Transkription

Beneke, Johann Gerhard: Militiam contra Malitiam Oder Die wol-geübte Ritterschafft der Gläubigen.
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MILITIAM contra MALITIAM Oder Die wol-geübte Ritterschafft der Bläubigen / Zeigete zur Christlichen Nachfolge In Des Weiland Hoch-Ehrwürdigen / Hoch-Edlen und Hochgelahrten Herrn / HERRN M. Albrecht Fiedler Knopffs / Hoch-verordneten Königl. Preußischen und der Stadt Minden INSPECTORIS und PASTORIS PRIMARII, Als derselbe im funfftzigsten Jahre seines erreichten Alters den 4. Febr. 1715. des Nachts zwischen 10. und 11. Uhr sanfft und selig in seinem Erlöser entschlaffen / Und darauf Am 10. desselben Monahts Dom. 5. post Epiph. Nachmittags / der entseelte Cörper in hiesiger Evangelisch-Lutherschen Haupt-Kirche S. Martini zu seine Ruhe-Kammer / Bey ansehnlicher und Volck-reicher Trauer-Versammlung gebracht wurde / Selbst-erwehltem Leichen-Spruche JOHANN GERHARD Beneke / Pastor ad Martini & Beati Spec. Coll.
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Minden / gedruckt bey Johann Detleffsen / Königl. Preußisch. privil. Buchdr.
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Diese in Druck verlangete Ehren- und Bedächtniß-Predigt überreichet Der hinterlassenen hertzlich betrübten Frau Mittwen / und Dero schmertzlich Leyd-tragenden Kindern / ja der sämtlichen Vornehmen Freundschafft / Mit hertzlichem Wunsche: Daß gleichwie Sie des Leidens Christi viel haben / Sie auch reichlich wiederum mögen getröstet werden durch Christum /
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Deroselben Ergebener Diener und Fürbitter J. G. Beneke.
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JEsus / der dem Tode die Macht hat genommen / und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht / durch das Evangelium / Helff uns allen ritterlich ringen / Vom Tode ins Leben dringen! Amen.
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Hertzlich Geliebte / zum Theil schmertzlich Betrübte / allerseits andächtige und GOtter-gebene Hertzen in Christo.
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WEnn ich umher sehe in dieser grossen / ansehnlichen Trauer-Versammlunge / welche zum letzten Ehren-Gedächtnisse des Weiland Hoch-Ehrwürdigen / Hoch-Edlen und Hochgelahrten Herrn M. Albrecht Fiedler Knopffs / hochverordneten Inspectoris und treu-fleißigen Pastoris Primarii hieselbst / dessen erblasseter Leichnam vor unsern Augen in seinem Sarge ruhet / angestellet ist / sehe ich gleichsam vor mir / was ehemahls der heilige Prophet Hesekiel (Ezech. 2. ult.) sahe / nemlich einen ausgebreiteten Brieff / beschrieben auswendig und inwendig / vom Anfange bis zum Ende / durch und durch mit Klage / Ach und Weh. Der gerechte GOtt stellete dem Propheten damit vor das mannigfaltige und gehäuffte Elend / welches noch zukünfftig
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war / und über das Jüdische Volck um ihrer Sünde willen kommen solte / da die frevelhafften Juden gleich dem aus- und inwendig mit Klag / Ach und Weh beschriebenen Brieffe / würden inwendig Furcht / auswendig Streit / ja allenthalben Trübsal haben / und an allen Seiten geängstiget werden / also / daß man unter und von ihnen nichts anders würde hören / als Klage / Ach und Weh / Lamentiren und Queruliren / Heulen und Weinen. Und uns allen mag solcher ausgebreitete Klag-Brieff nicht ungereimt vorstellen das gegenwärtige Klagen / Ach und Weh über dem plötzlich unvermuhteten Abschied und Hingang unsers Wohl-Seligen Herrn Inspectoris. Klage / Ach und Weh ist es / was ich in diesem Klag- und Trauer-Hause höre! Die hoch-betrübte Frau Wittwe klaget und lamentiret (2. Sam. 14, 5.) : Ich bin eine Wittwe / ein Weib das Leide träget / und mein Mann ist gestorben! Es ist mir genommen mein Mann / der mich geliebet als sich selbst! Es ist mir entrissen mein Isaac / der für seine Rebecca gebetet; mein Hertzens-Tobias / der seine Hanna kräfftiglich getröstet! Ach / ach! wie bange ist mir / daß mirs im Leibe davon wehe thut / mein Hertze wallet mir in meinem Leibe / denn ich bin hoch-betrübet / der Tod hat mich zur Wittwe gemacht (Thr. 1, 20.) ! Der HErr / HErr hat mir ein Hartes erzeiget / der HErr hat mich verlassen / der HErr hat mein vergessen! Ach über ach / Aechtzen und Seufftzen höre ich von den sechs und noch grössesten Theils unmündigen Kindern / welche mit einhelliger Stimme die schmertzhaffte Wehmuht ihres verwundeten Hertzens unter häuffigen Thränen entdecken / und unter gehäufftem Ach / schreyen (Thr. 5, 3.) : Wir sind Waysen / und haben keinen Vater / und unsere Mutter ist eine Wittwe! Weh und Weh-Geschrey mag führen die gantze Gemeinde aus Jeremiae Klag-Liedern (Thr. 5, 16.) : O weh / daß wir so gesündiget haben! Unser liebe Seel-Sorger hat uns gelehret und vermahnet / gebeten und geflehen / aber wir haben nicht gehöret noch gehorchet; Er hat uns gestraffet / aber wir haben uns nicht gebessert. O weh uns nun / daß wir seiner nicht länger wehrt gewesen! Weh uns / seufftzen und klagen Wittwen und Waysen / wir haben an Ihm verlohren einen liebreichen Vater und treuen
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Pfleger! Insonderheit führen dieses Weh-Geschrey seine lieben Beicht-Kinder / über dem Verlust eines getreuen Beicht-Vaters und Seel-Sorgers. Nicht weniger beklaget diesen tödtlichen Riß das hiesige geistliche Ministerium, welches sich beraubet siehet eines redlichen Mit-Arbeiters in dem Weinberge GOttes; absonderlich für meine Person / da ich Zeit meines hier in das zwölffte Jahr geführten heiligen Ampts / nun das andere mahl meinem wehrtesten Herrn Special-Collegen und lieben Beicht-Vater die Ehren- und Gedächtniß-Rede halten muß. Jedoch! wo gerahte ich hin? Ist mir schon tota facies Ecclesiae und der Anblick gegenwärtiger Trauer-Versammlunge / wie ein mit Klage / Ach und Weh beschriebener Brieff / so sind wir doch nicht in diesem GOttes-Hause bey einander zu lamentiren / heulen / klagen und weinen / sondern uns zu erbauen / und die Betrübten zu trösten. Damit wir nun diesen heiligen und heilsamen Zweck erlangen mögen / wollen mir um den nöhtigen Beystand des Heil. Geistes in andächtiger Stille beten / wie uns Christus JEsus selber zu beten gelehret und befohlen hat.

Der von unserm Wol-Seligen Mit-Bruder selbst erwehlte Gedächtniß-Spruch befindet sich im 16. und 17. Verse des 17. Capitels der Propheceyunge Jeremiä / also lautend:
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ABer ich bin darum nicht von dir geflohen / mein Hirte / so habe ich Menschen-Tage nicht begehret / das weist du; was ich geprediget habe / das ist recht für dir. Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht.

Eingang.
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Ube eine gute Ritterschafft! So ermuntert Geliebte / theils schmertzlich Betrübte / allesammt Andächtige in Christo JEsu / der
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heilige Apostel Paulus seinen rechtschaffnen Sohn im Glauben / den Timotheum zum geistlichen Kampff und Streit / darin zu üben eine gute Ritterschafft (1. Tim. 1, 18.) . Streiten und kämpffen ist der Zustand der Gläubigen in der Welt / nach dem Ausspruch Hiobs (Hiob 7, 1.) : Muß der Mensch nicht immer im Streit seyn? da er mit seiner Frage die allerstärckeste Bejahung gibt. Gläubige und Fromme haben hier in der Welt sich keine gute Tage und Ruhe zu versprechen / denn wo man immer im Streit leben und daran seyn muß / daß man die Oberhand behalte / da ist kein ruhig Leben. Ihr Leben ist streiten und kämpffen / sie sind zum Kampff gebohren / wie der Fisch zum Schwimmen und der Vogel zum Fliegen / ja sie haben sich in der heiligen Tauffe dazu annehmen lassen und Christi Blut-Fähnlein geschworen. Es fehlet ihnen an Feinden und Antagonisten nicht / welche wider sie zu Felde ziehen / und ihnen genug zu schaffen machen. Hieher haben die Alten gezielet mit den bekandten Versen:
Nunquam bella piis, nunquam certamina desunt, Et quo cum certet, mens pia semper habet. und dieses bekräfftiget in allen eine gläubige Seele aus selbsttäglicher Erfahrunge. Ihre geistliche Feinde sind Teuffel / Welt und Fleisch. Der Teuffel ist unser abgesagter Feind; Groß Macht und viel List Seine grausame Rüstung ist / Auf Erden ist nicht seins gleichen. Er weiß heimliche geschwinde Schliche / und seine Lock-Speise nach eines jeden Appetit zu bereiten. Er macht die Sünde süß und geringe / ehe sie begangen / und gibt den Lastern den Schein einer Tugend; wenn aber die Sünde begangen ist / nennet er selbe dem Cain grösser / denn daß sie möge vergeben werden. Er begehret unser / daß er uns möge sichten wie den Weitzen / er ängstet manchen auch mit allerhand schwermühtigen zweiffelhafften Gedancken / als mit feurigen Pfeilen / die Seele zu verwunden / und dieselbe dadurch um das Kleinod der ewigen Seligkeit zu bringen. Er brüllet nach unser Seele / wie der Löwe nach dem Raube / denn seinen Hunger kan er nur mit Menschen-Seelen stillen. Er kommt auch manchem so nahe / daß er ihn mit Fäusten schläget / wie den Apostel Paulum (2. Cor. 12, 7.) / oder ihn nicht nur am Gute / sondern auch am Blute beschädiget / wie den Hiob.
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Die Welt oder gottlose Welt-Kinder / als des Teuffels Schuppen / streiten wider die gläubige Kinder GOttes / entweder mit süssen Worten / oder mit harten Dräuungen. Bald kommt ein listiger Laban / bald ein zorniger Esau; Zur Rechten ist ein schmeichelnder Joab / zur Lincken ein falscher Judas. Die Welt / spricht D. Heinrich Müller (in seiner 116. Erquick-Stunde.) / locket dich durch ihre Kinder mit verführischen Worten / durch ärgerliche Exempel / durch ihre Güter / Ehre und Wollüste. Wo sie mit ihrem Locken nichts erhalten mag / fänget sie an dich zu schrecken mit Dräu- und Schmäh-Worten / mit Noht und Trübsal. Endlich / so ist Fleisch und Blut der gefährlichste Feind / weil wir diesen im Busen tragen. Dieser in deinem Fleisch und Blute sich aufhaltende Feind / die Sünde / ficht dich immer an / und fordert deine Glieder zu ihrem Gehorsam / oder wirfft zum wenigsten bald diß / bald jenes in den Weg / und hindert durch seine Trägheit die fertige Willigkeit des Geistes. Wider diese deine geistliche Feinde must du nun üben eine gute Ritterschafft / streiten einen guten Streit / oder kämpfsen recht (2. Timoth. 2, 5. legitimè.) . Sucht der Satan / als ein ausbündiger Methodicus und arglistiger Tausend-Künstler / durch seine heimliche Schliche und Rencke / durch allerley Schalckheit und Griffe dich zu verschlingen / übe wider ihn eine gute Ritterschafft / widerstehe ihm fest im Glauben (1. Pet. 5, 9.) . Locket dich die Welt mit süssen Worten und herrlichen Verheissungen / traue ihr nicht / und übe eine gute Ritterschafft / habe nicht lieb was in der Welt ist / nemlich Fleisches Lust / Augen-Lust und hoffärtiges Leben (1. Joh. 2, 16.) . Dräuet selbe mit harten Worten / fürchte dich nicht / dann alles was von GOtt gebohren ist / überwindet die Welt / und unser Glaube ist der Sieg / der die Welt überwunden hat (1. Joh. 5, 4.) . Laß es dir gleich viel seyn / die Welt mag lieben oder hassen / loben oder lästern / hertzen oder schmertzen. Wollen die fleischlichen Lüste deine Seele einnehmen und beherrschen / übe eine gute Ritterschafft / enthalte dich von fleischlichen Lüsten / welche wider die Seele streiten (1. Pet. 2, 11.) / wandele im Geist / so wirst du die Lüste des Fleisches nicht vollenbringen (Gal. 5, 16.) / creutzige dein Fleisch samt den Lüsten und Begierden (Gal. 5, 24.) .
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Wie aber und mit was für Waffen diese gute Ritterschafft müsse und könne wider unsere geistliche Feinde geübet werden / lehret uns der heilige Prophet Jeremias mit seinem eigenen Exempel. Dasselbe von ihm demnach recht zu lernen / wollen wir in unserm Leichen-Spruche zur Christlichen Nachfolge und Ermunterung besehen

