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Von dem seeligen Seelen-Durst Eine Leich-Sermon / bey der Leichbegängniß Der
Viel Ehr- und Tugendreichen Frawen.
CASPAR WULFEN / Fürstl. Brunsw. und Lunäburg. Wolverdienten Amptmans des
Fürstlichen Residentz-Ampts Wulffenbüttel / Hertzgeliebten Ehefrawen /
Am 7. Tag Januarj dieses 1652 Jahrs gehalten / und auf begehren aufgesetzct
von JOACHIMO Lütkeman / der heiligen Schrifft Doctore, Fürstl. Br. Lunäb.
Superintendente Generalissimo in Wulffenbüttel /
I. N. J. C. A. Von dem seeligen Seelen-durst Aus dem 42. Psalm / vers. 1.
& 2.
WIe der Hirsch schreyet nach frischem Wasser / So schreyet meine Seele GOTT zu
dir.
Meine Seele dürstet nach GOTT / Nach dem lebendigen GOTT / Wenn werde ich dahin
kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe.
GEliebte in Christo / Wie unser HErr und(Exord. â cura
animae) Heyland Christus JEsus ümb unsere Sünde willen dem Tod
übergeben war / und nun sterben solte / war Er allermeist ümb seine Seele
bekümmert / daß dieselbe in seinem Tode wohl verwahret würde / drumb schloß Er
sein Leben mit diesem Geschrey: Vater in deine Hände befehlich meinen Geist. Was
meinet jhr lieben Christen / wie sorgfältig sollen wir für unsere Seelen seyn?
Hat der für seine Seele Sorge getragen / der aller Seelen Seeligkeit ist / wie
viel mehr sollen wir sorgfältig seyn / die wir das Heil der Seelen leicht
verschertzen können. Wir erfahren dennoch / daß dieselbige die sonsten wol
wissen / das jhrige in acht zu nehmen / dennoch über die Seele freygebig seyn /
Wann sie einen Gülden
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verlohren /
kräncken sie sich / hetten sie hundert Seelen / und hetten sie alle verlohren /
würden sie kaum drüber seufftzen. Das ist aber die höchste Vnbesonnenheit und
Thorheit / Wie klüger ein Mensch ist / je mehr er ümb seine Seelen bekümmert ist
/ denn an der Seelen Wolergehen hanget die Glückseeligkeit des gantzen Menschen
/ Wann die Seele nicht wol verwahret wird / muß der Leib zugleich mit der Seelen
verderben. Wann aber die Seele wohl verwahret ist / wird auch der Leib zur
himlischen Herrligkeit erhaben werden.
Wem sol man aber die Seele vertrawen daß sie sicher und wohl verwahret werde? Wem
hat Christus seine Seele vertrawet? Dem können wir die unserige auch vertrawen.
In die Hände Gottes / ja in die Hände unsers trewen Heylandes Christi Jesu ist
die Seele zum besten verwahret. Wie Christus ruffet / an seinem Ende / Vater in
deine Hände befehl ich meinen Geist / so ruffet auch der getreue Zeuge Christi
Stephanus: Herr JEsu nun̅ meinen Geist auf. Der Mann Gottes David
(Psal. 31, 6.) hat seine Seele auff gleiche
Weise versorget im 31. Psalm / In deine Hände befehlich meinen Geist / und
setzet mercklich hinzu / du hast mich erlöset / Diß ist ein Wort / damit ein
gläubiger Christ sich der Gebühr erinnert / wers sey / dem Er seine Seele
übergeben soll / nemlich der die Seele erlöset und bezahlet hat / dem gehöret
sie zu / dem sol sie auch zugeführet werden. Was hat doch der Widerwertige für
Theil an unser Seelen / was hat er der Seelen zu liebe gewaget? Wie übel thustu
denn bey Gott / O Menschenkind / wann du deine Seele Gott entführest und dem
Satan aufopfferst? Wer nach dem Fleische lebet / der aufopffert sich dem Satan.
Gedencke was GOtt ümb die Seele gethan hat / HErr du hast mich erlöset. Diß ist
auch ein Wort / damit ein gläubiger Christ / seine Zuversicht stercket / und
sich tröstet / eines gnädigen Willens in GOtt / denn es ja nicht glaub
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lich / daß derselbe die seufftzende demütige
Seele verstossen werde / der so viel umb die Seele gethan hatz Hastu mein Gott
das Höchste und Liebste daran gesetzet / was du hattest im Himmelund auf Erden /
damit du meine verirrete Seele mögtest zu dir bringen / wie ist es müglich / daß
du dieselbe Seele verschmähen könnest / wenn ich aus der Tieffe zu dir seufftze
/ vnd darnach mich sehne / daß meine Seele nur bey dir wolverwahret werde / Ja
mit Frewdigkeit kan ich dir meine Seele vertrawen vnd sagen: HErr in deine Hände
befehlich memen Geist / denn du hast sie erlöset.
Ich kan mir aber nicht ein bilden / daß ein Christ seine Seele mit ernst Gott
befehlen kan / der nicht eine hertzliche Begierde und Verlangen nach jhn hat /
ists mir ein Ernst / meine Seele in Gottes Hände zu befehlen / muß ich von
Hertzen begierig seyn / GOtt zu geben / was sein ist / und von jhm zu nehmen /
was mein ist / ich muß in der Wahrheit sagen können: Ich bin dein / du bist mein
/ wie gern wolte ich bey dir seyn; Wer das nicht von Grund seiner Seelen sagen
kan / dem acht ich ists kein Ernst / wenn er spricht: In deine Hände befehl ich
meinen Geist.
Daß wir hievon den Anfang vorhabender Leich-Predigt machen / dazu hat vns
anleitung gegeben / der verblichener Mund dieser für vns stehenden Leiche /
dessen letzte Wort gewesen seyn; Du hast mich erlöset / den̅ da
dieser seeligen Matronen zugeruffen ward / HErr JEsu in deine Hände / befehlich
meinen Geist / hat siehinzugesetzet / du hast mich erlöset / vnd ist darauf als
fort in eine stilligkeit geraten biß sie verschiede̅. So halten
wir nun dafür / daß sie mit diesen letzten Worten bezeuget habe / beydes jhr
Vertrawen zu Gott / vnd jhr Verlangen nach Gott. Vnd das hat sie jhre langwirige
Schwachheit gelehret / denn da sie sonsten im Anfang jhrer Kranckheit nicht eben
so begierig zum Tode mag gewesen seyn / hat der Fromme GOtt durch die lang
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wirige Schwachheit in jhr erwecket eine
Hertz-ernstliche Begierd nur aufgelöset und bey Christo zu seyn / derwegen sie
auch zum Leich-Text erwehlet / den vorgenommenen Seelen Wunsch aus dem 42. Psalm
/ darinnen die Seele ächtset und seufftzet nur bey jhren GOtt zu seyn; Solchen
jhren Begeren ein Gnügen zuthun / damit auch in uns / ein sehliger Durst möge
erwecket werden / Wollen wir diesen Spruch für vns nehmen vnd nach (Thema.) desselbigen Anleitung etwas von dem
seeligen Durst der Seelen reden. GOtt der Vater JEsu Christi wolle durch seinen
Geist kräfftiglich wircken daß wir einen innigen Durst nach jhm in unser Seelen
empfinden mögen. Amen!
