominis toti animae rationali coniunctum est; sed anima rationalis est in
toto corpore; ergo & caput.
Nam humanitas vt admittatur siue in concreto, siue in abstracto sedere ad dextram
Patris secundum se totam; non tamen sedet totaliter, hoc est, vbicunque dextra
Patris est. Nam Dextra Patris vbique est; non autem vbique est humanitas.
Sicut caput hominis licet totum toti animae rationali coniunctum sit; non tamen
coniunctum est totaliter, hoc est, vbicunque est anima. Nam anima est in
omnibus partibus humani corporis; caput autem non est in omnibus. Haec illi.
Hierauff gebürt vnserm gegenteil zu antworten. Denn sie nicht wider vns sich auff
zulehnen vrsach haben. Wollen sie aber fechten / so werden jnen / zweiffels one
(beuoraus in diesem stück der Christlichen Lehr) die Jesuiten mit gutem grund /
vnd bestand / Manns gnug sein. Wie wir vns denn nicht zu schemen haben / es in
deme / was recht / vnd war ist / mit jnen zu halten.
Ferner wolten sie den Christlichen Leser gern vberreden (Fol. Apol. Erf. 109. a.) / Origenes sey seiner
meinung vngewis gewesen / da er vom HERRN Christo schreibt / hom. 33. in Matth. Er sey weggereyset / vnd von vns abwesend
/ souiel seinen Leib / vnd nicht die Gottheit anlange. Vnd das hiedurch die
|| [467]
vereinigung nicht getrennet / sondern einer jeden
Natur eigenschafft erhalten werde. Vnd zwar solche vngewisheit zu beweisen /
füren sie ferner seine wort ein / das es nach vnterschiedenem verstand beides
recht sey gesagt: Christus ist abwesend / vnd ist doch allenthalben gegenwertig
/ gleich wie der Apostel von den Heiligen auff Erden sagt / das sie dem Leibe
nach / vom HERRN wallen / Denn sie wandeln im Glauben / vnd nicht im schawen. 2.
Cor. 5.
Was kan denn nu für ein vngewisheit in Origenis meinunge sein / weil vnser
gegenteil selbst bekennen mus / das er auff diese weis / wie der Apostel von vns
redet / sich erkleret hab? Oder / ist solchs / wie sie abermal vmb sich stechen
/ Sacramentirisch / so wird der Apostel selbst für einen Sacramentirer müssen
gehalten werden.
Was wöllen aber die Herrn Verfasser zu dem einhelligen consens aller alten
rechtgleubigen Kirchenlerer sagen? Denn das dieselbigen vngezweiffelt /
einmütiglich vnser Lehr / vnd meinung / wider der Vbiquisten gedicht beyfallen /
aus folgenden zeugnissen (dergleichen hauffenweis noch vnzehlich viel könten
angezogen werden / wie wir denn hiebeuor bey dem 21. argument derselbigen mehr /
sönderlich aus den bewehrten Schrifften Augustini / erzehlet haben) klar zu
erkennen ist. Welche wir / dem Christlichen Leser zu dienen / damit er sich von
des gegenteils vngegründetem geschrey / dadurch sie die aller trostreichste /
vnd gewisseste Glaubensartickel gern wolten in vngewisheit / vnd zweiffel ziehen
/ nicht lasse jrre machen / vffs kürtzeste alhie mit jhren (der alten
Scribenten) eigenen worten auffs trewlichste erzehlen wollen.
|| [468]
Athanasius apud Vigilium: Quomodo ait, vado ad Patrem, cum quo semper erat,
& à quo nunquam recesserat (Eius est enim ire, & venire, qui
aliquibus locorum terminis circumscribitur, & eum, in quo erat, deserere
locum, vt ad alium, vbi non erat, veniat) nisi quia vtique de illo, quem
assumserat, homine loquebatur?
Tertull. de Trin. Vbique inuocatum adesse, non hominis natura est, sed Dei, vt
adesse omni loco possit.
Cyrillus lib. 10. cap. 38. in
Ioann: Nullus ambigit, cum ad coelos ascenderit, quamuis virtute Spiritus semper
adfuerit, praesentia tamen carnis ipsum abesse.
Item; Etsi corpore absens sit Christus, Patri pro nobis apparens, & ad
dextram ipsius sedens; habitat tamen in Sanctis per Spiritum, nec patitur eos
orphanos esse, quibus coelum ascendens Spiritum misit. Non enim conuersari carne
cum Apostolis poterat, cum ad Patrem ascenderit. Hieraus ist offenbar / dz aus
der Himelfart / vnd sitzen Christi zur Rechten Gottes im Himel / so gar kein
allenthalbenheit des angenomenen fleisches kan / noch sol geschlossen werden /
das auch die alten Lerer das gegenspiel daraus erwiesen / vnd nichts desto
weniger der Lehr von dem heiligen Nachtmal nichts benomen haben.
Vigilius Martyr lib. 1. contra Eutychen. Dei Filius
secundum humanitatem suam recessit à nobis: secundum verò diuinitatem suam ait
nobis; Ecce ego vobiscum sum. Est igitur nobiscum, & non nobiscum, quia
quos reliquit, & à quibus discessit humanitate sua, non reliquit, nec
deseruit diuinitate sua.
Ambrosius lib. de Spiritu S. Omnis creatura certis suae naturae circu̅scripta est limitibus, nec creatura dicenda est,
|| [469]
quae non habet circumscriptam, determinatamque virtutem.
Augustinus serm. 60. de Verb. Domini: Semper quidem
nobiscum est diuinitate sua; sed nisi corporaliterabiret à nobis, semper eius
corpus carnaliter videremus, & nunque spiritualiter crederemus. Eben
dieses meinet Origenes / in obgedachtem Spruch / da er aus keinem zweiffel /
noch vngewisheit (wie vnser gegenteil alhie dichtet) sondern(Fol. Apol. Erf. 199. a.)
viel mehr aus rechtem Gewissen / vnd bestendigem grund schleusset / vnd sagt;
Christum peregrinari à nobis, quia scilicet manifesta visione non apparet. Wie
gleiches inhalts die Sprüche orthodoxae antiquitatis ferner lauten.
Fulgentius lib. 2. ad Thras. Vnus, idemque homo localis
ex homine, qui est Deus immensus ex Patre: vnus, idemque secundum substantiam
humanam absens coelo, cum esset in terra; & derelinquens terra̅, cum ascendit in coelu̅; secundu̅
diuina̅ verò, immensamque substantiam, nec coelu̅ dimittens, cum de coelo descendit; nec terram deserens, cu̅ ad
coelum ascendit. Quod ipsius Domini certissimo potest dignosci sermone, qui vt
localem ostenderet humanitatem suam, dicit discipulis suis; Ascendo ad Patrem
meum, & ad Patrem vestrum; Deum meum; & Deum vestrum. De Lazaro
quoque cum dixisset; Lazarus mortuus est: adiunxit dicens; Et gaudeo propter
vos, vt credatis, quoniam non era̅ ibi. Immensitatem verò suae
diuinitatis osten dit discipulis, dicens; Ecce ego vobiscum sum omnibus diebus
vlque ad consummationem seculi. Quomodo autem ascendit in coelum, nisi quia
verus, & localis est homo? Aut quomodo adest fidelibus suis, nisi quia
immensus, & verus est Deus?
Er lib. 3 Idem, atque inseparabilis Christus secundum
rotu̅ hominem, quem accepit, terra̅ localiter
deserens, ad coelum
|| [470]
ascendit, & in dextris
Dei sedet: secundum eundem totum hominem venturus est ad iudicandum.
Diese / vnd dergleichen helle / schöne / trostreiche zeugnis / derer noch viel
könten zusammen gezogen werden / beweisen öffentlich / das vnsers gegenteils
gedicht von der allenthalbenheit der menschlichen Natur in Christo / von der
gantzen rechtgleubigen Kirchen / seid Christi Geburt / verworffen gewesen. So
mögen sich derwegen die armen / verfürten / blinden Subscribenten wol bedencken
/ was sie einmal vor Gott / vnd jrem Gewissen für rechenschafft geben wollen /
dieweil sie wider die heilige Schrifft / vnd wider die gantze rechtgleubigen
Kirchen einer solchen grewlichen Lehr beypflichten / dadurch alle gewisheit /
Trost / Ehr / Freud / vnd Hoffnung vnsers warhafftigen / algemeinen /
Catholischen / Christlichen / vnd allein seligmachenden Glaubens auff einmal
verleugnet wird.
Vnd zwar die Herrn Verfasser schemen sich nu mehr selbst des gedichts von der
allenthalbenheit des Leibs Christi in allen Creaturn. Derwegen sie alhie / fol.
Apol. Erf. 109. vnd hernach cap. 9. fol. 172. ein newe distinction / die jr selbst
widerspricht / auff die bahn bringen (de Vbiquitate vniuersali, &
restricta) von der algemeinen / vnd special vbiquitet. Gleich als könte etwas
allenthalben heissen / das nur an gewissen / vnd nicht an allen Orten sey. Sie
ziehen auch diese jre newe meinung / welche viel gröber ist / als die vörige /
zu schmücken / viererley erklerung an.
(Fol. Apol. Erf. 172. a.)
Erstlich geben sie für / das sölche Reden im Christlichen Concordibuch nicht
sichen / sie haben auch dieselbigen nie gebraucht / noch brauchen wöllen:
Nemlich / das Chri
|| [471]
stus mit seinem menschlichen
Leib in allen Creaturen sey / als in Laub / Grass / Steinen / öpffeln /
bierkanten. etc.
Zum andern / Christus sey mit seiner angenomenen Menscheit nicht allenthalben /
sondern nur bey seiner Kirchen / vnd im heiligen Abentmal. Mehr könne man aus
Gottes wort nicht beweisen.
Zum dritten / Jedoch / weil die Schrifft sage / das(Fol. Apol. Erf. 172. b.) Christus alles
erfülle / Ephes. 1. 4. Darümb sey jhm auch nach seiner angenomenen menschlichen
Natur alles gegenwertig. Vnd solchs sey im Concordibuch / fol. 245. 307. recht
geleret / welchs von keinem Menschen mit warheit widersprochen / noch verleugnet
werden könne.
Zum vierten / das nichts desto weniger diese abstractiua(Fol. Apol. Erf. 173. a.)
locutio (wie sie reden) die substantz des Leibs / oder fleisches Christi ist in
allen Creaturn / weder zugebrauchen / noch zu billigen sey: Sondern man sol
sagen / das Christus auch als Mensch / oder nach seiner angenomenen menschlichen
Natur allen Creaturn gegenwertig sey / vnd gegenwertig alles regiere. Denn also
rede das Christlich Concordibuch.
Wenn man nu diese vier opiniones mit einander solte conferiren / so wird ja
niemand so grob sein / der nicht von sich selbst verstehe / das jmer eine wider
die ander lauffe / vnd also der Vbiquisten gedicht (wie aller vnwarheit art ist)
sich selbst zerstöre. Denn das wir jtzt nur die erste ein wenig examiniren / so
wird dieselbige durch nachfolgende gründe augenscheinlich widerlegt.
Erstlich / So Christus nicht allein als Gott / sondern
|| [472]
auch souiel seine Menscheit betrifft / bey allen Creaturn / vnd nicht nur bey
ctlichen / gegenwertig ist / wie der dritte Spruch aussagt: So wird er ja auch
allen steinen / Bewme̅ / öpffeln / Grass / Thieren / vnd Bestien
gegenwertig sein.
Zum andern / füren sie den beweis aus dem 8. Psalm / wie Christus nach seiner
Menscheit alles erfülle. Nu wird ja daselbst in sönderheit gedacht / der Schafe
/ vnd Ochsen alzumal / dazu auch der wilden Thier / der Vogel vnter dem Himel /
Fisch im Meer / vnd was im Meer gehet. Wie kan denn die Menscheit hieuon
ausgeschlossen sein?
So bezeugt ja der Apostel / Hebr. 2. Das / in dem Christo alles (was vnter Gott
ist. 1. Cor. 15.) vnterthan worden / Gott nichts hab gelassen / das jm nicht
vnterthan sey. Sol denn alles zu seinen Füssen haben / so viel heissen / als
allen Creaturen gegenwertig sein: So werden sie ja stein / Holtz / (Fol. Apol. Erf. 68. a. 171. b. 172. a.) Laub /
Grass / Viehe / vnd alle / so wol vnsaubere / als saubere Orter (damit wir
vnsers gegenteils höffliche wort gebrauchen) von der algegenwertigkeit der
angenomenen menschlichen Natur Christi nicht können ausschliessen / sie wolten
denn verleugnen / das es Creaturen weren. Ist demnach die general vbiquitet von
jhnen wider sie selbst bestettigt.
Zum dritten / das Christus auch nach seiner Menschheit allen Creaturn gegenwertig
sey / vnterstehen sie sich aus dem artickel von seinem sitzen zur rechten Gottes
zu erweisen. Vnd bedencken nicht / das obwol die menschliche Natur in Christo
freilich mit / in dieselbige Herrligkeit erhoben / sie doch nicht die rechte
Gottes / wie das ewige Wort ist / selbst worden / sondern sey / vnd bleib ein
Creatur / vnd sitze wol zur rechten Gottes / aber nirgend anderswo / denn droben
im Himel. Col. 3.
|| [473]
Dieweil denn solchs bey jhnen nicht gilt / so folgt ja aus jhrem eigenen (wiewol
für sich gantz nichtigen) beweis / das die Menscheit Christi / so wol als die
Rechte Gottes allenthaben / vnd demnach von keiner Creatur / wie sauber / oder
vnsauber / gering / oder hoch sie sey / ausgeschlossen könne werden. Was ist
aber diß anders / denn die algemeine allenthalbenheit?
Zum vierten / sol jhnen beym Apostel / da gesagt wird: Christus sey vber alle
Himel gefaren / auff das er alles erfülle / Ephes. 4. dasselbige (alles
erfüllen) souiel heissen /(Fol. Apol. Erf. 67. b.) als bey dem Propheten / da geschrieben
stehet: Bin ichs nicht / der Himel vnd Erden erfüllet / spricht der HERR? Jerem.
23.
Nu erfüllet ja Gott alle Creaturen wesentlich / nach dem alten Spruch: Enter,
praesenter, Deus hîc, & vbique potenter. Daher auch Augustinus sagt:
Nusquam absens est, qui coelum & terram implet; nec spacijs includitur
paruis, magnisque diffunditur; sed vbique totus est, & nullo
continetur. Epist. 112. cap. 12.
& lib. 7. confess. cap. 5.
Sol nu die Menscheit Christi also allen Creaturen gegenwertig sein / wie Gott
alles in allem erfüllet / so kan ja die algemeine vbiquitet jhr nicht
abgesprochen werden / viel weniger wird der vierte Spruch bestehen / das sie
nicht wesentlich allenthalben sey.
Was aber eigentlich bey dem Apostel heisse / omnia implere; Ephes. 4. mag vnser gegenteil von D. Heshusio zu Quedlinburgk /
Item von obgedachten Jesuiten / lernen / aus jrer disputation zu Meintz / cap.
9. thesib. 100. 101. 102. 103. Der Christliche Leser
kan auch die Collationem doctrinae
|| [474]
orthodoxae cum
disputatione Iacobitica, dauon auffschahen / vom 238. blat anzufahen / biß vffs
242.
Im fall vnser Antagonisten diese erinnerung alle (jrer gewonheit nach) in wind
schlahen / vnd verachten wolten / solten sie doch billig bey sich des
Ehrwirdigen Herrn D. Lutheri autoritet gelten lassen / weil sie sich sonst stets
auff denselben pflegen zu steuren. Wie nu derselbe den angezogenen Spruch Pauli
verstehe / vnd auslege / sindet man in der Hauspostill vber das Euangelium am
tage der Auffart Christi / mit diesen worten: Denn solcher vrsach halben ist
Christus gen Himel auffgefahren / vnd sitzet zur Rechten Gottes / das / wie
Paulus sagt / Er alles erfülle / das ist / vns alles gebe / vnd schencke / das
wir zur Seligkeit / vnd ewigen Leben bedürffen. Bißher Lutheri wort / vnser
meinung durch aus gemess.
Zum fünfften / stehet der gantze grund vnsers gegenteils Lehr darauff / das die
Menscheit Christi aus krafft der persönlichen vereinigung mit dem Wort / alles
wisse / schaffe / vermöge / regiere / erfülle / vnd erhalte / dazu allen
Creaturn gegenwertig sey / nicht durch jre eigene / sondern in der that jhr
mitgeteilte / vnd empfangene göttliche almacht / alwissenheit / vnd
algegenwertigkeit.
Nu ist aber Gott mit seiner almacht / vnendligkeit / vnd Maiestet / in / vnd bey
allen Creaturen: Enter, praesenter, & potenter.
Darümb kan auch vnser gegenteil nicht furüber / gleiche vnendliche / vnd
algemeine gege̅wart / oder vbiquitet jrer maiestetischen
erdichte̅ Menscheit Christi zu zuschreiben.
Endlich / vnd zum sechsten / bezeugens der jrigen / darauff sich die Erfurdische
Apologien (ferner erklerung hal
|| [475]
ben) so offt
berüffet / hiebeuor in Druck spargirte disputatio̅ / vnd Schrifft
/ das sie den Leib Christi nach seiner Maiestet / die sie jm andichten / auch
von den Bierkanten / item Kohl / Hew / vnd Gerstenkorn (ja gar keine Creatur /
weder klein / noch gros / ausgenomen) vnausgeschlossen haben wollen. Wie dauon
abermal die Collatio sententiae orthodoxae cum disputatione, Anno 80. VVitebergae habita, mag auffgesucht werden / pag.
327. 335. 368. 369.
So sind dieses D. Johann Marbachij eigene wort / damit er die rechte meinung des
Concordibuchs / wider M. Daniels Tossani trostschrifft / hat erkleren wollen /
dz nemlich Christi Leib / vnd blut bey allem brodt / vnd Wein / vnd demnach in
einer jeden bierkanten warhafftig gegenwertig sey / allein aber in / oder vnter
dem Brodt / vnd Wein des heiligen Abentmals geessen / vnd getruncken werde.
Denn (spricht er daselbst / pag. 104. vnd 105.) Wir gleuben / vnd bleiben steiff
/ vnd fest / bey den Artickeln vnsers Christlichen Glaubens / das nemlich
Christus / beide warer Gott / vnd Mensch / in einer vnzerteilten Person / aus
Maria der H. Jungfrawen an diese Welt geborn / vnd in der angenomenen
menschlichen Natur / nach dem er ausgerichtet / was zur erlösung des
menschlichen geschlechts erfordert war / als vnser Bruder / HERR / vnd Heiland /
in den Himel auffgefaren / sitze zur Rechten seines himlischen Vaters / vnd das
er eben solcher seiner erlangten göttlichen Ehre / vnd almacht halben / nicht
allein bey Brodt / vnd Wein / seinen Creaturn / sondern auch in der Helle / vnd
einer jeden bierkante̅ / persönlich gegenwertig sey / vnd also
Himel(Oratio horrenda.) vn̅
Erde̅ / vnd alles / was darin̅e begriffen
(darinnen aber zweiffels ohn auch Brodt / vnd Wein / wie dergleichen die
|| [476]
Helle / vnd alle bierkanten) regiere vnd erhalte.
Gleichwol aber darumb nit / weder in / oder vnter brodt / vnd Wein / wie auch
nicht in der Helle / vnd in einer jeden bierkanten geessen / vnd getruncken
werde / das allein in seinem heiligen Abentmal / von jme hiezu selbst gestifftet
/ wo fern es solcher seiner stifftung gemes in der Kirchen gehalten wird /
geschicht / vnd sonst nirgends. Bißher D. Johann Marbach.
Als diese wort D. Maximiliano Mörlin / Pfarrern / vnd Superintendenten zu Coburgk
/ Anno 80. 16. Septembr. von einem vnsers mittels (da des Jars zuuor D. Marbach
solche vngehewere Schrifft hatte in druck geben) fürgelesen wurden / sagt er /
es weren (horrenda) grewliche Reden. Wiewol der gute Mann sonst der vbiquitet
(vieleicht aus vnwissenheit) sehr zugethan / etc.
Hiemit haben wir nu vnser gegenteil öffentlich vberwiesen / das sie (wie sie auch
D. Heshusius zu Quedlinburgk / vnd als hiebeuor angezeigt / jhre eigene
Consorten / vnd Rottgesellen zu Rostock / vberzeugt) wider sich selbst reden /
so offt sie fürgeben / es sey jhnen vmb die algemeine gegenwart des Leibs
Christi bey allen Creaturn nicht zuthun / sondern nur vmb die genwart bey der
Kirchen / vnd im heiligen Abentmal.
Das aber auch solches nicht bestehen könne / vnd das jhre Lehre öffentlich wider
die warhafftige gegenwart des Leibs / vnd bluts Christi im heiligen Nachtmal
streitte / haben jnen die Jesuiten (wie obgedacht) im beschluss jhrer
disputation / cap. 11. thesibus 112. 113. 114. 115. 116. 117. mit gnugsamen
argumenten dargethan / daran sie wol die zeit jhres lebens zu soluiren haben
werden.
|| [477]
Wollen derwegen / damit vns diese veranwortungschriffte / so vns ohne das vber
vnsere zuuersicht vnter den Henden gewachsen / nicht gar zu lang auffhalte / den
Christlichen Leser nochmals daselbst hin (jedoch alles nach der Richtschnur des
göttlichen Worts zu prüfen / vnd nur das gute zu behalten) wolmeinende
remittiret haben.
Das viertzigste Anhaltische Argument.
SO ist nu das viertzigste argument mit dem(XL.)
vörigen schon bestettigt. Denn vnser gegenteil entweder mit vns / vnd allen
rechtgleubigen die Vbiquitet der menschlichen Natur Christi / nicht allein in
genere, sondern auch in specie, als dem göttlichen Wort durchaus vngemes / vnd
zu wider / verwerffen wird müssen / Vnd balso wer aller zwitracht dißfals in der
Kirchen Gottes auffgehoen / vnd gestillet.
Oder / wollen sie dieselbigen nochmals beharrlich / vnd trutziglich vertheidingen
(es geschehe gleich in genere, oder in specie) so können sie sich im grunde der
Monophysiten jrthumb nicht erwehren.
Denn ob wol dieselbigen Ketzer so grob nicht waren / das sie von der vbiquitet
der menschlichen Natur hetten etwas reden / oder halten sollen: Sondern eben
solch absurdu̅ zu fliehen / ein verwandelung erstlich des Worts
ins fleisch / souiel den stand der nidrigkeit betraff / darnach widerüm̅ des fleisches in die Gottheit des Worts / betreffende den stand
der glorification / vnd exaltation / dichteten. So bezengt
|| [478]
doch die Historien / das die alte rechtgleubige Kirche / vnter
andern / sie mit diesem argument / welchs B. Vigilius martyr lib. 4. contra Eutychen füret / widerlegt habe / das / so
jhrem (der Eutychianer / oder Monophysiten) fürgeben nach / das Wort / vnd
angenomen fleisch Christi eine Natur worden / das es heisse; Verbum factum esse
carneum; vnd widerümb (wie jre Lehr gewesen) carnem per Deificatione̅ in Verbum absorptam esse: So müsse nothwendig folgen / das so
wol das fleisch / als das Wort / welchs fleisch worden ist / allenthalben sey.
Weil aber die Eutychianer solchs nicht gestehen wolten / wurde hiemit jre Lehr
öffentlich als verwerfflich vberwiesen.
Denn die Eutychianer / oder Monophysiten lereten / Verbi, & carnis vnam
esse naturam (dergleichen proposition bey vnser zeit auch D. Andr. Musculus zu
vertheidingen sich vnterstanden) darauff inferirt / vnd antwort Vigilius: Ergo
non minus vbique est caro, quàm Verbum. Es waren aber gleichwol die Eutychianer
/ oder Monophysiten so grob nicht / das sie solches nachgeben / oder also reden
wolten / wie doch von vnsern Vbiquisten bißher one schew geschehen / ja mit
grossem nachteil vnd betrübnis der Kirchen öffentlich darob gestritten. Derwegen
schlegt sie Vigilius mit jhrem eigen Schwert. Verbum enim (inquit) vbique, caro
autem eius vbique non est. Ergo nec carnis & Verbi vna natura est: sed
potius vnicus ille Dei Filius, idemque hominis factus filius circumscribitur
loco per naturam carnis suae, & loco non capitur per naturam diuinitatis
suae. Haec ille, lib. 4. contra Eutychen.
Nu schliessen wir zugleich per inuersionem, vnd à contrario sensu per dilemma:
nemlich / das entweder solch
|| [479]
argument der alten Lerer
/ wie es der heilige Merterer Vigilius gefüret / falsch sein müste: Oder / es
kan nicht fehlen / dieweil vnser gegenteil das , das ist
/ den grunde desselbigen nachgibt (nemlich das die Menscheit in Christo eben so
wol / als die Gottheit des ewigen Worts / allenthalbe̅ sey) so mus
auch das jenige / so daraus bona consequentia folget (nemlich der alten
Monophysiten jrthumb) nachgegeben werden. Sie wolten denn in D. Lutheri Regel /
im buch von den Concilien gesetzt / wissentlich fallen / vnd sich darinn
vertieffen / oder derselben sich schuldig machen. Nemlich / concedere
antecedens, & negare consequens rectè inde extructum; das mus niemand
thun (sagt D. Luther) den̅ gar ein vnuerstendiger / oder
mutwilliger Spötter.
So bestehet demnach das argument Vigilij Martyris zu gleich wider die alten / vnd
newen Eutychianer / oder Monophysiten / wie folget: Si Verbi, & carnis
vna natura esset, simul cum assumente Verbo vbique esset caro assumta.
Sed non est pariter vbique caro cum Verbo: id quod veteres Eutychiani vltrò
concedebant. Erant enim hodiernis subtiliores, verecundiores, ingeniosiores.
Nostrates verò illis sunt crassiores, impudentiores, versutiores.
Ergo, Verbi & carnis non est vna natura: contra eosdem.
Vel, secundum Vbiquistas sic fiat assumtio; seu Minor sit ista: Sed non est Verbi
& carnis vna natura (quod tamen impugnauit Musculus) ergo vanum sit
oportet eorundem dogma de reali Saluatoris secundum vtranque naturam
omnipraesentia, seu vbiquitate.
Hiewider kan nichts bestendigs von einigem Menschen / ja Engeln im Himel
auffgebracht werden: Jedoch
|| [480]
wollen wir vnsers
gegenteils antwort hierauff anhören. Mit welcher es zwar also geschaffen / das
wir nicht one vrsach dafür halten / es müste gar ein vnberichter / einfeltiger /
simpel jdiot sein / der nicht alhie aus der Herrn Verfassern / fol. Apol. Erf.
109. vnd 110. eigenen worten / jhr vberzeugt Gewissen spürete / vnd merckte.
Denn wiewol sie fast zwey halben bogenblat mit der antwort zubringen / so ists
doch nichts / denn ein vergebliche tautologia, vnd petitio principij, da sie
jmmer vff einer geigen bleiben / vnd dauon noch die Frage ist / dasselbige zum
beweis anziehen.
(Fol. Apol. Erf. 110. a.)
Sie müssen aber anfenglich selbst bekennen / das Vigilius mit diesem argument die
Warheit des Leibs Christi wider die Eutychianer vertheidingt habe. Was könt denn
mehr / vnser Lehr zu befestigen / vom gegenteil bekant werden / denn das sie
wider jhren willen / vnd danck frey heraus sagen müssen / die argument der alten
Väter / die wir mit jhren eigenen worten füren / vertheidingen die Warheit des
Leibs Christi wider die Ketzer?
Warümb geben sie denn nicht der Warheit raum? Warümb hofieren sie noch den
Ketzern / vnd sagen nicht viel mehr mit vns / wie daselbst Vigilius seine Lehr
betewert? Diß ist der algemeine Christliche Glaub / vnd bekentnis / so die
Apostel geleret / die Merterer mit jhrem blut versiegelt / vnd alle
rechtgleubigen biß vff diese stunde behalten.
Das sie aber mit hienan flicken: Es gehöre diß argument B. Vigilij nicht zu
beweisen die ware gegenwart des
|| [481]
Leibs vnd bluts
Christi im heiligen Abentmal / sichet sölchen hocherleuchten Theologen sehr vbel
an. Sintemal ja kein Christi so vnbericht ist / der nicht verstehe / das zu
erhalten die ware gegenwart des Leibs vnd bluts Christi im Abentmal / vor allen
dingen der beweis von nöten sey / das vnser Heiland warhafftiger Mensch sey /
vnd also das ewige Wort / was es einmal an sich genomen / nimermehr ablege /
noch verwandele.
Wo man aber die argument / dadurch die Warheit des Leibs Christi vertheidingt wnd
/ fallen lesst / oder verwirfft / wie vnser gegentheil thut: da mus ja
vnwidersprechlich die warhafftige gegenwart desselbigen im heiligen Abentmal
zugleich mit zu grund fallen / vnd verleugnet werden. Wie wir denn vnsern
Antagonisten dißfals kein vnrecht thun / das wir sie der höchsten
Sacramentschwermerey / so jemals auff die Welt komen / beschuldigen.
Denn dieweil sie die argument / dadurch wir mit allen rechtgleubigen die Warheit
desselbigen Leibs / der für vns am stamme des Creutzes auffgeopffert / vnd die
Warheit desselbigen Bluts / welchs aus seinen heiligen Wunden miltiglich für
vnser Sünde vergossen ist / wider die Ketzer vertheidingen / für Sacramentirisch
lestern / vnd souiel an jhnen ist / wider jhr eigen Gewissen verwerffen: Dagegen
aber einen solchen Leib dem HErrn Christo andichten / in welchem er weder
empfangen / noch geborn / weder gefangen / noch gecreutzigt / weder getödtet /
noch begraben / weder vom grab aufferwecket / noch gen Himel hette erhaben
werden können: So kan ja durch jhre Lehr die ware gegenwart des Leibs Christi
nicht erhalten werden / sondern
|| [482]
wird zu grund
vmbgestossen / vnd dagegen der Eutychianer / vnd dergleichen Ketzer lesterung
befestigt. Welche nach ausweisung des gantzen consens aller rechtgleubigen /
dahin wir vns / geliebter kürtz halben / referirt haben wollen / vnter andern
Heuptgründen / auch sönderlich aus der Lehr vom heiligen Abentmal (wie die
Dialogi Theodoreti wider die Eutychianer / vnd dergleichen Schrifft / daraus wir
in vnser Apologia bey diesem argument viel herrliche Sprüch angezogen /
augenscheinlich beweisen) refutirt / vnd widerlegt worden sind.
Endlich / machen sie ein erdichte distinction / das ob gleich Christi Leib nicht
also allenthalben sey / wie das Wort / nemlich / ratione immensae, &
infinitae essentiae; so sey ers doch wegen der persönlichen vereinigung / vnd
erhöhung zur Rechten Gottes.
Aber hierauff ist nu offt geantwortet: Erstlich / das eins durchs ander
vmbgestossen werde. Denn dieweil die erhöhung 34. jar nach der persönlichen
vereinigung geschehen / sind diese gründe wider einander.
Zum andern / ist kein allenthalbenheit ausser der vnendligkeit des göttlichen
Wesens. So nu der Leib Christi vmb der persönlichen vereinigung willen mit der
vnendlichen Gottheit des ewigen Worts / solt allenthalben sein / so müst er auch
ein mitgeteilte vnendligkeit empfangen haben. Denn allenthalben sein / heisst
eigentlich / mit keinem Ort vmbfangen / sondern vnendlich sein.
Nu ist aber / vnd bleibt die angenomene Menscheit in Christo ein endliche /
erschaffene / vmbschriebene Natur. Derwegen vermag sie / ohne jrer selbst
zerstörung / vnd verwandlung in die vnendliche Gottheit / nimermehr allenthalben
zu sein / oder zu werden.
|| [483]
Zum dritten / kan mit keiner Schrifft / weder newes / noch altes Testaments
bewiesen werden / das Christi Leib jemals zugleich vff eine zeit an vielen /
noch allen Orten gewesen. Wie denn auch die ware gegenwart im heiligen Abendmal
nicht ist localis, sondern (wie die Herrn Verfasser selbst bekennen)
sacramentalis, oder pactionalis, vnd mystica. Derwegen es bey dem alten Spruch
wol bleiben wird: Christus vbique personaliter; in coena sacramentaliter, seu
mysterialiter; in coelo localiter.
Zum vierten / verwerffen sie fol. Apol. Erf. 172. vnd
173. selbst die locutionem abstractiuam, das die substantz des Leibs / oder
fleisches Christi allenthalben sey. Dabey wir jnen gleichwol zu bedencken geben
/ weil sie hiebeuor gestritten / wenn man die Vbiquitet nicht erhalt / so woln
sie kein wort mehr vom streit des heiligen Nachmals verlieren: Ob sie denn nicht
eben hiemit abermal die substantz des waren Leibs / vnd bluts Christi vom
heiligen Abentmal selbst ausschliessen / vnd also (nach dem one warhafftige
gegenwart / vnd niessung der warhafftigen substantz des Leibs / vnd bluts
Christi / vermöge der warhafftigen stifftung / kein warhafftiges Nachtmal
gehalten kan werden) die aller gröbsten Sacramentschwermer werden / welcher
Sünden wir vns (ob Gott wil) nimermehr theilhafftig machen wollen.
Das ein vnd viertzigste Anhaltische Argument.
|| [484]
(XLI.)
DAs ein vnd viertzigste Argument betreffende / werden sich die Vbiquisten viel
weniger der Monotheliten ketzerey / als der vörigen aller / entlestigen können.
Denn ob sie wol zum schein / aus drangsal jhres vberzeugten Gewissens / nicht
allein (wie sich die Monotheliten gleichsfals zu beschönen pflegten) zwo Naturn
/ sondern auch (in dem sie vermeinen / jener Secten zu entfliehen) zween Willen
in Christo / so wol als zweierley wesentliche eigenschafften / sampt jren
vnterschiedenen natürlichen (Fol. Apol. Erf. 110. b.) zweierley Wirckungen / welche aber
(wie sie dißfals recht sagen) einander nicht widerwertig / sondern viel mehr
dahin gerichtet sind / das hiedurch ein Apotelesma / oder gemein beneficium, vnd
wolthat von der gantzen Person / mit zuthun / was einer jeden Natur eigent / vnd
gebürt / zu wegen gebracht / daher auch diese Wirckungen / actiones Deiviriles,
vmb beider Naturn zuthun willen / von den Patribus genennet werden / bekennen.
So geschicht doch solches alles von jnen nur verbaliter, das ist / mit leren
worten / den einfaltigen Layen (wie sie jre zuhörer verechtlich nen̅en) das Maul auff zu sperren / vnd wird vnter deß (per contradictionem in
adiecto) durch jr gedicht de reali idiomatum communicatione, das ist / vom
gemeinen besitz / vbung / vnd gebrauch (wie sie reden) der göttlichen almacht /
alwissenheit / allenthalbenheit / glori / vnd Maiestet / sampt allen andern
wesentlichen eigenschafften / vnd Wirckungen des ewigen Worts / so der
angenomenen Menscheit thetlich mitgeteilt sein solle̅ / realiter,
vnd in der that / von jnen selbst wider auffgehaben / vnd verleugnet. Aus vrsach
/ wie aus diesem argument / welchs wir
|| [485]
vmb der
Ordnung / vnd gewisheit willen / alhie kürtzlich (weils in vnser Apologia nach
der lenge / vom 427. blat anzufahen / biß vffs 436. deduciret) widerholen müssen
/ augenscheinlich zu befinden / wie folget.
Der Monotheliten jrthumb war dieser / das in Christo zwischen der göttlichen /
vnd menschlichen Natur (welche sie bekanten / das sie in der persönlichen
vereinigung Christi vnzerstöret blieben weren) ein solche gemeinschafft sey /
das sie einerley Wolthaten wircketen / also das die menschliche Natur nicht
allein natürlicher / oder auch vbernatürlicher weise das jre darzu thet /
sondern stracks einerley Wirckung mit der göttlichen vff göttliche weis
mitwirckte. Denn die angenomene menschliche Natur were (gaben sie für) der
göttlichen Natur Mitwirckerin / vnd gehülffin / auch souiel der göttlichen Natur
wesentliche Weisheit / almacht / vnd Krafft zu wircken betreffe. Jedoch hab sie
dasselbig nicht von sich / wie die Gottheit / sondern aus göttlicher
mitgeteilter empfangener Krafft. Das solches der Monotheliten ketzerey gewesen /
beweisst Damascenus de haeresibus. Item, de duabus Christi voluntatibus. Item,
lib. 3. fidei orthodoxae, cap. 14.
& 15. Item, tota Synodus sexta oecumenica.
Was leren aber vnser Vbiquisten anders / denn das die wesentlichen eigenschafften
der göttlichen Natur wol nicht wesentliche eigenschafft der menschlichen Natur
werden (denn solchs auch die Monotheliten nirgend gelehrt haben) jedoch wircke
die Menscheit in Christo / nicht allein natürlicher / oder auch obernatürlicher
/ sondern viel mehr nach göttlicher / himlischer / maiestetischer
|| [486]
weis / auch dieselbigen wirckungen / die allein Gott
zustehen: vnd zwar nicht nach erschaffener / sondern vnerschaffener göttlicher
almacht / alwissenheit / vnd algegenwertigkeit. Das also (jhrem fürgeben nach)
alles in allem zu erfüllen / erforschen / regieren / prüfen / schaffen /
erhalten / im Himel / vnd auff Erden / die Hertzen lebendig zu machen / die
todten zu erwecken / das Jüngste gericht zu halten / nach einerley Krafft /
Weisheit / vnd algegenwart / die doch allein Gottes eigen ist / so wol der
menschlichen / als göttlichen Naturn Wirckunge sein sollen: nur das die
göttliche / primariè; die menschliche aber cooperariè; nicht zwar / was jr
eigent / vnd gebürt / nach der Regel Leonis; sondern viel mehr durch Gottes
eigene Weisheit / vnd Krafft mitwircke.