Militiam contra Malitiam, Oder: Die wolgeübte Ritterschafft der Bläubigen. Hülffs-Wunsch: Du Sieges-Fürst / HErr JEsu Christ / Hilff uns kämpffen / Hilff uns dämpffen Teuffel / Welt und Sünden / Hilff uns frölich überwinden! Amen.
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Abhandelung.
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DIe von unserm Wol-Seligen / lieben Mit-Bruder selbst-beliebige Text-Worte sind diese: Aber ich bin darum nicht von dir geflohen etc. Als ich solche zum ersten mahl unter heiliger Anruffunge des Allerheiligsten durchsahe / stellete sich mir darin vor: Idea boni Pastoris, das Bild eines rechtschaffenen geistlichen Haußhalters / nach den Worten Christi (Luc. 12, 42.) / in seiner Treu und Klugheit. Wie ich dazu laß den unmittelbahr vorhergehenden Vers: Siehe / sie sprechen zu mir: Wo ist denn des HErrn Wort? Lieber / laß hergehen / und diesen mit unserm Leichen-Spruche zusammenhielte / fand ich in selben: Antidotum Melancholiae, oder das beste Recept für Traurigkeit / wenn man nemlich GOtt dem HErrn im Glauben anhanget / und dessen Beystand inbrünstig verlanget. Nachdem ich mir aber das standhafftige Hertz und heilige Wolverhalten des Jeremiae zu Gemühte führete / traff ich darin an die wolgeübte Ritterschafft der Gläubigen / wobey ich dann versprochener massen bleibe.
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Wilt du demnach mein wehrtester Christe / wider deine geistliche Feinde eine gute Ritterschafft üben / so ist es nicht gethan mit leiblichen Waffen / wie Petrus dort mit dem Schwerdte drein schlug. Nach eisern Schwerdtern / Spiessen und dergleichen fraget der Teuffel nichts / will man zu ihm mit dem Schwerdt oder mit Spiessen / Geschoß und Pantzer / so reget er sich nicht / er achtet Eisen wie Stroh / und Ertz wie faul Holtz / den Hammer achtet er wie Stoppeln / er spottet der bebenden Lantzen (Hiob 41, 17.) . So helffen auch hier andere menschliche Mittel nicht / damit man einem leiblichen Feinde sonsten beykommt. Nicht Reichthum / nicht Beredsamkeit / nicht Ehre / nicht Heucheley noch Schmeicheley / sondern wie die Feinde gelstlich sind / also müssen es auch geistliche Waffen seyn (2. Cor. 10, 4.) / Waffen des Lichts (Rom. 13, 12.) / Waffen der Gerechtigkeit (Rom. 6, 13.) / und diese nehmen wir allein her aus der von dem heiligen Apostel Paulo aufgeschlossenen und uns eröffneten Rüst-Kammer des Heil. Geistes. In diesem himmlischen Zeug- und Rüst-Hause zeiget uns nun der auserwehlte Rüst-Zeug Paulus einen ziemlich-starcken Vorraht (Eph. 6, 11. und folgenden.) . Drey Schutz-Wehre: Den Gürtel der Wahrheit / den Brust-Harnisch / Krebs oder Pantzer der Gerechtigkeit / und die Stieffel der Beständigkeit. Hernach drey Siegs-Wehre: Den Schild des Glaubens / den Helm des Heyls und das Schwerdt des Geistes (Potentaten / schreibet ein belesener Theologus, haben ihre gewisse Rüst- und Zeug-Häuser / und der König aller Könige hat auch seine Waffen- und Zeug-Häuser / eines in dem Reiche der Natur / Jer. 50, 25. Sir. 39, 33. & Sap. 5, 18. das andere in dem Reich der Gnaden / daraus er seine Gläubige wider ihre Feinde wapnet un̅ rüstet.) . Wir nehmen nach Veranlassunge unsers Leichen-Spruchs davon nur drey / um damit wider unsere drey geistliche Feinde / Teuffel / Welt und Fleisch eine gute Ritterschafft zu üben / uns zu schützen und zu wehren / nemlich:
I. Den Schild des Glaubens / II. Das Schwerdt des Geistes / und III. Die Drommete des Gebets. Erstlich must du dich wider deine geistliche Feinde zu schützen / vor allen Dingen ergreiffen den Schild (Einem Schilde wird sonst verglichen GOtt / Ps. 3, 4. 7. 11. etc. Gen. 15, 1. das Wort GOttes / Ps. 91, 4-Prov. 30, 5. Obrigkeit / Ps. 47, 10. Heiligkeit / Sap. 5, 20. Fr. und schafft / Sir. 37, 5. Hülffe / Ps. 35, 2. Gnade / Ps. 5, 13. Allmose / Sir. 29, 16.) des Glaubens mit
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dem Propheten Jeremia / aus den ersten Worten unsers Texts: Aber ich bin darum nicht von dir geflohen / mein Hirte / so hab ich Menschen-Tage nicht begehret / das weist du. So stellet sich Jeremias da als ein geistlicher Krieges-Mann / und führet den Schild des Glaubens: denn / wie die Römische Soldaten ein grosses / länglichtes Schild an ihren lincken Arm bunden / denselben vor den Leib hielten / und damit des Feindes Streiche oder Schüsse auffiengen und abwendeten / so ist bey den geistlichen Streitern Christi ihr Schild der Glaube und das kindliche Vertrauen zu GOtt dem himmlischen Vater. Die Schilde hat man vorzeiten gemacht aus Gold / Silber / Eisen / Ertz und dergleichen (1. Reg. 10, 16. und 14, 26. 1. Maccab. 6, 39. und 14, 24.) ; der Glaube aber ist viel köstlicher / denn das vergängliche Gold im Ofen. Die Schilde waren von mancherley Farbe; der Glaubens-Schild ist roht vom Blute JEsu / anzeigend / daß der Glaube ein beschützendes Schild sey / nicht aus sich und seiner Krafft / sondern durch die Krafft JEsu / welchen er ergreifft und umfasset. Diesen geistlichen Schild des Glaubens gebrauchte der Jeremias / sprechend: Aber ich bin darum nicht von dir geflohen etc. Jeremias hatte sehr schlimme und trübselige Zeiten / und waren solche seine Trübseligkeiten so viel und mannigfaltig / daß er wol recht als mit einem Joche umschlossen / vorgestellet werden möchte / nicht nur damit abzubilden das schwere Joch der Babylonischen Gefangenschafft / welches die Juden um ihrer halsstarrigen Boßheit willen drücken solte (Jerem. 27.) / sondern auch und vielmehr seine in solchen bösen Zeiten selbst-erlebte Fata und erfahrne harte Bedrengungen. Der HErr HErr hatte ihn über Völcker und Königreiche gesetzet / daß er solte ausreissen / zubrechen / verstöhren und verderben / bauen und pflantzen (Jer. 1, 10.) / nicht durch Krieg und Waffen / sondern mit Predigen und Weissagen. Wie er nun solchem himmlischen Befehle nach dem Vermögen / das GOtt dareichet / fleißig und eyferig nach kam / die Boßheit straffte an Hohen und Niedrigen / an Grossen und Kleinen / und zu ihnen sagte (Jer. 2, 19.) : es ist deiner Boßheit Schuld / daß du so gestäupet wirst / und deines Ungehorsams / daß du so gestraffet wirst / so war jederman wider ihn. GOtt hatte sie gepflantzet zu einem süssen Weinstock / zu
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einem gantz rechtschaffenen Saamen / aber sie geriehten ihm zu einem bittern wilden Weinstock (Jer. 2, 21.) / sie kehrten GOTT den Rücken zu (Cap. 2, 27.) / wandelten nach den Gedancken ihres bösen Hertzens (Cap. 3, 17.) / giengen von einer Boßheit zur andern (Cap. 9, 3.) / sie sprachen: ich will nicht so unterworffen seyn (Cap. 2, 20.) / und thaten dergleichen Boßheit / dafür sich der Himmel entsetzete und erschrack (Cap. 2, 12. 13.) / sie thaten eine zwiefache Sünde / GOtt die lebendige Quelle verliessen sie / und machten ihnen hie und da ausgehauene Brunnen / die doch löchericht waren und kein Wasser hielten. Es gieng überall im gantzen Lande greulich und scheußlich zu / und das für und für / ja sie hielten so hart an dem falschen Gottesdienst / daß sie sich nicht wolten abwenden lassen. Keiner war / dem seine Boßheit leyd gewesen und gesprochen: was mache ich doch? sie lieffen alle ihren Lauff / wie ein grimmiger Hengst im Streit (Cap. 8, 5.) . In diesem ihren gottlosen Wesen und widerspenstigen Leben wurden sie von den falschen Propheten gestärcket und sicher gemacht / welche ihnen predigten falsche Gesichte / Deutung / Abgötterey und ihres Hertzens Triegedrey (Cap. 14, 14.) / und sprachen: es wird kein Schwerdt noch Theurung in diß Land kommen / daher es ihnen leyd war / daß sie es nicht ärger machen konten (Cap. 9, 5.) . Uber solch ihr undanekbares / halsstarriges Verfahren muste nun billig der gerechte GOtt seine Klage führen (Cap. 2, 21.) : Wie bist du mir denn gerahten zu einem bittern wilden Weinstock? und bald darauf (Cap. 4, 22.) : Mein Volck ist toll und gläuben mir nicht / thöricht sind sie und achtens nicht / weise sind sie gnug übels zu thun / aber wolthun wollen sie nicht lernen / etc. Ja / der heilige GOtt / dem gottloses Wesen nicht gefällt / welcher kein Hertz zu diesem Volck hatte (Cap. 15, 1.) / und des Erbarmens müde ward (Cap. 15, 6.) / ließ sie dennoch durch seinen Propheten warnen in vielen Buß-Predigten (Cap. 1. bis 12.) und vermahnen / ihre Missethat zu erkennen (Cap. 3, 13.) / ihr Hertz von der Boßheit zu waschen (Cap. 4, 14.) / sich zu bessern / ehe sich sein Hertz von ihnen wende / und er Jerusalem zum wüsten Lande mache / darin niemand wohne (Cap. 6, 8.) / und dergleichen. Aber alles umsonst / sie fragten so viel nach Jeremiae Predigten / als vorgestellte und die zornige Heimsuchunge bekräfftigende Zei
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chen (Jer. 13. und folgenden.) / sie sprachen aus verstocktem Hertzen (Cap. 6, 16. 17.) : Wir wollens nicht thun / wir wollens nicht thun. Weil nun Jeremias des Dräuens so voll / daß ers nicht lassen konte (Cap. 6, 11.) : wie der Löwe / der König zu Babel daherfahre aus der Hecke / aus seiner Residentz / und der Verstöhrer der Heyden einherziehe aus seinem Orte / ihr Land zu verwüsten / und ihre Städte auszubrennen (Cap. 4, 7.) / und dergleichen hin und wieder / so war sein Propheten-Lohn schlecht / jedermann haderte und zanckete wider ihn im gantzen Lande / ja GOtt offenbahrete und zeigete ihm der unbeschnittenen Hertzen ihr Fürnehmen / daß sie ihn / wie ein arm Schaaf zur Schlacht-Banck führen wolten (Cap. 11, 18.) . Was noch mehr / sie sprachen ungescheuet zu ihm (Cap. 11, 21.) : weissage uns nicht im Namen des HErrn / wilt du anders nicht von unsern Händen sterben. Was deucht euch hiebey / und wie steht euch dieses Tractament an? hätte der Prophet Jonas dieses Complementiren zum Hauß hinaus / erfahren sollen / er würde ohn alles Bedencken weggegangen seyn / und sich für seine Bedienung bedancket haben. Denn da er nicht wolte gen Ninive gehen / aus Furcht seiner fruchtlosen Ampts-Verrichtungen / wie bald würde er nicht wieder aufgebrochen seyn / wenn ihm dergleichen gottlose Begegnungen zugestossen wären / und da er nicht zufrieden / als die Niniviten sich auf seine Buß-Predigt änderten und bekehrten / was solte er Fuß gehalten haben / wenn Ninive ihm den Tod gedräuet oder zum wenigsten die Thür gewiesen hätte / wie hier unser Jeremias von seiner Gemeinde hat annehmen müssen. Es ist nicht ohne / daß dieses alles so der fromme Jeremias damahls erlebet hat / ihm einen harten Ritter-Gang verursachet / da der Teuffel mit seiner lieben getreuen der Welt / und des Propheten eigenen widersinnigem Fleisch / sich werde auf das äuserste bemühet haben / ihn in seinem Ampte verdrossen und müde zu machen / und ihn dahin zu bringen / daß er abdancken und resigniren möchte / weil er ja sehe / wie er mit allen seinen treu-meynenden Zuredungen nichts ausrichte / ja gar seines eigenen Lebens unter seinen Eingepfarrten nicht sicher wäre. Es lebten ja so viel tausend Leute in der Welt / die keine Pastores wären / und auch ausser dem Predig-Ampt ihrem GOtt dieneten / und dabey ihr ehrlich Auskommen in guter
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Ruhe fünden / was er dann nöhtig hätte in solchen Bedrängnissen und Drangsalen seine kurtze Lebens-Zeit hinzubringen. Er wäre noch ein Mann auf sein Bestes / er solte seine Bedienung niederlegen / oder zum wenigsten auf Mutation bedacht seyn / es würden ja nicht allenthalben solche widerspenstige Pfarr-Leute sich finden. Diese und dergleichen feurige Pfeile sind es gewesen / welche der Satan auf den geplagten Jeremia wird loß gedrücket haben / entweder durch sein eigen commode und Ruh-suchendes Fleisch / oder durch seine Freunde / Anverwandten und gute Bekandten / welche öffters ohn ihr Wissen / oder aus unbedachtsamer Ubereilunge des Teuffels Handlangers seyn / gleich dem Weibe Hiobs / so zu ihrem geplagten Mann sprach (Hiob 2, 9.) : Hältest du noch fest an deiner Frömmigkeit? ja / segne GOtt und stirb. Also hat ohn allem Zweiffel auch Satan durch die Welt und des Jeremiae selbst-eigenen ungedultigen Fleische dem Propheten zugesetzet: Hältest du noch fest an deinen Beruff? ja / ja du thust fein / du dienest GOtt / und gehest darüber mit nähesten zu Grunde. Alle solche auf ihn von seinen geistlichen Feinden abgeschossene Pfeile kamen nicht zum Ziel / sondern wie der viel-geplagte und offt zagende / aber nicht verzagte Hiob von seiner Frömmigkeit nicht wich und von seiner Gerechtigkeit biß an sein Ende / nicht ließ (Cap. 27, 5.) / und zu seinem Weibe sprach: Du redest / wie die närrischen Weiber reden (Cap. 2, 10.) ; Also begegnete dieser von seinen verkehrten Zuhörern viel-gemarterte Diener GOttes auch seinen geistlichen Feinden mit dem Schilde des Glaubens / zur abschlägigen Antwort gebend: Aber! Meine Gedancken sind nicht eure Gedancken. Solt ich darum aufhören des HErrn Werck zu thun / weil meine undanckbahre Zuhörer nicht aufhören das Werck ihres Fleisches zu verrichten. Wollen meine Eingepfarrte meinen Worten / die ich ihnen im Namen GOttes rede / nicht gehorchen / so will ich darum nicht ungehorsam werden dem Befehle des Allerhöchsten / der gesaget: ich soll predigen / sie mögen es hören oder lassen. Sprechen schon meine Pfarr-Leute: wir wollen es nicht thun / so will ich doch nicht ein gleiches von meinem Ampt und dessen Verrichtunge sagen. Wie nun das Wörtlein aber sonst ist eine Scheidungs
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-Deutunge / da das Aber viel hinter sich hat / so stellet hiemit der liebe Jeremias sich zu seinem GOtt wendend / den Schild des Glaubens zwischen sich und seinen zur Untreu ihn zu bringen / sich bemühenden Feinden / und spricht: Aber / aber / ich bin darum nicht von dir geflohen / mein Hirte (Poli Synopsis in h. l. ita: Respicit vel tempus primae vocationis, dicturus: non recusavi munus Prophetae, quod mihi injunxisti, cum Jona, seu vocation i promptè parui, ac proinde non habent justam causam de me conquerendi; vel tempus illam sequens sub multis & magnis molestiis.) . Mein GOtt / mein Hirte / mein Herr und mein Hort / du hast mir dieses mein bißhero geführtes Hirten-Propheten- und Priester-Ampt anbefohlen / darinn ich grosse Mühe und viele Beschwerden finde. Ob ich nun gleich zum öfftern und Tag-täglich allerley Molestien und Drückungen auf das äusserste erfahren / und in der That empfinden muß / daß der Stab Weh (Zach. 11, 7.) / wenn er zur heilsamen Besserung gebrauchet und geführet wird / kein Wol von den Menschen / sondern lauter Weh und dräuendes Weh-Geschrey ins Haus bringet / so bin ich darum nicht von dir geflohen / noch mein Ampt resigniret und niedergeleget / sondern wie du mein Hirte / so habe ich können kein Miedling noch Flüchtling werden / vielmehr hat mich deine nimmer genug zu preisende Langmuht angefrischet / nach deinem barmhertzigen Beyspiel der Gedult / auch mein Hirten-Ampt ferner in beständiger Gedult und wartenden Hoffnung ihrer Besserung / treulich zu verwalten. Meine hartnäckige Zuhörer hätten zwar gerne sehen sollen / daß ich von ihnen weggezogen / aber mein Hirte / das wäre gewesen ein Fliehen von dir / denn nicht sie / sondern du hast mich in mein Ampt geführet / und so lange du wilst / daß ich darin bleiben soll / verlasse ich mich auf dich / und kehre mich nichts an ihre zugefügte Ungerechtigkeiten / ja / ihre erschreckliche Zusetzungen sollen mich ermuntern / meine Bedienunge beständig fortzusetzen / und der Wachsthum ihrer Bitterkeit soll mir seyn ein Wachsthum meines Fleisses / forthin zu schaffen ihre Seligkeit. Mein Hirte / mein HErr und GOtt / ich will fortfahren mit Pflantzen und Begiessen / mit Ausreissen und Bauen; ihre Hertzen zu bekehren / kan nicht ich / sondern du allein. Und da meine Gemeinde noch nicht hat angefangen auf mein Bitten und Flehen / auf Vorstellunge des Weges zum Leben und des
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Weges zum Tode / das verdammende Böse zu fliehen / so bin ich darum wegen meiner umsonst angewandten Mühe und vergeblich-geschehenen Buß-Vermahnungen nicht von dir geflohen. Hat auch schon der zur Untreu reitzende Satan durch seine Werckzeuge / mich auf die Flucht und zur Abtretunge gern ziehen wollen / so hat er doch mit allen seinen Versuchungen nichts an mir ausgerichtet noch gewonnen / sondern was du mir befohlen hast / habe ich durch deine Gnade und Krafft / welche mich gestärcket und beschützet / bestmüglichst beachtet / und mich durch nichts davon lassen abwendig machen. Wie der Prophete Jeremias seinen geistlichen Glaubens-Schild wider die geistliche Feinde weiter gebrauchet habe / gibt er folgends zu verstehen: so habe ich Menschen-Tage nicht begehret / das weist du? Der Apostel Paulus schreibet auch (1. Cor. 4, 3.) vom menschlichen Tage also: Mir aber ist ein Geringes / daß ich von euch gerichtet werde / oder von einem menschlichen Tage. Wodurch etliche verstehen einen ansehnlichen Menschen / dessen Ansehen und Authoritaet zwar groß vor den Menschen / und für welchem sich viele Menschen beugen und demühtigen / aber sein Ansehen währe nicht lange / und könne ein Ende nehmen vor Abend / und da ein solcher in grossem Ansehen stehender Mann ihn würde unbillig richten / schreibet Paulus / sey ihm das ein Geringes / und soll ihm das in seiner Ampts-Treu nicht ermüden noch aufhalten (Glassius in Philologia S. p. m. 1086. intelligit per hum! diem 1. Corinth. 4, 3. humanum judicium, quia judiciis solent certi dies dici.) . Was hier aber Jeremias verstehe durch Menschen-Tage / darin kommen die Ausleger nicht überein. Einige legen es aus von gefähr- und beschwerlichen Angst- und Jammer-vollen Tagen (in Hebraeo hic non est enosch, sed anusch. Arias Montanus vertit, diem anxium; Junius & Tremellius, diem mortiferum. vid. Glassii Exegesis in Epist. Dom. III. Adv. Joh. Saubertus in Oper. Posth. p. m. 92. vertit, diem periculosum. Joh. Cocceus, diem deploratum non concupivi. Quod locutus sum de malis Hierosol. non locutus sum à me, neque cum cupiditate.) ; andere aber / wie der selige Lutherus in seiner Biblischen Rand-Glossa, wollen dadurch gemeynet haben Ruhm bey den Menschen / menschliche Glückseligkeit / Ehre und Ansehen / Geld und Gut / gute und bequeme Zeiten / wornach die natürliche und fleischlich-gesinnete Menschen streben. Solche Welt- und Geld-Tage / solche ruhige Bequemlichkeit habe ich nicht
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begehret / das weist du. Er rufft dieserhalb GOTT allein zum Zeugen / wie Hiob / David / Petrus und Paulus sich auf GOttes Zeugniß berieffen. (Dicere Deus novit, est Deum testem nominare & ad ejus judicium provocare. vid. Coccei Commentarium in h. l.) Du weist es / und obgleich meine Feinde ein anders und das Gegentheil von mir sagen wollen / so weist du es doch am besten / daß ich solche nicht gesuchet habe / denn wo ich die verlanget / hätte ich müssen ein Placentiner seyn / weiche Kleider tragen / süsse pfeiffen / und fein sanffte predigen (Matth. 11, 8. 17. Esa. 30, 11.) / ich hätte müssen seyn ein Irr-Geist und ein Lügen-Prediger / und predigen / wie sie sauffen und schwelgen solten (Mich. 2, 11.) / ich hätte ihnen müssen den Weg zum Himmel fein breit machen / und sagen: man könne wol GOtt und der Welt dienen / Christus und Belial können wol zusammen in einem Hertzen wohnen / etc. würde ich so geprediget haben / so wäre ich ihnen ein angenehmer Prediger gewesen / sie würden mich auf den Händen getragen / oben an gesetzet / mir fette Suppen / reichliche Accidentien und alles vollauf gegeben haben. Aber so spricht nun Jeremias: Menschen-Tage habe ich nicht begehret / das weist du / und / da ihm Satan durch die Welt-Kinder und seinen commoden Fleisch und Blut mit solchen Menschen-Tagen von seiner Ampts-Treu abzubringen versuchet / hat er seine Seele davon unbeschmitzt bewahret mit dem Schilde des Glaubens / und seine dem himmlischen Hirten versprochene Treu nicht um zeitliche Ehr und Geld / nicht um veränderliche und unbeständige Menschen-Gunst verkauffet. Solte aber jemandem die erste Auslegung besser anstehen / wie man auch selbe nach dem Grund-Text billig vorziehen muß / und durch den Menschen-Tag verstehen einen gefähr- und beschwerlichen / Angst- und Jammer-vollen Tag / so ist der Verstand seiner Worte / ich habe Menschen-Tage nicht begehret / das weist du / dieser: Mein Hirte / dir ist bekandt / daß ich von dir nicht begehret noch verlanget habe / daß meine ungehorsame Zuhörer wegen ihrer Boßheit möchten gestrafft / und einen Tag haben / daran ihre Sünden und Untugenden von deinem grimmigen Zorn heimgesuchet würden. Ach nein / solchen deinen Heimsuchungs-Tag im Zorn habe ich nicht gewünschet /
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vielmehr habe ich für sie gebeten / das weist du / ich habe dich hertz-inniglich gebeten / daß du möchtest seyn der Trost Israels und ihr Nohthelffer / unter uns seyn / und uns nicht verlassen (Jer. 14, 8.) . Ja / was noch mehr / so weist du / und kan mich auf alle meine Zuhörer beruffen / daß ich ihnen deinen heilsamen Raht geoffenbahret habe / ihre Hertzen nemlich von der Boßheit zu waschen / damit ihnen geholffen würde / und nicht der erschreckliche Jam̅er-Tag hereinbrechen möchte. Und mit Behaltunge dieser Verdollmetschunge / sehen wir / wie der Prophet seinen Schild des Glaubens wider sein Fleisch und Blut / welches gern will sagen und befehlen / daß Feuer vom Himmel falle / und die Widerspenstigen verzehre / gebrauchet habe / ihm selbst gleichsam zuredend / wie JEsus seinen Jüngern Jacobus und Johannes / welche über die Samariter einen Menschen- oder Zorn-Tag haben wolten: weist du nicht / welches Geistes Kind du bist (Luc. 9, 54.) ? Diesen Schild des Glaubens / meine Allerliebsten / muß auch ein jeder vor allen Dingen (Eph. 6, 16.) ergreiffen / denn mit selbem können wir auslöschen alle feurige Pfeile des Bösewichts / folglich auch alle feurige Pfeile der bösen Welt und unsers bösen Fleisches. Ich sage mit Paulo / für allen Dingen muß dieser Schild ergriffen werden / denn der Glaube ist es allein / der uns Christum und mit Christo alle Göttliche Gnade / Krafft und Schutz zueignet / und wie sich der Glaube verbindet mit dem Allmächtigen / so hat er eine allmächtige Stärcke den Menschen zu schützen wider alle Versuchungen zum Bösen. Denn haben die Heyden sich einbilden können / daß sie hinter den Schilden / darauf ihre Götter stunden / sicher wären; wie vielmehr bist du wol bewahret und für allen gifftigen Versuchungen deiner geistlichen Feinde / hinter dem Schilde des Glaubens sicher / da du mit deinem GOtt und dem Sieges-Fürsten Christo JEsu in wahrem Glauben vereiniget bist. Suchet demnach der Satan dich in Unglauben und Zweiffel zu stürtzen / daß du solt zweiffeln an der Gnade GOttes / an der Vergebung der Sünden / an der Beständigkeit im Glauben / an der Vorsorge GOttes / etc. so ergreiffe den Schild des Glaubens / als dein Haupt-Wehr / und widerstehe ihm fest im Glauben auf das Wort deines Gottes / welcher gesaget: So wahr als ich lebe /
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ich will nicht den Tod etc. auf das Wort deines JEsu: ich bin kommen / daß sie / meine Schaafe / das Leben und volle Genüge haben sollen; auf das Wort deines himmlischen Vaters: ich will dich nicht verlassen noch versäumen. Ergreiff den Schild des Glaubens wider alle solche feurige Pfeile der Teuffelischen Versuchungen / und sprich in hertz-zuversichtlichem Glauben mit dem Apostel (1. Timoth. 1, 15.) : Das ist je gewißlich wahr / und ein theuer wehrtes Wort / daß Christus JEsus kommen ist in die Welt / die Sünder (ihre Sünden mügen so groß und so viel seyn / wie sie wollen) selig zu machen / und (2. Timoth. 1, 12.) ich weiß an welchen ich gläube / und bin gewiß / daß er mir kan meine Beylage bewahren biß an jenen Tag / und dergleichen. Ist aber dein Glaube schwach / so gedencke / daß GOtt den schwachen Glauben als seine Gabe nicht verachte noch verwerffe / daß er das zustossene Rohr nicht zubreche / und das glimmende Tocht nicht auslösche / und daß der schwache Glaube Christum eben sowol ergreiffe / als der starcke / gleich einem kleinem Kindlein / dessen schwache Hand das Kleinod oder Perle so wol fasset / als ein starcker Mann. Die von GOtt verordnete Mittel den Glauben in uns zu erhalten und zu stärcken / sind sein Wort / die Sacramente und Gebet (Arnds Wahren Christenthums 2. Buch 15. Cap.) / diese Göttliche Gnaden-Mittel werden deinen Schild des Glaubens befestigen und stärcken / und da du mit solchem deine Seele wirst beständig bedecken / so richtet Satan mit seinen feurigen Pfeilen nichts aus / sondern du wirst alsdann freudig jauchtzen:
Trotz dem alten Drachen / Trotz des Todes Rachen / etc. Unter JEsu Schirmen / Bin ich für den Stürmen Aller Feinde frey; Laß den Satan wittern / Laß den Feind erbittern / Mir steht JEsus bey. Ob es itzt gleich kracht und blitzt / Ob gleich Sünd und Hölle schrecken / JEsus will mich decken!
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Ist deine Zuversicht unter des Allmächtigen Flügeln? Er wird dich mit seinen Fittigen decken / seine Wahrheit ist Schirm und Schild (Psal. 91, 4.) . Gehet der Teuffel umher wie ein brüllender Löwe / und suchet / wie er dich möge verschlingen / und zu Falle durch Unglauben und Zweiffel bringen / ergreiff den Schild des Glaubens / und widerstehe ihm fest im Glauben. Suchen deine geistliche Feinde dich aufzuhalten in deinem allgemeinen Christen- oder besondern Ampts- und Standes-Beruff / daß du solst die Hand vom Pflug ziehen und zurück sehen / so traue auf GOtt / und glaube dem Worte deines GOttes / der ist dein Trotz (Proverb. 3, 26.) / ergreiffe den Schild des Glaubens / hierauf werden alle feurige Pfeile ohn deiner Beschädigung abgehen / du wirst mit deinem JEsu freudig sagen: es kommt der Fürst dieser Welt / und hat nichts an mir (Joh. 14, 30.) / denn mein JEsus / der das Schild meines Glaubens / ist der Stärckere über dem Starcken (Luc. 11, 22.) / und da der für mir / wer mag wider mich seyn (Rom. 8, 31.) ?

