Transkription

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Anton Ulrich]: Erneuerte Kirchen-Ordnung Unser von Gottes Gnaden Anthon Ulrichs Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg, Erster Teil.
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Erneuerte Kirchen-Ordnung Unser Von GOttes Gnaden Anthon Ulrichs Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Erster Theil.
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Braunschweig / Gedruckt durch Johann Georg Zilligern / Hochfürstl. privilegirt. Hof. Buchbr. 1709.
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VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Für Uns / Unser Erben und Successoren an der Landes-Fürstl. Regierung fügen hiemit zu wissen / als Wir Uns jederzeit sorgfältig zu Gemühte führen / welcher gestalt die durch GOttes Gnade Uns angestammete Landes-Fürstliche Regierung mit dem hohen Jure Sacrorum und davon dependirenden Episcopal-Rechten ohn zertrennlich verknüpffet / und Uns als einem Evangelischen in so weit von aller frembden geistlichen Botmäßigkeit eximirten Fürsten die Cura Ecclesiae und Krafft derselben die Kirche zu beschützen / deren Rechte zu bewahren / und so wol darüber als des euserlichen Gottesdienste halber heilsame den Göttlichen Willen gemässe Gesetze und Verordnung zu machen allerdings zustehet / oblieget und gebühret; Wir auch Unsere Landes-Fürstliche Regierungs-Sorgen vornemlich dahin zu richten haben / wie Wir
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das heilige geoffenbahrte Wort GOTTes und die daraus fliessende bey der Christlichen Reformation gereinigte Lehre in Unsern Landen rein und ohnbefleckt erhalten / und zu Erreichung sothanen heilsahmen Endzwecks von wegen der Kirchen das Ambt gewissen der Orthodoxie versicherten und wolbegabten Lehrern und Predigern auftragen und anvertrauen / auch daneben bey Unsern Kirchen in allen Stücken eine gute Ordnung observiren lassen mögen; Und Wir Uns dann erinnern / auch in der Nachfrage befinden / daß zwar in Anno 1657. von weyland des Durchlauchtigsten Fürsten / Herrn AUGUSTI, Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg etc. Unsers Herrn und Vaters Gnaden Ruhmwürdigsten Andenckens eine Kirchen-Ordnung / wie es mit dem Gottesdienste und sonsten zu halten publiciret / die Exemplaria aber innerhalb denen dar sieder abgelauffenen mehr dann funffzig Jahren bey denen Kirchen sehr abgängig und fast ohnbrauchbar worden; Dannenhero Wir für nöhtig und nützlich befunden sothane Ordnung zur Hand nehmen / selbi
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ge revidiren / erneuren / und folgender massen ad pleniorem formam bringen zu lassen; So constituiren Wir demnach / setzen und ordnen aus Landes-Fürstlicher Macht hiemit und wollen / daß dieser unser revidirten / erneuerten und extendirten Kirchen-Ordnung hinkünfftig in allen und jeden Stücken strictè nachgelebet / und dagegen bey Vermeidung ernstlichen Einsehens keines weges gehandelt werden soll / Allermassen Wir Unserem Geheimten Rahts-Collegio, Unserm Consistorio, auch Unsern General und Special-Superintendenten hiemit gnädigst befehlen darauf ein wachendes Auge zu haben / und bis an Uns nachdrücklich darüber zu halten. Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und nebengesetzten Fürstlichen Geheimbten Sieguls / Geben in Unser Stadt Braunschweig den 1. May 1709. Anthon Ulrich /
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CAP. I. Von der reinen Lehre / und was die Lehrer und Prediger dabey zu beobachten.
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I.
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NAchdemmahl die reine zur Seeligkeit führende Lehre alleine diese ist welche GOTT selber durch sein heiliges Wort geoffenbahret hat; wie solch Wort GOttes in den Prophetischen und Apostolischen Schrifften des Alten und Neuen Testaments durch Mosen / die Propheten / Evangelisten und Aposteln begriffen ist / Dahero denn diese Lehre der wahren Kirchen GOTTES nicht auf menschliche Einbildung / Weißheit und Vernunfft / son
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dern allein in dem was der Mund GOTTes geredet sich gründet / Wie dann solch Wort GOttes / wodurch derselbe von Anfang der Welt sich und seinen Willen seiner Kirche geoffenbahret / hernach durch Göttliches Eingeben in Schrifften verfasset worden / damit die Kirche zu allen Zeiten einen festen Grund und gewisse Regul habe / dadurch die wahre Religion erkandt und bewiesen und von denen ungewissen und irrigen Meinungen unterschieden werden könne; Deßwegen dann auch solche H. Göttliche Schrifft der eintzige Grund des Glaubens ist / worauf und ausser dem auf kein anders weder im Himmel noch auf Erden der Mensch gewiesen; Zumahln darinnen alles geoffenbahret und begriffen / was nohtwendig zu der seeligmachenden Glaubens Lehre und zu der Menschen Unterrichtung / Trost / Ermahnung / Straffe und Besserung erfodert wird; So soll dannenhero dieses heilige Wort GOttes von denen Predigern in ihren Predigen / Catechisationen und Auslegungen nicht gezwungen / verkehret oder auf praeconcipirte Deutungen gezogen / sondern in simplici sensu, welchen der klare und deutliche context mit sich führet und wie ein Ort in der heiligen Schrifft den andern erleutert / gelehret / ausgeleget / und der Christlichen Gemeine vorgetragen werden. II. Und gleich wie im Jahr 1576. unser Ober-Aelter-Herr Vater / weyland Herr Hertzog Julius zu Braunschweig und Lüneburg etc. Glorwürdigsten Andenckens bey der damahls durch GOTTes sonderbahre Gnade
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ausgeführten Reformation und Reinigung der Religion ein gewisses Corpus Doctrinae publiciren lassen / Also sollen die jetzige und künfftige Prediger und Dienere am Göttlichen Worte auf die in solchen Corpore Symbolico zusammen gefassete Normam Doctrinae hiemit gewiesen / dabey jedoch hiedurch bedeutet seyn / daß / wann sie zum Predig- und Kirchen-Ambt aufgenommen / sie eigentlich auf die Summam Doctrinae und die von allen Irrthümeren gereinigte Lehre sich verbündlich gemachet / keines weges aber sich zu denen dero Zeit denen Reformatoribus ex justo dolore in die Feder gefallen und gegen die Widersacher gebrauchte herbe expressiones obligiret; Deßwegen sie dann allein auf die vorgeschriebene zur Seeligkeit führende Lehre / wie sie dieselbe ihren Gemeinen rein und lauter inculciren mögen / sich treulich appliciren / von denen gedachten herben expressionen aber / bevorab da in denen Reichs-Constitutionen und dem Friedens-Instrument de Anno 1648. dergleichen Anzügligkeiten verboten / gäntzlich abstrahiren sollen. III. Allermassen wir dann oberwehntes Corpus Doctrinae und mithin Unser an 2. Mart. 1692. wieder die herumschleichende Sectarey publicirtes Edict hiemit nochmahlen bekräfftigen / und wollen daß die Examina so wol der Candidatorum Ministerii als der Schuel-Bedienten darnach eingerichtet / und ein jeder subscribent sich auf das Corpus Doctrinae und die darinnen begriffene articulos credendorum & agendorum, und zwar so weit
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diese agenda in Unser erneuerten Kirchen-Ordnung nicht geendert worden / sich mit Quia verbinden soll; Hingegen die jenige / welche sich mit Quatenus zu behelffen suchen / keines weges zum Kirchen- oder Schuel-Ambt aufgenommen werden sollen. IV. Und als die in unsern Fürstenthumen und Landen solcher gestalt von denen bekandten Irrthümern durch GOttes Gnade gereinigte Lehre wie ein Augen-Apffel mit grosser Sorgfalt bewahret werden muß / So sollen diejenige / so zu Hirten und Wächtern gesetzet / dagegen treulich vigiliren / und die Gemeine / wann es die Zeit und Nohtwendigkeit erfodert / für irrigen Lehren warnen und in ihren Predigen / was der reinen Lehre zuwieder ist / und wofür sich ein jeder zu hüten hat / aus dem klarem Göttlichem Worte / wiewol ohn weitläufftiges disputiren / vorstellen. V. Wann sich aber entweder unter der Gemeine oder in der Nachbarschafft einige Neuerungen / falsche Lehren und Sectareyen / als von heimlichen Separaten Lehr-Conventen / Verachtung der Kirchen / des geistlichen Ministerii und des öffentlichen Gottesdienstes / von innerlichem Worte GOttes / von Offenbahrungen und Entzückungen / von eingebildeter Vollkom̅enheit / Vergötterung / Independents, und dergleichen / sich eusseren und herfür geben solten / So sollen unsere Prediger ohn Versäumung einiger Zeit genau darnach forschen und da sich etwas Gefährliches finden würde / davon an unser Consistorium berichten / dieses aber nach angestelleter mehreren
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Erkundigung und erhaltenen näheren information die völlige Bewandniß an Uns oder Unser Geheimbten-Rahts-Collegium bringen / damit solchen gefährlichen Bewegungen zeitig gesteuert / die reine Lehre aber gerettet und bewahret werden möge.

CAP. II. Von Besetzung der Kirchen-Aembter.
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I.
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MAnn bey denen Kirchen in Unsern Fürstenthumen und Landen die Prediger mit Tode abgehen und die Pfarren vacant werden / so sollen unser Superintendenten zeitige Versehung thun / daß von denen benachbahrten Predigern das Kirchen-Ambt in allen Stücken so lang / bis die vacants wieder ersetzet / verrichtet werde. II. Bey wieder Besetzung solcher erledigten Pfarren sollen denen Patronis ihre wol hergebrachte jura Patronatus und in specie daß in denen Rechten gesetzte fatale praesentandi ohngekräncket gelassen / wann aber solcher peremtorischer terminus ohn vorher bey Uns oder Unserm Consistorio aus erweißlichen Behinderungs-Ursachen erhaltene extension vergeblich abgelauffen / so dann soll mit Ersetzung der Pfarr Unserntwegen ex jure devoluto ohnverzüglich verfahren werden.
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III. So bald nun Uns oder unserem Consistorio eine praesentation eingesandt / wie auch / wann behueff der Uns allein zustehenden Pfarren wir entweder einen von Uns selbsten aus sonderbahrer Bewegniß ernandten oder einen Uns von Unserm Consistorio unterthänigst vorgeschlagenen Candidatum an dasselbe remittiren werden / so soll solchem Candidato eine gewisse Zeit zu Einbringung glaubwürdiger Zeugnissen von seinen Herkommen / Erudition, Leben und Wandel angesetzet / und darauf ferner nach Befinden das gewöhnliche Examen mit demselben fürgenommen werden / wann er dann nach allen requisitis zum Kirchen-Ambt geschickt zu seyn befunden worden / so soll der Superintendens des Orts ihn eine so genandte Probe-Predigt in der vacirenden Pfarr-Kirche abzulegen anweisen / und wann er vernimmt daß die Gemeine mit seinen Gaben ziemlich zufrieden / selbige wegen der gewöhnlichen vocation erinnern und nebst gehöriger relation den Candidatum hinwieder an Unser Consistorium zu Erlangung der ordination und introduction verweisen / mit welchen actibus sodann nach der Form / wie in denen Agendis, Capite von ordination und introduction der Prediger / mit mehren geordnet / gebührlich lich verfahren werden soll. IV. Wann aber eine ziemlich austrägliche Pfarr in Unsern Städten oder auch auf dem Lande sich eröffnen würde / so soll zu deren wieder Besetzung nicht so gleich ein junger Candidatus admittiret / sondern zuvor von Unsern Consistorio geurtheilet werden / ob etwa ein oder
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ander begabter und um die Christliche Kirche wol verdienter Prediger auf dem Lande sich finde / welcher zu solcher Pfarr befodert und dadurch zu einer Verbesserung gebracht werden könne; Fals aber dergleichen Prediger nicht verhanden / oder auch zu solcher mutation nicht geneigt seyn würde / So soll der geschickteste Collegiat aus Unserm Kloster Riddagshausen / vermöge Unser vor dem ergangenen schrifftlichen resolution, für andern dazu befodert werden. V. Ob auch wol an sich nicht unzuläßig daß bey Ersetzung eines oder andern erledigten Pfarr-Dienstes darauf mit reflectiret werde / ob etwa vermittels einer Heyraht die hinterlassene Wittwe oder eine Tochter auf der Pfarr verbleiben könne; So wollen wir doch durchaus nicht daß daher allein die bewegende Ursach zu der Befoderung genommen / sondern vornemlich auf die an der Persohn des Candidati erfoderte Stücke / nemlich auf die erudition, orthodoxie, gute Gaben in Predigen und auf dessen geführten Wandel / mithin auch ob bey der in Vorschlag gebrachten Heyraht sich eine Göttliche direction spühren lasse / gesehen werden soll. VI. Als wir Uns auch GOtt und der Christlichen Kirchen verbunden erkennen gegen das greuliche Laster der Simonie, so bey Erlangung der Pfarrn vorzugehen pfleget / mit allen rigeur procediren zulassen; So setzen / ordnen wir hiemit und wollen / daß kein Patronus vor die Collation ein mehres als in Unsern Land-Tags-Abscheiden erlaubet / von dem Candidato fodern oder an
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nehmen solle; Gestalt dann derjenige / welcher sich nur unterstehen wird solcher Unser Verordnung zuwieder ein höheres sub quocunque praetextu entweder selbst oder durch andere zu praetendiren / auf des Candidati blosses wahrscheinliches Anmelden entweder sich eydlich zu reinigen schuldig oder der Collation vor selbigen Fall verlustig seyn soll. Solte der Patronus aber beschuldiget werden daß er würcklich etwas unzuläßiges angenommen / so soll aufs schärffeste darauf inquiriret und / wann entweder durch Beweißthum / oder durch Verwegerung des aufgegründeten Verdacht erfoderten juramenti purgatorii die Verbrechere des delicti convinciret worden / der Patronus, Er sey inner- oder ausserhalb Landes / Geist- oder Weltlich / dadurch ipso facto seines Patronat-Rechtens verlustig seyn / und niemahlen eine praesentation ferner von Ihm angenommen / der Candidatus aber mit Gefängniß auch wol dem Befinden nach mit zeitlicher Landes-Verweisung bestraffet werden. Da auch sonsten jemand / der sey wer er wolle / von einem Candidato oder dessen Freunden wegen Befoderung zum Kirchen-Ambt einiges Geschenck angenommen zu haben überführet werden könte / so soll derselbe den Wehrt dessen zehenfach zu bezahlen schuldig / das Geschenck aber oder die vor das Kirchen-Ambt bezahlete Summ dem jenigen / der es anmelden wird / gegeben werden / und die Straffe dem Fisco heimgefallen seyn. VII. Dieweil auch die existimation eines Predigers bey der Gemeine dadurch gäntzlich hinweg fället /
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und ein groß Aergerniß entstehet / wann von demselben entweder eine vor Antretung seines Pfarr-Dienstes begangene straffbahre Ubelthat ausbricht / oder nachher von ihm begangen wird / und er sich dagegen zurechte öffentlich nicht zu justificiren vermag; So soll in folchen und dergleichen Fällen das Aergerniß ohngesäumt abgethan / und der Delinquent von selbigem Orte removiret werden.

CAP. III. Von der Prediger schuldigen Bezeigung gegen ihre hohe Landes-Fürstliche Obrigkeit.
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I.
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ALle und jede Prediger / welche wir zum Kirchen-Ambt aufnehmen / ordiniren und instituiren lassen / sollen wie bisher also ferner Uns und Unseren Successoren an der Regierung gleich anderen Unseren Unterthanen den gewöhnlichen Huldigungs-Eyd abzustatten gehalten seyn. II. Und wie dieselbe in Kirchen-Sachen und was dahin gehöret allein nach Unsern als des Landes-Fürsten Befehlen und nechst dem nach Unsers Consistorii Verordnung sich zu achten und selbigen gehorsahmlich nachzukommen / mithin auch ihrer vorgesetzten Superintendenten Erinnerungen gebührende Folge zu leisten schuldig seyn;
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III. Also sollen sie sich nicht unternehmen Unsern in Kirchen-Sachen ergangenen Befehlen (als von welchen / daß sie GOttes Wort gemäß seyn / billig zu praesumiren) unter ein oder andern praetext sich zu widersetzen / sondern / wann sie etwa wobey einen erheblichen Scrupel zu haben vermeinen / darüber ohnverzüglich bey Uns oder Unserem Consistorio explication suchen und erwarten / keines weges aber bey Vermeidung arbitrarischer Bestraffung / was ihnen von der Cantzel abzulesen oder sonsten zu thun befohlen worden / proprio judicio und nach eigenen Gutdüncken unterlassen / vielweniger solches durch eigenmächtiges Ab- und Zuthun ändern.