Diß bestettigt D. Zacharias Schilter zu Leipzig in seiner andern disputation de
Regno Christi, 20. Decembr. Anno 83. daselbst gehalten.
Denn er mit austrücklichen worten (jedoch ohne grund / vnd seiner vörigen Lehr /
viel mehr aber seinem Gewissen / selbst zuwider) fürgibt / carnem Christi
esse diuinae , non tantùm
. thesi 35. Item: Infinitam,
& immensam esse in Christo & sapientiam, & potentiam,
& praesentiam secundum vtranque naturam. thesibus 11. 32. & 34.
Item; disputatione 1. de eodem argumento, 25. Augusti, Anno 81. thes. 54. Christo secundum humanam naturam, diuinam, &
aeternam gloriam, id est, potentiam infinitam, & immensam, &
quidem Deitati essentialem tribuit, non tantùm in
actione speciali, sed etiam generali.
Et ibidem; thes. 75. manifestè cum Monothelitis sen
|| [487]
tiens disputator; Sed est vna (inquit)
eademque gloria, id est, maiestas, & potentia,
infinita scilicet, immensa, aeterna, & verè diuina: naturae diuinae
quidem ; naturae humanae verò ,
ab Vnione, & sessione ad dextram Dei profectum, & muneris, seu
doni loco ex gratia datum, siue donatum. Haec ille.
Darümb folgt vnwidersprechlich / das die Vbiquisten der alten Monotheliten
ketzerey wider erwecken / vnd demnach mit einerley anathemate (wie auff dem
sechsten algemeinen Concilio zu Constantinopel / vnterm Keiser Constantino
Pogonato, vor 904. jarn / einmütiglich beschlossen) sampt den Monophysiten /
oder Eutychianern / von der rechtgleubigen Kirchen abgeschnitten / vnd
verworffen sind.
Denn ob sie sich schon beiderseid / mit dem Munde vff zwo vnterschiedene Naturn
in Christo beruffen / jedoch weil sie denselbigen beiden einerley göttliche /
himlische / oder maiestetische Krafft zuschreiben / vnd die Regel Hilarij lib.
7. de Trin. von vnserm gegenteil selbst
bekrefftiget(Fol. Apol. Erf. 110. b.) wird
(Wenn etwas könne erfunden werden / das einerley krafft hab / so müs es auch
einerley wesen sein) So ist / vnd bleibt jnen vnmüglich in ewigkeit /
beiderseits der Eutychianischen vermischung sich zu entlestigen.
Vnd hilfft / noch entschuldigt sie im aller gerinsten nicht / das die Gottheit
sölche Krafft wesentlich / die Menscheit aber in Christo dieselbige nicht
wesentlich / sondern durch thetliche mitteilung habe. Denn zur bestettigung
einerley Natur / vnd Wesen / ist gnug einerley krafft / vnd Wirckung haben / ob
gleich die weis / oder der vrsprung derselbigen vnterscheiden. Es were denn /
das der Vater /
|| [488]
Son / vnd heiliger Geist nicht
einerley Wesen haben solten / darumb das derselbigen einerley Krafft vnd
Wirckungen / nicht auff einerley weis in den vnterschiedenen heiligen Personen
der Dreyeinigkeit betrachtet werden. Denn allein der Vater hats one anfang / vnd
ende / von niemand: der Son allein vom Vater / one anfang / vnd ende / durch
sein ewige Geburt: der heilige Geist aber zugleich vom Vater / vnd Son / one
anfang / vnd ende / durch seinen ewigen ausgang.
Ja eben hieraus ist erweislich / das die Vbiquisten nicht allein mit den
Monotheliten die zwo Naturn in Christo vermischen / vnd zu Monophysiten werden /
wie auch im vörigen argument erwiesen ist / sondern das sie noch darüber die
Person trennen / vnd zu Nestorio tretten. Denn alle diese Secten aus einerley
vngrund entsprungen / das sie nemlich die heilsame / nütze / hochnötige Lehr de
communicatione idiomatum nicht recht verstanden: Wie bißher gnugsam / vnd fast
zum vberdrus dargethan / vnd ausgefürt worden ist.
Das zwey vnd viertzigste Anhaltische Argument.
(XLII.)
ENdlich / vnd zum beschluss / haben wir vnser gegenteil gantz brüderlich / vnd
ernsilich gewarnet / das sie wegen so vieler angezogenen wichtigen Argumenten /
vnd vrsachen / die (wie bißher augenscheinlich bewiesen) noch alle vff festem
vnbeweglichem grunde stehen / vnd wol ewiglich vnumbgestossen / steiff / vnd
fest /
|| [489]
wider alle Sophisten / ja wider der Hellen
pforten selbst / bestehen vnd bleiben werden / jhre scheutzliche opinion von der
vbelerdachten Vbiquitet / Gott zu ehren / vnd der Kirchen heil zu befürdern /
fallen lassen wolten. Damit sie nicht zugleich alle alte verworffene ketzerey /
so von anfang der Kirchen / nicht allein das hochwirdige / trostreiche Ampt /
sondern auch die allerheiligste Person vnsers HERRN / vnd Heilands Jesu Christi
selbst / so wol seiner angenomenen Menscheit / als seiner ewigen vnendlichen
Gottheit halben / angefochten / vff ein mal wider erwecken / vnd in die Kirchen
einfüren möchten.
Denn kein zweiffel / das vff zukünfftige zeit der Sathan gar leicht / wens jhm
Gott vmb der Welt Sünden willen verhengen solt / vffs new sophistische
arglistige Köpff erregen könte / welche vff diesen der Vbiquisten vngrunde / ein
sölche verwirrung der Religion bawen würden / dafür sich zweiffels one / jrer
viel / die aus einfalt / oder furcht / mit der subscription sich haben vbereilen
lassen / auch jtziger zeit (so sie es bedechten) sehr entsetzen / vnd ein
hertzliche abschew tragen würden.
Befürderst / dieweil das gedicht der vbiquitet so ein vngehewere Lehr / vnd
monstrosum dogma, das sich desselbigen keiner aus den alten aller vnsinnigsten
Ketzern / so öffentlich / wie bißher von den autoribus des Concordibuchs
geschehen (wiewol sie es jtzt gern selbst wider hinderzögen / wo man sie nicht
mit dem klaren buchstaben jhrer eigen disputation / vnd Schrifften / ja der
Concordiformul selbst / vnd so vielen stadtlichen argumenten vberzeugen könte)
hat anmassen dürffen.
|| [490]
Welchs denn sönderlich der Manicheer grewliche Sect beweist / welche / ob sie wol
fürgaben / Christi Leib were zugleich in allen gewächsen / Steinen / Bewmen /
Sternen / in Sonn / vnd Mond: waren sie doch nicht so grob / das sie daraus (wie
vnser gegenteil) die Warheit des Leibs beweisen wolten. Sondern füreten solche
Lehr / jhren grewel dadurch zu bestettigen / das Christus nicht in einem
warhafftigen menschlichen Leib / sondern nur in einem angenomenen schein / form
/ oder gestalt / eines menschlichen Leibs vff Erden gangen / gepredigt / Wunder
gethan / vnd gelitten hette?
Welchs sie jm denn auch (wie vnser gegenteil gleichsfals mit solchem Namen am
meisten pranget / vnd die einfeltigen damit jrre machet) zur Maiestet
zurechneten. Denn es solte dem Son Gottes (jhrem fürgeben nach) nicht
reputirlich sein / an Leib vnd Seel / gliedern / Sehnen / adern / vnd was
dergleichen zu einem natürlichen Menschen gehöret / vns seinen Brüdern / vnd
Schwestern / in der angenomenen menschlichen Natur gleich geacht zu werden.
Dieweil aber diß alles von Augustino mit 33. Büchern wider Faustum gar herrlich /
vnd ausfürlich widerlegt ist / als haben wir aus dem zwentzigsten buch daselbst
/ mit Augustino also argumentiret.
Sol der Leib Christi (er werde gleich nach der Manicheer meinung / für ein
gespenst / oder wie die Vbiquisten jhnen selbst zu wider fürgeben / für einen
warhafftigen Leib gehalten) zugleich an vielen / oder allen örtern sein / dauon
doch kein wort in der göttlichen Schrifft vermeldet / vnd die gantze Historia
Symboli dawider ist: So mus er entweder gantz allenthalben sein / vnd also wird
das jenige / nach
|| [491]
welchem er / da er am Creutze vor
Jerusalem zu Golgoltha gehangen / zugleich (wie D. Brentius gelert) zu Rohm /
Athen / im Himel / vff Erden / vnd vberal gewesen / alles zusammen einen Leib
machen / welches one ausdönung der glieder nicht geschehen könte: Oder / solche
ausspannung zuuerhüten / wird bey einer jeden Creatur / nach vnterscheid der
örter / ein sönderlicher Leib sein / vnd also müsten dem HERRN Christo viel Leib
angedichtet werden.
Dieweil aber weder distensio, noch multiplicatio corporis bestehen kan / so folgt
vnwidersprechlich / das der Vbiquisten meinung so wol / als der Manicheer
verwerfflich sey. Ja die Vbiquisten sind in diesem stück viel gröber / als die
Manicheer / dieweil sie noch angesehen sein wollen / als zerstören sie weder die
substantz / oder das Wesen des Leibs Christi (nach welchem er einer Natur mit
vns ist) noch desselbigen warhafftige gegenwertigkeit im heiligen Abentmal: So
sie doch eben das zum beweis jhrer vngegründten Lehr anziehen / vnd füren /
dadurch die Manicheer jr phantasma zu erhalten sich bemüheten.
In massen auch beiderley jrthumb durch einerley widerlegung vmbgestossen wird.
Denn wie einem gespenst / oder scheinleib kein Symbolum kan verordnet werden
(welchs Irenaeus / vnd Tertullianus wider die Marcioniten vorlengst bewiesen)
Also auch dieweil im heiligen Abentmal nicht blosse Symbola / sondern der Leib
Christi selbst (welcher vnser Sünde am stamme des Creutzes gegetragen / niemals
aber Himel / vnd Erden erfüllet) allen / die sich der Ordnung Christi / seinem
wort gemes gebrauchen / mit Brodt / vnd Wein warhafftig mitgeteilt wird:
|| [492]
So kan ja nicht geleugnet werden / das so wol der
Vbiquisten / als Manicheer Lehr / die Warheit des Leibs Christi / vnd demnach
seine ware gegenwart im heiligen Abentmal zugleich zerstöre. Sonst müsten
Lutheri eigene Regel falsch sein: Tollens proprietates tollit naturas. Item;
Destructa essentia destruitur praesentia. Item (wie seine wort in vnser Apologia
pag. 438. gesetzt sind) Was were der Mensch / mit dem sich Gott persönlich
vereiniget / wenn er nicht rechte menschliche eigenschafften haben solte? Er
müste ein gespenst sein / wie die Manicheer gelehrt haben.
Hierauff ist vnserm gegenteil vnmüglich / etwas bestendigs / vnd gründlichs zu
antworten. Nichts aber desto weniger / damits an vergeblichem geschwetze nicht
mangele / vnd der vnberichte hauff in finsternis / gleich gefangen behalten
(Fol. Apol. Erf. 111. a.) werde / so geben sie
mit fast auffgeblasenen prechtigen worten für / es sey von vns ein crimen falsi
committirt. Denn der Spruch / oder dilemma Augustini in seinem zwentzigsten buch
contra Faustum stehe nicht also / sondern sey aus dem 11. vnd 12. capitel
gemeltes buchs zusammen gezogen.
Mit welcher antwort sie vns zwar mehr entschuldigen / als beschuldigen. Denn weil
sie vns selbst zeugnis geben / wir haben solchen Spruch / oder dilemma aus dem
11. vnd 12. capitel des zwentzigsten buchs Augustini contra Faustum zusammen
gezogen / wie kans denn ein crimen falsi sein / da wir gesagt / Augustinus
argumentir also / libro 20. contra Faustum? Ob wir nu
gleich das capitel in sönderheit nicht genent haben / so ists doch nominato
libro in genere mit gemeinet / vnd begriffen.
|| [493]
Das wir aber nur die meinung Augustini in forma dilemmatis proponirt / ist kein
crimen falsi. Sintemal nicht von nöten / alweg gantze bletter aus den Patribus
anzuziehen / sonst müste man gantze bücher abschreiben / welchs dem Leser ein
grosse beschwerung bringen würde.
Man suche aber den locum auff / so wird man cap. 11. lib. 20. contra Faustum klar befinden / das wir eben / wie Augustinus zu seiner
zeit / vff die Manicheer / also auch auff die Vbiquisten heutigs tags billig
dringen: Entweder nachzugeben / das Christus nur einen / oder viel Leib gehabt.
Dieses aber (nemlich / das er mchr / als einen Leib gehabt solt haben) durfften
sie (die Manicheer) selbst nicht sagen / denn es war zu grob.
Dieweil er denn nur einen Leib gehabt / vnd doch derselben Ketzer fürgeben nach /
in allem Holtz / Grass / ja auch in Sonn / Mond / vnd allen Sternen sein solt:
so konte solchs mit der Historien vnsers Glaubens sich nicht reimen. Denn also
müste er an allen Bewmen gecreutzigt sein: Oder / solt er nur zu Golgoltha
zwischen den Schechern vor Hierusalem (wie die Euangelisten einhelliglich
bezeugen) sein geereutzigt worden / sonst aber in allem gewechs vff der Erden /
vnd zugleich im Himel in Sonn / Mond / vnd Sternen vngeereutzigt blieben sein /
so müst er ja mehr / denn einen Leib gehabt haben / oder vieleicht mit seinem
Leib an alle Ort ausgespannet sein gewesen / vnd also hett er keinen
warhafftigen todt für das menschliche geschlecht leiden können.
Si enim corpus non habuit (spricht Augustinus) non est crucifixus. pag. 256. Tomo sexto. Et paulò post: Vnde cogimini (inquit)
aut sine corpore dicere cruci
|| [494]
fixum, quo
absurdius, & dementius dici nihil potest: aut in phantasmate potius,
quàm in veritate visum fuisse crucifigi, qua rursus impietate quid peius est?
Haec Augustinus, lib. 20. cap. 11. contra Faustum.
Endlich beschleusst er cap. 12. bemeltes buchs: Aut cur non totum simul vnus
Christus, si propter vnam substantiam & in arboribus Christus, &
in persecutione Iudaeorum Christus, & in Sole, ac Luna Christus? Nempe
vias omnes vestra phantasmata perdiderunt; nempe nihil aliud sunt, quàm visa
furentium. Bißher die wort Augustini.
Ob nu gleich die Apologia / zu Erfurd geschmiedet / dawider excipirt / es gehe
das Concordibuch nichts an. (Fol. Apol. Erf. 111.
a.) Denn sie weder von einer ausspannung / noch gespenst des Leibs Christi
leren / etc. So setzen sie doch die bejahung der Vbiquitet flugs austrücklich
dazu / vnd wollen jhrer Lehr von der gegenwart (wie sie reden) des waren
menschlichen Leibes Christi an viele̅ Orten (den̅
von der gegenwart an allen Orten ziehen sie die Pfeiffen ein / ob sie wol im
Hertzen nichts anders meinen) mit nichten widersprechen lassen.
Derwegen wir dem Christlichen Leser nochmals das Vrteil / vnd zwar aus dem
gemeinen Kinder Catechismo / heimstellen / vnd zweiffeln nicht / das er erstlich
aus dem fünfften Gebot das gegenspiel befinden werde. Denn wenn der HERR
Christus mit seinem Leib / zur zeit seines Leidens / zugleich an vielen / oder
allen Orten gewesen / so hetten die Jüden an jhm nicht zu Mörder werden können.
Zum andern / aus dem ersten Glaubensartickel / denn weil die angenomene
menschliche Natur in Christo ein
|| [495]
Geschöpff / vnd
Creatur ist / vnd bleibt / so vermag sie anders nicht / denn endlich / vnd
vmbschrieben zu sein / man wolte denn die gantze Ordnung der Creatur mit dem
Schöpffer selbst vermischen.
Zum dritten / aus der gantzen Historien vnser erlösung / wie nu offt bewiesen.
Welche freilich (wie Lutherus geredet) historia historiarum: Ein Geschicht vber
alle geschicht ist / zugleich der Wirdigkeit / gewisheit / vnd nutzes halben.
Aber von den Vbiquisten durchaus in ein pur lauter gedicht verkeret wird.
Zum vierten / aus dem artickel von der aufferstehung dieses vnsers fleisches / in
welchem wir vnsern Erlöser / sam̅t dem heiligen Hiob / vnd allen
Ausserwelten / mit ewiger freude / vnd lust wider sehen / vnd an zal / Ordnung /
klarheit / vnd gestalt der gliedmassen / seinem herrlichen Leib ehnlich werden /
vnd bey jm bleiben sollen allezeit. Hiob. 19. Phil. 3. 1. Thes. 4. Johann. 17.
Zum fünfften / aus der warhafftigen / vnleugbaren / seines warhafftigen /
wesentlichen / für vns dahin gegebenen / vnd auffgeopfferten Leibs / vnd seines
warhafftigen / wesentlichen / für vns am stamme des heiligen Creutzes zur
abwaschung vnser Sünden / aus seinen allerheiligsten Wunden miltiglich
vergossenen Bluts gegenwart im heiligen Nachtmal / welche warhafftige /
vnleugbare gegenwart one die warhafftige substantz desselbigen für vns am creutz
auffgeopfferten Leibs / vnd vergossenen bluts mit nichten bestehen / noch
erhalten werden kan. Veritas enim praesentiae praesupponit veritatem essentiae.
Et destructa veritate essentiae, destruitur veritas praesentiae.
|| [496]
Sind also mit dem Sententz alhie von vnserm gegenteil (Fol. Apol. Erf. 111. b.) / zum beschluss jhres vierten capitels /
wider sie selbst gesetzt / gantz einig / vnd bekennen für Gott / vnd allen
rechtgleubigen in der gantzen Welt / das vnser Glaub / Lehr / vnd meinu̅g nichts anders in sich halt / noch fasse / denn das / wer nicht
bekent / dz Christus einen warhafftigen menschlichen Leib / vnd rechte
menschliche eigenschafften habe / wie Augustinus / vnd die gantze Kirche / wider
Faustum den Manicheer bekant / dergleichen D. Lutherus im hiebeuor eingefürten
Spruch thut / der sey Anathema.
Wollen nu die Herrn Verfasser bey dieser meinung bestendig beruhen / so ist all
jhr gedicht von der Vbiquitet / vnd reali idiomatum communicatione albereit
hiedurch krefftiglich widerlegt. Behalten sie jhnen aber dieses comment (wie sie
alhie per contradictionem in opposito excipiren) gleich sehr beuor / das nemlich
die menschliche Natur in Christo almechtig / alwissend / allenthalben / ja Gott
selbst sey: So können sie der Manicheer ketzerey nicht entgehen / sondern fallen
jmer tieffer / vnd tieffer darein. Das wir nicht vnbillig dißfals mit Augustino
von der Vbiquisten Religion sagen möchten / dieweil sie die almechtigkeit /
alwissenheit / vnd allenthalbenheit (welche eigenschafften allein der ewigen
Gottheit gebüren) auch der erschaffenen Natur in Christo zuschreiben / das sie
noch viel gefehrlicher jrren / als vorzeiten die Heiden gejrret haben.
Denn diese ehreten an Gottes stadt / Sonn / Mond / Stern: Item / hültzeren vnd
steinere Bilder / welche ob sie wol nicht Götter waren / vnd demnach mit nichten
also geehret werden solten / jedoch etwas wesentlichs in der Natur
|| [497]
waren. Dagegen aber die Vbiquisten erzeigen göttliche
Ehr derselbigen Menscheit / die (so wol als Gott selbst) almechtig / alwissend /
vnd allenthalben sein sol / so doch dergleichen Creatur nie auff die Welt komen
/ viel weniger von dem ewigen Wort in einigkeit der Person angenomen worden ist.
An enim hoc non est, paganis longè deteriores esse Vbiquistas; quòd illi ea
colunt, quae sunt, sed pro Dijs colenda non sunt: hi verò cum Manichaeis ea
colunt, quae omninò non sunt; puta, omnipotentiam, omniscientiam, &
omnipraesentiam creaturae? Vel (quod idem est) creaturam realiter (vt somniant)
omnipotentem, omniscientem, vbique praesentem?
Item (spricht Augustinus lib. 20. cap. 5. contra Faustum) Vos autem cum ea colatis, quae omninò non sunt
(neque substantia scilicet, neque accidens in carne Christi) sed vestrarum
fallacium fabularum vanitate finguntur; propinquiores essetis verae pietati, ac
religioni, si saltem pagani essetis, vel in eorum genere, qui corpora colunt:
etsi non colenda, sed tamen vera.
Item, lib. eodem, cap. 9. Haec, & innumerabilia,
quae similiter deliratis, omninò non sunt, & colitis ea. Hinc vos
paganis dicimus deteriores: Eo tantum similes, quòd multos Deos colitis: eo verò
in peiore̅ partem dissimiles, quòd illi pro Dijs ea colunt, quae
sunt, sed Dij non sunt: Vos autem colitis ea, quae nec Dij, nec aliquid sunt,
quoniam prorsus nulla sunt. Bißher Augustinus.
Denn alle diese Sprüche so wol wider der Vbiquisten / als der alten Manicheer
ketzerey gelten / welchs wir dem Christlichen vnparteyischen Leser nochmals aus
Gottes wort zu vrteilen heimstellen.
|| [498]
Vnd dieweil nichts desto weniger so wol diese newen Manicheer / als jene
vorlangst durch Gottes Gnad aus der reinen Kirchen ausgesteuberte / vnd nu mehr
verloschene Ketzer / solche jre Lehr / vnd gedicht durchaus für lauter
Euangelium ausgeben / vnd verkeuffen / als sagen wir demnach nicht vnbillig von
der Vbiquiste̅ Sect eben das jenige / welchs Augustinus de
Manichaea haeresi geschrieben hat / quam Meretricem daemonijs prostitutam,
& sacrilegis vanitatibus impregnatam vocat, eamqueue impias fabellas
suas Euangelium nuncupare testatur. lib. 15. cap. 5. contra Faustum.
So viel aber den Spruch Hugonis betrifft / welcher (Fol.
Apol. Erf. 111. b.) am ende des 4. capitels /
mit angehengt ist / hat der Christliche Leser dabey zweierley zu bedencken.
Erstlich / wie arm vnser gegenteil ist / jhr gedicht von der Vbiquitet zu
beschönen. Sintemal es jhnen nicht allein an Gottes wort / sondern auch an der
rechtgleubigen alten Kirchen Scribenten / die in ansehen gewesen / glaubwirdigen
zeugnissen so gar sehr mangelt / vnd gebricht / das ob sie wol sonsten in gemein
der gantzen antiquitet spotten / vnd sie hönisch als Patres, vnd Matres'
zuuerlachen wissen: dazu hiebeuor pag. Apol. Erf. 44.
45. bey dem Spruch Bonauenturae (welcher doch keines wegs zuuerwerffen) von
den Sophistischen commenten / als Egyptischen finsternissen (wie sie po̅tificaliter reden) Theologiae scholasticae, allein zu den klaren
Brunnen Israelis appellirten: gleichwol jtzt mit einem dunckeln / vngewissen /
finstern Spruch / mitten aus der Cistern der sophistischen blinden Vernunfft
geschöpfft / jhre bawfellige Sach zu stützeln sich bemühen.
|| [499]
Zum andern / erinnern wir auch alhie den Christlichen Leser nicht vnbillig / das
in dem vnser gegenteil fast durchaus im gebrauch hat / vns / vnd andern (wiewol
ohne grunde) schuld zu geben / vnd fürzuwerffen / das die testimonia Patrum zum
vorteil per crimen falsi von jren Antagonisten sollen allegirt werden / sie an
diesem Ort selbst (wie auch hiebeuor dergleichen auff sie erwiesen) ein
öffentlich crimen falsi begehen. Sintemal sie dem Hugoni de sancto Victore
diesen Spruch von jhrer erdichten Multubiquitet zuschreiben / welcher doch
Hugoni Victorino, oder de sancto Victore genant / nie getrewmet hat.
Solchs zu erkleren / wolle der Christliche Leser vnbeschwert sein / die
Collationem catholicae, & orthodoxae Christianorum fidei de persona
Christi, & sacra eius coena, cum disputatione, Anno 80. VVitebergae habita, anzusehen.
Denn daselbst von den Autoribus pag. 359. vnd 360. augenscheinlich erwiesen / das
Hugo Victorinus / welcher gelebt hat im Jar nach Christ geburt 1130. gar der
Vbiquisten Lehr zu wider gewesen. Sintemal von diesem autore (wie es Erasmus
dafur gehalten) das schöne buch de essentia Diuinitatis, welchs vnter die
Schrifft Augustini gerechnet wird / beschrieben ist: Darinn vnter andern
deutlich angezeigt / vnd geleret wird (in massen hiebeuor bey dem 21. argument
die wort vnter den Sprüche̅ Augustini / wie sie lauten / angezogen
sind) das nemlich ein Christ von hertzen gleuben / vnd mit dem Munde bekennen
sol / das Christus beides sey / vmbschrieben / oder mit raum / vnd Ort vmbfangen
/ vnd vberal / das ist / vnumbschrieben / oder ausser / vnd vber allen raum /
vnd Ort. Dieses zwar / nach der sub
|| [500]
stantz
seiner ewigen Gottheit: Jenes aber / nach seiner angenomenen Menscheit. Et hoc
no̅ credere, dicit esse impium, atque profanu̅.
Das ist: Wer sölchs nicht gleubt (spricht er) der sey gottlos / vnd für keinen
Christen zu halten.
Dieser meinung Hugonis de Victore sind wir auch / wie denn kein rechtgleubiger
von Christo jemals anders gehalten hat. Dieweil denn der angezogene Spruch / das
Christi Leib vmb der persönlichtn vereinigung willen / zugleich an vielen Orten
sey / dem vörigen / vnd also der Warheit gantz vnd gar zu wider: so ist leicht
zu schliessen / das er mit keinem grunde könne erhalten werden.
Es stehet aber derselbige Spruch Tomo 7. Hugonis
glossatoris Cardinalis, welcher gleich hundert Jahr nach Hugone Victorino gelebt
hat / nemlich im Jar nach Christi Geburt 1230. Vnd wiewol derselbige Scribent
mit sönderlichem fleis (welchs an jm zu loben) der Schrifft obgelegen / hat er
doch / wegen albereit eingerissener finsternis / damit er be hafft / des
warhafftigen Liechts offtmals gefehlet / vnd fast die gantze heilige Schrifft
vertunckelt / durch den quadruplicem sensum Scripturae, da man alles vff
viererley weiss glossiret / vnd gedeutet / wie an obgemeltem blat Collationis
orthodoxae ferner erkleret ist.
Man siehet aber wol / das die Herrn Verfasser den autorem selbst nicht angesehen
/ sondern etwan aus der jhrigen Registern / darinn solche / vnd andere
Sprüchlein hauffenweis / one verstande zusammen geworffen sind / abgeschrieben /
vnd heraus gezwackt. Darumb sie nicht allein des autoris, sondern auch des
capitels gefehlt: ja die wort selbst / nicht wie sie für sich lauten / sondern
wie sie jnen
|| [501]
eingefallen / jre armselige Vbiquitet
nach angemaster weise zu stützeln / gesetzt haben.
So stehet nu der locus in gemeltem Tomo Hugonis glossatoris, nicht (wie vnser
gegenteil meldet) 1. Cor. 10. sondern in der Postill vber das nechstfolgende
caput hernach / nemlich 1. Cor. 11. mit diesen worten: Corpus Christi hanc habet
dignitatem ex natura Vnionis cum Diuinitate, vt simul sit in multis locis.
Es ist aber solche Lehr / oder viel mehr eingebilte opinion nicht allein dem
austrücklichen wort Gottes / vnd der gantzen rechtgleubigen alten Kirchen (wie
bißher mit 42. stadtlichen / vnwidersprechlichen / ausfürlichen argumenten
augenscheinlich dargethan) sondern auch den jenigen Schultheologen / so der
Sachen etwas bescheidener nachgehen / selbst zuwider. In massen solches aus
Alberto Magno / in lib. 1. sent. distinct. 37. klar zu erweisen. Aber wir wollens auff dißmal bey
zweien zeugnissen (Thomae, vnd Bonauenturae) beruhen lassen.
Das zeugnis Thomae haben wir in vnser Apologien / neben andern schönen Sprüchen
angezogen / pag. 426. im viertzigsten argument: Corpus Christi neque in quantum
corpus, neque in quantum Diuinitati vnitum est, hoc habet, vt sit in pluribus
locis. Das ist: Der Leib Christi hat das weder darumb / dieweil er ein Leib /
noch darumb / dieweil er mit der Gottheit vereinigt ist / das er an mehr Orten /
denn an einem auff einmal sein könne.
Den Spruch aber Bonauenturae haben wir auch hiebeuor / nemlich am ende des 32.
arguments / mit seinen eigenen worten gesetzt / welchen wir alhie zum beschluss
wolmeinende in vnser Muttersprach widerholen / wie folget.
|| [502]
Gleich wie es vnmüglich ist / das die menschliche Seel Christi / ob sie wol mit
dem Wort persönlich vereinigt ist / zugleich allenthalben sey / wo das Wort ist
(denn sonst were sie etwas vnendlichs / vnd jhr Wesen were durchaus gleich dem
göttlichen Wesen des Worts selbst) Also ists auch vnmüglich / das der verstand
in der menschlichen Seelen vnsers HERRN Christi / alles zugleich in der that vff
einmal bedencke / oder betrachte / was das ewige Wort one anfang / vnd ende / ja
one vnterscheid des vergangenen / gegenwertigen / vnd zukünfftigen für vnd für
anschawet / vnd betracht / ob schon die angenomene Menscheit mit der Gottheit
des ewigen Worts persönlich vereiniget ist. So fern der Spruch Bonauenturae.
DIweil wir den̅ bissher abermal (Gott lob vnd danck) aus dem
Catechismo / dreye̅ Heuptsymbolis / alten approbirten Concilien /
vnd aller rechtgleubigen Veter zeugnis / befürderst aber aus den reinen
vnuerfelschten brun̅en Israelis / vnd daneben aus D. Luthers
(seligen) eigenen Schrifften / so wol als auch aus seinen Schmalkaldische̅ Artickeln / Augspurgischer Confessio̅ / vn̅ Apologie̅ / wie hiebeuor auch in vnser Apologie̅ aus den trost reiche̅ Predigten Fürst Georgen zu
Anhalt / Christmilder gedechtnis / etc. klar / vn̅ ausfürlich
erwiesen / das in den wolbestelten Kirche̅ / vn̅
Schulen dieses hochlöbliche̅ Fürstenthum̅ Anhalts
die rechte / algemeine / Catholische / vhralte / Christliche Religion / in allen
/ vnd jeden / sönderlich aber in diesem allerhöchsten Artickel vnsers
seligmachenden Glaubens / von der Person / Ampt / vnd Maiestet vnsers
warhafftigen / einigen Heilands / vnd Helffers Jesu Christi
|| [503]
durch Gottes gnad vnuerfelscht / ohn menschliche zusetze / lauter
vnd rein gefüret vnd behalten wird.
Daneben auch / zwar nicht (wie vns vom Gegenteil one grund zugemessen) mit
vnerfindlichen / erdichteten / vnd zugenöttigten aufflagen / sondern mit
anzeigunge vnterschiedener Ort vnd wort / augenscheinlich dargethan / das beide
in der Concordiformul / vnd newen Erfurdischen Apologien / von Christo vnrecht
geleret / vnd demnach die zwey vnd viertzig Argument / so wir hiebeuor wider die
vbelerdachte Vbiquitet des Leibs Christi / aus Gottes wort / vnd der alten
rechtgleubigen Kirchen bekentnis trewlich colligirt / vnd zu Christlicher
erinnerung / vnserm Gegenteil wolmeinende opponirt / vnd entgegen gesetzt /
dermassen auffs new mit vnwidersprechlichen gründen der ewigen / vnwandelbaren /
göttlichen warheit / befestiget / vnd erkleret haben / das sie auch wider der
Hellen pforten ewiglich wol vnvmbgestossen / steiff / fest / vnd bestendig
bleiben werden. Welchs wir doch alles der gantzen Christenheit aus Gottes Wort
recht zu dijudiciren / vnd demnach aller rechtgleubigen Christlichem vrteil /
vns selbst / so wol als vnser Lehr / vnd Leben / hiemit (wie billig) allermeist
aber dem Hertzkündiger / vnserm HERrn / vnd Heiland Jesu Christo (welcher
niemand betreugt / noch von jemand betrogen werden kan) zum demütigsten
vnterworffen haben wöllen. Als machen wir vns keinen zweiffel / das der
Christliche Leser vnser vnschuld / dagegen aber des gegenteils grewliche
Lesterung / vberzeugte hartneckigkeit / vnd beharliche mutwillige bosheit
hieraus wird spüren vnd mercken können.
|| [504]
NAch dem aber in dieser vnser notwendigen Verantwortung / vieler newen Scribenten
vnd Lerer mit Namen gedacht worden ist / so erinnern wir zum beschluss alhie den
Christlichen Leser / das solches keiner andern vrsach halben geschehen / denn
die warheit desto mehr zu befürdern / vnd allen verdacht abzuwenden / als
dichteten wir vff das Gegenteil solche Lehr / oder opinion / der sie nicht zu
vberweisen / viel weniger gestendig sein möchten. Dieweil denn die Herrn
Verfasser sich hin vnd wider in jhrer Apologien / vff fernere der jrigen
erklerungen beruffen / so haben wir Gewissens / vnd Ampts halben keines wegs
vmbgehen können (wiewol nicht ohne verdriesliche mühe / vnd mit vieler zeit
anwendung / die wir / wenns nur vmb vns / vnd nicht viel mehr vmb der Kirchen /
vnd gantzer posteritet heil vnd wolfart zu thun wer / wol besser hetten
anzulegen gewüst) jhre Bücher / disputationes / vnd Predigten (so viel wir
derselbigen zu wegen gebracht) für die hand zunemen / vnd mit fleis zu
durchsehen. Wie wir denn an jedem Ort / Buch / Blat / zeil / vnd wort / neben
der Autorum Namen (mit welchen wir sonst in vngüte nichts zuthun / sondern jhnen
allen guten willen jeder zeit nach vermögen / salua tamen semper pietate
& veritate, zu erzeigen / vns hiemit erbotten haben wollen) specificirt
/ vnd angezogen / welchs wir alles (wie gemelt) der rechtgleubigen Kirchen zu
vrteilen vbergeben. Vnd bitten nochmals vmb Gottes willen / die hohe Christliche
Obrigkeit in Deutschland (für welcher heil vnd wolfart / an Leib vnd Seel / wir
tag vnd nacht bitten) wolle nach dem exempel der alten hochlöbliche̅ Keiser / Co̅stantini / Theodosij / Marciani / etc.
|| [505]
der armen notleidenden Warheit / vnd der betrübte̅ Herd vnsers geliebten HERRN / vnd einigen Helffers Jesu Christi
/ so viel gnad erzeigen / das die sach in einem öffentlichen Synodo erkant möge
werden / damit beides Obrigkeit / vnd Vnterthanen vnbetrogen sein vnd bleiben
mögen. Denn wir vns gar keinen zweiffel machen / das jhr vnzehlich viel vnter
den armen vbereilten Subscribenten / selbst numehr spüren vnnd mercken / das es
mit dem Concordi Buch keinen bestand haben könne. Sönderlich dieweil vnlangst /
nemlich vffn 29. tag Maij / dieses lauffenden Jars zu Wittenbergk die Summa des
gegenwertigen Streits aus Damasceno in Theses verfasset / vnd zu disputiren
proponirt worden ist / in welchen nichts anders / dennn was hiebeuor im
Wittembergischen grundfest von der Person vnd Menschwerdung vnsers HErrn Jesu
Christi gelert vnd bekant ist worden / begriffen / asserirt / vnd vertheidiget
wird. Nur allein / das der Praeses / oder Collector (vieleicht aus furcht / vnd
damits desto weniger vermarckt würde) sich nicht befliessen / Damasceni meinung
(welcher aus aller vorgehenden alten Scribenten / in der Griechischen Kirchen /
büchern / von der Person vnd Menschwerdung vnsers HERRN Christi / den besten
Kern zusammen gezogen) etwas deutlicher / vnd mit reinerm Latein zu geven / vnd
im Methodo allerley ociosas tautologias abzuschneiden. Sonsten zweiffeln wir gar
nicht / das (so viel gegenwertigen Streit betrifft) alle rechtgleubigen mit
Damasceno / daraus dieselbige themata Theologica (welche vns gleich / als wir
diese Verantwortung haben schliessen wollen / fürkommen) von wort zu wort
zusammen gezogen sind / wol zu frieden sein.
|| [506]
In
massen auch der Jesuiten disputationes / derer wir gleichfals etlich mal in
dieser Schrifft / vmb angezogener vnd dabey vermelter vrsachen willen zu
gedencken nicht haben vnterlassen können / eben dasselbige / vnd anders nichts /
so viel den Streit von der Person Christi anlanget / in sich haben / vnd wir aus
Damasceno alle rechtgleubigen von vnser Lehr wol zu Richtern leiden können. Ist
denn nu allererst zu Wittembergk wider recht worden / das im anfang der
jemmerlichen dissipation muste Sacramentirisch vnd Nestorianisch sein; So hat ja
die Christliche Oberkeit mit allen frommen hertzen leicht zu schliessen / das
man der Sachen billig nochmals audientz zu geben / vnd mit zeitligem rath
beyzuwohnen / sich von Gottes / Gewissens / vnd der posteritet wegen schuldig
erkennen solt. An des Almechtigen Segen vnd gnad tragen wir keinen zweiffel /
das es gewislich one frucht nicht würde abgehen. Sol aber alles flehen / bitten
/ vnd seufftzen vergeblich sein / so wollen wir nichts desto weniger / als trewe
Anhalter / vnd bestendige Diener Christi / durch seines heiligen Geistes gnad
vnnd krafft / die Warheit vns von niemand lassen mit menschlichen glossen
verdunckeln / sondern nach des Apostels ernster vermanung / an dem fürbilde der
heilsame̅ wort vom Glauben / vnd von der Liebe in Christo Jesu
fest ANHALTEN. 2 Tim. 1. vnd die vnfeilbare Warheit / so viel an vns ist /
helffen trewlich fortpflantzen / bekennen / vn̅ vertheidigen /
biss in den todt / auff das Gott der HERRE für vns streitte. Sirach. 4. Denn
dieweil wir einen grossen Hohenpriester haben / Jesum / den Sohn Gottes / der
gen Himel gefahren ist / so gebüret vns AN zu HALTEN an dem bekentnis. Hebr. 4.