Der andere Theil.
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Zu diesem ersten Gewehr / dem Schilde des Glaubens / muß von uns / wenn wir wollen eine gute Ritterschafft üben / genommen werden das Schwerdt (Schwerdt werden genennet und demselben verglichen GOtt Deut. 33, 29. Löwe Jer. 2, 30. Sünde Sir. 21, 4. böse / falsche Zunge Ps. 57, 5. und 64, 6. Creutz und Hertzeleyd / Luc. 2, 35. Zorn / Hiob 19, 29. etc.) des Geistes; Denn ein Kämpffer oder Soldate hat sich nicht nur zu schützen / sondern auch zu wehren. Er gehet gegen den Feind aus nicht nur defensive, daß er unbeschädiget bleibe / sondern auch offensive, den Feind zu beschädigen / und ihm auf alle Weise Abbruch zu thun. Er führet in der lincken Hand den Schild / und mit der Rechten das Schwerdt. Und dieses versäumet Jeremias / als ein guter Streiter / nicht / er nimmt das Schwerdt des Geistes / und führet es damit / daß er sich zu GOtt wendend / in unserm Leichen-Spruche spricht; was ich geprediget habe / das ist recht für dir. Dieses Schwerdt des Geistes ist das Wort GOttes / und heisset das Göttliche Wort ein Schwerdt / nicht allein wegen durchdringender Krafft und kräfftigen Nachdrucks / da es bis
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auf das Innerliche des Hertzens dringet / wie der Apostel saget (Hebr. 4, 12.) / daß es schärffer / denn kein zweyschneidig Schwerdt / und durchdringet / bis daß es scheidet Seel und Geist / auch Marck und Bein / sondern auch wegen des Gebrauchs / weil man es nicht soll in der Scheiden stecken und verrosten lassen / sondern heraus ziehen und damit um sich schlagen. Denn so man das Wort GOttes / wie D. Heinrich Müller in seiner Apostolischen Schluß-Kette schreibet / lässet in den Büchern liegen / so beweiset es keine Krafft / und thut dem Teuffel keinen Schaden. Es will getrieben seyn mit Predigen / Hören / Lesen / Singen / Reden / Betrachten / man muß es immer zur Hand haben / daß man dem Feind in allem Fall begegnen könne. Es wird aber das Wort GOttes nicht nur schlecht hin ein Schwerdt genennet / sondern ein Schwerdt des Geistes / weil es vom heiligen Geiste in der Christlichen Kirchen bereitet und geschmiedet ist / da die heiligen Männer GOttes haben geredt und geschrieben / getrieben von dem heiligen Geist (2. Petr. 1, 2.) / weil es geführet wird wider die geistlichen Feinde / wider die bösen Geister unter dem Himmel / und der neue Mensch oder Geist wider das Fleisch damit kämpffet / dann auch / weil das Wort GOttes eitel Geist und Leben / und wir dadurch mit GOtt dem HErrn ein Geist und Göttlicher Natur theilhafftig werden. Dieses Schwerdt des Geistes oder geistliche Schwerdt gebrauchet dann der Jeremias auch für sich wider seine Feinde und ihn feindselig verfolgende Leute: was ich geprediget / das ist recht für dir. Nach dem Hebreischen: das Ausgehen und Herfürbringen aus meinen Lippen / ist vor deinem Angesicht gewesen. Du weist es / daß ich nichts anders den Juden geredet und geprediget habe / als allein / was du mir befohlen hast / ich habe nichts dazu gesetzet / auch nichts davon gethan. Wie da heisset wandeln für GOtt (Gen. 17, 1.) richtig wandeln (Es. 57, 2.) nach der Wahrheit des Evangelii (Gal. 2, 14.) so heisset predigen für GOtt predigen was dem Glauben ähnlich (Rom. 12, 7.) halten an dem Fürbilde der heilsamen Worte (2. Tim. 1, 13.) / sich GOTT erzeigen / einen rechtschaffenen und unsträfflichen Arbeiter / der da recht theile das Wort der Wahrheit (2. Tim. 2, 15.) / das Wort GOttes nicht verfälschen / sondern als aus Lauterkeit und als aus GOtt für GOtt reden in Christo (2. Cor. 2, 17.) .
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Da nun die Juden der Droh-Predigt Jeremiä spotteten / und in dem vor unsern Text unmittelbahr stehenden Verse sprachen: Wo ist denn des HErrn Wort? Lieber / laß es hergehen! auch vorher (Jer. 5, 13.) : Die Propheten sind Wäscher und haben GOttes Wort nicht / es gehe über sie selbst also / er weiß viel / wie es uns gehen wird (Cap. 12, 4.) / gleich denen Spöttern / derer Esaias (Esa. 5, 19.) Micha (Mich. 2, 6. und 3, 11.) und Petrus (2. Pet. 3, 3.) gedencken / so gebrauchte hiergegen der gute Jeremias das Schwerdt des Geistes und defendirte oder verantwortete sich damit: Was ich geprediget habe / das ist recht für dir. Scheint es schon meinen Zuhörern vor ihren Augen unrecht zu seyn / daß sie sollen in die Babylonische Gefängniß weggeführet werden / so ist es doch recht für dir und deiner Gerechtigkeit / nachdem alle Vermahnungen und Vorstellungen umsonst / und keiner unter ihnen ist / dem seine Boßheit leyd / und sein Hertze von der Boßheit zu waschen gedencket. Thun mir die Juden gleich alles Unrecht und Verdruß an / daß ich sie ohn Ansehen der Person straffe / und ihnen allerley gerechte Land-Plagen verkündige / so ist es doch recht / und wann sie werden geplaget werden / geschicht ihnen daran recht (Hos. 5, 11) . Dieses geistliche Schwerdt / das Wort GOttes / soll und muß ein jeder gebrauchen / wo er sonst nicht will von Teuffel / Welt und Fleisch überwunden werden. Lehrer und Prediger haben kein besser Gewehr sich und ihre Ampts-Verrichtungen zu rechtfertigen / als das Wort GOttes. Werden sie wegen ihrer Predigten und andern heiligen Verwaltungen angefochten / so ist ihre beste Verfechtunge / wenn sie können mit Jeremia sagen: Was ich geprediget habe / das ist recht für GOtt. Da / da ist mein Concept und Predigt / sehet und erkennet / ob es nicht GOttes Wort und in der heiligen Schrifft gegründet sey. Also machte es Petrus (Actor. 4, 12.) / der zu den Obersten des Volcks und den Eltesten von Israel sprach: Es ist in keinem andern das Heyl / etc. was ich geprediget habe / das predige ich noch / und das ist recht und bleibetrecht. Imgleichen auch der Apostel Paulus / davon die Apostel-Geschicht hin und wieder zeuget. So haben auch alle Christen wider ihre geistliche Feinde fleißig und stets zu führen dieses geistliche Schwerdt / das Wort
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GOttes / mit fleißigem Lesen und Hören / Betrachten und Nachsinnen: denn durch fleißige und andächtige Betrachtung wird das Schwerdt gewetzet / daß es in uns zu Kräfften kommt. Dieses solt du allezeit bey der Hand / ja im Hertzen haben / damit du ihnen zu aller Zeit / an allen Orten und bey allen Anläuffen gewachsen seyn mögest. Gehet der grosse Drache / die alte Schlange / die da heisset der Teuffel und Satanas / der die gantze Welt zu verführen sich bemühet / umher / und suchet durch seine arglistige Methoden und krumme Gänge / dessen Tieffe (Apoc. 2, 24.) und Arglistigkeit nicht auszugründen / dich zu verschlingen und von GOtt abzubringen / gebrauchet auch wol die heilige Schrifft zu seinem Vortheil / wie er gegen JEsu that (Matth. 4.) / so ergreiffe und gebrauche mit deinem Heylande dagegen die heilige Schrifft / als dein geistliches Schwerdt / und sprich: es stehet geschrieben / es stehet geschrieben / es stehet geschrieben. Will Satan dich überreden / deine Sünden wären grösser / denn daß sie dir können vergeben werden (Gen. 4, 13.) ? Ergreiff dein geistlich Schwerdt / und sprich: Satan / du leugst. Der auserwehlte Rüst-Zeug GOttes Paulus saget ein anders (Rom. 5, 20.) : Wo die Sünde mächtig worden ist / da ist doch die Gnade GOTTes viel mächtiger / und (1. Tim. 1, 15. Esa. 1, 18. Ezech. 33, 11.) das ist je gewißlich wahr und ein theuer wehrtes Wort / daß Christus JEsus kommen ist in die Welt / die Sünder selig zu machen / etc. Will er dir in dein Hertz bringen zu gläuben: GOtt habe dich verlassen / und habe deiner vergessen? so zeige ihm das Gegentheil / daß GOtt die Seinigen nicht verlasse noch versäume (Hebr. 13, 5.) . Und so in allen seinen Zusetzungen / welche zu deinem ewigen Schaden und Verdamnisse zielen. Er suchet nicht dein Gut und Reichthum / er kan auch wol leiden / daß du hoch am Bret und für andern erhoben bist / sondern allein dein ewigwährend himmlisches Gut / darum fechtet er allein mit dir. Du kanst ihn aber mit dem geistlichen Schwerdt des Göttlichen Worts von dir treiben und zurück schlagen. Ist er mächtig und gewaltig / ein brüllender Löwe? Dein geistlich Schwerdt / das Wort GOttes / ist mächtig für GOtt zu verstöhren die Befestungen / auch alle Anschläge und alle Höhe des Satans (2. Cor. 10, 4.) . Ist er listig / daß er sich stellet als einen Engel des Lichts / und sich nach deiner Inclination und natürlichen Neigunge richtet / deinem
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Ehr- oder Geld-Geitze beförderliche Mittel dareichet? Ergreiffe das Schwerdt des Geistes / so wirst du klug seyn wie die Schlangen (Matth. 10, 16.) / und alle seine listig-ausgedachte Vorstellungen zernichten und zerschlagen. Kurtz / ist gleich der Satan listiger als Delila und Jael / stärcker dann Goliath / und schädlicher wie Simson / so wird doch das Schwerdt des Geistes denselben zu Boden legen / und ihn im Namen des HErrn zerhauen. Dieses geistliche Schwerdt must du auch gebrauchen wider die Welt / wenn sie dich zur Fleisches-Lust und Unkeuschheit / zur Augen-Lust und Geitz / zum Hoffart und Stoltz verführen will / zu dem Ende anderer fleischlichen Welt-Kinder Exempel und Lebens-Art vorhält / auch dabey zeiget / wie angenehm es sey / alle Tage herrlich und in Freuden zu leben / und wo das nicht / es besser wäre todt zu seyn. Zeige ihr was der Apostel Johannes dazu saget (1. Joh. 2, 15.) : Habet nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat / in dem ist nicht die Liebe des Vaters / etc. und die Welt vergehet mit ihrer Lust / wer aber den Willen GOttes thut / der bleibet in Ewigkeit. Zeige ihr / daß die wahre Hoheit und Ehre sey die Kindschafft GOttes / der bleibende Reichthum die Gerechtigkeit Christi / und die selige Wollust die Einwohnung des heiligen Geistes. Die Welt mag locken mit ihren süssen Worten / oder schrecken mit harten Dräuungen / begegne ihr mit dem Worte GOttes / daß dein JEsus dir gesagt habe (Matth. 10, 28.) : Fürchtet euch nicht für denen / die den Leib tödten / und die Seele nicht mögen tödten; fürchtet euch aber vielmehr für dem / der Leib und Seel verderben mag in die Hölle. Mithin was Petrus (1. Pet. 3, 14.) zu unser Ermunterung schreibt: Fürchtet euch für ihrem Trotzen nicht / und erschrecket nicht; heiliget aber GOtt den HErrn in eurem Hertzen. Gib gleiche Abfertigung und Zurückweisunge deinem einheimischen Feinde / und in deinem Busen wohnenden Fleisch und Blute / wenn dich dasselbe vom Himmel ab und zur Höllen zu führen sich unternimmt und geschäfftig ist. Gelüstet das Fleisch wider den Geist / und hat keine Lust noch Beliebung zu dem / das dem Geist lieb und anmuhtig ist / so muß den Geist gelüsten und mit dem geistlichen Schwerdt kämpffen wider das Fleisch / welches das Gute hindert / und alles / was der Geist oder ein neuer
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Mensch zu thun sich unterstehet (Gal. 5, 17.) . Siehest du ein ander Gesetz in deinen Gliedern / das da widerstrebet dem Gesetz in deinem Gemühte / und will dich gefangen nehmen in der Sünden Gesetz / welches ist in deinen Gliedern / so must du deine Lust an GOttes Gesetz nach dem inwendigen Menschen (Rom. 7, 22.) unterhalten / und dich mit dem Schwerdt des Geistes rüsten / im Geiste wandeln / die Lüste des Fleisches nicht vollbringen (Gal. 5, 16.) / das zum Bösen geschickte und geneigte Fleisch creutzigen samt den Lüsten und Begierden (Gal. 5, 24.) ; ablegen den alten Menschen / der durch Lüste in Irrthum sich verderbet / hingegen dich erneuern im Geist deines Gemühts / und anziehen den neuen Menschen / der nach GOtt geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph. 4, 22.) ; du must dich enthalten von den fleischlichen Lüsten / welche wider die Seele streiten (1. Pet. 2, 11.) / dich entbrechen allen dem / was wider GOtt ist / dem wir ja auch in der heiligen Tauffe entsaget haben; du must den Leib betäuben und zähmen (1. Cor. 9, 27.) / nicht durch Baalitische Ritzung und Geisselung (1. Reg. 18, 28.) / sondern durch fleissige Beruffs-Arbeit / Mäßigkeit im Essen und Trincken / durch Wachen und Fasten / du must die Sünde nicht herrschen lassen in deinem sterblichen Leibe / ihr Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten / auch nicht deine Glieder begeben der Sünden zu Waffen der Ungerechtigkeit (Rom. 6, 12.) / deine Glieder / so auf Erden sind / tödten (Coloss. 3, 5.) / und in keinem Stücke dem sündlichen Fleische Raum geben (Gal. 5, 13.) / den alten Menschen zum Knechte machen / daß er dem Geiste gehorsam sey / und allen Bösen Bewegungen mit dem Schwerdt des Geistes wehren. Denn soll dein Verstand aufmercksam bleiben / des Widerparts zugestellte Streiche aufzufangen / abzuschlagen / und hinwieder auf dasselbe tapffer zuzuschlagen / so must du dich in alle Wege und zu allen Zeiten mit diesem Schwerdt des Geistes dawider wapnen / und darein hauen zur Rechten und zur Lincken (2. Cor. 6, 7.) / es mögen Teuffel / Welt und Fleisch uns anfechten / entweder mit reicher Verheissung irrdischer Freude und Herrlichkeit / weltlichen Ruhms und Reichthums / oder mit schrecklicher Andräuunge zeitlicher Schmach und Verachtung / Trübsal und Armuht. Hat nun dein JEsus mit diesem Schwerdt den höllischen Feind in die Flucht gebracht / so wirst du auch deine
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geistliche und dich um das himmlische Kleinod der ewigen Seligkeit zu bringen trachtende Feinde gewißlich überwinden / wie die Gläubige den Drachen (Apoc. 12, 11.) . Dieses Schwerdt des Geistes oder das Wort GOttes müssen wir auch nicht an die Seite hangen / noch im Staube stehen und liegen lassen / wenn wir erfahren / daß alle die gottselig leben wollen in Christo JEsu / Verfolgung leiden müssen / sondern da ist für allen Dingen nöhtig das Schwerdt aus der Scheide zu ziehen / und die heilige Bibel zur Hand und in das Hertze zu nehmen. Welches unser geplagter Jeremias nicht versäumet / vielmehr fleißig in acht genommen hat / wie wir das im vorhergehenden Capitel (Jer. 15, 16.) wahrnehmen / also zu dem starcken GOtt Zebaoth seufftzend: Enthalt uns dein Wort / wenn wir es kriegen / und dasselbe dein Wort ist unsers Hertzens Freude und Trost. Dessen hat sich auch bedienet der offt-beängstigte Mann nach dem Hertzen GOttes / der Königliche Prophete David / welcher mit diesem geistlichen Schwerdt sich aller Widerwertigkeit erwehret / und selbe mit standhafftigem Muht überwunden hat / davon er selber / dem starcken GOtt Zebaoth zum Preiß / rühmet (Psal. 119, 92.) : Wo dein Wort nicht mein Trost gewesen / so wäre ich vergangen in meinem Elende. Hierin folge diesen aus der Erfahrung redenden und jauchtzenden Glaubens-Hertzen / und verachte nicht dieses geistliche Schwerdt / wenn allerley Unruhe und Verdruß / Verfolgung und Anfechtung sich erheben. Suche in deinen Aengsten und Bangigkeiten ein und andern Schrifft-Ort auf / du wirst durch hertzinnigliche Nachsinnunge derselben / wahrhafftig deine Seele von allen Bedrückungen frey / und hingegen mit Fried und Freude reichlich angefüllet finden. Denn je mehr man den theuren Verheissungen des getreuen GOttes seine heilige Gedancken überlässet / und daran festiglich hanget / je gründlicher mögen wir uns aller aufsteigenden Betrübnissen entschütten und entschlagen. Versuche es mein gläubiges Hertz / du wirst sagen müssen: es ist wahr! So sollen wir auch dieses Schwerdt des Geistes nicht liegen noch verrosten lassen in dem Kampffe des Todes / welcher der König des Schreckens / und das Schrecklichste unter allen Schrecklichen / oder wenn Tod und Leben ringen. In dieser bittern Stunde / da das arme Hertz sehnet und stöhnet / die matte Zunge ächzet
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und lechzet / die Augen brechen / die Wangen erkalten / die Lippen erblassen / alle Glieder erstarren / und die zwo nächsten Freunde / Leib und Seel sich scheiden / recommendirt uns auch der auserwehlte Rüst-Zeug GOttes insonderheit mit das Schwerdtdes Geistes (Eph. 6, 1.) : ergreiffet den Harnisch GOttes / auf daß ihr / wenn das böse Stündlein kömmt / Widerstand thun / alles wohl ausrichten und das Feld behalten möget. Ja / ja / meine Allerliebste / freylich alles wol ausrichten. Denn in dieser Stunde verlohren / ewig verlohren; hingegen nun gewonnen / ewig gewonnen. Das rechte und kräfftigste Wort / in solchem Agone und Ringen mit dem Tode / uns zu stärcken und gutes Muhts zu machen / ist und bleibet das selige Wort unsers JEsu / der unsers Todes Tod / und unsers Lebens Leben / welches er geredet hat beym Johanne (Joh. 8, 51.) : Warlich / warlich ich sage euch / so jemand mein Wort / nemlich des Glaubens und des Evangelii / wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Diß ermahnende Stärckungs-Wort sol die letzte Handschrifft gewesen seyn / welche der selige D. Luther guten Freunden zum Gedächtniß in ihre Hand-Bibel gezeichnet hat. Und du mein andächtiges Hertz / laß diß seyn dein letztes / wenn es mit dir gehet zum letzten / und wehre dich wider das Schrecken des Todes mit JEsu Worten / Matthäi am letzten: Siehe / ich bin bey euch alle Tage / bis an der Welt Ende.