CAP. IV. Von Einrichtung der Predigen / von Haltung der Catechisation, von den Colloqviis, und von der Prediger Leben und Wandel.
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I.
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ALldieweil viel daran gelegen daß auf Einrichtung der Predigen gebührende attention und Fleiß gewendet / dieselbe nach Anleitung des Textus wol disponiret / keines weges aber tumultuariè, wie es dem Prediger beyfället / ohne Connex on heraus gestossen / oder von historien, Sprüchen und Geistlichen Liedern zusam
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men gestücket werden; So verordnen Wir hiemit und ist Unser gnädigster auch ernster Will / daß ein jeder Prediger die Predigt / so er abzulegen hat / jedesmahl schrifftlich entwerffen / dabey die Regulen der Theologiae homileticae für Augen haben / und sich einer angenehmen diction und solcher deutlichen Redens-Arten / welche auch von den ungelehrten und einfältigen verstanden werden können / befleißigen; Hingegen keine frembde oder neu erfundene dem gemeinen Mann unbekandte Worte und Redens-Arten mit einmischen / von allzu weitläufftigen paraphrasiren oder Rethorischen amplificationen / von tautologien, überflüßigen allegiren / und vieler historien-Erzehlung abstrahiren / keines weges auch die Zuhörer mit Controversien und Streit-Fragen irre machen soll; Daneben soll Er die gestus und eusserliche Geberden vernünfftig moderiren / sich alles Schreyens / Polderens und Stürmens auf der Cantzel enthalten / keine privat affecten spühren lassen / und sich allerdings bey willkührlicher Straffe hüten / wann Er etwa mit jemanden in privat-Sachen zu thun oder sonsten wobey ein eigen interesse hat / daß Er davon nichts in der Predig gedencke / noch urgire; sondern allein sich hauptsächlich darauf appliciren wie Er die textus deutlich / nervosè und ad usum erklären / seine Arbeit ad aedificationem richten / und es dahin bringen möge / daß die Christliche Gemeine nach dem geoffenbahrten Göttlichem Wort in simplici fide erbauet / darinen befestiget und solcher Gestalt zur Seeligkeit befodert werde.
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II. Weil auch die Erfahrung bezeuget daß durch die lange und weitläufftige Predigen die Erbauung der Christlichen Gemeine mehr gehindert als befodert / der übrige Gottesdienst auch dadurch aufgehalten wird / und die Gemeine leicht in der Andacht verdrossen werden kan; So sollen die Prediger Ihre Predigten so concipiren und einrichten / daß dieselbe nebst dem gemeinen Kirchen-Gebet innerhalb drey Viertel Stunden / oder zum all rlängsten in einer Stunde abgehandelt werden können; Die Wochen Predigten aber sollen mit dem Gebete und völligem Gottesdienste in einer Stunde gäntzlich absolviret werden / damit niemand zu lang von seinem Beruff und Arbeit abgehalten werde. III. Bey denen Catechisationen sollen Unsere Prediger die Lehren und Fragen nach Anleitung des in Unseren Kirchen eingeführten und von Unsern privilegirten Buchdrucker Zilligern gedruckten Catechismi Gesenii einrichten / und daneben die dahin gehörige Sprüche aus der Biebel der Jugend bekandt machen / selbige auswendig lernen und recitiren lassen / dieselbe auch mithin von denen quatuor Novissimis oder vier letzten Dingen unterrichten und zuweilen darauf die Fragen anstellen / Im übrigen auch bey denen examinibus geziemenden Glimpff und Sanfftmuht gebrauchen / alles harten Redens und Scheltens (als wodurch die lerende Jugend nur geschrecket und confundiret wird) sich enthalten / auch von obscuren / schweren und zu einer solchen information
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nicht gehörigen Fragen gäntzlich abstrahiren / Und hingegen nur dahin sehen / wie Sie juxta captum der Kinder und des Gesindes einem jeden die heilsahmen Lehren deutlich beybringen und nach dem rechten Verstande wol begreiffen machen. IV. Damit auch die Prediger bey dem officio homiletico die principia Theologiae desto besser in Gedächtniß conserviren mögen / so sollen die Superintendenten mit Ihren untergebenen Predigern zu gewissen Zeiten ordentliche Colloquia anstellen / und dero Behuff über die vor einigen Jahren heraus gegebene aus der Augsburgischen Confession gezogene theses mit einander communiciren / und die einem oder dem andern bey dem vorhabendem loco Theologico beyfallende dubia durch eine glimpffliche discussion resolviren. V. Dieweil aber nicht gnug daß die Prediger das Ambt der Lehre gebührlich führen / sondern zugleich mit erfodert wird / daß Sie die Lehre mit ihrem Leben öffentlich für dem Volcke beweisen und ihren anvertraueten Heerden als Vorbilde mit erbaulichen exempeln vorgehen; So sollen die Prediger vor allen Dingen sich eines gottesfürchtigen ohnsträfflichen Wandels befleisßigen / damit Ihr Leben mit der Lehre überein kommen / und niemand geärgert werden / und nicht nöhtig seyn möge jemanden wegen ungebührlichen und ärgerlichen Lebens seines Pfarr-Dienstes zu entsetzen. VI. Ob auch zwar die Prediger schuldig seyn / wann zwischen einigen Ihrer Seelen-Sorge anbefohlenen
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Zanck und Widerwill sich ereuget / durch Ermahnungen und Vorstellungen die mit einander zerfallende Persohnen privatim zu vergleichen und Fried und Einigkeit zu befodern; So sollen Sie dennoch sich nicht ermächtigen darüber förmliche Verhören und cognitiones anzustellen / sondern / wann auf bewegliches Zureden kein Vertrag zu erhalten / die Sache von sich ab und an das weltliche Gerichte zu schleuniger Entscheidung verweisen. VII. Wir gebiehten ihnen auch hiemit insonderheit ernstlich / daß Sie sich nicht unternehmen sollen in weltliche Händel / bevorab in Sachen / so vor dem weltlichen Richter in Rechten hangen / zu immisciren und auf einer Partheye suggestion von solchen und dergleichen Rechts-Händelen etwas pro concione anzuführen / oder das Obrigkeitliche Richter-Ambt darüber zu taxiren / vielweniger über die in Gerichts-Sachen ergangene Civil- und Criminal Urtheln Ihre Censur von der Cantzel zu geben / oder auch wol gar unter Bedreuung des zu verweigerenden Beichtstuhls die Partheyen zum transigiren zu zwingen. Solte sich jedoch jemand finden / der aus un Christlichem zancksüchtigem Gemüht seinen Nechsten in Process und Kosten zu bringen / und aus Boßheit zu fatigiren trachten würde / und auf beschehene Vermahnung sich nicht weisen lassen wolte / davon soll an Unser Consistorium referiret und Verordnung erwartet werden. Wer dawider handeln wird / der soll entweder mit einer ziemlichen Geld-Busse oder befundenen Umständen nach gar mit Entsetzung des
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Pfarr-Dienstes bestraffet werden; Wie ihnen dann auch ferner hiedurch bey wilkührlicher Straffe verboten wird Pacta dotalia, Testamenta, Donationes inter vivos & mortis causa, Contractus und dergleichen weltliche Handlungen auszufertigen; Zumahlen dergleichen documenta auch weder in-noch ausserhalb Gerichts agnosciret werden / sondern hiedurch für ungültig und krafftlos erkläret seyn sollen. VIII. Weil aber / so viel die Verlobungen anlanget / um guter Ordnung willen nicht ohndiensahm ist daß der Pastor loci, sonderlich auf den Dörffern / dabey gegenwärtig sey; so kan derselbe / wann er wil / die vorkommende puncten solcher gestalt kürtzlich notiren / wie selbige denen Beambten und Gerichts-Herren / umb nach Befinden daraus eine formliche Ehestifftung zu machen und selbige gerichtlich zu confirmiren / vorgebracht werden sollen. IX. Kein Prediger soll ohn Vorwissen des Superintendenten eine Reise / so mehr als über einen Tag und Nacht Zeit erfodert / vornehmen / keines weges auch zu einer solchen Zeit verreisen wann gefährlich Krancke oder Frauen deren Gebuhrt-Zeit sehr nahe sich in der Gemeine finden; Dafern aber die Reise so nohtwendig / daß sie gar nicht aufgeschoben werden könte / so hat Er den vicinum pastorem zu Vertretung seines Ambts zu ersuchen. X. So soll auch kein Prediger einem Studioso Theologiae die Cantzel öffnen / der nicht vorher und zu
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forderst von Unseren Consistorio oder wenigstens von einem Unser General-Superintendenten oder Doctore Theologiae auf Unser Universität zu Helmstädt examiniret / und mit einem so wol de eruditione & orthodoxia als de vita & moribus erhaltenem gutem Attestato versehen ist.

CAP. V. Von dem Straff- und Ermahnungs-Ambte.
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I.
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BLeichwie die Prediger als Seelen-Sorger schuldig seynd in Ihren Predigen nicht nur alle Boßheiten / die Sünden und das ärgerliche Leben / und sonderlich die Unbußfertigkeit ins gemein zu straffen und für den erschrecklichen Verlust der ewigen Seel gkeit zu warnen / sondern auch ihre anbefohlene zu Bewahrung des seeligmachenden Glaubens und zur Ubung eines wahren thätigen Christenthumbs beweglich zu ermahnen; Also sollen Sie sich auch darauf vornemlich appliciren / und in Ihren Predigten offt Gelegenheit dazu ergreiffen / Sich aber dabey vorsichtiglich hüten / daß sie nicht durch harte expressiones sich erhitzen / auf ein unordentliches Reden und Schreyen verfallen / und sich mit der Schwachheit Ihrer affecten nicht prostituiren.
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II. Weil dann zufoderst nöhtig daß die Prediger / welchen die Seelen-Sorge für Ihre anvertrauete Gemeinen auf Ihre schwere Verantwortung anbefohlen ist / in observirung eines jeden Lebens und Wandels besondere Sorgfalt und circumspection erweisen / So sollen dieselbe sich dabey nach dem von CHristo JESU selbsten Matth. 18. vorgeschriebenem modo agendi mit guter Vorsichtigkeit richten / Und zuerst / wann die Sünde noch nicht offenbahr / jedoch in der Wahrheit sich findet / und dem Prediger und etwa nur wenigen anderen bekandt ist / die Persohn in Geheim treulich warnen / und davon abzustehen / GOtt um Vergebung zu bitten / und sich hingegen eines bessern GOTT gefälligen Lebens zu befleißigen ermahnen / daneben auch pro Concione die Sünde / womit die Persohn behafftet / insgemein straffen. Falls nun die Persohn dadurch sich gewinnen lässet / so hat der Prediger derselben auf Ihre bußfertige Bezeigung die absolution und das H. Abendmahl mitzutheilen / und im übrigen die Sache zu secretiren. III. Wofern aber die Persohn vor dasmahl dadurch nicht zu gewinnen seyn würde / so soll der Prediger zwey Zeugen zu sich nehmen / und die Warnung und Ermahnung nachdrücklich wiederholen; Wann dann darauf noch endlich das Erkäntniß / die Bereuung und der Vorsatz zum besserm Leben erfolgen würde / so soll die Persohn zur Beicht und H. Abendmahl angenommen / und was vorhin vorkommen und ergangen / in der Stille und geheim gehalten werden.
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IV. Im fall jedoch all solche verschiedene bewegliche Ermahnungen den heilsahmen effect nicht haben würden / soll der Prediger die Sache an Unser Consistorium referiren / und wie er sich dabey ferner zu verhalten habe / Verordnung suchen. V. Wann auch eine schwere Sünde öffentlich ausbrechen solte / und der eigentliche Grund und die wahren Umstände noch unerforschet und ungewiß wären / So soll zwar der Prediger dasselbe ruchtbahr gewordene Laster ins gemein auf der Cantzel / jedoch ohne die Persohn zu indigitiren / ernstlich straffen / darneben auch an Unser Consistorium davon einen ausführlichen Bericht abstatten / Und / ob die ausgebrochene Sünde für ein Notorium zu achten sey / und wie er sich dabey ferner zu verhalten habe / nach fragen. VI. Würde dann Unser Consistorium nach angestelleter Erkundigung das Verbrechen / bevorab wann durch Unser weltliche Gerichte durch angestellete inquisition der Ubertreter convinciret wäre / pro Notorio erkennen / und dem Prediger darauf die Abweisung von der Beicht und dem H. Abendmahl und mithin der Persohnen öffentliche Benennug auf der Cantzel anbefehlen / So hat derselbe sich darnach allerdings zu achten / sonsten aber für sich und ohn solchen Befehl nichts dergleichen vorzunehmen.
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CAP. VI. Von der Kirchen-Disciplin und öffentlichen Busse.
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I.
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NAchdem die Disciplina Ecclesiastica im Anfang der Christlichen Kirchen zu dem Ende eingeführet / daß der Christlichen Gemeine / welche durch eines oder andern Mitgliedes begangene und öffentlich bekandt gewordene Sünde geärgert und beleidiget worden / deßwegen durch öffentliche Kirchen-Busse und dabey erfoderte Bereuung / Abbitte und Aussöhnung gehörige Satisfaction gegeben / andere aber durch solche öffentliche Correction und Busse von dergleichen Sünden desto mehr abgehalten werden; So wollen Wir daß solche Kirchen-Disciplin in Unsern Fürstenthumben und Landen behalten und auf gewisse maasse exerciret werden soll. II. Was dann die in denen vorigen Kirchen-Ordnungen enthaltene form der öffentlichen Kirchen-Busse betrifft / Ob wir wol nicht gemeinet seyn dieselbe gäntzlich abstellen zu lassen; dennoch aber und weiln die Erfahrung gibt daß bey vielen gemeinen Leuten / welche eusserlichen Schimff nicht groß achten / diese Kirchen-Straffe übel appliciret wird; hingegen andere in Sünden verfallene sonsten wol ehrliebende Persohnen Ihnen
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solche Straffe dermassen empfindlich zu Hertzen ziehen / daß sie darüber schwermühtig werden und sich über solche Schmach die gantze Zeit ihres Lebens nicht trösten können; So ordnen Wir hiemit und wollen daß zwar / wie oben gesagt / in gewissen schweren und ein öffentlich Aergerniß mit sich führenden Fällen / wann der Verbrecher von dem weltlichen Gerichten abgestraffet / derselbe auf Erkändtniß Unsers Consistorii von der Cantzel benennet / seine Bereuung / Busse und deprecation der durch das Aergerniß beleidigten Gemeine angezeiget / die öffentliche Stellung aber der Persohn für den Altar / deren Befragung und Antwort gäntzlich unterlassen werden soll; Es wäre dann daß das delictum mehrmahlen reiteriret / und ein grosses Aergerniß gegeben wäre. III. Wann aber die etwa in eine ärgerliche Sünde gefallene Persohn sonsten honoratioris conditionis wäre / und eine wolgeachtete Familiam hätte / so soll zwar auf der Cantzel eines bußfertigen Sünders / welcher die Christliche Gemeine mit seinen schweren Sünden-Fall geärgert und deßwegen eine Christliche Abbitte thun liesse / der Nahme aber nicht gemeldet / jedoch der Verbrecher mit einer Mulcta ad pias causas zugleich beleget werden; Allermassen dann Unser Consistorium in solchen Fällen auf der Prediger Bericht und Anfrage die Rescripta darnach einzurichten und mit dictirung der Geld-Straff zu verfahren hat.
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CAP. VII. Von der Excommunication.
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I.
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OB wol das aus der ersten Christlichen Kirchen herrührende institutum der Excommunication oder des so genandten grossen Banns bey Unseren Kirchen bishero fast selten exerciret worden / So wollen Wir dennoch das der darüber vormahls beschriebene Process bey Unserem Consistorial-Archivo verwahret werden soll / damit in begebenden Fällen / wann von Unserm Consistorio wieder jemand die excommunicatio praevia causae cognitione erkandt / die Prediger darnach instruiret und befehliget werden können. II. Dieweil aber der durch sothanen Kirchen-Zwang intendirte Zweck der Bekehrung bey denen wenigsten excommunicatis, absonderlich wann dieselbe mit dem Atheismo inficiret seyn / erreichet wird; Und Wir wol von mehrem effect zu seyn erachten / wann ein solcher verzweiffelter böser Mensch (wofern derselbe nicht denen Rechten nach an Leben gestraffet werden könte) zum Zuchthause condemniret / und allda durch schwere Arbeit und tägliche harte Züchtigung / mithin auch durch anderweite fleißige Ermahnungen endlich zum Erkändtniß und Bekehrung gebracht würde; So ist Unser gnädigster Will / wann hinkünfftig ein solcher Halsstarriger Sünder und Verächter GOttes und seines Heil.
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Wortes / bey dem alle angewandte Lehren / Ermahnungen / Warnungen und Dreuungen gar nicht helffen wollen / sich finden würde / daß alsdann von dem Pastore loci davon an Unser Consistorium umbständlich berichtet / die Sache darauf examiniret und dem Befinden nach der refractarius ins Zuchthauß in Unser Stadt Braunschweig gebracht und / fals er durch die vorhin erwehnte Mittel nicht zu gewinnen seyn möchte / Zeit Lebens darin verwahret werden soll.

