|| [ID00001]
Eine Christliche Leich-Predigt: Gehalten bey der Begräbnis / FRID ERICI
HVLDERICI, Des Ehrnvesten / Vorachtbarn vnd Hochgelarten Iohannis Peparini,
Beyder Rechten Doctoris, vnd Fürstl: Brauns: Wolbestalten Hoff Rahts vnd
Assessorn des Fürstl: Hoffgerichts zu Wolffenbütttel / Söhnleins.
Sapientiae cap. 4.
ABer der Gerechte / ob er gleich zu zeitlich stirbet / ist er doch in der Ruhe /
(denn das Alter ist Ehrlich / nicht das lang lebet / oder viel Jahr hat:
Klugheit vnter den Menschen / ist das rechte grawe Haar / vnd ein vnbefleckt
leben / ist das rechte Alter) denn er gefelt GOtt wol / vnd ist jhm lieb / vnd
wird weggenommen auß dem Leben vnter den Sündern / vnd wird hingerückt / daß die
Bößheit seinen Verstand nicht verkehre / noch falsche Lehre seine Seele
betriege. Denn die bösen Exempel ver
|| [ID00004]
führen vnd verderben eim
das Gute / vnd die reitzende Lust verkehret vnschüldige Hertzen. Er ist bald
volkommen worden / vnd hat viel Jahr erfüllet / darvmb eilet er mit jhm auß dem
bösen Leben.
EXORDIVM.
GEliebte vnd andechtige Freunde in Christo JEsu / in den Klagliedern Jeremiae
cap. 5. Klaget die hochbetrübte Christenheit vnd Kirche GOttes jhren elenden
Zustand / vnd mechtiges Hertzeleid mit sehr wehmütigen Worten: Vnser Hertz ist
betrübt / vnd vnser Augen sind finster worden. Wenn auch jetzo die lieben
fürnemen Eltern vnd Großeltern / welche jhrem Söhnlein biß an seine
Ruhestädtlein in grosser Trawrigkeit gefolget seyn / diese jammerklage führeten:
Vnser Hertz ist betrübt / vnd vnser Augen sind finster worden / nemlich für
Weinen vnd Wehklagen / könten wir sie in Warheit vberall darinnen gar nichts
verdencken. Den̅ hat jhnen doch GOTT ans Hertze einen griff gethan
/ einen starcken griff? Er hat nicht allein nun etz
|| [ID00005]
liche Tage her / jhre
frewde an jhrem einigen Söhnlein in hertzbrechende Trawrigkeit verwandelt / in
dem sie die vorbotten des Todes / etzliche vnterscheidene züfallende Kranheiten
an jhm gesehen haben / sondern er hat jhnen auch denselben endlich auß dem Schoß
wiederhingenommen / vnd gleichsam vom Hertzen gerissen / inmassen das gemeine
sprichwort lautet / Kinder kommen von Hertzen / vnd gehen wieder zu Hertzen / je
hertzlicher geliebt / je schmertzlicher betrübt. Den̅ solches
Liebeband zwischen Elteren / Vater / Mutter vnd Kinder hat GOtt selber / alß ein
dreyfache Schnur geflochten / vnd in der erschöffung Elteren vnd Kindern an das
Hertz gehangen / vnd auch noch / jedoch in grosser Schwachheit / nach dem fall
der ersten Paradeiß Eltern erhalte̅ / auff daß wir den̅och darauß etzlicher massen abnemen / was es für ein nachtruck
habe / wenn Christus sagt Joh: cap. 3. Also hat GOtt die Welt geliebt / daß er
seinen eingebornen Sohn gab / auff das alle die an jhn gleuben nicht verloren
werden / sondern das ewige leben haben. Vnd Johannes in seiner ersten Epistel
cap. 4. Daran ist erschienen die liebe GOttes gegen vns / das Gott seinen
Eingebornen Sohn gesand hat in die Welt / daß wir durch jhn leben sollen.
Vnd darvmb ists auch nicht anders / wo ein Christliches Hertz in Elteren ist / da
wil sich dis Liebefewr nicht dempffen lassen / sondern gehets den lieben Kindern
wol / so lodert dassebe vber sich / das sich auch
|| [ID00006]
die Eltern von Hertzen erfrewen:
Gehets jhnen vbel / oder werden gar von dem Menschenwürger / dem zeitlich Tod
auffgerieben / so wils die Hertzen mit grosser trawrigkeit fast gar dempffen vnd
ersticken. Da der HErr das Kind David schlug / welches jhm Vrias Weib geboren
hatte / das es Tod Kranck ward / da lag er in dem Staub der Erden / vnd wolte
für grossem trawren weder Essen noch Trincken zu sich nemen. 2. Sam. 12. Alß der
junge Tobias von seinen lieben Eltern gen Rages in Meden abgefertigt wird / daß
er bey dem Gabel etzliche Schulden einmahnen sol / vnd er wegen seiner
vngehofften Hochzeit / vber zeit auff gehalten wird / daß er sich in bestimbter
frist zu Hause nicht wieder einstellen kan / da gereht beydes Vater vnd Mutter
darvber in grosse Trawrigkeit. Sonderlich aber stellet die Mutter ein hefftig
Weheklagen an / treibet ein Ach vnd Wehe vber das ander heraus.
Ach mein Sohn / ach mein Sohn / warvmb haben wir dich lassen Wandern / vnser
einige Frewde / vnser einiger Trost in vnserm Alter / vnser Hertz vnd vnser
Erbe. Wir hetten Schatzes genug gehabt / wenn wir dich nicht hetten weggelassen.
Tob. cap. 10. Da dem heiligen Ertz-Vater Jacob / vnd vberwinder GOttes die
trawrige Bottschafft zu Ohren kompt / alß solte sein liebster Sohn Joseph von
einem wilden Thiere zurissen seyn /
|| [ID00007]
vnd zum augenschein / den bunten Rock foller Bluts für sich sahe / da zerrieß
er seine Kleider / vnd leget einen Sack vmb seine Lenden / vnd ob wol alle seine
Söhne vnd Töchter aufftraten / jhn zu trösten / wil er sich doch nicht trösten
lassen / sondern spricht: Ich werde mit leid hinvnter fahren in die Gruben zu
meinem Sohn.
Obs nun aber natürlich vnd Christlich ist / Kinder mit heissen Zehren beweinen
vnd beklagen / wenn man sie verlieren muß / so ists dennoch billig / daß ein maß
dabey sey / daß wir nicht trawren wie die Heyden / die keine Hoffnung haben / 1.
Thess: 4. Die nicht weiter sehen / alß wie jhre Kinder / vnd sonsten werhte
Freunde gestorben seyn / sondern alß Christgleubige Menschen / die in jhr Hertze
hinein geschrieben / das herrliche Sprüchlein Christi / Johan. cap. 5. Warlich /
warlich / sag ich euch: Wer mein Wort höret / vnd gleubet dem / der mich gesand
hat / der hat das ewige Leben / vnd kommet nicht in das Gerichte / sondern er
ist vom Tode zum Leben hindurch gedrungen. Vnd sehen demnach dieselben nicht
allein auff das absterben / sondern durch den Tod hindurch in die Ruhe / dazu
die jhrigen durch den zeitlichen Tod kommen / haben auch eine gewisse Hoffnung
hernach zu folgen / vnd mit jhren Ehegenossen / Kindern / Eltern / Schwestern
vnd Brüdern etc. nicht hundert oder mehr Jahr zu leben / sondern ein ewigen
Sabbath vnd Jubel Jahr zuhalten.
|| [ID00008]
Solcher Trost nun / der kan hafften / da alle eusserliche Frewde / bey
trawrigkeit des Hertzen zu Wasser vnd Rauch werden muß. Denn er ist gegründet
auff dem Ja vnd Amens Wort GOttes / welches für allen anderen Büchern vnd
Schrifften / wie sie auch namen haben mügen / dieser Ruhm hat / das es sey ohn
Wandel / vnd er quickt die Seele / gewiß sey / vnd mache die albern weise /
richtig sey / vnd erfrewe das Hertz / lauter sey / vnd erleuchte die Augen:
Psal: 19. Ohn welchs wir auch die allerelendeste Creaturen weren vnter der
Sonnen. Denn so müssen wir vergehen in vnserem Elende. Psal: 119.
Darvmb nun / daß der Trost Göttliches Wortes / in die hochbetrübte Hertzen
eingehen / vnd darinnen hafften müge / habe ich für dißmahl das verlesene
Sprüchlein zuerkleren an die hand genommen: Dieweil darinnen kürtzlich viele
herrliche Gründe vnd Vrsachen sind zusammen gezogen / vnd etwas genawer
zubetrachten vns für Augen gestellet / womit man nemlich der grossen trawrigkeit
/ ob zeitigem absterben junger Leute vnd fürnemlich hertzlieben Kinder begegnen
solle vnd könne.
PARTITIO.
BEsser richtigkeit halbe̅ wollen wir erstlich anhören / wie man von
dem Tod frommer angehenden Christen Kinder recht halten vnd Vrtheilen solle.
|| [ID00009]
Zum Andern / was GOtt für vrsachen habe / darvmb er junge fromme Kinder vnd
Christen / auch in der zarten Kindheit mannigmahl durch den Menschen Fresser
auffreiben lasse.
Hievon etwas klärliches zuhandelen / wolle vns der Vater aller Gnaden verleihen
vnd mittheilen den Geist der Weißheit vnd des Verstandes / vmb JEsu Christi
seines eingebornen Sohns / vnsers einigen Mitlers vnd Seligmachers willen /
Amen.
Tractatio primae partis.