Dritter Theil.
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ALler guten Dinge sind drey! und so muß ich diß alte gute Wort auch nach oben gemachter Eintheilunge / in seinem Wehrte lassen / also / daß ich nach dem aus dem Göttlichen Rüst-Hause mit Jeremia herfürgeholten Schilde des Glaubens und dem Schwerdt des Geistes / nun auch einem Christlichen Streiter zu Ubung einer guten Ritterschafft nicht so wol in die Hand und in den Mund / als vielmehr in das Hertze gebe und darreiche die Drommete des Gebets / aus unserm Leichen-Spruche: Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht. Ich nenne diesen Prophetischen Andachts-Seufftzer eine Drommete / um fortzusetzen meine angefangene verblümte und
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allegorische Abtheilunge. Vergleichet sich der Glaube einem Schilde / und das Wort GOttes einem Schwerdt / so habe ich bey dem allegorisiren bleiben / und das Gebet unter einer Drommete abbilden müssen. Der Grund solcher Comparation und Vergleichung findet sich in den Göttlichen Befehls-Worten (Num. 10, 9. Die zwo Drommeten Altes Testaments / sind sonsten Fürbilder der Lehre und Wunderwercke Christi. Einer Drommeten wird auch das zornige Hertz GOttes Jer. 48, 36. und des Predigers Stimme verglichen / Jer. 6, 17.) : Wenn ihr in einen Streit ziehet / in eurem Lande wider eure Feinde / die euch beleidigen / so solt ihr drommeten mit den Drommeten / daß eurer gedacht werde für dem HErrn eurem GOtt / und erlöset werdet von euren Feinden. Wie nun GOtt dieses Drommeten befohlen beym Auszuge wider die Feinde / und dabey versprochen ihrer im Besten / zu ihrer Erlösung von den Feinden zu gedencken: so ist solches Drommeten ein gar angenehmes Bild eines andächtigen Gebets / welches zu GOTT aus der Tieffe unsrer geängstigten Hertzen hinauf geschicket wird / um Errettung und mächtige Aushelffunge. Der von seinen mächtigen Feinden gedrückte Jeremias nim̅t solche Gebets-Drommete zur Hand / und flehet aus inniglichem Hertzens-Grunde den starcken Nohthelffer an: Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht! Gleich dem Hohenpriester Aaron / welcher die Waffen seines Ampts / wiedas Buch der Weißheit im 18. Cap. meldet / führete / nemlich das Gebet. Sey du mir nur nicht schrecklich / seufftzet er / meine Zuversicht in der Noht; oder wie es andere gegeben haben: Sey du mir nicht zum Schrecken / meine Hoffnung und Zuversicht an dem bösen Tage / am Tage des Unglücks. Deinen Zorn und Grimm fürchte ich allein / und wo du den gegen mich ausliessest / und über mich herab schüttest / würd ich weichen und fallen / und jedermänniglichem zum Spott / Fabel und Sprichwort seyn. Ein gottseliger und berühmter Scribente / dessen That wie sein Name (Christ. Scriverius in seinen Gedenck-Sprüchen Dom. XIV. p. Trin. p. 1183.) / bemercket hierin zweyerley / welches Jeremias von GOtt bittet: Erstlich / was GOtt nicht / und zum andern / was er ihm thun soll. Erstlich: Sey du mir nur nicht schrecklich / gib mich nicht in den Willen meiner Feinde / die mir
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Unrecht thun ohne Scheu (Joh. Coccejus ita: petit, ne permittat persecutoribus suis, ut sibi praevaleant. Psal. 27, 12. das Hebreische Wort kommt her von dem Stamm-Worte chatat, welches heisset zerbrochen / zerknirschet und erschrecket werden. Demnach bedeutet es eine solche Furcht und innerliche Anfechtung / da alle Kräffte zerschmeltzen / woraus ein ungemeines Zittern und Beben entstehet / so sehr / daß auch das liebe Gebet öffters nicht hafften will.) . Denn er wuste wol / was es für ein elender Zustand wäre / wenn GOtt von einem Menschen absetzte / mit seiner Gnade und Güte von ihm wiche; ja spricht GOTT selber (Hos. 9, 11.) : Wehe ihnen / wenn ich von ihnen gewichen bin! Ach mein GOtt / bittet und flehet demnach der beängstigte Jeremias: sey du mir nur nicht schrecklich / verstelle dich nicht gegen mir als einen Grausamen. Andere mögen sich so grausam stellen als sie wollen / der Teuffel mag wüten und toben / die Welt mag schnarchen und dräuen / wenn du mir nur nicht schrecklich bist. Wer soll dich / da dir niemand gleich ist (Jer. 10, 6.) / nicht fürchten (Apoc. 15, 4.) ? Ja / wenn du erschrecklich bist und zürnest / kan niemand für dir stehen (Psal. 76, 8.) ; Ach darum mein GOtt / sey du mir nur nicht unfreundlich und ungnädig / für dem Trotzen der halsstarrigen Juden fürchte und erschrecke ich mich nicht. Nehmen sie mir den Leib und das Leben / laß fahren dahin / die Seele mögen sie nicht tödten / noch vielweniger verderben in die Hölle. Geben sich die verstockten undanckbaren Leute viel Mühe / mich wie ein ein Schaaf zur Schlacht-Banck zu führen / ach HErr / HErr / sey du mir nur nicht erschrecklich / mit ihnen will ich schon fertig werden. Da du mir nicht erschrecklich noch ungnädig / wird an ihnen Davids Wort wahr werden (Psal. 112, 10.) : Was die Gottlosen gerne wolten / das ist verlohren / und wird jedermann / wenn du mir nur nicht erschrecklich bist / erkennen / daß ihr Zorn / wie Moabs Unmuht / grösser gewesen sey / denn ihre Macht (Esa. 16, 6. 1. Reg. 18. 2. Reg. 6.) . Ihre Ergrimmung wird / wenn du mir nicht erschrecklich / so nichtig und vergeblich seyn / wie des Ahabs gegen den Elia / und des Jorams wider den Elisa. Drauf stimmet er seine Gebets-Drommete nochmahls an / und bittet flehentlich um etwas / das ihm GOTT thun soll: meine Zuversicht in der Noht oder an dem bösen Tage / an dem Tage des Unglücks. Keine Zeit ist für und an sich unglücklich; zufälliger Weise aber geschiehet es / daß ein Tag für dem andern unglücklich ist: denn wenn man die Zeit mißbrauchet
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zur Sünde / so machet der gerechte GOtt die Zeiten unglückselig. In solchen bösen Zeiten bittet er / daß der HErr / HErr seyn möge seine Zuversicht / seine sichere Zuflucht / Retirade und Freystadt / da er als in einem Magazin (wie dann das Frantzösische Wort von dem Hebr. Machasaeh herzustam̅en scheinet) wol geborgen / verwahret und gesichert wäre. Wie die Nackten / nach der Rede Hiobs / Cap. 24. sich zu den Felsen halten / wenn ein Platz-Regen von Bergen auf sie geusset / weil sie sonst keinen (Machasaeh) Trost und Protection haben; wie die hohen Berge sind der Gemsen (Machasaeh) Zuflucht / und die Stein-Klüffte der Caninichen (Psal. 104, 18.) / also ist GOtt eine Hütte zum Schatten des Tages für der Hitze / und eine Zuflucht und Verbergung für dem Wetter und Regen / wie Esaias anpreiset / Cap. 4. und 25. Dieses rühmet auch David von GOtt hin und wieder / zum öfftern in seinem heiligen Psalter-Buche / hiemit: GOTT ist unsere (Machasaeh) Zuversicht und Stärcke / etc. GOtt du bist meine Zuversicht / meine Hoffnung von meiner Jugend auf. Des Propheten bittliches Flehen gehet nun dahin / daß GOtt möge seyn seine Zuversicht / sein Fels / Burg und Schloß / darin er jetzt und künfftig / da er die boßhafftigen Juden am Tage des Zorns müste heimsuchen und plagen / möchte beschirmet und sicher seyn. Indem aber der Prophet GOtt nennet seine Zuversicht in der Noht / erinnert er ihn damit gleichsam derjenigen Zusage / welche ihm der HErr der Erndte / wie er ihn als seinen Arbeiter in seine Erndte gesendet hatte / gegeben / dieses Inhalts (Jer. 1, 18. 19.) : Ich will dich heute zur festen Stadt / zur eisern Seulen / zur ehernen Mauren machen im gantzen Lande / daß wenn sie gleich wider dich streiten / dennoch nicht sollen wider dich siegen / denn ich bin bey dir / spricht der HErr / daß ich dich errette. Abermahls (Jer. 15, 20.) : Ich habe dich wider diß Volck zur festen ehernen Mauren gemacht / ob sie wider dich streiten / sollen sie dir doch nichts anhaben / denn ich bin bey dir / daß ich dich helffe und dich errette / spricht der HErr. Und ich will dich auch erretten aus der Hand der Bösen / und erlösen aus der Hand der Tyrannen. Nun HErr mein GOtt / ist das Bitten und Flehen des Propheten / mein Hertz hält dir vor dein Wort / welches du mir bey dem Antritt meines Beruffs geredet hast / diß dein Wort
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soll mir gewisse seyn und ohn Zweiffel bleiben / du wirst meine Zuversicht seyn / denn du bist ja mein HErr; du must meine Zuversicht seyn in der Noht / denn du hast es mir versprochen. Mein GOtt! ein Wort / ein Wort / ein Mann / ein Mann / wie vielmehr GOtt ein GOtt! deine Worte können dich nicht gereuen / denn du bist nicht ein Mensch der da lüge / noch ein Menschen-Kind den etwas gereue. Soltest du etwas sagen und nicht thun? Soltest du etwas reden und nicht halten (Num. 23, 19.) ? Bist du mir demnach nicht erschrecklich / sondern meine Zuversicht in der Noht? Bist du meine Sonne und Schild (Psal. 84, 12.) ? Bist du mein Licht und Heyl / für wem solt ich mich fürchten? Bist du meines Lebens Krafft / für wem solte mir grauen? Darum / so die Bösen / meine Widersacher und Feinde an mich wollen / mein Fleisch zu fressen / müssen sie anlauffen und fallen. Wenn sich schon ein Heer wider mich leget / so fürchtet sich dennoch mein Hertz nicht / wenn sich Krieg wider mich erhebet / so verlasse ich mich auf dich (Psal. 27, 1.) / denn du bist und wirst bleiben meine Zuversicht in der Noht. Was kan mir Fleisch thun? Sehen wir / meine wehrteste Zuhörer / diese Prophetische Gebets-Worte noch etwas genauer und mit mehrerm Nachsinnen ein / so werden wir den guten Jeremia finden in dem allerhärtesten Kampff / und wie er mit seinem GOTT selbsten ringe(Haec militia non est contra malitiam, sed cum Summo Bono ad summum bonum.) / wenn es heisset: Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht. Es findet eine gläubige Seele zwar ihren schweren Kampff mit der Sünde / ehe und nachdem sie begangen / mit der schmeichelnden und dräuenden Welt / mit dem Teuffel / welcher durch allerhand schwermühtige Gedancken und innerliche hohe Anfechtungen dieselbe ängstet und verwundet / aber ihren schweresten und sauersten Streit mit GOtt selbsten / wenn sich der Allerhöchste / welcher die wesentliche Liebe ist / mit seinem Trost / Gnade und Licht verbirget / sich frembd / hart und unfreundlich stellet / sich stellet / als wäre er ein Gast im Lande / als ein Held / der verzagt ist / und als ein Riese / der nicht helffen kan (Jer. 14, 8.) / als wolle er nicht hören / nicht trösten / nicht helffen. Dieses thut der fromme GOtt nicht zu unserm Schaden und Verderben / welches Teuffel / Welt und Fleisch suchen / sondern zu unser Prüfung / heilsamen Züchtigung und heiligen Ermunterung.
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Diesen Kampff mit GOtt hat gehabt der Hiob / da er zu ihm gesprochen (Hiob 30, 20.) : Schrey ich zu dir / so antwortest du mir nicht / trete ich herfür / so achtest du nicht auf mich. Du bist mir verwandelt in einen Grausamen / etc. Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir / derselben Grimm säufft aus meinen Geist / und die Schrecknissen GOttes sind auf mich gerichtet (Hiob 6, 4.) . So hat auch mit GOtt gekämpffet der David / wie solches hin und wieder aus seinem schönen Psalter-Buch erhellet (Psal. 13. und 77. &c.) . Der heilige Ertz-Vater Jacob rang mit dem Engel (Gen. 32.) / und das Cananeische Weib kämpffete mit Christo (Matth. 15, 22. Hiebey nützlich zu lesen das 52. und 53. Cap. des 2. Buchs in Arnds Wahren Christenth. und Müllers Liebes-Kuß / 1. Buch / 19. Cap.) einen sehr harten Kampff / und hier unser Prophete. Wie nun aber der Hiob und David / der Jacob und die Cananitin aus solchem Kampffe mit Segen und Sieg durch die treue Barmhertzigkeit GOttes gegangen seyn / so stimmet hier Jeremias seine geistliche Drommete an / und bittet inständig und demühtig: Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht! Der mit dem Engel ringende Jacob sprach: Ich lasse dich nicht / du segnest mich denn. Die mit Christo kämpffende Cananitin schrye: Ach HErr / du Sohn David / erbarme dich mein! HErr hilff mir! Aus gleichem Thon erhebet auch Jeremias seine Stimme zu GOtt / und flehet: Ach HErr / sey du mir nur nicht schrecklich / erbarme dich mein / meine Zuversicht in der Noht / HERR hilff mir / ich lasse dich nicht / du segnest mich denn. Auch hierin müssen wir dem ritterlich-kämpffenden Jeremia nachfolgen / mit ihm die Drommete des Gebets in andächtiger Harmonie anstimmen / und den starcken GOtt Zebaoth bitten / daß er uns nicht möge schrecklich / sondern unsere Zuversicht und Stärcke seyn in der Noht wider unsere Versuchers zum Bösen. Betet / betet Allerliebste! Mit unser Macht ist nichts gethan / wir sind gar bald verlohren! Wir sind wie matte Fliegen gegen den Teuffel / als einen grossen / grimmigen Drachen; wie ein Füncklein gegen den starcken Wind / und wie eine hangende Wand oder zerrissene Mauer / welche gar leicht danieder mag geworffen werden. In solcher unser Schwachheit müssen wir demnach heilige
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Stärcke nehmen von dem HErrn aller Herren / der unsern Arm lehret streiten / von dem Stärckeren über dem Starcken / wie uns der heilige Apostel dahin weiset (Ephes. 6, 10.) / mit dieser Anrede: Seyd starek in dem HErrn / und in der Macht seiner Stärcke! Wie man aber solche geistliche Stärcke und starckes Vermögen überkommen könne / zeiget er bald darauf nach vorgelegtem Göttlichem Harnische (Ephes. 6, 18.) : Betet stets in allem Anliegen / mit Bitten und Flehen im Geist. Dein JEsus gibt eben denselben Raht (Matth. 26, 41.) : Wachet und betet / daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Und in seinem uns fürgeschriebenen Gebete (Matth. 6, 31.) hat er uns zu beten gelehret: Führ uns nicht in Versuchung. Findest du nun / daß du deinen geistlichen Feinden nicht gewachsen bist / und mit dem Hiob bekennen must (Hiob 6, 11.) : Was ist meine Krafft / daß ich möge beharren? Ist doch meine Krafft nicht steinern / und mein Fleisch nicht ehern; so erbitte solche starcke Krafft von dem starcken GOtt / welcher (Nah. 1, 7.) eine Feste zur Zeit der Noht / und die kennet / so auf ihn trauen. Bete und bitte deinen GOtt brünstig / im Geist und in der Wahrheit / bete stets / ohn Unterlaß / mit unermüdetem Anhalten. Ein jeglicher Tag soll dir seyn ein geistlicher Drommeten-Tag (Num. 29, 1.) . Bete im Namen deines himmlischen Vorfechters und mächtigen Fürbitters für dir und deinen Mitstreiter; dein GOtt / der starcke Zebaoth wird dich machen voll Krafft und Geistes des HErrn / voll Rechts und Stärcke (Mich. 3, 8.) . Betet mit unserm Jeremia: Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht! Mit dem tapffern Streiter Mose (Num. 10, 35.) : HErr / stehe auf / laß deine Feinde zerstreuet / und die dich hassen / flüchtig werden für dir! Mit dem geistlichen Helde / dem David (Psal. 3, 8.) : Auf HErr / und hilff mir mein GOtt / denn du schlägest alle meine Feinde auf den Backen / und zerschmetterst der Gottlosen Zähne. (Psal. 18, 1. und 54. 56. 57. &c.) Hertzlich lieb hab ich dich / HErr / meine Stärcke / HErr / mein Fels / meine Burg / mein Erretter / mein GOtt / mein Hort / auf den ich traue / mein Schild und Horn meines Heyls und mein Schutz / etc. Anderer vielfältigen geistlichen Drommeten-Lieder nicht zu gedencken / mögen wir zu demühtiger Erkänntniß unsers Un
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vermögens / vor allen nicht vergessen von dem heiligen David zu lernen den heiligen Schluß-Seufftzer (Ps. 70, 6. Cyrus solebat curare, ut hymnus ante praelium in honorem Castoris & Pollucis caneretur ad animandos milites.) : Ich bin elend und arm / GOtt eile zu mir / denn du bist mein Helffer und Erretter / mein GOtt verzeuch nicht. Betet und singet in und aus dem Hertzen um geistliche Krafft:
Ich lieg im Streit und widerstreb’ / Hilff o HErr Christ dem Schwachen / An deiner Gnad allein ich kleb’/ Du kanst mich stärcker machen / etc.
Imgleichen: Meinen Glauben täglich mehr / Deines Geistes Schwerdt verehr / Damit ich den Feind kan schlagen / Alle Pfeile von mir jagen. Des 374. Gesangs unsers Gesang-Buchs:
GOtt groß über alle Götter / etc. v. 8. Zeuch du mich aus seinen Stricken / etc. v. 9. Reiche deinem schwachen Kinde / etc. Betet und singet des Morgens:
Dein Engel laß stets bleiben Und weichen nicht von mir / Den Satan zu vertreiben / Auf daß etc.
Und: Hilff daß der Fürste dieser Welt Kein Macht an mir nicht finde / Denn wo mich nicht dein Gnad erhält / Ist er mir viel zu geschwinde. Betet und singet den gantzen Tag über:
Ein feste Burg ist unser GOtt / etc. Betet und singet des Abends:
Befiehl dem Engel / daß er komm / Und etc. Laß dichs nicht wundern / daß ich hier die Gesänge so häuffig recommendiret und hingesetzet habe. Es ist warlich ein andächtiges Lied eine starcke und mächtige Drommete / die geistlichen
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Feinde zurück zu treiben / stärcker und durchdringender / als die Posaunen in den Händen der Soldaten des Gideons (Jud. 7, 20.) / mit ihrem Feld-Geschrey: Hie Schwerdt des HErrn und Gideon! Versuche es / du wirst es erfahren / und zu anderer Folge rühmen:
Wenn ich in Kämpffen bet und singe / So bleibt mein Hertz recht guter Dinge! Ja / du wirst mit hertzlicher Freude inne werden / daß die Krafft des HErrn in dir Schwachen mächtig / und daß die Krafft Christi bey dir wohne (2. Cor. 12, 9.) . Denn wer nur beten und seufftzen kan / ist kein verlassener Mann! Sind die Waffen unserer geistlichen Ritterschafft mächtig für GOtt / daß sie nicht nur überaus sehr mächtig / sondern ihre Krafft und Macht / so in dem Schilde des Glaubens und dem Schwerdt des Geistes lieget / aus der Stärcke GOttes ursprünglich haben; so müssen wir GOtt täglich und unabläßig darum bitten und anflehen / daß er uns nicht möge schrecklich / sondern unsere Zuversicht / Stärcke und Krafft seyn in der Noht und Anfechtunge / damit wir mögen ritterlich ringen / und victoria, victoria singen. Singen: Die Rechte des HErrn behält den Sieg / die Rechte des HErrn ist erhöhet / die Rechte des HErrn behält den Sieg (Psal. 118, 15.) . Singen: GOtt sey Danck / der uns den Sieg gegeben hat durch unsern HErrn JEsum Christum (1. Cor. 15, 57.) !