CAP. VIII. Von der ordentlichen H. Tauffe / wie auch von der Noht-Tauffe.
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I.
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DIeweil die H. Tauffe von Unserm Heyland JEsu Christo selbst eingesetzet / dadurch das fundament Unsers Christenthums geleget / Wir zur Kindschafft GOttes gebracht und der Christlichen Kirchen einverleibet werden / Dahero dann die Heiligkeit dieser Handlung erfodert daß selbige mit besonderer Solennität und Andacht verrichtet werde / und zwar wann es die Zeit leyden wil bey öffentlicher Versammlung der Gemeine / damit die Leute nicht allein zum Gebeth für das zur Tauffe gebrachte Kind ermahnet / sondern auch ihrer eigenen Tauffe und der erlangten hohen Gaben / nemlich der Vergebung der Sünden / der Kindschafft GOt
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tes und des Rechts zum ewigen Leben erinnert werden mögen. II. So ordnen Wir hiemit und wollen daß bey Vermeidung der in Unser Tauff-Ordnung gesetzten Straffe in Unseren Fürstenthumen und Landen die Heil. Tauffe aller und jeder Kinder nicht in privat-Häusern (es sey dann daß solches besonders concedirt worden / oder das Kind wegen augenscheinlicher Schwachheit nicht zur Kirche gebracht werden mag) sondern in der Kirchen verrichtet werden soll / Da dann an denen Orten / wo es gewöhnlich ist / vor dem Actu der Gesang: CHrist unser HERR zum Jordan kam etc. oder aus demselben der Vers: Das Aug allein das Wasser sieht etc. abgesungen und immittels von der Heb-Amme das Kind in die Kirche an den gewöhnlichen Tauff-Ort gebracht werden kan. III. Niemand / er sey wer er wolle / soll sein Kind ein oder mehr Wochen ungetaufft liegen lassen / sondern wenigstens innerhalb 3. oder 4. Tagen nach der Gebuhrt zur Tauffe schicken / bey Vermeidung der in der publicirten Tauff-Ordnung enthaltenen Straffe. IV. Die Prediger sollen sich mit Erkundigung nach eines unehrlichen Kindes Vater nicht aufhalten / sondern es bey der von der Mutter gethanem Bekändtniß lediglich bewenden lassen / Wie Sie dann auch die Tauffe eines solchen Kindes / wann gleich das Tauff-
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Geld nicht entrichtet würde / ohn einigen Aufschub zu verrichten schuldig seyn sollen. V. Zur Gevatterschafft / es seyn die Eltern was Standes sie wollen / sollen bey Straffe der Ordnung zu einem Kinde nicht über zwey oder zum höchsten drey Persohnen gebeten werden. VI. Es sollen aber zu solcher Gevatterschafft keine Kinder oder junge Leute / die noch nicht zum H. Abendmahl gewesen / Imgleichen auch nicht diejenige / welche aus wichtigen Ursachen der heiligen Sacramenten unwürdig seyn / zugelassen werden. VII. Als auch der Mißbrauch mit denen Gevatter-Geschencken / und die dabey vorgehende aemulation dermassen überhand genommen / daß dadurch von mannigen die Gevatterschafften nicht ohn Beschwerung übernommen werden / die Erfahrung auch bezeuget daß bey vielen gemeinen Leuten mehr auf das erwartende Gevattern-Geld als auf die Befodernng des H. Hauptwercks gesehen werde; So setzen / ordnen und wollen Wir das / wann jemand zu Gevattern gebeten wird / derselbe durchaus nicht obligiret seyn soll dem Kinde oder der Sechs-Wöcherinn einiges Geschenck zu geben / daß auch die Eltern dergleichen Geschenck durch Schickung der Kuchen nicht veranlassen sollen. Gestalt dann die Unterlassung solchen Gevattern-Geschenckes von des Kindes Eltern keines weges übel aufgenommen oder auch von andern ungleich davon geurtheilet werden soll. Wegen der unzuläßigen Kindtauffs-Gastereyen lassen
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Wir es bey dem in Unsern Landes-Ordnungen und Edicten enthaltenen Verboten / und wollen daß darüber mit Nachdruck gehalten werden soll. VIII. Zu der Tauffe soll kein ander Wasser / als Brunnen-Flüssen- oder Regen-Wasser / keines weges aber aus Blumen und Kräutern gebrandtes Wasser gebrauchet / und solches jedesmahl nach geendigter Tauffe in Gegenwart des Pastoris, wann derselbe aus der Kirche tritt / ausgegossen werden. IX. Wie es mit der Tauffe deren / so zu ihren Jahren kommen / und die heilige Tauffe begehren / wie auch derjenigen Kinder / so von ungläubigen Eltern / als Türcken / Juden / Heyden oder Zigeunern gezeuget / imgleichen mit Fündlingen und Mißgebuhrten / dann ferner mit Wiederholung der Tauffe auf den Fall / wann Zweifel vorfiele ob die erste Tauffe recht verrichtet oder nicht / und in mehreren dergleichen Fällen zu halten / darinn sollen die Pastores bey ihren Superintendenten / und diese hinwieder sich bey Unserm Fürstl. Consistorio jedesmahl Rahts erholen. X. Es soll auch bey einer jeden Pfarr ein Buch gehalten / und darinn alle getauffete Kinder mit ihren Nahmen / auch ihrer Eltern und der Gevattern Nahmen / auch in welchen Jahre / Monath und Tage sie getauffet / mit sonderbahren Fleiß angezeichnet werden / dessen sich nachmahls nicht allein die Obrigkeiten / so offt von ihnen ein Zeugniß der Gebuhrt erfodert wird / haben zu gebrauchen / sondern auch die Kinder jedesmahl und inson
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derheit zu der Zeit / wenn sie ihr öffentlich Bekändtniß ihres Glaubens thun / erfahren mögen was sie für Gevattern oder Zeugen der empfangenen Tauffe gehabt. XI. Als auch bey der Christlichen Kirchen die so genandte Noht-Tauffe eingeführet / daß im fall der Noht / wann man des Priesters so schleunig nicht mächtig seyn kan / ein schwaches Kind auch von jemanden anders / es sey eine Manns- oder Frauens-Persohn / sonderlich aber durch die von Unseren Beambten und Gerichts Herren / auch Rähten der Städte mit Zuziehung jedes Orts Pastoren angenommene mit dem hinter dieser Kirchen-Ordnung mit angefügten specialen Eyde belegete Heb-Ammen getauffet werden mag / So lassen Wir es in den Fällen / da es die hohe Noht erfodert / bey solchem Gebrauch der Kirchen bewenden. XII. Wir wollen aber dennoch / wann bey dem Kinde sich keine augenscheinliche Sterbens-Gefahr finden solte / daß zu solcher Tauffe nicht geschritten / sondern der ordentliche Priester / wann es der Zustandt des zur Welt gebohrnen schwachen Kindes nur irgends zulassen wil / ohnverzüglich dazu geruffen werden soll. XIII. So soll auch / wann das Kind noch in der Gebuhrt stehet und zu befürchten ist / daß es nicht lebendig an die Welt kommen möchte / mit solcher Tauffe nicht verfahren / vielweniger ein Theil des Leibes / als Kopff / Arm und Bein getauffet / sondern solche Leibes-Frucht durch ein andächtiges Gebet GOtt befohlen / auch kein Kind / so todt zur Welt gebohren / getauffet werden.
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CAP. IX. Von Confirmation der unterrichteten Kinder.
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I.
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NAchdem von der alten Christlichen Kirchen die Confirmation der unterrichteten und darauf zum Gebrauch des H. Abendmahls zuzulassender Kinder für eine erbauliche Ordnung und Anstallt erachtet / auch in Unseren Kirchen nach abgeschaffetem dabey vormahls eingeführtem Mißbrauch bisher geübet worden / So soll solche Confirmation darinnen nach dem rechten Apostolischen Gebrauch forthin behalten werden. II. Setzen demnach / ordnen und wollen hiemit / wann in der Gemeine Kinder verhanden / so des Alters und Verstandes seyn daß sie die Hauptstücke der Christlichen Lehre aus dem Catechismo wol gelernet und begriffen / davon Antwort geben und sich gebührend prüfen können / daß so dann die Prediger alle Jahr zu Anfang der Fasten-Zeit die Gemeine fleißig ermahnen sollen / solche ihre Kinder und Angehörige / welche numehr Alters und Verstandes halber zu dem Heil. Abendmahl gelassen werden könten / zu der Christlichen Confirmation zu bereiten und anzumelden; Daß auch die Prediger die Gemeine von dem Nutzen solcher Handlung wol und gründlich informiren und zugleich mit anführen sol
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len / wie die heilige Christliche Kirche von Alters her dafür gehalten / daß durch der gantzen Kirchen andächtiges Gebet und durch Auflegung der Hände die Gabe des H. Geistes von GOtt dem Allmächtigen über diese Kinder desto mehr erlanget würde. III. Wir wollen auch daß die Prediger niemand von jungen Leuten / sie seyn welches Standes sie wollen / zum Heil. Nachtmahl des HErrn lassen sollen / welche nicht vorher dieser Unser Ordnung zu Folge ihr öffentliches Bekäntniß abgestattet haben. IV. Wann nun darauf etliche Kinder angemeldet oder auch von den Pastoren bey denen Kinder-Lehren einige Geschickte befunden werden / ob diese schon von ihren Eltern / Vormündern / Herrn und Frauen nicht angemeldet werden möchten / so soll derselbe solche Kinder in ein Buch / welches er bey der künfftigen Visitation vorlegen kan / mit Nahmen verzeichnen / darauf durch die gantze Fasten-Zeit alle und jede Tage in der Woche das Examen vornehmen / die vorige Information wiederholen / und dabey allen möglichen Fleiß anwenden. V. Ob dann woll in Unsern Fürstenthum und Landen der bißherige Gebrauch gewesen / daß solcher Actus Confirmationis von denen General- oder Special-Superintendenten gehalten worden; dieweil Wir jedoch vernehmen daß solcher modus bißher viel Ungelegenheit und Kosten mit sich geführet / von den Predigern aber so die Kinder gelehret und unterrichtet / denen auch dahero eines jeden Kindes profectus am besten bekant / und für
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welchen die Kinder sich nicht wie vor einen Frembden scheuen / das Examen für der Gemeine am füglichsten verrichtet werden kan; So verordnen Wir hiemit und wollen daß so wol das Examen als die Confirmation jedem Prediger bey seiner Kirche gelassen / von denen Superintendenten aber bey den Visitationen, ob und wie damit verfahren / nachgefraget und wann bey einem oder andern Stück ein Mangel erscheinen solte / alsdann dem Prediger solches vorgehalten und Er darüber corrigiret werden soll; VI. Wann aber der Pastor einen und andern von denen Catechumenis zu der Confirmation noch nicht gnugsahm geschicket zu seyn befinden / dessen Eltern oder Verwandten aber darauf / daß derselbe mit angenommen werden möchte / bestehen würden / so soll der Pastor ihn nebst den Eltern an den Superintendenten zum Examine schicken und dessen Gutachten erwarten. VII. Es sollen auch die Confirmationes für der gantzen versammleten Gemeine vorgenommen und mit gehöriger devotion verrichtet / und die Leute auf den Dörffern umb sich dabey einzufinden und denen Confirmandis mit Ihrem Gebet zu statten zu kommen von der Cantzel vorher ermahnet werden. Gleichwie aber denen von Unser getreuen Ritterschafft vorhin gnädigst concedirt sowol die Copulationes als die Kind-Tauffen privatim auf ihren Häusern verrichten zu lassen / also soll denenselben auch frey stehen mit Confirmirung ihrer Kinder es auf gleiche Weise zu halten.
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CAP. X. Von der Beicht und Absolution.
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I.
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NAchdem die Beicht und absolution in denen Evangelischen Kirchen für nohtwendig erachtet worden / als wodurch die ohnschätzbahre Gnade und Wolthat / welche Unser Heyland JEsus CHristus durch die der Kirchen gegebene Macht die Sünde zu erlassen / denen Confitenten mitgetheilet und appliciret wird / So soll dieselbe auch in Unsern Kirchen nach dem rechten Gebrauch stets beybehalten werden. II. Es soll demnach niemanden ohn vorher abgestattete Bekennung seiner Sünden / deren hertzliche Bereuung und Bezeugung des wahren Glaubens an JEsum Christum und dessen Verdienst / nebst dem Vorsatz sich künfftig unter Göttlichem Beystande für Sünden zu hüten / die absolution ertheilet / vielweniger das heilige Abendmahl gereichet werden. III. Dero behuef sollen die Pastores nicht allein in den Predigen offt Gelegenheit nehmen was die Beicht sey / worinn dieselbe bestehe / was dazu gehöre / und wie dieselbe abzustatten sey / deutlich vorzustellen / sondern auch diejenige Persohnen / bey welchen noch eine Unwissenheit hierinnen vermuhtet wird / beyzeiten und ehe dieselbe zum Beichtstuhl sich anfinden / privatim unterrichten / Und wie sie sich zur Beicht und Empfahung der
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absolution zu bereiten haben treulich anweisen / damit öffentliche Abweisung vom Beichtstuhl verhütet werden möge. IV. So sollen auch keine Frembde ohn producirung eines unverdächtigen attestati, wie auch an denen Orten / wo verschiedene Kirchen seyn / kein Confitent aus einer andern Pfarr ohn einen von seinen vorigen Beicht-Vater erhaltenen Schein (welchen Schein oder Zettul die Prediger einen jeden ohn entgelt zu ertheilen schuldig seyn sollen) zur Beicht angenommen werden; Dafern es aber einem Frembden oder Reisenden an dem attestato ermangeln würde / soll der Pastor mit demselben vorher von denen zu der reinen Lehre und dem wahren Christenthumb erfoderten Stücken Unterredung halten / alles wol erforschen / und wann er ihn gegründet und bußfertig findet / zur Beicht verstatten. V. Weil auch der Beichtstuhl zu keiner inqvisition geordnet / und daher keine particular-Erzehlung der begangenen Sünden erfodert wird / So sollen die Prediger bey der Summarischen Confession, wan die Confitenten sich für arme Sünder bekennen und GOtt (welchem nach seiner Allwissenheit der Menschen Sünden besser / als sie selbsten sich deren erinnern können / bekandt seyn) umb Vergebung bitten / es lediglich bewenden lassen. VI. So sollen auch die Prediger bey willkührlicher Straffe sich nicht anmassen jemanden / so ihnen in privato etwas zuwieder gethan / oder ihnen sonsten etwas zu
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geben oder zu praestiren schuldig ist / darüber im Beichtstuhl zu besprechen; sondern / was sie mit Rechte zu fodern haben / und in Güte nicht erlangen können / bey der weltlichen Obrigkeit suchen; keines weges aber deßwegen jemanden die Beicht und absolution difficultiren. Welcher Prediger dawider handeln wird / soll jedesmahl mit Zehn Thaler / soad pias causas zu verwenden / bestraffet werden. VII. Gleicher gestalt soll auch denen / welche an weltlichen Gerichten processe haben / dabey aber nicht in ärgerlicher Persöhnlicher Feindschafft leben / wann sie sonsten sich bußfertig zeigen / der access zum Beichtstuel und dem Heil. Abendmahl nicht versaget werden. VIII. Würde aber jemand / nach erhaltener absolution kundbarlich wiederum in ein ärgerliches Leben verfallen / so hat der Prediger denselben zu erst privatim wol zu ermahnen und zu verwarnen / und wann solches nicht helffen will / alsdann dem Consistorio davon zu referiren. IX. Wann aber von jemanden ein böses Gerüchte ginge / welches nicht von liederlicher Plauderey / blossen Argwohn / vorgangenen Schelt-Worten oder dergleichen herrührete / und der Pastor daß die Persohn zur Beicht kommen wolle vernimmt / (wie dann die Confitenten solches drey Tage vorher dem Opffermann oder Küster zu wissen thun und diese eine Verzeichnung davon dem Pastori einbringen sollen) so soll er denselben zu sich erfoderen / zu denen honoratioribus aber selbsten gehen und
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solche Bewandniß vorher privatim vorstellen / die Persohn zur Busse ernstlich ermahnen / und dabey zuerkennen geben daß / wann solcher Vermahnung nicht gefolget würde / so dann die Sache an höheren Ort gebracht werden solte. Würde nun ein solcher Mensch auf seine Unschuld / gutes Gewissen und auf des letzte Gericht sich beruffen / soll der Pastor es also annehmen / die Sache auf dessen Gewissen stellen und ihn zur Beicht und absolution verstatten; Zumahlen die Prediger niemanden ins Hertze sehen können / und dahero GOTT den Grund der Sache anheim stellen müssen. X, Als auch denen Predigern die Macht nicht gegeben absqve cognitione & Decreto Superiorum nach ihrem eigenem privat Urtheil jemanden von der Beicht und dem Heil. Abendmahl abzuweisen; So soll kein Prediger sich unternehmen vor sich dergleichen Abweisung zu thun / sondern / wann bey einem oder andern Menschen solche erhebliche Umstände sich hervor geben / daß keine privat-Vermahnung bey ihm anschlagen und daher an seiner Bußfettigkeit zu zweifeln / so hat der Prediger zwar solche widrige Bezeigung nach GOttes Wort auch auf der Cantzel / jedoch ohn indigitirung der Persohn / ernstlich zu straffen / und die schweren Gerichte GOttes über die Unbusfertigen vorzustellen / daneben aber die Sache an den ihm vorgesetzten Superintendenten und dieser dem befinden nach selbige an Unser geistlich Consistorium zu bringen / und der Prediger darüber den Verhaltungs-Befehl abzuwarten / Inmassen hievon
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in dem Capite von dem Straff-Amte mehrere disposition enthalten. XI. Wann der Prediger bey denen Confitenten findet / daß (1) sie sich für Sünder bekennen / (2) darüber eine ernstliche Reu bezeugen / (3) GOTT um Vergebung bitten / (4) das Verdienst JESU Christi in wahren Glauben ergreiffen / und (5) propositum melioris vitae bezeugen / so soll er dieselbe auß GOttes Wort stärcken / trösten und zu Erfüllung des guten Vorsatzes und zu einen thätigen Christenthum ermahnen / und darauf einen jeden besonders (durchaus aber nicht ohn special Verordnung des Consistorii zween oder mehren zugleich) auf CHristi Befehl und in Nahmen der heiligen Dreyeinigkeit die absolution anzeigen und ertheilen / und dabey diese kurtze formulam gebrauchen: Und ich als ein verordneter Diener der Christlichen Kirchen will auf solch euer Bekäntniß vermöge der Macht und des Befehls / so der HErr JEsus Christus seiner Kirche gegeben / euch hiemit loß sprechen von allen euren Sünden im Nahmen GOttes des Vaters / GOttes des Sohns und GOttes des heiligen Geistes. XII. Was jemand zu Entladung seines Gewissens dem Prediger in geheim vertrauet / eröffnet und zuerkennen gibt / solches soll derselbe / wann er zufoderst dem Confitenten nach Befindung der Sachen darüber freund
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lich zugeredet / ihn getröstet und ermahnet / sub sigillo Confessionis bey sich treulich bewahren / und niemanden davon etwas entdecken. XIII. Und damit der Confitent dergleichen heimliche Anliegen desto sicherer und vertraulicher fürbringen und der Pastor desto geheimer mit ihm sprechen könne / so soll keiner von denen / welche zum Beichten gegenwärtig seyn / sich eher zum Beichtstuel nahen / biß zuvor der Beichtende absolviret und dimittiret worden / sondern so lang vor dem Chor stehen bleiben und allen falls von dem Opffermann oder Küster dazu angewiesen werden. XIV. Und weiln die Beichtstühle in der Kirchen besonders verordnet seyn / so soll daselbsten nur allein und keines weges in den Pfarrhäusern Beicht gehöret / und wann der Pastor loci wegen Leibes Schwachheit nicht auskommen kan / das Beicht-hören für dasmahl von dem benachbarten Prediger verrichtet werden. XV. Ob auch woll das Beicht-Geld aus keinem instituto herrühret / noch zur Besoldung mit zu rechnen ist / so lassen wir es doch bey dem Herkommen / wo es gebräuchlich / noch zur Zeit und biß zu künfftiger besonderen Verordnung bewenden. Dieweil es-aber nur eine freywillige Gabe und ein Zeichen eines erkäntlichen Gemühts gegen den Prediger ist; so haben die Prediger daraus kein Recht oder Anfoderung zu machen / sondern mit demjenigen / was ihnen zugewendet wird / sich zu vergnügen. An denen Orten aber / allwo die Theilung des
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Beicht-Geldes unter die Prediger vorhin geordnet / soll es dabey gelassen werden. XVI. Damit auch Nachricht bey denen Kirchen seyn möge / was für Confitenten und zu welcher Zeit dieselbe das Jahr über zur Beicht sich angefunden / so haben die Prediger darüber ein Jahr-Buch zu halten und die Confitenten darinn zu verzeichnen.