Es ist zwar dieser Psalm den Kindern Korah vorzusingen übergeben / aber
zweiffelsohn von dem from̅en David gemacht / der mit den Seuftzern
dieses Psalms ümbgangen / zu der Zeit da er für dem König Saul fliegen muste /
und kein (Oecasio dicti & summa,) Raum mehr
hatte im Erbe des HErrn / da thats seiner Seelen wehe / vom Hause des HERREN /
und von der Versamlung der Heiligen ausgeschlossen seyn. Man kan zwar GOTT
allenthalben finden und allenthalben anruffen / doch war der öffentliche
Gottesdienst eine Ordnung von GOtt selbst eingesetzet / als eine öffentliche
übung der Gottseeligkeit und öffentliches Zeugniß des Bundes / daß GOtt unter
diesem Volck seine Wohnung haben wolte / David hatte erfaren / was für Lust bey
dem öffentlichen Gottes dienst in seinem Hertzen erwecket war / Nun er aber in
des HErrn Hause sich nicht dürffte sehen lassen / war jhm das ein so gros
Vnglück / als wan er von GOtt verstossen were / dies Vnglück trieb aus seiner
Seelen diesen Seufftzen: Meine Seele dürster nach GOtt / nach dem lebendigen
GOtt / wenn werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe / darin ist
nun David eine Figur einer gläubigen Seelen / die nach GOtt vnd den Himlischen
Trost ein sehnlich Verlangen hat.
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Wir haben hie zu erst zu erwegen / das hochbeliebte Gut /(Exegeseos pars 1. o???endit bo ???um
desiderabile.) nach dem alle gläubige Seelen ein hertzlich Verlangen
tragen. Es ist viel in der Welt / darnach den Menschen Kindern verlangen kan /
keines aber unter allen ist / das die Seele ersättiget / es sey denn / daß sie
ein solches erlange das alles Guth in sich begreifft / vnd ein solches Gut ist
unser GOtt / nach dem soll unsre Seele ein Verlangen tragen / vnd mit David
sagen; Meine Seele schreyet GOTTzu dir / Meine Seele dürster nach GOtt / nach
dem lebendigen GOtt. Ein lebendiger GOtt ist unser GOtt / nicht allein seines
Wesens halben / daß er in jhm ein Leben hat / sondern vielmehr von wegen seiner
kräfftigen Wirckunge / weil er seinen Creaturen das Leben mittheilet / wie
geschrieben steht: Der HERR ist meines Lebens(Psal.
27, 1.) Krafft / Er gibt jederman Leben und Odem allenthalben(Act. 17, 25. 28.) / in jhm leben schweben und
sind wir. Wie die Wärme von der Sonnen ausgehet / zu der kalten Erde / so gehet
das Leben aus GOtt / zu der todten und trostlosen Seelen. Und das ist die
Vhrsach / warumb GOtt der Seelen Verlangend ist / denn GOtt ist jhres Lebens
Krafft. Allens was die Seele liebet ausser GOtt / hat den Schein / als wolts uns
erfrewen / es hat aber keine beständige Frewde in sich / GOtt allein ist ein
lebendiger GOtt / in welchen die Seele lebendigen Trost und beständige Frewde
finden kan. Wenn sie ohnmächtig ist / sehnet sie sich nach einer Erlabung /
findet sie aber nirgends als in Gott. Aller Trost / der von der Welt kompt / ist
nur ein todter Trost / und kan die Schmertzen nicht heilen / allermeist wenn die
Seele den Zorn GOttes wider die Sünde fühlet / darumb macht die Seele / die GOtt
geschmecket hat / wol leiden den Verlust zeitlicher Güter / darnach dürstet jhr
nicht / aber ohn GOtt mag sie nicht seyn / jhr Verlangen steht jmmer nach
GOtt.
Was ists aber / das die Seele in GOtt begehret? David
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spricht: Wenu werd ich dahin kommen /
daß ich GOttes Angesicht schawe? Eignetlich; Wenn werd ich hineingehen / daß ich
erscheine für GOttes Angesicht? Das ists darnach der Seelen verlanget; Für
GOttes Angesicht stehen / GOttes Angesicht anschawen / ist aller gläubigen
Seelen Begierd und Verlangen.
GOtt hat nicht ein Angesicht wie ein Mensch / denn er ist ein Geist / doch wird
er in heiliger Schrifft abgemahlet / als der zu weiln den Rücken / zu weiln sein
Angesicht zu uns kehret. Es heist aber GOttes Angesicht das jenige / dadurch
sich GOtt uns zuerkennen gibt / vnd seine Gegenwart bezeuget / denn wie man
einen Menschen kennet bey seinem Angesicht / so hat auch GOtt etwas für die
gläubige Seele / dabey sie jhren GOtt erkennet und sagen kan: Das ist mein GOtt;
Also hies die Lade des Bundes im alten Testament des HErrn Angesicht / wenn
jemand ins Heiligthumb trat / so hies es / er erscheine für dem Angesicht des
HErrn. Heute zur Zeit des newen Testamentes hat GOtt seine Gegenwart nicht
verbunden an einen gewissen Ort / er unterläst dennoch nicht über uns sein
Angesicht leuchten zu lassen / wir müssen einen bessern Gnadenstul haben.
