Transkription

Lütkemann, Joachim: Der frommen Kinder Gottes Zeitliches Leiden und ewige Herrligkeit... .
[Inhaltsverzeichnis]
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Der frommen Kinder GOttes Zeitliches Leiden und ewige Herrligkeit.
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Aus den Worten Rom. IIX. v. 18.
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Ich halte es dafür / daß dieser Zeit Leyden etc. Veranlasset / Und bey der Christlichen vnd ansehnlichen Leichbegängnis Der weyland Erbaren viel Ehr- und Tugendreichen Frawen /
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Frawen Margarethen Hackmanns /
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Herrn Brandani Daetrii SS. Th. Doctoris und Superinten dentis allhie zu Braunschweig / Hertzgeliebten Ehegemahls /
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Als dieselbe am VI. des Wintermonats in S. Martini Kirchen hieselbst in Ihr Ruhekämmerlein bey gesetzet ward /
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Vorgetragen von Andrea Henrico Bucholtz Coadjutore daselbst.
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Braunschweig / bey Christoff Friedrich Zilliger /
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ANNO M DC LIV.
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VIRO Plur. Reverendo, Amplissimo & Excellent is simo
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DN. BRANDANO DAETRIO SS. Theologiae Doctori, & apud Brunsvicenses Superintendenti fidelissimo, iterum VIDVO; Collegae, Compatri & in CHRISTO fratri meo plur. honorando, Exequialem hanc Concionem, In humatione Conjugissuae dilectissimae, foeminae optimae & piissimae, praematurâ, si aetatem spectes, attamen beatâ morte huic anxiae vitae ereptae ac longè meliori traditae, a me habitam, Vti debui & par est l. mq. offero, Eiqueue in acerbissimo luctu solatium; gravissimo dolore mitigationem; lacrymosis desideriis temperamentum; moestissimoqueue viduatu patientiam ac levamen
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â DEO afflictorum Paracleto ex animo precor Andreas Henricus Bucholtz / Eccl. & Schol. Brunsvicens. Coadjutor.
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Eingang.
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DER grundgütige GOtt / der ein GOtt ist der Gedult und des Trostes / wolle uns in allem Kreutz und Leyden / welches wir als gläubige Kinder GOttes in dieser Lebenszeit außstehen müssen / mit seines Geistes Krafft und Gnade also leiten und stärcken / daß nach dessen Endigung auch die ewige Herrligkeit des him̅lischen Lebens zu jeiner Zeit an uns möge offenbahret werden / Amen. Andächtige und Geliebte in Christo JEsu unserm HErrn. Als der fromme Altvater Jacob von dem Egyptischen Könige Pharao über sein Alter befraget ward / gab derselbe diese Antwort: Die Zeit meiner Walfahrt ist hundert und dreissig Jahr / wenig und böse ist die Zeit meines Lebens / und langet nicht an die Zeit meiner Väter in jhrer Walfahrt / Gen. XLVII, 9. Hiemit gibt Jacob dem Pharao zu vernehmen / daß ob er gleich eine geraume Zeit / CXXX. Jahr in dieser Welt zugebracht / schätze ers doch vor eine kurtze Zeit / in Betrachtung / weil seine Vor-Eltern es höher gebracht hatten / nachdem sein älter-vater Thara / CCV. Jahr / Gen. XI, 32. sein Großvater Abraham / CLXXV. Jahr / Gen. XXV, 7. sein Vater Isaac CLXXX. Jahr / Gen. XXXV, 18. in dieser Welt hatten gelebet. Und ob er gleich dazumahl noch bey zimlichen Leibeskräfften seyn mochte / als er diese Worte zu Pharao redete / hat er doch ohn zweiffel es an deren abgang wol gemercket / daß er ein so hohes Alter nicht erreichen würde; wie er dann nur noch XVII. Jahr in Egypten lebete / und also seine gantze Lebenszeit sich nur auff CXL VII. Jahr erstreckete / Gen. XLVII, 28. Es meldet aber Jacob dem Pharao nicht allein an / daß seine Walfahrts oder Lebenszeit kurtz / sondern daß sie auch böse gewesen sey. Wenig und böse ist die Zeit meines Lebens / spricht er.
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Freylich hat dieser liebe Gottes-freund mannichen bösen Tag gehabt; da sein leiblicher und einiger Zwillings-bruder Esau jhm gram ward / und dräwete jhn zu erwürgen / Gen. XXVII, 41. vor dessen Grimm er seine liebe Eltern verlassen / und sich in die Frembde begeben muste; da er XX. Jahr lang wol recht böse Zeit hatte / verschmachtete des Tages vor Hitze / des Nachts vor Frost / und kam kein Schlaff in seine Augen / Gen. XXXI, 40. Ja was vor eine Unzahl der schweren Unfälle stürmeten auff jhn an: Sein Schwäher war jhm neydig; seiner Frawen Brüder mißgönneten jhm sein Glück; seine einige Tochter Dina ward jhm zu falle bracht; seine Söhne Simeon und Levi verübeten eine unbilliche grausame Rache an den Bürgern der Stadt Sichem; sein liebes Hertz die Rahel starb jhm in der Geburt; sein gröster Sohn Ruben begieng Bluttschande; sein liebster Sohn Joseph ward jhm entrissen / welchen er XXI. Jahr lang / als einen von den wilden Thieren zurissenen / betraurete; wie davon Genes. XXXI. und folgenden zu lesen ist; und erscheinet daher zur gnüge / daß seine Lebenszeit böse gnug gewesen sey. Noch dannoch meldet er / sein Leben sey kurtz gewesen / es habe jhn nicht gar langwierig gedaucht. Wann sonst ein Mensch unter vielem Unglück und Widerwertigkeiten sich leyden muß / fällt jhm die Zeit nicht kurtz / sondern sehr lang / ob sie gleich nicht so gar lang ist: Also rechnete Hiob die einzelne Monden und Nachte vor eine lange Zeit / da er seiner Leibesschmertzen empfand / wie er Cap. VII, 3 klaget: Ich habe wol gantze Monden vergeblich gearbeitet / und elender Nachte sind mir viel worden. Aber der fromme Jacob weiß sich hieselbst zu begreiffen / und ungeachtet sein Unglück zimlich angehalten / und seine Lebenszeit böse gewesen war / so spricht er dannoch / die Zeit seines Lebens sey wenig gewesen / es habe jhm nicht lange gewehret. Dessen Jhr meine Geliebten / müssen wir uns nun
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auch trösten / daß ob unsere Lebenszeit gleich auch böse ist / und wir auff dieser Walfahrt elende Kreutzträger seyn müssen / gleichwol solche Leidens-zeit nicht ewig / sondern nur eine kurtze Zeit wehren sol / und wir nach dessen Endigung mit der ewigen Herrligkeit sollen begabet werden; wie sich dessen auch Jacob tröstete / da er sagte: HErrich warte auff dein Heil / Gen. XLIX, 18. Dessen hat sich auch getröstet unsere in GOtt selig verstorbene Mirschwester / die weyland Erbare viel Ehr und Tugendreiche Frau Doctorin / deren wir vor dißmal den letzten Liebedienst erzeiget / und jhren abgelebeten Leichnamb biß an sein Ruhestättlein begleitet haben. Dann ob gleich auch sie / dieser Zeit Leyden als ein Kind GOttes hat müssen über sich nehmen / hat sie doch zugleich erkennet und vor jhr bestes gehalten / daß solches Leiden kurtz und geringe / und gegen die him̅lische Herrligkeit nicht eins zu rechnen sey / die an allen gläubigen und gehorsamen Kindern Gottes in dem künfftigen ewigen Leben sol offenbahret werden. Wann wir dann zu dem Ende vor dißmal bey einander versamblet sind / den zweyfachen Stand der Kinder GOttes / als den Leidens-Stand dieser Zeit / und den Freuden-Stand der künfftigen Seligkeit mit einander zu betrachten / so bitten wir den Vater aller Gnaden und Barmhertzigkeit / daß Er uns hierzu verleyhen wolle den kräfftigen Beystand seines heiligen Geistes / damit es seiner Göttlichen Allmacht zu Ehren / dem hinterbliebenen hochbetrübten Witwer / Tochter und Anverwandten zum Trost / und uns allen zur Erbawung im Glauben / in der Gottseligkeit und in der Gedult / gereichen möge. Welches von GOttes Barmhertzigkeit zu erlangen / betet mit mir ein andächtiges und gläubiges Vater Unser.
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Leich-Text. Rom. IIX, 18. Ich halte es dafür / daß dieser Zeit Leiden der Herrligkeit nicht wehrt sey / die an uns sol offenbahret werden.
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Erklärung.
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ANdächtige und außerwählte Freunde GOttes; wan̅ wir alle Bücher der Göttlichen heiligen Schrifft Altes und Neues Testaments durchsuchen / werden wir keinen Lehr- und Trostreichern Ort antreffen / als dieses IIX. Capittel der Epistel an die Römer geschrieben / auß welchem unser jetzt abgelesener Leichtext genommen ist. Dann anfangs lehret uns hieselbst der Apostel Paulus / worinnen eygentlich unsere Gerechtigkeit und Seligkeit bestehe / nemlich in Christo JEsu / so das alle die in Christo sind / das ist; die mit wahrem festen Glauben sich an Christum JEsum halten / vor der ewigen Verdamnis befreyet / und von alle dem loß gewircket sind / was sonsten an jhnen verdamlich was / un̅ durch welche sie sonst hätten müssen ewig verdampt seyn und bleiben; Und solche Freymachung von der Verdamnis sey jhnen wiederfahren durch Christi Verdienst und Gnugthuung / weil dem Gesetz solches zu leisten unmöglich war. Es werde aber dieses Verdienst unsers Heylandes nicht ohn unterscheid allen Menschen wircklich mitgetheilet / ob gleich Christus vor alle Menschen gestorben ist / und vor aller Menschen Sünde gnug gethan hat; sondern nur allein diese von den erwachsenen Menschen / haben sich des Verdienstes unsers Heylandes zu getrösten un̅ zu erfrewen / die nicht nach dem Fleische / sondern nach dem Geiste wandeln; das ist / die
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nicht den fleischlichen Lüsten un̅ muhtwilligen Sünden wider die er ste und andere Gesetzes-Taffel ergeben sind / sondern dieselben meiden / oder wie Paulus redet / welche des Fleisches Geschäffte durch den Geist tödten; oder wie er im vorhergehende̅ VI. Cap. V. 12. redet / welche die Sünde nicht herrschen lassen in jhrem sterblichen Leibe / jhr gehorsam zu leisten in seinen Lüsten / noch der Sünden jhre Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit begeben / sondern begeben sich selbst GOtte / als die da aus den Todten lebendig sind / und jhre Glieder GOtte zu Waffen der Gerechtigkeit. Zu welcher Ertödtung des Fleisches und Aufferstehung zur Gerechtigkeit sich alle dieselben durch den Geist GOttes antreiben lassen / welche GOttes Kinder sind / und der himmlischen Seligkeit nachtrachten. Und eben dieser antreibende Geist Gottes zu solcher Christlichen Gottseligkeit / meldet Paulus ferrner / gebe den gläubigen From̅en das Zeugnis / und versichere sie in jhrer Seele und Gewissen / daß sie Gottes Kinder seyn / daß sie bey GOtt in Gnaden stehen; worauff dann dieses endlich erfolge / daß weil sie Kinder sind / sie zugleich auch Erben GOttes und Miterben Christi seyn sollen / zu der himmlischen Seligkeit; jedoch also und mit dieser Bedingung / daß wie Christus zuvor hat müssen leiden / ehe Er mit Preiß und Ehren gekrönet ist / also müssen wir jhm in diesem Stück ähnlich werden / un̅ mit Ihm leyden / so gar / daß wo wir aus ungehorsam / oder aus ungedult uns solches Leydens wolten entbrechen / werde die künfftige Erbschafft uns nicht zu theile werden. Damit wir aber durch diese Kreutz- und Leidens-Bedingung uns nicht abschrecken lassen möchten / oder gedencken wolten / es würde uns dieses Leyden zu schwer und zu tragen unmöglich seyn / wolten demnach lieber mit den üppigen Weltkindern der zeitliche̅ Wollust nachstreben / und das Ewige fahren lassen; so begegnet der Apostel solchen hochschädlichen Gedancken in unsern abgelese
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nen Worten / und gibt uns zu verstehen / daß das Unglück und Leyden / welches wir als Kinder GOttes in dieser Welt außstehen müssen / eben nicht so groß und hefftig / sondern klein und geringe / und nicht eins zu rechnen sey gegen die Herrligkeit / welche in der künfftigen Erbschafft wir von Gott zu gewarten haben; da er spricht: Denn ich halte es dafür / daß dieser Zeit Leiden der Herrligkeit nicht wehrt sey / die an uns sol offenbahret werden. Lasset uns den Safft und Krafft dieser kurtzen / aber Lehr- un̅ Trostreichen Worte etwas nachdencklicher betrachten / und mit einander besehen / Erstlich was der Apostel durch dieser Zeit Leiden verstehe. Hernach / was vor eine Herrligkeit es sey / die an uns sol offenbahret werden. Und Endlich / wie dieser Zeit Leyden gegen die künfftige Herrligkeit nicht eins zu rechnen / oder derselben nicht wehrt sey. GOTT verleyhe uns hierzu seines H. Geistes Krafft umb Christi willen / Amen.