CAP. XI. Von dem Sacrament des Heil. Abendmahls.
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I.
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GLeich wie das von unsern Erlöser JEsu Christo selbst eingesetzte und seiner Kirchen hinterlassene Sacrament des Heil. Abendmahls ein höchstes alle Menschliche Vernunfft übergehendes Geheimniß ist; Also wird um so mehr erfodert daß solche allerheiligste Bewandniß in der Christlichen Kirchen mit tieffster devotion und wahrem Glauben betrachtet und das Amt der administration von denen Prediger in der Furcht des HErrn mit desto grösserer Andacht verrichtet werde. Dannenhero Wir Unsere Prediger gnädigst ermahnen / daß Sie zu solcher heiligen Handlung sich zuforderst durch andächtiges Gebet bereiten / und darauf ihr Amt nach denen im anderen Theil dieser Unsern Kirchen-Ordnung vorgeschriebenen Agendis mit sitsahmen Geberden und gebührender Behut
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sahmkeit verrichten sollen. Wie dann auch die Communicanten zu Bezeugung ihrer Demuht / Andacht und devotion, wann gebetet wird / sich auf die Knie nieder zu lassen hiemit ernstlich erinnert seyn sollen. II. Und nachdem Unser durch GOTTES sonderbahre Gnade und Wolthat von denen Menschen-Satzungen gereinigten Kirchen das Sacrament des heiligen Abendmahls mit dem rechten von JESU CHRisto klar und deutlich eingesetzten und anbefohlenen Gebrauch bey der Reformation hinwiederum völlig restituiret worden / so sollen unsere Prediger ihre Christliche Gemeinen fleissig ermahnen / daß sie solche hohe Wolthat GOttes wol erkennen / der Göttlichen Güte von Hertzen dafür dancken und solches desto mehr zu bezeugen sich zu diesem Heil. Abendmahl um dessen Krafft zu geniessen öffters anfinden. III. Es sollen aber Unsere Prediger / wann sie den locum de Sacra Coena pro Concione tractiren / zwar die realem praesentiam ihren Zuhörern aus den Worten Christi / welcher die Warheit selber ist / deutlich vorstellen / jedoch aber sich dabey wol vorsehen daß sie de modo praesentiae für der Gemeine nicht disputiren und dieselbe dadurch irre machen / sondern sie hingegen kürtzlich unterrichten daß der modus praesentiae, nemlich auf was für Art und Weise unser Heyland JESUS Christus in seinem Abendmahl uns seinen wesentlichen Leib und sein wesentliches Blut zu essen und zu trincken gebe / bey der Einsetzung denen Jüngern nicht offenbahret sey; und daß bey
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solcher Bewandniß der modus praesentiae, als ein der Göttlichen Allmacht reservirtes Geheimniß / so für die Menschliche Vernunfft nicht gehöret / angesehen werden müsse; daß auch diejenige / welche sich unterstehen mit Menschlichen Vernunfft-schlüssen die Mysteria & reservata DEI zu penetriren / sich an der Majestät GOttes schwerlich versündigen. IV. Dannenhero die Prediger ihre Gemeinen ferner treulich zu unterrichten und zu vermahnen haben / daß sie sich an die deutlichen Worte Christi / nemlich: Nehmet hin und esset / das ist mein Leib / Nehmet hin und trincket / das ist mein Blut / in aller Einfalt halten / und im festen Glauben sich auf die ohntriegliche Göttliche Wahrheit verlassen sollen / immassen dann auch der sehl. Lutherus nach vielfältigen mit denen Wiedersachern gehaltenen Colloqviis und Disputationibus in seinem den 1. Decembris im Jahr 1536. an die Schweitzer abgelassenem Schreiben mit diesen Worten: Wir lassen es der Göttlichen Allmacht befohlen seyn wie Christi Leib und Blut uns im H. Abendmahl gegeben werde etc. sich ein für allemahl declariret hat. V. Weil nach dem Gebrauch Unser Christlichen Kirchen ohn vorher gethane Summarische Beicht und erhaltene absolution keiner zum Heil. Abendmahl zu verstat
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ten / und dahero von selbsten folget daß / wer für Unfähig der absolution zu achten ist / selbiger um so weniger zu Geniessung des heiligen Abendmahls zuzulassen sey; So sollen Unsere Prediger in diesen Fällen sich nach der in dem Capite von der Beicht und absolution ihnen vorgeschriebenen instruction alldings richten / und niemanden / der durch die Beicht und empfangene absolution sich nicht vorher bereitet hat / zu der Heil. Communion admittiren. VI. Als auch von der Kirche nicht statuiret worden / wie offt jemand des Jahrs bey dem Heil. Abendmahlsich anzufinden habe / sondern dessen mehrmahligen Gebrauch auf eines jeden Christenthum / devotion und das Verlangen seiner Seelen gestellet wird; So haben zwar Unsere Prediger es dabey zu lassen und niemanden / wie offt er des Jahrs zur Beicht und Communion kommen soll / Ziel und Maß zu geben / vielweniger stata tempora zu setzen / sondern bey Gelegenheit in ihren Predigten die Gemeine in genere zum fleißigen Gebrauch des heiligen Abendmahls zu ermahnen; Und nachdem die Gemeine starck oder geringe / um die andere / dritte und vierdte Woche / die Leute acht Tage vorher zur Beicht einzuladen. Wann sie aber wahrnehmen würden daß ein oder ander nicht zum wenigsten zweymahl sich anfinden oder wol gar eine Verachtung dieses heiligen Sacrament spühren lassen solte / so haben sie nach denen vorgeschriebenen gradibus admonitionum zu verfahren und
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dem Befinden nach an Unser Consistorium davon zu berichten. VII. Gleich wie nun die administration des Heil. Abendmahls in der Kirchen für dem Angesicht der versam̅leten Christlichen Gemeine offentlich verrichtet wird / also soll ein jeder Communicante gehalten seyn sich allda anzufinden und das Heil. Abendmahl zu empfangen; Wann aber jemand wegen Leibes-Schwachheit solches zu thun nicht vermöchte / so hat der Prediger demselben in seinem Hause so wol mit der absolution als Reichung des Heil. Abendmahls zu willfahren. Wie dann auch denen / so nicht aus Hochmuht oder einer singularität / sondern aus anderen Christlichen Ursachen in der Kirchen vor oder nach dem Gottesdienste zu beichten und das Heil. Nachtmahl zu geniessen verlangen / solches nicht versaget werden soll.

CAP. XII. Von Besuchung der Krancken und assistents bey den Sterbenden.
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GLeich wie ein Gewissenhaffter treuer Prediger nicht unterlassen wird einem jeden / für dessen Seele er zu sorgen hat / bey ereugenden Nothfällen mit Rath / Trost und Ermahnungen zu assistiren / also ist er solches vielmehr zu der Zeit zu thun verbunden / Wann jemand mit
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schwerer Kranckheit befallen und es mit demselben zum sterben sich ansehen lässet / imbetracht bey der Todes-Stunde des Menschen ewiges Wol und Weh in der höchsten Crisi stehet / und der Sterbende so dann am allermeisten nöhtig hat daß er des wahren seligmachenden Glaubens / der Bereuung aller seiner Sünden / und der Versöhnung mit GOTT durch das Mittler-Ambt JEsu CHristi wol erinnert und ihm aus GOTTes Wort wie der zeitliche Todt nichts anders / als der Hingang zum Leben sey tröstlich vorgestellet / Und daß er darauf zeitig mit der absolution und dem Heil. Abendmahl versehen werde; Also soll auch ein jeder Seelen-Sorger / so baldt ihm der gefährliche Zustandt des Krancken kund wird / nicht warten bis er gefodert werde / sondern von selbsten und ohn angemeldet zu denen gemeinen Leuten gehen / die vornehmere aber auf vorbeschehene Anmeldung besuchen / und hiebey in keinem Stück sein Ambt versäumen. Vornemlich aber soll der Prediger dem Krancken in der Stunde des Todes mit beweglichem Zusprechen / tröstlichen Sprüchen und andächtigen Gebetern treulich beystehen und in der letzten Todes-Noht mit Zuruffen so lang anhalten bis der Kampff geendiget und die Seele von dem Leibe sich geschieden; Immassen in andern Theil dieser Ordnung von denen agendis die particularia zu finden seyn.
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CAP. XIII. Von Vermahnung und Tröstung der Gefangenen / so zum Tode verurtheilet.
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I.
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MAnn einem Ubelthäter die Straffe des Todes durch Urtheil und Recht zuerkandt / So wollen Wir nicht daß mit Vollstreckung der Execution zu sehr geeilet werden soll / sondern es soll zuvor von denen Geistlichen aller Fleiß bey demselben angewendet werden / damit er zum Erkändtniß seiner Sünden / deren hertzlichen Bereuung und durch gnugsahmen Unterricht zu dem Stande gebracht werde daß er mit der absolution und dem H. Abendmahl versehen werden könne. II. Es soll demnach zu dem Ende ein solcher zum Tode condemnirter Mensch einige Tage vor der execution an einen besondern Ort / allwo der Prediger füglich mit ihm sprechen kan / gebracht werden / und soll der Prediger bey dem Gefangenen durch freundliches Anreden / wie er doch zu der grossen Ubelthat und schweren Sünde kommen / und durch mehr dergleichen Fragen nach der Beschaffenheit und disposition des Gemühtes sich wol erkundigen / Und wann / wie sichs wol zu begeben pfleget / einige ihre facta noch leugnen / oder entschuldigen und daß sie verführet sich beklagen / oder auch wol
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gar daß ihnen zu viel geschehen mit Ungedult und Frechheit sich vernehmen lassen / andere hingegen ein niedergeschlagenes Gemüht und wol gar eine desperation zeigen möchten / So hat der Prediger in seinen Ambte mit denen Erinnerungen / Unterrichtungen und Tröstungen sich darnach zu richten und dahin zu bemühen / wie er das Gemüht aus GOttes Wort beruhigen und den armen Sünder zum seeligen Ende und willigem Sterben bereiten möge.

CAP. XIV. Von dem Foro Competente der Prediger / Ihrer Exemtion und Immunität.
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I.
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MAnn die Prediger in personalibus gerichtlich zu belangen / soll solches nirgends anders dann vor Unserm Consistorio als foro Competente geschehen / da aber jemand eine actionem realem wegen zeitlicher Güter wieder einen Prediger anzustellen hätte / soll die Sache bey dem weltlichen Gericht / worunter das geklagte Stück gehöret / introduciret und daselbst durch gütlichen Vergleich oder Urthel und Recht ausgemacht / die Prediger auch dazu vermöge Unser den 12. Aug. 1685. ergangenen Verordnung ohne Subsidialische requisition citiret werden.
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II. In den übrigen sollen die Prediger / derer Frauen und Kinder von denen weltlichen Gerichtbahrkeiten (ausgenommen die Criminal-Fälle / so poenam capitalem oder Corporis afflictivam nach sich ziehen) gäntzlich eximiret seyn / dieselbe auch insonderheit vor ihre Persohnen wie auch die Küster und Schul-Diener auf keine Land- und Forst-Gerichte citiret / sondern wann dieselbe womit erweißlich beschuldiget würden / solche Beschuldigung von denen Beambten und Superintendenten conjunctim untersuchet / die Straffe nach der Land-Ordnung dictiret / selbige aber der Kirchen zugewendet werden. III. Was aber ihr Gesinde und Haußgenossen anlanget / bleiben selbige zwar der weltlichen Jurisdiction unterworffen / es soll jedoch / wann dieselbe sive civiliter sive realiter zu citiren die Nohtwendigkeit erfodert / solches denen Predigern vorher angemeldet werden. IV. So sollen auch die Prediger und ihre Wittwen mit keinen Reichs- und Creyß-Steuren / ordinar- und extraordinaren Landes-Anlagen / Kopffsteuren und dergleichen / wie die Nahmen haben können / beleget werden / sondern davon beständig eximiret und befreyet seyn / Wie ihnen dann die wegen der Bier-Steuer zu ihrer Nohtdurfft bewilligte Faß- und Tonnen-Zahl jährlich frey passiret werden soll. Wann aber ein Prediger eigenthumliche Güter hat / so denen gemeinen oneribus unterworffen / ist derselbe solcher wegen zu allen vorfallenden Landes-Anlagen nach proportion zu concurriren schuldig.
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V. Die Kirchen- und Pfarr-Wittwen-Häuser wie auch die darinnen wohnende Prediger- und Küster-Wittwen / seynd von oneribus publicis frey / wie auch der inquilinus, wann auf Vergünstigung die Wittwe ihren Wittwen Gehalt an einen andern Ort geniesset und das Hauß vermiehtet. VI. Wann aber ausser diesen Fall jemand ein solch Wittwen-Hauß miehtet / so werden zwar die Miethgelder / wie in dem Cap. XVI. geordnet / berechnet; Der Inquilinus aber / welcher seine Nahrung darinn treibet / ist gehalten von derselben die onera publica nach proportion abzustatten und damit der Gemeine zu Hülffe zu kommen / und soll es auf gleiche Weise mit andern denen Kirchen zustehenden freyen Häusern gehalten werden / Wie dann darüber den 14. Jul. 1684. aus Unser Geheimbten Raht-Stube ein rescript ergangen.

CAP. XV. Von den Pfarr-Intraden, Besoldung und Accidentien der Prediger.
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I.
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BLeich wie denen weltlichen Persohnen wegen ihrer einem andern oder auch dem gemeinen Wesen leistender Dienste billigmeßige Belohnung gebühret / Also erfodert um so mehr die Billigkeit daß die Geistlichen und
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Diener am Göttlichen Worte für ihre Arbeit / Mühe und Sorge einen ziemlichen Unterhalt und jährliches Auskommen geniessen mügen / bevorab da sie der weltlichen Gewerben und Nahrungen sich enthalten und ihr gantzes Leben auf ihre studia Theologica, auf ihre Predigten und auf die ihnen anbefohlnen Seelen-Sorge anwenden müssen. II. Es ist demnach Unser gnädigster auch ernster Will (1) Daß bey einer jeden Pfarr das Corpus bonorum, was an Länderey / Meyerhöfen / Wiesen / Garten / Zehnten / Korn- und Geld-Zinsen / quartal-Geldern und andern Gefällen und Beyträgen von Alters her dazu gewidmet und gehöret / genau erforschet / Und was hingegen vom solchem Corpore etwa abkommen / und hinwieder dabey zu bringen seyn möchte / in ein besonders Buch testatò verzeichnet / dasselbe bey denen visitationen nachgesehen und / ob auch alle darinnen specificirte Intraden noch in beständigem Erfolge sich finden / und wie das davon abgekommene wieder zu vindiciren / untersuchet / Und (2) bey denen Aembtern und Gerichten denen Predigern die etwa benöhtigte Gerichtliche Hülffe ohn Entgelt administriret werden sollen / (3) Daß von denen Predigern / welchen es an zureichlichen Unterhalt ermangelt / und ihren Superintendenten mit Fleiß überleget und bey Unserm Consistorio in Vorschlag gebracht werden soll durch was für practicable Mittel und Wege solcher unzureichlicher Unterhalt verbessert werden könne; Gestalt dann solche Vorschläge von Unserem Consisto
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rio examiniret / und wo nöhtig / darüber Unser Gerichts-Herrn und Beambten Bericht erfodert werden soll / Allermassen Wir darauf Unsers Consistorii relation und Gutachten erwarten und Unsere gnädigste resolution und Verordnung erfolgen lassen wollen. III. Wegen der Accidentien in specie auch wegen der Vierzeit-Pfennige / so denen Predigern gegeben werden / lassen Wir es bey dem Herkommen gnädigst bewenden; Es soll aber bey denen Pfarren / wobey verschiedene Prediger sich befinden / keiner des andern accidentien an sich ziehen; wie dann bey Straffe der Suspension sich niemand unterstehen soll einen oder andern von den eingepfarreten zu bereden daß er von seinem Beicht-Vater abtrete und ihn hingegen erwähle / keines weges auch jemanden / es geschehe auf was Weise es wolle / dahin zu disponiren / daß die Tauffe oder Copulation in seine Woche verschoben werde. IV. In dem übrigen wollen Wir auch einen jeden gnädigst ermahnet haben / daß er gegen seinen Seel-Sorger sich dann und wann mit einer freywilligen Gabe / so viel seine Hand vermag / erkentlich zu erzeigen unvergessen seyn soll. V. Es soll aber denen Gemeinen nichts neuerliches aufgedrungen / dasjenige auch / so dann und wann dem Prediger und dem Opffermann von jemand aus gutem freyen Willen zugewendet wird / so wenig von denenselben als ihren Successoren zur consequents und Folge gezogen / vielweniger ein Recht daraus praetendiret werden.
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CAP. XVI. Von den Prediger Wittwen und deren Wohnungen.
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I.
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DAmit nach Absterben der Prediger deren hinterlassene Witwen in Unsern Städten / Flecken und Dörffern eine bleibende Stelle haben mögen / So ordnen und wollen Wir daß an denen Orten / wo keine Witwen-Häuser seyn / dergleichen nothdürfftige Wohnungen auf Kosten der Gemeinen gebauet oder sonsten erhandelt / und in baulichen Stande erhalten werden sollen. II. Sothane Wittwen-Häuser und die darin wohnende Wittwen sollen von allen oneribus publicis und praestationibus, die haben Nahmen wie sie wollen / befreyet und von der Amts- und Gerichts-jurisdiction eximiret seyn / die Wittwen auch der Gemeinen Hut und Weyde der Holtz-Theilung / Mastung und andern Gerechtigkeiten einen Ackermann gleich ohngehindert zu geniessen haben. III. Wann aber keine Wittwe verhanden / soll das Wittwen-Hauß vermietet / das Locarium Jährlich besonders berechnet / und davon das Hauß wo nötig repariret / sonsten aber der gesamlete Vorraht auf Zinse beleget / keines weges aber weder von dem Predigern noch von der Gemeine hingenommen / noch mit anderen Kirchen-Intraden vermischet werden.
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IV. Ob dann wol dergleichen Wittwen-Häuser / wann sie auch gleich an andere vermiethet / von denen oneribus publicis befreyet bleiben / so sollen dennoch die Conductores und inqvilini wegen ihrer darinn treibenden Nahrung den weltlichen Gerichten unterworffen und zu denen gemeinen oneribus zu concurriren gehalten seyn. V. Im Fall sich auch begeben solte daß zwey Prediger Wittwen an einem Orte concurrireten und nur ein Wittwen-Hauß verhanden wäre / so soll die erste / so lang sie lebet und den Wittwen Stand nicht verrücket / so wol bey dem Genoß der Wohnung als auch des verordneten Wittwen-Gehalts gelassen / und die letzte Wittwe zwar zur Gedult verwiesen / gleichwol aber dahin gesorget werden / ob und durch was für Mittel dieselbe mit einiger beyhülffe getröstet werden möge. VI. Falls aber kein Wittwen-Hauß so bald gebauet oder sonst erhandelt werden könte / und immittels des Predigers Absterben sich begeben würde / so soll der Wittwen / so lang biß ihr eine Wohnung verschaffet / ein gewisse Hauß-Miete von der Gemeine gereichet werden. VII. Damit auch an denen Orten / allwo weder Garten noch Land bey den Wittwen-Häusern sich findet / denen dürfftigen Wittwen einiger massen dazu verholffen werden möge / So wird Unsern Gerichts-Herrn und Beamten hiemit aufgegeben sich nach solchen Plätzen / wodurch der gemeinen Hut und Weyde nicht sonderliches abgehet / zu erkundigen und die Gemeinen dahin zu ver
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mögen / daß solche bey die Wittwen-Häuser zu Garten / Wiesen oder Acker geleget werden möge. VIII. Und als befunden worden daß durch Ordnung der Wittwen-Cassen denen Wittwen eine ziemliche Bey-Hülffe verschaffet werden könne; So committiren Wir und befehlen Unserem Consistorio hiemit dergleichen Witwen-Cassen in denen Districten / allwo es noch nicht geschehen / fürderlich anzuordnen und zu bestätigen / auch über solche Ordnungen und deren richtige observanz zu halten. IX. Weil sich auch wol begeben kan daß bey der Pfarr / allwo ein Adjunctus bestellet / dieser eher als der Senior verstürbe und eine Wittwe verliesse; So soll auf solchen Fall des verstorbenen Adjuncti Wittwe zwar so lang / als der Pastor Senior im Leben ist / des Wittwenthums zu geniessen haben / auf erfolgeten dessen Todes-Fall aber soll der Wittwen-gehalt an des verstorbenen Senioris Witte hinwieder abgetreten und alsdann / wie es in §. V. bey concurrenz zweyer Wittwen verordnet worden / gehalten werden. X. Und gleich wie im übrigen eines jedes Orts Gemeine gehalten ist für ihren Prediger / für dessen Wittwe / wie auch behuef der Schuel die nöhtige Häuser zuverschaffen / also sollen sie auch dieselbe in guten Stande erhalten und zu ihrem eigenen Schaden selbige nicht baufällig werden lassen / ohne Nothwendigkeit aber zu einiger Bau- und Verbesserung nicht angestrenget werden.
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CAP. XVII. Von dem denen Prediger Wittwen zukommenden halben Gnaden-Jahr.
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MAnn das Salarium des Predigers zum Theil oder gantz in bahren Gelde bestehet / so soll das Qvartal, worinn ein Prediger stirbt / pro deservito geachtet werden / und geniessen so dann die Wittwen und Kinder über solches Qvartal noch eine halb jährige Besoldung / auch gehet das halbe Gnaden-Jahr ratione sothanen in baaren Gelde bestehenden Salarii nicht ehender an als nach Ablauff des Sterb-Qvartals. II. Bey Einnahme der accidentien aber / so die Prediger insgemein zugeniessen haben / soll der terminus des halben Jahres so fort à die mortis computiret werden / dergestalt daß die Wittwen und Kinder von dem Sterbe-Tage an sechs Monathe in der völligen Hebung aller accidentien bleiben; Was aber nach Ablauff solcher Zeit einkömmt / soll dem Successori gelassen / und darauf / ob etwa in dem Gnaden-Jahre mehr als in folgenden einkömmt / nicht gesehen werden. III. Wann aber des Predigers Salarium in Acker-bau oder Wiesenwachs beruhet / so seynd die reditus des gantzen Jahrs von Michaelis biß wieder zu Michaelis in einen
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ohngefährlichen Anschlag zu bringen / davon zuforderst die Impensae in agrorum cultum & messem factae abzuziehen und demjenigen / so solche ausgeleget / zu restituiren / das residuum aber dergestalt zu theilen daß / wann der Todes Fall e. g. in September geschiehet / der eine Halbscheid des folgenden Jahres redituum der Wittwen und Kindern / der andere Halbscheid aber dem Successori zukomme. Stürbe aber der Prediger in October, so erlangen Wittwen und Kinder sieben-zwölff Theile von solchen residuo und bleiben dem Successori nur fünffzwölff Theile; Begebe sich der Fall in November so kommen jenen acht-zwölff Theile diesem dem Successore aber nur viere zu / und ist / wenn in folgenden Monathen sich der Todes-Fall begibt / die Computation nach solchen Fuß leicht zu machen / wenn nur allzeit pro Regula gesetzet wird daß der Sterbe-Monaht pro deservito zu achten / und der Wittwen und Kindern zum besten zu rechnen. IV. Solte aber etwa im April oder Majo ein Prediger versterben / so geniesset die Wittwe und Kinder nicht allein die völligen reditus desselbigen von Michaelis biß wieder Michaelis gerechneten Jahres / sondern sie hat auch von folgenden Jahrs Acker-Nutzungen nach Proportion ein / zwey / oder mehr zwölff Theile zu erwarten / nachdem der Todes-Fall sich früher oder später begibt. V. Auf gleiche weise ist es auch mit denen Zehenten / Meyer-Zinsen und anderen stehenden Gefällen / auch denen fructibus Civilibus zu halten / und seynd selbige pro rata temporis & habito respectu ad diem mortis
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nach denen Monathen zu theilen / dabey jedoch zu observiren daß / wann gleich Zehnt-Korn / Meyer-Zinsen und andere dergleichen intraden erst nach Michaelis fällig werden / selbige dennoch / da sie wegen der vorhergehenden Erndte abgetragen werden / in die Aufkünffte des biß Michaelis gerechneten Jahres zu computiren. VI. Die Wohnung in den Pfarr-Hause bleibt der Wittwen und Kindern ebenfalls 6. Monaht von dem Todes-Tage anzurechnen / es sey dann daß an dem Orte wo der Prediger verstorben ein Wittwen-Hauß verhanden / welchen falls sie das Pfarr-Hauß dem Successori, Wenn er vor Ablauff des halben Jahres antrit / zu räumen verbunden seyn; Jedoch wird ihnen zu Versorgung ihres etwa habenden Viehes / wann sie solches in der Wittwen-Wohnung nicht lassen können / auch Vertreibung des verhandenen Vorrahts an Geträyde / Heu / Futterung und dergleichen billig einiger Raum gegönnet. VII. Wann auch unter denen Pfarr-melioramenten etwas von Weyden zur taxation angegeben werden solte / so soll es damit also gehalten werden: Weil insgemein 1. Setz-Weyde vor 4. Pfen. erkaufft werden kan / so können des defuncti Erben vor das Stück / so erweißlich zugepflantzet worden / ein mehrers auch nicht praetendiren; dem succedirenden Pastori aber / wenn er die Nutzungen einige Jahr von solchen Weyden genossen / soll bey seinen Abzuge oder seinen Erben nach seinen Tode dißfalls ferner nichts erstattet werden. Im übrigen wird es wegen taxi
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rung der Obst-Bäume und anderer meliorationen bey der Landüblichen observantz gelassen.

