Transkription

Breymann, Conrad Andreas: Die Vertreibung der Bitterkeit des Todes/ Welche bey dem Hochansehnlichen Leich-Begängniß/ So auf Hohe Verordnung Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. ... Dem ... Herrn Eberhard Finen/ ... Als Derselbe Den 12ten Apr. des 1726ten Jahrs ... entschlafen/ ... vorgestellet ... .
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Die Vertreibung der Bitterkeit des Todes / Welche Bey dem Hochansehnlichen Leich-Begängniß / So auf Hohe Verordnung Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. unsers gnädigsten Herrn / Dem Weyland Hochwürdigen / in GOtt Andächtigen und Hochgelahrten Herrn / HLRRN Eberhard Finen / Hoch-Fürstl. Braunschw. Lüneb. Hochverordneten und Hochverdieneten Consistorial-Rath zu Wolffenbüttel / Abt zum Closter Michaelstein / Hof- und Stiffts-Prediger in Braunschweig / wie auch Superintendenten der Campischen Inspection, Als Derselbe Den 12ten Apr. des 1726ten Jahrs auf dem Hoch-Fürstl. Schlosse zu Blanckenburg sanfft und seelig in seinem Erlöser entschlafen / der erblassete Cörper aber auf dem Closter Michaelstein den 15. ejusdem in das dazu bereitete Gewölbe eingesencket war, Auf gedachtem Closter am 23ten ebendesselben Monats / war der dritte H. Oster-Tag / angestellet wurde / Aus dem 8ten Cap. Johannis und dessen 51ten versicul, als dem begehrten Leichen-Text vorgestellet, und nachgehends auf gnädigsten Befehl zum Druck übergeben von Conrado Andrea Breymann / Priore des Cl. Michaelstein, und Stadt-Prediger zu Blanckenburg.
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Blanckenburg, bey H. C. Struven, Hochfürstl. privilegirt. Hof- und Cantzley Buchdr.
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Der Hoch-Edlen / Groß- Ehr- und Hoch-Tugend-belobten Frauen / Fr. Annen Eleonoren gebohrnen Hallen / verwittweten Finen / Und dann Der Hoch-Edlen / Groß- Ehr- und Tugend-begabten Frauen / Fr. Dorotheen Elisabeth Finen / Des Hoch-Edelgebohrnen Herrn / Hrn. August Fridrich von Damm / Hoch-Fürstl. Braunschw. Lüneb Hochverodneten Assessoris des Hof-Berichts zu Wolffenbüttel Ehe-Liebsten / Wie auch Der Hoch-Edlen / Viel- Ehr- und Tugendreichen Jungfrauen / Igfr. Sophien Latharinen Finen
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Ubergiebet mit Anwünschung göttlicher Gnade, kräfftigen Trostes und allen Wohlergehens, diese dem Wohlseeligen Herrn Abt / als seinem Hochgeehrten und hertzlich lieb-gewesenen Gönner und Freunde zu Ehren gehaltene Gedächtnis-Predigt der Autor.
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SEhr bitter ist der Tod den welt-gesinten Hertzen / JEsu dein Wort allein vertreibet dessen Schmertzen: Drum gib daß wir dis Wort vest halten jederzeit Damit wir schmecken nicht des Todes Bitterkeit! ANdächtige und durch das Blut JEsu Christitheur erkauffte / zum Theil auch nach dem gnädigen / allweisen und unveränderlichen Willen GOttes hochbekümmerte und schmertzlich betrübte Hertzen; Wann der Thränen-Prediger Jeremias den kläglichen Jammer-Stand seines Volcks / und die greuliche Verwüstung der sonst herlichen Stadt Jerusalem recht beschreiben / und gleichsahm mit lebendigen Farben abmahlen wil / so stellet er Cap. I, V. 12. seiner Klag-Lieder ein
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schmertzlich betrübtes Weib vor / das am Wege sitzet / und denen Fürbeyreisenden ihren Schmertz mit diesen Worten entdecket: Der HErr hat mich voll Jammers gemacht. Jeremias und die zu seiner Zeit lebende Juden musten mit weinenden Augen ansehen, daß das sonst gelobte Land / darinnen Milch und Honig floß / verwüstet / der Tempel / die Zierde des gantzen Morgen-Landes verbrand und zum Stemhauffen gemacht / die grosse und herliche Stadt zerstöret / und das Volck in die härteste Dienstbarkeit und Babylonische Gefängnis hinweg geführet worden. Daher nun hieß es von allen und jeden noch übrigen Juden wol recht: Der HErr hat uns voll Jammers gemacht. Hier beweinte eine Wittwe ihren verlohrnen Mann; dort ein Wittwer seine treu gewesene Ehegattin: hier die Eltern ihre Kinder / dort die Kinder ihre Eltern. Summa der Jammer war so groß / daß wie das Hebreische Wort anzeiget / dergleichen wol nicht erhört / und also mit Worten nicht konte aus gesprochen werden. Es ist aber auch / wie mich deucht / in den Worten des Propheten gar schön aus gedrücket die Beschaffenheit und der Zustand dieser Welt. Denn was ist die Welt? ein Jammer-Thal / darin Angst / Noht und Trübsahl überall. Die Menschen / absonderlich die Frommen wissen von wenig Freuden- aber von vielen Leydens-Tagen. Sie werden voll Jammers gemacht von innen und von aussen. Von innen drückt sie die Last der Sün
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den / und wil ihnen offt als eine schwere Last zu schwer werden Ps. XXXIII, 5. Und wann sie sich gleich vor allen muthwilligen und wissentlichen Sünden mit Fleiß hüten / so haben sie doch noch Angst und Jammer wegen der ihnen noch anklebenden Schwachheit / sie wünschen auch davon befreyet zu seyn / und seuffzen des wegen offt mit Paulo aus Rom. VII, 24. Ich elender Mensch wer wil mich erlösen / von dem Leibe dieses Todes. Von aussen fehlet es auch nicht an Jammer / oft müssen sie mit erfahren und fühlen die drey Land-Plagen / Gesetzt aber / daß sie dergleichen nicht erleben / so fehlet es doch nicht an äuserlichen Jammer. Dan̅ unser Leben ist gleich einer Ketten / da ein Glied des Jammers und Elendes an das andre geschmiedet. Unser Leben ist ein Meer / auff welchen eine Welle der Trübsahl der andern folgt / wo solte denn wol ein Hauß eines Christen gefunden werden / da nicht eine Hiobs-Post nach der andern ankommt? Daß also ein jeder rechtschaffener Christ offtmahls dem Jeremia seine Worte abborgen und klagen muß: Der HErr hat mich voll Jammers gemacht. Es stecket aber in dieser Jammer-Klage was tröstliches, dann es heist; Der HErr hats gethan. Freylich der HErr / denn ist woll ein Unglück in der Stadt / daß der HErr nicht thue? Amos. III, 6. Begegnet uns wol ein Jammer / welchen der HErr
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nicht wisse? Unsere Schicksahlen mögen so schwer fallen wie sie wollen / so begegnen sie uns doch nicht ohne GOttes Verordnung oder Zulassung. Gott aber / von dem alles kömt und welcher alles nach feiner Weißheit dirigiret, ist das höchste Guht / und kan also von demselben nichts böses kommen. GOttes Direction ist uns Menschen zwar unbeg reifflich / was Er bißweilen mit uns vornimt düncket uns im Anfange sehr schwer / im Fortgange wil es gar unerträglich werden / und dennoch / wann wir ihn nur walten lassen / so heist es am Ende: Der HErr hat alles wohl gemacht. Dieses nun müssen wir wohl zu Hertzen fassen. Dann kommt all unser Creutz und Schicksal von GOtt / von welchen nichts Böses kommen kan: kommt es von unsern Schöpffer / der uns nicht verderben wil: rühret es von unsern liebreichen Vater her / der es nicht anderst als gut mit uns meinen kan; so können wir uns ihm gantz gelassen ergeben / und bey allen auch widrigen Begebenheiten mit Hiob sagen: Der Name des HErrn sey gelobet Cap. I, 21. Wann uns aber der Trauer-Prediger Jeremias / unter dem Bilde des in der Asche liegenden und verstöreten Jerusalems / den Zustand der Kirchen GOttes und aller rechtschaffenen Glieder derselben vorstellet / so müssen wir bekennen / daß die durch den unvermutheten doch seligen Tod des nunmehro in GOtt ruhenden Hochwürdigen / in GOtt Andächtigen und Hochgelahrten
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Herrn Eberhardts Finen / unserer Gnädigsten Herrschafft Hochverordneten Beicht-Vaters / wie auch Hochfürstl. Braunschw. Lüneb. Consistorial-Rahts / Hoff- und Stifft-Predigers zu Braunschweig / Abts des Closters Michaelsteins / und der Campischen lnspection Superintendentis höchst und schmertzlich Betrübte / hievon ihr Theil auch erfahren. Die in bittern Thränen fast zerflossene Frau Witwe seufzet und führet diese Jam̅er-Klage: Der HErr hat mich voll Jam̅ers gemacht. Sie spricht gleichsahm mit der Naemi: Heisset mich nicht mehr Naemi / sondern Mara / dann der Allmächtige hat mich sehr betrübt. Ruth. 1, 20. Sie rufft gleichsahm mit kläglicher Stimme: Ach ich elende und Trostlose! Die Crone ist von meinem Haupte gefallen! Die Sonne ist mir bey hellen Mittage untergangen! Der HErr speiset mich mit Thränen-Brod und träncker mich mit grossen Maaß voll Thränen. Und wer kan Ihr solches verdencken. Dann was in Marmor und Stahl gehauen / mag nicht leicht ausgelöschet werden doch geschicht solches durch die Zeit: Hingegen rechtschaffene Eheliche Liebe mag durch nichts aus
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dem Hertzen getilget werden. Und gleichwie die Gedancken sich weder messen noch einschrencken lassen; also bin ich versichert / daß die vor Betrübnis fast entseelte Frau Wittwe zwar dem Leibe nach zu Braunschweig / mit ihren Gedancken aber bey diesen gegenwärtigen Leich-Begängnis / ja gar in dem Sarge ihres Hertzgeliebten Ehe-HErrns sey. Mann und Weib sind ja ein Leib und ein Hertz / wann nun ein Ehegatte durch den Tod ins Grab gerissen wird / so wird das Hertz gleichsam zerspalten / das eine Theil wird der Erden anvertrauet / das andre Theil aber hänget gleichsam noch zappelnd und Blut-triefend in der Brust. Und dieses kan ich mir an dem Exempel der Hochbetrübten Frau Wittwen gar deutlich vorstellen. Dann als selbige Ihren nunmehro Wohlseeligen Ehe-Herrn in den letzten Zügen liegen sahe / da brach Sie mit fast gebrochenem Hertzen / mit erstarreten Augen / mit schnuckenden Worten in diese Klage aus: Ach der HErr hat mich voll Jammers / voll Jammers gemacht! Und eben so geht es auch der sehr alten und mit einen Fusse schon in Grabe stehenden Frau Mutter / Sie seuffzet und klagt; Der HErr hat mich voll Jammers gemacht! Das vor Alter schwache Hertz ist erstarret / die zitternde Hände werden gerungen / die grauen Haare geraufft / und ge
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brauchet sich mit kläglicher Stim̅e der Worte Jacobs: Ich werde mit Hertzeleid zu meinem Sohn in die Grube fahren. Gen. XXXVII, 35. Nicht geringer ist die Klage der schmertzlich betrübten Kinder / und höchst bekümmerten Herrn Bruders / man höret nichts von Ihnen / als Der HErr hat uns voll Jam̅ers gemacht! Sohertzlich der Wohlseelige die Seinen geliebet / so schmertzlich ist Ihnen auch dieser Verlust / und ist ihren Hertzen desto empfindlicher den erblasset zu sehen / dem sie nechst Gott das Leben und alle Ersprießlichkeit zu dancken haben. Keines Mahlers Pinsel ist geschickt diese Hertzen abzumahlen / sondern ein jeder auch der künstlichste Mahler / würde / wann es ihm etwa aufgetragen würde / es machen müssen wie jener Spanier / welcher seinen Kummer nicht anderst und besser abzumahlen wuste / als daß er auf eine schwartze Tafel diese Worte schrieb: Non potest pingi; Er kan nicht gemahlet werden. Der Hochbetrübte Herr Schwieger-Sohn führet mit den andern einerley Klage: Der HErr / spricht Er / hat mich voll Jammers gemacht! Dessen Augen sind fast Thränen-Qvellen worden. Und wenn sonst die Thränen das Blut eines verwundeten Gemüths genennet werden / so zeigen seine gleichsahm
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Stroms-weise vergossene Thränen an / daß durch diesen unverhofften Todes-Fall gleichsam ein zweyschneidig Schwerd durch seine Seele gedrungen. Ich selbst / und die übrigen Collegiaten dieses Closters können nicht anderst als seuffzen und klagen: Der HErr hat uns voll Jammers gemacht! Elisa wuste dorten daß der HErr seinen Herrn von ihm nehmen wolte 2. Reg. IV, 3. Allein die Collegiaten hätten solches nimmermehr vermuhtet / daß ihr Haupt und Vorgesetzter so bald würde von ihnen genommen werden / daher als ich nach dem tödlichen Hintrit des Wohlseeligen Herrn Abts zu Ihnen auf das Closter kam / und Sie fragte: Wisset ihr auch / daß der HErr unsern Herrn Abt von uns genommen? so stunden sie gantz erstarret / und schienen gleichsam in harte Steine und unempfindliche Seulen verwandelt zu seyn. Wir sahen einander an / und die erblasseten Gesichter / die abgebrochenen Worte zeugeten von der innerlichen Bewegung und Zustande des Hertzens. An ihren Stirnen konte man gleichsam die Worte lesen: Der HErr hat unsern Herrn Abt von uns genommen. Ein jeder seufftzete; Mein Vater / mein Vater / wie sollen wir nun thun / ach! Der HErr hat uns voll Jammers gemacht! Ja mich deucht / ich höre von Braunschweig her dessen wehrteste Gemeinde und Pfarr-Kinder
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seufftzen: Der HErr hat uns voll Jammers gemacht! Groß war das Weinen zu Epheso / als Paulus seinen Zuhörern ankündigte / daß Sie sein Angesicht nicht mehr sehen würden Act. XX, 31. So muß es auch eine harte Post, ja rechter Donnerschlag in den Hertzen seiner wehrtesten Zuhörer gewesen seyn / da es geheissen: Ihr werdet euren hertzlich geliebten Seelen-Hirten nimmer wieder sehen: Da es geheissen: Der treue Seelen-Hirte ist gestorben / der uns so auffrichtig und treulich in heilsamer Lehre und unsträflichen Leben vorgegangen / so treuhertzig vermahnet / in Noht und Tod so hertzlich getröstet. Ach! Der HErr hat uns voll Jammers gemacht! Allein es solte fast scheinen / als wenn ich mit meinen Klage-Liede recht das Gegentheil thäte dessen / was mir anbefohlen. Dann indem ich verbinden soll / so schlage ich: Indem ich heilen soll / so verwunde ich; indem ich durch diese Jammer-Klage mehr Klagens erwecke / da ich doch das Trauren und Klagen zu stillen solte bemühet seyn. Drum muß ich meine Rede verändern und Euch zuruffen: Hemmet eure Thränen! mäßiget euren Jammer! und stillet eure Klagen! Bedencket nur dis eintzige / ob auch wol ein Unglück in der Stadt / daß der HErr nicht thue / ey so hat auch diß der HErr gethan. Der HErr hat uns den Wohlseeligen Herrn Abt gegeben / Er hat Ihn auch wieder genommen;
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Hat es aber der HErr gethan? so muß es nohtwendig wohl gethan seyn / sintemahl Er es nimmer böse mit uns Menschen meinen kan. Wolten wir mit seinen heiligen Willen nicht zufrieden seyn? O! wie schwerlich würden wir uns an ihm versündigen. Wer wolte sich dann wieder den Allmächtigen aufflehnen? Spricht auch ein Werck zu seinem Meifler / was machest du? Haben wir den Wohlseeligen Herrn Abt hertzlich geliebet / ey so haben wir desto mehr Ursache Ihm seine Glückseeligkeit zu gönnen. Er war ja selber hier in der Welt offtmahls voll Jammers / sonderlich wann Er von den empfindlichsten Stein-Schmertzen angefallen wurde. Was hat Er an diesen Schmertzen nicht ausstehen müssen auf seiner letzten Reise nach Blanckenburg / als Er dahin beruffen worden / um sein Hohes Amt als unserer Gnädigsten Herrschafft Durchl. Durchl. ordentlicher Beichtvater / zu verrichten? Ach! wie klagte / wie winselte Er nicht? wie schlug Ihn zuletzt sein Hertz? wie matt war seine Stimme? doch war hiebey sein Geist getrost und unerschrocken. Er muste freylich wegen der Schmertzen seines Leibes klagen: Der HErr hat mich voll Jam̅ers gemacht! Er hat aber dabey auch empfunden die Tröstungen GOttes. Nunmehro aber ist alle sein Trübsahl und Elende kommen zu einen seeligen Ende / Er hat getragen Christi Joch / ist gestorben und lebet noch.
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Derowegen laßet uns demselben vielmehr Glück wünschen / als daß wir uns über seinen unvermuhteten doch seeligen Tod betrüben. Er hat sich in seinen gantzen Leben zu seinem Tode bereitet / und daher die Bitterkeit des Todes nicht empfunden / Er hat nach der Verheissung Christi den Tod nicht gesehen. Unsere Pflicht und Schuldigkeit ist noch diese / daß wir uns bey diesen Trauer-Fall unserer Sterblichkeit erinnern und nach dem Exempel des Wohlseeligen Herrn Abts uns bey Zeiten gegen den Tod anschicken / damit wann er etwa unvermuthet bey uns anklopffen solte / wir vor demselben nicht erschrecken / sondern dessen Bitterkeit überwinden und uns in der Todes-Angst mit GOtes Wort trösten und aufrichten können. Hierzu nun wollen wir uns nach Anleitung einiger Text-Worte / welche von denen betrübten Anverwanten selbst zum Leichen-Text erwehlet / und über welche der Wohlseelige Herr Abt seine letzte Predigt gehalten / einander ermahnen. Damit aber dieses denen schmertzlich Betrübten zum Trost / uns allen aber zu unserer beylsamen Erbauung dienen möge / wollen wir uns vor dem allerheiligsten Angesichte GOttes kindlich demüthigen / im Geiste und in der Wahrheit beten ein glänbiges Vater Unser.
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Der zu erklären begehrte Leichen-Text ist genommen aus dem VIIIten Cap. V. 51. Johannis und lautet in unserer teutschen Sprache also: WArlich / warlich ich sage euch / so jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich.

