Transkription

Sattler, Basilius: Ein Christliche Leichpredigt Gethan zu Wolffenbüttel Bey der Begrebnus Weiland des Edlen ... Carl Capaunen von Zwickaw, Heuptmans zu Brunßrode, den 29. Nouembris, Anno 89., Wolfenbüttel 1590.
[Inhaltsverzeichnis]
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Ein Christliche Leichpredigt Gethan zu Wolffenbüttel Bey der Begrebnus Weiland des Edlen / Ehrnuesten vnd Erbarn Carl Capaunen von Zwickaw / Heuptmans zu Brunßrode / den 29. Nouembris / Anno 89.
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Durch Basilium Satler D. Fürstlichen Braunschweigischen Hoffprediger zu Wolffenbüttel.
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Juliusfriedenstedt Gedruckt durch Conrad Horn. 1590.
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Psalm. 90. Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden.
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Außlegung.
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GEliebte im HERRN / Es schreibet der Prediger Salomon am 7. Cap. Es ist besser in das Klaghaus gehen / denn in das Trinck haus / in jenem ist das ende aller Menschen. Damit er anzeiget / wir sollen nicht thun / wie die Weltkinder / die nicht gern mit denen zuschaffen haben / so trawren / gehen auch nicht gern mit der Leich / sondern schlagen die gedancken vom Todt aus dem sinn / vnd finden sich lieber an die ende vnd örter / da man isset vnd trincket / vnd frölich ist / als da man trawret / Todten begrebt / oder vom Tod vnd dergleichen sachen redet: Sondern wir sollen gern an solchen örtern vns finden lassen. Vnd bringet der weise Man die wichtige vrsach / das da sonst ein Mensch offtmals beym Trumck vnd eusserlichen frewden / Gottes vnd seines Worts / wie auch seiner eignen Seligkeit vergisst / im Klaghaus man des endes aller Menschen / vnd also auch seines eigenen Sterbstündleins erinnert werde / es zu hertzen neme / vnd sich dazu schicke vnd bereite. Darumb haben E. LL. wolgethan / das sie dieser Leich eines alten fürnhemen Hoffdieners mit grosser anzal gefolgt sein / damit sie nicht allein jhren Glauben von der Aufferstehung des Fleisches bezeugen / vnd die liebe gege̅ gemelter Person vom Adel in leistung dieses letzten diensts / desgleiche̅ jr Christlich mitleiden gegen der hinderlassenen Widwen vnd Kndern beweisen / son
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dern auch dabey jhres Sterbstündleins erinnert werden / vnd dazu sich schicken lernen. Das aber diese Begrebnis nicht ein vergeblich ledig Spectakel vnd Schawspiel sey / sondern einen nach druck haben / vnd ware besserung bey vns wircken möge / habe ich diesen Spruch dißmal zuerkleren für mich genommen / vnd E. LL. verlesen wöllen / vnd zweiffele nicht / die weil er von solchen sachen berichtet / die vns allen zuwissen vnd zubetrachten zu vnser ewigen Seligkeit nütz vnd nötig sein / ja rechte Geistliche klugheit vns lehret / dazu auch kurtz ist / vnd leichtlich gefasset werden kan / jhr werdet mit fleis darauff achtung geben. Damit wir nun diesen Spruch eigentlich vnd gründtlich verstehen / wöllen wir erstlich mit gar wenig Wort berichten / was Mosen dazu verursachet habe / vnd was die eigentliche meinung dieses Spruchs sey. Es hat Moses nicht allein andern Leuten das Gesetz geprediget / sondern auch wie sichs gebüret / jm selber / daher dann kömpt / das er in diesem Psalmen mit fleis betrachtet / behertziget vnd beschreibet den elenden zustandt aller Menschen / das jhr leben vngewiß / kurtz vnd bös ist / vnd sie entlich sterben müssen / vnd das von wegen der Sünden / darüber GOtt so hefftig zürnet / vber sie dieser Fluch gehet / sonderiich aber bedencket vnd beklaget er / das die Menschen ob sie wol allenthalben mit jammer vnd noth vmbgeben sein / solches gleichwol nicht achten / jha er / Moses / erkennet auch / das er eben der Sündliche̅ art / vn̅ zu Fleischlicher sicherheit geneigt ist. Das nun solcher bösen vnd schedlichen vnart bey jhm vnd andern gewehret werde / wendt er sich in diesen Worten durch das Gebet zu GOtt dem Allmechtigen / bittet / GOtt wölle jhm vnd dem Volck diese sicherheit vertreiben / vnd spricht: Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen etc. Das ist: Allmechtiger / Ewiger Gott / gib du doch / das wir nicht sicher vnd verstockt sein / wie der grösseste
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hauffe thut / sondern vnsern jammer vnd elend / darin wir stecken / wol betrachten / vnd zu Hertzen nehmen / das du von der Sünden wegen so hefftig vber vns zürnest / vns das leben also versaltzest / verkürtzest / vnd endlich abschneidest / damit wir nicht wie das Vihe dahin fahren / das vns hernach solches ewig gereuwe / vnd schaden bringe / Sondern das wir vns als die klugen fürsehen / bey dir zu gnaden kommen / vnd also zu vnserm Sterbstündlein vns recht vnd wol bereiten / vnd gefasset sein. Wir wöllen aber / damit E. LL. die Lehre / so dieser Spruch in sich begreiffet / desto besser fassen / vnd jhnen einbilden mögen / diese Vier Puncten mit einander erwegen. Erstlich / das ein Mensch an sein ende / vnd das er sterben müsse gedencken sol. Zum Andern / was da heisse recht bedencken / das man sterben müsse. Zum Dritten / worumb einer an sein ende solle gedencken / was es jhm nutze. Zum Vierden / wie ein Mensch dazu kommen könne / das er stets in seinem leben solches seines endes sich erinnere. Von diesen Vier Puncten wöllen wir einen kurtzen bericht thun / GOtt gebe vns allerseits dazu die gnad des heiligen Geistes / das solches auch bey vns nutz schaffe zu vnser Seelen Seligkeit / Amen.

Der Erste Punct.