Auff zweyerley Weise läst uns GOtt sein Angesicht sehen / zu erst / in einem
Spiegel / zum andern in der Klarheit / beyde Art begreifft Paulus / wenn er
spricht: Wir sehen itz durch einen (1. Corinth. 13,
12.) Spiegel durch ein dunckels Wort / denn aber von Angesicht zu
Angesicht. Die erste Art gehöret zu diesem Leben / und ist unvollkommen / denn
da seynd die Creaturen / und unser sterblicher Leib / als ein Vorhang / dadurch
die Seele verhindert wird / daß sie GOtt in seiner Klarheit nicht anschawen kan
/ doch erkennet sie GOtt als ein Bildnis und in einem Spiegel. In den Creaturen
zwar / hat GOtt sich etlicher massen abgebildet / darinnen man GOttes Macht /
Güte / Weiß
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heit / und Fürsorge
sehen kan / da aber Gottes Sohn ins Fleisch kommen / hat Gott in demselben
seinen lieben Sohn Christo JEsu / sein freundliches Angesicht recht abgebildet /
In CHristo erscheinet die Freundligkeit / die Leutseeligkeit Gottes / und eine
heilsame Gnade / Wann wir solche Leutseeligkeit und heilsame Gnade im Werck
spüren / als wenn wir Trost im Hertzen und Hülfft in nöhten finden / so lest
GOtt uns sein Angesicht leuchten. Denn wie zur Zeit grosser Trübsahl Er sein
Angesit für uns verbirget / so wendet Er sein Angesicht wieder zu uns / daß wir
seine Güte erkennen / wenn Er in der Trübsahl durch seinen freudigen Geist unser
Hertz tröstet / auch aus demselben uns kräftiglich heraus reisset. Das ist
bereits eine Glückseeligkeit / darnach die Seele billig ein Verlangen träget.
Wenn eine schreckliche Fluth daher rauschet / daß hie eine Tiefe und da eine
Tiefe brauset / wann die Wasserwogen und Wellen über uns gehen / daß wir uns mit
solthen Gedancken plagen müssen / wo ist nun dein GOtt? Da ist das Hertz
betrübet / Es ist ein Mord in unsern Beinen wenn wir täglich mit solchen
Anfechtungen geplaget werden / wo ist nun dein GOtt? Wenn denn in solcher
Hertzens Angst Gott mit seinem lebendigen Trost in unser Hertz erscheinet / und
zu der Seelen spricht / sihe hie bin ich dein Gott; Solt das der Seelen nicht
lieb seyn? Solt sie darnach kein Verlangen tragen?
Doch ist noch eine andere Art / die weit herrlicher ist / nemlich / wenn GOtt
sein Angesicht schawen lest / gegenwärtig in seiner Majestetischen Klarheit:
Dieses ist die Fülle aller Seeligkeit. Von den Knechten des Königes Salomons
spricht die Königinn aus Reich-Arabien: Seelig sind deine Männer / und seelig
diese(2. Chron, 9, 7.) deine Knechte / die
allewege vor dir stehen / und deine Weis heit hören. Aber viel mehr seelig seyn
dieselbe / die im Himmel für dem Angesicht des grossen GOttes stehen. Im 65.
Psalm stehet:(Psal. 65, 5.) Wol dem den du
erwehlest und zu dirlässest / daß er
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wohne in deinen Höfen / der hat reichen Trost von deinem Hause / deinem heiligen
Tempel. Wo der Vorhoff des HErren lieblich ist / wie viel lieblicher wird seyn
der Königlicher Sitz? So die Tröpfflein die herab trieffen aus der himlischen
Süssigkeit können das Marck in den Beinen regen und bewegen / was wird geschehen
/ wenn wir an der vollen Taffel gesetzet werden? Die vergängliche Creaturen
selbst müssen mit jhrer Lust Zeugniß geben / von der Lust der unvergäglichen
Herrligkeit. (Rom. 1, 20.) Wenn der Apostel zun
Römern am 1. lehret / daß Gottes unsichtbahres Weesen ersehen werde / so man des
warnimt an seinen Wercken / giebt er uns Anlaß / bey der Herrligkeit der
sichtbaren Creaturen abzunehmen die unsichtbahre Herrligkeit die bey GOtt ist.
So das vergängliche Gut dieser Welt den Menschenkindern eine Lust erwecket / wie
viel herrlicher und köstlicher Lust wird erst bringen das unvergängliche? Gönnet
uns Gott so mannige Freud da wir noch auf Erden als in einer Gefängniß liegen /
wie groß wird die Freude seyn / wenn wir zum Vaterland kommen? Ist noch eine
Ergetzligkeit zu finden an den Orth / da der grösseste Hauffe Gottes Feinde seyn
/ was für eine Ergetzligkeit wird Gott bereiten für seine Freunde / an den Orth
/ dahin kein Unreiner kommen kan? Es handelt GOtt hie mit uns als ein reicher
Kauffman / der mit köstlichen Wahren handelt / und etliche geringe Stücke
ausläget / oder eine gemahlte Taffel aushänget / damit die fürübergehende sehen
/ mit was für Wahren er ümbgehe / und dieselbe zu kauffen eingeladen werden. Was
ist Himmel und Erde / alle sichtbahre Schönheit / und alle empfindliche
Ergetzligkeit? Was ists anders als Stückwerck und nur ein Bildt / dabey wir
abnehmen sollen / was für kostbare Güter bey Gott im Verborgen liegen / die Er
doch alle uns armen Sündern anbeut. Wenn dir nun etwas liebliches in der Welt
vorkom̅t / so gedencke wie dasselbige dir zuruffe: O wie viel
lieblicher
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ist das / daß bey Gott noch
im Verborgen liegt. Wol dem / den du erwehlest / und zu dir lessest / daß er
wohne bey dir in deinem Hause / wenn werde ich dahin kommen daß ich dein
Angesicht schaue! Bedencks / lieber Christ / wie wird dir zu muthe seyn / wen̅ du deinen GOtt wirst für Augen sehen / und dich in GOtt / und
GOtt in dir! Wie wirst du dich verwundern wenn du anschauen wirst die
unzertrenliche Einigkeit der Heiligen Hochgelobten Dreyfaltigkeit! Wie frölich
wird dein Hertz seyn / wenn du deinen liebsten Heyland Christum JEsum
wirstsitzen sehen / als den König des Himmels / auf seinen Himlischen Thron! Wie
wird mich das gesegnete Angesicht meines Himlischen Liebhabers erfreuen! Wie
froh werde ich seyn / über die Schätze der Weisheit / die ich in jhm sehen und
hören werde! Hie haben wir nur ein geringes Wort von GOtt vernommen / Stückwerck
ists mit unserer Erkentniß; Da werden wir GOtt vollkommen erkennen / so viel
einer Creaturen müglich ist. Da wird nicht vonnöthen seyn durch das geringe
Erkentniß der Creaturen als durch Leitern zu GOtt zu nahen / sondern wir werden
unsern GOtt für Augen sehen / und sein Wort dadurch alles gemacht ist / was
gemacht ist. und in demselben Wort werden wir aller Creaturen Krafft und Wesen
völlig erkennen.
