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Eine Predigt Vom Cananeischen Weiblein Dom. Reminiscere. Zu Harst gethan Durch M. Petrum Tuckerman Hoff Prediger Im Jahr / 1619.
Gedruckt zu Wolffenbüttel / Durch Eliam Holwein / F. B. Buchd. vnd F. Anno 1619.
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Dem Durchleuchigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Moritz / Landgraffen zu Hessen / Graffen zu Catzenelbogen / Dietz / Ziegenhäin vnd Nidda / etc. Meinen gnedigen Fürsten vnd Herrn.
DVrchleuchtiger / Hochgeborner Fürst / gnediger Herr / weil E. F. Gnad. Hoffprediger vor diesem eine Fried Predigt außgehen lassen / vnd auff dieselbe von vnser seiten noch nicht geantwortet / alß ist mir vrsach vnd gelegenheit darzu an die hand gegeben durch die Predigt / die in gegenwart E. F. G. von mir zu Harst geschehen / denn man mich derselben halben zum Cavinisten wollen machen / wie die Wort gefallen seyn / der Pfarherr hette eine gute Calvinische Predigt gethan / vnd sein wir durchauß damit einig. Ob nu die Predigt Calvinisch oder Lutherisch sey / lasse ich alle rechtgleubige Christen vrtheilen vn̅ habe sie derowe en
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in öffentlichen druck kommen lassen. E. F. G. aber dieselbe in vnterthenigkeit zu schreiben wolle / weil mein gnediger Fürst vnd Herr in gnaden dasselbe von mir begehret / man sich auch auff jener seiten drauff berufft / daß man in ein vnd andern vnnd zwar den meisten / wie auch in dem Puncten oder Artikel von der Gnadenwahl mit vns einig sey: Ob einigkeit zwischen vns beyderseits Evangelischen / wie man vns nennet / weiter getroffen / vnd alle Mißhelligkeiten möchten beygelegt werden / denn wir auff vnser seiten nicht lust zuzancken vnd ergernis anzurichten haben / es gebürt sich auch nicht / vnd kan ders für GOtt / der schult drau hat / nicht verantworten: Ist derowegen zur einigkeit vnd fraternitet in der verantwortung auff Irenicam Cantionem E. F. G. Hoffpredigers / vnd dieser Predigt vom Cananeischen Weiblein der weg ziemlich gezeiget. E. F. G. als ein hochverstendig Christlich Hertz werden ohn allen zweiffel den sachen weiter nach dencken / vnnd da es auff jener seiten zum Frieden vnd Christlichen Brüderschafft in der Religion ein ernst / wie es billig sein sol / vnd wir auff dieser vnser seiten von hertzen wünschen / werden E. F. G. dahin sehen vnnd darnach aus seyn / das dem vbrigen / daß vns nach von einander helt / ferner abgeholffen werde.
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Befehle E. F. G. GOttes gnedigen Schütz vnnd Schirm. Derselbe GOtt des Friedens wolle geben / daß wir beyderseits einig gesinner sein in Christo JEsu vnserm HErrn. Gegeben Wolffenbüttel am 27. Martij / 1619.
E. F. G.
V
M. Peteus Tuckerman.
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Evangel. Matth. 51.
DEr heutige Sontag wird genand Reminiscere gedenck: Welcher Nahm aus dem 25. Psalm genommen / darinnen diese Wort stehen: Reminiscere miserationum tuarum Domine, gedenck HErr an deine Barmhertzigkeit / vnd deine güte / die von der Welt her gewesen. Das ist ein Gebet Davids vnnd der Kirchen / daß GOtt sich jhrer nach seiner grossen Barmhertzigkeit annemen wolle. Dieser Nahm schickt sich nicht vbel zu dem jtzt verlesenen Evangelio / den darinnen ei-nes Cananeischen Weibes gedacht wird / welcher Tochter vom Teuffel vbel geplaget worden: Die findet sich derwegen zu Christo / schreyet jhm von Hertzen nach vnnd spricht: Ach HErr du Sohn David erbarm dich mein / das ist eben so viel als wenn sie gesagt hette: Gedenck HErr JEsu Christe an deine Barmhertzigkeit vnd deine Güte / die von der Welt her gewesen / vnd hilff meinem armen Kinde. Ob sich nu wol Christus im anfang etwas raw vnd hart gestellet / so hat er jhr doch zuletzt gegeben / was sie gewolt / vnd jhre Tochter ist gesund worden zu derselben stunde. So sollen wirs auch in geistlichen vnd leiblichen Nöthen machen vnnd vns an das Reminiscere halten vnd beten: Gedenck HErr an deine Barmhertzigkeit / vnd an deine Güte / die von der Welt her gewesen ist. Wenn wir das thun / so wil sich GOtt erweichen lassen / denn es jammert sein Barmhertzigkeit vnser Klag vnd grosses Leid.
Dis Evangelium folget nu recht vnd wol auff des verschienen Sontags Evangelium / denn da haben wir gehöret / daß Christus vnser Häupt vnd Heyland vom Teuffel vnsernthalben versucht worden: Jetz aber hören wie das Christus selbst diß Cananeische Weiblein versucht habe: Sein also
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zweyerley versuchungen / GOttes vnd des Teuffels: Aber es ist ein grosser vnterscheid drunter: Denn der Teuffel hat Christum versucht vnnd versucht vns noch heutiges Tages zum Bösen / er gehet vmbher wie ein brüllender Lew vn̅ sucht welchen er verschlinge: 1. Pet. 5. aber GOtt versucht niemand zum bösen Jacob 5. sondern zum guten / dz vnser glaube bewehret / vnd rechtschaffen vnd viel köstlicher erfunden werde / denn das vergengliche Gold / das durchs Fewer bewehret wird / 1. Pet. 1. Nach diesen Geschichten versuchte GOTT Abraham Gen 22. Deut. 13. wenn ein Prophet oder träwmer vnter euch wird auffstehen / etc. so soltu nicht gehorchen den worten solches. Propheten oder Träwmers / denn der HErr ewer GOtt versucht euch / daß er erfahre / ob jhr jhn von gantzem Hertzen / vnnd von gantzer Seelen lieb habt. Weil demnach GOttes versuchungen vns zum besten gereichen / so sollen sie vns lieb vnd angenehm seyn. Wir wollen für dißmahl im namen GOttes vom Cananeischen Weiblein lernen / wie man sich in die anfechtungen vnd versuchungen GOttes schicken sol: Sie stehet vier schwere versuchungen aus / vnd vberwindet sie. 1. Schlecht GOtt auff sie zu als ein Feindt / vnnd schickt jhr ein schwer Hauß Creutz zu. Das ist jhr keine geringe versuchung gewesen. 2. Betet sie / vnnd Christus schweigt still: Das ist abermahl eine schwere versuchung gewesen. 3. Die Apostel thun eine fürbitte für sie / aber Christus gibt jhnen eine harte antwort / er sey nicht gesand den nur zu den verlornen Schaffen vom Hause Israel. Die versuchung ist die allerschwerste gewesen. 4. Helt sie an mit dem Gebet / vnnd wird von Christo für einen Hund gescholten. Das ist jhr auch eine hohe anfechtung gewesen. 5. Vberwindet vnd Sieget sie nach den anfechtungen / vnd langt was sie begehret. Davon kürtzlich. GOtt verleihe vns darzu die gnad seines heiligen Geistes vmb JEsu Christi willen / Amen.
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Vom Ersten:
BEtreffend das erste / so fengt sich diß Evangelium also an. JEsus sey außgangen von dannen / vnd entwichen in die gegend Tyro vnd Sydon. Tyrus vnd Sydon sind heidnische vnd gewaltige Kauff vnd Handelßstätte gewesen in Phaenicia. Christus gedencket derselben / Matth 11. vnd sagt: Wehe dir Corazim / wehe dir Bethsaida / wehren solche thaten zu Tyro vnd Sydon geschehen als bey euch geschehen sind / sie hetten vorzeiten im Sacke vnd in der Aschen Busse gethan. Doch ich sage euch / es wird Tyro vnd Sydon treglicher ergehen am jüngsten Gerichte / denn euch Damit wird angedeutet / das zwar die Heydnische Sätte / die GOttes Wort nicht gehabt / am jüngsten Tage werden verdampt werden / aber andere Stätte / die es gehabt vnd sich nicht darnach gerichtet / werden schwerer verda̅nis leiden müssen. Derwegen weil wir GOttes Wort vnd Sacrament haben / sollen wir GOtt dafür danckbar sein vnd Busse thun / sonsten wird es Tyro vnd Sydon / Sodoma vn̅ Gomorra / Türcken vnd andern Heyden am jünsten Tage treglicher ergehen als vns.