Eingang.
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ANdächtige und durch das Blut JEsu Cbristi theuer Erkauffte / auch nach den Willen GOttes theils schmertzlich betrübte Zuhörer / So muß man des Todes Bitterkeit vertreiben. Diß war die verstellete großmüthige Verachtung des Todes / welche Agag der Amalekiter König von sich hören ließ / als er dem Samuel und seinem Tode entgegen gieng / wie wir lesen können 2. Sam. XV, 32. Saul der König in Israel / hatte wider den Befehl des grossen GOttes / den Agag aus unzeitiger Barmhertzigkeit / da er ihn hätte verbannen sollen / leben lassen / und nur gefangen genommen. GOtt wil seine Gerichte vollzogen wissen / und wann die jenigen / denen es anbefohlen / sich zu ihren eigenen Schaden solche auszuführen entziehen / so werden gleich andre erwecket / die sich willig und bereit darzu finden las
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sen. Und so gehet es auch hier, was Saul unterlassen verrichtet Samuel, und gibt der König dem Propheten Gelegenheit zu einer heroischen That. Dann der Prophet Samuel ließ den gefangenen König vor sich kommen / um denselben durch einen gewaltsahmen Tod ins Grab zuschicken. Dieser nun wolte gerne vor großmühtig angesehen seyn / darum wil er vor der Welt nichts furchtsahmes an sich mercken lassen / sondern sein Mund redet etwas / das doch muhtmaßlich von seinem Hertzen weit entfernet war. Wer sonst dieser Agag in Ansehung seines Geschlechts gewesen / können wir eigentlich nicht sagen / und obschon Josephus der Jüdische Historicus von denselben den Hamann der Jüden geschwornen Ertz-Feind herleiten wil / so erfodert doch solches noch starcken Beweiß. Ich wil hier lieber meine Unwissenheit bekennen / als was ungewisses für gewiß ausgeben. Wir müssen aber seine Worte / die aus einen großmuhtigen Hertzen gekommen zu seyn scheinen / etwas genauer ansehen. Er bekennet / daß der Tod bitter sey / und indem er wil angesehen seyn / als wann er den Tod großmühtig verachte / so kan er doch nicht leugnen / daß er dessen Bitterkeit empfunden / dann eben deswegen sucht er selbige zu vertreiben. Und einem natürlichen Menschen kan auch der Tod nicht anderst / als bitter seyn. Der Mensch ist ja von GOtt zur Unsterblichkeit erschaffen / und also begegnet ihm der Tod nicht von Natur / sondern als eine Straffe der Sünden / welche GOtt um des Fals Adams willen denen Menschen aufferleget; ist aber der Todei
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ne Straffe der Sünden / so kans nicht anderst seyn / der Mensch muß einen Abscheu und Grauen natürlicher Weise vor dem Tode haben / und eine Bitterkeit daraus empfinden / weil GOtt alle seine Straffen wil gefürchtet wissen / und uns deswegen damit dräuet. Alles was sonst in der Welt ist / hat etwas so ihm entgegen stehet / welches es von Natur hasset und scheuet; als das Licht die Finsterniß / das Saure das Süsse / also auch das Leben den Tod / und je süsser / lieblicher und angenehmer das Leben / je bitterer / je wiedriger muß nohtwendig der Tod seyn. Bildad von Suah nennet des wegen den Tod Job. XVIII, 14. einen König des Schreckens / weil er nemlich dem Menschen den meisten Schrecken einjägt. Wann der weise Heyde Aristoteles den Tod beschreiben wil / so weiß er nicht erst solche Worte zu finden / die dessen eigentliche Beschaffenheit recht deutlich anzeigen können / endlich aber bricht er aus und sagt: der Tod sey ; unter allen erschrecklichen Dingen das Allererschreckligste. Selbst die H. Schrifft redet von dem Tode als einer bittern und unangenehmen Sache / wie wir sehen können Cohel. VII, 27. Insonderheit trifft es ein bey denen / welche in der Welt keinen Mangel / sondern alles vollauff haben / solches bezeuget Syrach Cap. XLI, 1. da es heisset: O Tod wie bitter bistu nicht / wenn an dich gedencket ein Mensch / der gute Tage und genug hat / und ohne Sorgen lebet / und dem es wohl
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gehet bey allen Dingen / und noch wol essen mag. Dergleichen Bitterkeit des Todes nun fand sich auch in dem Hertzen Agags; ob er es sich gleich äusserlich nicht wolte mercken lassen / so wird es doch aus seinen Geberden ohn Zweifel haben können geschlossen werden. Es heist: so muß man des Todes Bitterkeit vertreiben. Daß der Tod bitter / gestehet Agag / doch aber fasset er dawieder eine tapfere Resolution solche Bitterkeit zu vertreiben. Der sonst gelehrte Junius stehet mit einigen andern in den Gedancken; Agag sey mit Freuden zu dem Samuel gegangen / in der gewissen Hoffnung der Gefahr des Todes zu entgehen / indem er von einem gewaffneten König zu einen wehrlosen Propheten kommen müssen. Cornelius à Lapide und die Lateinische Ubersetzung geben es: Siccine separat amara mors? Ach! scheidet denn also der bittere Tod? (nemlich von Cron und Scepter / von grossen Ansehen / von aller Königlichen Herrlichkeit.) Aus des seeligen Herrn Lutheri Ubersetzung wil das Gegentheil erhellen / wann es heist: Agag gieng zu ihm getrost. Nach dem Grund-Texte heist es eigentlich: Es gieng zu ihm ein Mann der Wollust / oder der wollüstige Agag. Woraus zuschliessen / daß dieser König ein zärtlicher Mann gewesen. Dergleichen Leute aber pflegen gemeiniglich ein Schrecken für harten Begebenheiten / absonderlich für dem Tode zu haben. Daher diese Worte so nicht zu verstehen / als wenn er / wie ein
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rechter Wagehals und kühner Soldat / welcher wol ehe unter den blinckenden Schwerdtern und bebenden Lantzen der Feinde / den Tod gesucht / mit diesen Worten ohn alle Furcht dem Tode entgegen gangen; vielmehr gebe ich dem gelehrten Herrn D. Sebastian Schmidt in seinem Commentario in hunc locum Beyfall: wenn er auf die Seite dererjenigen tritt / welche da meinen / Agag habe sich freylich großmüthig und unerschrocken gegen den Tod gestellet / es sey ihm aber gantz anderst ums Hertze gewesen. Er hat es gemacht / wie es auch andre Furchtsame wol zu machen pflegen. Wann sie sehen / daß es nothwendig müsse gestorben seyn / und sie dem Tode unmüglich entgehen können / so bezeigen sie sich großmüthig / verhelen aber nur die Bitterkeit des Todes, so sie dabey empfinden. Die Worte Agags scheinen zwar anzuzeigen / daß die Bitterkeit des Todes sich bey ihm nicht mehr finde / allein es war nur eine verstellete Großmuth / in der That waren seine Worte nichts anderst / als eine Jammer-Klage eines vor dem Tode Erzitternden. Und diese Erklärung bestätigen auch die folgende Worte / wann Samuel demselben das Recht der Wiedervergeltung entgegen setzet / dann damit wil Samuel nichts anderst als dieses sagen: Du magst dich stellen wie du wilt / so weiß ich doch / daß dir dieser Tod hart ankommt; du solt aber auch wissen / daß dieser Tod / ob er dir gleich sehr bitter ist, dennoch ein gerechter Tod sey / welchen du mit deiner Tyranney wohl verdienet. Und gesetzt / daß er in der That sich nichts aus dem Tode gemacht / und
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keine Furcht bey sich empfunden / so würde doch solches mehr ein desperates Wesen / als Großmuht zu nennen seyn / weil die Gründe / so er sich wieder die Bitterkeit des Todes zu bedienen wuste / gar nicht hinlänglich / selbige zu vertreiben. Man erwege nur wie schwach die Gründe der Heyden seyn / womit sie die Bitterkeit des Todes zu vertreiben suchen. Gemeiniglich ist es die allgemeine Rohtwendigkeit / nach welcher kein Mensch dem Tode entgehen kan / sintemahl der Tod ein allgemeiner Menschen-Würger ist / der so wol anklopfft vor der Grossen Fürsten-Saal / als vor der Armen Hirten-Stall. Aber O schlechter Trost! O nichtswehrter Grund! dadurch wird die Bitterkeit des Todes nimmermehr können überwunden werden. Es ist auch gantz unmüglich / daß ein unwiedergebohrner Mensch / er mag auch sagen was er wil / mit recht frölichen und getrosten Muhte dem Tode könne entgegen gehen; sondern solches ist nur ein Werck eines Gläubigen und Frommen Kindes GOttes / welches aus GOttes Wort die rechten Trost-Gründe nimmt. Wann ein solches Kind GOttes durch die Krafft des Heiligen Geistes aus GOttes Wort überzeuget ist / daß der Tod ihm ein Gewinn / ein süsser Schlaff / ja ein Mittel sey / dadurch es zu der grössesten Glückseeligkeit gelange / so müssen die Schrecken und Bitterkeit des Todes weichen. Und dieses Mittel hat unser Wohlseeliger Herr Abt auch sehr wol zu gebrauchen gewust / derselbe hat in seinem Leben nicht nur andre unterrichtet / wie
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es anzufangen / wann man die Bitterkeit des Todes vertreiben wolte / sondern es auch bey seinem Sterben in der That erwiesen / daß er die Kunst zu sterben und dem Tode getrost entgegen zugehen recht gründlich gelernet gehabt. Und wie konte dis anderst seyn? Er war ja ein vortreflicher Philosophus, und sein meistes philosophiren war auf die Betrachtung des Todes gerichtet / und bestand in einer stetigen Sorgfalt / daß er ja nichts begehen möchte / das Ihm im Tode gereuen könte. Er war ein rechter Theologus oder GOttes-Gelehrter / der aus der weltlichen Gelehrsamkeit nicht viel machte / sondern mit dem H. Paulo nichts wissen wolte / als JEsum den Gecreutzigten. Er lehrete und zeigte auch mit seinem Exempel, was das bedeutet / wann der H. Paulus spricht Gal. 11, 20. Ich lebe doch nun nicht ich / sondern Christus lebet in mir / dann was ich itzt lebe im Fleisch / das lebe ich im Glauben des Sohnes GOttes / der mich geliebt / und sich selbst für mich dargegeben. Weil nun sein gantzes Leben eine Bereitung zum Tode gewesen / so können wir ja leicht schliessen / daß Ihm das Sterben nicht sauer ankommen / noch die Bitterkeit des Todes geschmecket habe. Kurtz vor seiner letzten Kranckheit und seeligem Ende, da Er am Sonntage Judica das letzte mahl zu Braunschweig in seiner anvertraueten Kirche und Gemeinde geprediget / hat Er so
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gründlich gezeiget / wie man die Bitterkeit des Todes vertreiben könte / daß denenjenigen / die solche Predigt mit rechter Andacht angehöret und behertziget / eine rechte Lust zu sterben hätte ankommen mögen. Und daher sind auchdiejenigen Worte aus dem ordentlichen Evangelio / auf welche der Wohlseelige Herr Abt seine gedachte letzte Predigt sonderlich gegründet / von denen betrübten Nachgelassnen zum Leichen-Text erwehlet worden: Warlich / warlich ich sage euch / so jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Wir wollen zur Erklärung dieser Worte schreiten und daraus denen Betrübten zum Trost / uns allen aber zur Christlichen Erbauung mit einander betrachten:

Die Vertreibung der Bitterkeit des Todes
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(1) Woher dieselbe entstehe / (2) Worin sie bestehe. Du aber O JEsu! stehe uns bey / und laß uns dein H. Wort also betrachten / daß wir es nicht nur hören / sondern auch halten und darnach leben mögen / damit wir durch dasselbe von Tode errettet / und zum Leben mögen erhalten werden.
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Erklärung des Textes.
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ANdächtige und Geliebte / theils nach dem Willen GOttes hertzlich betrübte Zuhörer / Als Moses mit seinen bey sich habenden Israeliten aus dem Angst-Hause / und eisernen Ofen des Elendes gezogen / und durch das rohte Meer gegangen war / kamen sie in die Wüsten gen Mara / aber das Wasser zu Mara konten sie nicht trincken / dann es war fast bitter. GOtt aber zeigte Mosi einen Baum / den legt er ins Wasser / da ward es gantz süsse. Und eben so geht es uns Menschen. Wann wir dis Angst und Jammer-volle Welt-AEgypten verlassen / und durch das rothe Meer des Todes gehen sollen / so kommen wir recht gen Mara, dann der Tod ist fast bitter: Wan̅ wir uns aber des Baums bedienen / welcher uns von GOtt gezeigt / ich meine den Baum des Lebens Christum JEsum / so wird sich solche Bitterkeit bald verlieren. Das bittere Leyden unsers theuresten Heylandes kan den Tod gantz süsse machen; wie wir es aber anzufangen haben / wann uns der Tod nicht bitter sondern süß seyn soll / können wir aus unsern vorhabenden Texte lernen / wann wir daraus betrachten die Vertreibung der Bitterkeit des Todes und zwar I. Woher dieselbe entstehe. Im Texte heist es davon also: Warlich / warlich
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ich sage euch / so jemand mein Wort wird halten: Das Wort JEsu ist also das Mittel / wodurch die Bitterkeit des Todes vertrieben wird. Der HErr JEsus redet alhie vom Worte. Es ist bekand, daß das Wort GOttes eingetheilet werde in das Wort des Gesetzes / und das Wort des Evangelii. In dem Worte des Gesetzes zeiget uns GOtt seinen Willen / was Er von uns wolle gethan oder gelassen haben; das Gesetz ist eine Abbildung der Göttlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit / ein Abdruck derer Pflichten / worzu uns GOttes Ebenbild verbindet / eine Anweisung dessen / wodurch der Mensch seinem Schöpfer ähnlich / und in den Schrancken der Heiligkeit erhalten / und heilig werden kan. Ob nun gleich dieses Wort an sich heilig / gerecht und gut / auch anfangs dem Menschen zum Leben gegeben / so kan es dennoch / weil es der Mensch wegen seines tieffen Verderbens nicht volkommentlich erfüllen und halten kan / wieder den Tod keinen Trost geben / sondern verbittert denselben nochmehr / dann es ruffet immer: Verflucht sey / der nicht alle Worte des Gesetzes erfüllet / daß er darnach thue! Deut. XXVII, 26. Redet also der HErr JEsus / welcher des Gesetzes Ende ist / nicht von dem Worte des Gesetzes / sondern von dem Worte des Evangelii. Diß Evangelium nun ist die Trost- und freuden-reiche Lehre von dem Erlöser Christo / darin uns verkündiget wird / wie der bar mhertzige Vater um seines Soh
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nes Christi willen / uns unsere Sünde vergeben / zu seinen Kindern annehmen / und zu Erben der ewigen Seeligkeit erklären wolle / wann wir nur an diesen seinen Sohn gläuben. Diß Evangelium ist eine Krafft GOttes seelig zu machen alle / die daran gläuben. Rom. I, 16. Es bestehet aber dieses Wort JEsu / oder das Evangelium in drey Stücken. Erstlich in einem göttlichen Unterricht / da Er uns allen Raht GOttes von unserer Seeligkeit offenbahret. Zum andern in verheissung seiner Gnade / die wir von ihm zu gewarten haben. Drittens in herlichen Lebens-Regulen / darin er vorschreibet / wie wir unser Leben einrichten / und Ihm folgen sollen. Da stehet uns nun nicht frey / daß wir eins von diesen Worten halten / das andre aber / als wann es unnöhtig / oder unmüglich wäre / unterlassen. Dann Christus sagt nicht: Wer ein oder ander von meinen Worten hält / sondern ohn Unterschied: Wer mein Wort hält. Nicht nur die Verheissungen / daß man sich derselben getrösten wolle / sondern auch die Gebote und Lebens-Regulen sind eben so nöhtig, als die Verheissungen. Und wer sich an seine Verheissungen zwar halten / nicht aber dabey nach seinem Befehle und Gebohten leben wolte / der würde sich in seinem Vertrauen betriegen / weil sich beyde Stück nimmer von einander trennen lassen. Daher auch der liebste Heyland Joh. XVI, 15. sagt: Liebet ihr mich / so haltet meine Gebote /
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und wer meine Bebote hat / und hält sie / der ist es der mich liebet: wer aber mich liebet / der wird von meinem Vater geliebet werden / und ich werde ihn lieben / und mich ihm offenbahren. Hier nennet er das jenige seine Gebote / und dringet auff deren Haltung / was in unserm Texte unter seinem Worte angezeiget wird. Und hierin stecket eben der Bewegungs-Grund und die Ursache / warum wir solche Worte halten sollen / weil sie nemlich Christi Worte sind. Ist dieses aber die Ursache / so soll und muß uns das eine Wort so lieb seyn / als das andre. Und dieses ist sehr wohl in acht zu nehmen / was es vor ein Wort sey / das wir halten sollen. Es ist nicht eines Menschen / sondern lauter Christi Wort. Und wenn wir gleich diese Worte aus dem Munde eines Menschen hören / so müssen wir sie dennoch annehmen / nicht in Absicht auf die Menschen / die sie vortragen / sondern in Absicht auf Christum / weil sie Christi Worte sind. Und kein Lehrer / er mag so ansehnlich seyn / als er wolle / darf uns in Glaubens-Sachen etwas anderst lehren / als was Christi eigene Worte im Munde führen / daher müssen wir nach diesem Wort alles prüfen. Denn dieses Wort ist (1) ein gewisses und untriegliches Wort. Diß zeiget uns der
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liebste Heyland / wann Er spricht: Warlich / warlich! ich sage euch. Er bedienet sich einer doppelten hohen Betheurung / damit wir desto weniger daran zweiffeln sollen. Und hiedurch wil Er uns seine Liebe zu erkennen geben / und meinet / wir sollen es recht deutlich mercken wie aufrichtig und gut er es mit uns meine / und Ihm desto eher glauben / damit wir ja das Leben erlangen mögen; deßwegen betheuret Er es so hoch / und thut als wann Ihm viel daran gelegen / da es doch um unsers bestens willen geschicht. Und wer wolte dem hochbetheurenden Heylande nicht glauben? da wir einem jeden Worte / so aus seinem Munde gehet / weil Er die Wahrheit selber ist / zu glauben verbunden. Wollen wir seinen hohen Betheurungen keinen Glauben beymessen / so ist unsere Verantwortung desto schwerer / und die daher entstehende Straffe desto gerechter. Wer wolte demjenigen nicht glauben? welchen der himmlische Vater selbst auctorisiret / daß wir Ihn hören sollen / Matth. XVII, 5, Es ist derjenige / den wir vor unsern HErrn und Meister erkennen / und von Ihm den Nahmen führen / wie wollen wir denn an seinem Worte zweiffeln? Das Wort aber / so Er rühmet / ist dasjenige / welches Er vom Vater empfangen / und aus dessen Schoß mit zu uns gebracht. Ein Wort, welches ist Geist und Leben. Joh. VI, 63. Ein Wort der Gnaden und des Trostes. Ein Wort des Glaubens / dadurch wir zur Erkäntniß der Heils-Güter /
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und derselben gläubigen Geniessung gebracht werden. Es ist ein lebendigmachendes Wort / welches uns / die wir tod sind in Sünden / wieder bringet zu dem Leben / so aus GOtt ist. Es ist ein Wort der Wahrheit / das uns heiliget / indem es uns nicht nur den heiligen Willen unsern GOttes deutlich erkläret, sondern auch die Kräffte zur Heiligung würcklich mittheilet. Absonderlich heist es wol recht ein Wort des Lebens / weil es von dem wesentlichen Leben herkömt / das Geistliche Leben in uns wircket / und endlich zum ewigen Leben führet. (2) Ist es auch ein Allgemeines Wort und Mittel / davon heist es: So Jemand mein Wort wird halten. Jemand / er sey wer er wolle / niemand wird aus geschlossen / als der sich selbst durch seinen Unglauben / und gottloses Leben ausschliesset. Er hat das Wort predigen lassen allen Creaturen / auff daß alle / die dadurch gläubig würden / nicht verlohren werden / sondern das ewige Leben haben solten. Wenn mann sonst grosse Schätze suchen will / so findet man solche nicht bey jederman / sondern nur bey den Reichen dieser Welt. Das theure Wort GOttes aber / welches der kostbahreste Schatz / so nur mag gefunden werden / und auch von denen gläubigen viel höher / als viele tausend Stück Goldes und Silbers / geachtet wird / findet sich zwar / der würcklichen Besitzung nach / nur bey denen Frommen / indessen so können ihn alle Gottlose auch finden und erlangen / wann sie nur von ihrer Boßheit
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sich bekehren / und nach der Vermahnung Pauli Tit. II, 12. Verleugnen das ungöttliche Wesen / und die weltlichen Lüste / und anfangen züchtig gerecht / und gottselig zu leben in dieser Welt. So Jemand. Hier ist kein Jude noch Grieche / kein Mann noch Weib / kein Knecht noch Freyer / und überall keiner ausgeschlossen. Kein David / welcher Ehebruch und Mord zugleich begangen. Kein Manasses / der seine Kinder dem Moloch verbrand / und ärger gelebt als alle Heyden / so der HErr vor den Kindern Israel vertrieben. Kein Saul, der JEsum in seinen gläubigen Gliedern verfolgt. Kein Petrus, der ihn verleugnet. Hat sich jemand mit solchen oder andern Sünden besudelt / des Teuffels Wort in Sünden gehalten / der trete zur Stunde in dieser bußfertigen Sünder Zahl / und halte das Wort JEsu / so soll aller seiner Sünde nicht mehr gedacht werden. Jederman stehet das Mittel zu ergreiffen frey / so Jemand / heist die allgemeine Verheissung. Hier wird das allgemeine Verdienst Christi allen angeboten. Dann GOtt wil / daß allen Menschen geholffen werde / und zur Erkäntniß der Wahrheit kommen 1. Tim. 11, 4. Hiemit stimmet der H. Petrus überein, welcher ausdrücklich sagt: 2. Petr. III, 9. GOtt will nicht / daß jemand verlohren werde /
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sondern daß sich jederman zur Busse bekehre. Christus selbst bekräfftiget es Joh. VI, 37. Wer zu mir kömt / spricht Er / den wil ich nicht hinaus stossen. Was Christus gethan / ist allen zu gute geschehen / Er ist vor alle ein wahrer Mensch empfangen und gebohren worden / Er hat vor alle gelitten / Er ist für alle gestorben / begraben, und wieder auferstanden / von seinem gantzen Verdienste wird keiner ausgeschlossen. (3) Es ist das Wort JEsu aber auch ein solches Wort und Mittel das da muß recht angewand werden. Alle Mittel in der Welt / wann sie ihren effect hervor bringen sollen / so müssen sie gebraucht und appliciret werden. So ist es mit dem Worte JEsu auch. Deßwegen sagt der liebste Heyland: So jemand mein Wort wird halten. Er sagt nicht: So jemand mein Wort hat / Er sagt auch nicht: So jemand mein Wort höret / lieset / oder weiß / sondern so jemand mein Wort wird halten. Viele haben das Wort JEsu / sie hören und wissen es / und müssen doch den Tod und dessen Bitterkeit empfinden / indem sie wegen ihrer Unbußfertigkeit aus Gerechtigkeit / ohne eintzige Gnade und Barmhertzigkeit / verdammet werden. Weiß doch der Teuffel auch viel von Christo / und muß doch ein ewig verdammter Höllen-Geist bleiben. Und also kan auch
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einem Menschen das blosse Wissen des Worts Christi nichts helffen. Wollen wir hier nun recht unterrichtet seyn / so ist wohl zu mercken / daß unser Heyland begehret / daß wir Ihn recht kennen / und einen wahren Begriff von seiner Person haben sollen. Er begehret aber noch ferner / daß wir sein gantzes heiliges Wort mit der grössesten Ehrerbietung / und vesten Vertrauen annehmen sollen / daß nicht nur der Verstand erleuchtet / sondern auch der Wille geheiliget werde / und daß seine ewige Wahrheiten nicht nur in unsern Gehirn hangen / sondern auch ins Hertz kommen / daß dasselbe dadurch gereiniget und geheiliget werde. Dieses alles wird zu den rechten Halten des Worts JEsu erfodert / und dasselbe kan uns den Tod versüssen / und alle Schrecken desselben benehmen. Zorn und Schrecken sind sonst die hefftigsten Gemüths-Bewegungen / dadurch die stärcksten Naturen bestritten / auch wol verderbt / und über einen Hauffen geworffen werden. Und wenn ein Artzt gefunden würde / der eine bewehrte Artzeney dawider erfunden hätte / würden wir selbige nicht gerne nehmen und gebrauchen? Ey wie begierig sollen wir denn nicht nach dem Worte Gottes seyn? welches die bewehrteste Artzeney wider die Schrecken des Todes ist. Es muß aber solches Wort mit grossem Fleiß gehalten werden / wie das im Grund-Texte befindliche Wort / anzeiget. Es muß nemlich das Wort GOttes / als ein theurer Schatz / im Hertzen verwahret und beygeleget werden. Es muß sorgfältig bewahret / und gleichsam
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bewachet werden / damit der Satan nicht komme / und solchen Schatz raube. Die grösseste Sorge dabey muß seyn / daß demselben in allen nachgelebet werde. Dieses fodert ja unser Heyland von uns / wir sollen nicht in dem einem und andern / sondern in allen Fällen des HErrn Willen thun. Wir sollen würdiglich wandeln dem HErrn / zu allem Gefallen / und fruchtbar seyn in allen guten Wercken / Col. I, 10. das Wort GOttes ist kostbahrer als das allerfeineste Gold / süsser dann Honig und Honig-Seim: wer wolte das nicht hoch achten / es suchen und halten? Der liebste Heyland rufft einem jedweden zu: Vergiß meines Worts nicht! Er verlanget nicht / daß man es soll an den Hals hengen / sondern daß man es ins Hertz schreibe. Wo wir gehen / soll es uns begleiten / wo wir liegen, soll es nns bewachen / wann wir wachen / sollen wir beständig davon reden / und sollen es nicht lassen von unserm Munde kommen. Es muß aber auch dieses Wort beständig gehalten / und unauffhörlich gebrauchet werden. Ein zwar gut angefangener / auch eine zeitlang fortgesetzter / hernach aber unterbrochner Gehorsahm / ist dem HErrn JEsu durchaus nicht anständig. Er verlanget eine beständige Verharrung in der Busse / Glauben / Gottseeligkeit und Gedult. Er fodert / daß wir sollen getreu seyn biß in den Tod / Apoc. II, 10. Der gantze Lebenslauff sol in seinen Wegen und Fustapffen zugebracht werden. Und das ist
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ein rechtes Halten seines Worts. Dann wer die Hand an den Pflug leget / und zeucht sie wieder zurück / der ist nicht geschickt zum Reich GOttes. Ein Läuffer stehet in der Lauf-Bahn nicht stille / sondern läufft so lange / biß er das Kleinod ergriffen. So auch ein rechtschaffener Christe / er laufft in der angetretenem Bahn beständig fort / er hört nicht auff GOttes Wort zu halten / biß er zu GOtt kömt / und das Kleinod ergreifft / welches vorhält die himlische Beruffung. Er vergisset was dahinden ist / und strecket sich nach dem / das da vornen ist / und jaget nach dem vorgesteckten Ziel / nach dem Kleinod / welches vorhält die himmlische Beruffung GOttes in Christo JEsu / Phil. III, 13, 14. Eines rechtschaffenen Christen Wunsch ist: Ach! daß ich dein Wort / und Rechte mit gantzem Ernst hielte / Psalm. CXIX, 5. Und solches Halten der Worte JEsu ist das bewehrte Mittel die Bitterkeit des Todes zu vertreiben. Wer also Christi Wort hält / der ist in Christo / und Christus in ihm / ein solcher kan mit dem Apostel Paulo aus der Epistel an die Römer Cap. VIII, 35. getrost sagen: Wer wil uns scheiden von der Liebe GOttes? Trübsahl oder Angst oder Verfolgung? oder Hun
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ger? oder Blösse? oder Gefährlichkeit? oder Schwerdt? in dem allen überwinden wir weit um des Willen der uns geliebet hat. II. Es bestehet aber die Vertreibung der Bitterkeit des Todes / welches das andere / so wir aus unserm Texte zu betrachten laben / darin / daß sie / wie der Text sagt / den Tod nicht sehen ewiglich. Den Tod sehen / heisset nach der Ebräischen Redens-Art / den Tod empfinden / und fühlen. Dann das Wort sehen schliesset bey den Ebräern alle Sinne und deren Empfindung und Wirckung in sich. Wenn wir nun den Tod recht betrachten / so finden wir / daß er dreyerley sey: der natürliche / der geistliche / und der ewige Tod. Der natürliche Tod ist eine Trennung Leibes und der Seelen. Und ob gleich GOtt / der das Leben selber ist / den Menschen unsterblich erschaffen / so daß er in Ewigkeit nicht würde gestorben seyn / wann er nicht gesündiget; so ist doch durch einen Menschen die Sünde kommen in die Welt / und der Tod durch die Sünde / und ist also der Tod zu allen Menschen hindurch gedrungen / dieweil sie alle ge
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sündiget haben / Rom, V, 12. Es ist nunmehro kein Mensch / der da lebe und den Tod nicht sehe. Es ist gesetzt dem Menschen einmahl zu sterben / heist es: Ebr. IX, 27. da müssen denn die beyden vertrautesten Freunde / Leib und Seele / von einander scheiden. Es trifft bey allen Menschen ein / was Syrach sagt Cap. XL, 1. Es ist ein elend jämmerlich Ding um aller Menschen Leben / von Mutter-Leibe an biß sie wieder in die Erde begraben werden / da ist immer Sorge / Furcht / Hoffnung / und zuletzt der Tod. Aber dieser Tod und die Bitterkeit desselben wird vertrieben bey denen / die JEsus Wort halten. Dann wann der natürliche Tod / allerhand Trübsahl und Leyden sie angreiffen / so schaden sie ihnen doch nichts / dann das Leben in ihnen ist stärcker / und macht / daß alle ihr Leyden / und der Tod selbst ihnen lauter Heyl und Leben ist. Ja was noch tödtliches oder sündliches an ihnen ist / wird dadurch gereiniget. Dann der zeitliche Tod ist kein Tod / sondern eine endliche Ablegung alles Todes / oder alles Jammers / womit sie in dieser sterblichen Hütten umgeben sind. Durch den Tod kommen sie gleichsam als durch eine seelige Geburt zu dem offenbaren und einig vollkommenen Leben. Einem Halter der Worte JEsu ist der natürliche Tod der Braut-Diener / welcher die gläubige Seele
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himlischen Bräutigam in die Arme führet. Die Wagen Josephs, welche dessen Vater aus dem Hunger-Lande / in das Land des Vergnügens und des Uberflusses überführen. Wie solte dann nun wol der Tod einem solchen Halter der Worte JEsu bitter seyn? Der andere ist der geistliche Tod / welcher aber wieder zweyerley. Man ist entweder gestorben der Sünde / oder man ist gestorben in Sünden. Der erste Tod ist ein glückseeliger Tod / und bestehet darin / daß man durch den H. Geist Krafft und Willen hat denen sündlichen Reitzungen die man bey sich empfindet / zu widerstehen. Der andre aber ist ein gefährlicher und unglückseeliger Tod / er bestehet darin / daß man so wenig Krafft als Willen hat das Gute zu vollenbringen. Der erste rühret her aus der Gnade Christi / der andere hingegen aus dem natürlichen Verderben / und dem Falle Adams, und bestehet in einer Trennung der Seelen von GOtt durch Unglauben / und durch die daraus fliessende Wercke der Finsterniß. Von diesem Tode ist kein natürlicher und ihm selbst gelassener Mensch ausgeschlossen. Dann wir sind allzumahl Sünder / und mangeln des Ruhms / den wir vor Gott haben sollen / heist es: Rom. III, 23, Wir sind von Natur Kinder des Zorns Ephes. II, 3. Da ihr tod waret durch Ubertretung und Sün
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de v. 1. und abermahl im 5ten V. da wir tod waren in Sünden / welche Redens-Art ebenfals gefunden wird Colos. II, 13. Er wird aber der geistliche Tod genand / weil der Mensch zu allen geistlichen / göttlichen und guten Wercken erstorben / und entfernet ist von dem Leben / das aus GOtt ist / oder eigentlich / von dem Leben GOttes / Ephes. IV, 18. Die Sache läst sich erläutern / und gantz deutlich begreiffen durch das Exempel oder Gleichniß eines natürlich todten Menschen. Dann wann ein Mensch gestorben / so ist es vergebens / daß man die Verrichtungen von ihm erwarten oder fodern wolte / die er sonst bey seinem Leben zuthun gewohnt gewesen. Weil er tod / so höret / siehet / reget und beweget er sich nicht / er hat weder Willen noch Kräffte das geringste zu verrichten; also ist es auch mit einem geistlich Todten Menschen / er höret und siehet nicht / nemlich Geistlicher Weise / was GOtt in seinem Worte befiehlet / verstehet und begreifft er nicht. Mann ihm noch so viel aus GOttes Wort zugeruffen wird / bleibt er doch unempfindlich / er hat weder Willen noch Krafft dem Befehl und Geboten GOttes zu gehorchen. Ob nun aber gleich alle Menschen von Natur diesem Geistlichen Tode unterworffen / so können wir doch durch Christum davon befreyet werden: weil der uns davon erlöset / wie Paulus lehret Eph. II, 5. Da Er spricht: Da wir Tod waren in
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Sünden / hat Er uns samt Christo lebendig gemacht. Diese Lebendigmachung nun geschicht durchs Wort GOttes in der Wiedergeburt / davon Petrus 1. Epist. I, 23. also redet: Wir sind wiedergebohren nicht aus vergänglichem / sondern aus unvergänglichem Samen / nemlich aus dem lebendigen Wort GOttes / das da ewig bleibet. Gleichwie nun zwar ein Mensch / so lange er leiblicher Weise todt ist / nichts empfindet / auch von nichts weiß / gleichwol aber / wann er wieder lebendig wird / alle Handlungen eines Menschen verrichten kan / auch alles was Schmertz und Bitterkeit verursachet / wieder anfängt zu empfinden: Also ist es auch mit einem geistlich Todten / so lange er ein solcher ist und bleibet / hat er von den geistlichen Dingen keine Empfindung / wann aber Christus das Leben ihn wieder zum geistlichen Leben erwecket; so empfindet er zwar sofort die Bitterkeit und Abscheulichkeit des Geistlichen Todes / doch wird solche Bitterkeit gar bald durch das Wort Christi überwunden. Dann wer diß Wort hält / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Die dritte Art des Todes ist der ewige Tod / von welchem in sonderheit in unserm Texte die Rede ist. Dann was der seelige Lutherus übersetzet hat: ewiglich / heisset nach den Griechischen eigentlich in Ewigkeit / und kan in Teutschen gar wohl ge
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geben werden: der wird den ewigen Tod nicht sehen. Dieser Tod aber ist nichts anderst / als eine immer daurende Trennung und Absonderung der Seelen von GOtt. Wer nun Christi Wort hält / der soll diesen Tod nicht sehen. Er soll nicht schmecken wie bitter / noch erfahren wie grausam er sey. Er soll die Macht dieses Todes nicht empfinden / und also des ewigen Todes gar nicht sterben. Christus und sein Wort lassen sich nicht von einander trennen. Christus aber ist dem Tode ein Gifft / und der Höllen eine Pestilentz worden Hos, XIII, 14. Wann du / O Mensch! Jesu Wort hälst / so hastu auch Jesum selbst: hastu JEsum / so hastu das Leben / du hast dich vor des Todes Grausahmkeit nicht zu fürchten / noch vor seiner Bitterkeit dich zu entsetzen / sondern du gehest durch den zeitlichen Tod ins Licht / in welchen GOtt wohnet / und dahin kein Tod kommen kan. Die Verheissung Christi kan einen Gerechten auch im Tode getrost machen Prov. XIV, 32. Christus das Leben hat ein Mittel erfunden / dadurch der in dem Tod versunckene Mensch wieder in das Leben versetzet wird. Und wer wolte hieran zweiffeln? Solte das Wort Christi geringere Krafft haben / als das Wort des Satans? welches ist ein Wort des Todes / dadurch die Menschen in dem Tod geführet worden. Das Wort Christi ist ein Wort des Lebens / das die seinigen lebendig
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macht / die es halten. Alle die es halten sollen nicht sterben / sondern leben und des HErrn Werck verkündigen / Psalm. CXIIX, 17. Es wird dieser wahrhafftige HErr dasjenige / was Er Joh. XI, 25. 26. versprochen / unzerbrüchlich halten. Ich bin die Aufferstehung und das Leben / wer an mich gläubet / der wird leben / ober gleich stürbe / und wer da lebet und gläubet an mich / der wird nimmermehr sterben. Und dieses wäre also die Vertreibung der Bitterkeit des Todes / wir haben gesehen (1) woher dieselbe entstehe (2) worin sie bestehe.

