Transkription

Finen, Eberhard: Der unbewegliche Damm der Gläubigen, In einer ... Curdt Nicolaus von Dammm, ... gehaltenen Leich- und Gedächtniß-Predigt ... / vorgestellet von Eberhard Finen, Herzogl. Braunschw. Lüneb. Consitorial-Raht ... .
[Inhaltsverzeichnis]
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Der unbewegliche
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Damm der Bläubigen / In einer Dem Hoch-Wol Ehrwürdigen / Hoch-Edlen und Hochgelahrten Herrn / Herrn
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Lurdt Nicolaus von Damm /
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Fürnehmen JCto, Hochfürstl. Braunschw. Lüneburgis. Hof-Berichts-Assessori, und des Fürstl. Stiffts St. Blasii Canonico, Vice-Domino und Syndico, Dessen Seele dem 2ten Sept. des zurückgelegten 1715ten Jahrs zu ihrem Erlöser / Und der Leib den 11ten Sept. in seine Grufft gebracht worden / In der Stifsts-Kirchen St. Blasii bey Hoher Vornehmer und Volckreicher Trauer-Versamlung den 15ten Sept. gehaltenen
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Leich- und Bedächtniß-Predigt Aus dem von dem Wolseeligen selbst-erwählten Leich-Text Jes. LIV. vers. 10.
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Es sollen wol Berge weichen und Hügel hinfallen / aber meine Gnade soll nicht von dir weichen / und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen / spricht der HErr dein Erbarmer / vorgestellet von Eberhard Finen /
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Hertzogl. Braunschw. Lüneb. Consistorial-Raht / Hof- und Stiffts-Prediger / Abt des Closters Michaelstein / und der Campischen Inspection Superintendenten.
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Braunschweig / Gedruckt durch Joh. Georg Zilligern / Hertzogl. privil. Hof-Buchdr.
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Der Hoch-Edlen / Hoch-Ehr- und Tugendbegabten
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FRAUEN Annen Hedewig von Damm / gebohrnen von Kalm / Als Des Wolseeligen Herrn Hof-Berichts-ASSESSORIS Höchst-betrübten Frau Mittwen /
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Wie auch Dessen Wehrtesten hinterlassenen
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Herren Söhnen / Jungfern Töchtern / Herren Bruder / und Frau Schwester / auch übrigen Vornehmen Anverwandten
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Widmet diese auf des Seelig-Verstorbenen und dero eignes Verlangen gehaltene Leich- und Gedächtniß-Predigt mit Hertzlich-Wolgemeinten Anwundsch der kräfftigen Tröstungen / Hülffe / und Väterlichen Pflege und Vorsorge GOttes Deroselben Gebets- und Dienstwilligster Eberhard Finen.
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GOTT! dessen Gnade fester stehet denn die Berge / dessen Bund unbeweglicher als die Hügel; Ach zeige deine Gnade denen die du betrübet / heile die du geschlagen / weiche nicht von denen die nach deinem Trost und nach deiner Hülffe seuffzen. Deine Gnade sey mit uns allen itzt und in alle Ewigkeit! Amen.

Vorrede.
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MEine Stunde ist noch nicht kommen. Diese Worte / Meine in GOTT hertzlich Geliebte / zum Theil von GOTT schmertzlich Betrübte / halten uns vor die Horas & moras oder das Eilen bey dem Verweilen unsers JEsu. Sein eigner Mund hat dieselbe geredet Joh. II, 4. Es war dazumahl Hochzeit / aber auch Hohe Zeit / daß JEsus durch eine eilige Hülffe einem gar übelständigen / schimpflichen und daher seine Mutter sehr betrübenden Mangel abhülffe; Er hat aber Seine moras, Seine Weile / Sein Noch nicht: Meine Stunde / sagt Er / ist noch nicht kommen. Doch in ipsâ morâ, hora, bey der Weile ist die Eile / in dem noch nicht kommen stecket das: Sie wird noch kommen / und zwar wenn Sei
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ne / das ist / die von Ihm gut gefundene und erwählte Stunde kommen würde / alsdenn solte Ihn von der erbetenen Hülffe nichts auf und zurück halten. M. A. Es war GOttes Mutter / welche diese Worte von ihrem Sohne hören muste / so werden denn auch GOttes Kinder sich nicht befrembden lassen / daß auch sie zuweilen von ihrem Vater hören müssen: Meine Stunde ist noch nicht kommen. Sie werden sichs nicht befrembden lassen / wenn die Hora, die Hülffs- und Rettungs-Stunde nicht so bald kommt / als sie es wol gewündschet und gehoffet; Gnug daß ihnen die feste Versicherung bleibet / JESU noch nicht / sey nicht gar nicht / sondern es werde alles gut werden / wenn seine Stunde kommen. E. L. muß ich itzund mit höchster Wehmuht aufführen einen Mann / welcher ihm diese Worte seines JEsu sehr wohl zu Nutze gemacht. Es ist der Weyland Hoch-Edle / Hoch-Wol-Ehrwürdige und Hochgelahrte Herr Curdt Nicolaus von Damm / Fürnehmer JCtus und Practicus, des Fürstl. Hof-Gerichts zu Wolffenbüttel wol-verdienter Assessor, und dieses Fürstl. Stiffts S. Blasii Canonicus, Vice-Dominus und Syndicus, als dessen früh-zeitiger aber seeliger Todt / wie für GOtt / so auch billig für uns wehrt geachtet wird / und wir deswegen zu seinen Andecken in dieser Trauer-Versammlung bey einander sind / um uns in einer Leich- und Gedächtniß-Rede Sein Exempel zur Nachfolge vorzustellen. Dieser wehrte Mann hat das Noch nicht seines JESU in einer langwierigen und sehr beschwehrlichen Kranckheit ziemlich erfahren müssen; Er wuste sich aber durch die Krafft so in denen Schwachen mächtig / zumahl wohl darinn zu schicken / denn als ich Ihm etwa vierzehn
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Tage vor seinem seeligen Abschiede besuchte / und mein hertzliches Mitleiden über die noch immer anhaltende Schwachheit bezeugete / ließ er die Worte JEsu von sich hören: Meine Stunde ist noch nicht kommen? und als ich darauf antwortete: Sie wird aber gewißlich kommen / versetzte er mit grosser Freudigkeit: Ach ja! Meine Zeit steht in GOttes Händen. Warlich / dieses war eine deutliche Anzeige / sowol einer frölichen Hoffnung als stiller Gelassenheit; Diese war mit dem Noch nicht zufrieden / jene aber / die Hoffnung / verließ sich darauf / daß auf das Noch nicht ein erwündschtes Endlich folgen würde. Und siehe! es ist erfolget / als sein JEsus am verwichenen zweyten Septembris seines Jammers durch eine seelige Auflösung ein Ende machte. Es geschahe solches währender Hora, als dem bey hiesigem Stiffte gewöhnlichen Gottesdienste / und fielen mir daher die vorangeführte Worte des Wol-seeligen Herrn Assessoris bey; Meine Stunde ist noch nicht kommen. Ich richtete mich daher in meinen grössesten Betrübniß über den Verlust dieses lieben Mannes mit diesen Gedancken auf: Siehe / so ist eben unter der Hora die Hora die Stunde / die Hülffs-Stunde JEsu kom̅en. Zwar den seelig Verstorbenen zu rechter Stunde / aber ach! nach menschlichen Gedancken viel zu früh vor die höchstbetrübte Frau Wittwe / viel zu früh vor einen Vater- und Mutter-losen noch nicht berahtenen Sohn / viel zu frühe vor Vier Vater-lose Waysen / viel zu frühe vor dieses löbliche Stifft / viel zu frühe vor sämtliche vornehme Angehörige und Verwandten / viel zu frühe vor Seine Clienten und gute Freunde. Wenn ein Damm durchgebrochen / hat man ja eine Fluht zu befürchten / und was für Fluhten stellen ihnen nicht itzt angeführte Leydtragende vor / da der unbescheidene Todt ihren Damm hat eingerissen? Doch / ich bin nicht aufgetreten allein zum klagen / sondern E. L. nach Des Wolseel. Herrn Assessoris Anwei
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sung einen Damm zu zeigen / hinter welchen Er sich wider alle Trübsahls-Fluhten sicher gefunden / und hinter den auch wir unsere Sicherheit finden können; Solcher Damm ist die Gnade GOttes und der Friedens-Bund / welchen GOtt mit uns gemacht. Wenn denen Fluhten grosse Berge und starcke Hügel weichen müssen / so stehet doch die Gnade GOttes und der Bund des Friedens fest und unbeweglich. In dem von dem Wolseeligen erwählten / mit eigner Hand aufgezeichneten und in seine Hand-Bibel gelegten Leichen-Texte ist dieser Trost enthalten. Zu dessen schuldigen Andencken / denen Leydtragenden zum Trost / und uns allen zu einer / GOTT gebe nützlichen Erbauung / sind wir denselben zu betrachten in GOTT entschlossen. Der HERR HERR lasse bey dieser Andacht Seine Gnade auch nicht von uns weichen / darum wir Ihn kindlich wollen anflehen in einen gläubigen und andächtigen Vater Unser!

TEXTUS. Jesaiae Cap. LIV. vers. 10.
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ES sollen wol Berge weichen und Hügel hinfallen / aber meine Gnade soll nicht von dir weichen / und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen / spricht der HErr dein Erbarmer.
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Eingang.
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ICh brach dem Meer den Lauff mit meinem Damm / und setzte ihm Riegel und Thüre / und sprach: Biß hieher solt du kommen / und nicht weiter / hier sollen sich legen deine stoltze Wellen. Dieses A. Z. ist ein Stück aus der Predigt / welche der grosse GOtt selbst dem Hiob aus einem Wetter gehalten / zu lesen in dessen Creutz-Buch Cap. XXXVIII. v. 10. Wie in solcher gantzen Predigt / so auch in angeführten Worten wil GOtt wieder die alberne Beschuldigungen des ohnmächtigen Hiobs Seine Allmacht und Weißheit retten; hält ihm aber darinn fürnemlich vor / Die Bewunderungs-würdige Einschrenckung des wilden Meers und seiner Fluhten. Er nennet Erstlich die Schrancken und zeiget fürs andere derselben Wirckung. Die Schrancken heissen nach der Ubersetzung unsers seel. Herrn Lutheri: Damm / Riegel und Thüre. Die Hebräischen Worte übersetzen einige: Fregi decretum meum, statutum meum super illud. Ich habe eine stricte Ordre und Befehl demselben (dem Meer) gegeben / wie weit es sich ausbreiten oder ergiessen solle. Andere aber: Fregi portionem meam, pensum meum pro illo; Das ist: Ich habe vor das Meer gewisse Theile und Stücke des Erdbodens abgebrochen oder abgesondert / in welchen es sich enthalten / damit es sich behelffen / und nicht weiter kommen muß. Dieses kunte nun nicht anders geschehen / als durch starcke Dämme und Ufer / und nach dieser Ubersetzung hat der seel. Luth. den Sin̅ des Geistes recht getroffen; wenn es heist: Ich brach dem Meerden Lauff mit mei
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nem Damm. GOtt wil aber dem Hiob damit zeigen / daß es nicht ohngefehr oder von sich selbst komme / daß starcke Ufer und Grentzen das Meer einschliessen und aufhalten / sondern Er selbst habe es so geordnet / und dadurch Seine Allmacht und weise Vorsorge gnugsahm an den Tag geleget. Er setzet noch hinzu: Er habe dem Meer Riegel und Thür gesetzet; anzudeuten / daß / wie man aus einem Gebäude nicht kommen könne / wenn es mit Thor und Riegeln wol verwahret / so wäre das Meer durch Dämme und Ufer / als Thor und Riegel eingesperret / daß es ohne Seinen Willen nicht aus seinen alveo und Behältniß treten und sich ergiessen könne. Salomon gibt hierüber diese Erläuterung Prov. VIII, 29. GOtt hat dem Meer das Ziel gesetzet / und den Wassern / daß sie nicht übergehen Seinen Befehl; und bey dem Propheten Jeremia lauten hier von des HErrn Worte also: Jer. V, 22. Ich setze dem Meer den Sand zum Ufer / darinnen es allzeit bleiben muß / darüber es nicht gehen muß / un̅ obs schon wallet / vermags doch nichts / und ob seine Wellen schon toben / so müssen sie doch nicht darüber fahren. Und dieses ist es eben was GOtt durch Seine Einschrenckung des Meers ausrichtet / und dem Hiob vorhält wenn Er sagt: Ich sprach! Biß hieher solt du kommen und nicht weiter / hier sollen sich legen deine stoltze Wellen. Das Sprechen GOttes ist nichts anders als der Befehl und die Ordnung GOTTES / und GOTT gibt hier dem Hiob zu erkennen / daß solche Seine Ordnung und Befehl von dem Nachdruck sey / als stünde Er der allmächtige GOTT auf den Dämmen und Ufern / und befehle denen schäumenden und brausenden Wellen / daß sie nicht austreten / sondern in denen ihnen gesetzten Schrancken bleiben sollen.
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M. A. Die itzt angeführten Worte Hiobs haben vorlängst denen Kirchen-Vätern und andern Auslegern Heil. Schrifft erbauliche Gedancken / und insonderheit diese Gleichniß an die Hand gegeben / daß / wie die Gottlosen nach Jes. LVII, 20. sind wie das ungestühme Meer das nicht stille seyn kan / und seine Wellen Koht und Unflaht auswirfft / so setze ihnen auch GOtt Meer / Dämme und Ufer die ihren Lauff brechen und hemmen / und an welchen ihre Wellen zurück stossen müssen. Er erwecke fromme / redliche und behertzte Leute / welche mit kluger Vorsichtigkeit die Boßheit und das frewelhaffte Unterfangen der Gottlosen absehen und mercken / zugleich aber auch durch ihr Gebet und guten Raht sich ihnen entgegen setzen und das widrige beginnen / wie ein Damm den Strohm auf halten und abwehren müssen. Ich könte hier ohne Mühe eine Application auf den Wohlseel. Herrn Assessor machen und darthun / wie Derselbe auch dießfals den Nahmen mit der That geführet; Wil aber solches als etwas bekandtes aussetzen / und näher zu meinem Zweck kommen. Alles Unglück / alle Trübsahlen / welche denen Menschen / insonderheit denen Frommen in dieser Welt von dem Anfang biß zu dem Ende ihres Lebens begegnen können / werden mit denen Fluhten / Wassern und starcken Bächen verglichen; so sagt David Ps. XXXII, 6. Wenn grosse Wasser-Fluhten kommen werden / werden sie nicht an deine Heiligen gelangen. Ps. XL, 2. Wir sind in Feuer und Wasser kommen Psalm. LXIX, 2. GOtt hilff mir / denn das Wasser gehet mir biß an die Seele / Ich versincke in tieffen Wassern / da kein Grund ist / ich bin in tieffen Wassern / und die Fluht wil mich ersäuffen / und aus andern Schrifftstellen mehr ist solche Vergleichung zur Gnüge bekandt. Wie aber solche Wasser-Fluhten / wie wir vorhin gehöret / ihre Dämme und Ufer haben / daß es heist / biß hieher soltu kommen / hier sollen sich legen deine stoltze
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Wellen / so müssen auch die Unglücks-Fluhten nicht ohne Damm und Ufer seyn. GOtt selbst und Seine Gnade sind der Damm / welche den Lauff der Unglücks-Fluhten bricht; des tröstet sich David Ps. XLVI. v. 1. s. GOtt ist unser Zuversicht und Stärcke / eine Hülffe in den grossen Nöhten die uns troffen haben / darum fürchten wir uns nicht / wenn gleich die Welt untergienge / und die Berge mitten ins Meer süncken; Wenn gleich das Meer wütet und wallet / und von seinem Ungestühm die Berge einfielen. Dieß erkandte auch unser Wohlseel. Herr Assessor von Damm sowol aus frembder als eigener Erfahrung. Er sahe wol daß der GOtt / der dem Meer dem Lauff bricht mit seinen Damm / und setzet ihm Riegel und Thüre / denen Unglücks-Fluhten noch einen stärckern Dam̅ nemlich Seine Gnade und Verheissungen entgegen setze. Ja / daß wenn gleich Berge und Hügel durch Seine Zulassung würden hinweg gerissen / solche Gnade dennoch feste stünde; Darum hielt er sich an derselben in allen Trübsahls-Fluhten welche zu ihm eindrungen. Damit aber auch andere dieses wissen und nach seinen Exempel ein gleiches thun möchten / hat Er ihm einen solchen Leich-Text erwählet / darinn uns GOtt selbst die Unbeweglichkeit Seiner Gnade und Seines Gnaden-Bundes vor Augen leget. Wir wollen Denselben ohne fernere Vorrede zu einfältiger Betrachtung vornehmen / und in erkentlicher Absicht auf den Nahmen des Seel. Verstorbenen daraus vorstellen:

Den unbeweglichen Damm der Gläubigen.
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Erklärung.
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GOtt hatte kurtz vor unsern itzt zu erklärenden Text / die herrliche Verheissung seinem Volck gethan / daß Er sich mit ewiger Gnade ihrer erbarmen wolte; und dabey angeführet / daß wie Er zur Zeit der Sündfluht einen Eyd geschwohren / daß dergleichen nicht wieder solte auf Erden kommen / und solcher Eydschwuhr nichts anders als ein Damm gewesen / der die allgemeine Zorn-Fluht aufgehalten / so solte auch die itzt ihnen verheissene Gnade ein solcher Damm seyn / und wenn alle Dämme einreissen / alle Berge und Hügel weichen würden / dennoch immer fest und unbeweglich stehen / und also zeiget Er nun in unsern Text den unbeweglichen Damm der Gläubigen. Wir haben dabey um guter Ordnung willen auf zweyerley zu mercken: (I.) Woraus dieser Damm bestehe. (II.) Wie fest er stehe. Was das Erste betrifft / so bestehet dieser unbewegliche Damm der Gläubigen aus der Gnade und den Gnaden-Bunde GOttes. Der Bau-Meister / welcher ihn daraus erbauet / giebt Sich selber an / wenn es heist: Spricht der HErr / dein Erbarmer. Diese letzten Worte des Textes wollen zuerst betrachtet seyn; Den̅ nach der Ordnung lautet es also: Der HErr dein Erbarmer spricht: Es sollen wol Berge u. s. w. So ist es nun der HERR der grosse / starcke / und allmächtige GOTT.
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Niemand als dieser HErr kan uns armen Menschen solche Sicherheit verschaffen / daß wir / wie mit einem Damm verwahret / allen andringenden Unglücks-Fluhten trotzig können entgegen sehen / und ihrer Wuht ohnbeschädiget entkommen. Diejenigen / welche uns unser Unglück bereitet / sind solche Feinde / denen zu widerstehen menschliche Gewalt nicht zureichlich ist. Sie heissen: Hölle / Teuffel / Welt / Fleisch und Blut / und endlich der Todt. Die Hölle und der Teuffel sind starck und mächtig / der uns von ihrer Macht erretten soll / muß noch mächtiger seyn. Die Welt ist listig / der uns wider sie helffen soll / muß die List mit Weißheit übertreffen; Fleisch und Blut ein innerlicher und desto gefährlicher Feind / der uns wider diesen Feind soll schützen / muß unser Hertz bezwingen können. Der Todt unüberwindlich / der uns nun soll vom Tode erretten / muß den Unüberwindlichen überwinden können / dieß alles kan niemand leisten als der HErr / der Allmächtige HERR / II. Cor. VI, 18. Der da groß / und dessen Grösse unaussprechlich ist. Psalm. XLV, 3. Der es macht wie Er wil / Hiob. XXIII, 13. Der alles vermag / Hiob. XLII, 2. zu dem David sagt: Ps. XLVI, 3. Es wird deinen Feinden fehlen für deiner grossen Macht. Dieser HERR aber hat einen schönen Zunahmen / und heist der HErr dein Erbarmer. Traun die Stärcke und Allmacht GOttes würde uns nicht zu statten kommen / wenn nicht Sein mitleydiges und erbarmendes Hertz durch unsre Noht gerühret / und uns zu helffen geneigt wäre. Da aber nun beydes bey einander / so kan Seine Macht dasjenige zu Wercke richten / was Seine Liebe und Erbarmen uns zugute beschlossen hat / und zwar um so viel eher / da solches Erbarmen sich nicht auf eine gewisse Zeit / oder nur gegen ein und andern erstrecket / sondern von der Welt her gewesen / Ps. XXVI, 6. und noch alle Morgen neu ist /
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Thren. III, 22. Da es reicht so weit der Himmel ist / und so weit die Wolcken gehen Psalm. CVIII, 4. Da Sich der HERR erbarmet aller Seiner Wercke / Ps. CXLV, 9. So kan sich denn ein jedes gläubiges Kind GOttes derselben anmassen / und das Dein in Mein verwandeln oder wenn hier stehet: dein Erbarmer spricht / mit kindlicher Zuversicht sagen: Mein Erbarmer spricht. Nun so ist es denn dieser Allmächtige / dieser Erbarmende HErr der uns einen Damm gebauet wider die tobende Unglücks-Fluhten; Woraus? Aus Seiner Gnade und aus Seinen Gnaden- und Friedens-Bunde. Ja! Da der HErr / der diesen Damm gebauet / ein Erbarmer ist / so kan Er nichts als lauter Gnade zum Grunde haben. Wenn es uns gienge nach unsern Verdiensten / ach so müsten uns die Bäche Belial nicht nur erschrecken / sondern gar ersäuffen. Wie aber ein starcker Damm die Wasser-Fuhten aufhält / so hält die Gnade und Liebe GOTTes alles auf was uns zuwider ist / daß uns die Wasser der Trübsahle zwar zuweilen wol wie dem David biß an die Seele / aber nicht über die Seele gehen. Was ist denn dieses vor eine Gnade die uns zu solcher Vormauer dienet? Es ist die Gnade so durch JESUM CHristum worden. JEsus Christus aber ist es der der alten Schlangen den Kopff zertreten / Gen. III, 15. Der die Welt überwunden Joh. XVI, 33. Der den Tode die Macht genommen. So kan denn Teuffel / Welt und Todt dem nichts anhaben der an JEsum Christum gläubet; Es heist Rom. VIII, 31. Ist GOTT für uns / wer mag
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wider uns seyn / welcher auch Seines eingebohrnen Sohns nicht verschonet hat / sondern Ihn für uns alle dahin gegeben / wie solte Er uns mit Ihm nicht alles schencken / Wer wil die Auserwählten GOttes beschuldigen? GOtt ist hier der gerecht macht / Wer wil verdammen? Christus ist hier der gestorben ist / ja viel mehr der auferwecket ist / und sitzet zur Rechten GOttes und vertritt uns. Aus eben dieser Gnade entstehet denn auch der Friede und der Bund des Friedens / dessen hier GOTT gedencket. GOtt und Mensch waren Feinde mit einander / GOttes und Menschen Sohn wurde Mittler zwischen GOtt und Menschen / und gab sich für alle zur Erlösung / 1. Tim. II, 5. und ward uns von GOtt gemacht zur Gerechtigkeit und zur Erlösung / 1. Cor. I, 30. Paulus macht daher den richtigen Schluß: Nun wir sind gerecht worden durch den Glauben / haben wir Friede mit GOtt durch unsern HErrn JEsum Christum. Sehet ihr nun M. A. Was der HErr vor einen Bund des Friedens meinet. Es bestehet derselbe kürtzlich darinn; Daß / weil der Bund des Gesetzes nicht kunte erfüllet / und bey solcher nicht Erfüllung kein Friede werden / Christus an unser Stelle getreten / alle Gerechtigkeit erfüllet / alle Ungerechtigkeit durch sein Leyden und Todt gebüsset / so daß nun alle und jede / welche an JEsum Christum glauben / nicht sollen verlohren werden / sondern das ewige leben haben Joh. III. Der Mensch thut also was der Bund erfodert / wenn er an JEsum gläubet / und GOtt thut darauf wieder was Er verheissen hat; Er schenckt
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ihm seine Gnade / seine Hülffe / und endlich seinen ewigen Frieden. So ist denn nun der Damm der Gläubigen gebauet; GOtt schenckt ihnen Seine Gnade / denn indem Er saget / sie soll nicht weichen / muß Er sie ihnen schon geschencket haben; Er hat den Friedens-Bund mit ihnen aufgerichtet; denn da es heist / der Bund des Friedens soll nicht hinfallen / so muß er schon im Stande seyn. Wie aber Berg und Hügel / welche GOtt ans Meer und starcke Ströme gesetzet / Dämme und Ufer sind / die Fluhten aufzuhalten / damit sie nicht den Erdboden überschwemmen / so ist die Gnade GOTTes und der mit GOtt gemachte Gnaden- und Friedens-Bund ein solcher Damm / daran alle Zorn- und Unglücks-Fluhten abstossen / daß sie denen Gläubigen nicht schaden können. Wir haben nun aber auch fürs andere zu sehen: Wie fest dieser Damm stehe. Diese Festigkeit zeigt GOtt theils positivè in einen deutlichen Ausspruch / theils comparativè in einer Vergleichung mit der Festigkeit der Berge und Hügel. Es heist: Meine Gnade soll nicht von dir weichen / der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen. Kurtz vor unsern Text heist diese Gnade eine ewige Gnade / Mit ewiger Gnade wil ich mich dein erbarmen / v. 8. Ewig ist die Gnade GOttes / weil sie uns von Ewigkeit her ist zugedacht / und da sie uns in der Zeit durch Christum JEsum erworben / an GOttes Seiten ewig währen soll. Soll sie denn ewig währen / so kan sie nimmer von uns weichen; Wir Menchen weichen leyder gar zu offt zurück / wir verlassen GOtt so offt wir der Welt und unsern bösen Lüsten folgen; Wenn die Gnade GOTTes uns denn auch also bald verliesse und von uns wiche / so
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würde es übel um uns stehen; Das thut sie aber nicht / sondern es ist GOTTes Gnade / die Gedult mit uns hat; Es ist GOttes Gnade / die uns zurück rufft / zurück ziehet / und wenn wir nicht muhtwillig widerstreben / uns allezeit aufs neue wieder annimmt. So weicht die Gnade GOttes nicht / wenn wir gleich weichen / die Gnaden-Thür stehet denen / welche dieselbe in bußfertigen Verlangen und Glauben suchen / allzeit offen. Auch der Friedens-Bund sagt GOtt / soll nicht hinfallen. Die Versöhnung und der Friede mit GOtt / welchen JEsus gestifftet / ist von besserer Daurhafftigkeit / als alle Friedens-Schlüsse / welche die Menschen machen; Dieselbe haben insgemein den Beynahmen von der Ewigkeit / aber sie fallen wieder hin ehe sie fast zum Stande kommen. GOttes Friedens-Bund nicht also / der soll nicht hinfallen. Dasjenige / wozu sich GOtt in dem Bunde / welchen Er in A. Testament bey der Beschneidung im N. T. bey der Heil. Tauffe mit uns Menschen gemacht / verbunden / das wil er treulich und unverbrüchig halten; Er hat uns zugesagt Vergebung unserer Sünden / Vätterliche Liebe / Pflege und Vorsorge / Vätterlichen Schutz und Erbarmen / Er hat uns zugesagt den Trost und die Regierung des Heil. Geistes / zugesagt das ewige Leben. Von diesen Zusagen soll nicht ein Tüttel hinfallen; und wenn wir gleich Bund-brüchig worden / und nicht leisten was wir versprochen / so bringen wir uns zwar selbst um solche Gnaden-Verheissungen / GOtt aber rufft an seiner Seiten den Bund so gar nicht auf / daß Er uns vielmehr alle Hülffe thut / den Bund wiederum zu verneuren / und durch wahre Busse wieder fest zu machen. Nun weicht die Gnade nicht / fällt der Bund des Friedens nicht hin / so stehet der Damm der Glaubigen fest und unbeweglich / ja fester als Berg und Hügel. Stehet etwas fest in der Welt / so sind es die Berge und Hügel; GOTTes Gnade aber soll noch fester stehen;
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Wenn gleich Berge und Hügel hinfallen / soll doch die Gnade GOttes nicht von uns weichen / und der Bund Seines Friedens nicht hinfallen. Es ist bekandt daß die starcken Fluhten offt grosse Stücke von den Vorgebürgen des Meers abgerissen / daß hohe Berge sich ins Meer gestürtzet; Wie denn ohnlängst an den Grentzen Welschlandes ein hoher Berg herab gefallen / und ein gantzes Dorff soll bedecket haben; Wenn nun die Gnade GOttes nicht solte fester stehen als die Berge / so könten wir uns wenig darauf verlassen / bevorab da wir wissen / daß wenn an jenem Tage Himmel und Erden vergehen / auch Berg und Hügel werden weichen / hinfallen / und in ein Nichts verwandelt werden müssen; So aber haben wir die Verheissung daß GOttes Gnade fester als Berg und Hügel stehen soll; Diese Gnade ist der Gläubigen Damm / der wird und muß unbeweglich seyn.