WAs nun das Erste belangen thut / gibt die Weißheit alhie zuverstehen / was es
vor junge Leute seyn / von welcher absterben alhie die frage vn̅
antwort sey / vnd nennet dieselbe Gerechte. Verstehet aber dadurch
keinerleyweise / eine angeborne vnd geerbte Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / davon
jhnen Calvinus vnd seine Spießgesellen treumen lassen / alß wenn die Kinder der
gleubigen Elteren von Geburt an / ja von der empfängnis heilig seyn / vn̅ in dem Gnadenbund GOttes stehen: Denn davon weis die gantze
heilige Schrifft vberall nichts / sondern zeiget viel mehr das gegenspiel:
Warlich / warlich ich sage dir / spricht Christus zu Nicodemo, Johan: cap. 3. Es
sey denn / daß jemand geboren werde / auß dem Wasser vnd
|| [ID00010]
Geiste / so kan er nicht in das
Reich GOttes kommen / was vom Fleisch geboren wird / das ist Fleisch / vnd was
vom Geist geboren wird / das ist Geist. Paulus zeuget Ephes: 2. Das beid Juden
vnd Heyden / das ist / alle Menschen von Natur Kinder des Zorns seyn. Vnd also
die Sünde vnd Vngerechtigkeit nicht allererst an vn̅ in jhnen
haben / durch verführung böser Exe̅pel / sondern durch die
natürliche empfengnis Geburt / vnd zwar so bald sie jhr Natur vnd Wesen
empfangen / ist dieselbe durch die Sünde vervnreiniget vnd verderbet / in massen
David klaget: Ps: 51. Siehe / ich bin aus sündlichen Samen gezeuget / vn̅ mein Mutter hat mich in Sünden empfangen. Vnd ob zwar der erste
Paradeiß Vater / Ada̅ nach dem Fall / durch die vhralte Eva̅gelische verheissung zu GOtt war bekehret worden / so zeuget er
doch Söhne vnd Töchter / die da ähnlich waren / nicht de̅
Göttliche̅ / darnach er erschaffen war Gen: 1. vnd durch die
Sünd verlohren hatte / Gen: 3. sondern de̅ sündlichen Bilde /
welches durch den fall in sein Hertz vnd in alle vnterste vn̅
oberste vermügen tieff eingepräget war. Gen: 5. Darvmb spricht auch Hiob in
seinem Buch cap. 15. Was ist ein Mensch / daß der solt Rein seyn / vnd dz er
solt Gerecht seyn / der vom Weibe geboren ist / Siehe / vnter seinen Heiligen
ist keiner ohn Tadel / vnd die Him̅el sind nicht rein für jhm /
wie viel mehr ein Mensch / der ein grewel vnd schnöde ist / der vnrecht seufft
wie Wasser. Verstehet darnach hie auch nicht
|| [ID00011]
eine eingegossene Gerechtigkeit /
oder newe Qualitet vn̅ Habitum, dadurch der Mensch in sich selbst
Gerecht vnd Heylig sey / wie auch nicht die Gerechtigkeit der Wercke / so
entweder der Mensch auß freyem Willen / den eusserlichen Gehorsam belangend /
oder auß eingeben / getrieb vnd hülff des H. Geistes / welcher den Wieder
gebornen geschencket / nach dem Gesetze Gottes verrichtet / wovon die Jesuiten
viel wesens / schreibens vnd schreiens machen / vnd nen̅en jene
justitiam habitualem, eine ein wonende Gerechtigkeit / diese aber justitia̅ actuale̅ eine wirckliche Gerechtigkeit. Den̅ die H. Schrifft / die hie allein reden muß / weiß vnd
beschreibet nur allein eine Rechtfertigung vnd Gerechtigkeit / die für Gott
gilt. (Act. 15. v. 11. Röm. 4. v. 33.) von dene̅ for gesagte̅ aber sagt Christus Matt. 5. Es sey den ewer Gerechtigkeit besser
/ den̅ der Schrifftgelerten vnd Phariseer / so werdet jhr nicht in
dz Him̅elreich kom̅en. Vnd der H. Apostel Paulus:
Ro̅: 10. sie erken̅en die Gerechtigkeit nicht /
die für Gott gilt / vnd trachten jhre eigene Gerechtigkeit auffzurichten / vnd
sind also der Gerechtigkeit / die für GOtt gilt / nicht vnderthan. Denn die
Gerechtigkeit / dadurch wir Gerecht werden / vnd für GOtt gelten sol: Muß in
allen Stücken vollkommen seyn / daß sie vor dem Gericht GOTTes bestehe / ohn den
allergeringsten mangel vnd gebrechen / wird auch also beschrieben / daß sie
nicht kom̅e aus dem Gesetze / sondern aus dem Evangelio / nicht
aus den Wercke̅ / sondern aus Gnaden / also
|| [ID00012]
daß die Gnade die Wercke / vnd
Wercke die Gnade in der Rechtfertigung auffhebe / daß sie nicht sey vnser eigen
(Phil: 3. vers. 9.) sondern bestehe gantz im Glauben / nicht in wercken / sey
aus GOtt / vnd nicht aus vns / in massen solchs alles Paulus bezeuget / Rom. 3.
4. Gal. 2. 3. Nun aber ist ja die Gerechtigkeit vnd Heiligkeit oder newer
gehorsam in vns / ja lang also nicht beschaffen: Die ist mit bösen lüsten /
Schwachheiten vn̅ Gebrechligkeiten / offtmahls auch mit
schwerlichen Sünden befleckt / wie Paulus lehret in seiner Epistel an die Römer
c. 7. vers. 14. vnd 8. vers. 3. Wir sind allesampt wie die Vnreinen / vnd alle
vnser Gerechtigkeit ist wie ein vnflätig Kleid / sagt Esaias c. 64. Kan demnach
auch für dem Gericht GOttes nicht bestehen / wie David lehret Psalm: 143. HErr
gehe nicht ins Gerichte mit deinem Knechte / denn für dir ist kein lebendiger
Gerecht / vnd Psal: 130. So du wilt / HERR Sünde zu rechnen / HErr wer wird
bestehen? Wird auch also beschrieben / daß sie vmbgehe mit dem Gesetz vnd mit
den Wercken / vnd sey also nicht aus dem Evangelio / bestehe auch nicht im
Glauben / sonder in den Wercken des Gesetzes / warvmb sie auch aus vns / ob sie
schon von GOTT gegeben ist. Denn der Apostel Paulus nennet alle Gerechtigkeit /
die aus dem Gesetze kömpt / vnsere in seiner Epistel an die Philipper cap. 3.
vnd setzet sie alda schnurstracks entgegen der waren Gerechtigkeit / die durch
den glaube̅ an Christo kömpt / vnd von Gott den glauben
zugerechnet wird.
|| [ID00013]
Darvmb nun / so mus es eine viele andere Gerechtigkeit seyn / welche alhie die
Weißheit wil verstanden haben / nemlich dieselbe / welche der heilige Geist
nennet justitiam Dei GOttes Gerechtigkeit / nicht wie GOtt die vnwandelbare
Gerechtigkeit wesentlich selber ist / vnd in allen seinen wercken Gerecht vnd
Warhafftig / sondern daß sie GOtt jhm wolgefallen vnd vor jhm gelten lasse / vnd
ist eine erfüllung des Gesetzes / darin GOtt seine Gerechtigkeit abgebildet hat
/ ohn allen mangel vnd gebrechen: Welche der HErr JEsus Christus GOttes vnd
Marien Sohn / auff das aller vollkommenste verrichtet vnd geleistet hat / daß
sie auch dannenher genennet justitia Christi / die Gerechtigkeit Christi /
welche durch das Wort vnd heilige Sacrament dem Glauben wird zugerechnet / vnd
zu eigen gegeben. Heist auch daher die Gerechtigkeit des Glaubens / vnd wird gar
herrlich vnd vollkom̅en nach allen Stücken beschrieben Röm: 3. Sie
sind alzumahl Sünder / vnd mangeln des Ruhms / den sie an GOtt haben sollen /
vnd werden ohn verdienst Gerecht / aus seiner Gnade / durch die Erlösung / so
durch Christo JEsu geschehen ist / welchen GOtt hat für gestellet zu einem
|| [ID]
Gnadenstuel / durch den Glauben in seinem Blut / damit er die
Gerechtigkeit die für jhm gilt / dabiete / in dem / daß er Sünde vergibt. Solche
Gerechtigkeit wird nun alhie von der Weißheit / denen zugeschrieben / welche
nach vnserm Vrtheil zu zeitlich sterben / das ist / jungen Leuten / ja jungen
Kinderen / welche in jhrer zarten Kindheit weggenom̅en werden:
Sintemahl sie in der H. Tauffe des newen Testaments / den HErrn Christum
angezogen. Gal. 3. Daß sie in seinem Verdienst vnd Gerechtigkeit für GOtt dem
Him̅lischen Vater gar zierlich vnd herrlich prangen können /
nicht anders alß in einem Königlichen Schmuck vnd Zierat / in massen sich die
gantze heilige Versamlung der Gleubigen verlauten lesset: Esa: c. 61. Ich frewe
mich in dem HErrn / vnd meine Seele ist frölich in meinem GOtt: Denn er hat mich
angezogen mit Kleidern des Heils / vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet.
Wie einen Breutgam mit Priesterlichem Schmuck gezieret / vnd wie eine Braut in
jhrem Geschmeide berdet.
Von diesen Gerechten vnd Heiligen Kinderlein / oder jungen hinsterbenden Leuten /
thut alhie die Weißheit selber diese aussag: Ob sie gleich zu zeitlich sterben /
vnd jhr abscheiden in der besten Blüt aus diesem Jammerthal von der Welt ein
vnzeitiger Tod geschetzet wird / so sollen wirs doch nicht dafür hal
|| [ID]
ten / alß wenn jhnen sonderlich wehe damit geschehe /
oder es sich auch also in der Warheit fur den Augen GOttes damit verhalte: Nicht
also: Denn Erstlich sein sie doch in der Ruhe / im Fried vnd Frewd in alle
ewigkeit. Ihr Jammer / Trübsal vnd Elend / ist bald kom̅ zu eim
seligen end. Dann selig sind die Todten / die in dem HErrn sterben von nun an
Apoc. 14. Zum Andern / ist jhr Tod in Warheit / vnd wenn mans recht nach GOttes
Wort betrachten wil / kein vnzeitiger / sondern ein gewünschter zeitiger Todt.