Vom Ersten.
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ALso redet nun anfangs der Apostel in unsern abgelesenen Worten von einem Leyden / welches er dieser Zeit Leyden nennet. Wir müssen durch dieses Leyden nicht verstehen das Leyden unsers HERRN und Heylandes JEsu Christi / welches Er umb unsert willen / nemblich zur Bezahlung unser Sünden Schuld / zu Abwendung des Zorns GOttes und der ewigen Höllen-straffe von uns / und zu Wiederbringung unser verlohrnen Seligkeit außgestanden hat / da Er sich hat lassen geisseln / mit Dornen kröne̅ / ans Kreutz hefften / und gar tödten. Dieses war zwar auch ein Leyden dieser Zeit / der Sohn GOttes stund es aus in dieser Zeit / aber es ist ein Leyden / welches der Herrligkeit wehrt ist; es ist ein solches vollkommenes vollgültiges Leyden / durch welches
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uns die künfftige Herrligkeit völlig wieder erworben ist / woraus dann erscheinet / daß der Apostel in unserm Text von diesem Leyden unsers Heylandes nicht rede / da er spricht: Ich halte es dafür / daß dieser Zeit Leyden der Herrligkeit nicht wehrt sey / die an uns sol offenbahret werden; sondern es verstehet allhie der Apostel ein solches Leyden / welches uns Menschen trifft / und zwar in dieser Zeit / weil wir unsere Walfahrt in dieser Welt / in diesem zeitlichen Leben führen; daher ers auch ein Leyden dieser Zeit nennet. Jedoch müssen wir durch dieses Leyden nicht alles und jedes Leyden verstehen / welches etwa einen Menschen in diesem Leben übergehen möchte; dann da müssen die muhtwilligen groben Sünder / die Diebe / Mörder / Räuber / und andere Ubelthäter billich die zeitliche Lebensstraffe leyden und außstehen / womit sie von der weltlichen Obrigkeit nach GOttes Befehl abgestraffet werden; vor welches Leyden wir und ein jeder Christ sich fleissig hüten sol / wie uns Petrus vermahnet / da er in seiner ersten Epistel Cap. IV, 15. spricht: Niemand unter euch leyde als ein Mörder / oder Dieb / oder Ubelthäter / oder der in ein frembd Ampt greiffet. Ist so viel gesagt: Wir sollen uns vor solche und dergleichen Ubelthaten hüten / damit wir nicht solches Leyden über uns bringen. Aber / wie gesagt / von solchem Leyden / welches man wegen der Ubelthat aus zwang über sich nehmen muß / redet unser Apostel nicht / wann er kurtz vor den abgelesenen Worten spricht: Wir müssen mit Christo leyden / auff daß wir auch mit zur Herrligkeit erhaben werden. Sondern diese Leyden sind es / welche einem gläubigen frommen Christen in dieser Zeit / in diesem Leben zufallen und aufferlegt werden. Diese Leyden sind es / von welchen König David Psalm XXXIV, 20. spricht: Der Gerechte muß viel leyden. Davon der fromme Assaph Psalm LXXVII. redet / da er V. 11 spricht: Ich muß das ley
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den. Und Psalm LXXIII, 14. Ich bin geplaget täglich / und meine Straffe ist alle morgen da. Davon die gottselige Judith in jhrem Büchlein Cap. IIX, 22. redet / diese Leyden / dadurch wir gezüchtiget werden / wie GOttes Knechte / zur Besserung / und nicht zum verderben. Davon Paulus redet in der Apostel Geschichten Cap. XIV, 22. Wir müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes gehen. Und 2. Tim. III, 12. Alle die gottselig leben wollen in Christo JEsu / müssen Verfolgung leyden. Welches alles ja ein solches Leyden ist / welches wir nicht als Mörder oder Diebe / oder Ubelthäter / sondern welches wir als Christen leyden / und nach GOttes willen / wie Petrus I. Epist. IV, 16. 19. redet. Also sehen wir nun / daß dieser Zeit Leyden / von welchem unser Text meldet / eygentlich dasselbe Leyden sey / welches den gläubigen und frommen Kindern GOttes auffgeleget wird. Möchte jemand sprechen: Wie muß ich dann das verstehen / daß die Gläubigen / ja daß die frommen Kinder GOttes diesem zeitlichen Leyden müssen unterworffen seyn? Ich meyne / es hätte GOtt der Gottselig- und Frömmigkeit seine Gnad / seine Hülffe und alles gutes versprochen; und hie vernehme ich / daß dieser Zeit Leyden / die Gläubigen und frommen Kinder GOttes treffen sol? Antwort. Ja lieber Christ; GOtt hat seinen Gläubigen und Frommen / solches alles wie du sagest / freylich versprochen; Fürchte dich nicht / ich bin mit dir; weiche nicht / ich bin dein GOtt / ich stärcke dich / ich helffe dir auch / ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit / Esa. XLI, 10. ER theilet jhnen auch solche seine versprochene Gnade / Hülffe / und alles gutes reich ich mit / in dem Erin diesem Leben jhnen diese Gnade zuwendet / daß sie seine väterliche Züchtigungen erdulden; in dem Er jhnen mit seiner Hülffe beystehet / und jhnen die Last hilfft tragen / welche Er jhnen auffleget / auch
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als ein getreuer GOtt es schicket / daß sie nicht über Vermögen müssen versucht werden / sondern solche Versuchung ertragen können; indem Ers schicket / daß alles was jhnen begegnet / es sey süsse oder saur / es sey Züchtigung oder Verschonung / oder Errettung / jhnen zum besten dienen muß. Aber wir müssen solche Versprechung der Gnade / Hülffe und alles gutes / die GOtt seinen Kindern gethan hat / nicht also verstehen und außdeuten / als wann Er jhnen lauter zeitliches wolergehen und glückliche Tage / in aller Völle / Reichthumb / Gesundheit / Ehre / und jrrdischer Herrligkeit zugesagt hätte. Nein O nein! Ob gleich unser GOtt zu zeiten einem from̅en Menschen auch einen frölichen Tag verleyhet / so bleibets doch dabey / was der Apostel Hebr. XII, 6. uns ankündiget / da er spricht: Welchen der HErr lieb hat / den züchtiget Er / Er stäupet aber einen jeglichen Sohn den Er auffnimt. Woltestu aber einwenden / es schiene ungütlich gehandelt seyn / daß GOtt die frommen Kinder stäupet / so mustu wissen / daß der Kinder Gottes jhre Frömmigkeit nicht in solcher Vollkommenheit bestehet / welche sich allerdinge nach GOttes Willen in gebührlichem Gehorsam bezeigen / und keine Straffe verdienen solte / sondern da heist es / wie die gläubige Kinder GOttes Esa. LXIV, 6. sich schuldig geben : Wir sind allesampt wie die Unreinen / und alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein unflätig Kleid; Und wir demnach alle mit David Psal. CXXX, 3. sprechen müssen; So du wilt HErr Sünde zurechnen / HErr wer wird bestehen: Und Ps. CXLIII, 3. HERR GOtt / gehe nicht ins Gericht mit deine̅ Knecht / denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht. Daher heist es freylich also / wie Hiob Cap. IX, 2. 3. spricht: Ich weiß fast wol / daß also ist / daß ein Mensch nicht rechtfertig bestehen mag gegen GOtt; hat er lust mit jhm zu haddern / so kan er Jhm auff tausend nicht eins antworten. Dan̅
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Fleisch und Blut ist auch in den gläubigen Kindern GOTTES schwach / welches / obs gleich durch den Geist von groben muhtwilligen Sünden abgehalten wird / dannoch offt die Sünde der Schwachheit begehet / und solche Kinder GOttes das Gesetz der Sünden in jhren Gliedern sehen und empfinden / weil in jhrem Fleische nichts gutes wohnet / und der Geist jmmer zu mit demselben zu kämpffen hat; daher solche Glaubige täglich bitten un̅ zu Gott seufftzen müssen; Du lieber him̅lischer Vater / vergib uns unser Schuld. Sind also diese Kinder GOttes nicht so fromm / daß sie in steter Frömmigkeit / in vollkommener Frömmigkeit jmmer zu ohn verstoß bleiben solten / sondern sie verdienen offt jhres him̅lischen Vaters Stäupruhte / welcher sie auch umb jhres verbrechens willen stäupet / weil Er sie lieb hat; weil Er jhr Heil und Wolfahrt suchet / und sie von den sündlichen Begierden zurück ziehen / sie in seiner Furcht erhalten / die Erkäntnis / das sie nicht unschuldig sind / in jhnen wircken / und durch solche Züchtigung jhre Beständigkeit in der Demuht / Gedult / Hoffnung / Glauben und Gehorsam prüfen / bewehren / und fortsetzen wil / da sie wol gar leicht jhren Begierden zur üppigkeit den Zügel möchten schiessen lassen / wann sie dieser Zuchtruhte entnommen / in aller Lust und Vergnügung lebeten. Es werden aber / der Unvollkommenheit ungeachtet / diese Kinder Gottes fromm genennet / weil sie von der frechen Boßheit sich enthalten / und bemühet sind / in der Frömmigkeit jmmer zu wachsen und zuzunehmen. Also sihestu nun / lieber Mensch / was die Ursach sey / daß GOtt seinen Kindern / nicht nur den gottlosen bösen Menschen / die seine Kinder nicht sind / sondern auch seinen lieben Kindern das zeitliche Leyden zuschicket. Welches zeitliche Leyden dann mancherley ist. Da muß der eine in Dürfftigkeit und Armut sein Leben zubringen; Ein ander empfindet allerhand Leibesmangel und Gebrechen; Ein ander ligt in schmertzlicher
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Kranckheit danieder; Ein ander leydet Verfolgung / Verleumdung / Verachtung. Ein ander verleuret seine beste̅ Freunde gar zeitig / seine Eltern / sein hertzliebes Ehegemahl / die Halbscheid seiner Seele; seine Kinder / seine zeitliche̅ Güter / und was er sonst liebes in dieser Welt haben mag. Ey es haben die Kinder Gottes des Leydens so viel / daß es nicht kan alles erzehlet werden. Jedoch mag solches Leyden noch so groß / noch so mancherley seyn / noch so hart und hefftig / so ists doch / (ey Gott lob) nur ein Leyden dieser Zeit; Es wäret nicht länger als diese Zeit / als diese unsere Lebenszeit; welche Lebenszeit aber vergänglich / kurtz und flüchtig ist / dan̅ es fähret schnelle dahin / als flögen wir davon / Psal. XC, 11. Und weil unser Leyden ja nicht länger als diese Lebens zeit wehren kan / muß solches ja zugleich mit dem Leben schnell dahin fahren und davon fliegen / Jedoch lernen wir hier auß / daß wie ein vernünfftiger Vater / wann er mercket / daß sein Sohn oder Tochter nach der Uppigkeit Begierde trägt / er jhnen solchen Willen nicht gönnet / sondern jhnen zu schaffen gibt / daß sie jhren Sinn davon abziehen; gleich also müsse ein gläubiges Kind GOttes / als lange es in dieser Welt wallet / jhm kein jrrdisches Paradeiß oder stätiges Freudenleben einbilden noch hoffen / sondern vielmehr sich darzu schicken und gefasset halten / daß es Leyde / daß es allerhand Trübsal / Angst und Ungemach / als Uppigkeits-verhinderunge̅ über sich nehme und erdulde; wie solches unser Heyland seinen Gläubigen und lieben Freunden selbst angesagt hat / da er Joh. XVI, 33. spricht: In der Welt habt jhr Angst. Ihr werdet der Welt Lust und Freude nicht zu geniessen haben / sondern so lange jhr in derselben lebet / wird euch die väterliche Stäupruhte GOttes heimsuchen / und offt angst genug machen. Wie ja alle Gläubigen und Frommen solches von anfang der Welt her wol erfahren / und das Leyden dieser Zeit schmecken und auß
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stehen müssen / daß wann du nachsuchen und fragen würdest / wer etwa von den Freunden GOttes mit dieser Angst were verschonet worden / wirstu keine Antwort als diese haben; wo ist ein Sohn / den der Vater nicht züchtiget: Nirgends in dieser Welt. Ebr. XII, 7. Es muß so seyn / ein jeder der ein liebes Kind GOttes ist / muß nicht ohn Anfechtung bleiben / zeiget Engel Raphael dem alten frommen Tobia an / in dessen Büchlein am XII, 13. Adam hatte sein Leyden und Anfechtung / so offt er sich erinnerte / daß er den vortrefflichen Schmuck des Ebenbildes GOttes durch den Sündenfall verlohren hatte / und aus dem lustigen Paradieß-garten ins Elende getrieben war. Er hatte sein Leyden an dem frühzeitigen erbärmlichen Tode seines lieben und frommen Sohns des Abels / und an des gottlosen Kains schändlichem Brudermorde / Gen. III. IV. Noah hatte sein Leyden vor der Sündfluth an der Welt übermachter Boßheit / welche sich den Geist GOttes nicht mehr wolten straffen lassen; welche seiner Frömmigkeit und Gottesfurcht spotteten / und jhn ohn zweiffel gar für einen Narren gehalten haben / daß er nicht mit jhnen zugleich wolleben und seines Leibes gebrauchen wolte / Gen. VI. Er hatte sein Leyden nach der Sündfluht an seinem ungerahtenen Sohn dem Ham / Gen. IX. und an dem grossen Frevel seiner Kindskinder und Nachkommen / indem dieselben den Thurm zu Babel biß gar an den Himmel bawen wolten / Gen. XI. Abraham / Loth / Isaac / Jacob / Joseph / haben jhr Leyden auch rechtschaffen in dieser Welt empfunden / wie jhre Lebens-Geschichte im Ersten Buch Mose außweiset. Moses wie ein grosser Freund GOttes er war über alle andere Menschen / so das GOtt mit jhm redete von Angesicht zu Angesicht / wie ein Mann mit seinem Freunde redet / Exod. XXXIII, 11 So war er doch zugleich auch ein sehr geplagter Mensch / über alle Menschen auff Erden / Num. XII, 3.