Erbauung.
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UNsere Erbauung hieraus zu haben / lernen wir mit einander erkennen Das Wolverwahrte Sterbe-Bette der Gläubigen; Ist eine Zeit in unsern Leben / da die Schreck-Wasser und Fluhten auf uns Menschen zudringen / so ist es die Sterbens-Zeit / da wolte Satan / der nun keine Zeit mehr übrig hat den Gläubigen beyzukommen / mit seiner Versuchung gerne an uns setzen / mit dem Sünden-Register uns schrecken / mit des Todes Bitterkeit uns bange machen. Die natürliche Furcht des Todes kommt ihm zu statten / da wir lieber wollen überkleidet als entkleidet seyn II. Cor. V, 4. Die Thränen-Fluhten derer / die uns noch ungerne missen / sind den Sterbenden gar empfindlich / und die besorglichen Gedancken / wie es denen
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Hinterbleibenden nach unserm Tode gehen werde / können nicht wenig Bekümmerniß machen. Wider alles Dieses ist das Sterbe-Bette eines gläubigen Christen wol verwahret / wider alle solche Schreck-Fluhten hat Er einen starcken Damm an der Gnade GOTTes / an den Friedens-Bund den er mit GOTT gemacht. Denn da Er durch eine wahre Busse und Glauben / sich mit GOtt hat ausgesöhnet / so kan Er sich der Gnade und Liebe GOttes versichern. Er hat den Frieden mit GOtt / und diese Gnade / dieser Friede ist ihm so gewiß / daß ehe Berge und Hügel weichen und hinfallen / ehe diese Gnade von ihm weichen und der Bund des Friedens hinfallen solte. Was nun dorten stehet / Siehe um das Bette Salomo her stehen sechzig Starcken / aus den Starcken in Israel Cant. III, 7. Das können wir mit mehren Rechte von den Sterbe-Bette der Gläubigen sagen; Um dasselbe stehet die mächtige Gnade und Liebe GOttes des Mächtigsten in Israel / der mehr vermag als alle Starcken. Ja von dieser Gnade sage ich aus Cant. VIII, 6. Sie ist starck wie der Todt / ihre Glut ist feurig und eine Flamme des HERRen / daß auch viele Wasser nicht mögen diese Liebe auslöschen / noch die Ströme sie ersäuffen; Paulus weiß sich über diese ihm so guten Schutz haltende Liebe zu freuen Rom. VIII, 38. Ich bin gewiß daß weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fürstenthum noch Gewalt / weder Gegenwärtiges noch Zukünfftiges / weder Hohes noch Tieffes / noch keine andere Creatur mag uns scheiden von der Liebe GOttes die
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in Christo JEsu ist unsern HErrn. Eben der Apostel Paulus siehet auch den Frieden mit GOtt nicht anders an als eine starcke Vormauer und Gegenwehr gegen alles was uns wil entgegen seyn / wenn er sagt: Der Friede GOttes bewahre eure Hertzen und Sinne in Christo JEsu Phil. IV, 7. In Christo JESU: Ach ja der ists / dem wir diesen Schutz zu dancken haben. Er ist es der durch seinen Todt unserm Tode die Macht genommen u. s. w. II. Tim. I. 10. Er ist es in dem wir den Sieg über Todt und Hölle haben / I. Cor. XV, 57. Er ist es der uns selbst versichert Joh. V, 25. Warlich ich sage euch / wer mein Wort höret / und gläubet dem der mich gesandt hat / der hat das ewige Leben / und kommt nicht ins Gerichte / sondern er ist vom Tode zum Leben hindurch gedrungen. Johann. XI, 25. Ich bin die Auferstehung und das Leben / wer an mich gläubet / der wird leben / ob er gleich stürbe / und wer da lebet und gläubet an mich / der wird nimmermehr sterben. Nun M. A. Da sehet ihr und erkennet wie wol das Todt-Bette der Gläubigen verwahret sey; Warum? Er hat die Gnade GOttes / Er hat Frieden mit GOtt / und wenn Berge und Hügel weichen und fallen / so fallen und weichen diese nicht. Deswegen darff sich nur ein gläubiger Christ bey allen dem was ihm das Todt-Bette wil zuwider machen / gewiß vorstellen / Sein GOtt und Heyland ruffe ihm zu: Ich bin dein GOTT; Ich stärcke dich / Ich helffe dir / Ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit Es. XLI, 10. Und aus unserm Text: Es sollen wol Berge weichen u. s. w.
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Hier frage ich nun? Was soll uns wol angelegner seyn / als dermahleins ein solches Todt-Bette zu haben / welches mit der Gnade / mit den Frieden GOttes verwahret? Nichts ist uns ja gewisser / als daß wir einmahl sterben müssen / Berge sollen weichen / Hügel müssen fallen / die doch so fest gegründet / wie wollen wir Menschen bestehen / die wir auf so schwachen Füssen stehen? Die wir Staub und Asche sind? Es sey nun ein Bette / es seye eine Streue / es sey die harte Erde / es sey welcher Ort es wolle / da wir fallen und davon müssen / so brauchen wir die Gnade GOttes / den Frieden GOTtes / unsere Seele zu verwahren. Ach last uns denn je eher je lieber davor sorgen / daß wir Gnade bey GOtt / daß wir Friede mit GOTT haben mögen. So ist es aber gar nicht gut für uns / wenn wir den Bund des Friedens / den wir mit GOtt in der Heil. Tauffe gemacht / so liederlich brechen und hinfallen lassen / wenn wir von unserm GOTT so ungescheuet abweichen / wenn wir die Gnade auf Muhtwillen ziehen / und nicht bedencken den Zorn der am Ende kommen wird. Denn auf solche Weise häuffen wir über uns den Zorn GOttes auf den Tag des Zorns und des grossen Gerichts / O wehe dem / der nicht beyzeiten / und ehe er fällt / ehe er von hinnen weichen muß / die von ihm gewichene Gnade wieder suchet / den hingefallenen Bund wieder aufrichtet. Einen solchen wird das Schrecken einmahl überfallen wie Wasser Job. XXVII, 26. und er hat denn keinen Damm der diese Fluhten aufhalte. Wem denn nun sein Gewissen itzund saget / daß er nicht in dem Stande / da er sich der Gnade GOttes rühmen nnd des Bundes des Friedens getrösten kön
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ne / der hat Uhrsach sich für dem Tode zu fürchten. Zwar sicht dieses die gottlosen Welt-Kinder manchesmahl gar nicht an / sie leben alle Tage in Freuden / und gehen in ihren Sünden fort / sterben auch wol gar dahin / vor Menschen Augen / als stürben sie in der Gnade GOttes und in den Frieden GOttes; Aber last euch das nicht irren: Vermessenheit ist nicht Friede. Ihre Freude ist wie Hamans Freude / da er zum Königlichen Mahle gienge / aber er hütete sich nicht daß er bey denen aufgesetzten Gerichten solte sein Gericht finden. Es werden die Gottlosen mitten in ihrer Freude dennoch ein Ende mit Schrecken nehmen. Verwahret euer Todt-Bette besser als diese. Sehet wol zu daß ihr in der Gnade GOTTES feste stehet. Findet ihr aber daß ihr Ungnade verdienet; daß ihr abgewichen / daß ihr gefallen; GOtt ist noch nicht gantz von euch abgewichen / suchet nur seine Gnade wieder in rechtschaffener Busse / wie sie der Zöllner suchte / mit den festen Vertrauen / weil JEsus euch wieder mit GOtt versöhnet / weil JESUS kommen die Sünder seelig zu machen / und nichts Verdammliches an denen die in Christo JESU sind / so werden auch euch eure Sünden nicht schaden und nicht verdammen / weil ihr durch den Glauben in Christo JEsu seyd. So seyd ihr denn als die Frieden finden bey GOTT / so habt ihr wieder einen starcken Damm um euch wider alle Zorn-Fluhten die euch schrecken wollen / hinter denselben verberget euch. Als Petrus zu JEsu kommen wolte / ergriffen ihn die Fluhten / und er wolte sincken / Er rieff deswegen HErr hilff mir / und JEsus reckte die Hand aus und ergriff ihn. Matth. XIV, 30. 31. Das wird auch euch wie
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derfahren / reckt nur die Hand nach JEsu aus / rufft JEsum um Hülffe an / er wird seine Hand wieder zu euch reichen / und euch Hülffe wiederfahren lassen / daß ihr mit Assaph werdet sagen können: Dennoch bleib ich stets an dir / denn du hältest mich bey deiner rechten Hand / und nimmst mich endlich mit Ehren an / Ps. LXXIII, 43. Und O ein seeliger Zuspruch den Ihr alsdenn auch auf euren Todt-Bette von euren JEsu hören werdet; Es sollen wol Berge weichen etc. Wenn alles von euch weicht / und ihr von allen weichen müsst / so weicht doch seine Gnade nicht / und sein Friedens-Bund kommt euch alsdenn erst recht zu Nutze / daß ihr mit Simeon in Friede fahret; Denn wer mit befriedigten Gewissen in den Friedens-Bund mit GOTT stirbet / der flieget nach den Himmel / wie die Taube Noah nach dem Kasten / mit den Oel-Blat des Friedens in den Munde; Dort strecket Noah die Hand aus und nahm die Taube ein / JEsus wird auch die Hand ausstrecken und eure Seele zu sich nehmen in die Herrlichkeit / da werdet ihr denn erstlich erfahren was es sey Meine Gnade soll nicht von euch weichen; erfahren was es sey; Friede mit GOtt und JEsu haben. Und wenn denn dermahleins alle Berge weichen / alle Hügel einfallen / so werdet ihr / die ihr im Tode gefallen / zum Leben wieder auferstehen / und JEsus bey euch / ihr bey euren JESU seyn allezeit. Nun M. A. In einem so wol verwahrten Todt-Bette ist auch der Wohlseel. Herr Assessor von Damm gestorben. Die Wahl der Worte / die wie itzt gehört / giebt gnugsahman den Tag / daß ihm in seinen Leben zumahl sehr daran gelegen gewesen / daß er in der Gnade GOttes /
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in den Friede mit GOTT stehen möchte. Denn wie er wol erfahren daß hier in der Welt auf nichts facit zu machen / daß auch dieselbe weichen und hinfallen / welche man für Berge und Hügel geachtet / so wählete er eine beständigere Gnade / Er hielte sich an dem / der Ihm zugesaget: Es sollen wol Berge weichen u.s.w. Er hatte die treuesten Proben der Gnade GOttes schon vielfältig genossen. In 7ten Jahre seines Lebens war er schon ein Vatter-loser Weise / GOttes Gnade aber sorgete vor ihm dahin / daß er wol erzogen / und zu einer ausnehmenden Gelehrsahmkeit geführet worden. GOttes Gnade machte es daß er auch Gnade bey Menschen fand / un̅ zu Ehren-Aemptern / zu glücklichen Heyrahten und andern zeitlichen Glückseeligkeiten gelangete. Doch fand er auch Seine Mühe / seine Arbeit und Verdrießlichkeit / aber mitten in solcher Arbeit genoß er die Gnade seines GOTTes. In seiner letzten Schwachheit / da er sich des freuete / daß GOtt seine Seele einmahl von aller Arbeit werde ruhen lassen / rühmete er dieses von seinen GOtt / daß durch dessen Gnade die viele Arbeit die er angewendet seinem Nächsten und den Seinigen zu dienen Ihm nicht sauer worden. Mit dieser Gnade überwandt er allen Verdruß / der ihm bald von diesen bald von jenen gemacht worden. In dieser Gnade war er willig allen seinen Beleydigern von Hertzen zu vergeben / und das abzubitten was er andern zu nahe gethan. In dieser Gnade legte er sich in sein Krancken-Bette. Mit dieser Gnade tröstete er sich bey seiner Busse. In dieser Gnade war er zu allen bereit / was ihm GOtt zu leyden auferlegte / Auf diese Gnade und Liebe GOTtes gründete sich seine Hoffnung. Ich dencke mit Freuden daran / mit was für freudiger Bewegung er seine Au
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gen gen Himmel richtete / als ich ihm wenig Tage vor Seinen Ende den Spruch vorhielte Joh. III, 16. Also hat GOtt die Welt geliebet u. s. w. und ihn hiesse subsumiren Ich glaube an den Sohn GOttes / so soll ich nicht verlohren werden / sondern das ewige Leben haben. Diese Gnade / diese Liebe ist denn nun nicht von ihm gewichen biß an sein seeliges Ende. Die Lebens-Kräffte musten weichen / Menschen Hülffe hörete auf / die Hände suncken / das Leben selbst wiche von Ihn / GOttes Gnade ist nicht gewichen / sondern erst in seiner Schwachheit recht mächtig worden / die ließ ihm alle Furcht des Todes vergessen / die ließ ihm endlich in Friede fahren / die hat seine Seele durch die Wunden seines JESU nach einer schweren Reise doch ins Vaterland gebracht / da ihn sein JEsus krönet mit ewiger Gnade und Barmhertzigkeit. Seiner hinterlassenen schmertzlich-betrübten Frau Wittwen / seinen lieben Kindern / Angehörigen und Freunden / die ihn mit Thränen und Hertzeleyd von sich weichen / die ihn fallen sehen / hat er den Trost hinterlassen / womit Er sich getröstet / und rufft ihnen noch gleichsam aus den Grabe zu / Es sollen wol Berge weichen und Hügel hinfallen / aber GOttes Gnade soll nicht von euch weichen. Sie haben Uhrsach sich zu beklagen / daß ihr Damm zerrissen / und die Thränen-Fluhten sie nun überschwemmen; Allein / das hat GOTT gethan / Wer wil ihn fragen: was machest du. Dem Wohlseeligen ist nichts dadurch zu leyde / wol aber viel Gutes wiederfahren / denn GOtt hat ihn aus den Fluhten in die stille
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Ruhe gebracht. Ihr bester Damm stehet noch feste / der Gnade GOTTES / der Friedens-Bund mit GOTT / wider dem wird alles was sie kräncken und ihnen schaden könte abstossen / zurück weichen und fallen müssen: Er der HErr ihr Erbarmer spreche ihnen doch zu ihren kräfftigen Trost diese Worte stets ins Hertz: Es sollen wol Berge weichen und Hügel hinfallen / aber meine Gnade soll nicht von euch weichen. Er lasse auch uns allen mit einander seine Gnade im Leben und Sterben ein Damm und Mauer seyn / die nicht weiche / wenn alles weicht / die nicht falle wenn alles fällt / und wenn wir auch einmahl in Tode fallen / O GOTT / so laß uns in deine Gnade und JESU Arme fallen / AMEN.
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PERSONALIA.
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VOn der ehrlichen Ankunfft und Gebuhrt / rühmlich geführten Wandel und Christseeligen Hintritt des Weyland Hoch Edlen / Hoch-Wolehrwürdigen und Hochgelahrten Herrn Lurd Nicolaus von Damm / berühmten JCti, und des Hochfürstl. Hof-Gerichts zu Wolffenbüttel Assessoris, dieses Fürstl. Stiffts St. Blasii Canonici, Vice-Domini und Syndici, ist dem Herkommen nach dieses annoch zu vermelden / daß derselbe den 21. Novembr. des 1663sten Jahrs in dieser Stadt Braunschweig aus einen bekandten vornehmen Geschlecht von Christlichen Eltern an diese Welt gebohren worden. Sein Vatter ist gewesen der Weyland Edle / Vest und Wolgelahrte Herr Georg von Damm / fürnehmer Patricius und Hauptmann allhier im Weichbilde Neustadt. Die Frau Mutter / die Weyland Wol Edle / Hoch-Ehr- und Tugend begabte Frau Anna Sophia Schomerin. Der Groß-Vatter Väterlicher Seiten / der Weyland Edle und Wolweise Herr Curd von Damm / Wolverdienter Rahts-Herr des Weichbildes Neustadt allhier. Die Groß-Mutter die viel Ehr- und Tugendreiche Frau Ilse Riecken / des Weyland Wol Ehrenvesten / Großachtbahren und Wolweisen Herrn Henning Riecken / Wolverordneten Zehen-Mannes und Rahts-
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Verwandtens des Weichbildes Neustadt eheleibliche Tochter. Der Groß-Herr-Vatter Mütterlicher Seiten / der Weyland Hoch-Edle / Vest und Hochgelahrte Herr Nicolaus Schomerus, Jur. Utr. Doct. und Wolbestallter Consiliarius dieser Löblichen Stadt Braunschweig / nachgehends Groß-Cämmerer bey der Stadt Lübeck. Die Groß-Mutter Mütterlicher Seiten / Frau Susanna Schlaffs / Herrn Christoph Schlaffs ehemahligen fürnehmen Raths-Verwandten der Stadt Osnabrück / nachgehends an Fürstl. Holsteinschen Land-Greicht Juris Practici und Rev. Capituli zu Hamburg treu-verdienten Syndici, eheleibliche Tochter. Der erste Aelter-Vatter Vätterlicher Seiten ist gewesen / Herr Georg von Damm / Wohlverdienter Groß-Cämmerer des Weichbildes Altenstadt und vormehmen Patricius hiselbst. Die Aelter-Mutter Vätterlicher Seiten / Frau Catharina Ohmans / Herrn Zachariä Ohmans / Wayland Groß-Cämmerers des Weichbildes Altenstadt alhie / eheleibliche Tochter. Der Aelter-Vatter Mütterlicher Seiten ist gewesen Herr Jodocus Schomerus, Inspector des Dohms zu Osnabrück und Gerichts-Secretarius in Kappeln. Die Aelter-Mutter / Frau Rosina Karnebecks / Herrn Christoph Karnebecks / Rahts-Verwandten zu Osnabrügge eheleibliche Tochter. Der ander Aelter-Vatter Väterlicher Seiten ist gewesen Herr Tilemannus von Damm / vornehmer Patricius hieselbst. Die andere Aelter-Mutter Väterlicher Seiten / Frau Helena von Pawel, Herr Gercke Pawles,
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Weyland Wolverdienten Burgermeisters allhier / eheleibliche Tochter. Der erste Uhr-älter Vater Väterlicher Seiten / Herr Henningus von Damm / Groß-Burgermeister in der Altenstadt und Patricius alhie. Die erste Uhr-älter Mutter Väterlicher Seiten / Frau Margaretha von Walbeck / Herr Fricken von Walbeck Patricii hieselbst / Frau Tochter. Der erste Uhr-älter Vater Mütterlicher Seiten / Herr Gerhardus Schlaff / JUtr. Licent. und Burgermeister zu Osnabrügge. Die erste Uhr-älter Mutter Mütterlicher Seiten / Anna von Lengerken / Herrn Johann von Lengerkens vornehmen Rathsherrn und Kauffmanns in Osnabrügge / Tochter. Der andere Uhr-älter Vatter Väterlicher Seiten / Herr Tile von Damm / Groß-Burgermeister in der Altenstadt und vornehmen Patricius hieselbst. Die andere Uhr-älter Mutter Väterlicher Seiten / Ilse von Kalm / Herrn Hennings von Kalm Patricius hieselbst eheleibliche Tochter. Ubrigens ist ohne ferners Anführen bekandt / was massen des Geschlecht derer von Damm von einigen Seculis her / sowol dieses Ortes und anderweit / durch viele daraus entsprossene gelahrte und zu ansehnlichen Ehreu-Aemptern gezogene Leute sich distinguiret und berühmt gemacht. Es haben aber oberwehnte des Wolseeligen Herrn Assessoris liebe Eltern diesen von GOTT geschenckten Sohn demselben bald durch die Heilige Tauffe wieder geschencket / und mit dem Nahmen Curd Nicolaus der Christlichen Kirchen und den Buch des Lebens lassen ein
