|| [ID00003]
Ein Christliche Leichpredigt Gethan zu Wolffenbüttel Bey der Begrebnus Weiland
des Edlen / Ehrnuesten vnd Erbarn Carl Capaunen von Zwickaw / Heuptmans zu
Brunßrode / den 29. Nouembris / Anno 89.
Außlegung.
GEliebte im HERRN / Es schreibet der Prediger Salomon am 7. Cap. Es ist besser in
das Klaghaus gehen / denn in das Trinck haus / in jenem ist das ende aller
Menschen. Damit er anzeiget / wir sollen nicht thun / wie die Weltkinder / die
nicht gern mit denen zuschaffen haben / so trawren / gehen auch nicht gern mit
der Leich / sondern schlagen die gedancken vom Todt aus dem sinn / vnd finden
sich lieber an die ende vnd örter / da man isset vnd trincket / vnd frölich ist
/ als da man trawret / Todten begrebt / oder vom Tod vnd dergleichen sachen
redet: Sondern wir sollen gern an solchen örtern vns finden lassen.
Vnd bringet der weise Man die wichtige vrsach / das da sonst ein Mensch offtmals
beym Trumck vnd eusserlichen frewden / Gottes vnd seines Worts / wie auch seiner
eignen Seligkeit vergisst / im Klaghaus man des endes aller Menschen / vnd also
auch seines eigenen Sterbstündleins erinnert werde / es zu hertzen neme / vnd
sich dazu schicke vnd bereite.
Darumb haben E. LL. wolgethan / das sie dieser Leich eines alten fürnhemen
Hoffdieners mit grosser anzal gefolgt sein / damit sie nicht allein jhren
Glauben von der Aufferstehung des Fleisches bezeugen / vnd die liebe gege̅ gemelter Person vom Adel in leistung dieses letzten diensts /
desgleiche̅ jr Christlich mitleiden gegen der hinderlassenen
Widwen vnd Kndern beweisen / son
|| [ID00006]
dern
auch dabey jhres Sterbstündleins erinnert werden / vnd dazu sich schicken
lernen.
Das aber diese Begrebnis nicht ein vergeblich ledig Spectakel vnd Schawspiel sey
/ sondern einen nach druck haben / vnd ware besserung bey vns wircken möge /
habe ich diesen Spruch dißmal zuerkleren für mich genommen / vnd E. LL. verlesen
wöllen / vnd zweiffele nicht / die weil er von solchen sachen berichtet / die
vns allen zuwissen vnd zubetrachten zu vnser ewigen Seligkeit nütz vnd nötig
sein / ja rechte Geistliche klugheit vns lehret / dazu auch kurtz ist / vnd
leichtlich gefasset werden kan / jhr werdet mit fleis darauff achtung geben.
Damit wir nun diesen Spruch eigentlich vnd gründtlich verstehen / wöllen wir
erstlich mit gar wenig Wort berichten / was Mosen dazu verursachet habe / vnd
was die eigentliche meinung dieses Spruchs sey. Es hat Moses nicht allein andern
Leuten das Gesetz geprediget / sondern auch wie sichs gebüret / jm selber /
daher dann kömpt / das er in diesem Psalmen mit fleis betrachtet / behertziget
vnd beschreibet den elenden zustandt aller Menschen / das jhr leben vngewiß /
kurtz vnd bös ist / vnd sie entlich sterben müssen / vnd das von wegen der
Sünden / darüber GOtt so hefftig zürnet / vber sie dieser Fluch gehet /
sonderiich aber bedencket vnd beklaget er / das die Menschen ob sie wol
allenthalben mit jammer vnd noth vmbgeben sein / solches gleichwol nicht achten
/ jha er / Moses / erkennet auch / das er eben der Sündliche̅ art
/ vn̅ zu Fleischlicher sicherheit geneigt ist. Das nun solcher
bösen vnd schedlichen vnart bey jhm vnd andern gewehret werde / wendt er sich in
diesen Worten durch das Gebet zu GOtt dem Allmechtigen / bittet / GOtt wölle jhm
vnd dem Volck diese sicherheit vertreiben / vnd spricht: Lehre vns bedencken /
das wir sterben müssen etc. Das ist: Allmechtiger / Ewiger Gott / gib du doch /
das wir nicht sicher vnd verstockt sein / wie der grösseste
|| [ID00007]
hauffe thut / sondern vnsern jammer vnd elend
/ darin wir stecken / wol betrachten / vnd zu Hertzen nehmen / das du von der
Sünden wegen so hefftig vber vns zürnest / vns das leben also versaltzest /
verkürtzest / vnd endlich abschneidest / damit wir nicht wie das Vihe dahin
fahren / das vns hernach solches ewig gereuwe / vnd schaden bringe / Sondern das
wir vns als die klugen fürsehen / bey dir zu gnaden kommen / vnd also zu vnserm
Sterbstündlein vns recht vnd wol bereiten / vnd gefasset sein.
Wir wöllen aber / damit E. LL. die Lehre / so dieser Spruch in sich begreiffet /
desto besser fassen / vnd jhnen einbilden mögen / diese Vier Puncten mit
einander erwegen.
Erstlich / das ein Mensch an sein ende / vnd das er sterben müsse gedencken
sol.
Zum Andern / was da heisse recht bedencken / das man sterben müsse.
Zum Dritten / worumb einer an sein ende solle gedencken / was es jhm nutze.
Zum Vierden / wie ein Mensch dazu kommen könne / das er stets in seinem leben
solches seines endes sich erinnere.
Von diesen Vier Puncten wöllen wir einen kurtzen bericht thun / GOtt gebe vns
allerseits dazu die gnad des heiligen Geistes / das solches auch bey vns nutz
schaffe zu vnser Seelen Seligkeit / Amen.
Der Erste Punct.
In dem Moses betet / Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / auff das wir
klug werden / gibt er vns die Lehre an die Hand / das wir stets sollen bedencken
/ das vnser leben kurtz vnd vngewiß sey / vnd wir nichts gewissers haben / als
das wir einmal dauon müssen / vnd das wir nicht wissen / wie nahe vns vnser ende
sey / sondern müssen vns desselbigen alle tage / jha alle
|| [ID00008]
Stund vnd augenblick vermuhten vnd
versehen.