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Hiob war ein so frommer Knecht GOttes / daß er seines gleichen im Lande / oder in der Welt nicht hatte / der so schlecht / recht und gottfürchtig gewesen / und das Böse gemeydet hätte; aber sein Leyden war auch grösser und hefftiger / als keines andern / so daß es nicht mochte gezehler noch beschrieben werden / welches er selbst wehmühtig anzeiget / da er Cap. VI, 2. spricht: Wann man meinen Jammer wöge / und mein Leyden zusam̅en in eine Wage legte / so würde es schwerer seyn / denn Sand am Meer. Daher weiß er fast nicht / was vor hefftige Worte er in Beschreibung seines Leydens gebrauchen wil. Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir / derselben Grimm säufft aus meinen Geist; klaget er Cap. VI, 4. Und Cap. XVI, 12. spricht er: GOtt hat mich zu nichte gemacht; Er hat mich beym Halse genommen und zustossen / und hat mich Ihm zum ziel auffgerichtet; Er hat mich umbgeben mit seinen Schützen; Er hat meine Nieren gespalten / und nicht verschonet; Er hat meine Gallen auff die Erde geschüttet; Er ist an mich gelauffen als ein Gewaltiger. Davids Leyden war auch nicht geringe / so daß er meynete / er were nur darzu gemacht oder erschaffen / daß er leyden solte / Psal. XXXIIX, 18. Die Propheten und andere Gläubige Altes Testaments ist das Leyden dieser Zeit auch nicht vorbey gangen / es hatte sie so hart getroffen / daß sie wol den Tag jhrer Geburt verflucht haben / wie an Jeremia zu sehen ist / Cap. XX, 14. Im Neuen Testament ist das Leyden dieser Zeit bey den frommen Kindern GOttes zeitig angangen. Es traff den lieben Heyland / so bald Er an diese Welt gebohren war / da jhn der gottlose Wüterich Herodes zu tödten suchte / Matth. II. Nachgehends hielt sein Leyden / seine Widerwertigkeit jmmer an / biß Ihn seine Feinde und Verfolger gar ans Kreutz brachten. Sein Vorlauffer Johannes
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der Täuffer / muste diesen Leydens-becher auch außtrincken / als jhn der andere Herodes enthaupten ließ / Matth. XIV, 10. Die Apnstel und Jünger des HErrn haben das jhre auch empfunden / daß sie in diesem Stück jhrem Heylande und Meister ähnlich werden müssen / wie Er jhnen solches zuvor gesagt hatte Matth. X, 17. &c. Joh. XV, 18. &c. Daher spricht Paulus 2. Cor. 1, 5. Wir haben des Leydens Christi viel. Und Cap. IV, 8. Wir haben allenthalben Trübsal / uns ist bange / wir leyden Verfolgung / wir werden unterdrückt / und tragen umb allezeit das Sterben des HErrn JEsu an unserm Leibe. Gleich wie nun dieses der Vaters-brauch unsers GOttes / von anfang her ist / so wird Er denselben auch fortsetzen bey seinen Kindern / als lange diese Welt stehet / als lange diese Zeit wäret. Deßwegen müssen wir eines Menschen Glauben und Frömmigkeit / und wiewol er bey GOtt in Gnaden stehe / nicht aus seinem zeitlichen wolergehen urtheilen / denn da würden wir hefftig betrogen werden; massen es gemeinlich gegehet / wie Assaph Psal. LXXIII, 3. 5. 12. lehret: Den Gottlosen gehets wol: Sie sind nicht in Unglück wie andere (gottfürchtige) Leute / und werden nicht wie andere Menschen geplaget. Sihe / das sind die Gottlosen / die sind glückselig in der Welt und werden reich. Uber welchen Wunder-wechsel die From̅en sich nicht allein offt verwundern / sondern sich wol dran stossen und ärgern / welches dem Assaph selbst schier wiederfahren wäre / wie er hieselbst V. 2. anmeldet: Ich hätte schier gestrauchelt mit meinen Füssen / mein Trit hätte vielnahe geglitten; da ich sahe daß es den Gottlosen so wol gieng, Und wie offt kompts / daß die gottfürchtigen mit Jeremia Cap. XII. in jhrem Hertzen also mit GOtt vom Recht reden: Warumb gehets doch den Gottlosen so wol / und die Verächter haben alles die
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fülle: Du pflantzest sie / daß sie wurtzeln / und wachsen / und bringen frucht / du lässest sie viel von dir rühmen / und züchtigest sie nicht. Welche Frage auch der Leydensvolle Hiob in seiner Jam̅erklage Cap. XXI, 7 einführet: Warumb leben denn die Gottlosen / werden alt und nehmen zu mit Gütern. — Ihr Hauß hat Friede für 8 furcht / und GOttes Ruhte ist nicht über jhnen. — Sie werden alt bey guten Tagen / und erschrecken kaum ein augenblick vor der Hölle. Aber mein frommer Christ; hier mustu dich begreiffen / un̅ über der Gottlosen zeitlichem Wolergehen nicht ungedultig werde̅ / sondern über Gottes Langmuht und Güte dich verwundern / welche Er den Gottlosen er zeiget / und dieselbe rühmen und preisen. Dan̅ sehet; Gott gehet mit diesen frevelmütigen Menschen so freundlich ümb / ob sie sich dadurch wolten von jhm ziehen lassen / und erkennen / das GOttes Güte sie zur Busse leitet / Rom. II, 4. Und mit eben solchen Augen müssen wir auch die Züchtigungen ansehen / welche Gott seine̅ lieben Kindern in dieser Zeit auffleget / daß sie nicht ein Zornzeichen oder peinliche Straffe zum verderben / sondern ein Vatersbrauch GOttes des HErrn sind / welcher einen jeglichen Sohn stäupet den Er lieb hat / so gar / daß welche dieser Züchtigung nicht theilhafftig werden / nicht eins vor Kinder / sondern vor Bastarte oder Hurenkinder zu halten sind / wie der Apostel bezeuget Ebr. XII, 8. Derwegen laß dichs nicht wundern / lieber Christ / wann du siehest daß fromme gottselige Christhertzen in dieser Welt allerhand ungemach über sich nehmen / und unter denscharffen Dornen die Glaubensfrüchte suchen müssen. Dan̅ es gehet / wie der alte gottselige Kirchenlehrer Clemens Alexandrinus lib. 2. stromat. schreibet: Proximus DEO, plenus flagellis. Je näher GOTT / je mehr Leyden oder Peitschen. Aber hiebey muß dieses alsbald zu unserm Troste stehen / daß
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nicht allein solches Leyden dieser Zeit zu unserm besten gemeynet ist / sondern unser himmlischer Vater nicht weniger durch solche Züchtigung / als durch Glückseligkeit uns seine Liebe darleget / wie der Geist GOttes Apoc. III, 19 uns mit diesen Worten andeutet: Welche ich lieb habe / die straffe und züchtige ich. Dieses ist / was König Salomo Proverb. XIII, 24. bekräfftiget: Wer seiner Ruhten schonet / der hasset seinen Sohn / wer jhn aber lieb hat / der züchtiget jhn bald. Er kennen wir nun eines leiblichen Vaters Liebe gegen sein Kind daher / wann er solches unter der Stäupruhten und in der Zucht hält / wann er jhm den Hals beuget und den Rücken bläwet / Syrach XXX, 2. 12. So müssen wir aus eben der Bezeigung auch unsers himmlischen Vaters Liebe erkennen / wie uns der alte Lehrer und Bischoff zu Carthago / Caecilius Cyprianus erinnert / da er lib. IV. epist. 4. gar sein schreibet: DEVS utique qui quem corripit, diligit; quando corripit, adhoc corripit ut em endet; ad hoc emendat, ut servet. Freylich liebet GOtt denselben / welchen Er züchtiget / und wenn Er züchtiget / so züchtiget Er jhn darumb / daß Er jhn bessern möge; Er bessert jhn aber darumb / daß Er jhn retten oder erhalten möge. Müssen demnach erkennen und bekennen / daß uns solche Züchtigungen sehr gut und heilsam seyn / und mit König David aus dem CXIX. Psalm. V. 71. sprechen: Bonum est mihi quod afflictus fui. Es ist mir gut und nützlich daß ich gezüchtiget bin / oder wie es Herr Lutherus gegeben hat: Es ist mir lieb / daß du mich gedemühtiget hast. Dann thut es uns so wol als ein Balsam auff unserm Haupte / wann uns ein Gerechter freundlich schläget und straffet / Psal. CXLI, 5. wie viel angenehmer sol es dann einem Kinde GOttes seyn / wann es von GOtt mit solcher Freundligkeit und aus väterlicher Hulde gezüchtiget wird? Der gottselige Kirchenlehrer Augustinus
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weiß jhm diesen Trost fein zunütze zu machen / wann er Epist. LXXXVII. schreibet: Quid non misericorditer praestaretur hominibus à Domino DEO, â quo etiam tribulatio beneficium est? nam res prospera donum est consolantis, res autem adversa, donum est admonentis DEI. Was vor Barmhertzigkeit solte den Menschen von GOtt dem HErrn nicht wiederfahren / von welchem auch die Züchtigung herköm̅t als eine Wolthat: Dan̅ das zeitliche Glück ist eine Gabe GOttes der uns tröstet: Das Unglück aber ist eine Gabe GOTTES / der uns vermahnet. Ach ja lieber Mensch / du mögest gewinnen oder verlieren / so mustu allemal es als ein Gnadenwerck Gottes erkennen / und mit jenem Volck Marc. VII, 37. sprechen: Er hat alles wol gemacht. Und mit dem Leydensvollen Hiob I, 21. Der Name des HErrn sey gelobet. Derwegen lieber Christ / laß dirs ein Gnadenzeichen von GOtt seyn / Er mag dich zureissen oder heilen̅ / Er mag dich schlagen oder verbinden / un̅ sprich mit Augustino, enarrat. Ps. 88. HErr GOtt / wann du freundlich mit mir liebkosest / so bistu Vater / und wann du schlägest bistu Vater; Du liebkosest mit mir / daß ich nicht von dir abfalle / du schlägest mich / daß ich nicht gar verderbe. Aber hie spricht mannicher / wann er von GOtt mit einem schweren Leyden heimgesucht wird: Ja man kan einem andern die Gedult mit gnug beweglichen Worten vorpredigen / wann man selber keine Schmertzen noch Angst fühlet / aber wer unter der schweren Kreutzeslast so hart und hefftig gedrücket wird / der kan nicht die Gedult so leicht ergreiffen; daher mans auch an den Heiligen GOttes siehet / daß sie wol zu zeiten eine und andere Ungedult haben vernehmen lassen; wie zu sehen an dem Mose Numer. XI, 11. &c. An Hiob cap. III, 1. &c. An Assaph Psalm. LXXVII, 8. &c. Und an andern mehr. Wie solte ich dan̅ in mei
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nem schweren Unglück können jmmer gleiche gedultig seyn? Ja lieber Mensch / es ist zwar an dem / daß ein Ungeübter das Unglück und die Zuchtruhte GOttes geringer und leichter schätzet / als welcher damit hart angegriffen wird; so ist auch die Gedult nicht eine solche Tugend / die aus unserm Fleisch und Blute / aus unsern eygenen Kräfften hervor wächset / sondern es bleibet wol bey dem alten Sprichworte: Gedult wächset nicht in jedermans Garten; So daß freylich auch die Heiligen GOttes jhre Fleisches-schwachheit in diesem stück zuzeiten empfunden haben: Aber daher mustu nicht gedencken / es stehe dir frey / nur jmmerhin ungedultig zu seyn / und wider GOtt zu murren; O nein / die Gedult ist uns sehr nöhtig; spricht der Apostel Ebr. X, 36. Und solches darumb / auff daß wir den Willen Gottes thun / und die Verheissung empfahen. Sehet: wer ungedultig ist in Trübsal / der thut den Willen GOttes nicht / sondern handelt demselben zuwider / weil GOtt die Gedult von seinen Kindern erfodert; Und weil er in diesem stück wider GOttes Willen strebet / so wird er auch die Verheissung nicht empfahen. Die Verheissung des Trostes / der Hülffe / der Errettung / wird jhm nicht zu statten kommen / weil dieselbe nur den Gedultigen geschehen ist. Derwegen lasset uns lauffen durch Gedult in dem Kampff der uns verordnet ist / vermahnet uns der Apostel Ebr. c. XII, 1. Lasset uns nicht ungedultig werden in diesem Leyden / sondern bekennen / daß es eine Straffe ist von GOtt / viel geringer denn unsere Sünden sind / und gläuben / daß wir gezüchtiget werden / wie seine Knechte / zur Besserung und nicht zum Verderben / Judith IIX, 22. Und weil diese Gedult nicht in unsern eygenen Kräfften bestehet / und gleichwol dieselbe so ernstlich von uns erfodert wird / so müssen wir GOtt unsern Vater hertzlich anruffen und bitten / daß Er uns mit dieser heilsamen Christli
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chen Tugend außrüsten wolle / als welcher Rom. XV, 5. ein GOtt der Gedult und des Trostes genennet wird. Nicht allein daß Er vor sich selbst ein gedultiger Gott ist / und mit unser Schwachheit gedult träget: Sondern / weil Er die Gedultnus schencken und in unser Hertz einpflantzen wil / wann wir nur nicht muhtwilliger weise uns dieser Gnade GOttes entgegen setzen / und sie zurück stossen / wie die frechen Weltkinder / welche die Gedult nicht vor eine Tugend / sondern vielmehr vor eine Kleinmütigkeit halten / worüber sie dermaleins zu der Straffe der ewigen Ungedult werden verurtheilet werden. Sey genung von dem Leyden dieser Zeit.

