Transkription

Sattler, Basilius: Leichpredigt/ Gethan bey der Begräbnis deß ... Herrn Veit Crullen/ Fürstlichen Braunschw. Cämmerers/ so den 27. Octobris Anno 1616. in Christo dem Herrn selig entschlaffen.
[Inhaltsverzeichnis]
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Leichpredigt / Gethan bey der Begräbnis deß Weyland Ehrnvesten vnd Wolgelarten Herrn
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Veit Trullen / Fürstlichen Braunschw, Cämmerers / so den 27. Octobris Anno 1616. in Christo dem HErrn selig entschlaffen.
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Durch BASILIUM Sattler / D. Hoffprediger zu Wolffenbüttel.
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Wolffenbüttel / Gedruckt durch Eliam Holwein / F. Br. Buchdrucker vnd Formschneider / Im Jahr 1616.
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1. Petri 1.
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VNd machet keusch ewre Seelen im gehorsam der Warheit durch den Geist / zu vngeferbter Bruder Liebe / vnnd habt euch vnter einander brünstig lieb aus reinem Hertzen / als die da wiederümb gebohren sind / nicht auß vergänglichem sondern aus vnvergenglichem Samen nemblich auß dem lebendigem Wort Gottes / daß da ewiglich bleibet. Denn alles Fleisch ist wie Graß / vnd alle Herrligkeit der Menschen wie deß Grases Blumen daß Graß ist verdorret / vnd die Blume ist abgefallen. Aber deß HERREN Wort bleibet in Ewigkeit. Das ist aber das Wort das vnter euch verkündiget ist.
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Außlegung.
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GEliebte im HErrn Jesu Christo / wir lesen im Buche der Schöpffung am Funfftzigsten Capittel / als der Ertzvater Jacob in Egypten gestorben war / dz sein Leichnam viertzig Tage gesalbet sey vnd die Egypter jhn siebentzig Tag beklaget / darnach haben die Eltesten Pharaonis vnd die Egypter mit einem grossen Heer zu Roß vnd Fuß biß an das Landt Canaan die Leiche begleitet. In welchem Lande jhn seine Kinder in dem Begräbniß / dz er bestalt begraben haben. Dieses Geprenge mit dem Todten Leichnam Jacob ist gar nicht herkommen auß Hoffart / wie man es ansehen möchte / wie leyder jetzt allzusehr auch mit den Begräbnissen Hoffart getrieben wird / Sondern sie haben damit bezeugen wollen / Weil sie der Joseph Gottes Wort vnd Himlische Weißheit gelehret / Wie im 105 Ps. stehet / daß es vmb der frommen oder gleubigen Leut todten Cörper nicht so ein schlecht oder auch abschewlich ding sey für Gott / wie es für der vernunfft scheinet / Sondern es sey ein Edel Kleinoth / das man billich ehrlich beysetzen vnd verwahren sol / dann der Leichnam ist ein theil des Menschen / welcher anfenglich zu GOTTES Ebenbilde erschaffen / Hernach durch das Blut Christi erlöset / der auch in diesem Le
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ben nicht allein eine Wohnung des Heyligen Geistes ist / Sondern auch ein Werckzeug / dardurch viel gutes geschaffet vnd außgerichtet / wie denn er auch wider aufferstehen vnd bey Gott ewig leben sol. Dar von sol man billig viel halten / vnd eines Menschen Cörper nit wie ein Aaß hinschleudern / darümb wir noch heutiges Tages vnsere Todten ehrlich begraben. Wie dann auch die Egypter damit daß sie diesen Todten zu seiner Ruhestet begleitet / jhre Affection vnd Liebe gegen den Heyligen Mann Jacob vnnd seinen Son Joseph der jhnen viel guts gethan / bezeuget. Dz denn ein Vrsach mit ist / das wir noch heutiges tages einander zu Grabe folgen / Syr. 7. beweise auch an de̅ toden deine Wolthat. So bezeugen wir auch vnser lieb damit gegen dem lebendigen / denn der liebe art ist dz sie frölich ist mit den frölichen / vnd trawrig mit de̅ trawrigen. So habe̅ die Egypter dabey / dz ein solcher Heyl. mann auch sterben müssen / sich ohn zweifel auch jhres endes erinnert / dazu denn noch jetzund / dz beleiten zum Grabe dienlich ist. Es ist besser in das Klaghaus gehen denn in das Trinckh aus / denn in jenem ist das Ende aller Menschen vnd der Lebendige nimpts zu Hertzen / sagt Salomon Ecclesiast. am 7. Cap. Damit aber wir dieses vnd anders dergleichen bey den begrebnissen in acht neme̅ vnd bedencken / so ist gar fein / dz bey de̅ begrebnissen ein Christliche erinnerung geschicht / wie den die Heyl. bey solchen todsfellen nicht
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stum gewesen / sondern gute gedancken gehabt / vn̅ Gotselige erinnerunge̅ gethan habe̅ / wiewol bißweiln mit kurtzen / aber solchen Worten / die ein trefflichs nachdencken haben wollen. Also David 2. Sam. 12. einen kurtzen Spruch redet / der aber viel in sich begreiffet: Kan ich meinen Sohn auch wider holen? Ich werde wol zu jm fahren / Aber er kömpt nicht wieder zu mir. Vnd Christus Johan am 11. thut Lazaro eine Leichpredigt mit wenig / aber eitel Centner Worten. Lazarus vnser Freund schläffet. Davon könte man eine lange Predigt thun. Vnd welch eine Trostpredigt sind die Wort / die er daselbsten zu Martha redet / da er saget: Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben / Wer an mich gleubet / der wird Leben / ob er gleich stürbe vnnd wer da lebt vnd gleubt an mich / der wird nimmermehr sterbe̅ Darümb ist es ein löblicher Brauch / das man bey solcher Todten Process auch eine Predigt thut / nicht den Todten / Sondern den lebendigen / das sie dadurch vnterweiset / getröstet vnnd vermahnet werden. Solchen Brauch wollen wir für dißmahl auch halten / darümb ich dann diesen Spruch deß Apostels Petri verlesen hab. Darinn vermahnet Petrus zu einem Christlichen Leben / denn das meint er / wenn er saget: Machet keusch ewre Seele in dem Gehorsamb der Warheit durch den Geist zu vngeferbter Bruder-
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Liebe. Vnd führet jhnen zu Gemüth / das sie nitmehr Heyden / sondern Christen sind / vnnd Wiedergeborne durch das Lebendige Wort GOTTttes das Ewig bleibet / wenn sonst die Menschen vnd alle jre Gaben vnd Herrligkeit alß ein Graß vnd Blume sind die vergehen vnd ein ende nemen. Es lehret vns aber Petrus fürnemblich Dreyerley in diesen verlesenen Worten: Erstlich berichtet er vns / wie wir vnser gantzes Leben wol anstellen vnd zubringen sollen. Zum andern erinnert er vns / was für arme / elende gebrechliche Creaturen wir seind. Zum Dritten weiset er vns eine Artzney vnnd Trost / wieder solchen grawsamen Schaden vnd Gebrechligkeit aller Menschen. Hiervon wollen wir einen gahr kurtzen Bericht tuhn / Gott gebe die Gnade seines Heyligen Geistes / daß es vns zur Lehr / Trost vnd besserung gereiche.