Die Weltkinder dencken nicht daran / sondern setzen den Todt aus den augen / vnd
entschlagen sich der gedancken mit fleis / sagen / es sey noch zeit gnug daran
zugedencken / wenn mans keinen vmbgang haben kan / das man sich aber vorher vnd
zwar alle zeit mit solchen gedancken schleppen vnd bekümmern sol / stehe nicht
zu rathen / sonst würde ein Mensch nimmermehr recht frölich. Vnd begeben sich
auch etliche darumb auff das Sauffen / vnd andere zeitliche Wollust / das sie
des Todes vergessen. Es hilfft auch der Teuffel redlich darzu / denn es jhm
hernach grossen vorteil bringt / wenn die Leute auff den Todt nicht gedacht
haben / vnd also damit vnuersehens vberfallen werden / so sie sich dazu nicht
geschicket / vnd sterben also gemeinlich vbel. Aus dieser sicherheit erfolget /
das man wie die erfahrung zeuget / Gottes vnd seines Worts nicht achtet / das
man sich auff zeitliche ehr / wollust vnd güter gantz vnd gar begibt / vnd
sonsten in Sünden ohn allen schew fortfehret. Denn da bilden jhnen die Leute
gleich ein / sie wöllen gar nicht sterben / oder aber sie sein des gewiß vnd
versichert / das sie noch etliche viel Jar zu leben haben.
Wir aber sollen vns für solcher sicherheit hüten / vnd bedencken / das wir
sterben müssen. Das wil GOtt von vns haben. Darumb prediget er vns in seinem
Wort vom Tod / welches er nicht würde thun / wenn wir nicht solten an den Tod
gedencken. Denn das ists / das er baldt zu Adam / vnd vnter seiner Person zu
allen Menschen sagt / Gen. 3. Du bist Erden / vnd solt zur Erden werden. Ja
Syrach schreibet ausdrücklich / Cap. 7. Was du thust / so bedencke das ende / so
wirstu nimmemehr vbel thun. Es richtet auch vnser lieber HErr Jesus Christus
selber stets seine Predigten dahin / vnd erinnert die Leute jhres
Sterbstündleins / das sie daran gedencken / vnd dazu sich schicken sollen. Als
Matth 25. da er predigt von den Fünff klugen vnd
|| [ID00009]
Fünff Thörichten Jungfrawen / vnd vermanet vns / wir sollen stets im Glauben
wacker sein / vnd vnsere Lampen brennen / vnd durch gute Werck leuchten lassen /
vnd also auff jhn warten / wenn er zu vns kömpt entweder durch den Tod / oder
durch das Jüngste Gericht / vnd Luc. 12. spricht er gleichsfals / Lasset ewre
Lenden vmbgürtet sein / vnd ewre Liechter brennen / vnd seid gleich den Menschen
/ die auff jhre Herrn warten. Eben dahin gehet auch das Gleichnis vom
vngerechten Haushalter. Denn da lehret Christus / wie der vngerechte Haushalter
/ als ein kluger Weltman sich darauff geschicket / das er zubleiben wüste /
nicht allein weil er beim Ampt were / sondern auch wenn er abgesetzt würde. Also
sollen wir auch nicht allein darauff gedencken / wo wir hie bleiben wöllen /
sondern auch wenn wir aller Güter dieser Welt entsetzt werden / vnd nu sterben /
wie wir in die Himlischen Hütten auffgenommen werden mögen.
Wenn wir auch sehen / als billig / wie die rechtgleubigen / der Historien in
GOttes Wort verzeichnet sein / sich dißfals gehalten haben / so befinden wir /
das sie jhren Todt vnd Sterbstündlein nicht aus den augen gesetzt / noch aus dem
sinn geschlagen / sondern sich stets daran erinnert haben. Daher auch kommen ist
/ das weil sie hierin jhre schwacheit gefühlet / sie Gott gebeten haben / er
wölle jhnen die gnad geben / das sie den Tod nicht aus den Augen setzen /
sondern stets vnd ohn vnterlas daran gedencken.
Es heisset darumb der heilige Abraham sich Staub vnd Aschen / Gen. 18. Weil er
sich stets erinnert / das er nicht in dem Stande / darin er ist / ewig bleiben /
sondern dermalen eins sterben werde. Darumb heisset der Ertzvater Jacob sein
leben ein Walfart / dieweil er sich erinnert / er gehöre in dieser Welt nicht zu
haus / vnd habe da kein bleibende stedt / sondern er reise forth / bis bas er
das ende erreiche / vnd ins ewige Vaterland komme.
|| [ID00010]
Der Königliche Prophet Dauid spricht eben also / Ersey ein Pilger vnd frembdling
/ Psalm. 39. er werde seinem Sönlein / so jhm gestorben war / dermalen eins
folgen / 2. Saw. 12. Er gehe hin den weg alles Fleisches / 1. Reg. 2. Vnd da er
im 39. Psalm der Weltkinder grosse sicherheit beklaget / bittet er gar fleissig
/ GOtt wölle jhn lehren / das es ein ende mit jhm nemen werde / vnd sein leben
ein Ziel habe / vnd er dauon müsse. Paulus setzt in vielen seinen Episteln / das
er vnd alle Gleubigen warten auff die Zukunfft vnsers HErrn Jesu Christi.
Das es aber einen anfenglich etwas betrübet / wenn er an den Todt gedenckt / sol
vns dauon nicht abschrecken / das wir an vnser ende nicht gedencken wolten. Denn
es ist vns gut / das vns die Fleischliche Sicherheit vertrieben werde / vnd ist
das / wie Paulus 2. Corinth. 7. bezeuget / ein Göttliche Trawrigkeit / die da
wircket ein Rew / der niemand gerewet. Zu dem sol es auch bey der Trawrigkeit
nicht bleiben / sondern der Mensch sol durch die Lere des Euangelij von Christo
vnd seinen Wolthaten / sintemal er / der HErr Christus / dem Todt sein macht
genommen hat / wiederumb getröstet vnd erfrewet werden.
Derowegen / liebe Christen / wir sein wer wir wöllen / lasset vns stets vnd ohne
vnterlas / wir stehen auff / oder gehen zu Bette / wir essen oder trincken /
oder haben für vns was wir wöllen / gedencken / wir müssen gewißlich sterben /
vnd wissen nicht / wenn wir von Gott aus diesem leben abgefordert werden.
Der Ander Teil.