Vom Andern.
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WAs ist es aber vor eine Herrligkeit / welche dermaleins an den gläubigen frommen Kindern GOttes sol offenbahret werden: da der Apostel spricht: dieser Zeit Leyden ist der Herrligkeit nicht wehrt / die an uns sol offenbahret werden. Es ist eine zwyfache Herrligkeit; Eine ist die Herrligkeit des allerhöchsten GOttes selbst; Die andere ist eine Herrligkeit / welche den Menschen beywohnet. Die Herrligkeit Gottes ist unterschiedlich; da ist erstlich seine wesentliche Herrligkeit / und Göttliche Majestät / von welcher wir in H. Schrifft hin und wieder lesen können. Von dieser Herrligkeit GOttes redet Mose Exod. XXXIII, 18. da er zu GOtt saget: Laß mich deine Herrligkeit sehen; verstehe die wesentliche Herrligkeit. Er bekam aber von GOtt zur Antwort / daß jhm solche Bitte nicht köndte gegeben werden. Mein Angesicht / spricht Gott daselbst / V. 20. kanstu nicht sehen / denn kein Mensch wird leben der mich siehet; Und V. 23. Mein Angesicht kan man nicht sehen. Woselbst GOTT dasselbe sein Angesicht
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nennet / was Mose GOttes Herrligkeit hieß. Wir lesen zwar / daß die Menschen GOttes Herrligkeit gesehen haben / als da Levit. IX, 24. gemeldet wird; Die Herrligkeit des HErrn erschien allem Volck. Ist aber also zu verstehen / daß GOtt seine herrliche Gegenwart durch ein gewisses Mittel oder Zeichen habe mercken lassen; wie diese Herrligkeit Gottes Exod. XVI, 10. in einer Wolcken erschien. Also spricht zwar Johannes c. I. Das Wort ward Fleisch / und wir sahen seine Herrligkeit / eine Herrligkeit als des eingebornen Sohns vom Vater. Aber sie haben solche Herrligkeit gesehen in angenommener Menschheit / an den göttlichen Wercken und Verklärung der menschlichen Natur. Und also ist die andere Herrligkeit Gottes / die aus seiner Allmacht / Güte an den From̅en / und Straffe an den Gottlosen erscheinet / also beschaffen / daß sie von uns Menschen wol kan gesehen und erkennet werden / davon auch Moses Exod. XVI, 7. redet / wan̅ er zu dem Volck Israel spricht: Morgen werdet jhr des HErrn Herrligkeit sehen. Sey kürtzlich gesagt von der Herrligkeit GOttes. Die andere Herrligkeit / welche den Menschen beywohnet ist auch unterschiedlich; da ist eine leibliche und jrrdische; hernach eine geistliche und himmlische Herrligkeit. Die jrrdische Herrligkeit ist / da ein Mensch die Herrligkeit der Welt hat / und deren geneust / als da ist / Ehre / Gewalt / Reichthumb / hoher Stand und deßgleichen; Welche zwar unser GOtt auch wol zuzeiten seinen gläubigen und frommen Kindern zufallen lässet / wie an Abraham / Mose / David / und andern zu sehen; Aber den Gottlosen wird sie auch offt zu theile / wie wir zuvor aus des Propheten Jeremias Klage vernommen; Und redet hievon auch König David Psalm. XLIX, 17. Laß dichs nicht jrren / ob einer reich wird / ob die Herrligkeit seines Hauses groß wird / denn er wird nichts in seinem Sterben mit nehmen / und die Herrlig
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keit wird jhm nicht nachfahren. Woraus schon erscheinet / daß diese Herrligkeit unbeständig und nichtig sey / wie sie über das auch sehr schädlich ist / wann man sich deren mißbrauchet / wie dann leicht geschehen kan / auch offte geschiehet; welche Schädligkeit der reiche Schlemmer Luc. XVI. mit grossem Ach und Weh erfahren hat. Die geistliche Herrligkeit aber ist ungleich besser / dann sie gibt dem Menschen die vollkommene selige Ergetzung / und ist frey von allem Mißbrauche / daher auch auß derselben kein schade zu befürchten ist. Diese geistliche Herrligkeit nimpt nun zwar den anfang bey den gläubigen from̅en Menschen in dieser Welt / in dem jhre Seele und Geist in Gott un̅ jhrem Heylande durch dessen Erkäntnis / Gnade und jnnerlichen Trost hoch erfreuet wird / daß sie auß dem Propheten Esaia c. LXI, 10. sprechen muß; Ich frewe mich im HErrn / und meine Seele ist frölich in meinem GOtt; Denn ER hat mich angezogen mit Kleydern des Heyls / und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleydet; wie ein Bräutigam mit zierlichem Schmuck gezieret / und wie eine Braut in jhrem Geschmerde berdet. Welche jnnerliche Seelen-freude einem gläubigen Menschen auch in zeitlichem Unglück grossen Trost und Herrligkeit gebieret; weil er in der festen Hoffnung der schier künfftigen vollkommenen himmlischen Herrligkeit erhalten wird. Aber doch wird diese Herrligkeit in dem ewigen Leben erst zu jhrer festgesetzten Vollkommenheit gelangen / als da sie ohn Betrübnis und Furcht von allem Leyden wird entfernet seyn. Und diese ist eben die Herrligkeit / von welcher der Apostel in abgelesenen Worten redet: Dieser Zeit Leyden ist der Herrligkeit nicht wehrt / die an uns sol offenbahret werden. Diese Herrligkeit nun ist nichts anders als aeterna & summa Beatitudo, Die ewige und allerhöchste Seligkeit / welche Gott bereitet hat denen die jhn lie
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ben; Ein solcher Stand der außerwehlten Kinder GOttes in der künfftigen Welt / welcher wegen der Gegenwart aller überhäufften Güter und Glückseligkeiten allerdinge vollkom̅en ist. Daher wir solche Herrligkeit in dieser Schwachheit nicht können beschreiben noch begreiffen; wie Paulus 1. Cor. II, 7. 9. lehret: Unsere zukünfftige Herrligkeit sey ein solches / das kein Auge gesehen hat / und kein Ohr gehöret hat / und in keines Menschen Hertz kommen ist / das GOtt bereitet hat denen die Ihn lieben. Doch haben die gottseligen Kirchenlehrer / Augustinus, und andere davon jhre feine Gedancke̅ / wie man dann in genere oder nach unvollkommener Art ins gemein solche künfftige Herrligkeit / mit dem Pinsel des Verstandes nach Anleitung des H. Worts GOttes in etwas entwerffen kan / und vor gewiß schliessen / daß weil diese / der Kinder GOttes himmlische Glückseligkeit / allerdinge vollkommen seyn müsse / so werde daselbst kein Leyden / kein Unglück / kein Mangel / keine Unwissenheit mehr statt haben / sondern solchen allen werden die seligen Menschen allerdinge entrissen seyn / und zwar in Ewigkeit / weil jhnen die Sterbligkeit benommen ist. Sie werden sich ewiglich freuen und frölich seyn / und sol nicht mehr drinnen gehöret werden die Stim̅e des Weinens noch die Stimme des Klagens / Esa. LXV, 18. 19. Da wird GOTT alle Thränen abwischen von unsern Augen / und der Todt wird nicht mehr seyn / noch Leyd / noch Geschrey / noch Schmertzen wird mehr seyn / Apoc. XXI, 4. Nicht aber wird diese himmlische Seligkeit nur in der Abschaffung solcher Unglücksfälle bestehen / sondern da wird uns das höchste vollkommene Gut zugleich mitgetheilet / und der gantze Mensch beydes an Leib und Seel auffs höchste vergnüget werden. Die erste Vergnügung wird bestehen in der höchsterfreulichen Anschauung GOttes / da wir densel
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ben sehen werden von angesicht zu angesicht / wie Paulus redet 1. Cor. XIII, 12. Da wir Ihn sehen werden wie Er ist / 1. Joh. III, 2. Verstehe mit den Augen der Seelen und des Verstandes. Unsern Heyland aber werden wir sehen auch mit unsern leiblichen Augen. Dann gleich wie wir in diesem Leben nur im Glauben und nicht im schauen wandeln. wie Paulus redet 2. Cor. V, 7. Also wird hingegen dorten der Glaube auffhören / und das schauen stets bleiben; in welcher visione Dei oder Anschauung Gottes und seiner Herrligkeit / die selige̅ Menschen jhre aller gröste Freude und Wollust haben werden. Nicht minder wird auch des Menschen Wille beglückseliget und vergnüget seyn mit der vollkommenen Liebe / damit er GOtt und seinem Heylande Christo Jesu ohn alle Gebrechligkeit wird zugethan und ergeben seyn. Uberdas wird auch dieses ein sonderliches Stück der himmlischen Freude seyn / daß die Außerwehlten so wol mit den heiligen Engeln GOttes ümbgehen / als unter einander selbst die allerfesteste Freundschafft haben / und jhren GOtt in einer Gesellschafft stets loben / rühmen und preisen werden. Endlich werden auch die seligen Menschen dem Leibe nach jhre Herrligkeit und vollkommene Glückseligkeit haben / in dem jhre Leiber werden herrlich / kräfftig / geistlich und verkläret seyn / ja dem Leibe unsers Heylandes selbst ähnlich / wie Paulus lehret 1. Cor. XV, 43. Phil. III, 21. Sehet das ist die Herrligkeit / von welcher der Apostel meldet: Dieser Zeit Leyden ist der Herrligkeit nicht wehrt / die an uns sol offenbahret werden. Warumb aber spricht er / diese Herrligkeit solle an uns offenbahret werden: Darumb lieber Christ: weil wir in diesem Leben solche Herrligkeit noch nicht in vollem Besitz und in der Niessung haben / sondern nur in der Hoffnung / wie Paulus bald nach diesen Worten V. 24. anzeiget / da er spricht: Wir sind wol selig / doch in der Hoffnung.
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Am jüngsten Tage aber werden wir in die volle Besitzung eintreten. Sie sol an uns offenbahret werden; weil unser Glaube uns nur vor uns selbst dessen versichert / daß wir dieser Herrligkeit in künfftig Erben sind / und andere Mit-Christen solches von uns noch nicht eygentlich wissen können; am Jüngsten Tage aber es denen allen offenbahr werden wird / wann sie vor Augen sehen werden / was gestalt unser Heyland und Erlöser uns wircklich in die volle Besitzung wird einsetzen / da Er zu uns wird sagen: Kompther jhr Gesegneten meines Vaters / ererbet das Reich / das euch bereitet ist von anbegin der Welt / Matth. XXV, 34. Endlich sol diese Herrligkeit also an uns offenbahret werden / daß auch die Verdam̅ten es sehen werden / wieuns unser Heyland in solche Besitzung des Reichs der Herrligkeit einsetzet. Daß also zu der Zeit nicht nur der Geist GOttes unserm Geiste Zeugnis geben wird / daß wir GOttes Kinder sind / sondern / es wird solches aller Welt klar und offenbar vor Augen stehen. Weil wir dann aus diesem allen sehen und erlernen / daß die jrrdische Herrligkeit dieser Welt unbeständig / mit vieler Gefahr und Unglück umbgeben / und dem Mißbrauche fast stets unterworffen ist / so haben wir uns dessen leicht zu erinnern / daß wir derselben so hefftig nachzustreben gar nicht ursach haben / wie der Welt jhre Ergebene zu thun pflegen / welche alle künfftige Glückseligkeit in die schantze schlagen / nur daß sie diese jhnen so hoch schädliche Herrligkeit erlangen / und jhr freches Fleisch dadurch etwan ein klein Augenblick erlustigen. O jhr Kinder Gottes / hütet hütet euch vor dieser höllischen Satans-falle / und lasset euch diesen verbottenen zwar scheinbaren aber sehr schädlichen Apffel nicht gelüsten / damit jhr nicht durch dessen unzimbliche Niessung aus GOttes Gnade und aus dem Erb-Recht der him̅lischen Seligkeit in das höllische Leyden verstossen werdet. Ja
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kehret euch nicht daran / daß hier in dieser Welt es offt so verkehret zugehet / und die Frommen Unglück und Verachtung haben / die Gottlosen aber in Herrligkeit und Freuden leben. Es wird nicht immer so ergehen sondern da wird GOtt die Zucht-ruhte / damit Er seine Kinder in diesem Leben gestäupet / ins Feur werffen / und jhnen lautere Glückseligkeit zuwenden / weil jhr Leyden nur ein Leyden dieser Zeit ist / und sie dorten der einmal empfangenen Herrligkeit nimmermehr wieder können beraubet werden; da hingegen die Gottlosen von jhrer ehmaligen Herrligkeit weit entferrnet / in das ewige Feur werden verstossen werden / welches bereitet ist dem Teuffel und seinen Engeln / Matth. XXV, 41, In den Pfuel / der mit Feur und Schwefel brennet / welches ist der ewige Todt / Apoc. XXI, 8. Woselbst jhre Ehre in Schande / jhr Reichthumb in Armuth / jhre Freude in Leyd / jhre Herrligkeit in Schmach / jhre Wollust in Klage / jhr Lachen in Weinen wird verkehret werden. Es wird jhnen aller Trost / alle Errettung / alle Linderung in Ewigkeit versaget seyn / weil die befestigte Klufft zwischen dem Himmel und der Höllen viel zu groß ist / daß kein eintziges Tröpfflein des Erquick-wassers zu jhnen herunter fallen kan / Luc. XVI. Deßwegen sie daselbst jmmer und ewig / und ohn alle Hoffnung der Erlösung von dem lieblichen und hertzerfreulichen Anschauen GOtt es und unsers Heylandes müssen entfernet / und unter der unsäglichen jmmerwachsenden Mart er der bösen Teuffel in unaußsprechlicher Pein der höllischen Flam̅en liegen bleiben / welche Seel und Leib zugleich bren̅en; Da heulen und zähnklappen seyn wird / Matth. XXII, 13. Da jhr beissender Gewissens-Wurm nicht stirbet / und jhr Angst-Feur nicht verleschet / wie jhnen der Sohn GOttes Marc. IX, 44. &c. zu dreyen unterschiedlichen mahlen angedeutet hat. O jhr Gottlosen / erschrecket doch vor dieser unabläßlichen Höllenpein / und stellet euch in
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der Gnadenzeit ein / daß jhr noch eure arme Seele und elenden Leib davon loß machen möget; dann wo jhr fortfahret in euren Sünden / und der Tag eures Todes wie ein Fallstrick euch vor der rechtschaffenen Busse und Besserung überfället / so daß euer Hertz alsdann mit Fressen und Sauffen / mit Sorge der Nahrung / mit Unzucht / Ungerechtigkeit / Feindschafft / oder andern muhtwilligen Sünden wird beschweret seyn / so wird es mit euch heissen; Wann der Baum fället / auff welchen Ort er fället / da wird er liegen; Im Prediger Salomo cap. XI, 3. Ihr werdet nichts zu hoffen haben / als ein schreckliches Warten des Gerichts und des Feur eyffers / welches euch verzehren wird / Hebr. X, 27. O wie wird es euch alsdann eine so schwere und hertzkränckende Angst seyn / wann jhr Reichen den armen Lazarum in Abrahams Schoße; jhr Gewaltthäter die von euch Bedrängete in der himmlischen Sicherheit; jhr Geitzigen die noht ley denden Armen in grosser Fülle; jhr Stoltzen die von euch Verachteten in der über alle maß wichtigen Herrligkeit werdet sehen müssen. Wie thuts einem hochmühtigen Herrn so wehe / wann er erleben muß / daß sein ehmaliger Diener die Herrschafft über jhn bekömpt; Aber viel schmertzlicher wirds euch ankommen / wann die von euch Geängstete werden wider euch stehen; da werdet jhr grausam erschrecken vor solcher Seligkeit / deren jhr euch nicht hättet versehen; jhr werdet unter einander reden mit reue / und vor angst des Geistes seufftze̅; das sind die / werdet jhr sprechen / welche wir etwa vor einen Spott hatte̅ / un̅ vor ein hönisch Beyspiel / wir Narren hielten jhr Leben vor unsinnig / und jhr Ende vor eine Schande; Wie sind sie nun gezehlet unter die Kinder Gottes / und jhr Erbe ist unter den Heiligen? Was hilfft uns nun der Pracht? Was bringet uns nun der Reichthumb sampt dem Hochmuht? Es ist alles dahin gefahren wie ein Schatte / und wie ein Geschrey das vorüber fähret.
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Ist eben die Nativität / welche euch Gottlosen der Tichter des Buchs der Weißheit Cap. V. gestellet hat / und ohn allen zweiffel / wo jhr nicht Busse thut / an euch wird erfüllet werden. Ihr aber / die jhr eurem GOtt dienet in Heiligkeit und Gerechtigkeit; jhr / die jhr nach geschehenem Falle in der Gnadenzeit / und bald bald wieder auffstehet vom Sünden-schlaffe / und euch von Christo JEsu durch sein Wort zur Besserung erleuchten lasset: Ihr die jhr euch enthaltet von den offenbahren Wercken des Fleisches / und euer Fleisch kreutziget sampt den Lüsten und Begierden; Ihr die jhr verläugnet das ungöttliche Wesen / und die weltlichen Lüste / und leber züchtig / gerecht und gottselig in dieser Welt / so daß jhr wartet auff die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrligkeit des grossen GOttes / und unsers Heylandes JEsu Christi. Ihr die jhr den guten Kampff kampffet / den Lauff vollendet und Glauben behaltet; fürchtet euch nicht vor der Hölle / entsetzet euch nicht vor dem Teuffel / Euch euch redet der Sohn GOttes an Matth. V, 3. &c. Selig sind die da geistlich arm sind / dann das Himmelreich ist jhr. Selig sind die da Leyde tragen / denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die reines Hertzen sind / denn sie werden GOttschawen; Seyd frölich und getrost / es wird ench im Himmel wol belohnet werden. Euch euch versichert Paulus / daß euch GOtt erwehlet habe durch Christum JEsum / ehe der Welt Grund ist geleget worden / Eph. I, 4. Ja daß euch weder Trübsal / noch Angst / noch Verfolgung / noch Hunger / noch Blösse / noch Fährligkeit / noch Schwerdt; daß euch weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fürstenthumb noch Gewalt; weder Gegenwertiges noch Zukünfftiges / weder Hohes noch Tieffes / noch keine andere Creatur euch scheyden möge von der Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist unserm HErin / Rom. IIX, 35. &c. Müsset jhr dann gleich das
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Leyden dieser Zeit über euch nehmen / das Leyden dieser kurtzen Zeit; so daß jhr etwa mit Hiob eure zeitliche Haabseligkeit / eure lieben Kinder / und eures Leibes Gesundheit verlieret / oder mit Mose und David wegen Verfolgung eurer gar zu mächtigen Feinde ins Elende weichen; Oder mit dem frommen Jacob eure hertzgeliebte Rahel und Ehegatten frühzeitig verlieren; oder mit den Jüngern des HErrn und dem Sohn GOttes selbst / ein Spott der Leute und Verachtung des Volcks; Ein Fluch der Welt und ein Fegopffer aller Leute seyn müsset. O duldet duldet euch eine kleine Zeit / es wird euch wol belohnet werden; Euch ist die himmlische Herrligkeit zu bereitet; Das Kleinodt ist euch zum Ziel vorgesteckt / in welchem alle Schätze der Seligkeit enthalten werden; Die Kron der Gerechtigkeit ist euch beygelegt / welche euch der HErr an jenem Tage / der gerechte Richter geben wird.