Auf diese völlige Erkentniß wird folgen eine völlige Liebe. Daß wir hie in diesem
Leben GOtt völlig nicht lieben / kompt daher / daß wir Ihn völlig nicht
erkennen. Wenn ich aber dahin kommen werde / da ich GOtt volkommen erkenne /
werde ich jhn auch vollkommen lieben. Und diese vollkommene Liebe wird nicht
auffhören / denn ich werde so viel Vhrsachen zu lieben in GOtt finden daß sie
weder Zahl noch Ende haben. Diese vollkommene Liebe wird unsere Seele erfüllen
mit Strömen der Liebligkeit / daß wir aller himlischen Lust und Frewd voll und
satt werden. Vor dir ist Frewde die Fülle und lieblich We
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sen(Psal. 16, 11.) zu deiner Rechten ewiglich. Die Kinder der Menschen
(Ps. 36, 9.) werden truncken von den reichen
Gütern deines Hauses / und du tränckest sie mit Wollust als mit einen Strom. Da
wird ersätigt werden alles was in mir ein Verlangen haben kan. Wie GOtt schawen
den unersätlichen Verstand ersätigt / also ersätigt den unersätlichen Willen /
GOtt sichtbarlich Besitzen / und des Reichthums seiner Gütigkeit völlig
geniessen. Wenn werde ich dahin kommen / daß ich erscheine für deinem Angesicht?
Wie viel hundert tausend sehliger Geister werden mich umfangen / wenn ich dahin
komme? Wie frölich werden sie über meiner Ankunfft seyn? Ists wahr was der HErr
spricht / daß die Engele im Himmel sich frewen über einen Sünder der Busse thut;
So ists auch für wahr zu halten / daß sich der Himmel frewen werde / wenn ein
armer Sünder seinen Kampf vollendet hat / und gekrönet wird. Wol mir / wenn ich
mit solchen heiligen Hauffen für GOttes Angesicht stehen möge.
(Pars 2. exponit si tim, & desiderij modum.)
WAs das hochgewünschte Gut sey / darnach der Seelen dürstet / haben wir gesehen /
wir müssen auch etwas reden / von der Art des geistlichen Durstes / was für ein
Durst und Verlangen die glänbigen Seelen nach GOtt tragen. Der heiliger Geist
stellet uns ein Bild für aus der Natur / nemlich einen Hirsch der nach frischen
Wasser schreyet. Ein Hirsch hat sein Auffenthalt in der Einöd / alda vornemlich
in den heissen Ländern wenig Wasser zu finden / daher er mit grossen Geschrey
Wasser zu suchen in der Hitz getrieben wird / noch mehr wenn er von Hunden und
Jägern gejaget und abgemattet ist. Man sagt auch daß er seinen Leib zu reinigen
Schlangen fresse / und mit den Oden seiner Nase aus den Löchern zu sich ziehe /
hernach aber von der Schlangen Gifft angezündet / ängstiglich herum läufft nach
frischen kühlen Wasser. Wir haben warlich
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Gift an uns gezogen aus Mutter Leibe / das verursachet bey frommen
Seelen manches Seuffzen / wenn dazu kömpt die heisse Zeit der Anfechtung / und
der hellische Jäger mit seinen Jagt Hunden / wird die Seele matt / als wolte sie
verschmachten. Die hellische Anfechtung der Seele̅ / als die
feurige Schlange / mit welchen wir kämpfen müssen / machet uns die meiste
Arbeit. Leibliche Noth endigt sich mit den Todt / die geistliche Noth fühlet man
erst recht nach den Todt. Wo GOtt in derselben den Trost seines Worts hinweg
nimt / folgt Verzweiffelung / und endlich gar das ewige Verderben. Es kan der
Seelen Durst nicht gestillet werden / als mit frischen Wasser / das ist / mit
den lebendigen GOtt / welcher die Kraft unsers Lebens ist. Wird derwegen hie ein
hertzlich hefftiges Verlangen angedeutet / daß die nothleidende gläubige Seele
nach GOtt träget.
Wenn hie von schreyen geredet wird: Meine Seele schreyet nach GOtt; Bilde ich mir
ein Kind ein / das in der Wüsteney seinen Vater verloren hat / und schreyet
jämmerlich nach den Vater. Wir wallen in der Wüsten / haben wir GOtt nicht bey
uns der uns begleitet / verjrren wir / verschmachten / und geraten endlich gar
den Teuffel in Rachen. Wenn denn GOtt sich eine weile verbirget / wird der
Seelen angst nach GOtt: Ach HErr / wo bistu wie lange verbirgstu dein Antlitz?
Wie lang sol ich mich engstigen in meinen Hertzen? Was durch den Durst
angedeutet wird / wenn David sagt: Meine Seele dürstet nach GOtt / weis niemand
besser / als der in grosser Hitz ermüdet und dürstig worden ist / und hat nichts
damit er seinen Durst leschen kan. Wird derwegen hie angedeutet zu erst die
Mattigkeit der Seelen / welche gleichsam kranck und ungedültig wird / daß sie
nicht hat damit sie jhren Durst stillet / und hernach ein sehnliches Verlangen
nach GOtt denn sie kan nicht ehe zu Ruhe kommen / sie finde denn und schmecke
jhren GOTT. Im 143. Psalm spricht der geengstete David:
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(Ps. 143, 7.) Meine Seele dürstet nach dir / wie
ein dürr Land. Wenn das Land mit Wasser überschwimmet ist / ist jhm der Regen
nicht nütz; Wans aber dürr / zihets den Regen begirig in sich: Also ists mit der
Seelen; Wenn sie mit den Gütern dieser Welt überschwemmet / hat sie keine Lust
die angebotene himlische Erquickung aufzunemen; Wenn sie aber jhre Armut
erkennet / und mit den Gütern dieser Welt nicht kan erquickt werden / alsden
zihet sie begierlich an sich / was zur Erquickung jhr vom Himmel zugesandt
wird.
Mancher möchte allhie auf trawrige Gedancken geraten / und sagen: Wie kompts /
daß ich so einen hefftigen Durst nach GOtt nicht empfinde / solte ich etwan GOtt
nicht mit rechtschaffenen Glauben meinen? Nun so wisse / der geistliche Durst
läst sich nicht allzeit gleich starck fühlen. Er hat seinen Anfang und seinen
Wachsthum. Der Anfang geschicht in der Bekehrung zu GOtt / und so lange die
Seele im Glauben bleibt / so lange bleibt auch ein geistlicher Durst nach GOtt.