Wie sol denn ein Mensch seine Tag zelen (wies in seiner Sprach klinget) oder was
heisset hie eigentlich bedencken / das man sterben müsse? Es heisset nicht
allein einen fliegenden gedancken vom Todt haben / Wie auch die Gottlosen des
Tods vnterweilen gedencken / aber jhnen ist gar dünn dabey / sie sehen
|| [ID00011]
den Todt nicht recht an / wie er an sich
selber ist / sondern bilden jhnen ein / das sey es alles / das Leib vnd Seel
sich mit schmertzen von einander scheiden / daher sie verechtlich dauon reden /
es sey vmb ein bös Stündlein / vnd wie die ruchlosen Landsknechte sagen / vmb
ein Kappen vol Fleisch zuthun. Solcher verechter des Todes ist der König Agag 1.
Sam. 15. der den Todt für sich sihet / aber helt sich hart / vnd verbeisset die
eusserlichen schmertzen vnd sagt / Also mus man des Todts bitterkeit verachten.
Aber er gedencket nicht weiter / was der Todt mehr auff sich habe. Dergleichen
lesen wir von den sichern verechtern Gottes vnd seines Worts / Jesai. 22. 1.
Corinth. 15. Lasset vns essen / lasset vns trincken / denn morgen sind wir
Todt.
Das ist nicht die heilsame vnd selige betrachtung des Todes / dauon hie Moses
redet / vnd die er von Gott bittet. Sondern das hat es auff sich / das Moses
saget / Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / Das erstlich ein Mensch
wisse vnd bedencke / das er dem Todt nicht entgehen könne / vnd wie das am
gewissesten ist / also sey nichts vngewissers / als die Stund des Todes / also
das er bedencke des Morgens / er wisse nicht / ob er den Abend ableben werde /
vnd des Abends / er wisse nicht / ob er den Morgen ableben werde. Vnd das einer
nicht allein ansehe vnd bedencke die eusserlichen schmertzen / damit Leib vnd
Seel sich scheiden / Sondern das er auch bedencke / wo der Todt vnd schmertzen
des Todes herkommen / nemlich / das es nicht ohn gefchr geschehe / sondern Gott
lasse die Menschen sterben / vnd zürne also vber die Menschliche Natur von wegen
der Sünden / die einem Menschen angeboren ist / vnd die er selbs thut / Ja es
hören mit dem Tod die schmertzen nicht auff / sondern es müsse der mensch auch
vnter dem Zorn Gottes nach dem Todt vnd Jüngsten Gericht ewig liggen bleiben /
vnd ewige straff leiden / wo jhm nicht gerhaten vnd geholffen werde / heisset
also den Todt recht bedencken / jhn ansehen / als Gottes straff / das man
darunter sehe vnd
|| [ID00012]
behertzige / den ewigen
vnendlichen Zorn Gottes / so jetzt vber die Sünde ergehet / vnd künfftiglich in
ewigkeit ergehen sol.
Also sihet Moses in diesem 90. Psalmen den Todt an / Er erzelet nicht allein /
wie kurtz vnd vngewiß das leben sey / vnd das wir plötzlich dauon müssen /
Sondern das betrübet jhn auch / vnd sicht jhn mit vnd zwar zum hefftigsten an /
das Gott aus gerechtem Zorn wieder die Sünde / solches den Menschen zuschicke /
wie er spricht / Das macht dein Zorn / das wir so vergehen / vnd dein grimm /
das wir so plötzlich dauon müssen / Denn vnser missethat stellestu für dich /
vnser vnerkandte Sünde ins Liecht für deinem Angesicht. Darumb ist sein gantze
bitte in diesem Psalmen fürnemlich dahin gerichtet / das GOtt gnade einwenden /
vnd seinen gefasten Zorn fallen lassen wölle. Also malet den Todt auch S. Paulus
1. Corinth. 15. da er spricht / Des Todes stachel oder spitzen sey die Sünde /
der sticht einen Menschen recht ins Hertz / vnd schmertzet jhm. Das ist das
allerschrecklichste am Todt / das jhn Gott von wegen der Sünden den menschen
auffleget / vnd also damit beweiset / das er der Sünden zuwieder vnd spinnen
feind sey. Wie denn auch vnderweilen die Gottlosen im Tode die Sünde mehr
ansicht / denn alle andere schmertzen.
Hiebey aber sol es nicht bleiben / sondern es sol ein fromes Hertz / wenn es an
den Tod gedenckt / auch betrachten / wie Gott aus grosser gnad vnd
barmhertzigkeit raht gefunden / vnd dem Menschen hülff verschaffet wieder den
Todt / nemlich / seinen Eingebornen Sohn lassen Mensch werden vnd sterben / auff
das er durch den Todt die macht nehme dem / der des Todes gewalt hatte. Wie
dauon vnter andern stehet Jesai. 25. Er wird den Todt verschlingen ewiglich. Vnd
Ose. 13. Todt ich wil dein giffe sein (spricht Christus) Hell ich wil dein
Pestilentz sein.
Mit diesen gedancken sol ein Mensch sich wiederumb auffrichten vnd trösten wieder
den schrecklichen anblick des Todes / also / das er nicht in zweiffel gerahte
wegen seiner Sünden mit
|| [ID00013]
den vngleubigen / die
da sagen / Ich fahre vn̅ weis nicht wohin / oder gar verzage /
Sondern das er gleube / Gott wölle jhm vmb Christi willen / der für vns das
Gesetze erfüllet / vnd die Sünde gebüsset hat / gnedig sein / seine Sünde /
dauon der Todt her kömpt / vergeben / ja jn zu seinem Kind annemen / vn̅ von de̅ Tod wieder aufferwecken zum Ewigen leben /
auch aus gnaden alle mühe vnd arbeit belohnen. Wie denn solches allen Gleubigen
im alten vnd neuwen Testament bekant gewesen / derowegen sie durch den
verheissenen Messiam / in Kindlicher zuuersicht vnd vertrawen Gott vmb Vergebung
der Sünden embsiglich angeruffen / vnd das er sie vom Todt erlösen / vnd jhnen
nach diesem das Ewige leben geben würde / gegleubet haben / Daher sie denn für
de̅ Tod nicht mehr sich entsetzet / sondern mit der
verheissung der gnaden sich getröstet haben / vnd sein also willig vnd frölich
gewesen / das sie haben sterben sollen.