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verleiben / auch von zarter Kindheit an vor dessen Erziehung möglichste Sorge getragen. Weil aber dem grossen GOtt gefallen dem Wolseeligen das Creutzes-Joch gar frühe aufzulegen / indem Er Ihn in Siebenden Jahr zum Vatterlosen Weysen werden lassen / hat Dessen seel. Groß-Herr-Vatter der Herr D. Schomerus die Erziehungs-Sorge der betrübten Mutter zu erleichtern / selbigen mit auf Lübeck genom̅en / ihm auch daselbst nebst seinen Herrn Sohn dem noch lebenden Fürstl. Mecklenburgischen Cantzeley-Director Schomero in der Furcht des HErrn / in der Erkäntniß GOttes und seines Heylandes / und übrigen Stücken der Christlichen Lehre / auferziehen / und so wol durch privat-Information als in dem öffentlichen Gymnasio unter dem damahligen Rectore Doctor Hinckelmann die fundamenta bonarum artium rühmlichst legen lassen. Nachdem aber Wolgedachter dessen Groß-Herr Vater dienlich gefunden / daß dieser sein lieber Enckel und Pflege-Sohn zu höhern Studiis angeführet würde / hat er Denselben zugleich mit itztbemeldeten seinen Herrn Sohn auf die Unversität Rostock gesandt / und der Aufsicht seines ältern Sohns / des Weyland berühmten und um die Evangelische Kirche Höchstverdienten Theologi, Herrn Justi Jacobi Schomeri, S. S. Theol. Doctoris & Profess. publici und General-Superintendentis auch Fürstl. Mecklenburgischer Consistorial-Rath übergeben / bey dem er Tisch und Stuben / und nicht nur desselben eigene Information in der Theologie genossen / sondern auch nach dessen guten Rath Collegia Philosophica sowol als Juridica bey denen damahligen berühmten Professoribus, Doct. itzo Fürstl. Mecklenburgischer Cantzler Kleine etc. fleißig gesuchet / und wärenden auf besagter Universität zugebrachten Triennii gute Pofectus insonderheit in der Juris prudentz erlanget.
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Dieselbe aber noch weiter zu extendiren / hat er sich auf Rath und Genehmhaltung der Seinigen nach der Universität Leipzig gewendet / und daselbst die damahls berühmte Juris Consultos Maebium, Mylium Menckenium und andere über 2. Jahre fleißig gehöret. Darauf er aber auf Begehren seiner Frau Mutter sich hieher nach Braunschweig begeben; Da dann zwar seine Absicht nicht gewesen / sich lange allhier aufzuhalten / sondern durch Besuchung anderweitiger Oerter und Conversation mit gelehrten Leuten zum Dienst seines Vatterlandes sich ferner zu habilitiren; So hat es doch GOtt nach seinen allweisen Rath dergestalt gefüget / daß Er durch Hülffe Ihr. Hoch-Wolgeb. Exc. des Herrn Cantzlers / Probst von Wendhauseu / die Praesentation auf ein Canonicat bey den hiesigen Stifft St. Blasii erhalten / auch davon den 21. Octob. 1689. solenne Possession genommen. Wobey er denn nicht nur die ihm obliegende Functiones fleißig abgewartet / sondern auch in praxi forensi sich dergestalt geübet / daß vornehme und geringe Leute / auch höhere Standes-Persohnen sich seiner Consiliorum bedienet / auch wichtige Angelegenheiten und Processe ihm zu führen anvertrauet / in welchen er nicht minder seinen unermüdeten Fleiß und Sorgfalt als sonderbahre Dexterität je und je rühmlichst dargethan und erwiesen. Daher er denn auch höhere Bedienungen zu bekleiden würdig geachtet worden. Massen Er 1700. im Monat Majo von derer Weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Rudolphi Augusti, und Herrn Anthonii Ulrici Durchl. Durchl. zu einem Assessore in Dero Hof-Gericht zu Wolffenbüttel bestätiget und installiret / und in sothanen Judicio ihm die Vices Curiae praelatorum demandiret worden.
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Anno 1702. ist Er zum Syndico, und Anno 1704. zum Vice-Domino dieses Fürstl. Stiffts St. Blasii erwählet. Mit was vor embsiger und diesem Löbl. Stifft höchstzuträglicher Sorgfalt und Bemühunge der Wolseelige solche Aempter verwaltet / liegt am Tage / und darff keiner weitläufftigen Ausführung; Deßwegen denn auch sein Gedächtniß bey Zeitigen und künfftigen Membris dieses Capituli in rühmlichsten Andencken bleiben wird. Seinen Ehestandt betreffend / so hat ihm der Wolseelige Herr Assessor zuforderst Anno 1692. den 7. Jan. die Weyland Hoch Edle / Viel Ehr- und Tugendbegabte Jungfer Catharinen Elisabeth von Damms / Seel. Herrn Christoph von Damms / fürnehmen Patricii älteste Jungfer Tochter durch Priesterliche copulation antrauen lassen / mit welcher Er zwar eine friedliche / und mit zween Söhnen gesegnete / aber nach GOttes heiligen Willen sehr kurtze Ehe geführet / massen diese seine Wehrteste Ehe-Liebste den 2. Aprilis 1695. durch einen seeligen Todt sich von ihm geschieden; Wodurch Er denn in ein höchst-empfindliches Leydwesen gesetzet / und solches dadurch schmertzlich vergrössert worden / als Derselben der mit Ihr gezeugte älteste Sohn / Christoph Carl, bald in die Ewigkeit nachgefolget / und nur der jüngste Sohn / August Friedrich, welcher anitzo zu Rostock studirens halber sich auf hält / und daselbst die höchst-betrübte Zeitung von den gar zu frühzeitigen Absterben seines Seel. Herrn Vatters erfahren müssen / am Leben blieben; Dabey ihm denn GOTT nach seinen heiligen Willen fristen / seine Studia gesegnen / zu allen Guten mit seinen Geist regieren / und vor allen Unfall gnädigst behüten / und in die rühmlichen Fußstapffen Seines seeligen Herrn Vatters wolle treten lassen.
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Wenn aber des Seel. Herrn Assessoris Hauß-Wesen es nicht wollen zulassen / in dem 5. Jahr geführten Wittwen-Stande länger zu verbleiben / hat Er sich mit des Hoch Edlen und Hoch Achtbahren Herrn / Herrn Johann von Kalm / fürnehmen Patricii allhier eintzigen Jungfer Tochter / Anna Hedewig / itzund Höchstbetrübten Frau Wittwen nach fleißiger Anruffung GOTTES / und Väterlicher Bewilligung Anno 1700. ehelich versprochen. Welche Ehe denn auch im Monat Junio besagten Jahrs durch Priesterliche Copulation vollenzogen / und biß ins Sechszehende Jahr in hertzlicher Liebe geführet worden. Die in Derselben erzeugte 4. Ehe-Sprossen / als zween in dieser Trauer-Versammlung gegenwärtige Söhne und zwo Töchter wissen Ihren gar zu frühen Weysen-Standt nicht gnug zu bethränen. GOtt der Wittwen Mann und Weysen Vater / lasse seine Barmhertzigkeit groß über Wittwen und Kinder seyn / Er gesegne der Kinder Erziehung / und lasse die betrübte Frau Mutter an denselben allen erwünschten Trost und Freude sehen. Anlangend unsers Herrn Assessoris Christenthum / Leben und Wandel / so hat Derselbe zwar gleich andern Menschen seine Fehler an sich gefunden / auch dieselbe gerne erkandt / jedennoch aber sich ernstlich beflissen dieselben zu bessern / und in einer ungeheuchelten Gottseeligkeit seinem GOtt und dem Nächsten zu dienen; Wie er denn dessen in fleißiger Besuchung des öffentlichen Gottesdienstes / Lesung und Anhörung Göttl. Worts / täglicher Beräuung seiner Sünden / bußfertigen Todes-Gedancken Gutthätigkeit gegen Arme und Dürfftige / willfärtiger und sorgfältiger Verthädigung Derer ihm anvertraueten
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gerechten Sachen seiner Clienten, und dergleichen Christziemenden Bezeigen gute Proben an den Tag geleget; Dabey er denn auch in Reverendo Capitulo sich als ein höchst-nützliches Membrum und friedfertigen Collegen jederzeit aufgeführet / und ihm also überall bey unpassionirten eine gute estime Liebe und Freundschafft erworben; so daß männiglich ihm beständigere Gesundheit und längers Leben von Hertzen gewünschet. Es hat aber auch dießfalls der Ausgang gewiesen / daß der Menschen Wunsch und die heiligen Gedancken GOttes nicht allezeit einander gleichen / massen der Wolseelige Herr Assessor zum öfftern bald mit diesen bald mit jenen Zufällen / als Zeichen einer nicht gar zu gesunden Constitution sich von GOtt müssen heimgesuchet sehen / biß ihm endlich eine anhaltende Schwachheit das Ende seines Lebens beschleuniget. Was dieselbe betrifft / so hat der Seelige fast von Jugend auf einen sehr schwachen Magen gehabt / daher er öffters mit Coliqven, insonderheit aber mit hefftigen Cardialgiis oder Hertz-Coliqven angefochten worden. Wobey er aber und sonst allezeit in seinen Kranckheiten gerühmet / daß er jederzeit guten Appetit zum essen behalten / auch in seinen mittlern Jahren ziemlich wol sich befunden / daß er seine Ampts-Geschäffte und viele Occupationen jederzeit wol abwarten können. In dem letzten Jahr vor seiner letzten langwierigen Kranckheit hat man an ihm bemerckt / daß er mercklich abgenommen. Vor nunmehro einem Jahr aber und etwas darüber / ist er mit einer hefftigen Coliqve und sehr starcken Diarrhoca
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oder Durchfall befallen; Ob er nun zwar dieselbe mit einigen ihm gewöhnlichen Hauß-Mitteln für dasmahl gestillet / so hat sich doch der Durchfall und Schmertzen der Gedärme bald wieder eingefunden / und ist von der Zeit an der seelige Mann / ohngeachtet aller dagegen gebrauchten Mittel nimmer von Unruhe des Leibes / und vielen Blehungen befreyet worden / wobey insonderheit die offtermahligen Cardialgiae oder Hertz-Coliqven sehr gefährlich gewesen / und er unterschiedene mahl seines Endes in solchen Paroxysmis sich befürchtet. In solchem beschwerlichen Stande hat der seelige Herr Assessor fast den vorigen gantzen Winter des Bettes hüten müssen / wobey auch die Haemorrhoides oder güldene Ader offtermahl starck hervor gebrochen / welche aber / wie man doch gehoffet / der Kranckheit keine Aenderung gegeben. Ob nun zwar verschiedene berühmte Medici hierüber consuliret worden / auch ihre Consilia mitgetheilet / der seelige Herr Assessor auch durch Hülffe einiger von dem berühmten Herrn D. Wedel aus Jena ihm gesandten Medicamenten im Frühling dieses Jahrs so weit kommen / daß die hefftigen Hertz-Coliqven sich nicht so sehr mehr angefunden / er auch in dem Stande gewesen die Kirche zu besuchen / auszureisen und seiner Geschäffte abzuwarten / so ist er doch nicht völlig gesund geworden / indem die Unruhe des Leibes / und die vielen Blehungen in demselben ihn immer geqvälet. Dahero ihm von unterschiedenen Medicis und guten Freunden die Brunnen-Cur gerahten worden / als welche ihm schon vor vielen Jahren recommendiret gewesen. Zu selbiger hat der Herr Assessor zwar ungerne / doch endlich resolviret / und im
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Monat Junio den Egrischen Brunnen zu trincken angefangen. Es hat aber derselbe den gewünschten Effect nicht gethan / indem der Herr Assessor mit einem Fieber befallen / und in der rechten Seite unter den kurtzen Rippen in der Gegend wo die Leber lieget / hefftige Stiche und kurtzen Odem bekommen / daß er gar viel daran aushalten müssen. Wobey sogleich der Appetit zum Essen sich verlohren / und die Kräffte sehr entgangen. Ob nun zwar hierüber viele Consilia Medica gepflogen und alles versucht worden / diesen Schmertzen und die beständig anhaltende Fieber-Hitze zu heben / so hat doch nichts anschlagen wollen / so daß der seelige Mann immer matter und elender geworden / besonders da er keine Speise mehr geniessen können. In solchem Zustande ist es geblieben / biß ihm etwan 4. Tage vor seinem seeligen Ende / nach vorher gegangenen einigen unruhigen Nächten / ein hefftiger Husten und kurtzer Othem überfallen / wobey ihm ohnvermuhtet eine Quantitè röhtlichter Materie aus dem Munde hervor gebrochen / und solches in einer ziemlichen Menge einige Tage continuiret. Hieraus hat man nicht anders schliessen können / als daß in seiner Leber ein Abscessus oder Geschwühr verborgen gelegen / welches sich geöffnet / und die noch wenig übrig seyende Kräffte völlig dissipiret. Er ist von der Zeit an fast stündlich schwächer geworden / biß er gantz vor innerlicher Hitze und Hertzens Bangigkeit ausgehelliget / seinen Geist aufgeben müssen. Wie nun der Wolseelige Herr Assessor ihm allezeit vorgestellet / daß er seine Lebens-Zeit nicht hoch bringen würde / und deswegen an sein Ende und eine gute
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Vorbereitung zu denselben zeitig gedacht / So hat Er insonderheit die obgedachte beym Anfang letzterer Kranckheit ihm zugestossene hefftige Cardialgien / als Vorboten des Todes angesehen / und deswegen nicht nur sein Hauß bestellet / sondern auch fürnehmlich durch eine gar wehmühtige Buß und Beichte sich auf seinen Krancken-Bette mit GOtt versöhnet / und seine Seele so wol mit dem süssen Trost der Vergebung der Sünden als dem Genuß des wahren Leibes und Blutes JEsu Christi kräfftigst gestärcket und sich zu einen seeligen Eingang in die Ewigkeit angeschicket. Es ist leicht zu gedencken daß die aufrichtige Liebe zu dessen Ehe-Liebsten und grössesten Theils noch unerzogenen Kindern ihm ein hertzliches Verlangen erwecket / länger bey ihnen in dieser Welt zu bleiben / und vor deren Wolfahrt möglichst zu sorgen; Wie er denn dießfalls sein Gebet mit dem Gebet der Seinigen / jedoch in kindlicher Gelassenheit zusammen gesetzet / darauf sich auch nicht geringe Hoffnung gezeiget / es würde sein und der Seinigen Wunsch erfüllet werden / indem ihm GOtt so viel Kräffte wieder verliehen / daß er / wie oberwehnet / den öffentlichen Gottesdienst besuchen / Sich des Heil. Abendmahls in der Kirchen wieder bedienen / auch seine Ampts-Geschäffte einiger massen wieder abwarten können. Als aber die vorhin empfundene Beschwehrungen niemahs völlig cessiret / sondern wie obangeführet / sich wieder hefftiger und gefährlicher eingestellet; hat der seel. Mann ihm sofort die Rechnung gemacht / er werde aus den neuen Lager nicht wieder heraus kommen / und seinen GOtt öffters und hertzlich angeruffen / weil menschliche Hülffe nichts helffen wolte / so wolle Er doch mit seiner endlichen Hülffe nicht gar zu lange verweilen / sondern die schwehre Creutzes-Last ihm bald abnehmen.
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Bey dem allen aber / hat Er sich so wol bey voriger als letzterer Kranckheit in der grössesten Gedult und Gelassenheit dem Willen GOTTes übergeben / und so offt man ihm Besserung seines Zustandes angewünschet / keine Antwort als diese gegeben: Was mein GOtt wil geschehe allzeit. Um aber desto stärcker in seinen Glauben und Vertrauen / desto gedultiger in seinem Leyden / desto behertzter gegen den Todt zu seyn und biß ans Ende zu bleiben / erneuerte er dem 12. August nochmahls durch eine gar andächtige und recht hertzliche Beicht und Busse seinen Tauff-Bund mit dem lieben GOTT / und vereinigte sich in dem Empfang des Heil. Leibes und Blutes JESU CHRISTI / mit diesem seinem Heyland zu einer unzertrennlichen Liebe; Wovon ihn denn auch nichts biß an sein Ende scheiden können; Vielmehr unterhielte er sich mit der Versicherung solcher Liebe in beständiger Gedult / und betete mit mir als seinen Beicht-Vater / auch dem Herrn Pastor Pfeiffer / welcher ihn öffters aus Liebe besuchet / und andern frommen Christen immer hefftiger und brünstiger um die Hülffe GOttes; Welches Gebet denn auch der grosse GOtt erhöret / daß Er sein Ende lassen näher kommen / biß an dasselbe aber seine Sinne und Verstandt ihm völlig erhalten; Wie Er denn / als ich etwa eine Stunde vor seinen seeligen Abschied zu ihm kommen / zwar wegen grosser Schwachheit nicht mit Worten / doch mit untrieglichen Zeichen zu erkennen geben / daß Er alles was ihm zum Trost vorgehalten / freudig annähme / und mit mir und denen Umstehenden / sein Gebet und Seuffzen brünstig vereinbahret. In solcher Andacht blieb Er biß wenige Augenblick vor dem Abdruck / welcher auf unser andächtiges Gebet unter priesterlicher Einsegnung den 2. Septemb. kurtz nach Sieben Uhren see
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ligst erfolget / und dadurch seine theure Seele von Ihrem JEsu in die seelige Ewigkeit zum Genuß der unaussprechlichen Freude des ewigen Lebens aufgenommen worden; Nachdem er sein zeitliches Leben auf dieser Welt gebracht auf 51. Jahr 10. Monat 10. Tage.
So hast du / Theurer Damm / brechen und fallen müssen! Doch wil Dein Edler Geist von keinen fallen wissen / Weil GOtt von dir nicht weicht / weil Sein Bund feste steht. GOTT weich auch nicht von uns wenn es ans fallen geht.
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Den überschwemmeten aber fest gebliebenen Damm / Wolte bey Zahlreicher und Hochansehnlicher Leich-Begängniß Des Weyland Hoch-Edlen / Hoch-Molehrwürdigen / Vest und Hochgelahrten Herrn / HERRN
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Lurdt Nicolaus von Damm / Hochfürstl. Braunschw. Lüneburgis.
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Hof-Berichts-Assessoris, Canonici des Stiffts St. Blasii, Vice-Domini und Syndici desselben / wie auch vornehmen nahmkundigen Patritii allhier Mit unvollkommener Hand und Feder und eben solchen Linien Am 15. Septemb. des Nachmittages 1715. in einer Stand-Rede abstechen / entwerffen und abreissen GEORG. HENRIC. Pfeiffer / von Hamburg / Past. zu St. Cathar. in Braunschweig.
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Braunschweig / Gedruckt durch Joh. Georg Zilligern / Hertzogl. privil. Hof-Buchdr.
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Nach Standes Bebühr Hochzu Chrende Herren / Respect. Hochgeneigte grosse Gönner / zuverläßige wehrte Freunde.
Der Damm den Stamm / Der Stamm den Damm!