Die Erste Lehre.
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ERstlich lehret hie Petrus / wie wir recht leben sollen. Daran ist vns allen zum höchsten gelegen. Dann wenn ein Mensch recht lebet so geseitet er Gott im Himmel / vnnd hat es in diesem vnd zukünfftigen Leben zu geniessen / hinwiederümb wenn einer Vbel lebet / so were jhm besser / das er nicht geboren were / Denn von solchen Leuten sagt Christus Matth. am 8. Laß die Todten jhre Toden begraben / bezeuget also / das sie / ob sie wohl für der Welt leben / für GOtt lebendig tod sein / wie auch von den Geilen Widwen die in Wollüsten leben / Paulus 1. Timoth. 5. redet / daß sie lebendig Tod sein. Derowegen ein jeder Mensch er sey auch wer er wolle zusehen soll / das er recht vnd nach Gottes Wort lebe. Worinnen nu ein Christliches Leben stehe leret Petrus mit Deutlichen Worten / die wir miteinander erwegen vnd betrachten müssen. Erstlich saget er machet Keusch ewre Seele / darmit zeiget er an / daß sie die Christen Vnkeuschheit / dz ist Sünd vnd Vnreinigkeit / weil sie leben / noch an sich haben. Denn so lang wir leben / hangt vns die Sünde
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an / vnd könenn wir derselben nicht gäntzlich quit vnd loß werden / Wie denn Paulus saget: Ich weiß das in mir / das ist in meinem Fleische nichts gutes wonet. Aber da lehret Petrus / daß wir nicht vnbußfertig in Sünden fortfaren sollen / vnd der Sünden den Zaum hengen / sondern wir sollen stets Busse thun / nicht allein solche Sünd erkennen / sondern auch behertzigen / beklagen / Rew vnnd Leid darüber haben / GOtt vmb Gnade bitten / vnd vns der Gnade GOttes die er vns in Christo zusaget / in wahrem Glauben trösten / Vnd ist eben daß wir in vnserm Catechismo sagen / das der alte Adam durch tegliche Rew vnd Buß sol erseuffet werden mit allen Sünde vnd bösen Lüsten. Darümb predigt Christus Marci am 1. Thut Busse vnd gleubet an das Evangelium. Eben das meinet Paulus da er saget Rom. 6. So lasset nun die Sünde nicht herschen in ewrem sterblichem Leibe / Vnd Rom. 8. Es ist nichts Verdamliches an denen / die in Christo sind vnserm HErrn / die nicht nach dem Fleisch / Sondern nach dem Geist leben. Denn so jhr nach dem Fleisch lebet / So werdet jhr sterben müssen. So jhr aber durch den Geist des Fleisches Gescheffte tödet / so werdet jhr leben. Vnd eben das ist Pauli meinung auch Gal 5. Da er schreibet / die aber Chrjstum
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angehören / die creutzigen den alten Menschen sampt seinen Lüsten vnd begierden. Das machet nun den rechten vnterscheid zwische̅ rechtschaffenen vnd falschen Christen. Die falschen Christen lassen vnd hengen den Sünden den Zaum / vnd fahren sicher darinnen fort / wz aber rechte Christen sein / die erkennen vnd berewen teglich vnnd stets solche Sünde / wenn sie sich in jhnen regen / bitten inn warem Glauben an Christum vmb Verzeihung / vnd streiten wider jhr eigen Fleisch / vnd desselben böse lüste vnd dempffen sie. Nemet David zum Exempel / Im 39. Ps. Reget sich in jhm der vnkeusche vnreine alte Adam / es verdreust jhm / das er den Gottlosen also mus für jm sehe̅ vnd ist gleich mit GOTt nicht wol zufrieden / aber er thut Busse / setzt jhm für / er wolle nicht sündigen mit seiner Zungen / Er spricht: Ich wil meinen Mundt zeumen / ich wil schweigen vnnd meinen Mund nicht auffthun / vnd bittet Gott daselbst / das er jhm alle seine Sünde vergeben wolle. Denn durch wahre Busse wird gleich die vnreinigkeit im Hertzen loß gemachet / aber durch den Glauben an Chrtstum wird das Hertz gereiniget / wie Act. 15. stehet. Mit solchen Keuschmachen der Seelen bringen
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rechte Christen jhr gantzes Leben zu. Als wenn sich in jhnen reget die Sicherheit / hengen sie der selben den Zaum nit / sondern folgen Paulo / der 1. Cor. 9. schreibet. Ich beteube meinen Leib / vnd zeume jhn / auff das ich nicht andern predige vnd selbst verwerfflich werde. Reget sich in jhnen im Creutz Vngedult / erkennen sie es mit dem Heyligen David / vnnd erholen sich vnnd sagen: Was betrübstu dich meine Seele / vnd bist so Vnruhig in mir / Harre auff GOTt / denn ich werde jhm noch dancken / das er meines Angesichtes Hülffe vnd mein Gott ist. Wenn nu ein Mensch also in steter Busse lebet / So hat er sich zu trösten / das jhn GOTT / ob jhm schon die Sünde noch anhenget / nicht verdammen wolle. Es ist nichts verdamliches an denen / die in CHRISTO JESV sind / die nicht nach dem Fleisch / sondern nach dem Geist leben / spricht der Apostel Paulus / vnd abermahl saget er / so jhr durch den Geist des Fleisches gescheffte tödtet / so werdet jhr Leben / Rom. 8. Es sol aber auch auff solche Buß vnd Glauben ein newes Leben erfolgen / es soll nicht allein der Alte Adam / Durch Rew vnnd Buß getödtet werden / mit allen Sünden vnnd Bösen Lüsten / Sondern es soll auch hinwiederümb herfür kommen ein