Denn sie hat jmmerdar mit den Teuffel und allerley Sünden zu fechten / daher
suchet und begehret sie jmmerdar Trost und Stärck in Christo wider den Teuffel
und wider die Sünde / auch wider den Todt und allerley Anfechtung. Solch
Verlangen wächset täglich in der täglichen übung der Gottes Furcht. Die Hitze
der Trübsal kan auch viel dabey thun. Wenn ein Christ die übung der
Gottseligkeit bey seit setzet / und aufhöret Fried und Freud in GOtt zu suchen /
und wendet sich zur Welt / so verlieret sich der geistliche Durst; Wenn aber die
Seele sich entblösset von allen was in der Welt ist / und in jhrer Blösse da
stehet / wil und kan sie mit nichts befriedigt werden / als mit GOtt. Denn die
Seele kan ohne Lieb und Verlangen nicht seyn / wird jhr die Welt zu widern /
wird GOtt jhr Begierd und Verlangen.
|| [15]
Wir haben gesehen nicht allein das hochgewünschte Gut der(Usus 1. ad redargutione̅.)
gläubige̅ Seelen / sondern auch was für ein hertzlich
Verlangen ein gläubiger Christ nach diesen Gute trage / und wie jhm darnach
dürstet. Nun were zu wünschen / daß dadurch unsere Seelen müchten beweget seyn /
nach nichts als nach GOtt zu dürsten / denn wir erfaren leider / daß den
Menschen Kindern nicht dürstet nach dem Wasser / das den Durst stillen kan.
Wolte GOtt wir erkenten solche Thorheit. Betriegerey ists mit der Welt / und mit
allen was drinnen. Sie macht manchen die Hoffnung zu grossen Reichthum / hohen
Ehren / ansehnlichen ämptern / und wenn er lang genug darnach gelauffen / macht
sie jhn zum Betler / und stost jhn in Schmach und Schanden. Wie viel tausend
Menschen haben all jhr Thun darauf gerichtet / daß sie nur einen Namen in der
Welt möchten erlangen / deren doch jtz kein Mensch gedenckt? Und wenn den̅ schon alle Welt vo̅ mir wüst zu reden / was weres
mehr? Was Nutzes hat meine Seele davon / wenn sie muß davon faren? Geschicht es
/ daß ein Weltkind so viel an jrrdischen Glück gewinnet / als ein Mensch
gewinnen kan / so vermag doch ein einiger Widerwille jhm alle Lust benemen / die
alle sein Glückseligkeit jm gemacht hat. Der stoltze Haman hatte / was ein
Mensch wünschen möchte / ein einiges war jhm zu widern / daß von einem einigen
Juden jhm nicht gnugsam Ehre geschah / das konte jhn mehr betrüben als all seine
Glückseligkeit erfrewen / diese Schande muß dieser Weltling selber bekennen /
darum / als er einsmals seinen Freunden die Herrligkeit seines Reichthums(Esth. 5, 15.) und sein gros Ansehen erzehlte /
sprach er: An den allen habe ich kein Genüge / so lang ich sehe den Jude̅ ans Königs Thor sitzen. Sie so wenig mach dein Hertz befridigen
alles Welt-Guth daran du dein Hertz hangest. Dazu weistu nicht / wie lang du es
habest / was du von der Welt erlanget hast. Kurtz und unbeständig ist aller
Menschen Wollfart. Drum ist die Welt
|| [16]
nur lauter Betriegerey. Ferner seynds Dornen / was dir die Welt für jhren Dienst
zu Lohn gibt. Wie angeneme es ist / wie mehr es das Hertz zerritzet und sticht.
Wenn ein ander ruhig schläfft / so zerbricht ein Weltling seinen Kopff / ist mit
Sorgen beladen / und kan keine Ruhe haben / so lang er mit der Sorge behafftet.
Das elendeste ist / daß es das geistliche himlische Leben in der Seelen
erstickt. Denn die Welt erfüllet dich mit einem Geist / der den Geist Christi
gantz zu widern ist. Wo du die Warheit sagen wilst / must dues gestehn / daß du
allezeit so viel krafftloser an Christi Geist wirst / so viel mehr du dein Gemüt
mit fleischlichen jrrdischen Geschäfften beladen hast. Drum ist die (Apoc. 17. V. 4.) Welt die rechte Babylonische Hure
/ die im gülden Stück süssen Wein auffträgt / doch mit tödlichen Gifft
vermischt. Die Welt ist der schmeichelhafftige Joab / der ersticht wenn er
liebkoset und helset. Die Welt ist eine grüne Grube voller Dornen und
Scorpionen. Sihe du Welt Mensch / das ists dahin du dein Gemüth gewandt
hast.
(2. ad Correctionem.)
Besinne dich / du weist ein Guth / das warhafftig guth ist / dahin sol dein Hertz
und Muth stehen. Was des Hertzens Trost ist / wenn Leib und Seel verschmacht /
das sol deiner Seelen Verlangen seyn. Was ist das anders als dein GOtt? Denn so
(Ps. 73, 26.) steht geschrieben: HErr wenn ich
nur dich habe; Wenn mir denn gleich Leib und Seel verschmachtet / so bistu doch
GOtt allezeit meines Hertzens Trost. Sihe was du an GOtt hast! Wenn Leib und
Seel in grosser Angst verschmachten / so kan GOtt trösten / und kan dein Hertz
trösten / dich hertzlich erquicken und erfrewen. Das heist ein lebendiger GOtt
seyn. Wunder / daß ein vernünftiger Mensch also kan gesinnet seyn / daß er nach
diesen lebendigen GOtt kein hertzliches Verlangen trägt. Aber was sol man sagen
/ der natürliche Mensch verstehet nicht was des Geistes GOttes ist / darzu
ver
|| [17]
blendet der Fürst
dieser Welt seine Sinne / daß er nicht sehe / das herrliche Liecht daß in GOtt
ist / und also gehet der Mensch dahin in seiner Blindheit / und hat kein
Verlangen nach GOtt. Wir wissen wenn ein Ding weit von uns oder hoch über uns
ist / so scheinets klein / obs schon groß ist; Also gehets unser Seelen / je
weiter sie von GOtt tritt / je kleiner und geringer jhr der grosse GOtt vorkomt.
Nahet euch zu GOtt / jhr Menschen Kinder / nahet euch so werdet jhr empfinden
wie groß und herrlich unser GOtt ist. Seyd gleich einem Kauffmann / der eine
köstliche Perle findet / und verkaufft was er hat / und gehet hin zu kauffen die
köstliche Perle. Die Königinn aus Reich-Arabien hörte von der Herrligkeit
Salomonis / und kunte nicht ruhen / bis sie dieselbe sahe. unsere Seele ist wie
eine Königinn / die gefält jhr selbst woll in jhrem eigen Reich / wenn sie des
Fleisches und der Welt nach jhrem Sinn gebrauchet. Es wird jhr aber gesagt von
einem andern Reich / da Salomon König ist / ein Fried Fürst / unter welchen eine
jgliche Seele Ruhe findet. Mache dich auff liebe Seele / erhebe deine Begierde
zu diesem Könige / du wirst erfaren / daß mehr Herrligkeit bey jhm zu finden /
als dir hat können gesagt werden / denn die Herrligkeit seines Reichs ist
unaussprechlich. Du wirst ruffen: Seelig seynd die Knechte die alleweg vor dir
stehen. Ich begehr nicht umbzukehren; Laß mich dein Knecht / laß mich deine Magd
seyn.