Denn da müssen wir vnsere Jahr vnd Alter subduciren vn̅ rechnen
nicht nach der zahl vnd vielheit der Jahren / denn so findet man auch Knaben vnd
Sünder von hundert Jahren / Esa: cap. 65. Sondern nach Klugheit vnd Frömmigkeit:
Denn das Alter ist Ehrlich / sagt die Weißheit weiter / nicht das langes leben /
oder viel Jahr hat / Klugheit vnter den Menschen / ist das rechte grawe Haar /
vnnd ein vnbefleckt Leben / ist das rechte Alter. Klugheit vnter den Menschen /
aber heist hie nicht Weltliche natürliche Weißheit / wie hoch jie auch jm̅er gebracht werde / wie auch nicht Weltliche Verschlagenheit oder
Vorsichtigkeit: Denn solche wird bey den Kindern vnnd anderen jungen Leuten
nicht gefunden / hat auch in GOTTES Wort von
|| [ID00016]
dem heiligen Geist wenig Ruhm /
sondern es ist der rechte lebendige vnd seligmachender Glaube / eine solche
Klugheit / davon der heiliger Apostel Paulus gar gern bekennet / daß sie eine
thorheit sey dieser Welt / aber doch mit diesem zusatz / das es sey eine
Göttliche Thorheit / eine heimliche verborgene Weißheit / welche keiner von den
Fürsten dieser Welt erkant habe. 1. Cor: 1. vnd 2. Vnd solche Klugheit / der
Glaube / ist in den Wiedergebornen Kindern / vnd sein demnach nach dem vrtheil
des heiligen Geistes Alt gnug / vnnd haben das rechte grawe Haar erlanget: Denn
sie gleuben an Christum den Sohn GOttes Matth: 18. Vnd das Himmelreich ist jhr /
nach der aussag Christi Marc: 10. Lasset die Kindlein zu mir kommen / vnd wehret
jhnen nicht / denn solcher ist das Reich GOttes. Warlich ich sage euch: Wer das
Reich GOttes nicht empfähet / als ein Kindlein / der wird nicht
hineinkommen.
Vnbeflecket leben aber / welches das rechte Alter heist hie / nicht ein gantz
Him̅lisches vnd Engel reines Leben / welches kein Mensch in
diesem Jammerthal erreichen mag / sintemahl dis allerheiligen gemeine klag vnd
sag ist / was 1. Joh. 1. geschrieben stehet: So wir sagen: Wir haben keine Sünd
/ so verführen wir vns selbst / vnd die Warheit ist nicht in vns / vnd bezeugens
noch an den kleinen Kinderen jhre mannigerley anfälle / wie auch der
vberrauschende Tod / daß sie noch Sünde haben / welche im Tod vnd Toden
|| [ID]
gräbern müsse follend vertilget vnd gantz
außgewurtzelt werden. Sondern es heist alhie ein vnbeflecktes Leben / da alle
Sünde vergeben vnd mit dem verdienst vnd gehorsam JEsu Christi zugedecket seyn /
vnd das Gewissen nicht mit mutwilligen Sünden wieder beschweret vnd
vervnreiniget ist: Denn davon sagt Paulus Röm: cap. 8. Wo jhr nach dem Fleisch
lebet / so werdet jhr sterben müssen / wo jhr aber durch den Geist des Fleisches
Geschäffte Tödtet / so werdet jhr leben. Weil demnach die Kinder in jhren
Kindlichen vnd vnmündigen Jahren / wieder das Gewissen sich mit mutwilligen
Sünden noch nicht vervnreinigen / Siehe / so wird jhnen der angeborne Erbschade
vnd dessen vnwissentliche regung vnnd bewegung / mit dem Gnaden-Mäntel zugedeckt
/ vnd sein vnbeflecket in GOTTes Gnaden Gericht / vnd haben also auch das rechte
Alter / daß sie jmmer da seligen abscheiden können. Darvmb auch David jhnen ein
solch Zeugnis gibt / deß gleichen man kaum von Alten zu finden hat: Psalm: 8.
Aus dem Munde der jungen Kinder / vnd Seuglinge hastu eine Macht zugericht / vmb
deiner Feinde willen / daß du vertilgest den Feind vnd den Rachgierigen. Der
heiliger Apostel Paulus weiset vns zu den Kindern / daß wir jhnen an der Bößheit
gleich werden sollen / 1. Cor: 14. Christus thut einen Eydschwur: Matth: cap.
18. Warlich / ich sage euch: Es sey denn / daß jhr euch vmbkehret / vnd werdet
wie die Kinder / so werdet jhr nicht ins Him̅elreich kom̅en.
|| [ID00018]
Aus den erklärten Worten / haben wir zu vnserem Intent nicht in vergessen
zustellen / daß wir alle dem zeitlichen Todt vnterworffen / auch in den
allerersten Jahren / vnd niemand seine Zeit wisse. Denn solte jemand für dem
Menschenwürger gefreyet seyn / so muste es ja der Gerechte seyn / weil die Sünde
des Todtes Stachel hinweggenommen ist: Aber da sagt hie die Weißheit / das auch
der Gerechte zu zeitlich sterbe / oder in der zartesten Kindheit hinweggerissen
werde. Denn es wird vnd mus bleiben / wie GOttes Gerechtigkeit vnd Warheit
einmahl gesetzet: Du bist Erden vnd solt zur Erden werden. Darauff die Epistel
an die Hebreer siehet cap. 9. Mit diesen Worten: Wie gesetzet ist einmahl zu
sterben / vnd hernach das Gerichte: Also ist Christus einmahl geopffert
wegzunemen vieler Sünde. Vnd Syrach cap. 14. Alles Fleisch verschleist wie ein
Kleid / denn es ist der alte Bund / du must sterben. Gleich wie die grünen
Bletter auff einem schönen Bau̅ / etliche abfallen / etliche
wieder wachsen: Also gehets mit den Leuten auch / etliche sterben / etliche
werden wieder geboren. Vnd Hiob cap. 14. Der Mensch vom Weibe geborn lebet eine
kurtze zeit / vnd ist voller Vnruhe / gehet auff wie eine Blum / vn̅ fellet ab / fleucht wie ein Schatten / vnd bleibet nicht. Vnd solchs rüret
alles von der Sünde her / wie Paulus lehret an Röm: cap. 5. Wie durch einen
Menschen die Sünde ist kommen in die Welt / vnd der Tod durch die Sünden / vnd
ist also der
|| [ID00019]
Tod zu allen
Menschen durchgedrungen / dieweil sie alle gesündiget haben. Wann dann auch die
Kinderlein nicht ohne Sünde seyn / sondern Fleisch vom Fleisch geborn. Joh: 3.
außsündlichen Samen gezeuget / Ps: 51. Können sie auch nicht für dem Tod sicher
seyn / sondern müssen den alten Bund halten / wenn GOtt zeit vnd ziel bestimmet
vnd gestecket hat.
Dar vmb so sein solche kleine Kinderlein / wenn sie nach vnserem Vrtheil zu
zeitlich sterben / vnsere Bußpredige / vnd ruffen vns zu / auß jhrem
Todtenkästlein: Gestern wars an mir / heute ists an dir. Syr: cap. 38. Vnd aus
den Sprichwörtern Salomonis cap. 27. Rühme dich nicht des morgenden Tages /
den̅ du weissest nicht / was heut sich begebe̅
mag. Der Mensch weis seine zeit nicht / sagt der Prediger Salom: c. 9. Sondern
wie die Fisch gefangen werden mit einem schädlichen Hamen / vnd wie die Vogel
mit einem Strick gefangen werden / so werden auch die Menschen berückt zur bösen
zeit / wen̅ sie plötzlich vber sie fället. Vnd solchs beken̅ete der from̅er vnd H. Isaac / da er sagte: Gen.
27. Ich bin Alt worden / vnd weis nicht / wenn ich sterben sol. Vnd alle fromme
gleubige Kinder GOTTes / habens auch nicht leichtlich aus den Augen gesetzet /
sondern GOtt gebeten / er wolle durch seinen Gnadengeist / solche
sterbenßgedancken in jhnen erwecken vnd anzünden. So betet David Ps: 39. HErr
lehre doch mich / das ein ende mit mir haben mus / vnd mein Leben ein ziel hat /
vnd
|| [ID00020]
ich davon mus / Siehe / meine
Tage sind einer Hand breit bey dir / vnd mein Leben ist wie nichts für dir / wie
gar nichts sind alle Menschen / die doch so sicher leben? Vnd der werthe Mann
GOttes Moses Ps: 90. HErr lehr vns doch bedencken / daß wir sterben müssen /
auff daß wir Klug werden.
Vnd das wir vns in solcher Klugheit / vnd in solchem Gebet vmb Christlich
sterbenßgedancken fleissig vben / dazu vermanet vns Syrach in seinem Büchlein
cap. 14. O Mensch gedencke / daß der Tod nicht seumet / vnd du weist ja wol /
was du für einen Bund mit dem Todt hast. Es ist der alte Bund / du must
sterben.
Demnach aber nichts gewissers denn der Todt / vnd nichts vngewissers denn zeit /
ort vnd art des Todtes / so ist auch bald rechnung zumachen / wie hoch noht vns
sey / daß wir in steter bußfertigkeit vnd bereitschafft zum seligen
Sterbstündlein befunden werden / denn es ist gesetzt einmahl zu sterben / vnnd
hernach das Gericht: Heb: 9. Da müssen wir alle Offenbar werden / für dem
Richterstuel Christi / auff daß ein jeglicher empfahe / nach deme er gehandelt
hat / bey Leibes leben / es sey gut oder böse. 2. Cor. 5. Da ist hinfort kein
zeit mehr / nemblich zur Busse vnd Besserung / schweret der Engel bey dem
Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit / der den Himmel geschaffen hat / vnd was
drinnen ist / vnd die Erde / vnd was drinnen ist. Apoc. 18. Darvmb verzeuch
nicht dich zu dem HERrn zubekehren / vnd
|| [ID00021]
schiebe es nicht auff / von einem
Tage auff den andern / denn der Zorn kömpt plötzlich / vnd wirds rechen / vnd
dich verderben / sagt Syrach cap. 5. Spare deine Busse nicht / biß du Kranck
werdest / sondern besser dich / weil du noch Sündigen kanst. Verzeuch nicht
fromb zu werden / vnd harre nicht mit besserung deines Lebens biß in den Tod.