Dazu helffe vns der Vater
|| [507]
aller barmhertzigkeit / vnd
erhalte vns sampt vnser Christlichen liebe̅ Obrigkeit / vnd allen
getrewen Zuhörern seines göttlichen worts / bey seiner erkanten vnd bekanten
warheit ewiglich. Er bekere auch / die zu bekeren sein / vnd stewre allen
Irthume̅ vnd corruptelen / vmb seines lieben Sohns Jesu
Christi willen / hochgelobt in ewigkeit / Amen. Soli Christo victoria &
gloria, Amen. Rom. 8. Ist Gott für vns / Wer mag wider vns sein?
Fürst Georgen zu Anhalt / etc. Christmilder seliger Gedechtnis / eigentliche
meinung von dem jetzigen Streit / aus seiner schönen Weynachten Predigt.
DAs einige Wort Gottes / welchs im anfang bey Gott war / ein ewiger warer Gott
mit dem Vater / vnd desselbigen wesentliche Ebenbilde / vnd glantz seiner
herrligkeit / der einige Sohn von jme in ewigkeit geboren / hat in dem Leib der
Jungfrawen / vnser menschliche Natur / Seel vnd Leib angenommen / vnd ist also
warer Gott vnd Mensch in einer Person / ohne vermischung der Naturen /
vnzertrenlich vereiniget / von der reinen Jungfrawen / vnuerruckter jhrer
Jungfrewlichen keuschheit / ohne alle mackel oder sündliche befleckung in diese
Welt geboren.
Daher auch die hochgelobte Jungfraw Maria / in der heiligen Christenheit / Gottes
Mutter recht genennct wird / nicht das jhr liebes Kind sein göttliche Natur von
jr genommen / denn er ist vom Vater in ewigkeit / Gott von Gott / vnd aus seinem
göttlichen wesen geboren / sondern
|| [508]
das derselbige
ewige Gottes Sohn / wie gesagt / durch wirckung des H. Geistes / von jrem
allerheiligsten Jungfrewlichen Leib vnd geblüt / die menschliche Natur angenomen
/ vnd sind also in der einigen Person Christi / beyde Naturen so nahend vnd
vnzertrenlich vereinigt / das solch Kind / so Maria in die Welt warhafftig
geboren / nicht ein schlechter Mensch / sondern auch warer Gott ist / vnd also
von jhr warer Gott vnd Mensch geboren worden. Wird derhalben recht vnd
Christlich geredet / das Gott von der Jungfraw Maria geborn / gelitten / vnd
gestorben / vnd wie der liebe Paulus sagt / in den Geschichten der Apostel am
20. das Gott mit seinem blute seine Gemeine erworben habe. Dieses lehret vns
auch das heilige Symbolum vnd bekentnis vnsers Christlichen glaubens / mit
deutlichen vnd hellen worten / da wir also sprechen: Ich gleube an Jesum
Christum seinen einigen Sohn / vnsern HErrn / der entpfangen ist vom H. Geist /
geboren von der Jungfrawen Maria / etc.
In welchen worten erstlich bekant wird / das Jesus Christus Gottes einiger vnd
warer Sohn / vnd der HErr ist / damit seine göttliche Natur angezeigt / vnd /
das derselbige Sohn Gottes empfangen ist vom H. Geist / geboren von der Jungfraw
Maria / gelitten / vnd gestorben / etc.
Vnd werden also die Idiomata oder eigenschafften / beyde
der göttlichen vnd menschlichen Naturen / von der vnzertrenlichen Person Christi
/ inhalts der göttlichen Schrifft / recht vnd wol gesagt / vnd derselbigen
zugelegt. Also mus man auch sagen / dieser Mensch Christus / das fleisch vnd
blut Mariae / ist Schöpffer Himels vnd der Erden / wie man denn singet: Iacet in praesepio, & in nubibus
|| [509]
tonat, hat den Tod vberwunden / sünde vertilget / helle
zerbrochen / welchs eitel göttliche Idiomata (oder
eigenschaffte̅) sind / vnd doch der Person / die Mariae
fleisch vnd blut ist / recht vnd Christlich zugeeignet werden / weil es nicht
zwo / sondern eine Person ist / etc. Haec Lutherus.
Aber diese reden sollen wir / als jrrselig meiden / da man fürgeben wolt / das
Christus Himmel vnd Erden geschaffen / geboren / gelitten / vnd gestorben sey /
nach beyden Naturen. Denn die göttliche / vnd nicht die menschliche Natur / ist
Schöpfferin aller Creaturen / vnd ist an jhr selbst von ewigkeit / vnd kan weder
leiden noch sterben / welches ein eigenschafft ist menschlicher Natur.
Daher auch S. Paulus Rom. 1. sagt / das der Sohn Gottes geboren ist von dem Samen
Dauid / nach dem fleisch / vnd Petrus 1 Pet. 3. Er ist getödet nach dem fleisch
/ vnd am 4. Christus hat für vns gelitten im fleisch. Deßgleichen der alte
Lehrer Irenaeus eruditè ac piè inquit: Christum trucifixum
& mortuum esse, requiescente Verbo, vt crucifigi & mori
posset, id est, natura diuina non est quidem lacerata aut mortua, sed fuit
obediens Patri, quieuit, ceßit irae aeterni Patris aduersus peccatum generis
humani, non est vsa sua potentia, non exeruit suas vires. Si expendas
dictu̅ Irenaei, intelliges piè declarari naturarum
discrimina, & simul illustrari magnitudinem irae Dei aduersus
peccatum, effusae in Christum, & admiranda̅
humilitatem Filij, quiescentis & obedientis Patri net exerentis suam
potentia̅. Conuenit autem hoc dictum ad illud Phil. 2. Qui
cum esset in forma Dei, id est, sapientia & potentia aequalis Patri,
non rapuit aequalitate̅ Dei, id est, cu̅ missus
esset, vt obediret Deo in paßione, non fecit contra vocationem, sed seipsum
exinaniuit, id est, non exerust potentia̅ sua̅,
& humiliauit se, forma̅ serui accipiens,
|| [510]
id est, induens cum humana natura mortalitatem, habitu
inuentus vt homo, id est, affectibus, pauore, tristitia, dolore, &c.
Haec Philippus in locis.
Demnach müssen vnd können die Idiomata oder
eigenschafften der menschlichen Natur von der göttlichen / vnd wiederumb / die
Idiomata oder eigenschafften der göttlichen Natur
von der menschlichen Natur / keines wegs (wie es die Gelerten nennen) in abstracto / das ist / von der göttlichen oder
menschlichen Natur nach jrem wesen / an jr selbst / sondern in Concreto, von der einigen Person Christi / in welcher
beyde Naturen (wie offt gemeldet) vnzertrenlich vereiniget / per Co̅municationem Idiomatum gesagt werden.
Diese rede aber ist Christlich vnd recht / das dieser HErr Jesus Christus auch
nach beyden Naturen vnser Heyland / Mitler / Erlöser / vnd Seligmacher worden
ist. Denn darümb sind in jme beyde Naturen vereiniget / das er vnser Erlöser vnd
warer Mitler sein möchte / der göttlichen Maiestet / vnd vns zugleich zugethan /
vnd auffs negste verwandt.
Solches ist nötig kürtzlich zuerinnern / das man bey der Kirchen alten / gemeinen
/ vnd gebreuchlichen form zu reden bleibe / vnd dauon nicht weiche. Denn offt
viel grosse vnd schedliche Irthumb vor alters / auch bey vnsern zeiten daraus
entstanden / so von diesem hohen Werck aus eigenem gutdüncken / vnbedechtige /
oder sönderliche selbst erdachte weise zu rede̅ für genomme̅. Bißher Fürst George zu Anhalt.
Tandem bona caussa triumphat.
Anno: DoMInVs aVXILIabItVr sperantIBVs In se.
|| [511]
Daraus der Christliche Leser befinden wird / das die 42. Anhaltischen Argument
auff keinem Triebsand / sondern auff das vnfeilbare helle Göttliche Wort erbawet
sind.
Allen Liebhabern der Warheit in der furcht Gottes zu dijudicieren / demütig
hiemit vntergeben vnd befohlen.
Vnd nun HERR sihe an jhr drewen / vnd gib deinen Knechten mit allerley
freudigkeit zu reden dein Wort / Amen.
ANNO: DEVS EST LVX ET PAX VITAE MEAE.
|| [512]
Vigilius Martyr, lib. 5. cap. 2.
Dieses ist die Richtschnur des Christlichen Glaubens / das man Jesum Christum
einen wahren Gott vnd wahren Menschen bekenne / vnd dass er gleichwol eine
Person sey in beyden Naturen / nicht zwo Personen in zweyen Naturen. Denn es ist
ein einiger / der vor der zeit vom Vater / vnd in der zeit von der Jungfrawen
geboren ist / vnd gehört beyde Geburt zu dem einigen Christo / welcher beyder
Naturn volkomenheit behalten hat / also / das weder die Natur des Worts
verwandelt ist worden ins Fleisch / noch die Natur des Fleisches verzehret ist
worden vom Wort. So ist nun der HERR Jesus Christus ein einige Person / wahrer
Gott vnd warer Mensch / aus beyden Naturn / welche in dem Jungfrewlichen Leib
wunderbarlich vereinigt sind / vnd das erweiset würde / das in dieser
wunderbaren Vereinigung beyde Naturn nicht auffgehöret / hat er nach beyder
Naturn Eigenschafften geredt vnd gewircket.
Augustinus / vom Wesen der Gottheit. Tom. 4. fol 975.
Gleich wie es lesterlich vnd Gottlos ist / Christum den Sohn Gottes / vnsern
Erlöser / nach seiner Gottheit / wie auch den Vater / vnd H. Geist / nicht als
vnsichtbar / vnd vnleiblich / oder vnbegreifflich / vnd vnendlich gleuben / Also
ist es auch lesterlich vnd vnchristlich / denselbigen ewigen Sohn Gottes in
angenomener Menscheit / nicht sichtbar / leiblich / vnd an einem gewissen ort /
das ist / endlich / oder vmbschrieben / nach seiner Aufferstehung / gleuben vnd
bekennen.
|| [513]
SOLI CHRISTO VICTORIA ET GLORIA.
ES ist zweiffels ohn vnter andern Christlichen(Die
Warheit helffen verthe digen / ist ein nöttger Gottesdienst.) Tugenden
nicht der geringste Gottesdienst / sich der notleidenden Warheit annemen / vnd
dieselbige mit wahren Gründen aus der H. Schrifft vnd Zeugnissen der alten
rechtgleubigen Kirchen / souiel müglich / befestigen / vnd von der Gegenlehr /
so Menschliche Vernunfft dawider pflegt ein zuwenden / abzusondern.
Denn hiedurch die Kirchen Gottes erbawet / der Trost in der Rechtgleubigen
hertzen gestercket / die Schwachen zum erkentnis der seligmachenden Warheit
erwecket / vnd die Bekenner selbst von tag zu tag / mit mehrerm Liecht begnadet
werden / So verheisset auch GOtt seinen Schutz dazu / wie der schöne Spruch
lautet: Streite für die Warheit biß in den Todt / so wird der HERR dein Gott für
dich streiten / Syrach 4.
Jedoch soll mit allem fleis in acht genommen werden / das man das nötige von dem
vnnötigen vnterscheide / vn̅ so viel jmmer müglich / der Kirchen
Gottes mit vergeblichem Gezencke verschone. Wo aber die Sach der wichtigkeit ist
/ das sie ohne verletzung der Gewissen nicht kan vnuorantwortet bleiben / so
fodert Gott neben gebürlichem Christlichen Eyfer / die schöne Tugend der
Sanfftmut / bescheidenheit vnd lindigkeit / vnd wil / das man fürnemlich dahin
sehe / vnd arbeite / das die Warheit erkleret vnd bewehret / die falsche Lehr
aber mit grunde refutiret vnd widerleget werde.
In betrachtung dieses / haben die Anhaltischen Prediger bißher allen fleis
angewandt / das der hochwichtige Artickel / darinn man jre Meinung begeret hat /
nemlich von der Person /
|| [514]
Ampt / vnd Maiestet vnsers
HERRN vnd Heylandes Jesu Christi / des ewigen Gottes vnd Marie der Jungfrawen
Sons / rein vnd lauter aus der Propheten / Aposteln / heiligen Merterer / vnd
aller Rechtgleubigen / beydes alter vnd newer woluerdienter Kirchen Lehrer
Schrifften vnd Bekentnissen also erkleret würde / damit der vhralte / allgemeine
/ Christliche / Catholische Glaub erhalten / vnd alle newe / der alten
Rechtgleubigen Kirchen vnbekante / art zu reden vnd zu lehren ausgesetzt vnd
vermieten werden möchten.
(Wie viel an dem Ar tickel von der Person Christi gelegen
sey.)
Daran jhm zwar niemand die Gedancken machen soll / als wer an dieser Sach nicht
viel gelegen / sintemal ja offenbar vnd vnleugbar / das diß der aller höchste /
nötigste / vnd tröstlichste Artickel / vnd der einige feste vnbewegliche Grunde
ist vnserer Christlichen Religion / das wir nemlich vnsern HERRN vnd Heyland
Jesum Christum / als warhafftigen Gott vnd Menschen / in persönlicher
Vereinigung der beyden vnterschiedlichen Naturen / welche vmb vnser Erlösung vnd
Seligkeit willen / vnzertrenlich vnd vnzerstörlich mit einander vereiniget sind
/ recht erkennen / ehren / vnd anruffen. Denn auff diesen Artickel werden wir
getaufft / darauff ist die Kirche gebawet / dabey wird die Christliche Kirch von
allen andern Völckern vnd Secten vnterschieden / damit muß ein jeder im Leben
vnd Sterben sich trösten / dadurch wird auch der anfang des ewigen Lebens in den
Hertzen der Gleubigen angezündet / nach dem Spruch dess HERRN: Diß ist das ewige
Leben / das sie dich einigen Gott erkennen / vnd Jesum / den du gesandt hast /
das er sey CHRISTVS. Johan. 17.
Wo aber dieser Artickel nicht recht gegleubet / vnd in der Kirchen ohne
verfelschung nicht erhalten wird / da verleuret sich alsbald der wahre Glaube /
vnd der vnterscheidt zwischen Christen vnd Vnchristen / vnd kan kein Christliche
Kirch allda seyn / auch kein krefftiger bestendiger Trost im hertzen auffgehen /
noch bleiben. Denn der Spruch Pauli ist vnwidersprechlich: Nie
|| [515]
mand kan einen andern Grund legen / ausser dem
der gelegt ist /(1. Cor. 3.) welcher ist Jesus
Christus. Vnd spricht S. Hilarius, lib. 9. de fide: Das / wer Jesum Christum
nicht wisse / vnd jhn für wahren Gott vnd wahren Menschen nicht erkenne / der
wisse vnd erkenne sein selbst Leben nicht / vnd sey einerley gefahr / den HERrn
Christum entweder keinen Gott / oder kein wahres Fleisch von vnserm Fleisch
bekennen.
So ist auch die höchste Ehre des menschlichen Geschlechts / vnd vnser einiger
krefftiger Heupttrost / wider allerley Gefahr vnd Creutz / das wir wissen / der
eingeborne Sohn Gottes sey wahrer Mensch worden / vnd bleibe zugleich wahrer
Gott / der er von Ewigkeit war / höre aber nicht auff zu sein / das er worden
ist / denn was er einmal an sich genommen / legt er nimmermehr abe / sagt
Damascenus. Daraus Tertullianus der alte Lehrer sehr tröstlich schleusset / vnd
spricht / Dieser Mitler zwischen Gott vn̅ den Menschen / hat von
beyden theilen / als der rechte Schiedsmann / gleich als eine Beylage / nemlich
die Göttliche vnnd Menschliche Natur / er behelt aber die Menscheit an sich / zu
einem gewissen Pfandt / dardurch alles Fleisch versichert wird. Denn wie er vns
das Pfand des Geistes hinderlassen hat / also hat er von vns das Pfandt des
Fleisches angenommen / vnd mit sich in Himel geführet / als eine Versicherung /
das auch vnser Fleisch dahin sol gebracht werden / Darümb sey getrost mein
liebes Fleisch vnd Blut / denn du hast allbereit den Himel / vnd das Reich
Gottes eingenommen in Christo. Wer euch nun anders bereden will / der müste eben
auch verleugnen / das Christus in Himel kommen sey. Bißher der schöne Spruch
Tertulliani.
Wiewol nun die rechte Meinung dieses allerhöchsten Artickels in den Anhaltischen
Schrifften zum öffternmal auffs einfaltigste vnd tröstlichste erkleret worden
ist / so kans doch vmb des guthertzigen Lesers willen nicht schaden / das hieuon
die Summa zum Eingang allhie kürtzlich vnd einfaltig widerholet werde / wie
folget.
|| [516]
Widerholung der warhafftigen Lehre vnd Bekentnis von der Person / Ampt / vnd
Herrligkeit Jesu Christi.
ES ist aber kein neher Weg / die rechte Lehr in diesem hohen Geheimnis von der
falschen zu vnterscheiden / denn das man die Vrsachen betrachte / warümb
derselbige vnser einiger Heyland Jesus Christus / hab zugleich Gott vnd Mensch
sein sollen. Denn ob wol wir arme Menschen in vnser grossen Schwacheit diß
grosse Geheimnis (wie es der Apostel (1. Tim.
3.) nennet) nicht gnugsam verstehen können / so hat vns doch Gott / so viel
vns zu nothwendigem Trost dauon zu wissen von nöten / durch sein heiliges Wort /
welchs die einige Richtschnur ist vnsers Christlichen Glaubens vnd Bekentnis /
gnediglich offenbaret / wie folget.
Dem menschlichen Geschlecht hette nach dem Fall von dem ewigen fluch / zorn / vnd
gericht Gottes nimmermehr geholffen werden können / wo nicht in dem geheimbten
Rath des Vaters von ewigkeit ein Mitler verordnet were / der vns arme / verlorne
/ vnd verdampte Menschen wider zu recht gebracht. Diese verordnung ist aus
Gottes freyem gnedigen Willen vnd Hertzen hergeflossen / vnd hat sich der ewige
Vater / Sohn / vnd heiliger Geist / welchen an ewiger Maiestet vnd Herrligkeit /
gar nichts wer abgangen / ob sie schon das gefallene menschliche Geschlecht /
sampt den gefallenen Engeln / mit ewiger Vngnad gestrafft (Das nennet die Schrifft , oder
beneplacitum Dei: Gottes
wolgefallen.) hetten / durch nichts anders / denn durch seine von vns
vnuerdiente Lieb vnd hertzliche Barmhertzigkeit zu solcher Gnad bewegen lassen /
wie die Schrifft bezeuget / Johan. 3. Also hat Gott die Welt geliebet. Item /
Rom. 5. Gott preyset seine Liebe gegen vns / etc.
Wie aber nun das Decret / oder Schluß von vnser Erlösung allein aus Gottes freyem
gnedigen Willen / vnd hertzlicher Erbarmung gegen vns das arme menschliche
Geschlecht her
|| [517]
fleust / vnd kein Recht / Gesetz
/ oder Noth / auch kein eigen gut / oder Nutze Gott dazu bewegen / viel weniger
zwingen hat können / also ist gleichwol solcher gnediger freywilliger Abschiedt
/ Rath / vnnd Verordnung auff gewisse Endursachen gericht / daraus abzunemen /
das solch hohe Ampt durch keinen andern Mitler / der entweder nur blosser Gott /
oder ein blosse Creatur wer / hat bestellet werden können / sondern das zugleich
die Göttliche vnd Menschliche Natur zum Mitlerampt nochwendig gehören. Denn
solches haben erfordert die drey ewige Tugend / vnd vnwandelbare Eigenschafften
in GOTT selbst: nemlich / Gottes ewige Gerechtigkeit / Warheit / vnd
Barmhertzigkeit.
Auß betrachtung dieser dreyen Tugendten / oder vielmehr(Vrsachen warümb der Mitler Gott vnd Mensch hat sein sollen.)
wesentlichen Eigenschafften in Gott / fliessen sechs Vrsachen her (nemlich aus
jeder zwo) derer drey auff die Göttliche / vnd drey auff die menschliche Natur
gerichtet sind.
Den̅ dieweil Gottes ewiger will vnd beschlus war / dem armen
menschlichen Geschlecht durch einen Mitler / der nicht allein für vns Bürge vnd
selbst schuldig / sondern auch der Bezaler würde / zu helffen / so fodert die
ewige vnwandelbare Gerechtigkeit Gottes einen solchen Bürgen vnnd Bezaler / der
da warhafftiger Mensch wer / jedoch für sich ohne Schuld / auff das die Straff
vnd der Zorn Gottes wider die Sünde / von derselbigen Natur durch Leiden vnd
Sterben / getragen vnd gebüsset würde / durch welche die Vbertrettung geschehen
/ vnd die Sünde sampt dem Todt / als der Sünden sold / in die Welt eingeführet
war. Denn welche Seele sündiget / der gebürt auch die Straff zu leiden. Jedoch
weil die Sünd war begangen wider das Gebott Gottes / vnd demnach ein vnendliche
Schuld vnd straff / propter laesam summam maiestatem, verdienet / so wer es / ob
gleich ein Engel hett menschliche Natur angenommen / vnmüglich gewesen / den
gerechten zorn Gottes auszustehen / vnd zugleich dem vnstrefflichen Richter sein
gebürlich lob der Gerechtigkeit zuzueignen.
|| [518]
Denn der
gerechte Zorn Gottes für sich / allen Creaturen ein vntregliche Last / vnd
verzehrendes Fewer ist / darinn wie ein Wachs in grosser flam̅ /
alles in einem nu vnnd augenblick müste zerschmeltzen vnd zu nichts werden.
Derwegen ein solcher Mitler hat verordnet werden müssen / der vber die
menschliche Natur / die er annemen solte / auch warhafftiger / ewiger /
vnendlicher Gott were / vnd also in der Straff seine angenommene menschliche
Natur nicht allein erhielte / vnd vor aller vngedult bewahrete / sondern auch
das Leiden vnd den Todt / das ist / die Bezalung vnd Gnugthuung für vnser Sünde
/ vor dem Tribunal Gottes / der eingeführten Schuldt / welche ist ein vnendlich
vnd vnermeßlich schrecklich Vbel / gleich wichtig / ja vberwichtig Machte / auff
das wir nicht allein durch dieselbige Bezalung der Straffe loß / sondern auch
der Gnaden des ewigen Lebens / vmb des Verdiensts des Mitlers willen / wider
fehig würden.
Zum andern / erfodert eben dasselbige die ewige vnwandelbare Warheit Gottes /
welche diesen Schluß vnd Rath / oder verordnung / wie / vnd wodurch dem armen
gefallenen menschlichen Geschlecht wider solt auffgeholffen werden / also
decretiret vnd ausgesprochen hat: Der Same des Weibs soll der Schlangen den
Kopff zertreten. Genes. 3. Ob nun gleich die H. Engel / so in der Warheit
bestanden / freylich durch Gottes gnad / an sterck / krafft / vnd macht allen
Teuffeln weit vberlegen / so erfodert doch die zerstörung des Reichs der
Verdamnis / einen solchen Helden / der durch eigene krafft die Sünde vnd den
Todt zugleich tilgen / vnd die ewige Gerechtigkeit / sampt dem ewigen Leben /
durch seinen eigenen Sieg widerbringen könte. Derwegen hat er göttliche Natur
haben müssen / dz er nicht im todt bliebe / sondern gewaltiglich vberwünde vnd
siegete / vnd dem Teuffel sein macht vnd Reich zerstörete. Denn diß sind allein
einer göttlichen Person werck / Todt vnd Teuffel vberwinden / Leben vnd
Gerechtigkeit wider bringen vn̅ austheilen / allen die an seinen
Namen gleuben. Jedoch hat er auch Mensche sein müssen / nicht allein auff das
|| [9]
der Verheissung / welche ist das Wort der Warheit /
gnug geschehen möge (denn der Held soll des Weibes Same sein vnd heissen)
Sondern auch / auff das der Sieg vns zu gut vnd trost gereichete. Denn sonst /
da derselbige ausserhalb der menschlichen Natur erhalten wer / so würde des
Todes Stachel noch in vns hafften. Nun aber vnser Fleisch vnd Blut zu diesem
Sieg / als die außerwehlte Mitgehülffin / in thun vnd leiden / auch das jhre
bewiesen / vnd desselbigen herrlichen Triumphs wider Sünd / Todt / Hell / vnd
Teuffel mitgenossin worden / so ist vnser Heyl vnd Trost auch hiemit befestiget.
Endlich vnd zum dritten ist der Mitler zu gleich Gott vnd Mensch / auß
erforderung seiner ewigen Gnad vnd Barmhertzigkeit. Denn zu dem Werck vnserer
Erlösung / nicht allein die Bezalung der Gerechtigkeit gehöret / welche nun
durch das heilige Opffer am Creutz volbracht / sondern das arme menschliche
Geschlecht bedarff auch / biß zum ende der Welt / das jhm solch heilwertige
Opffer / als die Gnugthuung für alle vnsere Sünde / von dem Mitler / mit
jmmerwehrendem Trost / durch wirckung seines H. Geists / in erhörung aller vnser
Seufftzen vnd anliegen / krefftiglich appliciret vnd zugeeignet werde. Derwegen
hat sichs gebüret / das der Mitler / als vnser ewiger hoher Priester vnd König /
nicht blosser Mensch / sondern auch zugleich warhafftiger / ewiger /
allwissender HErr vnd Gott were / damit er den heimlichen Rath des ewigen Vaters
/ welchen keine Creatur sehen noch erforschen kan / verkündigen / vn̅ die Seufftzen in den hertzen derer / so Gott anruffen / erkennen
vn̅ für Gott bringen / vnd sein Opffer vnd Bezalung / zu allen
zeiten allen Gleubigen zueignen / vnd sich für vnd für vor sie heiligen könte /
Item / daß er jhme zu allen zeiten möchte eine Kirche samlen / regieren /
beschützen / den H. Geist geben / vnd alle Menschen endlich vom Todt erwecken /
vnd seine Außerwehlten mit siegreicher Hand zu Gott in das ewige Reich bringen /
welches allen Gesegneten / die von Gott durch jn Segen erlangen / von anbe
|| [520]
gin bereitet gewesen ist. Jedoch gehört auch
zu diesem vnserm Trost / das er nicht allein Gott / sondern zugleich
warhafftiger Mensch / fleisch / gebein / vnd geblüt von dem vnsern sey / auff
das wir jn mit aller freudigkeit / vmb der nahen verwandtschafft (Ephes. 5.) willen / ansprechen / vnd vns seines
eigenen Liebspruchs trösten möchten / das niemand jemals sein eigen Fleisch vnd
Blut gehasset / sondern er nehret es / vnd pfleget sein / gleich wie auch
Christus die Gemein. Denn nach dem er der Schiedeman sein soll / zwischen Gott
vnd vns / so mus er beydes sein / Gott vnd Mensch. Sonsten als blosser Gott /
wer er vns viel zu hoch / vnd dürfften wir nicht für jhn tretten / dieweil Gott
/ in seiner Herrligkeit (Deut. 4.) blos betrachtet
/ ein verzehrendes Fewer ist. Als blosser Mensch aber / wer er zu diesem hohen
Werck viel zu schwach vnd zu wenig.
Bißher von den Vrsachen / warümb sichs anders nicht gebüret / denn das der Mitler
beyde Naturen / die Göttliche vnd Menschliche / an sich hette. Wer nun
dieselbigen in warer furcht vnd anruffung Gottes / aus der H. Schrifft mit
gleubigem Hertzen ohne fürwitz betracht / der schöpfft aus diesem
vnbegreifflichen Geheimnis der Menschwerdung des ewigen eingebornen Sohns Gottes
/ krefftigen Trost vnd Leben / vnd kan sich aller Ketzerey vnd verführung mit
Gottes hülffe wol erwehren. Den̅ hiedurch nicht allein die heilige
Menschwerdung des ewigen Worts / sondern auch / warümb sie geschehen / vnd wie
hoch vnser (Wz eigent lich die Menschwerdung des Sons
Gottes sey) Fleisch vnd Blut in Christo gezieret vnd erhöhet sey /
auffs richtigst vnd einfeltigst erkleret vnd angedeutet wird. Nemlich / das die
Menschwerdung des Sohns Gottes / ein solch vnaufflößlich Bandt oder Vereinigung
ist / der vnendlichen Gottheit des ewigen Worts / vnd der angenommenen
menschlichen Natur / das der Sohn nach dem Beschluss vnd Rath der heiligen
Dreyfaltigkeit / welchen Er selbst / als der Mitler / so sich von anfang der
Kirchen zu vnserm Heyl hat senden lassen / aus dem geheimbten Schos des Vaters
geoffenbaret vn̅
aus
|| [521]
gesprochen / zu bestimpter zeit / in dem
Leib der reinen Jungfrawen Marien / durch den heiligen Geist empfangen / vnd
warhafftiger volkommener Mensch worden ist / das ist / er hat die gantze
menschliche Natur / Leib vnd Seel / volkömlich / mit allen natürlichen
eigenschafften vnd schwacheiten / doch ohne Sünde / aus dem geheiligten Fleisch
vnd Blut Marie / an sich genommen / vnd dieselbige mit der Göttlichen Natur /
nicht allein vnzertrenlicher weise / sondern auch persönlich vereinigt / nicht
zwar durch der beyden Naturn / oder derselben natürlichen eigenschafften vn̅ wirckungen / verwandelung oder vermischu̅g / noch
durch eine sonderliche capacitatem, fehigkeit oder einschliessung / noch per
infinitam quandam coëxistentiam seu vbiquitatem (das die Menscheit mit der
Gottheit vberal vnendlicher weise zugegen oder allenthalben sey) auch nicht per
exaequationem (das die Menscheit der Gottheit gleich werde) noch ausgiessung
oder thetliche mittheilung / seu donationem proprieratum (oder geschenck der
Eigenschafften) dadurch die Menschheit / so wol als die Gottheit / allmechtig /
allwissend / vnd allenthalben sey (den̅ alle diese modi sind den
oberzelten Vrsachen zu wider) Sondern / wie vnser Symbolum lautet / per
assumtionem, das die ewige Gottheit des Sons hat die Menscheit angenommen / vnd
also in Christo ein einige Person ist vnd bleibt / welche ist des ewigen Worts
eigene Person / die das angenomene Fleisch in sich / als jr eigen Fleisch /
durch die persönliche Vereinigung vnzerstört tregt / vnd erhelt in Ewigkeit /
nach der Regel: Quod erat, permansit, quod non erat, assumsit (was das Wort war
/ das ist es blieben / was es nicht war / dasselb hat es angenommen) Item: Quod
semel assumsit, nunquam deponit (was es einmal angenommen hat / das legt es
nimmermehr ab) Wird also von Christo alles recht gesagt / was man nicht allein
von Gott / sondern auch von einem volkommenen Menschen / ausgenommen die sünde /
mit Warheit sagen kan / jedoch nicht was einer Natur gehöret / kan / noch soll
man von der andern
|| [32]
sagen / sondern was einer jeden
Natur zugehöret / wird mit warheit vnd mit der that von der Person gesagt / sie
werde gleich von (
Communicatio idiomatum.
) derselbigen / oder von der andern / oder auch von beyden genennet /
welche Regel von Christo recht nach Gottes Wort zu reden / heist communicatio
idiomatum (gemeinschafft der eigenschafften) vnd ist nicht res ipsa (die Sach
selbs) sed declaratio rei (sondern derselben erklerung) wie sie denn auch keines
wegs nur blosse Namen gibt / sondern ist ein warhafftige bezeugung / das diese
Person zugleich volkommener Gott vnd Mensch sey / ohne der Naturen / oder
derselben Eigenschafften trennung oder vermischung. Daher auch Christus ein
solche Person ist / welche / ob sie wol nach der Gottheit eines Wesens ist vnd
bleibt mit dem Vater vnd heiligen Geist / nach der Menscheit aber eines Wesens
oder Natur mit der Mutter vnd vns / jedoch / wegen der persönlichen Vereinigung
/ jhres gleichen weder im Himel noch auff Erden hat. Denn sonst von keiner
Person mit Warheit gesagt kan werden / das sie zugleich warhafftiger ewiger Gott
/ vnd ein volkommener Mensch sey / darumb dieses der Menscheit Christi höchste
Ehr ist / das sie mit dem Sohn Gottes persönlich vereinigt ist.
(Vom Ampt des Mitlers.)
Es ist aber diese Vereinigung nicht vergeblich / noch allein vmb desselbigen
angenommenen Fleisches herrligkeit willen / sondern vns zu gut geschehen / auff
dz wir durch den Gehorsam dieses Mitlers / der Gott vnd Mensch ist / wider mit
Gott versühnet / vnd durch sein Verdienst vnd Krafft / die Seligkeit erlangten
Darümb es nicht gnug / sondern ein vergeblich wortgepreng vnd lauter verwirrung
ist des warhafftigen Trosts / wenn man nur dispu tiert vnd zanckt / was der
angenommenen Menscheit für Ehr vnd Herrligkeit widerfahren / vnter des aber
(
NOTA.
) das Ampt Christi / entweder stillschweigend vbergehet / oder was Christo
Ampts halben gebüret / als / von Sünden reinigen / Lebendig machen / das Gericht
halten / gewalt haben vber alles im Himel vnd auff Erden / zur Rechten Gottes
regieren / vnd
|| [13]
dergleichen / stracks von der Person
des Mitlers / auff die angenommene Menscheit / als geschenckte vnendliche Gaben
vnd praerogatiuas, ziehen / So doch das Ampt / vnd was Ampts halben Christo
vbergeben / keines weges nur auff diese oder jene Natur / sondern auff die
gantze Person sich zeucht / denn sonst were das ewige Wort vergeblich Mensch
worden.
Ist derwegen wol zu mercken / das ein anders sey / von den(Die eigenschafften der Natuten / vnnd die Ampts werck
sind vnterscheiden.) Eigenschafften der Naturen reden / welche der
gantzen Person zugeschrieben / aber doch nur auff die Natur / der sie eigen sind
/ gedeutet vnd außgelegt werden müssen / wie denn solche Regel in Ewigkeit nicht
geendert wird / darümb das die zwo Naturen in dieser persönlichen Vereinigung /
vnuermischt bleiben ewiglich / vnd vermag nimmermehr der Menscheit mit Warheit
zugeschrieben werden / was der Gottheit gehöret / noch der Gottheit / was der
Menschheit eigen ist. Denn hieraus vnwidersprechlich ein Natur in die ander
müste verwandelt / vnd also das trostreiche Geheimnis der persönlichen
Vereinigung zerstört werden / laut der Regel Lutheri: Tollens proprietates,
tollit naturas (wer die Eigenschafften auffhebt / der hebt auch die Naturen
auff) vnd lest sich mit keiner Glossa gnugsam beschönen / noch ferben / das
etwas zugleich ein endlich vmbschriebene Creatur sey / wie die Menscheit in
Christo ist vnd bleibt inn Ewigkeit / vnd doch der vnendlichen Gottheit
Eigenschafften mit der that an sich bekomme / oder theilhafftig werde.
Darnach ist ein anders von dem Ampt reden / welchs auch der Person zugeschrieben
wird / soll aber nicht / wie jetzt von den wesentlichen Eigenschafften geredet /
nur auff eine Natur / diese oder jene / gedeutet werden / Sondern weil vmb des
Ampts willen / diese Person muste zugleich Gott vnd Mensch seyn / Darümb ist
Christus vnser Mitler / Erlöser / Versühner / vnd Seligmacher / vnser trewer
Hirt vnd Heyland / ewiger König vnd Hoherpriester / nach beyden Naturen / vnd
verricht das Ampt vnserer Erlösung in beyden Naturen / nicht zwar / das die
Gott
|| [524]
heit leide / was die Menscheit
leidet / noch die Menscheit volbringe / was die Gottheit volbringet / sondern
das ein jede Natur zu diesem Ampt das jre thut. Denn weil vnser Erlösung
zugleich erfodert / den Todt leiden / vnnd auch denselbigen vberwinden / hat vns
Gott nach seine̅ weisen Rath vnd grosser Barmhertzigkeit / einen
solchen Mitler geordnet / der beydes in einer Person volbracht / aber nicht in
einer / sondern in vnd durch vnterschiedene / jedoch vngeschiedene Naturen.