Was?
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Der Damm erhält den Stamm / Der Stamm erhält den Damm.

Und wiederum.
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Verfällt der Damm so fällt der Stamm / Verfällt der Stamm so fällt der Damm. SO geschwinde uns diese Worte aus dem Munde fallen und in den Ohren schallen / solche grosse Gewißheit mit der Wahrheit verknüpffet deucht mich finde ich in diesen in der Geschwindigkeit beygefallenen Reimen; Denn ich dafür halte / daß was der Weißheit an Einfalt abgehe / wachse ihr mit der Warheit wieder zu / so daß einer / der diß nicht begreiffen kan / entweder seinen eigenen Augen nicht trauen müsse / oder er muß hier seinen Beyfall geben. Sie gehen mit ihren Gedancken / Hoch Edle Herren / mit mir an einen Ufer / Graben / oder Wall / (so dürffen wir nicht Gefahr lauffen / da der Leib stehen bleibet / daß wir die Füsse vertreten) so werden sie befinden / daß Bäume / mehrentheils Weyden-Bäume / der Gegend zu stehen pflegen: sincket der Damm und das
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Erdreich / so wancket / sincket oder fällt herum der Baum oder das Gesträuche: sincket der Baum / Stamm oder Stuhke mit der Wurtzel / so schiesset allgemählig der Damm oder das Erdreich nach / hält aber das eine so besteht das andere. Es ist / Hochzu Ehrende Herren / gefallen mit Leyd und grosser Bestürtzung in der Dammischen Familie der Stamm / der Hoch-Wol-Ehrwürdige / Hoch-Edler und Hochgelahrter Herr / Herr Curdt Nicolaus von Damm / Hochfürstl. Braunschw. Lüneb. Hof-Gerichts-Assessor, Canonicus des Stiffts St. Blasii, Vice Dominus und Syndicus, auch wolansehnlicher bekandter Patritius allhier / was Wunder daß der Damm / ich meine / ein jeglicher der zur Damms Familie gehöret / nicht für Bekümmerniß gleichsam als in die Erde sincket. Wann in Holland / Seeland / Ost- oder West-Frießland / oder in den Maschländern die Wasser austreten / durchbrechen und die Dämme zerreissen; so höret man mit Mittleyden und Erbarmen von Fluhten und grossen Schaden / und mag es jämmerlich anzusehen gewesen seyn / als im vorigen Seculo 1673. zwischen Cuwerden und Grambsberge / wie Jacob Meurs in seinen Schau-Platz des Krieges in den Niederlanden erzehlet Part. 4. p. 88. ungefehr üm diese Zeit des Jahres an einem Sonntage der Damm durchgebrochen / daß in die 1400. Menschen dabey ümbkommen und kläglich versoffen. Wie betrübt es in der Familie des nunmehro wolseeligen Herrn von Damms aussehe und zustehe / da an einem Sonntag Abend der Anbruch zum Durchbruch des Todes geschehen / und heute am Sonntage ihm die letzte Ehre erwiesen wird / mögen Sie / Hochge Ehrteste Herren und Gönner / leicht schliessen / denn mir kommts fast für / als höre man dabey ruffen und klagen: Man rufft zum Trauren und Wehklagen / wer da weinen kan / Amos. 5. v. 16. Es ist / Hoch-Edle Herren / jetzo meine Meinung nicht zu sagen / waß ein Damm sey / wie und wo er müsse geleget und gemachet werden / warüm er hochnöhtig / was für Schaden und Vortheil er bringe / und in was Vergleich er geistlicher Weise zu ziehen; Denn das
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würde mehr Martialische / Physicalische / Geometrische / Haußhälterische und Theologische Arbeit erfodern / als ich mit den Spaden meiner Geschicklichkeit möchte erreichen können; Auch nicht / wer der Stamm-Vater dieser von vielen Seculis her bekannten und berühmten Familie sey / welches mir als einem in diesem Lande und in dieser Genealogie Fremden / nicht glücken möchte / zumahlen Matth. Hale der Engelländer im Ursprunge des Menschen / p. 633. es für unmüglich hält alle Sprossen und Zweige / so von einen Stamm-Baum herkommen / auf 1000. Jahr zu deriviren / weil Capita regiminum und Capita familiarum sehr zu unterscheiden; Denn ob gleich Romulus der Vater des Staats und Monarchie von Rom / so sey er doch nicht ein Vater des Volcks gewesen / als welches ein farrago nationum, da entweder durch Krieg oder Sieg bald diesem bald jenem die Nahmen zuwachsen; Sondern ich wil nur bey der heutigen Trauer-Rede meine Gedancken auf den Zweck / warum ich unter das Dach des Dammischen Hauses heute gegangen / richten. Es schreibet Plenerus in seinem Pommerschen Geschichts-Calender pag. 15. daß wegen des vielen gefallenen Schnees die Oder 1613. so angelauffen / daß sie den Brücken gleich gestanden / und den langen Damm zwischen Stetin und Damm gantz überschwemmet und zerrissen: Eben dieser Scribent schreibet / daß die Stadt Damm 1635. und 1652. in einem Jahr zweymahl; die Stadt Demin aber 1684. halb abgebrandt sey. Sehe ich mich in diesen Dammischen Sterbe-Hause üm / so kommt mirs für / als wären die Dämme der Augen im Kopffe und des Hertzens im Leibe durchgebrochen / darinn und daraus nichts als Thränen-Güsse fliessen / nicht anders als ob die betrübte Seelen gantz für Hitze der
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Trübsahl ausgebrandt wären / und daß selbst die Zähren den Brand des Leydens und die Traur- und Thränen-Fluht nicht löschen wolten / weil sie von den Hertzen durchs Gehirn aus den Augen über den Wangen hinlieffen / und ist mirs erlaubt / daß ich glaube / wo Damm länger gestanden als Demmin oder Dämmin / daß es wol seyn könne / daß Demmin von Damm seinen Nahmen habe / so sey es nicht unbillig / daß / als die Kranckheits-Hitze bey dem Herrn Assessor von Damm so überhand genommen / daß der Todt seine Lebens-Geister als von Flammen gantz verzehret / der Frau Dammin / die von ihren Ehe-Herren den Nahmen führet / dadurch das halbe Hertz gantz ausgebrandt sey. Betrachte ich des Herrn Hof-Gerichts-Assessoris von Damm sein Leben und Wandel / so finde ich in vielen Stücken / daß es mit dem Damm einen Vergleich habe. Mein! wovon ist der Mensch gemacht? von der Erden Gott schuff den Menschen von den Erdenkloß Gen. 2. v. 7. Davon auch der allererste Mensch seinen Nahmen Adam empfangen. Fragen wir die Rabbinen, was Adam heisse und woraus der Adam oder der Mensch bestehe? so sagen sie aus seinen drey Buchstaben / als bezeichne das das sey Asche / das aber das Blut / das letzte die Galle. Das mittelste Wort trifft bey der Sache zu / denn oder Damm heisset Blut. Nun hat GOTT gemacht / daß von einem Blut aller Menschen Geschlecht auf den gantzen Erdboden wohnen. Zu zeigen / daß wir alle von einem Damm / das ist / Blute kämen / und sich einer des andern anzunehmen habe / und daß das Blut kriechen müsse / wo es nicht gehen kan. Solte nun der Sel. Herr von Damm hierüber seine Meynung eröffnen können / so würde er frey heraus
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kennen: Ich heisse â Dam und komme her von Adam: Ich bekenne / daß ich wie alle Menschen Fleisch und Blut habe / Hebr. 2. v. 14. Ager der Acker oder die Erden-Klösse / wovon der Agger oder Damm gemachet wird / spielet in der Eloquentia Romana sehr artig mit einander; und sehet wie der sandige und sündige Hertzens-Acker des nunmehr wolsel. Herrn von Damms durch Beystand des Heiligen Geistes bereitet worden / und sich äuserst beflissen / alle Dämme an den sündigen Wassern zu repariren / damit er nicht in Sünden verharre und gleich werde dem Wasser das den Damm aufreisset Prov. 17. v. 14. Sonst liegt bekandter massen der Damm an dem Wasser. Wir Menschen sind wol recht das Aggeroa, wovon Cluveri Geographia de Dania pag. 239. meldet / welches an der See liegt / da wir wegen unsern Sünden offt an den Wasser-Bächen sitzen / und die Harffen mit tausend Thränen an die Weyden hängen müssen / weil wir täglich Sünden in uns sauffen wie Wasser. Wir sind dem Agger oder Stück vom Nilo gleich / wie der Elisha Coles in seinem Englischen Dictionario anzeiget / wovon auch Jobus Ludolffi in Comment. Hist. AEthiop. p. 115. 116. nachzusehen / indem wir schnell dahin fahren; und möchten wir hier an diesen Damm oder Sand-Banck / wenn wir sterben / schreiben:
Hin ist hin und kommt nicht wieder;

Oder:
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Wir fliessen bey den Dämmen hin Wol aus den Augen / wol aus den Sinn. Ein Damm ist von Morast und schmutziger Erden: So wir Menschen. Wir sind allesammt wie die Unreinen: Es ist nichts an uns zu finden / als nur Ungerechtigkeit. Ein Damm pariret grün und schön / und ist mit grünen
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Bäumen besetzet: so sind die Frommen wie die Bäume gepflantzet an den Wasser-Bächen / die ihre Früchte bringen zu ihrer Zeit und ihre Blätter verwelcken nicht / wie der grosse König David sofort im Anfang seines Psalter-Buchs erwehnet. Ein Damm wird mit Blut-saurer Arbeit gemacht: Wir Menschen sind nicht allein unsern Müttern saur geworden Syr. 7. v. 26. sondern haben auch unserm Allertheurestem Erlöser Arbeit gnug gemacht in unsern Sünden / wie denn solche und dergleichen Betrachtung der Seel. Herr von Damm offt in seinen Leben fürgenommen / und dabey die seelige Resolution gefasset von den sumpfichten Dam̅ der Sünden sich hinweg zu begeben: Er erinnerte sich gerne / was der Abbas Ferrus bey den Picinello in mundo Symbolico Lib. 5. §. 241. vor Gedancken hatte / wenn er einen Damm-Hirsch mahlen und diese Worte aus dem Horatio Lib. 1. Ep. 1. darüber schreiben ließ:
Virtus est, Vitium fugere: Ein Damm-Hirsch ist von Füssen leicht: Also ein Christ die Sünde fleucht. Fraget man / wie er solches ins Werck gerichtet? wie Johannes der IV. Graf zu Oldenburg / der ließ Anno 1483. auf den äusersten Damm zwey Graben um das Hauß Oldenburg ziehen / wie Hamelmannus in seiner Oldenburgischen Chronica pag. 301. meldet. Ich verstehe den Graben der heiligen Tauffe / daß er wiedergebohren sey aus den Wasser und Geist / und den Graben des Trauben-Bluts beym heiligen Abendmahl. Woraus der seelige Mann diese Lehre fassete: Er müste üm seiner Seelen einen Bollwerck bauen / und graben einen Schutt darüm / und machen ein Heer darüm / und stellen Böcke rings üm sie her / wie Jezechiel üm Jerusalem / Jezech. 4. v. 2. Damit seine Seele als ein Gutfurt Actor. 27. v. 8. könte sicher seyn / wenn seine geistliche Feinde so listig waren / daß sie mit allerley Lüsten / Sünden und Reitzungen seine
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Seele wie einen Damm suchten unter Wasser zu setzen / und auch mannigmahl übel zurichteten / wiewol ehemahls 1605. Hertzog Henr. Julius einen Damm üm Braunschweig gemacht / daß man mit Schiffen oder Kahnen in der Stadt fahren müssen / der aber in einer Nacht von einem Sturm-Winde über einen Hauffen geworffen; oder wie 1674. Leiden wol ehemahls grossen Hunger gelitten / und aber die Holländer den Damm durchgebrochen und das Land unter Wasser gesetzet / wie im Bilder-Saal Part. 4. p. 476. 496. zu sehen: Ich meyne / wenn seine geistl. und leibliche Feinde diesen Damm offt ruiniren wollen / so machts der Seel. Herr von Damm / wie jenesmahls (als Paulus Frideborn in den Stetinischen Geschichten schreibet Part. 2. pag. 17.) Hanß Loyze ein Bürgermeister in Stetin / der sich im Fürstl. Geleite nach Damm 1527. begeben / und nahm zu dem HERRN HErrn seine Zuflucht / und sang mit David: Du lässest mich fliehen für meinen Feinden Ps. 44. v. 11. Ließ es ihm aber zu solcher Lehre dienen / daß er zugleich den Lüsten dieser Welt zu entfliehen hätte / und daß sein Heyland hinter ihn her rieffe: Fleuch mein Freund und sey gleich (Hebr. ) einem Rehe oder jungen Damm-Hirschen auf den Felde Cant. 8. v. 14. Kam es gar mit ihm zum Sterben / so glaubete er allezeit festiglich / wenn er gleich solte den Damm dieser Welt d. i. dieses zeitl. Lebens verliehren / so würde / ob gleich sein Leib / wie Hertzog Henricus der ältere von Braunschweig für den Schloß Lihurt umkommen / er doch mit Hertzog Georg von Sachsen als seinem Alliirten den Damm für Gröningen (wie Cyriacus Spangenberg in seiner Mannsfeldischen Chronica 1588. erzehlet) ich meyne der Seelen nach dem Himmel gewinnen / und daher frölich sprechen: Christus ist mein Leben / Sterben ist mein Gewinn Phil. 1. v. 21. Er glaubete / der Tag seines Todes würde ihm seyn die Morgenröhte und der anbrechende Tag des ewigen Lebens: Janua vitae, porta coeli, malorum omnium ademptio bonorum omnium adeptio. Wie Bernh. redet: d. i.
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Die rechte Himmels-Pfort die schöne Lebens-Thür Da alles Böses weg und Gutes kommt herfür. Er hielt alles für Schaden gegen der überschwenglichen Erkäntniß JEsu Christi unsers HErrn / um welches willen er alles für Dreck achtete und rechnete (den gantzen Plunder und Damm dieser Welt für Mist und Unflaht) auf daß er Christum gewinne Phil. 3. v. 8. Er wünschte zwar / wenn es anders GOTTes Wille sey / daß er ihm noch eine Zeitlang / GOtt zu Ehren / seiner Frau Liebsten / Kindern und andern Anverwandten zum Trost und Besten / und seinen unterschiedlichen Bedienungen mit aller Treu / Sorgfalt un̅ Erfahrung vorzustehen erhalten wolle; allermeist aber üm ein seeliges Ende / zu welchem Ende er gerne die Geistlichen üm sich hatte / ümb im Glauben ihn zu stärcken; wie es ihm denn auch also glückte; Denn es ihm nicht gieng wie der Stadt Demmin, welche nebst andern Hansee-Städten einen Gesandten 1615. an den König von Dennemarck / gewisser Angelegenheit geschickt / aber äbschlägige Antwort gekrigt. Pleneri Pommerscher Geschichts-Calender p. 17. Au contrair: GOtt hat sein Gebet nicht verschmähet / das werde geschrieben auf die Nachkommen nicht Chams, sondern Damms! In seiner letzten Nacht in der Welt / da sein irrdischer Damm durch die Schauffeln und Spaden des Todes solte ruiniret und durch die Fluhten alles Ungestühms umgerissen werden / nahm er nicht seine Zuflucht zu einer Bonae Deae welche genandt wird / als welcher bey Nacht-Zeit die Opffer gebracht worden / wovon Turnebus in seinen Advers. Part. 1. p. 143. zu lesen: Ich meyne zu irrdischen Gütern oder sterblichen Menschen / denn solche sind wie ein Ignis fatuus oder Irr-Lichter bey den Dämmen: Sondern da er mit den See-fahrenden nach den Pech-Kräntzen und Fackeln auf den Dämmen sich herüm sahe / so fand er vor sich den Damm der Seeligkeit / das Licht Göttlichen Trostes / allermeist unsern Heyland JESUM CHristum so alle Menschen erleuchtet. Der Wolseel. Herr von Damm / da er dem Irr
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dischen Adieu sagte / nahm ihm für / es zu machen wie Eberhard von Damm / welcher wie Chytraeus in seiner Sachsen-Chronica p. 658. meldet / schöne Verse über die Epistel an die Römer geschrieben haben soll: Unser Wolseel. Herr von Damm wolte seinen GOtt loben weil er lebt / und GOtt Lob singen / wenn er nicht mehr hier wäre. Nicht mit ungläubigen Hertzen wie Thomas, welchen die Engelländer nach ihrer Mund-Art Thams aussprechen / sondern bey dem Anfange / Fortgange und Ausgange seines Lebens und nun bey dem Eingange in die grosse Seeligkeit sagt er mit Paulo, (der mit Loben seine Epistel an die Römer beginnet Rom. 1. v. 8. und beschliesset Rom. 16. v. 27.) GOtt sey Danck / der mir den Sieg gegeben hat durch unsern HErrn JEsum CHristum! Lagerten sich denn vor dem die Philister am Ende Damin 1. Sam. 17. v. 1. so lagerte sich der Wolseelige Herr von Damm als ein frommer Christ schlecht und recht / Hebr. Hiob. 1. v. 1. an den Enden und Grentzen der Seeligkeit / da der Bluträcher JESUS ist Jos. 20. v. 3. und sagt: Das Blut () JEsu Christi des Sohnes GOTTes macht mich elenden Damm rein von meinen Sünden 1. Joh. 1. v. 7. Haben wir denn in unserer Stadt den Damm und die Damm-Mühle; andere haben das Damm-Thor / die Damm-Strasse / den Damm-Graben: Herr von Damm hat ein das Thor der Gerechten / die Gassen des himmlischen Jerusalems: Er hat hier gleichsahm gemahlen auf der Damm-Mühlen vieler Arbeit; und ist nun in das Damm- und Magazin-Hauß des ewigen Lebens aufgenommen. Auf den hiesigen Damm werden MHHerren finden Vor- und Hinter-Häuser: Der Wolseel. Herr von Damm hat hier seine Liebste und Kinder nachgelassen / denen baue GOtt Häuser Exod. 1. v. 2. i. e. Er lasse Damm und Stamm beglücket seyn; aber er lasse auch den Seel. Herrn von Damm bleiben im Hause des HErrn immerdar. Hier war er Hof-Gerichts-Assessor: Ich hoffe nach der Liebe zu GOtt / er sitze auch
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jetzund / da er das Hinter-Hauß des Leibes allhier in der Welt zurück gelassen / und das Vorder-Hauß der Seelen in den Himmel versetzet ist / und richte die zwölff Geschlechte Israels Matth. 19. v. 28. Er war ein Canonicus; Wisset ihr nicht / daß die Heiligen die Welt richten werden? 1. Cor. 6. v. 2. Er war in diesem Stiffte St. Blasii Syndicus, der nach dem Ausdruck dieses Worts dessen Bestes suchte: Da er seine Seele ausbließ / gedachte GOTT seiner wieder im besten Nehem 13. vers. 31. Ward er hier syndiciret und beurtheilet: Nun hat ihn JEsus vindiciret gegen alle Anläuffe und Ansprüche aller seiner Feinde. War er hier Vice-Dominus und hat mit dem HErrn und Hertzoge unserer Seeligkeit gelitten und gestritten / so kan er nun wie die Keyserin Helena mit ihren Sohn Constantino Conregnare. (Petrus Lambecius Orig. Hamb. part. 1. p. 364.) und mit Christo herrschen und Vice-Dominus seyn. Hier war er Patritius der seine Zehenden einzunehmen hatte: Nun hebt er aus Gnaden die Decimas der zwölfferley Früchte des Paradises. Suchet man denn mit dem Lipsio in Comment. in Annal. super Tacit pag. 157. den Aggerem Drusii und findet Burch. Gotthilff Struvius in Antiq. Rom. pag. 313. den Aggerem oder Damm Tarquinii in quinta urbis regione: So erfreuet sich der seelige Herr von Damm / daß er als ein Patritius gefunden hat dem Damm der Seeligkeit / das rechte Vaterland / daran Christus sein Blut hat gewandt. Hier war er in der Welt Patritius sed ad Patriam coelestem rediit:
Herr Damm ist auf der Welt Patritius gewesen. Nun hat Ers Vaterland im Himmel ausgelesen. Aber noch eins. Die von Hertzen betrübte Wittwe Frau von Dammin / buchstabiret heute mit Schnucken und Thränen ihren Nahmen / und ihr schwanet / daß / da bey den Juden eine Wittwe heisset / von mutum esse still und stumm seyn / und sie nun Ihren Ehe-Herren verlohren / so müsse sie schweigen der Freuden
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und ihr Leyd in sich fressen / und dem ist auch so; Denn wenn man Ihren Nahmen zergliedert / so kommt her von oder still schweigen und keine Wiederrede in seinen Munde führen / wie ein Stummer der seinen Mund nicht aufthut. Sie und Ihre theils unerzogene theils heranwachsende liebe Kinder / sitzen gleichsam an einen zerrissenen Damm und klagen über ihren Schmertzen von Hertzen mit Martialis Worten Lib. 13. Dente timetur aper defendunt cornua taurum, imbelles Damae quid nisi Praeda sumus.
Die Zähn der wilden Sau / der Hirsche Hörner schrecken Wer wil ein schüchtern Reh für seinen Unfall decken? Indessen machet es die Frau von Dammin nicht wie die Keyserlichen / als sie vor dehm in Demmin lagen und von den Schweden an der einen Seiten bestürmet wurden / steckten sie die Stadt an der andern Seiten in den Brandt. Matth. Merian in seiner Continuation der Chronicken pag. 317. Sie / da GOTT in sie einstürmete / wird nicht desperat mit Murren und stürmischer Ungedult; sondern ergiebt sich lediglich auf Discretion dem Willen ihres GOttes im Leben (wie Ihr Seel. Herr von Damm beym Sterben es machte / der / als vor dem 1659. am 3ten Sept. und im selbigen Jahr noch einst am 15. Octob. Damin oder Demmin per accord übergingen Plener. loc. cit. p. 62. auch alles placidirte) im Leyden / biß wills GOtt zu rechter Zeit / im Tode. Sie weiß es gehe Ihr wie Dammin oder Demmin, das unterwarff der Keyser Otto I. Dem Bischoff von Altenburg / wie Meybaum in seinem Buche Rerum Germ. Tom. 2. p. 393. berichtet. Die Frau von Dammin oder Fr. von Damm weiß / Es müsse ein kluger Christe bey allen Schicksaalen von GOtt sagen: Ich bin unter dem Herrn von Altenburg: Er ist mein Gott / mein König / mein Erlöser / mein Vater / von Alters her ist das sein Nahme: Er der HErr Altissimus mache es mit mir / wie es ihm gefällt. Dabey ist es Ihr nicht ein kleiner Trost / daß Meine Hoch
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ge Ehrte Herren Ihrem Ehe-Herrn dem Seel. Hof-Gerichts-Assessori, Herrn von Damm in einer öffentlichen Leich-Procession an dem Damm seines Grabes / (denn so nennet Demsterus in Antiquitatibus p. 1586. unter andern eine Art der Dämme Tumulum ex lignis, glebis & cespitibus; wie denn auch alle gehäuffte Dinge / darunter die Gräber mit begriffen / Aggeres genennet werden / davon Isidorus Hispal. in Origin. p. 371. setzet: Agger, der Damm / est cujuslibet rei acervatio) die letzte Ehre erwiesen haben. Sie ist dafür empfindlichst afficiret / und wünschet mit ihren Kindern mit danckbarlichen Hertzen / Gelegenheit zu haben / Ihnen allerseits / als einer rechtschaffenen Christin zustehet / von Hertzen zu dienen. Die Ehre / die Sie darunter genossen / ist groß / ist rühmlich / ist in Ihren Hertzen angeschrieben / und Ich in Ihren und aller Angehörigen und Anverwandten Nahmen setze bey einen jeden Damm / den hinkünfftig Meine Hochge Ehrte Herren / GOTT gebe glücklich / vorbey passiren werden / dis Denckmahl:
Es dancket sehr die Frau von Damm Und wünschet Seegen jeden Stamm!
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EPICEDIA.
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DAMMIUS Elogio dignus dum viveret omni, Nunc omni major mortuus Elogio. Amoris & doloris ergo scripsit in columis & Sublatae Virtutis aeqvus aestimator E. Finen.