Halts für kein gering Vnglück / wenn GOtt mit einer göttlichen Ergetzligkeit in
der Weit zu finden ist / du aber ohne GOtt in der Welt lebest. Ein Vnglück ists
/ wenn in der Welt eine Artzeney wider deine Kranckheit zufinden / du aber
vermagst derselben nicht theilhafftig zu werden. Ein Vnglück ists / wenn Brots
genung in deine̅ Hause ist / du aber hast so viel macht nicht / es
zu geniessen. Ein viel grösser Vnglück ists / wenn GOtt mit seiner süssen Güte
zu jegen / du aber empfindest davon weniger als
|| [18]
nichts. Wie du nun hie ohn GOtt lebest / in dieser Welt / also
wirstu auch ohne GOtt seyn müssen in jener Welt. Es werden ja auch die gottlosen
Verächter an jenem Tage Christi Angesicht sehen / aber sich dessen so wenig
erfrewen können / als die Teuffele / welche geruffen / wenn sie jhn gesehen:
JEsu du Sohn GOttes des Allerhöchsten / was haben wir mit dir zu schaffen.
Erschrecklich und unerträglich wirds dir seyn / von Christo dem Brun des Lebens
in Ewigkeit abgewiesen werden / in dem er wird sagen: Weiche von mir. Der aller
Welt Heyland ist / das Lamm das deine Sünde getragen hat / und für alle Sünder
gebeten / wird dich damit außschliessen von seiner Gnad und Barmhertzigkeit.
Dahin hastu es gebracht mit deiner Verachtung. Darum besinne dich / O Menschen
Kind / besinne dich / wohin du deiner Seelen Begierde lencken wollest. Ein
trewer Rath ists den uns (1. Joh. 2, 28.) der
heiliger Geist gibt / 1. Johan. 2. Kindlein bleibr bey jhm / dem Sohn des
lebendigen GOttes / auf daß wenn er offenbaret wird / wir Frewdigkeit haben /
und nicht zuschanden werden für jhm / in seiner Zukunft.
Wenn in einem vornehmen Wirts Hauß ein Knecht oder Magd getrewlich dienet / der
wird gelohnet / wenn er ausziehet. Ist aber jemand ein Gast darin / dem läst man
folgen was er begehret / man schreibts aber an / und wenn er ausziehet / muß er
bezahlen. Lieben Christen / diese Welt ist eine grosse Stadt / welche Gott
erbawet hat / darüber er Fürst und HErr ist. In derselben hat der Sarhan ein
Wirtshauß aufgerichtet. Die Gottes trewe Diener seyn kehren sich an das
Wirtshauß nicht / Viele aber vergessen jhrer Pflicht / und gehen jhrer
Ergetzligkeit nach. Es wird jhnen gefolget / was sie begeren / es wird aber auch
angeschrieben. Wenns nun zum Aufbruch komt / daß man fort muß / da werden in
Frieden außziehen die trewlich gedienet haben / und einen guten Lohn davon
bringen; Der Hauß Herr wird sagen: Du bist ge
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trew gewest über wenig / gehe hin in deines HErrn Frewde.
Hingegen die jhrer Pflicht vergessen / und jhres Hertzens lust an einen andern
Orth gesuchet / müssen alles bezahlen / und mit unlust davon ziehen. Da wird man
ein solch Vrtheil über jhn fällen: Wie viel er sich herrlich gemacht / und(Apoc. 1???. V. ???.) seinen Muthwillen gehabt /
so viel schenckt jhm Qual und leidt ein. Darum noch mahl / besinnet euch.
Trachtet darnach daß jhr GOtt möget empfinden als einen lebendigmachenden GOtt.
Das lasset ewren Wunsch und Begierde seyn. Wenn du etwas von GOtt wust
geschmecket haben / alsden wirstu durstig nach GOtt werden / daß du des süssen
GOttes und seiner heilsamen Gnade noch mehr geniessen mögest / du wirst der Welt
Reichthum und Lust für Schaden achten / und dich befleissigen der Seeligkeit die
du in GOtt gefunden hast / durch heiligen Wandel dich zu versichern. Nahets sich
mit dir zum Ende / ist dir der Todt nicht schrecklich / denn wie kan dir der
Todt schrecklich seyn / der anders nicht thun kan / als daß er dir gibt deiner
Seelen Verlangen / deinen Schöpfer und Heyland? Ein Gott-begierige Seele ist
bereit und auffn Weg / jhre Gedancken seynd himlisch und nicht jrrdisch / mit
Frewden gehet sie aus der jrrdischen Hütte ins Hauß jhres Vaters / zu der Stadt
des lebendigen GOttes / zu den himlischen Jerusalem / zu der Menge vieler
tausend Engelen / zu der Gemeine der Erstgebornen die im(Heb. 12, 22.) Himmel angeschrieben seyn / zu den
Geistern der vollkommenen Gerechten. Da finden wir Leben ohne Todt / Frewd ohne
Leid / Ruhe ohne Mattigkeit / Süssigkeit ohne Bitterkeit. Hie trincken wir
trüben Wein / dort klaren geläuterten Wein. Wenn dem Ignatio einem Jünger des
Apostels Johannis / ein erschrecklicher Todt angedräwet ward / soll er mit
solchen Worten heraus gefaren(Euseb. Hist. Ecel. l. 3.
C. 33.) seyn: Ach daß nur die wilden Thiere da weren / damit ich
bedräwet werde / ach daß sie mit Grimm
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mich möchten anlauffen / ich wolt sie auch selbst reitzen / daß sie mich nur
geschwind zerrissen! Ach daß Fewer vn̅ Galgen für mir stünden /
daß wilde Thier mich zerrissen / daß Arm und Bein mir gebrochen würden / daß
mein Leib in Stücken zerhackt würde / daß des Teuffels Peinigung mich überfiele
/ wenn ich nur meinen HERrn JEsum CHristnm gewinne. So begierig wird eine
gläubige Seele / nach jhrem Liebhaber CHristo JEsu. Gleiche Begierde finden wir
beym Apostel Paulo / wenn er spricht: Ich habe Lust abzuscheiden / und (Phil. 1, 23 2. Cor. 5, 2.) bey Christo zu seyn; Wir
sehnen uns nach unser Behausung / die vom Himmel ist / und uns verlanget. O wie
wol muß der Gott-dürstenden Seelen seyn / wenn sie nun für der Thür der Ewigkeit
stehet / und soll hinein gehen zu schawen / darnach jhr hertzlich verlanget.