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newer Mensch / der in gerechtigkeit vnd Heyligkeit für Gott lebe / Darümb setzet Petrus hinzu: In dem Gehorsamb der Warheit / in vngeferbter Bruderjiebe / vnd habt euch vntereinander Brünstig lieb auß reine̅ Hertzen. Da lehret Petrus / dz wir in vnserm Lebe̅ ernstlich sehen sollen auff den lieben Gott / das wir demselben warhafftig gehorsam leisten / das ist / nach seinem Wort vnnd befehl vns durchaus richten. Solcher Gehorsam gefället Gott / denn er außdrücklich saget Deuteronom. am 4. vnd 12. Ihr sollet nicht thun was euch gut düncket / Sondern die Wort die ich euch gebiete / die sollet jhr thun / Vnd Ezech. am 20. Nach meinen Geboten sollet jhr leben / vnnd meine Rechte sollet jhr halten. Darümb hatte GOtt nicht Gefallen / wann jhm die Jüden an den allerlustigsten Orten geopffert / Ja auch jhm zu ehren / wie sie meineten / jhre Söhne verbrand. Wie denn noch heutiges Tages im Bapstthumb mann Gott Vergeblich dienet mit Menschensatzungen / Welche sie doch für die höchsten Werck halten. Aber Wir dürffen es so weit nicht suchen / Gott wil gehorsamb haben / 1. Sam 15. Gehorsamb ist besser denn Opffer / sagt Samuel / vnnd auffmercken besser denn das Fette von den Wiedern.
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Also wird David gerühmet / daß er ein Mann sey gewesen nach dem Hertz Gottes. Wie hat er denn gelebet / Was hat er denn gethan? Er saget dein Wort ist meiner Füsse Leuchte / vnd mein Liecht auff meinen Wegen / Er hat sich nach Gottes Wort vnd Geboten gerichtet. Also wenn auch wir in vnserm Leben Gott dienen wollen / wie zumaln billich / dürffen wir es nit weit hersuchen. Gehorsam wil GOtt haben / da hat er vns die Zehen Gebot gegeben / darnach sollen wir vns richten / er hat eim jeden / er sey welches Standes er wolle / in der Haußtaffel seine Lection fürgeschrieben / darnach richte er sich / so geht er einher im Gehorsam Gottes / vnd gefället Gott. Eine Obrigkeit setze Gottes Wort / Recht vnnd Gerechtigkeit fort / Ein Vnterthan sey gehorsamb / Prediger lehren / vermahnen / trösten straffen. Die Zuhörer gehorchen jhren Lehrern / die für jhre Seele wachen / Mann vnd Frawen ehren sich / Ziehen jhre Kinder auff in der Zucht vnd Vermanung zum HErren / Die Kinder seyen gehorsam / Herrn thun wz recht vnd gleich ist jhren Knechten / die Diener vnd Dienerinnen seyen gehorsamb / nicht allein mit Dienste für Augen / als den Menschen zu gefallen / Sondern mit einfeltigem Hertzen. Sihe da ist ein Löblich vnd Gott
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wolgefelligs Leben / wenn man also Busse thut / vnd wie Lucae 1. Vom Zacharia vnd Elisabeth stehet / einher gehet nach den geboten vnd Satzungen deß HERRen vntadelich. Zum Andern soll ein Mensche in seinem Leben auch sehen auff den Nächsten / das er den Liebe. Dahin gehöret die Andere Taffel der Zehen Gebot. Mit Liebe deß Nechsten sollen wir vnser Leben zubringen. Vnnd das ist ein Fürnehmes Stück des Gehorsams den wir GOtt leisten sollen / Denn weil wir GOTt nicht sehen / Er auch vnserer Handreichunge nicht bedarff / Damit wir gleichwohl Vrsache haben / alle Stunde vnsern Gehorsamb vnd Liebe gegen GOtt dem Allmechtigen zu beweisen / hat er vns vnsern Negesten befohlen / Das wir von seinetwegen den lieben sollen: Du solt spricht er / im dritten Buch Mosis am 19. deinen Nechsten als dich selbst. Vnd das wir nicht meinen solch Gebot gelt nicht mehr / hat Christus dasselbige widerholet vnd gesaget Ein New Gebot gebe ich euch / daß jhr euch vntereinander liebet / dabey wird man erkennen / daß jhr meine Jünger seid / Das treiben die Apostel starck / Rom. 12. Ro. 12. Die Liebe sey nicht falsch / die Brüderliche Liebe sey hertzlich / vnd 1. Joh. 3. Meine Kinderlein lasset vns nicht lieben mit Worten vnd Zungen / sondern mit der that vnd Warheit.