SONNETT.
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GEreicht der Ahnen Ruhm / die umb das Vaterland Sich hoch verdient gemacht / zum Vortheil ihren Erben; Läßt die Groß-Hertzogin der Musen nicht ersterben. Den Mann / der sich mit ihr von Jugend auf verband; Hegt das gekröhnte Recht so manchen Ehren-Stand Vor die / so sich mit Ernst umb seine Gunst bewerben; Sol keiner weder hier noch ewig dort verderben; Der sich zur GOttesfurcht und ihrer Fahne fand; So langt gewiß Dein Lob biß an die späten Neffen; Weil alles / was genanndt / bey Dir war anzutreffen: Du Zierde deines Stamms / sehr-wehrtgeschätzter Damm. Die lange Kranckheit hat Dich nicht umb sonst gedrücket;
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Denn / wen hat iemahls GOtt in seinem Reich’ erquicket; Alß / der die Gallen tranck vorher wie deßen Lamm?
Dem seehligen Herrn Assessori zu schuldigen Ehren / und der Hochbetrübten Frau Wittib und Kindern zu kräfftigem Troste schrieb dieses J. Fr. Kätzler. Der Stadt Braunschweig Bürger-Meister und Syndicus.
ES stehe dieser Damm durch ungezehlte Zeit / Der Himmel lasse Ihn / so fest als Babels Mauren / Ja wieder allen Sturm und Zwietrachts vollen Wind / Weit mehr als Niederlands berühmte Dämme dauren.
SO war ehemahls der Wundsch / den ich vor funfftzehn Jahren / An Ihm Hochwehrtester aus Leipzig abgesand; In dem ich dazumahl durch sicher Hand erfahren / Daß Er veränderte / den herben Wittwer-Stand. Allein des Höchsten Schluß / hat seine Zeit gezehlet / Ach! Leyder gar zu kurtz / nach menschlicher Vernunfft / Wann Er der Ewigkeit nunmehro ist vermählet / Jetz schwebt für GOttes Thron in jener Engels-Zunfft / Und wann schon Niederland berühmte Dämme führet / Die aller Wellen Macht beständig halten auf / So wird doch öffters auch darin ein Riß gespühret / Der nicht mehr halten kan / der Fluhten starken Lauff / Ja Babels Mauren sind vielmehr ein Beyspiel worden / Daß nichts beständigs sey / in dieser Zeitlichkeit / Und daß die Menschen selbst / nach allen ihren Orden / Eh man es sich ver sieht / gehn zu der Ewigkeit.
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Dann wie auch dieser Damm vor vielen hundert Jahren / Vom Adlichen Geblüht(Add. M. Andr. Angelum in Holsteinischer Chronica de Ao. 1597. pag. 50. & Mag. Cyriac. Spangenberg lib. 7. Adelspiegel cap. 15. haben Sie drey Adliche Schlösser und Vorwercke in Holstein gehabt / sind Königl. und Fürstl. Räthe gewesen.) zu erst ist angelegt / Braunschweig auch längstens schon von diesem Stamm erfahren / Daß Ehr und Redlichkeit nur seine Brust gehegt / Wann vor des Lehn-Herrn sein Leben(Viel. Joh. Henr. Buttneri. Genealog. der vornehmsten Lüneburgischen Adelichen Patricien Geschlechter lit. D. weil Tielemann Burgemeister zu Braunschweig in solcher qualität mit Hertzog Magno zu Braunschweig und Lüneburg einen Vertrag 1367. den 21. Octobr. wie auch mit deßen Söhnen Herrn Friedrich, Bernhard, Heinrich und Otto Gebrüder Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg 1374. den 1. Sebr. gemachet.) hingerißen / Des Pöbels Raserey und Zwietrachts voller Neid / Ja beydes Leib und(Item ist Ihnen von den Pöbel Horenburg und Achen geraubet.) Guth dabey verliehren müssen / Weil alles eitel ist in dieser Lebens-Zeit; So ist auch unser Damm uns letztens abgenommen / Durch Adams alte Schuld aus diesen Jammerthal / Und hat vor seine Treu den rechten Lohn bekommen / Da Er nunmehro wohnt in rechten Freuden-Sahl. Des Sehl. Herren Assessori Familie zu Ehren / und derer von Dammen Guter Freund.
DAs Köstliche bleibt Müh in unserm gantzen Leben. Es halten Lust und Last oft gleich getheilte Waag: So hat der beste Tag auch seine sondre Plag. Die Welt will Ehr und Guth als etwas Köstlichs geben / Giebt aber nichts als Angst und Arbeit spät und früh / Drum steht der Ausspruch fest: Das Köstliche bleibt Müh.
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Wohl dem! der kommt zur Ruh nach überstandnen Plagen / Sieht noch bey hoher Sonn den Abend seiner Last / Und legt den matten Leib zur angenehmen Rast / Den Geist in GOttes Hand / und kan mit Freuden sagen: Würff’ mir die eitle Welt ihr Köstliches gleich zu / Gäb sie doch nichts als Last. Wohl dem! der kommt zur Ruh.
Dein Köstliches war Müh / Wohlseliger / zu schätzen. Beym Hof-Gericht und Stifft / auch vielen in der Stadt / Kammst Du stets Arbeits-voll zu Hülff mit Rath und That / Biß Dich ein langer Schmertz must in die Grufft versetzen. Nun ist die Mühe hin / der Schmertz vorbey / und Du Geneust das Köstlichste. Wohl Dir! Du bist zur Ruh. Hierdurch wolte dem Wohlseligen Herrn Hof-Gerichts-Assessori nach überstandener vieler Arbeit und langem Siechen-Bette zu der erlangten Ruhe gratuliren Joh. Nicol. Mertz / D.
ES war ein froher Tag / als schon vor vielen Jahren Sie ô Betrübteste / von Ihrem Edlen Dam / Ersuchet ward mit Ihm / in Liebe sich zu paaren / Was war doch wohl der Schluß / so Ihr ins Hertze kam? Im Hagen mag es mir! sprach Sie! nicht mehr behagen / Ich wils mit meinem Dam in Freud’ und Leiden wagen.
Dis war der feste Schluß! Sie wird es ja vergönnen / Daß es aufs neue hier Ihr werde fürgestellt. Wie wol ich fürchten mus / wenn Sie den Dam hört nen̅en / Und zwar wie er dahin / Sie fast zu Boden fält. Doch thu’ ichs wie Sie weiß / nicht Ihren Schmertz zu mehren / Es ist drauf angesehn / dem Trauren nur zu wehren.
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Dis sag’ ich / war der Schluß: Die Burg wil ich erwehlen / Da selbst mit meinem Dam so lang es GOtt gefätl / Zu wohnen in der Still / es mus unß nichtes fehlen / Indem des Höchsten Hand in Gnaden ob Uns hält. O ein sehr weiser Schluß / der Freude gab dem Leben / Weil ein so theurer Mann vom HErren Ihr gegeben.
Es hatte Blasius ja längstens aus gebreitet / Des klugen Dammes Ruhm / nachdem das Syndicat Vom Stifft Ihm anvertraut; Wie hat Er ihm bereitet / So manches schönes Lob / wie hat Er in der That / Gestifftet so viel Guts / das nie genug zu preisen. Man wird es künfftig nach der späten Nachwelt weisen.
Das Hoff-Gerichte muß nun desto mehr beklagen / Was es verlohren hat durch diesen Todes-Fall / Jemehr das gantze Land gezwungen wird zu sagen / Wie Er so sehr gelehrt / wie prompt Er überall / Wie Er so deutlich hat die Acten referiret / Und wie Er den Process auch sonsten hat geführet.
Und hiemit fang ich an im Schweigen zu verhüllen / Was Sie selbst Traurigste an Ihm bewundert hat / Denn solches an zuziehn / damit das Blatt zu füllen / Das wäre ungereimt und gar kein guter Rath. Man mus mit nichten zwar der Toden Ruhm verschweigen / Doch auch die Lebenden nicht gar zur
Sie weiß mehr als zu viel / ô halb verstorbne Seele / Was Sie verlohren hat; So schön das Ehe-Band / So glücklich als es war (was hilffts / daß ichs verheele /) So sehr beklommen ist auch nun Ihr Witwen-Stand. Wem solte nicht das Ohr / ja selbst das Hertze knallen / Wenn solch ein Riß geschicht / wenn solche Dämme fallen.
Doch Wehrteste kan Sie sich anders noch besinnen / Was ein beredter Mund Ihr neulich fürgestelt / So wird Sie neuen Muth in aller Angst gewinnen / (Verba Text. funebr. Esaiae cap. LIV. v. 10.) Der alte Friedens-Bund noch immer feste hält.
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Dis ist der rechte Damm dem Glauben angepriesen / Den Esaias Ihr zur Schutz Wehr angewiesen.
Sind Ihre Augen nicht von Thränen gantz gebrochen / Daß Sie noch lesen kan / was in dem Traur-Sermon, Ihr vor ein Dam gezeigt / und was Ihr zugesprochen / Die Rede so man nent die Parentation. So weiß ich / wird es Ihr an keinem Troste fehlen / Der Geist versiegle es in der betrübten Seelen.