Darümb geschicht dieses keines wegs durch ein sönderliche mittheilung der
eigenschaffte̅ / wie etliche hieraus / secundum genus
communicationis idiomatum (ein andere gemeinschafft der eigenschafften) zu
extruiren sich bemühen. Denn nicht eine Natur thut oder leidet / was die andere
thut oder leidet / sondern die Person ists / so beydes aussrichtet / sie leidet
vnd vberwindet den Todt / ein jedes nach seiner Natur eigenschafft vnd wirckung
/ ohne trennung vnd vermischung / laut der Regel Leonis: Sicut Deus non mutatur
miseratione: ita homo non consumitur dignitate. Agit enim vtraque forma cum
alterius communione, quod proprium est: VERBO scilicet operante, quod VERBI est:
& carne exequente, quod carnis est. Alterum horum coruscat miraculis;
alterum succumbit iniurijs. Et sicut Verbum ab aequalitate paternae gloriae non
recessit: ita caro naturam nostri generis non reliquit. Das ist / Gleich wie
Gott nicht verwandelt wird / das er sich aus erbarmung so tieff hernider
gelassen hat: Also wird der Mensch durch die herrligkeit / in die er erhoben ist
/ nicht verzehret. Denn beyde Naturn wircken mit einander (Es stehet aber dabey
/ welchs etliche wissentlich vbergehen / quod proprium est) Also das ein jede
wircket / was jhrer Eigenschafft gemeß ist. Nemlich / das Wort wircket / was dem
Wort eigen ist / vnd das Fleisch richtet aus / was dem Fleisch gemeß ist: die
eine Natur lest sich sehen in Wunderwercken / die andere ist dem leiden
vnterworffen. Vnd wie das Wort nie verlassen hat die gleiche Ehr mit dem Vater /
also hat das Fleisch nie verlassen die art vnd eigenschafft menschlicher Natur.
|| [525]
Wenn man nun also den Vnterscheidt zwischen den natürlichen(Von der Matestet vnd herrligkeit Christi.)
Eigenschafften vnd Ampt Christi / aus Gottes Wort erkleret hat / so kan man als
denn recht von seiner Maiestet vnd Herrligkeit reden. Man braucht aber diß wort
Maiestet / nicht auff einerley weise / In gemein heist es / eines jeden dings
hoheit vnd fürtreffligkeit / vmb welcher willen es andern in seiner art
vorgezogen wird / vnd kan ein jeder Mensch in seinem Standt / durch Erbarkeit /
Tugend / Kunst / geschickligkeit / vnd tapfferkeit erlangen / das er einem
andern in gleichem Stand vorgehe / wiewol er denen / die in einem höhern Standt
sind / nicht gleich wird. Also erreichen priuat Personen / wie hoch sie auch vor
andern geadelt / oder mit authoritet / ansehen / vnd fürtrefflichen Gaben
gezieret sind / nicht die Maiestet der hohen Obrigkeit. Item / Keyser vnd König
sind in jhrer höchsten Maiestet vnd Herrligkeit auff Erden / nicht zu
vergleichen der himlischen glorien der Außerwehlten Gottes. Denn jene ist ein
jrrdische vnd vergengliche / diese aber vnuergengliche vnd himlische Maiestet.
Noch vbertrifft die Menscheit Christi mit jhrer Herrligkeit vnd Maiestet / weit
aller Engel vnd Ausserwehlten im Himel Maiestet vnd Herrligkeit. Vnd dieweil sie
doch ein Creatur bleibt / erreicht sie nicht die Maiestet vnd Herrligkeit der
ewigen vnendlichen Gottheit. Derwegen die Maiestet des Menschen Christi / am
richtigsten vnd bequemsten aus Gottes Wort erkleret wird / per dist nctionem,
nach vnterscheidt der Naturen / Ampts / vnd Gaben / wie die Regel Nazianzeni
ausweiset: Alia est considerario Filij re pectu essentiae, alia relpectu
oeconomiae seu missionis. (Es hat ein andere gelegenheit vmb den Sohn / so viel
sein Wesen / ein andere / so viel sein Ampt / oder Sendung anlangt.)
Wie nun die zwo Naturen in Christo (weder am Wesen / noch natürlichen
Eigenschafften oder wirckungen) einander in Ewigkeit nicht gleich werden / denn
es muss ein vnterscheidt bleiben zwischen dem Schöpffer vnd Geschöpff / damit
nicht
|| [26]
das endliche vnd vnendliche / das vmbschriebene
vnd nicht vmbschriebene / das zeitliche vnd ewige / mit einander vermenget werde
/ welches gewislich folget ex reali idiomatum communicatione seu donatione.
Also hat Christus eine andere Maiesiet nach seiner Gottheit / ein andere nach
seiner Menscheit. Denn nach jener ist er mit dem Vater vnd heiligen Geist / ein
einiger Gott / gleich in der Herrligkeit / gleich in ewiger Maiestet / allmacht
/ vnendligkeit / allwissenheit.
Nach dieser ist er vnter Gott / nicht allein darümb / das sein angenommene
menschliche Seel / Fleisch / vnd Blut / ist vnd bleibt ein Creatur / wiewol
durch sein Aufferstehung vnd Himmelfahrt / an glantz / weisheit / sterck /
herrligkeit / vnd was nur hohes vnd fürtreffllches von einer Creatur gerhümbt
kan werden / viel höher denn alle Creaturen im Himel vnd auff Erden / weit vber
vnsern verstandt vnd vernunfft / vnaussprechlicher weis erhoben / Sondern auch
als persona messa, in betrachtung seines Ampts / als des einigen Mitlers
zwischen Gott vnd vns. Welche Maiestet vnd Herrligkeit des Mitlerampts / vnserm
HERRN Christo nach beyden Naturen gebüret / vnd kan von der angenomenen
menschlichen Natur / nichts höhers mit Warheit gedacht / noch geredt werden /
denn das sie mit dem Sohn Gottes eine Person worden / vnd der Sohn Gottes / in /
mit / vnd durch sein angenomene Menschheit / one vermischung vnd trennung / vns
von Sünd / Todt / Hell / vnd Teuffel erlöset / vnd mit dem Vater versöhnet /
dazu wider alle Feind gewaltig schützt vnd erhelt / zeitlich vnd ewiglich /
daher wir jhn wahren Gott vnd Menschen / in einer vnzertrenlichen Person / vna
adoratione, als den rechten Hertzkündiger / vnd einigen Nothelffer / mit
einerley Gebet ehren vnd anruffen. Wie denn auch diese Amptsherrligkeit vnd
Maiestet / der Messias / vnser ewiger König vnd Hoherpriester / Jesus Christus /
wahrer Gott vnd Mensch / sonst mit niemand weder im Himel noch auff Er
|| [527]
den / gemein hat. Denn es ist in keinem andern
Heyl / ist auch kein ander Name den Menschen gegeben / darinnen wir sollen selig
werden / Actor. 4. Vnd daher kömpt es auch / das der den Vater vergeblich ehret
/ der den Sohn nicht ehret / Johan. 5.
Bey welchem schönen Spruch nicht vnbequemlich zugleich(Warümb eben der Sohn hat Mitler sein sollen.) der wunderbare Rath
Gottes betrachtet wird / das eben der Sohn / vnd nicht der Vater / noch H. Geist
/ zum Heyland der Welt verordnet vnd gesandt wird. Dasselbige aber fleusset aus
der vnermeslichen weisheit Gottes her / welche ist ein Liebhaberin vnd
Stiffterin aller Ordnung. Dieweil denn der Heyland(1.) solt dem menschlichen Geschlecht / aus dem geheimbten Schoss des
Vaters / den beschlossenen Rath von vnserer Erlösung ankündigen vnnd offenbaren
/ so gebürete solch Ampt billich derselbigen Person / die inn dem
allerheiligsten Geheimnis der hochgelobten Dreyfaltigkeit / selbst ist vnd
heisset Consiliarius, Rath / Jesai. 9. Vnd Er ist des Vaters ewiges Wort /
darümb(2.) führet er auch billich das Wort /
vnnd wird der Redner / das ist / vnser Prediger zur Gerechtigkeit. Joel. 2. Item
/ Er(3.) solt der Mitler sein zwischen Gott vnnd
vns / das gebürete der mittel Person in der heiligen Dreyfaltigkeit. Er solt ein
Kind(4.) geborn vnd des Menschen Sohn werden
/ auff das er vns mit dem Vater versühnete / vnd die verlorne Kindtschafft
widerbrechte / Johan. 1. das reimete sich am besten zu der Person des ewigen
Sohns Gottes / auff das es bey einem einigen / Ja eingebornen Son bliebe / vnd
dieser Name auff kein andere Person der heiligen Dreyfaltigkeit gelegt / vnd
also die Ordnung desselbigen vnerforschlichen allerheiligsten Geheimnis
vnzerrüttet erhalten würde. Auch solte er das Bilde Gottes in vns(5.) vernewern / vnd aus der Finsternis zum Liecht
/ aus dem Todt wider zum ewigen Leben vns bringen / Solchs verrichtete niemand
billicher / als dieselbe Person / welche inn Gott selbst ist der glantz der
Herrligkeit / vnd das wesentliche Ebenbildt des Vaters / ja Er ist das Liecht /
vnd das Leben. Darümb wie wir(6.)
|| [528]
(7.) allein durch jhn / durch welchen alles
gemacht ist / das gemacht ist / erschaffen sind / also sind wir auch allein
durch jhn erlöset / vnd zu der Erbschafft des ewigen Lebens widergebracht / auff
(8.) das wir zugleich Miterben würden der
ewigen Gnaden durch jhn / der allein der natürliche Erb vnd Brunnquell ist aller
Gnaden / Rom. 8.
(Von der tieffen Nidrigkeit vnd Demut des Mitlers. Philip.
2. Apocal. 13.)
Hieraus leuchtet auch die vnaussprechliche Demut des ewigen Sohns Gottes / vnsers
Mitlers vnd Heylandes / welche nicht allererst auff Erden inn seinem Leiden
angefangen / da er nach dem Fleisch allerley Schmach / vnehr / vnd verfolgung /
mit wunderbarer Gedult / seinem Vater zu gehorsam / biss inn den Todt / ja den
Todt am Creutze ausgestanden / Sondern (wie die Schrifft bezeuget) das Lamb hat
sich von anfang für vns auffgeopffert / vnd dahin gegeben / darümb sich auch der
(Matth. 11.) Mitler den kleinsten im
Himmelreich nennet / nicht das er seines Wesens oder Natur vnnd ewiger Maiestet
halben kleiner wer / denn der Vater vnd heilige Geist / Sondern wie er allein
den Vater volkömlich kennet / vnd besser denn kein Creatur verstehet / wie vbel
es vmb vns Menschen geschaffen sein würde / wenn der gerechte Zorn seines ewigen
Vaters vber vns hett sollen anbrennen / also hat sich niemand tieffer für vns
gedemütiget / als der Sohn / welcher / ehe der Welt grundt gelegt war / für vns
seinen himlischen Vater gebeten / vnd in den Schluss / das er vnser Schuldt auff
sich nemen solt / gewilligt / vnd da die Zeit erfüllet ward / hernider inn die
Welt kommen ist / vnd alles / durch sein eigene Krafft vnd Wirckung / nach des
Vaters wolgefallen / befehl / vnd verordnung / vollbracht. Dieser dreyer Graden
der aller tieffesten Nidrigkeit des Sohns kan mit Warheit keiner geleugnet
werden / welche da heissen / 1. Intercedere, oder deprecari, das ist / Ehe der
Welt grundt (Ephes. 1. Psal. 2. Psal. 45.) gelegt
wardt / für das arme Menschliche Geschlecht bitten. 2. Velle obedientiam, inn
den Schluss des Vaters willigen. 3. descendere propter nos homines &
propter nostram salu
|| [529]
tem, vt homo fieret: zu
bestimpter zeit Mensch werden. Darümb jrren die jenigen gefehrlich / welche die
Nidrigkeit des Mitlers nur auff seine angenommene Natur legen / oder deuten.
Vnd hieraus verstehet nun der Christliche Leser / das in dem(Die aller höchsten Geheimnis Gottes in dem Werck der
Menschwerdung des ewige̅ Worts verbotgen.) Werck der
Menschwerdung des ewigen Worts die allerhöchsten Geheimnis nicht allein von der
ewigen Gerechtigkeit vnd Barmhertzigkeit / Allmacht vnd Warheit Gottes / Sondern
auch die vnaussprechliche Lieb vnd Demut des eingebornen Sohns scheinen vnd
leuchten. Darümb es die Schrifft nicht vnbillich zugleich ein hohes Wunderwerck
/ Jesai. 7. Hagg. 2. vnd ein gross Geheimnis der Gottseligkeit nennet. 1.
Timoth. 3. Denn wiewol die miracula vnd mysteria, das ist / die Wunderwerck vnd
Geheimnis / vnterschiedene Werck Gottes sind / so werden doch beyde Namen
(diuerso scilicet respectu, das ist / mit gebürlichem vnterscheidt) von diesem
hohen trostreichen Wercke recht gebraucht / wie aus derselbigen beyderley Namen
beschreibung abzunemmen. Denn die miracula oder Wunderwerck sind opera Dei
extraordinaria, das ist / solche Werck / da der gemeine Lauff oder Ordnung der
Natur / durch die Allmechtige vnd vnsichtbare Krafft Gottes / nach seinem
verborgenen Willen / etlicher massen geendert oder verhindert wird / also / das
dennoch vnsere eusserliche Sinne die beschehene Enderung spüren vnd mercken
können. Dagegen aber die mysteria oder Geheimnis sind Gottes weise /
vnwandelbare / vnd wolgefaste Ordnung / oder solche Werck / die von Gott auff
etwas gewieses verordnet vnd gerichtet sind / da zwar die Natur der ding / die
zu solcher Ordnung gehören / nicht geendert wird / vnd dennoch Gottes Werck ohne
den Glauben / der sich allein auff den geoffenbarten Willen vnd Zusag Gottes
gründet / mit blosser Vernunfft / viel weniger mit den eusserlichen fünff Sinnen
/ keines wegs begriffen kan werden.
|| [530]
So ist nun die Menschwerdung des ewigen Sohns Gottes / an vnd für sich selbst
betrachtet / eines aus den allergrössesten Wunderwercken Gottes / darümb das
wider die Ordnung der Natur / ein Jungfraw schwanger wird / vnd jhrer
Jungfrawschafft vnuorletzt einen Sohn gebieret / Vnd der Helde / jhr Sohn / ist
vnd heisset Immanuel / Gott mit vns / Jesai. 7. Denn ob diesem Wunderwerck
bewegen sich Himmel vnd Erden / Hagg. 2. Vnd die heiligen Engeln mit allen
himlischen Heerscharen (1. Petr. 1. Ierem. 31. Creabit Dominus nonum super terram. Faemina circundabit
virum.) gelüstet das Wunder zu sehen / Vnd werden alle
Außerwehlten sich in Ewigkeit darüber zu verwundern vnnd zu erfrewen haben.
Wiewols aber nicht alle Menschen inn dieser Welt jnne werden / noch achten / so
weis doch die Mutter des HERRN für sich / in jhrem Gewissen / vnd darffs jhr
niemand bezeugen / dass sie an jhrer Jungfrawschafft vnuerletzt diesen jhren
eigenen Sohn geboren / vnd allein vom heiligen Geist empfangen hat. Ob auch wol
die Göttliche Natur in Christo mit eusserlichen Augen von niemand jemals weder
gesehen worden ist / noch gesehen werden kan / so bezeugen doch die Werck / die
der HERR auss eigener Krafft gethan / das er mehr / denn ein Mensch / oder
erleuchter gemeiner Prophet sey. Darümb die Jünger beydes von jhm schreiben /
das sie mit jhm gessen vnd getruncken / jhn gehöret / gesehen / beschawet / vnnd
mit Henden betastet haben / dadurch seine warhafftige Menscheit bezeuget wird.
1. Johan. 1. Vnd das sie seine Herrligkeit / Johan. 1. als des eingebornen vom
Vater gesehen haben (verstehe in vbungen der Wunderwerck / die er darümb des
Vaters vnd nicht des Fleisches Wercke nennet) welchs alles auff die ewige
Gottheit gehet. Das also das Wunderwerck die Person betrifft / in welcher zwo
vnterschiedene Naturen / die vnendliche vnd endliche / die ewige vnd inn der
zeit angenommene / die Göttliche vnd Menschliche / die vnsichtbare vnd sichtbare
/ etc. persönlich / vnzertrenlich / vnuermischt / vnd vnzerstörlich miteinander
vereiniget sind. Dergleichen Exempel an einiger Person / von sol
|| [531]
chen vnterschiedenen Naturn / hat die Welt nie
gesehen noch erfahren. Darümb ists ein Wunderwerck / contra, praeter, &
supra rerum seriem, wie die Kirchen singet: ô admirabile commercium.
Item:
O rem mirandam, mirando foedere iuncta est Humani generis languida massa DEO. Das Geheimnis aber gehet auff das ende / darümb die Menschwerdung des ewigen Worts geschehen / nemlich vmb der gnedigen verordnung Gottes willen / das wir durch diesen / vnd keinen andern Weg / sollen erlöset werden. Darinn stehet nu alle Gottseligkeit / vnd erfodert freylich den glauben. Denn ob wol die Gottlosen in der Welt das Wunderwerck von der Geburt der Jungfrawen zu Bethlehem auch erfahren / vnd die Teuffel wissens / das sichs in Warheit nicht anders verhalte / so ist die Gottselige Betrachtung doch nur allein bey den Gleubigen / die dem Geheimnis in der furcht Gottes nachdencken / vnd forschen in der Schrifft / welche dauon zeuget. Johan. 5. Die andern lassens bey dem blossen verwundern / als bey einer newen Zeitung / bleiben / vnd bessern sich nichts daraus / ja sie ergern sich viel mehr daran / wie Hannas vnd Caiphas / oder fallen auff aberglaubische Gedancken / gleich wie die jenige / welche heut zu tag aus der Menscheit in Christo ein allwissende / allmechtige / allenthalbgegenwertige Hertzkündigerin / ja Schöpfferin der kleinen hirsch vnd senffkörnlein dichten / vnd also durch wunder seltzame Gedancken / die sie jhnen / ohne / ja wider Gottes Wort einbilden / nicht allein das Geheimnis fahren lassen / sondern auch das Mirackel selbst verkehren / welchs doch die beyde vereinigte Naturn im geringsten nicht endert. Denn wie wolte sonst dieser wundere Helde / welcher seines gleichen (die Person betreffende / als die zugleich Gott vnd Mensch ist) weder im Himel noch auff Erden hat / nichts desto weniger sein / bleiben / vnd heissen coëssentialus patri & matri, das ist / eines Wesens zu
|| [532]
gleich mit dem Vater vnd
mit der Mutter? So er doch nach der ewigen Natur in warheit Mutterloß / vnnd
nach der angenommenen Natur Vaterloß ist vnd heisset. Hebr. 7.
Das ist die eigentliche / warhafftige / vnwidersprechliche Lehr / von der Person
/ Ampt / vnd Herrligkeit Christi / vnd wer anders von Christo helt oder lehret /
der verleugnet mehr seine Maiestet / denn das er dieselbige preyse / oder
vertheidige. Denn man ehret Gott vergeblich mit Menschen Trewmen / Matth. 15.
Vnd ist der Spruch Cassiani wol zu wercken: Non minoris erroris est, Domino
nostro Iesu Christo impropria addere, quàm propria derogare. Quod enim non ita
dicitur, vt est; etiamsi honor videatur, iniuria est. Das ist / Es ist eben so
vnrecht / vnserm HERRN Jesu Christo zueignen / das jhme nicht gebürt / als jn
des jenigen / so er eigen hat / berauben. Denn alles / was nicht also geredt
wird / wie es an jhme selbst ist / dasselbige / ob sichs schon ansehen lest /
als sey es ein ehr / so ists doch nichts / denn schmach vnd vnehr. Wie auch Leo
Episcopus ad Leonem Augustum schreibet: In magno sacrilegio se versari,
haereticorum manifestat impietas, cum sub specie honorandae in Christo Deiratis,
humanae carnis in ipso denegant veritatem. Das ist / Die Gottlosen Ketzer geben
an tag / das sie in grosser geistlichen Reuberey stecken / in dem sie vnterm
schein der Gottheit Christi / die aller ehren werth / die Warheit des
menschlichen Fleisches in jhme verleugnen.
Damit aber der Christliche Leser verstehe / das diß die rechte einhellige meinung
sey aller rechtgleubigen Christen von anfang der Kirchen / so wolle er die
zeugnis beyde aus Gottes Wort / vnd H. Merterer / so wol auch Lutheri / vnd
Fürst Georgen zu Anhalt / Christmilder gedechtnis / in der Anhaltischen
Apologien / welche Anno 1580. vmb bezeugung der Warheit willen / den
hochlöblichen dreyen weltlichen Churfürsten mit vnterthenigster Demut
zugeschickt ist worden / selbst nachschlahen / so wird er vom 192. blat / biß
vffs 219. ausführlichen bericht dauon befinden.
|| [533]
In sonderheit aber berüffet man sich schließlich vnd bestendiglich auff die
schöne Erklerung dieses hohen trostreichen Geheimnis / beschrieben vnd begriffen
in der Epistel Leonis primi ad Flauianum, Bischoffen zu Constantinopel / welche
auff dem andern Concilio zu Epheso gehalten / von den Ketzern war vntergedruckt
worden. Denn es praesidiret daselbst Dioscorus Alexandrinus, des Eutychis
patron, ein frecher / beschwatzter / hoffertiger Mensch / welcher den
hochlöblichen Keyser Theodosium eingenommen / vnnd mit seinem brachio seculari
sich dermassen gestercket hatte / das es gienge / wie Basilius vber die
Eunomianer klagt / das sie alle rechtmessige Erkentnis der Religionsstreite
gehindert / vnd selbst in eigner Sachen actores & iudices vnd weis nicht
/ was mehr / haben sein wollen. Denn der fromme Lehrer Flauianus mit harten
Schlegen ausser der Versamlung verstossen / vnd auff den dritten Tag darüber
gestorben ist / daher dasselbe Concilium ein mörderischer Synodus genennet
worden.
Nach vier Jahren aber hat Martianus / der berhümbte Gottselige(Ein schön Exempel / was der hohen Christlichen Obrig
keit / bestendigen fried in der Kirchen anzurichten / gebüre. Vide Chro̅. Phil. parte 2. lib. 3. pag.
126.) Regent vnd Keyser / das Concilium in der Stadt
Chalcedon gehalten / vnd ist selbst eigner Person dabey gewesen / wie denn seine
wort / die er damals geredet / angezogen werden / distinct. 96. Nos ad
confirmandam fidem, non ad ostendendam potentiam, exemplo Constantini
Imperatoris Pij, Synodo interesse volumus, vt inuenta veritate dissidia
tollantur, & non vltra multitudo prauis doctrinis attracta discordet.
Das ist / Wir wollen in dem Concilio erscheinen / wie der fomme Keyser
Constantinus auch gethan hat / nicht zwar vnsere Pracht / noch Macht hiemit zu
beweisen / sondern das der Christliche Glaube möge desto mehr erkleret vnd
bestetiget werden / damit doch endlich die Warheit an tag gebracht / vnd das
Gezenck einmal auffgehoben / vnd durch falsche Lehr nicht je lenger je mehr
Spaltung oder Vneinigkeit vnter dem Volck angerichtet vnd verursacht werde.
|| [534]
In demselbigen Concilio sind Christliche Decret vnd Satzunge / wider die
schreckliche Lehr / dadurch die zwo Naturn im HERRN Christo / in einander
vermischt vnd verwirret werden / gemacht worden.
Vnd ist Theodoretus / des nütze Schrifften von dieser Lehr noch vorhanden / vnd
fürwar lesens wol werth sind / wider in sein Bischofflich Ampt / daraus jhn
zuuor Dioscorus vertrieben / eingesetzt: wie denn auch damals obgedachte Epistel
Leonis ad Flauianum, ans Liecht kommen / vnd in öffentlicher Versamlung / an der
zahl 636. rechtgleubiger Väter / von wort / zu wort abgelesen worden / darauff
die versamleten Orthodoxi Patros semptlich ausgeschriehen: Haec vera fides, haec
fancta fides, haec sempiterna fides: in hac baptizati sumus, in hanc baptizamus:
Omnes ita credimus. Haec Patrum fides, haec Apostolorum fides: Anathema sit, qui
ita non credit. Dieses ist der rechte Glaube / dieses ist der heilige Glaube /
diß ist der stetwehrende Glaube. In diesem Glauben sind wir getaufft / darauff
teuffen wir andere. Wir gleuben alle also / diß ist der Väter Glaube / dis ist
der Apostel Glaube. Verflucht sey / wer nicht also gleubet. Vnd dauon hat die
Epistel / wie Nicephorus schreibet / den namen bekommen / das sie genant ist
worden / columna rectae fidei, , eine Seule des rechten
Glaubens: Dabey wir auch / mit Gottes hülff / biss an vnser ende Christlich
verharren / vnd einmal also von dieser Welt seliglich abscheiden / vnd am
Jüngsten tag vor dem Richterstuel Jesu Christi mit allen freuden erscheinen
wollen / dazu vn Gott helffe / Amen.
|| [535]
Folget die Antwort auff D. Timothet Kirchners newe Buch.
WIewol nun den Anhaltischen Predigern nichts liebers wer / denn bey dieser
warhafftigen / trostreichen / vnd wolgegründten Lehr / jhres Ampts friedlich vnd
rühig abzuwarten / sich auch wissentlich vnd fürsetziglich zu niemand jemals
genötigt / sondern in vorfallender not mehr nicht / denn jr Bekentnis vnd
Verantwortung / mit gebürlicher demut eingewandt / vnd nach jhrem einfaltigen
Verstande nur angezeiget / worauff der Grunde jrer Lehr beruhe / vnd was aus des
Gegentheils newen / bisher der Kirchen Gottes vnbekanten Lehren vnd phrasibus
für abschewliche paradòxa notwendig folgen / Begeren aber vber niemandes
Gewissen zu herrschen / viel weniger jhre Lehr andern auff einigerley weis
auffzudringen / noch jemandt derwegen / ehe die Sach in einem ördentlichen
Synodo gnugsam erkant vnd ausgeführet / im geringsten stücke zuuerdammen / so
hat jnen doch bisher der gewünschte vnd so offt mit flehlicher bitt gesuchte
Fride nicht widerfahren können / sondern haben sich ohne vnterlas / jetzt von
diesem / jetzt von jenem / auff mancherley weis / zum aller schrecklichsten
(jedoch vnüberwiesen / vnd ohne schuld) ausschreyhen / lestern / vnd verketzern
lassen müssen.
Wie denn endlich auch D. Timotheus Kirchner / Pfarrherr vnd Superintendens zu
Weymar / ein gross Buch / von 85. Bogen / mit einer Vorrede der Theologen / in
den dreyen Vniuersiteten / Leipzig / Wittenberg / vnd Ihena / wider die 42.
Anhaltischen Argument / kurtz nach Martini / des abgelauffenen 85. Jars / durch
den Leipzigschen druck hin vnd wider aus
|| [536]
gesprenget / darinn (wie die vberschrifft vnzeitig rhümet) gründlich
bewiesen sein soll / das die 42. Argument der Kirchendiener im Fürstenthumb
Anhalt / aus lauterm Triebsand / vnd erdichteten Verkehrungen zusammen
geflochten seyen.
Es haben aber die Anhaltischen dasselbige newe dicke Buch / sampt der
vorgedruckten Praefation / so wol als etlicher anderer vnuerursachte zunötigung
vnd calumnien / derer namen (vmb welche es jhnen viel mehr / denn vmb die
Warheit selbst zu thun scheinet) man noch zur zeit in Munde zu nemen (wie der 16
Psalredet) oder mit gebürlichem preyß zu celebriren für vnnötig achtet / mit
allem fleis durchlesen / wolten auch / da sie eines bessern vnterrichtet weren /
mit gebürlicher Danckbarkeit gern weichen / Aber (Gott lob vnd danck) es hat
sich in Warheit gar nichts befunden / das jhre Argument / welche durchaus noch
fest stehen / vnd ewiglich wol bestehen werden / im geringsten bewegen /
geschweigen vmbstossen könte.
Wiewol man nun / der lenge nach / vnd ausführlich / durch alle Argument / von
einem zum andern gehen / vnd auffs newe / gar leicht / bey einem jeden / mit
gutem Grunde darthun vnd beweisen könte / das nichts vberal von D. Kirchnern
refutiret / oder (wie er sich pag. 612. vergeblich rhümet) widerlegt / sondern
vielmehr der Anhalter Lehr bestettiget worden sey / so bedenckt man doch / das
bey diesem hellen Liecht der geoffenbarten Warheit (dafür Gott ewiglich gelobt
vnd gepreyset sey) sölches alles der Christliche vnparteyische Leser von sich
selbst (Man halte eins gegen das ander / vnd tuffe Gott
vmb gnade an so wird sich die warhett finde̅.) wol
mercken vnd verstehen werde / wenn er nur so viel zeit anwenden / vnnd die 42.
Anhaltischen Argument (nach dem befehl des Apostels / Prüfet alles / aber allein
das gute behaltet / 1. Thessal. 5.) mit D. Kirchners Buch noch einmal mit
gebürlichem fleis in der furcht des HERrn conferiren wil. Derwegen mans auff
dißmal für bequemer vnnd gnugsam geachtet / nur etliche fürneme Punct zu
erzehlen / daraus jederman / wie vbel des Gegentheils Lehr gegründet sey /
augenscheinlich zu erken
|| [537]
nen / vnd ferner den
Sachen / für sich selbst / inn der furcht Gottes / nach zu dencken Vrsach habe.
Wie nunmehr auffs aller kürtzeste vnd eingezogenste / so viel müglich / vnnd
dieser hochwichtigen Sach notturfft leiden wird / im namen Gottes / welchen wir
vmb die Gnade seines heiligen Geistes / durch Christum Jesum / des Ehre vnd
Namen es allein betrifft / aus hertzen grunde anruffen / folgen soll.
Anfenglich wolt er gern den statum causae zweiffelhafftig(Wouon eigentlich der Streit sey.) machen /
gleich als wer das nicht die heuptfrage / Ob die menschliche Natur Christi
allmechtig / allwissend / allenthalben sey. Aber es gibts die gantze Disputation
/ das es vmb nichts anders zu thun. Wie ers denn endlich selbst nicht verbergen
kan / als hernach an vnterschiedenen orten angezeigt / vnd nottürfftige
Erinnerung / jedoch mit Christlicher Bescheidenheit / aus Gottes Wort soll
entgegen gesetzt werden.
Vnd ist demnach mit allem fleis gar wol zu mercken / vnd(Das Gegentheil bekennet selbst / das sie in phra sibus
von der Augspurgischen Confession abgewichen.) vor allen dingen in
acht zu nemen / das er pag. 7. wider sich selbst bekennen muss / das dieselbigen
newen phrases, oder art zu reden / die er abstractiuas nennet (nemlich / das
Fleisch / oder die menschliche Natur Christi ist allmechtig / allwissend /
allenthalben) dauon der Streitt ist / in der Augspurgischen Confession (viel
weniger in den andern von der allgemeinen Christlichen Kirchen angenommenen vnd
approbierten Schrifften) nicht begriffen sind / etc. So bezeugt er ja hiemit
öffentlich / das er mit seinen verwanten / wider die Praefation der
Concordiformul / die ernstlich hieuon protestiret / von der daselbst angezogenen
norma, in phrasibus, das ist / so viel die art zu reden betrifft / abgewichen /
vnd demnach eine newe art zu lehren inn die Kirchen Gottes einführe. Welchs der
Apostel gar ernstlich verbeut / da er seinen Jünger Timotheum heisset an dem
Fürbilde der heilsamen Wort anhalten / vnd diesen guten Beylage bewahren / durch
den heiligen Geist / der in vns wohnet.
|| [538]
2. Timoth 1.
Wenn die Anhalter sonst nichts für sich hetten / so wer diß einige zu jhrer
Entschüldigung vbrig gnug. Denn es heisset: Qui fingit nouas phrases, fingit
nouas res. Wer ein newe art zu reden auff die bahn bringet / der gehet mit einer
newen Lehr vmb. Daher auch der Sohn Gottes spricht: Meine Scheflein hören meine
Stimme. Johan. 10.
Möchten die löblichen Heupter dessen nottürfftiglich bericht werden / welche in
der pręfation der Concordiformul am Beschluß ernstlich bedingen vnd befehlen /
das man weder in phrasibus noch rebus, von der Augspurgischen Confession / vnd
andern daselbst pro norma specisicierten vnd benamten Büchern / mit welchem
freylich die Anhalter durchaus wol zufrieden / im geringsten nicht abweichen sol
/ sie würden / zweiffels ohne mit wenigem gefallen / in der that spüren vnnd
mercken / das die Theologen jhres theils mit der Sach nicht richtig weren
vmbgangen / dieweil weder die Prefation / noch Formula Concordiae, viel weniger
die darauff erfolgete Apologia dißfalls mit einander concordiren.
Ob aber wol D. Kirchner auff die Scripta Patrum, vnd (Aus den alten Lehrern kan kein Vbiquitet der Menscheit in Christo bewiesen
werden.) Decreta Synodi Ephesinae sich berüffet / wie sönderlich pag
189. 190. vnd sonst hin vnd wider zusehen / so hat sich doch noch kein Spruch
gefunden / der also laute: Caro Christi est omnipotens, omniscia, vbique: die
menschliche Natur in Christo ist allmechtig / allwissend / allenthalben. Sondern
vielmehr dz gegenspiel ist aus allen estimonijs Patrum, die er hauffenweis
hin vnd wider / sine iudicio coaceruirt, zuuernemen. Als / zum exempel / pag.
587. wil er beweisen / das die menschliche Natur in Christo vmb der persönlichen
Vereinigung willen mit dem ewigen Wort / alles erfülle / vnd an allen orten
gegenwertig sey. Allegirt derwegen einen Spruch Ambrosij, lib. 2. in Lucam, cap.
1. Benè magnus (Iesus) cuius virtus mundum REPLEVIT, qui VBIQVE est, &
erit semper: quia regni eius non erit finis. Diß soll souiel heissen / als /
caro Christi est vbique, & replet omnia. Denn wer
|| [539]
diß nicht gleube / der begehe ein schreckliche Gotteslesterung.
pag. 567. 568. Der Christliche Leser wölle auch die andere dicta Patrum,
daselbst angezogen / behertzigen.
Belangend die Zeugnis der Schrifft / welche niemand leugnet(Das Gegentheil vermenget die Eigenschafften der Naru
ren mit de Amptswercken.) / nemlich das Christi Fleisch vnd Blut
Lebendigmachend sey / von Sünden reinige / das Gericht halte / etc. (pag. 188.
vnd durchs gantze Buch hindurch) thun solche auch nichts zur sache. Denn die
Regel stehet dawider: Proprietates naturarum non debent confundi cum
appellationibus officij: Man sol die Eigenschafften der Naturn mit den
Amptsnamen vnd Amptswercken nicht vermengen. Möcht derwegen D. Kirchner billich
die Regel / welche er pag. 572. anzeugt / selbst besser in acht genommen haben:
Quòd allegare inconueniens non est soluere argumenta. A disparatis enim nihul
sequitur.
Zu deme / solt man schier einmal bedencken lernen / das die(
Actiones theandricae admittunt propositiones
abstractiuas.
) Amptswercke / darinn die abstractiuae propositiones vmb der gemeinen
wolthat willen / so dem menschlichen Geschlecht daraus erfolgen / zugelassen
werden / darümb actiones theandricae heissen / das der Mitler / in / mit / vnd
durch beyde Naturn zu vnserm Heyl wircket / aber nicht / was dem Wort eigentlich
zustehet / verricht die Menscheit / noch hinwider / was der Menscheit gebüret /
volbringet die Gottheit. Sondern nach der Regel Leonis: Verbo operante, quod
Verbi est; & carne exequente, quod carnis est: Das ist / was dem ewigen
Wort zustehet / dasselbige wird vom Wort volbracht / vnnd was der Menscheit
gebüret / das verricht die Menscheit. Denn die Naturn in Christo sind , respectu vnius eiusdémque apotelesmatis seu beneficij: non
respectu vnius eiusdémque energiae seu actionis: Wie die Monotheleten
schwermeten. Sonst müste von der Regel Leonis: Agit vtraque natura in Christo
cum alterius communione (id est, vnione: exclusa omni diuulsione &
separatione) der notwendige appendix, dadurch die gantze Regel erkleret wird /
ausgetilget werden / da dabey stehet: Quod proprium est.
|| [540]
Mangelt derwegen dem Gegentheil an nichts anders / denn an
Zeugnissen der Schrifft. So lang sie nun dieselbige nicht klar / ohne zugesetzte
Glosse / damit man sich bißher geflicket hat / herfür bringen / sind die
Anhalter nicht zu verdencken / dass sie mit dem Propheten antworten: Ir saget
wol / So spricht der HErr HERR (das Fleisch Christi ist allmechtig / allwissent
/ allenthalben) so es doch der HERr nicht geredet hat / Ezech. 22. Was denn in
Glaubens sachen ohne Schrifft fürgebracht wird / das kan man viel sicherer
verwerffen / denn annemen.
(Zu Quedlingburgk ist das Ge gentheil widerlegt worden.)
Dieweil auch die Herrn Theologen der dreyen löblichen Vniuersiteten / in jrer
Pręfation oder Vorrede (so wol / als D. Kirchner / pag. 215.) jhr newe Lehr
selbst fallen zu lassen / ja zu verdammen / sich erbieten / da sie eines einigen
Irrthumbs vberwiesen werden / So mögen sie die Acta Colloquij Quedlinburgici
noch einmal vberlesen / vnd sich nicht schemen / von D. Heßhusio die
Vnterweisung anzunemen / ob jhnen die Anhalter etwa zu gering weren.
Für Väter vnd Praeceptores wolten sie gern veneriret sein / aber sie sein von
jhrem Praeceptore Philippo selbst abgefallen / wie sie denn in jhrer prechtigen
Vorrede auch seines Namens vnter den benampten Praeceptoribus nicht mehr
gedencken. Da es doch in warheit heisset: Nisi vitula hac arassetis, &c.
Iudic. 14. Diesem Exempel können die Anhalter / Gewissens halben / nicht folgen
/ sondern bleiben bey dem vnfeilbaren Göttlichen Wort / welchs allein Glaubens
Artickel macht / vnd beruffen sich nochmals auff die wolgegründten Schrifften in
Corpore doctrinae (
Corpus doctrinę Phil.