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Darümb wenn vnser Nechster sich an vns versündiget / sollen wir jhm vergeben / hat er seine feile / die sollen wir jhm zu gute halten / leidet er Noth / so sollen wir jhm wie müglich helffen / können wir nicht mehr thun / so sollen wir für jhn bitten. Von diesen Wercken wird Christus am Jüngsten Tage sagen: Warlich ich sage euch / was jhr gethan habt einen vnter diesen geringsten / das habt jhr mir selber gethan. Damit hat Hiob sein Leben zugebracht / 29. C. spricht er: Ich errettet den armen der da schrey / vnd den Weisen der keinen Helffer hat / der Segen deß / der verderben solte kam vber mich / vnnd ich erfrewet dz Hertze der Wittwen. Mtt solchen Wercken fürnemblich sollen auch wir vnser Leben zubringen. Er setzt aber noch ein Wort vnd saget / Wir sollen vnser Seele keusch machen im Gehorsam der warheit durch den Heyligen Geist. Damit er lehret / Wie wir zu solchem Gottseligen Leben so da steht im Gehorsamb gegen Gott / vnd der Liebe gegen dem Nechsten kommen können. Wir sind durch die Sünde dermasse̅ verderbet / das wir vnsere Seele nicht keusch machen / vnd Gott keinen rechtschaffenen Gehorsamb leisten / noch dem Nechsten Brüderliche Liebe beweisen könne̅. Aber der H. Geist muß es thun / vnd in vns wircken / das wir vnsere Seele keusch machen / Gott gehorsamb sein vnd den nechsten lieben.
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Darümb sagt Paulus Roman. 8. So jr durch den Geist des Fleisches Geschäffte tödtet. Er lehrt der H. Geist müsse solches wircken. Vnd Galat. am 5. schreibet er / daß Liebe / Gedult / Freundligkeit Früchte des Geistes sein. Derwegen so wollen wir nach Petri Lehr vnser Leben Christlich vnd wol anstellen / so muß der Heylige Geist solchs in vns wircken. Wie wir aber den H. Geist erlangen / höret E. L. zur andern Zeit / Erstlich wil Gott darümb gebeten sein / Luc. 11. saget Christus / so jr / die jhr doch arg seid / könnet ewren Kindern gute Gaben geben / Wie viel mehr wird mein Himlischer Vater den Heyligen Geist geben denen / die jhn drümb bitten. Es ist aber mit den bitten nicht allein ausgerichtet / sondern man muß Gottes Wort hören / der glaub dardurch die Hertzen gereiniget werden / kömmet auß der Predigt. Wie am H. Pfingsttage Petrus GOttes Wort prediget / fellet der H. Geist auff die Zuhörer vnd von denen die den H. Geist empfangen / saget Lucas / es war der menge der Gleubigen ein Hertze / vnd eine Seele / das ist eine rechte Bruderliebe. Derwegen wenn wir wollen newe Leute werden vnser Seele Keusch machen im gehorsamb der War
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heit / vnd in der einbrünstigen Liebe / müssen wir Gott teglich vmb seinen Heyligen Geist anruffen / vnd Gottes Wort hören / dardurch Glaub / Liebe / Hoffnung / in vns angezündet / gestercket / vermehret vnd erhalten wird. Soll vns nun die erste Lehr dazu dienen / dz wir lernen / das wir vnser lebenlang nicht gantz rein werde̅ sollen derwegen nicht verzagen / sondern täglich Busse thun / Gott durch Christum vmb gnadbitten / vnd vnser leben bessern / gehorsamb sein / vnd den Nechsten lieben / so sind wir rechte ware Christen. Vnnd soll sich da ein jeder prüefen / ob er bißher in steter Bußfertigkeit gelebet / auff Gott gesehen / vnd jhm gehorsam gehorsam geleistet / vnnd den Nechsten geliebet. Ists nicht geschehe̅ / so gedenck er / er sey vbel hie gewesen / vnd fange es noch an / so gefellt Gott sein thu̅ wohl / ob er schon etwas spat in den Weinberg kömpt.

Die andere Lehre.
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HIeneben lehret vns Petrus / was wir für arme Leute von Natur alle sein / dz wir gar nichts taugen / wenn GOtt nicht das beste bey vns thete. Er nimpt aber solche Beschreibung vnsers Elenden Zustandes aus
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dem 40. Capittel Jesaia da eine Stimme Johannem solches Predigen heisset / Die Wort deß Propheten lauten also: Alles Fleisch ist Hew / vnd alle seine Güte wie des Grases Blume / das Hew ist verdorret / vnnd die Blume ist abgefallen / Es hat ja ein feines Ansehen vmb das Graß / es grünet so fein / das es einen anlachet: Insonderheit aber haben die Blumen ein schönes liebliches ansehen / geben auch einen Lieblichen Geruch von sich / scheinet also beydes als wenn es allwol etwz were / wie Christus selber saget / das Salomon in aller seiner Herrligkeit nicht gekleidet gewest als das Graß oder die Blume. Also hat der Mensch ein fein ansehen / er ist die fürnembste vnter allen sichtbaren Creaturen / vnd sind etliche für andern hochbegabet vnd gezieret / mancher ist schön vnd starck / einer ist gelert vnd geschickt / einander hat die menge der Zeitlichen Güter / Ein ander hat grosse Gewalt / Land vnd Leute müssen sich für jm fürchte̅. Aber wie es ein eitel ding ist beydsvmb dz Graß vnd die Blum / heut stehets / morgen wirds abgehawe̅ vnd in den Ofen geworffen spricht CHRIstus. Also sind alle Menschen wie Graß / vnnd die was sonderlichs sind / wie deß Grases Blume. Den weil sie Sünder sein / So sind sie eitel vnnd Vergenglich / vnd