Vom Dritten.
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EY was woltet jhr euch dann fürchten vor dem Leyden dieser Zeit? Was woltet jhr euch dann wegern / eurem lieben HErrn und Heylande Christo JEsu das Kreutz nachzutragen / und seinem Vorbilde ähnlich zu werden? Höret nur was Paulus in unserm Texte saget: Ich halte es davor / Ich gläube dieses festiglich und ungezweiffelt / und aus der Offenbahrung / aus dem Eingeben des heiligen Geistes weiß ich und bin versichert / daß dieser Zeit Leyden / es sey Armuht / Kranckheit / Verfolgung / Verleumbdung / Absterben guter getreuer Freunde / und wie es Namen haben möge / daß uns in dieser Zeit / in dieser kurtzen Zeit einiges Leyden / Quaal und Angst machen kan / doch nicht wehrt sey / nicht wehrt sey der Herrligkeit / die an uns sol offenbahret werden. Wie sollen wir dieses verstehen; dieser Zeit Leyden
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ist nicht wehrt der Herrligkeit? Wir sollen und müssen ja mit Christo leyden / wann wir wollen mit jhm zur him̅lischen Herrligkeit erhaben werden / hat uns Paulus kurtz vorher angedeutet. Was nützet uns aber solches Leyden / wann es der Herrligkeit nicht wehrt ist? Wir werden ja solches Leydens wol können müssig gehen / wanns der Herrligkeit nicht wehrt ist; Der Kramer oder Kauffmann gibt mir ja eine Elle Seiden Tuch nicht vor einen Groschen / weil der Groschen solcher Waare nicht wehrt ist; sol dan̅ unserm Leyden die Herrligkeit zur Vergeltung werden / und ist gleichwol derselben nicht wehrt? Ja lieber Christ / Oja / es ist freylich unser zeitliches Leyden der ewigen Herrligkeit nicht wehrt / es ist dagegen viel geringer zu schätzen / als ein Dreyerchen gegen alle Leipziger-Messe-waaren; folget demnach richtig und ungezweiffelt / daß wir mit solchem Leyden die himmlische Herrligkeit nicht können verdienen / daß wir nicht können darauff pochen / noch nach außgestandenem Leyden zu GOtt sagen: redde quod debes, gib mir GOtt / was du mir schuldig bist / weil ich das Leyden über mich genommen und gedultig überstanden habe. Fragestu nun nach der Ursach / warnmb unser Leyden dieser Herrligkeit nicht kan wehrt seyn; so hastu die warhaffte schon eingeführet; weil gar keine Gleichheit ist zwischen unserm Leyden / und der himmlischen Herrligkeit; Unser Leyden ist unvollkommen / die Herrligkeit ist vollkommen; Unser Leyden ist zeitlich und kurtz / die Herrligkeit ewig und ohn ende; Unser Leyden ist eine Straffe der Sünden / die Herrligkeit ist eine göttliche Gnade̅-gabe; Daß also durchaus nichts kan gefunden werden / daher man zu erzwingen hätte / daß dieser Zeit Leyden & him̅lische̅ Herrligkeit solte wehrt seyn. Zwar die Päbstler suchen hie selbst ein Pflaster zu jhrer unheilsamen Verdienst, wunde / und wie sie diese Worte des Apostels verdrehen mögen / wann er außdrücklich saget: Dieser Zeit Leyden sey der himmli
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schen Herrligkeit nicht wehrt; in dem jhrer etliche solches unser Leyden nur vor ein meritum de congruo, wie sie reden / vor ein geziemendes Verdienst halten / welches mit GOttes Gnade wol zustimme / und derselben wol anstehe. Andere aber solches unser zeitliches Leyden wol gar vor ein meritum de condigno, vor ein warhafftes wolwehrtes Verdienst dürffen angeben / und dabey sich einer nichtigen distinction gebrauchen / da sie sprechen: Unsere passiones oder zeitliche Leyden sein zwar nicht condignae, seyn zwar nicht wehrt der künfftigen Herrligkeit / in quantum sunt passiones, In der Betrachtung / daß sie Leyden sind; Aber sie seyn condignae, sie seyn wehrt der Herrligkeit / in quantum fiunt ex charitate; In der Betrachtung / daß sie aus der Liebe entstehen. Ist alles nichtig und falsch / und nimpt theils die Natur und Eygenschafft eines meriti propriè dicti, eines warhafften Verdienstes hinweg / theils streitet es gerade wider des Apostels Meynung / und hebet dieselbe gar auff / als welcher schlechter dinge bewehret / daß unsere afflictiones oder Leyden nicht digna, nicht wehrt seyn der künfftigen Herrligkeit. Und wo wollen doch die Verdienst-Tichter bleiben / wann man jhnen unsers Heylandes Schluß / in welchem Er der Sache den völligen Außschlag gibt / vorstellet? wann Er Luc. XVII, 9 spricht: Dancket auch ein Herrseinem Knechte / daß er gethan hat was jhm befohlen war? Ich meyne es nicht. Also auch jhr / wenn jhr alles gethan habt / was euch befohlen ist / so sprecht: Wir sind unnütze Knechte / wir haben gethan / was wir zu thun schuldig waren. Ja wo wil unser meritum de condigno, unser würdiges Verdienst bleiben / wann wir uns erinnern / daß wir mit David zu sprechen stets gehalten sind: HErr Gott gehe nicht ins Gericht mit deinem Knechte / dann vor dir ist kein lebendiger gerecht / Ps. CXLIII, 3. Und mit jhm Ps. CXXX, 3.
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klage̅ müssen: So du wilt HErr Sünde zurechnen / HErr wer wird bestehen: Wo wil unser Verdienst bleiben? wan̅ wir uns erinnern / daß wir alle Tage nach unsers Heylandes Vermahnung im Gebet zu unserm him̅ ischen Vater sprechen müssen: Vergib uns unsere Schuld / als wir vergeben unsern Schuldigern; Wann wir uns erinnern / daß wir alle mit einander dieselben sind / welche dem grossen Him̅els-Könige mit zehen tausend Pfund Schulden verhafftet sind / und deren Nachlassung wir durch kein Verdienst / sondern aus lauter Gnade und Erbarmung dieses unsers HErrn erwarten müssen / Matth. XIIX, 24. &c. Ach nein / lieber Mensch / bilde dir ja solche Vollkommenheit / solche Gültigkeit und Würdigkeit an deinen unvollkommenen Wercken nicht ein / daß dieselben der himmlischen Herrligkeit solten wehrt seyn / und dieselbe als ein Verdienst erwerben / sondern demütige dich vor GOTT / und und sprich mit dem bußfertigen Zöllner Luc. XIIX, 13. GOtt sey mir Sünder gnädig. Ja erkenne und bekenne dein verderbtes Unvermögen / und sprich mit dem Propheten Esaia c. LXIV, 6. Wir sind allesampt wie die Unreinen / und alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein unflätig Kleyd. Alsdann wirstu weder deinen zeitlichen Leyden / noch deinen andern geleisteten guten Wercken einige Verdienstes-krafft zuschreiben / sondern mit unserm Apostel gerne bekennen und sprechen: Ich halte es dafür; ich gläube dieses aus den vielen Zeugnissen der göttlichen heiligen Schrifft festiglich; daß dieser Zeit Leyden der Herrligkeit nicht wehrt sey / die an uns soloffenbahret werden. Daß alles mein Leyden / welches ich in Gedult und Hoffnung außstehe / noch lange nicht der Art un̅ Vollkommenheit ist / daß ich solches vor ein meritum, vor ein warhafftes / gültiges und würdiges Verdienst solte angeben können der ewigen Seligkeit / welche mir aus Gottes Gnade durch
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nes Heylandes Verdienst allein / dermaleins wird zugewendet werden. Dieses erkennet und bekennet auch der gottselige Kirchenlehrer Augustinus, wann er unter vielen andern Orten / in seiner Außlegung über den XLIII. Psalm spricht: Si meritanostra aliquid facerent, addamnationem nostram venirent; ergo, quia bonus est Deus, non quia meruim us, gratis salvi facti sumus. Das ist: Wann unsere Verdienste etwas thäten / so gereicheten sie zu unser Verdamnis; deßwegen sind wir aus Gnaden oder umbsonst selig worden / nicht daß wirs verdienet haben / sondern weil GOtt so gütig ist. Aus diesem allen müssen wir uns dessen billich erinnern / daß wann auch wir etwa bey uns überlegen möchten / wie man̅iches Unglück / Kreutz und Leyden uns Gott in dieser unsrer Zeit auffgelegt / und wir als gehorsame Kinder GOttes mit zimblicher Gedult außgestanden hätten; (wiewol bey uns viel Ungehorsams / auch wol manniche Ungedult mit unterlauffen wird) sollen wir daher ja nicht stoltz werden / daß wir uns dessen rühmen / darauff uns verlassen / trotzen und pochen / und als ein Verdienst bey GOtt halten wolten. Der Apostel Paulus hat wol so viel umb Christi willen erlitten / als kein ander / wie solches in der kürtze zu lesen ist 2. Cor. XI, 23. &c. Aber wann er dasselbe erzehlet / spricht er daselbst V. 17. Er rede solches nicht als im HErrn / sondern als in der Thorheit. Und ob er dessen gleich sich vor Menschen / insonderheit vor denen wol rühmen köndte / die mehr wolten gesehen seyn als er / so wolle er sichs doch nicht rühmen / weil jhm das rühmen nichts nütze sey / sondern wann er sie je rühmen solte / wolte er sich am allerliebsten seiner Schwachheit rühmen / auff daß die Krafft Christi bey jhm wohnen und bleiben möge. Hat nun dieser grosse Leydens-mann solchen Ruhm vor eine Narrheit geachtet / was wolten wir uns dann unsers Ley
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dens viel rühmen / und darinnen einigen Verdienst / einige Würdigkeit der himmlischen Herrligkeit suchen? Lasset uns vielmehr GOttes Gnade rühmen / daß dieselbe uns solches Leyden zu unserm besten zuschicket; Lasset uns rühmen / daß unser Leyden nur eine kurtze Zeit wehren / und die ewige Herrligkeit dar auff erfolgen sol; daß es gehet / wie Paulus 2. Cor. IV, 17. lehret: Unser Trübsal / die zeitlich und leicht ist (momentanea & subito praeteriens levitas; Eine augenblickliche und schnell vorübergehende Leichtheit) schaffet eine ewige und über alle maß wichtige Herrligkeit. Nicht / daß unser Trübsal solche Herrligkeit verdiene / welches gerade wider unsern Text streiten würde / sondern daß wir auff diesem Trübsaals-wege hinreisen nach dieser unaußsprechlich- grosser Herrligkeit. Ey was schadets uns dann wol groß / daß wir eine augenblickliche leicht vorüberstreichende Trübsal außzustehen haben? Ein gutes Glück ist noch wol eines schlimmen Tages wehrt? Last uns doch ein Beyspiel nehmen von den Geitzigen / welche jhnen weder Müh noch Arbeit lassen dauren / welche weder Unlust noch Gefahr scheuen / wan̅ sie einige Hoffnung des Gewins sehen / da doch offt der Gewin solcher Mühe und Arbeit nicht eins wehrt ist. Sehet an den Ackermann / wie derselbe Winter und Som̅er / im Regen und Schnee / in Hitze und Frost / zu Tage und Nachte arbeitet / und weder seines Viehes noch eygenen Leibes schonet / damit der Acker tragend und fruchtbar gemacht werde / und er eine reiche Erndte haben möge. Ey warumb wolten wir dann allhie nicht mit Trähnen säen / da wir ungezweiffelt bald darauff mit Frewden erndten sollen? Warumb wolten wir nicht eine kurtze Zeit hieselbst weinen / und den edlen Samen der Gedult tragen / da wir bald bald werden mit Frewden kommen und die reichen Garben der him̅lischen Herrligkeit daher bringen / Ps. CXXVI, 5. Sehet an den Kriegesman̅ / der muß ja zuvor kämpffen / un̅ der
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Gefahr sich untergeben / ehe er den Sieg und die Beute erhalten kan; es wils da kein spiegelsechten / kein kurtzweilen / kein zaghafftes weichen außmachen / sonderner muß alle seine Krafft / Erfahrung und Mühe dran setzen Denn ob gleich jemand kämpffet / wird er doch nicht gekrönet er kämpffe dann recht / 2. Tim. II, 5. Und dannoch muß er offt die Gefahr stehen / daß sein Feind besser kämpffen und jhn überwinden werde / so daß er an statt der zeitlichen Beute / wol sein Blut und Leben verlieren muß. Dieser Gefahr aber / sind wir und alle die sich leyden als gute Streiter JEsu Christi nicht unterworffen / sondern der Sieg und die Beute der himmlischen Herrligkeit bleibt jhnen gewiß; die Kron der Gerechtigkeit ist jhnen beygelegt. Dann das ist je gewißlich wahr / dulden wir mit / so werden wir mit herrschen / 2. Tim. II, 11. 12 Fürchten wir uns vor keinem das wir leyden werden / und sind wir getreu biß an den todt / so wil der Sohn GOttes / welcher der Erste und letzte ist / uns die Kron des Lebens geben / wie Er uns dessen versichern lässet A poc. II, 10. Sehet an die Wetteläuffer wie lassen sie es jhnen so saur werden / wann sie in den Schrancken nach einem gesteckten Ziel lauffen / das auffgesetzte Kleinodt zu gewinnen / welches doch nicht vielen / sondern nur einem zu theile werden kan; ja welches offtschlecht und geringe ist / und der Müh nicht wehrt / die man drumb anwendet. Wir sind auch die geistlichen Wetteläuffer / die wir in den Schrancken des zeitlichen Leydens lauffen müssen / und nach dem Beyspiel des Apostels Pauli dem vorgesteckten Ziel nach dem Kleinodt nachjagen / Phil. III, 14. Aber wir lauffen nicht als auffs ungewisse / wie jene 1 Cor. IX, 26. sondern so mannicher recht lauffen wird in diesen Schrancken / so mannicher wird ein Kleinodt erlangen / und die Krone oder den Krantz zum Siegszeichen davon bringen / nicht aber einen vergänglichen / sonder einen unvergänglichen; einen so köstlichen
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Ehrenkrantz der himmlischen Herrligkeit / gegen welchen unsere angewandte Mühe nicht zu rechnen / und desselben gantz nicht wehrt ist. O wie erfreulich wird das seyn / wann auff einen kleinen Schweiß / auff ein kurtzes Leyden / eine so grosse Er quickung / eine so grosse Ergetzung / eine so grosse Herrligkeit erfolgen wird! Nun nun; wir müssen auch in dieser Zeit kampffen / leyden / lauffen / und Gottes des himmlischen Vaters Zucht-ruhte empfinden; aber es sol nicht lange weren / es sol nur ein Leyden dieser Zeit / dieser kurtzen Zeit seyn; worauff die ewige Ruhe / Freude und Herrligkeit erfolgen sol; Es sol nur eine augenblickliche leicht vergängliche Trübsal seyn / welche die ewige und über alle maß wichtige Herrligkeit schaffen sol. Was ist aber doch ein Augenblick zu rechnen gegen die Ewigkeit? Viel weniger als ein Tröpflein Wasser gegen das grosse Welt-meer: Viel viel geringer als ein Sandkörnlein gegen Himmel und Erden. Nun bezeugets aber GOtt selbst / daß unser Leyden gegen die drauff folgende Herrligkeit nicht anders als ein augenblick gegen die Ewigkeit sey / wan̅ Er beym Propheten Esaia LIV, 4. &c. spricht: Fürchte dich nicht / denn du solt nicht zu schanden werden / werde nicht blöde / denn du solt nicht zu spott werden. Ich habe dich ein klein Augenblick verlassen / aber mit grosser Barmhertzigkeit wil ich dich samlen. Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns / ein wenig von dir verborgen / aber mit Ewiger Gnade wil ich mich dein erbarmen / spricht der HErr dein Erlöser. Denn es sollen wol Berge weichen und Hügel hinfallen / aber meine Gnade sol nicht von dir weichen / und der Bund meines Friedes sol nicht hinfallen / spricht der HErr dein Erbarmer. Ey so lasset uns doch dieses Augenblick / dieses kleine Augenblick gedultig außhalten / und nicht weich werden in diesen kurtzen Trübsalen / weil wir wis
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sen daß wir darzu gesetzet sind / 1. Thess. III, 3. Weil ja die ewige Gnade und Herrligkeit bald bald darauff erfolgen sol / welche so groß / so wichtig ist / daß wir sie mit unsern Gedancken noch zur Zeit nicht abfassen können. Da wird ewige Freude auff unserm Haupte seyn; Wonne und Frende werden uns ergreiffen / aber Trauren und Seufftzen wird von uns fliehen / Esa. LI, 11. Es wird uns ja warhafftig die wahre Glückseligkeit versprochen / deren feste Sicherheit stets sol erhalten / und durch kein Unglück zurissen werden; schreibet Augustinus, lib. XII. de C. D. C. 20. Nec diuturnitas illa terminum, nec claritas illa occasum, nec sacietas illa fastidium habet. Diese ewigwerende Herrligkeit wird kein Ende / diese Klarheit keinen Untergang / diese Sättigung keinen Eckel haben. Erit enim securitas de aeternitate, gloriatio de veritate, exultatio de sacietate. Dan̅ da wird wegen der Ewigkeit sicherheit seyn Ruhm wegen der Warheit / Freude wegen der Sättigung / schreibet Bernhardus sermone ult. in Psal. Qui habitat. &c. Da werden wir ruhen und schauen; schauen und lieben — Dann was haben wir sonst vor ein Ziel / als daß wir zu dem Reich kom̅en mögen / welches kein Ziel kein Ende hat. Wie abermal Augustinus redet am Ende seiner Bücher von der Stadt GOttes. Der grundgütige GOtt / der Vater aller Barmhertzigkeit / verleyhe uns allen seine Gnade / daß wir dieser Zeit kurtzes Leyden gedultig über uns nehmen / und in diesem Kampffe als gute Streiter JEsu Christi leyden und außhalten / auff daß die Herrligkeit der himmlischen Seligkeit an jenem grossen Tage auch an uns möge offenbahret werden / Amen Amen. WEil dann unsere in GOtt selig verstorbene Mit-Schwester / die sel. Frau Doctorin dieser Zeit Leyden / welches Ihr der himmlische Vater in zimblicher schärffe / jhre kurtze Lebenszeit über auffgeleget / wil
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lig über sich genommen / gedultig getragen / und GOtt lob / ritterlich überwunden und geendiget hat / so sind wir dessen an Ihr versichert / daß die von GOtt geheiligte fromme Seele schon in Abrahams Schoß auffgenommen / sich in der Trost-hand GOttes befindet / und wird die himmlische Herrligkeit am lieben Jüngsten Tage / auch an Ihr offenbahret werden / wann jhr Heyland und Erlöser / dem Sie allhie das Kreutz nachgetragen / Sie zu seiner Rechten unter die Schaar seiner Außerwehlten hinstellen und sagen wird: Komm her du Gesegnete meines Vaters / ererbe das Reich / welches auch dir bereitet ist von anbegin der Welt; Welche grosse Herrligkeit wir Ihr gerne gönnen / und nach Christlichem Gebrauche / etwas von Ihrer Ankunfft / Leben und Abscheid zu Ihrem wolverdienten Ruhm melden wollen.