Gebrauch.
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AUs dieser Betrachtung fliesset von selbsten folgende Lehre: Der Gerechte ist auch im Tode getrost. JEsus die Wahrheit selbst / in dessen Munde niemahls ein Betrug erfunden / bekräfftiget es mit einer gar theuren Versicherung, wann Er in unserm Texte sagt: Warlich / warlich / ich sage euch / so jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Den Tod nicht sehen ist so viel als den Tod nicht schmecken / nicht empfinden.
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Wir haben oben gedacht von allen dreyen Arten des Todes / und gesagt / daß der natürliche Tod sey eine Trennung des Leibes und der Seelen. Von dieser Trennung / und daher entstehender Veränderung spricht Christus niemand frey. Dann es ist gesetzt dem Menschen einmahl zu sterben. Hebr. IX, 20. Und es ist niemand, der da lebe und den Tod nicht sehe / sondern die Schuld der Natur muß von allen bezahlet werden. Nun ist freylich der Tod von Natur schrecklich. Denn wenn man alles / was man in der Welt hat / verlassen soll / wenn man erweget / wie man indie Erde werde verscharret / und der Verwesung unterworffen werden / so entsetzet sich die Ratur davor / es ist denen natürlichen Menschen recht was Widerliches: doch aber was der Natur entsetzlich vorkömmt / ist dennoch denen / die JEsu Wort halten / was tröstliches und angenehmes / weil sie nicht sterben / sondern durch den Tod zu einem solchen Leben hindurch dringen // daß da ewig und beständig dauret. Sonst heist es von einem jeden rechtschaffenen Christen / wie von Paulo: ich sterbe täglich. 1. Cor. XV. 31. In welchen Worten Paulus anzeigt die tägliche Lebens-Gefahr / darin er stunde / indem er alle Augenblick vermuthen muste / daß er zu dem allergrausamsten Tode dahin gerissen würde. Dieses kan freylich ein jeder Christ auff sich appliciren / massen er immerhin so lange er lebet / eines zweyfachen Todes stirbt. Dann einmahl stirbt er natür
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licher Weise / weil des Menschen kurtzes Leben mehr ein Sterben / als ein Leben zu achten. Eine Minute / ein Tag / eine Woche / ein Monat / ein Jahr / gehet nach dem andern hin, und wann sie vergangen / so ist es nicht anderst / als wären sie gestorben. Eine Verrichtung nach der andern / ein Creutz nach dem andern / ein Anschlag nach dem andern gehet vorbey / und ist es vergangen / so ist es / als wäre es gestorben. Ja alles Sichtbare vergehet / und bleibet nichts beständig / als die Unbeständigkeit. Es muß aber ein Christ hiernechst eines geistlichen Todes sterben / welcher dem alten Adam recht bitter ist / und ihm recht hart antritt. Es bestehet aber dieser Tod darin // daß die wahren Christen sich selbst / der Welt / und der Sünden absterben. Dieses ist es / was der H. Paulus nennet: der Sünden abgestorben seyn Rom. VI, 2. Der Anfang zu diesem Tode wird gemacht in der H. Tauffe / dann wir werden in den Tod Christi getaufft. Rom. VI, 3. Es muß aber dieser Tod im gantzen Leben fortgesetzet werden. Wir müssen leyder! gestehen / daß in unserm Hertzen eine sündliche Gedancke nach der andern / eine böse Unart nach der andern / eine böse Begierde und Reitzung nach der andern lebendig wird / da hat denn freylich ein Christ immer zu tödten und zu begraben. Da müssen sie ihre Glieder / so auf Erden sind / tödten: Col. III, 5. das Fleisch creutzigen
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samt den Lüsten und Begierden / Gal. V, 24. Den alten Menschen mit seinen Lüsten ausziehen. Und wann es auffs sündigen gehet / so muß ein wahrer Christ seyn / als ein Gecreutzigter / der nicht thun kan / was er wil / er muß sich nicht anderst bezeigen / als wäre er tod. So machte es der H. Paulus der seuffzet deswegen hertzlich Rom. VII, 24. Ich elender Mensch / wer wil mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Womit Er denn klar an den Tag legt / daß sein gantzes Leben eine Versamlung allerhand Arten des Todes sey. Ob nun gleich dem also / so bleibt es doch dabey / daß der Gerechte auch im Tode getrost; und wann Er sterben muß / der Tod ihm nicht erschrecklich oder schädlich / sondern angenehm und ersprießlich sey, massen Er durch den Tod von allen diesen Todten erlöset wird / und zum ewigen / volkommenem Leben eingehet. Und daher haben auch die Heiligen Männer GOttes / welche alle gedachte Arten des Todes erfahren / dem natürlichen Tode / als gleichsam ihrem Erlöser, recht liebliche und angenehme Namens gegeben. Der weiseste unter denen Königen / Salomon / nennet den Tod eine Wiederkehrung zu GOtt / Cohel. II, 7. Nichts ruhet ehe / bevor es in sein Centrum / daraus es entstanden / wieder kömmt. Weil nun die Seele aus GOtt ihren Ursprung hat / so findet sie ehe keine wahre Ruhe / biß sie wieder mit GOtt
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vereiniget. Paulus nennet ihn Phil. I, 23. Analysin, eine Aufflösung. Ist ein Gleichniß / hergenommen von einem Schiffe / welches bißher unter Sturm und Wellen ausgehalten / von welchen nunmehro aber die Ancker gehoben werden / damit es in dem Hafen möge einlauffen. Was ist doch unser Leben? nichts anderst als ein unruhiges Meer / aber durch den Tod gehen wir aus Sturm und Wetter der Trübsahl in dem sichern Hafen des ewigen Lebens. Was gewöhnliches ist es auch in der H. Schrifft / daß der Tod derer Gläubigen ein Schlaff genennet wird / woraus erhellet / daß der Tod denen Gläubigen unmüglich bitter oder fürchterlich seyn könne; dann wer fürchtet oder entsetzet sich für einem weichen und sanfften Ruhe-Bette? Wie eilet man nicht zur Schlaff-Kammer / wenn man matt und müde ist? Alles dieses aber rühret her von dem Halten des Worts JEsu / der kan erretten / auch die in Todes-Noht zu ihm treten. Es beweisen dieses nicht nur unsere erklärete Text-Worte / sondern dieser Held in Israel / der da nicht leugt / hat uns noch mehr Verheissungen darüber gegeben. Hos. XIII, 14. verspricht Er denen Seinigen: Ich wil sie erretten vom Tode. Er ist der gute Hirte / der seinen Schaffen das Leben und volle Genüge / ja gar das ewige Leben gibt. Joh. X, 28. Ehe wir solten ewig sterben und im Tode bleiben / ist
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Er selbst gestorben / und hat durch seinen Tod dem Tode die Macht genommen / das Leben und unvergängliches Wesen ans Licht bracht durch das Evangelium. 2. Tim. I, 10. Und hieraus können wir die hertzliche Liebe GOttes und unsers JEsu erkennen / worauff uns Johannes weiset: 1. Joh. IV, 9. Daran ist erschienen die Liebe GOttes gegen uns / daß GOtt seinen eingebohrnen Sohn gesand hat in die Welt / daß wir durch ihm leben sollen. Es wäre genug / wenn es der liebste Heyland nur schlecht hin verheissen hätte / aber nein / dabey läst Er es nicht / sondern in unsern Texte hat es sein göttlicher Mund hoch betheuret: Warlich / warlich spricht Er / so jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Und aber mahl Joh. V, 24. Warlich / warlich ich sage euch / wer mein Wort höret / und gläubet an den / der mich gesand hat / der hat das ewige Leben / und kommt nicht ins Gericht / sondern ist von Tode zum Leben hindurch gedrungen. Und damit
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bey den Gläubigen ja keine Furcht vor dem Tode übrig bleiben möchte / so wird der Zustand nach diesem Leben recht sonderlich beschrieben. Er wird genennet ein unvergängliches Wesen. 2. Tim. I, 10. Eine unvergängliche Crone 1. Cor. IX, 25. eine Crone der Gerechtigkeit. 2. Tim. IV, 8. Der H. Petrus redet auch gar schön davon, I. Petr. I, 3. und nennet es eine lebendige Hoffnung. v. 4. Ein unvergängliches / unbeflecktes und unverwelckliches Erbe / das behalten wird im Himmel. Diese Beschreibung der zukünfftigen Herrlichkeit / machen einen gläubigen Christen / der JEsu Wort hält / immer getroster / und wenn es denn endlich zum Tod und Sterben mit ihm kommt / so spricht er mit getrostem Muth: Ich werde nicht sterben sondern leben. Wenn die letzten Züge angehen / so rufft er getrost mit der Christlichen Kirche aus:
Weil du vom Tod erstanden bist / Werd ich im Grabe nicht bleiben / Mein höchster Trost deine Auffarth ist / Todes Furcht kanst du vertreiben / Dann wo du bist / da komm ich hin / / Daß ich stets bey dir leb und bin / Drum fahr ich hin mit Freuden. O süsser Trost! O freudiger Muth! O glücklicher Zust and / wann man auch mitten im Tode freudig seyn kan! Solcher seelige Trost aber kan mit
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allen Schätzen der Welt nicht erlanget / oder erkaufft werden / sondern er entstehet nur aus dem Halten der Worte JEsu. Welches aber JEsu Wort sey / und was das Halten dieser Worte in sich fasse / haben wir schon gehöret / nemlich mit einem lebendigen Glauben erkennen und annehmen / daß JEsus der wahre Meßias / und von GOtt in die Welt gesandte Heyland sey / der dem Tode die Macht und den Gifft nehmen solte. Was an einer Schlangen der Gifft / solches ist / in Ansehung des Todes / die Sünde. Da nun JEsus die Sünde getilget / so ist der Tod selbst nicht mehr schädlich / und an denen / die in Christo JEsu sind / ist nichts verdammliches / oder wie es eigentlich heist / keine Verdammung mehr. Rom. IIX, I. Solcher Glaube aber ist nicht Menschen Werck / oder ein Werck der Natur / sondern GOttes Werck / wie wir sehen können Joh. VI, 29. da es heist: Das ist GOttes Werck / daß ihr an den gläubt / den Er gesand hat. Dieser Glaube aber kan unmüglich bey einem Menschen entstehen ohne vorher gegangene rechtschaffene Busse. Der H. Evangelist Marcus setzt deßwegen beyde Stück zusammen Cap. I, 15. Thut Busse / und gläubet an das Evangelium. Hier muß sich nun ja keiner einbilden / daß es eine leichte und geringe Sache sey / JEsu Wort zu halten / und im
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Tode getrost zu seyn. Die sichern Heuchler zwar / die nicht wissen noch verstehen / was rechtschaffene Busse und wahrer Glaube sey / sondern sich mit einer falschen Einbildung betriegen / stellen sich die Sache leicht vor / allein sie irren gar sehr. Sie bilden sich ein Busse thun bestehe darin / daß man überhaupt erkenne / daß man ein armer Sünder sey / auch wol einen äuserlichen Mißfallen gegen die Sünde bezeuge / und bißweilen aus einer fliegenden Andacht wünsche / daß man nicht so viel sündigen möchte. Wann dieses nun die Sache ausmachte / so wäre es freylich leicht genug Busse zu thun. Allein die H. Schrifft redet gantz anderst von der Busse / dieselbe verlangt / ein zerknirschtes und zerschlagen Hertz / einen geängsteten Geist. Psalm. LI, 19. Wer also die Last des Zorns GOttes noch nicht recht gefühlet / und die daraus entstehende Höllen-Angst in seiner Seelen empfunden / daß er mit David von den Bächen Belials noch nicht erschrecket worden / und aus der Tieffen vor Angst zu GOtt ruffen müssen, der weiß noch nicht was Busse thun heisse. Gleiche Bewandtniß hat es auch mit dem Glauben / der bestehet nicht bloß darin / wie sich viele einbilden / daß man die Glaubens Articul / wie sie in der Evangelischen Kirche erkläret werden / wisse / sie äusserlich annehme und vor wahr halte / sie mit dem Munde bekenne / auch bißweilen wol eine Freude darüber empfinde / daß man allein durch den Glauben an Christum die Vergebung der Sünden / Gerechtigkeit und ewige
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Seeligkeit erlangen solle. Sondern der wahre Glaube ist ein göttliches Licht und Krafft / wodurch der Verstand erleuchtet / und das Hertz gereiniget wird. Der rechte Glaube ist durch die Liebe thätig / und macht den Menschen fruchtbahr zu allen guten Wercken. Der wahre Glaube überwindet die Welt / in dem Er dem Menschen Kräffte giebt / daß er Augen-Lust / Fleisches-Lust und Hoffärtiges Leben ablegen und verleugnen kan. Wo sich dieses nicht findet wo man nur den Schein eines gottseeligen Wesens hat / die Krafft aber verleugnet / da ist kein lebendiger Glaube. Christi Worte sind nach Johannis Ausspruch / Cap. VI, 63. Geist und Leben / und also muß dadurch auch das Hertz / Geist und Leben bey dem Menschen geändert werden. O wann dieses die sicheru Heuchler und Maul-Christen bedencken möchten! daß sie doch einmahl auff ein rechtschaffenes Wesen gedächten. Die Busse ist nicht eine Zerreissung der Kleider / sondern der Hertzen. Joel. II, 13. Sie muß nicht / wie des Ahabs Busse / bey dem äusserlichen verbleiben / sondern das gantze Hertz und Gemüth durchdringen; sie muß die Tieffe des Höllen stürzenden Verderbens einsehen / und davor erschrecken. Sie muß die Pfeile des Allmächtigen empfinden. Sie muß die Seele so dürre machen / daß Sie mit solchem Verlangen nach der Hülffe und Erquickung zu GOtt schreiet / wie ein erhitzter Hirsch nach frischen Wasser schreiet Psalm. XLII, 2. Sie muß ver
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knüpfet seyn mit einem rechten Abscheu vor allen Sünden / und einen vesten Vorsatz bey sich haben nimmermehr eine Sünde mit wissen und willen zu begehen. Der Glaube / wie der Glaubens-Held Luttherus / und sein getreuer Nachfolger der seelige Hr. D. Spener / wie auch andere rechtschaffene GOttes-Männer bezeugen / ist keine fleischliche / sichere Gedancke / sondern eine göttliche Uberzeugung / nicht ein todtes / sondern lebendiges Wesen / er ist ein Licht / das alle Finster niß vertreibet / ja der Glaube bringet JEsum selbst ins Hertz. Wo der Glaube ist / da ist JEsus Hand / welche denen Armen und Dürfftigen wohl thut / JEsu Mund / damit man vor sich / seinem Nächsten / und auch vor die Feinde bittet. Wo der Glaube ist / da gläntzet das Bild Christi in Demuth / Gedult / Sanfftmuth / Keuschheit / Gelassenheit und andern herlichen Tugenden hervor. Zwar kan mans in dem Wercke der Heiligung in dieser Unvollkommenheit nicht zur höchsten Vollkommenheit bringen indessen ist doch der Glaube embsig bemühet / daß er derselben immer näher kommen möge. Der irrdische Sinn wird immer mehr und mehr abgeleget / und das Hertz wird immer himmlischer gesinnet. Die Welt wird wie Koth und Unflath unter die Füsse getreten / bey allem Gebrauch der Welt muß kein Mißbrauch mit unterlauffen / sondern der Christlichen Freyheit bedienet man sich also / daß dem Fleische nicht Raum gegeben werde. Einen solchen Begriff müssen wir uns vom Glauben machen / dann
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alle Propheten des alten / und die Evangelisten und Apostel des neuen Testaments / ja JEsus selbst der Anfänger und Vollender des Glaubens / haben nicht anderst vom Buß und Glauben gelehret / als wir itzt gehöret haben. Und solcher Glaube macht uns in Armuth reich / in Creutz und Trübsal geduldig / und im Tode getrost / daß man die Bitterkeit desselben nicht schmecke. Ach was wäre nun wol mehr zu wünschen als dieses? daß sich auch die beschriebene Busse und Glaube möchte bey allen in der That finden / die sich derselben mit dem Munde rühmen. Aber leyder! leyder! beyde Stück sind was seltnes und rares bey unserm heutigen Christenthum / und werde ich nicht irren / wann ich sage / daß wir in den Zeiten leben / von welchen Christus sagt Luc. XVIII, 8. Wann des Menschen Sohn kommen wird / meinst du / das Er werde Glauben finden auff Erden? Wo findet man wahre rechtschaffene Busse? lebendige Erkäntniß der Sünden / und ernstliche Reue über dieselben? Man macht sich fast aus der Sünden nichts mehr / die eiteln und sündlichen Dinge / sind durch die Gewohnheit privilegiret worden / daß sie als unschuldige Dinge müssen angesehen werden. Von den lasterhafftesten Gewohnheiten wil man nicht abstehen / kaum nimt man sich noch die Mühe etwas in den äusserlichen Christen Pflichten zu leisten. Fast ein jeder bildet sich ein / weil man kein Räuber / Ungerechter und Ehebrecher sey / weil man solche Un
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thaten nicht begangen / die von der Obrigkeit mit Galgen / Schwerd und Rad bestraffet werden / so sey sein Christenthum schon passable / sein Glaube werde schon alles gut machen: weil man ohndem nicht zur Vollkommenheit gelangen könne / so müste man nicht alles so genau nehmen / man würde ja keine fröliche Stunde in der Welt haben / wenn man viel an das jüngste Gericht und den Tod gedencken wolte. Diese und dergleichen sichere Gedancken finden sich bey viel tausenden unter denen Christen / wie man aus ihren Leben / sattsahm schliessen kan. Aber wie weit / weit sind die noch von JEsu und der Wahrheit entfernet / sie halten nicht JEsu Wort / sondern folgen den Gedüncken ihres eigenen verkehreten Hertzens. Und wie viele giebt es nicht derer / die das Wort JEsu fast gar von sich stossen? und dem Worte des Satans / wodurch sie zur Sünde gereitzet werden / folgen / und dasselbe so veste halten / als wann ihnen alles daran gelegen. Und dieses thun alle diejenigen / welche auch nicht mahl die Bürgerliche Erbarkeit mehr inacht nehmen / sondern als ruchlose Welt-Kinder sich in offenbahren Wercken der Finsterniß weltzen, wie die Sau im Koht. Solche freche Ubelthäter sagen zwar nicht mit dem Munde / aber dennoch mit ihren Wercken / dem liebsten Heyland gleichsahm ins Gesicht: Weiche von uns / wir wollen von deinem Wege nicht wissen / und nach den Worten / die du uns sagen lässest / wollen wir nicht thun. Aber wie erschrecklich wird ihr Ende / und wie bitter ihr Tod seyn? Dann weil sie hier in der Welt lebendig
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tod seyn / oder deutlicher zu reden / im geistlichen Tode liegen / so ist der natürliche Tod ihnen die Thür zum ewigem Tode und der höllischen Verdamniß. In welchem Tode sie zwar nicht sterben / sondern leben / aber O jämmerliches Leben! O erbärmlicher Zustand! diesem Leben ist der Tod selbst vorzuziehen. Sie werden auch den Tod suchen / aber nicht finden / sie werden begehren zusterben / aber der Tod wird von ihnen fliehen. Apoc. IX, 6. Diese werden also den Tod recht sehen und schmecken / sie werden dessen Bitterkeit ewig empfinden. O JEsu! der du bist das Leben / erwecke doch alle in Sünden erstorbene / und mache sie lebendig zu einem heiligen und neuen Leben! Lasset uns den vorhin beschriebenen unseeligen Zustand wol erwegen / damit wir dadurch mögen angetrieben werden mit Ernst dahin zu sehen / daß wir JEsu Wort beständig und auffrichtig halten / rechtschaffene Busse thun / an unsern Heyland Christum JEsum vest gläuben / den Glauben nicht nur äusserlich bekennen / sondern auch in der That erweisen / und sein Licht in unserm gantzen Leben von uns leuchten lassen. Lasset uns dahin sehen / daß wir alles / was das Halten der Worte JEsu verhindern kan / was der Busse / dem Glauben und der wahren Gottseeligkeit entgegen läufft / mit Sorgfalt vermeiden / hingegen in der Vereinigung mit ihm immer mehr und mehr bevestiget werden / so werden wir auch im Tode getrost seyn können. Lebt
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JEsus in uns / und wir in ihm / so kan kein Tod über uns herschen / sondern mitten im Sterben fangen wir erst recht an in JEsu zu leben. Scheinet der Tod von Natur noch so bitter / und greßlich / ey das muß uns nicht irren: JEsus sagt wir sollen den Tod nicht sehen / wir sollen ihn nicht schmecken; und deßwegen hat JEsus den Tod selbst wollen schmecken / und dessen Bitterkeit empfinden / damit wir von der Empfindung seiner Bitterkeit solten frey bleiben. Er hat also den Tod überwunden / und allen denen / die an ihn gläuben / von dessen Bitterkeit nichts / als die blosse Benennung übrig gelassen. Es ist wahr / die äusserlichen Umstände scheinen bey dem Tode betrübt und kläglich zu seyn / es ist kläglich zu sehen / und betrübt zu hören: aber der Glaube überwindet das alles / dem kömmt es gantz anderst vor; der ergreifft Christum das Leben / und durch dis Leben wird der Tod überwunden / und die Bitterkeit desselben versüsset. Wenn alle Sinne anfangen schwach zu werden / wann alle Glieder anfangen zu erstarren, daß man den kläglichen Untergang des äusserlichen Menschen vor Augen siehet / so wird der innere desto mehr gestärcket. Kan der Mund nicht mehr beten / so gehen unaussprechlichen Seuffzer des Hertzens desto häuffiger und kräfftiger zu GOtt / da seuffzet die an den Gräntzen der Ewigkeit stehende Seele: Ach wenn werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schaue? und unter solchen Seuffzern holet Sie JEsus an den Ort / wo kein Tod / kein Leid / sondern das rechte Leben und volle Genüge zu finden.