Da nun Christus in die gegend Tyro vnd Sydon kom̅en / ist eben ein Cananeisch Weib aus derselben Gräntze gegangen. Marcus meldet am 7. cap. Es sey ein Griechisch Weib aus Syrophenice / das ist ein Heydin gewesen. Diese muß vorher / das kan nicht feilen / von Christo gehöret haben / den̅ sie nennet jhn den HErrn denn Allmechtigen GOtt vnd Davids Sohn / erken̅et jhn also für den versprochenen Messiam / der dem David war zugesacht / 2. Sam. 7. Sie richtet jhr Gebet zu jhm / vnd hat einen rechtschaffenen starcken vnd lebendigen Glauben an jhn: Ist also der Geburt nach eine Heydin / aber dem Glauben / erkentnis vn̅ bekentnis nach eine
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rechtschaffene Christin gewesen / deren es nicht viel vnter den Juden geben. Diß fromme Weib hat nu ein schwer Hauß-Creutz an jhrer Tochter Kinder / sagt man / kom̅en von Hertzen / vnd Kinder gehen auch wieder zu Hertzen / wie sich dasselbe auch an den grossen Heiligen GOttes hat außgewiesen. Die Tochter hat nicht jrgens eine geringe Kranck heit am Halse / sondern ist leibhafftig vom Teuffel besessen / weicher sie vbel geplaget vn̅ gemartert. Das hat das arme Weib täglich müssen ansehen / vnnd hat jhr nicht helffen können. Das ist jhr nu eine schwere anfechtung vnd versuchung gewesen / daß sie ohn allen zweiffel offt gedacht / siehe / weil Gott dem Teuffel so viel verhenget / daß er in dein Haußkomen / vnd deine Tochter besessen / so muß ja GOtt von dir gewiche̅ vnd mit dir nicht wollen zu thun haben. Vnd ist wunder / daß das Weib nicht drüber vergangen vnd sich zu Todt gegremet hat.
An diesem gleubigen Cananeischen Weibe wird vns ein Exempel fürgestelt / wie GOtt pflege Haußzuhalten mit den Frommen vnd Gleubigen: Wir bilden vns ein / weil sie GOtt lieb seyn / so solten sie billig GOtt jmmer im Schoß sitzen / vnd er solte jhnen eitel Rosen / wie man sagt / zulachen: Aber so machts GOtt nicht / sondern schlecht mangmahl als ein Leind auff sie zu / nimbt sie hart mit / vnd schicket jhnen schwer Creutz zu. Das hat sich nicht allein an diesem frommen Weiblein ereuget / sondern an andern mehr: Abraham war From̅ vnd Gottselig / er muste viel leiden: Jacob war auch From̅ vnd Gottselig / es begegnete jhm ein Creutz vnd Vnglück vber das ander / daß er selbst bekennet / Gen. 47. Wenig vnd böß sey die zeit seines Lebens. Mose war From̅ vnd Gottselig / vnd war ein sehr gepflagter Mensch vber alle Menschen auff Erden / Num. 12. Hiobs gleichen war nicht an frommigkeit vnd Gottseligkeit im gantzen Lande / im gan
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tzen Lande wart auch keiner so hart mit genommen vnd angegriffen. Was sol ich sagen von David dem Mann nach dem Hertzen des HErrn? Er wahr zu Leiden gemacht. Summa es ist war worden vnd noch war / der Gerechte mus viel leiden / Psal. 34. Wir müssen durch viel trübsal in das Reich GOttes gehen / Act. 14. Vnd alle die Gottselig leben wollen in Christo JEsu müssen verfolgung leiden / 2. Tim. 3.
Solch schwer Creutz / vnd daß GOtt auff die Frommen als ein Feind zuschlecht / daß ist jhne̅ eine schwere anfechtung / daß sie sich wol einbilden / GOtt habe mit jhnen nichts zu thun / ja das sie wol mit Hiob sagen: 30 cap. Du bist mir verwandelt in einen grawsamen / vnd zeigest deinen gram an mir mit der stercke deiner Hand: Vnd das mehr ist / aus dem 7. cap. Meine Seele wünschet erhangen zu seyn / vnd meine Gebeine den Todt / ich begehre nicht mehr zu leben. Aber GOtt hat dessen seine vrsachen die vns zum besten gereichen / deren ich nur 2. andeuten wil: Eins thuts GOtt ohn allen zweiffel vmb der Gottlosen willen / daß die dadurch zur Buß sollen geleitet werden vnd gedencken / siehe / nimbt GOtt die Frommen so hart mit / was wird an dir dermahl eins geschehen / der du GOtt nicht für Augen heltst? Dahin siehet Petrus 1. cap. 4. Es ist zeit das anfahe dz Gerichte an dem Hause GOttes: So aber zu erst an vns / was wils für ein ende werden mit denen / die dem Evangelio GOttes nicht gleuben? Vnd so der Gerechte kaum erhalten wird / wo wil der Gottlose vnd Sünder erscheinen? Christus gehet auch dahin Luc. 13. Da hatte Pilatus etlicher Gallileer Blut mit dem Opffer vermischt / vnd der Thurn in Siloha war auff achtzehen Menschen gefallen vnd hatte sie jemmerlich zerquetschet: Da meineten etliche / daß diese für allen andern müsten Sünder seyn / dieweil es jhnen so vbel ergangen: Aber Christus antwortet: Meinet jhr / daß diese Gallileer für allen Gallileern
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Sünder gewesen sind / dieweil sie das erlitten haben? Ich sage / nein / sondern so jhr euch nicht bessert / werdet jhr alle auch also vmbkommen. Oder meinet jhr / daß die achtzehen auff welche der Thurn in Silohafiel / vnd erschlüg sie / sein schuldig gewesen für allen Menschen die zu Jerusalem wonen? Ich sagen nein / sondern so jhr euch nicht bessert / werdet jhr alle auch also vmbkommen.
Derwegen wenn wir sehen vnd vernemen / das es denen die frömmer sein als wir / vbel gehet vnnd sie schwer Hauß-Creutz vnd groß Vnglüch haben / so sollen wir in vns schlage̅ vnd sagen: Geschicht das am grünen Holtz / an den From̅en / was wil am dürren / an der Gottlosen werden / Luc. 23. vnd derwegen vns dadurch von der Gottseligkeit zur Buß lassen auffmuntern vnd bewegen.