Ehren-gedächtnis Der sel. verstorbenen Frau Doctorin.
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DIe weyland Erbare / viel Ehr- und Tugendreiche Frau Doctorin / Frau Margaretha Hackmanns / des Wol Ehrwürdigen / Großachtbarn und Hochgelahrten Herrn Brandani Daetrij, der H. Schrifft Doctoris und wolverdienten Superintendentis hieselbst / gewesene hertzgeliebte Hauß-Ehr / ist von chrlichen und gottseligen Eltern in diese Welt gebohren / im Jahr nach unsers Seligmachers Geburt M DCC XXIV, den XXIII. Tag des Jenner-Monats. Ihr Vater ist gewesen der weyland Ehrwürdige und Wolgelahrte Herr Gerhardus Hackman, bey der Kirchen S. Marien-Magdalenen in Hamburg / in die XXII. Jahr wolverdienter Pastor. Die Mutter / welche allererst vorgestern / und also des vierdten Tages nach absterben dieser jhrer hertzlieben Tochter zu Hamburg auch selig in GOtt verschieden / ist gewesen / die Erbare / viel Ehr- und Tugendsame Frau Margaretha Schwanin / des weyland Wol-Ehrwürdigen / Großachtbarn und Hochgelahrten Herrn M. Sebastiani Schwan / gewesenen General-Superintendenten der Kirchen im Lande Hadeln / und Pastoris zu Ot
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terndorff / eheleibliche hinterbliebene Tochter. Von diesen Ihren Christlichen Eltern ist sie bald nach der Geburt dem HErrn Christo und seiner Kirchen durch die H. Tauffe einverleibet / auch nachgehends von klein auff in der Zucht und Vermahnung zu dem HErrn wol erzogen / zur Häußligkeit und allen Jungfräulichen Tugenden mit embsigem Fleiß angeführet und gewehnet. Als im Jahr M DC XLV. vor wolgemeldter Herr Doctor dazumal Hof-Prediger und General Superintendens in Ost-Frießland / jetzo hochbetrübten Witwer / nach Hamburg in sein Vaterland eine Reise vorgenommnn / und Er zu der Zeit allbereit biß ins dritte Jahr Witwer gesessen / ist demselben nicht ohn (I. Iuliana ist geboren A. 1646 18. May. Gestorben Anno 1647. 12. Augusti.) sonderbare Schickung GOttes die sel. Frau Doctorin / damals Jungfrau / von jhren lieben Eltern den VII. Februarij ehelich verlobet / und den XXII. Aprilis selbigen Jahrs allda in Hamburg vermittelst Priesterlicher Copulation (II. Brandanus geboren An̅o 1648. 19. Aprilis. starb 1650. 8. Dec.) ehelich getrauet worden. Welche Ehe nach Hertzens-wunsch jhnen beyderseits sehr wol gerahten / daß Sie in solcher Lieb und Einigkeit mit einander gelebet und mit solchem Hertze̅ einander gemeynet / als man jmmer (III. Gerhardus geboren An̅o 1649. 24. Aprilis starb Anno 1650. 7. Nov.) ehelichen from̅en Christ-hertzen von dem allerhöchsten wünschen und begehren möchte. Sie haben auch in solchem Ehestande durch göttlichen Segen mit einander gezeuget VI. Kinder / als 3. Söhne und 3. Töchter / wovon (IV. Gerhardus II. geboren An̅o 1651. 30. Maii starb A. 1652. 25. Dec.) aber die fünff Ersten* lieben Kinder allbereit / fast in der Ordnung / wie sie GOtt gegeben / von demselben wieder abgefodert / und nur das eintzige Töchterlein und Schmertzenkind / wovon die sel. Frau Doctorin ohnlängst (V. Margareth a geboren An̅o 1653. 18. Feb. starb im selbigen Jahr den 7. Decemb.) in höchster Gefahr dennoch gnädig entbunden / so lange GOtt wil / noch übrig ist. Wie nun sonst der himmlische Vater mit seinen Lieben und Frommen pflegt umbzugehen / also hat Er auch die
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sel. Fr. Doctorin / als sein liebes Kind mit allerhand Kreutz und Beschwernis bey werendem jhrem Ehestand nicht übersehen / in dem sie nicht nur den Todesfall jhres hertzlieben Vaters bald im andern Jahr jhrer Ehe / mit Betrübnis in der Frembde erfahren / sondern auch hernacher fast jährlich / und wol in einem Jahr zu zweyen mahlen wegen tödtlicher Hinfälle der V. lieben Kinder auff schmertzliche weise nebest jhrem Ehe-Herrn betrübet werden müssen. Welche offtmahlige Traur- und Beküm̅ernis wol nicht wenig darzu mag geholffen haben / daß Sie / als eine ohne das schwache Person / mit so vielen Leibes-zufällen beladen worden unddesto ehe von Kräfften kommen. Aber es hat auch dieses Ihr als einer Gott-liebenden müssen zum besten dienen; Sie hat desto leichter das Irrdische gering schätzen und die Welt mit jhrer Lust verachten können; Sie hat desto zeitiger un̅ williger sich mit dem Tode bekandt gemacht / und nach dem him̅lischen umb so viel mehr Verlangen getragen / wie Sie solches zum öfftern angedeutet / und absonderlich bey dem Gebetlein / so Sie bey der stetstragenden Leibes-schwachheit nach jhrer Einfalt jhr selbsten zum täglichen Gebrauch sich und die Ihrigen GOtte zu befehlen auffgesetzet / und eygenhändig verzeichnet hat / zu ersehen ist; dahero Sie auch jhren Sterbe-kittel und alles Toden-gewand lange vorher selbst bereiten und beylegen lassen. Wie Sie über all jhren Wandel so wol zu Hause / als draussen angestellet und geführet / mögen sagen / welche mit Ihr umbgangen und Sie sonsten gekennet haben. GOtt trauen hat Sie kindlich gefürchtet / und allenthalben vor Augen gehabt / Sein Wort hertzlich geliebet / selbst gerne gelesen / und zu dessen Anhörung / wie auch zu offentlichem allgemeinen Gebet sich unverdrossen und mit Begierde eingestellet / und gewiß aus Vorsatz wol keine Predigt noch Betstunde verabsäumet / wann sie nicht wegen der vielfältigen Schwachheiten davon abgehalten wor
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den. Wie Sie gleichfals jhr Haußgesinde zum öffentlichen Gottesdienst in der Kirchen angehalten / also hat Sie auch mit demselben daheim jhre gottselige Ubungen Morgens und Abends mit lesen und beten angestellet / aus dem Catechisino / und sonderlich was an Sonn- und Fest tagen aus den Predigten angemercket und behalten worden / fleissig nachgefraget und wiederholet. Allem Prahl / Hoffart und übermuht ist Sie von hertzen feind gewesen / und hat jhre Hertzens-demuht mit Worten und Wercken gnug an Tag gegeben / auch in der Kleydung allemal sich so bezeuget und gute masse gehalten / daß man Ihr deßwegen mit Warheit nichts böses hat nachreden können. Ihren Eheherrn hat Sie von hertzen geliebet und geehret / ist demselben eine rechte treue Gehülffin gewesen / nicht nur in dem Haußhalt dessen Er sich wenig annehmen dürffen / sondern auch und vor allen dingen im Gebet / welches Sie mit Ihm in guten und bösen / in gesunden und krancken Tagen embsig / und mannich mal nicht ohn heisse Trähnen zu GOtt verrichtet / und hinauff geschicket hat / wie dessen der sehr betrübte Herr Wirwer jetzo nicht ohn bittere Schmertzen und sehnlichen Verlangen sich erinnern muß. Stille und verschwiegen hat Sie sich auch bezeiget / aus Vorwitz nach dem / was einer Frauen nicht eben angestanden / und etwa Ampts-sachen betraffen / nicht geforschet / oder da sie der gleichen etwas gehöret / es vernünfftig bey sich behalten / und davon stille schweigen können Wo Sie sonsten jhrem Nehesten / armen Leuten / und andern Nohtleydenden behülfflich seyn / und die Hand bieten können / hat Sie sich dessen nicht gewägert / sondern die Zeit und Gelegenheit gutes zu thun jhr lassen lieb seyn / und offtmals auch ungebeten denen nach vermögen beygesprungen / welcher Noht und Mangel Sie von andern erfahren. Ihre eygene Fehler und Gebrechen / denen Sie als ein schwaches Werckzeug unterworffen gewest / hat sie nicht geringe gehal
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ten noch vertuschet / sondern davor gesorget / und bey der Prüffung jhrer selbsten sich von hertzen betrübet / daß sie es in jhrem Christenthumb mit gebürender Vorsichtigkeit / mit unverdrossenem Fleiß und Ernst im Gebet und andern gottseligen übungen es so weit nicht bringen können / als sie gerne hätte wünschen mögen. So offt Sie zur Beicht und heiligen Abendmal sich anfinden wollen / hat sie die Woche vorher alltäglich mit dem Gesinde die Bußpsalmen und andere Gebete andächtig wiederholet; die Catechismus-Lehre nach jhrem schwachen Vermögen und einfältigen Verstande fleissig getrieben / und also sich selbsten und jhre Diensten vorher zu bereiten sich beflissen. Allein aber hat Sie alsdann / ehe sie zur Kirchen und zum Beichtstul kommen / in jhrem Kämmerlein jhr Hertz vor Gott außgeschüttet; demselben nicht ohn Trähnen jhre Schwachheit und Mängel geklaget / und mit zuschlagenem Hertzen abgebeten; wie Sie dann solcher gestalt noch neulich daheim und zu Hause / weil sie zur Kirchen nicht gehen können / vor jhrem Beichtvater dem Herrn Seniorn Nicolao Firnekrantz jhr Bekändtnis abgelegt / und darauff mit der Absolution und heiligem Abendmal versehen und gestärckt worden. Ihre Leibes-schwachheit betreffend / so hat sie fast etliche Jahr hero von häuffigen saltzerigen Flüssen grosse Noht gehabt / wodurch dann allerhand beschwerliche Zufälle am Häupt / Magen un̅ der Brust verursachet worden / welche auch zum öfftern grösser Unheil und Gefahr der Schwindsucht gedräuet / welches jedoch vermittelst Göttlicher Hülffe durch diensame Artzney-mittel bester Möglichkeit nach verwehret. In diesem letzten Jahre hat die Schwachheit wegen des mit verwunderung überhäufften scharffen Flusses / wodurch die Lungen versehret / und der Magen gantz verderbt / neben andern Zufällen / so bey der Schwindsucht sich zu finden pflegen / mercklich zugenommen / da Ihr dann / weil sie von Gott mit
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Leibes-früchten gesegnet / desto weniger mit Artzneyen (deren ohn das jhre Natur gar wenig ertragen können) hat mögen geholffen werden. Sie ist aber dannoch stetig dabey hingangen / und hätte man verhoffet / wann Sie der Allerhöchste jhrer Bürden entbunden / es solte sich nachmals etwas bessern. Als Sie auch vor VI. Wochen eines jungen Töchterlein in höchster Schwachheit genesen / hat sie sich darauff in etwas erholet / daß man ein wenig Hoffnung zur Besserung geschöpffet. Es hat sich aber leyder gar bald geendert / indem Sie dritten Tages hernach mit grausamer Hitze befallen / auch nachgehends einen Anschuß bekommen / welcher so hefftige Schmertzen erwecket / daß die noch übrigen geringen Kräffte gantzlich dahin gefallen / und es sich also je mehr und mehr mit Ihr zum Ende genahet. Weil Sie solches wolgemercket / und schon längst nichts anders vermuhten können / so hat sie sich in GOttes Willen kindlich ergeben / mit beten und seufftzen zu GOtt jmmerfort angehalten / auch von andern jhr vorbeten und vorlesen lassen / und nichts anders begehret / als daß doch der liebe GOtt sie nicht zu lange möchte auffhalten / und sie etwa quälen lassen / und so lange sie noch würde zu kämpffen haben / jhr doch Beständigkeit biß ans Ende verleyhen / und sie vor Ungedult bewahren wolte. Welches sehnlichen offt wiederholeten Wunsches Sie auch gewehret und theilhafftig worden; Sintemal GOtt die bestimpte Zeit und Stunde jhrer Aufflösung endlich kommen lassen / und inzwischen seines Geistes Stärcke und Trost Ihr gegönnet / daß sie als eine gedultige Kämpfferin außgehalten / und biß ans Ende beharret. Wider Ihre Unwürdigkeit und sündlichen Mängel und Gebrechen hat sie sich des Vorsprechers bey dem Vater getröstet / und festiglich darauff verlassen / daß nichts verdammliches seyn solte und köndte an denen / die da würden in Christo JEsu erfunden werden. Wider das harte Lager / so Sie eine
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zeit lang halten müssen / und wider die Leibes-schmertzen / muste jhr der erklärte Leich-text dienen / dessen erinnerte sie sich wider alles was sie die kurtze Lebens-zeit allbereit außgestanden und erlitten / und was noch jetzo jhr bevor stünde; Sie fühlete als ein Mensch die Schmertzen gnng / und seufftzete drüber / aber in gedult gedachte an Pauli Worte und sagte nach denselben aus jhrem Gesangbuche:
Es ist das Leyden dieser Zeit /(Aus dem Hanoverschen schönen Gesangbuch N. 234.) Wie schwer es ist auff Erden / Nicht wehrt der grossen Herrligkeit Die uns darauff sol werden. Gewißlich wer dieselb erlangt / Gantz überreichen Lohn empfangt Auff sehr geringe Arbeit. Diese Hoffnung machte Sie so getrost und starck im HErrn / daß sie Ihrer selbsten gleichsam eine weile vergaß / und bey der grossen Leibes-schwachheit nicht allein dem Gesinde beweglich zuredete / sie solten GOtt fürchten / und jhrem Herrn Treue erweisen / wann sie wolten Gottes Segen haben / sondern daß sie auch jhrem hertzlieben Eheherrn in seiner Beküm̅ernis zugesprochen / und gebeten / Er möchte doch / wie in andern Fällen / also auch jetzo sich zu frieden stellen / was Sie jhm und beyden Kindern etwa noch hatte vor Nutzen schaffen können / das köndte und würde GOtt auch ohn Sie wol wissen zu machen / demselben hätte Sie Ihn und die lieben Kinder treulich befohlen / solches Gebet würde nicht unerhöret bleiben; Sie vor jhre Person wäre von Hertzen willig und bereit nach GOttes Willen dahin zu fahren / ja wünschete / daß sie nur bald von der bösen Welt möchte wegkommen; Sie wüste ein besser Leben / das solte man jhr gön̅en / etc. Als sie noch darneben fleissige Anordnung gemacht / wie es mit jhrem Begrabnis zu halten / und was in einem und andern jh
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rem bekümmerten Eheherrn künfftig in dem Haußhalten möchte zu statten kommen / hat sie ferrner aller jrrdischen dinge sich begeben / und aus jhrem Gesangbuche abermal sich erkläret mit diesen Worten:
Was mich vor Sorge hier anficht Die mich wol möchte quälen / Wil ich GOtt meine Zuversicht / Dir lediglich befehlen. Wann mir denn Leib und Seel verschmacht So hilffstu HErr daß ichs nicht acht / Weil ich dich hab im Hertzen. Weil Sie dann solcher gestalt des Irrdischen sich gantz abgethan / hat sie ferrner nicht gerne gesehen / daß jemand Frembdes mehr zu jhr kommen / ist auch in jhrer Andacht GOtt lob bey vollem Verstande geblieben / wie Ihr dann noch kurtz vor jhrem Ende von jhrem Eheherrn etliche jhr schon bekandte Trost sprüche und Gebet-seufftzer sind vorgesprochen / und als Sie befragt worden / ob sie solches alles noch vernehmen köndte / und ob sie begehrte Christum JEsum / der von den Todten aufferwecket worden / in jhrem Hertzen zu behalten / und demselben fest anzuhangen / hat sie nicht allein mit dem Häupte gewincket / sondern auch noch mit vernehmlicher / wiewol schwacher Stimme zu zweyen mahlen mit Ja geantwortet. Worauff Sie dann jhr Häupt ein wenig zur Seiten gekehret / und in einen sanfften Schlaff kommen / darinnen sie auch geblieben / und nicht lange hernach jhren Geist ohn eines eintzigen Gliedes bewegung auffgeben / also daß der Schlaff sie seinem Bruder dem Todte sanfft nnd stille über antwortet / am vergangenen Montage / war der XXX. October / Abends zwischen 4. und 5. da Sie dann als eine Sechswöcherin jhre letzte Sechswochen / welche jhre rechte elende Marter-wochen gewesen / eben zu Ende gebracht / und zugleich
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jhres Lebens Ziel nach GOttes Willen seliglich erreichet / und von allem Ubel erlöset worden / Ihres Alters XXXI. Jahr weniger 3. Monat. Es ist unvonnöhten / daß ich an diesem Ort noch ein mehrers von der sel. Frau Doctorin jhrem Christlichen Leben und gottseligen Wandel hinzu setze / als welcher GOtt lob in der gantzen Stadt wol bekandt ist / wie dann / als lang ich sie gekennet / sie den herrlichen und warhafften Nachruhm bey mir und allen andern bekandten und auffrichtigen redlichen Leuten durch jhr Exemplarisches und frommes Leben verdienet hat / daß man sie billich nach jhrem Tode preisen muß. Zu beklagen wäre es wol / unserer menschlichen Vernunfft nach / daß eine so fromme Tugendliebende Seele in der Blüte jhrer Zeit so bald hat sollen von hinnen fahren; Ja zu beklagen wäre es wol / daß der Todt solche Ehe-hertzen so zeitig scheyden muß / welche in solcher fried- und freundliebenden Ehe / jhr Lieb und Leyd mit einander so gerne gemein gehabt. Und wie kan eine andere als gewünschete Eheliebe unter denen Eheleuten seyn / da das Weib sich alle mahl erinnert / daß der Mann jhr Häupt und Herr ist / und sie denselben ehren und fürchten sol; Da der Mann sich allemahl erin̅ert / daß er bey seinem Weibe mit Vernunfft wohnen / und dem Weiblichen als dem schwächesten Werckzeuge seine Ehre geben sol. Solcher Ehe so schleunige Trennung ist freylich wol zu beklagen / da hingegen vielmal dieselbe in langwieriger Ehe leben / die einem andern wol alle Tage den Todt wünschen. Aber wir müssen auch aus dieser Begebnis den Wunder-brauch unsers GOttes erkennen. Es ist ein herrliches Lob in dieser Welt / wann ein eheliches Paar andern Leuten zur Christlichen Nachfolge mit guter Warheit kan vorgestellet werden / welches ich dann der sel. Frau Dociorin und jhrem hoch- und hertzlich betrübten
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hinterlassenen Eheherrn / meinem geehrten lieben Herrn Collegen wol sonder Schmeicheley und mit redlicher Warheit nachrühmen kan / daß Ihr Ehestand ohn alle Gall und Bitterkeit (die ein theil dem andern hätte erwecken mögen) gewesen ist / und daher der Schmertzen bey dem hinterbliebenen Theile so viel grösser und empfindlicher seyn muß / welches sich auch gnug eräuget. Weil wir aber uns allemahl in den Willen GOttes ergeben / und von hertzen zu Ihm sagen müssen: Du GOtt hast alles wol gemacht / so werden auch die hochbetrübten Hinterlassene sich diesem Willen Gottes unterwerffen / nicht zweifflend / ER als Ihr gütiger GOtt und Vater werde auch noch weiter mit Ihnen alles wol machen. Gleich wie wir nun dessen versichert sind / daß der sel. Frau Doctorin jhre durch Christum JEsum im Glauben geheiligte Seele / nach außgestandenem Leyden dieser Zeit (welches jhr GOtt hat verkürtzen wollen) schon der himmlischen Herrligkeit theilhafftig worden ist / und in Abrahams Schoße getröstet / in der Hand GOttes erquicket / und durch Ihres Heylandes Anschauen ergetzet wird; also wünsche̅ wir dem abgelebten Leichnam eine sanffte Ruhe und eine fröliche Aufferstehung am Jüngsten Tage zu dem ewigen Leben. Der barmhertzige Gott wolle uns alle bereit machen / daß auch wir / ein jeder zu seiner Zeit einen seligen Abscheid von hinnen erlangen / und der himmlischen Herrligkeit theilhafftig werden mögen. Und die solches von Hertzen begehren / die beten mit mir ein glaubiges Vater Unser / etc. ENDE.
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EPICEDIA IN PRAEMATVRVM OBITVM SINGVLARIS EXEMPLI FOEMINAE MARGARETAE HACMANIAE, BRANDANI DAETRII SS. THEOL. D. ECCLESIARVM IN REP. BRVNSVICENSI SVPERINTENDENTIS CONIV GIS DESIDERATISSIMAE, QVAE BRVNSVIGAE ANNO M DCC LIV. III. KAL. NOVEMBR. PLACIDISSIMO OBITV PLENA FIDEI AC SPEI CHRISTIANAE DECESSIT.
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TYPIS ZILLIGERIANIS.
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EPIT APHIVM.
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FLos foeminarum, pulcritudinis decus, Virtutis eicon, & mariti gloria, Ipsa in juventa, heu, aspero fato occide̅s, Mentem beatam reddidit quidem polo, Ast corpus aegrum hoc in sepulcro condidit, Flenda atque praedicanda semper posteris. H. CONRINGIVS, Reg. Suec. & Principis Ostfris. Consiliarius & Archiater, in Acad. Iulia P. P. & hodie Prorector.
DVm fuit in terris Hamburgo MARGARIS orta Vnio erat multos exhilarans animos. Nata patre eximio, nec non conjuncta marito Quem felix eadem patria progenuit: Quemque hodie orantem è cathedrâ sacrosque regentem Coetus miratur splendida Brunopolis
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O utinam junctos licuisset cernere seram AEtatem, & senio degere utrumque gravem! Sed maturè illam terris, morbisque malisque Ereptam in coelis nunc Deus exhilarat. Georgius Calixtus D. & in acad. Iulia primarius Prof. coenobij Regij Lutterani Abbas.
SIccine ut amittas, socias Brandane fideles Connubio jungis tibi casto? pignorachara Quaeris ut amittas? ut plores, gaudia sentis? Haec ne Virisorsest, Christi cui gloria curae? Iste tuus fateor dolor angit pectus amici, Sed luctum sedare decet. Te corda revisent Quae luges amissa, mori se posse negabunt. Tunc secura tuae producent gaudia menti, Quaeque Viru̅maneat sors, hora novissima monstrat. Joachimus Lütkeman, D. Ecclesiarum in Ducatu Wolpherbytano Superint. generalissimus, Coenobij Riddageshusani Abbas.
SIccine terrenas Lectissima MARGARIS oras Linquis foeminei lux & ocelle chori? In qua recta Fides, pietas probitasque pudorqueue Lucebant, animi nuncia signa boni.
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Sic moribunda fugis plenum pallore maritum? Qui direpta sibi gaudia sveta dolet. Ast tua jam coeli mens exspaciatur in hortis Sanctorumque animas inter & ora viget. Heic surgit tibi parta quies, heic cernis acute, Humanâ haut cerni quaeratione queunt. Divinos Vultus, majestatemque verendam Adspicis, aeternis perfruerisque bonis. Progenies praemissa tuis se complicat ulnis Gaudiaque amplexu testificata salit. Vno omnes simul ore canunt; laudesque Parenti, Et Nato, Sacro Spirituique sonant. O quantum est, tantis sese subducere curis, Quas movet hinc Mundus, quas movet inde Caro! O quantum est, tantis se tempestatibus Orbis Eripere, & tuto credere vela mari! CASP ARIS KLOCKI JC. Comitis Sacri Caes. Palatij, Elector. Brandenb. Consiliarij & Cancellarij Stolbergici &c.
Scribere cara tuos dum tento foemina manes, Dextera scripturo protinus emoritur. Ipsa potest virtus si morti occumbere; miru̅ Laudatorem ejus mente manuque mori? Acerbissimo funeri incomparabilis foeminae moestissimo animo indolens l. mque scripsi Gerhardus Titius S. Theol. D. & in Acad. Julia Ordin. Prof.
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JUdicium DOMINI Justorum limina primùm Pulsat, & affligit pectora cara DEVS. Tolluntur Justi: sed pars quotacunque superstes Nostrum in morte situm cogitat esse bonum? Haec ego cur memorem? Constant, BRANDANE, Vir omni Laude meâmajor, rectiùs illa Tibi. Difficilis victu tetigit, Vir Maxime, casus TE, rursus viduum quem jubet esse DEVS: Vivere dum cessat Conjux Charissima, nuper Felici mater facta puerperio. Sed DEVS Vxori meliûs providit: an illam Turbemus, cujus molliter ossa cubant? Divisisse DEO placuit Vos. Conjugis Ipse In coelis animam, terraque corpus habet. Parva relicta Tibi, sed magni pignus amoris Gnata est, quam poteris Matris amare loco. Cum reliqua Sobole tumulus quam contegit, Vxor Est Tibi supremo restituenda die. PL. Rev. DN. Viduo in Acad. Julia scripsi Ioachimus Hildebrandus SS. Th. D. & Ordin. Prof.
SAt scio: dulce fuit, DAETRI, tibi vivere, quando Vivebat vitae luxque, comesque tuae.
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Quaeque tui solamen erat, quae cura laborum, Et medicina tuis hactenus una malis: Nunc scio nunc, postquam facta est ea flebile funus-Quod sit dulce tibi cum moriente mori. Nam quocunque vides, subeunt gemitusque dolorque, Quique solet vacuis horrot inesse locis. Sat scio, praereptos animo meditaris amores, Atque absens, praesens quod nequit esse, cupis. Sic ut perpetuò liquescant lumina fletu, Mortuaque in vivo corpore membrageras. Nec, quem jam gracili pango tibi carmine versum, Conferat in curas pharmaca multa tuas. Sed contra has voces ea visa est reddere; quondam Intra foemineum gloria prima chorum. Te, Vir chare, rogo per jura sacerrima lecti, Ne lacera curis languida corda tuis. Usque adeo intactum nihil est, terrasque per omneis Exercet vires trux libitina suas. Quae tibi debebam, solvi solatia vivens, Atque tuae curae svave levamen eram. Quin etiam moriens tibi liqui pignus amoris, Caetera nam mecum magnus olympus habet. Scilicet ut quo me vivam complexus amore es Me quoque post mortem prosequererê meam, Ac ita conjugibus, quam, fas sit, vivere vitam, Exemplo nostrum monstret uterque suo. Ita maestiß. Dn. viduum, Dn. Fautorem compatrem & amicum singularem solari voluit Andreas Ramdohr D. Reip: Brunsv: Syndicus.
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1.
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SO muß ein Christ in dieser Welt sich leyden / Und ganz beherzt nachtreten / der jhn führt. Des Fleisches Lust mußer im Leben meyden / Und dulden / wan jhn Gottes Ruhte rührt. Doch nicht / als ob das Leiden dieser Zeit Wehrt solte sein der künfftign Herligkeit.