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Und dieses alles ist nun auch an unserm Wohlseeligen Herrn Abt erfüllet worden. Der hat die erkläreten Text-Worte / über welche Er seine letzte Predigt in Braunschweig gehalten / und daraus JEsum den Helffer zur Unsterblichkeit vorgestellet / nicht nur gründlich verstanden / sondern auch in der That ausgeübet / und daher auch ihre Krafft zu rechter Zeit empfunden. Es ist der Wohlseelige Mann / in seinem gantzen Leben / nicht nur ein guter Theoreticus in seiner Theologia gewesen / der sich eine herliche Wissenschafft und Erkäntniß aus der H. Schrifft / vermittelst andächtigen Gebeths und unermüdeten Fleißes zuwege gebracht; sondern Er ist zugleich auch ein rechter Theologus Practicus gewesen / daß Er alles / was Er aus GOttes Wort gelernet / auch in der That ausgeübt. Was Er andern gelehret / hat Er selbst in seinem Leben erwiesen / daß also seine Zuhörer nicht nur nach seinen Worten / sondern auch nach seinen Wercken sich haben richten können. Da Er nun alles was zur Theologie gehöret / nicht nur gewust / sondern auch zur praxi gebracht / so hat Er insonderheit die Kunst zu sterben wohl verstanden / und selbige bey seinem Abschiede aus der Welt so wohl practisiret / daß Er den Tod nicht gesehen / und dessen Bitterkeit nicht geschmecket. In allen / was Er that und vornahm / war Er darauf bedacht / daß Er seines JEsu Wort wolte halten / und daher konte Er niemahls was vornehmen / so Ihn aus
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der seeligen Gemeinschafft seines Heylandes setzen können. Er meidete alles dasjenige mit gorsser Sorgfalt / was die Vereinigung zwischen Ihm und seinem Heylande aufheben und trennen konte. Den Vorsatz JEsu Wort zu halten / hat Er vielmahls erneuret / wie Er dann am Sontage Judica / und also wenig Tage vor seinem Ende / nicht nur die gedachte Predigt über unsere Text-Worte gehalten / sondern sich auch des H. Abend- und Liebes-Mahls bedienet / und also sich auf eine doppelte und kräfftige Art zur Haltung der Worte Christi verbunden / welches Ihm denn wohl zu statten kommen. Dann da Er nacher Blanckenburg beruffen wurde / theils sein hohes Amt / als Beichtvater an unserer gnädigsten Herrschafft Durchl. Durchl. zu verrichten / theils der Abnahme der Rechnung des Ihm anvertraueten Closters Michaelsteins beyzuwohnen / und noch auf der Reise vermerckte / daß seine lebens-Reise bald würde zu Ende seyn / und sein Tod herbey nahete / so war Er unerschrocken davor. Er dachte nicht mehr daran / daß Er nach Blanckenburg kommen / um eine Rechnung abzunehmen / sondern war nur dahin bedacht / daß seine Rechnung bey GOtt recht abgeleget / und sein Schuld-Register mit dem Blute Christi möchte durchstrichen / und also im Him̅el justificiret werden. Und so bald Er dieses mit gläubigen und bußfertigen Hertzen zu Wercke gerichtet / wurde Er stille und gelassen / und erwartete mit getrostem Muth die Ankunfft des Todes. Je näher derselbekam / je getroster wurde seine Seele / Erempfand einen Vorschmack
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der grossen Freude / und Herrligkeit / die seiner im Himmel wartete / biß endlich die theure Seele den schwachen Leib verließ / und mit Freuden zu GOtt kehrete / woher sie kommen war. In äusserlichen und was den Leib anbetraff / war nur diß sein Verlangen / daß sein entseelter Leib in dieser Kirche / welche Er nebst der Schloß-Kirche zu Blanckenburg selbst eingeweyhet / seine Ruhestatt haben möchte. Und so können wir ja wohl mit Grunde der Wahrheit von dem Wohlseeligen Herrn Abt sagen / daß Er als ein Glaubens-Held gestorben / der die Bitterkeit des Todes nicht empfunden. Er ist auch im Tode getrost gewesen. Was denen Welt-Kindern das allerschreckligste / das war Ihm was erfreuliches / was jenen bitter und grausam / das war Ihm süß und angenehm / und dieses kam daher:
Weil Er gehalten hat das theure Wort der Gnaden / So hat des Todes Grimm Ihm gar nicht können schaden: Er hielt im Glauben stets zum Sterben sichbereit Drum hat Er nicht geschmeckt des Todes Bitterkeit. Gib / JEsu / daß auch wir dein theures Wort vest halten / Damit wann unser Leib im Tode soll erkalten / Wir mit getrosten Muth den letzten Kampff angehn / Und ja in Ewigkeit den Tod nicht mögen sehn.
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PERSONALIA.
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Eswar der Wohlseelige Herr Abt Ao. 1668. den 24ten Novembr. zu Braunschweig an diese Welt gebohren / Sein Vater ist gewesen Herr Hans Finen / angesehener Kauffmann und Raths-Herr daselbst. Die Mutter / Frau Elisabeth Finen / so nach GOttes Willen annoch im Leben, und durch den tödlichen Abtritt ihres Herrn Sohns in ihrem hohen Alter gar schmertzlich betrübt worden. Diese seine liebe Eltern liessen / um seiner Seelen zu rathen / sich bald nach seiner leiblichen Geburt angelegen seyn / daß Er durch das Bad der Wiedergeburth seinem Heylande Christo JEsu zugeführet würde. In folgenden Jahren ist Er von seinen lieben Eltern fleißig zur Kirch und Schulen gehalten / und hat Er sich in dem Gymnasio Martiniano zu Braunschweig / so wohl der übrigen Praeceptorum, als auch vornehmlich in prima Classe der zwey Rectorum Möringii und Gelhudii, wie auch der ConRectorum, Crügeri und Gözii Information mit erwünschtem Success bedienet: Und ob zwar sein seel. Herr Vater etliche mahl entschlossen gewesen / Ihn eher aus der Schule zu nehmen / und Ihn eine bürgerliche Lebens-Art wählen zu lassen / so hat Er dennoch der Praeceptorum Zureden die ein gutes ingenium und memoriam
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bey Ihm verspührt / so viel bey Ihm gelten lassen / daß er endlich zufrieden gewesen / daß sein Sohn sich den Studiis gewidmet. Nachdem Er also auf beregten Gymnasio einen guten Grund zu den Academischen Studiis gelegt / ist Er Ao. 1688. nach Jena gezogen / woselbst Er seine Studia mit möglichsten Fleiß getrieben. In Philosophicis und zwar in Logicis & Metaphysicis hörete Er den Professorem Paul. Hebenstreit: in Physicis Posnerum und Langium, so nachher Doctor Theologiae zu Alttorff worden: in Ethicis Müllerum, damahls philosophiae Adjunctum: in Philologicis, und zwar in formando stylo latino, Schubartum: in Hebraicis, Kochium, nachher Prediger in Regenspurg: in Syriacis & Chaldaicis, Danzium nebst Kochio: in Theologicis, Beyerum, unter welchen Er auch publice opponirt, ingleichen Bechmannum, Veltheimium: in Homileticis, Gözium. Privatim excercirte Er sich in predigen / disputiren unter Nithschio, damahls Theologiae Candidato, itzigem General Superintendenten zu Gotha. Anno 1690. verließ Er wiederum Jena / und hielt sich ein Jahr bey seinen lieben Eltern auf / Ao. 1691. sorgete der liebe GOtt vor Ihm / daß Er den Grund legte / worauf Er nachgehends seine zeitliche Wohlfarth gebauet / da Er / auf Recommendation guter Freunde / von Ihro Hochwohlgebl. Excell. dem verstorbenen Herrn Geheimden Nath und Freyherrn von Marenholtz, zum Hofmeister
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seines eintzigen Herrn Sohns / des itzt noch lebenden Herrn Barons, und Königl. Groß-Britannischen Lammer-Herrn / Georg Wilhelm von Marenholtz, bestellet wurde. Die Güte und Liebe / so der Wohlseelige Herr Abt / sowohl Zeitwährend dieser Station, als auch hernach von seines Untergebenen beyderseits vornehmen Eltern genossen / wuste Er nicht genug zu rühmen / und hat dieselbe biß an sein Grab im danckbahren Andencken erhalten. Wie 3. Jahr darauf zu Ende gangen / hat Er seinen Untergebenen nach Helmstedt geführet / bey welcher Gelegenheit Er die Studia / so viel seine Station leiden wollen / ferner proseqviret / und bey dem Seel. Hrn. Abt Schmidt einen cursum Theologicum absolviret / den seel. Hrn. Doct. Schradern über die Physicam / Hrn. Prof. Hardten so wohl über den Jesaiam, als privatissime über Genesin gehöret. Nachdem hieselbst glücklich verlauffenen Triennio hat Er nebst seinem Untergebenen 1697. Helmstedt verlassen / und sich nebst demselben einige / wiewohl nicht lange Zeit / theils zu Zelle theils zu Schwülper aufgehalten. Denn wie in eben bemeldten Jahre der Seel. M. Rehtmeyer, Archidiaconus in der St. Stephans-Kirche in Helmstedt verstorben / und man den guten Wandel / vernünfftige Conduite, und soliden Studia des Wohlseeligen Herrn Abts Zeit seines Auffenthalts daselbst wahrgenommen / wurde Er von dasigem Senatu zu einer Gast-Predigt auf den 1.
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Trinit. eingeladen / dieselbe geschahe mit gar guten Erfolg / und wurde Er den folgenden Tag darauf durch einstimmige Wahl des Stadt-Rahts zum Diacono erwählet. Diesem seinem Amte hat Er ins Siebende Jahr mit aller Treu und Sorgfalt in vielen Seegen vorgestanden. Denn Anno 1704. wie der bisherige Stiffts-Prediger zu St. Blasii in Braunschweig / Hr. Schulenburg eine Vocation zur Ober-Hoff-Prediger Stelle in Qvedlinburg erhalten / wurde bey solcher Vacanz von einigen Membris des Capituli Blasiani in Braunschweig / ohn sein Suchen und Anhalten / auf Ihn reflectiret / und nach eingezogener Nachricht / wie Er nicht ungeneigt wäre / wofern man Ihn beruffen würde / solchen Beruff zu folgen / wurde Ihm die schrifftliche Vocation zu gesand. Solche auszuschlagen / fand Er um so viel bedencklicher / je deutlicher Er GOttes Führung hier unter erkandte. Nichtlange darauf hielt Er in besagter Stiffts-Kirchen den 3ten Febr. als am Sontage Esto Mihi des 1704ten Jahrs seine Antrits-Predigt. Mit was vor Wachsahmkeit und Treu der Wohlseelige Herr Abt dieses sein Amt verwaltet / ist mit mehren hieselbst anzuführen unnöhtig / indem es Land und Stadt kündig / und können seine Eingepfarrte Ihm hievon das beste Zeugniß geben. Unter andern gar besonderu Qvalitäten und Eigenschafften die Ihm der Höchste im reichem Maasse mit getheilet / fand sich auch eine annehmliche Theologische Klugheit / womit Er sich nit nur den Estim und Liebe seiner
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Beicht-Kinder und Zuhörer zugezogen / sondern auch derer Durchlauchtigsten Herrschafften Hohe Gnade erworben / wie denn des Herrn Hertzog Anthon Ulrichs Durchl. höchstseeligsten Andenckens dem Wohlseeligen Herrn Abt mit so sonderbahren Gnaden zugethan gewesen / daß Sie Ihn fast täglich um und bey sich zu haben verlangten / daher Er auch / als Selbe Anno 1706. um das Achener Bad zugebrauchen / in hoher Person eine Reise dahin zuthun resolvireten / Ihro Durchl. auf dieser Reise begleiten muste. Und wie Ihro Durchl. bey Ihm eine sonderbahre dexteritè und Penetration gemercket / so haben Sie sich seines Rahts vornehmlich in Ecclesiasticis gar öffters bedienet / wegen seiner ohngeheuchelten pietë und exemplarischen Lebens aber nach dem Absterben des seeligen Abt Spechts Ihn zu DERO Beichtvater erwehlet / auch unterschiedene hohe Dignitäten zubekleiden / würdig gehalten / indem SJE dem Wohlseeligen Mann Anno. 1706. die Superintendentur der Inspection Campen / anvertrauten / Ihn in eben demselbigen Jahre zu Ihren Hoff-Prediger gemacht / Ao. 1708. mit einer Stelle im Fürstl. Consistorio als Consistorial-Raht beehret / und Ao. 1709. die Abtey des Closters Michaelsteins conferiret / selben auch biß an
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Dero seel. Ende in beständigen Gnaden zugethan geblieben. Diese hohe Gnade haben Ihro Durchl. Herr Hertzog August Milhelm lassen haereditair seyn / und dem Wohlseeligen Herrn Abt nicht nur jederzeit einen freyen Zutritt verstattet / und öffters zu sich ruffen lassen / sondern auch noch Anno 1725. zu Dero Hoff-Prediger in der neuen Schloß-Kirche erwählet. So haben auch Herrn Hertzogs Ludewig Rudolph Durchl. und Dero Durchl. Frau Gemahlin eine sonderbahre Gnade und Hochachtung gegen dem Wohlseeligen Herrn Abt in seinen Leben durch unzählige Gnaden-Bezeugungen blicken lassen / und bis an sein seeliges Ende Ihn zu Dero Beichtvater behalten / nach seinen Tode aber der gantzen Welt gewiesen / wie sehr Ihnen dessen Verlust zu Hertzen ginge. Mit gleichen Gnaden sind auch die gesamten Braunschw. Beversche Durchl. Herschafften dem Wohlseeligen Manne zugethan gewesen / und haben dessen frühzeitigen Tod höchst schmertzlich betrauret. Was sonst von dem Wohlseeligen Herrn Abt vor eine gantz
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ausnehmende Geschicklichkeit in oratoria Ecclesiastica beygewohnet / imgleichen was vor ein pondus und acumen in seinen Worten verborgen gelegen / davon können seine Schrifften und Predigten / so durch den Druck gemein gemacht / den Beweißthum ablegen / und sind unter den Letztern: Sechs Fürstl. Leichen Predigten / Eine Fürstl. Trauungs Predigt / Eine Huldigungs- und Zwey Einweihungs-Predigten zufinden. Seinen Ehe und Hauß-Stand / wie auch seeligen Abschied von dieser Welt anlangend / hat Er sich Anno 1699. mit der Wohl-Edlen und Tugend-belobten Jungfer Annen Eleonoren Hallen / Damahliger Cammer-Jungfer bey der Hochwohlgeb. Baronesse von Marenholz in ein Christliches Ehe-Verbündniß eingelassen. In solcher höchstvergnügten und friedsamen Ehe hat SJE GOtt mit Fünff Kindern gesegnet / als 3. Söhnen und 2. Töchtern / von welchen die Söhne in zarter Jugend verstorben / die Töchter aber nebst Ihrer Frau Mutter / als itzo Höchstbetrübten Frau Wittwen / durch GOttes Gnaden noch am Leben / und den Todt ihres im Leben hertzlich lieb-gewesenen Herrn Vaters itzo mit heissen Zähren beklagen. Endlich wie der Tod / welcher weder Tugend noch Jugend / weder Geschlecht noch Stand schonet / so hat er auch den Wohlseeligen Herrn Abt
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hingerissen / und zwar in einem solchen Alter / da man sich eines längern Lebens noch wohl wäre vermuthen gewesen. Es hat sich derselbe zwar an denen mehresten Jahren seines Lebens einer von GOtt verliehenen guten Leibes-Constitution und mehrentheils beständiger Gesundheit zu erfreuen gehabt / aber endlich auch die denen Menschen anhangende Schwachheit in seiner Maasse empfinden müssen / in dem er in denen letzteren Jahren gar grosse Beschwerung und hefftigen Schmertzen von Nieren-Stein dann und wann verspühret / und von denen davon veruhesachten höchst schmertzhafften Coliqven und andern Zufällen so angegriffen worden / daß Er sich zu mehren mahlen seines bevorstehenden Lebens Endes befahret. Allein durch göttliche Güte und dazu gebrauchte heylsame Mittel sind doch jederzeit solche schmertzhaffte und Marter-volle Zufälle gelindert / und durch vielfältigen Abgang grössere und kleinere Steine gehoben worden. Da es hat dem grossen GOtt gefallen / den Wohlseeligen Mann gantzer drey Jahr lang für seinen Ende von solchen beschwerlichen Zufällen / ausser einigen wenigen Schmertzen / so Er dann und wann bey Bewegung unter den Fahren auf seinen Reisen empfunden / frey zu erhalten / worüber Er dann auch zum öfftern ein mit Furcht für ein desto hefftiger Recidiv vermengtes Vergnügen bezeuget / welches denn auch leyder zu der hinterlassenen Seinigen grösten Betrübniß mehr als zu viel eingetroffen. Denn einige Wochen für Seinem seeligen
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Abschiede aus dieser Welt muste es sich fügen / daß der Wohlseelige Mann einen ohnversehenden schweren Fall that / der zwar seinem Leibe keinen auserlichen Schaden zufügete / aber ohne zweiffel durch den davon gehabten Schrecken / den ruhenden Stein sowohl als das Geblüt möchte in Bewegung gebracht haben. Indem gar balde darauf der Wohlseelige Herr Abt merckte / daß Er nicht mehr so gut / als sonsten / die Speisen vertragen kunte / und täglich nach genommenen Essen eine Ubelkeit / und Art von Coliqven, nebst einen ungewöhnlichen Durst und Truckniß im Halse verspührete. Bey diesen Umständen fande nun der Wohlseelige Mann gar leichte / daß es nöhtig seyn würde gegen solche Beschwerung dienliche Mittel zugebrauchen / allein wegen unterhanden habenden Information, und nahe bevorstehenden Fest-Arbeit / fassete Er die Resolution, selbige erst nach GOttes Willen zurück zulegen / um hernach mit mehrer Müsse seiner Gesundheit warten zu können / und gebrauchte zu solchem Ende nur für der Hand einige Ihm sonst gewöhnliche Mittel. Inzwischen kam die Zeit herbey / daß Er zu einer Hoch-Fürstl. Andacht eine Reise nach hiesiger Hoch-Fürstl. Residentz thun solte. Die Er dann auch ohngeachtet Er des Tages zuvor schon etwas von Stein-Schmertzen verspüret / in der festen Hoffnung / daß Ihm der grosse GOtt / zu seiner bevorstehenden Arbeit
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nach seinem gnädigen Willen / Gesundheit und Krafft verleihen würde / Montags am 7ten April früh Morgens antrat. Kaum aber hatte Derselbe eine Viertel-Meile zurück geleget / so wurde durch das Rütteln in Fahren / der ohne dem zur Bewegung disponirte Stein / vollends rege und verursachete von Zeit zu Zeit so hefftige Schmertzen / daß der Wohlseelige Herr Abt mehr als einmahl in Begriff war / umzukehren / und sich wiederum nach Braunschweig fahren zu lassen. Weil aber solche Schmertzen dann und wann inne hielten / so fassete Er endlich den Entschluß biß nach Hessen seine Reise fort zusetzen / und daselbst nach Befinden eine Resolution entweder zu weiterer Reise / oder Rückkehr zu fassen. Als nun daselbsten nach genommenen Thee ein kleiner Stein abgieng / und Er darauf etwas Linderung verspührete / fassete der Wohlseelige Mann vollends Hoffnung zu baldiger Befreyung / und da Er ohnedem ein grosses Verlangen hatte / dem Hoch-Fürstlichen gnädigsten Befehl mit seiner Uberkunfft unterthänigste Folge zu leisten / setzete Er mit freudigen Muthe seine Reise fort. Allein auf den übrigen Wege vermehreten sich seine Schmertzen so sehr / daß Er auch nicht einmahl / bey seiner Ankunfft zu Blanckenburg / das Hoch-Fürstliche Schloß erreichen können / sondern sich in der Stadt auf das Amt-Hauß müssen bringen lassen / woselbsten Er auch biß in den 3ten Tag
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verblieben / da Er in einer Sänffte auf das Hoch-Fürstliche Schloß gebracht worden. Ob nun gleich so wohl währendes seines Auffenthalts in dem Amt-Hause / als auch hernachmahls auf dem Schlosse beyde Hoch-Fürstliche Leib-Medici, der Herr Rath Seller, und der Herr Licentiatus Blume sich angelegen seyn lassen / durch allerhand dienliche und bewährte / innerliche und äußerliche Mittel den Abgang des Steins zu befördern / dessen Gänge zu machen / und die Schmertzen nebst denen übrigen Zufällen / zu lindern / ja auch zu praecavirung einer innerlichen Inflammation so gleich eine Ader öffnen lassen; so haben doch dieses unermüdeten Fleisses ohngeachtet die Schmertzen / Stiche und grosse Beängstigungen nicht allein beständig fort gewähret / sondern es ist auch noch am dritten Tage nach vorgängigen Frost / eine grosse Hitze / kurtzer Odem und Helligkeit dazu geschlagen / und hat ein untriegliches Zeichen einer innerlichen Inflammation der Nieren / der Gedärme und des Magens abgegeben / die denn gar bald aller praecaution ungeachtet / in corruptionem sphacelosam gegangen / und dem Wohlseeligen Herrn Abt am fünfften Tage seiner Kranckheit / als am zwölfften Aprill Morgends um 8. Uhr / nachdem Derselbe vorher die Consolation genossen / seine in seinem
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Leben werthgeschätzte Frau Liebste / und seinen Herrn Schwieger-Sohn noch einige Stunden zu sprechen / unter andächtigem Gebeth des Herrn Prioris Breymann / ein sanfft und seeliges Ende / bey vollem Verstande; im 58ten Jahre 5ten Monate / 18ten Tage seines Alters / verursachet.
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Lob-und Trauer-Rede Bey Dem Hochansehnlichen Leich-Begängniß Des Weyland Hochwürdigen / in GOtt Andächtigen und Hochgelahrten Herrn / HERRN Eberhardts Finen Hochfürstl. Braunschw. Lüneb. Hochverordneten und Hochverdieneten Consistorial-Raths zu Wolffenbüttel / Hoff- und Stiffts-Predigers zu Braunschweig / Abts zum Closter Michaelstein / wie auch Superintendenten der Campischen Inspection. Als Selbiges Auff Gnädigste Verordnung Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Unsers Gnädigsten Herrn Den 23ten Aprilis, war der dritte H. Oster-Tag dieses 1726ten Jahrs / auff dem Closter Michaelstein angestellet wurde: gehalten von J. B. Hoffmann / Sen. Conv. Michaelst.
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Blanckenburg Durch H. C. Struven, Hochfürstl. privilegirt. Buchdr..
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|| [ID00076]
|| [ID00077]