Allgemeine Ermunterung.
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WOlan / meine allerliebsten Freunde / die ihr nungehöret habt / wie der heilige Prophete Jeremias eine gute Ritterschafft geübet wider Teuffel / Welt und Fleisch mit
Dem Schilde des Glaubens / Dem Schwerdt des Geistes / und Der Drommete des Gebets / folget ihm / und übet auch eine gute Ritterschafft. Der Mensch / und absonderlich ein jeglicher Christe / muß immer im Streit seyn und auf dem Kampff-Platze stehen / obschon nicht allemahl so hart wie der Jeremias / dennoch eben so gewiß. Und dieses lässet GOtt dem Teuffel / der Welt und deinem Fleische zu / damit er prüfe deinen Glauben / Gehorsam und Gedult / nicht
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zu seiner Wissenschafft / allermassen er ja kennet deines Hertzens Grund / alles bloß und entdecket vor seinen Augen ist; sondern andern deine Aufrichtigkeit des Hertzens zu entdecken / wie er an dem Abraham und Hiob that / oder dich selbsten zu deiner eigentlichen Erkenntniß zu bringen / zum behutsamen Wandel und eiferigen Beten anzufrischen. Mancher ergibt sich dem Teuffel / der Welt und seinem Fleische / zu thun was sie nur gebieten / und ihnen allen Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten. Geliebte / habt ihr nicht in der Heiligen Tauffe entsaget dem Teuffel und allen seinem Wesen? Wisset ihr nicht / daß es recht bey dem gerechten GOtt sey / den verdammttn Ort des Teuffels anzuweisen denen / welche hier Satans Art und Weise geliebet haben? Saget auch nicht / der Teuffel ist weit von mir / es ist keine Noht verhanden / es hat keine Gefahr. Satan ist ein Fürst der Welt mit den bösen Geistern unter dem Himmel / er gehet allenthalben umher wie ein brüllender Löwe / und suchet welchen er möge verschlingen. Er führet seinen Krieg mitten in dem Kirchen-Himmel (Apoc. 12, 12.) / und ist kein Ort so heilig / den dieser unverschämte Gast scheuen solte. Wird er gleich ein und ander mahl abgewiesen / so stellet er sich doch wieder ein (Luc. 11, 24.) . Der Höllen-Geist ist unverschämt und frech / er kam zu JEsu auch das andere und dritte mahl. Der Fliegen-Gott Beelzebub ist wie die garstigen Fliegen / die sich bald wieder nieder setzen / ob man sie schon hat hinweg getrieben. Auch die Allerheiligsten sind von ihm berückt. Ist nicht Moses vom Teuffel gebracht zum Mißtrauen / Aaron zur Abgötterey / Loth zur Blut-Schande / Hiskias zum Hochmuth / David zum Ehebruch und Mord / Zacharias zum Unglauben / und Petrus zur Verleugnung seines HErrn und Meisters? Denn was er nicht kan ausrichten als ein Löwe / das versucht er als ein Fuchs innerlich und äusserlich. Darum / so sey nicht sicher / sondern stehe auff deiner Hut / gedencke an die treue Erinnerunge / welche dir Christi Apostel / Petrus gegeben: Seyd nüchtern und wachet! Fliehet alle Gemeinschafft mit den Gottlosen / und sondert euch von ihnen / weil ihr wisset / daß sie als treue Diener ihres höllischen Herrn wider euch seyn / und euch auff die breite Sünden-Bahn zu führen sich bemühen. Meydet selbe
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so viel als möglich / und habt nichts mit ihnen zu schaffen / nemlich / so jemand ist / der sich lässet einen Bruder nennen / und ist ein Hurer / oder ein Geitziger / oder ein Abgöttischer / oder ein Lästerer / oder ein Trunckenbold / oder ein Räuber / mit demselbigen solt ihr nicht essen / noch einige Gemeinschafft haben (1. Cor. 5, 9.) . Was der äusserliche Bürgerliche Umgang betrifft / dessen man in gemeinem Leben nicht entrahten kan / ist derselbe nicht gantz untersaget und verbothen / nur daß man alle Behutsamkeit darinnen gebrauche. Behüte dein Hertz für Fleisches-Lust / Augen-Lust und hoffärtigem Leben. Diß sind drey unselige Schwestern / die sich nicht gerne trennen lassen. Es sind drey breite Wege und Pforten zur Höllen / darauf und dadurch so viele wandeln. Hüte dich / daß dein Hertz nicht beschweret werde mit Fressen und Sauffen / und mit Sorgen der Nahrunge. Wende allen Fleiß daran / daß du mögest bleiben auff der Mittel-Strasse / sonst weder zur Rechten noch zur Lincken. Du gehest schreibt ein geistreicher Lehrer gen Himmel auff einem alten engen Steg / zu beyden Seiten ist ein zwiefaches tieffes Meer / der Verzweiffelung / und der Verstockung. Hier ist ja vor allen Dingen Behutsamkeit nöhtig / damit du nicht mögest gerahten noch fallen weder in Sicherheit noch in Verzweiffelung. Fürsichtigkeit ist auch nöhtig wegen deines einheimischen Feindes / deines eigen fleischlichen Hertzens. An diesem hast du einen schmeichelhafften Feind / einen verrähterischen Judas / der dich küsset / und unter dem Küssen dem Satan und der Welt in die Hände / in ihre Netze und Stricke überantwortet. Siehe dich für / und traue deines verdorbenen Fleisches Vorstellungen nicht / wenn es spricht: Du werdest Nutzen / Lust und Freude / Ehre und Ruhm / Gunst und Freundschafft erlangen / so du ihm folgest / sondern gedencke und glaube dem Worte / welches Paulus getrieben vom Heil. Geiste sagt (Rom. 8, 6. 7. 8.) : Fleischlich gesinnet seyn ist eine Feindschafft wider GOtt; fleischlich gesinnet seyn / ist der Tod; die fleischlich sind / mögen GOtt nicht gefallen. Derhalben so folget nicht den Reitzungen und Vorstellungen eures verdorbenen und euch verderbenden sündlichen Fleisches / sondern tödtet durch den Geist des Fleisches Geschäffte / denn wir sind Schuldener nicht dem Fleische / daß wir nach dem Fleische leben /
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vielmehr sind wir Schuldener JEsu Christi / und ihm für seine um unser Gerechtigkeit willen ausgestandene schmertzliche Creutzigunge schuldig / daß wir unser Fleisch creutzigen / samt den Lüsten und Begierden; nicht mehr uns selbst leben / sondern Christo / der für uns gestorben und auferstanden ist. Sind nun unsere geistliche Feinde listig und von geschwinden Räncken / so sollen wir seyn fürsichtig / und desto fleißiger wachen über unsere Seele; aber da jene unsere Gegenseitige auch sind Mächtige und Gewaltige / so sollen wir deßwegen unerschrocken / unverzagtes und gutes Muhts seyn. Allmacht gehet über Macht. Es ist ein hertzhaffter Zuspruch / mit welchem vormahls der Moses das zaghafftige Israel muhtig zu machen beflissen war / in diesen behertzten Worten (Exod. 14, 13.) : Fürchtet euch nicht / stehet fest / und sehet zu / was für ein Heyl der HERR heute an euch thun wird! Meine Allerliebsten / ihr habt den höllischen Pharao mit seinen Egyptern / ich will sagen / mit der gottlosen Welt und eurem eigenen Fleische wider euch / wie dorten der blutdürstige Pharao das Volck Israel verfolgete. Allein / fürchtet euch nicht / seyd nur getrost und unverzagt / stehet fest / und sehet zu / was für ein Heyl der HErr heute / und in eurem gantzen Leben an euch thun wird. Fürchtet euch nicht / lasset Hand und Muht nicht sincken / denn der ist mehr / die bey uns sind / denn derer / die bey ihnen sind (2. Reg. 6, 16.) . Der in euch / ist grösser / denn der in der Welt ist (1. Joh. 4, 4.) . Satans Macht ist wenig und geringe / wenn ich sie halte gegen die Krafft / so ein Christe aus GOtt hat. Der Teuffel kan ohne GOttes Verhängnisse und Zulassunge nicht schaden. Er konte an Hiobs Person und Leibe keine Hand / ohne des treuen Menschen-Hüters allweise Nachsehung legen (Hiob 1. und 2.) . Auch nicht an unsern Gütern und Habseligkeiten / welches aus vorigem und der von den Teufeln gebetenen Erlaubniß (Matth. 8, 31.) sattsam erhellet. Weil nun Satan nichts ausrichten und bewerckstelligen kan / als wozu ihm GOtt aus heiligen Ursachen Urlaub und Vergünstigung ertheilet / so fürchtet euch nicht. Ja / weil GOtt unsern geistlichen Feinden nicht mehr einräumet / als er siehet / daß uns erträglich und zuträglich / so habet einen Helden-
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Muht. Ihr die ihr JEsum durch den Glauben wohnen habt in euren Hertzen / habt mit euch den Stärckern / welcher dem Teuffel seinen Pallast genommen / und seinen Pantzer ausgezogen / ausgezogen die Fürstenthümer und Gewaltigen / und sie schau getragen öffentlich / und einen Triumph aus ihnen gemacht durch sich selbst. Ist dann unser JEsus mit / bey / in und für uns / wer will wider uns seyn / und wer mag uns schaden? Nichts / nichts können Teuffel / Welt und Fleisch an dir haben / als nur was du ihnen selber einräumest. Wer ihnen nichts zu Willen weiß / an dem haben sie nichts. Wie soltest du aber in dein eigen Verderben lauffen / und dich selbst deinen Feinden zu grausamer Marter darstellen? Der Weiseste unter den irrdischen Königen Salomon spricht (Prov. 24, 8.) : Wer ihm selbst Schaden thut / den heisset man billig einen Ertz-Bösewicht. So ergreiffet demnach den Schild des Glaubens / das Schwerdt des Geistes und die Drommete des Gebets. Ergreifft den Schild des Glaubens / denn hiemit könnet ihr auslöschen alle feurige Pfeile des Bösewichts. Werfft euer Vertrauen nicht weg. Bey den Alten war es ein grosser Schimpff / den Schild hinweg werffen / und sich gewonnen geben. Dannenhero werfft nicht weg den Schild des Glaubens / denn dieses wäre nicht nur höchst schimpfflich / sondern in Ewigkeit schädlich. Nehmet das Schwerdt des Geistes / denn es ist seines gleichen nicht (1. Sam. 21, 9.) / und nichts dagegen das Schwerdt Goliaths. Niemand aber muß das Wort GOttes mit dem Satan verfälschen / verstümmeln / verdrehen / und wider GOttes Intention gebrauchen / sondern im rechten Verstande und im Sinne des heiligen Geistes. Wer also dieses Schwerdt nim̅t / der kommt nicht durch das Schwerdt um / sondern er wird damit seine geistliche Feinde niederschlagen / und im Namen des HErrn zerhauen. Gebrauchet die Drommete des Gebets / denn auf dessen erschallenden Thon werden sich die Feinde zerstreuen. Sollen unsere Hände starck / und unsere Hertzen freudig bleiben / den Schild des Glaubens / und das Schwerdt des Geistes wohl zu führen / so müssen wir mit unaufhörlichem Anhalten drommeten. Kämpffet einen guten Kampff / thut keine Lufft-Streiche / und machet nicht vergebliche Fechter-Streiche / sondern kämpffet
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recht / und haltet fest über dem Glauben und über GOttes Wort / mit Bitten und Flehen im Geiste / so werdet ihr kräfftigen Widerstand thun / nicht nur gewachsen / sondern auch überlegen seyn / alles wohl ausrichten und das Feld behalten. In leiblichem Streite heisset es: Mars est anceps, das Schwerdt frisset jetzt diesen / jetzt jenen (2. Sam. 11, 25.) / und ist der Ausgang zweiffelhafftig. Hier aber / in diesem geistlichen Streit ist der Sieg gewiß / auch können wir von Triumph sagen / ehe man den Sieg erjagen. Mit Christo hieß es: Triumphus ante victoriam, da er ihm ließ Palm-Zweige vortragen / als er gen Jerusalem zog / den Kampff mit Tod und Teuffel anzutreten. Und so heisset es auch mit allen frommen Christen / denn sie sind des Siegs in Christo durch den Glauben so gewiß / als hätten sie ihn schon in Händen. Dannenhero schreibet Johannes (1. Joh. 5, 4.) : Unser Glaube ist der Sieg / nicht der die Welt wird überwinden / sondern / der die Welt überwunden hat. Und je härter der Krieg / je edler der Sieg (Arnds Wahr. Christenth. 1. Buch / 16. Cap.) ! je mächtiger und listiger die Feinde / je grösser die Ehre des Uberwinders! Wer seine Feinde ausser / um und in sich durch GOttes Krafft mit dem Schilde des Glaubens / dem Schwerdt des Geistes und der Drommete des Gebets überwindet / der soll essen von dem Holtze des Lebens / das im Paradieß GOttes ist (Apoc. 2, 7.) / dem soll kein Leyd geschehen von dem andern Tode (Apoc 2, 11.) . Wer überwindet / dem will JEsus zu essen geben von dem verborgenen Manna / er will ihm geben ein gut Zeugniß / und mit dem Zeugniß einen neuen Namen (Apoc. 2, 17.) / er will ihm Macht geben über die Heyden / und den Morgenstern / das ist / sich selbst zu eigen (Apoc. 2, 26.) . Wer überwindet / der soll mit weissen Kleidern angeleget werden / und JEsus wird seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens / und will seinen Namen bekennen für seinem Vater und für seinen Engeln (Apoc. 3, 5.) . Er will ihn machen zum Pfeiler in dem Tempel seines GOttes etc. (Apoc. 3, 12.) . Er will ihm geben mit ihm zu sitzen auf seinem Stuhl (Apoc. 3, 21.) . Sind das nicht herrliche und ungemein grosse / ja unvergleichliche Verheissungen? diese sollen diejenigen in der That an sich erfüllet sehen / so recht kämpffen? Sein Wort ist ja und Amen /
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wahr und ohnfehlbar / denn wie JEsus ist der Erste und Letzte / so sollen alle diese theure Versprechungen von der ersten bis zu der letzten demjenigen wahrhafftig werden / welcher mit dem Worte Gottes / im hertzlichen Glauben / unter inbrünstigem Gebet seinen geistlichen Widersachern beständigen Widerstand thut. Wurde nun der David zu seinem Streit wider den Hohn-sprechenden Philister Goliath angefrischet durch die Königliche Verheissunge / daß der König Saul den / so ihn schlüge / sehr reich / und seines Vaters Hauß frey machen / und ihm seine Tochter geben wolte (1. Sam. 17, 25.) ? Wie vielmehr werden diese grosse / vielfältige theureste Versicherungen einen jeden Christen erwecken / wider den höllischen Goliath recht und biß in den Tod zu kämpffen / denn
Hie ist der Streit / dort ist der Lohn! Hie ist der Kampff / dort ist die Cron! Kurtz: wer überwindet / der soll als ein Sieg-prangender Uberwinder mit Preiß und Ehren gekrönet werden / dessen der auserwehlte Rüst-Zeug GOttes sich und alle gläubige Mit-Streiters versichert machet / sprechend (2. Tim. 4, 7. 8.) : Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben gehalten / hinfort ist mir beygelegt die Krone der Gerechtigkeit / welche mir der HErr an jenem Tage / der gerechte Richter geben wird / nicht mir aber allein / sondern auch allen die seine Erscheinung lieb haben. Ja / ein solcher siegender Streiter JEsu Christi wird mit Jauchzen und Frolocken aus der streitenden Kirche dieser Erden / eingehen in die triumphirende Kirche im Himmel. Wer hier gewesen ein recht-kämpffender / untertretender Jacob / wird ewiglich heissen und gerühmet werden ein Israel GOttes. Wer hier recht gebrauchet hat den Schild des Glaubens / und hier allbereits von GOtt gekrönet ist mit Gnade / wie mit einem Schilde (Psal. 5, 13.) / der wird dort empfahen die Krone der Gerechtigkeit (2. Tim. 4, 8.) . Wer hier tapffer geführet hat das Schwerdt des Geistes / der soll dort angethan werden mit weissen Kleidern / und Palmen in seinen Händen führen (Apoc. 7, 9.) . Wer hier im Geist und in der Wahrheit seine Gebets-Drommete beständig angestimmet hat / und
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sein Wort zur Losung hat seyn lassen: GOtt gibt Sieg (2. Macc. 13, 15.) ! der soll gewißlich kommen zu dem himmlischen Jerusalem / und zu der Menge vieler tausend Engeln / und zu der Gemeine der Erstgebohrnen / die im Himmel angeschrieben sind / und zu den Geistern der vollkommenen Gerechten (Hebr. 12, 22. 23.) / und mit ihnen das himmlische Trisagium aus dem höchsten Thon triumphirend drommeten: Heilig / heilig / heilig ist der HErr Zebaoth (Esa. 6, 3.) !