2.
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Wir leyden hier / und zwar nach GOttes Willen / Was aber mehr? Es ist ein Augenblik. GOtt wil gar bald die Stäupe-schmertzen stillen / Und senden nach dem Trauren stetes Glük. Darumb ist ja das Leyden dieser Zeit Durchaus nicht wehrt der künfftign Herligkeit.

3.
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GOtt legt uns zwar die Last auff / die wir tragen / Er aber trägt am allermeisten dran. Er tröstet / stärkt / erhält in allen Plagen Und frischet uns durch seinen Geist stets an. Darumb ist ja das Leyden dieser Zeit Durchaus nicht wehrt der künfftign Herligkeit.

4.
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(Esa. 55, 1.)
Wir käuffen es von GOtt / was uns ergetzet / Doch gar umbsonst / ohn Arbeit und ohn Geld. So träu ist GOtt / daß ers vor käuffen schätzet / Was Er uns schenkt aus Gunst in dieser Welt. Darumb ist ja das Leyden dieser Zeit Durchaus nicht wehrt der künfftign Herligkeit.

5.
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Ey frommer Christ / dein Heyland hat gelitten / Wie woltestu dan auch nicht leyden? Ey Betrachte doch / wie dieser hat gestritten /
|| [ID00059]
Und denke daß man auch ein Streiter sey. Doch nicht / als ob das Leyden dieser Zeit Wehrt solte sein der künfftign Herligkeit.

6.
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Du läuffest mit zum Ziel in Leydens-Schranken / Und strebest nach dem Kleinot / was du kanst; Wilt auff der Bahn nicht mit den Heuchlern wanken; Dein GOtt ist nicht dein Luster gebner Wanst. Und gleichwol ist das Leyden dieser Zeit Doch nimmer wehrt der künfftign Herligkeit.

7.
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Dein Leyden / Mensch / ist nur ein Weg zum Leben / Und kein Verdienst Es ist der kurtze gang / Durch welchen du hinläuffest / zu erheben Im Glauben den von Christ erworbnen Dank. Drumb wisse / daß das Leyden dieser Zeit Nicht wehrt sey der so grossen Herligkeit.

8.
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Du frommes Hertz / anjetzt von uns gepriesen / Du edle Seel in GOttes Hand gestellt / Diß war dein Trost (wie du gnug hast erwiesen So lange du hier littest in der Welt /) Daß alles Leyd und Leyden dieser Zeit Nicht wehrt ist der versprochnen Herligkeit.

9.
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Du lieffest hin getrost mit dem zu leyden / Der vor dich hat erlitten Angst und Spott. Des schwebestu anjetzt in jenen Freuden Da nichts nicht ist / als Wollust / Heyland / GOtt; Und schmeckest / daß das Leyden dieser Zeit Nicht wehrt sey der empfangnen Herligkeit.
|| [ID00060]

10.
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Geneuß der Lust / geneuß der Seligkeiten Die GOtt dir jetzt einschencket aller voll. Wir wollen / hilff O JEsus / hier noch streiten / Als lange du wilt daß es wehren soll. Gib nur / daß wir nach dieser Leydens-zeit Auch leben in der Himmels-Herligkeit. Seiner Christlich-geliebten sel. Freundin und Gefatterin setzete dieses Ehrengedächtnis auff jhren frühzeitigen doch seligen Abschied aus dieser eytelen Welt aus betrübtem Hertzen Andreas Henricus Bucholtz Eccl. Brunsvic. Coadjutor.
HActenus in luctu, Antistes venerande, fuisti Perpetuo; casti dulcisfima pignora lecti, Intra annos, adeo haud plures, mors improba, quippe, Eripuit plura, immitis neque desiit, usque Iungeret & matrem natis, pietatis amantem, Ipsius atque domus fulcrum, sine felle maritum, Quae tenere redamabat amantem. Est horrida certe Tempestas, surclos quae postquam sustulit, ipsas Arboris evellit radices funditus. Inde, Sed nos Christicolae, divini signa favoris Colligimus certò: nam quos pater optimus ille, Ille pater, qui habitat supra flammantia mundi Moenia, castigat natos quos diligit, instar Clementis, nati qui fervet amore, parentis. Per multa adversa, & per tristia plura, beatas Tendimus in sedes; alia haud ratione beatos,
|| [ID00061]
Nos Christus voluit; sic, nempe, per aspera ad astra Itur, & ut tandem potiamur, & hic patiamur. Si Christo digni volumus nos esse, sequamur Cum cruce, sectantes, quam magnis passibus, illum. Crux est, quae ducit coelorum ad regna, feramus Fortiter. At tu, Christe, tuis succurre ferenri Vulneribus, cordi instillans praedulce cruoris Lenimen: facile & labenti fuffice vires, Simque mcae promtusque cruci sortisque ferendae. Condolens f. Iohannes Dörre D.
GErn wolt ich lieber Herr Trösten Euch / wenns nicht zu schwer Mich jetzund ankommen wolte: Denn ich weiß / Trost ist bedarff / Weil Euch hat das Unglück scharff Härter troffen als es solte. Doch wil ich michs unterstehn / Ob es glücklich möchte gehn.

2.
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Traurig ists / Ihr müst entpern / Das Ihr hett behalten gern / Euren Eh-schatz / Eure Sonne / Die / so lange sie gelebt / Nur nach Tugend hat gestrebt / Auch Euch gebracht Freud und Won̅e.
|| [ID00062]
Welches / wenn Ihrs recht bedenckt / Euch in Eurem Hertzen krenckt.

3.
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Wenn ich / als Ihr Seelen-hirt / Jetzt bedenck / wie sie geführt Hie Ihr Christenthumb im Leben / Gegen GOtt / und Euch dem Herrn / Auch den Nechsten nah und ferrn / Wird ein jeder Zeugnus geben / Sie hab es also gethan / Daß Sie lobet jederman.

4.
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Gegen GOtt war das Ihr Hertz Daß es Ihr bracht grossen Schmertz / Wann Sie wider Ihren Willen Hätt aus Schwachheit was gethan / Das Ihr nicht gestanden an. Ihre Seele dann zu stillen Betet Sie aus Hertzengrund / Umb Vergebung alle Stund.

5.
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Wenn sie nun zum Beichtstul kam / Gleiche Andacht ich vernahm / Daß Ihr were leyd von hertzen / Was Sie hätte wider GOtt Je gethan und sein Gebott. Diß beweinte Sie mit schmertzen: Und nam die Loßsprechung an / Als von Christo selbst gethan.
|| [ID00063]

6.
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Blieb nicht sitzen auff der Banck / Sondern auff die Erde sanck / Netzte mit den heissen Thränen Ihre Hände. Wann ichs sah / Waren meine Trähnen nah / Die zu fliessen pflegen denen / Die da weinen wann sie sehn Andrer Augen über gehn.

7.
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Wie gegen Euch / Ihrem Herrn Sie sich bezeigt wolt ich gern Bey Ihm selbsten mich befragen. Doch was gnug ist worden kund / Und geredt sein eygen Mund / Solches ja man wol darff sagen: Mir hat Sie zu jeder Zeit Liebs gethan / und nie kein Leyd.

8.
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Wasden Nechstengehet an / Ich so viel bezeugen kan / Daß man sie muß billig preisen. Als mein Haußfrau niederlag / Kam Sie zu uns alle Tag / Ihre Liebe zu beweisen. War beyrähtig wo Sie könnt / Jederman Sie gutes gönnt.
|| [ID00064]

9.
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Weil Euch / Herr / ein solche nu Ist genommen all zu fruh / Thuts Euch / wie leicht zu erachten / In dem Hertzen schmertzlich weh / Weil zertrennt die friedsam Eh: Wenn wirs aber recht betrachten / Ist Sie kommen so gantz wol / Daß man Ihr Glück wünschen sol.

10.
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Denn die fromme Seele nu Lebt für GOtt in stoltzer Ruh / Wird mit’sussem Trost erquicket / Daß sie saget: Was für Freud Ist mir allhie zubereit? GOtt wiewol hastus geschicket / Daß nach so viel Plag und Pein Ich sol stetes bey dir seyn?

11.
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Wenns nicht gantz vergeblich wer / Wolt ich weiter stellen für Eure Liebste / die gestorben / Also redend: Liebstes Kind / Nun ich keine Noht empfind / Hie ist mir reichlich erworben / Daß ich leb in voller Freud Ohne Klag / ohn alles Leyd.
|| [ID00065]

12.
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So bald GOtt mich auffgelöst Ward die Seele sanfft getröst / Denn da sind die Engel kommen Haben sie gen Himmel auff Hingeführt mit schnellem Lauff / Und sich meiner angenommen / Mich versetzt an solchen Ort / Da mir wol ist jmmerfort.

13.
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Als sie mich mit solcher Macht / Zum Bräutgam Christo gebracht / Hat Er lieblich mich enpfangen / Durch die Freuden-kron ergetzt / Welche Er mir auffgesetzt Und erfüllet mein Verlangen. Bin bald ferrner hingeführt / Da der Vater mich geziert.

14.
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Wie ich stund in solcher Ehr / Kam darauff getreten her Aller Außerwehlten Menge / Jauchtzten und empfiengen mich / Nahmen freundlich unter sich Mich mit Freuden voll gepränge: Unter welchen hell und schon Ich nun leuchte wie die Sonn.
|| [ID00066]

15.
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Auch der heilgen Engel Schaar / Traten zu uns offenbahr / Fingen an ein solches Singen / War ein solche Cantorey, Ein so süsse Melodey Daß man möcht für Freuden springen / Summa hie ist solche Lust / Als auff Erden nie bewust.

16.
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Darumb Liebster / last doch sein Eure Thränen / die mit Pein Eure Wangen offte netzen. Last doch seyn / beklagt mich nicht / Dann für GOttes Angesicht / Freud und Wonne mich ergetzen. Last GOtt / bitt ich / und die Zeit Lindern Eure Traurigkeit. Dieses setzt aus hertzlichem Mitleyden Nicolaus Firnekrantz Pastor zu S. Marten. Reverendi Ministerij Senior.
GOtt bleibet stets mein Heyl! Diß war der Liebsten Frauen / Der außerwehlten Spruch / jhr Glaub- und Lebens-Wort.
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GOtt / sprach Sie / wann das Glükk Ihr lachte / soll mein Hort Und Heil doch eintzig seyn. Gott / sprach Sie / wan̅ das Grauen Des Kreutzes auff sie stieß / Mein Heil / dir will ich trauen / Daß du mir allzeit hilffst. Du hast des Todes Mord Zernichtet. Nichts von dir mich scheiden kan. Nur fort Von hier zum Himmel / HERR / dein Antlitz klar zu schauen! Und also ruhet sanfft die Fromme. GOtt / Ihr Theil / GOtt völligst Sie erquikt. GOtt ewig bleibt Ihr Heil! Auch / Gott / du unser Heil / laß deine Liebe glüen Durch unser aller Hertz! in uns beschämt / zu dir Wir fliehen. JEsu / hilff! Laß weiter auch zur Zier Und Nutzen Deiner Welt / den Daetri-Nahmen blüen! In tieffschuldiger Beehrunge der Gottgeliebten seligen Frauen Mit vielinnigstem Wunsche für des hochgeehrtesten Herrn Witwers allererwünschtem Wolergehen Samuel Voß.
MARGARIS HAKMANNI venerandi nata parentis, BRANDANI DAETRI lucida gemma domûs; Quî fit quod tenera solum cum prole maritum Deseris in tanta, dic peto tristitia? Sic quia decretum, cui fas est stamina vitae Ducere pro placito, & rumpere quando libet. Huic servare Viro, & soboli, me, si placuisset, Nil magis in votis, nil mage erat volupe: At quia displicuit, nostrique est arbiter aevi, Magno me decuit velle obedire Deo. Is prolem foveat, tristem exhilaretque maritum,
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Donec in astriferum scandat uterque locum! Is, dum mortalis miserae mihi vita manebat; Multum exercebat, sed bene, jam recreat. Nam que frui facit aspectu felice parentum Praemissam & sobolem cernere perpetuum. O quam nunc laetor, mundi postquam aspera vici, Quid crux ad coeli jubila? pluma levis. Sancte Pater propera quos dira potentia mortis Divulsit, summa jungere in arce poli! Justus Hessus Past. ad S. Catharin.
QVid charam uxorem defles, clarissime Doctor, Quam luce candidè tibi novissima Christus restituet? non certè amissa, sed ipsa est Praemissa, nos brevi sequemur cum Deus Jusserit omnipotens coeli terraeque creator. Heu occidit quae digna Nestoreis erat Seclis, haec ejus potuissent praemia ferre Virtus, fides expers fuci, pietas, pudor: Sed sunt commendanda Jehovae cuncta benigno. Lacrymis ciere quaeso manes desine, Defuncta haud etenim lacrymis revocabilis ullis; Illi quiete dulce sit parta frui. Bartoldus Cothenius Pastor ad B. Mariam.

I. MARGARETHA Hacmans DON. DOCTORIS BRANDANI DAETRII CONIVX . chara, non ignara mor s, ex hoc mundo scandit ad atria Dei.
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ET Tibi chara Tuisque fuit tua Margaris: at qui Charior haec superis, Vir venerande, fuit. Non ignara fuit vitae, hîc quae plena dolorum Degitur; hanc dudum spernere docta fuit. Non ignara fuit morbi mortis que. Subinde Decumbens lethi est praemeditata viam. Sic ex hoc mundo pia fcandit ad atria coeli Atque Dei Patris sancta theatra subit: Nunc ubi, quę fuerat mundo mera Margaris, instar Solis, ne dicam ut splendida gemma nitet.

II. MARGARITA DE TRIANA ORTV HACMANNA. Dona amantur in te mira, grata, chara. .
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Quam bene Margaridis, nunc caeles, nomen in orbe Sis nacta, hoc cupidos ipsa eementa docent. In te fulgebant, quae sanctis semper amantur Dona, DEI timor & non simulatus amor; Mens humilis, probitas, mundi contemtus, & omne, Quae caftê nupta est foemina, quo placeat. Haec quo mira magis, magis in te grata fuerunt Ac chara, & charo nomine digna tuo. Sed cum chara minus mundo sint ista maligno, Te properè coelum propterea rapuit. Praestantis simae foeminae, affinitate mihi propinquae memoriam ad istum modum prosequebar Hamburgi dolenter Georgius Boutin ad S. Mar. Magd. Pastor.
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AVrea pax viget aut victoria Marte fugato, Lassos cum fessis alma quies recreat. Portu̅ animo infigit nauta aequora salsa secando, Dextrè certanti pulcra corona datur. Blandum ver hiemis frangit tollitque rigorem, Et merces sequitur larga laboris opus. Christi expertus onus placidumque jugumque suave, Abrae de gremio quod benè speret habet. Ergo ter felix & toto ex asse beata Dimidium ô animae Vir venerande tuae. Post varios luctus post tot discrimina rerum Emergens, secli mille pericla fugit. Jubilet exultet pia foemina, plaudat ovetque, Quod sibi contigerit gloria, vita, salus. Franciscus Völkerling Pastor Brunsvigae ad D. Magnum.
MARGARIS occubuit, cujus sub pectore sedem Fixerat ingenuâ cum pietate fides. Hanc tibi dextra Dei dederat, clarissime Praesul DAETRI, grande decus, praesidiumque domus. Abstulit hanc etiam summi tibi dextra Jehovae, Si causam quaeras: Sic Domino placuit. Sic probat ille fidem, moresque precesque piorum, Quaeque nocere putas, multa docere queunt. M. Henningus Stedingius ad D. Petri p. t. Past.
|| [ID00071]

SIccine Te toties eircumstant funera moestum, BRANDANE, Praesul optime? Morte cadit Soboles; veluti Titanis ob aestum Flores macrescunt, & citâ Tàm vice, quàm crevêre, cadunt: sic ordine quinos Tori jugalis Flosculos Acrior abripuit morbi vis. Nunc tua Conjunx, Proba, casta, prudens MARGARIS, Te quoque contristat, sub terras frigida cedens, Cordis tui pars altera. Nem pe manent omnes sua fata: nec ullus ab illis Immunis est hoc seculo. Proximiorque crucis tanto pius ille flagellis, Quantò IEHOVAE charior. Quinque suos Natos pia Mater, in atria coeli Quos antehac praemiserat, Exultans sequitur; mansit tamen una superstes, Hoc ultimo partu sata: Scilicet ante oculos Tibi sic renovata mearet Matris fides & sanctitas. Parcito moerori: frangit praecordia moeror, Et corporis vires ferit. In terrâ multos casus, discrimina multa, Vt scis, Marita pertulit: Nunc sortis secura malae, secura laborum Triumphat in CHRISTI sinu. Te committe Deo, nimium qui demere solus E corde moerorem potest. Porrò Tuos & Te servabit: & agmine denso Nos junget inter Coelites. Quiescentis beatae memoriae, & leniendo Vidui moestiß. dolori scrib. M. Iohannes Schindlerus, Pastor ad D. Andream.
|| [ID00072]

QVam ratio periisse putat, non mortua certè, Dormit, mens alti vivit in arce poli. Ne doleas igitur, Praesul reverende, maritam, Atria nam vitae non necis illa tenet. Felix ô requies, quae post tot tristia fata Contigit, ò requies usque petenda piis!

Epitaphiolum B. Margaritae Daetriae.
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Vnio pulcer eram, cinerem mors invida fecit, Crede, cinis foetens unio pulcer erit. Condolens add. M. Paulus Röberus Eccl. Br. Cathar. Pastor.
SI fata fas esset cuiquam evadere, Et iniqua declinare mortis spicula, Fatis acerbis digna mortique eripi Fuisset, hoc quae conditur sub marmore, Flos foeminarum MARGARETA HACMANNIA, Honesto avorum procreata sanguine, Connubioque hautimpari natalibus Faustissimâ copulâ marita BRANDANI DAETRI, cui inspectio scholae ac Ecclesiae Mandata per Rempublicam Brunoniam: Et peperit acceptos suo liberos patri. Haec magna certè. Caeterum majora sunt,
|| [ID00073]
Quêis enitebat Saxones inter nurus Ceu sacra reliquas laurus inter arbores, Sincera Pietas & fides, quibus Deum: Amor obsequî plenus, pudicus, quo virum Etabs que fuco caritas, quâ proximos Est prosequuta perpetim, dum viveret. Has digniores esse dotes, omnium Rerum supremus judicavit arbiter, Quam terra digna possidere sordida. Ah prava nimium terra! vitiis dedita Virtuti iniqua semper. Ergò Hacmanniam Ex hoc solo tenebricoso & hor rido, Ex hoc solo tumultuoso & turbido In suda coeli transtulit palatia, Et lucidas sublimis arces aetheris: Vt quae inter homines ceu tener flos splen duit, Ceu MARGARITA vel venusta gemmula Nunc inter astra, sidus, & poli faces Phoebôcoruscet cynthiaque purius. M. Jac. Kesebergius, Ecclesiastes VVulffsburg.