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nit allein allem Vngewitter / sondern auch endlich dem Zeitlichen vnd ewigen Tode vnterworffen / Vnnd hat der H. Geist sonderlich Lust zu diesem Gleichniß / dieweil vns dartzn vnser jämmerlicher Zustand für Augen gehalten wird / vnd das nichts an vns zu thun sey wie ein fein ansehen wir auch haben. Hiob am 14. Capittel. Der Mensch vom Wei be geboren / lebet Kurtze Zeit / vnd ist voller Vnruhe / gehet auff wie eine Blume vnd fellet ab. Vnd Moses im Neuntzigsten Psalm saget vom Menschem / Sie sind wie ein Gras / das doch bald welck wird / das da früh blühet vnd bald welck wird / vnd deß Abends abgehawen wird / vnd verdorret / Vnd im Hundert vnnd dritten Psal. Ein Mensch ist in seinem Leben wie ein Graß / er blühet wie eine Blume auff dem Felde / wenn der Wind dabey wehet / so ist sie nicht mehr da / vnd jhre Stete kennet sie nicht mehr. Vnd hie saget Petrus außm Jesaia / Alles Fleisch ist Hew. Das gibt auch die Erfahrung / wo sind die Ertzväter geblieben / die H. Großmechtigen Könige / die Propheten / die Aposteln / die Merterer / ja alle die für vns gewest / wie hoch sie auch von GOTT begabet gewest / Vnnd das ist es nicht allein / Sondern / wie gesaget / Wenn vns nicht geholffen wirdt /
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so geths vns als dem Grase / wie Christus Matth. am 6. saget: Das heute stehet / Morgen in den Ofen geworffen wird / so müssen wir im Hellischen Fewr Ewig brennen. Nun müssen wir aber dem dinge weiter nachdencken / wo vns doch solch Jammer vnd Elende herkommen / Gott hat den Menschen nicht darzu / sondern zu seinem Ebenbilde erschaffen / das er ewig leben vnd selig sein solte. Aber der Mensch hat sich den Teuffel verführen lassen / vnd solche Herrligkeit verlohren / dadurch das er in Sünde gerathen / vnd Gott vngehorsam worden ist. Da saget Gott zu jhm / welches tages du essen wirst von dem Bawm deß wissens gutes vnd Böses / solt du deß Todes sterben / Vnd da er gesündiget / saget er: Weil du gehorchet hast der Stimme deß Weibes / vnd gessen von dem Baume davon ich dir gebot vnd sprach: Du solt nicht davon essen / im schweiß deines angesichts soltu dein Brod essen / biß dzdu wieder zur Erden werdest / davon du genommen bist / denn du bist Erde vnd solt zur Erden werden. Darümb saget Moses / Psal. 90. Das machet dein Zorn / das wir so vergehen / vnnd dein Grim / daß wir so plötzlich dahin müssen / Denn vnser Missethat stellest du für dich / vnsere vnerkandte Sünde inn liecht für deiuem Angesicht. Vnd Roman. 5. Durch einen
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Menschen ist die Sünde in die Welt kommen / vnnd durch die Sünde der Tod. Diese Lehre soll vns erstlich demütigen für Gott vnd den Menschen / das wir vns vnter die Gewaltige Hand Gottes demütigen / vnnd in vnserem gebet vnd sonsten zu Gott mit Abraham Genesis am 18. sagen / Ich hab mich vnterwunden mit dem HErrn zu reden / wiewol ich Erd vnd Asche bin / Vnd mit David im 8. vnnd 144. Psalm / Was ist der Mensch das du sein gedenckest / vnnd deß Menschen Kind das du dich sein annimpst. Vnnd mit dem Haubtman im Evangelio / Ich bin nicht werth / Daß du vnter mein Dach gehest. So sollen wir vns wegen vnser Gaben vber vnsern Nechsten nicht erheben / sondern wie ein Pfaw / so sonst in jhren schönen Federn pranget / Wenn sie jhre Heßliche Füsse anschawet / jhre Flüegel sencken lesset. Also sollen wir mit vnsern Gaben nicht prangen / wen̅ wir bedencken was für arme Leute wir sein. Was erhebet sich die arme Erde vnd Asche / ist doch der Mensche ein schendlicher Kot / weil er noch lebet / vnd wenn der Artzt lange daran flicket / so heist es doch endlich: Heut König / Morgen Tod / Vnd wenn der Mensch tod ist / so fressen jn die Schlangen vnd Würme. Darümb lieber Mensch / Wenn du schon grünest wie ein
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Graß / ja du bist wie eine schöne wolriechende Blume mit viel Gaben gezieret / vberheb dich nicht / gedencke es sey mit dir wie mit der Blume / Wo sind die Violen / Die Rosen / die Lilien / die Nägelein geblieben / die diß vnd andere Jahr gewachsen? Man weiß nichts davon. Eben die Gelegenheit hat es mit dir vnnd mir / vnd allen Menschen / wie hoch sie auch begabet sein. Darümb demütige dich für deinen lieben GOtt / vnd deinem Nechsten / Mensch / das gefellet Gott vnd den Menschen wol / da sonsten dem Hoffertigen Gott vnd Menschen feindt sind. Es soll auch das die edele Creatur der Mensch / der neben den H. Engeln Ewig leben soll / wegen der Sünde so gar herunter kommen ist / Daß jetzt alles Fleisch ist wie Graß / vnd alle seine Herrligkeit wie deß Grases Blume vns eine Erinnerung sein / was für Grewel für Gott die Sünde sey. Diese Lehr ist hochnötig / vnd muß stets mit fleisse getrieben werden / denn man vns nicht beredeu kan / das so ein schrecklich Ding vmb die Sünde sey. Wir meinen jmmer es habe so viel nicht auff sich / GOTT zürne so sehr nicht drüber. Vnnd hilfft der böse Feindt fleissig dartzu / das die Menschen in solchen Wahn gestecket werden / auff daß sie sicher in Sünden fortfahren / vnd nicht busse thun / biß daß er seine Gelegen
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heit ersihet / Die Sünde auffzumutzen / Vnnd den Menschen endlichen in Noth vnd Verzweiffelung zue bringen. Solchen Falschen vnd Schedlichen Gedancken zu wehren / lest Gott nicht allein vns mit mancherley Straffen in seinem Wort drewen / sondern er drücket auch nach mit der Straffe / vnnd gibt vns den Glauben in die Hand / daß er ein Eyferiger Gott sey / der vber die Sünde nicht herwischen / sondern sie straffen wolle. Denn es ist mit de̅ Menschen nu gar in eim andern Stande Als es anfenglich gewesen / Eß heist nun mit dem Menschen: Alles Fleisch ist wie Hew / vnnd all seine Herrligkeit wie des Grases blume / das Hew verdorret / die blume fellet ab. Da ist ein Mensch / als ein Graß vnnd blume allem Vngewitter vnd Vnglück vnterworffen. Als Mühe vnd arbeit allerley Kranckheit / allerley Sorg vnd Anfechtung / Allerley Schaden gehen jhm vber / biß er endlichen stirbet: Dabey bleybet es doch nicht / Sondern es folget darauff / das Jesa. am 66. Capit. stehet / Ihr Wurm wird nicht sterben / vnnd jhr Fewer wird nicht verlöschen. Das meinet Johannes der Teuffer wenn er sagt Math. 3. Er wird die Sprewe verbrennen mit ewigen Fewer.