Gedencke an den Zorn / der am ende kom̅en wird / vnd an die Rache
/ wenn du da von must.
Wenn ein Christen Mensch schon noch viel hundert Jahr zu leben hette / oder mit
dem alten Simeone vnnd König Hißkia / aus sonderbahrer Göttlicher Offenbahrung
die zeit seines Lebens wüste / so solte er sich dennoch nicht ein eintziges
Stündlein in Vnbußfertigkeit befinden lassen. Denn Vnbußfertigkeit ist nicht
anders / alß ein Läitstrick des leidigen Teuffels / damit er vns leitet vnd
ziehet in abgrund der Hellen hinein. Quanto diutius praedam aliquam obtinet,
tanto aegrius dimittit. Je lenger einer sich darinnen reiten vnnd treiben lesset
/ ja tieffer vnd härterer darinnen gebunden wird / daß er mit grosser mühe kaum
wieder loß gemachet werden kan. Dahin denn siehet das Spüchlein Jerem: cap. 13.
Kan auch ein Mohr seine Haut wandelen / oder ein Pardel seine Flecken? So könnet
jhr auch gutes thun / weil jhr des bösen gewohnet seid. Darvmb lasset ewer
Lenden vmbgürtet seyn / vnd ewre Liechter brennen / vnd seit gleich den Knechten
/ die auff jhren HErrn warten / wenn er auffbrechen wird von
|| [ID00022]
Hochzeit / auff das / wenn er
kommet vnd anklopffet / sie jhm bald auffihun / selig sind die Knechte / die der
HErr / so er kompt / wachend findet: Warlich ich sage euch: Er wird sich
auffschürtzen / vnd sie zu Tische setzen vnd für jhnen gehen vnd jhnen Dienen /
sagt der Sohn GOttes Luc: cap. 12.
Darnach so haben wir auch hie zu mercken / das kein frommer vnd gleubiger Mensch
zur vnzeit oder zu frühe sterben könne. Die Falschen vnd Blutgierigen bringen
zwar jr leben nicht zur helffte / wie David lehret Ps: 55. Vnd viele Exempel
zeugen: Aber die Kinder GOttes bleiben in jhrem Beruff vnd Stand / vnd erwarten
von der Hand des Allerhöhesten / was er jhnen für Glück oder Creutz
eingeschencket habe / vnd sagen mit David: Ps: 31. Meine zeit HErr stehet in
deinen Händen: Dar vmb geschehe / OHErr dein Väterlicher Wille an mir vnd alle
den Meinen.
Welchs denn auch junge Leute nicht ausser der acht zu lassen / wenn sie das von
Gott gesteckte Ziel jhres lebens erreichet haben / daß sie wieder GOtt nicht
vngedültig werden / sondern mit dem alten Simeone nicht eine Minuten lenger zu
leben begeren / vnd sagen / HErr nun lessestu deinen Diener im Friede fahren /
wie du gesagt hast. Mit der Christlichen Kirchen frölich singen vnd sagen:
Wenn mein Stündlein verhanden ist / Vnd sol hinfahren mein Strasse.
|| [ID]
So gleit du mich HErr JEsu Christ / Mit hülff mich nicht
verlasse / Mein Seel an meinem letzten End / Befehl ich HErr in deine Händ / Du
wirst sie wol bewahren.
Wie kan auch weiter dessen Todt für vnzeitig gerechnet werden / der ein ehrlich
Alter erreicht hat? Solch Alter aber / erreichen auch die jungen Kinderlein /
wenn sie in JEsum Christum getaufft seyn / wie wir zuvor bewiesen haben. Vnd
sein eben dieselbe zum seligen Sterbstündlein viel geschickter vnd zeitiger /
den̅ die Alten / Gelt vnd Weltkinder / die in Vnbüßfertigkeit
dahin gehen / GOtt vnd sein heiligs Wort verachten. War vmb alle fromme
Christliche Elteren müglichen fleiß sollen anwenden / daß sie jhre Kinder
aufferziehen in der Zucht vnd Vermahnung zum HErrn / vnd anweisen zum heiligen
Catechismo / als zu der rechten Klugheit / vnd einem vnbefleckten vnd
tugentsamen Leben / damit sie in einem solchen ehrlichen Alter mügen jmmer
fölliger vnnd fölliger werden / auch endlich / wenns GOTT gefelt / kurtz oder
lenger / alß welche bald vollkommen werden / von hinnen fahren ins rechte
Vaterland / vnd die Seligkeit ererben.
Auch sollen junge Leute deßhalben sich gerne vnnd williglich ziehen lassen / weil
sie hören / daß ein Gleubiger wollerzogener Mensche / ein solch herrliches Lob
von dem heiligen Geist hat /
|| [ID00024]
daß
er auch in seinen jungen Jahren / ein recht ehrliches Alter habe / vnd demnach
alle stunde / an allen orten / auff alle maß seliglich von hinnen scheiden
könne. Vnd wenn schon sein sterben für ein vnzeitiges sterben gehalten wird /
daß jhm dennoch solchs niemahls weder später noch zeitiger besser vnd
gewünscheter hette kommen können: Denn ein solcher Tod im ehrlichen vnd rechten
Alter ist nicht allein ehrlich in GOTtes Augen / sondern auch herrlich / wie
David davon saget Psalm: 116. Der Tod seiner Heiligen ist währt gehalten für dem
HErrn.
Es nennet zwar der heilige Geist / die zeit des Todes der Vngerechten vnd
Gottlosen / wenn sie plötzlich berücket werden / eine böse Zeit oder Vnzeit /
dieweil sie keinen Verstand / keine seligmachende Erkentnis GOttes vnd Glauben
an Christum haben / vnd davon müssen wie ein Viehe / vnd durch den Todt
gestürtzet werden in das erschreckliche Angstloch des ewigen Todtes / da sie
liegen in der Helle wie Schaffe / vnd der Todt sie naget vnd plaget ewiglich.
Psalm. 49. Aber solchs kan vnd muß von den Gerechten nicht gesagt noch gedacht
werden / denen ist vielmehr der zeitliche Todt ein gewünscheter beschlus vnnd
endung alles Trübsals / aller Angst vnd Arbeit / aller Vnruhe vnd Streits auff
dieser Welt. Vnd dagegen ein frölicher eingang zur Himmlischen Frewde / Friede /
Ruhe vnd Sicherheit wieder Welt / Sünde / Todt vnd Teuffel.
|| [ID00025]
Denn so spricht alhie die
Weißheit: Der Gerechte / ob er gleich zu zeitlich stirbet / ist er doch in der
Ruhe / stehet in jhrer Sprache. Vnd deutet damit auff
den fürtrefflichen Wechsel / denen die Gerechten in jhrer Heimefahrt thun. Denn
was ist diß leben anders / denn ein stehtwerende Vnruhe? Der Mensch vom Weibe
geborn / lebt eine kurtze zeit / vnd ist voller Vnruhe Hiob cap. 14. vnd cap. 7.
Muß nicht der Mensch jmmer im streit sein auff Erden / vnd seine Tage sind wie
eines Taglöhners? Es ist ein elend jammerlich ding vmb aller Menschen leben /
von Mutterleibe an / biß sie in die Erde begraben werden / die vnser aller
Mutter ist. Da ist jm̅er Forcht / Sorge / Hoffnung vnd zu letzt
der bitter Tod / sagt Syrach cap. 40. Vnser leben weret siebentzig Jahr / wenns
hoch kompt / so sinds achtzig / vnd wenns köstlich gewesen / so ists Mühe vnnd
Arbeit gewesen. Spricht der Mann GOttes Moses im 90. Psalm. Daher auch der alte
Kirchenlehrer Nazianzerus sagt: Nascimur in luctu, vivimus in labore, &
tandem morimur in dolore, das ist / in Bekümmernis werden wir geborn / in Mühe
vnd Arbeit leben wir / vnd mit Schmertzen müssen wir endlich gar davon.
Vnd ob wol solchs war ist / von allen Menschen ins gemein / so haben doch die
Gerechten allewege mehr Creutz vnd Trangsals / denn die Gottlosen / wie David
|| [ID00026]
vnd Jeremias klaget Psal: 73.
Jerem: 12. Denn der mus jmmerda in grosser Vnruhe zu Felde liegen wieder seine
Feinde / die er hat in sich / an sich / vmb sich / zur Rechten vnd zur Lincken /
für sich / hinter sich / vber sich / vnter sich: In sich hat er die sündliche
Lüste / viel Geistlicher Finsternis / viel schädlicher Affecten, welche jmmerda
wie ein siedend Topff gischen / scheumen vnd vberlauffen / vnd dem Menschen
keine Ruhe lassen. An sich schlept er den bawfälligen Leib / mit so viel
Kranckheiten / Seuchen vnd Schmertzen / das es recht heist: Quot membra sunt tot
mortes: Vmb sich hat er die böse Welt des Teuffels Braut / mit allen bösen
Geistern / die jhn zu aller Vntugend vnnd Schande anreitzen / vnd da er nicht
gerne folgen wil / auffs allererbärmlichste Schmehen / Plagen vnd Betrüben. Zur
Rechten stehet das Gesetz / fordert Rechnung von jhm vnd Bezahlung des
vollkommen Gehorsams. Zur Lincken verklaget jhn der Sathan / Für sich hat er den
Todt / deme er gleichsam noch in Mutterleibe vnter Augen laufft. Hinter jhm hat
er des Gesetzes Fluch / als einen steckendes Treibers. Vber sich dencket er mit
grosser Schwermütigkeit an den brennenden Zorn GOTTES. Vnter sich an den
auffgesperreten Hellenrachen / vnd an das ewige Hellische Fewr.