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In dem Moses betet / Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden / gibt er vns die Lehre an die Hand / das wir stets sollen bedencken / das vnser leben kurtz vnd vngewiß sey / vnd wir nichts gewissers haben / als das wir einmal dauon müssen / vnd das wir nicht wissen / wie nahe vns vnser ende sey / sondern müssen vns desselbigen alle tage / jha alle
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Stund vnd augenblick vermuhten vnd versehen. Die Weltkinder dencken nicht daran / sondern setzen den Todt aus den augen / vnd entschlagen sich der gedancken mit fleis / sagen / es sey noch zeit gnug daran zugedencken / wenn mans keinen vmbgang haben kan / das man sich aber vorher vnd zwar alle zeit mit solchen gedancken schleppen vnd bekümmern sol / stehe nicht zu rathen / sonst würde ein Mensch nimmermehr recht frölich. Vnd begeben sich auch etliche darumb auff das Sauffen / vnd andere zeitliche Wollust / das sie des Todes vergessen. Es hilfft auch der Teuffel redlich darzu / denn es jhm hernach grossen vorteil bringt / wenn die Leute auff den Todt nicht gedacht haben / vnd also damit vnuersehens vberfallen werden / so sie sich dazu nicht geschicket / vnd sterben also gemeinlich vbel. Aus dieser sicherheit erfolget / das man wie die erfahrung zeuget / Gottes vnd seines Worts nicht achtet / das man sich auff zeitliche ehr / wollust vnd güter gantz vnd gar begibt / vnd sonsten in Sünden ohn allen schew fortfehret. Denn da bilden jhnen die Leute gleich ein / sie wöllen gar nicht sterben / oder aber sie sein des gewiß vnd versichert / das sie noch etliche viel Jar zu leben haben. Wir aber sollen vns für solcher sicherheit hüten / vnd bedencken / das wir sterben müssen. Das wil GOtt von vns haben. Darumb prediget er vns in seinem Wort vom Tod / welches er nicht würde thun / wenn wir nicht solten an den Tod gedencken. Denn das ists / das er baldt zu Adam / vnd vnter seiner Person zu allen Menschen sagt / Gen. 3. Du bist Erden / vnd solt zur Erden werden. Ja Syrach schreibet ausdrücklich / Cap. 7. Was du thust / so bedencke das ende / so wirstu nimmemehr vbel thun. Es richtet auch vnser lieber HErr Jesus Christus selber stets seine Predigten dahin / vnd erinnert die Leute jhres Sterbstündleins / das sie daran gedencken / vnd dazu sich schicken sollen. Als Matth 25. da er predigt von den Fünff klugen vnd
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Fünff Thörichten Jungfrawen / vnd vermanet vns / wir sollen stets im Glauben wacker sein / vnd vnsere Lampen brennen / vnd durch gute Werck leuchten lassen / vnd also auff jhn warten / wenn er zu vns kömpt entweder durch den Tod / oder durch das Jüngste Gericht / vnd Luc. 12. spricht er gleichsfals / Lasset ewre Lenden vmbgürtet sein / vnd ewre Liechter brennen / vnd seid gleich den Menschen / die auff jhre Herrn warten. Eben dahin gehet auch das Gleichnis vom vngerechten Haushalter. Denn da lehret Christus / wie der vngerechte Haushalter / als ein kluger Weltman sich darauff geschicket / das er zubleiben wüste / nicht allein weil er beim Ampt were / sondern auch wenn er abgesetzt würde. Also sollen wir auch nicht allein darauff gedencken / wo wir hie bleiben wöllen / sondern auch wenn wir aller Güter dieser Welt entsetzt werden / vnd nu sterben / wie wir in die Himlischen Hütten auffgenommen werden mögen. Wenn wir auch sehen / als billig / wie die rechtgleubigen / der Historien in GOttes Wort verzeichnet sein / sich dißfals gehalten haben / so befinden wir / das sie jhren Todt vnd Sterbstündlein nicht aus den augen gesetzt / noch aus dem sinn geschlagen / sondern sich stets daran erinnert haben. Daher auch kommen ist / das weil sie hierin jhre schwacheit gefühlet / sie Gott gebeten haben / er wölle jhnen die gnad geben / das sie den Tod nicht aus den Augen setzen / sondern stets vnd ohn vnterlas daran gedencken. Es heisset darumb der heilige Abraham sich Staub vnd Aschen / Gen. 18. Weil er sich stets erinnert / das er nicht in dem Stande / darin er ist / ewig bleiben / sondern dermalen eins sterben werde. Darumb heisset der Ertzvater Jacob sein leben ein Walfart / dieweil er sich erinnert / er gehöre in dieser Welt nicht zu haus / vnd habe da kein bleibende stedt / sondern er reise forth / bis bas er das ende erreiche / vnd ins ewige Vaterland komme.
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Der Königliche Prophet Dauid spricht eben also / Ersey ein Pilger vnd frembdling / Psalm. 39. er werde seinem Sönlein / so jhm gestorben war / dermalen eins folgen / 2. Saw. 12. Er gehe hin den weg alles Fleisches / 1. Reg. 2. Vnd da er im 39. Psalm der Weltkinder grosse sicherheit beklaget / bittet er gar fleissig / GOtt wölle jhn lehren / das es ein ende mit jhm nemen werde / vnd sein leben ein Ziel habe / vnd er dauon müsse. Paulus setzt in vielen seinen Episteln / das er vnd alle Gleubigen warten auff die Zukunfft vnsers HErrn Jesu Christi. Das es aber einen anfenglich etwas betrübet / wenn er an den Todt gedenckt / sol vns dauon nicht abschrecken / das wir an vnser ende nicht gedencken wolten. Denn es ist vns gut / das vns die Fleischliche Sicherheit vertrieben werde / vnd ist das / wie Paulus 2. Corinth. 7. bezeuget / ein Göttliche Trawrigkeit / die da wircket ein Rew / der niemand gerewet. Zu dem sol es auch bey der Trawrigkeit nicht bleiben / sondern der Mensch sol durch die Lere des Euangelij von Christo vnd seinen Wolthaten / sintemal er / der HErr Christus / dem Todt sein macht genommen hat / wiederumb getröstet vnd erfrewet werden. Derowegen / liebe Christen / wir sein wer wir wöllen / lasset vns stets vnd ohne vnterlas / wir stehen auff / oder gehen zu Bette / wir essen oder trincken / oder haben für vns was wir wöllen / gedencken / wir müssen gewißlich sterben / vnd wissen nicht / wenn wir von Gott aus diesem leben abgefordert werden.