CAP. XVIII. Von denen Opffer-Leuten / Küstern und Kirchhöfen.
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I.
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BEy denen Kirchen sollen die Opffer-Leute und Küster / wie es an jeden Ort die observants mit sich führet / in Vorschlag gebracht / Unserm Consistorio praesentiret und dem Befinden nach bestellet werden / und dabey daß sie ihren Pastoren gehörigen respect und gehorsame Folge / auch bey denen ihnen obliegenden Diensten und Verrichtungen sich willig / getreu und ohn verdrossen erzeigen wollen angeloben / solches auch bey Verlust ihrer Dienste jederzeit in der That erweisen. II. Auf denen Dörffern / wo keine besonders bestellete Schuelmeister seyn / sollen die Küster nach jedes Orts Gelegenheit die Schulen halten / die Kinder in Beten / Lesen / Schreiben auch in Rechnen so wol bey Sommers-als Winters-Zeiten fleißig informiren / dieselbe den Catechismum und die dabey gehörige Sprüche wol auswendig lernen / und die gewöhnliche Kirchen-Lieder langsahm und deutlich singen lassen / Für welche Arbeit ein
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billigmeßiges Schuel-Geld für jedes Kind / wie es an jeden Ort gebräuchlich / soll entrichtet werden. III. Es soll denen Opffer-Leuten / Küstern und Schuelmeistern dasjenige / was zu ihrem jährlichen Unterhalt hergebracht / ohnwegerlich gereichet und / wann solches gar zu geringe seyn solte / von denen Visitatoren darunter / so viel ohne merckliche Beschwerung der Gemeine geschehen kan / eine Verbesserung befodert werden; Wie sie dann auch bey denen filialen der hergebrachten Competents sich gleichmeßig zu erfreuen und bey Mast-Zeiten daselbst gleich einen Kohtsassen der Mastung mit zu geniessen haben sollen. IV. So sollen auch die Kirchhöfe zu Abhaltung des Viehes von jedes Orts Gemeinen mit Plancken und Pforten verwahret / und von den Küstern rein gehalten werden. V. Und als im übrigen / wie es mit denen Opffer-Leuten und Küstern zu halten / sich in vormahligen Land-Tags-Abschieden ein und andere disposition findet / so ist darauf ein Extract zur Nachricht dieser Ordnung annectiret worden.

CAP. XIX. Von der Kirchen-Visitation.
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I.
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DIeweil die visitirung der Kirchen und Pfarren ein von denen vornehmbsten Mitteln ist das Kirchen
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wesen in guter Ordnung zu halten / So ist Unser gnädigster und ernster Will daß dieselbe nicht unterlassen noch verabsäumet sondern von denen Superintendenten zu gewissen Zeiten Ordnungs-mäßig verrichtet werden sollen. II. Es sollen aber die visitationes wegen des bey denen meisten Kirchen vorhandenen schlechten Vermögens hinkünfftig öffters nicht als jedesmahl nach verflossenen zwey Jahren angestellet werden. III. Wann nun nach letzt gehaltener visitation zwey Jahre abgelauffen / soll der Superintendens einen terminum dazu berahmen und selbigen dem Pastori vier Wochen vorher notificiren / wie auch dem Magistraten / Gerichts-Herrn oder Beambten davon beyzeiten Nachricht geben. IV. Wobey er dann zugleich von dem Pastore schrifftlich fodern soll daß er (1) von seinen innerhalb denen letzt verflossenen zweyen Jahren gehaltenen concipirten Predigten etliche Stücke (welche der Superintendens nach seinem Gutbefinden zu specificiren hat) zeitig einschicken soll / damit daraus vorher ersehen werden könne was der Prediger für eine Methode gebrauchet / was für themata er tractiret und ob er alles juxta praescriptam Normam der reinen Lehre eingerichtet / ob es auch seine eigene Arbeit oder aus denen Postillen gezogen / und was von ihm darinnen praestiret sey; welche Concepte der Superintendens bey erfolgender visitation dem Prediger wieder einhändigen und dem Befinden nach entweder darüber seine
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approbation geben / oder wegen befundener Mängel nöhtige Erinnerungen thun und denselben zu besserer attention und Fleiß anweisen soll / (2) Daß er auch so wol die unter der Gemeine im Leben und Wandel befindliche Gebrechen / excesse und Aergernissen / als auch die bey den Kirchen-Pfarr- und Schuel-Gebäuden angemerckte Mängel / nebst Bericht von dem Verhalten des Schuelmeisters / insonderheit aber / was er wegen der Kirchen-Register und dabey zu Verbesserung der Kirchen-Güter bey bevorstehender visitation etwa vorzutragen habe zeitig einschicke / und zugleich sein Gutachten darüber eröffne. V. Die von dem Pastore eingesandte Berichts-puncta hat der Superintendens mit Fleiß nachzusehen und / was bey der visitation derer wegen vorzunehmen / zu remediren und zu verstatten seyn möchte / wol zu überlegen / nicht weniger auch bey denen Kirchen-Rechnungen die nöhtige monita zu machen. Wann er aber einen oder anderen punct von der Wichtigkeit fünde / daß er vor sich darinnen zu resolviren Bedencken hätte / so hat er davon an Unser Consistorium gebührend zu referiren / und umb gemessene Instruction anzusuchen. VI. So soll auch der Superintendens dem Pastori einen textum, umb darüber bey der visitation einen kurtzen Sermon zu halten / acht Tage vorher zu schicken; Dieser kan auch zwey oder drey Prediger / so ihm bey dem Examine assistiren mögen / erwählen und selbige dero behueff avisiren.
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VII. Wann nun bey angestelleter visitation der Pastor loci den ihm aufgegebenen Sermon gehalten / so soll die versammlete Gemeine sich in so viel Hauffen theilen als Prediger gegenwärtig seyn / Die Kinder aber sollen sich auf den Chor stellen; Da dann der Superintendens den Prediger die Kinder examiniren lassen / selbsten aber auf ein und andere abgegebene Antwort wieder Fragen formiren und dadurch ob auch die examinati einen rechten Begriff von der Sache haben erforschen / so dann auch die examina der erwachsenen und alten Leuten anhören / auch ein und andere Fragen an dieselbe thun soll. VIII. Nach geendigten solchem Examine soll der Superintendens eine kurtze Rede halten / und darinnen die unfleißigen straffen / und die Eltern ermahnen daß sie die Kinder fleißig zur Schuel halten / selbst auch die Catechismus-Lehren nicht verseumen sollen. IX. Ehe und bevor die visitatores abgehen / sollen sie das Kirchen-Gebäude observiren und nachsehen ob dasjenige / was bey der letzteren visitation erinnert worden / gebessert und ob der ornat sambt denen in die Kirche gehörigen Büchern verhanden / und wie der Kirch-Hof verwahret sey. X. Bey der Zurückkunfft zu dem Pfarr-Hause / soll dasselbe wie auch das Schuel-Hauß in Augenschein genommen / eines jeden inventarium nachgesehen / und was an solchen Gebäuden etwa zu bessern die Nohtwendigkeit erfordert / nach jedes Orts hergebrachter observants zu repariren angeordnet werden.
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XI. Nach diesem soll der Pastor abtreten und sollen darauf einige aus der Gemeine befraget werden / ob der Pastor wie auch der Opfermann und Küster in seinen Ambts-Verrichtungen / wie auch in Lehre und Leben sich so erwiesen / wie es die Kirchen-Ordnung erfodert; Da dann nach denen nöhtigsten in solcher Ordnung vorgeschriebenen Regulen so des Orts zu observiren / die Fragen angestellet werden können. XII. Es soll aber bey all solchen Fragen der Superintendens ohn alle affecten verfahren / und nicht etwas aus einer gegen den Prediger habenden animositet zu dessen Unglimpff und Schaden darunter mischen / sondern nach seinen Gewissen mit guter Vorsichtigkeit alles so einrichten / daß er den Pastorn bey seiner Gemeine nicht prostituire / ihn verächtlich und folglich sein Ambt fruchtloß mache. XIII. Hierauf soll auch der Prediger selbsten befraget werden / ob er und der Schuelmeister wider die Gemeine über das / was vorhin schrifftlich eingesandt / noch etwas mehres vorzurragen und darinnen remedirung zu suchen hätten; Da dann / was ferner vorgebracht / notiret und dem befinden nach mit beobachtet werden soll. XIV. Worauf ferner das Erb-Register oder Haupt-Buch / worinn das Corpus Bonorum und die Jura der Kirchen beschrieben / wie auch das Buch / worin die Rescripta und Mandata Consistorialia zusammen gehefftet / nachgesehen und ob alles sich gebührlich finde untersuchet werden.
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XV. So kan auch bey denen Gerichts-Herrn und Beambten nachgefraget werden / ob der Pastor sich etwa in Gerichts-Sachen gemischet und dem weltlichen Gericht in einem oder andern Stück eingegriffen / oder ob man sonsten sich über ihn zu beschweren habe; Dahingegen kan auch bey dem Pastore und aedituo vernommen werden / worüber dieselbe sich etwa zu beklagen / ob ihnen auch mit Anhaltung der Leute zu Heiligung des Sabbahts und fleißiger Besuchung des Gottesdienstes und denen Catechismus-Lehren assistiret / ihnen auch zu dem jenigen / was ihnen jährlich zu reichen / gute Hülffe und Befoderung geschehen; da dann der Superintendent was darunter von beyden Theilen vorgebracht so gleich glimpfflich zu vermitteln und zu redressiren sich bemühen / dasjenige aber / so von ihn nicht füglich remediret werden kan / ad referendum nehmen soll. XVI. Hierauf sollen die jenigen aus der Gemeine vorgefodert werden / welche etwa in offenbahrer Gottlosigkeit / Verachtung des Heil. Abendmahls oder auch in Unversöhnlichkeit mit ihren Nechsten leben; denen dann das Gewissen gerühret / sie ernstlich corrigiret und ermahnet und dabey / wann keine Besserung folgen würde / mit schwerer Straffen bedreuet / solche Straffen auch wol an denen Trotzigen und Halsstarrigen in instanti dem befinden nach mit Geld-Buß oder Gefängniß würcklich vollstrecket werden sollen. XVII. Hiernechst soll der Superintendens der Gemeine in Gegenwart des Pastoris und der übrigen visita
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toren vorhalten / was der Pastor und Schuelmeister über sie zu klagen habe und darauf ernstlich befehlen daß sie sambt und sonders ihrem vorgesetzten Seel-sorger schuldige Ehrerbietung erweisen / seinen Lehren und Vermahnungen gehorsahme Folge leisten / den Gottesdienst und Catechismus-Lehren / wie auch den Gebrauch des Heil. Abendmahls nicht verseumen / und im übrigem in ihren Leben und Wandel sich so zeigen sollen / daß nicht nöhtig seyn möge der weltlichen Obrigkeit nachdrückliche assistentz wieder die Wiederspenstigen zu veranlassen. XVIII. Ferner sollen die Kirchen-Rechnungen vorgenommen und nachgesehen werden (1) ob das Corpus bonorum und die exigenda auch distinctè, richtig und völlig darinn verzeichnet / (2) ob bey der Einnahme und bey denen exactis die fixa von denen non fixis oder unständigen Posten unterschieden und unter besondere rubriquen gesetzet / (3) ob alle Posten auch fleißig eingetrieben und was die Ursach der Restanten sey; So dann sollen (4) die etwa vorhin aus solchen Rechnungen gezogene defecta, wie auch bey einen und andern gemachte monita verlesen / darüber so wol der Pastor als die Kirchen-Vorsteher mit ihrem Bericht vernommen / und darauf denenselben von denen Visitatoren gehörige Bedeutung gethan werden. XIX. Wie nun nach verrichtetem Actu Visitationis den Visitatoren oblieget eine ausführliche relation abzufassen / also soll dieselbe Unserm Fürstlichen Consistorio fürdersahmst eingesandt und dasjenige / was etwa darauf
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zu rescribiren und zu verordnen seyn möchte / von den Superintendenten gebührend befodert werden.