Darnach thuts GOtt auch / daß er die Frommen so hart mit nimbt / jhnen selbst zum besten / denn wenns jhnen jm̅er wolginge / würden sie sich einbilden / sie wehren heilige Engel / vnd muste es jhnen jhrer fröm̅igkeit halben also gehe̅: aber wenn jhnen das Creutz zugeschickt wird / daraus können sie abnemen / daß sie noch Sünden vnd Gebrechen an sich haben / vmb welcher willen jhnen solchs wieder fahre / vn̅ kom̅en also zum erkentnis jhrer Sünden: Wie GOtt Jerem: 30. sagt: Züchtigen wil ich dich mit masse / daß du dich nicht vnschüldig haltest. So ists zugangen mit Jacobs Söhnen / so lang es jhnen wolginge / gedachten sie nicht an die Sünde / die sie an jhrem Brüder Joseph begangen: Aber hernach da sie in Egypten in Vnglück gerahten / kom̅en sie zum erkentnis vnd sprechen: Gen. 42. Das haben wir an vnserm Bruder verschuldet / daß wir sahen die angst seiner Seelen / da er vns flehet / vnd wir wolten jhn nicht erhören / darvmb köm̅et nu diese Trübsal aber vns. Wenns den From̅en jm̅er wolginge / so würden sie auch auff GOTTes Wort so fleissige
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achtung nicht geben / noch so instendig mit dem Gebet anhalten / wie sichs gebüret / aber wenn GOtt mit dem Creutz zu jhnen kompt / da schickt sichs wol / da lehret die not beten / anfechtung lehret auffs Wortmercken / Esai: 28. HErr wenn trübsal da ist / so sucht man dich / wenn du sie züchtigest / so ruffen sie engstiglich Esa: 26. Ja wenns den From̅en jm̅er gleich wolginge / würde̅ sie drüber in sicherheit vnd allerhand Sünden gerahten / vnnd in den Sünden mit der Welt verdampt werden: Da wieder ist nu das liebe Creutz nützlich vnd gut / denn wer am Fleisch leidet / der höret auff von Sünden / daß er hinfort / was noch hinderstelliger zeit im Fleisch ist / nicht der Menschen lüsten / sondern dem wille̅ GOttes lebe: 1. Pet. 4. Wen̅ wir Gerichtet werden / so werden wir vom HErrn Gezüchtiget / daß wir nicht sampt der Gottlosen Welt verdampt werden / 1. Cor. 11. Wenn es ging nach des Fleisches mut / in gunst vnnd gesundheit mit grossem Gut / würdet jhr gar bald erkalten / darvmb schickt GOtt die Trübsal her / daß ewer Fleisch gezüchtigt werd / zur ewigen Frewd erhalten. Dz verstund David wol / darvmb sagt er Psal. 119. ehe ich gedemütiget ward / jrret ich / nu aber halte ich dein Wort: Es ist mir lieb / daß du mich gedemütiget hast / daß ich deine Rechte lerne. Derwegen sollen wir die erste anfechtung vnd versuchung vom Creutz darzu gebrauchen / daß wir dasselbe nicht für ein Zorn / sondern Lieb vnd Gnadenzeichen der Kinder GOttes halten / Heb. 12. Mein Sohn / achte nicht geringe die züchtigung des HErrn / vnd verzage nicht / wenn du von jhm gestrafft wirst / den̅ welchen der HErr lieb hat / den züchtiget er / er steupt aber eine̅ jeglichen Sohn / den er auffnimbt. Seid jhr ohn züchtigung / welcher sie alle sind theilhafftig worden / so seid jhr Bastarte vnd nicht Kinder. Tobiae 12. Sagt der Engel Raphael zum Tobia / weil du GOTT lieb wahrest / so musts so seyn / ohne anfechtung mustestu nicht
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bleiben / auff daß du bewert würdest. Vnd sollen wir so wenig vberm Creutz trawrig vnd betrübt werden / daß wir vns desselbe̅ mehr erfrewen / wie Paulus 2. Cor. 7. ich bin vberschwe̅glich in Frewden in alle vnserm Trübsal: Vnd Rom. 5. wir rühmen vns auch der Trübsal / dieweil wir wissen / das Trübsal gedult bringet / gedult aber bringet erfahrung / erfahrung aber bringet hoffnung / hoffnung aber lest nicht zu schanden werden. So viel vom Ersten.
Vom Andern.
ZVm Andern folget / wie sich das Cananeische Weiblein in jhrem schwerem Creutz / da GOtt als ein Feind auff sie zugeschlagen / verhalten habe. Im verlesenen Evangelio stehet: Sie schrey JEsu nach vnd sprach: Ach HErr du Sohn David / erbarm dich mein / meine Tochter wird vo̅ Teuffel vbel gepflaget. Mit dem nachschreyen / daß sie getha̅ / wird angedeutet / das es jhr mit dem Gebet ein ernst sey gewesen / vnd habe es von hertzen gemeinet. In dem sie aber Christum einen HErren nennet / gibt sie damit zuverstehen / daß sie jhn halte für den Jehovah den HErrn den Allmechtigen GOtt / der leicht helffen könne: In dem sie jhn aber heist Davids Sohn / erkennet sie jhn für den Messiam vnd Heyland / der dem David von GOtt verheissen wahr / 2. Samuel 7. Das sie aber anhelt vmb seine Barmhertzigkeit / damit bekennet sie / sie habe es vmb jhn nicht verdienet / kön̅e es auch nicht verdienen / daß er jhr helffe / sondern sie begehre nur Gnad: In dem sie aber jhrer Tochter gedenckt / klagt sie Christo jhre noth / vnd ist jhre bitte / daß jhre besessene Tochter vom Teuffel möge erlöset vnd erfreiet werden. Also ist dieses hochbedrengten Weibes Gebet zwar kurtz / aber sehr herrlich vn̅ viel drinnen begriffen / daß man sich drüber zuverwundern hat.
Bey diesem Gebet hat sie die hoffnung / Christus werde
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jhr guten bescheid geben / vnd wie er sich anderer angenom̅en / so werde er sich jhrer auch annemen: Aber im Evangelio stehet: Vnd er antwortet jhr kein Wort. Christus gehet für jhr für vber / vnd thut als wenn er sie weder sähe noch hörete / vnd schweiget stockstille. Das ist jhr abermahl eine schwere Anfechtung vnd Versuchung gewesen / denn sie jhr die gedancke̅ hat können machen / er wölle gantz jhrer Gnade nicht / vnd ist groß wunder / daß sie nicht alßbald abgelassen / den zeterpfenning gegeben vnd davon gangen.
Bey diesem Gebet des Cananeischen Weibleins lernen wir / wie wir vns in Nöten vnd Creutz / wenn GOtt als ein Feind auff vns zuschlecht / verhalten sollen. Wir sollen vns zu dem kehren vnd wenden / der vns schlecht / Es. 9. Vnd sollen beten / das erfoddert das ander Gebot / wir sollen Gott in allen Nöten anruffen vnd Beten. Im 50. Ps. sagt GOtt: Ruff mich an in der Noth: Im 91. er rucht mich an: Matt 7. bittet / suchet / klopffet an. So habens die heiligen GOttes im Creutz gemacht: Jacob kam in noth / vn̅ betete Gen. 32. Moses deßgleichen / das GOtt selber sagte / Mose / was schriestu zu mir? Exod. 14. David hat des Gebets auch nicht vergessen / wie aus seinen Psalmen zusehen / vnd im 18. spricht er: Wenn mir angst ist / so ruff ich den HErrn an: Das hat auch Josaphat gethan / 2. Chron. 20. Ja alle Heiligen GOttes / wie im 22. Psal. vnd Syr. 2. bekant wird. In dem Gebet aber sollen wir fein dem Cananeischen Weiblein folgen sie betete nicht alle in mit dem Munde / sondern schreiete aus hertze̅ grund / das sollen wir auch thun: Hilff das nicht bete allein der Mund / hilff das es gehe aus hertzen grund: Sonsten sagt GOtt Esa. 29. darvmb daß dis Volck zu mir nahet mit sei nem Munde / vn̅ mit seinen Lippen mich ehret / aber jhr Hertz ferne von mir ist / vnd mich fürchten nach Menschen Gebot / die sie lehren / so wil ich auch mit diesem Volck wunderlich
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vmbgehen / etc. Sie nennet Christum Jehovah den HErrn vnd weiß / daß er Allmechtiger GOtt ist vnd helffen kan / daran sollen wir auch nicht zweifflen / denn er ist der HErr der Allmechtige GOtt dem kein ding vnmüglich ist / Luc. 1. Er kan vberschwenglich thun vber alles was wir bitten vnd verstehen / Eph 3. Sie rufft jhn auch an nicht allein als GOtt / sondern auch als Davids Sohn / daran sollen wirs auch nicht manglen lassen / jhn nicht allein nach seiner Göttlichen / sondern auch zu gleich nach seiner Menschlichen Natur als Gott vnnd Menschen in einer vnzertrenten Personen anruffen / wie auch die Weisen aus Morgenland daß Kindlein JEsus / wie sie es da haben gesehen ligen / an geberet haben / Luc. 2. sie begehret nicht das recht / sondern Gnade vnd Barmhertzigkeit / also wir auch: Wir ligen für dir mit vnserm Gebet / nicht auff vnser Gerechtigkeit / sondern auff deine grosse Barmhertzigkeit / Daniel. 9. Sie klaget Christo kurtz die Noth / wir sollen jhm auch fein kurtz vnsere Noth fürtragen / wie Christus selbst alle Noth Leiblich vnd Geistlich fein kurtz im Vater vnser zusammen gefasset hat.