Der Ander Teil.
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Wie sol denn ein Mensch seine Tag zelen (wies in seiner Sprach klinget) oder was heisset hie eigentlich bedencken / das man sterben müsse? Es heisset nicht allein einen fliegenden gedancken vom Todt haben / Wie auch die Gottlosen des Tods vnterweilen gedencken / aber jhnen ist gar dünn dabey / sie sehen
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den Todt nicht recht an / wie er an sich selber ist / sondern bilden jhnen ein / das sey es alles / das Leib vnd Seel sich mit schmertzen von einander scheiden / daher sie verechtlich dauon reden / es sey vmb ein bös Stündlein / vnd wie die ruchlosen Landsknechte sagen / vmb ein Kappen vol Fleisch zuthun. Solcher verechter des Todes ist der König Agag 1. Sam. 15. der den Todt für sich sihet / aber helt sich hart / vnd verbeisset die eusserlichen schmertzen vnd sagt / Also mus man des Todts bitterkeit verachten. Aber er gedencket nicht weiter / was der Todt mehr auff sich habe. Dergleichen lesen wir von den sichern verechtern Gottes vnd seines Worts / Jesai. 22. 1. Corinth. 15. Lasset vns essen / lasset vns trincken / denn morgen sind wir Todt. Das ist nicht die heilsame vnd selige betrachtung des Todes / dauon hie Moses redet / vnd die er von Gott bittet. Sondern das hat es auff sich / das Moses saget / Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / Das erstlich ein Mensch wisse vnd bedencke / das er dem Todt nicht entgehen könne / vnd wie das am gewissesten ist / also sey nichts vngewissers / als die Stund des Todes / also das er bedencke des Morgens / er wisse nicht / ob er den Abend ableben werde / vnd des Abends / er wisse nicht / ob er den Morgen ableben werde. Vnd das einer nicht allein ansehe vnd bedencke die eusserlichen schmertzen / damit Leib vnd Seel sich scheiden / Sondern das er auch bedencke / wo der Todt vnd schmertzen des Todes herkommen / nemlich / das es nicht ohn gefchr geschehe / sondern Gott lasse die Menschen sterben / vnd zürne also vber die Menschliche Natur von wegen der Sünden / die einem Menschen angeboren ist / vnd die er selbs thut / Ja es hören mit dem Tod die schmertzen nicht auff / sondern es müsse der mensch auch vnter dem Zorn Gottes nach dem Todt vnd Jüngsten Gericht ewig liggen bleiben / vnd ewige straff leiden / wo jhm nicht gerhaten vnd geholffen werde / heisset also den Todt recht bedencken / jhn ansehen / als Gottes straff / das man darunter sehe vnd
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behertzige / den ewigen vnendlichen Zorn Gottes / so jetzt vber die Sünde ergehet / vnd künfftiglich in ewigkeit ergehen sol. Also sihet Moses in diesem 90. Psalmen den Todt an / Er erzelet nicht allein / wie kurtz vnd vngewiß das leben sey / vnd das wir plötzlich dauon müssen / Sondern das betrübet jhn auch / vnd sicht jhn mit vnd zwar zum hefftigsten an / das Gott aus gerechtem Zorn wieder die Sünde / solches den Menschen zuschicke / wie er spricht / Das macht dein Zorn / das wir so vergehen / vnd dein grimm / das wir so plötzlich dauon müssen / Denn vnser missethat stellestu für dich / vnser vnerkandte Sünde ins Liecht für deinem Angesicht. Darumb ist sein gantze bitte in diesem Psalmen fürnemlich dahin gerichtet / das GOtt gnade einwenden / vnd seinen gefasten Zorn fallen lassen wölle. Also malet den Todt auch S. Paulus 1. Corinth. 15. da er spricht / Des Todes stachel oder spitzen sey die Sünde / der sticht einen Menschen recht ins Hertz / vnd schmertzet jhm. Das ist das allerschrecklichste am Todt / das jhn Gott von wegen der Sünden den menschen auffleget / vnd also damit beweiset / das er der Sünden zuwieder vnd spinnen feind sey. Wie denn auch vnderweilen die Gottlosen im Tode die Sünde mehr ansicht / denn alle andere schmertzen. Hiebey aber sol es nicht bleiben / sondern es sol ein fromes Hertz / wenn es an den Tod gedenckt / auch betrachten / wie Gott aus grosser gnad vnd barmhertzigkeit raht gefunden / vnd dem Menschen hülff verschaffet wieder den Todt / nemlich / seinen Eingebornen Sohn lassen Mensch werden vnd sterben / auff das er durch den Todt die macht nehme dem / der des Todes gewalt hatte. Wie dauon vnter andern stehet Jesai. 25. Er wird den Todt verschlingen ewiglich. Vnd Ose. 13. Todt ich wil dein giffe sein (spricht Christus) Hell ich wil dein Pestilentz sein. Mit diesen gedancken sol ein Mensch sich wiederumb auffrichten vnd trösten wieder den schrecklichen anblick des Todes / also / das er nicht in zweiffel gerahte wegen seiner Sünden mit
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den vngleubigen / die da sagen / Ich fahre vn̅ weis nicht wohin / oder gar verzage / Sondern das er gleube / Gott wölle jhm vmb Christi willen / der für vns das Gesetze erfüllet / vnd die Sünde gebüsset hat / gnedig sein / seine Sünde / dauon der Todt her kömpt / vergeben / ja jn zu seinem Kind annemen / vn̅ von de̅ Tod wieder aufferwecken zum Ewigen leben / auch aus gnaden alle mühe vnd arbeit belohnen. Wie denn solches allen Gleubigen im alten vnd neuwen Testament bekant gewesen / derowegen sie durch den verheissenen Messiam / in Kindlicher zuuersicht vnd vertrawen Gott vmb Vergebung der Sünden embsiglich angeruffen / vnd das er sie vom Todt erlösen / vnd jhnen nach diesem das Ewige leben geben würde / gegleubet haben / Daher sie denn für de̅ Tod nicht mehr sich entsetzet / sondern mit der verheissung der gnaden sich getröstet haben / vnd sein also willig vnd frölich gewesen / das sie haben sterben sollen. Dah er / aus solchem vertrawen zu Gott / kömpts / das die Schrifft von den Ertzuätern sagt / sie sein des lebens satt gewesen / im frieden zu jhren Vätern gefahren. Daher kömpts / das Moses / als jhn Gott Deuteronom. 32. anzeiget / er solle auff dem Berg Nebo sterben / sich zum Todte willig einstellet / Deu. 34. Daher kömpts / das Simeon saget / HERR / nun lessestu deinen Diener im Friede fahren. Denn er bringt selbs die vrsach / Meine Augen haben deinen Heiland gesehen. Daher kömpts / das die Propheten / Apostel vnd Merterer etc. die verfolgung vnd den Todt nicht geachtet haben. Also sollen wir auch den Todt nicht allein ansehen / wie er an vnd für sich selber ist / sondern daneben vns erinnern / wie Christus vns zu gut den Todt angegriffen / vnd vberwunden habe / das er also nun den Gleubigen nicht mehr ein rechter Tod / sondern ein Schlaff sey. Wenn man also an den Todt gedencket / so wird das schrecken des Todes gelindert / ja gar vertrieben.