GOtt heiliger Vater erwecke in mir und uns allen einen solchen Durst / den
niemand leschen kan / denn Du allein / Amen.
WEil wir nun auch vom Lebens Lauff der verstorbenen Matronen etwas gedeneken
sollen / die mit hertzlicher Begierde nach GOtt und dem ewigen Leben von dieser
Wele abgeschieden / können wir an derselben ein Exempel sehen / wie GOtt der
Menschen Seelen zu sich ziehe. Zu erst hat er sie zu sich gezogen / da er sie
unter Christen hat lassen gebohren werden / denn es ist diese viel Ehr und
Tugendreiche Frawe Anna Wienkamps im Jahr 1595. von Christ
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lichen ehrlichen Eltern in
Brunswig geboren. Ihr Vater ist gewesen ein Bürger und Goldschmied daselbst /
Leinhard Weinkamp / die Mutter hat geheissen Catharina Behmen. Dadurch hat sie
das Glück gewonnen / daß sie alsfort durch die Tauff den Heyland Christo
einverleibet worden / und in den Gnaden Bundt mit GOtt getreten / Auch folgends
in aller Gottesfurcht aufferzogen. Hernach hat GOtt sie zu sich gelocket durchs
liebe Creutz. Denn nach dem der Vater jhr zeitlich abgegange̅ /
und sechs unmündige Kinder hinterlasse̅ / hat sie als
einvaterloses Weißlein / das Joch müssen zeitig auf sich nehmen / da sie nebenst
der betrübten Mutter nicht wird die besten Tage gehabt haben. Was sucht aber
Gott anders / wenn er uns den Trost in der Welt benimt / als daß wir allein in
jhm Trost suchen sollen? Noch mehr hat GOtt sie gezogen durch seine väterliche
Vorsorge / in dem er jhrer in jhrem Weisenstande nicht vergessen. Denn nach dem
der Mutter die Aufferziehung der sechs vaterlosen Weiselein schwer gefalle̅ / ist diese selige Frau / damals ein junges Mägdlein / zu
vornemen Leuten kommen / nemlich zu der Fraw Obristin von Hardenberg / welcher
sie bey zwantzig Jahren auffgewartet / der gestalt / daß sie ein ehrlich und
rühmlich Zeugniß bey denen nachlebenden Erben davon getragen. Hernach hat der
getrewe Gott nach
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seinen wolweisen
Rath das Hertz jhres itz betrübten hinterlassenen Ehemanns Herrn Caspar Wulfen /
Fürstl. Amptmans allhie / zu jhr gezogen / mit welchen sie drey und zwantzig
Jahr im Ehestand zugebracht. Und ob zwar in wehrender Kriegeszeit sie
miteinander manches Unglück ausgestanden / und ausgeplündert, haben sie doch
GOttes Segen im Ehestand gespüret / da GOTT nicht allein mit Nahrung und
zeitlichen Gütern sie versorget / wie Sie denn eine fleissige Haußhalterin
gewesen / sondern sie auch mit einer wol gezogenen Tochter erfrewet / Anna
Sophia genant / welcher noch bey beyder Eltern Leben Herrn Christiano Augusto
Mithobio / der Artzeney Doctori zur Ehe gegeben worden. Dieses alles ist als ein
Liebes Band anzusehen / damit GOtt unsere seelige Mitschwester zu sich gezogen.
Es bekomt leider der from̅e GOtt für seine Gutthaten diesen Danck
von der undanckbaren Welt / daß sie das Hertz von GOtt abwendet / und zu den
Gaben kehret / daran aber haben die Gutthaten GOttes keine Schuld / sondern sie
seynd an jhnen selbst rechte Liebesketten / dadurch GOtt der Menschen Gemüther
zu sich locket / daß sie dem anhangen / von welchen sie allerley gutes empfangen
/ und künftig noch mehr empfangen werden. Endlich hat GOtt sie gezogen durch
eine lang
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wirige Kranckheit / da
er sie über viertzig Wochen ins Kranckenbett gehalten. Am gebrauch der
köstlichsten Artzeney hat man zwar nichts mangeln lassen / man hat aber keine
Wirckung zu Wiederbringung der Gesundheit spüren kön̅en. Dadurch
ist sie genötiget jhren Willen in GOttes Willen zu ergeben / und sich der Welt
gantz zuentschlagen / wie sie denn mit Worten und Geberden gnungsam bewiesen /
mit was Begierde und Verlangen sie auf eine seelige Erlösung gewartet. Im Anfang
der Schwachheit mach vieleicht die Begierde so heftig nicht gewesen seyn / Gott
aber hat gewust das Verlangen dieser Seelen rechtschaffen einzurichten / und
dazu hat jhm die langwirige Kranckheit dienen müssen. Was nun Gott gesucht hat /
das hat er auch erlanget / nemlich eine dürstige Seele / die mit völliger
Begierde nach GOtt gedürstet / in welchem seeligen Durst auch diese unsere
seelige Mitschwester / bey gutem Verstande aus diesem Elende zu GOtt gefaren /
und für GOttes heiligen Angesicht geführet ist / den 30. Decembris des
abgewichenen Jahrs / zwischen sechs und sieben Uhr aufm Morgen / in dem sieben
und funfzigsten Jahr jhres Alters. In jhrem Leben habe ich nichts anders spüren
können / als daß sie Liebe zur Gottsfurcht gehabt / und hat wol leiden können /
daß man mit jhr von GOtt und geistlichen Sachen reden möchte. Nun der
leidtragender Witwer / hat ver
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loren eine liebe getrewe Gehülffin / die betrübte Tochter hat verloren
eine sorgfältige Mutter. Sie gedencken aber dabey / daß jhr Hoffnung nicht solle
gebawet seyn auf einen sterblichen Menschen / sondern auf den lebendigen GOtt.
Sie gedencken daran / was für ein hefftiges Verlangen diese seelige Hauß Mutter
nach einem seeligen Ende getragen habe; Sie gedencken daran / wie wol jtz jhrer
Seelen ist / und in solcher Betrachtung lassen sie jhnen den Willen GOttes
wolgefallen. GOtt bewahr jhr Gebeine / und laß sie wieder grünen in der
Aufferstehung der Gerechten / Er tröste die betrübten / und erwecke in uns allen
ein hertzliches Verlangen nach dem das droben ist / da Christus ist. Er hilff
uns frölich überwinden / daß wir dermal eins unter der Schaar der Außerwehlten
für seinem Angesicht erscheinen / und in Ihn uns ewiglich frewen. AMEN.
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CARMINA LVGVBRIA.