CAP. XX. Von den Kirchen-Gütern und deren Administration.
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I.
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DEmnach die Erfahrung bezeuget daß der Abgang bey denen zu den Kirchen gewidmeten Gütern und intraden nicht so viel von Unglücks-Fällen als von nachläßiger Aufsicht und Administration herrühre / und Wir für eine zu Unsern Landes-Fürstlichen Sorgen mit gehörende Angelegenheit erachten / daß nicht nur die Kirchen-Gebäude im Stande erhalten sondern auch der Kirchen Vermögen wol bewahret und nach Möglichkeit verbessert werden / zu solchen Zweck auch die Kirchen-visitationes, wodurch zu gewissen Zeiten nicht nur das Kirchen-Ambt sondern auch der Zustandt der Kirchen und administration deren Güter und intraden untersuchet werden müssen / angeordnet und bisher observiret worden / Wir aber hiebey ein näheres reglement nöhtig finden; II. So ordnen Wir hiemit und wollen daß (1) bey einer jeden Kirche / allwo es noch nicht geschehen / ein Haupt-Buch oder Erb-Register in solcher form und mit solchen requisitis gemachet werden soll / daß es vim probandi haben und bey vorfallenden Sachen darnach judi
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ciret und von denen Gerichts-Herrn und Beambten wie auch von denen Stadt-Magistraten nachdrücklich darüber gehalten werden könne; (2) Daß darinn nicht allein alle und jede Güter / Aecker / Wiesen / Zehnten / Garten / Dienste / Korn- und Geld-Zinsen / auch alles andere Einkommen / es habe Nahmen wie es wolle / Rechte und Gerechtigkeiten / welches alles die Kirchen in Geniessung haben oder billig haben solten / sondern auch die Nahmen aller deren / welche der Kirchen jährlich etwas zu reichen und zu praestiren gehalten seyn / deutlich specificiret / Darinnen auch (3) von denen über solche Stücke sprechenden Documentis die Authentisirte Abschrifften mit eingetragen / (4) Die Originalia aber an einen sichern Ort wol verwahret werden sollen. III. Die Kirchen-Rechnungen sollen in gehöriger form eingerichtet / und bey der Einnahme ein jedes Exigendum è diametro gegen das Exactum über / in das mitlere spatium aber die Nahmen der debitorn oder deren / so der Kirchen ihre Gefälle jährlich zu geben und sonsten andere praestationes zu thun schuldig seyn / specificè gesetzet / zu jeden Gefällen auch / e. g. Acker-Zinß und dergleichen / ein besonderes Caput gemachet / und unter solche rubric was dahin gehöret berechnet werden. IV. Es sollen aber bey der Einnahme keine restanten in Rechnung passiret werden / es were dann / daß der administrator oder Rechnungs-Führer erweisen könte / daß in exigendo der euserste Fleiß und zwar zu rechter
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Zeit angewendet worden / oder der debitor per casus Majores gäntzlich verarmet wäre. Wiedrigenfalls / und bey Ermangelung sothanen Beweißthumbs / sollen die Administratores die restanten aus dem ihrigen zu ersetzen schuldig seyn. V. Insonderheit sollen künfftig keine Kirchen-Güter in Emphyteusin oder Erben-Zins-weise gegen einen jährlichen Canonem, noch auch auf Leiber oder Leb-Zeiten von neuen verschrieben / sondern wann Sie denen Kirchen hinwieder heimb fallen / per Contractum Locationis gegen eine zureichliche jährliche pension auf drey oder zum längsten auf sechs Jahr ausgethan und darüber deutliche Contracte mit denen Pächtern gemachet / auch bey Verenderung der Pachtungen dahin gesehen werden / ob und wie weit die pension der Kirchen zum besten verbessert werden möge. VI. So soll auch nicht zugelassen seyn von solchen Kirchen-Gütern das geringste Stück zu alieniren / zu verkauffen / zu vertauschen oder nachzulassen / Es were denn daß das Vermögen der Kirchen dadurch mercklich verbessert werden könte / Und solches vorher von Uns / oder Unserm Consistorio, nach beschehener Untersuchung / gut befunden und resolviret würde. VII. Gleicher gestalt sollen auch extra casum extremae necessitatis bey der Kirchen keine Schulden gemachet / sondern / wann es dergleichen Noht erfodert / darüber Unser oder Unsers Consistorii resolution und Consens eingeholet werden.
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VIII. Bey der Ausgabe soll in den Rechnungen eine gute distinction gehalten und die Posten / so einerley Causam haben / unter eine rubric, die anderen aber besonders eingeführet / kein einiger Post aber / so nicht mit quitung beleget werden kan / passiret werden. IX. Damit nun bey denen Kirchen-Rechnungen ein Uberschuß heraus gebracht und zum Capital gemachet werden könne / So sollen nicht nur die bisherigen überflüßigen Zehrungs-Kosten bey den visitationen eingeschrencket / und bey einer jeden nicht mehr als vier oder höchstens fünff Thaler in den Rechnungen passiret / sondern auch im Bau- wesen ohn vorbeschehene Untersu chung der Nohtwendigkeit und darüber aus Unserm Consistorio ergangene Verordnung bey denen Kirchen nichts vorgenommen werden / Es wäre dann daß zu Erhaltung des Taches oder der Fenster etwas weniges anzuwenden nöhtig und dabey etwa periculum in mora seyn möchte. X. Viel weniger sollen die Pastores an den Pfarr-Häusern von den Kirchen-Mitteln ein oder anders zu bauen bemächtiget seyn; Wann sie aber aus denen sonsten in solchen Häusern üblichen ordinairen Gelegenheiten zu ihrer besondern Commodität etwas machen lassen wollen / dasselbe soll ihnen zwar aus ihren eigenen privat-Mitteln zu thun erlaubet / der Successor aber so wenig als die Gemeine sothane Kosten zu refundiren schuldig seyn; Gestalt dann diejenige Prediger / so etwa dergleichen nicht nohtwendige Bau-Kosteneigenmäch
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tig aus denen Kirchen-Mitteln genommen zu haben überführet werden können / sothane angewandte Gelder der Kirchen hinwieder zu bezahlen schuldig seyn und dazu würcklich angehalten werden sollen. XI. Wann nun durch gute administration einiger Uberschuß oder Vorraht zuwege gebracht worden / so soll der Pastor nebst denen Kirchen-Vorstehern darauf be dacht seyn / daß solche Gelder der Kirchen zum besten angeleget und / wo sich nur Gelegenheit dazu findet / auf Erb-Land / Garten oder Wiesen Pfands-weise gegen fünff pro cent beleget / sonsten aber an sichere Leute sub generali hypotheca bonorum ausgeliehen / und über die gemachte Contracte Gerichtliche confirmationes befodert werden; Wie Wir dann auch allen ausgeliehenen Kirchen und andern piis causis zugehörigen Geldern eine tacitam hypothecam legalem hiemit beygeleget / solche disposition auch auf die casus praeteritos extendiret haben wollen. Solten aber die administratores sich hierinn nicht sorgfältig erweisen und diese Kirchen-Gelder ohnfruchtbahr liegen bleiben / so sollen sie der Kirchen den Schaden von dem Ihrigen zu erstatten schuldig seyn. XII. Als Wir auch ungern vernehmen daß bey etlichen Kirchen sich ein sehr geringes Einkommen finde / einige Prediger auch allzu wenig Unterhalt haben sollen / Wir aber solchen Mängelen so viel thunlich zu remediren geneigt seyn; So wollen Wir daß so gleich nach publicirung dieser Kirchen-Ordnung von Unsern Consi
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storio wegen solcher unvermögenden Kirchen und Pfarren ein umbständtlicher Bericht an Unsere geheimbte Raht-Stube fürderlich eingesandt und daselbst mit Fleiß consultiret werden soll / wie solche Vorschläge / Mittel und Wege auszufinden / wodurch so wol denen ohnvermögenden Kirchen in etwas geholffen / als auch denen an Unterhalt Mangel habenden Predigern mehrere Einnahme verschaffet werden könne. XIII. An den Orten / wo die Kirchen Holtzung haben / soll weder die Gemeine noch der Prediger sich unterstehen ohn Vorwissen des Superintendenten aus solchen Höltzern etwas zu hauen und zu verkauffen / sondern / wann dergleichen die Noht erfodert / es demselben anmelden / welcher dann an die Beambte oder Gerichts-Herrn wie auch an den nechstgesessenen Forst-Bedienten zu schreiben und anzusuchen hat / daß solches Holtz entweder auf dem Stamme oder nach Clafftern oder Schocken durch geschworene taxiret werden möge. XIV. Und weil der Kirchen Einnahme auch durch eine billigmeßige Vermiehtung der Kirchen-Stühle einiger massen verbessert werden kan / so soll ein jeder Superintendent, wie es damit wie auch mit Verkauffung der Grab-Stellen in seiner inspection bis daher gehalten / fürderlichst berichten und derobehuef mehrere instruction und Verordnung erwarten.
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CAP. XXI. Von den Vorstehern der Kirchen / Hospitalien und Armen-Kasten.
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I.
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NAchdem in dem Capite von Kirchen-Gütern wegen der Rechnungs-Führung ein und anders verordnet worden / So sollen auf solch reglement nicht allein die Kirchen-Vorsteher / sondern auch die Vorsteher der Hospitalien und Armen-Kasten hiemit angewiesen und dahin ernstlich ermahnet seyn / daß sie vermög ihrer abgestatteter Juramenten sich darnach sorgfältig achten und in keinem Stück es an ihrer Treu und Fleiß ermangeln lassen; Wiedrigen falles sollen sie allen durch ihre Verseumniß und unrichtiges Verfahren veranlasseten Abgang und Schaden aus ihren Gütern / welche à tempore coeptae administrationis denen piis causis pro hypotheca legali hafften sollen / zu erstatten schuldig seyn. II. All solche Vorsteher und Rechnungs-Führer bey Kirchen / Hospitalien und Armen-Kasten sollen von denen Gerichts-Herren und Beambten mit Zuziehung des Pastoris erwehlet / und darauf von den Superintendenten / Gerichts-Herrn und Beambten nach der dieser Ordnung beygedruckten Eydes-formul in Pflicht genommen werden. Ihre Rechnungen aber sollen sie mit dem Schluß
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eines jeden Jahrs schliessen / und selbige darauf bey Vermeidung fünff Rthler Straffe ihren vorsetzten Obern innerhalb Monats frist einschicken; welche Geld-Straffe bey fernerem Seumnißfall von Monathen zu Monathen dupliret werden soll.

CAP. XXII. Von Ehe-sachen / und was die Prediger dabey in acht zu nehmen haben.
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I.
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NAchdem wir im Jahr 1704. den 2. Jan. eine ausführliche erneuerte Constition und Verordnung wegen der Ehe-Versprechung und Verlöbnissen publiciren und selbiger eine Specification, in welchen Fällen der nahen Verwandtschafften halben die Ehen nicht zu verstatten / annectiren lassen / So lassen Wir es dabey bewenden / und wollen daß dieselbe bey vorkommenden Fällen wol nachgesehen und darüber beständig gehalten werden soll. II. Wir ordnen auch ferner und wollen daß Eltern und Vormünder ihre Kinder und pupillen in deren zarten Jugend / da sie noch nicht wissen mit Verstande zu leben / nicht sollen verheyrahten; Wie dann denen Predigern dergleichen junge Leute / es sey dann die Manns-Persohn 18. und die Weibes-Persohn 15. Jahr alt / zu
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eopuliren bey Verlust ihrer Dienste hiemit ernstlich verboten wird. III. Diejenige nun / so in den heiligen von GOTT selbsten geordneten Ehestand treten wollen / und sich derobehuef nach jetzt gedachter Unser Constitution vorher mit einander ordentlich verlobet haben / sollen nicht eher zur Copulation verstattet werden / es sey dann die proclamation und Aufbietung von der Cantzel an zweyen Sonntagen nach einander / und zwar in denen Kirchen und für denen versammleten Gemeinen / zu welcher die Braut oder der Bräutgamb gehören / öffentlich vorher gangen. IV. Es sollen aber die Prediger die Persohnen / welche sich an frembden Orten eine ziemliche Zeit aufgehalten und allda heyrahten / sub praetextu loci originis wieder derer Willen nicht proclamiren / noch einige proclamations-oder Copulations-Gebühr von denselben exigiren / bey Vermeidung der in dem Consistorial-Rescript von 20. Jan. 1706. gesetzten Straffe. V. Ehe und bevor Unsere Prediger zu denen öffentlichen Abkündigungen und Proclamationen schreiten / sollen dieselbe sich wol erkundigen ob auch die Persohnen / welche sich in den Ehestandt begeben wollen / etwa unter denen in mehr erwehnter Unser Constitution enthaltenen gradibus prohibitis sich befinden; Derobehueff dann auf beschehenes Befragen die Verwandten und Nachbahren dem Prediger davon warhafften Bericht / wie sie selbigen auf Obrigkeitliches Erfodern allenfalls
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mit dem Eyde bestätigen können / zu geben schuldig seyn sollen. Solte hiergegen gehandelt und ohn vorher hierüber erlangete Gewißheit mit der Verehligung und Copulation verfahren werden / so soll der Pastor mit Entsetzung seines Dienstes / die copulirte aber und zwar ein jeder mit Ein hundert Reichsthaler auch wol nach befinden härter darüber bestraffet werden. Wann aber solche Fälle vorkommen / so Unser Landes Fürstlichen dispensation unterworffen / so haben die Prediger davon an Uns oder Unser Consistorium gebührlich zu berichten und die Partheyen dahin zu verweisen. VI. So sollen auch die Prediger sich wol fürsehen und mit Fleiß in acht nehmen / daß sie keine frembde Leute / so nicht in ihre Pfarr gehören / oder sich nicht eine geraume Zeit darinn aufgehalten / ohn Vorzeigung glaubwürdiger von ihrer Obrigkeit und Seelsorgern ertheileten schrifftlichen Zeugnissen proclamiren noch trauen / damit sie nicht schwere Verantwortung und Straffe über sich ziehen mögen. VII. Wann eine Persohn von denen beyden Ehe-Leuten mit Tode abgehet / so soll der Wittwer / bevor zur andern Ehe geschritten werde / wenigstens ein halb Jahr / die Wittwe aber ein völliges Jahr abwarten / der Pastor auch vor Ablauff solcher Zeit sich keiner Copulation unternehmen / es were dann daß Unser oder Unsers Consistorii Concession darüber vorgezeiget würde. VIII. Alle und jede Copulationes sollen an denen Orten geschehen / allwo die Braut bis zu der Hochzeit
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eingepfarret gewesen / oder doch dem Pastori loci der Accidentien halber Abtrag gemachet / allemahl aber publicè in den Kirchen und nicht in privat-Häusern verrichtet werden; Da aber jemand eine privat-Copulation zu verlangen erhebliche Ursache hätte / soll darüber bey Uns oder Unsern Consistorio special Concession gesuchet werden; Wie Wir dann / so viel Unsere getreue Ritterschafft betrifft / die desfalls in dem Land-Tages-Abscheide de anno 1682. enthaltene sonderbahre Concession hiemit nachmahlen gnädigst bestätigen. IX. So sollen auch in denen Advents- und Fasten-Wochen wie auch an denen Sonn- und Fest-Tagen keine Copulationes und Hochzeiten / wann nicht von Unsern Consistorio befundenen Umbständen nach darinn dispensiret worden / vorgenommen / an denen Werck-Tagen aber praecisè um 12. Uhr / es were denn daß auf Ansuchen ein ander concediret würde / angestellet werden / inmassen davon vorhin in Unser sub dato den 25. Nov. 1696. ergangenen Verordnung mit mehren disponiret.