Vnnd ob er wol alle solche Anfechtung im
|| [ID00027]
Glauben durch CHRISTVS Blut
Ritterlich vberwindet / so geschihets doch mit täglichem vnnd schwerem Kämpffen
vnd Streiten / die kein ende nimpt / denn durch vnd in dem Tode.
Da sagt nun hie die Weißheit / so bald die Seele von jhrem sterblichem Leichnam
auffgelöset / vnd von dem bösen wesen dieser Welt abgesondert sey / da habe sie
nicht mehr zu Thurnieren vnd zu Streiten / sondern sey im Friede vnd in der
Ruhe. Vnd cap. 3. der Gerechten Seelen sind in GOTTES Hand / vnd kein Qual
rühret sie an / für den Vnverstendigen werden sie angesehen / alß stürben sie /
vnd jhr Abscheid wird für ein Pein gerechnet / vnd jhr Hinfart für ein Verderben
/ aber sie sind im Friede. Welches auch lehret der Prophete Esaias cap. 56. Die
Gerechten werden weggerafft für dem Vnglücke / vnd die Richtig für sich
gewandelt haben / kommen zum Friede. Vnd damit wir ja nichts dran zuzweiffelen
hetten / hat es auch ein Stimm vom Himmel dem heiligen Evangelisten vnd Aposteln
Johannis Offenbahrn müssen / zu dem ende / daß ers vns auch Communiciren solte:
Denn so stehet Apoclip: 14. Ich höret eine Stimme vom Himmel zu mir sagen:
Schreib / selig sind die Todten / die in dem HErrn sterben von nun an. Ja der
Geist spricht / daß sie ruhen von jhrer Arbeit.
|| [ID00028]
Derwegen ists vber die massen viel vnd eine grosse Wolthat die den Gerechten /
das ist / den Gleubigen im zeitlichen Todt wiederfähret / vnd so viel grösser
vnd höher / so viel ehe vnd zeitiger. Denn da kömpt er zur Ruhe / vnd weis von
keiner Sünden / von keiner Leibß-Kranckheit / von keinem schrecken / von keiner
Angst mehr zu sagen.
Sondern / wie es die lieben Alt Väter erklären / es gehet jhm / wie einem zarten
Kindlein / wenns mit weinen vnnd schmertzen aus der engen Mütterlichen Herberge
herfür dringet / da kömpts der Hebamnen in die Hand / wird in den Schos gelegt
vnnd in sanffte Windelen gewickelt / das es wol ruhe vnd die außgemattete
Kräffte erhole.
Also kömpt auch des Gerechten Seele aus der engen Hütten des sterblichen vnd
verwäßlichen Madensacks / in die allmechtige Hand GOttes / Psalm: 31. Vnd dem
Samen Abrahams JEsu Christi in seinen Schos / Luc: cap. 16. Vnd wird gleichsam
mit frewden eingewickelt / daß sie ruhet vnd alles Trübsals ergetzet wird. In
sich empfindet sie nicht mehr eine zuneigung zur Sünde / noch jrrgend eine
fleischliche Lust / sondern eitele Heiligkeit / Weißheit / Gerechtigkeit vnd
allersüsseste einwohnung der heiligen Dreyfaltigkeit. An sich schleppet sie
nicht mehr den Wurmstechigen Madensack / sondern hat jhn abgelegt in den Staub
des Todes mit allen Schmertzen / vnd erwartet einen spannewen
|| [ID00029]
Leib ohn allen Schmertzen / Ach
vnd Wehe / der einlich sey dem erklärten Leibe JEsu Christi. Vmb sich sihet sie
kein böse vnnd verfürische Welt / keine grawsame Bluthunde vnd Eyfenbeiser /
kein Ketzer vnd Schwermer / kein böse Geister vnd dergleichen / da höret sie
kein Stürm noch Donner / etc. Sondern die heiligen Fron-Geisterlein vnd Kinder
GOttes / siehet sie allenthalben vmb sich / vnd höret den gantzen Him̅el Triumphiren / vnd GOtt das Gloria in excelsis Deo, Sanctus,
Sanctus, Sanctus Dominus Zebaoth, singen. Zur Rechten ist das Gesetz still /
weil sie jhr Kleid in dem Blut des Lambs GOttes gewaschen vnd hel gemacht hat
Apoclip: 7. Zur Lincken darff sich der hellische Leviathan nicht regen / weil er
verstossen vnd mit den Ketten der Finsternis gebunden ist. Für jhr ist eitel
lieblich Wesen / Frewde vnd Wonne / weil der Todt vberwunden / vnd im Sieg
verschlungen ist / vnd der Seelen zu gut im Grabe die Sünde follend auffreiben
vnd verderben mus. Hinter jhr ist kein Fluch des Gesetzes / sondern eitel Him̅lischer Segen / wie David zuverstehen gibt / Psal: 23. Gutes vnd
Barmhertzigkeit werden mir folgen mein lebenlang / vnnd werde bleiben im Hause
des HErrn jmmerdar. Vber jhr brennet GOtt von lauter liebe. Ist jhr die liebe
selber / das freundlichst / holdseligst / allersüssest / allerwerthest vnd
angenemeste / das aller anmutigst vnd fröligst. Das allerlieblichst vnd
krefftigst / vnd in Summa omnia in omnibus, alles in
|| [ID00030]
allen 1. Corinth: 15. Vnter jhr
ist die Helle versperret vnnd eine grosse Klufft befestiget / das in alle
ewigkeit keiner von den ausserwehlten Kindern GOTTES sol in den tieffen ort der
Qual vnd ewigen Verdamnis hinabgestürtzet werden Luc. cap. 16.
Den Leichnam betreffend / davon die Seele / als aus einer sterblichen Hütten
außgewischen ist / liegt zwar derselbe da Stein Todt / reget sich nicht / höret
nicht / schmecket nicht / siehet nicht / fület nicht / ist nicht besser denn ein
stinckend Aaß / vnd eilen die allerliebsten Freunde selbsten / wiewol mit
vergiessung vieles Augenwassers / damit zum Hauß hinaus in die finstern Erden /
da er von Würmen vnd Schlangen gefressen / ja zu Staub vnd Aschen wird. Aber
dennoch hats mit demselbigen / vberal keine noht. Er ist auch in seinem
Ruhebette / in seiner Schlaffkammer / darinnen er nicht bleiben / sondern an dem
frölichen Morgen des lieben jüngsten Tages erwachen vn̅
herfürgehen wird / wenn alle Trübsal vnd Trangnüs dahin ist. Wie geschrieben
stehet / Esa: 26. Gehe hin mein Volck in eine Kammer / vnd schleuß die Thür nach
dir zu / verbirge dich ein klein Augenblick / biß der Zorn fürvber gehe. Er
liegt da / wie ein edles Weitzenkörnlein in GOttes Acker and Würtz Gärtlein / da
die lieben heiligen Engel selber die Hüter vnd Wechter seyn / auff das er wieder
herfürgehe / vnd bis in den Himmel hineinwachse / vnd Him̅lische
Garben vnd Früchte bringe / wie das
|| [ID00031]
gleichnis Christi dahin gehet Joh: c. 12. Warlich / warlich ich sage euch /
es sey denn / daß das Weitzenkorn in die Erde falle / vn̅ ersterbe
/ so bleibets alleine / wo es aber er stirbet / so bringets viel Früchte. Wie
schendlich demnach der Leib verweset / so muß er doch nicht allein wieder herfür
/ sondern auch anziehe̅ das Vnverweeßliche / wie tieff er auch in
den Tod sincket / dz er gar zu Staub vnd Aschen wird / so muß er doch nicht
allein wieder vo̅ Tod aufferstehen / sondern anziehen die
Vnsterbligkeit / wie elend jhn auch die Schlangen / Kröten vnd andere Würme
zerzerren vnd zerfressen / so können sie jhm doch nichts nemen / denn nur den
Sündengifft / sterbligkeit vnd nichtigkeit vollend abzehrn vnd aussaugen / damit
er rein / gesund / vnbefleckt / vnverweßlich / clarificirt vnd ein geistlicher
Leib wieder aufferstehe / wenn er selbs der HERr mit einem Feldgeschrey vnd
stim̅ des Ertz-Engels / vnd mit der Posaunen GOttes vom Himmel
ernieder kommen wird.
Sehet / Geliebte Christen / so träfflich wol ists in dem H. Wort GOttes / vns
armen Sünden Würmlein zu Trost / verfasset vnd gegründet / was hie die Weißheit
mit wenig Worten aussagt: Der Gerechte / ob er schon zu zeitlich stirbet / ist
er doch in der Ruhe / ja was der heiliger Apostel Paulus sagt CHRISTVS ist mein
Leben / sterben ist mein Gewinn. Wovon auch der Gottselige Münch Bernhardus
seine
|| [ID00032]
gedancken hat: Mors est
bona, melior, optima. Bona propter requiem, melior propter novitatem, optima
propter securitatem. Der Tod ist gut / wegen der Ruhe / besser / wegen der
gäntzlichen ernewerung Der allerbeste / wegen der sicherheit vnd befreyung für
allem vbel.