Besondere Zueignung.
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HAt das gantze menschliche Geschlecht / absonderlich ein rechtschaffener Christe wieder sich Teuffel / Welt und Fleisch / so stehen auf diesem Kampff-Platze der streitenden Kirche traun / zu erst / vorne und oben an die Diener Christi / und Haußhalter über GOttes Geheimnisse. Denn da sie Ampts- und Beruffs halber dem Reiche des Teuffels mit Lehren und Warnen / Straffen und Dräuen Abbruch thun müssen / so meldet sich wieder solche der Teuffel / als der Ertz- und Erb-Feind mit seinem starcken Anhang. Dieses zeigete Christus seinen Aposteln bey ihrer Aussendung an (Matth. 10, 16.) : Siehe / ich sende euch wie Schaafe / mitten unter die Wölffe etc. und (Joh. 16, 2.) : Sie / die undanckbahren Welt-Kinder werden euch in den Bann thun / und wer euch tödtet / wird meynen / er thue GOtt einen Dienst daran. Sobald Paulus zum auserwehlten Rüst-Zeug GOttes bestellet / den Göttlichen Nahmen zu tragen für den Heyden / und für den Königen / und für den Kindern von Israel / sprach JEsus: Ich wil ihm zeigen / wie viel er leiden muß um meines Nahmens willen (Actor. 9, 16.) . Und eben das schrieb Paulus seinem in das Predig-Amt beruffenen Timotheo (2. Tim. 2, 3.) : Leide dich als ein guter Streiter JEsu Christi. Ja / Ja! ein Lehrer / ein Leyder / und wer viele lehret / muß viel leyden von Satan und seinen Schuppen. Welches getreue rechtschaffene Lehrer nicht befrembdet / sondern erfreuet (Actor. 5, 41. 2. Corinth. 6, 10.) / da sie durch des heiligen Geistes Zeugniß gewiß und versichert seyn: die Rechte des HErrn behält den Sieg! Wie nun in seinem Leben und Lehr-Ampt seinen steten Kampff gehabt hat der Prophete Jeremias zu seiner Zeit / so
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nicht weniger auch in seinem allgemeinen Christen- und besonderen Standes-Beruff unser seelig verstorbener Herr Inspector; aber bey dem allen hat er mit dem Jeremia seine Ritterschafft durch GOttes Krafft wol geübet. In seinem Christen-Stande hat er als ein guter Streiter JEsu Christi gestritten wider Teuffel / Welt und Fleisch / so viel hier durch GOttes Gnade bey noch anklebender Schwachheit geschehen mag. Wie er andern die Lection gab von dem wahren thätigen Christenthum / von der Selbst-Verleugnung / von der Creutzigung des Fleisches und dessen lüstenden Begierden / dem Himmelreich Gewalt anzuthun / und zu schaffen / selig zu werden mit Furcht und Zittern / so war er hierin ein lebendiges Fürbild / und stritte in seinem verordneten Kampffe wider das / so ihm darunter hinderlich vorfiel. Nicht weniger hat er eine gute Ritterschafft geübet in seinen Ampts-Verrichtungen. Getreu ist er JEsu seinem Hirten bis in den Tod geblieben / und hat recht gekämpffet. Satan / Welt und Fleisch haben seiner und seines Beruffs nicht vergessen / aber es hieß dennoch und konten mit Wahrheit von ihm Jeremiae Worte zu GOtt und dessen Ehre gesaget werden: Ich bin darum nicht von dir geflohen / mein Hirte. So hat er auch Menschen-Tage nicht begehret / er hat Fürstliche Gnade nicht vorgezogen der Gnade seines GOttes / wol wissend / daß derjenige nicht Christi Knecht seyn könne / welcher gedencket und suchet Menschen gefällig zu seyn (Gal. 1, 10.) . Denn da er im stets frischen Gedächtniß hatte den Tag JEsu Christi (Phil. 1, 6.) / oder den jüngsten und letzten allgemeinen Gerichts Tag / so verlohr sich von selbsten der uns angebohrne Appetit nach bequeme und reichliche Menschen-Tage. Was er predigte / war recht für GOtt! Und daß er geprediget wider das Unrecht im Pabstthum / ist und bleibet recht. Denn GOttes Wort und die darin gegründete Luthers Lehr / vergehet nun und nimmermehr! Ob er nun schon von solcher seiner Orthodoxia und recht gelehrtem Göttlichen Rechte einen zornigen Menschen-Tag erlebet / so ist er doch darum nicht von seinem Ober-Hirten geflohen / sondern er hat solchen seinen hartgewordenen Kampff wohl gekämpffet / und in dem allen eine
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gute Ritterschafft geübet / da sein Hirte seine Zuversicht in der Noht / und ihm nicht schrecklich / vielmehr wegen seines heiligen und rechtmäßigen Eyfers gnädig / und mit der allerhöchsten / gewissesten Gnade zugethan. Die gute Regul des Basilii Magni, welche er in dem Lobe eines gewissen Märtyrers in acht genommen / führet mich zur Kürtze. Wann die Welt jemand rühmen wil / schreibt er / so redet sie von seinem Stamme und Hause / von dessen Ahnen und Vorfahren / von seiner Geschicklichkeit und herrlichen Verrichtungen / aber die Kirche übergehet dieses als was unnöhtiges und überflüßiges. Derhalben sage ich nur mit wenigem / daß er eine gute Ritterschafft geübet in seinem Christen- und Ampts-Beruffe. Er hat uns allen Raht GOttes recht und gründlich verkündiget / mit Seufftzen öffters unsere Seligkeit gesuchet / es mochte seyn zur rechten Zeit oder zur Unzeit. Nach aller Möglichkeit hat er sich beflissen / seinem heiligen wichtigen Ampte an Kirchen und Schulen ein Genügen zu thun / und als ein Christlicher Redner hat er biß an sein Ende peroriret / und in seinem verordneten Kampffe wol gekämpffet / also daß er mit dem heiligen Apostel durch GOttes Gnade hat diesen seinen Epilogum und Schluß-Rede machen können: Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff meines Ampts und Lebens vollendet / ich habe Glauben gehalten / nun wird mir mein JEsus / der gute Hirte geben die Crone der Gerechtigkeit / als der ich seine Erscheinung lieb habe und mit Freuden erwarte. Ja er hat ihm das aus dem gehabten Fest-Evangelio zugeredete Simeons-Wort: HErr nun lässest du deinen Diener / der nicht von dir geflohen / und geprediget / was recht für dir / im Friede fahren! mit einem gläubigen und Christ-ritterlichen Amen beantwortet. Amen / ja komm HErr JEsu (Apoc. 21. ult.) ! komm JEsu mein Friede und meine Freude! Wenn werde ich zu dir kommen? Laß mich mit Simeon in Friede fahren! Nun / nun ist er aus allem Streit und Kampff! Er ist nun in den Häusern des Friedes / in sichern Wohnungen und stoltzer Ruhe (Esa. 32, 17.) ! Ewige Freude ist nun über seinem Haupte / Freude und Wonne haben ihn ergriffen / Schmertzen und Seufftzen ist nun von ihm weg (Cap. 35. ult.) . Nach vielen recht gestrit
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tenen Streiten und Kämpffen ist ihm nun die Triumphs- und Ehren-Krone auffgesetzet. Das Lamm mitten im Stul weidet und leitet ihn zu dem lebendigen Wasser-Brunnen / GOtt sein Hirte und Vater wischet alle Thränen von seinen Augen (Apoc. 7. ult.) . Wie ihn hier sein GOtt geschmücket hat mit Heyl zu heilsamer Führung seines Ampts (Psal. 132, 16.) / so ist er nun angezogen mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet (Esa. 61, 10.) . Was hier kein Auge siehet / und kein Ohr höret / und in keines Menschen Hertz kommt (1. Cor. 2, 9.) / das siehet und höret er / das empfindet und besitzet er. Was er hier uns von GOttes Geheimnissen geprediget / und ihm noch waren unaussprechliche Worte / das verstehet er nun vollkommen / und ist seine Theologia revelationis jetzt eine Theologia visionis, da er seinen GOtt siehet von Angesicht zu Angesicht / in ewiger Freude seligem Licht. Aber / wie ist bey dem allen das Hertz der tieff-betrauerten Frau Wittwen / der schmertzlich-leydtragenden Kindern / seiner guten Freunden und geliebten Beicht-Kindern / ja aller rechtschaffenen Zuhörer? Ich zweifle nicht / es werden diese samt und sonders mit dem / wie es GOtt gefüget / und den Wol-Seligen vergnüget / als Christen zufrieden seyn / da er gefahren in Friede zu den himmlischen Häusern des Friedes. Ihr meine Allerliebsten / leget mir nicht aber eins vor Augen / wie bey meinem Aufftritt geschehen / den mit Klage / Ach und Weh durch und durch beschriebenen Brieff. Ich wil dagegen aus dem Worte GOttes / um eure von Traurigkeit verunruhigte Hertzen zu beruhigen / und euch daraus unter einander zu trösten / hernehmen / und mit nach Hauß geben das tröstliche Trinum von GOttes wahrhafftigem Munde / barmhertzigen Hertzen / und von seinen allmächtigen Händen (Esa. 49, 15.) . Muß ein Mann seiner lieben Ehe-Frauen / ein Vater seiner wehrten Kinder / ein Prediger seiner Gemeinde der leiblichen Gegenwart nach / schon vergessen / so spricht doch GOtt / der dein Mann (Esa. 54, 5.) / der ein Vater über alles was Kinder heisset im Himmel und auf Erden (Eph. 3, 15.) / und der Lehrer sendet: Ich will dein nicht vergessen / siehe in die Hände hab ich dich gezeichnet. Hat euer selige Mann und
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Vater hier Sorge getragen für Wittwen und Wäysen / so wird GOtt auch seyn euer Richter und Vater in eurem Wittwen- und Waysen-Stande. Er wird euch nicht verlassen noch versäumen / sondern wie einige unter euch Waysen ihren Hertzgeliebten Vater im Schlaffe verlohren haben (es schlieffen schon etliche von den Kindern / da der selige Mann gegen die Nacht-Zeit / in seinem JEsu entschlieff) so wird Er / da ihr seine Freunde bleibet / Ihn über alles liebet / fürchtet und vertrauet / euch schlaffend (Psalm 127, 2.) geben / was nöhtig und ersprießlich. Er wird euch Väter und Gönners / Hülff und Beystand erwecken / wann und wo ihr es am wenigsten gedencket. Hat euch meine Hertzlich-Betrübte / euer Mann und Vater nach GOttes heiliger Ordnung verlassen müssen; Der HERR / HERR / ohn dem Mann und Vater / Eltern und Freunde nichts helffen können / nimmt euch auff / welches David vor sich / als ein erfahrnes Kind GOttes rühmet (Psalm 27, 10.) / und mit anderer Beyspiel nachdrücklich bekräfftiget / GOttes Väterliche Vorsorge jedermänniglichem anpreisend: Ich bin jung gewesen und alt worden / und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen / oder seinen Saamen nach Brodt gehen (Psalm 37, 25.) . Ihr vielgeliebte Hochbetrübte / was David nicht gesehen / werdet auch ihr nicht sehen! GOTT verlässet keinen / der sich auff ihn verläßt / Er bleibet getreu den seinen / Die ihm vertrauen fest! Ubet demnach auch in dieser schmertzlichen Anfechtung und wolgemeinten Prüfung eine gute Ritterschafft mit dem Schilde des Glaubens und kindlichen Vertrauens / mit dem Schwerdt des Geistes und stiller Betrachtunge Göttlicher Verheissungen / wie auch mit der Drommete eines anhaltenden Gebets / so wird euch das erquickende Freuden-Licht auffgehen in jetziger Finsterniß von dem Gnädigen / Barmhertzigen und Gerechten (Psalm 112, 4.) . Hoffet ihr beständig auff GOttes untriegliches Wort? so wird er seyn und bleiben euer Schirm und Schild (Psalm 119, 114. und 115, 9. 10. 11.) / er wird an euch dencken und segnen / denn er segnet / die ihn fürchten / beyde Kleine und Grosse (Psalm 115, 13.) !
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Liebster JEsu /
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Du starcker Held und him̅lischer Sieges-Fürst! Laß mich und alle deine treue Streiters / auff dem Kampff-Platze dieser streitenden Kirche erhalten einen Sieg nach dem andern (Psal. 84, 8.) / und endlich über dem letzten Feind / welcher ist der Tod (1. Cor. 15, 26.) .
Hilff mir ritterlich ringen / Dein Hand mich halt in acht / Daß ich mag frölich singen / GOtt Lob! es ist vollbracht! Amen.
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PERSONALIA.
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ANlangend nun unsers in GOtt selig-verstorbenen getreuen Seelen-Hirtens und wehrtesten Mit-Bruders / Herrn M. Albrecht Fiedler Knopffs / hochverordneten Königl. Preußisch. und der Stadt Minden Inspectoris der Kirchen und Schulen / wie auch Pastoris Primarii ehelichen Lebens-Anfang / gottselig geführten Fortgang / und endlich erfolgten herrlichen und höchst-seligen Ausgang / so wollen wir nach Maaßgebung der von dem seligen Herrn Inspectore mehrentheils selbsten schrifftlich aufgezeichneten Nachrichten nur das Nöhtigste kürtzlich vermelden. Er ist im Jahr 1665. den 22. Sept. Abends zwischen 6. und 7. Uhr zu Gröningen im Fürstenthum Halberstadt auf diese Welt gebohren. Sein Herr Vater ist gewesen / der Hoch-Wohl-Ehrwürdige Herr M. JOHANNES Knopff / damahliger Prediger zu Gröningen / und nachmahls der Haupt-Kirchen S. Stephani zu Aschersleben wohlverdienter Pastor Primarius, der Schulen und Hospitalien Inspector, und des dasigen Ministerii Senior, dessen Gelehrsamkeit unter andern aus seiner Hall-Jahrs-Posaune / höllischen Schau-Platz / tröstlichen Paßions-Zeiger / Wunder des Leydens Christi / aus des berühmten Theologi und Historici, Herrn Joh. Georg Lenckfelds Antiquitatibus Groningensibus bekandt seyn kan. Die Frau Mutter war / Frau Maria Fiedlerin. Der Groß-Vater Väterlicher Seiten / Herr Alard Knopff / Kauff- und Handels-Mann in Altenbruch / im Lande zu Hadeln / wie auch Jurate und Vorsteher der Kirchen zu S. Nicolai daselbst. Die Groß-Mutter Väterlicher Seiten / Frau Anna von Friesen / Herrn Wilhelm von Friesen / Stadthalters im Lande zu Hadeln / Tochter. Der Elter-Vater Väterlicher Seiten / Herr Joh. Knopff / ein Kauffmann in Bremen. Die Elter-Mutter / Frau Gerdrut Hennings / aus dem daselbst noch wohlbekandten Hennings-Geschlechte. Der Groß-Vater Mütterlicher Seiten ist gewesen / der Hoch-Ehrwürdige Herr M. LUDWIG Fiedler / Chur-Fürstl. Brandenb. Consistorial-Raht und Pastor Primar. der Kirchen zu S. Martini in Halberstadt / wie auch Inspector der Schulen daselbst.
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Die Groß-Mutter Mütterlicher Seiten / Frau Gertrud Wißmars / Hoch-Fürstl. Braunschw. Wein-Factors in Zelle eheliche Tochter. Der Elter-Vater ist gewesen / Herr Johann Fiedler / Bürger und Rahts-Verwandter in Arnstadt. Die Elter-Mutter / Fr. Catharina Tatians / Herrn Henrich Tatians in Arnstadt Rahts-Verwandten eheliche Tochter. Der Elter-Vater ist gewesen / Hr. Christoph Fiedler / Wein-Händler zu Plaw. Die Elter-Mutter / Frau Kunigunda Firnecrantzin. Von diesen Christlichen und ehrlichen Eltern ist Er vorbemeldter Zeit an diese Welt gebohren / und den 25. Sept. durch das Bad der Wiedergebuhrt dem Gnaden-Reich Christi einverleibet / und Albrecht Fiedler (nach dem Brandenb. Land-Raht Albrecht Wippermann un̅ M. Ludwig Fiedler) genennet worden. Wie ihn nun seine Eltern vor andern ihren Kindern hertzlich geliebet / als haben sie an sorgfältiger Auferziehung nichts ermangeln lassen / und wie sie ihn von Jugend auf dem Studio Theologico gewidmet / so haben sie ihn sonderlich zur Gottesfurcht und Studiren fleißig angehalten / und nebst der Information des Herrn Rectoris und Conrectoris der Schulen zu Aschersleben / M. Ulmanns und Andr. Böttchers / mit nicht geringen Unkosten eigene Praeceptores gehalten / bis er auf Gutbefinden seines seligen Herrn Vaters sich Anno 1682. um Johannis-Tag auf die damahls berühmte Schule der Stadt Naumburg begeben / und bey dasigem Herrn Rectore, M. Joh. Töpffern / Stube / Tisch und Information zwey Jahr gehabt / und dabey des gelehrten Herrn M. Hentels / damahligen Conrectoris Unterricht genossen; biß er auf Gutachten seiner Praeceptorum und Befehl seines Herrn Vaters Anno 1684. nach der Universität Jena gezogen / und daselbst am Johannis-Tage unter Herrn D. Lynckers Rectorat in numerum Studiosorum recipiret. Daselbst hat er sich in Philosophicis von Herrn M. Stender / Philos. Facult. Adj. privatissime informiren lassen / auch unter ihm eine Disputation, so er selbst elaboriret / de Libertate Arbitrii humani gehalten / und ist darauf auf Zurahten der Herren Professoren und ausdrücklichem Begehren seines Herrn Vaters den 23. Sept. 1686. Magister worden / da er unter 32. Candidatis den neunten Locum bekommen. In Studio Theologico hat er privatim Doct.
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Bechmanns und Herrn D. Beyers Information sich bedienet / publicè nebst diesen Hn. D. Veltheim gehöret / und vielfältig sich Opponendo und Respondendo exerciret / bis er von dar A. 1687. nach Helmstädt / auf Einrahten seligen Hn. D. Rixners / General-Superintend. in Halberstadt / sich begeben / und bey Hn. Wiedeburg / damahligen Logic. & Metaphys. Prof. Ordin. Tisches und Information genossen; biß er A. 1688. bey einem jungen Frantzösischen Edelmann / Mons. de Martinieu, zum Hofmeister bestellet / mit ihm an Herrn D. Meyers Tisch gegangen / und sich dessen Information bedienet / auch daselbst unter Calixto und andern opponendo sich öffters exerciret. In Philosophicis hat er daselbst praesidendo den 22. Sept. 1688. disputiret / de Moralitate facti Simsonis, worauf er A. 1689. sich von da nach Hause / und hierauf nach Halberstadt begeben / und sich des Herrn Doct. Rixners Bibliothec und Manuduction bedienet. Daher ist er A. 1690. nach Magdeburg gezogen / um den seligen Hn. M. Scriverium un̅ andere begabte Prediger zu hören / woselbst er auch im Junio, nebst noch zwey andern / zu dem Diaconat ad S. Jacob solte praesentiret werden. GOtt aber / der ihn von seiner Jugend auf wunderlich geführet / hatte es anders beschlossen / und schickte es / daß er gantz unverhofft den 30. Aug. eine Vocation zur Pfarre in Evesen / Giltzen und Hachen von den Herrn Ludwig von der Asseburg bekommen / welcher / als einer recht Göttlichen Vocation, so ohne sein Wissen / Suchen und Vermuhten ihm GOtt zugeschicket / er gefolget / und ist darauf den 8. Octob. im Wolffenbüttelschen Consistorio examiniret / den 14. ejusd. ordiniret / und den 9. Nov. introduciret worden / hat auch alldar seinem anvertrauetem Ampte sieben Viertel-Jahr nach Vermögen vorgestanden. Anno 1692. den 2. Junii hat er sich mit damahls Jungfer Charlotte Maria Röberin / Herrn M. Röber / Past. Primar. an der Haupt-Kirchen zu S. Johannis in Magdeburg ältesten Tochter / und nunmehro höchst-betrübtesten Frau Wittiben verehliget / und mit selbiger eine solche ungemeine vergnügte Ehe geführet / welche nicht gnugsam gepriesen werden kan / massen denn die Frau Wittibe demselben zu einen ewigen Ruhm das wahrhafftige Zeugniß so fort mit denen erstern bittern Wittiben-Thränen beygeleget / und nachgeruffen hat / wie sie von und durch ihm nimmer / als durch seinen Tod / betrübet worden. Es hat auch der heilige GOTT ihren Ehestand mit zehen Kindern ge
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segnet / deren zwey Söhne und zwey Töchter dem wol-seligen Herrn Vater in der Ewigkeit vorgegangen; die übrigen sechse / als Jungf. Elisabeth Anna Johanna / so sich anjetzo zu Magdeburg befindet / (2) Johannes Augustus / (3) Charlotta Maria Christiana / (4) Sophia Amalia / (5) August Wilhelm / und (6) Johann Friedrich sind hertzlich betrübet / über den Abschied ihres allerliebsten Vaters; GOtt wolle sich dieser sechs Vaterlosen Waysen / worunter noch vier Unmündige sind / nach seiner Verheissung erbarmen / und ihr reicher Versorger und Beschirmer seyn. Bald nach geschehener ehelichen Verbindung den 15. Junii ist der selige Mann wieder alles sein Vermuhten / und ohne die allergeringste Bemühung / von der Durchl. Herrschafft des Hauses Braunschw. und Lüneb. durch Dero Hoch-Fürstl. Consistorium zum Hof-Diacono nacher Wolffenbüttel beruffen / welcher Vocation er denn / weil sie ohne sein Suchen kommen / im Namen Gottes gefolget / und solches Ampt den 26. Jun. als am 5. Trinit. in der Krafft GOttes und mit behertztem Muht angetreten / und dreyzehen Jahr und sechs Monaht geführet hat; Da ihn denn wegen der Welt-bekandten Religions-Veränderung einer ihm auf seine Seele gebundenen Princeßin die Fatalität leider! betroffen / daß er wegen seines bey dieser Affaire bezeigten grossen Eifers für seine Hirten-Treu seines Ampts müßig gehen / und das bittere Exilium erwehlen müssen / welche Versuchung aber der selige Mann lieber mit Standhafftigkeit in der Furcht GOttes erdulden / als sein Gewissen mit Hindansetzung des ihm so theuer anbefohlenen Hirten-Ampts verletzen wollen. Wiewol dennoch aller dieser bekandten Fatalitäten ungeachtet er bis an sein Ende in der gantzen Durchlauchtigsten Herrschafft Gnade geblieben / und davon viele besondere Proben erhalten hat. Im übrigen hat er zwar zu Wernigerode / wohin er nach erhaltener Dimission sich retiriret / und sich diesen Ort zu seinem Pathmo erwehlet / zu leben und nach GOttes Willen zu sterben sich vorgenommen; Der heilige und allwaltende GOtt aber / welcher ihn von seiner Jugend an wunderlich geführet / hat ihn zum dritten mahl / ohne alle sein Gedencken und Vermuhten / den 9. Sept. 1706. durch E. Hochw. Raht allhie zum Pastore der Kirchen zu S. Martini in Minden / und Seniore des hiesigen Ministerii beruffen / wie er denn auch / nachdem er mit den Seinigen allhier glücklich angelanget /
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den 20. Sontag nach Trinit. seine Anzugs-Predigt gehalten / und im folgenden Jahre 1707. von Sr. Königl. Maj. in Preussen zum Inspectore der Kirchen und Schulen in der Stadt Minden allergnädigst ernennet wurde; und solche seine Aempter hat er von seiner erstern Ankunfft bis an sein seliges Ende mit aller redlichen Treue und Sorgfalt nach dem ihm von Gott verliehenen Talent geführet; welches der grosse GOtt auch an und in vielen nicht ungesegnet gelassen / derogestalt / daß man unnöhtig und überflüßig zu seyn erachtet / von seinen männlichen Glauben / wahrhafftigen Liebe und Treue / wie auch von seiner jedesmahlen bezeugten aufrichtigen und redlichen Conduite viele Worte zu machen / anerwogen dessen Freunde und Feinde bekennen müssen / daß er das Ampt des Geistes würdiglich geführet / und sich sonsten dergestalt conduisiret hat / daß wir bekennen und sagen müssen / gestalt diese Stadt und Gemeinde an ihm einen redlichen und getreuen Hirten und Seelen-Sorger / Kirchen und Schulen einen fleißigen Inspectorem, die liebe arme Wittiben und Waysen einen rechten Beystand und Vater / dessen Kinder und Freundschafft einen unvergleichlichen Freund und Versorger / die höchstbetrübte Frau Wittibe aber alles verlohren hat. Endlich seine Kranckheit betreffend / so ist derselbe den 20. Novemb. vorigen Jahrs von einem Blut-Speyen / starcker Engbrüstigkeit / Husten und grosser Heiserkeit überfallen worden; wogegen denn so gleich alle ersinnliche Medicamenta gebrauchet / und darauf sich denn auch vor dieses mahl alle Anfälle so weit wieder verlohren / daß er zu unterschiedenen mahlen sein Predig-Ampt bekandter massen wiederum verrichten können. Nachdem er aber den 4. Januarii, Freytags nach dem Neuen Jahre seine Predigt wiederum verrichtet / ist er aufs neue befallen / und hat von neuen eine grosse Engbrüstigkeit / Heiserkeit / starcken Husten / dabey auch sonderliche Mattigkeit empfunden; über das ist er auch von einer lauffenden Gicht angegriffen worden / so bis an die rechte Hüffte und lincke Hand gestiegen / welches Malum sich aber in weniger Zeit wiederum legte / wiewol er durch so viele Zufälle gar sehr an Kräfften abnahm; Wie nun der Husten durch anhaltenden Gebrauch sich bey nahe gantz verlohren / auch das Blutspeyen anfänglich völlig gehoben wurde / die Kräffte in etwas wiederum zunahmen / so / daß man hoffte / der liebe GOtt würde vor dieses mahl ihn wieder zur Genesung
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verhelffen / so zeigte sich dennoch gar bald das Gegentheil / indem von Montag bis Dienstag / welcher war der 28. Jan. ihm gegen Abend wiederum ein hefftiger Husten anstieß / darauf in der Nacht eine grosse Vomica pulmonum in dem rechten Unter-Lobo pulmonum loßgangen war; weil nun aus diesem tödtlichen Zufall eine gefährliche Folge zu befürchten war / als wurde zugleich Herr Doct. und Professor Medicinae zu Rinteln / Herr Winther / mit dazu gefodert / und alle best-dienende Artzeneyen adhibiret / welche er auch unter gläubigen Gebete fleißig gebrauchet; Weil aber die Vomica pulmonum zu groß / und mit Gewalt unter sich gebrochen war / so hat sich die darinn befundene Materie (obwol eine grosse Quantität stündlich expectoriret wurde) auf das Zwerg-Fell gesencket / und an der rechten Seiten einen hefftigen Dolorem punctorium erwecket / auch dabey verursachet / daß die Venae hievon vieles recipiret / und lege Circulationis ad internam cerebri substantiam etwas gebracht / wodurch er den Sontag Abend zwischen 10. und 11. Uhr unter fleißigem Gebet / da er die von Herrn M. Lederer zuletzt gesprochene Worte aus des Simeonis Sterbe-Liebe: HERR / nun lässest du deinen Diener im Friede fahren / etc. mit einem halbgebrochenen Amen versiegelt / und also in selbigen Augenblick durch einen sanfften und seligen Tod dieses Zeitliche mit der ewigen und herrlichen Seligkeit verwechselt hat; Seines Alters 49. Jahr / 4. Monahte und 4. Tage.
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Den letzten Ehren- und Bedächtniß-Ruhm / Mit welchen Den Hoch-Ehrwürdigen / Hochachtbaren und Hochgelahrten Herrn / HERRN M. Albrecht Fiedler Knopffen / Königl. Preuß. Inspectorem der Kirchen und Schulen / auch PASTOREM PRIMARIUM allhier in Minden / Als derselbe Am 3. Febr. 1715. Abends zwischen 10. und 11. Uhr in seinem Erlöser sanfft und selig entschlaffen / und darauf am folgenden 5. Dominica post Epiphanias Bey Volck-reicher Versammlung Unter Christ-gewöhnlichen Ceremonien in sein Ruhe-Kämmerlein beygesetzet wurde / Zu seinem Grabe begleiten wolten Einige gute Freunde / samt denen hinterlassenen betrübten drey Söhnen.
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|| [ID00056]

1.
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MEin hochgeschätzter Freund / so gehst du nun von hinnen / Und läst uns / deine Heerd in tieffen Trauren stehn? Gewiß es rührt dein Fall uns Seele / Hertz und Sinnen / Und klagen / daß uns sey um dich sehr weh geschehn. Wir konten stets an dir ein Bild des Hirten sehen / Der seine Schafe hin zum reinen Wasser lenckt / Hierbey soll dieses Wort statt der Devise stehen: mit reiner Lehr getränckt.