MOrtua jam cecidit fato matrona benigno Vxor quaestoris fida columna domus. Hinc dolet, & viduas solus malè Vivere noctes Cogitur, innumeris fletibus ora rigans Sed sistat lacrymas, namque haec muratio mortis Ad Vitam felix janua laetiriae est. Hìc dolor omnis abest, hìc mortis ademta rapacis Conditio, & morbis hìc sine Vitae datur. Non etiam amissa est praemissa sed illa, citato In coelum parirer nos vocar ire gradu. Angelicis inserra Choris modulatur & Hymnum Trisagion, laudans sic sine fine DEVM. Affinitatis ergò deproperabat Henricus Julius Böckel. Med. Doct.
DEr Menschen-Würger pflegt den Welt-verliebten Hertzen Gahr hart und bitter seyn / wen̅ sie mit grossen Smertzen Von Geld / Gut / Hauß und Hoff / von Ehr und hoher Pracht / Alsbald in sneller Eil / mit ungestümer Macht
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Geraff't zum Finsterntahl / wenn Angst und grosses
Klagen Sich erst recht sehen lest / da man der guten Tagen Sich nicht mehr
freuen kan; Da geht das Seuffßen an: Ach / Ach! Wer diß gewust! Wer ist
derleiden kan Der Hellen Angst und Glut: Wer mag es doch ertragen Wenn keiner in
der Flamm der Zungen Durst wil laben Mit einem Wassertrunck / sag' nicht mit
Bier und Wein Das offt zertreten ist / das ist nun Gall und Pein! So gehts der
Rohen Welt / das trifft die harten Hertzen / Wenn sie das Christenthum
befchimpffen / gar verschertzen. Der Menschen-Feind der Todt hingegen lieblich
ist Dem der die Welt verlacht / der mercket jhre List Wie sie mit falschem
Schein / so viele hohe Sinnen Von GOtt / zu sich gerafft / und ewig lest
zerrinnen. Wenn dieses recht betracht die abgeleibte Seel So wird der Tod jhr
süß / durch Christus jhre̅ Heil. Daß sie ohn unterlaß schrey aus
des Hertzens Grunde: Ach JEsu komm / Ach / Ach: JEsu komm / kommzur Stunde! Ich
bin der Sünden ab gestorben in der Zeit / Drumkomm / Ach komme bald / Gib mir
die Seeligkeit / Mein Hertzen-JEsu komm / wo bleibstu doch so lange Mein Hertz
das schreyt zu dir / Ach wie ist mir so bange / Du bist mein GOtt und HErr / du
bist mein JEsus Christ / Drumb muß mir schaden nicht die Sünd / des Teuffels
List. Ach HErr in deine Händ nim doch den Geist behende Du hast mich ja erlöst:
Gib mir ein seeligs Ende!
|| [27]
Sie hat die
Seeligkeit / wir müssen in der Zeit Viel Jammer und Elend / des Teuffels Haß und
Neid Erleiden mit Gedult / biß daß wir auch durch dringen / Vnd GOtt in seinem
Thron / ein frölich Dancklied bringen. Darumb so weinet nicht / (doch hat es
seine Zeit /) Sie begehr't es ja nicht / sie ist schon in der Freud! Erlehrnet
alle nun bey dieser Leiche sterben. Greifft zur Buß / greifft zur Reu: So werd
jhr nicht verderben!
Solches setzet zum Andencken / vnd Troste / für viele Wolthaten
M. Balthasar Schiltmejer Past. im Gottes Lager vnd Atzen.
SIccine curarum nigras demersus in undas Externi indigeas robore consilii VVolfi, iustitiae custos rigidusque Satelles, Qui benè nosti aliis promere consilia? In Casu hoc Te ostende Virum, Teque argue lugens Pollentem ingenio magnum animoque Virum. Nonrevocas luctu sociam, quae morte perempta Sentit in aethereis gaudia mille plagis.
|| [28]
Reddita quae Coelo Patriae modo laeta reportat Quae victrix pietas praemia ferre solet.
Johannes Auspurgius, Rector.
IVre rigas lacrymis, vir spectatissime, vultus Ob moesta fata conjugis. Nam quae te tristem recreabat dulce loquendo Tonante sorte perfida; Quaeque gravescentis permagna columna senectae Erat, rei & domesticae, Occidit, & mortis peracuta falce resecta Oclis tuis se subtrahit. At noli nimiis incessere fata querelis: Nil iste proderit dolor. Nam quodcunque Deo placitum est, confiat, oportet, Ejus voluntas optima. Mortua non Conjux, fed vivit in aethere celso Vitam dolere nesciam. Quisquis enim in Domino lumen vitale relinquit Is ter, quater beatus est. Hanc ille sortem gratare, & mittito fletum: Melius Deus fatum dabit. M. Johannes Möringius, ConR.
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ESse malum magnum, qui sana est mente fatetur Cùm rapit inclemens mors pignora cara parentum, Quae sunt in terris felici sidere nata, Quae sunt sub faustis semper penetralibus alta, Quaeque fuere genas praemolles ore rubente, Quaeque bona ingenii felicis signa dederunt. Tristior astfortuna, malum magis atque dolendum, Cùm resecat cunctis mors aspera falce reeurva Corcula bina, DEI quae summi iura ligarunt, Quae socius conjunxit amor, lectusque iugalis, Queis fuit unasalus, unum & commune periclum Quo res cunque cadunt, quoties fortuna iocatur, Siue benigna fuit, siue indignata per horas. Hinc moeror, talis casus cum obtingit acerbus, Hinc moestas voces expromunt, flumine largo Hinc vultum humectant lacrymarum, limina planctu Miscentur vario ac tristi clamore replentur.
|| [31]
Quare non miror, non admlratur & alt er, Quod lacrymas
fundas, quod nigris vestibus intres; Coniux cara Tibi divino numine iuncta,
Quae fulcrum domui, insignis pietatis amatrix, Insigne exemplar morum, spes
dulcis egeni, Atque tui magni lenimen suave laboris, Jam cadit &
cunctorum avidae mandatur arenae. AEs triplex esset circa cor, durior omni Saxo, quem tantus
casus non flectere posset. Ast modus in luctu, peredat ne viscer a luctus
Plus aequo, prohibent hoc sacri dogmataverbi. Ipsa
vetat coniux, quae iam tellure relicta, Felix parte sui meliore potitur
olympo.
Julius Pflüger.
FINIS.
|| [ID00037]
Johannis in seiner Offenbarung cap. 14.
Vnd ich hörete eine Stimm vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Seelig sind die
Todten / die in dem HErrn sterben von nun an. Ja der Geist spricht / daß sie
rugen von jhrer Arbeit / denn jhre Werck folgen jhnen nach.
Der Todt ist gwiß / ungwiß der Tag / Die Stunde memand wissen mag: Drumb lieber Mensch bilde dir ein Dies' Stund möcht deine letzte seyn.