) Philippi begriffen. Zweiffeln auch gar nicht / das der warhafftige
einhellige Consens aller Rechtgleubigen / vnd demnach auch der getrewen Helden
Gottes / D. Lutheri / vnd Fürst Georgen zu Anhalt / etc. darinn auffs aller
deutlichste vnd einfeltigste zusammen getragen sey / Gott wölle vns biss ans
ende dabey gnedigst erhalten.
So ist es doch je zu grob / das D. Kirchner schreibt / es hab ei
|| [541]
nerley verstandt / wenn man sage / die
menschliche Natur Christi ist allmechtig / vnd der Mensch Christus ist
allmechtig. pag. 60. da er doch / pag 130. diesem zu wider / selbst bekennet /
das Wort Christus sey ein Name der Person / welchs man ja mit Warheit von der
menschlichen Natur nicht sagen kan.
Item: Er will nicht gestehen / das er concretum vnd abstractum(
Confusio concreti & abstracti.
) mit einander confundire / pag 171. Vnd streitet doch hefftig / das alles
/ was der menschlichen Natur eigen ist / der Gottheit mit Warheit zugeschrieben
werde / pag. 169. Vnd widerümb / das die Eigenschafften der Gottheit / werden
der angenomenen menschlichen Natur Christi (ealiter vnd in der that)
mitgetheilt / oder gegeben. pag. 170. Aber dawider sagt Vigilius Martyr: Impium
& sacrilegum est, ea, quae sunt ptopria Verbi, naturae carnis
adscribeue. Das ist / Gottloß / ja eine grewliche Lesterung wider Gott / vnd
ein öffentlicher Raub seiner Göttlichen Ehren ist es / wenn man das jenige / was
der Göttlichen Natur des ewigen Worts eigen ist / der menschlichen Natur / oder
dem angenommenen Fleisch Christi zuschreibet.
Item, Cyillus lib. 5. de Trinit. Sic quae de Christo dicuntur, intelligenda
sunt, vt nec, quae Deitati conueniunt, humanitati ipsius tribuentur; nec, quae
humanitatis propria sunt, ad Deitatem ipsius detorqueantur. Haec ille.
Vnd zwar / D. Timotheus Kirchner kan nicht fürüber / obgesetzte seine Vniuersal
assertion wider sich selbst zu restringiren / dieweil er / pag. 292. 413.
bekennen mus / das die Eigenschafft / nach welcher der Sohn vom Vater vnd H.
Geist vnterschieden ist / nemlich das er vom Vater in ewigkeit geborn / welchs
man nennet characteristicam Verbi notione̅, oder personale idioma
Filij, nicht mitgetheilet werde. Wie kan den̅ sein dogma bestehen
/ das alles / was dem ewigen Son Gottes von Natur gebüret / gehöre vnd werde in
der that mitgetheilet der menschlichen Natur aus gnaden? Item / Er wil nicht /
das hiemit entweder ein exaequatio(Zweyerley
almechtig-) naturarum & proprietatum essentialiu̅, oder zweyerley Allmech
|| [542]
tigkeit
(keit / vnd die exaequatio
naturarum stehen beysammen.) gedichtet werden / ob man schon sage
/ alle beyde Naturn in Christo seyen Allmechtig. Denn es sey (gibt er für) nicht
pari ratione, auff einerley weis / pag. 95. 96. 97. Oder indifferenter, ohne
vnterscheidt / pag. 111. zuuerstehen / sondern d???uersis rationibus, &
diuerso respectu, pag. 105. Denn es sey ein vnterscheidt / wie inter causam
& effectum; seu antecedens & consequens. pag. 31. 34. 35. 36.
39. 257. 595. Die Gottheit sey es von (
Differunt ergo ratione principij non forme.
) Natur / aus vnd für sich selbst / die Menscheit (aliundè, anders woher)
von einem andern höhern prencipio. pag. 305. aus gnaden / in der Person. pag.
192. Ex gratia alterius naturae, nemlich ex solius coniunctae diuinitatis
virtute: pag. 304. Jene gebe es / dieser werde es gegeben / mitgetheilt / vnd
geschenckt pag. 111. 161. Oder (wie es pag. 158. 255. erkleret wird) das Wort
sey omnipotens essendo, die angenommene Menscheit aber habendo omnipotentiam.
Jene sey es natürlich vnd wesentlich (essentialiter) diese aber (realiter)
thetlich / oder aus thetlicher Mittheilung. pag. 212. Summa: Das ewige Wort in
Christo sey allmechtiger Gott / wesentlich / essendo: die angenommene Menscheit
sey zur gemeinschafft solcher allmechtigen Krafft per gratiam vnionis kommen /
vnd wiewol sie ein Creatur ist vnd bleibt / so sey sie doch allmechtig / nicht
essendo, sed habendo omnipotentiam Verbi, cui hypostaticè vnita est. Haec ille.
pag. 303. 304. Wird demnach in Christo zugleich ein allmechtiger Gott / vnd ein
allmechtige Creatur müssen statuiret werden. Vnd alles / was er von der
mitgetheilten Allmechtigkeit disputieret / dasselbige verhelt sich (spricht er /
pag. 207.) ebener massen auch mit den andern Eigenschafften. Darinn jhm doch D.
Hesshusius / welcher die Vbiquitet ausgemustert hat / nicht beyfellet.
Ists denn nun vnterschieden / wie causa vnd effectus, oder wie antecedens vnd
consequens, wie geben vnd nemen / oder mittheilen vnd empfahen / Item / dieweil
es keine ausflucht / sondern (wie er setzt / pag. 159.) die Warheit selbst ist /
das ein anders sey / wesentlich allmechtig / vnd ein anders / nicht wesentlich
|| [543]
allmechtig sein / So kans ja nicht einerley
heissen / oder wird der Gottheit nicht eigen bleiben / so es mit der that auch
der Menscheit zugelegt worden ist.
Ja / D. Kirchners Bericht nach / ist die warhafftige mittheilung der Maiestet
(wie er redet) weder der persönlichen Vereinigung allein / noch auch der
Erhöhung allein / sondern beyder effect / oder folge zugleich / pag. 506.
(wiewol / diesem zu wider / pag. 566. vnd sonst zu viel maln / sie nur ein folge
der persönlichen Vereinigung genennet wird) Nach dem nun die Göttliche Natur in
Christo allezeit volkömlich allmechtig / die Erhöhung aber der menschlichen
Natur (wie die Schrifft bezeugt) allererst nach dem Todte angangen ist / Luc.
24. Wie wil man denn fürüber / das nicht vnter des im Standt der Nidrigung
zugleich ein vnuolkommene vnd volkommene Allmechtigkeit in Christo gewesen sein
müsse? Welchs aber de vnica simplicissima omnipotentia, wie die Göttliche
Allmechtigkeit ist / mit nichten wahr sein kan.
Vnd nach dem D. Kirchners angemaste responsiones oder(Das Gegentheil sucht vergebliche ausflücht.) solutiones alle auff
einerley wege lauffen / vnd weder in forma, noch materia, oder fundamento
bestehen / sondern auff diss einige refugium gegründet sind / das die
menschliche Natur anders für sich / absolutè, pag. 380. 420. denn in der
persönlichen Vereinigung / aus welcher sie die Maiestet der allmechtigkeit /
etc. vnd nicht aus sich selbst / bekommen hab / betrachtet werde / So kan / noch
vermag jm diß nicht zu gutem kommen / er beweis den̅ zuuor
zweyerley / Erstlich / das in den obgemelten propositionibus, dauon der Streit
ist / das secundùm sese, für sich (welchs ein distinctiua locutio ist) vnd ex
sese (welchs causalis ist) einerley bedeutung haben.
Zum andern / das in der persönlichen Vereinigung die angenomene Menscheit anders
/ denn wie sie mit vnser Natur vnd wesen / in allem (ausgenomen die sünde)
verwandt ist vnd bleibt / nicht allein im standt der Nidrigkeit / sondern auch
im stand der
|| [544]
Herrligkeit / betrachtet werde. Denn das
Nazianzenus sagt / das ewige Wort werde auff ein andere weis nach seinem wesen /
vnd auff ein andere nach dem Geheimnis der Vereinigung mit der angenomenen
Menscheit betrachtet / das bewehrt er mit dieser angehengten Vrsach / Denn das
Wort (spricht er) so Fleisch worden ist / war etwa (das ist / von ewigkeit) one
Fleisch (. Orat. 1. de Filio) diß aber kan von der
angenommenen Menscheit nicht gesagt werden. Denn sie lesset sich auch mit den
aller subtilesten Gedancken vom ewigen Wort nicht separiren / ohne verletzung
oder trennung der persönlichen Vereinigung. Derwegen wie sie inn / vnd nicht
ausserhalb der Person des Worts / zugleich jhr existentiam vnd subsistentiam
bekommen hat wesentlich (daher denn die alten Kirchenlehrer / ratione naturarum
essentialiter concurrentium in vnam hypostasin, dieselbige Vereinigung / welche
ratione termini hypostatica genent wird / auch essentialem genennet haben /
wider die Manicheer / welchs D. Kirchner numehr / Gott lob / mit den Anhaltern
selbst bekennet / pag. 346. 347. 349.) also kan sie auch inn der persönlichen
Vereinigung auff kein andere / denn allein auff natürliche wesentliche weis
betrachtet werden. Sonst wird man nicht fürüber können / wider alle
Rechtgleubigen zu statuiren / das die angenommene menschliche Natur etwa auch
ausserhalb der persönlichen Vereinigung / als quidda̅ absolutum
aut separatu̅, gewesen / oder sey / oder sein möge. Welchs in alle
ewigkeit allen Sophisten / mit einigem Grunde zu beschönen / oder darzuthun /
wol vnmüglich bleiben wird. Reipectu animae kan man wol von dem Leib Christi
besonders / oder absolutè gedencken vnd reden. Den̅ im todt
geschahe ein warhafftige trennung zwischen diesen beyden. Aber respectu vnionis
hypostaticae cum Verbo, lesset sichs weder von Christi Leib noch Seel anders
gedencken oder reden / denn vermöge beyder existentz vnnd subsistentz in des
ewigen Worts Person / ausserhalb derer die angenommene menschliche Natur / weder
an Leib noch Seel / auch nicht ein augenblick /
|| [545]
so
wol im Grab des Todtes / als inn der allerhöchsten Maiestet der Herrligkeit /
nie gewesen / noch ist / auch nicht sein kan / noch wird sein. Das ist vnd
bleibt die ewige vnwidersprechliche Warheit. Vnd eben dieses bestetigt der
Spruch Damascem: Fatemur in Christo saluas esse duas naturas, non seorsum
& particulatim ponentes vnamquanque, sed vnitas ad inuicem in vna
composita hypostasi. lib. 3 cap. 3. Das er aber pag. 49. 328. fürgibt / die
Anhalter wollen das gegeben / oder empfahen in der(Von
geben vnd empfahen in der zeit.) zeit / von der angenommenen
menschlichen Natur gentzlich abwenden / vnd allein auff die Gottheit ziehen /
das kan er nicht beweisen. Es ist auch vnrecht / quòd dare semper praesupponat
indigentiam in eo, cui aliquid datur. pag. 38. Saepissimè enim non indigentiam,
sed potius coecitatem & ignorantiam mundi praesupponit. Denn wenn man
Gott etwas gibt / so bedeuts keine Dürfftigkeit / oder Mangel / der durch
solches geben ersetzt / oder (wie D. Kirchner redet) erfüllet werden müste
(sintemal in Gott ist keine Dürfftigkeit / noch Mangel) sondern es bedeut der
Welt blindheit / vnwissenheit / vn̅ bosheit / das wir Gott nicht
(wie sichs gebüret) nach seinem wesen vnd willen erkennen vnd ehren. So ists
auch nicht einerley / wenn dem Sohn Gottes / dem es freylich an ewiger
allmechtigen Krafft / Weißheit / vnd Herrligkeit nie gemangelt / daran jm auch
das geringste weder ab / noch zugelegt kan werden / von seinem himlischen Vater
das Ampt vnser Erlösung vbergeben wird (welchs zu gewieser zeit vns Menschen ist
offenbar worden) vnd wenn er seine angenommene Natur mit der vbermas aller
Gnaden des H. Geistes zieret vnnd stercket. Das kan niemand mit gutem Gewissen
leugnen.
Derwegen auch hiebey der guthertzige Leser wolmeinende erinnert(Das Gegentheil ist nicht weit von Arij
Geselschafft.) sein wolle / das aus dem Spruch Leonis, tractantis locum
Ephe. 1. darauff sich D. Kirchner pag. 318. 320. mit vielen vergeblichen
worten berüffet / mit nichten wider die Anhalter / sondern wider jr Gegentheil
selbst streite. Inmassen auch im 20. Anhaltischen Argument / die Vbiquisten mit
starcken vnbeweglichen
|| [546]
Gründen des Arianismi
vberwiesen sind. Denn ob sie wol mit dem Munde dawider protestiren / so führen
sie doch / vielleicht aber vnwissent (welchs man sich noch aus Chrisilicher lieb
/ wenn sie nicht so offt erinnert weren / gern zu jhnen versehen wolte) einerley
Vngründe. Vnd ist kein ander Vnterscheidt / denn allein dieser / das die alten
Arianer (welche freylich wol verstanden haben / das der ewigen wesentlichen
Gottheit aus Dürfftigkeit nichts gegeben / oder zugelegt werden könne) für
gnugsam achteten / das der Sohn Mariae / den sie sonst für einen blossen
Menschen hielten / mit allmechtigkeit / vnd allwissenheit (an die Vbiquitet /
als die gar zu grob / haben sie nicht gedacht) begabt vnd gezieret wer / machten
also nuncupatiuum vn̅ factitium Deum aus Christo / als dessen
Gottheit inn der zeit angefangen / vnd aus dürfftigkeit die ewige allmechtige
Krafft vnd Weisheit empfangen. Dagegen wol D. Kirchner mit seinen Consorten
bekennet / das der HERR Christus kein blosser Mensch / sondern zugleich
wesentlicher Gott sey. Dieweil er aber von der angenommenen menschlichen Natur
gleubt / lehret / vnd schreibt / das sie zugleich mit dem ewigen Wort allmechtig
/ allwissend / ja auch allenthalben sey / vmb zweyer Vrsach willen / Erstlich
vmb der persönlichen Vereinigung / Zum andern vmb der Erhöhung willen zur
Rechten Gottes / jedoch sey das ewige Wort solches alles longè sublimiori modo:
So mag ein jeder Gottfürchtiger für sich selbst vrtheilen / wie weit D. Kirchner
von Arij gesellschafft sey / dauon Leo redet / vnd ob er nicht hiemit aus der
angenommenen Menscheit einen nuncupatiuum vnd factitium Deum dichte. Daher auch
die heutigen Antitrinitarier lestern / es sey gnug / das der Mitler an seiner
menschlichen Natur / durch die thetliche mittheilung der Göttlichen
Eigenschafften / allmechtig vnd allwissend sey / bedürffe ferner der
wesentlichen ewigen Gottheit nirgend zu. Welchen man anders nicht mit
bestendigem Grunde begegnen kan / den̅ das man beweise / wie die
Anhaltischen gnugsam in jren festen Argumenten bewiesen haben / das nichts /
we
|| [547]
der im Himel / noch auff Erden /
allmechtig / allwissend / oder allenthalben sey / denn allein das ewige
Göttliche wesen. So redet auch Leo nicht von einer thetlichen mittheilung der
wesentlichen Göttlichen allmechtigkeit / allwissenheit / oder
allenthalbgegenwertigkeit / sondern (wie seine wort ausweisen) de diuitijs
euehentis secum naturam assumtam super omnia, & cuncta eidem
subijcientis. Dauon der Apostel selbst excipirt denselbigen / der jhm alles
vnterthan hat. 1 Corinth. 15. Wie denn viel ein anders ist / vberal gegenwertig
sein / welchs allein der ewigen wesentlichen Gottheit zugehöret / denn vber
alles herschen / welchs von beyden Naturn Christi / sönderlich im standt seiner
Herrligkeit / recht gesagt wird / vnd derwegen D. Kirchner ein vnuerschampte
calumniam begehet / da er pag. 330. schreibt / durch den Spruch Antonij de
Vercellis, in der Anhaltischen Schrifften angezogen / werde die menschliche
Natur Christi von der regierung vber alle Creaturen ausgeschlossen.
Was nun Christo in der zeit gegeben wird / dadurch einen mangel oder dürfftigkeit
in jhm zu erfüllen / das verstehen die Anhalter keines wegs von der Göttlichen /
Sondern von der menschlichen Natur. Was jhm aber vor der Welt grundt / vnd
demnach von ewigkeit gegeben / welchs doch zu bestimpter zeit allererst
offenbaret vnd erkant ist worden / dauon kan man die Göttliche Natur mit nichten
aussschliessen / als Johan. 17. Glorifica me ea gloria, quam habui, &c.
vnd hieher gehöret die Regel Augustini & Lombardi: Quòd etiam tunc
aliquid dari & fieri dicatur, quando incipit patefieri &
manifestari. Wie soll man sich deutlicher erkleren? Wie vntheologisch ists aber
von einem Doctore Theologiae geschlossen / das die menschliche Natur Christi
nimmermehr werde subiectum diuinae omnipotentiae, pag. 97. vnd sey doch
allmechtig? pag. 90. 99. Was ist denn in dieser Proposition: Caro Christi, oder
humana Christi natura est omnipotens, pag. 100. für das subiectum zu halten /
wenns nicht die menschliche Natur ist? Wird denn diesem sub
|| [548]
iecto, nemlich der menschlichen Natur / allhie nicht die
allmechtigkeit (
De modo praedicationis innsitate.
) (wie D. Kirchner selbst redet / pag. 103.) tribuiret? Denn das er solchs
/ pag. 395. 425. mit dem modo praedicationis singulari, oder inusitato zu
entschüldigen vermeint / das ist im 32. Anhaltischen Argument allbereit hiedurch
abgelenet / das derselbige modus, welchen Philippus docendi gratia erfunden /
vnnd guter meinung à regulari & figurato distinguiret hat (Nazianzenus
aber heissets Epizeuxin, Theodoretus Enallagen, Cassianus Synecdochen,
Damascenus tropum antidosios) nicht admittire propositiones in abstracto,
Sondern nur allein in concreto. Ob nun wol D. Kirchner / pag. 426. solchs gern
wolt eludiren / dieweil man die abstractiuas propositiones, das Christi Fleisch
Lebendig mache / von Sünden reinige / etc. nicht leugnen könne / darauff wolle
der Christliche Leser in Victoria Anhaldinorum. pag 143. die Erklerung ex lib.
3. cap. 19. Damasceni auffsuchen vnd bedencken / das diese abstractiuae
propositiones (wie offt gedacht) de actionibus Theandricis oder Deiuirilibus
reden / da vnterschiedene Wirckungen der beyden Naturn in Christo zu einerley
Wolthat gehören. Dieselbige vnterschiedene Wirckungen fliessen auß den
vnterschiedenen natürlichen Eigenschafften hero. Derwegen die receptae
locutiones abstractiuae, inn jhrem rechten verstandt / nicht aller ding
irregulares oder impropriae, viel weniger inusitatae genennet werden können.
Denn allhie gilt die vnwidersprechliche Regel: Agit vtraque natura cum
communione alterius, quod PROPRIVM est. Si vtraque agit, quod suum, seu quod
proprium est: neceslariò inde emergit proposicio, seu praedicatio regularis; non
figurata, nedum (Actiones Theandriae non tollunt
proprietates naturaru̅.) impropria. Ad proprium enim
agens propria refertur actio, seu effectio.
Wenn nun jemand also argumentiret: Lebendig machen / von Sünden reinigen / etc.
erfordert allmechtige Krafft. Die menschliche Natur Christi macht Lebendig / vnd
reiniget von Sünden / etc. Darümb ist jhr die allmechtigkeit in der that
mit
|| [549]
getheilt. So ist hierauff die
warhafftige Antwort / das es keines wegs recht geschlossen sey. Denn im ersten
Spruch / den man pflegt maiorem zu nennen / ist der mangel / das dieselbige
Wolthaten etwas mehr / denn ein allmechtige Krafft erfodern. Auß dieser Vrsach /
Den̅ sie gehören zum Mitler Ampt / welchs von beyden Naturn
verrichtet wird / nicht das die Naturn einerley Krafft / oder Wirckunge haben
(denn so schwermeten die Monotheleten / welche als Ketzer verworffen sind)
sondern sie sind cooperatrices ad vnum apotelesma: das ist / zu einerley Wolthat
thut ein jede Natur jhr bestes. So ist nun die menschliche Natur Christi nicht
müssig / Sondern hilfft zur widerbringung vnsers Lebens / vnd thut das jhre
dazu. Denn sie ist das Lösegelt vnd die Bezahlung / welche der Sohn Gottes / als
sein eigen Fleisch / zur Gnugthuung vnd Abtrag der Göttlichen Gerechtigkeit für
vnser Leben dahin in den Todt gegeben hat / vnd sie ist das organum proprium vnd
primarium, ja die edele himlische Speis / dadurch wir des Lebens / wie die Reben
des Saffts durch das Marck auß der Wurtzel des Weinstocks / theilhafftig werden.
Welchs alles verrichtet die Krafft des / der das Leben wesentlich ist / vnd mit
dieser Natur / welche Fleisch / Gebein / vnd Geblüt von dem vnsern ist / sich
persönlich vereiniget hat. Wer dieses nicht bedenckt / der turbirt finem
mysterij incarnationis, vnd hat nicht gnugsam inn acht / warümb zwo
vnterschiedene Naturn zum Mitler Ampt gehören. Denn das ewige Wort / der Sohn
Gottes / nicht darümb Fleisch worden / das er die angenommene Natur durch
thetliche Mittheilung seiner Göttlichen Eigenschafften / allmechtig / allwissend
/ vnd allenthalbgegenwertig machte (denn also hett es nur vmb dieselbigen in
diuiduam massam zu thun sein müssen) Sondern das er das menschliche Geschlecht /
durch zuthun dieser vnser verwanten Natur / vom ewigen Todt zum Leben
krefftiglich / doch nicht ohne Abtrag der Göttlichen Gerechtigkeit / rettete.
|| [550]
(Das jüngste Geticht halten gehöret zu beyden Naturn in
Christo / aber mit vnterscheidt.)
Eben solche meinung hats mit allen den andern Sprüchen / die von den Amptswercken
/ oder Amptswolthaten / als gerecht machen / von Sünden reinigen / das Gericht
halten / etc. reden. Denn das jüngste Gericht sol sichtbarlich in den Wolcken
gehalten werden / dazu von dem / der vnschüldiger weis in dieser Welt ist von
seinen Feinden hingerichtet worden. Darümb mus er Mensche seyn / das sie sehen /
wider wen sie getobt / vnd in wen sie gestochen haben. Zach. 12. Er sol aber
nicht allein vber die gantze Welt / ja wider die Pforten der Hellen selbst /
richten / sondern auch alles verborgene ans Liecht bringen. Darümb ist er
warhafftiger / allmechtiger / allwissender Gott / den niemandt / wird betriegen
können. So ist auch sonst von Augustino nicht vbel geredet: Stat ad
deprecanduin, sedet adudicandum, surgit ad puniendum. Allhie ist keine Natur
müssig / sondern wircken zugleich / respectu meri. i & efficaciae:
vngesöndert / jedoch auch vnuermengt. Denn ein jede / was jhr gebürt vnd
zustehet / volbringet / auff das die Eigenschafften der Naturn / vnd Ordnung
vnsers Heyls vnzerrüttet bleiben.
(In der Kirchen sol man sich vor newer art zu reden hüten.)
Also lieget D. Kirchners effugium abermal darnider. Vnd wird er / seinem Gebrauch
nach / diese richtige Erklerung mit nichten als Philosophisch verwerffen können
/ sönderlich dieweil jhm des Apostels Vermanung im weg stehet / das man von dem
Fürbild der gesunden Rede nicht abweichen sol Vnd haben zugleich Hieronymus vnd
Augustinus / ja alle rechtgleubige Lehrer zu jeder zeit mit fleis vermanet / ne
occasio esset deerrandi à veritate, ad certam regulam in Theologia loquendum
esse. Da auch das Gegentheil sich nicht auff newe phrases begeben / so würde es
bey dem recepto genere doctrinae wol blieben sein. Nu aber gehets jhnen / eben
wie Lutherus geweissaget hat: Qui nouum genus dicendi fingit, fingit etiam nouum
genus docendi. Das wird an jenem tage vorm Richterstuel Jesu Christi schwer
zuuerantworten sein.
|| [551]
Sollen aber die newerdichten glaubens Artickel (das Fleisch(Des Gegentheils vngereimt fürgeben.) Christi ist
allmechtig / allwissend / allenthalben) personaliter verstanden werden / wie
pag. 99. 192. fürgegeben wird / so muß zuuor bewiesen werden / das die
menschliche Natur sey etwas personale. Vnd also wird man den Nestorio
Eutychianismum beysammen haben. Sönderlich dieweil D. Kirchner pag. 268. selbst
bekennet / das personale (wie er daselbst redet) etwas incommunicabile sey.
Ja / ist der menschlichen Natur in Christo aus der persönlichen Vereinigung mit
dem ewigen Wort die Maiestet der allmechtigen Krafft nicht weniger zukommen /
oder (wie seine wort lauten) zugangen / als dem Leibe / durch die Vereinigung
mit der vernünfftigen Seelen / die krafft zu leben / zu fühlen / zu wircken /
vn̅ sich zu bewegen / zugehet / pag. 100. 165. Item / wie die
Augen von der Seelen empfahen / vnd haben die krafft zusehen / vnd die Ohren zu
hören / pag. 197. oder / wie das Fewer dem Eysen / so stets im Fewer liegt /
seine Eigenschafft zu leuchten vnd brennen mittheilet / pag. 184. 185. 191. So
fragt man nicht vnbillich / wie denn solche Realitet anders / denn subiectiuè
vnnd zwar physicè verstanden werden könne? Sönderlich dieweil er von sich selbst
bezeuget vnd schreibt: Participationis vocabulo sese eam in sententiam vti,
quemadmodum ferrum sit particeps proprietatum ignis. pag. 254.
Im fall hierauff geantwortet möcht werden / quòd simile non sit idem: so bleibt
man am sichersten bey der Erklerung(Gleichnis vom
fewrichen Eysen.) des Scholiastae Dama cent, lib. 4. cap. 3. Das
nemlich solch leuchten vnd brennen in einem stedtglüende̅ Eysen /
nicht zwar von einer thetlichen mittheilung der Göttlichen Eigenschafften mit
der angenommenen Menschen Christi / sondern von der allm echtigen Gottheit
selbst / so mit dem Fleisch persönlich vereiniget ist / verstanden werden sol.
Die wort lauten also: Quòd si ferrum intelligas eo pacto candens, vt nunquam
possit candor ille separari à ferro, illud sem per erit intractabile, semper
igneum, & ex
|| [552]
urens. Per huiusmodi igitur
ferrum, Christi carnem: per ignis autem candores, IPSIVS
DIVINITATEM (non inquit, maiestatem seu omnipotenna̅
reali participatione co̅municata̅carni) accipe.
Dieser Spruch refutiret alles / was das Gegentheil vom sewrigen Eysen nach der
lenge für vnd für predigt vnd disputiret.
Sol aber die mitteilung der göttlichen Maiestet / welche das Gegenteil der
menschlichen Natur zuschreibet / also verstanden werden / wie in der
persönlichen vereinigung die Naturen selbst mit einander gemeinschafft haben:
Oder / wie sich D. Kirchner pag. 258. 266. erkleret / nicht absolutè, sondern
relatiuè, vnd derwegen pag. 267. 279. disputiret / quòd communicatio Maiestatis
possit dici personalis, welchs er pag. 268. verdentschet / persönliche
Mittheilung der Maiestet / etc. Sols nun mit derselbigen diesen Verstandt haben
/ das / wie die Person / also auch die Maiestet / welche von der Person nicht
kan gescheiden sein / der angenomenen menschlichen Natur mitgetheilet (das ist /
persönlich vereiniget) werde / pag. 337. So mus gleichwol folgen / das / wie in
der persönlichen Vereinigung die propositiones abstractiuae nicht passiren /
wenn man sagen wolt / die Gottheit ist die Menscheit / oder die angenommene
Menscheit Christi ist die Gottheit: Also auch allhie nicht recht gesagt könne
werden: Die menschliche Natur ist allmechtig / allwissend / allenthalben.
Sondern in concreto wird von Christo beydes recht gesagt / das Gott warhafftiger
Mensch / vnd derselbige Mensch auch warhafftiger Gott ist. Item / das der Sohn
Mariae / oder (wie sich der HErr vns zu trost nennet) des Menschen Sohn sey
allmechtig / allwissend / allenthalben. Wenn mans nun bey dieser Christlichen
Einfalt beruhen / vn̅ die newerdichte art zu reden fahren liesse /
so wer allbereit dieser gantze Streit im grund auffgehoben vnd beygeleget.
Ferner aber / wer verstehet nicht / das diß widereinander lauffe / da D. Kirchner
schreibt / pag 101. das Fleisch / oder die angenomene menschliche Natur Christi
sey / an vnd für sich selbst / nicht allenthalben gegenwertig / wo die Person /
in welcher sie
|| [553]
bestehet / oder jhre subsistentz hat /
gegenwertig ist. Oder (wie die wort pag 150. widerholet werden) das Christi Leib
zwar ein wahrer / endlicher / vmbschriebener Leib sey vnd bleibe / vnd dennoch
auff vnumbschriebene / vnbegreiffliche / vbernatürliche weise gegenwertig sey /
wo die Person gegenwertig ist. Diß Gedicht / dadurch ja dem Leib Christi ein
absoluta omnipraesentia cum Verbo tribuiret wird / ist zu Quedlinburg gnugsam
widerleget worden / vnd wird D. Heßhusius sich darümb noch lang zu keinem
Nestorianer machen lassen / ob er gleich mit allen Rechtgleubigen / diese newe
Eutychianische Proposition verwirfft: Vbicunque est,
ibidem adesse oportet carnem Christi: welche D. Kirchner(
Vbiquitas generalis.
) setzet / pag. 117. vnd pag. 201. 202. schreibt er / wo der Leib Christi
nit allenthalben sey / da die Gottheit ist / so müsse vnser Glaub falsch sein.
Wie denn diß sein fürnemstes Argument ist / da er pag. 143. 148. vnd sonst
durchaus im gantzen Buch / pro vbiquitate nature humanae schleusset / wie
folget: Wo die Person ist / welche in den zweyen Naturen bestehet / die
vnzertrennlich vnd indistanter mit einander vereiniget sind / da muß freylich
die menschliche Natur mit gegenwertig sein / Oder da sie (die Anhalter) ein
anders sage̅ / oder bestreiten wollen / müssen sie die persönliche
Vereinigung aufflösen vnd zertrennen / da können sie nicht fürüber. Haec ille.
Heisset aber das nicht / wider die Warheit sich wissentlich aufflehnen? Denn ja
zu Nazareth in der Empfengnis / zu Bethlehem in der Geburt / zu Hierusalem im
Tempel / zu Golgoltha am Creutz / etc. die menschliche Natur vnzertrenlich vnd
indistanter, wie Damascenus (aber in keinem Vbiquistischen verstandt) redet /
mit der ewigen Gottheit des Worts persönlich vereiniget / vnd gleichwol darümb
nicht vberal war / noch alles inn allem (welchs allein Gott zustehet) erfüllete.
Das er auch fürgibt / die sichtbare begreiffliche menschliche Natur hab durch die
persönliche Vereinigung mit dem vnsichtbaren vnbegreiflichen Wort / eine weis
bekomen / dz sie inuisibili & incompraehensibili modo allenthalben / wo
die Person ist / ge
|| [554]
genwertig sey / pag. 119.
147. das ist wider die öffentliche Lehr des Apostels / welcher bezeugt / das der
vnsichtbare Sohn Gottes darümb Mensch worden / auff das Er / der da freylich
(wider D. Kirchners calumnien / damit er die Anhaltischen gern beschmitzen wolte
/ pag. 216.) nach seiner ewigen Gottheit / für sich betrachtet / die
vnsichtbarkeit / vnbegreiffligkeit / vnd vnendligkeit nimmermehr ablegt / noch
verwandelt / im Fleisch sich offenbarete / vnd sichtbar würde / Nicht aber / das
die menschliche Natur hiedurch vnsichtbar würde. 1. Timoth. 3.1. Johan. 1. Daher
auch Theodoretus recht sagt / Dial. 3. Nos diuinitatis & humanitatis
talem praedicamus vntonem, vt intelligamus vnam persona̅
indiuisam, & eundem agnoscamus Deum & hominem; visibilem
& inuisibilem; circumscriptum & incircumscriptum; & alia
omnia, quaecunque diuinitatem & humanitarem designant, vni personae
accommodemus. Viel weniger reimet sichs mit der Schrifft / das per modum
assumtionis inuisibilem & illocalem (wie die wort lauten / pag. 145.)
die menschliche Natur auch den hohen modum bekommen hab / das / wenn sie also
betrachtet wird / wie sie in der Person des Worts inseparabiliter &
indistanter (gleich als könte sie ohne abtilgung von jemand anders betrachtet
werden) bestehet / sie weit gehe vber alles / was da kan / oder mag genennet
werden / in dieser vn̅ der zukünfftigen Welt / es heisse ort /
stedte / oder wie es wolle. Haec ille.
Dawider sagt die Schrifft: Caput Christi Deus. 1. Cor. 11. Item / ausgenomen den
/ der jm alles vnterworffen hat. 1. Cor. 15. So ist ja gewis / das auch in der
Herrligkeit nicht auffhöre die Gnadenverwandtschafft des Sohns Gottes mit vns /
vnd mus der Kirchen Glaub in ewigkeit bestehen: quòd eriam in gloria sit
& maneat eadem in Christo corporis veritas, quae in nobis est. Carni
enim suae immortalitatem dedit, naturam non abstulit. Item: Quod semel assumsit,
nunquam deponit. So spricht D. Luther selbst in der Kirchpostill / am Tage des
Apostels Andreae / das Christus als Mensch auff einmal nicht an viel
(zugeschweigen an allen) örten sein könne.
|| [555]
Belangend ferner / das er pag. 138. schreibt / er kehre sich an Thomae Aquinatis
wort nichts vberal / das können jm die Anhalter(
Thomas Aquinas carpitur.
) wol zu gut halten / denn sie selbst jhren Glauben auff keines Menschen /
sondern allein auff Gottes Wort gründen. Sie geben jhm aber gleichwol
vernünfftig zu bedencken / wie er sich dissfalls mit D. Johann Matthęo
vergleichen wolle / welcher sich auff Thomam, als auff einen authenticum so
starck berüffet / das er (solo Thoma, inquiens, contentus sum) sein gantze Sach
auff denselbigen setzet.
Sehr wunder aber nimpt es vns / wie D. Kirchner aus(
Origeniano rum haeresis renouatur.
) Gottes Wort seinen newen Glaubensartickel zu beweisen gedencke / da er
schreibet / Er gleube mit den seinen vngezweiffelt / das Christi glorificierter
Leib weder raum gebe noch neme / sondern durch alle Creaturen fahre / wie vnser
Gesicht / item klang oder thon / durch die Lufft / Liecht oder Wasser fehret /
vnd nicht raum gibt noch nimpt / Item / wie liecht vnd hitze durch Lufft /
Wasser / Glaß / Crystalle / vnd dergleichen fehret / vnd auch nicht raum gibt /
noch nimpt / etc. pag. 135. Denn hiemit öffentlich der Origenianorum Ketzerey
bestetigt wird.
Hieher gehören auch / das D. Kirchner pag. 611. trutziglich(
Theodoretus reijcitur.
) verwirfft die authoritatem Theodoreti, quòd Christus in coelo sit
secundùm veri corporis modum. Das er sich aber auff das Mirackel von den
verschlossenen Thüren referiret / thut nichts zur Sach Denn die Regel heisset:
Miracula non tollunt definitionem naturae. Item, Miracula sunt extra semper
& frequenter. So er auch den Text recht ansehen wolte / würde er mit der
Jugend / die noch im Syntax studieret / bekennen müssen / quòd constructio
designet consequentiam, non inferat penetrationem dimensionum. Jedoch fechten
solches die Anhalter nicht. Was hilffts aber zur Vbiquitet des Leibs Christi?
Denn wie der HERR Christus / da er auff dem Wasser gienge / noch nicht mit
seinem Leibe bey den Jüngern im Schiff ware / Also da die Thür verschlossen /
kam er zu jhnen / vnd war mit seinem
|| [556]
Leib noch nicht
drinnen im Gemach / ehe er hinein kame / viel weniger ist sein Leib
allenthalben.
Hieher referiren wir auch den Spruch Augustini: Donec seculum finiatur, sursum
est Dominus, &c. Dawider das Gegentheil inn den außgesprengten
Schmehecharten viel Calumnien außgeusset. Aber die Anhalter haben dasselbige
allegatum nicht erdichtet / Sondern es wird mit gleichen worten von Gratiano
citiret / de consecrat. distinct. 2. Vnd ist fest gegründet inn der heiligen
Schrifft / Actor. 3. Philip. 3. Colos. 3. Zu dem / so gibts die Antithesis, vnd
der gantze Context / Sintemal Augustinus daselbst mit einander die zwo Fragen
conferirt / vnd durch derselbigen zusammenhaltung kürtzlich beyde erkleret / wie
nemlich der HERR CHRISTVS droben im Himmel / von dannen er wider kommen wird /
vnd doch zugleich auch warhafftig bey vns hieniden auff Erden gegenwertig sey.
Derwegen hierauß kein crimen falsi erzwungen kan werden / wie das Gegentheil
vnuerschampter weise fürgibt.
(Das Gegentheil dichtet Crimina
falsi ohne grundt.)