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Zum Dritten ist bey solcher betrachtung des Todes auch ein vorsatz das leben zubessern / das ein Mensch GOtt für augen hat / vnd sich jm gehorsam zu sein befleissiget / dem Nechsten gern dienet / seine gaben / die jhm Gott verliehen / wol anleget / vnd in seinem Ampt vnd Beruff getrew vnd fleissig ist. Denn gleich wie ein sicherer Mensch / der an den Tod nicht gedencket / sondern jhn aus den augen setzet / weder nach GOtt / noch Gottes Zorn oder gnad etwas fraget / auch GOtt vnd seinem Nechsten nichts zu willen weis / sondern in den tag hinein lebet / vnd nur darauff sihet / das er seinen vorteil schaffe / zeitliche Ehr / Güter vnd Wollust erlange. Also wer den Todt recht betrachtet / vnd bedencket / das er dessen alle Stund vnd augenblick müsse gewertig sein / / vnd wie der Bawm einmal falle / so bleibe er liggen / vnd werde auff den Todt Ewiges Leben oder Verdamniß folgen / der sihet sich jmmerdar für / das er ja Gott nicht erzürne / vnd zu nahe sey / sondern jhm gehörche vnd diene / auff das / wenn jhn der Todt vberfellt / er nicht als ein vngetrewer Knecht in Sünden betretten / vnd ewig gestraffet / sondern im Stand guter Werck erfunden werde / vnd des ewigen rhum vnd frewd habe. Wie denn Christus Matth. 25. bezeuget / das er am Jüngsten tag aus gnaden die guten Werck rhümen vnd belohnen werde. Das ists das Syrach 7. sagt / Bedenck das ende / so wirstu nimmermehr vbels thun. Also vermanet Christus aus diesem grund / das wir mit vnsern Gütern dem Nechsten guts thun Luc. 16. Machet euch Freund / spricht er / mit dem vngerechten Mammon (Dadurch verstehet er die zeitliche Güter) auff das wenn jhr nun darbet / sie euch auffnemen in die Ewige Hütten. Dahin sihet er auch in dem Gleichnis von einem Menschen / der vber land zoge / vnd seinen Knechten seine Güter austhete / vnd dem einem fünff / dem andern zwen / dem dritten einen Centner gab / vnd darnach wiederkam / vnd von jhnen Rechenschafft for
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dert / wie ein jeder das seine angelegt. Auch gehöret hieher das Gleichnis vom fleissigen vnd getrewen Knecht / der dem Gesinde zu rechter zeit jhr gebühr gibt / vnd der Herr kömpt / vnd findet jhn also thun / vnd jhn vber alle seine Güter setzt / Luc. 12. Werden also aus dieser Lehre scharffe Vermanung genommen / dadurch die Leute in allen Stenden jhres Ampts erinnert werden / Als das ein Prediger sein Ampt mit lehren / trösten / vermahnen vnd straffen trewlich verrichte / sol jhn die betrachtung des Todes vermanen / dieweil dermalen eins der Ertzhirt kommen wird (welches im Todt angehet) die vnuerwelckliche Kron der Ehren zugeben / denen / die die Gemein GOttes wol geweidet haben. Das ein Oberkeit wol regiere / die bösen ohne ansehen der Person straffe / die vnschüldigen aber / sonderlich auch Widwen vnd Waysen schütze vnd vertheidige / wird sie eben aus diesem grund vermanet / Psalm. 82. Ich habe gesaget / jhr seid wol Götter / vnd allzumal Kinder des Allerhöhesten / Aber jhr werdet sterben wie Menschen. Desgleichen im Hausstand vnd sonsten muntert es einen Menschen auff / wenn er gedencket / das er seines endes alle Stunde gewertig sein müsse / da klingen in seinen Ohren die Wort des Sohns Gottes / Apoc. 2. Sey getrew bis an den Tod / so wil ich dir die Kron des lebens geben. Item / S. Paulus Ephes. 6. Was ein jeglicher guts thun wird / das wird er von dem HERRN empfangen / er sey ein Knecht oder ein Freyer. Dieses alles nun / wie man den Todt recht vnd seliglich betrachten sol / müssen wir nicht allein hören vnd wissen / sondern auch ins Werck richten. Vnd sol ein jeder sich selbs prüfen / ob er es auch bishero auch in acht gehabt / seine Sünde / darumb vns Gott den Todt auffgelegt / bereuwet. Item / ob er sich Christi vnd seiner Wolthaten von Hertzen getröstet / ob er auch jhm vorgesetzt sich zubessern / vnd da er befindt das es nicht geschehen ist / vnd er also nicht recht bedacht / das er sterben müste / wie wir
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denn mehres theils befinden werden / sol ers forthin endern / vnd sich bessern.

Der Dritte Theil.