Vmb ein solch rechtschaffen Gebet / ists ein herrlich ding: Jacob. 5. des Gerechten Gebet vermag viel / wenn es ernstlith ist. Syr. 35. Das Gebet der Glenden dringet durch die Wolcken / vnndlesset nicht ab / biß hinzu komme / vnnd höret nicht an / ffbiß der höhest drein sehe: Psal: 45. Der HErr ist nahe allen / die jhn anruffen / allen die jhn mit ernst anruffen. Er thut was die Gottfürchtigen begehren / vnnd höret jhr schreyen / vnd hilfft jhnen. Augustinus schreibt: Oratio justi est clavis coeli, ascendit precatio, descendit Dei miseratio, das Gebet des Gerechten ist ein Schlüssel des Himmels / das Gebet steigt hinauff / vnd GOttes Barmhertzigkeit steigt hervnter. Das hat sich zu allen zeiten außgewiesen: Durchs Gebet bringt Jacob zu wege / daß seines Bruders. Hertz
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geendert vn̅ jhm freundlich wird. Durchs Gebet schlecht Moses die Amalekiter vnd Sieget / Exod: 17. Durchs Gebet helt Josua die Sonne am Himmel auff / damit er seinen Feinden desto best nach jagen vnd sie Dämpffen könte / Jos. 10. durchs Gebet erhelt Elias / das es Regnet vnd die Erde Frucht bringet / Jacob. 5. Durchs Gebet erlangt Hißkias seine Gesundheit / Esai. 38. vnd wer kan alle Exempel der Heilgen erzehlen / vnd gnugsamb besehrieben / was sie mit einem rechtschaffenen Gebet haben außgerichtet? Deßwegen sollen wir vns auch fleissig in allen nöhten ans Gebet halten / vnd sonderlich jetzo / da es wunderlich im Röm: Reich stehet / das Gebet muß das beste thun: Preces & lacrymae sunt arma Ecclesiae, haben die Alten gesagt / die Wehr vn̅ Waffen der Kirchen sein Gebet vnnd Threnen oder Buß / so mit Threnen oder Weinen geschicht. Darvmb ein jeder darzu sol hiermit vermanet seyn.
Bey dem stillschweigen Christi aber sollen wir vns in GOttes Art vnd Weise recht lernen schicken. GOtt hat die Art an sich / daß er offt ein zeitlang still schweiget / das Geschicht / wenn er vns nicht fluchs auff vnser Gebet aus Nöten hilfft / sondern vns ein zeitlang in Nöten stecken lest. So hat Joseph in Egypten in der Dienstbarkeit vnd Gefängnis ohn zweiffel offt vnd viel gebetet / Aber Gott hat in die dreyzehen Jahr still geschwiegen. David hat auch viel ruffens vnd betens getrieben in seinem Elend vnd verfolgung / aber GOtt hat etliche Jahr still geschwiegen / wie er in seinen Psalmen / sonderlich aber im 13. klaget: HErr wie lang wiltu mein so gar vergessen? Wie lang verbirgestu dem Anlitz für mir? Wie lang sol ich sorgen in meiner Seele / etc. Also gehets noch vielen heutiges Tages: Manger ist ein Jahr zwey oder drey Kranck / oder wird verfolget / oder leidet Armut / oder ander Vnglück / vnd betet viel vnd offt / aber GOtt schweiget still /
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vnd wird jhm mit der hülff nicht geantwortet. Das ist nu auch eine schwere anfechtu̅g vn̅ versuchung / da bilden wir vns gemeinlich ein / GOtt wisse vnd sehe vnser Noth nicht / oder höre vnser Gebet nicht / oder könne oder wolle vns nicht helffen. Aber solchs ist Falsch vnd Vnrecht / den̅ seine Ohren sind nicht dicke / daß er nicht solte hören können / so ist seine Hand auch nicht zu kurtz / daß er nicht solte helffen können / Esai: 59. Sondern GOtt hat seine vrsachen / warvmb er kein Wort antwortet / still schweiget vnd mit der hülff vns nicht alßbald auffwischet / als erstlich schweigt er offt darvmb still / denn die Leute die da beten / beten nicht in wahrer Bußfertigkeit / sondern leben in Sünden wieder jhr Gewissen / da macht mans mit der Vnbußfertigkeit selbst / daß GOtt schweigen muß vnd nicht hilfft: Wie Esai: 1. stehet: Wenn jhr schon ewer Hände außbreitet / verberge ich doch meine Augen vor euch / vnd ob jhr schon viel betet / höre ich euch doch nicht / denn ewre Hände sind vol Bluts: Vnd 59. cap. ewre Vntugent / scheiden euch vnd ewren GOtt von einander / vnd ewer Sünde verbergen dz angesicht von euch / daß jhr nicht gehöret werdet. Fürs ander / schweigt auch GOtt offt still / denn wir beten mang mahl wieder vns selbst: Manger bittet vmb Gesundheit / Gelt vnnd Gut / Herrligkeit vnd dergleichen / vnd wen̅ ers bekehme / so würde es jhm schetlich seyn / er würde dadurch fallen in Versuchung vnd Stricke / vnd viel thöriger vnd schädlicher Lüste / welche versencken die Menschen ins verderben vnd verdamnis / 1. Tim. 6. So haben die Söhne Zebedei vnrecht gebeten / Matth: 20. Daß einer zu Christi Rechten / der ander zu seiner Lincken möchte sitzen / vnd haben sich ein Weltlich Königreich eingebildet: Darvmb schweiget Christus / das ist / er gibts jhnen nicht / weiset sie ab / vnd sagt / jhr wisset nicht was jhr bittet: So wissen wirs auch im Leiblichen nicht / Rom: 8 Mir wissen nicht / was wir beten solle̅ / wie sichs gebürt. Zu letzt schweiget auch Gott offt still / daß er vns auff die Prob setze, vnd auffmundere mit dem Gebet anzuhalte̅ /
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vnd spielet mit den seinen gleich wie Eltern mit jhren Kindern: Die verstecken sich bißweilen vnd lassen die Kinder suchen / oder stellen sich als wenn sie schlieffen oder Todt wehren / vnnd lassen die Kinder ein wenig ruffen / schreyen / vnd sich von jhnen rütteln vnd schütteln / vnd wenn sie den sehen / daß die Kinder fortfahren vnd nicht ablassen wollen / so wischen sie mit Frewden herfür / vnd thun was sie begehren. So machts GOtt auch.
Derwegen sollen wir diese andere Anfechtung vnd Versuchung vom stillschweigen GOTtes darzu gebrauchen / daß wen̅ GOtt zu vnserm Gebet lang stillschweiget vnd vns nicht fluchs aus den Nöthen hilfft / wir vns alßdann prüffen / ob wir auch in Vnbußfertigkeit beten / vn̅ da wir das befinden vnd von vnserm Hertzen vnd Gewissen vber zeuget werde̅ / solle̅ wir Buß thun / wie wir Es: 1. vermahnet werde̅: Waschet euch / reiniget euch / etc. Vnd kom̅et den̅ / etc. Oder sein wir nicht Vnbußfertig / so solle̅ wir gede̅cken / ob wir auch im Zeitlichen etwas wieder vns selbst möchten beten vnd begehren / vnd es derwegen GOttes gnedigem Willen heimstellen vnd sagen / so du wilt / etc. Oder ist der beyden keins / so sollen wir wissen / GOtt setze vns mit seinem stillschweigen nur wie ein Vater sein Kind auff der Probe / vnd sollen derwegen mit gedult seiner gnedigen erhörung vnd hülff erwarten / wie im 27. Psalm stehet: Harre des HErrn / sey getrost vnd vnverzagt / vn̅ harre der HErrn. Vnd wil vnsere Seele vngedüldig werden / so sollen wir sie mit David aus dem 42. Psalm ansprechen: Was betrübstu dich meine Seele / vnd bist so vnruhig in mir? Harre auff Gott / denn ich werde jhm noch dancken / daß er meines Angesichs hülffe vnd mein GOtt ist. Auch gnug vom Andern.
Vom Dritten.