Denn sonst müste folgen / das von den Anhaltern dem alten Lehrer Augustino etwas
wer zugemessen worden / das seiner / ja der gantzen Rechtgleubigen Kirchen /
vnnd der heiligen Schriffte Meinung gantz vnd gar zu wider. Ob aber gleich
derselbige Spruch gentzlich außgelassen wer worden / so ist doch auß den andern
schönen Zeugnissen / welche bey dem 21. vnd 39. Anhaltischen Argument / pag.
273. 274. 468. 469. aus Augustino / Athanasio / Tertulliane / Cyrillo / Vigilio
/ Ambrosio / vnd Fulgentio in zimlicher anzahl erzehlet / vnd vom Gegentheil
nicht mit dem geringsten wörtlein haben dürffen angetastet werden / gnugsam vnd
augenscheinlich zu erkennen / was eigentlich Augustini / vnnd demnach der
gantzen rechtgleubigen Kirchen einhelliger Consens vnnd Meinung gewesen /
dadurch freylich der Vbiquisten Treume viel mehr zu grunde refutiret / denn im
geringsten asserirt / geschweigen für Glaubens Ar
|| [557]
tickel canoniziret werden / darüber die Anhaltischen alle verstendige
rechtgleubige Christen wol zu Richtern leiden können / vnd darümb zum
demütigsten gebeten haben wöllen.
Dieweil denn D. Kirchner mit seinem crimine falsi so milde ist / das ers auch
pag. 578. widerholet / Vnd pag. 585. sich nicht schemet zu schreiben / die
Anhaltischen haben bey jhrem 42. Argument ein greifflich falium testimonium,
also das es nicht wol greifflicher sein köndte / begangen / so ists allhie eben
einerley mühe / dem iudicio intelligentis lectoris dasselbige mit zu vntergeben.
Es helt sich aber in Warheit also: Augustinus refutiret /(Der Manicheer phantasey.) vnter andern Gründen /
den Manicheer Faustum mit diesem Argument: Dieweil sie (die Manicheer) aus dem
Leib Christi ein lanter phantasma vnd Gespenst dichteten / vnd dasselbige nichts
desto weniger in jhrer superstition colirten vnd ehreten / so weren sie erger /
denn damals die Vngleubigen Heyden waren / welche die Sonn vnd den Monde für
Götter hielten / die da (wiewol nicht für Götter zu halten) gleichwol etwas
wesentlichs in der Natur weren.
Aber der Manicheer phantasma war der keines. Dieses Argument opponiren die
Anhaltischen auch dem newen Vbiquistischen Schwarm. Vnd ist allhie nicht vmb die
wort / Sondern vmb das Argument für sich selbst zu thun / es werde gleich mit
Augustini oder andere / mit Lateinischen oder Deutschen worten aussgesprochen:
Nemlich / Dieweil von dem Gegentheil die Allmechtigkeit / Allwissenheit / vnnd
Allenthalbgegenwertigkeit (welche Eigenschafften allein der Göttlichen Natur
gebüren) auch der Erschaffenen Natur CHRISTI zugeschrieben werden / das freylich
hiedurch noch viel gefehrlicher gejrret werde / als vorzeiten die Heyden gejrret
haben. Denn diese ehreten an GOTTES statt / Sonn / Mond / Stern: Item /
hültzeren vnnd steinere Bilder / welche ob sie wol nicht Götter waren / vnnd
demnach
|| [558]
mit nichten also geehret werden solten /
jedoch etwas wesentlichs in der Natur waren.
Dargegen aber die Vbiquisten erzeigen Göttliche Ehr derselbigen Menscheit / die
da (jhrem fürgeben nach) wiewol nicht wesentlich / jedoch realiter vnd in der
that / allmechtig / allwissend / vnd allenthalben sein soll / so doch
dergleichen Creatur nie auff die Welt kommen / viel weniger von dem ewigen Wort
in einigkeit der Person angenommen worden ist. Ob nun hiemit ein crimen falsi
begangen sey / das wolle der Christliche vnpartheyische Leser nach der
Richtschnur des Göttlichen Worts zu vrtheilen / nochmals allhie zum aller
fleissigsten vnd demütigsten gebeten vnd ermanet sein.
(Das Gegentheil macht aus der mensch lichen Natur in
Christo ein Hertzkündigerin / wider Gottes Wort.)
Pag. 175. will er / die menschliche Natur Christi prüfe auch die Hertzen vnd
Nieren / vnnd zeugt den Spruch an / Matth 9. Jesus sahe jhre Gedancken. Item /
Johan. 2. Jesus bedurffte nicht / das jemand zeugnis gebe von einem Merchen /
denn er wuste wol / was im Menschen war. Aber wer ist so alber / der nicht von
sich selbst / auch vnerinnert / verstehe / das diese Sprüch von der Person / vnd
nicht von der angenommenen Natur reden? Item / das sie die Gottheit in Christo
bezeugen / in massen der angezogene Spruch / Matth. 9. von Marco am andern
Capitel / da eben dieselbige Historien vom Gichtbrüchtigen / dauon Matthęus
redet / beschrieben stehet / deutlich erkleret wird / das er nicht von der
menschlichen (wie jhn D. Kirchner pag. 513. felschlich anzeugt) sondern von der
Göttlichen Natur zuuerstehen sey. Denn Jesus erkennet bald in seinem Geist (das
ist / nach seiner Gottheit. 1. Petr. 3. Rom. 1.) was seine Widersacher bey sich
gedachten Item / Luc. 5. stehet geschrieben / die Krafft des HERRN gieng von
Jesu / vnd halff jederman. Dauon der guthertzige Leser bey dem 38. Anhaltischen
Argument / pag. 451. mehr berichts finden wird. Also schreibt die Schrifft zu
gleich omniscientiam & omnipraetentiam aussdrücklich / nur allein Gott
zu / welcher Ichouah, der HERR
|| [559]
ist. Hierem. 23. Bin
ich nicht ein Gott der nahe ist / spricht der HERR / vnnd nicht ein GOTT der
ferne sey? Meinstu / das sich jemandt verbergen könne / das ich jhn nicht sehe /
spricht der HERR? Bin ichs nicht / der Himmel vnnd Erden füllet / spricht der
HERR? Dieses alles gleubet vnd predigt man mit Warheit von dem Sohn Mariae: Denn
Er ist der HERR / vnser Gott. Nicht aber kan mans von seiner Menscheit sagen /
denn die heilige Schrifft niergend also redet.
Das aber auß der Erhöhung zur rechten Handt Gottes /(Das sitzen zur Rechten Gottes thut nichts zu der erdichten vbiquitet der
mensch lichen Natur.) die Vbiquitas naturae assumtae folgen soll /
pag. 177. dahin sich auch die Schrifft / pag. 180. 181 gleich mit gewalt muß
detorquiren lassen / ist zu Quedlingburg aussführlich widerlegt / vnnd dem
Christlichen Symbolo stracks zu wider / da wir bekennen / das der HERR mit
seinem Leib auffgefahren sey / vnd daselbst im Himmel / von dannen er wider
kommen wirdt / zur Rechten Gottes sitze / das ist / vber alles herrsche / was da
genennt werden könne / jedoch aussgenommen vber GOtt / der jhm / als einem HERRN
/ alles vnter seine Herrschafft / ja vnter seine Füsse gethan hat. 1. Corinth.
15. Vnd hiemit wird drümb nicht verleugnet / das der gantze Christus Gott vnd
Mensch vber alles herrsche vnd regiere / wie D. Kirchner sein Gegentheil / als
solt jemand dasselbige verleugnen / zur Vnbilligkeit beschüldigt / pag. 179.
Denn es ist ein anders / vberal regieren / oder vber alles herrschen / vnd
vberal gegenwertig sein. Dieses gehöret allein Gott zu / als seine wesentliche
Eigenschafft: da man die Regel in acht mus haben: Totus vbique, sed non totum.
Jenes aber kan auch von der Menscheit / per propositionem abstractiuam
praedicirt werden. Denn es gehört vnter die actiones officij, welche darümb
Theandricae heissen / das sie beyden Naturen zustehen: Seruata nihilominus
vtriusque proprietate: Das ist / mit vnterscheidt nichts desto weniger einer
jeden Naturn wesentlichen Eigenschafften.
|| [560]
Pag. 203. gedenckt D. Kirchner der Vbiquitet in genere, (Sthe / wie jr zeugnis vbereintrifft.) welche sonst generalis, oder
absoluta pflegt genennet zu werden. Vnd allhie spüret man greifflich / was für
ein Consens in dieser Brüderschafft sey / dieweil jhnen nicht allein D.
Heßhusius diss Gedicht mit vnwidersprechlichen Gründen widerleget hat / Sondern
die Theologen der dreyen Vniuersiteten wollen inn jhrer Pręfation von der
absoluta vbiquitate selbst nichts wissen / welche doch allhie / wie auch pag.
248. 249. D. Kirchner mit nichten verneinet / vnd pag. 274. deutlich bekennet /
das sie inn der Erfurdischen Apologien keines wegs verleugnet werde. Jedoch
bedinget er / das man caute dauon reden soll / weil der modus, wie es zugehe /
das die menschliche Natur allenthalben gegenwertig sey / wo die Person des
ewigen Worts ist / vnausdencklich vnnd vnaussprechlich sey. Gleich als were die
Sach / welche er mit seinen eigenen worten vbiquitatem in genere nennet / mit
Zeugnissen der heiligen Schrifft / darans jhnen doch am aller meinsten biss auff
diese Stunde gemangelt / vnnd wol ewiglich mangeln wird / schon erwiesen / vnd
bleib die Frage nur de modo vbiquitatis generalis, Wie nemlich der Leib CHRISTI
/ mit der Gottheit des ewigen Worts / bey vnd inn allen Creaturen / Laub / Grass
/ Obs / Vogeln / Fischen / Thieren / Sternen / etc. (denn was ist vbiquitas
generalis anders / sönderlich dieweil sie / vnter andern des Gegentheils
Vngründen / im achten Psalm fundiret sein soll / darinn solches alles
specificiret wird?) inn der that gegenwertigsey. Welchs doch je von einem
solchen ansehenlichen Theologo schrecklich zu hören / vnnd wegen seiner andern
Gaben jhme freylich nicht zu gönnen ist. Werden (Das
Gegentheil dichtet Mirackel / da keine sind.) also von dem Gegentheil
aus dem Leib Christi lauter Mirackel vnd Wunder gedichtet / da doch keine sind /
vnd die rechten Wunder vnter des / wo nicht gar verachtet / jedoch mit
stillschweigen vbergangen / wie Lutherus inn der Kirchenpostill vbers Euangelium
Luc. 2. am Sontag nach dem heiligen Christ
|| [561]
tag
meldet. Ja / dieses vnd dergleichen sind die grosse Wunder an Christo / das die
Kirchen singet: Den aller Welt kreis nie beschloß / der ligt in Marien Schoß /
Er ist ein Kindlein worden klein / der alle ding erhelt allein / etc. Aber
solches lest man fahren / vnnd dichtet vnter des einen newen Glaubens Artickel
von der Allenthalbgegenwertigkeit des Leibs Christi / der doch an seiner
erschaffenen Natur / Substantz / wesentlichen Eigenschafften / vnd Statur oder
Größ / nach dem er sein volkömlich alter erreichet hat / im geringsten nicht
geendert / sondern viel reiner vnd volkömlicher bleiben vnd erhalten worden ist
/ denn vnsere Leibe hetten sein können / wenn der Sohn Gottes diese
verwandtschafft mit vns / durch seine gnadenreiche Menschwerdung nicht gemacht
hette. Man sol einen reinen Glauben haben (spricht D. Lutherus daselbst) der
nichts one grundt. der Schrifft gleube. Es ist alles vnnd vbrig gnug in der
Schrifft / was man gleuben sol. Es gehören aber zur allgemeinen ertreumeten
Vbiquitet auch folgende außerlesene schöne phrases, welche D.(Bissher hat man die Vbiquitet als ein portentosum dogma verworffen / jetzt wird sie auffs
new canonizieret.) Kirchner mit gantzem ernst vertheidigt / nemlich
das Christus Leib allenthalben sey / weil er ist zur Rechten Gottes / die
allenthalben ist / pag 443. Item / das die Gottheit niergend sey / da sie die
menschliche Natur nicht bey sich hab. pag. 462. Welchs man de vnlone, so
Damascenus indistantem, das ist / indissolubilem nennet / gern zulesset / aber
nicht de coêxistentia. Item / die allgegenwertigkeit des menschlichen Natur /
welche in Christo alles erfülle / vermöge ohne öffentliche Gotteslesterung nicht
geleugnet werden pag. 534. 551.
Item / Es sey fest inn der Schrifft gegründet / ja Christi vnd des H. Geistes
selbst Lehre / das des HERRN Leib nicht allein an vielen / sondern auch an allen
orten zu gleich sey / vnd sey ein erschreckliche lesterliche Künheit / solches
leugnen. pag. 567. 568. 581. 586. 587. 589. 594. 595. Item / das nach art der
rechten Hand Gottes Christi Leib allenthalben gegenwertig sey. pag. 608. 609.
|| [562]
Summa: Christus Leib sey allenthalben / wo Gott ist. pag. 572. noch soll man sie
nicht Vbiquisten heissen. Wie reimet sich doch diss mit dem schönen Weynachten
Gesang: Den aller Weltkreis nie beschloss / der ligt in Mariae Schoss. Es ward
ein kleine Milch sein Speis / der nie kein Vögelein hungern lies / etc.
Er gründet aber diese seine Opinion de generali corporis Christi vbiquitate,
welche er pag. 383. communicationem omnipraesentiae nennet / 1. auff die
persönliche vnzertrenliche Vereinigung. 2. auff den Spruch / Ephes. 4. Er ist
auffgefahren vber alle Himel / auff das er alles erfülle. 3. Auff das Sitzen zur
rechten Hand Gottes. pag. 225. 226. Denn hiedurch soll die omnipraesentia, oder
allgegenwertigkeit des Leibs Christi (Vbiquitas im Concordibuch bekant.) bestetigt
sein / pag. 389. 390. Vnd pag. 391. bekennet er frey öffentlich / das in libro
concordiae die omnipraesentia gesetzt sey / welchs doch bissher jhrer viel haben
bementeln / vnd demnach zur Erfurdischen Apologien / wegen vieler Antilogien /
sich nicht bekennen wollen. Jedoch schreibt D. Kirchner allhie / es könne
durchaus mit keinem Buchstaben erwiesen werden / das eine contradictio zwischen
dem Concordibuch vnnd Apologia dissfalls sey / pag. 391.
Item / er bekennet daselbst / das sie vermöge des Concordibuchs lehren / Christus
sey nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch bey allen Creaturen
gegenwertig / vnd sey gantz vnnd gar kein distantia loci zwischen Christi Leib
im Himmel / vnd vnsern Leiben / welche noch hieniden auff Erden sind. Das auch
die Substantz des Fleisches Christi inn allen Creaturen sey / verneint er wol
nicht als vnrecht / er will aber derselben art zu reden nicht gebrauchen /
darümb das es könne missdeutet werden.
Gleich als wenn vmb des willen die Warheit solte verschwiegen / oder bementelt
werden. So ist ja hieraus gnugsam abzu
|| [563]
nemen /
das sie ein anders reden / vnd ein anders meinen / noch sollens keine antilogien
sein.
Item / pag. 248. spricht er / es sey falsch / vnd Gotteslesterlich / wenn man
sage / oder lehre / es siehe in der Bibel nirgend geschrieben / das Christi
Fleisch / oder menschliche Natur allmechtig / allwissend / allenthalben sey. So
er doch pag. 7. hat bekennen müssen / diese phrases seyen auch in der
Augspurgischen Confession nicht zu finden / vnd darümb pag. 1. den Statum causae
zu verendern sich bemühet. Aber vmb geliebter kürtze willen remittiret man den
Christlichen Leser allhie billich auff das jenige / was allbereit vom Colloquio
Quedlinburgensi anderswo durch offenen Druck ausgangen / darinn diese Vngründe
alle sehr stadtlich refutiret / vnd deutlich erkleret sein.
Es ist auch wider Gottes Wort / vnd durchaus Marcionitisch(Marcionitisch fürgeben.) / das D. Kirchner die
Glorification oder Herrligkeit der menschlichen Natur in Christo von der
Empfengnis in Mutterleibe anfehet / vnd fürgibt / die Erniderung sey ein
heimliche hinderhaltung / oder verbergung derselbigen mitgetheilten Herrligkeit
/ oder Maiestet gewesen / biss nach seiner Aufferstehung vnd Himelfahrt sie erst
volkommen geleuchtet hab. pag. 217. 234. 243.
Item / Das Christi angenommene menschliche Natur die Wissenschafft aller ding in
der Nidrigkeit nicht hab brauchen wollen / pag. 447. 448. Denn sie wol in der
Empfengnis / von Mutter Leib an / dieselbige Maiestet vnd Herrligkeit (verstehe
der mitgetheilten vnerschaffenen allwissenheit / allenthalbgegenwertigkeit /
allmechtigen Göttlicher Krafft vnd Wirckungen / damit sie begabet vnd bereichert
/ wie er redet / pag. 484. 496.) warhafftig vberkommen vnd gehabt / aber vmb der
Ernidrigung willen / solcher Maiestet ratione vsurpationis sich geeussert / pag.
602. vnd dieselbige mehrer theils heimlich gehalten / gleich wie etwa die Sonne
mit einer Wolcken zuweilen bedeckt / vnnd gleich als verborgen gehalten wirdt /
pag. 506. 508. 522. 523. 550.
|| [564]
Sonst pflegen sie es in jhren gedruckten Schrifften vnd Predigten einer
Nebelkappen zuuergleichen / so fein bescheiden wissen sie von diesen grossen
Geheimnissen zu reden. Was könte nun den Marcioniten zu besserem Vorschub
gelehret / oder geschrieben werden / denn das die menschliche Natur Christi im
standt der Nidrigung jhre Herrligkeit bedeckt hab / gleich als wenn etwa die
Sonne mit einer trüben Wolcken bedeckt wird? Sol diß die exinanitio oder
Ernidrigung sein / so hat ja hiedurch die Menscheit in Christo an jr selbst kein
beschwerung empfinden können / obs wol vor menschlichen augen ein solche
jemmerliche gestalt mit jhr gehabt. In massen der Sonnen an jhrem glantz für
sich / durch die Wolcken nichts benommen kan werden / ob sie wol in der Menschen
augen sehr tunckel vnd betrübt scheinet. Ja / von der Göttlichen / vnnd nicht
von der menschlichen Natur möchte man wol diß Gleichnis etlicher massen zu
lassen / wie der schöne Spruch Irenaei, de qu escente, non maiestate carnis, sed
, tröstlich ausweiset / vnd würde dennoch dabey
müssen heissen: Simile non est dem. Zur menschlichen Natur reimet sichs gantz
vnd gar nicht.
(Wiyerwertige ausflücht.)
Wie stimpts aber ferner zusammen / das man gleuben sol / der Leib Christi sey
allenthalben / wo das ewige Wort ist / vnd werde doch seine letzte Zukunfft zum
süngsten Gericht / nicht durch eine blosse Erscheinung / oder Offenbarung (wie
das Gegentheil in andern Büchern streitet) ohne warhafftige Nider / oder
Aufffahrt geschehen? pag. 235. Von wannen soll denn / one blosse Erscheinung /
oder Offenbarung / die warhafftige Nider / oder Aufffahrt geschehen / wenn er
mit seinem Leib auff vnsichtbare weis alles erfüllet? wie dahin der Spruch
Ephes. 4. daselbst / vnd zwar durchs gantze Buch mißdeutet wird.
Vnd hieher gehöret auch / das der Christliche Leser vmb dieser antilogien
conciliation bitte / da pag. 580. recht gelehret wird / das der HERR mit seinem
Leibe am viertzigsten tag nach seiner Aufferstehung / sichbarlicher weise / motu
lo cali, gen Hi
|| [565]
mel gefahren / da er von der
Wolcken auffgenommen / zur Rechten Gottes sitzet / vnnd am jüngsten Tage also
wider kommen werde / etc. Item / CHRISTI Leib sey auch im Himel endlich /
sichtbar / vnd begreifflich / pag. 603. behalte seine vmbschriebenheit vnd
endligkeit / pag. 611. Diß alles ist der Schrifft gemeß: Wie denn auch dieses
ein catholicum axioma ist: Quòd corpus Domini sit in coelo localiter. Item: Quòd
Deus non sit mole magnus, sed virtute. pag. 569. Welchs man von dem Leib Christi
/ der Fleisch vnnd Bein hat / Luc. 24. nicht sagen kan. Aber demselben allem zu
wider / streitet D. Kirchner / der Leib Christi sey nicht leiblicher /
begreifflicher / reumlicher weis im Himmel / pag. 604. 609. Sondern zugleich im
Himmel / auff Erden / vber vnd vnter allen Himmeln / ja allenthalben / wo GOTT
ist. pag. 572. Daraus wird folgen müssen / das Christi Leib sey gantz vnnd gar
quiddam illocale. Denn (wie Augustinus schreibt / Psal. 76.) Si Deus in aliquo
loco eslet, non esset Deus. Soll nun der Leib Christi allenthalben sein / wo
Gott ist / so wird man / nach D. Kirchners fürgeben / auch sagen müssen: Nichts
ist so klein / der Leib Christi ist noch kleiner. Nichts ist so gros / der Leib
Christi ist noch grösser: Nichts ist so kurtz / der Leib Christi ist noch
kürtzer: Nichts so lang / breit / schmal / der Leib CHRISTI ist noch lenger /
breiter / schmeler / vnd fort an / ist ein vnaussprechlich Wesen / vber vnd
ausser allem / das man nennen oder dencken kan / etc wie die wort von der
vnendlichen Gottheit lauten / pag. 573. Das wird ein sehr wunderbarliche
Endligkeit / vnd (wie er redet) vmbschriebenheit sein müssen. Noch will man
keiner antilogien oder contradiction gestendig sein.
Was er aber wider die excedentiam Diuinitatis (welchs(
De excedentia Deitatis in Cbriste.
) ein phrasis Scholastica ist) disputiret / vnd felschlich misdeutet / als
sey sie zuuerwerffen / denn sie hab inn sich entweder ein expansionem diuinae
naturae, oder eine Aufflösung der Person /
|| [566]
vnd
trennung der Naturen Christi / pag. 226. 227. Dawider setze man den herrlichen
Spruch Athanasij / da er vnter andern in seinem schönen Buch de humanitate Verbi
& corporali eius aduentu, auff folgende Meinung schreibt: Das Wort /
oder der ewige Sohn Gottes / ist nicht inn dem Leibe vmbschlossen / vnd ob er
wol im Leib ist / so wird er doch nicht gehindert / das er anderswo nicht sein
könte / wenn er auch seinem Leibe Krafft vnd Bewegung gibet / wird andern dingen
seine Krafst / Wirckung / vnd Versehung nicht entzogen / sondern das zum
höchsten zuuerwundern ist / fasset vnd begreiffet er dieses alles in sich / weil
er das ewige Wort ist / wird aber von keinem ding vmbschlossen / oder vmbfangen.
Vnd bald hernach: Vnser Seelen / wenn sie gedencken etwas / das ausserhalb des
Leibes ist / können sie doch demselben durch jhre Krafft keine Bewegung geben.
Denn ob ein Mensch gleich gedencket von etwas / da er ferne von ist / als wenn
er jhm von dem Himmel Gedancken fürnimmet / kan er doch demselben die Krafft des
Lauffs / vnd die Bewegung weder geben / noch nemen. Aber der Sohn Gottes ist
nicht also im Leibe / gleich wie die Seele in jhrem Leibe gleichsam
eingeschlossen ist. Denn er ist nicht vmbschlossen / oder vmbfangen mit dem
menschlichen Leibe / Sondern er vmbfenget den Leib / vnd leuchtet in demselben /
vnd ist doch zugleich inn der Schoss des ewigen Vaters / vnd ist in vnd ausser
allen Creaturen. Bissher Athanasius.
(
An corpus Domim definitione à nostro differat, in quantum
corpus.
)
Pag. 228. 229. predigt D. Kirchner weitleufftig / das es ein anders sey / von
einem Leib reden / der nur simpliciter ein Leib sey / ein anders de corpore
animato, ein anders de corpore glorificato, vnd abermal viel ein anders de
corpore cum Filio Dei personaliter vnito, &c. Aber was thut diss alles
zur Sach / das darümb der Leib Christi / dieweil er mit dem Sohn Gottes
persönlich vereinigt ist / soll allenthalben mit dem ewigen Wort gegenwertig
sein? So doch der HERr selbst seinen
|| [567]
warhafftigen /
lebendigen / dazu glorifieirten / vnnd freylich mit seiner ewigen Gottheit
persönlich vereinigten Leib mit keiner newen sonderbaren Definition / sondern
eben mit der definitione philosophica, das ist / physica, welche im ersten
Heuptartickel vnsers Christlichen Glaubens von der Schöpffung / fest gegründet
ist / beschreibet / vnd spricht: Sehet meine Hende vn̅ meine Füsse
/ Ich bins selbst / fühlet mich vnd sehet / denn ein Geist oder Gespenst hat
nicht Fleisch vnd Bein / wie jhr sehet / das ich habe / Luc. 24. Diß kan ja kein
warhafftiger Christ leugnen. Der standt / vnd hoheit (wie es D. Kirchner selbst
nennet / pag. 229.) ist wol vnterschieden / aber der Leib für sich bleibt an
seiner Definition / Natur / vnd wesentlichen Eigenschafften / im Todt / Leben /
vnd Herrligkeit vnuerendert. In massen auch die persönliche Vereinigung der
beyden Naturen Christi weder inn seiner höchsten Maiestet gestercket / noch in
seiner aller tieffesten Nidrigkeit geschwecht kan werden / sondern das Bandt der
persönlichen Vereinigung ist / von der Empfengnis an zu Nazareth / eben so fest
vnd starck / als es jetzt ist / vnd in Ewigkeit bleibt / zur Rechten Gottes des
Allmechtigen Vaters im Himmel. Vnd wird dadurch der Leib Christi an seiner
Definition mit nichten weder(
Differt à nostro Domini corpus; non ratione essentiae,
sed ratione sub sistentiae, officij, & gratiae habitualis: sed
haec non inferunt carnis omnipraesentiam.
) geringert / gemehrt / noch geendert. Denn wo wolte sonst der Spruch
Ambrosij bleiben? da er sagt. Eadem est in Christo corporis veritas, quae in
nobis est. Ja / wo wolte das homousion, oder die verwandschafft Christi mit vns
bleiben / daran vns doch all vnser Glaub / Trost / Hoffnung / Ehr / Freud / vnd
Seligkeit gelegen ist? Fürwar / das ist von solchen hohen Theologis zu viel /
vnd die Anhalter vntergebens der gantzen rechtgleubigen Christenheit / zu
jetzigen / vnd zukünfftigen zeiten / mit wahrer Demut aus Gottes Wort zu
erkennen vnd zu vrtheilen / ob nicht durch diese Proposition: Corpus Christi non
habet eandem cum nostro corpore definitionem, welche D. Kirchner nochmals / pag.
236. 237. categoricè vnnd affirmatiuè zu defendiren sich vntersiehet / im Grundt
eben dasselbige in die Kirchen Gottes
|| [568]
eingeführet
werde / das hiebeuor Flacius / vnd noch zur zeit sein anhang / vnsinniger weis
gelehret hat / vnd lehren: Carnem Christi diuersae à nostra esse speciei. Vnd
wer dieses nicht wolt zugeben / der muste sich bey den Flacianern für ein
Sacramentirer außschreyen lassen / vnd noch. So wol als das Gegentheil jetzt
alle die jenigen für Sacramentirer (aber / Gott lob / ohne grund) außrüffet vnd
verdammet / welche nicht zugeben können / sollen / noch wollen: Quòd corpus
Christi diuersae sit à nostro definitionis. Gleich als wenn (von den in diuiduis
zu reden) nicht mehr gesagt wer / tota definitione, quàm sola specie differre.
Denn wie in scholis Dialecticorum die species propriè sic dicta, ist quid dam
compositum, welches Natur vnd Eigenschafft die gantze definitionem ex genere
& differentia in sich begreiffet / also ist auch offenbar vnd vnleugbar
/ das in definitione in diuiduorum, sönderlich in arbore substantiae, wie der
Leib Christi vnd vnsere Leibe sind / die vnter einerley Geschlecht oder art der
Geschöpffe Gottes gehören / die species loco generis posita nur ein theil von
der gantzen Definition ist. Wer nun sagt / quòd tota definitione corpus Christi
à nostro corpore difterat, oder (das gleich so viel ist) quòd diuersae à nostris
corporibus sit definitionis, der sagt viel mehr / denn der / welcher nur
diuersam speciem statuiret. Vnd ist nicht müglich zu beweisen / quòd indiuidua
diuersae definitionis non etiam diuersae inter sese speciei seu formae sint. Das
sey hiemit nochmals vmb der vnwandeibaren Warheit willen / allen verstendigen zu
dijudiciren / auffs aller demütigste vntergeben. Wer Augen hat zu sehen / der
sehe / vnd wer Ohren hat zu hören / der höre. Hie leidet die Warheit bey vnserm
Gegentheil grosse noth / wie denn die arme posteritet hierüber zu seufftzen vnd
zu klagen haben wird.
Betreffend / das sich D. Kirchner hin vnd wider / wenn er nicht ferner kan / mit
dieses / oder jenes beyfall vnd Authoritet zu schützen bemühet / darauff wird er
den Anhaltern zu gutem kommen lassen / sich mit seinen eigenen worten / die er
pag. 259.
|| [569]
gesetzt hat / zuuerantworten / nemlich /
das sie mit nichten zu billichen schüldig sein / was dem Göttlichen Wort zu
wider / es habe es gleich geschrieben / wer da wölle. Haec ille.
Das er aber pag. 260. 261. fürgibt / es sey ein öffentlich(Ob D. Luther in diesem Artickel mit den Papisten einig
/ oder streitig gewesen.) falsch gezeugnis / das Lutherus bezeuget
haben soll / das inn diesem Artickel zwischen jhm vnnd den Papisten kein Streitt
sey / das mag der verstendige Leser aus den Schmalkaldischen Artickeln felbst
vrtheilen. Es were denn / das Lutherus anders daselbst geschrieben solt haben /
denn ers gemeinet / welchs jhm nicht reputirlich sein köndte / vnd derwegen auff
D. Kirchners Verantwortung beruhet. Denn ja offenbar / das D. Luther diß für ein
sönderliche Gnad vnd Wolthat Gottes gerhümet hat / das mitten inn derselbigen
Finsternis nichts desto weniger das gross Geheimnis von der Menschwerdung des
ewigen Worts rein erhalten worden / vnd die phrases abstracti & concreti
vnuermischt blieben sind. Derhalben auch die Anhalter mit Luthero / vnd allen
Rechtgleubigen hierüber billich eyffern / vnd darob getrewlich anhalten.
Pag. 273. setzt D. Kirchner diese wort: Nestorianer heissen(Wie das Gengentheil die Nestorianer beschreibs.)
wir die jenigen / welche simpliciter negiren / oder verleugnen / das der Leib
Christi / oder die angenommene menschliche Natur Christi / die in der Person des
Worts vnd sonst niergend jhre subsistentiam hat / gegenwertig sey / wo die
Person des Worts gegenwertig ist. Haec ille.
Sol nun diss der Nestorianismus sein / welchs doch noch nie erhöret ist worden /
So vrtheile der Christliche Leser selbst / ob hiemit nicht der Eutychianismus
öffentlich bestetigt werde. Denn also lehret Vigilius Martyr, libro 4. contra
Eutychen, das nur eine Natur in Christo statuiret werde / wenn man fürgibt / das
die angenommene Menscheit sey allenthalben / wo die Gottheit ist. Vnd gilt hie
kein ausflucht / das D. Kirchner fürgibt / sein dogma sey nicht identicè,
subiectiuè, oder physicè zuuerstehen / die Menscheit habs nicht von sich /
sondern aus der persönlichen
|| [570]
Vereinigung mit dem
Wort. Denn das sind nichts / denn vergebliche petitiones principij, vnd
paralogilmi secundùm plures interrogationes. Die Frage ist nicht / woher das
Fleisch Christi / oder die angenommene Menscheit in Christo allmechtig /
allwissend / allenthalben sey / sondern ob sichs gebüre / also zu gleuben / vnd
zu lehren / das Fleisch Christi ist allenthalben. Welchs so grob / das es
Eutyches selbst nicht statuiren dorffte. Darümb jhn Vigilius Martyr hiemit
refutiret / das nemlich sonst folgen müste / das die angenommene Natur inn
Christo allenthalben sey / wo die Person des Worts ist. Denn so lauten Vigilij
Martyris außdrückliche wort: Si Verbi & carnis vna natura est, quomodo
cum Verbum vbique sic, non vbique inueniatur & care? Námque quando in
terra fuit non erat vtique in coelo. Et nunc, quia in coelo est, non est vtique
in terra. Et in tantum non est, vt secundùm ipsam Christum expectemus venturum
de coelo, quem secundùm Verbum nobiscum esse credimus in terra. Igitur secundùm
Vos, aut Verbum cum carne sua loco continetur, aut caro cum Verbo vbique est:
quando vna natura contrarium quid, & diuersum non recipit in seipsa.
Diuersum est autem & longè dissimile, circumscribi loco, &
vbique esse. Et quia Verbum vbique, caro autem eius vbique non est; apparet,
vnum eundémque Christum vtriusque esse naturae: & esse quidem vbique
secundùm naturam Diuinitatis suae: & loco contineri secundùm naturam
humanitatis suae. Das ist / So das Wort vnd Fleisch eine Natur ist / warümb ist
denn nicht auch das Fleisch vberal / so doch das Wort vberal ist? Denn weil das
Fleisch auff Erden war / da war es freylich nicht im Himmel / vnd jetzund / weil
es im Himel ist / so ist es freylich nicht auff Erden / vnd ist so gewiß nicht
auff Erden / das wir auch gewertig sind / das nach dem Fleisch Christus vom
Himel kommen werde / welchen wir doch gleuben / das er als das ewige Wort / das
ist / nach der Gottheit bey vns auff Erden sey.
|| [571]
Derhalben nach ewer Meinung entweder das Wort sampt seinem Fleisch / an einem ort
vmbfangen / oder das Fleisch sampt dem Wort vberalsein würde / dieweil einer
Natur nicht kan zugeschrieben werden / was da widerwertig vnd einander
zuentgegen ist. Nun ist aber wider einander / an einem ort vmbschrieben seyn /
vnd allenthalben seyn / vnd weil das Wort allenthalben ist / sein Fleisch aber
nicht allenthalben ist / So ist es ja offenbar / das eben derselbige warhafftige
einige Christus beyde Naturen hat / Vnd allenthalben ist / nach seiner Gottheit
/ vnd an einem ort gleich als vmbfangen ist / nach seiner Menscheit. Bissher
Vigilius Martyr: Welchen zwar D. Wigandus eben vmb dieser Lehr willen / wie
jetzt D. Kirchner die Anhalter vmb keiner andern Vrsach willen / des
Nestorianismi beschuldigt. Aber hiedurch müste die alte rechtgleubige Kirchen
durchaus der Nestorianischen Ketzerey verdechtig gehalten werden. Dagegen der
Christliche Leser das schöne freudige Epiphonema, damit Vigilius Martyr daselbst
seine Lehr bestetigt / wolle behertzigen: Circumscribitur Christus loco, per
naturam carnis suae: & loco non capitur, per naturam Diuinitatis suae.
Haec est fides & confessio catholica, quam Apostoli tradiderunt,
Martyres roborauerunt, & fideles nunc vsque custodiunt. Das ist /
Christus ist allenthalben / so fern er Gott ist / vnd ist nicht allenthalben /
sondern nach der Größ seines Leibs mit ort vmbschrieben / so fern er Mensch ist.
Diß ist der allgemeine Christliche Glaube vnd Bekentnis / so die Apostel
gelehret / die Märtyrer bestetigt haben / vnd die Gleubigen biss auff diese
Stundt behalten. Bissher der alte Lehrer vnd Märtyrer Vigilius. Dabey die
Anhalter / mit allen Rechtgleubigen / durch Gottes gnad / auch zuuerharren
gedencken.
Pag. 278. beschüldigt D. Kirchner die Anhalter / sie streiten / das communicatio
idimatum nur verbalis sey / oder res de solo titulo. Aber diss wird er inn
Ewigkeit mit keinem Grunde
|| [572]
vber sie erweisen können /
bedarff derwegen diese Calumnia keiner verantwortung.
Zu grob ists aber / das er pag. 280. fürgibt / wenn das wörtlein (
Secundùm.
) / SECVNDVM, de gratia vnionis verstanden werde / so heis es so viel / als
ex gratia vnionis. Vnd also sey die Proposition: Christus secundùm humanam
naturam est omnipotens, zu verstehen / das nemlich die menschliche Natur solche
Herrligkeit habe ex gratia vnionis hypostaticae. So doch die Heuptfrage nicht
dauon ist / woher / oder wie / sondern ob die menschliche Natur allmechtig /
allwissend / allenthalben sey. Vnd im andern Anhaltischen Argument hat er nicht
wollen zugeben / das die particula (secundùm) vnter andern bissweilen de gratia
vnionis, seu vnitate personae (wie Petrus Lombardus redet) gebraucht / oder
verstanden werde. So wissen auch die Knaben aus jhrem Donat / das ein anders sey
/ causalis: vnd ein anders distinctiuaoratio. Denn in solchem Gebrauch ist das
wörtlein (secundùm) nota subiecti, non causae: wenn man propriè vnd eigentlich
dauon reden will.
Pag. 283. bemühet er sich sehr zu beweisen / das er die beyde Naturen in Christo
nicht mit einander exaequire, oder derselbigen vnterscheid durch die Lehre / von
der thetlichen mitgetheilten allmechtigkeit / allwissenheit / allenthalbenheit /
so der angenommenen Menschheit inn Christo soll widerfahren sein / auffhebe.