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Worumb sollen wir denn die Zal vnserer Tag mercken / das ist / bedencken / / das wir nicht werden ewig hie bleiben / sondern müssen sterben / vnd das nichts vngewissers sey denn die Stund des Todes / also das wir vns des Todes alle augenblick versehen müssen? Das lehret Moses mit den Worten / da er sagt / auff das wir klug werden. Damit er anzeiget / daß das ein weiser kluger Mensch sey / der recht vnd mit ernst bedenckt / das er sterben müsse / vnd sich dazu schicket vnd gefast machet. Denn das ist rechte klugheit / wenn ein Mensch nicht wie das vnuernünfftige Viehe in den Tag hinein lebet / vnd allein darauff sihet / das er der gegenwertigen Güter dieser Welt geniesse / vnd damit seinen Leib versorge / Sondern vber das gedencket / das er die Seel / als das fürnemste stück des Menschen auch mit ewigen Himlischen Gütern wol versorge / vnd also sein sach dermassen anstelle / das es jhn hernacher nicht gereuwe / vnd er sich hinder den Ohren kratze / wie man sagt / jha die Hende vber den Kopff zusammen schlage / sondern das er auch künfftiglich vnd in ewigkeit ohne gefahr vnd sorgen sey. Nun ist Klugheit vnd Weisheit fast das aller höchste Gut vnter allen zeitlichen Gütern / dagegen Geld / Gut / Ehr vnd Wollust dieses lebens gar gering / jha für nichts zuachten ist: Derowegen die vernünfftige Heiden es dafür gehalten / man soll viel mehr nach weisheit vnd klugheit / als nach andern Gütern / streben / Wie sie denn eins theils weisheit zuerlangen alle andere Güter / Ehr vnd Wollust / darumb sich der meiste hauffe so sehr bemühet / hindan gesetzt vnd verachtet haben / Aber es hat jhnen gefeilet an Gottes Wort / Darumb sie der rechten weisheit vnd Klugheit gefeilet haben. Derowegen die allerklügesten Leute /
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die sich vmb die Weis heit für andern bekümmert / auch derhalben gerhümet sein wöllen / zuletzt bekennen müssen / das sie vnweislich vnd vnfürsichtig gelebet / wie an Socrake / Cicerone / Catone / vnd vielen andern zusehen. Wir aber in der Christlichen Kirchen haben die rechte Weisheit. Denn GOttes Wort vns nachweiset / wie wir vns zum Tod seliglich schicken sollen / das wir vns in ewigkeit keines schadens vnd gefahr zubesorgen haben / nemlich / wir sollen / mit einem Wort zusagen / GOtt fürchten / Das ist / wie im andern Theil angezeiget wird / die Sünde / als des Todes vrsach / erkennen / vnd vns lassen leid sein / vns aber trösten der hülff / die vns GOtt in seinem lieben Sohn Christo Jesu zugesaget hat / vnd in solchem Kindtlichem vertrawen ein newes leben anfangen. Wer nun also gesinnet ist / das ist ein kluger Mensch / der hat seine sachen auff das trucken gebracht / dem kans nicht feilen / er weis das er einen gnedigen GOtt hat / vnd derowegen jm kein schad widerfaren kan / Er ist des HErrn er lebe oder sterbe / er wird nimmer mehr vmbkommen / niemand kan jhn aus des HERRN Hand reissen / vnd wenn er schon stirbt / wird jhn doch Gott wieder am Jüngsten tag auffwecken / jhm das ewige leben geben / jha auch sein leiden / mühe vnd arbeit / vnd was er guts gethan aus gnaden reichlich belohnen. Darumb nennet Gottes Wort die rechte Gottsfurcht vnd Gottseligkeit / weisheit / klugheit vnd verstandt in den Psalmen / als Psal. 49. vnd sonderlich in den Sprüchen Salomonis / dieweil ein Mensch der also Gott fürchtet / auff allen zufall / der jm begegnen kan / ja auff den Tod / vnd darauff folgendes Jüngstes Gericht wol gefast vnd verwaret ist. Ein solcher kluger Mensch ist Dauid / denn dieweil er Gott fürchtet / seine Sünde erkennet / dafür sorget / bey Gott jnniglich vmb gnad ansucht / sich der gnedigen zusag vom Messia (wie sein Testament ausweiset) tröstet / ist er des gewiß / das Gott jm vnd
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allen gleubigen / auch wenn sie schon Todt sein / jre Gebeine verware / vnd das auch jr Tod werd gehalten sey für dem HERrn: Darumb spricht er im 23. Psalm: Ob ich schon wandert im finstern Thal / oder schatten des Todes / fürchte ich doch kein vnglück / denn du bist bey mir. Sölche klugheit ist auch bey Paulo / der sich zu dem Tod also gefast macht / das er begeret abzuscheiden / vn̅ bey Christo zusein. Denn weil er seine Sünde erkennet / vnd an Christum gleubet / auch in seinem beruff getrew ist / weis er / das jn weder Tod noch leben / weder gegenwertiges noch zukünfftiges etc. von der liebe Gottes scheiden kan / Roman. 8. Sondern jhm die Kron der Gerechtigkeit beygelegt ist / 2. Timoth. 4. Also sollen wir auch vns zum Todt schicken / so haben wir die rechte Himlische Weisheit erlanget. Die Weltkinder lassen sich gar klug gedüncken / dieweil sie sonst in Weltlichen sachen so viel renck wissen vnd gebrauchen / zeitliche ehr vnd güter zuerlangen / vnd nicht allein sich selbs auff viel Jar / sondern auch jhre Kinder wol zuuersorgen. Aber im grund sind sie rechte Thoren vnd grosse Narren. Denn sie versorgen allein den armen Madensack den Leib / die Seele aber / welche das fürnembste Stück am Menschen ist / verseumen sie gantz vnd gar / setzen sie nicht allein in gefahr / sondern auch ins verderben / nehmen also Geld oder einen Trunck / oder sonst vergengliche ehr vnd wollust für das ewig leben. Das ist ein grosse Thorheit / eben als wenn einer an seinem Leibe allein die Hende oder Finger verteidigen wolte / vnd liesse jhm den Kopff abschlagen. Sie samlen zeitliche vnd vergengliche Güter / dauon Salomon in seinem Prediger recht vnd wol saget / Es ist alles eitel / vnd verseumen die rechten Himlischen Güter / deren Leib vnd Seel ewig zugeniessen / vnd sich zu erfrewen haben. Darumb wenn sie sterben sollen / so bleiben sie stecken in Sünden / vnter Gottes Zorn vnd dem ewigen verdamnis / da sehen sie auch erst /