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Derwegen wenn wir hören vnd für Augen sehen vnd erfahren / welchen grossen schaden vns Menschen die Sünde gethan / sollen wir solchen Schaden behertzigen / Rew vnd Leid vber die Sünde haben / vn̅ vns zum höchsten lassen angelegen sein / das vns die Sünde vergeben / vnd wir mit GOtt versühnet werden. Es sol vns auch eine Warnung sein / das wir vns hinfurt für Sünden desto fleissiger hüten / vnnd vns nicht also mutwillig / wie leyder geschicht / darein stürtzen. Wir sollen auch weil diß Leben vergänglich vnd so gar vngewiß ist / darauff nicht passen / vnd nicht wie leyder geschicht / es also anstellen / als wolten wir ewig hier bleiben / daß es vns ntcht gehe wie dem Reichen Mann Luce am 12. Der jhm einbildet er wolle noch lange Zeit leben / vnd erst gute Tage haben / da doch die Nacht seine Seel von jm gefordert wird / sondern stets wacker vnd bereit sein / wenn vns Gott abfordert / vnd als Frembdlinge vnd Pilger in das ewige Vaterlandt schicke̅ / denn wer weiß wenn der Tod mit seiner Sense kömpt vnd abmehet? Darümb Paulus sagt Phil. 3. Ich vergesse was dahinden ist / vnd strecke mich zu de̅ was dafornen ist / vnnd jage nach dem fürgestrecktem Ziel nach dem Himlischen Kleinot / welches vns fürhelt die Himlische beruffung Gottes in Christo Jesu /
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Vnd hernach im selben Capittel: Vnser Wandel ist im Himmel / von dannen mir auch warten deß Heylandes Jesu Christi deß HERrn / welcher vnsern nichtigen Leib verklären wird / daß er ehnlich werde seinem Verklärtem Leibe. Also saget die Epistel zun Hebreern am eilfftem Von den Ertzvätern / Sie haben bekand das sie geste vnd frembdling auff Erden sind / vnd damit zuverstehen geben / das sie ein Vaterland suchen / vnd zwar begehren sie nicht deß Irrdischen / sondern eines bessern / nemblich deß Himlischen wie wir aber dartzu kommen davon werden wir im Dritten Theil hören.

Die Dritte Lehr.
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DIeweil es nun mit vns Mensche̅ in einem solchen Elenden Stande ist / das wir sind als ein Graß vnd Blume / so verdorret / abfelt vnd in Ofen geworffen wird sollen wir darauff gedencken / wie doch zu solchem grossen Schaden Rath geschaffet werden könne. Denn wann das nicht sein solte / solte ein Mensch lieber wollen daß er nicht geboren were. Da weiset nun vns Gottes Wort / vnnd insonderheit dieser Spruch auch / gewisse Artzneye / Rath
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vnd trost / datzu denn vns allen Lieb sein sol / vnd sollen wir darauff gute achtunge haben. Denn wenn einer sonsten nur einen leiblichen Schaden hat / verlanget jhn zumahlen sehr / nach einer gewissen vnd bewerten artzney / wie viel mehr soll vns nach dieser artzney verlangen / die allen Schaden / so wir Menschen am Hals haben / von grund aus heilet. Es hett vns ja Gott mit allem fug in solcher not stecken lassen können / aber er hat es nicht gethan / sondern auß grosser liebe die er zu vns Menschen seinem wiewol verdorbenem Geschöpffe treget / Hat er vns Rath geschaffet / denn er seinen lieben Sohn lassen ein Schwachen Menschen werden vnd sterben / vnd vns also erlösen / vnd damit wir solcher Wolthat geniessen / hat er vns sein Wort gegeben / daß liebe Evangelium das er vns durch Christum die Sünde vergeben / vnd vns ewig selig machen wolle. Solch Wort Gottes so schlecht es auch scheinet / ist ein vnvergenglicher ewiger Schatz / ja ein vnvergenglicher Same / dadurch wir new gebohren werden da wir zuvor Sünder waren / wen̅ wir nur an vns die Gnadenreiche Predigt von Christo vnd seinen Wolthaten halten / werden wir nu gerecht / Da wir zuvor hetten verzagen müssen / haben wir nu ein friedsam vnd frölich gewissen / Da wir zuvor Kinder deß
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Zorns waren / sind wir nun Kinder der gnaden / da wir zuvor Verdampt waren / Sind wir nun Seelig. Darümb heisset Gott Johannem Jesa. am 40. nicht allein predigen / das alles Fleisch Hew sey / das verdorret / vnd alle seine Güte wie eine Blume sey die abfelt / sondern daß das Wort deß HErrn Ewig bleibe. Daß erkleret Petrus noch deutlicher / vnnd zeiget an / daß es als ein Same sey / dardurch ein Mensche Newgeboren werde / daß er nicht mehr sterblich sey / so̅dern vnsterblich werde. Es ist sonst der Same ein krefftig Ding / daran man Gottes Weißheit vnd Allmacht spüret / das auß einem kleinen Korn wol ein grosser Baum wird / Der viel herrliche Früchte treget / aber daß ist alles vergenglich / Gottes Wort aber ist ein solcher Same / der die krafft hat aus vns newe menschen zu machen dz da wir zuvor Gott nicht erkand / wir nun Gott vnd seine̅ Willen erkennen / da wir zuvor vns für Gott / alß eine̅ gestrengen Richter fürchteten / wir vns zu jhm alls vnsern lieben Vater alles guten versehen / da wir zuvor nichts guts theten / wir nun gute Früchte bringen da wir zuvor Geistlich tod waren / wir nun ein newes leben fühlen.