(Zweyerley Allmechtigkeit. Sublimior & inferior.) Aber eben mit seiner
eingewandten Entschuldigung / beweist er ausdrücklich wider sich selbst / das er
zweyerley allmechtigkeit / oder allmechtige Naturen in Christo dichte. Den̅ dieselbige Maiestet (spricht er) werde longè sublimiori modo,
auff eine viel höhere weise / der Gottheit des Sohns / als seiner angenommenen
Menscheit zugeschrieben. Wenn denn die Allmechtigkeit vnermesslich höher ist inn
der Göttlichen Natur / denn inn der menschlichen / vnd demnach einen
vnermesslichen Vnterscheidt zwischen beyden Naturen macht / das hiedurch eine
der andern nimmermehr exęquirt / oder gleich werde / wie pag. 284. fürgege
|| [573]
ben wird / so vrtheile ein jeder verstendiger
Christ / obs nach diesem verstandt / in Warheit einerley Allmechtigkeit bleibe /
die nemlich inn vnterschiedenen modis, oder viel mehr gradibus, als in positiuo
vnd comparatiuo, betrachtet / vnnd jetzt höher / jetzt geringer statuiret vnd
genennet wird? Sönderlich dieweil D. Kirchner seines Gegentheils Einrede (quòd
reipsa non differant, quae tantùm rei modo differunt) hiemit wil refutiret haben
/ pag. 282. Vnd disputiret mit vielen (wiewol in sich selbst widerwertigen)
worten / das auch in reipsa (wie er redet / pag. 327.) ein vnterscheidt / oder
das nicht allein ratione principij, verùm etiam rei ipsius, der vnterscheidt
zwischen der Allmechtigkeit / die Christus nach der Gottheit (von Ewigkeit) vnd
die er nach der Menscheit (in der zeit) empfangen habe / zuuerstehen sey pag.
326.
Ja / der verstendige Leser wolle bedencken / obs auch von der ewigen Göttlichen
Allmechtigkeit mit Warheit könne geredet werden / das sie anders / denn auff
einerley vnermessliche höchste weis vnserm HERRN Christo gebüre / vnnd in jhm
betrachtet werden soll. Denn wenn die Allmechtigkeit von Christo / pro
diuersitate naturarum modis etiam diuersis, iam videlicet inferiori, iam longè
sublimiori, soll prędiciret werden / so kan sie nicht bleiben proprietas Dei
essentialis (substantia enim non recipit magis vel minus) Sondern wird nothalben
inter qualitates müssen referiret werden / bey welchen nemlich die gradus seu
modi inferiores vnnd sublimiores rerum eiusdem generis gelten. Qualitates enim
recipiunt magis & minus. Atque ita in Christo sublimior erit Deitatis,
inferior humanitatis omnipotentia. Genere quidem eadem, sed gradibus seu modis
diuersa. Das wird ein schöne Theologiam geben.
Diss alles wird noch viel mehr bestetigt / so offt D. Kirchner in seinem gantzen
Buch streitet / die menschliche Natur inn Christo sey wol in der that (realiter)
allmechtig / allwissend / al
|| [574]
lenthalben / Aber
doch nicht so wol / als die Gottheit / welcher solche Ehre von Ewigkeit hero /
vnd wesentlich gebüre.
Zu dem / so kan man allhie aus seinem eigenen principio argumentiren / wenn etwas
höher vnd grösser ist / denn das ander / so kans ja nicht einerley bleiben /
pag. 322.
Das Wort ist allmechtig / aber auff ein viel höhere vnd grössere weis / denn die
angenommene Menscheit in Christo / welche gleichwol (nach des Gegentheils
fürgeben) auch allmechtig ist. Derhalben kans nicht einerley allmechtigkeit sein
/ etc. So doch die Christliche Kirch nicht mehr / denn von einerley
allmechtigkeit weis.
Der Christliche Leser bedencke ferner / obs einerley allmechtigkeit bleib /
welche in der Gottheit ist quiddam essentiale, in der Menscheit aber sein sol
, seu donum, ein Gabe / jedoch weder essentiale
quiddam, noch accidens, pag. 342.
Ja / wer sihet nicht / das dieses öffentlich wider einander lauffe? da D.
Kirchner fürgibt / die Menscheit Christi sey nicht so wol / als die Gottheit
selbst / allmechtig / pag. 583. Item / Gott sey in dem aller höchsten gradu
perfectionis per essentiam allmechtig / oder vielmehr (wie sichs denn in Warheit
anders nicht verhelt) die Allmechtigkeit selbst / welche ehre vnnd perfection er
der menschlichen Natur Christi nimmermehr mittheilet / denn dieses hiesse auff
Eutychianisch die Naturen vermenget / pag. 490.
Vnnd bekennet doch / diesem allem zu wider / dass das Concordibuch lehre / Es
gebüre der angenommenen menschlichen Natur eben dieselbige (Nota, Eben
dieselbige) Ehre / Macht / vnd Gewalt / welche der Gottheit eigen ist pag. 597.
598. Noch will man keiner antilogien / oder widerwertigen Lehre gestendig sein.
Item / Wie reimbt sichs / das die menschliche Natur / nicht / wie Gott selbst /
allenthalben sey / vnd sey doch allenthalben / nach art der Göttlichen Rechten?
pag. 608. 609. Was ist
|| [575]
denn (nach art der rechten
Handt Gottes) anders / denn (wie Gott selbst) allenthalben sein?
Der Christliche Leser wolle auch dieses allhie bey sich selbst(Das Gegentheil misbrauchet des thewren Manns Luthert
Namen.) behertzigen / Dieweil D. Kirchner vnterm Namen des thewren
woluerdienten Lutheri / allerley Sprüch one schew einführet / die er für lauter
Glaubens Artickel auffwirffet / vnd doch vnter des scheinbarlich fürgibt / als
bawe er das Fundament in dieser Sache nur auff Gottes vnfeilbares Wort / pag.
589. mit welchem Spruch der Schrifft will er denn beweisen / das man inn der
Kirchen Gottes / ohne Ergernis der Schwachgleubigen / also reden vnnd lehren
soll oder könne / wie er pag. 573. schreibet / Ein Leib sey der Gottheit viel
viel zu weit / vnnd können viel tausent Gottheit (Nota, viel tausent Gottheit /
noch will er pag. 606. nicht gestehen / das er mit seinen Consorten mehr / denn
einerley Gottheit dichte) drinnen sein / etc. Von viel tausent Legion Engeln
redet wol die Schrifft / aber von viel tausent Gottheit findet man nichts inn
der Bibel. Derwegen man das allhie wol mit des frommen
Sems vnd Japhets Mantel bedecken möchte / sönderlich dieweil ohne das ein gemein
Sprichwort ist: Duo cum idem dicunt, non esse idem.
Ein meisterlich Argument ist aber dieses / von fünff terminis: Dextra Dei non est
locus, sed vbique. Caro Christi exaltata(
Dextra Dei non infert vbiquitatem carnis.
) est ad dextram Dei. Ergo caro Christi non est in loco aliquo coelesti,
sed vbique. Denn also lauten D. Kirchners eigene wort / pag. 287. Die rechte
Handt Gottes / zu welcher die menschliche Natur Christi gesetzt / ist kein ort /
oder reumliche stedte / sondern die Krafft Gottes selbst / welche / wo sie ist /
da ist sie gantz vnnd nicht zertheilet. Derwegen vnmüglich / das sie (die
Anhaltischen) ratione sessionis ad totam dexteram Dei, sagen können / das die
menschliche Natur Christi nicht solte da gegenwertig sein / da die vnzertheilte
rechte Handt Gottes ist. Haec ille.
|| [576]
(Vom Spruch ??? 42. Ich will meine Ehr keinem audern
geben.)
Der Spruch Jesai. 42. Gloriam meam ALTERI non dabo (dauon D. Kirchner / pag. 291.
ein lange Predigt anstellet) trennet freylich die Person nicht. Denn inn Christo
ist nicht ALTER & alter, seu alius & alius. Er vermischt aber
auch die Naturn nicht / denn inn Christo gleichwol ist aliud & aliud.
Darümb sagt man recht: Filius Mariae est omnipotens, omniscius, vbique. Item,
Filius Dei est crucifixus, mortuus, sepultus: per communicationem idiomatum,
secundùm aliud & aliud: welchs nicht so viel heisset / als aliunde, seu
ex alio & alio. Denn die particula secundùm (wie obgedacht) ist allhie
nicht causalis, sondern distinctiua naturarum, quibus praedicata ista, vt
subiectis, propriè competunt. Das will D. Kirchner mit den seinen wissentlich
nicht wissen / noch verstehen / obs wol numehr (Gott lob) die Catechumeni
verstehen lernen.
So haben die Anhaltischen für sich die klare Zeugnis der alten Rechtgleubigen
Lehrer. Denn also wird der obgesetzte Spruch Jesaiae 42. von Cyrillo erkleret:
Dialog. 6. Gloriam meam alteri non dabo, inquit; Neque enim permittet vllis
rebus alijs, quàm sibi, iuxta substantialem dignitatem verae Deitatis
sublimitatibus magnificari. Quomodo enim natura creata ad huius dignitatis
conditionem perueniret, vt nihil nobilitatis supra se relinquat? Das ist / Ich
will meine Ehre keinem andern geben / denn er wird keiner Creatur vberal / sie
sey wer sie wölle / zulassen / das sie mit den wesentlichen der warhafftigen
Gottheit Herrligkeiten vnd Ehre solte erhöhet werden. Wie solte auch die
erschaffene Natur zu dem Stande der Herrligkeit kommen / das nichts vber sie
were?
Item / Athanasius bezeugt eben dasselbige mit folgenden worten: Cauendum est, ne
inducamus diuersam aliquam substantiam, quam tamen velimus capacem esse
proprietatum primae substantiae. Scriptum est enim: Gloriam meam non
|| [577]
dabo alteri. Das ist / Man soll sich hüten / das man
nicht jrgend eine vnterschiedene Substantz / oder Natur einführe / von der wir
sagen / das sie der Eigenschafften des Göttlichen Wesens fehig sey. Denn es
stehet geschrieben: Ich gebe meine Ehre keinem andern / etc.
Was die verkehrung des Spruchs Pauli / de forma Dei(
De forma Dei & serui.
) & serui, Philip. 2. anlanget / referirt sich wol D. Kirchner
auff Philippum / welchen er doch sonst nicht hoch helt / aber der locus pag. 296
von jhm allegiret / beweiset mit nichten / das der menschlichen Natur CHRISTI
beyde Gottes vnnd Knechts gestalt zugehöre / denn sie kan nicht GOTT gleich sein
oder werden. So haben die Anhalter aus Nazianzeno klar bewiesen / das die alten
Lehrer das wort (, exinaniuit seipsum) von dem / quod
Verbum ERAT, non quod factum erat, verstanden haben. Bestehet demnach der
Antitrinitarier Lesterschluss / aus der Vbiquisten Vngrundt collegirt / noch
feste / vnnd wird sich mit vier terminis, wie D. Kirchner pag. 299. kindischer
weise phantasieret / mit nichten eludiren lassen / welchs der verstendige
vnpartheyische Leser selbst erkennen wolle.
Pag. 316. 317. schemet er sich nicht wider sein eigen Gewissen(Von der waren Anbetung des Fleisches Christi.) /
die Anhaltischen mit gar hefftigen worten zu beschuldigen / als lehreten sie /
das Christi Fleisch gantz vnnd gar nicht anzubeten sey / Sondern werde von
dieser Ehr stracks ausgeschlossen. Ja (spricht er) sie versagen dem Fleisch
Christi die Ehre der Anruffung gantz vnd gar / trennen das Gebet / vnnd den
Gottesdienst / wendens von der gantzen Person abe / vnd ziehens allein auff die
Gottheit des Sohns / dadurch die Person / oder die Naturen gewißlich getrennet
werden. Bißher D. Kirchner. Welche schreckliche Calumnia vnd verleumbdung auch /
pag. 380. 381. von jhm widerholet wird.
|| [578]
Aber auff solche öffentliche Calumnien bedarffs (Gott lob) keiner langen antwort.
Die Anhalter lehren mit allen Rechtgleubigen / das weder die blosse Gottheit
(denn sie ist ein verzehrendes Fewer) noch die blosse Menscheit inn CHRIsto
(denn sie kan vns für sich weder erhören / noch helffen / ja / wie Lutherus inn
der Kirchenpostill bezeugt / sie kondte jhr selbst am Creutz nicht helffen)
Sondern die Person des Mitlers / welche zugleich GOTT vnd Mensch ist / soll
angebetet werden / nemlich Christus / Gottes vnd Marien Sohn Vnd sollen die
Naturn im Gebett keines weges / auch mit den aller subtilesten Gedancken / nicht
zertheilet / viel weniger durch einander vermischet werden / Sondern CHRISTVM /
den allmechtigen Gottes vnd Mariae Sohn ruffen wir an / vna latria, mit einerley
Ehr / erstlich vt datorem omnis boni, als der vns allein / inn allerley noth /
an Leib vnd Seel helffen kan / vnd zum andern / vt Mediatorem &
propiciatorem, als den Mitler / vnd Versühner / vmb welches einigen / vnnd sonst
vmb keines andern willen / nicht allein alle Verheissung sind Ja / vnd Amen /
Sondern der auch darümb in die Welt gesandt ist / das wir zu seinem Namen allein
/ vnnd sonst zu keinem andern zuflucht haben sollen. Actor. 4. Die eingeführte
Gleichnis von der Königlichen Kron / Purpur / vnd Scepter / haben die alten
Lehrer nur vmb Erklerungs willen / vnd nicht das es gantz vnd gar einerley sey /
gebraucht. Denn es heisset: Simile non est idem. Item: Nullum simile currit
quatuor pedibus.
Das Gegentheil aber rüffet die Gottheit in Christo an / von wegen jhrer
wesentlichen Allmacht / vnd die Menscheit vmb der empfangenen / oder (wie sie
reden) mitgetheilten Allmacht willen. Dadurch freylich nicht einerley Ehr der
Anhuffung bleibet / Sondern es wird vnicus ille cultus latriae seu adorationis
in duplicem verkehret. Denn ob mans wol nicht wort haben wil / so bezeugts doch
die that im Werck / das
|| [579]
hiedurch die Gedancken vff
zweyerley vnterschiedene Allmechtige Naturn zerstrewet werden. Vnd dieweil die
menschliche Natur nicht pari, sed inferiori modo: die Gottheit aber sublimiori
modo, soll allmechtig sein / so wird freylich hiedurch zweyerley Ehr der
Anruffung gedichtet / die eine / so der Gottheit gehöret / ist sublimior; die
andere aber / so der Menscheit zudeputiret wird / ist inferior. Das kan mit der
Warheit des Göttlichen Worts nimmermehr bestehen.
Mit der Anhalter Meinung aber stimmen alle Rechtgleubigen / vnd (wie D. Kirchner
pag. 318. nicht leugnen kan) der Christen Litaney selbst. So mag der guthertzige
Leser am ende des 28. Anhaltischen Arguments etliche ausserlesene testimonia
Patrum selbst nachschlahen / welche allhie zu widerholen vnnötig / vnd zu lang.
Gar ein newes aber ists / das pag. 328. fürgegeben wird / der(Ob der Sohn das Mitlerampt durch die ewige Geburt
empfangen hab.) Sohn hab das Mitlerampt durch die ewige Geburt
empfangen. Denn also müste es ad notionem characteristicam Verbi interiorem
referiret werden / welchs ein co̅fusio wer operum Dei ad intra
& extra: wie die Kirchen mit Augustino redet. Item / es würde hieraus
nothwendig folgen / das / wie der Sohn / ohne die ewige Geburt aus des ewigen
Vaters wesen / also auch one das Mitlerampt / nicht die andere Person der
heiligen Dreyfaltigkeit sein / oder heissen köndte. So doch vnleugbar / das
alles / was zum Mitlerampt gehöret (welchs der Sohn freylich vor der Welt anfang
/ vnd demnach von ewigkeit / aber nicht aus des ewigen Vaters wesen / Sondern
aus desselbigen gegen vns arme verlorne vnd verdampte Menschen gnedigem
Väterlichen willen vnd wolgefallen empfangen hat) allein auff den ewigen Rath /
Schluß / vnd Decret der heiligen hochgelobten Dreyfaltigkeit gegründet sey /
ohne welchen der ewige Sohn Gottes seine Allmacht zu vnser Erlösung nicht
angewendet oder gebraucht hette / vnd also gleichwol / wenn schon das Mitlerampt
verblieben / nichts desto weniger der warhafftige einge
|| [580]
borne Sohn des Vaters hiesse vnd were / hoch gepreyset in
ewigkeit. Wollen allhie geschweigen / das durch diß / bißher in der Kirchen
Gottes gar vnerhörte paradoxum der heilige Geist von dem Decret oder Beschluß
vnd einhelliger verwilligung / ja versiegelung des Mitlerampts sequestrirt vnd
ausgeschlossen sein müste. Denn die ewige Geburt des Sohns sichet nur auff den
Vater / vnd nicht auff den heiligen Geist / sonst wer das ewige Wort nicht der
eingeborne vom Vater / Johann. 1. Ja / der Sohn selbst ist Mitler worden / durch
seine ewige Fürbitt vnnd Intercession für das arme menschliche Geschlecht / aus
welchem er jhme eine ewige Kirchen / zur Ehre seines himlischen Vaters erbawen
wolte. Psal. 2. Darümb ists viel ein anders / von dem jenigen reden / was der
Sohn durch die ewige Geburt allein vom Vater / vnd nicht zugleich vom heiligen
Geist / noch von sich selbst / vnnd was er vermöge des Mitlerampts / als persona
missa, à tota Deitate mittente empfangen hat. So redet auch die Schrifft
vnterschiedlich von der ewigen Geburt des Sohns / ohne welche er nicht were /
noch mit Warheit genent würde das ewige Wort / das Liecht vom Liecht / der (Hebr. 1.) Glantz seines Vaters ewigen Herrligkeit /
oder das wesentliche Ebenbildt des Vaters. Vnd also würde das Geheimnis der
heiligen Dreyfaltigkeit zu nichts. Aber vom Mitlerampt spricht der HERR / Der
Vater ist grösser / denn ich. Johan 14. Item / Ich thue vnd rede nichts von mir
selbst / sondern alles / was mir mein Vater zu thun vnnd zu reden befohlen hat /
das thue vnd rede ich. Denn der Vater / der mich gesandt hat / der hat mir ein
Gebott gegeben / was Ich thun vnd reden soll. Johan. 12. Stecken derwegen hinder
diesem newen fürgeben nicht wenig Irrthumb verborgen. Gott gebs dem Gegentheil
bey zeit zu erkennen / vnd zu corrigiren.
(Vom Spruch Augustini ad Dardanum.)
Ferner / Ob wol D. Kirchner pag. 330. den Spruch Augustini ad Dardanum (Es folget
nicht / das zugleich mit Gott allenthalben sey / was in Gott ist) hiemit
eludiren will /
|| [581]
als wer er seinem dogmati nicht zu
wider. Denn es sey ein grosser vnterscheidt / pariter vbique esse vt Deus
(welchs er von der Menscheit Christi nicht verneinet) vnd ita vbique esse, vt
Deus, welchs er gern (wie seine wort lauten / pag. 330.) gestehe / das Christus
nach seiner Menscheit nicht also gegenwertig sey / als nach seiner Gottheit:
Item / Es seyen nicht aequipollentes propositiones, auff vbernatürliche
Göttliche weis im Himmel vnd Erden gegenwertig sein / vnd wie Gott selbst vberal
sein / pag. 331. Oder / nach art der Rechten Gottes vberal sein. pag. 332. So
wird doch der verstendige Leser auch vnerinnert (wenn er nur das 21. Anhaltische
Argument ein wenig ponderiren will) die conradictionem merken. Sönderlich
dieweil er hiebeuor / sich erkleret / es sey nicht pari ratione seu modo
zuuerstehen / allhie aber das pariter gleich zulesset / vnd nichts mehr dawider
excipiret / denn allein / das in Epist. ad Dardanum, nicht (pariter vbique vt
Deus) sondern (ita vbique vt Deus) stehe. Was ist denn zwischen diesen
phrasibus, pariter vt Deus, vnd pari ratione seu modo vt Deus, vnd ita vt Deus,
vbique esse, für ein subtiler vnterscheid? Denn D. Kirchner schreibt
ausdrücklich / pag. 330. es sey ein grosser vnterscheidt darunter.
Nach dem er sich aber auff den klaren Spruch Augustini / Tom. 7. de peccatorum
meritis & remissione, cap. 31. pag. 684. berüffet / so kans den
Anhaltern nicht zu wider sein / der Christlichen Kirchen daraus das vrtheil zu
vntergeben / ob sie / oder jhr Gegentheil recht haben. Die wort Augustini (wie
sie D. Kirchner / pag. 330. 331. selbst angezogen) lauten also: Quamuis in terra
factus sit Filius hominis; diuinitatem tamen suam, qua in coelo manens,
descendit in terram, non indignam censuit nomine Filij hominis; sicut carnem
suam dignatus est nomine Filij Dei, ne quasi duo Christi ista accipiantur, vnus
Deus, alter homo; sed vnus atque idem Deus & homo. Deus, quia in
preincipio erat Verbum; Homo, quia Verbum caro factum est, &
habitauit in nobis. Ac per hoc, per distantiam diuini
|| [582]
tatis & infirmitatis, Filius Dei manebat in coelo, Filius
hominis ambulabat in terra: per vnitatem verò personae, qua vtraque substantia
vnus Christus est, & Filius Dei ambulabat in terra, & idem ipse
Filius hominis manebat in coelo. Haec ille. Darauß ja jederman erkennen kan /
das die abstractiuae locutiones (quòd caro Christi sit omnipotens, omniscia,
vbique) niergend weder inn der Schrifft / noch orthodoxa antiquitate fundiret
sind. Viel weniger kan aus einigem Zeugnis Augustini bewiesen werden / das /
dieweil die ewige Person des Worts sey exemta ab omni localitate (welches
niemandt leugnet) darümb auch (wie pag. 335. felschlich geschlossen wird) seine
angenommene Menscheit illocalis, oder allenthalben sey. Denn die Person vnnd
angenommene Natur des ewigen Worts sein disparata: Vnd heisset die Regel: A
disparatis nihil sequitur.
(Ob realis vnd physica communicatio idiomatum einerley / sey.)
Pag. 350. disputiret D. Kirchner / das communicatio idiomatum realis nicht sey
physica. Aber dieweil er sonst auff die Regel dringet: Qualis vnio, talis
communicatio. Darauff die Anhaltischen in jhrem 25. Argument die minorem
subsumiret: Quòd vnio hypostatica respectu concurrentium naturarum sit physica:
welchs er allbereit selbst gebillichet. pag. 346. 347. 349. So verstehet der
Christliche Leser / das die conclusio vnwidersprechlich folge / nemlich / das
auch communicatio idiomatum realis, physica genant müsse werden. Vnd seyen
demnach entweder zugleich realis vnd physica communicatio idiomatum, beyde war /
nemlich / wenn sie den nudis titulis, welche D. Kirchner / pag. 357. den
Anhaltern mit vngrunde fürwirfft / opponiret werden (Quod enim in rebus est
seu physis, id ipsumest in oratione seu veritas) oder müssen beyde falsch sein / wenn sie
nemlich von einer Vbiquistischen Maiestet sollen verstanden werden. Diß Argument
ist so fest / das D. Kirchner / nach dem er sonst keinen außflucht findet / die
Regel in maiore (Qualis est vnio, talis est communicatio)
|| [583]
darüber / aber mit vergeblicher arbeit / sich vnterstehet zu
restringiren / vnd sagt / sie gehe nicht weiter / denn das sie der verbali
praedicationi, von blossen Titeln vnd abwechselung der Namen / entgegen gesetzt
werde. Da doch / die Anhalter in der Verantwortung auff die drey ausgesprengte
Sendebrieff gnugsam dargethan vnd erwiesen / das es nicht von blossen Titeln
oder Namen geredet sey / wenn man mit Nazianzeno sagt: Sicut in Christo naturae
vniuntur: ita earundem attributa permutantur. Oder (wie es D. Luther gegeben hat
/ welchs doch von D. Kirchnern / pag. 351. verworffen wird / denn diese Leut
schonen auch D. Luthers nicht / wo er jhnen nicht zugefallen redet) Gleich(
NOTA.
) wie die zwo Naturen sich inn einer Person Christi vereinigen / also
vereinigen sich auch die Namen beyder Naturen / inn dem Namen der einigen Person
/ welchs zu Latein heisset: Communicatio idiomatum, vel proprietatum. Haec
Lutherus. Vnd die Regel Theodoreti: Vnio facit communia nomina: redet auch nicht
de nudis titulis. Denn wie es wahr ist / das der Sohn Mariae nicht blosser
Mensch / Sondern zugleich warhafftiger ewiger Gott ist / also führet er den
Titel mit der that / vnd ist kein blosser Name / wenn man sagt / der Sohn Mariae
ist allmechtig / allwissend / allenthalben. Wie sichs aber mit Warheit nicht
sagen lesset / das die Menscheit in Christo Gott sey (denn solchs nunmehr D.
Kirchner selbst verwirffet / pag. 352. obs(Das
Gegentheil gibt dem Fleisch Christi blosse Titel vnd Namen.) wol aus
seiner Consorten gedruckten Schrifften hiebeuor bewiesen) also sinds nichts denn
leere Titel / vnd blosse Namen / wenn das Gegentheil für vnd für streitet / die
menschliche Natur inn Christo sey allmechtig / allwissend / allenthalben. Oder /
das Christus nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch / alles schaffe.
pag. 352. Welchs abermal wider Lutherum ist / der da mit deutlichen worten das
contrarium bezeugt / das nemlich CHRIstus / als Gott / alles schaffe: als Mensch
/ schaffe er nichts. Denn es heisset: qualis est naturarum vnio, talis est
communicatio idiomatum. Die vnio naturarum erfodert eitel
|| [584]
propositiones in concreto. Derwegen sollen auch die propositiones
communicationis idiomatum anders nicht / denn in concreto geführet werden.
Was aber die viuificationem, adorationem, vnd dergleichen trostreiche Sprüche /
so de natura aslumta, auch in abstracto (
Gratia capitis.
) gebraucht werden / betreffen thut / die gehören ad gratiam capitis,
welche begreiffet die appellationes officij & cultuum, vn̅
soll mit der communicatione idiomatum nicht misciret werden / Sondern gehöret
inn die Regel de actionibus Theandricis. Vnd also refutiret D. Kirchner niemandt
/ denn sich selbst / vnnd schreibt der menschlichen Natur Christi zu / das jhr
nicht gebüret / welchs / nach dem Spruch Cassiani / eben so ein grosse vnehr des
HERRN Christi ist / als Gott seine Ehr absprechen / die jhm allein / vnd keiner
Creaturen / gebüret vnd zugehöret.
(Das Gegentheil selbst / vnd nicht die Anhalter / dichten
in Christo einen Mittelgewalt.)
Das er aber pag. 353. 432. 454. auff die Anhaltischen sticht / als schrieben sie
Christo nur einen erschaffenen / oder Mittelgewalt zu / daran redet er seinen
gewalt. Denn die Anhaltischen lehren vnd gleuben / das die ewige Natur in
Christo einerley natürliche / wesentliche / vnerschaffene / vnd vnendtliche
Allmacht hab mit dem Vater vnd heiligem Geist. Die Menscheit aber in Christo
vbertreffe mit jhrer gewalt / sterck / vnnd krafft vnaußsprechlicher weis alles
/ was vnter Gott ist. Denn allein den vnterscheidt zwischen dem Schöpffer vnd
Geschöpffe / welcher inn Christo selbst nimmermehr kan auffgehoben werden /
ausgenommen. 1. Corinth. 15. so ist sonst nichts / weder im Himmel / noch auff
Erden / der menschlichen Natur an gewalt / (
Intermedia & subalterna sunt in eodem
prędicamento.
) sterck / krafft / oder weißheit gleich / viel weniger vberlegen. Jedoch
kan solchs mit Warheit kein Mittelgewalt genennet werden / denn sie sonst mit
der ewigen / vnendlichen / wesentlichen Allmacht Gottes müste einerley art /
oder (wie man inn Schulen redet) eiusdem generis sein / von welcher sie doch
roto
|| [585]
genere vnterscheiden ist / vnd zwischen dem
Schöpffer vnd Geschöpffe kein drittes / oder intermedium sein kan / wie bey
dem 32. Anhaltischen Argument / pag. 401. 402. ferner außgeführet worden ist.
Die Amptsuerwaltung aber betreffende / wird dauon weder die wesentliche Allmacht
des ewigen Worts / noch des Fleisches Christi vnermeßliche gewalt / sterck / vnd
krafft außgeschlossen / sondern ligt darümb das Ampt auff beyden Naturn / das
ein jede jhr bestes / ohne trennung vnd ohne vermischung / in gesampten vnd
warhafftig Vereinigten / jedoch vnterschiedenen Wirckungen / dabey thut.
Inn massen solches auch die Wunderwercke bezeugen(
Miracula Christi.
) vnd ausweisen. Denn ob wol die menschliche Natur hat vim cooperandi in
efficiendis miraculis (wie D. Kirchner redet / pag. 369.) so hat sie doch nicht
vim prorsus vnum idémque operandi. Sondern es bleibt das axioma
vnwidersprechlich wahr: Tetigit, vt homo: sanauit, vt Deus. Nach der Regel de
actionibus Theandricis: Verbo, quod Verbi est, operante: & carne, quae
carnis sunt, exequente. Welche Regel auff dem Concilio Chalcedonensi, ex
Epistola Leonis ad Flauianum, ist genennet worden columna orthodoxae fidei: wie
Nicephorus bezeugt. Wer nun dieses nicht zulesset / der ist eben hiemit (ab
orthodoxa fide) von dem vhralten / rechten / allgemeinen / Catholischen /
Christlichen Glauben abgefallen / das fehlet nimmermehr.
Vnd wolle der Christliche Leser behertzigen / ob nicht D.(
Totentia intermedia.
) Kirchner selbst (potentiam mediam) einen Mittelgewalt dem HERrn Christo
andichte / dieweil aus seinen worten / pag. 427. so viel abzunemen / das er in
dem wohn stehe / als sey personalis omnipotentia, oder personal ter omnipotentem
esse, quiddam intermedium inter essentialem & accidentalem, seu
subiectiuè inhaerentem omnipotentiam. Denn (spricht er) die menschliche
|| [586]
Natur Christi / weder essentialiter noch subiectiuè
allmechtig ist / sondern personaliter. Vnd personaliter allmechtig sein / oder
allmechtige Krafft haben / respectu videlicet vnionis personalis, erkleret er
daselbst deutlich / das es (seinem fürgeben nach) quiddam intermedium sey. Noch
will ers nicht wort haben / das er Christo nach seiner Menscheit / selbst ein
mediam potentiam, oder omnipotentiam intermediam zuschreibe / vnd also zweyerley
Allmechtigkeit dichte.
(Von dem wort identicè.)
Nach dem er aber auch für vnd für mit dem alten Schulwort (identicè) spielet /
vnnd will hiedurch sich weiß brennen / das er die Proposition (Caro Christi est
omnipotens, omniscia, vbique) nicht identicè, viel weniger subiectiuè, sondern
personaliter verstehe / So weis man / das inn den Schulen ein ding entweder
numero, oder specie, oder genere idem genant wirdt. Dieweil denn die
allmechtigkeit / allwissenheit / vnd allenthalbgegenwertigkeit von der
angenommenen menschlichen Natur nicht identicè soll verstanden werden / so mus
ja vnwidersprechlich folgen / das die omnipotentia carnis entweder numero, oder
specie, oder genere vnterschieden sey ab omnipotentia Verbi. Sie ist aber / nach
D. Kirchners Lehr / nicht vnterschieden genere, oder specie, vnd also bestehet
die exaequatio naturarum, respectu omnipotentiae, realiter carni communicatae,
quae eiusdem speciei seu generis esse fingitur cum omnipotentia Verbi
essentiali. Jedoch solls nicht gar identicè verstanden werden. Differunt ergo
numero. Vnd also kan er nicht fürüber / sondern ist augenscheinlich mit seinen
eignen worten vberwiesen / das er zwo allmechtigkeit in Christo dichte /
sönderlich dieweil er selbst (wie gemelt) bekennet / personaliter allmechtig
sein / oder allmechtige Krafft haben / sey quiddam intermedium.
(Von den zweyen Hertzbergischen)
Es kompt auch D. Kirchner auff die beyde Argument / welche die Anhalter jhren
Colloquenten zu Hertzbergk Anno 78. fürgehalten / auff welchen eigentlich die
gantze Sach beruhet.
|| [587]
Wiewol er sich aber vom 354.
blat / biß vffs 358. gar hefftig /(Argumenten der
Anhalter.) dieselbige zu soluiren / bemühet / so wolle doch der
Christliche Leser nur den fleiß / aus lieb der Warheit / anwenden / seine
Antwort mit dem 25. Anhaltischen Argument / darinn dieselbigen beyde Syllogismi
Hertzbergae propositi, mit tractiret werden / zu conferiren. Denn kein zweiffel
daran / es werde die Sach selbst beweisen / das die Anhaltischen Gründe noch
vnbeweglich vnd fest stehen. Wie sie denn auch inn Ewigkeit wider alle Pforten
der Hellen wol vnumbgestossen bleiben vnd bestehen werden. Man lasse nur alle
Verstendigen vnd Rechtgleubigen aus Gottes Wort / welchs allein die Richtschnur
sein mus / sine pręiudicio dauon vrtheilen.
Damits aber gleichwol dem Gegentheil an wort vnnd(Das
Gegentheil verkehret der heilige̅ Schrifft vnd Veter
zeugnis.) Scheinbeweis nicht mangele / so stellet D. Kirchner pag. 431.
ein lang Register an / darinn durch etliche Bletter nach einander / wie auch
sonsten in seinem gantzen Buch / die aller trostreichesten Sprüch / beydes der
heiligen Schrifft / vnd rechtgleubigen Väter / so entweder von der ewigen
Gottheit vnnd Herrligkeit des Worts zeugen / oder das hohe Mitlerampt Christi /
dazu der beyden vnterschiedenen Naturen vnterschiedene Eigenschafft vnd
Wirckunge gehören / beschreiben / sich alle von jhm jemmerlich verderben / vnd
nur auff die angenommene menschliche Natur inn Christo detorquiren vnd ziehen
lassen müssen / also das auch der edle Spruch / Johan. 1. Wir sahen seine
Herrligkeit (vngeacht / das dabey stehet / als die Herrligkeit des eingebornen
vom Vater) auff das Gedicht von der mitgetheilten allmechtigkeit / allwissenheit
/ vnnd allenthalbgegenwertigkeit / welche die menschliche Natur Christi in der
zeit der Empfengnis soll bekommen haben / gezogen vnd mißdeutet wird. Noch soll
die Regel Theodoreti wider solche Glossatores nicht gelten: Verbum Dei stolidè
intellectum non est verbum Dei. Darüber wolle Gott selbst / vnd die gantze
Christliche Kirche Richter sein.
|| [588]
Item / Vom 436. blat / biß auffs 446. fehet er / seiner gewonheit (Von des H. Lutheri Streitschrifften.) nach (wiewol
er kein weschhafftiger Geist / wie er pag. 442. andere daselbst schilt / sein
wil) ein sehr lange Predigt an / ob etwa D. Luther (seliger) in seinen
Streittschrifften / feruore contentionis, zu weit gangen / oder nicht. Nun ist
gewiß vnnd offenbar / das D. Lutherus von allen getrewen Anhaltern (keinen
aussgeschlossen) für ein auserwehlt Werckzeug Gottes erkent / gehalten / vnd
geehret wird. Aber seines thewren chrwirdigen Namens misbrauchen sie keines
weges / wie das Gegentheil / zum Deckel falscher Lehr / Sintemal hiedurch der
woluerdiente Mann viel mehr geunehret / denn geehret würde. Dauon der
Christliche Leser bey dem 31. Anhaltischen Argument / pag. 378. mehr bericht zu
finden. Vnd pag. 9. desselben Buchs / wird mit D. Lutheri eigenen worten
angezeigt / das er jederman warnet / man sol aus seinem Namen kein Erbsect
machen. Denn / wie die wort inn der Kirchpostill bey dem Euangelio am dritten
Sontag des Aduents lauten / so hat auch deshalben Johannes der Teuffer selbst
seine Jünger von sich zu Christo gewiesen / auff das sie nicht nach seinem Todt
ein Erbsect auffrichteten / vnd (wie heut zu Tag das Gegentheil nur Lutherisch
gerhümet sein vnd heissen wil) Johanniter würden / gleich den Papisten / die
sich für Benedicter / Cartheuser / Barfüsser / Augustiner / Carmeliten / etc.
ausgeben vnd rhümen / welchs doch im grunde nichts anders / denn ein verfluchte
Abgötterey / vnd von dem Apostel des HERRN. 1. Corinth. 1. 3. zum höchsten
verboten ist / Sondern auff das alle (wie Lutheri wort lauten) an Christo
hiengen / vnnd warhafftige CHristen hiessen vnnd würden.
So viel aber die Sach an jhr selbst betrifft / ist am tage / vnnd kan mit Warheit
von niemandt geleugnet werden / das Lutherus für jrrig gehalten / wenn man den
Naturen zuschreibe / das der Person zugehöret / vnnd herwider. Hiebey lass mans
bleiben / vnnd sey für bekant angenommen / das wer auch
|| [589]
der jenige sey / so dawider handelt / der jrre gewisslich inn diesem
Artickel. An personalibus ist den Anhaltern nichts gelegen / können dieselbige
vmb Friedens willen wol fahren / vnd zu eines jedern verantwortung inn seinem
Gewissen gestalt sein lassen / Die Lehr aber kan man niemand zu gefallen endern.