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was sie gethan haben / da rewet sies / da erkennen sie selber jhre Thorheit / vnd beweinen sie / wie Sap. 5. stehet / Wir haben / sprechen sie / eitel vnrechte schedliche wege gegangen. Was hilfft vns nun der pracht / was bringt vns nun der Reichthumb sampt dem hochmuth? Darumb Dauid recht von jhnen sagt Psal. 49. Dis jr thun ist eitel Thorheit / Vnd Christus sagt Matth. 16. Was hilffts den Menschen / wenn er die gantze Welt gewünne / vnd lidte einen schaden an seiner Seelen / oder / was kan der Mensch geben / das er seine Seel erlöse? Diese Thorheit ist grösser denn mit worten kan ausgesprochen werden. Es ist ein viel zu gering gleichnis / wenn einer ein roth Epfflein / ich sage nicht für einen rothen Gülden / sondern für einen Gülden Berg nehme. Denn was ist Gold vnd aller Welt Gut gegen den ewigen Gütern? Summa der aller albersten leute thorheit auff der Welt ist nichts gegen dieser Thorheit zurechnen / das ein Mensch so vnuorsichtig ist / Vnd seine Seele vnd Seligkeit so gantz vnd gar vergist / vnd hindan setzt. Der Thoren werden vns zur warnung sehr viel / nicht allein in andern Historien / sondern auch in GOttes Wort fürgehalten / die zwar für der Welt so alber nicht / sondern eben klug vnd verschlagen gewesen / Aber in dem fall haben sie sich schendlich versehen / Vnd was jhnen künfftiglich begegnen würde / vnd wie sie dem fürbawen möchten / so vbel bedacht / jha sie haben sich selber mit jhrer listigkeit gefangen vnd gestürtzt / nach den Worten des heiligen Hiobs / Gott fangt die klugen in jhrer schalckheit. Ein solcher Thor ist Dauids vngetrewer Raht Achitophel gewesen / der so weis gehalten worden ist / das wenn er etwas gerahten / es nicht anders geachtet ist / als wenn ein Engel vom Himmel den Raht gegeben hette / Aber es gehen jm nicht allein sein Practiken nicht an / sondern wird auch für der Welt zuschanden / vnd fürdert sich selber zum ewigen verdamnis. Eben solche vnuorsichtige thörichte Leute sein gewesen / Na
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bal / 1. Sam. 25. der Gott vnd seinem Nechsten nichts zu willen gewust / sondern in den tag hinein gelebt hat / geschlemmet vn̅ gesoffen / vnd also in seinen Sünden gestorben ist. Baltasar Dan. 5. der bald darauff als er sich voll gesoffen getödtet worden. Vnd Christus helt vns für ein Exempel von einem Reichen Man / Lu. 12. des Feld wol getragen / der auch als ein Weltmensch den anschlag gemacht / Ich wil meine Scheunen abbrechen / vnd grösser bawen / vnd wil darinsamlen alles / was mir gewachsen ist / vnd meine güter / vnd wil sagen zu meiner Seelen: Liebe Seel / du hast einen grossen vorrath auff viel Jar / habe nun ruhe / iß / trinck / vnd haben einen guten muth. Aber GOtt sprach zu jhm: Du Narr / diese Nacht wird man deine Stele von dir fordern / vnd wes wirds sein / das du bereitet hast? Also mag der reiche schlemmer Luc. 16. sonst wol ein Weltweiser Man gewesen sein / Aber in dem ist er ein grosser Thor gewesen / das er an sein ende so gar nicht gedacht / daher es kommen / das er Mosen vnd die Propheten nichts geachtet hat. Dergleichen tregt sich noch teglich zu / vnd kommen sonderlich vns Predigern deren viel zuhanden / die in jhrem leben sich haben gedüncken lassen / sie haben jhre sache gar weislich vnd wol angeschlagen / in dem sie alles von zeitlichen Gütern nach sich gerissen / was los werden wöllen / Item gefressen / gesoffen / gespielet / vnzucht getrieben / aber denn / wenn sie Gott angreifft / vnd hernieder legt / bekennen vnd beklagen sie selbs jhre Thorheit / Ach wer es recht bedacht hette / Ach wie hab ich mich so vbel für gesehen / Ach solt ich nun wieder von newem anfahen zu leben / so wolt ich mich besser fürsehen / vnd viel anderst erzeigen. Vnd zwar so ists gut / wenns mit einem Menschen noch in diesem leben so weit kömpt / wo er nicht verzweiffelt / wie etliche thun. Ob auch schon jrer viel jre Thorheit nicht erkennen / sondern in jrer sicherheit dahin sterben / so werden sies doch dorth in der that mit jrem vnwiderbringlichen schaden erfahren / das sie grosse Thoren gewesen sein.
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Das wir nun für der grossen Thorheit vns hüten / recht klug sein / vns wol fürsehen / vnd also wandeln vnd leben / das es vns nimmermehr schaden thue noch gerewe / sondern das wir vns des ewig erfrewen / sollen wir an vnser Ende gedencken.

Der Vierde Theil.