FVrs Dritte / da Christus so stillschweiget vnd fortangehet / treten die Jünger zu jhm / vnd thun für das Weib eine fürbitte vnd sagen: Laß sie doch von dir / denn sie
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schreyet vns nach Hirauß wolle̅ etliche von den Papisten schliesse / die verstorbene Heilgen bitten für vns im Himmel / darvmb sollen wir sie vmb hülff vnd fürbitte anruffen vnd ersuchen. Aber das folget gar nicht / denn es bitten hie nicht die verstorbene / sondern die lebendige Apostel für das Weib / vnd gesetzt / daß die verstorbenen für vns im Him̅el beten / davon wir aber in GOttes Wort nichts finden / sondern Esai: 64. stehet viel mehr: Abraha̅ weis von vns nicht / vnd Israel kennet vns nicht: Wenn sie nu schon für vns beten / sag ich / so folget doch nicht / daß wir sie anruffen vnd vmb hülff vnd fürbitte ersuchen sollen / denn so wenig das Cananeische Weiblein / die Apostel von wegen jhrer fürbitte angebetet / da sie gelebt / so wenig sollen wirs thun / da sie gestorben seyn / sonderlich weil wir den ernsten Befehl haben / du solt GOtt deinen HErrn anbeten vnd jhm allein dienen. Auff diese fürbitte gibt Christus den Jüngern eine sehr harte Antwort vn̅ spricht: Ich bin nicht gesand / denn nur zu den verlornen Schaffen vom Hause Israel / alß wolte er sagen: Sie ist eine Heydin / ich aber bin vmb der Jüden willen gesand vnd kom̅en. Das ist nu abermahl eine sehr schreckliche ja die allerschrecklichste Anfechtung diesem Weibe gewesen / alß wenn sie nicht in die zahl der außerwehleten Kinder GOttes gehörete / vn̅ Christus jhr weder Geistlich noch Leiblich helffen vnd sie Selig machen / ja gantz mit jhr nicht zuschaffen noch zu thun wolle haben. Zu dieser schweren anfechtung schweigt das arme Weiblein stock stille / weil sie jhr zu hoch / so lest sie dieselbe für vber rauschen / vnd erinnert sich ohn allen zweiffel / daß er ja andern Heyden wol ehe geholffen / derwegen werde diß also nicht zuverstehen seyn / wie es in jhren Ohren klinge / wie es auch nicht war / denn Christus war eben so wol die Heyden alß die Juden Selig zu machen gesand / aber seine Wunderwerck betreffent / so war er eigentlich gesand dieselbe in eigener Person bey den Juden / vnd nicht fürnemlich bey den Heyden zuverrichten / wie wol viele Heyden derselben gleichwol aus gnaden sein theilhafftig worden.
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Bey der Jünger Fürbitte lernen wir / daß wir auch einer für den andern bitten oder Fürbitte thun sollen / denn das befichlt Paulus 1. Tim. 2. So ermane ich nu / daß man für allen dingen zu erst thut / bitte / gebet / Fürbitte vnd Dancksagung für alle Menschen / für die Könige vnd für alle Oberkeit / etc. Es ist auch das Vater vnser dahin gerichtet / gib vns vnser täglich Brot / vergib vns vnser Schult / führe vns nicht in Versuchung / erlöse vns vo̅ Vbel / da wird jm̅er der neheste mit eingeschlossen / dessen wir mit gedencken sollen / so offt wir ein Vater vnser beten. So sollen wir auch vnsern Nehesten lieben als vns selber / wie wir na für vns selber beten / so ists auch billig daß wir für den Nehesten beten. Dz hat Abraham in acht genom̅en / Mose / Samuel / Stephanus / Act: 7. Ja vnser HErt vnd Heyland JEsus Christus selbst / Johan: 17. cap. vnd am Stam̅ des heiliges Christus / vnnd sitzt nach zur rechten GOttes vnd vertrit vns / Rom: 8. Solche fürbitten from̅er Leute vermögen viel / Abraham hat mit seiner Fürbitte erhalten / wenn nur zehen Gerechten zu Sodoma vnd Gomorra gewesen / GOtt würde der Sädte verschonet haben Gen: 18. Mose ist mit seiner Fürbitte eine Mawr wieder den Riß gewesen / vnd hat abgewendet den grim̅igen Zorn GOttes / daß die Kinder Israel nicht sind vertilget worden / Exod. 32. Samuel machte mit seiner Fürbitte / daß GOtt auff die Feinde einen grossen Donner ließ Donnern vnd sie verderbte / 1. Sam. 7. Durch der gemeine Fürbitte wird Petrus aus dem Gefengniß errettet / Act: 12. Derwegen sollen wir anderer Leute Fürbitte begehren / auch für sie wiedervmb fleissig bitten / vnnd es für eine schwere Sünde wieder Gott halten / wenn wirs nicht thun / wie Samuel zu verstehen gibt / 1. Sam 12. Es sey ferne von mir / sagt er / mich also an dem HErrn zu versündigen / daß ich solte ablassen für euch zu beten.
Zum Andern / lernen wir hie abermahl einer schrecklichen Anfechtung von der ewigen Gnadenwahl vnd Seligkeit begeg
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nen / denn wie es nach der Vernunfft in vnsern Ohren klingt / da Christus sagt / ich bin nicht gesand denn nur zu den verlornen Schaffen vom Hause Israel / alß wenn diß Cananeische Weib / noch keiner von den Heyden zu den außerwehlete̅ Kindern Gottes gehöre / also haben wir auch viele andere harte Sprüche in GOttes Wort / die mangen für den Kopff stossen / vnd schwere gedancken machen / alß Matth. 22. viel sind beruffen aber wenig sind außerwehlet: GOtt erbarme sich wes er wölle / Rom: 9. vnd dergleichen. Wen̅ man nu die Vernunfft hiervber zu rath zeucht / so kan sie nicht anders draus schliessen / alß GOtt wolle nur die wenigsten Selig vnd die meisten verdampt vnd verstossen haben vnd wolle sich jhrer gantz vnd gar nicht annemen. Das ist eine solche Anfeshtung darvber viele drauff gehen / Kleinmütig werden / verzweifflen vnd jhnen wol selbst das Leben nemen. Dieser Anfechtung zubegegnen / so sollen wir vns nicht mit Fleisch vnnd Blut besprechen / sondern vnsere Vernu̅fft gefangen nemen vnter den gehorsam Christi / 2. Cor. 10. Nicht viel Disputirens davo̅ machen / sondern zu dem was vns zu hoch ist / mit dem Cananeischen Weiblein schweigen / vnd vns vnter des halten / erstlich an das allgemeine Verdienst vnsers HErrn vnd Heylands JEsu Christi / die Jude̅ sein nicht allein verlorne Schaffe / sondern auch die Heyden vnd so alle Menschen / so ist auch Christus nicht allein vmb der Juden willen gesand / sondern auch vmb der Heyden willen / vnd hat für alle Menschen gnug gethan: Esai: 53 cap. Wir gingen alle in der jrre wie Schaffe / ein jeglicher sahe auff seinen weg / aber der Herr warff aller vnser Sünde auff jhn Es: 49. cap. Es ist ein geringes / daß du mein Knecht bist / die Stämme Jacob auff zurichten / vnd das verwarlosete in Israel wieder zubringen: Sondern ich habe dich auch zum Liecht der Heyden gemacht / dz du seyest mein Heil biß an der Welt ende: Luc: 2. Welchen du bereitet hast für allen Völckern / etc. Gal: 3. Hie ist kein Jude noch Grieche / hie ist kein Knecht noch Freyer / hie ist kein Mann noch
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Weib / denn jhr seid alzumahl einer in Christo JEsu. 1. Tim. 2 Christus hat sich selbst gegeben für alle zur Erlösung. 1. Johan. 2. Er ist die versünung für vnser Sände / nicht allein aber für die Vnsere / sondern auch für der gantzen Welt.
Zum Andern / soll man sich halten an das allgemeine Wort / verheissungen / beruff vnd willen GOttes: Es: 55. Wolan / alle die jhr dürstig seid / kom̅et her / etc. Matth: 11. Kom̅et her zu mir alle die jhr Mühselig vnnd Beladen seyd / ich wil euch erquicken. Matth. 28. vnd Marc. 16. Gehet hin in alle Welt / vnd Prediget das Evangeliu̅ aller Creatur: Lehret alle Heyden vnd Teuffet sie / etc. Ezech: 33. So war als ich lebe / spricht der HErr HErr / ich habe keinen gefallen am Tode des Gottlosen / sondern das sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen vnnd Lebe. 1. Tim. 2. GOtt vnser Heyland wil / daß allen Menschen geholffen / oder wie in seiner Sprach stehet / daß alle Menschen Selig werden. 2. Pet. 3. GOtt hat gedult mit vns / vn̅ wil nicht daß jemand verlohren werde / sondern das sich jederman zur Bussekehre.