Dah er / aus solchem vertrawen zu Gott / kömpts / das die Schrifft von den
Ertzuätern sagt / sie sein des lebens satt gewesen / im frieden zu jhren Vätern
gefahren. Daher kömpts / das Moses / als jhn Gott Deuteronom. 32. anzeiget / er
solle auff dem Berg Nebo sterben / sich zum Todte willig einstellet / Deu. 34.
Daher kömpts / das Simeon saget / HERR / nun lessestu deinen Diener im Friede
fahren. Denn er bringt selbs die vrsach / Meine Augen haben deinen Heiland
gesehen. Daher kömpts / das die Propheten / Apostel vnd Merterer etc. die
verfolgung vnd den Todt nicht geachtet haben.
Also sollen wir auch den Todt nicht allein ansehen / wie er an vnd für sich
selber ist / sondern daneben vns erinnern / wie Christus vns zu gut den Todt
angegriffen / vnd vberwunden habe / das er also nun den Gleubigen nicht mehr ein
rechter Tod / sondern ein Schlaff sey. Wenn man also an den Todt gedencket / so
wird das schrecken des Todes gelindert / ja gar vertrieben.
|| [ID00014]
Zum Dritten ist bey solcher betrachtung des Todes auch ein vorsatz das leben
zubessern / das ein Mensch GOtt für augen hat / vnd sich jm gehorsam zu sein
befleissiget / dem Nechsten gern dienet / seine gaben / die jhm Gott verliehen /
wol anleget / vnd in seinem Ampt vnd Beruff getrew vnd fleissig ist.
Denn gleich wie ein sicherer Mensch / der an den Tod nicht gedencket / sondern
jhn aus den augen setzet / weder nach GOtt / noch Gottes Zorn oder gnad etwas
fraget / auch GOtt vnd seinem Nechsten nichts zu willen weis / sondern in den
tag hinein lebet / vnd nur darauff sihet / das er seinen vorteil schaffe /
zeitliche Ehr / Güter vnd Wollust erlange. Also wer den Todt recht betrachtet /
vnd bedencket / das er dessen alle Stund vnd augenblick müsse gewertig sein / /
vnd wie der Bawm einmal falle / so bleibe er liggen / vnd werde auff den Todt
Ewiges Leben oder Verdamniß folgen / der sihet sich jmmerdar für / das er ja
Gott nicht erzürne / vnd zu nahe sey / sondern jhm gehörche vnd diene / auff das
/ wenn jhn der Todt vberfellt / er nicht als ein vngetrewer Knecht in Sünden
betretten / vnd ewig gestraffet / sondern im Stand guter Werck erfunden werde /
vnd des ewigen rhum vnd frewd habe. Wie denn Christus Matth. 25. bezeuget / das
er am Jüngsten tag aus gnaden die guten Werck rhümen vnd belohnen werde.
Das ists das Syrach 7. sagt / Bedenck das ende / so wirstu nimmermehr vbels thun.
Also vermanet Christus aus diesem grund / das wir mit vnsern Gütern dem Nechsten
guts thun Luc. 16. Machet euch Freund / spricht er / mit dem vngerechten Mammon
(Dadurch verstehet er die zeitliche Güter) auff das wenn jhr nun darbet / sie
euch auffnemen in die Ewige Hütten. Dahin sihet er auch in dem Gleichnis von
einem Menschen / der vber land zoge / vnd seinen Knechten seine Güter austhete /
vnd dem einem fünff / dem andern zwen / dem dritten einen Centner gab / vnd
darnach wiederkam / vnd von jhnen Rechenschafft for
|| [ID00015]
dert / wie ein jeder das seine
angelegt. Auch gehöret hieher das Gleichnis vom fleissigen vnd getrewen Knecht /
der dem Gesinde zu rechter zeit jhr gebühr gibt / vnd der Herr kömpt / vnd
findet jhn also thun / vnd jhn vber alle seine Güter setzt / Luc. 12.
Werden also aus dieser Lehre scharffe Vermanung genommen / dadurch die Leute in
allen Stenden jhres Ampts erinnert werden / Als das ein Prediger sein Ampt mit
lehren / trösten / vermahnen vnd straffen trewlich verrichte / sol jhn die
betrachtung des Todes vermanen / dieweil dermalen eins der Ertzhirt kommen wird
(welches im Todt angehet) die vnuerwelckliche Kron der Ehren zugeben / denen /
die die Gemein GOttes wol geweidet haben. Das ein Oberkeit wol regiere / die
bösen ohne ansehen der Person straffe / die vnschüldigen aber / sonderlich auch
Widwen vnd Waysen schütze vnd vertheidige / wird sie eben aus diesem grund
vermanet / Psalm. 82. Ich habe gesaget / jhr seid wol Götter / vnd allzumal
Kinder des Allerhöhesten / Aber jhr werdet sterben wie Menschen. Desgleichen im
Hausstand vnd sonsten muntert es einen Menschen auff / wenn er gedencket / das
er seines endes alle Stunde gewertig sein müsse / da klingen in seinen Ohren die
Wort des Sohns Gottes / Apoc. 2. Sey getrew bis an den Tod / so wil ich dir die
Kron des lebens geben. Item / S. Paulus Ephes. 6. Was ein jeglicher guts thun
wird / das wird er von dem HERRN empfangen / er sey ein Knecht oder ein
Freyer.
Dieses alles nun / wie man den Todt recht vnd seliglich betrachten sol / müssen
wir nicht allein hören vnd wissen / sondern auch ins Werck richten. Vnd sol ein
jeder sich selbs prüfen / ob er es auch bishero auch in acht gehabt / seine
Sünde / darumb vns Gott den Todt auffgelegt / bereuwet. Item / ob er sich
Christi vnd seiner Wolthaten von Hertzen getröstet / ob er auch jhm vorgesetzt
sich zubessern / vnd da er befindt das es nicht geschehen ist / vnd er also
nicht recht bedacht / das er sterben müste / wie wir
|| [ID00016]
denn mehres theils befinden werden / sol ers
forthin endern / vnd sich bessern.
Der Dritte Theil.
Worumb sollen wir denn die Zal vnserer Tag mercken / das ist / bedencken / / das
wir nicht werden ewig hie bleiben / sondern müssen sterben / vnd das nichts
vngewissers sey denn die Stund des Todes / also das wir vns des Todes alle
augenblick versehen müssen? Das lehret Moses mit den Worten / da er sagt / auff
das wir klug werden. Damit er anzeiget / daß das ein weiser kluger Mensch sey /
der recht vnd mit ernst bedenckt / das er sterben müsse / vnd sich dazu schicket
vnd gefast machet.