Wenn nun solches ein Christgleubiges Hertz / fein andechtig bey jhm bedencket /
kans in Warheit ohn sonderbahre Frucht nicht abgehen / sondern es gehet drinnen
auff Trost vnd Stärcke des heiligen Geistes wieder alle schwermütigkeit / ob dem
Todt so wol vnser selbst / alß der Vnserigen / die vns Lieb vnd Werht seyn. Je
zeittiger vnnd ehe dich oder die Deinen / dein HErr Christus / dein Gnaden vnd
Ehren König / durch den Tod abholen lässet / ja zeitiger vnd ehe jhr aus der
Vnruhe dieses Jammerthals gelanget / vnnd kommet an Leib vnd Seel zur Ruhe /
Friede vnd Frewde. Wie grewlich vnd erschrecklich auch sonsten der abgefertigte
Bote / alß ein Leutfresser vnd Menschenwürger anzusehen ist / so mus er vns doch
ein wilkommener gewünscheter Gast seyn / wenn wir vns an die Brieff / das ist /
an Christi Wort fest halten / vnd an den Seligen abwechsel / denen wir im
absterben erlangen. Hiedurch werden die sieben Brüder 2. Maccab. 7. dermassen
mit frewd des heiligen Geistes erfüllet / daß sie viel ehe vnd lieber die
allergrawsameste Marter vnd Pein wolten außstehen / dann dem Tyrannen wieder
GOtt gehorche̅ / vn̅ der allerjüngste / deme dis
doch ein vnzeitiger
|| [ID00033]
Todt am
allermeisten hette düncken mügen / erwartet sein mit Frewden vnd spricht:
Worauff harret jhr: Gedencket nur nicht / daß ich dem Tyrannen hierinnen
gehorsam sein wil. Die Mutter selbsten / ob sie wol jhre Söhne alle sieben auff
einen Tag nacheinander Marteren sahe / tröstete sich dennoch / fasset ein
Mänlich Hertz / vnd ermunterte sie zur Bestendigkeit / vnd redete sonderlich dem
Jüngsten zu: Stirb gerne wie deine Brüder / daß dich der gnedige GOtt sampt
deinen Brüdern wieder lebendig mache / vnd mir wieder gebe. Da lest sich die
Krafft Göttliches Wortes Augenscheinlich sehen / vnd mit klaren Worten hören /
nicht anders / alß wenn sie mit David da frey öffentlich bekennet hetten: Ps:
119. Wo dein Gesetz nicht mein Trost gewesen were / so were ich vergangen in
meinem Elend.
Derowegen sollen wir solchen heiligen Menschen GOttes folgen / die Augen vnd
Hertzen von der eusserlichen scheußlichen Gestaldt des Todes abwenden / vnd aus
GOttes Wort recht betrachten / zu was ende er zu vns abgefertiget sey / nemlich
daß wir kommen aus der Vnruhe zur Ruhe / auß diesem Jammerthal in den Him̅lischem Frewdensahl / auß dem Reich des Glaubens / in das Reich
des anschawens. Welches dann keinem rechten Christen Menschen / weder an jhm
noch an seinen allerbesten Freunden zu zeitig wiederfahren
|| [ID00034]
kan / sintemahl solchs der
Christen einiges Begird vnd Verlangen / einiges Erbtheil / welches jhnen jhr
Heyland vnnd Seligmacher JEsus Christus / so thewer durch sein Blut vnd Tod hat
wieder erwerben müssen.
Geschihets dennach / daß du etwan deinen lieben Elteren / deinem hertzliebsten
Ehegenossen / deinem Kinde / daß dir die tausent Frewde gemacht hat / mit
thränenden Augen den letzten Kuß alhie auff Erden geben must / wie Joseph seinem
Vater Jacob that / Gen: 49. So trawre wie / Christen / die Hoffnung haben /
gönne jhm von Hertzen grund / dz er so bald in dz ewige Frewde̅
Paradeis zu solcher Ruhe gelange̅ mag / für welcher Augenblick er
nicht die gantze Welt neme / mit alle jhre̅ Königreichen / Gewalt
/ Pracht vnd Herrligkeit. Vnd erwarte mit hertzlichem verlangen vnd sehnlicher
bereitung / daß du auch erstes Tages hinnach folgen mügest / dein vorhingesante
Eltern / Ehegenossen / Kinder oder Freunde / so im Glauben an Christum gestorben
/ im Himmel wieder sehen / vnd mit jhnen in volkommener Him̅lischer Liebe vnd Frewde leben / vnd GOtt loben ohn auffhören Ewiglich.
Tractatio secundae partis.
NAch dem wir nun aus GOTTES Wort vernommen / mit was Augen wir Christen Menschen
/ auch junger Leute Todt sollen ansehen / wollen wir zum anderen schreiten vnnd
mit
|| [ID00035]
weinigem Gottseliglich lernen
/ was der allweise gnediger Vater im Himmel doch für vhrsachen habe / warvmb er
so mannigmahl mit jungen Leuten / mit zarten Kindlein aus dieser Welt
hinwegeilet? Dere̅ giebt vns alhier die Weißheit etzliche
namhaffte / welche auch foller Trost seyn / damit betrübte Elteren jhre trawrige
Hertzen / ob der jhrigen Abscheid erlaben vnd erquicken können.
Einmahl führet sie die Weißheit auff GOttes Heiligen vnd gnedigen willen. Denn er
gefellet GOtt / vnd ist jhm lieb / sagt der Text / vnd hernacher. Seine Seele
gefellet GOTT darvmb eilet er mit jhm aus dem Leben. Daß sein tröffliche Wort /
vnnd geben zweyfachen Trost: Denn Erstlich mercken wir / daß vnsere Kinder (wie
wir auch zu vnser zeit) nicht ohn gefehr Todes verfahren / sondern nach GOttes
willen fahren sie dahin / der eilet mit jhnen davon / der lesset die Menschen
sterben vnd spricht: Kompt wieder jhr Menschen Kinder. Welches David bekennet /
wenner saget Ps: 31. Meine zeit stehet in deinen Hände̅. Vnd Hiob
cap. 14. der Mensch hat seine bestimbte zeit / die Jahr seiner Monden stehet in
deinen Händen / du hast jhm ein Ziel gesetzet / dz wird er nicht vbergehen. Vnd
noch einmahl David Ps. 139. deine Augen sahen mich / da ich noch vnbereitet war
/ vnd waren alle Tage auff dein Buch geschrieben / die
|| [ID00036]
noch werden solten / vnd
derselben keiner da war. Demnach sollen ja keine Elteren solchen gedancken raum
vnd statt geben / alß wenn jhnen für andern etwas seltzames begegnet wer. Nein:
Es ist also GOttes wille / daß die seinen oder seine Heiligen wunderbarlich
geführet werden / daß sie durch viel Trübsal / Angst vnd Noht in das Leben
eingehen / jhr Gebet / Gedult / Glaube vnd Hoffnung bald an jhnen selbst / bald
an jhren Haab vnd Gütern / bald an jhren hertzliebsten Kinderen / davon sie die
tausent Frewde hatten / vnd noch mehr erwarteten / probiret vnnd bewehret werde.
Dann gleich wie das Gold durchs Fewr / also werden die / so GOtt gefallen /
durch das Fewr der Trübsal bewehrt / sagt Syr: c. 2. Das erkennete wol der
gedültige Mann GOTTes Hiob: Denn ob er wol auff einen Tag aller seiner Güter vnd
Kinder / sieben Söhne vnd drey Töchter beraubet ward / so sahe er doch auff GOtt
vnd sprach: Der HErr hats geben / der HErr hats genommen / Sintemahl jhm /
seinen Kindern / seinen Gütern der hellische Mordräuber / ohn GOttes verhengnis
nicht auff ein einiges Haarbreit hette beykommen mügen / wie er selber bekennen
mus / da er zu GOtt saget cap. 1. Meinest du / das Hiob vmbsonst GOtt forchte?
Hastu doch jhn / sein Hauß vnd alles was er hat / rings vmbher verwahret. Denn
wie david saget: Ps: 34. Der Engel des HErrn lägert sich vmb die her / so jhn
fürchten / vnnd hilfft jhnen aus. Vnnd Christus dahin deutet
|| [ID00037]
Matth: cap. 10. Kaufft man nicht
zween Sperlingen vmb einen Pfenningen? Noch fellet derselbigen keiner auff die
Erden ohn ewren Vater. Nun aber sind auch ewre Haar auff dem Häupt alle
gezehlet. Darvmb förchtet euch nicht / jhr sind besser denn viel Sperling.
Darvmb / Geliebte Christen / warvmb wolten wir in solchem Zustand vnsern willen
nicht GOttes willen vntergeben / vnsere Seele nach Christi befelch mit gedult
fassen / vnd wie Lutherus an einen vornemen Man̅ schreibet / mit
frewden ein Alleluja darein singen / wie der gedültige Job thete: Der HErr hats
geben / der HErr hats genommen / der Name des HErrn sey gelobet / vnd gleicher
massen David 2. Sam: 12. Nun mein Kind Todt ist / was sol ich fasten? Kan ich
auch jhn wiedervmb holen? Ich werde wol zu jhm fahren / es kömpt aber nicht
wieder zu mir? Bitten wir doch täglich nicht anders nach Christi Lehr / alß das
GOttes heiliger vnd gnädiger Wille geschehe vnnd vollenbracht werde? Viel mehr
sollen wir derowegen solches practisiren vnnd Christlich vben in sonderen
zufällen / wie die Jünger zu Tyro thäten / da sie Paulum nicht halten konten /
daß er nacher Jerusalem zöge vnd sich vor dem Gefängnis vnd Banden hütete: Denn
da mache̅ sie endlich diesen Schlus. Voluntas Domini fiat. Des
HErren wille geschehe Act. 21. Fürnemlich aber sols geschehen zum allermeisten /
da er sein wehrtes depositum die Kinder wieder abfodert: Denn die sind eine
|| [ID]
gabe des HErrn / doch also / daß sie zugleich sollen
Himmelpfläntzlein seyn / damit GOtt seinen Himmlischen Paradeis besetzen vn̅ bepflantzen wolte / vn̅ also Macht vnd Gewalt jhm
fürbehalten / sie von deiner Hand vnd aus deinem Schos hinwieder zuforderen:
Denn darvinb heist er vns dieselbe jhm zu tragen / so bald sie ans Liecht der
Welt kommen seyn. Marc. 10. Bringet die Kindlein zu mir vnd wehret jhnen nicht /
denn solcher ist das Reich GOttes / darvmb warnet er vns so ernstlich für
Ergernis. Matth: 18. Darvmb vermahnet er vns so trewlich / sie auffzuziehen in
der Zucht vnd Vermahnung zum HErrn. Ephes: 6. Darvmb nun sprechen fromme vnd
gehorsahme Kinder GOttes: Was mein GOTT wil / das geschehe allzeit / sein wil
der ist der beste. Darvmb fahre gern von dieser Welt / mein liebes Kind nach
GOttes willen / zu deinem vnd meinem GOTT / wenns jhm gefelt / so haltu jhm fein
stille / deine arme Seel / du GOtt befehl / in deiner letzten Stunde.