Hochgebohrner Herr Graff! Hochansehnlicher Herr Abgesandter! Hochgebohrne Frau Gräfin! Gnädige Frau!

Hochwohlgebohrne / Hoch-Edelgebohrne / Hoch- und Wohl-Ehrwürdige / Hochgelahrte / und sonst nach Standes Gebühr allerseits Hochzuehrende Anwesende!
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WAnn ich anitzo auf gnädigsten Befehl an diese Stelle treten müssen / um dem weyland Hochwürdigen / in Gott Andächtigen und Hochgelahrten Herrn / Herrn Eberhard Finen / Hoch-Fürstl. Braunschw. Lüneb. Hochverordneten und Hochverdieneten Consistorial-Rath zu Wolffenbüttel / Abt zum Closter Michael
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stein / Hoff- und Stiffts-Predigern in Braunschweig / wie auch Superintendenti der Campischen Inspection die letzte Lob- und Trauer-Rede zuhalten / so muß ich bekennen / daß ich eine grosse Bewegung bey mir verspüre / die mich zum Reden furchtsam und blöde / ja fast gar untüchtig macht. Dann sehe ich an die Hochansehnliche Versammlung / so erkenne ich wohl / daß kein ander Redner vor solche Hohe Zuhörer auffzutreten sich unterstehen solte / als der eine Sache klüglich und wohl auszusinnen / nett und accurat auszuarbeiten / und dann endlich geschickt zu appliciren wüste. Da ich mich aber meines geringen und blöden Verstandes und meiner Unfähigkeit am besten bewust / so besorge ich nicht ohne Ursache / daß an statt der Rede ein Stillschweigen bey mir erfolgen möchte. Erwege ich die sonderbahren Qvalitäten und grossen Meriten des Wohlseeligen Herrn Abts / und gedencke dabey / wie unberedt mein Mund / und wie unbeschnitten meine Lippen / so möchte ich gerne einen andern an meine Stelle wünschen / der das würdige Lob dieses Theuren Mannes besser / als ich / vorzustellen geschickt wäre. Doch weil ich aus keiner kühnen Vermessenheit an diesen Ort getreten / auch keine Freyheit gehabt / einen andern an
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meine Stelle zu erwehlen / sondern durch einen Gnädigsten Befehl zum Reden verbunden / so wil ich zwar getrost reden / aber nicht wie und was ich billig solte / auch bertzlich gerne wolte / sondern was und wie es mein Unvermögen wird gestatten. Indem ich aber meine Gedancken bemühet seyn lasse / wie ich etwas finden möchte / welches eine geschickte Allegorie an die Hand gäbe / dadurch die grossen Gaben und vielen Tugenden dieses Wohlseeligen Herrn Abts einiger massen könten vorgestellet werden / so kömt mir in meinem Nachsinnen vor das Bild des Hohen-Priesters altes Testaments / wie Er in seinen Hohenpriesterlichen Schmuck und herrlichen Kleidern sein Amt in dem Tempel verrichtet. Mich deucht ein jedes Stück solcher kostbaren Kleidung stellet uns eine besondere Tugend unsers Wohlseeligen Herrn Abts vor (welchen wir wegen seiner hohen Ehren-Stellen / so Er im Geistlichen Orden bekleidet / auch wohl einen Hohen-Priester nennen können) Ob nun aber gleich der gantze Hohepriesterliche Habit aus 8. Kleidern bestanden / (Exod. XXVIII.) so sind doch 4. von denenselben sonderlich zu mercken / als welche dem Hohen-Priester eigen waren / die Er nur alleine tragen durffte / und durch welche Er von denen übrigen
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gemeinen Priestern / welche die andern Viere mit Ihm gemein hatten / distinguiret wurde. Solche 4. kostbahre Kleider werden in der teutschen Version des seeligen Herrn Lutheri mit folgenden Nahmen genennet. Der Huht mit dem güldenen Stirnblat / der Leib-Rock / das Brust-Schildlein / der Seidene Rock mit den güldenen Schellen / und Granat-Aepffeln. Gleichwie nun der Hohe-Priester mit dieser Kleidung ein Vorbild gewesen auf unsern Theuresten Heyland (Summum Pontificem cum suo ornatu typum fuisse Christi probat Lundius in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. cap. 25. vide Reizium in notis ad Goodwini Mosen & Aaron Lib 1. cap. 5. Herm. Witsium in Miscellaneis Sacris Lib. 2. Dissert. 2. §. 51. seq. Joh. Bened. Carpzovium in Typis Evangelicis Part. 2. p. 646.) also kan dessen Ehre dadurch nicht verkleinert oder verletzet werden / sondern es gereichet vielmehr zu deren Verherrlichung / wann daß eben die Tugenden und Eigenschafften / so Christus selbst an sich gehabt / auch an dessen treuen Diener gefunden werden. War nun der Huht / oder wann wir nach der Grund-Sprache reden wollen / der Bund ( proprie significat tiaram einen Kopff-Bund, dergleichen noch heutiges Tages die Morgenländischen Völcker tragen. Caeteri Saeerdotes etiam tiaram in capite gestabant, sed illorum cidaris multum differebat à Summi Pontificis tara. Lundius in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. cap. 7. Reizius in notis ad Goodw. Mos. & Aar. Lib. 1. cap. 5. §. 10. not. 24. Leidekkerus de republ. Hebr. Lib. 10. cap. 2.) welchen der Hohe Priester auf sei
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nem Haupte tragen muste / ein Bild der tieffen Demuth und Niedrigkeit unsers Theuresten Heylandes / nach welcher Er sich so sehr gedemüthiget / daß Er Knechts Gestalt an sich genommen / (Vide Goodwini Mosen & Aaron cum notis Reizii Lib. 1. cap. 5. § 6. not. 19.) so müssen wir bekennen / daß diese Haupt-Tugend / von welcher alle übrige ihren rechten Glantz empfangen müssen / bey unsern Wohlseeligen Herrn Abt in einen grossen Grad anzutreffen gewesen. Ich wil davon itzo nicht sagen / wie tieff Er sich vor seinem GOtt gedemüthiget / da Er bey allen grossen Gaben / so GOtt in Ihm gelegt hatte / dennoch sich selbst so gering geschätzet / daß Er sich auch solcher Gaben unwürdig achtete. Ich wil auch nicht davon reden / mit was tieffen Respect Er jederzeit seine Durchlauchste Herrschafft veneriret; sondern ich wil nur mit einem Worte dieses sagen / daß Er sich auch gegen die Niedrigsten erniedriget / und sich ihnen gerne zum Knecht gemacht / wan̅ Er ihnen nach seinen Amte und Vermögen dienen können. Wäre es müglich / daßman Ihn noch in seiner Grufft fragete / was vor einen Zierath man um sein Geehrtestes Haupt mah
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len solte / um dadurch sein Hohes Amt einiger massen vorzustellen / so wüste ich gewiß / daß Er dergleichen kostbahren Kopff-Bund / wie der Hohe-Priester Altes Testaments getragen / nicht verlangen würde / vielmehr würde sein Begehren seyn / daß man sein Ehrwürdiges und werthestes Haupt nur mit einen geringen Kopff-Bunde oder Haube / dergleichen vor Zeiten die leibeigene Knechte zum Zeichen ihrer Niedrigkeit und Knechtschafft beständig auf dem Haupte tragen müssen / (Servos olim velato semper capite incedere debuisse, & velamen capitis signum servitutis fuisse, ex historia antiqva satis notum est.) bedeckte / und diese zwey Worte hinein setzte:
Servus fui: Man nennet mich mit recht Nur einen schlechten Knecht. Doch ich erblicke an dem Huhte oder Bunde des Hohen-Priesters auch das güldene Stirn-Blat / welches einige Gleichheit mit einer Crone gehabt / und daher auch offte die heilige Crone genennet wird. (Laminam auream formam seu figuram coronae habuisse, testatur Josephus Lib. 3. Antiq. cap. 8. Vide Exod. 29. v. 6.) Daß nun solche ein Bild des Königlichen Amts unsers Heylandes gewesen / ist bey denen Gottes-Gelehrten eine ausgemachte Sache. (Hanc coronam auream regium Christi munus praefigurasse affirmat Lundius in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. cap. 25.) Wie wird sich aber solches auf unsern
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Wohlseeligen Herrn Abt schicken? Hat dann der auch was Königliches an sich gehabt? Ach freylich. Ihm ist ja der Königliche Character schon in der heiligen Tauffe beygelegt / da Er der Salbung theilhafftig worden. (Apoc. 1, 6.) Er hat auch in seinem Leben Königliche Großmuth / Königliche Tapfferkeit an sich blicken lassen. Sein Gemüth hat Er niemahls auf niedrige / geringe / irrdische / weltliche / eitle / undvergängliche Dinge gewendet / sondern die göttlichen hohen Geheimnisse / die himmlischen / ewigen und unvergänglichen Dinge sind es gewesen / in welchen Er seine Gemüthts-Ergetzung gesuchet / auf welche Er seine Zeit gewendet. Und wie tapffer hat Er nicht gestritten wider die geistlichen Feinde? Er hat nicht nur sich selbst wider die listigen und mächtigen Anfälle des Teuffels / der Welt und seines eigenen Fleisches und Bluts tapffer defendiret, sondern Er hat auch das Reich des Satans bestritten und so zu reden offensive wider ihn agiret, und ihn in seinen Vestungen angegriffen / indem Er manche Seele bekehret / und aus der Obrigkeit der Finsterniß errettet. Daher könte man seinem Hochwürdigen Haupte auch noch diesen Zierath gönnen / daß man um den schon vorhin gedachten Bund auch eine Crone mahlete / in welcher diese Worte zu lesen:
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Et Rex & Servus: Ein Knecht und doch ein König seyn Stimmt hier gar schöne überein. Wenden wir unsere Augen von dem Haupte des Hohen-Priesters auf dessen Brust / so erblicken wir den herrlichen Leib-Rock mit den kostbahren Brust-Schildlein / in welches die zwölff Edelgesteine / worin die Nahmen der zwölff Stämme der Kinder Israel eingegraben waren / sind eingefasset gewesen / und in welches zugleich das Urim und Thummim auf GOttes Befehl hinein gethan worden. Dieser Brust-Zierath führet uns auf die auffrichtige Redlichkeit / auf die ungeheuchelte Liebe / und den erleuchteten Verstand unsers Wohlseeligen Herrn Abts. Die auffrichtige Redlichkeit ist gleichsam der Leib-Rock / oder wenn man es noch deutlicher ausdrücken wil / der Brust-Harnisch gewesen ( proprie significat amiculum, pallium. Interpretes vero non eonsentiunt in explicatione hujus vocis. Josephus Lib. 3. Antiqvitat. Cap. 8. Lib. 6. de bell. Cap. 6. hoc amiculum describit ut thoracem wie einen Brust-Harnisch. Rab. Juda Leon. Lib. 2. de Templ. cap. 18. de hoc amiculo dicit, qvod pectus ac superiorem corporis partem usqve ad cingulum & umbilicum contexerit. vide Lyram ad Exod. 28. Buxtorf. in hist. Urim & Thummim. Cap. 1. Bonfrer. ad Exod. 28. Jun. ad Exod.) womit sein Hertz bedecket und verwah
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ret worden / daß kein Wind der Heucheley / der Verstellung oder Falschheit bey Ihm durchdringen können. Man sagt sonst in gemeinen Sprichworte: Es sey nicht alles Gold / was da gläntze; und so sind es auch nicht lauter Tugenden / die davor angesehen werden. Auch die lasterhafftesten Menschen können offtmahls ihre Laster verbergen / und den Schein der Tugend annehmen / eben wie ein geringes Metall mit Goldschaume kan überstrichen werden / daß es Einfältige vor reines Gold ansehen. Allein eine verstellete Tugend ist ein nur desto grösseres Laster. Was ist eine verstellete Demuth anderst / als der allerschändlichste Hoffart? Solche Falschheit / Verstellung und Heucheley ist weit / weit von unsern Wohlseeligen Herrn Abt entfernet gewesen. Die Auffrichtigkeit hatte sein Hertz gar zu wohl verwahret / daß sich nicht die allergeringste Verstellung bey Ihm einschleichen können. Aufrichtig war sein Hertz gegen GOtt / redlich war sein Gemüth gegen alle Menschen. Wie der Mund redete / so meynete es das Hertz / so daß er es wohl hätte leyden mögen / wan jedweder in sein Hertz und Brust hätte hinein sehen / und den Grund desselben ausforschen können. Wolten wir diese redliche Auffrichtigkeit in einem Sinn-Bilde vorstellen / müsten wir eine offene Brust mahlen / in welcher ein gantz güldenes Hertz zu sehen / mit der Beyschrifft:
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Omnia pura & nuda: Alles rein und aufgedecket, Nichts durch Heucheley verstecket. So vest aber das Schildlein mit seinen zwölff Edelgesteinen / auf welchen die Nahmen der zwöff Stämme Israel eingegraben waren / an dem Leib-Rocke angehefftet gewesen / so genau war auch bey unsern Wohlseeligen Herrn Abt mit der Auffrichtigkeit verknüpffet eine ungeheuchelte und brünstige Liebe / in welche Er seine Ihm theuer anvertrauete Beicht-Kinder eingeschlossen hatte. Er hat dero Nahmen nicht auf (Exod. 28. 29.) sondern vielmehr in der Brust getragen / sie sind Ihm in sein edles und liebreiches Hertz gleichsam eingegraben gewesen / daß Er / so offt Er sein Priesterliches Gebeth verrichtet / ihr Gedächtniß vor GOtt gebracht / damit ihrer in Gnaden gedacht würde. Er hat ihrentwegen keine Mühe im Predigen und andern Amts-Verrichtungen gesparet / damit Er Sie zu GOTT und ihrem ewigen Heyl führen und bringen möchte. Dererjenigen / von welchen Er wuste / daß sie ihr Christenthum in der Wahrheit und Lauterkeit führeten / gedachte Er also vor GOtt / daß Er ihnen immer mehr Licht / Geist und Krafft von GOtt halff erbitten. Die Nahmen derer an
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dern aber / von welchen Er erfahren muste / daß Sie dem Worte der Wahrheit nicht wolten von Hertzen gehorsam werden / löschete Er nicht alsofort aus in seinem Hertzen / sondern Er trug sie mit grosser Gedult / und arbeitete an ihrer Bekehrung. Er gedachte ihrer also vor GOtt / daß Er um ihre Bekehrung hertzlich seuffzete und betete. Und hierin folgete Er dem Exempel seines Heylandes, und erwiese seine Hirten-Treue. Endlich so erinnern wir uns noch des Urim und Thummim. (Qvid fuerit Urim & Thummim, in obscuro est. Qvod autem fuerit Symbolum Christi, qui est lux vera, qvae illuminat omnem hominem venientem in mundum, asserit Reizius in notis ad Goodw. Mos. & Aar. l c. item Lundius in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. Cap. 25.) Was dieses eigentlich gewesen / ist hie nicht Zeit zu untersuchen / drum mercken wir nur dieses / daß es eine Art der Offenbahrung gewesen / wodurch GOtt auf die angebrachten Fragen seine Antwort gegeben. Insonderheit wurde dem Hohen-Priester durch Urim und Thummim (Licht und Recht) geantwortet / wann hochwichtige Fragen / die das Wohl des gantzen Landes anbetraffen / vorgebracht wurden: (wie denn nicht einem jedweden vergönnet war / sich durch das Urim und Thummim Raths zu erholen / sondern es muste nur der König / oder andre Vorsteher des Landes seyn.) (Qvod non cuivis, nec de qvavis re levi licuerit Deum per Urim & Thummim consulere, ostendit Lundius in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. Cap. 6.)
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Es führet uns aber dieses Licht und Recht (Urim & Thummim) auf den erleuchteten Verstand unsers Wohlseeligen Herrn Abts / da derselbe von Christo / dem wesentlichen und wahrhafftigen Lichte / vermittelst seines eiffrigen Gebeths und andächtigen Betrachtung des göttlichen Worts / eine solche Erkäntniß / Weißheit und Erfahrung in geistlichen und göttlichen Dingen erlanget / daß seine prudentia ecclesiastica & theologica recht sonderlich gewesen / daß Er in allen schweren Sachen und Fragen leicht Rath finden können. So offt Er ins Hoch-Fürstl. Consistorium kommen / da schwere und wichtige Fragen / die das Wohl und Beste der Kirchen betroffen / vorgebracht worden / so ist Ihm erst durch Licht und Recht geantwortet / und alsdann hat Er richtige Antwort geben können. Der Geist GOttes / welcher in seiner Seele gewohnet / hat Ihn in alle Wahrheit geleitet / daß Er die Sache recht und wohl eingesehen / und jederzeit heilsamen Rath zu geben gewust / wodurch der Kirchen Bestes kunte befordert werden. Wurden Ihm sonsten von frommen und beängsteten Seelen einige Gewissens-Scrupel vorgetragen / so wurde Ihm durch Licht und Recht geantwortet; wenn Er nemlich die Sache in der Furcht des HErrn überlegte / Sie nach GOttes Wort prüfete / so sahe er bald was zu thun recht
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wäre / und konte also richtige Antwort geben denen / die ihrem Gewissen wolten gerathen wissen. Durch dieses Urim & Thummim konte Er Licht und Finsterniß / Wahrheit und Lügen unterscheiden / ja gar die Geister prüfen / daß Er also nach der Biblischen Redens-Art ein Licht in dem HErrrn hat können genennet werden. Endlich ist noch übrig der Seidene Rock mit den güldenen Schellen und Granat-Aepffeln. (Haec tunica non fuit serica, ut versio Lutheri habet, sed lintea, non flava, sed hyacinthina: Ein langer Himmel-blauer aus Leinen gemachter Talar, der fast biß auf die Füsse reichte. Vide Reizium in notis ad Goodw. Mos. & Aar. Lib. 1. Cap. 5. §. 5. n. 11. Lundium in Jüdischen Heiligthümern Lib. 3. Cap. 5.) Derselbe führet uns auf den göttlichen Eifer / mit welchen unser Wohlseeliger Herr Abt sein Lehr- und Predig-Amt geführet. Dann es haben die güldenen Schellen mit ihrem Klange nichts anderst bedeutet und vorgebildet / als den Schall des Evangelii / welcher in der gantzen Welt hat sollen ausgebreitet werden. (Tintinnabula cum Malogranatis repraesentant suavem sonum Evangelii, conjunctum cum fructibus coloris & saporis jucundissimi. Haec sunt verba Herm. Witsii in Miscell. Sac. Lib. 2. Diss. 2. §. 52. p. 487. Add. Reizius l. c.) Wie nun dieser Rock fast den gantzen Leib des Hohen-Priesters bedecket / also hat dann auch unser Wohlseeliger Herr Abt seine meiste Le
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bens-Zeit in Ausbreitung des heiligen Evangelii hingebracht. Er hat seinen Schall in Helmstedt und Braunschweig genung hören lassen. In den Ohren derer Bußfertigen und betrübten Sünder sind seine Evangelischen Predigten ein lieblicher und angenehmer Schall gewesen / dadurch sie erfreuet und aufgerichtet worden. Die sichern und frechen Sünder sind offtmahls durch den durchdringenden Schall seiner Buß-Predigten aufgewecket / daß sie zur wahren Busse und Besserung des Lebens bewegt und gebracht worden. Wo nun der Schall seines Mundes nicht hinreichen können / da ist dennoch derselbe durch seine geistreiche Schrifften hingebracht / welche auch noch nach seinem Tode die Warheit GOttes verkündigen / und den Schall des Evangelii ausbreiten. Wie aber die Schellen mit denen Granat-Aepfeln vermenget und vereiniget waren / daß immer ein Granat-Apfel und Schelle bey einander hing; also finden wir auch / daß bey unsern Wohlseeligen Herrn Abt die Lehre mit der Praxi vereiniget gewesen. Er gab keinen leeren Schall von sich / sondern was Er lehrete / solches erwieß er auch in seinem Leben und Thun. Was Er andern vorpredigte / übete Er selbsten aus / und bekräfftigte dadurch die Warheit und Krafft seiner Lehre. Und wie die Granat-Aepffel voller Kör
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ner seyn und einen angenehmen Geruch von sich geben; Also ist die theure Seele unsers Wohlseeligen Herrn Abts mit vielen Früchten der Gerechtigkeit erfüllet gewesen / die dann einen süssen und lieblichen Geruch von sich gegeben / dadurch viele zu einer eifrigen Nachfolge sind beweget worden. Und in diesem herrlichen Tugend-Schmuck hat bißher unser Wohlseeliger Herr Abt als ein Hoher-Priester allhie in dem Heiligthum / oder daß ich deutlicher rede / in der Kirchen GOttes gedienet. Aber nunmehro ist es Ihm ergangen als dem Hohen-Priester Altes Testaments. Dann derselbe muste jährlich am grossen Versöhnungs-Tage ins Allerheiligste gehen / vorher aber seine kostbahre Kleidung ausziehen / und einen gantz weissen Habit anlegen. (Lev. 16. 3. 4. Seldenus Lib. 2. de Success. in Pontif. Cap. 7. Cunaeus de Rep. Hebr. Libr. 2. Cap. 1. Bonfrer ad Lev. 16. 14. Deylingius in Observationibus Sacris part. 2. obser. 13. §. 4. pag. 178.) Eben also hat Er auf den Winck des Herrn über Leben und Todt dieses sein herrliches Tugend-Kleid / weil es vor Ihn noch zu unvollkommen gewesen / gleichsahm ablegen / und hingegen das weisse Kleid der vollkommnesten Unschuld anlegen / und damit ins Allerheiligste / das droben und nicht mit Händen gemacht ist / kommen müssen. Nun gehet es uns wie dem Volcke zu Jerusalem. Dann dasselbige wartete /
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so offt der Hohe-Priester ins Allerheiligste gangen war / mit grossen Verlangen auf dessen Zurückkunfft / und wenn er nur ein wenig verzog, besorgten sie sofort er möchte gestorben seyn. (Lundius in Jüdischen Heiligthümern Libr. 5. Cap. 19.) Ach! freylich ist unter Uns ein grosses Verlangen nach der Zurückkunfft unsers in das Allerheiligste hinnein gegangenen Hohen-Priesters / wann selbige nur müglich / und durch das allgemeine Verlangen könnte befördert werden. Mit was gnädigsten Verlangen wünschet nicht Unsere Durchlauchtigste Herrschafft: Ach hätten wir unsern lieben / frommen und getreuen Beicht-Vater wieder! Was vor ein schmertzliches Verlangen mögen nicht die hochbetrübte Nachgelassene nach seiner Zurückkunfft haben / daß Sie mit Aengsten seufftzen: Ach hätte ich meinen liebsten Ehe-HErrn! Ach hätten wir unsern wehrtesten Vater und getreuesten Freund wieder! Mit was vor Verlangen mag nicht seine wehrteste Gemeinde zu Braunschweig an Ihn gedencken? Und wie viel tausendmahl hat nicht schon Unser Collegium gewünschet / Ach hätten wir doch unsern Theuresten Herrn Abt / welchen wir als Vater geliebt / einmahl wieder! Doch warum wollen wir das wünschen oder verlangen / was Er selbst nicht begehret / auch nicht begehren oder wünschen kan. Er ist ja in das Allerheiligste eingegangen / welche Benennung schon so viel anzei
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get / daß derjenige / der einmahl daselbst hingelanget / nimmermehr wieder zurück zu gehen verlange. Das Allerheiligste im Tempel zu Jerusalem war zwar mit Golde / Edelgesteinen und andern Kostbahrkeiten herrlich gezieret und ausgeschmücket. (Lundius in Jüdishen Heiligthümern Libr. 2. Cap. 6. n. 7. 8.) Allein was ist solche scheinende Herrlichkeit zu rechnen gegen der wahren Herrlichkeit des Allerheiligsten / welches droben ist? GOtt selbst ist Tempel / Licht und alles in dem neuen Jerusalem (Apoc. 21. 22. 23.) in dessen Allerheiligstes unser in GOtt ruhender Herr Abt eingegangen. Wann der Hohe-Priester Altes Testaments ins Allerheiligste gieng / so sahe er zwar wohl gemahlete oder geschnitzte Cherubinen. (Lundius l. c.) Allein das waren Bilder ohne Leben / Schatten ohne Wesen. Unser in GOtt ruhender Herr Abt befindet sich in dem Allerheiligsten mitten unter der Menge der himmlischen Heerschaaren / die Cherubim / Seraphim / und andre Himmels-Fürsten sind es / in deren Gesellschafft Er das Heilig! Heilig! Heilig! vor den Throne GOttes anstimmet. Der Hohe-Priester Altes Testaments durffte nicht lange in dem Allerheiligsten verweilen / und wenn er gleich eine göttliche Antwort oder Offenbahrung empfing / so wurde ihm doch nur wenig von der Herrlichkeit des verborgenen GOttes
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geoffenbahret. Unser Wohlseeliger Herr Abt aber ist einmahl in das Allerheiligste eingegangen / damit Er beständig darin verbleiben soll / und Er siehet GOtt nicht mehr durch einen Spiegel in einem dunckeln Wort / sondern von Angesichte zu Angesichte. GOtt redet mit ihm / wie ein Mann mit seinem Freunde. Dieses zwar wird noch geschehen müssen / daß Er noch einmahl so zu reden aus dem Allerheiligsten heraus tritt / (wenn nemlich an jenen grossen Gerichts-Tage die Seele mit seinem verklärten Leibe wieder vereiniget werden soll) sobald aber solches geschehen / wird Er wieder zurück in das Allerheiligste treten / und darin auf ewig als ein König und Priester vor GOtt in der grössesten Herrlichkeit herrschen und triumphiren. Alsdann wird man mit grössern Recht von ihm sagen können / was man von dem Hohen-Priester Simon lieset (Syr. 50. 6.) daß er / wann er mit seinen Hohen-Priesterlichen Kleidern aus dem Fürhange hervor gegangen / geleuchtet wie der Morgenstern durch die Wolcken / wie der volle Mond. Freylich wird Er nach GOttes Verheissung (Dan. 12. 3.) ewiglich leuchten wie des Himmels Glantz / und wie die Sterne immer und ewiglich. Unterdessen aber / da die Seele albereits in den Allerheiligsten vor GOttes Throne / der Herrlichkeit / der verblichene Leichnam aber der sanfften Ruhe in seiner Schlaff-Kammer geniesset / so muß
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sein Gedächtniß billig bey uns im Seegen bleiben. Und daß Seiner bey uns so leicht nicht werde vergessen werden / erscheinet daraus / daß sein Gedächtniß mit einer allgemeinen Landes-Trauer / eben wie bey den Juden der Tod des Hohen-Priesters durchs gantze Land betrauret wurde / (Num. 20, 29. Maimonides Mor. Nevoch. part. 3. Cap. 40.) beehret wird. Insonderheit werden die Tugenden und Meriten dieses Theuren Mannes dadurch in ein ewiges Andencken gesetzet / daß Ihm mit dem Hohen-Priester Jojada im Tode fast gleiche Ehre wiederfähret. Dann wie dieser wegen seiner grossen Verdienste / womit Er sich um das gantze Königreich verdient gemacht / nach dem Tode Königlich begraben worden; (2. Paralip. 24, 16.) also gereichet es unserm in GOtt ruhenden Herrn Abt auch zu grossen Ehren / daß Ihro Durchl. unser Bnädigster Landes-Herr dieses Hochansehnliche Leich-Begängniß anzustellen nicht nur gnädigst verordnet / sondern auch dasselbe mit einer Hochansehnlichen Besandschafft beehret. Durch diese ungemeine Gnade sind die schmertzlich betrübte Trau Wittwe / und andere höchstbetrübte nahe Anverwandten in ihrem grossen Schmertz und Traurigkeit kräfftig getröstet und aufgerichtet. Sie dancken unterthänigst vor diese und andere / dem Wohlseeligen Herrn Abt /
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so wohl im Leben / als auch noch nach dem Tode erwiesene hohe Gnade. Und da sie zur Bezeugung ihrer unterthänigsten Danckbarkeit nichts als einen treu-verpflichteten Wunsch beybringen können / so ist dieses ihr hertzlich wünschen und flehen zu dem Hertzoge des Lebens und aufferstandenen Sieges-Fürsten Christo JEsu / daß er beyderseits Hochfürstl. Durchl. Durchl. und alle Dero hohe Angehörende mit beständiger Gesundheit / langwierigem Leben / glücklicher und ruhiger Regierung / und allen selbst beliebenden Hoch-Fürstl. Wohlergehen / reichlich überschütten / und viel lange / lange Jahre beseeligen wolle. Gegen alle übrige nach Stand / Amt und Würden Hochzuehrende Anwesende achten sich die Leidtragende ebenfals höchst verbunden / daß Sie diesen Trauer-Actum in so ansehnlicher Freqvenz großgünstig beehren und zieren wollen. Gedachte Leidtragende möchten wünschen / daß Sie Gelegenheit und Vermögen hätten ihr danckbares Gemüth vor solche hohe Gunst und Ehren-Bezeigung an den Tag zu legen. In Ermangelung aber der Gelegenheit und Vermögens wollen Sie alle und jede an den besten Vergelter GOtt selbst verwiesen / und einem jeden alles selbst verlangte Wohlwesen an Seel und Leib von Grund des Hertzens angewünschet haben.
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EPICEDIA.
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EPICEDIA IN BEATISSIMUM OBITUM VIRIVENERABILIS, DOMINI EBERHARDI FINII MEMORIAE ET HONORIS ERGO CONSCRIPTA.
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HEu dirae morti succumbens FINIUS ABBAS Extremum vitae claudit in orbe diem. Nulla Placentinis, sed Veronensibus omnis Palma manet, laus haec maxima Theiologi. At multis vera qvi cum virtute placebit, Hunc magnum reputes eximiumque Virum. Tuqvondam multis, Abbas venerande, placebas Doctrina, Vita, dotibus ingenii. Divini eloqviis verbi svavisque potensqve Pabula praebebas, deliciumque gregi. Ut pius Antistes prudensque juvare volebas Consiliis sanctis semper ovile sacrum, Te sermo blandus, Te frons decorabataperta, Et mores mixta cum gravitate boni. Quid mirum? Te nunc ecclesia plorat ademtum, Te patriae deflent urbs populusque decus. Ereptumque sibi luget domus orba parentem, Et Magnus Princeps comparat exequias.
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Communis dolor hic, lacrymaeque tot ora rigantes Tristia nunc multos damna tulisse docent. Ast aeterna, Deo cum tandem gratior esses, Praemia ter felix percipis. Ergo Tibi Principibus placuisse Viris non ultima laus est, Summa tamen nunc est laus, placuisse Deo. Hoc Monumentum posuit. Ministerium Ecclesiae Brunsuicensis.