Denn das ist rechte klugheit / wenn ein Mensch nicht wie das vnuernünfftige Viehe
in den Tag hinein lebet / vnd allein darauff sihet / das er der gegenwertigen
Güter dieser Welt geniesse / vnd damit seinen Leib versorge / Sondern vber das
gedencket / das er die Seel / als das fürnemste stück des Menschen auch mit
ewigen Himlischen Gütern wol versorge / vnd also sein sach dermassen anstelle /
das es jhn hernacher nicht gereuwe / vnd er sich hinder den Ohren kratze / wie
man sagt / jha die Hende vber den Kopff zusammen schlage / sondern das er auch
künfftiglich vnd in ewigkeit ohne gefahr vnd sorgen sey.
Nun ist Klugheit vnd Weisheit fast das aller höchste Gut vnter allen zeitlichen
Gütern / dagegen Geld / Gut / Ehr vnd Wollust dieses lebens gar gering / jha für
nichts zuachten ist: Derowegen die vernünfftige Heiden es dafür gehalten / man
soll viel mehr nach weisheit vnd klugheit / als nach andern Gütern / streben /
Wie sie denn eins theils weisheit zuerlangen alle andere Güter / Ehr vnd Wollust
/ darumb sich der meiste hauffe so sehr bemühet / hindan gesetzt vnd verachtet
haben / Aber es hat jhnen gefeilet an Gottes Wort / Darumb sie der rechten
weisheit vnd Klugheit gefeilet haben. Derowegen die allerklügesten Leute /
|| [ID00017]
die sich vmb die Weis heit für andern
bekümmert / auch derhalben gerhümet sein wöllen / zuletzt bekennen müssen / das
sie vnweislich vnd vnfürsichtig gelebet / wie an Socrake / Cicerone / Catone /
vnd vielen andern zusehen. Wir aber in der Christlichen Kirchen haben die rechte
Weisheit. Denn GOttes Wort vns nachweiset / wie wir vns zum Tod seliglich
schicken sollen / das wir vns in ewigkeit keines schadens vnd gefahr zubesorgen
haben / nemlich / wir sollen / mit einem Wort zusagen / GOtt fürchten / Das ist
/ wie im andern Theil angezeiget wird / die Sünde / als des Todes vrsach /
erkennen / vnd vns lassen leid sein / vns aber trösten der hülff / die vns GOtt
in seinem lieben Sohn Christo Jesu zugesaget hat / vnd in solchem Kindtlichem
vertrawen ein newes leben anfangen.
Wer nun also gesinnet ist / das ist ein kluger Mensch / der hat seine sachen auff
das trucken gebracht / dem kans nicht feilen / er weis das er einen gnedigen
GOtt hat / vnd derowegen jm kein schad widerfaren kan / Er ist des HErrn er lebe
oder sterbe / er wird nimmer mehr vmbkommen / niemand kan jhn aus des HERRN Hand
reissen / vnd wenn er schon stirbt / wird jhn doch Gott wieder am Jüngsten tag
auffwecken / jhm das ewige leben geben / jha auch sein leiden / mühe vnd arbeit
/ vnd was er guts gethan aus gnaden reichlich belohnen.
Darumb nennet Gottes Wort die rechte Gottsfurcht vnd Gottseligkeit / weisheit /
klugheit vnd verstandt in den Psalmen / als Psal. 49. vnd sonderlich in den
Sprüchen Salomonis / dieweil ein Mensch der also Gott fürchtet / auff allen
zufall / der jm begegnen kan / ja auff den Tod / vnd darauff folgendes Jüngstes
Gericht wol gefast vnd verwaret ist.
Ein solcher kluger Mensch ist Dauid / denn dieweil er Gott fürchtet / seine Sünde
erkennet / dafür sorget / bey Gott jnniglich vmb gnad ansucht / sich der
gnedigen zusag vom Messia (wie sein Testament ausweiset) tröstet / ist er des
gewiß / das Gott jm vnd
|| [ID00018]
allen gleubigen / auch
wenn sie schon Todt sein / jre Gebeine verware / vnd das auch jr Tod werd
gehalten sey für dem HERrn: Darumb spricht er im 23. Psalm: Ob ich schon wandert
im finstern Thal / oder schatten des Todes / fürchte ich doch kein vnglück /
denn du bist bey mir.
Sölche klugheit ist auch bey Paulo / der sich zu dem Tod also gefast macht / das
er begeret abzuscheiden / vn̅ bey Christo zusein. Denn weil er
seine Sünde erkennet / vnd an Christum gleubet / auch in seinem beruff getrew
ist / weis er / das jn weder Tod noch leben / weder gegenwertiges noch
zukünfftiges etc. von der liebe Gottes scheiden kan / Roman. 8. Sondern jhm die
Kron der Gerechtigkeit beygelegt ist / 2. Timoth. 4.
Also sollen wir auch vns zum Todt schicken / so haben wir die rechte Himlische
Weisheit erlanget.
Die Weltkinder lassen sich gar klug gedüncken / dieweil sie sonst in Weltlichen
sachen so viel renck wissen vnd gebrauchen / zeitliche ehr vnd güter zuerlangen
/ vnd nicht allein sich selbs auff viel Jar / sondern auch jhre Kinder wol
zuuersorgen. Aber im grund sind sie rechte Thoren vnd grosse Narren. Denn sie
versorgen allein den armen Madensack den Leib / die Seele aber / welche das
fürnembste Stück am Menschen ist / verseumen sie gantz vnd gar / setzen sie
nicht allein in gefahr / sondern auch ins verderben / nehmen also Geld oder
einen Trunck / oder sonst vergengliche ehr vnd wollust für das ewig leben. Das
ist ein grosse Thorheit / eben als wenn einer an seinem Leibe allein die Hende
oder Finger verteidigen wolte / vnd liesse jhm den Kopff abschlagen. Sie samlen
zeitliche vnd vergengliche Güter / dauon Salomon in seinem Prediger recht vnd
wol saget / Es ist alles eitel / vnd verseumen die rechten Himlischen Güter /
deren Leib vnd Seel ewig zugeniessen / vnd sich zu erfrewen haben. Darumb wenn
sie sterben sollen / so bleiben sie stecken in Sünden / vnter Gottes Zorn vnd
dem ewigen verdamnis / da sehen sie auch erst /
|| [ID00019]
was sie gethan haben / da rewet sies / da erkennen sie selber jhre Thorheit /
vnd beweinen sie / wie Sap. 5. stehet / Wir haben / sprechen sie / eitel
vnrechte schedliche wege gegangen. Was hilfft vns nun der pracht / was bringt
vns nun der Reichthumb sampt dem hochmuth? Darumb Dauid recht von jhnen sagt
Psal. 49. Dis jr thun ist eitel Thorheit / Vnd Christus sagt Matth. 16. Was
hilffts den Menschen / wenn er die gantze Welt gewünne / vnd lidte einen schaden
an seiner Seelen / oder / was kan der Mensch geben / das er seine Seel
erlöse?