Zum Dritten / sol man sich halten an die Tauff / fröliche Absolution vnnd Abendmahl: Ein jeglicher ist auff den Namen JEsu Christi zur vergebung der Sünden Getaufft / Act: 2. ein jeglicher hat Christum in der Tauffe angezogen / wie viel ewer Getaufft sind / die haben Christum angezogen: Gal: 3. Ein jeglicher der von hertze̅ Busse thut / höret in der Absolution die tröstliche Stim̅e / dir sind deine Sünde vergeben / welches warharfftig GOttes vergebung ist / denn was jhr auff Erden lösen werdet / das solim Himmel loß seyn / vnd welchen jhr die Sünde erlasset / denen sind sie erlassen / Matth. 16. vnd Johan. 20. Ein jeglicher empfengt im Abendmahl denn Leib Christi / denn er für vns aus Liebe in den Todt gegeben / vnd das Blut / daß er hat vergossen zur vergebung vnser Sünden. Wen̅ man sich also hiran helt / so kan man die schwere anfechtungen von der ewigen Gnadenwahl vnd Seligkeit desto beß vberwinden / vnd wen̅ da schon
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vnser Hertz oder Vernunfft ein anders sagt / so sollen wir in achet nemen / was die Kirche singt: Sein Wort laß dir gewisser sein / vnd ob dein Hertz sprech lauter nein / so laß doch dir nicht grawen Ja sagt man / es stehe̅ gleichwol da die harte Sprüche / wie macht mans dann damit? Geliebte im Herrn / denn Spruch Matth: 22. betreffent / viel sind beruffen / aber wenig sind außerwehlet / da sol man sehen auff das was fürher gehet. Da stehet / daß GOtt der Himmelß König eine Hochzeit gemachet vnd alles bereitet / vnd habe seine Knechte außgesand einzuladen wehn sie finden / dz ist alle Menschen / da wollen nu etzliche nicht kommen / sondern verachten die Hochzeit / Wort / Sacrament vnd Christum / vnd gehen hin einer auff seinen Acker / der ander zu sein̅er Hantieru̅g: Etliche aber machens nach gröber / greiffen die Knechte / Hönen vnd Tödten sie: Einer aber vnter denen die sich eingestellet / hat kein Hochzeitlich Kleid an / vnd ist ein Heuchler vnd meinet Gott zubetriege̅ / also hats Gott an sich nicht ma̅glen lassen / er hat alles bereitet / er hat alle beruffen lassen / sondern es hat an de̅ Mensche̅ gemangelt vn̅ mangelt noch dran / vnd machens dieselben / das ob zwar viel beruffen / gleichwol wenig in den Himmel kommen vnd Selig werden. Wie auch Os: am 13. Gott sagt: Israel du bringst dich in Vnglück / denn dein Heil stehet allein bey mir: Vnd Christus Matth: 23. Wie offt hab ich deine Kinder versamlen wollen / wie eine Hänne versamlet jhre Küchlein vnter jhre Flügel / vnd jhr habt nicht gewolt.
Denn Spruch aber Rom: 9. anlanget / GOtt erbarme sich wes er wölle / so stehet zun Röm: am 11. ferner die Erklerung: GOtt hat es alles beschlossen vnter den Vnglauben / auff daß er sich Aller erbarme. So soll mans mit andern dergleichen Sprüchen mehr machen / daß man jmmer einen neben den andern halte / vnd einen durch den andern erklere / vnd analogiam fidei in acht neme / hat jemand Weissagung oder Erklerung / so sey sie de̅ Glauben ehnlich / Rom: 12. So hats kein noth. Felt dann aber
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etwas weiter für / wie dan̅ in diesem hohen Artikel geschicht / darein man sich nicht schicken kan / darzu schweige man mit dem Cananeischen Weiblein stille / wie auch Paulus thut / Rom: 11. vnnd spare es biß in die himlische Schule / da es nicht mehr Stückwerck / wie hie wird seyn / sondern alles vollkommen: Vnd fang man diese Lehr nicht an à priori von forne̅ / sondern à pasteriori von hinden von dem geoffenbareten willen vnd Wort GOttes / vnd sehe ein jeder für seine Person zu / daß er Buß thue vnd jhm seine Sünde lasse von hertzen Leid seyn / an JEsum Christum glaube / vnnd sich seines Verdienstes in warem Glauben tröste / vnd früchte der Busse thu vnd denn Glauben mit einem Gottseligen Leben vnd Wandel beweise: So hat er / so war als GOtt lebt / wie GOtt bey sich also selbst schwiret / Ezech: 33 an der ewigen Gnadenwahl vnd Seligkeit nicht zu zweifflen. Vnnd das gantze Wort GOttes vnd was jhm von demselben vorkömpt / mißbrauche er nicht zur sicherheit / auch nicht zur Kleinmütigkeit vnd Verzweifflung / daß er wolte sagen oder vnd gedencken / bin ich erwehlet / so schadet mir nichts / wie die Vernunfft vrteilet / bin ich nicht erwehlet / so hilfft mich alles nichts / denn darzu ist Gottes Wort nicht gegeben / sondern was zuvor geschrieben ist / daß ist vns zur Lehre geschrieben / auff daß wir durch gedult vnd trost der Schrifft hoffnung haben. Rom: 15. So viel auch vom dritte̅.
Vom Vierden.
ZVm Vierden / so hette diß arme Weib vrsach gnug gehabt hinweg zugehen / vnd jhr bitten bleiben zulassen / denn Christus schweig nicht allein anfenglich stille / sondern gab noch darzu einen harten Bescheid von sich / er wehre jhrenthalben nicht kommen / aber sie lest sich solches alles nicht abschrecken / sondern helt an mit dem Gebet / vnd kömpt jhm neher / vnd felt für Christi Füsse nieder vnd spricht: HErr hilff mir. Das Hertz / wie wir reden / ist jhr so beklummen / daß sie nicht viel Wort kan
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machen / ist auch im Gebet eben vmb viel Wort nicht zu thun / doch zeiget sie gleichwol jhres Hertzen meinung an / jhr begehr sey / daß jhr Christus helffe / vnd aus der grossen Angst vnd Not / darinnen sie stecke / errette. Also wenn GOtt schon zu vns vom Himmel hervnter rieffe / ich bin deinenthalben nicht kommen / wie Christus hie sagt / er sey des Weibs halben nicht kommen / so sollen wir gleichwol nicht ablassen / sondern für GOtt niederfallen / vns für jhm demütigen / vnd nicht von jhm ablassen / biß vns geholffen vnd wir Selig werden. Darauff schilt sie nu Christus für ein Hund vnd spricht: Es ist nicht fein / daß man den Kindern das Brot neme vnd werffe es für die Hunde. Christus wil so viel sagen / die Juden sein GOttes Kinder / die Heyden aber Hunde / wie sich nu nicht geziemet / daß man das Brot / daß den Kindern gehöret / den Hunden gebe / vn̅ die Kinder lasse hungern vnd darben / so gebürt sichs auch nicht / daß ich den Juden denn Kindern GOttes meine Wunderwerck vnd Hülffe / jhr Brot neme / vnd sie euch Heyden vnd Hunden wiederfahren lasse. Das ist nu abermahl eine vber die masse schwere Anfechtung / daß das arme Weib hette mögen gedencken / wenn man mich wie einen Hund mit Peitzschen wil abspeisen / so ists zeit / daß ich mich packe vnd aus dem Staube mache. Aber solche gedancken hat sie nicht / sondern sie antwortet Christo / ja HErr / ich bekenne daß ich ein Hund bin / vnd nicht werth / daß du mich mit den Kindern Israel an denn Tisch setzest vnd michspeisest: Es essen aber die Hündlein von den Brosamen / die von jhrer Herren Tische fallen: Bin ich ein Hund / lieber HErr JEsu Christe / ist jhre meinung / so laß mir doch Hundgnade wieder fahren / mehr bitte vnd begehre ich nicht: Man gönnet ja den Hunden / daß sie vnterm Tisch stehen vnd auffwarten / vnd wenn ein Brosamlein oder Bröcklein hinvnterfelt / daß sie das auffsamlen / vnd es jhnen zum beste̅ komme / also lieber HErr Christe gönne mir doch nur ein Brottsamlein / ein Krümlein deiner Gnade vnd Hülffe / so wil ich gern
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zu frieden seyn / vnd dir dienen / dancken vnd auffwarten wie ein Hund seinem Herrn. Damit vberwindet sie Christum / vnd behelt denn Platz / wie wir im letzten Theil hören werden.