CAP. XXIII. Von Begräbnissen.
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I.
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BLeich wie es zur Erinnerung der Sterblichkeit und Bereitung zum Tode gereichet / Wann die verstorbenen öffentlich zur Erde gebracht werden / Also wollen Wir keines weges daß solche öffentliche Begräbnissen in
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Abgang gerahten sollen; Dieweil aber allbereit in observants kommen / daß die Frauen denen Leichen nicht mehr folgen / und dadurch viele Kosten und Ungelegenheiten verhütet werden / so wollen Wir daß forthin solche Weiber-Folge durchgehends gäntzlich abgestellet bleiben soll. Die Beschickung des Todten-Cörpers soll insgemein nur mit weissen Linnen geschehen / und niemanden als der vornehmen Fürstl. Bedienten und Adelichen Familien zugelassen seyn ihre Todten mit Seyden zu bekleiden / und die Todten-Kasten mit Wapen / Silber oder güldenen Farben vermahlen lassen; So soll auch mit denen Begräbnissen länger nicht als zu Winters-Zeit vier oder fünff Tage und im Sommer-Zeiten zwey bis drey Tage gewartet werden. II. Als Wir auch mit grossen Mißfallen erfahren / wie an einigen Orten bey den Begräbnissen nicht allein von denen Kirchen-Vorstehern wegen der Grab-Stellen und des Klocken-Geleutes / sondern auch von theils Predigern und Schuel-Collegen, Opffer-Leute und Schülern offtmahlen unbillige Anfoderungen geschehen / so daß die unvermögende darüber zu seuffzen / andere aber sich zu beklagen haben / So verordnen Wir hiemit und wollen / daß darinn geziemende Bescheidenheit und moderation gehalten werden soll / damit niemand darüber sich zu beschweren Ursach habe / und nicht nöhtig seyn möge die vorgehende excessen nach befinden nachdrücklich zu bestraffen.
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III. Und dieweil von vielen / denen es entweder an Mitteln zu Anstellung öffentlicher Begräbnissen ermangelt / oder die sonsten / umb sich denen dabey sich findenden Beschwerlichkeiten zu entladen / Ursach haben / die stillen Begräbnissen verlanget werden / So lassen Wir Uns solches nicht entgegen seyn / und wollen daß nicht leicht jemanden desfals die Concession versaget werden soll. IV. Weil aber auch dabey in gewissen Stücken Ziel und Maaß zu setzen vonnöhten / So verordnen Wir hiemit und wollen / (1) Daß bey denen stillen Begräbnissen / wann Unvermögende und Arme begraben werden / so wenig von den Kirchen-Vorstehern für das Geleute / als von den Predigern und der Schule etwas gefodert werden soll. (2) Wann aber bey denen / so die Begräbnissen besorgen / sich ein mittelmäßiges Vermögen fünde / so soll wegen der Klocken / imbetracht daß man dieselbe bey solcher stillen Beerdigung nicht brauchet / ein mäßiger Abtrag mit den Kirchen-Vorstehern behandelt / auch denen Predigern an denen Orten / wo sie ein ordinarium von den Begräbnissen haben / der halbe Theil sothanen ordinarii, jedoch denen Schuel-Collegen, weil dieselbe mehrentheils schlechte Salaria geniessen / das völlige ordinarium gegeben und dem Rectori juxta observantiam zu distribuiren eingehändiget / denen Schülern aber nichts gereichet werden. In denen Fällen aber (3) da wolbemittelte Leute stille Beysetzungen der Leichen erhalten / sollen dieselbe alles was bey öffentlichen Begräb
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nissen die observants erfodert / Kirchen und Schulen abstatten. V. Bey solchen nächtlichen Begräbnissen aber sollen insgemein / bey Vermeidung zwantzig Thaler Straffe / keine parentationes oder Trauer-Reden (es were dann daß vornehme Fürstl. Bediente und Adeliche solches verlangen wolten) gehalten werden / auch kein Gefolg / als etwa 3. oder 4. Paar von den nechsten Anverwandten zugelassen seyn; Wie dann auch keines weges dabey Fackeln / sondern nur Leuchten und deren nicht über 12. bey Vermeidung zehen Thaler Straffe gebrauchet werden sollen. So soll auch bey solchen Begräbnissen keine Trauer-Music in der Kirchen gehalten werden / es wäre dann daß bey Uns jemand dazu special-Concession erlangen würde. VI. Und als vornehmlich die Leichen-Predigten denen Christlichen Gemeinen viel Erbauung geben / so sollen zwar dieselben / wie auch die an einigen Orten gewöhnliche Leich-Sermonen für dem Altar / in Unsern Städten und Flecken / so viel thunlich / beybehalten werden / jedoch niemand seinem Verstorbenen eine Leich-Predig halten zu lassen schuldig seyn; Und soll denen Predigern wegen ihrer Mühe für eine gehaltene Leich-Predig ins gemein zwey bis drey Thaler (es were dann daß einer aus besondern guten Willen ein mehres thun wolte) gereichet / auf den Dörffern aber es bey dem / was jedes Orts denen Predigern zu geben gebräuchlich ist / gelassen werden.
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VII. Und weil auf den Dörffern die Einfältigen durch die Leich-Predigten zu erbauen insonderheit vonnöhten ist / so soll es daselbsten bey der bisherigen observants gelassen / jedoch keinem / so nicht 14. Jahr erreichet / eine Predigt gehalten werden. VIII. Als auch unter andern vorkommen daß einige Prediger in denen Leich-Predigen auch wol solchen Leuten / die doch kundtbahrlich einen unchristlichen Wandel geführet / um ihres privat Nutzens willen einen besondern Nachruhm beylegen oder wenigstens deren im besten gedencken / durch solche wieder die Kundtbahrkeit lauffende Heucheley aber die Ruchlosen in ihrem bösen Leben gestärcket und hingegen die Gottesfürchtigen geärgert werden / So verbiehten Wir hiemit Unsern Predigern ernstlich und bey Verlust ihrer Pfarr-Dienste daß sie niemanden / der es nicht kundtbahrlich meritiret / auf der Cantzel loben / sondern wann sie jemanden / der ein ärgerliches Leben geführet / auf der Anverwandten Instants und des Consistorii Bewilligung / eine Leich-Predig halten / Sie alsdann für der Christlichen Gemeine des Verstorbenen bösen Lebens und Wandels Erwehnung thun / dabey aber auch nicht verschweigen sollen / Wie er endlich durch die Gnade und Barmhertzigkeit GOttes zum Erkändtniß und hertzlicher Bereuung aller seiner Sünden gebracht wäre / und seine Bußfertigkeit und das Vertrauen auf das Verdienst JEsu Christi bezeuget hätte / und daß dannenhero / ob zwar an seiner Seeligkeit nicht zu zweiffeln / dennoch ein jeder / dem die
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Seeligkeit lieb wäre / für dergleichen sicheren Sünden-Leben / und wie gefährlich es sey die Busse bis ans Ende des Lebens zu verschieben / treulich gewarnet seyn solte. IX. Wie es sonsten noch in einem und anderen bey denen Begräbnissen in Unsern Städten Braunschweig und Wolffenbüttel besonders zu halten / Gleich wie derobehuef in Wolffenbüttel eine special- Verordnung observiret wird / also soll dergleichen auch in Unser Stadt Braunschweig mit den fürderlichsten eingeführet werden.

CAP. XXIV. Von Heiligung der Feyr- und HErrn Tage.
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I.
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OB wol von Unsern in GOtt ruhenden Vorfahren an der Regierung wieder die Entheiligung des Sabbahts durch verschiedene special-Edicta und Verordnungen vielfältig gesorget worden / Wir auch selbsten im Jahr 1691. dergleichen Edict erneuern und publiciren lassen; So müssen Wir dennoch mit besonderer Empfindung vernehmen wie nicht nur an denen Feyer- und HErren Tagen allerhand weltliche Dinge fürgenommen / sondern auch mit Fressen und Sauffen / Spielen und liederlichem Leben der Sabbath noch immerhin schändlich entheiliget / und über die publicirte Edicta mit gebührender execution nicht gehalten werde. Wann aber sotha
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ne Sabbahts-Schändung eine von denen Sünden ist / welche die erschrecklichsten Straffen GOttes nach sich ziehen; II. So ist hiemit Unser ernster Befehl daß nicht allein Unsere Prediger ins gemein den Elenchum wider die Entheiligung des Sabbahts pro concione öffters gebrauchen / und diejenige / welche so wenig dadurch als durch privat-Warnungen sich corrigiren lassen wollen / denen weltlichen Gerichten kundt machen / sondern auch Unsere Magistraten / Ambts- und Gerichts-Obrigkeiten und ein jeder an seinem Ort auf dergleichen Ubertreter genaue acht geben / und dieselbe mit denen in Unsern Ordnungen und Edicten enthaltenen Straffen nachdrücklich belegen / auch bey Vermeidung Unser Ungnade darinnen die geringste Connivents nicht vorgehen lassen sollen. Allermassen Wir dann zu dem Ende sothane Landes-Fürstliche Verordnung erneueren / selbige auf gewisse masse declariren und dieser Unser Kirchen-Ordnung mit beydrücken lassen.

CAP. XXV. Von denen bey dem Gottesdienst erfoderten Anstalten in gemein.
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ALs nach beschehener reformation zu folge der in der Apologia der Augspurgischen Confession c. 3. enthaltenen declaration ein und andere Kirchen-Ceremonien juxta libertatem Ecclesiae in Unsern Kirchen beyzubehalten gut befunden worden;
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I. So sollen / qvoad vestitum, die Prediger nicht allein ausserhalb ihren Ambts-Verrichtungen sich geziemender schwartzen Kleidung / weisser Kragen und / wann es wegen des Haupts vonnöhten / kurtzer Peruqven gebrauchen / sondern auch / bevorab wann sie in den Kirchen und sonsten in privat-Häusern das Heil. Ambt zu verrichten haben / in langen schwartzen Manteln erscheinen / das Ambt mit sittsahmen Geberden / Andacht und Anruffung GOttes anfangen und verrichten; Daneben auf die Cantores, Schuelmeister und Opffer-Leute acht haben / daß dieselbe sowol dem öffentlichen Gottesdienste als auch in vorkommenden Fällen in privat-Häusern denen geistlichen Verrichtungen in geziemenden Kleidern beywohnen. II. Sollen die Kirchen rein und sauber gehalten / die Altare wie auch die Tauff-Steine mit reinen Lacken und dem ornat, so dazu gewidmet / gekleidet / wie auch bey administrirung des H. Abendmahls an den Orten / da solche Gewohnheit bisher gehalten worden / zwey Lichter angezündet / sonsten aber keine Lichter als nur zur Winters-Zeit in denen Frühpredigten verstattet werden. III. Die Gesänge bey dem Gottesdienst sollen / wie es die Andacht erfodert / langsahm geführet und derobehuef das in verwichenen 1708ten Jahre wieder aufgelegte Braunschweigische Gesang-Buch gebrauchet / aus demselben die andächtigsten und Geistreichesten Lieder genommen / und durch offtmahliges wiederholen denen Gemeinen bekandt gemacht werden; So sollen auch die Predi
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ger auf den Dörffern dahin sehen / daß die Jugend in den Schulen die nützlichsten Gesänge / auswendig lernen / auch nach gehalten Bettstunden / Wochen-Predigen und Catechismus-Lehren einen dergleichen geistlichen Gesang lesen lassen und dessen Verstandt kürtzlich erklären. IV. In denen Kirchen / wo Orgeln seyn / sollen die Organisten um die Melodey und den anstimmenden Gesang kundt zu machen / einen Vers jedoch ohne Variation vorschlagen / auch wol zuweilen unter dem Gesange / jedoch so gelinde / daß man das Singen der Gemeine hören und vernehmen könne / die Orgel rühren; An den Bettagen aber und in der Fasten-Zeit / wie auch unter dem Glauben und bey der Communion soll das Orgel-Spiel gäntzlich eingestellet bleiben; Wie dann die Organisten sich auch des weitleufftigen praeambulirens enthalten / un̅ durchaus keine weltliche Stücke gebrauchen sollen. V. Und als an verschiedenen Orten wahrgenommen worden / daß die Pastores an den Tagen / da sie zu predigen haben / den Gottesdienst nach ihren Gefallen anstellen / und zu rechter Zeit nicht leuten / auch wol nach geschehenen Geleute mit den Gesängen so gleich nicht anfangen lassen; So wird hiemit ernstlich und bey Vermeidung wilkührlicher Straffe geboten / daß diejenige Prediger / so nur eine Kirche zu versehen haben / durchgehends das gantze Jahr an den Predig-Tagen des Morgens praecisè um acht Uhr den Gottesdienst anfangen; diejenige aber / welche an mehren Orten predigen müssen / nach jedes Orts Gelegenheit zu dem Gottesdienst eine gewisse Zeit / damit jede Gemeine sich dazu ge
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fast halten könne / determiniren / und solche Zeit / so viel möglich / beobachten sollen. VI. So viel aber die Zeit und der Anfang zum Gottesdienst in Unseren Städten Braunschweig und Wolffenbüttel betrifft / wird es bey der darinnen bisher gehaltenen observants gelassen. VII. Dieweil sich auch gebühret / daß die innerliche Demuht des Hertzens für GOTT durch das euserliche Knie-beugen bezeuget werde / solches auch in Unseren Kirchen also zu halten vorhin ernstlich befohlen werden / So sollen Unsere Prediger die Gemeinen / daß sie hierinnen Unsern Willen und Befehl gehorsahmen / öffters erinneren und / wann ein Gebet zu thun / dieselbe zum niederknien ermahnen.

INDEX CAPITUM des Ersten Theils.
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Cap. I. Von der reinen Lehre / und was die Lehrer und Prediger dabey zu beobachten haben.
Cap. II. Von Besetzung der Kirchen Aembter.
Cap. III. Von der Prediger schuldigen Bezeigung gegen Ihre Hohe Landes-Fürstliche Obrigkeit.
Cap. IV. Von Einrichtung der Predigen; von Haltung der Catechisationen; von denen Colloquiis; und von der Prediger Leben und Wandel.
Cap. V. Von dem Straff- und Ermahnungs-Ambte.
Cap. VI. Von der Kirchen-Disciplin u̅ öffentliche̅ Busse.
Cap. VII. Von der Excommunication.
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Cap. VIII. Von der ordentlichen H. Tauffe / wie auch von der Noht-Tauffe.
Cap. IX. Von Confirmation der unterrichteten Kinder.
Cap. X. Von der Beicht und Absolution.
Cap. XI. Von dem Sacrament des H. Abendmahls.
Cap. XII. Von Besuchung der Krancken und Assistents bey denen Sterbenden.
Cap. XIII. Von Vermahnung und Tröstungen der Gefangenen / so zum Tode verurtheilet.
Cap. XIV. Von dem Foro Competente der Prediger / ihrer Exemption und Immunität.
Cap. XV. Von denen Pfarr-Intraden, Besoldung und Accidentien der Prediger.
Cap. XVI. Von den Prediger-Wittwen und deren Wohnungen.
Cap. XVII. Von dem denen Prediger-Wittwen zukommenden halben Gnaden-Jahr.
Cap. XVIII. Von den Opffer-Leuten / Küstern und Kirchhöfen.
Cap. XIX. Von der Kirchen-Visitation.
Cap. XX. Von den Kirchen-Gütern und derer Administration.
Cap. XXI. Von denen Vorstehern der Kirchen / Hospitalien und Armen-Kasten.
Cap. XXII. Von Ehe-Sachen und was die Prediger dabey in acht zu nehmen haben.
Cap. XXIII. Von Begräbnissen.
Cap. XXIV. Von Heiligung der Feyer- und HErrn-Tage.
Cap. XXV. Von denen bey dem Gottesdienst erfoderten Anstallten in gemein.
|| [ID00089]