Diese Thorheit ist grösser denn mit worten kan ausgesprochen werden. Es ist ein
viel zu gering gleichnis / wenn einer ein roth Epfflein / ich sage nicht für
einen rothen Gülden / sondern für einen Gülden Berg nehme. Denn was ist Gold vnd
aller Welt Gut gegen den ewigen Gütern? Summa der aller albersten leute thorheit
auff der Welt ist nichts gegen dieser Thorheit zurechnen / das ein Mensch so
vnuorsichtig ist / Vnd seine Seele vnd Seligkeit so gantz vnd gar vergist / vnd
hindan setzt.
Der Thoren werden vns zur warnung sehr viel / nicht allein in andern Historien /
sondern auch in GOttes Wort fürgehalten / die zwar für der Welt so alber nicht /
sondern eben klug vnd verschlagen gewesen / Aber in dem fall haben sie sich
schendlich versehen / Vnd was jhnen künfftiglich begegnen würde / vnd wie sie
dem fürbawen möchten / so vbel bedacht / jha sie haben sich selber mit jhrer
listigkeit gefangen vnd gestürtzt / nach den Worten des heiligen Hiobs / Gott
fangt die klugen in jhrer schalckheit. Ein solcher Thor ist Dauids vngetrewer
Raht Achitophel gewesen / der so weis gehalten worden ist / das wenn er etwas
gerahten / es nicht anders geachtet ist / als wenn ein Engel vom Himmel den Raht
gegeben hette / Aber es gehen jm nicht allein sein Practiken nicht an / sondern
wird auch für der Welt zuschanden / vnd fürdert sich selber zum ewigen
verdamnis.
Eben solche vnuorsichtige thörichte Leute sein gewesen / Na
|| [ID00020]
bal / 1. Sam. 25. der Gott vnd seinem
Nechsten nichts zu willen gewust / sondern in den tag hinein gelebt hat /
geschlemmet vn̅ gesoffen / vnd also in seinen Sünden gestorben
ist. Baltasar Dan. 5. der bald darauff als er sich voll gesoffen getödtet
worden. Vnd Christus helt vns für ein Exempel von einem Reichen Man / Lu. 12.
des Feld wol getragen / der auch als ein Weltmensch den anschlag gemacht / Ich
wil meine Scheunen abbrechen / vnd grösser bawen / vnd wil darinsamlen alles /
was mir gewachsen ist / vnd meine güter / vnd wil sagen zu meiner Seelen: Liebe
Seel / du hast einen grossen vorrath auff viel Jar / habe nun ruhe / iß / trinck
/ vnd haben einen guten muth. Aber GOtt sprach zu jhm: Du Narr / diese Nacht
wird man deine Stele von dir fordern / vnd wes wirds sein / das du bereitet
hast? Also mag der reiche schlemmer Luc. 16. sonst wol ein Weltweiser Man
gewesen sein / Aber in dem ist er ein grosser Thor gewesen / das er an sein ende
so gar nicht gedacht / daher es kommen / das er Mosen vnd die Propheten nichts
geachtet hat.
Dergleichen tregt sich noch teglich zu / vnd kommen sonderlich vns Predigern
deren viel zuhanden / die in jhrem leben sich haben gedüncken lassen / sie haben
jhre sache gar weislich vnd wol angeschlagen / in dem sie alles von zeitlichen
Gütern nach sich gerissen / was los werden wöllen / Item gefressen / gesoffen /
gespielet / vnzucht getrieben / aber denn / wenn sie Gott angreifft / vnd
hernieder legt / bekennen vnd beklagen sie selbs jhre Thorheit / Ach wer es
recht bedacht hette / Ach wie hab ich mich so vbel für gesehen / Ach solt ich
nun wieder von newem anfahen zu leben / so wolt ich mich besser fürsehen / vnd
viel anderst erzeigen. Vnd zwar so ists gut / wenns mit einem Menschen noch in
diesem leben so weit kömpt / wo er nicht verzweiffelt / wie etliche thun.
Ob auch schon jrer viel jre Thorheit nicht erkennen / sondern in jrer sicherheit
dahin sterben / so werden sies doch dorth in der that mit jrem
vnwiderbringlichen schaden erfahren / das sie grosse Thoren gewesen sein.
|| [ID00021]
Das wir nun für der grossen Thorheit vns hüten / recht klug sein / vns wol
fürsehen / vnd also wandeln vnd leben / das es vns nimmermehr schaden thue noch
gerewe / sondern das wir vns des ewig erfrewen / sollen wir an vnser Ende
gedencken.
Der Vierde Theil.
Wie kömpt aber ein Mensch dazu / das er solches bedencke / vnd behertzige / vnd
in seinem gantzen leben stets sein Ende für augen habe / vnd sich dazu schicke.
Denn es werden ohn zweiffel doch etliche vnter vns sein / die jetzt gedencken
werden / es were ja gut vnd billig / das wir an vnser ende gedencken / vnd zwar
das wir also es behertzigen / das wir vns stets dazu schicken / vnd gefast
machen / wer es thun köndte / wie komme ich denn dazu / das ich solches in allem
meinem thun bedencke / vnd behertzige / vnd also mich zu GOtt bekere / vnd alle
augenblick darauff warte vnd bereit sey / wenn mich Gott abfordere? es wird
sonst zumalen viel vnd offt vergessen. Antwort. Es stehet in vnsern krefften vnd
vermögen nicht / denn wir durch die Sünde dermassen verderbt sein / wie auch die
erfahrung zeuget / das wir vns einbilden / es habe dißfals kein noth mit vns.