Klag- und Ehren-Mahle / Welche Dem Mohlseeligen Herrn Abt / Aus schuldigster Pflicht und Hochachtung aufzurichten gesuchet Die nachgesetzten Membra des Convents zum Closter Michaelstein.
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Die vorder Ziehung abgenommene Rechnung.
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HOchwürdger GOTTES-MANN! komm / komm / verziehe nicht / Uns Deine Gegenwart auf kurtze Zeit zu gönnen / Weil wir derselbigen nicht länger mangeln können: Ich küsse schon im Geist Dein holdes Angesicht; Es ist der Hohen Wunsch / der Niedrigen Verlangen Beliebter Gottes-Mann / Dich freudig zu empfangen.
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Begabter Gottes-Mann / das Hohe Fürsten-Paar Hat allergnädigst schon vor einger Zeit befohlen / Dich aus Brunonis Stadt in unsre Burg zu holen / Wie man zu thun gewohnt / bey jedem viertheil Jahr / Man wil nach Christen-Brauch / Dir die Register reichen / Du wirst sie / wie Du pflegst / zum Leben unterzeichen. Belobter Gottes-Mann / Dein Closter Michelstein Sehnt sich nicht weniger nach Deinem werthen Kommen / Damit die Rechnungen ihm würden abgenommen / Die da in Jahres Frist nicht abgeleget seyn: DU wirst verhoffentlich sie wohl und richtig finden / Und durch eie Unterschrifft / uns dieser Sorg entbinden. Wohlseelger Gottes-Mann / so lautete der Brieff / Den diese treue Hand an Dich zuletzt geschrieben / Da Du was länger / als man meinte / ausgeblieben / Darum ich Dich noch eins in unsre Grentzen rieff: Du mögtest / ohn Verzug / Dich zu der Reise schicken / Dein Closter / Stadt und Hof durch selbe zu beglücken. Erlauchter GOttes-Mann / Du giebst der Bitte statt; Du setzest dich sofort in einen schnellen Wagen / Und lässest Dich darin zu unsern Hügeln tragen; Du kommst zur Blanckenburg / doch leyder! schwach und matt /
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Die Augen stehn erstarrt / das Antlitz ist verfallen / Der sonst beredte Mund kan kaum für Schmertz mehr lallen. Ich gehe höchst bestürtzt zu Deinem Lager hin; Die Thränen müssen mir statt eines Wunsches dienen / Weil Deine Augen mir schon halb erstorben schienen; Du kennst ja itzo noch den unverfälschten Sinn; Dein Leiden ging mir so / wie eigenes / zu Hertzen / Mich qvälte Deine Qval / mich schmerzten Deine Schmerzen. Bevor / Wohlseelger / ich von Dir zurücke kehr / Frag ich auf welchen Tag es dürffte nun geschehen, Daß man die Rechnung uns würd abgenommen sehen? Du sprichst: In dieser Welt geschichts von mir nicht mehr! Denn ich soll selbst anitzt von meinem gantzen Leben Die letzte Rechenschafft dem höchsten Richter geben. Ich sagte: Theurer Abt / stell Deine Seel in Ruh / Schau unsern Bürgen an / der da in diesen Tagen / An das verfluchte Holtz des Creutzes ist geschlagen / Sein Leiden eigne Dir in festem Glauben zu / Das Er so williglich deßwegen wollen dulden / Damit Er zahlete für Dein und meine Schulden. Der blasse Bottes-Mann hob sich hier auf empohr / Und rief mit Freuden aus: Ich bin durch JEsu Wunden Von aller meiner Schuld befreiet und entbunden; Es schallt mir eine Stimm in das halb todte Ohr: Die Rechnung lässet sich der ewge Bottbeliebe̅ Weil sie ist mit dem Blut des Lam̅es unterschrieben.
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So schlaff / erblaßtes Haupt / denn sanfft und seelig ein / Geneuß der stillen Ruh / bey modernden Gebeinen / Biß Leib und Seele sich eins wiederum vereinen Am Tage / so der Welt wird der Gerichts-Tag seyn: Da wirst Du / GOttes-Mann / bey allen GOttes-Knechten Mit einer Sieges-Cron dem Heyland stehn zur Rechten. Drum Hochbetrübte / hemmt den milden Thränen-Guß / Verehret mit Gedult das göttliche Verfügen / So Euch durch diesen Fall so schmertzlich wollen biegen / Schickt mit Gelassenheit Euch in des Himmels Schluß; Zumal der Seelige / nach aufgelösten Banden. In seiner Rechenschafft so herrlich ist bestanden. Ihr aber / Sterbliche / kommt mit mir zu der Grufft! Ihr waret sonst bereit die theuren GOttes-Lehren Von diesem grossen Mann begierig anzuhören; So höret was Er itzt / gleich als zum Abschied ruft: Macht / das von JEsu Hand wanns wird zum Scheiden kommen / Euch / vor der Ziehung / sey die Rechnung abgenommen. Conrad Andreas Breymann / Prior zum Cl. Michaelstein.
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MADRIGAL.
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ES saß Eusebie in gantz bewölckter Tracht Bey Linens schwartzer Todten-Bahre / Sie klagte nicht; daß Mortens strenge Macht Die Krafft der annoch muntern Jahre / Den güldnen Mund / die hohe Wissenschafft / So schleunig in die Grufft gerafft! Es hatte sie manch hoher Fall gelehrt / Daß jene Majestät / die in den Wolcken thronet / Den Purpur offt in Flor und Boy verkehrt / Und keiner Fürsten Häuser schonet; Sie sagte nur. Erlauchter GOttes-Mann! Man sahe Dich als Licht der Kirchen-Lichter an / Nun wird die Nachwelt selbst zu Deinem Preiß erheben / Du habest Deinem Stand mehr Glantz und Zier gegeben / Als dir die Würde Glantz gebracht. Heinrich Bernhard Sicheling, SubPrior und ConR.

2. Cor. VI. 9. Als die Sterbende / und siehe / wir leben. SONNET,
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WAs für betrübte Post beraubt mich aller Sinnen? Ist unser Vater todt? Ach unerhörte Pein! Ists möglich / daß der Abt schon kan verschieden seyn? Was hör ich / gehet Er / noch eh Er kommt / von hinnen? Ach ja! Er stirbt / und das auf unsers Fürsten Zinnen; Er stirbt. Man hüllt Ihn schon in schwartzen Sammet ein / Ach dieser Riß ist groß / ist starck / ist ungemein! Wir alle lassen drob gehäuffte Zähren rinnen; Doch Theurer Abt Du lebst / und bist gewiß nicht todt / DU lebst in Salems-Stadt bey dem lebendgen GOtt / Du lebest auch allhier in Kindern / Enckeln / Schrifften / In Tugenden / die DIR ein ewig Denckmahl stifften: Drum ob du gleich beschliest die kurtze Lebens-Frist / So sagt man doch mit Recht / daß Du unsterblich bist. J. B. Hoffmann. Senior zum Cl. Michaelstein.

Das abgewechselte Leyden.
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ES hat der weise GOtt mir vielen Schmertz und Leyden Nach seinem weisen Rath anjetzo aufferlegt / Ich dürffte / wie es scheint / die Todten-Bahr bekleiden / Dieweil sich fast kein Glied an meinem Leibe regt.
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Die Füsse sind gelähmt / die Hände sincken nieder / Das Hertze ist halb todt / die Zunge klebt am Gaum / Es schliessen sich so gar die matten Augen-Lieder / Ja alles kommt mir vor / als wie in einem Traum. Dies waren / Theurer Mann / ach leyder! Deine Worte / So Dein holdseelger Mund gelassen zu mir sprach / Als mir vergönnet ward / zu öffnen Deine Pforte / Und frey herein zu gehn in Deinem Schlaff-Gemach. Gewißlich diese Wort verrückten meine Sinnen / Ich hörte sie betrübt und höchst bestürtzet an / Wie ein Cliente pflegt / der nichts mehr kan beginnen / So bald ihm wird der Tod des Herren kund gethan. Doch mitten in dem Schmertz ward von Dir vorgenommen / Zu tragen in Gedult / das was GOtt aufferlegt / Es mögte über Dich / auch was nur wolte kommen / GOtt endet es gewiß / war in Dein Hertz geprägt. Ja freylich hat sich nun Dein Leyden wohl geendet / Du bist schon angelangt / bey dem erwünschten Port. Nachdem Du Deine Seel dem Höchsten eingehändet / Ist aller Schmertz vorbey / das Leyden weichet fort. Wie aber stehts um uns / die wir zurücke bleiben / Ach wie so hart! Dein Leyd stößt häufig auf uns zu / Dein allzufrüher Tod muß unsre Lust vertreiben / Uns trifft ein herbes Weh / Du schläffst in sanffter Ruh. Denn solte dieses nicht empfindlich seyn und kräncken / Wenu man den Vater schaut auf einer Todten-Bahr / Wenn man Den sehen muß ins finstre Grab einsencken / Der vormahls unser Trost / Schutz / Raht / und alles war
|| [33]
Ach freylich ja ist uns / daß DU von hinnen ziehest / Verhaßter Wermuths-Wein und bittre Aloë, Ach daß DU allzufrüh von unsern Gräntzen fliehest / Ist unsern Sinnen jetzt ein tausendfaches Weh. Doch weil des Höchsten Winck / dies alles so gefüget / So gönnen wir DIR auch die frohe Himmels-Lust / Genieß erwünschtes Wohl / weil DU die Welt besieget / Indessen ist uns nichts als Traurigkeit bewust. J. W. Quenstedt, C. M.