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Wie kömpt aber ein Mensch dazu / das er solches bedencke / vnd behertzige / vnd in seinem gantzen leben stets sein Ende für augen habe / vnd sich dazu schicke. Denn es werden ohn zweiffel doch etliche vnter vns sein / die jetzt gedencken werden / es were ja gut vnd billig / das wir an vnser ende gedencken / vnd zwar das wir also es behertzigen / das wir vns stets dazu schicken / vnd gefast machen / wer es thun köndte / wie komme ich denn dazu / das ich solches in allem meinem thun bedencke / vnd behertzige / vnd also mich zu GOtt bekere / vnd alle augenblick darauff warte vnd bereit sey / wenn mich Gott abfordere? es wird sonst zumalen viel vnd offt vergessen. Antwort. Es stehet in vnsern krefften vnd vermögen nicht / denn wir durch die Sünde dermassen verderbt sein / wie auch die erfahrung zeuget / das wir vns einbilden / es habe dißfals kein noth mit vns. Denn wir also vnser leben anstellen / als wenn wir gar nicht sterben würden / oder als wenn wir auff etliche viel Jar / das wir die noch gewiß leben würden versichert weren. Da hilfft auch nichts / vnd erweicht vns nicht / das wir für augen sehen / wie man einen nach dem andern hinaus zu Grabe tregt / vnd der Todte gleich vns die Lose thut / vnd wie Syrach redet / zu vns spricht / Gestern war es an mir / heute ists an dir / Ja das noch mehr ist / wenn vns schon Gott selbs angreiffet mit Leibes schwacheit / vnd wir kaum Athem holen konnen / noch dencken wir nicht recht an den Todt / schicken vns nicht dazu / sondern hoffen noch jmmer auff besserung / vnd das wir dauon kommen wöllen. Von solcher Thorheit vnd bösen vnart vnd verderbung stehet im 14. vnd 53. Psal. Die Thoren sprechen in jren Hertzen / es
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ist kein GOtt / der HErr schawet vom Himmel auff der Menschen Kinder / das er sehe / ob er jemand klug sey / vnd nach Gott frage. Aber sie sind alle abgewichen / vnd allesampt vntüchtig / da ist keiner der guts thue / auch nicht einer. Vnd Ezech. 11. vnd 36. zeuget / wir haben Steinerne Hertzen. Es solte billig einen Menschen bewegen / wenn Gott nicht allein jm predigen lest von seinem Todt / sondern auch teglich etliche hinweg nimpt / vnd jm selbs Kranckheiten / die des Todes Vorboten sein / zuschicket. Aber wir achtens nicht / seins gewonet / vnd wie man sagt / durchgangen / wie ein alt Haus des rauchs / das wir vns daran nicht keren. Eben wie Pharao so verstockt ist / das ob jm schon so viel vnglücks auff einander begegnet / dazu sein erstgebarner Sohn getödtet ist / er es gleichwol nicht achtet / vnd an den Todt nicht gedencket / bis jhm im rothen Meer das Wasser vber dem Kopff zusammen schlecht. Das sehen wir an den Kindern Israel / da schon auff einen tag Core / Dathan vnd Abiran / vnd jhre Rott von der Erden lebendig verschlungen waren / versamlet sich doch bald den folgenden Tag die gantze Gemein / vnd murret wieder Mosen vnd Aaron / Num. 16. Ich meine ja das heist den Todt aus den augen setzen. Ebe̅ der arth sein wir auch / das also dißfals an vns nicht nichts zuthun ist / darumb hie Moses klaget: Wer gleubet aber das du so sehr zürnest / vnd wer fürchtet sich sür solchem deinem grimm? Sollen wir aber an vnsern Todt gedencken / vnd denselbigen behertzigen / vnd vns dazu schicken / vnd gefast machen / so mus es GOtt geben / vnd in vns wircken. Darumb Jerem. 31. betet / HERR bekere mich / so werde ich bekeret. Vnd Gott spricht Ezech. 11. er wölle ausschneiden das Steinerne Hertz / vnd wölle ein Fleischern Hertz geben. Darumb da Moses in diesem Psalmen vber die sicherheit vnd verstockung des Menschlichen Hertzen geklaget / wendet er sich durchs Gebet zu Gott vnd spricht (HErr) lehre (du) vns bedencken / das wir sterben müssen. Vnd Dauid
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folget hierin Mose nach / da er im 39. Psalm sagt / HERR lehre mich doch / das es ein end mit mir haben wird. Darumb wir dieses auch durch ein hertzlichs Gebet bey Gott suchen sollen. Es ist aber mit dem Gebet allein nicht ausgericht / sondern es sein gewisse mittel / dadurch GOtt vns solches lehret / vnd zuerkennen gibt / die müssen wir nicht verseumen. Das fürnembste mittel ist Gottes Wort / darinn GOtt vns für halten lest vnsere Sünde / vnd seinen Zorn / vnd den Tod / der aus der Sünden folget / vnd wie er nach dem Tod auch ewig die Sünde straffen wölle / vnd vermahnet vns / das wir vns mit Gott versönen lassen / vnd also leben / das wirs auch nach diesem leben / wenn wir gestorben sein / vnd wiederumb von den Todten aufferweck et werden / geniessen mögen. Damit wir nun nicht so sicher vnd rüchlos sein vnd bleiben / sondern vnterrichtet vnd geleret / auch erweichet werden / das wir gleuben / das wir sterben müssen / so sollen wir in die Kirch gehen / vnd Gottes Wort fleissig hören / das ist Gottes werck stat. Vnd Gottes Wort ist das Messer / dadurch er vnsere Steinerne Hertzen ausschneidet. Denn gleich wie sonsten einer der was guts lernen wil / sich in die Schul vnd Lehr begeben mus: Also müssen wir diese Schule des heiligen Geistes nicht herseumen / sondern fleissig besuchen. Dadurch wil Gott krefstig sein / vnd vns leren / das wir sterben müssen. Dieweil aber offtmals die blosse Wort bey vns nicht hafften / so braucht auch Gott vnterweilen die Ruthe / steupet andere / vnd nimpt sie vns von der seiten hinweg / das er vns also einbilde / das wir sterben müssen. Iha das die Predigt desto mehr nachdruck bey vns habe / belegt vns selber GOtt mit viel vnd mancherley Creutz / welches als des Todes Vorboten sein. Dadurch wird mancher zu recht gebracht / der sonst gar nicht bedenckt / das er sterben müsse / vnd sich gar nicht schicket / das er der Sünden / die des Todes Stachel ist / quit werde. So kömpt der grewliche gro
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sse Sünder Manasses in seiner schweren Gefengnis zu recht / da fühlet er seine Sünde / die des Todes stachel ist / bittet Gott vmb verzethung / wird mit jhm versünet / vnd ist also zum Tod bereit. Fast eben also kömptder Schecher zu recht / der hat sein lebenlang nicht gut thun wöllen / vnd also wenig / ja gar nicht gedacht / das er sterben müste. Darumb lest jn Gott anlauffen / das er gefenglich eingezogen / vnd ans Creutz geschlagen werden mus / da fühlet er den Todt / vnd sonderlich des Todes stachel / die Sünde / vnd nimpt es zu Hertzen / da trachtet er darnach / das er mit Gott möge versönet werden. HErr gedenck mein / spricht er / wenn du in dein Reich kömpst / vnd das er je seliglich im Stand guter Werck sterbe / fangt er albereit an sein leben zubessern / vnd dem andern Schecher zupredigen / das er sich auch bessere. Wer nun also Gottes Wort mit fleis höret / dazu auch das Creutz mit gedult auff sich nimpt / sich recht darein schicket / vnd betet von Hertzen / das jhn GOtt lehre bedencken / das er sterben müsse / den wil GOtt erhören / vnd durch sein Wort vnd das Creutz so weit bringen / das er sich zum Todt bereitet / vnd ob er schon bißweilen / wie auch die klugen Jungfrawen ein wenig einschlummert / sich aber gleichwol ermuntert / wil jhn GOtt nicht verwerffen / Matth. 25.