Denn wir also vnser leben anstellen / als wenn wir gar nicht sterben würden /
oder als wenn wir auff etliche viel Jar / das wir die noch gewiß leben würden
versichert weren. Da hilfft auch nichts / vnd erweicht vns nicht / das wir für
augen sehen / wie man einen nach dem andern hinaus zu Grabe tregt / vnd der
Todte gleich vns die Lose thut / vnd wie Syrach redet / zu vns spricht / Gestern
war es an mir / heute ists an dir / Ja das noch mehr ist / wenn vns schon Gott
selbs angreiffet mit Leibes schwacheit / vnd wir kaum Athem holen konnen / noch
dencken wir nicht recht an den Todt / schicken vns nicht dazu / sondern hoffen
noch jmmer auff besserung / vnd das wir dauon kommen wöllen.
Von solcher Thorheit vnd bösen vnart vnd verderbung stehet im 14. vnd 53. Psal.
Die Thoren sprechen in jren Hertzen / es
|| [ID00022]
ist
kein GOtt / der HErr schawet vom Himmel auff der Menschen Kinder / das er sehe /
ob er jemand klug sey / vnd nach Gott frage. Aber sie sind alle abgewichen / vnd
allesampt vntüchtig / da ist keiner der guts thue / auch nicht einer. Vnd Ezech.
11. vnd 36. zeuget / wir haben Steinerne Hertzen. Es solte billig einen Menschen
bewegen / wenn Gott nicht allein jm predigen lest von seinem Todt / sondern auch
teglich etliche hinweg nimpt / vnd jm selbs Kranckheiten / die des Todes
Vorboten sein / zuschicket. Aber wir achtens nicht / seins gewonet / vnd wie man
sagt / durchgangen / wie ein alt Haus des rauchs / das wir vns daran nicht
keren. Eben wie Pharao so verstockt ist / das ob jm schon so viel vnglücks auff
einander begegnet / dazu sein erstgebarner Sohn getödtet ist / er es gleichwol
nicht achtet / vnd an den Todt nicht gedencket / bis jhm im rothen Meer das
Wasser vber dem Kopff zusammen schlecht. Das sehen wir an den Kindern Israel /
da schon auff einen tag Core / Dathan vnd Abiran / vnd jhre Rott von der Erden
lebendig verschlungen waren / versamlet sich doch bald den folgenden Tag die
gantze Gemein / vnd murret wieder Mosen vnd Aaron / Num. 16. Ich meine ja das
heist den Todt aus den augen setzen.
Ebe̅ der arth sein wir auch / das also dißfals an vns nicht nichts
zuthun ist / darumb hie Moses klaget: Wer gleubet aber das du so sehr zürnest /
vnd wer fürchtet sich sür solchem deinem grimm?
Sollen wir aber an vnsern Todt gedencken / vnd denselbigen behertzigen / vnd vns
dazu schicken / vnd gefast machen / so mus es GOtt geben / vnd in vns wircken.
Darumb Jerem. 31. betet / HERR bekere mich / so werde ich bekeret. Vnd Gott
spricht Ezech. 11. er wölle ausschneiden das Steinerne Hertz / vnd wölle ein
Fleischern Hertz geben. Darumb da Moses in diesem Psalmen vber die sicherheit
vnd verstockung des Menschlichen Hertzen geklaget / wendet er sich durchs Gebet
zu Gott vnd spricht (HErr) lehre (du) vns bedencken / das wir sterben müssen.
Vnd Dauid
|| [ID00023]
folget hierin Mose nach / da er im
39. Psalm sagt / HERR lehre mich doch / das es ein end mit mir haben wird.
Darumb wir dieses auch durch ein hertzlichs Gebet bey Gott suchen sollen.
Es ist aber mit dem Gebet allein nicht ausgericht / sondern es sein gewisse
mittel / dadurch GOtt vns solches lehret / vnd zuerkennen gibt / die müssen wir
nicht verseumen.
Das fürnembste mittel ist Gottes Wort / darinn GOtt vns für halten lest vnsere
Sünde / vnd seinen Zorn / vnd den Tod / der aus der Sünden folget / vnd wie er
nach dem Tod auch ewig die Sünde straffen wölle / vnd vermahnet vns / das wir
vns mit Gott versönen lassen / vnd also leben / das wirs auch nach diesem leben
/ wenn wir gestorben sein / vnd wiederumb von den Todten aufferweck et werden /
geniessen mögen.
Damit wir nun nicht so sicher vnd rüchlos sein vnd bleiben / sondern vnterrichtet
vnd geleret / auch erweichet werden / das wir gleuben / das wir sterben müssen /
so sollen wir in die Kirch gehen / vnd Gottes Wort fleissig hören / das ist
Gottes werck stat. Vnd Gottes Wort ist das Messer / dadurch er vnsere Steinerne
Hertzen ausschneidet. Denn gleich wie sonsten einer der was guts lernen wil /
sich in die Schul vnd Lehr begeben mus: Also müssen wir diese Schule des
heiligen Geistes nicht herseumen / sondern fleissig besuchen. Dadurch wil Gott
krefstig sein / vnd vns leren / das wir sterben müssen.
Dieweil aber offtmals die blosse Wort bey vns nicht hafften / so braucht auch
Gott vnterweilen die Ruthe / steupet andere / vnd nimpt sie vns von der seiten
hinweg / das er vns also einbilde / das wir sterben müssen. Iha das die Predigt
desto mehr nachdruck bey vns habe / belegt vns selber GOtt mit viel vnd
mancherley Creutz / welches als des Todes Vorboten sein. Dadurch wird mancher zu
recht gebracht / der sonst gar nicht bedenckt / das er sterben müsse / vnd sich
gar nicht schicket / das er der Sünden / die des Todes Stachel ist / quit werde.
So kömpt der grewliche gro
|| [ID00024]
sse Sünder
Manasses in seiner schweren Gefengnis zu recht / da fühlet er seine Sünde / die
des Todes stachel ist / bittet Gott vmb verzethung / wird mit jhm versünet / vnd
ist also zum Tod bereit. Fast eben also kömptder Schecher zu recht / der hat
sein lebenlang nicht gut thun wöllen / vnd also wenig / ja gar nicht gedacht /
das er sterben müste. Darumb lest jn Gott anlauffen / das er gefenglich
eingezogen / vnd ans Creutz geschlagen werden mus / da fühlet er den Todt / vnd
sonderlich des Todes stachel / die Sünde / vnd nimpt es zu Hertzen / da trachtet
er darnach / das er mit Gott möge versönet werden. HErr gedenck mein / spricht
er / wenn du in dein Reich kömpst / vnd das er je seliglich im Stand guter Werck
sterbe / fangt er albereit an sein leben zubessern / vnd dem andern Schecher
zupredigen / das er sich auch bessere.