Diß Stück sollen wir vns auch fein zu nutz machen. Erstlich / wie daß Weib mit dem Gebet angehalten vnd nicht auffgehöret / biß sie erhöret vnd jhr geholffen worden / so sollen wir auch nicht laß vnd müde im Gebet werden / sondern jmmer anhalten / desto inbrünstiger Beten / vnd auff GOtt desto härter dringen. Denn sin haben vnser gar wenig / wenn wir ein oder etliche mahl gebetet / vnd nicht erlangt haben / so lassen wir die Hände sinche̅ / vnd das Gebet fallen vnd anstehen / es sagen auch wol etliche / was sol ich mehr Bete̅ / hilfft doch alles nicht / einander mag mehr Beten / vnd dergleichen. Aber das ist vnrecht / Paulus sagt Rom: 12. Haltet an am Gebet: Vnd 1. Thes. 5. Betet ohn vnterlaß / vnd Christus sagt Luc: 18. ein gleichniß davon / das man allezeit Beten vnd nicht laß werden sol / vnd sprach: Es war ein Richter in einer Stadt / der fürchte sich nicht für GOtt / vnd schewet sich für keinem Menschen. Es war aber eine Wittwe in derselben Stadt / die kam zu jhm vnd sprach: Rette mich von meinen Wiedersacher / vn̅ er wolte lange nicht: Darnach aber dacht er bey sich selbst / ob ich mich schon für GOtt nicht fürchte / nach für keinem Menschen schewe / dieweil aber diese Wittwe mir so viel mühe machet / wil ich sie retten / auff daß sie nicht zuletzt kom̅e / vnd vberteube mich. Da sprach der HErr / höret hie / was der vngerechte Richter sagt: Solt aber GOtt nicht auch retten seine Außerweleten / die zu jhm Tag vnd Nacht ruffen / vnd solte gedult darvber haben? Ich sage euch / er wird sie erretten in einer kürtz. So hat Abraham offt vnd viel mit dem Gebet angehalten / Gen 18. David Tag vnd Nacht viel Jahr / wie aus seinen Psalmen zusehen. Christus selbst Matth: 26. vnd Paulus 2. Cor. 12. Dafür ich dreymahl dem HErrn geflehet habe / etc. Daß wir nu so fleissig anhalten / hat GOtt nicht allein befohlen / sondern es gefelt jhm
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auch wol / vnd kans leiden / er ist nicht wie wir gesinnet / wenn vns ein Betler nachleufft vnd vom Halse nicht wil / sondern helt instendig an so werden wir wol böß / vnd geben jhm desto weniger: Aber GOtt wird nicht böß drüber / sondern wir thun jhm einen angenehmen Dienst dran. Darvmb wir für Gottes Thür nicht auffhören / sondern mit Geilen vnd Betlen jmmer anhalten sollen / wie Christus andeutet / Luc. 11.
Darnach lernen wir hie noch einer schweren Anfechtung von vnser Vnwirdigkeit begegnen. Wie hie Christus dem Cananeischen Weiblein fürwirfft / daß sie nicht GOttes Kind / sondern ein Hund sey / vnd nicht werth seines Tisches / Speise vnnd Hülff: Also wird manger von GOttes Wort in der Predigt vnd von seinem eigne̅ Hertzen vberzeuget / daß er ein rechter Hu̅dt sey / der wiedergefressen / was er einmahl außgespeyet / 2. Pet 2. O GOtt wie offt werden wir zu solchen Hunden / denn wen̅ wir zur Beicht / Absolution vnd Tisch des HErrn gehen / so sagen wir allemahl zu / wir wollen vns hinfort bessern / alle Sünde / Scha̅d vnd laster außpeyen / vnd vns dafür hüten / das halten jhrer viele so lang biß sie wieder aus der Kirchen kommen / oder jrgend etliche Tage / da gehts dann wieder an / seyn sie zuvor Gottloß gewesen / vnd haben in verachtung des Worts GOttes / in vngehorsam / haß / fressen / sauffen / vnzucht / vngerechtigkeit / verleumdu̅g vnd andern Sünden gelebt / so fangen sie wieder an drinnen zuleben / daß sind die rechte Hunde vnd Sewe / davon an obgedachtem ort stehet: Es ist jhnen wieder fahren das ware Sprichwort: Der Hund frisset wieder was er gespeyet hat / vnd die Saw waltzet sich nach der Schwem̅e wieder im Kot. Wen̅ man dann hernach wiedervmb wol solte zur Beicht vnd Absolution kommen / vnd zum Tisch des HErrn gehen / so wacht bey vielen das Gewissen auff / fallen drüber in schwere Anfechtung vnd Gedencken soltestu zur Beicht vnd Tisch des HErr mit den Kindern GOttes gehen / bistu doch ein Hund / vnd gehestu hinzu / so mustu dich be
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fahren / du werdest von GOtt wie ein Hund gehalten / vnnd das Abendmahl zum Gericht empfangen. Vnd da stützt dann manger / daß er wieder wie ein Hund zurücke leusst / vnd sich Beichtstuels vnd Tisches des Herrn enthelt / etliche fallen auch wol drüber in Verzweifflung / etliche aber in Sicherheit vnd werden gar zu Epicurern. Wie sol mans nu aber da machen / wenn man also durch GOttes Wort vnd die Predigt vberzeuget wird im Hertzen seiner Vnwirdigkeit halben vn̅ das man ein Hund sey? Man sol sein diesem Cananeischen Weiblein folgen / da Christus sie für einen Hund schilt / verleugnet sie es nicht / sie wird auch nicht bitter vnd böß vnd flucht Christo / sondern sie sagt / Ja HErr / bekennet sich darzu / vnd erkennet jhre Vnwirdigkeit / vnnd bittet vmb ein Brotsamlein seiner Gnade: Also wenn vnser Gewissen vns vberzeuget / vnd das Hertz wird vns in der Predigt gerühret / wir haben vns wie Hunde bißanhero gehalten / offt besserung zu gesagt / aber nicht gehalten / sonder wol erger worde̅ / so sollen wirs nicht leugnen / viel weniger Predigern fluchen vnd mit jhnen zürnen / wie viele thun / denn so kan vns nicht geholffen werden / sondern wir sollen sagen ja HErr / vnsere Vnwirdigkeit erken̅en vnd bekennen / vnd vnsere Sünde vns von Hertzen lassen leid seyn / vnd vmb die Brotsamen der gnaden vnd Barmhertzigkeit Gottes anhalten / so treffen wirs recht / vnd wird gut mit vns: Wie 1. Johan. 1. geschrieben stehet: So wir sagen / wir haben keine Sünde / so verfüren wir vns selbst / vnd die Warheit ist nicht in vns: So wir aber vnsere Sünde bekennen / so ist er Trew vnnd Gerecht / daß er vns die Sünde vergibt vnd reiniget vns von aller Vntugend. David hats erfahren / vnd bezeugt es mit seinem Exempel im 32. Psalm. Er war zum Hunde worden / vnd hatte Ehebruch vnd Todtschlag begangen / weches Nathan sein Hoffprediger ohn allen zweiffel offt gestrafft / vnd den Knüttel vnter die Hund geworffen / wie man sagt / aber David ist lange zeit hingangen / vn̅ hat an das ja HErr nicht gewolt / sondern hat gemei
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net / er wolte es verschweigen / aber es ist jhm vbel bekom̅en / so ban er aber von Hertzen gesagt / ja HErr / ich habe dem HErrn gesundiget / ists besser mit jhm worden: Seine Wort in angezogenen Psalm lauten also: Da ichs wolt verschweigen / verschmathten meine Gebeine / durch mein täglich Heulen. Denn deine Hand war Tag vnd Nacht schwer auff mir / daß mein Schafft vertrockete / wie es im Sommer dürre wird Darvmb bekenne ich dir meine Sünde / vnd verhele meine Missethat nicht / ich sprach / ich wil dem HErrn meine Vbertrettung bekennen / da vergabstu mir die Missethat meiner Sünde.