Beschluß.
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Wir haben nun auch ein Person zur Erden bestatet / einen Man vom Adel / so weiland vnserm gnedigen Fürsten vn̅ Herrn vber die 30. Jar auffrichtig / redlich / vnd trewlich gedienet hat. Nun wöllen wir von seinem fürnemen Geschlecht vnd herkommen / Item / wie seine Eltern vnd verwandten in Böheim Königen vnd Keysern mit rhum gedienet / nichts sagen. Denn solches hieher nicht gehöret. Sondern allein das berichten / was andern zur besserung durch Gottes gnad dienlich sein mag. Denn wir zur Begrebnis eigentlich nicht kommen / der Leute Laudes zulesen / sondern das wir lebeudigen aus Gottes Wort vnterrichtet vnd gebessert werden.
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Es ist dieser vom Adel ein Sünder gewesen / wie wir all sein / vnd hat zwar / wie ein jeder vnter vns / auch seine sonderliche feil vn̅ mengel gehabt. Darunter das mit gewesen / das er sich wie leider diese zeit fast gebreuchlich ist / vnterweilen mit dem Trunck vbernommen hat / dadurch vielleicht wol köndte kommen sein / das er etwas ehe gestorben / vnd so lang nicht gelebt / als er sonst natürlicher weise leben können / vnd hat also nicht allwege recht bedacht / das er sterben müste. Es hat aber Gott jm nicht allein mit Worten lassen predigen / das er sterben müste / sondern auch jn mit Creutz / vn̅ entlich mit Kranck heit belegt / welches dann bey jm auch gewircket hat / sintemal er sich fleissig zu GOttes Wort gehalten / Wie er denn sonsten / vnd zwar newlich juner halben Monats frist zu Hause zum hochwirdigen Sacrament sich gefunden. In dieser Kranckheit aber hat er insonderheit recht wol bedacht / das er sterben müste. Denn er seine Sünde erkant vnd bekant / vnd zwar mit solcher demut / als ich fast die zeit meines lebens jemand gehöret. Denn er sich nicht schlecht vnter die Sünder / sondern auch vnter die allergröste vnd fürnembste Sünder für Gott gerechnet. Er hat auch seinen Glauben vnd vertrawen zu Gott durch Christum bekant / vnd wenn jhm ein Trostspruch fürgesagt / denselbigen gewust / vnd dem Prediger gleich aus dem Munde genommen / vnd gesagt / Ach GOtt du hast mir zugesaget / du wöllest mir helffen / das wirstu thun / das weis ich etc. Item HErr Jesu Christ war Mensch vnd Gott / in deine Hende befehl ich meinen Geist / du hast mich erlöset du getrewer GOtt. Dabey ist er bis an sein ende verharret. Er hat auch zugesaget sein leben / wenn jhn Gott fristete zubessern / vnd sonderlich des Truncks sich zuentschlahen / vn̅ wenn jn schon fürneme Leute / oder seine besten Freund nötige̅ würden / wolte er doch / was er jetzt GOtt zusagte / mehr in acht haben / es möcht ihm darüber gehen / wie der liebe Gott wolte.
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Er hat auch andere seines gleichen zur besserung in solchem seinem Todbett vermanet. Vnd das heisset recht bedencke̅ / das man sterben müsse / vud recht klug sein / Darumb wir billig es dafür halte̅ sollen / das er sein Seel er halten / vn̅ das ewig leben erlangt. Vnd wil ich nun Amptshalben seines gleichen / vnd sönderlich vnser Hoffgesind vermanet haben / sie wöllen gedencken / das jnen Gott jetzt durch sein Wort vnd diese Leich / so hie für Augen stehet / predige / das sie sterben müssen / das wollen sie wol in acht haben / vnd abstehen von dem ruchlosen leben / da sie GOtt vnd sein Wort schier gar nicht achte̅ / sondern gleich nur zur kurtzweil brauchen / vnd schier ein jeder thut was er selber wil / des Fressens vnd Sauffens hin vnd wieder in allen winckeln ist kein ende / Auff die / so darein reden wil man nichts geben / Vnzucht wird mit der zeit schier vnuerholen getrieben etc. Da man sich nu nicht bessern wird / so wird vns Gott straffen mit dem vntergang. Diese Person ist nicht für allen ein Sünder gewesen / sondern da wir nicht werden Busse thun / werden wir alle vmbkommen / ob schon Gott noch dem vnfruchtbaren Feigenbaum zeit gegeben / vnd damit gedult hat / Luc. 13. Vnd hat vns Gott hie ein Exempel angestellet / vnd ohne zweiffel gegen diesen Martini diesen vom Adel darumb anhero gleich citirt / das vns sein Exempel ein Bußpredigt were. Bekeren wir vns / so hat vns Gott eben an diesem Man ein Exempel der gnaden gestellet / vnd mit einem lebendigen Exempel bewiesen / das er denen / die sich bekeren / wenn sie auch schon grosse Sünder sein / gnade erzeigen wölle. GOtt gebe gnad / das wirs vns ein warnung sein lassen / Er lehre vns / vnd gebe vns ins Hertze / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden / vnd es nicht also anschlagen / das es vns ewig gerewe / sandern dis leben seliglich zubeschliessen bereit sein. Gott lasse jm auch diese Adeliche Widwe vnd Kinder in gnade̅ befolen sein / vmb seines lieben Sons vnsers HErrn Jesu Christi willen / Amen.


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