2.
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Ja freylich hast du uns mit reiner Lehr erquicket / Die du aus GOttes Wort uns treulich trugest für / Wenn wir mit Sünden-Wust / mit Noht und Creutz gedrücket / So öffnetest du uns des süssen Trostes Thür; Hierinnen hast du uns des Hirten Treu gezeiget / Der ein erkrancktes Lamm in seinen Busen trägt / Und uns bey diesem Bild den Denck-Spruch überreichet: mit süssen Trost gepflegt.

3.
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Hingegen wust’st du auch dein Straff-Ampt wohl zu führen / Wenn stinckchte Böcke sich zur Heerden eingestellt / Wie kräfftig kontest du doch unsre Hertzen rühren / Wenn Schein und Heucheley sich bey uns zugesellt? Du warst dem Hirten gleich / der mit dem Hirten-Stabe Die wilden Böcke schlägt / und irrge Schafe scheucht / Daß sie nicht abwerts gehn / wobey diß Wort ich habe: die Straff zum Nutz gereicht.
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4.
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Und o! wie kontest du uns ritterlich vertreten / Wenn sich der Seelen-Feind zur Heerde wolte nahn / Du tratest stets vor GOtt mit Seufftzen und mit Beten / Daß jener deine Heerd nie konte tasten an! Hierinnen pflegt’st du dich dem Hirten gleich zu stellen / Der nie den grimmgen Wolff zu seiner Heerde läßt / Weßhalber wir die Schrifft demselben zugesellen: beschützt aufs allerbest.

5.
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Allein o Schmertz! daß wir dich sollen nun entbehren / Wer will uns Lehr und Trost / und Warnung tragen für? Wo soll dein Ehe-Schatz und Kinder sich hinkehren / Die sich durch diesen Fall verlassen sehn von dir? Wir sind der Heerde gleich / davon der Hirt entnommen / Auf welche Wind und Sturm in dieser Wüsten stößt / Worzu mir diese Wort aus Hertz und Feder kommen: von allem Trost entblößt.

6.
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Doch GOtt der lebet noch / der wird uns wieder senden / Zum Hirten einen Mann / nach seinem Sinn und Hertz; Wenn Sie Frau Wittwe sich ergiebt zu GOttes Händen / So wird sein wehrter Geist auch lindern ihren Schmertz. Zu ihr und unsern Trost will dieses Sinnbild setzen / Da eine Himmels-Hand verlaßne Schafe führt / Wobey wir diesen Satz in Alabaster ätzen: getröstet und regiert.

7.
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Du aber / Seligster / ruh wohl in deiner Kammer / Dein guter Hirten-Ruhm soll bey uns sterben nicht! Du bist nunmehr befreyt von aller Noht und Jammer / Und gläntzst der Seelen nach mit himmelischen Licht. Mich deucht / ich sey wie dir die frohen Schläffe zieret Das himmelische Lamm mit jener Ehren-Kron / Und dabey dir zum Preiß die schönen Worte führet: der treuen Hirten Lohn. Dieses setzet dem Wohl-seeligen Herrn Inspectori zu wohlverdienten Ruhm und Ehren auffrichtigst. ESAIAS Pufendorf. Consil. & Assessor Scab. Reg. Mind.
|| [ID00058]

MIlitia multis malitia, bellum minime bellum videtur. Quid magis ab humanitate remotum est, quam ferri in mutuas caedes? Siccine mitissimum animal, cui natura lachrymas indulsit, humanum sanguinem sitiat? Contaminatissimum genus, quod peccati labem lachrymis eluere debebat, cruore fraterno se polluat? Sed bellandi legem insidens omnibus injustitia tulit; malum necessarium necessitas justum fecit. Cum illos accendit ira, aut avaritia, hos sese tuendi armat industria; Vulnera ne accipiantur, inferuntur, Sed quid juvat, malitiam seculi deplorare? praestat militiam Christi collaudare. Religio militia est, Deo armatur, quisquis à Deo amatur; Deo armatur, quisquis Divino Spiritu animatur. In exercitu sit, ad Dominum exercituum quisquis pertinet; per castra eundum ad astra. Tela fidelibus metuenda cominus, eminus. Suus cuique hostis in sinu est Concupiscentia; quae tum maxime affligit, cum affligitur. Conversionis initium perversitatis sensus est. Coelestis Salomo quos non adventu suo tumultus in anima excitat? Mox incalescit lucta carnis cum spiritu. Bellum hoc sive duellum inculpabile est, quia inevitabile. Quies ante pugnam desidia est, pax bello paratur, Neque cum carne & sanguine solum luctandum, sed cum iis, qui natura Angeli, nequitia Diaboli, plurimo usu milites sunt experientissimi. Agno cum Dracone, ovibus cum leone certum certamen est.
|| [ID00059]
Victoribus ovatio, triumphus, corona, regnum; victis ludibrium, carcer, mors destinata. Antesignanos in isto praelio sacerdotes recte dixeris. Agmen evangelizantium exercitus est, in expeditionem sacram armatus. Legio Fulminatrix est; quidni? Nonne majestate oraculorum Divinorum grandiloqui grandinis imbrem effundunt? Nonne claritatem Christi qui conspicuam faciunt, fulgurant? Nonne Evangelii tuba qui intonant, tonant? Ita in acie olim stetit pugnans, qui nunc coram Dei facie stat triumphans, Marte potens & arte, Spiritu pollens & eruditione

KNOPFIUS.
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Tyrocinia militiae in pago posuit. Haec ut recte aestimes, scito Lector: Paganismum in pagis qui impugnet, expugnet; Caroli M. animum in pectore gerat, necesse est. Exercitatiorem Aula exercuit. Aula militi Christi utrinque formidabilis, & qua minatur, & qua blanditur; Minae cruciant, blanditiae enecant. In crucem hic datus Noster; victus censebitur ab his, qui gloriosum Crucis signum ignoraverint. In hoc signo vincendum. Veritas victrix praecone KNOPFIO longe lateque trophaea circumtulit. Aula cedebat, campum constanter tenebat. Exilium foris, patriam intus colebat. Pathmus revelationum fertilis tellus, eremus ei Paradisus fuit. Otia Deus ipsi fecerat, ut respiraret, mox novis viribus auctior in campum producendus. Quanta illa laetitia exultabat, Mindam vocatus?
|| [ID00060]
ad bella Domini veluti ad nuptias proficiscebatur. Pace tua, Pacifica Civitas, bella tua intestina commemorare liceat. Non opprobrio est, habuisse quod noceat, modo elucteris. Dissidiis infesta urbs, excidio est proxima. Vitiorum turba Remp. vastat atrocius, quam hostium turma. His resistendum ita, ut non de mortalibus triumphus quaeratur, sed de calamitosissimis, quibus mortales vincuntur. Nonne Vobis ea mens fuit, S. P. Q. Mindensis, Knopffium in auxilium vocantibus, civitatem ut pacaret, Evangelii gladio, Deum civitati ut placaret, precum sacrificio. Is ne spem Vestram aequaverit, an superaverit, ipsi judicabitis. Non meo ore, sed Vestro suffragio triumphabit ejus encomium. Si quid tamen dicere permittitis: Heros fuerit necesse est, qui tot animorum fertur Amor & deliciae fuerit, qui nunc Vestrum est desiderium. Sed dum vitae tuae curriculum sequor orationis filo, dum pugnas memoro, & victorias; ordo me ad extremum tuum agona devolvit. Vah! cadis, strenue Commilito, vah! succumbis? itane multorum annorum spem praematura morte eludis? Arena Te nunc capiat, qua praeclare factorum Tuorum numerum vix inire possim? Quid unquam in sacris praeliis à Te peccatum est, nisi quod peccator eras; stipendia igitur peccati tibi persolvenda fuerunt. Ita cogit durum necessitatis telum: Morti succumbendum, ut triumphemus; Nemo ante obitum victor. His quinquaginta retro seculis, & quod excurrit, vix unum hominum par è mortalitate abiit, non obiit, mortem vicit, quam non vidit:
|| [ID00061]
Pene fidem superat, ad coelum transfugas victores declarari, Nosti, quos canam, Beatissime KNOPFI, nunc conspicis, quos suspiciebas, corum permistus choro nunc triumphum agis. Quid igitur? Tuumne casum ploremius, an triumphum gratemur? Hanc tibi vitam invideamus, ubi non dimicas, sed emicas, è militante in triumphantem ecclesiam transsumtus? Non post hac armis opus habes, sed ramis; Palma nunc palma donata est; Incedis redimitus tempora lauro, auro; Pectus, quod sustinuit ictus, nunc fert triumphales amictus, olim thorace fidei, nunc lumine gloriae coruscum. Dicite ergo Io paean, & Io bis dicite paean! Tu vero vale, Desideratissime Commilito, aeternum vale! post tot labores, post mille conflictus aeterna pace fruere! Ita Desideretissimi Affinis beatum abitum prosequebatur M. JOH. JULIUS Struve / Pastor ad aedem Joh. Evang. Magdeburgi.

Leichen-Text / Jer. XVII, 16. 17.
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Aber ich bin darum nicht von dir geflohen / mein Hirte / so habe ich Menschen-Tage nicht begehret / das weist du / was ich geprediget habe / das ist recht für dir. Sey du mir nur nicht schrecklich / meine Zuversicht in der Noht.

1.
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AN Priestern fehlt es nicht! man siehet wie mit Hauffen Die mehr als rohe Schaar üm Kapp’ und Kragen ringt / Sie eilt das Hirten-Ampt mit Tücke zu erlauffen / Dieweil die Bürd und Last doch Ehr und Nahrung bringt.
|| [ID00062]
Kaum mag ein GOttes-Knecht in seine Grube gehen / So wil der Miedling schon an dessen Stelle stehen!

2.
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Wer aber mit Verstand von GOtt begabet worden Zu prüfen Finsterniß und wahres Gnaden-Licht / Der mercket früh genug wenn in den Hirten-Orden Sich mancher Dieb einschleicht und mit Gewalt einbricht. Es mag der Heuchler sich auffs künstlichste verstecken / So wird der Schafs-Peltz doch die Blösse nicht bedecken.

3.
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Der Hirte tauget nichts der Menschen-Tage suchet / Der nur die Woll’ und Milch und nicht die Schafe meynt; Es wird sein gantzes Thun von GOttes Geist verfluchet / Und ob es noch so gut für unsern Augen scheint. Er flieht aus Menschen-Furcht und läst den Muth bald fallen / Wenn Unglück und Gefahr wie Blitz und Donner knallen.

4.
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Gantz anders machen es die wahren GOttes-Knechte / Die JEsu Hirten-Hand zu seiner Heerde führt. Die Salbung scheidet sie von Bileams Geschlechte / Und ihr Inwendiges hat GOttes Krafft gerührt. Sie suchen JEsu Ehr / und wollen Seelen retten / Ob gleich der Abgrund tobt mit Banden / Schmach und Ketten.

5.
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Nur eins ist davor sich ihr blöder Geist noch beuget / Dies eine schrecket sie: Wenn GOTT sich schrecklich stellt; Wenn sich das Gnaden-Licht zum Untergange neiget / Und ihre Glaubens-Krafft in eine Ohnmacht fällt. Doch wird die Hüffte gleich dem Jacob hier verrencket / So wird der Geist in GOTT doch tieffer eingesencket.

6.
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Ich darff / Wohl-Seliger / dir keinen Ruhm beylegen / Weil du mir allzu nah und mehr als Bruder bist; Sonst würde mich dazu die Liebe leicht bewegen / Da mir dein Hertz und Sinn bekant geworden ist. Ein treuer Hirte wirst du nur allhier genennet / Weil es dein Leichen-Text und jedermann bekennet.
|| [ID00063]

7.
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Aus deinem Hertzen quoll ein Strohm gesunder Lehren / Drum war auch recht für GOtt was du gepredigt hast. Dein Sorgen gieng dahin die Schäflein zu bekehren / Und dies versüssete die schwere Arbeits-Last. Gleichwie der Donner kan durch Klufft und Felsen dringen / So konte auch dein Mund die harten Hertzen zwingen.

8.
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Dein Eiffer brannte recht die Hölle zu zerstöhren / Die Satans List und Macht in Zions Mauren baut / Stund gleich der Drache auff um dieses dir zu wehren / So bliebst du doch ein Mann der seinem GOtt vertraut. Drum kontest du mit GOtt im Unglücks-Sturm bestehen / Als das Gewissen dich ins Elend hiesse gehen.

9.
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Da hätt’ ein Heuchler leicht ein Feigen-Blatt gefunden / Der nur was menschlich sucht / und nicht was GOttes ist. Du aber stundest fest in den Verfolgungs-Stunden / Zu Schanden ward an dir der alten Schlangen List. Du liessest Würd’ und Brodt im Glauben willig fahren / Um deine Hirten-Treu beständig zu bewahren.

10.
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Was hast du / Seliger / in Minden nicht verrichtet / Das uns von deiner Treu ein schönes Zeugniß giebt? Wie viele Greuel sind durch deinen Dienst zernichtet / Weswegen dich die Schaar der Frommen hoch geliebt? Daß du ein Hirte bist von grosser Treu gewesen / Das wird die späte Zeit am Waysen-Hause lesen.

11.
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Was Wunder / wehrte Stadt / wenn man dich höret klagen / Da dieser Gottes-Mann im Tode von dir flieht? Mit Wehmuht hast du ihn in seine Grufft getragen / Weil frommer Priester Tod viel Böses nach sich zieht. Es konte Knopffens Mund im Leben dich ergötzen / So muß dein Thränen-Saltz auch seine Asche netzen.
|| [ID00064]

12.
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Frau Schwester / wie ist ihr? wie ihrer kleinen Heerde? Da Vater / Hirt’ und Mann im Sarg’ erblasset liegt? Wie ist ihr Wittwen-Haupt bestreut mit schwartzer Erde? Wie naget Sie ein Schmertz der alles überwiegt? Wie ächtzt und wimmert Sie bey ihrem schweren Leiden / Als wolt ihr matter Geist aus seiner Hütte scheiden?

13.
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Getrost / Betrübteste / was kan der Heerde fehlen / Die JEsum Christum selbst zu ihren Hirten hat? Die darff nicht so verzagt mit Furcht und Angst sich quälen / Sie findet in der Noht bey diesem Hirten Raht / Der zarte Lämmer will in seinem Busen tragen / Und niemahls Hülff und Trost den Müttern kan versagen.

14.
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Drum wischt die Thränen ab! der grosse Hirte lebet / Der seine Schafe zwar durch Büsch’ und Dornen treibt; Doch wenn ihr in Gedult euch seinem Schutz ergebet / So wisst daß seine Huld beständig bey euch bleibt. Genug! uns fehlet nichts / wenn JEsus uns erquicket / Ob uns gleich manche Noht mit schweren Lasten drücket!

15.
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Du aber / Hertzens-Freund / geh’ hin / es will dich weiden Das theure GOttes-Lamm für seinem Gnaden-Stuhl / Geh’ hin zum Lebens-Brunn! es ist vollbracht dein Leiden / Nachdem du hast besiegt des Drachens Schweffel-Pfuhl Indessen da ich dich / mein Bruder / treu befunden / Bin ich den Deinigen bis in mein Grab verbunden! Dieses wolte zu Bezeugung seiner Schuldigkeit und Brüderlichen Mitleidens gegen die hinterlassene Frau Wittwe und Kinder vorstellen MARTINUS Kahle / Past. zu S. Nicol. in der Neustadt Magdeburg.
|| [ID00065]

MAGISTER ALBRECHT FIEDLER KNOPFF INSPECTOR DER HIESIGEN KIRCHEN VNDSCHVLEN ZV MINDEN, WIE AVCH PASTOR PRIMARIVS. Durch eine reine Versetzung der Buchstaben. DER SIMEON FÄHRT IN GLAVBEN VND FRIEDE IN PORT, IA IA EMPFÄNGT SCHVTZ, HERRLICHEN SCHMVCK, PREISS, PVR WEISS KLEID, CRONE.
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Lässt sich ein Donner-Knall auch in dem Winter hören? Trifft denn sein spitzer Keil auch Kirchen-Spitz und Knopff? Muß denn die Ruhe-Zeit uns unsre Ruhe stören? Kömmt dieses Ungestüm zugleich auf vieler Kopff? O Strahl! o Knall! o Fall! o trübe Meeres-Wellen! Läufft unser Hoffnungs-Schiff denn also an das Land / Daß den / der rudern halff / ein schwerer Sturm muß fällen / So fället unser Schiff auf Klippen oder Sand. Wir meinten / Christus sey mit uns ins Schiff getreten / Beyn Jüngern wacht er auf / schläfft er bey uns nun hart? Dort hört er: HErr / hilff uns! warum nicht unser Beten? Wir beten nur im Schlaff / und nicht nach Jünger Art. Was Wunder ist es denn / daß wir denn nun vermissen / Der / wie dort Moses that / für uns die Hand hub auf: Weil wir kleingläubig sind / so ist er uns entrissen / Wir fühlen den Verlust / da er vollbracht den Lauff. Dort wünschet Simeon bey hochbetagten Jahren Noch vor des Todes Nacht des Lebens Licht zu sehn / Bey solchen Licht allein wil er in Friede fahren / Es ist im Glauben ihm nach seinem Wunsch geschehn. Und sonst kan auch kein Licht das Sterben leichte machen / Denn das das Pabstthum weiht / das hilfft im Sterben nicht: Doch wird ein Christe nicht den (Also erzehlet der bekandte Valer. Herberger, welcher an eben diesem 3. Febr. A. 1590. zum heiligen Predig-Ampt eingesegnet worden / in seiner Hertz-Postill Tom. 2. fol. 94. von einem vornehmen von Adel in Schlesien: Im Jahr 1577. starb in Schlesien ein vornehmer Herr von Adel / der begehrte kurtz vor seinem Ende ein helles wolangebranntes Licht / und hielts in der Hand bey einer halben Stunde. Als man ihn fragte / ob er was thun wolte / sprach er: Nein / ich habe meine Gedancken / störet mich nicht. Endlich spricht er: Ewiger allmächtiger GOtt / der du wohnest in einem Lichte / da niemand hinkommen kan / heute befehl ich dir meine Seele! Ach dein Göttliches Licht zünde an in meinem Hertzen. Er hat ohne Zweiffel an Simeons Grab-Liedlein gedacht. Von dem Ursprung des Lichtmessen-Festes ibid. Töllner. Spruch-Buch. Caluor. in Ritual. Eccles. part. 2. p. 290. Rechenberg. in Lexico Hiero Eccles. und andere.) Sterbenden verlachen / Der bey dem Lichte denckt ans Welt- und Glaubens-Licht.
|| [ID00066]
Dort konte Pharus zwar den Schiffenden Licht geben / Doch konte nicht das Schiff stets ohne Schaden seyn; Wo Christus Leit-Stern ist / da ist gewiß das Leben / Man fährt durchs todte Meer ins Lebens Hafen ein. Als Unserm Simeon aus Simeonis Liede Ein GOttes Mann erweckt / so segelt er sofort: So FÄHRT DER SIMEON IN GLAVBEN VND in FRIEDE, In stiller sanffter Ruh’ IN den verlangten PORT. Und ob er auff dem Meer der Welt gleich Sturm erfahren / Da manches Ungemach bestürmte seine Brust; So hat sein JEsus doch ihn wissen zu bewahren / Er hat ihn von der Last gebracht zu Himmels Lust. Und weil sein Hertzens-Schiff geziert mit reinem Glauben / Mit Liebe / mit Gedult / mit Gottgelassenheit; So mag kein Feind noch Tod ihm seine Ehre rauben / Die nach vollführtem Lauff im Himmel ihm bereit. Nunmehr EMPFÄNGT er schon bey GOTT zum Gnaden-Lohne Sehr HERRLICHEN SCHMVCK, SCHUTZ und unverwelckten PREIS; IA für den blassen Neid die schöne Ehren-CRONE, IA reiner Unschuld Zier / ein KLEID das PVR und WEISS. Dis ist die Herrlichkeit / die treue Lehrer kleidet / Dis ist der schöne Schmuck / womit sie angethan; Da ist das Himmel-Brodt / womit das Lamm die weidet / Die seine Schäflein hier geführt zur Glaubens-Bahn. Darum / Betrübteste / legt allen Kummer nieder / Denn selbst der Seligste spricht: Stellt das Trauren ein; Folgt mir im Glauben nach / so sehet ihr mich wieder / So werdet ihr wie ich der einst gezieret seyn. Ach ja / wir folgen ihm; GOtt wird uns selbst beschirmen! Er soll der Schiff-Patron, er soll der Ancker seyn. Ob Wind und Wellen gleich auff unsern Nachen stürmen / So schenckt er nach dem Sturm doch ein den Freuden-Wein. Hiedurch wolten ihr hertzliches Mitleyden gegen die hochbetrübte Frau Wittwe und Kinder unter Anwünschung alles Göttl. Trostes bezeigen Die sämtlichen Collegen des hiesigen Gymnasii, durch die betrübte Feder Joh. Lud. Bühnemans, Gymn. Rect.
|| [ID00067]