Derwegen ist nu jemand hie in dieser Christlichen Versamlung / der zum Hund wehre worden / der gehe in seinem Hertzen GOtt richtig vnter Augen / sage oder gedencke / Ja HErr / ich bin zum Hunde wieder worden / vnd nicht werth / daß du mich wieder zur Toffel deiner Gnaden lassest kommen / etc. Aber mache mich O GOtt vmb JEsus Christus willen der Brosamen deiner Gnad vnnd Barmhertzigkeit theilhafftig vnd vergib mir alle meine Sünde. Wer das thut / dem schwiret GOtt bey seinem leben / er sol vergebung der Sünden haben / Ezech: 33 vnd sol jhm alle seine vorige Vngerechtigkeit vnd Sünd nicht schaden. Ja solche Hunde sollen nach der hertzlichen Buß mit den Kindern GOttes / Abraham / Isaac vnd Jacob im Himmelreich zu Tische sitzen / Matth 8. Das ist allen die wieder jhr Gewissen gesündiget vnd wieder ware Buß gethan / ein grösser Trost / dafür sie die Welt nicht nemen solten / man sol dan̅ aber hinfort gleichwol zusehen / daß man nicht wieder zum Hund werde / sondern zur Danckdarkeit als ein Kind GOttes leben: Vnd die vermannung Christi / Johan: 5. in acht nemen: Gehe hin vnd Sündige nicht mehr / auff daß dir nicht etwas ergers wiederfahre. Auch so viel vom Vierden.
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Vom Fünfften.
VOm Fünfften vnd Letzten mit wenig Worten. Lieber wie ists doch mit diesem Kampff vnd Streit zwischen Christo vnd dem Cananeischen Weiblein abgelauffen? Daß Weib hat Gesieget / welches ma̅ an Christi Wort vn̅ Werck oder hülff leichtlich kan abnemen. Die Wort Christi lauten also: O Weib dein Glaub ist groß / dir geschehe wie du wilt. Hie bricht Christus recht herfür / vnd kan sich nicht lenger frembd stellen gegen das arme Weib / vnd wil so viel zuverstehen geben / darvmb sey es jhm zuthun gewesen / daß jhr Glaub bewehret vnd recht an Tag sol kom̅en / vnd weil sie solchen grossen Glauben habe / so sol jhr gesthehen / wie sie wolle / gibt jhr damit Gewalt vber alles / wz sie nur begehre / daß sol jhr wiederfahren. Das Werck oder die hülff Christi stehet darinnen / jhre Tochter ist Gesund worden zu derselben Stunde / der Teuffel hat von jhr mässen weichen / vnd so hoch Mutter vnd Tochter betrübt sein gewesen / so hoch sein sie wiedervmb erfrewet. Hirauß sehen vnd venemen wir / was die versuchung GOttes bey den From̅en zuletzt für ein end gewin̅en / nemlich ein frölig gut vnd selig ende / im anfang zwar lesset sichs mit GOtt vbel an / alß wenn er vnser Feind wehre / vnd vnser gar kein Gnad wolte haben / aber er meinet es nicht von Hertzen / sondern er thuts darvmb / daß wir anhalten / ritterlich Kämpffen / bewehret werden / vnd biß ans ende bestendig bleiben / vnnd vnser Trübsal die zeitlich vnd leicht / 2 Cor: 4. eine ewige vnd vber all maß wichtige Herrligkeit schaffe. Jerem: 29. Ich weis wol was ich für gedancken vber euch habe, spricht der HErr / gedancke̅ des Friedes vnd nicht des Leides / daß ich euch gebe das ende / daß jhr erwartet: In Klagliedern Jerem: 3. cap. GOtt plagt vnd betrübt die Menschen nicht von Hertzen. Derwege̅ wenn sich schon GOtt nach so frembt stellet in vnserm Creutz vnd Vnglück / so sollen wir deßhalben nicht verzagen / sondern jm̅er anhalten / vnd
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nicht zweifflen / er werde vns zuletzt wieder erfrewen / wie Sara Tobiae 3. sagt: Das weis ich fürwar / wer GOtt dienet / der wird nach der Anfechtung getröstet / vnd aus der Trübsal erlöset / vnd nach der Züchtigu̅g findet er Gnade / den̅ du hast nicht lust an vnserm verderben / den̅ nach dem Vngewitter lessestu die Sonnen wieder scheinen / vnd nach dem Heulen vn̅ Weinen vberschüttestu vns mit Frewden. Deinem Namen sey ewiglich ehere vnd lob / du GOtt Israel. So ists mit Jacob zugangen: Gen: 32. Da ringet GOtt gewaltig mit jhm / vnd stellet sich als wehre er sein ergster Feind / daß er ohn allen zweiffel grosse anfechtung gefühlet: Aber nach dem Jacob bestendig geblieben / vnd GOtt sich rechtschaffen an jhm versucht / da erlangt er den Segen / vnd die Sonne getzet jhm auff / vnd er nennet die stett Pniel / denn sagt er / ich habe GOtt von Angesicht gesehen / vnd meine Seele ist genesen. So muß dem Gerechten das Liecht jm̅er wieder auffgehen / vnd frewde den from̅en Hertzen / Psal. 97: den from̅en gehet das Liecht auff im Finsternis von dem gnedigen / Barmhertzigen vnd Gerechten / Psal: 112. Vnd Wenn ja das ende hie allzeit im Leiblichen nicht gut wird / so wirts doch gut im Geistlichen / das wenn man bestendig bleibt / die Seligkeit drauff folget. Derwegen sollen wir getrew sein biß in denn Todt / Apoc: 2. Verharre̅biß ans ende / Matth: 24. Eine gute Ritterschafft vben / glauben behalten vnd ein gut Gewissen / 1. Tim: 1. So werden wir endlich mit Paulo sagen Kön̅en 2. Tim: 4. ich habe einen guten Kampff geke̅pffet / ich hab denn Lauff vollendet / ich habe glauben gehalten / hinfurt ist mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit / welche mir der HErr an jenem Tage / der gerechte Richter geben wird / nicht mir ber allein / sondern auch allen / die seine erscheinung lieb haben. Darzu verhelff vns allen GOtt Vater / Sohn vnd heiligen Geist hochgelobt in ewigkeit / Amen.
ENDE.
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In der Antwortauff Irenicam Concionem.
A 3. 6. Contio liese Concio.
B. 1. §. 4 der Hertzen / liese den Hertzen.
B. 2. 6. das praevisae fidei / liese des.
B. 3. lin. 8. das vorersehenden Glaubens / liese des vorersehenen
B. 3. 6. der Persönlichen vneinigung / liese vereinigung.
E. 1. l. 11. Da nu vnser Erlöser vnd jmmer oder ewiger Vater sagt in seinem Testament nicht gleubet / liese / da nu vnser Erlöser vnd jmmer oder ewiger Vater nicht sagt in seinem Testament gleubet.
In der Predigt vom Cananeischen Weiblein.
A. 3. b hören wie / liese hören wir.
B. 3. b. er rucht mich an / liese er rufft mich an.
B. 4. lin. 12 Luc. 2 liese Matth. 2.
E. 2. b. lin. 4. thut / liese thue.
Ibidem lin. 14. am Stam des heiliges Christus / liese am Stam des heiligen Creutzes.
E. 3. b. lin. 26. vnd 27. Welchen jhr die Sünde verlasset / denen sind sie verlassen / liese welchen jhr die Sünde erlasset / denen denen sind sie erlassen.
E. 4. lin. 24. vnter Flügel / liese vnter jhre Flügel.
E. 4. b. lin. 6. à pasteriori, liese posteriori.
Ibidem lin. 17. sagen oder vnd gedencken / liese sagen oder gedencken.