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Darümb sagt David im 1. Ps. daß sey ein seliger Mensch / oder dem sey wol / der Lust habe zum Gesetze deß HErrn / oder sey als ein Baum gepflantzet an den Wasserbächen / vnd seine Blätter verwelcken nicht. Vnnd Christus saget Matth. am 13. Das Himmelreich / (das ist Gottes Wort dadurch wir ins Himmelreich kommen) sey gleich einem Senffkorn / das ein Mensche nam / vnd seets auff seinen Acker / welches dz kleinest ist vnter allem Saamen: Wenn es aber erwächst / so ist es das grössest vnter dem Kol / vnd wird ein Baum / daß die Vogel vnter dem Himmel kommen vnnd wohnen vnter seinen Zweygen / Item das Himmelreich sey gleich einem Sawerteig / de̅ ein Weib nam vnd menget jhn vnter drey Scheffel Mehls / biß das er gar durchsewret war. Solche Krafft hat Gottes Wort nicht von dem Buchstaben / oder von dem Gethön / das geredet wird sondern von dem Allmechtigen GOtt selbst / der solch Wort redet / vnd zur Menschen Seeligkeit verordnet hat. Denn wenn GOtt saget so geschichts / wenn er gebeut so stehts da. Daher der Haubtman / Matth. 3. zu Christo saget: Sprich nur ein Wort so wird mein Knecht gesund. Also hat Gottes Wort die Krafft einen Men
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schen zuerleuchten / zu bekehren / zu ernehren / gleubig vnnd seelig zu machen / daher weil es GOtt datzu verordnet hat. Daß dem so sey / bezeuget Christus / Johan. 5. Warlich / warlich ich sage euch / wer mein Wort höret / vnd gleubet dem der mich gesand hat / der hat das ewige Leben / vnd kompt nicht ins Gericht / sondern ist vo̅ Tod zum Leben hindurch gedrungen / Vnd Joh. am 8. Warlich warlich ich sage euch / wer mein Wort helt der wird den Tod nicht schmecken ewiglich. Daher saget Petrus zu Christo / Johan am 6. Du hast Wort deß ewigen Lebens / Vnd Paulus Rom. 1. Ich scheme mich deß Evangelij nicht / denn es ist eine Krafft Gottes die da selig macht alle die daran gleuben / Vnnd 1. Cor. 1. Nach dem die Welt durch jhre Weißheit Gott in seiner Weißheit nicht erkandte / hat es Gott wolgefallen durch die törichte Predigt seelig zu machen / die da gleuben. Vnd 1. Corinth. 15. Ich erinnere euch deß Evangelii daß ich euch geprediget habe / welchs jr auch angenommen habt / in welchem jhr auch stehet / durch welches jhr auch selig werdet. Vnd das es nicht leere Wort sein / gibet die Erfahrunge selber. Im andern Buche der Könige am 22. höret Josias die Wort deß Gesetzes / da wird sein hertz erweichet / thut Busse / vnnd zerreist seine Kleider. In
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der Apostel Geschicht am Andern / thut Petrus eine Predigt / die rühret Dreytausent Menschen das Hertz das sie jhre Sünde erkennen / Rew vnd Leid darüber haben / an den HErrn Jesnm gleuben vnd selig werden. Saulus war ein abgesagter Feind der Christen / aber durch das Wort Gottes wird er bekehrt / vnd ein ander Mensch / daß jhm leyd ist / das er die gemeine GOttes verfolget hat / er glaubet an CHRISTVM / den er zuvor in seinen Gliedern verfolget hatte / vnnd predigt sein Wort / vnd lesset sein Leben darüber. Daß laß mir ein herrlich vnd krefftig Wort sein / Daß einen Blinden erleuchtet / einen Gottlosen from machet / einen Verzagten Menschen auch im Tode Mutig vnnd Getrost / vnd einen verdorbenen Selig machet. Wie denn auch der Königliche Prophete David im Neunzehenden Psalm saget: Das Gesetz deß HErrn erquicket die Seele / die Zeugnis deß HErrn machen die alberen weiß / die Befehle deß HErrn erfrewen das Hertz / die Gebot deß HErren erleuchten die Augen / Vnd Hebr. 4. Das Wort deß HERrn ist lebendig vnd krefftig / vnnd scherffer denn kein Zweischneidiges Schwerd / vnd durchdringet biß daß es Scheide / Seel vnd Geist auch Marck vnd Bein. Daß sol vns dazu dienen / das wir vns an das
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Wort Gottes halten / wenn wir wissen wollen / Wie wir mit Gott daran sein / wir nicht sehen vnd gedencke̅ auff den Verborgenen Rath GOttes / ob vns Gott erwehlet ehe der Welt Grund geleget / welches wir nit ergründen können / sondern vns an das Wort Gottes halten das vnvergenglich ist vnnd Ewig bleibet / dardurch wir new geboren werden zu Kindern GOttes vnd erben deß ewigen lebens / wie Roman. 10. stehet: Sprich nicht in deinem Hertzen / Wer wil hinnauff gen Him̅el fahren / das ist nichts anders denn Christu̅ herab holen / oder wer wil hinnab in die tieffe fahren / das ist nichts anders denn Christum von den Todten holen. Aber was sagt die Gerechtigkeit deß Glaubens Das Wort ist dir nahe / nemblich an deinem Munde / vnd in deinem Hertzen / dz ist das Wort vom Glauben das wir predigen. Wenn wir auch angefochten werden / das wir so arme Creaturen / sündige Menschen / vnd deßwegen auch allerley Vnglück in diesem Leben vnd dem Zeitlichen vnd ewigen tode vnterworffen sind sollen wir vns dessen trösten / das Gott Rath gefunden / seinen lieben Son für vns gegeben / vnd vns sein Wort predigen lest / dadurch wir newgeboren werden / Als einen krefftigen Samen / Welcher Saame ewig bleibt / Vnnd erhelt vns zum ewigen Leben / Wie S. Petrus in vorgehenden Worten dieses Capittels sagt