Sterbe-Gedancken des Wohlseligen / bey Betrachtung der von Ihm so sehr geliebten aber nunmehro zur Zeit seines Abschiedes ver blühenden Nelcken.
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VErblüht ihr so geschwind / ihr allerschönsten Nelcken / Die ihr die edelsten von Florae Garten-Pracht / Die ich bewunderte? Ich wil mit Euch verwelcken / Mit euch die ihr mir oft aufs schönste angelacht. Man wird an Euch aufs Jahr erst wieder Blütesehen / Ich aber werde gleich in voller Blüthe stehen.
Dieses hat aus Hertzlichen Mitleiden unter Anwünschung Göttlichen Trostes beyfügen wollen Pet. Conr. Bärtling Past. Catha.
DEr feste Damm wird wol nach grade durchgerißen / Stürmt offte Well und Fluht auf selb’gen grausam los; So wird der Lebens-Damm auch endlich umgeschmißen / Giebt ihm die Kranckheits-Fluth so manchen harte̅ Stoß.
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Ach! daß Dein Beyspiel dis / Wohlselger / nicht bezeugte! Allein man hat es mehr als allzu klahr gesehn / Wie sich Dein Lebens-Damm von Kranckheits-Wellen beugte / Und muste mit der Zeit davon zu Trümmern gehn. Wer ist wol / dem dis nicht von Hertzen solte kräncken / Besonders wenn er weiß / was man an Dir vermißt! Du kuntest schwehren Streit und harte Knoten lencken / Darzu der hunderste nicht so capable ist. Mein Kiel ist viel zu schwach die Tugend zu beschreiben / Die jedermann bey Dir im höchsten Grad gesehn; Mein Epheu kan nicht grün bey Deinen Palmen bleiben / Die Weiden können nicht bey hohen Cedern stehn. Muß uns nun gleich Dein Tod viel Thränen-Saltz erwecken / Und schauen wir Dein Grab mit traurgen Augen an / Heist uns der Himmel doch den Klagen Grentzen stecken / Weil unser Ach Dich nicht zurücke hohlen kan. So wissen wir auch wol / was Dir ist wieder fahren / Du bist der Seelen nach für GOttes Thron gerückt / Der blaße Leib ist frey von Aengsten und Gefahren / Und wird auch einst gewiß der Seelen nach geschickt.
Dieses wenige wolte mitleydend beyfügen J. C. Bremer Rect. Cath. Brunsv.
ERblaßter Hertzens Freund / Es hat dein langes Siechen / Durch Hoffnung und durch Furcht mich selbst mit kranck gemacht; Was Wunder / daß ich mich für Trauren möcht verkriechen / Da Dich ein früher Todt mir aus den Augen bracht. Als Jenen das Gehör und Sprache wieder kommen /(Dom XII. p. Trin.) Bistu nicht lang vorher mir Deinen Freund genommen.
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Dein Leben war zwar schon biß dahinan gestiegen / Da sonst die Menschen bald ins hohe Alter gehn / Doch scheinstu freilig uns zu früh im Sarg zu liegen. Da Deine Jahre bald nach funfftzig stille stehn. Wer wünsch’t nicht / daß ein Baum ihm viele Jahre labet / Den GOttes Gnaden-Hand mit schöner Frucht begabet. Soll die Gelehrsamkeit und treuen Fleiß ich preisen / Die Du vor Dich gewust / auch anderen gelehrt; Diß wird das Hof-Gericht / Stifft und Clienten weisen / Zumal es unser Weh’ und Deine Demuth wehrt; Ja hie gebrauchte man gar keiner Lob-Gedichte / Bey Deinem ohne dem bekandten Tugend-Lichte / Doch kan die Freundschaffts-Pflicht unmüglich hier verschweigen / Wie vor die Deinen / und Clienten Du gesorgt; Die Schrifften / und Dein Fleiß kanes genug bezeugen / Daß Du hast macher Nacht viel Stunden abgeborgt; Du war’st der Sonnen gleich / die / wenn sie untergangen / Doch bey der Wirckung bleibt so / wie sie angefangen. Sprach einer wieder Recht: Laß gehen wie es gehet / So nahmstu Dich sofort der heilgen Nohtdurfft an. Fand einer sich der nur die heilge Schrifft verdrehet / Daß ein auffricht’ges Hertz zum Eiffer bringen kan; So brennetest Du zwar / doch schriebst’ Du solche Sachen / Dem Satan selbsten zu / ders also pflegt zu machen. Als Judex hast Du nicht verstattet noch gelitten / Daß die Parteien im Gerichte sich gezanckt / Als Advocate kont man niemals Dich erbitten / Daß zwey Parteien Dir vors Richters Spruch gedanckt. Weswegen denn Dein Ruhm noch mehr vergrössert worden / Und Du lebst nun davor in aller Seligen Orden. Den Hinterlaßnen / bleibt davor des Höchsten Seegen / Der nimmt dieselbigen in seinen Schirm und Schutz. Will Satan wider Sie sein gantzes Reich erregen / Erhält Sie seine Hand vor dieses Feindes Trutz. Wir Freunde müssen auch davon ein Antheil nehmen / Weil der vergallte Neid sich muß vor Todten schämen. Und ob nun zwar Dein Todt und unverhofftes Scheiden / Dich zu den Vätern rufft und uns alleine läst /
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So kan doch unter uns niemand die Thränen meiden / Die Dein Gedächtniß uns noch aus den Augen preßt. Wir sind ja Groß und Klein ein Stück von einem Hertzen / Wie solte nicht Dein Todt uns allen hertzlich schmertzen! Doch / Du bist wohl daran / denn wie Dein Christen-Leben / In wahrer Frömmigkeit ein stetes Sterben war / So hast Du Deinen Geist mit Freuden auffgegeben / Und lebest nach dem Todt bey JEsu immerdar. Wohl dem / der so wie Du gelebet und gestorben / Der lebet wenn er stirbt und stirbet unverdorben. Wir aber / die wir / so wol Collegen als Clienten, Wir / sag ich / müssen Dir bekümmert sehen nach / Und wenn wir nur damit die Schmertzen stillen könten / Die Dein betrübtes Hauß gebracht in Ungemach. Dennoch muß selbiges die Wehmuths-Thränen stillen / Und trösten sich nebst uns mit GOttes heilgen Willen. Der uns diß schwere Creutz anjetzo lässet tragen / Ists / der Betrübte / nicht in Traurigkeit verläßt / Er wird die Hülffe nicht zu seiner Zeit versagen / Wenn unsre Hoffnung nur gleich Felsen / stehet fest. Mit mir ist’s aus; diß war Dein letztes Wort un̅ Sprechen: Und hierauf musten bald die Augen vollends brechen. Die starcke Glaubens-Hand hat gar ein schönes Zeichen Ins Bibel-Buch gelegt / da GOttes Mund versprach: Eh’ sollen Hügel fall’n und hohe Berge weichen /(Jesai. Cap. 54. v. 10. dictum accersitum beati Defuncti.) Eh’ daß mein Vater-Hertz läst die Erbarmung nach / Und meines Friedens-Bund soll nimmermehr hinfallen. Ach! diß Erbarmen bleib bey uns und andern allen! Indessen schlaffe wohl / Du theure Christen Seele / Verwechsle Deine Lust mit ew’ger Himmels-Lust / Dein Cörper ruhe sanfft in seiner Grabes-Höhle / Dein Angedencken bleibt in unsrer treuen Brust. GOtt aber laß uns Dich im Himmel wieder finden / Da wir uns auff das Neu’ in Ewigkeit verbinden.
Der Hochbetrübten Frau Wittben / hinterbliebenen Kindern und Respective hohen Anverwandten zum Trost / dem Hochseligen Herrn Assessori aber zum unsterblichen Nach-Ruhm aufgerichtet Von einem Nahen Freunde.
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NEctere fallaces griphos, fabricare malignas Arte strophas, miserosque suis emungere nummis Susceptos, videas plerisque solenne Patronis. Scilicet ambigui consultos dicere juris Haec se turba solet; recti ast secura bonique Justitiae consulta simul non quaerit haberi. Haud talem viuum TE nouimus, optime DAMMI: Egregie Themidos sacris operatus, id vnum Curasti, cunctos, qui pressi fraude jacebant, Quo recto faceres iterum consistere talo, Consiliisque Tuis fidis operaque leuares. Nixa fuit semper pietate scientia juris, Qua sine scire nihil, quam faex, quam futilis vmbra: Qua sine quem dicam, qui leges juraque callet? Quem vero? Satanae nisi qui nec quaerit obesse, Vlla nec prodesse Deo ratione laborat. Felices, quotquot laudando a tramite recti Dimovet haud terror, non spes, non turpe lucellum. Felicem DAMMI Te, qui cum sensibus istis Facta, tuam vitam semper quadrare volebas. Ergo justitiae fulges diademate cinctus, Et recti large frueris mercede bonique. At nos moerenti TE voce requirimus, eheu! Et nobis nimium cito Te queritamur ademtum. Sed Tu consolans inquis; compescite fletus, Quae cito soluuntur, soluuntur praemia recte. Debiti honoris ergo f. Joann Daniel Coordes Conr. Cath.
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Die klagende Themis.
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ES dreüe Sturm und Zeit den Untergang der Welt / Die Sonnen-Bilder mag gleich Lufft und Well aufreiben / So muß doch wenn Porphir wenn Alabaster fällt / Der späten Affter-Welt davon was übrig bleiben: Die naße Flut lescht zwar Pompejens Nahmen auß / Des Constantini Bild wird Moder Staub und Grauß / Doch kan man heute noch auf alten Steinen lesen / Daß sie ein Ehren-Mahl der Fürsten sind gewesen.
Der Mensch nur stirbt viel eh als was kein Leben hat / Der Mensch in dem GOtt selbst sein Eben-Bild gepräget / Denn wen Aegypten schon nach Sothis klugen Rath / Die Leichen balsamirt in kostbar Holtz einleget / So ists ein Nacht-Wurm nur an dem der Glantz verdirbt / So bald sein Wesen ihm durch einen Zufall stirbt / Die Schalen bleiben zwar doch Seele Geist und Leben / Kan auch kein Theophrast den Todten wieder geben.
Drum sagt manch weyser Mann der Erden gute Nacht / Ob er schon würdig ist daß seines Lebens-Gräntzen / Auch selbst die Ewigkeit mit ihren Zirckul macht / Weil bey ihm Witz und Fleiß mehr als die Jahre gläntzen. Was aber solcher Fall vor Leid und Kummer stifft / Bezeichnet dieser Tag mit einer Trauer-Schrifft / Da der berühmte Dam̅ gleich wie ein Licht verschwindet / Und vor dem Alter noch das Ziel der Jahre findet.
Er stirbt / und auch zugleich mit Ihm sein kluger Sinn / Der ein Oracul war der dunckeln Rechtes-Fragen / Die Themis schaut bestürtzt auf diese Bahre hin / Und will bey dem Verlust fast ohne Trost verzagen / Sie wirfft Ihr Schwerd hinweg / reist Krantz und Binden ab / Der Augen Wasser-Röhr benetzt dis wehrte Grab.
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Die Wage liegt zerstückt / Justinian zerrißen / Weil die Gesetze selbst hier ihren Priester mißen.
Ach klagt sie! setzet sich auch Moß den Zedern an / Und muß der Porcelan wie schlechter Thon zerspringen? Hilfft Kunst und Wißen denn nicht für des Todes-Bahn? Ist dieses denn die Frucht so Schweiß und Sorgen bringet? Ach ja! der Untergang bestürmmt der Weißheit Thron / Hie liegt mein Schutz-Bild selbst mein außerlesner Sohn / Der bey so schwartzer Nacht ein Licht mir angestecket / Und die Gerechtigkeit mit Larven nicht bedecket.
Wo solche Seulen mehr in kurtzen untergehn / Und wo die Tüchtigsten in meinen Reiche fallen / So wird / wo jetzund noch die Schwanen sind zusehn / Bald ein verhast Geschrey der dummen Gänß’ erschallen / Denn wie kans anders seyn stirbt ein Sulpitius, Erblast ein Ulpian, so will ein Bartholus, Ein Baldus, und die sonst nicht eben hochzuschätzen / Ein Irre-Stern den Glantz der Sonnen selbst ersetzen.
Weil aber offt hiedurch Gesetz und Wolfart fällt / Wird manch gerechter Sinn aus Eyfer so verbländet / Daß er die Käyser-Kron für rauhe Neßeln hält / Und den Tribonian nebst seinen Fürsten schändet / Dis macht daß Lipsius, Lotharium noch flucht / Der auß dem Staube doch die Rechte aufgesucht / Daß Teutschlands Friederich der Rechts Gelehrten Wissen / Von allen Handlungen gedachte außzuschließen.
Zwar wo die Unvernunfft die Rechte meistern will / Wo sich die Bosheit will mit den Gesetzen zieren / Wo man mein heilges Buch nur braucht zum Poßen-Spiel / Auf Trug und Arglist sinnt / die Unschuld läst verlieren / Wo Geitz und Eigen Nutz hat den Verstand geschwecht / Da grauet mir auch selbst für solch verhaßtes Recht /
|| [ID00071]
Ohn welches Columell die Städte glücklich nennet / Und deßen schädlich Gifft auch Tullius erkennet.
Du sahst Hochseliger sehr woll die Finsternüß / Die hie und da versucht / mein Sonnen-Licht zublenden / Drum stundest Du behertzt vor solchen Fall und Riß / Nichts mochte von der Bahn der Warheit Dich zu wenden / Du warst ein Scaevola in dieser heutgen Zeit / Der den Gesetzen selbst offt neuen Glantz verleiht / Den seine Redlichkeit sein tieffgelehrtes Wachen / In Nieder-Sachsen kan zum andern Ziegler machen.
Zwar Rost und Schmutz klebt offt auch Sthälern-Spiegeln an / Es schleicht sich Heucheley auch in vernünfftge Seelen / Du aber hast der Welt vorlängsten dargethan / Daß ein recht edler Geist flieht solche Laster-Hölen / Es mögen die hievon anitz ein Zeugnüß seyn / Die offt durch Deinen Fleiß die Frucht gesamlet ein / Die wenn sie Dich zum Schild und Beystand nicht erkohren / Durch Raub Begird’ und Neid das Ihrige verlohren.
Es schätzten Fürsten Dich auch selbsten hoch und wehrt / Der Adel liebte Dich / und preißte Deine Gaben / Von Hoch und Niedern ward Dein kluger Geist geehrt / Weil alle Rath und Trost von Dir empfunden haben / Führnehmlich rühmt dis Stifft noch Deine Dienst und Treu / Und was Du ihm hiedurch an Wolfart trugest bey / Bey welchen nimmermehr wird Dein Verdienst verschwinden / Das solches wird in Ertz und Zeder-Tafeln gründen.
Der Rechte Ubung führt sonst viel Verdruß mit sich / Geschäfft und Sorge weiß offt wenig Lust zu hegen / Bey Dir war keines nicht den andern hinderlich / Du machest Dir zum Spiel / was vielen ist entgegen / Doch wie der Balsam stinckt / wenn er auch noch so rein / Eh ihm der Rosen-Safft will Geist und Krafft verleihn / So sind die Tugenden die sonst sehr hochzuachten / Ein Fürnüß wenn sie nicht auch nach dem Himmel trachten.
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Drum schautest Du allein in Deinem Ambt auf GOtt / Dein Opfer muste stets zum Sitz der Sternen dringen / Auch da der Kranckheit Angst und deren lange Noht / Dich offt noch vor dem Tod hieß mit dem Tode ringen / Da schien Dein Glaube selbst / daß Er Eliae Art / Der in der Sterblichkeit schon hält die Himmel-Fahrt / Ob Du nun gleich alhier zu sincken angefangen / Bist Du doch als ein Stern im Himmel aufgegangen.
Ich aber büße dis mit Deinen Gaben ein / Was ein Cujacius und was ein Strick gewesen / Und Braunschweig mag mit Recht anitz betrübet seyn / Du warst dem Vaterland zu seiner Zird’ erlesen / Mit Dir stirbt auf das neu der Stadt ein Schrader ab / Der vielen Fürsten Rath / dem Stam ein Ansehn gab / Eein Rittershusius ein Pauli fällt danieder / Da der erfahrne Damm schließt seiner Augen-Lieder.
Kommt nun Verwayste / kommt zu diesen Grabe her. Kommt bringt nach alter Art betrübte Thränen-Schalen / Hier bricht der Liebsten Hertz / die Kinder weinen sehr / Und wollen Ihre Pflicht in höchster Wehmuht zahlen / Doch hemmt mit mir zugleich den ungemeinen Schmertz / Denn den Verlust ersetzt doch kein betrübtes Hertz / Macht aber / soll ich mich noch einst getröstet sehen / Daß mir ein Phoenix kan auß dieser Asch’ entstehen.
Hier schwieg die Themis still / wir aber theurer Damm / Verehren Deinen Ruhm den Du hast hinderlassen / Der ob dich gleich der Tod so zeitlich von uns nahm / Doch nicht verschwinden wird / und nimmer kan erblaßen / Es decket zwar den Leib des Grabes Dunckelheit / Doch Deine Seele schwebt / in jener Herlichkeit / Wo JEsu Sonne prangt / wo Du im Engel-Orden / Und von der Ewigkeit ein neues Mitglied worden.
Das Ruhm-würdige Angedencken des Seligsten Herren von Damm / solte mit diesen geringschätzigen Zeilen begleiten / H. E. Sieverds.
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IHr Menschen / denen nicht der unerschaffne Himmel / Noch selbst die Ewigkeit dabey gefallen kan / Was seht Ihr / frag’ ich Euch / in diesen Welt-Getümmel / Des from̅en Christen Grab mit höhn’schen Augen an?(Qvales Callaici fuerunt apud Strabonem, libr. 3. Diagor. melius apud Ciceronem libr. I. de N. D. c. 23. & in sacris Sadducaei, Luc. 20. v. 27. & seqq.) Wie / meinet Ihr denn nun / daß diese Ruhe-Kammer / Die aller Christen Last und bittre Sorgen hebt / Und manche Bangigkeit des Lebens mit vergräbt / Sey eine schwartze Grufft / gefüllt mit Leyd und Jammer? Wie habet Ihr Euch doch so wissentlich vergangen? Der ausgescharrte Sand / die kühle Grabes-Grufft / Wo Junge / mittlen Stands / und Alte hingelangen / Wenn sie des Höchsten Schluß aus diesen Leben rufft / Ist eine sichre Burg und Frey-Stadt der Betrübten /(Videatur 2. Reg. 22. ubi Chulda Prophetissa, postqvam populo Israelitico tristissima qvaevis ex ore Dei comminata erat, pio Regi Josiae laetiora praedixit: Qvod Deus cum pace ad Patres & in sepulchrum eum collecturus esset, ne oculi ipsius qvicqvam futurorum malorum viderent. Conf. Sap. 3. v. 3.) Ein Land / in welchen man vor Feinden sicher ruht / Da die Bekümmerniß uns nicht mehr Schaden thut / Dabey die Heyden auch nichts grausames verübten. Und obgleich dieser Ort will schwartz und finster scheinen / So hat der Heyland Ihn doch hell und klar gemacht; Indem Er durch den Todt den Gläub’gen / als den Seinen / Nach abgelegter Ruh das Leben wiederbracht. Er selbsten / wurde ja ins finstre Grab versencket / Da man Ihn schon erblaßt vom Creutzes-Holtze nahm /(Legi potest v. 60. cap. 27. Evang. Matth.) Da Er in Josephs-Fels zur stillen Ruhe kam / Wodurch Er unser Grab mit Glantz und Ruh beschencket. Also / wenn auch einmal die Christen schlaffen gehen / So kommen sie sofort in eine sichre Ruh.(Vide vaticinia Danielis cap. 12. v. 13. & Ezech. cap. 37. v. 13.) Die Augen dürffen nicht mehr den Verdruß ansehen / Die Ohren / schliessen sich vor aller Welt-Lust zu.
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Und wenn denn dermaleins der Erden-Sturm vertobet / Erwachen Sie alsdann durch GOttes Macht und Krafft / Der stille Staub bekömmt von neuen Lebens-Safft / Und folget in das Reich / wo man GOtt ewig lobet. Wohl-Seligster / als Dich die Kranckheit überfallen / So keine Hoffnung uns ließ zur Genesung sehn / Entfiel sofort der Muth mir / und auch denen allen / Die jetzund höchstbetrübt bey Deiner Bahre stehn. Erschricket zwar Dein Grab der hinterbliebnen Hertzen / Mit denen sich das Blut der Freundschafft nah’ verbandt / Ermisset aber nur der Glaube deinen Stand /(Ne defleas, ait Callimachus puer; namque vitam sortitus sum brevem, in sepulchro autem omnia vitae mala sunt abscondita; Lucianus in Anthologia libr. 3. cap. 9. Epigr. 2. Conf. monitum Salomonis, cap. II. v. 10. Eccles.) So lindert sich das Leyd / so schwindet Ach und Schmertzen. Muß gleich der krancke Leib ins finstre Grab verfallen /(Legatur cap. 4 tum I. Epist. Paul ad Thessalonicenses, a. v. 13. usque ad finem.) So wird er ewiglich doch nicht darinnen seyn. Wenn einsten unser Haupt läßt die Posaunen schallen / Wird der verklärte Leib auch gehn zum Himmel ein. Indessen / weil nunmehr die Glaubens-volle Seele / Im Cherubinen Chor bey Ihren Vätern prangt / Und in des Höchsten Schooß zur seelgen Lust gelangt / So ruht der Staub so lang in seiner Friedes-Höle. Wie mancher Unglücks-Sturm und Wetters-Macht verbrauset / Wie manch geschwinder Strahl verflieget und verschießt. Wie mancher spröder Wind zerflattert und versauset / Indem der krancke Leib die sichre Ruhe genießt.(Vita actuosa est, mors qvieta. Lactant. libr. 6. de ver. cult. cap. 17. pag. 492.) Drum / schlaffet demnach wohl Ihr abgematte Glieder! Ihr seyd nun allbereit aus dieser trüben Nacht / Von vieler Sorg’ und Müh / zur seelgen Ruh gebracht; Wenn Erd und Himmel sinckt rufft GOtt euch frölig wieder.
Nec enim mala mors est Ulla bonis, qvibus è vario longoque labore Qvilibet in reqviem patet exitus. Prosp Aqv. de Prov. addatur Johann. 5. v. 28. Dei pag. 541
Zum Trost der hinterlassenen Hochbetrübten Frau Wittwe / geehrtesten Kinder / und hohen Anverwandten stellete dieses vor der gantzen hochwerthesten Familie ergebenster Diener A. D. C. G. M.
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SI licet & fas est, Justorum fata Virorum Plangere, & attonitâ ducere verba manu, Cur ego nunc sileam? cur non lugubria fundam Carmina, qvae magni signa doloris habent? Hoc svadet pietas, facit hoc Themis alma, suumqve Moesta Sacerdotem non superesse dolet. Aspice, ut indignis tundat sua pectora palmis, Vix etiam lacrymas continuisse qveat. Cana Fides Candorqve dolent, lugentqve Jacentem Cana Fides canas pulvere sparsa comas. Mira loqvor, sed vera tamen, stat candor in atro Tegmine, non gratus qvi solet esset color. Haec mihi cum multis est publica causa dolendi, Est etiam nobis altera causa super. Nam cum me studiis Academia docta teneret, Quae de Fridrici nomine nomen habet, Constitui, simulac mihi fata redire dedissent In patriam, ductu discere multa TUO. TU mihi monstraturus eras, VIR SUMME, qvis usus Legum, qvis valeat juris ubiqve modus. TU mihi monstraturus eras aeqvumqve bonumqve, Qvâ possem lites composuisse via. Qvid juvat innumeras, si qvis bene nesciat uti, Conspexisse herbas, qvae juga summa tenent? Sic ego, qvae vidi, multo didiciqve labore, Ad varios usus cuncta referre velim. Spes cecidit, vitamqve prius Legesqve relinqvis, Qvam potui Hallenses deseruisse domos. Sperabam, fructus per TE sensisse laborum, In coelo fructus TU pietatis habes. Numinis arbitrio translatus in aethera discis, Qvis sit virtutum, qvis pietatis honor. His fruere, o dilecte Deo cape praemia morum Et qvae sint vitae munera disce piae.
|| [ID00076]