Zum Andern / mercket wie auch GOTT eile mit jungen Leuten vnd Kindern aus dieser
Welt / nicht aus Zorn / sondern aus Liebe vnd Wolgefallen / daß er zu jhnen
trage. Das ist ja vber die massen tröstlich wieder den Trawr Geist / der mit
seinen gifftigen Pfleilen solche gedancken vnd mißvertrawen in der Hertzen der
Eltern erwecken wil / alß wenn GOTT der HErr in sonderheit wieder jhre Kinder
müsse entrüstet seyn / daß
|| [ID00039]
er sie
die junge Propffreißlein außrottet / vnnd dem Menschenwürger für wirfft. Denn es
stehe ja von den Gottlosen Prov: cap. 2. Sie werden aus dem Lande gerottet / vnd
die Verächter werden daraus vertilget. Die Vernunfft kan auch fast davon nicht
anders finden vnd Vrtheilen. Den̅ da gibts der Augenschein / das
man junge Propffreißlein vnnd Pfläntzlein / die man lieb hat / zuverschonen
pfleget / vnd derselben vielmehr pfleget zuverschonen / alß das man sie
außrotten vnd hinschleuderen solte. Dargegen aber was alte / kalte / faule
vnfruchtbare Bäume seyn / die nichts mehr tragen / sondern den anderen am
Wachßthumb hinderlich seyn / die werden vmbgehawet vnd zum Fewrholtz gebraucht.
Aber hie sagt die Weißheit / GOttes gedancken sein viel anders / der thu es auß
liebe vnd gnade / vnd habe auch dessen wichtige Vrsachen / wie wir in folgenden
/ mit mehrem vernemen werden. Denn weil sie Gerecht worden seyn / durch den
Glauben an JEsum Christum / welchen sie in der heiligen Tauffe mit alle seinem
Gehorsam / Verdienst vnd Wolthaten angezogen / wie solte denn nicht GOttes
Hertze von liebe gegen sie lodern vnd brennen? Gehet doch sie alßdann auch an /
was Paulus sagt Röm: 8. Es ist nichts verdamblichs an denen / die in Christo
JEsu sind. Item cap. 5. Nun wir denn sind Gerecht worden durch den Glauben / so
haben wir friede mit GOtt durch vnsern HErrn JEsum Christ / vnd hernach: GOTT
preiset
|| [ID]
seine liebe gegen vns / das Christus für vns
gestorben ist / da wir noch Sünder waren. So werden wir ja viel mehr durch jhn
behalten werden / für dem Zorn nach deme wir durch sein Blut Gerecht worden
sind. Vnd bedencket es wol alle Christliche Eltern / wie solte der Himmlische
Vater sampt seinem Sohn vnd heiligem Geist / ewre getäuffte vnd in Gotteßforcht
wolerzogene Kinder nicht herrlich lieb haben? Hat er doch jhnen vnd vns zu gute
seinen Sohn gleicher massen / wie die Kinder Fleisch vnd Blut haben / desselben
theilhafftig werden lassen? Hebr: 2. Hat doch Christus selbst jhnen das
Himmelreich nicht allein zugesprochen / sondern / auch aus rechter völliger
liebe sie gehertzet vnd in seine Arme geschlossen? Marc: 10. Hat doch die
hochgelobte Dreyfaltigkeit / eben auff dieselbe die allerfürnemeste Himmelß
Fürsten zur Leibguardei verordnet vnd bescheiden / wie zusehen Matth: cap. 18?
Vnd in Summa seine liebe ist gegen die Kinder grösser / denn der Elteren selbst.
Denn er ist der rechte Vater vber alles was da Kinder heisset / im Himmel vnd
auff Erden Ephes: 3. Seine liebe ist auch bestendiger. Denn seine
Barmhertzigkeit weret jmmer für vnd für Luc: cap. 1. vnd hat selbs geschworen
Esa: 54. Es sollen wol Berge weichen vnd Hügel hinfallen / Aber meine Gnade sol
nicht von dir weichen vnd der Bundt meines Friedes sol nicht hinfallen. Seine
liebe ist auch kräfftiger: Denn er ist die liebe selbsten / die alwissende vnd
almech
|| [ID00041]
tige liebe.
1. Joh: 4. Vnnd solche liebe muß denn noch das beste thun / wenn Elteren liebe
nicht mehr rahten kan / ob jhnen gleich das Hertze im Leibe zerspringen wolte.
Demnach sollen Elteren / wie gesagt / trawren als Christen / die liebe Hertzen
Würmlein GOtt jhrem Vater gerne gönnen vnd geben / ja sich auch darvber erfrewen
/ daß sie aus jhrem Schos / darin sie vielem Vnheil vnd Trübsal vnterworffen
waren / in solches liebreichen Himmlischen Vaters Schos gelangen mügen /
darinnen sie wieder Welt noch Satan nicht einmahl sawer ansehen mügen.
Darnach führet die Elteren alhie die Weißheit auch auff den grossen nntz /
welchen beid Elteren vnd Kinder ob jhren zeitigen Todt vnd Abscheiden haben. Der
Gerecht wird weggenommen aus dem leben vnter den Sündern / vnd wird hingerückt /
daß die Bößheit seinen Verstand nicht verkähre / noch falsche Lehre seine Seele
betriege: Denn die bösen Exempel verführen vnnd verderben einem das gut / vnd
die reitzende Lust verkehrt vnschüldige Hertzen. Menningen schwermütigen Elteren
kan der Trawr Geist jhre Trawrigkeit noch grösser machen mit diesen gedancken /
daß sich jhr liebes ab
|| [ID00042]
gestorbenes Kind sehr wol angelassen in Gottes forcht vnd Gehorsam /
vnd demnach eine vnfeilbahre Hoffnung an jhm erzeiget / wie viel Lust vnd Frewde
sie an jhm hetten erleben mügen / welche ein nützlicher Mensche er entweder in
der Kirchen Gottes / oder im Regiment vnd Haußstand hette werden können. Da
wieder sagt nun alhie die Weißheit / viel leichter wehre er ärger worden / vnd
so vbel geraten / daß er noch jhnen den Elteren das grösseste Hertzeleid
gemachet hette: Denn da sey nicht allein concupiscentia interna die innerliche
reitzende Lust vnnd böse Begirde / welche allewege den Menschen den breiten weg
des Verderbens hinfüren wil / wie Paulus klaget / Röm: cap. 7. Ich habe lust an
GOttes Gesetz nach dem inwendigen Menschen: Ich sehe aber ein ander Gesetz in
meinen Gliedern / daß da wiederstreitet dem Gesetze in meinem Gemüte / vnnd
nimpt mich gefangen in der Sünden Gesetz / welchs ist in meinen Gliedern.
Sondern es sein auch in der Welt die externa objecta, als fürnemlich die bösen
vnd ärgerlichen Exempel der Welt / welche das gute verderben vnd manniges
vnschüldiges Hertz verführen vnd zufall bringen / da sichs wol nimmermehr
versehen hette. Denn wo ist ein Mensch / so lang er lebet / anders den vnter den
Sündern wie hie die Weißheit sagt / was sihet er anders in der Welt den
Fleisches Lust / Augen Lust vnd hoffertiges Leben? Was höret er anders den
Fluchen / Schweren / Gotteslesterung / Verleumbdun
|| [ID00043]
gen vnd dergleichen? Vnd
wenn schon die Welt nicht so voller böser Buben / so sagt doch Paulus 1. Cor: 5.
Wisset jhr nicht / das ein wenig Sawerteig den gantzen Teig versäwret. Vber das
alles kommet auch dazu falsa doctrina falsche vnd verfürische Lehre / deren wir
alle von Natur mehr zugethan seyn / denn der Warheit selbsten. Was nun dieser
Vrsachen halber für gefahr bey der Jugend sey / vnd zwar am allermeisten bey den
besten ingeniis, wehr wol zu wünschen / das es die täglich erfahrungen nicht so
viel bezeugte. Dan̅ die gibts / wie der beste Wein den
scharffesten Essig gibt / also werden auß den frombsten vnd dazu man die
grösseste Hoffnung gehabt / die aller ärgsten vnd schedlichsten Buben / wenn sie
aus dem Geschir schlagen / vnd jhr ingenium mit verfürischer Lehr vnd
dergleichen Schwermerey einnemen lassen. Haben sie zuvor eine feine zuneigung
zur Tugend gehabt / so waltzen sie sich nun gar im Sünden Koth. Haben sie zuvorn
fürtreffliche Lehrer oder ja bekenner der Warheit sein können / sein sie
hernacher so viel ärger Ketzer vnd Schwermer / vnd richten so viel grösser
Vnheil in Gottes Kichen an / so viel mehr gutes sie zuvorn hetten stifften
können: Vnd darff hie keiner gedencken mit fleissiger aufferziehung hette
solchem Vnheil allzumahlen wol fürzukommen gewest? Denn die Exempel zeugen / das
mannigmahl auch sehr vbel gerahten / daran doch kein fleis vnd sorg der guten
education ist gesparet worden. An
|| [ID00044]
Cain / an Esau / an den Kindern des Ertz Vaters Jacob / an Absolom zeigts vns
die heilige Göttliche Schrifft. Vnd geschiehet heut am Abendt der Welt so viel
mehr / so viel böser die Welt / vnd zürniger der abgesagter GOTTes vnd Menschen
Feind der leidige Teuffel wird.
Damit nun junge Leute / die GOtt von Hertzen gefallen / dieser grossen gefahr an
jhrer Seelen Heil vnnd Seligkeit entkommen mügen / Siehe so eilt jhr
Gnadenreicher Vater mit jhnen aus der bösen Welt hinaus / vnd setzet sie an den
ort / da sie von allen / dergleichen Vnheil semperfrey seyn.