Linteolum amaras abstersurum lacrymas, dulcis sisimo Marito à defuncta è tumulo Marita porrectum,
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QVum viverem fui patris Fidelium Abrae Filia. Post fata sede commoror In coelicâ, teneris data
|| [ID00074]
Socia, Marite, filiis Et filiabus: pignota Quae olim fuere conjugI Nostri. Fruor dulcissimo IESVLI consortio. Dulcis Marite, dulcior Mî melle dulci quolibet, Qvum degerem Tecum: Tibi Me passa sum, non mentior, AEgre eripi. Sed passa sum Tandem, obsecuta Numini Sic, sic volenti. Desinas, Rogo, Marite, plangere. Ne qua invidere gaudia Mihi putet Te stolida Vulgi cohors. Es Filius, Scio sat, Abrae creduli Verus, fide firmissima Nitens DEO, Vestigia Premes parentis Filius Lugentis ereptam Saram Tantisper. En ludit Tuo Tenella proles in sinu, Enixa quam fui ultimo, Marite mellite, haec Tibi Mellita proles tradita, Relicta Mnema sit mei. Servet, Tui memor, Deus Hoc Mnema multos in dies. Supponat illud languido, Marite, firmum corpori Fulcrum Tuo. Nos interim Irrupta mentis copula Tenebit, usque Te polo Mixtum beato coetui Cernam. Vale! quid Te moror Marite? quem gravis vocat Cura officI. Vale, vige. M. Ioachimus Calvorius Pastor Ecclesiae Neapolitanae apud Hildesiense s.
NEmo ferè, Juvenilis adhuc dum volvitur aetas, Curarumque gravi libera mole, fluit, Non spondet Vitae cursum felicis, & inter Lubrica fortunae, prospera quaeque sibi. Interea votis labi contraria saepe Rebus in humanis fata videre licet. Procedunt anni numeroque augentur, eâdem Detrimenta vides ire propinqua viâ. Ad seram Ventum est, aevo labente, senectam, Heu mihi, quam multis cingitur illa malis.
|| [ID00075]
Exemplum fideifirmandae flebile quanquam Grande tamen praebes, Vir venerande, satis. Qui nondum senij contacto limine, multis Edoctus svesti casibus esse miser. Invasere tuos recto nunc obvia talo, Nunc è transverso plurima damna lares; Nulla tamen vel vi major, vel dignior acri Incidit in thalamos plaga dolore tuos. Quae tibi conjunxit sese Iuvenilibus annis, In mores verti docta marita tuos, Quaeque tuam solers & non incauta futuri Fulcibat, tanquam fida columna, domum, Quaeque tuos Verbis solita est lenire labores, Officij quos te norma subire jubet, Quaeque tibi durum, quas fert haec vita, solebae Curarum blanda voce levare jugum, Quaeque tibi peperit socialis pignora lecti Et fovit molli, mater amica, sinu, Quaeque salutares vitae formavit in usus, Et verum, à puero jussit amare decus, Commoda, dum vixit, quae praebuit, omnia secum Jam tumulo, tristi funere rapta, trahit, Et te dilectum, tenerâ cum prole, maritum, Collocat in viduo, destituitque toro. Magna quidem clades, animum quae robore quamvis Praestantem moveat de statione sua. Quid facias tamen, ipse tuum scindasnè dolorem, Angarisque animo, nocte dieque, tuo? Non id, quâ polles, doctrinae copia, non id Permittat mentis Vis generosa tuae, Non qui te longis, exercuit usus ab annis Et docuit forti pectore ferre mala. Quod superest igitur, quando superare ferendo, Rumpere cum nequeas, aspera fata, juvat, Tu quoque Vir praestans, quae nunc te tangit & angit
|| [ID00076]
Fortunae tristes Vince ferendo Vices. Id dignum virtute tua, dignum artibus his, quae Pectus multiplices erudiere tuum, Dignum, qua doctus jam consuetudine, & illo Quod sanctum magna munus in urbe geris. Hanc testem socij vocem tibi mitto doloris, Concussus casu, grandis amice, tuo. Tu mea quae, quanquam tenuis solatia praebet Multisque & magnis Musa subacta malis Accipe, quo par est animo, Salvator JESVS Alloquio jubeat pondus inesse meo. Elegia haec lugubris Defunctae honori & memoriae consecrata ab Henrico Vagetio bonarum literarum in Gymnasio Hamburg. Prof.
EHeu Morta, diu nimium saevire parata es, Eheu, sic pultans Praesulis, atra, lares! Quo tandem usque lubet tot pignora tollere? mater Vt quosque enixa est, sic fere quosque rapis: Nec satis esse, puto, tibi factum rere, cruenta! Dimidium ni animae mox sicelice seces? Mortales miseros, nec fausto sidere natos, Expositos telis sic ita quemque tuis! Desaevi tandem: quatere aequa cuspide cunas Desineque infantum, liminaque ipsa tori. Sed quidnam prodest tibi litem intendere? vere Rectius edoctos addecet esse pios. Vt patres igitur, merito sic cuncta dicamus Nostra Deo, & canimus: Sic placuit DO MINO
|| [ID00077]
At simul oramus, venerande ô Praesul, ut annos In multos te idem sospitet incolumem. Vt velit hoc, faciat, quis non mecum addet, Jova De nostris annis augeat, opto, tuos! M. Bartholdus Snellius Scholae patr. Martin R.

D. O. M. S. Siste hic, Viator, paullum, & lege. Hic sita est piissima ac pudicis sima matrona MARGARETA Quae patre GERHARDO Hacmanno, Ecclesiaste quondam Hamburgensi vigilantissimo, Matre MARGARETA Schwans / prognata, & admodum Reverendo, Ampliss. & Excellentiss. VIRO DN. BRANDANO DAETRIO, SS. Theol. D. eximio, nec non Ecclesiae ac Scholarum Brunsv. SVPERINTENDENTI fidelisimo collocata, Qvum pietatem virtutesque foemineo sexu dignas assidue coluisset, sexque vicibus peperisset, Trium filiorum, ac to tidem filiarum, (e quibus filios tres, & filias. duas in coelestem patriam praemisit, unica filiola adhuc, quamdiu Deus voluerit, superstite,) mater facta, phthisios ac febris hecticae malignitate superata
|| [ID]
Viribusque paullatim tandem exhausta, sed animo invicta cum aeterna vita mortalem, annum ejus XXXI. agens aerae Christianae M DCC LIV. III. Kl. Novembris commutavit, Atque hic loci ultimam supremi diei tubam, corporisque resurrectionem exspectat, relicto maximo sui apud maritum desiderio.
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Tumulus.
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BRunsvigii cubat hoc sub fornice Praesulis uxor, Margaris, Hacmanni filia chara patri. Sex ea duntaxat vivendo lustra peregit, Vivere quae totidem secula digna fuit. Virtutis specimen fuit haec, dum fata sinebant; Exemplarque fuit nobile conjugij. Qui sic vitam agitat, quique hoc sic deserit aevum, Et terra & coelo teste beatus homo est.

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Paraphrasis textus Concionis funebris ad Rom. IIX, 18.
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|| [ID00079]
Gvernerus Cuno, Scholae Brunsv. AEgidianae Rector.

I. NENIA.
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SIc est: non moritur, verum post fata perennat Hospite deserto longe praestantior illa Pars potior nostri, divinae particula aurae. Testis Phoebeo patefactum lumine lumen Clarius, huic mundo quo praeluxere prophetae, Et Servatoris socii fidique ministri. Testis luce sua ratio praelustris, & actus Ejus, materia qui non contentus in una Sistere, verum etiam sese ad sublimia tollens Omnis materiae spectare expertia gestit. Id monumenta docent, nobis quae docta vetustas Relliquit, quamvis studium cultumque professa Gentilem. Docet hoc, tellus qua Mexica gaudet, Relligio, nec non quae jactat voce superba Ante alios omnes gemino se lumine China.
|| [ID00080]
Quem latet has gentes uno omnes ore fateri, Quod superent nobis animae manesque sepulri? Insuper at Christi qui se de nomine dicunt, Illius & vitam, nec non sacra jura seqvuntur, Haec simul in ventos vanescens vita recessit, Exspectare sciunt sese virtutis honorem, Mercedemque suae laudis. Fiducia tanta Hinc illis, tanta hinc surgit constantia menti. Ista sibi ponunt finem que scopumque laborum, Qualis in oppositam metam torquere sagittam Annitens, pariterque oculos, telumque laborar Tendere, ne postquam vibravit aberret ab illa. Haec eadem que stetit sententia certa Maritae, Firmiter hoc sedit menti, CLARISSIME DAETRI, Ad superos nostris donec concessit ab oris. Haec propter duros casus, quos dura ferebat Sors, tulit haud graviter, Christique est mente sequaci Hîc, quantum potuit, vitam moresque secuta. Moribus haud adjuncta superbia, fida Mariti Extitit adjutrix, seu sors spiraret amica, Seu male constantem mutaret nubila vultum. Ad summam, cunctos perferre patique sciebat. Hinc quoque non pauci jam cassam lumine lugent, Multa gemunt, largoque humectant flumine vultum. Hinc vitam sine fine dedit, coeloque locavit Omnipotens illam, & mutavit tristia laetis, At corpus placida compostum pace quiescens In dias olim revocatum luminis auras Filius ille Dei in felicia regna reponet. Quare singultus compescas praefica, luctus Mitte supervacuos, longumque referre dolorem Desinc. Sed tu, qui vitali vesceris aura, Disce sequi exemplum DEFVNCTae, & munere fungi Mandato, atque animi morbos sanare memento. Quodque velis, nolis, quod nolis, appete contra.

II. Epigramma.
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Dic, Musa, cur hîc ordo vertatur malis, Cur copiae cornu fruantur divite, Fluantque cuncta prospere ex sententia, Contra pii fere premantur asperae Fortunae iniquis usque & usque casibus? Sic fata fortitur Deus, vicesque dat,
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Isthîc vicissim ut ordo vertatur piis In altera vita, & fruantur gaudiis.

III. Epitaphium.
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Bonis quae cecidit dolenda multis, Hoc sub marmore MARGARITA dormit HACMANNINA, Marita DAETRII illa BRANDANI, decus atque amor Mariti, Pulchris moribus, atque liberali & Modesta facie, Marita dulcis BRANDANI, inclyta quo Brunonis acri Vrbs Antistite gaudet, atque Verbi Praeconum sacer Ordo, cum Lyceis Quae Domus fovet illa Ocri celebris. Ter denos ea vixerat Decembres, Cum sexta sobole edita, recentem ah Vnam Filiolam, virumque liquit. Memoriae desideratisß. Matronaef. Andreas Burchardi, Martin. Conrector.

SC AZON.
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QVae fida conjux meruit esse Brandani, Virtutis omnis illa gnava sectatrix, Et sexui illa foeminino in exemplum Concessa coelo; quam fovebat â primis Eusebia cunis, haut deinde per totam Infida vitam illi pedissequa existens; Quae columen ingens atque decus egenoru̅; Quae grata Gratiis, & omnibus chara; Quae noverat nutus mariti amussatim, Hos assuëta & exsequi gradu pleno, Heu ante rapta tempus, ingredi nuper Mortalitatis illa semitam visa est, Et sponte naturae, quod usui tantum Concesserat, persolvit, ultim um dicens Dulci, VAIE, Viro gregique amicorum, Nec huic nec illi relliqvum dedit quicquam Nisi lacrymas graves, gravesque singultus, Pullis amicta vestibus gemit Virtus: Eusebia frontem perfricans recondit se
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In abditis recessibus: nec admittit Solamen ille pauperum relictus grex. Et Hippocrenes aruisse, defunctae Dum justa faciunt Gratiae, ferunt fonte̅. Quâ mente Tu, BRANDANE, corculum, quotquot Florent vigentque in Chauciâ cruditoru̅, Quibus oculis partem Tuae secutus sis Animae rogo illata̅, mea haut loqui Musa Novit: scies id ipse rectius cunctiS. Vnum hocce novi, JVLIAS adhuc tota Quod moereat Tuo dolore, Vir magne, Ex quo recens demortuae citis fama Alis volans accrba rettulit fata. Nos, absit, insanam tyrannidem Mortis Vel jura nescio quae severa Parcarum Vt impetamus jurgiis, malè ut sana Solebat olim turba gentium idolis Dicata. Scimus esse, terminum nostrae Qui destinavit, unicum Deum, vitae. Mors hujus èvestigio obsequi jussis Tenetur, ut nutûs colens heri servus. Sed nec nimis tua, ô Beata Matrona, Properata damno funera: haut mori posses Melius, vel id locasse ver iuventutis Honestius. Quicunque gaudet utroque hoc, Gaudebit & tandem polo pol is tecum, Tecum, ô Deo nunc Diva proxime assidens, Virtutis omnis sedula ante sectatrix, Concessa coelo sexui tuo Exemplum. Andreas Rudolphi S. Theol. Stud. FINIS.
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Praecedentibus Epicediis fine jamfacto, appendiculam exegerunt quae extra ordinem hic compárent serius missa.
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MARGARI nobilior sexu, sapientior annis, Candidior secli conditione tui, Quo fugis? & pietas, prudentia, gratia tecum Quo fugit? & casto mixtus amore pudor? Sic est: in coelos tua te, pulcherrima, virtus Sustulit, aeternis ut potiare bonis. Iamque piis precibus sobolique, viroque, tuisque Omnibus adsuescis conciliare Deum. Det natae moresque tuos, animumque marito Tranquillum, & scelerum labe vacare tuis. REINOLDVS BLOMIVS Celsissimi Ostfrisiae Principis Consiliarius ab intimis
ERgo immaturis decedit DAETRIA conjux Annis, & dulci lumine cassa jacet? Sic Pater exercet, tacito quos nutrit amore: Perpetuoque jugo sors premit atra pios. Vnica spes superest. Tot dura resarciet olim AEterna in coelis & sine fine quies. Testando dolori L. M. Q. scrib. in Acad. Jul. Valentinus Henricus Voglerus D. & Prof. P.
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Inscribenda Tumulo.
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IN hunc se tumulum, Lector, pretio sa recondit MARGARIS, eximio digna Marita Viro. Ille viros inter multâ virtute celébres Eminet, & sacri est duxque decusque chori. Haec praeclara sui sexus quasi gemma refulsit, At que fuit reverens Numinis atque Viri. In flore aetatis mundum pertae sa parârat Se morti; hanc nacta est tam pia tam properam. Qui capis exemplum, sic te compone DEoque Et letho, ut laetum hinc te tua fata ferant. De pientissimae Matronae & in exemplum sexui suo natae, uno verbo, MARGARITAE, obitu certior factus, doloris testandi ergo exarabam Hamburgi M. Henningus Eggers Hamburgensis.
SIccine sub nigras rapitur pia Margaris umbras In flore annorum ac limine conjugij? Heu quot repperias infausto sidere nuptos, Festinata quibus mors medicina foret! Quêis Deus amplifieat soles & prorogat annos; Scilicet in paenam his parcere Parca solet. Nam non defunctis, sed purgatorius ignis Vivis est discors tam malè conjugium. Mortales alios quot nequam cernere passim est, Non nisi telluris pondera inutilia? Qui nihil hîc curant, quàm ventrem & inania mundi: Quos tamen indignos longa senecta fovet. Annon servari paenis gravioribus illos Credendum? manet hos sulphur & ignis edax. Quando igitur moritur variâ virtute decora Conjux, quam pietas asserere ipsa nequit:
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In spem non dubiam vitae melioris & aevi Alterius, posthac non moritura, cadit. Hoc Deus ô facias moestos meminisse, domumque Afflictam patriâ protege quaeso manu. Squalentem Viduum vivo soiamine fulci, Pectore ut infracto vulnera vasta ferat. Johannes Casparus Domhardi S. S. Theol. cultor.
SI mihi perpetuos fas est indicere luctus, Ac fletu longos continuare dies: Officium facile est, geminis quod manibus unus Debeo, nec pietas est gravis illa mihi. Adsuescent oculi lacrymis ultroque resultans Raucescet querulis vox miseranda sonis. Emittent meros fluitantia lumina rivos, Ac docilis feriet pectora moesta manus, Dum carae matri, facio dum justa sorori, Et dolor in duplici vulnere major inest. Sed neque crcdibile est, ipsos ca poscere manes, Nec pietas justum nescit habere modum. Adde quod aethereas teneat feliciter arces Propositum lethi qui bene transit iter. Tu quoque dum nostra es, Soror ô dulcissima faustas Non dubitavisti prompta subire vices. Hinc tibi coelestis veniunt consortia vitae, Et nov a sidereis sedibus hospes ades. Ergo gravem ratione licet compescere luctum Nec stolide in tantum relligiosus ero. Sit tibi terra levis Matrique; ut rite sequamut Optabo, qvum nos proximus ordo vocat. Supremo honori ac memoriae & Sororis & Matris, dilectissimorum in terris capitum, quae unius quatridui intervallo ambae, haec Hamburgi, illa Brunsvigae, in Domino nuper obdormiverant, Elegos hosce quo poteram animo parabam in Acad. Julia Sebastianus Hackman.
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Helmaestadii f. Johann. Ernst Schrader. C. F.


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