Ex 2. Reg. II. v. 11. 12. Mein Vater! Mein Vater! Oder Mindisches Waisen-Geschrey über das Scheiden seines getreuesten Seelen-Vaters aus der Welt.
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ALs dort ein Lehrer sich von seinem Schüler risse / Wie krümmte sich ein Mann / ein Schüler der ihm lieb: Mein Vater! schrye er; mein Vater! welche Bisse Empfindet meine Seel aus wahrem Liebes-Trieb. Elias war ein Mann / den GOttes Geist erfüllet / Sein Eifer brannte starck vor seines GOttes Ehr; Sein Mund verstummte nicht / wie grausam offt gebrüllet Ein falsch Propheten-Volck zu dämpffen GOttes Lehr. In dieses Lehrers Schul Elisa war erzogen / Er hatte GOttes Geist / er hatte GOttes Krafft; Doch hat das Scheiden ihn von Hertzen so bewogen / Daß er in diesem Fall nicht wuste was er schafft; Mein Vater! schreye er; mein Vater! wilt du scheiden? Soll ich als Waise seyn in diesem Jammer-Zelt? Wilt du / o treuer Hirt / die Heerde nicht mehr weiden? Ach! sieh die Wolffes-Zähn des Teuffels und der Welt; So schry’ ein Gottes-Mann / ein Mann / in welchem wohn’te Ein recht Propheten-Geist / dem nichtes unbewust / Als seines Herren Treu’ auff Wunder-Art belohn’te GOtt durch die Feuer-Fahrt zur vollen Him̅elslustio Wer wil das Schreyen dann jetzunder übel deuten / So hier gehöret wird mit Seufftzen untermengt? Wer ist so Felsen-hart von jung- und alten Leuten / Dem nicht der Augen-Fluß die Wangen naß besprengt. Es ist ein Gottes-Mann / ein Mann / aus dessen Munde Man GOttes Wort gehört fast in Elias Krafft; Ein Mann / bey welchem Straff’ und Trost zu rechter Stunde Sich fand / der ist von dir / o Minden / weggerafft.
|| [ID00068]
Ich höre dein Geschrey / ich höre deine Klage; Wie ist im Himmel so ein harter Schluß gemacht? Mein Vater / viel zu früh / mein Vater / sind die Tage Gekommen / die uns Leyd und Ruhe dir gebracht. Der Hirt ist von der Heerd / die sich MARTINI nennet Genommen; diese Last war zween schwer genug; Es klaget / da der Tod Collegen hat getrennet / Der diese Last noch fühlt den / welcher mit ihm trug. Das gantze Volck ist kranck von seufftzen und von weinen / Ein schwartzes Trauer-Kleid bedecket allen Stand; Wo sonst ein Helden-Muht an Grossen und an Kleinen / Verzagen / weil sie trifft im Zorn des Höchsten Hand. Ach Vater! schreyen sie; ach Vater! wie verlassen Sind wir / wir Waiselein / die du versorget hast Mit Himmels-Speis und Tranck / so daß wir bald vergassen Der Welt und ihrer Lust; sie war uns eine Last. Ein frommes Christen-Hertz / das seinem GOtt zu Ehren Sich gantz und gar ergibt / das weiß nicht wie ihm ist; Mein Vater! schreyet es: wie kanst du so vermehren Mein Leyden auff der Welt? weist du nicht wer du bist? Du bist ja der mich führt mit GOttes reinem Worte Auff einem schmalen Weg / gerade Himmel-an; Wilt du alleine mich nun lassen an dem Orte / Mein Vater! da ich leicht zur Lincken irren kan. Die Armen dieser Stadt beklagen den mit Schmertzen / Der ihr Versorger war / sie folgen biß ans Grab / Ach Vater! schreyen sie: wer meinet es von Hertzen Mit uns und uns’rer Noht! du scheidest von uns ab. Was macht das Waisen-Haus? wer will es nun versorgen / Da diese Vater-Pfleg’ nicht mehr vorhanden ist / Wer weiß mein Vater nicht / die Müh und schwere Sorgen / Die dieses Werck gemacht / wie du verlästert bist. Mir dünckt ich höre schon das Winseln und das Klagen Der armen Waiselein; ach Vater! schreyen sie / Woher wird Speis und Tranck auff unsern Tisch getragen / Da der / der uns aus Lieb’ versorget / nicht mehr hie? Die Zierde dieser Stadt / die Schule / steht bestürtzet; Die Lehrer sind verwirrt / die Schüler sind betrübt /
|| [ID00069]
Sie schreyen beyderseits: wie ist dir abgekürtzet / Ach Vater! deine Zeit? was hat der Tod verübt! Nun komm’ ich in ein Haus / wo alles schwartz gekleidet; Wo nasse Augen sind / wo Klagen ohne Zahl / Wo alles sich gesell’t / so man auff Erden leidet / Wo lauter Finsterniß / wo keine Sonnen-Strahl. Die Wittwe / welcher Hertz beklämmet / seufftzet / zaget: Ihr Liebstes auff der Welt / ihr Trost und Augen-Lust / Ihr Mann / ihr ander Hertz ist hin! ein solches klaget Ihr Mund / ihr Hertze schlägt die Jammers-volle Brust. Die Kinder ümme sie in einem Traur-Gemache Mit winseln / ächtzen steiff die Mutter schauen an / Die Mutter wieder sie: man siehet wie erwache Der Kummer immer neu / mehr als ich schreiben kan. Sie schreyen ängstiglich: ach Vater! wolt ihr scheiden Von uns / ach! Vater / ach! wir sind noch viel zu klein / Die Mutter ist zu schwach / uns Waisen recht zu weiden; Doch ist der Schluß gemacht: wir leben schon allein. Ich selber bin bestürtzt / erkenne mein Gebrechen / Da ich erblasset sey den / der mich so geliebt Als selbst sein eigen Hertz; die Zunge kan nicht sprechen / Da meine Hertzens-Lust dem Tode sich ergiebt. Wo bleibt der Seelen-Trost / den du mir eingesprochen / Wenn ich betrübet war / wo bleibt der gülden Mund / Der so durch GOttes Krafft das Hertze machte pochen / Daß bald die Seel mit GOtt in besserm Stande stund? Mein Vater! Vater! ach! du reisest von der Erden / Wie dort Elias fuhr; betrübet bleib ich hier Ein Waise; GOttes Schluß kan nicht geändert werden / Dein JEsus holt dich ein. Ach käm’ ich bald zu dir! Dieß ist der beste Trost / ihr hochbetrübten Hertzen / Der uns erquicken mag: es kömmt heran die Zeit / Da aus der bösen Welt / aus Kummer / Leyd und Schmertzen Uns JEsus führen wird zu seiner Herrlichkeit. Indessen / Minden / gib im Schreyen dich zufrieden / Was dir begegnet ist / das hat dein GOtt gethan; Ist dein Elias weg und von dir abgeschieden / Ich weiß Elisa ist schon wieder auff der Bahn.
|| [ID00070]
Der Armen Trost ist GOtt / er ist der Waisen Pfleger / Was ihnen dienlich ist / hat er schon ausersehn; Die Mittel sind vor ihm / er ist ein Hertzen-Reger; Wer ihm nur fest vertraut / dem muß es wohl ergehn. Wer schickt ins Trauer-Haus nun einen Trostes-Segen / Ich finde keine Krafft; mir ist ja selber bang Um Trost; wie kan ich doch die Schuldigkeit erlegen / Der ich in diesem Fall muß ruffen: HErr / wie lang! Doch dieses weiß ich wol: GOtt wird dis Haus beehren Mit seiner Gegenwart / er wird der Pfleger seyn Der Wittwen / und zugleich den Waisen das beschehren / Was Leib und Seel erfreut durch seinen Gnaden-Schein. Nun GOtt / mit reichem Trost erfülle solche Hertzen / Die recht betrübet seyn; die du getroffen hast Mit deiner scharffen Ruht / und heile diesen Schmertzen Der uns betrübt! ach HErr! hilff tragen diese Last! So viel hat unter milden Thränen und höchster Bestürtzung seiner Seelen über das schmertzliche und unverhoffte Scheiden seines allergetreuesten Seelen-Vaters und sonst hochgeschätzten Gönners aus der Welt / zu Bezeugung seines hertzlichen Mitleidens gegen die hochbetrübte Frau Wittwe und Kinder / wie auch gegen alle andere wahre Leydtragende hervor bringen mögen CONRAD BERNHARD Steinkampff / Gymnas. Mind. Con-Rector.

CABALA ARITHMETICA OSTENDENS ANNUM, QVO VIR MAXIME REVERENDVS ACCESSIT MINDAM ET VITA EXCESSIT.
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NOn vulgus, sed Prudentes Mysteria curant: Negligit ignarus, quae studiosus amat. In Verbis Numerum si spectes Literularum, Quod latet Arcanum cura tua inveniet. Non opus ut quaeras exempla, dabit tibi verum Defunctus Vita Vir pius atque probus Magister Albrecht Fiedler Knopff, Ecclesiae & Scholae Mindensis Inspector, nec non Pastor primarius. per Cabalam arithmeticam facit 1706. Hic felix Annus fecit te, Minda, beatam, Venit mellifluus Doctor ab ore tibi. Laetati Christum vero qui corde colebant. Hoc Doctore suo Justitiae & Fidei.
|| [ID00071]
Justitiam juste justi dum judicis ursit, Hic procul ejecit quae mala cor aluit. Quos vidit tristes hic tactos fulmine Legis, Illos, vera Fides quid valeat, docuit. Hoc vere laetus Christi Grex tempore vixit, Pastor dum vidit non sua, sed Domini. Nos tunc quaerentes tempus (Criticus seu accuratus vocum Censor pro Fiedler scriberet Fiedeler à Fiedel / addito er / ut à Leder Lederer &c. & vi hujus E radicalis Annus numeraretur 1715. quo mortuus est Vir max. reverendus.) Criticus docuisset, Annos esse novem Laetitiae spatium. Tristia jam mea Musa canet, quae laeta canebat, Vitam dum finit, qui Decus urbis erat Magister Albrecht Fiedlerus Knopffius, Ecclesiae ac Scholae Mindensis Inspector. Pastor primarius. Per Cabalam arithmeticam facit 1715. Hic atrox Annus fecit te, Minda, dolentem: Exiit ex vivis Doctor ab ore gravis. Huncce dolet lacrymans Pastorem Ecclesia nostra, Hunc flet vera Patrem Progenies Domini. Flent orbi Patrem, quos nutrit publica cura, Quosque premit reliquos sordida pauperies. Hei mihi! quem Patrem colui, jam lacrymo Patrem: Orbus jam vivo! Sit Deus ipse Pater! Moesta domus: Nati pereunt cum Matre dolore, Vir Viduae & Natis nî Deus ipse Pater. Nominis Viri defuncti dum spirat indefessus Cultor CONRAD BERNH. Steinkampff / Gymnas. Mind. Con-Rector.
WEr stirbet eh er stirbt / ist billig klug zu heissen / Denn er entgeht der Quaal / so denen zugedacht / Die hier in dieser Zeit sich Sterbens nie befleissen / Bey denen nur der Tod wird als ein Dunst geacht. Diß wuste Simeon auch wohl zu practiciren / Wie uns sein Wunsch anzeigt / den er gesprochen hat / Als er kont JEsum Christ auff seinen Armen führen / So rufft er freudig aus und auch des Lebens satt:
|| [ID00072]
O HErr! nun lässest du mich deinen Diener fahren In Fried / wie du gesagt / dieweil mein Aug’gesehn Den / welchen aller Welt du nun wilst offenbahren / Denselben der da soll zu deiner Rechten stehn. Der als das Licht der Welt die Heyden soll erfreuen / Die hier im Finsterniß so lang gesessen sind / Daß sie sich wendeten zu ihme den Getreuen / Der an ihn’n bessern will / was sich von Sünden find’t. Hochwehrteste sie darff sich also gar nicht kräncken / Weil der Hochselige auff den gestorben ist / An welchen Simeon auch pflegte stets zu dencken / Der unser Heyland ist / und heisset JEsus Christ. Mich deucht / Betrübteste ich hör den Selgen ruffen: Ich leb’ und bin nicht todt / weil ich absterb der Welt; Ich stehe nun allhier für GOttes Thron und Stuffen / Wo das erwehlte Heer sich mir zur Seiten stellt. Wo heilig / heilig stets vor GOttes Thron erklinget / Und wo die Eltesten die Cronen werffen ab / Dabey das Engel-Volck stets Gloria nur singet / Und das Lamm weidet uns mit seinem sanfften Stab. Wenn Hinterlassene / der Welt ihr werd’t absterben / So wird euch euer Tod die Thür zum Leben seyn; So werdet ihr mit mir den Himmel auch ererben / Und bey der Engel-Schaar seyn frey von aller Pein. Dieses setzte zum Trost aus hertzlichem Mitleiden S. E. B.

Johannes Augustus Knopff / Klaget in Betrübniß ex Thren. V, 15. 16.
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EIn Volck / das selber GOtt zum Eigenthum erkohren / Ein Volck / bey welchem sich die wahre Kirche fand; Ein Volck / an welchem war der Feinde Macht verlohren / Ein angeschrieben Volck in GOttes Gnaden-Hand. Es hatte dieses Volck des Höchsten Hand empfunden: Der Tempel war verbrannt / GOtt war von ihm gekehrt / Es war durch Krieges-Macht des Feindes überwunden / Es hatte GOtt im Zorn dasselbe fast verzehrt. So war die Freude Leyd / das Lachen Weinen / Zagen / Da sie im Elends-Thal verirret musten gehn; Ihr Keih und Seiten-Spiel war lauter Weh und Klagen / Da ihre Hauptes-Kron wie vor nicht war zu sehn. Wenn ich ein kleines Haus mit einem grossen Reiche Vergleichen mag / ist wahr an uns / was ich gesagt: Denn wer ist der nicht sieht / daß alles von uns weiche / Was einen auf der Welt erfreuet und behagt.
|| [ID00073]
In unserm Hause stund / ob wir es schon nicht wusten / Ja alles wohl und schön; es kamen früh und spat / Die in Betrübniß Trost und Hülffe suchen musten / Ihr Wünschen wurd’ erfüllt mit Raht und mit der That. Es war ein Freuden-Haus: Die Mutter war von Hertzen In allem Leyd vergnügt / da sie ein frommer Mann Auf Liebes-Armen trug; wir Kinder konten schertzen Bey Vater-Pfleg / die GOtt; kein Mensche geben kan. Es freute sich mit uns ein treues Haus-Gesinde / Und wer im Hause sonst Geschäffte halber war; Sie sagten / daß man nicht dergleichen Herren finde / Da sich Gerechtigkeit und Sanfftmuht schöner par. Ach! leyder / leyder ach! es ist dahin gekommen Mit uns / daß aller Schmuck durchaus verschwunden ist / Aus diesem Hause hat ein herber Fall genommen / Was Schmertzen-voll allhie beklagt ein frommer Christ. Es ist ein wüstes Haus: es bleiben nun zurücke / Die sonst herein gekehrt / sie bleiben von uns weit; Es ist ein Trauer-Haus / von welchem alles Glücke Sich hat in Eil gewandt. O Jammers-volle Zeit! Der Mutter ist ihr Hertz zerspaltet und erstorben / Da ihre Augen-Lust in schwartzer Erde liegt / Sie denckt es sey nun aus / und mit ihr gar verdorben / Indem ihr Leben selbst der Lebens-Feind besiegt. Wir Kinder sind gesetzt in einen Waisen-Orden: Wo bleibt die edle Zucht? wo bleibt die Vater-Hut? Was wir noch nicht gedacht / ist an uns wahr geworden; O harter Kiß! den GOtt zu zeitig an uns thut. Betrübet ohne Herrn in jedem Winckel irret Das Haus-Gesind; es weiß nicht was es thut und macht; Ja alles ist allhie bestürtzet und verwirret; Da dieser harte Fall viel Leyden uns gebracht. Ein Ende hat also die Freud in unserm Hertzen / Der Keihen ist in Weh und Klagen recht verkehrt; Es ist die Kron vom Haupt gefallen. Oder Schmertzen! Mein Vater wird im Grab vom Würmen-Heer verzehrt.

Augustus Wilhelmus Knopff Hoffet in Gedult ex Thren. III, 26.
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JA mehr als allzu wahr ist was ich jetzt gehöret / Mein Bruder / wir sind nicht / was wir gewesen sind / Wie wohl stund unser Haus! nun ist es gantz zerstöret; Was uns betrübet hat / ist kommen gar geschwind. Es ist kein Mittel sonst auf dieser weiten Erden / Als daß man sich in GOtt und desseu Willen geb / Zumahlen was geschehn / nicht kan geändert werden; Es ist gewiß / daß GOtt / der uns betrübt / noch leb. Gedult ein edles Kraut auf diese frische Wunde / Es giebet Linderung / so bald es drauf gelegt; Und obwol dessen Krafft nicht heilet aus dem Grunde / So wird der Krancke doch mit solchem wohl gepflegt. Wir sehen zwar noch nichts in unserm Trauer-Stande / Daß unsern Thränen-Fluß zurücke halten kan;
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Es haben uns zwar fest gebunden Creutzes-Bande / Doch wohnet in der Höh der rechte Helffers-Mann. Ich hoffe GOtt wird uns noch geben zu erkennen / Daß er der Wittwen Trost / und Waisen Vater sey / Drüm wollen wir getrost ihn unsern Vater nennen / Vielleicht GOtt schaffet das / was uns gebricht / herbey.

Johannes Fridericus Knopff Tröstet auf GOtt ex Thren. III, 22. 23.
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ICh bin der Kleinste zwar / ach leyder! unter allen / Die in dem Wittwen-Stand die schwache Mutter nehrt; Ich bin von Jahren zart / kaum kan die Zunge lallen / Es trifft mich allzu früh / was unser Haus beschwehrt. Doch will / so gut ich kan / die schwache Stimm erheben Zu trösten / weil ich weiß / daß GOtt es treu und gut Mit seinen Kindern mein’t / und nichtes könne geben / Was ihnen an der Seel und Leibe Schaden thut. Es kömmt nicht ohngefehr; GOtt weiß wozu es nützet / Was Christen wiederfährt: wir sehen zwar noch nicht / Wie wir durch dieses Leyd vor ärgers seyn geschützet / Doch GOtt wird macheu gut / was Böses uns geschicht. GOtt kan es leichtlich thun / die Hand ist nicht verkürtzet / Die er schon ausgestreckt zu ziehen uns hervor; Wie er zu dieser Zeit uns schmertzlich hat gestürtzet / So wird er dermahleins noch helffen uns empor. Darumme nur getrost! wir wollen dem vertrauen / Der helffen kan und will; wir wollen ihn allein Im Glauben hangen an; gewiß wir werden schauen Auf Regen un̅ auf Sturm den schönsten Sonnenschein.

Höchst-erfreuliches Erlaß- und Jubel-Jahr / ex Levit. Cap. XXV. v. 8. & 10.
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NAchdem der theure Mann / so GOttes Rüstzeug war / Zurück geleget hat die neun und viertzig Jahr / Mit welchen vormahls must die Dienstbarkeit aufhören / Und jedermann empfieng die Freyheit vom Beschweren / Erließ der Höchst’ ihn hier / und setzt ihn in den Stand / Der Himmels-Kindern nur / und sonst niemand / bekandt / Also daß er nunmehr von aller Last befreyet / Die er in seinem Ampt getragen ungescheuet / Geniest der süssen Lust / die ihm schon längst bereit / Und hält sein Jubel-Jahr in lauter Frölichkeit: Drum stellt das Trauren ein / ihr / die er hinterlassen / Beklaget ener Leyd / als Christen / doch mit Massen / Ihr werd’t in kurtzer Zeit denselben wieder sehn / Und vor des HErren Thron mit ihm verkläret stehn / Allwo er jetzt anstimmt das Lied der Seraphinen / Die GOttes Majestät in Ewigkeit bedienen. Mit diesem wohlgemeinten An- und Zuspruche wolte des sel. Hn. Inspectoris hinterbliebene Fr. Wittwe und Kinder / da derselbe nach zurückgelegten 49. Jahren im 50sten seines Alters sanfft und selig verschied / bestmöglichst aufrichten Wilhelm Albrecht Hartog / Lycei Mindensis Alumnus.


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