So ist ja offenbar / das Lutherus auch nach auffgerichter Concordia / Anno 37.
bekant / er hab viel ex feruore geschrieben / vnd nimpts auff sein Seel / es sey
weder jhm / noch andern mit solchem gezencke gedienet gewesen. Derwegen er auch
von der Vbiquitet (daraus doch das Gegentheil pag. 441. einen vnbeweglichen
nagelnewen Artickel jhres Glaubens dichtet) ferner zu disputiren verbotten / in
massen er auch mitten im Streitt mehrertheils ex hypothesi darauff kommen / vnd
hernach als zufellig ding / so nicht zur Sach gehöre / wider abgeschnitten. Das
alles ist offenbar / vnnd kan mit keinem bestendigen Grundt der Warheit
geleugnet werden / D. Kirchner predige gleich dawider / so lang / vnd was er
wolle.
Vnd dieweil er / pag. 527. 528. selbst bekennen mus / das Vigilius (welchen er
doch / pag. 546. diesem abermal zu wider / gern zu einem Vbiquisten machen
wolte) item Fulgentius / vnd andere (Ja / die gantze rechtgleubige Kirche) den
Spruch Christi / Matth. 28. (Ich bin bey euch alle zeit) nur von der Göttlichen
/ vnnd nicht von der angenommenen menschlichen Natur auslegen / So sehe er wol
zu / wie er seinen newen Glaubens Artickel von der Allenthalbgegenwertigkeit der
menschlichen Natur erhalten wolle. Hat jemand feruore contentionis, wie hoch
begabt er auch sey / wider den einhelligen Consens der allgemeinen
rechtgleubigen Kirchen / seine besondere stipulas oder opiniones gehabt vnd von
sich geschrieben / So antworten wir darauff (wie D. Kirchner die Sprüchallhie
zum theil selbst angezogen) mit Augustino contra Faustum Manichaeum lib. 11. Hoc
genus literarum, non cum credendi necessitate, sed cum iudicandi libertate
legendum est.
|| [590]
Item, ad Fortunatum: Epist. 198. Neque enim quorumlibet disputaliones, quamuis
catholicorum & laudatorum hominum, velut Scripturas canonicas habero
debemus: Vt nobis non liceat salua honorificentia, quae illis debetur hominibus,
aliquid in eorum scriptis improbare atque respuere: Si fortè inuen erimus, quod
aliter senserint, quàm veritas habet, diuino adiutorio vel ab alijs intellecta,
vel à nobis. Haec ille. Wie denn auch Hieronymus recht saget: Quicquid de
Scripturis auctoritatem non habet, eádem facilitate contemnitur, qua approbatur.
Das ist / Wenn etwas ohne / zugeschweigen wider die Schrifft / in Glaubens
sachen vorgebracht wird / der Lehrer sey so hohes Ansehens / als er wölle / oder
könne / so ist viel sicherer / dasselbig zu verwerffen / denn anzunemen.
Sintemal die Warheit nicht aus der Person sondern die Person aus der Warheit zu
richten ist / wie Tertullianus sagt: Veritas non ex personis, sed personae ex
veritate iudicandae sunt.
(Von der allgewissenheit der menschlichen Natur.)
Pag. 446. Kömpt er widerümb auff die Allwissenheit der menschlichen Natur Christi
/ vnd vngeacht / das Lutherus simpliciter alle Gloß verwirfft / vnd gar nicht
gestehen will / das der Spruch Marc. 13. also glossiret sol werden / das nicht
wissen so viel heisse / als nicht wissen wollen / oder als wol wissen / vnd doch
nicht sagen wollen: Sintemal (wie Lutherus ausdrücklich mit den Anhaltern
bezeugt) allein die Gottheit in Christo alle ding / (verstehe / zugleich auff
ein mal / ipso actu, wie Bonauentura redet) siehet vnd weis: Dieses aber alles
vngeacht / soll der newe Glaubens Artickel noch bestehen / das die menschliche
Natur solche Maiestet / nemlich die Wissenschafft aller ding / wol jederzeit /
von der Empfengnis an / gehabt / aber zur zeit der Ernidrigung nicht allwege hab
brauchen wollen / pag. 447. vnd hieher referiret D. Kirchner die Sprüch / das
die Schrifft von Christo auch in der Nidrigung bezeuge / Er hab seiner
Widersacher Gedancken gesehen. Matth. 9. Vnd alles gewisset. Johan. 2. 21 etc.
So doch offenbar vnd bekant / das dieselbige Sprüch von der Per
|| [591]
son / vnd nicht von der angenommenen Natur
reden. Ja (wie obgemelt) erklerts die Schrifft selbst von der Gottheit / Marci
am 2. Jesus erkennet bald / inn seinem Geist / das sie also gedachten bey sich
selbst. Item / Johan. 1. als Nathanael vernimpt / das jhn der HERR erkandt / vnd
gesehen / ehe er zu jhm kommen war / so schleusset er nicht hieraus (wie die
Vbiquisten) das die menschliche Natur CHRISTI bey jhm vnter dem Feigenbaum
gegenwertig gewesen / vnd mit jhren menschlichen Augen jhn gesehen hab / Sondern
er argumentiret ab omniscientia, tanquam à proprietate soli Deo competente, ad
diutam naturam, vnd erkennet also den Messiam von GOtt gesandt / vnd spricht:
Rabbi / du bist Gottes Sohn / du bist der König von Israel. Welches eben das
Bekentnis Petri ist / Matth. 16. Du bist Christus / des lebendigen Gottes Sohn.
Item / Marthae / Johan. 11. Du bist Christus / der Sohn Gottes / der inn die
Welt kommen ist.
Dieweil denn auch D. Kirchner von den Agnöeten abermal(Von den Agnöeten.) so viel Bletter erfüllet / welche man nochmals dem
verstendigen Leser mit dem 32. Anhaltischen Argument zu conferiren vnd
dijudiciren befohlen sein lesset / So hett jhm gleichwol nicht vbel angestanden
/ das Zeugnis Nazianzeni zu consideriren / dabey die Anhaltischen endlich zu
beruhen sich erkleret. Aber die Sach redets an jhr selbst / das dem Gegentheil
mit Nazianzeni decision / aduersus Arianos serm. 2. de Filio, nicht will
gedienet sein. Denn sie sonst mit stillschweigen nicht so würden vberhin
streichen. Die wort aber lauten also: Eccui ig tur dubium esse potest, quin
horam quidem, vt DEVS, cognitam habeat: ignoret autem, vt homo? Nam apparens
natura discernenda est ab inuisibili. Quapropterignorantiam humanitati, non
diuinitati adscribendam esse, piè, & religiosè sentimus. Das ist: Wer
will denn zweiffeln / das jhme die Stundt / so fern er Gott ist / bekandt / so
fern er aber Mensch ist / vnbekandt / sey? Denn man mus die sichtbare Natur von
der vnsichtbaren
|| [592]
vnterscheiden. Derwegen wir
Gottselig vnd wol dafür halten / das die Vnwissenheit nicht zwar der Göttlichen
/ sondern der menschlichen Natur in Christo soll zugeschrieben werden. Dabey
wirds wol bleiben.
Hiemit stimpt auch der Spruch Athanasij / serm. 4. contra Arianos, pag. 249.
(welchen D. Kirchner bey dem 35. Anhaltischen Argument auch / vielleicht mit
gutem bedacht / im lesen vbersehen hat) Cuiuis manifestum est, gnorationem ad
carnem pertinere: ipsum autem Verbum, quatenus Verbum est, omnia, antequam
fiant, scientia praecognoscere.
Item / Bonauentura schleusset vnwidersprechlich: Quemadmodum impossibile est, vt
anima Christi, quamuis vnita sit Verbo, sit, vbicunque est Verbum; alio quin
esset immensa, & existentia ipsius exaequaretur existentiae Verbi: ita
quoque impossibile est, vt intellectus animae Christi, simul omnia cognoscat
actu, quae Verbum, quamuis ei perlonaliter vniatur, &c.
Sind nun die jenigen für Agnöeten zu halten / welche lehren / das die menschliche
Natur inn Christo nicht sey allwissend / so wird man Nazianzenum / Athanasium /
vnd Bonauenturam / ja Lutherum selbst mit nichten dauon außschliessen können.
Mag demnach der Christliche Leser selbst aus Gottes Wort vrtheilen / ob sichs
entschuldigen lasse / das D. Kirchner nicht allein die Göttliche Natur inn
CHRISTO / Sondern auch die Menschliche zur Hertzkündigerin macht / pag. 512. vnd
doch pag. 513. nicht will nachgeben / das hiedurch zwo Hertzkündigerin in
Christo gedichtet werden. Denn (gibt er für) der Sohn Gottes habe seiner
angenommenen Menscheit nicht ein besondere allwissenheit gegeben / die sie
abgesondert von der Göttlichen Allwissenheit / an vnnd für sich selbst hette /
etc. Gleich als wer der Streitt von einer abgesonderten / vnd nicht viel mehr
von der vereinigten menschlichen Natur inn
|| [593]
Christo.
Denn abgesöndert ist sie nie gewesen / köndt auch nicht bestehen. Sind derwegen
solche exceptiones nichts / denn vergebliche außflücht / vnd eitel vnnütze
behelffe.
In Summa: D. Kirchner machts viel gröber / als noch kaum einer aus jhrer gantzen
Clerisey hat machen können. Führet auch in seinem gantzen Buch keinen richtigen
Beweis / sondern behilfft vnd flickt sich durch vnd durch mit den dreyen
fallacijs, aequiuocationis, petitionis principij, & plurium
interrogationum seu propositionum. Daraus nichts anders folget / denn (wie man
sagt) sine fine dicentes. Vnd müssen ja krefftige Irrthumb sein / dieweils inn
den dreyen löblichen Vniuersiteten die Herrn Theologen (wie sie sich selbst
Intituliren /(Wo haben sich die Propheten / Apostel /
Merterer für Herrn ansgegeben? Wie sticht sie der Hoffart.) denn sie
fast vber jederman inn Glaubens Sachen dominiren vnd herrschen wollen) alles
sollen für recht erkandt vnd gebillichet haben. Sie werden fürwar viel dings
durch Prillen gelesen / oder sonst einander wissentlich lauiret haben / denn es
ja durchaus zu nichts tüchtig ist. Vnd wer jhnen gewißlich viel besser
angestanden / sie hetten dafür jhre Erfurdische Apologien folgend complirt /
vnnd inn dem Artickel von der Erbsünde die Substantialisten (wo fern sie es
nicht heimlich mit jnen halten) widerlegt. Denn sonst (wenns gleich noch so
dicke wer) bleibts doch ein opus imperfectum: Dieweil mehr darinnen proponirt /
denn ausgeführet ist worden. Das wollen die Herrn Theologen wol behertzigen.
So ist auch bißher gnugsam erwiesen / das die tres modi(Die tres modieße̅di reimen sich nicht
zu dem Leib Christi. NOTA.) essendi, oder
alicubi essend???, die dreyerley weise / oder wesen etwa zu sein (denn ob sie es
wol nicht gern hören / das mans wesen nennet / so stehen doch die klare Wort vor
Augen / das nemlich Christus dadurch / das Gott vnd Mensch eine Person ist / ein
vbernatürlich WESEN / oder weise bekommen hab / zu sein an allen orten / pag.
575.) mit nichten bestehen können / man wölle denn dem Leib Christi / welcher ja
niergend anders / denn wie er in persona Verbi seine subsistentz hat / vnd
dem
|| [594]
nach mit nichten ausserhalb der
persönlichen Vereinigung / für sich selbst / betrachtet kan werden (Sintemal
ausserhalb der persönlichen Vereinigung die angenommene menschliche Natur
Christi weder ist / noch jemals gewesen / oder sein wird) dreyerley wesen / oder
gestalt / ein leibliche / geistliche / vnd göttliche andichten / wider die
gantze heilige Schrifft vnd wider den allgemeinen Christlichen Glauben. Vnd
lesset sich mit dem gar nicht entschuldigen / das Bonauentura (welchs in rechtem
verstandt niemandt tadeln kan) schreibet: Queinadmodum Dei Filius secundùm
diuinitatem habet triplicem modum essendi: in omnibus per essentiam, in iustis
per gratiam, in Christo per vnionem: Sic corpus Christi localiter est in coelo,
personaliter in Verbo, sacramentaliter in altari. Denn daraus keines wegs folget
/ das darümb der Leib Christi (welcher nicht ist quiddam infinitum, wie die
Gottheit) zugleich hab modum essendi, oder alicubi essendi circumscriptiuum,
definitiuum, & repletiuum.
Damit aber auch der Christliche Leser verstehe / was für (Erzelung etlicher newen abschewlicher reden der
Concordiformul.) ein abschewliche newe art zu reden vnnd lehren in der
Concordiformul heimlich verstackt sey / dergleichen weder in der heiligen Bibel
/ vnd drey Heuptsymboln / noch inn der Augspurgischen Confession / derselben
Apologien / Schmalkaldischen Artickeln vnnd Catechismis Lutheri zu finden /
dabey doch die löblichen Heupter / so wol in phrasibus, als in rebus zuuerharren
gesinnet / so will man allhie nur die gröbsten / vmb geliebter kürtze willen /
dem Christlichen Leser nochmals für augen stellen / wie folget.
Im Concordibuch / pag. 245. b. stehet also / das des Menschen Sohn zur Rechten
der allmechtigen Maiestet vnd Krafft Gottes / realiter, das ist / mit der that
vnnd warheit / nach der menschlichen Natur / erhöhet / weil er inn Gott
auffgenommen / als er von dem heiligen Geist in Mutter Leib empfangen / vnd sein
menschliche Natur mit dem Sohn des aller höchsten per
|| [595]
sönlich vereinigt / etc. Vnd solchs wird nach der lenge widerholet /
pag. 307. b. & sequentibus.
Aber mit diesen prechtigen worten / welche in der oberzelten Bücher keinem zu
finden / wird der Artickel von der menschwerdung Christi / mit seiner Erhöhung
zur rechten Handt Gottes / so allererst nach der Himelfahrt (wie die
Euangelisten einhelliglich bezeugen) erfolget ist / durchaus vermischet / vnd
also die Ordnung der Christlichen Glaubens Artickel turbirt vnd zerstöret / vnd
die gantze Nidrigung Christi nur in ein Marcionitische phantasey oder schein
verkehret.
Pagina ead. 245. b. stehet / das Christus jetzt / nach dem er in seine
Herrligkeit eingangen / nicht allein als Gott / sondern auch als Mensch / alles
wisse / alles vermöge / vnnd allen Creaturen gegenwertig sey. Hiemit ist die
generalis vbiquitas humanae naturae in Christo asserirt / welchs doch jhr viel
aus den Subseribenten bißher nicht haben gleuben wollen.
Pag. 295. a. wird von dem heiligen Abendtmal auß dem grossen Catechismo Lutheri
recht gesagt: Solchs mercke vnnd behalt nur wol / denn auff den worten (der
Einsetzung) stehet all vnser Grundt / schutz vnd wehr / wider alle jrrthumb vnd
verführung / so je kommen sind / vnd noch kommen mögen / etc. Hiemit haltens
auch die Anhalter / denn was wider Gottes Wort sireitet / das ist alles
schwermerisch vnd verwerfflich.
Aber diesem zu wider / werden pag. 241. b. 242. a. Item / 301 b. 302. a.
viererley Gründe angezogen / darunter das Göttliche Wort allererst die dritte
stell bekömpt / gleich als stünden die Wort der heiligen Stifftung nicht mehr
fest gnug / welche doch ewiglich wider der Hellen Pforten wol bestehen werden.
Derwegen dieses der Göttlichen Warheit vngemeß / vnd demnach in sich selbst ein
öffentliche antilogia ist / darein die Anhalter mit gutem Gewissen nicht
willigen können / sondern bleiben bey der festen Burgk des heiligen Göttlichen
Worts / auff das sie mit der Christlichen Kirchen in Warheit singen / vnd allen
Wider
|| [596]
sprechern diesen rhum entgegen
setzen können: Das Wort sie sollen lassen stahn / vnd kein danck dazu haben /
etc.
Pag. 296. a. wird gesetzt / das diese Rede / Verbum caro factum est, das Wort ist
Fleisch worden / durch gleichstimmende reden / das Wort wohnet in vns / vnd
dergleichen / widerholet vnd erkleret werde. Diß ist ein öffentliche confusio
graduum praesentiae Dei: Vnd folget daraus vnwidersprechlich / zugleich der
Arianismus, vnd Nestorianismus. Ob nun gleich D. Kirchner fürgibt / es haben die
Patres bissweilen den Spruch Johannis. 1. Et habitauit in nobis, von der
persönlichen Vereinigung der beyden Naturn in Christo ausgelegt / so folget doch
hieraus kein aequipollentia phrasium. Denn bey den Patribus die gewonheit
gewesen / das sie offtmals einerley Sprüch auff mancherley weis gebraucht / Aber
vnter des mus man (sönderlich wenn man confessiones oder Bekentnis stellet)
eines jedern Spruchs eigentliche meinung erhalten / vnd erfodern die
gleichstimmende reden Grammaticam proprietatem, wie in der Dialectica de
phrasibus aequipollentibus angezeigt wird. Ist derwegen D. Kirchners ausflucht
nicht allein vergeblich / sondern vberzeugt auch die Herrn Theologen / das sie
in der Concordiformul an der Deutschen Version des Spruchs: Et habitauit in
(
Crimen falsi.
) nobis: ein crimen falsi begangen.
Denn in der Bibel hat es Lutherus nicht gegeben / wie es in der Concordiformul
betriglicher weis angezogen (Das Wort wohnet in vns) sondern also wirds der
Christliche Leser inn der Bibel finden (Das Wort ward Fleisch / vnnd wohnet
vnter vns / etc.) Wen̅ sie diese dolmetschung nicht zu jrem
vortheil verkehret hetten / so würde der einfeltige Leser den Betrug von sich
selbst gemercket haben / das es nemlich kein gleichstimmende reden sein könten /
wie es denn der Griechische Text noch klerer ausweiset. Hilff Gott / was solt
man für ein Zettergeschrey hören / wenn man ein solch öffentlich vnnd notorium
crimen falsi auff die armen wolgeplagten Anhalter beweisen könte.
|| [597]
Pag. 302. a. werden dem Leib Christi dreyerley weis etwa zu sein / nemlich
circumscriptiuus; definitiuus, vnd repletiuus, zugeeignet. Welchs durchaus weder
mit der Warheit des Göttlichen Wortsvbereinstim̅et (wie nu offt
vermeldet ist worden) noch mit sich selbst concilijret werde̅ kan
/ sondern den angezogenen schrifften in obgedachter norma, so wol in rebus, als
in phrasibus; vnd so wol in phrasibus, als in rebus, gantz vnd gar vngemes vnd
zu wider ist / wie nit allein etlich mal bissher klageweis gedacht / sondern
auch in der Anhaltischen Apologia bey dem 8. Argument mit vnwidersprechlichen
Gründen dargethan vnd erwiesen ist.
Pag. 307. a. wird die krafft Wunderwerck zu üben / vnd das vnser Heyland von
einer Jungfrawen / vnuerletzt jhrer Jungfrawschafft / geborn / der menschlichen
Natur zugeschrieben / da doch das letzte dem hohen Artickel von der Schöpffung /
wie auch dem 22. Psal öffentlich zuwider / vnd das erste mit der columna
orthodoxae fidei so wenig / als mit der Regel Athanasij (Tetigit vt homo,
sanauit vt Deus) bestehen kan / noch vermage. Zu geschweigen / das die miracula
in der Schrifft vom HERRN selbst nicht werden genent opera carnis, sondern opera
Patris.
Pag. 330. b. wird abermal ein mercklich crimen falsi zwifacher weise begangen /
in verkehrung der dolmetschung Lutheri. Denn Joh. 5. lautet der Spruch also: Vnd
hat jm macht gegeben auch das Gericht zuhalten / darümb das er des Menschen Sohn
ist.(
Duplex crimen falsi.
) Aber im Concordibuch stehet für das wort (macht / im Griechischen
heissets Exusia) das wort (krafft / welchs im Griechischen heisset ) vnd sind diese wörter bey gegenwertigem Spruch(1.) keins wegs zu confundiren. Item / da die
Schrifft sagt (darümb das er des Menschen Sohn ist) setzen sie ein gloss dazu
(vnd wie(2.) er Fleisch vnd Blut hat) da doch
etliche jres Theils mit hefftigen worten streiten / die Kirch sage nicht / es
sey auch nicht Schrifftmessig geredet: Quòd filius Dei habeat, aut acceperit
humanam naturam. Noch sol man nicht sagen / das sie co̅tradictoria
schreiben / oder mit jhren Glossen die Schrifft meistern / vnd Lutheri
|| [598]
dolmetschung jres gefallens verkehren. Fürwar den
Anhaltern würde solchs nicht zu gut gehalten. Aber bey dem Gegentheil heissets /
Wir haben recht vnd macht allein / was wir setzen / das gilt gemein / wer ist /
der vns soll meistern? Psal. 12.
Pag. 312. a. wird der vnterscheidt zwischen Christo nach seiner menschlichen
Natur / vnd den andern heiligen Menschen / auff die empfangene Maiestet gesetzt
/ das nemlich der menschlichen Natur die Maiestet der Göttlichen Eigenschafften
in der that mitgetheilt sein soll Hierinn stecket zugleich der Neßorianer vnd
Eutychianer jrrthumb verborgen.
Pag. 313. b. stehet ausdrücklich / das alles durch vnd durch vol Christus sey /
auch nach der Menscheit. Item / bald darnach / wo du mir Gott hinsetzest (gleich
als gebürete sich in abstracto von der Göttlichen Maiestet also zu reden) da
mustu mir die Menschheit mit hinsetzen. Was ist diß anders / den̅
vbiquitasgeneral sey?
Bissher von den fürnembsten newerdichten phrasibus der Concordiformul / dabey die
Regel Philippi billich solt betrachtet werden: Nouae phrases semper aut errores,
aut dissidia pariunt. Das ist / auff newe art zu reden / folgen in der Kirchen
gewißlich entweder grewliche jrrthumb vnd finsternis / oder jemmerliche
zerrüttung vnd gezencke.
(Abschewliche grewliche reden des Oegentheils.)
Sonst disputiren sie auch abschewlicher weis vor der studirenten Jugend / vnd
wollens für Recht vertheidigen / quòd corpus Domini non tantùm sit in coena, sed
etiam in coeno: Item, in foeno & hordeo, & in omnibus
canharis cereuisiarijs, &c. Vnnd wer das nicht annimpt / der muss ein
Sacramentirer heissen. Die Schrifften sind vorhanden / daraus man sie vberweisen
kan. Aber man will diss vmb glimpffs willen / auff dismal wissentlich
eingestellet haben.
(Von der tabella paradoxorus.)
Belangend die tabellam paradoxorum, welche vmb keiner andern vrsach willen der
Anhaltischen Apologien inseriret worden ist / denn das man dem verdacht
begegnete / als hielte sichs in Warheit nicht also / sondern würde vielleicht
nur aus
|| [599]
neide dem Gegentheil auffgedichter weise
zugemessen / stehen die klaren zeugnis vnter jhren authoribus von wort zu wort
vor augen verzeichnet. Dieweil denn die praefation der dreyen Vniuersiteten vor
D. Kirchners buch / berichtet / das alle der jhrigen Schrifften mit dem
Concordibuch durchaus vber einstimmen / so werden sie auch demselbigen billig
zugemessen / als darin der grund dazu geleget wird / ob man sich wol im
Concordibuch / vmb der löblichen Heupter willen / die wider alle newe phrases in
jhrer vorrede ernstlich protestiren / so laut nicht hat dürffen vernemen lassen.
Vnd bestehet demnach D. Kirchners ablehnung sehr kalt / das er hin vnd wider in
seinem grossen Buch (darinnen er / wie bissher augenscheinlich erwiesen / so im
höchsten / so im geringsten / gar nichts an den Anhaltischen Argumenten
widerlegt / sondern dieselbige viel mehr bekrefftiget / vnd nur allein damit
vmbgehet / das er den Einfeltigen vnberichten Leser gern vberreden wolte / sie
streiten nichts wider seine vnd seiner adhaerenten Lehre) kein andere solution
gibt / denn es stehe auff verantwortung der authorum, man möge dieselbigen
besprechen / sie seyen mündig vnd beredt gnugsam / etc.
Alle verstendige hertzen / vnd Christliche Liebhaber der(
Prouocatio ad intelligentes et rectè iudicantes.
) heiligen / vnwandelbaren / göttlichen warheit / zugleich bey jetzigen
vnd zukünfftigen zeiten / mögen aus beyder part Schriften das vrteil fellen /
wer recht oder vnrecht hab. Die getrewen Anhalter dancken Gott von hertzen / das
er sie in der that befinden lesset / das jhr Gegentheil (mit welchen sie / wegen
der dicken schrecklichen finsternis / damit jhre Lehr behafftet / ein Christlich
mitleiden tragen / vnd vmb erleuchtung für sie bitten) nichts mit grunde wider
sie auffbringen kan. Achten derwegen auff dissmal für vnnötig / mit verlust der
edlen zeit / die man viel besser anlegen kan / in weitleufftigere Gegenschrifft
sich einzulassen / sondern haben mit den erzehlten puncten / darin man noch viel
paradoxa wissentlich dissimuliret / vnd vorbeygangen
|| [600]
hat / nur ein wenig andeuten wollen / wie vbel des Gegentheils Lehr fundirt vnd
gegründet sey / damit der vnparteyische Leser den Sachen für sich selbst ferner
nach zu dencken vrsach habe. Notoria enim non indigent verbosa refutatione: das
ist / offenbare jrrthumb bedürffen keiner weitleufftigen widerlegung.
(beschluss.)
Beschliessen demnach mit dem Spruch Athanasij / an Epictetum, fol. 75. Quae ita
manifestò praua peruersá que sunt, ea curiosius tractare non oportet, ne
contentiosis hominibus ambigua videantur; sed tantummodo ad ea respondendum est,
quod ipsum per se sufficit, ea orthodoxae Ecclesiae non esse, neque maiores
nostros ita sensisse. Das ist / Wenn etwas öffentlich so gar falsch vnd
verkehret ist / soll man es nicht genawer ausecken / noch weitleufftiger handlen
/ damit es bey zancksüchtigen Leuten nicht zweiffelhafftig scheine / sondern man
soll nur diß drauff antworten (welchs denn für sich selbst antwort gnug ist) das
solchs der rechtgleubigen Kirchen Lehr nicht sey / vnd das vnsere Vorfahren (in
der Christlichen rechtgleubigen Kirchen) also nicht gegleubt haben. Haec ille.
Jedoch soll hiemit / die Warheit zu verfechten / so mündlich / so schrifftlich /
wo / vnd wie es die Notturfft erfodern wird / sönderlich in einem allgemeinen
rechtmessigen Synodo / vnbegeben seyn.
Was auch sonsten von einem newen vnrühigen Geist / dessen (Der Anhal tischen Lehr vom H. Abendmal wird vnbillicher
weis angetastet) namen die Anhaltischen in jren Schrifften nie gedacht
/ auch desselben noch zur zeit bedencken haben / wider jre Confession de coena,
welche / so fern man candidè vrtheilen will / dem Göttlichen Wort / vnd
Catechismo durchaus gemeß ist / gifftiger weis (wider das Gebott des Apostels:
Non efficiamur ???nanis glo???iae cupidi, inuidi, inuicem prouocantes, inuicem
inuidentes. Gal. 5.) aus lauter vnuorursachter polypragmonischer zunötigung
(dazu noch ehe sie publiciret ist worden) durch den Druck zu Leipzig in diesem
angehenden Jar spargiret / könte ohne grosse mühe mit gutem bestendigen Grunde
widerleget werden. Denn ja vor au
|| [601]
gen / das es
nichts denn ein schendliche Sophisterey ist / da er schliessen wil / die
Anhalter gleuben / das der HErr Christus mit seinem Leib im Himmel sey nach dem
ort / von dannen er wider komen wird / darümb sey er nicht im H. Abendmal / da
er doch warhafftig ist / nach seinem vnfeilbaren allmechtigen krefftigen Wort
vn̅ zusage. Gleich als würd eins durchs andere gehindert / vnd
were nicht beydes war / wie die Kirchen von alters her recht saget: Localiter in
coelo, Sacramentaliter in coena.
So ist auch die schöne Regel Philippi (Nihil habet ratione̅
Sacramenti extravsum diuinitus institutu̅) welche alle
Sacramentschwermerey zu bodem schlegt / darob auch D. Lutherus so hoch erfrewet
ist worden / vnd D. Eceius Anno 41 im Colloquio zu Regenspurg kein wort darauff
hat antworten können / in der Anhaltischen Apologia / pag. 443. mit Fürst
Georgen zu Anhalt / Christmilder gedechtnis / eigenen worten bewiesen vnd
erkleret. Ob nun wol der vnglaub die Göttliche Warheit nicht hindert noch
auffhebt (denn es heist / Abusus non tollit rei substantiam: das ist / vmb der
Person / oder vnglaubens willen / wird das Wort nicht falsch / dadurch es ein
Saeramentvnd eingesetzt worden ist / wie die wort aus dem grossen Catechismo
Lutheri / in der Concordiformul / pag. 295. a. citiret vnd angezogen sind) so
folget dennoch nicht / das darümb die Regel de vsu diuinitus instituto (da
Sacramenrum, vnd ratio Sacramenti, propriè loquendo, vnterschieden sein) nur
allein de externa ceremonia vnd demnach de solo opere operato rede. Denn solches
nicht ehe wird bestehen können / man hab denn zuuor nicht allein den Catechismum
corrigirt / der da lehret / quòd haec verba (PRO VOBIS, welche freylich ad vsum
coenae gehören) requirant omnino corda credentia: Sondern auch das praeceptum
fidei iteratum (Hoc facite in mei commemorationem) ab vsu diuinitus instituto
gantz vnd gar remouirt vnnd excludirt: wider des HERRN befehl / Du solt nichts
darzu / noch dauon thun / sonst wird Gott zu deiner plage thun. Deut. 4. 12.
Prouerb. 30. Apoc. 22.
|| [602]
Dieweil aber ein jeder verstendiger Christ / den Geist für sich selbst gar
leichtlich prüfen / vnd in warheit befinden wird / das er wider das achte Gebott
ein öffentliche calumniam begehe / vnd das jenige / was für sich recht vnd wol
geredet / vnd billig nach der Richtschnur der Göttlichen warheit zum besten
solte auffgenommen / vnd verstanden werden / auffs aller ergste mißdeute vnd
verkehre (daraus denn dieser Leut Candor, deß sie doch vor andern wollen
gerühmet sein / zuerkennen ist) So wil mans vmb friedes willen auff dißmal auch
dem gerechten Richter / welcher durch seinen Apostel nit vergeblich gesagt: Qui
autem perturbat vos, portabit iudicium suum, quisquis sit, Gal. 5. heimgestelt
vnd befohlen sein lassen. Sönderlich dieweil D. Kirchner selbst (welcher doch
nicht gern etwas / das jn vnrecht gedaucht / mit stilschweigen vbergangen) die
vberaus kurtze vnd runde erklerung der Anhaltischen / bey jrem achten Argument /
pag. 137. widerholet / mit keinem wort / als verwerflich oder falsch / hat
anrüren dürffen / noch verdechtig machen können. Sonst gebens zwar alle
vmbstende / das dem Gegentheil an nichts mehr / denn nur allein (wie vnlangst
ein vorneme Person nicht vnweißlich geurtheilt) an der einigen Syllaben von
dreye̅ Buchstaben (BAN) mangele / so würde Deutschland bald
ein Hispanische inquisition erfaren müssen / dieweil sie fast jederman
hofemeistern / ja vor der gantzen Welt gehessig machen / vnd als die dominatores
vnd dictatores fidei den andern nur vorschreiben wollen / wie vnnd was man
gleuben oder leren sol / zu jhnen aber darff niemand sagen / Papa, quid facis?
Denn es gehet / wie die Kirchen in dem 73. Psalm klaget / Sie vernichten alles /
vnd reden vbel dauon / vnnd reden vnd lestern hoch her. Was sie reden / das mus
vom Himel herab geredt sein / was sie sagen / das mus gelten auff Erden. Darümb
fellet jhnen jhr pöbel zu / vnd lauffen jhnen zu mit hauffen / wie wasser. Ach
Gott der tewre Name dein / mus jrer schalckheit deckel sein / du wirst einmal
auffwachen. Psal. 124.
|| [603]
Derselbige Allmechtige / getrewe / ewige Gott / welcher alle lesterung vnd
verkehrung seiner Warheit bey der höchsten Vngnad gar ernstlich verbotten hat /
geb seine Göttliche gnad vnd heiligen Geist / das die hohen löblichen Heupter
Deutscher Nation sich vber die arme notleidende Warheit vnd hochbetrangte
Kirchen erbarmen / vnd durch einen ördenlichen Synodum oder Christliche
Versamlung diese hochwichtige Sach(Demütigste bitte
vmb einen ördentlichen Synodum.) aus Gottes heiligem Wort / welchs die
einige Richtschnur ist / die Warheit von der Vnwarheit / vnd das Liecht von der
Finsternis / zu vnterscheiden / vnd bestendigen Fried wider anzurichten /
endlich ein mal recht erkennen vnd erörtern lassen möchten / Vnd tröste vnter
des alle fromme Hertzen / die vmb der warheit willen verhasset oder verfolget
werden / vnd bekehre alle / die da vnwissend vnd nicht mutwillig jrren / durch
Jesum Christum vnsern warhafftigen Helffer / vnnd einigen Seligmacher / Amen.
Wüntschen hierauff dem Christlichen vnpartheyischen Leser ein glückseliges newe
Jar / vnd beschliessen mit dem Anhaltischen tröstlichen Symbolo, darinn die
Jarzahl begriffen: PraepotentIs Man Vs DeI aVXI-LIabItVr Ser VestanIs.
|| [604]
Lutherus in disputatione de vnione duarumnaturarum in
Christo, & communicatione idiomatum.
FIdes Catholica haec est, vt vnum Dominum Christum confiteamur verum Deum
& hominem. Ex hac veritate geminae substantiae & vnitate
personae, sequitur illa, quae dicitur communicatio idiomatum, vt ea, quae sunt
hominis, iectè de Deo; & contra, quae Dei sunt, de homine dicantur. Verè
dicitur: Iste homo creauit mundum: Et, Filius Dei est passus, mortuus, sepultus.
Non tamen haec vera sunt in abstracto (vt dicitur) humanae naturae. Item contra
Schuuenckfeld: Occultus Eutyches habitat in talibus
haereticis, negare paratis aliquando, Verbum esse carnem factum. In speclem
concedunt, Verbumesse carnem factum: olim id negaturi, obtento theatro, post
negatam in Christo creaturam.
Item / vbers 14. Cap. Johannis: Christus redet beyde Gottes vnd Menschen wort /
daraus gewaltiglich bewiesen wird / wie vnser Lehr vnd Glauben helt / das er
beyde warhafftiger Mensch vnd warhafftiger Gott ist.
Item / Wenn er vberal redete als Gott / so könte man nicht beweisen / das er ein
warhafftiger Mensch were / So er aber vberal redete / als ein Mensch / so würde
man nicht gewahr / das er auch warhafftiger Gott were.
Item / Weil er den̅ also eine Person Gott vn̅ Mensch
geglenbet wird / so gebürt vns auch also von jhme zu reden / als beyderley Natur
fodert / das etliche wort die menschliche Natur / etliche aber die Göttliche
Natur anzeigen / das man eben darauff sehe / was er nach der menschlichen Natur
redet / vnd auch nach der
|| [605]
göttlichen. Denn wo man
solchs nicht war nimpt vnd recht vnterscheidet / so müssen folgen so mancherley
Ketzerey / wie vor zeiten gewesen sind / da etliche gesagt habe̅ /
Er were nicht warhafftiger Gott / etliche / Er were nicht warhafftiger Mensch.
Denn sie kondten sich nicht drein richten / das sie die zweyerleyrede deutlich
vnterscheideten / nach den zwoen Naturen.
Item / Ich hab erlebt / das dieser Artickel bissher vber tausent Jar blieben ist
/ wider alle spitzige Köpff vnd Teuffel in der Helle / so sich darwider gelegt
haben / soll auch für allen wol bleiben. Darümb last vns dem H. Geist so viel
Ehre thun / das er gelehrter vnd klüger sey / denn wir mit vnser Kinderkunst /
vnnd diesen Artickel nach der Schrifft rein vnd lauter behalten.
Item / vber den 110. Psalm: Darumb stehet hie der feste Grundt / vnd ist gewaltig
beschlossen / weil er also redet / das dieser HErr (der verheissen Dauids Sohn /
Christus) zur Rechten Gottes sitzet / an dem ort / da keinem lautern Menschen /
ja auch keinem Engel gebüret zu sitzen / Nemlich auff Gottes eigenem Thron oder
Stuel / so leidet sichs nicht zu sagen oder zu gleuben / das er lauter Mensch
sey / oder ein ander Creatur (wie sie möcht genennet werden / als der Arianer
Traum fürgab) vnter Gott. Denn das ist in der Schrifft hart verbotten / das man
keine Creatur Gott soll gleich machen / auch keinen andern Gott neben jn setzen
/ etc.
Item, lib. de Concilijs: Was man von Gott redet / mus auch dem Menschen
zugemessen werden / nemlich / Gott hat die Welt geschaffen / vnd ist allmechtig.
Der Mensch Christus ist Gott. Darümb hat der Mensch Christus die Welt geschaffen
/ vnd ist allmechtig. Vrsach ist / denn es ist eine Person worden aus GOtt vnd
Mensch / darümb führt die Person beyder Naturen Idiomata.
Item / Was were der Mensch / mit dem sich Gott persönlich vereiniget / wenn er
nicht rechte menschliche Eigenschafft haben solte? Er müste ein Gespenst sein /
wie die Manicheer gelehret haben.
At tV, DoMIne, VsqVe qVò? an non eVIgILabIs, & Ipse VenIes?
M. D. XIVC.