Brabeschrifft. MADRIGAL.
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MAn dachte einst des Moses Grab zu finden / (Hornius erzehlet in Hist. Eccles. daß sich einst bey dem Berge Nebo in Syrien etliche Ziegen von der Heerde verlauffen. Als nun selbe wiederkommen, sey an ihnen ein unvergleichlicher Geruch zu spühren gewesen. Wie nun diese Ziegen sich aufs neue wegstehlen wolten: folgeten ihnen die Hirten aus curiosität nach, und kamen darüber in ein vortrefliches und mit wohlriechenden Kräutern erfülletes Thal, wo sie ein offenes Grabmahl fanden, da diß ruchtbahr wurde, besahen solches mehrere, und fanden darauf die Uberschrifft: Moses Servus DEI. Darauf machten die Franeiseaner auf diese Reliquien praetension. Die Jesuiten aber wolten listig das praevenire spielen, und selbe wegnehmen. Allein sie fanden im Grabe nicht das geringste, und ein gelehrter Jude erwieß auch, daß alhie nicht Moses, sondern ein anderer dieses Nahmens begraben.) Und meinte des gewiß zu seyn: Doch traff der Ausgang nicht mit dieser Meinung ein / Was GOtt versteckt, kan nie ein Mensch ergründen. Doch ruhen unter diesem Steine Von einem Moses die Gebeine! Er war des Höchsten frommer Knecht / Sein Lehren voller Licht / sein Wandel voller Recht / Voll Eyfers Sein Gemüth vor die warhafften Lehren Voll Sehnsucht Hertz und Sinn / des Höchsten Ruhm zu mehren / Das Seine sucht Er nicht / nur diß allein In GOttes Hauß wie Moses treu zu seyn.
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Durch Lieb und Redligkeit bezeugte Sein Gemüthe Den Vorschmack / den es hie gehabt von GOttes Güte. Er ruht zwar hie / jedoch hie nicht allein! Der Seelen Lagerstatt will GOttes Rechte seyn. Sein Tugend-Ruhm, und ungefärbtes Lieben. Ist / weil so hohe Häupter Ihn so hoch geehrt / Durch Seiner Würde Glantz verewigt blieben / Und die Bewundrung / und Sein rühmlichs Angedencken Kan sich in fromme Seelen sencken. Joh. Andreas Henricus Oeding / Conventual. zum Cl. Michaelstein.

SONNET,
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DIe Glieder starren hin / wenn sich ihr Haupt verliehret / Das Schiffgen wird zerschellt / wenns ohne Steurmann ist. Die Schaaffe sind betrübt / wenn nicht der Hirte schließt Die Biene ist halb todt / so keinen Weiser spühret /
|| [35]
Was Wunder / wenn bey uns das Hertze wird gerühret / Da unser Haupt sich trent / und schwartze Erden küßt / Da unser Steuermann / Sein Leben eingebüßt / Der als ein weiser Hirt / uns biß daher geführet. Es müsse sich demnach der Thränen-Bach ergiessen / Ein jeder bringe jetzt ein Trauer-Lied herbey / Weil einen solchen Mann / das Schicksaal uns entrissen / Von dem man weiß / daß Er beweinens würdig sey. Doch schreibt uns GOttes Hand auch diese Worte für / Ihr Lieben / ängstet euch nicht über die Gebühr. Andr. Bernh. Hintze. Conventual. zum Cl. Michaelstein.

Der aufgefahrne Elias unsrer Zeit. MADRIGAL.
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GEvor Elias ward gen Himmel aufgenommen / Gieng er aus seiner Stadt / von Gilgal aus; (Siehe 2. Kön. 11. 1.) Da Du / Hochseelger / solt zum Vater wiederkommen Verlässest Du in Braunschweig Burg und Hauß; Du wilt von Blanckenburges Höhen Zur Sternenburg / dem Dir verwandten Hun̅el gehen. Elias fuhr im Wetter auf; DU endest / anderer Elia / auch im Wetter Deinen Lauff: (Kurtz vor dem Abschiede des Wohlseeligen Herrn Abts, stieg das erste Gewitter dieses Jahrs hiesiger Orten auf, und wurden, sonderlich über dem Closter Michaelstein, starcke Donnerschläge gehöret.)
|| [36]

Elias wuste seine Abschieds-Stunde; DU weist sie auch / Elia unsrer Zeit / Weil man aus Deinem güldnen Munde / Welch Wunder! Deine eigne Leichen-Rede höret. (Denn die letzte Predigt des Wohlseeligen Herrn Abts, war über die Worte unsers Erlösers Joh. VIII. 51 Warlich, warlich, ich sage euch: so Jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich!) Mein Vater / soll ich noch den letzten Seegen von Dir haben / So gib zu meinem Wohl / und andrer Heyl Mir nur den minsten Theil Von Deines Geistes-Gaben! Heinrich Richard Märtens / Conventual. zum Cl. Michaelstein.

Die auf der Amts-Reise seligst vollendete Lebens-Reise /
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DEr Christen Leben ist hier einer Wallfahrt gleich. Sie dürfen nicht die Welt für ihre Heimat achten; Ihr wehrtes Vaterland ist nur das Himmelreich / Wornach sie lebenslang in wahren Glauben trachten. Auf Erden müssen sie nur fremde Gäste seyn; Man will das Bürger-Recht denselben nicht verschreiben.
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Kein steter Aufenthalt schleußt sie hier unten ein; Sie suchen droben nur die Stäte / wo sie bleiben. Ihr Weg der Wanderschafft ergehet durch die Zeit / So GOtt zur Lebens-Frist denselben dargegeben: Derselb’ erstrecket sich bis zu der Ewigkeit / Denn GOtt erschuff sie ja zum ewig-sel’gen Leben. Und solche Pilgrimschaft / sie sey kurz oder lang / Nachdem des Höchsten Schluß die Lebens-Zeit bescheidet / Ist, bey dem Creuz’ / allstets ein saurer Leydens-Gang / Gleichwie ein Wandersmann nur Ungemach erleidet. Denn dieser Satz hat längst den Beyfall schon erreicht: Von Christen lässet sich das liebe Creuz nicht trennen. Ja unser Leben selbst / das doch so bald verstreicht / Ist Müh’ und Arbeit nur / wenns köstlich ist zu nennen. Deshalben sehnen sich die Christen Tag und Nacht / Als stetig reisende nach jenem Vaterlande / So ihnen dermaleinst zur Wohnung ist vermacht / Und wo sie ewiglich sind im beglückten Stande. So / wie ein Wanderer / bey seinem Uberdruß / Die Endschaft seiner Reis’ ohn Unterlaß begehret: Nicht anders seufzt der Christ nach seines Lebens Schluß / Das ihn als eine Last nur drücket und beschweret. Er dringt / von GOtt gestärckt / durch alle Hinderniß / Um stets geschickt zu seyn / aus dieser Welt zu gehen. Weil die bestimmte Zeit zur Abfahrt ungewiß / So will er / wenn GOtt rufft / zu scheiden fertig stehen. Wohl dem / der solche Reis’ hat wohl zurück gelegt / Daß er das Vaterland im Himmel dort erblicket / Allwo die fromme Schaar die Lebens-Crone trägt / Und man / auf kurzes Leid / sich ewiglich erquicket.
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Den Selig-wehrten Mann / dem GOtt dies Jammerthal Jetzt zu verlassen / rufft / hat solches Heil betroffen. Er ist beglückt für uns / die wir noch in der Zahl Der sterblich-wallenden auf jene Heimat hoffen. Sein gantzer Lebens-Lauff war treflich wol bestellt: Von Jugend auf must’ Ihn der Tugend-Wandel zieren: Denn solches machet uns beliebt bey kluger Welt / Und kan uns auf die Bahn der höchsten Ehre führen. Wie denn sein Fleiß und Witz Ihn hoch erhoben hat / Indem die Musen stets zu seinem Dienste stunden / Und grosser Fürsten Huld Ihm an die Seite trat / Durch deren Vorschub Er Beförderung gefunder. Fürnehmlich hat der Geist des Höchsten Ihn regiert / Daß Er von Kindheit auf sich von der Welt entfernet / Und mit Timotheo die heil’ge Schrifft studirt / Woraus Er denn den Weg zum Himmel wol erlernet. Er kannte seinen GOtt / und JEsum Christum recht: Denn dieser ist der Weg / die Wahrheit und das Leben. Deshalben kont’ Er auch / als ein getreuer Knecht / Den andern Handleitung zum Himmels-Wege geben. Sein echtes Beyspiel traff in Lehr’ und Leben ein: Er that es selber erst / was Er die andern lehrte / So kont’ Er allerdings ein rechter Führer seyn / Des holden Unterricht ein jeder gerne hörte. Mit was für Lieblichkeit stellt’ Er den Vortrag an? Wie deutlich wust Er doch den Lebens-Weg zu zeigen? Deshalben waren Ihm die Menschen zugethan / Und gaben seiner Gunst sich ganz und gar zu eigen.
|| [39]
Auch hoher Herzen zog Er dergestallt an sich / Daß sie der Seelen-Cur Ihm willig anvertrauten / Und / wenn Er Tröstung gab / sich alle sonderlich Aus Seines Mundes Red’ im Christenthum erbauten. Letzt als Er solchen Ruff gen Blanckenburg empfing / Und sich am Leibe schon die Schwachheit ließ vermerken / Wagt’ Er es doch mit GOtt / daß Er die Reis’ angieng / In Hoffnung / dieser würd’ Ihn im Beruffe stärken. Allein des Höchsten Schluß ward Ihm daselbst bekant / Daß Er die Lebens-Reis’ allhie beschliessen solte. Also befahl Er bald die Seel’ in GOttes Hand / Der Ihn durch Steines-Schmertz aus Noht erlösen wolte. Der Freytag / welcher Ihn ans Lebens-Ziel gebracht / Wird Sein Befreyungs-Tag vom Jammer und Elende: GOtt / der im Himmel Ihm die Krone zugedacht / Bekrönt die Pilgrimschaft mit einem seelgen Ende. Die Wüsten dieser Welt hat Er also quitiert / Und jenes Canaan im Himmel nun erlanget. Wo mit der Engel-Schaar Er ewig jubiliert / Und vor des Lammes Stuhl in weisser Unschuld pranget. Hochwehrte / die Ihr euch um Seinen Tod betrübt / Laßt Euch des Himmels Schluß hierunter nicht mißfallen; Weil Seines JEsu Herz Ihn je und je geliebt / Zeucht er Ihn hin zu sich / um nicht mehr hie zu wallen. Bedenkt die Seligkeit / in welcher Er nun schwebt; Ich weiß / Ihr werdet Ihm dieselbe nicht mißgönnen: Zumal weil Euer Sinn sich ebenfalls bestrebt / Aus diesem Jammer-Thal auch bald entfliehn zu können. Drum lasset uns vielmehr auf Sein Exempel sehn / Und der gezeigten Spur zu folgen uns bemühen:
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So werden wir auch einst / wie jetzt von Ihm geschehn / Bey unsrer Wallfahrt Schluß / hinauf gen Himmel ziehen.

Brabschrift.
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Mein Leser / dieser Leichen-Stein Schleußt einen solchen Cörper ein / Des Geist von ungemeinen Gaben. Den konte man nicht mit begraben. Die Welt hat länger Sein begehrt; Doch weil sie Seiner nicht mehr wehrt / Wolt’ Ihn allein der Himmel haben. Aus Mitleiden in schuldigster Ergebenheit gegen die Höchstbetrübte Familie vorgestellet von Johann Heinrich von Kalm.
SO legst DU / Seligster / Dich schon ins kalte Grab / Da man erst Deiner recht begunte zu geniessen: Da Deiner Liebe Strom sich wil erst recht ergiessen / So sieht man Deinen Leib erstarrt / und gehest ab / Gerechter Himmel / ist denn dieses dein Entschluß? Soll der den Würmern schon zur Kost und Speise dienen, Bey dem man Lieb und Treu so herrlich sahe grünen? Entziehest Du uns schon derselbigen Genuß? Ach! wir verehren ja und küssen Deine Hand / Ob sie uns jetzo gleich so tieffe Wunden schläget /
|| [41]
Und unsre Seel’ und Geist mit Schmertz und Kum̅er reget: Ist dessen Ursach’ uns schon fremd und unbekannt. Was ist es / das Du nicht / o Seligster / gethan / Uns und den Unsrigen Dein Vater-Hertz zu zeigen? Ach! hättest Du zu uns den Himmel können neigen / Es hätte Dich gefreut: jedoch o falscher Wahn! O Nicht- und Flüchtigkeit / und Hoffnung sonder Grund! So dieser Creyß der Welt in seinen Gräntzen heget / Wo nichts denn Unbestand sich reget und beweget: Wie leicht zerfällt / worauf der Menschen Hoffnung stund! Ein hartes wurd’ uns zwar vons Höchsten Hand erzeigt / Da ein zu früher Tod uns unsern Vater raubte / Doch war beym Ungelück ein Glück / so daß man glaubte / Der uns betrübt / wär’ uns zu trösten auch geneigt. Er setzte / Theurer Mann / Dich an des Vaters Statt / Ließ / was verlohren war / uns an Dir wieder finden / Und unsre Sorg’ und Gram hinwiederum verschwinden / Als sich Dein treues Hertz in Liebe zu uns that. Von der Zeit an hast Du vor unser Heyl gewacht / Nach unserm Wolseyn stets mit allem Ernst getrachtet / Die Mühe / so hierbey verknüpffet / nicht geachtet / Und uns zu Schuldener auf ewig Dir gemacht. Wir sind es nicht allein / den Du zum Schutz gedient: Es können Deine Treu auch noch viel andre preisen / Und haben auch davon viel Proben aufzuweisen / Bey welchen / wie bey uns / Dein Angedencken grünt. Es war Dein Redlich- seyn mit Klugheit vergesellt: Was Wunder war es denn / daß jederman Dich ehrte? Daß auch der Fürsten Lieb’ und Hertz sich zu Dir kehrte?
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Denn / sage mir / wer ist / dem dieses nicht gefällt? Wo findt sich Redlichkeit mit Weisheit auch gepaart? Ist nicht der meisten Sinn auf Trug und List gerichtet? Was ist es sonst / worauf der mehrste Hauffe dichtet / Als Schalckheit, Büberey / und was dergleichen Art? Dein Thun / o Seligster! war nur Aufrichtigkeit: Aufrichtigkeit / doch die ein kluges Hertz regierte / Das sonst auch überall bey Dir den Scepter führte In Deinem Reden, Thun / zu jeder Stund und Zeit. Glückselig ist / mit dem sich dieses Tugend-Paar / Klug- und auch Redlich- seyn im Leben fest verbindet. Gewiß / wo dieser Band sich unzertrennlich findet / Da ist der grosse Nutz zugleich auch offenbahr. Die reiche Frucht / so es bey Dir hervor gebracht / Ist keinem unbekannt / liegt jederman vor Augen: Ein solcher kan allein zu allen Dingen taugen, Ders so zu machen sucht / wie Du es hast gemacht. GOtt reicht Dir jezt den Lohn vor Deine Frömmigkeit / Vor Deine grosse Treu / vor Dein aufrichtig Lieben / So Du niemahls vergaßt am Nächsten auszuüben / Ohn einiges Beschwer / mit Freud’ und Willigkeit. Anjezt bestrahlet Dich der ew’ge Sonnen-Schein. Und wie Du Vaters Statt bey uns so wol vertreten / Und unser Wol gesucht mit Sorgen / Wachen / Beten / So wird auch itzo GOtt Dein gnäd’ger Vater seyn. In diesen geringen Zeilen wolten die letzte Pflicht gegen Den Wohlseeligen HErrn Abt, als ihren gewesenen treuen Vormund, beobachten Johann Julius Und von Damm. Ludewig Gebhardt
|| [43]

Der kostbahre und schmertzliche Verlust.
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GEtrübte / Deren Hertz ein Haupt-Verlust gerühret / Daß Ihr für Wehmuht ächzt / und gantz in Thränen schwimmt / Da Euch der strenge Tod das Allerliebst’ entführet / Und Euch des Hauses Licht / des Hauptes Crone / nimmt; Verzeihet / da mein Aug’ jezt selbst voll Zähren stehet / Wofern mein schwacher Kiel Euch wenig Trost gewehrt. Denn weil ein Theurer Freund mir durch den Todentgehet / So hat das herbe Leid auch meine Brust beschwert. Ein rechter / wahrer Freund / dem man sich kan vertrauen / Und dessen echte Treu die reine Probe hält / Läst sich zu dieser Zeit gantz wunderselten schauen / Und ist gewißlich schier ein Phoenix in der Welt. Den Selig-theuren Mann hat Klugheit zwar gezieret; Doch war ein falscher Sinn bey solcher gantz verbannt: Bey Ihm ward Redlichkeit aus jedem Thun gespüret / So Ihm der Menschen Gunst auch häuffig zugewandt. Drey Grosser Fürsten Huld / die Ihn so mild’ umfangen / Wovon Sein Ehren-Grab / nebst andern / Zeugniß giebt / Erweckte nie Sein Hertz an eigner Ehr zu hangen / Die Demuht war Ihm doch vor allen höchst beliebt. Verstand und Wissenschaft hat Ihn nicht aufgeblehet / Er haßte schnöden Ruhm und eitle Prahlerey;
|| [44]
Er hat Geringer Gunst und Umgang nicht verschmähet / Und war dabey ein Feind von aller Heucheley. Dahero konte man sich auf Sein Wort verlassen, Und in Vertraulichkeit mit Ihm zu Wercke gehn. Wenn jemand Er erwählt mit Freundschafft zu umfassen / Ist es ohn Eigennutz / und mit Verstand / geschehn. Und einen solchen Mann hab ich an Ihm verloren; Was Wunder / daß es mich in Hertz und Seele kränckt? Der allzeit mich geliebt / zum Freund auch mich erkoren / Wird leyder! unverhofft schon in das Grab gesenckt. Und darum kan ich Euch / Geliebte / nicht verdencken / Daß Ihr / wie ichs empfind’ / auch strenge Schmerzen fühlt / Da GOtt den bittern Kelch des Leides Euch wil schencken; Wiewol Er doch damit auf Euer Bestes zielt. Wahr ist es / seine Hand hat Euch den Schatz entrissen / Der Euch auf dieser Welt / nächst Ihm / der Liebste war: Ihr müsset einen Mann / Freund / Schutz und Vater missen: Es scheint / ob lief hierbey viel Gutes in Gefahr. Allein es hat nicht Noht / so lang als GOtt noch lebet / Der ewiglich nicht stirbt / und als das höchste Gut Sich selbst Euch allen gibt / an dem Eur Glaube klebet / Und der Eur Heil besorgt / so wie ein Vater thut. Deshalben laßt uns nur in seinen Willen schicken / Ob er den Wehrten Mann uns gleich entzogen hat / Das uns so schmertzlich fällt. Er selbst wil Ihn erquicken / Und weiß für Seine Pein / als Arzt / den besten Raht. Weil Er / als GOttes Knecht / im Amte treu gewesen / Spannt Er Ihn zeitig aus / und reicht den Gnaden-Lohn Ihm bey der frommen Schaar. Da ist Er nun genesen Von aller Quaal und Noht / und trägt die Ehren-Cron’.
|| [45]
Er hat die Marter-Woch’ alhier recht ausgestanden Vor Christi Marter-Woch’ / und in Gedult gesiegt Bey strenger Steines-Plag’; iezt ist die Zeit vorhanden / Da Er die Ostern hält / und ewig sich vergnügt. Und uns denckt GOTT der HERR von allen abzuziehen / Was Er nicht selber ist / und uns das Liebste scheint. Wir sollen lauterlich im Glauben zu Ihm fliehen: Denn selig ist allein / wer sich mit Ihm vereint. Die arme Creatur / so hoch sie auch zu schätzen / Schafft unsern Seelen doch nicht die verlangte Ruh / Drum soll man sein Vertraun aufs höchste Gut nur setzen; Was uns vergnügen kan / O Schöpfer! das bist du. Denn dieses ist dein Zweck: Du wilt die Hertzen haben; Drum nimst du / was uns lieb / vor allen andern hin. Wer sich dir gantz ergiebt / der bringt die besten Gaben / Und hat für Welt-Verlust den Himmel zum Gewinn. Nehmt dieses von mir an / Ihr höchst-betrübte Hertzen / Und duldet / daß GOtt Euch mit Thränen-Brodte speist: Ruft Ihn / als Vater an: Verbannet Ach! und Schmertzen: Erkennet seine Treu / so Er an Euch erweist. Ergebt Euch gantz / mit mir / in seinem heilgen Willen / Und schließt Euch insgesamt in seine Sorgen ein. So wird in kurtzer Zeit sich Euer Leiden stillen / Und was Verlust gebracht / Eur höchster Vortheil seyn. Zur letzten Ehren-Bezeugung und zu einigen Trost der Leid tragenden Familie schrieb dieses Philippus Julius Rehtmeier / Past. Mich.
|| [46]

INSCRIPTION.
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STehe still lieber Mensch! Der du Als ein Sterblicher und Pillgrimm Auf dem Wege zur Ewigkeit wallest Stehe still mit deinen Sinnen und Gedancken Bey dem ansehnlichen Grab- und Ehren-Mahle Des hier ruhenden Wohlseeligen und Weyland Hochwürdigen / in GOtt Andächtigen und Hochgelahrten EBERHARD FINEN Gewesenen Wolffenbüttelschen Consistorial-Rahts / Abts des Blanckenburgischen Closters Michaelstein / zu Blanckenburg Hoffpredigers und Beicht Vaters wie auch Superintendentens in Hochfürstlichen Wolffenbüttelschen Amte Campen /
Und endlich Treufleißigen Stifft- und Dom-Predigers zu St. Blasii in Braunschweig. Stehe stille / sage ich nochmahls / o sterblicher Wanderer! bey dessen vorgedachten Grabe / und lerne Von den Wohlseligen wohl und fleißig betrachten
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den Endzweck deines Thuns / Und das Ende deines Lebens / Damit du hier glücklich und dort ewig seelig lebest. Lerne von dem Wohlselig Verstorbenen das merckwürdige Symbolum, Oder den schönen Denck- und Wahlspruch: Expende Finem. Das ist: Erwege den Endzweck deines Thuns / und das Ende deines Lebens. Welchen Wahl- und Denckspruch der Wohlselige Herr Abt von denen Anfangs-Buchstaben semes Hochwehrten Nahmens vor vielen Jahren genommen; Ihme selbst und anderen zur heilsamen Erinner- und Betrachtung / Daß man seines Thuns Zweck / und seines Lebens Ende wohl erwegen müsse. Und daß der Wohlseelige beydes wohl erwogen / Hat sein klug und Christlich geführtes Leben / Wie auch sein seliges Ende gnug bewiesen. Seine Studia hat Er jederzeit fleißig / und bedächtlich Im Nahmen und zur Ehre GOttes / wie auch zu des gemeinen Bestens Nutzen angefangen und fortgesetzet. Und dabey durch fleißiges Beten nechst göttlicher Hülffe / Gnade und Seegen Einen solchen Zuwachs / absonderlich in der Theologie, erlanget / Daß Er Von Seinen Durchlauchtigsten wie auch Gnädigsten
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Fürsten und Herrn immer weiter befördert / und zu den grösten Ehren-Stellen in der Kirche erhoben. Wobey aber sein demüthiges Hertz sich gar nicht erhoben / Sondern gegen jederman dienstfertig / gütig und liebreich sich bewiesen. Seine Lehr-Arth war nicht nur solide und wohl gegründet / Sondern auch nerveus und wegen der beliebten Kürtze Sehr nachdencklich / erbaulich und sinnreich / Daher auch allen Klugen / und insonderheit Seinen Durchlauchtigsten und Gnädigsten Herrschafften / sehr angenehm. Welche Ihme auch als einen Geistreichen Lehrer Eine Gnade nach der andern bewiesen. Die auch nach seinen Tode nicht erstorben. Ob Er gleich gestorben. Denn als Er ungeachtet einer vermerckten Leibes-Schwachheit sich nach Blanckenburg begeben / Sein heiliges und hohes Beichtvater-Amt auf Verlangen bey Hofe zu verrichten / und Er dabey unvermuthet schwerlich kranck worden / und leider gar erkrancket; Hat Demselben Seine Durchlauchtigste und Gnädigste Herrschafft daselbst / nachdem SIE vor Seine Genesung alle Vorsorge aber leider vergeblich getragen / nicht nur ein schön Grabmahl verfertigen / Sondern auch eine ansehnliche Beysetzung und nach dieser eine öffentliche und Ehren-volle Leich-Begängnis geordnet;
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Damit das Ehrwürdige Gedächtnis Dieses frommen und gerechten Mannes bey Ihnen und andern beständig grünen und im Seegen bleiben möchte. Welches aus schuldigsten Beyleide zum Troste derer hinterlassenen Hochbetrübten, aus hertzlicher Liebe und Ergebenheit gegen SIE und dem Wohlseligen Herrn Abt als seinem von Jugend auf sonderlichen Freunde und Sönner zu Ehren hinzu fügen wollen Andr. zur Horst / Stiffts-Predigern in Walckenr. und Insp. derer Stiffts-Kirchen.