Denn da dürffen sie sich nicht mehr nagen vnd plagen mit der innerlichen Brunst
vnd lust Seuche / die gleich ein Zunder aller Sünde ist / sintemahl dieselbe
gantz vnd gar im Grab abgelegt wird / das am jüngsten Tage ein newer Mensch
aufferstehe / der in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit für GOtt ewiglich lebe. Da
sehen sie keine böse vnd ergerliche Exempel mehr / hören kein Fluchen vnd
Gottslestern mehr / sondern sein mitten vnter den heiligen Engeln / sehen eitel
Heiligkeit / Gerechtigkeit / Frewd vnd Fried in GOtt / hören eitel lob GOttes /
ja mit den Engelen gantz frölich / sie selber singen GOtt. Heylig / heylig / ist
heylig der HERRE Zebaoth / ein newes Frewdenlied / Glori / Lob / Ehr vnd
Weißheit / Krafft / Reichthumb / Heil vnd Klarheit / sey GOtt in Ewigkeit. Da
darff es auch keines sorgens
|| [ID00045]
mehr
/ das nicht jr gend sie verführische falsche Lehr beschleiche jhre Seelen
anstecke vnd vergiffte / sondern da sehen vnd hören sie die Him̅lische Warheit selber / was sie hie geforschet vnnd gesehen im Wort / das
sehen sie dort / wie es ist gegenwertig. Je las mir das nun / lieber Christ /
ein grosse Wolthat / ein fürtrefflich Werck der Göttlichen Liebe seyn / welche
jungen Leuten vnd jhren Elteren wiederfärt / wenn sie aus der Welt zeitig
hinweggenommen werden? Erleben sie an jhnen in dieser Welt keine sonderbahre
Frewd / so sein sie dafür gesichert / daß sie auch kein Hertzleid an jhnen
erleben werden. Dann wie es eine grosse Frewde ist / wenn Kinder wolgerahten /
wie geschrieben stehet / Prov: 3. Ein weiser Sohn
erfrewet den Vater / also sein vngerahtene Gottlose Kinder ein Schwerd im
Hertzen / vnd ist besser ohn Kinder sterben / den Gottlose Kinder haben / sagt
Syrach cap. 16. Ja sie sein der sachen so viel gewisser / daß sie jhrer Kinder
nicht ewig / sondern nur auff eine kleine zeit in dieser Welt beraubt seyn / vnd
sie darnach in der Him̅lischen Seligkeit wieder antreffen / vnd
sich mit jhnen in vollkommener Liebe vnd Frewd ergetzen werden: Was ist nun
besser / was sol wehrter an Kindern seyn? Eine mißliche vnd zweiffelhafftige
kurtze Frewde in dieser Welt / oder die gewisse vnfeilbare ewige frewde vnnd
ergetzunge in der ewigen Seligkeit?
Ja wenn schon ein Kind könte tausent Jahr leben / für aller verführungen vnnd
Gottlosem Weesen
|| [ID00046]
gantz sicher
seyn / was ist dennoch dis leben? Die Weißheit nennets hie ein böses leben: Sein
Seel gefellet GOtt / darvmb eilet er mit jhm aus dem bösen Leben. Der heiliger
Ertz Vater Jacob sagte schon zu seiner zeit: Die zeit meiner Walfahrt ist 130.
Jahr / wenig vnd böß ist die zeit meines Lebens vnd erlanget nicht an die zeit
meiner Väter in jhrer Walfahrt: Gen: 47. Moses sagt nach jhm: Wenns Menschliche
leben köstlich gewesen / ists Mühe vnd Arbeit gewesen. Ps: 90. Der heiliger
Apostel Paulus zu seiner zeit: Schicket euch in die zeit / denn es ist böse
zeit. Ephes: 5. Polycarpus nach jhm: O Domine in quae nos reservasti tempora. O
lieber HErr vnd GOtt in was für Elende zeit hastu vns gelangen lassen. Itzt aber
ist die zeit da / davon Apoc: 12. geschrieben stehet: Weh denen die auff Erden
wohnen vnd auff dem Meer. Denn der Teuffel kömmet zu euch hinab / vnd hat einen
grossen Zorn / vnd weis daß er wenig zeit mehr hat. Darvmb meldet hie nun die
Weißheit / eile GOtt der Him̅lischer Vater mit frommen Kindern aus
diesem bösen Leben hinaus / daß sie vielem Vnglück vnd Straffen GOttes aus dem
Wege / vnd dem Teuffel selbsten / der nach jhnen zielet / aus den Augen kommen.
Machet es demnach der liebe vnnd frommer Vater im Himmel in diesem fall mit
vnseren Kindern / wie wir wol selbsten zuthun pflegen / wenn sich etwahn ein
Tumult oder Vnruhe auff den Strassen oder in vnsern Heusern erheben wil / wir
dieselben
|| [ID]
auffassen in jhr Bett zur Ruhe legen / bis daß der
Tumult fürvber sey / ey warvmb wolten wir jhm nicht von Hertzen dafür dancken /
vnd seine grosse liebe an vnseren Kindern mit verwunderung Preisen? Dann die
Gerechten werden weggerafft vor dem Vnglück / vnd die richtig vor sich gewandelt
haben / kommen zum Frieden vnd Ruhen in jhren Kammern / sagt Esaias cap. 56.
Ibiaeterna felicitas, & felix aeternitas, quam nulla porest interturbare
calamitas, Da ist eine ewige Seligkeit / vnnd eine selige Ewigkeit / welche
nicht hinderen oder minderen kan einige Trübsäligkeit / zu weleher vns alle
verhelffen wolle der fromme getrewer GOtt / Vater / Sohn vnnd heiliger Geist /
die thewre werthe Dreyeinigkeit hochgelobet in alle Ewigkeit / Amen / Amen.
PERSONALIA.
WAs nun zum Beschluß vnsers in Christo säliglich verstorbenes Mitbrüderlein
Fridericum Vlricum Peparinum belangen thut / so achte ichs vnvonnöten von seiner
ankunfft wesen vnd wandel viel Wort zumachen. Sintemahl seine fürneme Eltern vnd
Großeltern hie jedermenniglich bekand / es auch in diesem elenden Jammerthal
weinig zeit zugebracht / daß wir seine Comites vnd mitreisenden von seiner
Walfart nicht viel zusagen wissen. Daran ist das allermeiste gelegen / das
fürnemlich die hochbetrübte Anverwanten die erklärte Wort mit zu Hause nehmen /
vnd jhr außgemattetes Hertz damit erlaben vnnd erquicken. War ists / für vnsern
Augen ist es viel zu zeitig gestorben: Denn Anno 1616. den 1. Novemb. ist es in
diese Welt geboren / vnd Anno 1618. den 20. Junij durch den zeitlichen Todt
wieder abgefordert / aber nach dem Vrtheil der götlichen Weißheit hat es das
rechte ehrliche vn̅ herrliche Alter / vn̅ das rechte
grawe Haar erlanget / daß es den siebenden Novembris Anno 1616. dem HErrn
Ehristo in der heilige Tauffe ist einverleibet worden: Denn da hat es die rechte
Klugheit vnter den Menschen: Das ist / den waren Glauben an
|| [ID00048]
Christum erlanget / vnd jhn wie
ein vnbeflecktes hochzeitliches Ehrenkleid angezogen. Darinnen es auch säliglich
von hinnen gefahren / vnd numehr für der gantzen hochgelobten Dreyfaltigkeit
stoltzirt vnd pranget nicht anders / den eine Himmlische Braut. War ists auch /
es haben die Eltern auff jhn eine grosse Hoffnung gesetzet / sintemahl ein
weiser Sohn freylich seinen Vater erfrewet. Aber der Himmlische Vater / der das
beste wil vnd weiß / hat jhn weggenommen / aus dem leben vnter den Sünderen /
daß die Bößheit seinen Verstand nicht müchte verkehren / noch falsche Lehre
seine Seele betriegen. War ists / es ist den fürnemen Eltern ein hertzliebes
Kind gewesen / haben auch mannigmahl an jhm jhre tausentlust vnd ergetzlichkeit
gesehen / aber GOtt hat es viel lieber gehabt. Denn eben darumb hat er mit jhm
aus diesem bösen Leben eilen wollen. Was dieses leben für ein Elendes
jämmerliches Leben sey / haben sie etliche Tage an dem Jungen Kinde erfahren
vnnd sehen müssen / da GOtt der HErr dasselbe mit etzlichen schweren zufallenden
Kranckheiten nach seinem willen belegt hat / vnnd sie zwar aus Väterlichem
Hertzen an Hülff / Rath vnd Mittel / so viel an jhnen gewesen / nichts mangelen
lassen / aber wieder GOttes willen nichts schaffen künnen / der hat also endlich
wollen sein Jammer / Trübsal vnd Elend / bringen zu eim seligen Ende: Den nun
ists in der Ruhe an Leib vnd Seel / wie wir zuvor gehöret haben vnd demnach
sollen die Christliche Eltern vnd Anverwanten jhre Seele in gedult zusammen
fassen / vnd jhre liebe vnd willen / GOttes Allmechtigen liebe / vnd
allergnedigsten willen von Hertzen gerne vntergeben / vnd sich dessen hertzlich
erfrewen / daß jhr einige liebster Söhnlein bald volkommen worden / vnd die
Säligkeit erlanget hat / vnd die zeit mit sehnlichem harren abwarten / da sie
jhm hinnach folgen müssen / vnd jhn wieder schawen in der Him̅lischen Säligkeit vnd Englischen Vnsterblichkeit / dem sie alhier haben den
letzten Kuß geben in grosser Schwacheit vnd Trübsaligkeit. Das solchs jhnen der
Vater aller Gnaden verleihen wolle / sampt stärcke vnd Trost des heiligen
Geistes / vnnd vns sämptlichen mit jhnen auch dermahl eins eine fröliche
Heimfart bescheren / Darumb wollen wir jhn im Nahmen JCsu Christi demütiglich
anruffen / vnd von Hertzen grund sprechen ein gleubiges vnd andechtiges Vater
Vnser / etc.
ENDE.