II.
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SO ist kein Mittel mehr o Theurer Mann verhanden / Das Dich nach vieler Wunsch zu halten fähig war; Kaum da die gröste Noth schien glücklich überstanden / So heists / der kluge Mann liegt auf der Todten-Baar.
O düstrer Trauer-Tag / o höchst betrübte Stunde / O Post / die mir durch Hertz / durch Leib und Seele drang / Die mir vor Traurigkeit die Zunge band im Munde / Als dieser bittre Tohn in meine Ohren klang.
Was vor ein großer Fall durch Deinen Todt geschehen / Erreicht bey weitem noch die matte Feder nicht. Wer eigentlich hievon wil den Verlust besehen / Der frag’ die gantze Stadt / das Stifft und Hoff-Gericht.
Ruh’ denn / Hochseliger / in Deines GOttes Hand / An dem Dein Hertze stets die gröste Freude fand / Er wird auch mit der Zeit das Leyd zu ändern wißen / Liegt gleich Herr Damm erblast / ist gleich der Tham gerißen.
Hiemit wolte des Hochsel. Herren Assessoris, als seines vormahls Hochgeschätzten Patroni gar zu frühzeitigen Todt beklagen und der gesammten Vornehmen Familie seine schuldigste Condolence bezeugen Christ. Wilhelm Crasemann.
|| [ID00077]

VErgönn enseelter Geist / daß ich bey Deiner Leiche / Ein schlechtes Klage-Lied für itzo stimme an. Zwar ist mir wol bewust / daß ich gar nicht erreiche / Was man von Deinem Ruhm mit Warheit melden kan; Doch soll Dir meine Hand zuletzt noch dieses schreiben / Zu zeigen / daß Dein Fall mich tödtlich hat gerührt / Dein Ruhm wird ohnedem der späten Nach-Welt bleiben / Und wird durch Deinen Todt derselben nicht entführt. Die Klug- und Redlichkeit / nebst den gelehrten Sachen / Dein Wolverhalten kömmt nicht in des Todes Hand. Es kan die düstre Grufft gar nicht verdunckelt machen / Die edle Wissenschafft / die an Dir ist bekandt. Doch stirbst Du viel zu früh! zu früh nach Deinen Jahren / Zu früh / ach viel zu früh! nach der Gelehrsamkeit; Was Deine Klugheit hat Wohlselger erfahren / Geniesset man von Dir gar eine kurtze Zeit. Ach schmertzlicher Verlust! Du liegest da entseelet / Der Du zu nennen war’st die Zierde unsrer Stadt. O Jammer! daß ein Mann dems nie an Raht gefehlet / Wann jemahls jemand Ihn um Raht ersuchet hat / Ohn Raht erblassen muß! Wer kan genung beklagen / Was unsre Stadt und Stifft an Ihm verlohren hat / Er war der Wäysen Schutz / und die Bedrängten sagen: Wer nimmt sich unser an / wer giebt uns ferner Raht? Doch wann den herben Schmertz ich bey mir überlege / Der jetzt so manches Hertz in tausend Stücke reiß’t / So heiß’t es doch dabey: Des Allerhöchsten Wege Sind nur zu hoch vor uns und unsern blöden Geist.
|| [ID00078]
Das Klagen hilffet nicht. Drum gönnet dann die Freude Dem Seeligen / die Ihm sein JEsus ausersehn / Ihr Hinterlassene / laßt von dem schweren Leyde / Bedencket / wie so wol der Seelen sey geschehn! Laß’t aber meine Pflicht die Asche deß verehren / In ihrer schwartzen Grufft / der Vater Lieb und Treu An mir erwiesen hat: Sein Nach-Ruhm müsse währen / Biß daß wir und mit uns wird alles werden neu.
Hiemit wolte des Hochsel. Herren Assessoris, als seinen bisherigen liebwerthesten treuen Herrn Tutori beylegen wollen Gottfried Philip Jastram.
WEnn einen lange Zeit die Kranckheits-Last beschwehret / Läßt sich zur Besserung sehr schlechte Hoffnung sehn / Der Lebens-Balsam wird je mehr und mehr verzehret / Bis endlich selbiger muß gantz verlohren gehn. Ach! daß Er diesen Satz / Herr Vetter / nicht bezeugte! Allein es wird bey Ihm mehr als zu deutlich wahr. Wie manche Woche ists / daß Ihn die Kranckheit beugte / Und machete die Krafft in Marck und Adern rar? Hätt’ Er nun wiedernm die Besserung bekommen / So wäre manche Brust mit Freuden angefüllt; Doch da der lange Schmertz das Leben weggenommen / So wird der Freuden Sinn in lauter Leyd gehüllt. Ich weiß insonderheit vor Trauren nicht zu bleiben / Ich bin durch Seinen Tod gantz ausser mir gesetzt / Es wil die eine Fluht die andere austreiben / Die Wangen stehen stets mit Thränen angenetzt.
|| [ID00079]
Ach! ich erinnre mich / was ich von Ihm genossen / Er nahm sich meiner an / als wäre ich sein Kind; Aus Seiner Qvelle kam mir Trost und Raht geflossen / Er war ja gegen mir recht Väterlich gesinnt. Kan ich nun solche Gunst hinfort nicht mehr geniessen / Da Ihn / o Seliger / der Tod von hinnen nimt / So muß mein Hertze wol in Thränen-Saltz zerfliessen / Und ist die Seele stets zur Traurigkeit bestimmt. Zwar ist mir wol bewust / daß es des Himmels Wille / Daß dieser Creutzes-Kelch mir werde eingeschenckt / Und hält ein wahrer Christ demselben gerne stille; Doch wer ist / der ans Creutz ohn alles Trauren denckt? Inzwischen muß ich Ihm das Glück auch nicht miß gönnen / Wozu Ihn / Seliger / der Tod hat hingebracht. Es ist ein Glück / das sich mit Worten nicht läßt nennen; Es ist ein Glück / das nie ein Mensch hat ausgedacht. Die Edle Seele ist gen Himmel zugerücket / Wo keine Angst und Pein Sie jemahls drücken kan / Wo lauter Freud und Heyl Sie allezeit erqvicket / Weil Sie des Höchsten Glantz schaut ohn Aufhören an. Wird gleich der Leib ins Grab auf ein’ge Zeit verschoben / Wird Er doch wiederum frisch und verklähret seyn / Und in des Himmels-Schloß zur höchsten Ehr erhoben. So geht ein gläub’ger Christ zum ew’gem Leben ein!
Mit diesem geringen Condolentz-Carmine wolte dem Selig- Verstorbenen den letzten Ehren-Dienst erweisen Dessen betrübtester Vetter C. J. Krügelstein / Scholae Catharin. Brunsvic. alumnus.
|| [ID00080]

ACh Himmel! bistu den so gar auf mich erbost / Daß ich von Braunschweig aus mus eine Zeitung hören / Die mir ein schneidend Schwerdt durch meine Seele stoßt / Und meine Ruhe mir muß so erbärmlich stöhren? Wie eine Taub erschrickt / so sich zur Sommers-Zeit / Bey sanffter / stiller Lufft / im grünen Wald ergötzet / Wenn sie den Knall vernimmt / der ihr den Tod gedräut / Und ihr das heisse Bley die Fittchen schon verletzet: So wurd auch ich entseelt / als mir das Unglücks-Blat Die Worte lesen ließ: Dein Vater liegt erblichen; Ich sanck zur Erden hin / unwissend / was ich that: Die Sinne waren mir auf eine Zeit entwichen. Und warum kehret ihr doch wieder zu mir ein? Vielleicht / daß ich die Quaal mag desto mehr empfinden? Ach ach! es scheinet ja / daß ich soll meine Pein Recht schmecken / die mir macht das Marck in Beinen schwinden. Mein Hertze schläget noch / noch bebt die scheuche Hand; Die Füsse reget noch ein bebendes Gezitter: Noch sieht das Auge trüb / es tummelt der Verstand / Denck ich an diesen Schlag / an dieses Ungewitter. Unmüglich ists / den Schmertz / unmüglich ist die Noht / Bey meinem Schmertz und Noht nach Würden auszudrücken. Die Thränen sind mein Tranck / der Kum̅er ist mein Brodt; Nichts hegt der Erden-Rund / so mich itzt könnt erquicken: Ich finde keine Lust / denn nur beym Traurig seyn / Vergnüge mich allein mit Weinen / Leide tragen In schwartzer Finsternüß / und flieh des Todes-Schein / Drum end ich auch diß Blat / nicht aber meine Klagen.
Den höchst-schmertzlichen Abtritt seines hertzlich-geliebten Herren Vaters beklaget also in Abwesenheit August Friederich von Damm / LL. Studiosus.
|| [ID00081]

WEin Vater / wie? wie ists / mein allerliebster Vater? Wil Er mir denn so bald / ach! gar zu bald entgehn? Er war ja sonst / nächst GOtt / mein treuester Berahter: Wil Er mir denn hinfort nicht zu der Seiten stehn? Bishero hab ich zwar nicht sonderlich empfunden / Wie sehr des Todes Pfeil auch lebende verletzt. Doch Sein Tod schläget mir auf einmahl solche Wunden / Wodurch mein Leben wird in grosse Noth gesetzt. Ja kont’ ich sonsten es nicht allzudeutlich wissen / Wie fest mein Wolergehn an Seiner Wolfahrt hieng; So spür’ ichs allzuviel / nachdem Er mir entrissen / Weil ich durch Seinen Fall zugleich danieder sinck. Es steht kein Rebe fest / wenn ihm die Stütz entnommen: Kein Kraut gedeyet wol / das nicht der Gärtner pflegt: Und wie kan eine Frucht zur rechten Reifung kommen / Wenn der krafftlose Baum sich an die Erde legt? Wächst auch ein Zweigelein an einem dürren Stamme? Pflegt es in kurtzer Zeit mit ihm nicht aus zu seyn? Ist wol ein sichrer Ort beym eingerißnen Damme? Stürmt nicht die Wasser-Flut von allen Seiten ein? So und nicht anders sind die Kinder anzusehen / Die ihres Vaters gar zu früh beraubet sind. Ach! dörfft’ ich doch noch nicht in solcher Anzahl stehen! Ach würd’ ich nicht zu früh’ ein Vaterloses Kind! Ein Vaterloses Kind? O allzutraurger Nahme / Der auch das süsseste mir Gallenbitter macht! Ein Vaterloses Kind? O Unglücks-voller Saame / Der spitz’ge Dornen-Büsch aus sich herfür gebracht! Ein Vaterloses Kind? Jedoch was will ich klagen? Ich klage das Geschick des grossen GOttes an. Das aber ist nicht recht. Was GOtt thut / muß man tragen. Wer ist / der GOttes Rath und Schickung tadeln kan? Ja / wunderbarer GOtt / du hast es so geschicket / Wie unsers Vaters(Phil. I, 23.) Wunsch und heisses Sehnen war. Ach! aber lindre du den Kummer / der uns drücket / Entreiß’ uns Traurige der übrigen Gefahr!
|| [ID00082]
Tröst’ unsrer Mutter Hertz / still’ ihre blutge Zähren / Erhalt und stärcke Sie / da Sie von Trauren matt! Erhöre / was Sie fleht / und wir mit Ihr begehren! Das ist: Sey / grosser GOtt / an Mann- und Vaters statt! Sey unsre Stütz’ / hilff uns / laß’ uns in Seegen reifen / Gib neuen Safft uns halb verdorrten Zweigelein! Halt’ auf den Unglücks-Strom / laß’ ihn nicht um sich greiffe̅ / Laß uns das bittre gut / bey Dornen Rosen seyn! Inzwischen lab’ / O GOtt / des Vaters fromme Seele Nach vieler Müh’ und Last mit ewger Himmels-Lust! Dem Leibe gönne Ruh’ in seiner Grabes-Höle / Bau ihm ein Denckmahl auf in treuer Freunde Brust! Johann Julius von Damm.
MAn saget insgemein / daß Kinder nicht bedencken / Was ihres Vaters Tod für grossen Schaden thut: Ein anders saget mir mein sehr betrübter Muth / Der eben darum sich will halb zu Tode kräncken. O GOtt / ich will / als Kind / mich dir / als Vater / geben; Sey meiner Mutter Trost / laß uns in Seegen leben! Ludwig Gebhard von Damm.


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