Wer nun also Gottes Wort mit fleis höret / dazu auch das Creutz mit gedult auff
sich nimpt / sich recht darein schicket / vnd betet von Hertzen / das jhn GOtt
lehre bedencken / das er sterben müsse / den wil GOtt erhören / vnd durch sein
Wort vnd das Creutz so weit bringen / das er sich zum Todt bereitet / vnd ob er
schon bißweilen / wie auch die klugen Jungfrawen ein wenig einschlummert / sich
aber gleichwol ermuntert / wil jhn GOtt nicht verwerffen / Matth. 25.
Beschluß.
Wir haben nun auch ein Person zur Erden bestatet / einen Man vom Adel / so
weiland vnserm gnedigen Fürsten vn̅ Herrn vber die 30. Jar
auffrichtig / redlich / vnd trewlich gedienet hat. Nun wöllen wir von seinem
fürnemen Geschlecht vnd herkommen / Item / wie seine Eltern vnd verwandten in
Böheim Königen vnd Keysern mit rhum gedienet / nichts sagen. Denn solches hieher
nicht gehöret. Sondern allein das berichten / was andern zur besserung durch
Gottes gnad dienlich sein mag. Denn wir zur Begrebnis eigentlich nicht kommen /
der Leute Laudes zulesen / sondern das wir lebeudigen aus Gottes Wort
vnterrichtet vnd gebessert werden.
|| [ID00025]
Es ist dieser vom Adel ein Sünder gewesen / wie wir all sein / vnd hat zwar / wie
ein jeder vnter vns / auch seine sonderliche feil vn̅ mengel
gehabt. Darunter das mit gewesen / das er sich wie leider diese zeit fast
gebreuchlich ist / vnterweilen mit dem Trunck vbernommen hat / dadurch
vielleicht wol köndte kommen sein / das er etwas ehe gestorben / vnd so lang
nicht gelebt / als er sonst natürlicher weise leben können / vnd hat also nicht
allwege recht bedacht / das er sterben müste.
Es hat aber Gott jm nicht allein mit Worten lassen predigen / das er sterben
müste / sondern auch jn mit Creutz / vn̅ entlich mit Kranck heit
belegt / welches dann bey jm auch gewircket hat / sintemal er sich fleissig zu
GOttes Wort gehalten / Wie er denn sonsten / vnd zwar newlich juner halben
Monats frist zu Hause zum hochwirdigen Sacrament sich gefunden.
In dieser Kranckheit aber hat er insonderheit recht wol bedacht / das er sterben
müste. Denn er seine Sünde erkant vnd bekant / vnd zwar mit solcher demut / als
ich fast die zeit meines lebens jemand gehöret. Denn er sich nicht schlecht
vnter die Sünder / sondern auch vnter die allergröste vnd fürnembste Sünder für
Gott gerechnet. Er hat auch seinen Glauben vnd vertrawen zu Gott durch Christum
bekant / vnd wenn jhm ein Trostspruch fürgesagt / denselbigen gewust / vnd dem
Prediger gleich aus dem Munde genommen / vnd gesagt / Ach GOtt du hast mir
zugesaget / du wöllest mir helffen / das wirstu thun / das weis ich etc. Item
HErr Jesu Christ war Mensch vnd Gott / in deine Hende befehl ich meinen Geist /
du hast mich erlöset du getrewer GOtt. Dabey ist er bis an sein ende
verharret.
Er hat auch zugesaget sein leben / wenn jhn Gott fristete zubessern / vnd
sonderlich des Truncks sich zuentschlahen / vn̅ wenn jn schon
fürneme Leute / oder seine besten Freund nötige̅ würden / wolte er
doch / was er jetzt GOtt zusagte / mehr in acht haben / es möcht ihm darüber
gehen / wie der liebe Gott wolte.
|| [ID00026]
Er hat auch andere seines gleichen zur besserung in solchem seinem Todbett
vermanet. Vnd das heisset recht bedencke̅ / das man sterben müsse
/ vud recht klug sein / Darumb wir billig es dafür halte̅ sollen /
das er sein Seel er halten / vn̅ das ewig leben erlangt.
Vnd wil ich nun Amptshalben seines gleichen / vnd sönderlich vnser Hoffgesind
vermanet haben / sie wöllen gedencken / das jnen Gott jetzt durch sein Wort vnd
diese Leich / so hie für Augen stehet / predige / das sie sterben müssen / das
wollen sie wol in acht haben / vnd abstehen von dem ruchlosen leben / da sie
GOtt vnd sein Wort schier gar nicht achte̅ / sondern gleich nur
zur kurtzweil brauchen / vnd schier ein jeder thut was er selber wil / des
Fressens vnd Sauffens hin vnd wieder in allen winckeln ist kein ende / Auff die
/ so darein reden wil man nichts geben / Vnzucht wird mit der zeit schier
vnuerholen getrieben etc. Da man sich nu nicht bessern wird / so wird vns Gott
straffen mit dem vntergang. Diese Person ist nicht für allen ein Sünder gewesen
/ sondern da wir nicht werden Busse thun / werden wir alle vmbkommen / ob schon
Gott noch dem vnfruchtbaren Feigenbaum zeit gegeben / vnd damit gedult hat /
Luc. 13. Vnd hat vns Gott hie ein Exempel angestellet / vnd ohne zweiffel gegen
diesen Martini diesen vom Adel darumb anhero gleich citirt / das vns sein
Exempel ein Bußpredigt were.
Bekeren wir vns / so hat vns Gott eben an diesem Man ein Exempel der gnaden
gestellet / vnd mit einem lebendigen Exempel bewiesen / das er denen / die sich
bekeren / wenn sie auch schon grosse Sünder sein / gnade erzeigen wölle.
GOtt gebe gnad / das wirs vns ein warnung sein lassen / Er lehre vns / vnd gebe
vns ins Hertze / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden / vnd es
nicht also anschlagen / das es vns ewig gerewe / sandern dis leben seliglich
zubeschliessen bereit sein.
Gott lasse jm auch diese Adeliche Widwe vnd Kinder in gnade̅
befolen sein / vmb seines lieben Sons vnsers HErrn Jesu Christi willen /
Amen.