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Er hat vns wider geboren zu einen vnvergenglichem Vnverwelcklichen vnnd vnbeflecktem Erbe / das euch im Himmel behalten wird. Auch soll vns dieser Ruhm vnd Preiß deß Götlichen Worts datzu dienen / das wir nicht / Wie die Schwenckfelder thun / Gottes Wort für einen toden Buchstaben halten / vnnd nach andern sonderbahren Offenbarungen gaffen / auch nicht wie die Weltkinder Gottes Wort geringe achten / alß sonsten der mensche̅ Wort / sondern es auffnemen / vnd es gern vnd fleissig hören vnd zu Hertzen nemen. Denn die Widergeburt geschicht nicht auff einmahl / sondern weret vnser Lebenlang / wir werden verkläret von einer Klarheit zu der andern / Vnd wird an jenem Tage erst solche Wiedergeburt vollendet / Vnd das thut viel tausent Menschen den schaden / das sie nicht Gottes Wort hören / Darümb bleiben sie wie sie sind / oder wollen Gottes Wort eines theils erst lernen / wenn sie auff dem todbette ligen / da gehets denn jhnen wie den fünff törichten Jungfrawen / das jre Lampen verlöschen / oder hören zwar Gottes Wort / aber nehmens nicht an / thun nicht Busse / gleuben nicht / bessern sich nicht / da bringt es keine frucht / denn es heist: Seelig sind die / die Gottes wort hören vnd bewahren. Das Evangelium ist eine Krafft selig zu machen / die daran gleubeu.
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Beschluß.
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ALso haben wir dißmal zu seiner Ruhestet gebracht den Ehrnvesten vnd Wolgelarten Herr Veit Crullen F. Br. Cammerer alhier / das ist / wie wir jetzt für Augen sehen / Auch ein Mensch vnd armer Sünder gewest / wie wir alle sind / hat auch wol wie ein jeder vnter vns seinen Mangel gehabt / vnnd gehöret derwegen freylich mit vnter den Spruch Petri / alles Fleisch ist wie Hew / vnd alle seine Herrligkeit wie deß Grases Blume / das Hew ist verdorret vnd die Blume ist abgefallen. Wir haben aber den Trost / daß er widergeboren ist durch den vnver genglichen samen deß lebendigen wort Gottes / daß da ewig bleibet / zu einem vnver gengliche̅ vnbefleckten Erbe Wie wir jhm dann ohn alle Heucheley das Zeugniß geben können / dz er seine Seele keusch gemacht in dem Gehorsamb der Warheit / durch den Geist / sonderlich ist das an jhm zu loben / das er / die Zeit er hie gewest / Gottes Wort gerne vnd fleissig gehöret / wie er denn in seiner Kranckheit sich etlicher predigten erinnert / vnd vnter andern daß auß jenem alten Kirchen Lehrer angezogen: O HErr JEsu / das letzte Wort an deinem Creutz sey mein letzte Wort in
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meinem Leben / auch in seiner Kranckheit ist jhm hertzlich lieb gewesen / wenn wir Prediger zu jhm kommen sind / gleich als wenn ein Engel vom Himmel zu jhm kom̅en were. Es hat sich auch in seinem Leben außgewiesen / daß er solch Wort an vnd zu Hertzen genommen / vnd er dardurch new gebohren sey. Denn jm männiglich das Zeugniß gibt / daß er insonderheit in seinem Ampt seinem Herrn / (Welches mit der Zeit schier seltzam ist) trewlich gedienet / vnd nicht sein eigen nutz gesucht / vnd etwa alleine dem gewillfahret / davon er etwas möchte zu hoffen haben / sondern so viel die gelegenheit leyden wollen / allen ohne vnterscheid / etc. Wie er denn auch von seinen eigenen gütern / damit jhn Gott gesegnet / alß mir wol wissend / Zu Gottes Ehr vnd behueff der armen nicht ein geringes angewand. Aber wie Gott es mit seinen lieben Kindern helt Ja wie ers mit seinem Eingebornen Sohn / des Ebenbild die Gleubigen gleich werden müssen / gehalten / hat jhn Gott hart mitgenommen / jhn mit einer schweren Kranckheit angegriffen / vnd sonderlich auffs letzt / in die 14. Tage jhn so hart mitgenommen / das man schier jmmer deß Endes abgewartet. Da den GOtt vns andern Busse geprediget. Denn wie Christus Luc. 13. lehret / sind die nicht für andern Sünder / Die
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Gott so hart mitnimpt / sondern wir lebendigen sollen vns eine Bußpredigt sein lassen. Denn so wir nicht busse thun / werden wir alle vmbkommen / Es ist Zeit / saget Petrus / 1. Cap. 4. Daß das Gerichte anfange vom Hause deß HErrn / so aber zu erst an vns / Was wils für ein ende nemen mit denen die dem Evangelio nicht glauben? Oder so der Gerechte kaum erhalten wird / wie wil der Gottlose vnnd Sünder erscheinen? Er hat sich aber Christlich in solcher Kranckheit geschicket / sein Hauß bestellet / sich im Versühnambt mit Gott versühnet / vnnd die seinen zu allem guten fleissig vermahnet / welcher vermahnunge so sie folgen werde̅ / so wird Gott sie nicht verlassen / Er ist aber auch in solchem grossem langwirigen Schmertzen gedültig gewest / vnd sich seines Heylandes Ihesu Christi in warem glauben getröstet / solchen Glauben auch so lange Vernunfft in jhm gewesen / bekandt / vnd ist also in solchem Glauben eingeschlaffen / da es denn heist: Seelig sind die Todten die in dem HErrn sterben. Dazu helffe Gott Vatter / Sohn vnd Heyliger Geist / Amen.


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