Thristliche Trauer- und Trost-Morte.
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DU mein betrübtes Hertz! Brich aus in bittre Klagen / Eröffne was dich kränckt aus deinen innern Grund. Was hilffts / wenn du dich wilt mit vielen Kummer nagen? Erleichtre dich mein Hertz! Vertrau es nur dem Mund. Ach Jammer! spricht der Mund / so wird man offt verlachet / Offt bringt die Lästerung es gantz verfälschet an / Und GOtt im Himmel weiß / wenn man was gutes machet / So ist es doch bald hier / bald dort nicht recht gethan. Wie manchen guten Trieb muß man zurücke halten / Bloß weil der Neidhard bald mit gelben Zähnen bleckt? Wie manches Andachts-Feur muß in der Brust erkalten? Damit die Schlangen-Brut nicht werde ausgeheckt.
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O höchst verkehrte Welt! Es wird der Seelen bange In diesen Thränen-Thal / in diesen Marter-Hauß / Sie schreiet mit Begier: Ach HErr / wie lang? ach lange? Wie lange bleibt mein GOtt mit seiner Hülffe aus? Gedult! mein liebes Hertz GOtt sammlet alle Thränen / Die dir der Schmertz gebierth / als deinen besten Schatz. Ein Christ muß immerfort nach seinen GOtt sich sehnen / Auf solche Weis’ erhält die Lust der Welt nicht Platz. Doch halt! Der innre Trieb hat mich zu weit geführet / Diß soll (ich weiß es wohl) ein Leich-Gedichte seyn. Mein Hertz wird mehr als viel durch diesen Tod gerühret / Ja er vermehrt den Schmertz / verdoppelt meine Pein. Weil Hohe Häupter selbst den Todes-Fall bedauren / Indem das äussere von ihren innren zeigt / So ist mirs wol erlaubt von Hertzens Grund zu trauren / Da sich ein GOttes-Mann zur Grabes-Höle neigt. Ein Mann voll Geist und Krafft / erfüllt mit Gnaden-Gaben / Die GOtt durch seinen Geist in eine Seele legt; Ein Mann / von dessen Art wir leider! wenig haben; Ein Mann / der manchen hat durch GOttes Wort bewegt. Er führte reine Lehr und auch ein reines Leben: Denn Wort und blosser Schein macht keinen GOttes-Knecht / Wer nur die Lippen GOtt / das Hertz der Welt will geben / Der treibt auf solche Art das Werck des HErren schlecht. Er ließ durch Eitelkeit der Welt sich nicht bethören / Er liebte JEsum mehr / als alles Gold und Geld;
|| [51]
Und bracht Ihn seine Treu zu vielen hohen Ehren / Blieb doch sein grösster Wunsch aufs Himmlische gestelt. Bey Ihm war Redlichkeit und Christliches Erbarmen / Viel Weißheit und Verstand / doch keine arge List; Er war von Hertzens Grund ein guter Freund der Armen / In allen seinen Thun ein rechter wahrer Christ. Dem ungeacht hat GOtt uns diesen Mann genommen Durch unverhofften Tod / durch trauriges Geschick / Die Zions Maure hat sehr grossen Riß bekommen / Ihr Augen / weinet itzt / weint über diesen Blick. Weint! weinet ungestöhrt: Denn DIE sind selbst betrübet / DIE GOtt als Götter hier hat über uns gesetzt. Er wurde jederzeit von IHNEN sehr geliebet. Was Wunder? daß mans fast vor unersetzlich schätzt? Und sehr bedencklich ists: Er kommt hierher gereiset / Sucht gleichsahm mit Bedacht den besten Sterbens-Ort; Da Er im Tode nun Die Hohe Herrschafft preiset / So / glaub ich / thut Ers auch vor GOttes Throne dort. Weil Er nunmehr dahin durch JEsu Blut gelanget / Wohlan! so stellen wir die Todten-Klagen ein; Weil Er vor GOttes Stuhl im hellen Lichte pranget / So müssen wir zugleich damit zufrieden seyn. Er rufft uns gleichsam zu: Ihr Sterblichen auf Erden / Bedencket wo ich bin / denckt an die Ewigkeit! Ach sorget! sorget doch / wie ihr wollt selig werden; Das Leben auf der Welt währt doch nur kurtze Zeit. Er hat nunmehr die Last auf Erden überstanden / Und der erfreute Geist schaut GOttes Angesicht / Die Seele ist befreit von diesen eitlen Banden /
|| [52]
Sie weiß in Ewigkeit von keinen Schmertzen nicht. GOtt / tröste du hiermit DIE / so du hast betrübet Nach deinen weisen Rath durch dieses Mannes Todt / Und überzeuge SIE / daß / wer sich Dir ergiebet / Entfliehe allen Schmertz / entgehe aller Noth. Auch der entseelte Leib geht zu der Ruhe-Kammer / Und was Ihn hat geplagt / davon ist Er nun frey; GOtt stillet seinen Schmertz und allen seinen Jammer. Wir gläuben daß dereinst ein Auferstehung sey. Aus guten Trieb und Hochachtung gegen den seeligen Herrn Abt wurden diese wenige Zeilen entworffen von J. M. Darnmann / Hoff-Diacono bey der Christlichen Schloß-Gemeinde zu Blanckenburg.

Schmertzhaffter Verlust eines unvergleichlichen Kleinodes.
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SO liegt das Kluge Haupt von acht und funfzig Jahren Und was noch drüber ist ein Kleinod unsrer Zeit / Des Braunschweigs schönste Zier / Herr Fine auf der Bahren / Erwehlet Staub und Sarg vor Frühlings-Lustbahrkeit. Wie! solte dieses nicht mir tieffe Wunden schneiden / Solt nicht mit Thränen sich ergiessen Aug und Geist? Da solch ein Ancker muß von mir sobald abscheiden /
|| [53]
Und mir des Todes-Grimm der Trost nechst GOtt hinreist. Ach Ja! mir bricht das Hertz / die Füsse stehn erschrocken / Mir bebet Zung und Hand / die Augen halten ein; Es schlagen bey mir an viel heisser Unglücks-Glocken / Und dieses macht mir noch die allerschwerste Pein; Daß Hochgelehrter-Witz zugleich muß seyn vergraben / Den stets ein frommer Geist in GOttessurcht geübt; Wir können niemand leicht hier SEINES Gleichen haben / Der so gelehret hat / wie jeder Zeugniß giebt. Den Hohen in der Welt macht dieser Fall viel Schmertzen / Die dessen Schweiß und Fleiß mit hoher Gnad erkant; Es klagt Ihn Land und Stadt / das Michelstein von Hertzen. Daß Ihnen sey geraubt ein Hochgeliebtes Pfand. Wir Lehrer trauren auch / daß unser Haupt gefallen / So mehr die Ewigkeit als Eitelkeit betracht / Könt ich vor Wehmuth nur von Ihm was mehres lallen / Er würd Ambrosio von mir seyn gleich gemacht. Indessen weil Er nun in Zions schönen Zinnen / Geneust der stoltzen Ruh vom Streit und Arbeit frey; So laßt / Hochwehrteste / laßt nicht mehr Thränen rinnen / Denckt / daß in GOttes Rath es so beschlossen sey / Mich selbst befriedigt dieß / daß Er schon angelanget / Zur Stadt in dero Thor sich Recht und Friede küßt / Dort wo Er unbekriegt mit Cron und Palmen pranget / Dieweil der HErr Sein Schild / Sein Lohn und Stadt-Recht ist.
|| [54]
Doch soll auch nicht bey mir Sein Angedenckeu schwinden Biß daß der blasse Tod mich endlich auch aufreibt / Und wir für GOttes Stuhl uns werden wieder finden / Allwo in süsser Lust Er unaufhörlich bleibt. Dieses Trauer-Gedichte wolte zur Bezeugung seiner annoch hegenden Hochachtung und Andencken der von Ihm genossenen vielen Güte auch schuldigen condolence an die Höchstbetrübte Familie abfassen und übersenden Johann Jacob Bossen Past. zu Abbenr. Und Subsenior in der Campischen Inspection.

a w. FINIUS TRIPTOLEMUS.
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TRiptolemus cadit! hincsacra plangit Eleusica (Triptolemus enim, ut vult Hyginus, vel, ut Pausanias mayult, Celei Eleusini Regis filius, natus est in Urbe Attica, quae dicitur Eleusis, vicina Athenis. Hincsacra Eleusinia.) tellus, Pan (Deus Pastorum.) gemit, atque Pales (Dea pabulorum.) almaque Vesta (Alia est Vesta mater, alia virgo; haec aedium singularum, ista totius terrae dea: de qua h. l.) dolet. Nam tacet omnis ager, silet occa, stupescit aratrum; Sunt feriae messi, sunt feriaeque sato. (Triptolemus enim primus omnium in Graecia agriculturae rationem creditur invenisse.)
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Triptolemus cadit! ipsa sacris quem prouida prunis, Lacteque diuorum mater Eleusis alit. (Cum enim Ceres quaereret terra ac mari Proserpinam, suam e Jove filiam, a Plutone raptam: & ex itinere diverteret in Eleusium oppidum; excipitur hospitio a Triptolemi patre, & in gratiam beneficii ejus filium adhuc infantem alendum suscipit, coelesti ac divino lacte illum enutriens interdiu, noctu vero eundem fouent carbonibus. conf. Callimach, hymn. in Cer. Servium in Georg. I. & ex his Carol. Stephani Dictionar. hist. geogr. sub nomine Ceres & Triptolemus Pantheon mythicum P. Franc. Pomey p. m, 149.) Quiceler excrescens (Quam adolescendi celeritatem miratus pater Triptolemi, voluit causam rimari, & Cererem educantem clam adspicere; sed curiositas ejus a Cerere fuit morte multata. l. c.) Cereris capit utile plaustrum, Et volat in cunctos, arva saturus, agros. (Vid. Hyginum fabul 147. & Ovid. 15. Metam.) Nec modo qui docuit sterilem mansuescere terram, Sed mores hominum noluit esse feros. (De Triptolemi legibus tria duntaxat praecepta in Eleusiaco templo extitisse scribit Xenocrates philosophus: Venerandos deos, honorandos parentes, carnibus non esse utendum. conf. Carol. Stephan. l. c. p. m. 2016.) Hic cadit! hic moritur! quae nunc, Parnassia rupes, Quae, chore Pieridum, sunt facienda Tibi? Dic age, quae Cereriac Hecate (Eleusinia sacra alia erant majora Cereri, alia minora, dicata Proserpinae sive Hecate. Plutarchus in Demetr. & ex co laudatus Pomey l. c.) sacra Eleusica facta Hactenus, ut contra sint sacra Triptolemi.
Hos ego Finiacos medio sub vertice Pindi Accepi lessos auribus ipse meis.
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Triptolemum dicunt musae, qui Finius olim Audiit, idque, ne ego hoc nomine laedar, agunt. Namque meam, (hoc norunt) qua cinctus & auctus honoris Laurum, prae reliquis hoc praeeunte, gero. Sic est; obstupeo totus, cum Finius umbras Clarus in orbe sacro fertur adire nigras. Interea haud erras, Helicon, dixisse beatum Triptolemum nostrum; nomen & omen habet. (Triptolemus idem est ac , terens manipulos siue hordaceos siue triticeos.) Trivit enim usque suo sacros sacro ore maniplos, Quas Christi fruges area cunque tenet. (l. Tim. V. 18.) Venturi nunquam timuit probus ille magistri Scopas verrentes, ventilabrumque (Matth. III. 12.) sui. Namque Ceres aluit puerum non ethnica nostrum, Sed, valido verbo qui gerit omne, Geres. (Hoc Cereris deae Saturno & Ope natae nomen deducunt alii a gerendis frugibus, ut Ceres sit quasi Geres. Cic. 2. de nat. deor. vel ab antiquo verbo cereo, quod idem est, ac creo, quod omnium frugum creatrix sit & altrix. Scalig. & Servius in I Georg. Quae sane nomina verius de Christo dici possunt, quippe qui verus ille Geres. Ebr. I. & creans Coll. I. 16. seque. Qui non solum cetera omnia creavit, & ecclesiam collegit, sed eam etiam conservat in hunc usque diem.) Lacte (1. Cor. III. 2. Hebr. V. 12.) euangelii puerum hic nutriuit, & igne
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Prunarum (Esaiae VI. 6.) fouit, quas tenet ara dei. Lactiflua ut tandem rursus sacra dogmata Christi Defaecato alios igne docere queat. Tum aurigam imponit sacro recto ordine plaustro, Angelum & huncmagnum per loca cuncta legat. (Ezec. I. 15. seque.) Latius ut spargat sanctissima semina verbi, Et sinat haud homines amplius esse feros. Vexit & altisonum multo discrimine currum Triptolemus noster, fasque bonumque colens. Perque urbes traxit, pagos, per moenia, septa, Principum & augustas rupit ad usque domos. Frangitur ast medio (dolor ah!) sub tramite currus Blanckenburgiaco, Triptolemusque perit. (Quod factum eheu! die XII. April. MDCC XXVI.) Finius ah! cecidit! gemit hinc Brunsuigica templi Blasiaci inprimis Triptolemique domus. Pan gemit AUGUSTUS, (Cujus fuit in templo ducali, quod est in arce Grauhoff, concionator.) Pan Herciniaeque RUDOLPHUS, (Cui non solum a concionibus, sed etiam confessionibus fuit supremus.) Brunsuiacum reliquum (Serenissimo enim Duci Brunsuico-Beverensi natu majori fuit itidem a confessionibus.) stemma dolore gemit.
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Namque suum patrem, jam doctorem, atque magistrum, Verbo: Triptolemum quisque obiisse gemit. Quid? gemit atque Pales, puto, curia magna sacrorum Custos; ejus enim pars quoque magna fuit. Nam silet omnis ager, Grauhof, tum Blasius, atque Campensis quicquid circulus omnis habet. Cedant Finiacis sacra tristia Eleusica lessis, Queis similes olim gens Jacobaea (Genes. L. 10.) tulit. Cum facibus queruli triuios percurrite calles, (Praeter ceteras sacris Eleusinis solitas ceremonias faces accensas ferebant, ad refricandam memoriam quaesitae a Cerere Proserpinae a Plutone raptae per triuia & compita Proserpinam magnis clamoribus vociferantes, tristique ululatu complentes omnia. Servius in 4. AEneid.) In quibus amissus Finius ille fuit. Ast st magna Viri mors alta silentia poscit, Namque sub hoc obitu multa tacenda latent (In utris que Eleusinis sacris, de quibus supra, mirum erat silen tium perpetua que taciturnitas: Sic, ut ex iis quidpiam euulgare nefas esset: Hinc natum mysterii nomen , os claudere Senec. l. VII. nat. qu. c. 31. p. m. 795.) Ergo tacete obitum hunc, arx ne Brunsuigica duplex Audiat hos lessos principum & alma Trias, Nec viduata toro conjux, genitoreque proles Bina orbata cadat vulnere tacta nouo. Sed propera Eusebie tumulum, Polyhymnia carmen,
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Tuque Clio insculpas funeris omne caput: Triptolemum, plaustro lapides qui triuit & agros, Mortifer huncce lapis calculus atque terit Hoc Epicedio memoriam Viri Patroni sui in vita venerabilis venerari etiam in morte voluit debuit J. H. Schrodt. Schol. Cathar. ConR.

Ps. CXIIX. v. 17. Ich werde nicht sterben, sondern leben. Ein PROGNOSTICON Zur Unsterbligkeit.
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WEr JEsu wahres Wort wird biß ans Ende halten / Der stirbt im Sterben nicht / er lebt in Ewigkeit; Muß gleich der schwache Leib in dieser Zeit erkalten / Fährt doch der Geist zu GOtt und zur Unsterblichkeit.
Natürlich ists / daß uns des Todes Wermuth schrecket / Wenn Leib und Seele soll vonander scheiden ab / Und unser Leib nachher wird in die Erd verstecket / Verweset und vergeht in einem dunckeln Grab.
Doch wird ein gläubig Hertz von diesem nichts empfinden / Weil es aus GOttes Wort sich wohl bescheiden kan / Daß solcher Tod herrühr von Adams ersten Sünden / Und durch die Sünde auch gepflantzt auf jedermann.
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Nun sollen wir hier nicht ein ewig Bleiben haben / GOtt unser Schöpffer hat ein bessers ausersehn / Auf unaussprechlich Art will er uns dorten laben Wenn wir als treue Knecht / in seine Freude gehn.
So hab Wohlseeliger! Dich kurtzens reden hören In unserm GOttes-Hauß / das Dir vertrauet war / Dein treuer Hirten-Mund hat uns recht wollen lehren / Zu gehen aus der Welt und zu der Engel-Schaar.
JEsus / den DU uns und Dir selbst hast fürgestellet Zum Helffer: hat gethan / warum er angefleht; Dich wie Eliam bald zum heil’gen Chor gesellet / Und über alle Stern mit Himmels-Glantz erhöht.
Diß war Dein Hertzens-Wunsch / Dein Sehnen / Dein Verlangen / Dein Lehren / Deine Bitt an Deine Schäffelein / An diß vergängliche nicht allzusehr zu hangen / Dein letzter Wunsch trifft recht mit Deinem Ende ein.
„JEsu! wer dein Wort hält der wird den Tod nicht sehen / „Und zur Unsterblichkeit durch sanfftes Sterben gehen / „Halt uns bey deinem Wort in Glaubens Freudigkeit / „Und führ auch durch den Todt uns zur Unsterblichkeit.
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Unsterblich lebest Du durch Deinen festen Glauben Bey GOtt im Himmels-Thron / in Deines JEsu Schooß Und weil Dein Glaube nicht bestund auff schwachen Schrauben / So spricht Dein Helffer Dich von aller Untreu loß.
Unsterblich bist Du hier von wegen Deiner Thaten / Dein unsterblicher Nahm bleibt in der Nach-Welt stehn Unsterblich bleibest Du denen so Du gerathen Die jetzt als Witw’ und Weys’n Dir höchst-betrübt nachsehn.
Doch faßt die Thränen auff Ihr die Ihr höchst betrübet / Und dencket daß es GOtt also beschlossen hat / Daß ihm auch das gehört / was Ihr am höchsten liebet / Denn was GOtt thut / das ist recht gut auch in der That.
Unsterblich bleibst Du mir / o Theurer Mann! bekleben Ins Hertz; Was väterlich Du hast an mir gethan / Dafür sey ewiglich in Deinem Freuden-Leben Der allerhöchste GOtt / Dein Schild und grosser Lohn. Dieses wolte zum Trost der Höchstbetrübten Frau Wittwen / Kinder und gantzen Leid-tragenden Hohen Familie, auch zum Merckmahl Seiner Devotion, zum Danck-Opffer der von Jugend auf biß hieher genossenen väterlichen Treue und Beystandes aus der letzten Predigt des Wohlseeligen Herrn Abts erinnerlich machen Der Hinterlassenen Höchstbetrübten Familie verpflichtester Diener. Johannes Martinus Bonnichius. Praecentor & AEdituus S. Blasii.
|| [62]

SChleuß / theurer Mann / in Deiner Kammer / Itzt Deine matten Augen zu / Weil hier doch nichts als lauter Jammer / Biß uns der Tod bringt zu der Ruh / Je mehr wir zählen graue Haare / Jemehr wächst bey uns Angst und Pein / Und letzt muß eine Todten-Bahre Der beste Sold für alles seyn. DEIN Lob sol bey uns unterdessen / Ins Hertze feste sein gedrückt. Es bleibt die Guthat unvergessen / Womit DU offtmals uns erquickt / Wir rühmen Deine milden Hände / Ingleichen Deine Vater Treu / Und glauben / daß mit Deinem Ende / Uns vieles weggerissen sey. Nur diß befördert unsre Thränen / Daß DU so frühe von uns gehst / Wir werden uns noch lange sehnen, Nach dem der uns bißher getröst. Jedoch wir hemmen unsre Klagen / Und gönnen DIR die sanffte Ruh /
|| [63]
DU bist nun frey von allen Plagen / Die vormahls auf DICH setzten zu. DU lebst nunmehr in Himmels-Auen / Da uns die Welt noch dienstbar hält / DU kanst auf ewig JEsum schauen / Wohl dem / der so geht aus der Welt / Dieses schrieb mit betrübter Feder aus schuldiger Hochachtung und Veneration gegen dem Wohlseeligen Herrn Abt Johann Andreas Krebß / Cant. und Org. zum Cl. Michaelstein.
|| [ID00138]

Druckfehler.
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In der Predigt.
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Pag. 3. lin. 2, XXXIII. liß XXXVIII.
P. 10. l. 7. Meifler liß Meister.
P. 11. l. 15. GOtes liß GOttes.
P. 12. l. 10. Cbristi liß Christi.
P. 12. l. 17. 2. Sam. liß. 1. Sam.
P. 13. l. 19. großmuhtigen liß großmühtigen.
P. 25. l. 6. unsern liß unsers.
P. 29. l. 17. nns liß uns.
P. 46, l. 16. sicheru liß fichern.
P. 52. l. 2. gorsser liß grosser.

In den Personalien.
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Pag. 58. lin. 27. besonderu liß besondern.
P. 58. l. 30. nit liß nicht.
P. 60. l. 24. was sonst von dem liß was sonst dem.
P. 61. l. 26. wie der Tod / welcher weder liß wie der Tod weder.
P. 62. l. 19. Da liß Ja.
Pag. 66. l. 5. deutlicher würden die Jahre des Lebens ausgedrückt seyn, wann 57. Jahr 4. Monat und 18. Tage gesetzetworden.

In der Parentation.
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Pag. 7. lin. 16 Durchlauchste liß Durchlauchtigste.

In Epicediis.
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Pag. 27. l. 12. eie liß die.
P. 53. l. 7. Gottessurcht liß Gottesfurcht.


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