Einige Dem Ersten Theil Der Erneuerten Kirchen-Ordnung beygefügete Edicta, Constitutiones, Extractus und Rescripta.
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|| [ID00090]
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I. EDICT und Verordnung / Wie Bey denen hin und wieder sich ereugenden Neuerungen und Sectareyen alle und jede Prediger und Lehrer in dero Landen sich vorsichtiglich halten und sowol sich selbsten als ihre Gemeinen und Zuhörer dafür bewahren sollen.
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Publiciret in Gegenwart der gnädigsten Herrschafft / denen citirten hiesigen Predigern und Schuel-Bedienten in dem Fürstlichen Consistorio Wolffenbüttel den 9. Mart. 1692.
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VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph August und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen männiglich / bevorab Unsern Consistorial- und Kirchen-Rähten / Ober-Hof-Prediger / auch General- und Special-Superintendenten und insgemein allen und jeden Predigern auch Schuel-Rectoren und andern Schuel-Bedienten in Unserm Hertzogthum / Grafschafft und Landen hiemit zuwissen / was gestalt wir nicht ohne sonderbahre Betrübniß vernehmen
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müssen / daß durch des Satans Trieb und Regung hin und wieder allerhand theils neue meistentheils aber alte vormahls durch Thomas Müntzern und seines gleichen geführete und ohnlängst wieder resuscitirte schädliche Lehren und Secten herfür brechen / wodurch die wahre reine Lehre des Evangelii beflecket / und die einfältige Christliche Hertzen verwirret werden / auch folglich so wol der Status Ecclesiasticus als Politicus darüber in Gefahr gerahten will / Und wir daher in die Landes-Väterliche Beysorge gebracht werden / daß etwa von solchen schädlichen Lehren und Meinungen eines oder das andere in Unsern Ländern nach und nach einschleichen und Unsern statum religionis afficiren und verletzen möchte; Ob nun wol in Unsern Symbolischen dem Corpori Doctrinae Julio einverleibten Büchern gantz woll und zur Gnüge versehen / auf was maasse die wahre allein zur Seeligkeit führende Lehre nach der heiligen Göttlichen Schrifft in denen Kirchen Unserer Lande rein und lauter zu predigen / fortzusetzen und zu erhalten sey / So haben wir dennoch / um dem herumschleichenden Sectarischen Gifft zeitig vorzukommen / mithin auch allen bösen Verdacht von Unsern Kirchen abzuwenden / für eine hohe Nohtdurfft erachtet Unsere Prediger und Lehrere in Unserm Hertzogthum / Grafschafft und Landen sambt und sonders nicht allein in genere auf die ihnen in ermeldtem Corpore Doctrinae vorgeschriebene normam docendi ernstlich anzuweisen / sondern auch eines und anders durch folgendes Edict näher zu exprimiren und Sie darüber in specie zu bedeuten / wie Sie sich / zumahlen bey jetzigen gefährlichen Zeiten / in Predigen / Catechisiren und sonsten in ihrem Ambt vorsichtig zu verhalten / und für allen Verdacht irriger Lehren und Meinungen zu verwahren haben; Setzen demnach aus Hohem Landes-Fürstlichem Ambt / ordnen und wollen / daß Unsere Predigere und Lehrere sambt und sonders sich nach denen folgenden articulen ohn aussetzlich richten sollen. 1. Von der in denen Büchern des Alten und Neuen Testaments begriffenen heiligen Schrifft sollen Unsere Prediger weder
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implicitè noch explicitè anders lehren und predigen / als daß dieselbe heilige Schrifft das einige sonst keinen mehrern Beweiß bedürfendes principium incomplexum Unser Christlichen und Evangelischen Religion und der eintzige Grund und alleinige Richtschnur aller Glaubens- und Lebens-Lehre / auch gantz vollkommen und an Ihr selbst gnug sey den Menschen zur Seeligkeit zu unterrichten / Und wann sie die Glaubens Geheimnissen aus der heiligen Schrifft vortragen / sollen sie zufoderst dabey die loca scripturae, welche am hellesten und deutlichsten seyn / gebrauchen / und was etwa an einem Orte dunckel ist durch andere klärere und hellere Sprüche und also Schrifft durch Schrifft erklären / nicht aber auf eine vermeintlich habende innerliche Bezeugung sich beruffen / noch auch andere aus derselben des rechtens Verstandes solcher dunckeln Oerter versichern. 2. Sollen Unsere Prediger lehren / ob gleich solch Heil. GOttes Wort aus GOtt sein Licht mit sich führe und die Augen des Verstandes erleuchte / daß dennoch wegen menschlicher Verderbniß und weil die Göttliche Geheimnissen über alle Vernunfft gehen / auch der natürliche irrdische gesinneter Mensch solchem Worte widerstrebet / GOtt bey Lehrung und Anhörung der H. Schrifft anzurnffen sey / daß er durch seines Geistes Gnade in allem den Verstand gebe und das Hertz zum rechten Glauben und wahrer Gottseeligkeit kräfftiglich bewege. 3. Sollen sie lehren / daß bey Erklärung der Schrifft kein Licht und Erleuchtung gegeben werde / so nicht mit dem wörtlichen Verstande überein komme / und daß daher alle Erleuchtung weiter nicht als zum Verstande des geschriebenen Worts verheissen. 4. Daß auch in Glaubens-Sachen keine andere Erleuchtung von GOtt zu bitten noch zu erwarten / so etwas lehre oder eingebe / welches in dem geschriebenen Worte nicht enthalten / sondern wann jemand etwas so darinn nicht zu finden vorgeben oder lehren wolte / solches / als nicht von GOtt / zu verwerffen sey.
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5. Daß / nachdem der Canon der heiligen Schrifft geschlossen und versiegelt / keine anderweite unmittelbahre Erleuchtung zum Erkändtnis GOttes und Erlangung der Seeligkeit versprochen / und demnach das geschriebene Wort nebst den Heil. Sacramenten das einige Mittel zur Erleuchtung / Bekehrung und Heiligung des Menschen sey. 6. Dannenhero sich keiner von Unsern Predigern und Lehrern unterstehen soll / weder publicè noch privatim jemanden auf neue Uber-Ausser- und ohne die Heil. Schrifft sich begebende visiones, ohnmittelbahre Erleuchtungen und Offenbahrungen / noch auch auf ein anders so genandtes innerliches Wort / sonderbahre Träume / Entzückungen / Prophetische Regungen und dergleichen Dinge zu weisen / zumahlen dadurch die arme Menschen nur des Teuffels Trug und List exponiret werden. Und da gleich an einem oder andern Orte sich jemand einiger visionen oder dergleichen etwas rühmen solte / soll dennoch im Lehren und Predigen davon nichts gedacht / vielweniger jemand darauf zu achten beredet / sondern um desto mehr männiglich der Vollkommenheit und genugsahmen Gewißheit des eusserlichen beschriebenen Wortes GOttes erinnert und darnach im Glauben sich zu halten ermahnet werden. 7. Und weil von einigen Fanaticis ausgestreuet / als ob in des Jacob Böhmens und dergleichen dunckeln verwirreten und verdächtigen Büchern mehr Lichts als in der heiligen Schrifft selbsten zu finden wäre / auch gar der Mann GOttes Moses von ihnen gelästert wird / ob hätte er nicht verstanden was er geschrieben; So sollen Unsere Prediger jedermann für solchen gefährlichen Büchern und irrigen Lehren warnen / und hingegen desto fleißiger ermahnen / sich an das feste Prophetische Wort zu halten / und nur solcher Bücher / so auf die reinen Evangelischen Lehren von wahrem Glauben und rechtschaffener Gottseeligkeit eingerichtet / sich zu gebrauchen. 8. Imgleichen sollen Unsere Prediger von der Lehre vom Chiliasmo oder Tausend-jährigen irrdischen Reich Christi / und
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was dem anhängig seyn mag / weil selbige zu Unsern Glaubens-Articuln nicht gehöret / auf den Cantzeln so wol als sonsten gäntzlich abstrahiren und damit weder publice noch privatim jemanden irre machen. 9. Deßgleichen sollen sowol die Prediger als die Schuelbediente bey ihren Predigten und Informationen sich aller Böhmistischer Dinge und Redens-Arten durchaus enthalten / die Prediger auch in ihren Predigten von ihren eigenen Personalien, sonderbahren Begegnissen und dergleichen / wodurch ein ohnanständiger eigen Ruhm gezeiget wird / nichtes überall anführen. 10. So soll auch keiner sich unternehmen / was ein ander öffentlich geprediget und gelehret / unter dem praetext, als ob es zu weiterer Erleuterung dienete / auf den Cantzeln zu wiederlegen / oder nach seinem Sinn anders vorzustellen / noch auch etwas Schrifftliches darüber abzufassen und kund zu machen; sondern / wenn er vermeinet daß jemand etwas geprediget / so der heilsahmen Lehre und denen Libris Symbolicis nicht allerdings gemäß erachtet werden könte / hat er solches zufoderst bey Unserm Consistorio anzuzeigen / und die Sache auf dessen Verordnung zu verstellen / sich aber keiner eigenmächtigen öffentlichen Privat-Censur zu unterfangen. 11. Und als die bißherige Erfahrung bezeuget / daß durch die Privat- und mehrentheils heimliche Zusammenkunfsten allerhand Irrthümer und Neurungen erwecket und fortgepflantzet werden; So ermahnen Wir zwar alle und jede / daß sie bey täglichen Conversationen an statt eines unnützen ungöttlichen Geschwätzes sich gottseeliger und erbaulicher Unterredung befleissigen / Wir würden auch niemanden von Unsern Geistlichen / wann sonsten ohne Verabsäumung nohtwendiger Vorbereitung zu der ordentlichen Ambts-Arbeit es geschehen möchte / verwehren Privat-Collegia mit jungen Studiosis Theologiae anzustellen: Weil aber bey jetzigen Zeiten allerdings zu verhüten nöhtig / daß auch nicht die Unserige zugleich mit andern auswärtigen in die böse Concepte gerahten / als ob vorberührte hin und
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wieder im Schwange gehende schädliche Neuerungen und nicht zu duldende Lehren in Unsern Landen mit fomentiret wurden; So sollen nicht allein alle heimliche conventicula gäntzlich verbohten seyn / sondern auch vor dasmahl und bey gegenwärtigen Zeiten keine solche Collegia angestellet noch weiter gepflogen werden / es sey dann vorher Unser ausdrücklicher Consens darüber ertheilet / und wir zuvor eines jeden Orthodoxiae gnugsahm versichert. 12. Damit auch sonsten niemand von Unsern Predigern in einige Neurung und gefährliche Meinungen mit impliciret / oder auch / als ob er zu derer Unterhaltung und Fortpflantzung etwas contribuire, verdächtig werden möge; So soll allen und jeden Unsern Predigern / Lehrern / Schuel-Bedienten und Informatoren / sambt und sonders / keinen ausgeschlossen / hiemit ernstlich interdiciret und untersaget seyn / mit niemanden / welcher wegen des Enthusiasmi, Chiliasmi, des Sectarischen Pietismi, Quakerismi oder andern gefährlichen Meinungen berüchtiget oder verdächtig / sich in schrifftliche Correspondenz einzulassen / Und da jemand Unserer Prediger und Schuel-Bedienten von einen dergleichen etwa Briefe erhielte / auch wol über einen oder andern bey jetzigen Zeiten sich ereugenden verdächtigen Religions Punct umb seine Meinung oder approbation requiriret würde / soll er zufoderst solches Uns und Unserm Consistorio anmelden / die Briefe in originali produciren und darüber Befehls erwarten / durchaus aber sich nicht unterfangen vor sich selbst auf solche Briefe zu antworten / weniger einiges schrifftlichen Bedencken oder responsum auf die Frage zu ertheilen. 13. So sollen auch Unsere Prediger / Lehrer und Schuel-Bedienten / oder wer der in Unsern Landen sonsten seyn müchte / bey jetzigen Zeiten in Religions-Sachen nicht das allergeringste / unter was für Titul und Nahmen solches auch seyn möchte / weder inner-noch ausserhalb Landes drücken lassen / es sey dann vorhero von Unserm Fürstlichen Consistorio oder Unserer Theologischen Facultät zu Helmstädt censiret und approbiret / auch folgends von Uns erlaubet worden.
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14. Insgemein aber sollen Unsere Prediger auf ihre Predigten mit Fleiß und Andacht meditiren / dieselbe schrifftlich concipiren und darauf ihre Lehren und Reden in guter Ordnung und Connexion fürtragen / nicht aber auf allerhand dem Gedächtniß zufallende Materien, Exempel und Historien es ankommen lassen / sondern sich dabey aller ohnzeitigen digressionen von dem Themate enthalten / und unter ordentlichen Ambts-Predigten und familiaren Discursen einen Unterscheid machen. 15. Und gleich wie über dem ein jeder / so in Unsern Landen zum Predig-Ambt bestellet / vermöge abgestatteter Pflicht verbunden ist alle Glaubens-Lehren nach Anweisung Unsers aus GOTTes Wort gezogenen und von Unsern gottseeligen Vorfahren an der Landes-Fürstlichen Regierung Uns hinterlassenen Corporis doctrinae vorzutragen / also ist auch Unser beständiger Wille / daß solcher Anweisung strictè nachgegangen und dawieder im geringsten nicht weder öffentlich noch heimlich gelehret noch gehandelt werden soll. Wie Wir dann alle die an Kirchen und Schulen arbeiten ernstlich erinnern / daß sie insonderheit den Haupt-Articul von der Rechtfertigung / Erneuerung und Heiligung rein und lauter vortragen und nicht mit einander vermengen / sondern die Rechtfertigung eines armen Sünders / als die durch Vergebung der Sünden und Zurechnung des Verdienstes JEsu Christi geschiehet / von der Heiligung wol unterscheiden / dabey auch deutlich lehren / daß der Mensch bey der Rechtfertigung zugleich geheiliget werde / und keine Gerechtmachung oder Zurechnung des Verdienstes Christi sey / wo die Heiligung nicht erfolget; Da sie dann auch bey der Heiligung zu lehren haben / daß dieselbe wegen der in den Heiligen GOttes annoch inwohnenden sündlichen Unart in diesem Leben ohnvollkommen sey / damit also sowol sie selbsten als ihre Zuhörer für geistlicher Hoffart und Vermessenheit behütet werden / und mit desto mehrem Eifer immer völliger zu werden sich befleißigen mögen.
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16. Wann aber nicht gnug / daß das Wort GOttes lauter und rein gelehret werde / wann demselben nicht heiliglich wird nachgelebet / und daher wol zu besorgen / weil die Lehre des Evangelii zwar wol getrieben auch von vielen gefasset / der Warheit aber nicht gehorchet / sondern in Sicherheit / groben Sünden und eiteln Lüsten fortgelebet wird / daß eben darum GOtt sein schweres Gericht ergehen und kräfftige Irrthümer kommen lasse; So ermahnen Wir Unsere Prediger und Lehrer sambt und sonders hiemit ernstlich / daß sie ihre Predigten und Catechismus-Lehren bey hertzlichem Gebet / Gottseeligem Leben und heiliger Meditation allermeist zu Erbauung des lebendigen thätigen Glaubens einrichten / und ihren Zuhörern fürstellen daß alle Glaubens-Articul zugleich zur Gottseeligkeit führende Geheimnüssen seyn / und der Trost des Evangelii für keine andere gehöre / als welche sich dadurch züchtigen lassen zu Verleugnung der Welt und alles ungöttlichen Wesens und hingegen in heiliger Furcht GOttes sich befleißigen züchtig / gerecht und gottseelig zu leben. Welcher Zweck durch Göttliche Verleihung desto mehr zu erreichen / wann sie fleißig Acht haben auf die von Uns ihnen anvertrauete Gemeinen und Schulen / auch wo sie können Gelegenheit nehmen / insonderheit mit denen Einfältigen und die sich aus denen Predigten selbsten nicht genugsahm forthelffen können / von der Ubung eines thätigen Christenthumbs zureden / auf daß also alle Prediger und Lehrer ein gutes Gewissen haben und dermahleins GOTT dem allerhöchsten Richter von allem freudige Rechenschafft geben können. Damit nun diesem Unserm Edict und Verordnung in allen puncten um so viel mehr ohnaussetzlich nachgelebet und in keinem einigen Stück dawider gehandelt werde; So befehlen Wir Unsern Geheimbten Rähten / als die nechst Uns für das Heyl und die Wolfahrt des Vaterlandes und darinn begriffenen status Ecclesiastici mit zu sorgen verpflichtet seyn / zuforderst aber Unsern Consistorial- und Kirchen-Rähten / und im übrigen allen denen / welche Unserntwegen zu gebieten und zu verbieten / daß sie
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auf diese Unsere Verordnung sorgfältig sehen / und so viel an ihnen ist / mit Nachdruck darüber halten sollen / sonderlich aber befehlen Wir Unsern Ober-Hof-Prediger / General- und Special-Superintendenten / daß sie nicht allein für sich selbsten diese Unsere Verordnung ohnverweißlich observiren und allerdings ohne einige reservation oder eigenmächtige limitation oder Deutung sich darnach richten / sondern auch die Special-Superintendenten über ihre untergebene Prediger und Schuel-Diener / die General-Superintendenten hingegen über die specialen und deren Ambts-Verrichtungen ihrem euserstem Vermögen nach genaue Aufsicht führen / und / wann angemercket oder erfahren werden solte / daß jemand wider dieses Unser Edict und einigen dessen articul, es geschehe publicè oder privatim und auf was Weise es wolle / handeln / reden und schreiben / oder wol gar (welches Wir doch von keinem der Unserigen vermuhten wollen) sich wider diese Unsere Verordnung opiniatriten / Unser von GOtt dem Allerhöchsten zum Schutz der reinen Lehre und der Warheit des Göttlichen beschriebenen Worts Uns anvertrauetes Landes Fürst- und Ober-Bischoffliches Ambt auf der Cantzel oder sonsten zu sugilliren und Unsere Unterthanen irre zu machen sich unternehmen würde / solches Uns und Unserm Fürstl. Consistorio ohnverzuglich kund thun sollen; Da wir dann nicht ermangeln wollen wider die vorsetzliche Contravenienten dem Rechten nach zu verfahren / und dieselbe / wann sie überführet / mit der suspension ab officio, auch dem Befinden nach mit der gäntzlichen remotion und Reumung Unser Lande oder wol gar mit anderen härteren und exemplarischen Straffen zu belegen / Damit Unser Christlicher Zweck erreichet / die reine Lehre in Unsern Landen erhalten und beruhiget / GOttes geoffenbahrtes heiliges Wort geschützet und ein wahres ungeheucheltes Christenthum befodert und erhalten werden möge / wozu Uns GOtt seine Krafft / Hülffe und Beystand mildiglich geben und zustatten kommen lassen wolle zu seinen ewigen Ehren.
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Das Alles ist Unser Landes-Väterlicher ernster Will und Meinung. Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und beygedrücktem Fürstl. Geheimbten Cantzeley-Secrets. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 2. Martii 1692. Rudolph Augusts. Anthon Ulrich.

II. Declaratio, Welche über ein und andern punct des publicirten Edicts dem geistlichen Ministerio in der Stadt Braunschweig ertheilet worden.
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DEm Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Anthon Ulrich / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Unserm gnädigsten Fürsten und Herrn ist unterthänigst vorgetragen / was vor dubia vor Unterschreibung Dero Anno 1692. den 9. Mart. pulicirten Fürstl. Edicts vom Superinten dente, Seniore und übrigen Membris des Ministerii in Braunschweig moviret worden / Und lassen denenselben hiermit zur resolution ertheilen.
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1. Daß niemand gehalten Böhmische Schrifften sich anzuschaffen oder die Zeit mit deren völligen Durchlesung zu verderben; Nachdem aber allen Christen / insonderheit aber Predigern oblieget / die Geister zu prüfen und dasjenige was Act. 20. v. 28. & seq. geschrieben wohl zu attendiren / so wird ein jedes membrum des Braunschweigischen Ministerii, sich Böhmens Schrifften / die er wol ad statum legendi von andern erhalten kan / wenigstens so viel bekandt machen / damit er seinen Zuhörern data occasione nöhtige information geben und sie secundum Edictum dafür warnen könne. Sonst ist genug / wenn generaliter die auditoria die Heil. Schrifft und andere geistreiche Bücher zu lesen / und vor allen dunckeln gefährlichen und von der Evangelischen Kirche nicht approbirten Schrifften sich zu hüten angewiesen werden. 2. Die Lehre vom Chiliasmo betreffend / weil selbige bereits in denen Libris Symbolicis und in specie in der Augustana Confessione Art. 17. verworffen / so wird durch den §. 8. des Edicts der Elenchus contra Chiliasmum nicht aufgehoben; Und bleibet denen Predigern zu Braunschweig nicht alleine frey / sondern sie seynd auch / da sie ad observantiam Librorum Symbolicorum vermöge ihre Unterschrifft sich obligiret / schuldig ihre Zuhörer von diesen Irrthum zu informiren und sie dafür zu warnen. So viel aber die Lehre von Besserung der Zeiten betrifft / wann dadurch vermeinet wird / daß in solchen bessern Zeiten die meisten vom HErr Messia im Alten Testament gegebene Verheissung noch erfüllet werden und die Kirche bey gutem und beständigem Friede in einen solchen Zustand / darinnen sie frey von Ketzereyen und Spaltungen / von überhand nehmenden Lastern und Gottlosigkeit / von allen Kriegen und Verfolgungen in einen grösserm Lichte der Erkäntnis / in unverrückter Einigkeit des Glaubens / in ungefärbter Liebe und aufrichtiger Heiligkeit auf Erden bleiben können / gerahten solle / ist solche pro Chiliasmo subtili allerdings zu achten und davon gäntzlich zu abstrahiren. Sonsten aber hat ein jeder Prediger sich die Hoffnung zu machen / daß
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GOtt ihnen bey ihren gläubigen Gebet und nach seiner Ordnung angestelleten unermüdeten Arbeit in ihnen Gemeinen seine Gnade sehen lassen und die ihren aufrichtig geführte Ambts-Verrichtungen gegebene Verheissung erfüllen werde. 3. Die Subscription dieses Edicts ist zwar denen Studiosis, so zum Predigen zuweilen admittiret werden / regulariter und wenn nicht sonderbahrer Verdacht gegen einen oder den andern sich eusert (in welchen Fall denn einige aus dem Edict gezogene und auf solche Persohnen applicable clausuln ihnen zur subscription vorzulegen) nicht anzumuhten; Es bleibet aber bey der Anordnung / daß der Superintendens vorher ihre profectus untersuche und sich ihrer Orthodoxiae versichere. 4. Durch den §. 10. des Edicts wird denen Legibus Colloqvii Brunsvic. nicht derogiret / sondern selbiges bey seine authorität gelassen. Wann aber casus ardui, so daselbst nicht erörtert werden können / vorfallen / müssen solche billich ad Consistorium Ducale referiret und deren decision und Erörterung von selbigen erwartet werden. 5. Ist in dem §. 12. nicht alle correspondens mit andern Religions-Verwandten verbohten / sondern es bleibet solche praesertim in negotiis Civilibus & ad Religionem non pertinentibus einem jeden unversagt. Mit denen in Edicto specificirten Sectirern aber soll niemand über Religions-puncta correspondiren. Wann aber an jemand des Ministerii über solche materien geschrieben würde / hat er die erhaltende Briefe entweder vor dem Consistorio oder Colloqvio vor der Beantwortung zu produciren und sich daselbst Rahts zu erholen. 6. Bleibet dem Superintendenti die Censur der in Theologicis zu Braunschweig zum Druck kommenden Sachen; und ist / wenn er solche mit gebührender Sorgfalt verrichtet / die Censenda dem Consistorio oder der Theologischen Facultät zu Helmstädt zuzuschicken nicht vonnöhten. 7. So viel schließlich die Concipirung derer Predigten betrifft / seynd die Conciones extemporaneae in Casibus necessita
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tis billig excipiret; sonst aber ist jeder schuldig die Predigt von Wort zu Wort zu concipiren / wann er gleich ob defectum memoriae selbige mit allen concipirten expressionibus nicht ablegen kan. Zu mehrer Uhrkund ist diese declaration auf höchstgedachter Ihre Durchl. gnädigsten Befehl mit Dero Fürstl. Consistorial-Insigel bedrucket / so geschehen Wolffenbüttel den 14. Septemb. Anno 1707.

III. Renovirte Fürstliche Verordnung / Wegen Verbotenen heimlichen Verlobungen und wie es inskünfftige in Ehe- und Verlöbniß-Sachen zu halten.
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VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph August und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen allen und jeden unsern Prälaten / denen von der Ritterschafft / Ober- und Ambt-Leuten / Gerichts-Herren / Bürgermeistern und Rähten in Unsern Städten und Flecken / auch allen und jeden Unsern Unterthanen und Angehörigen / Geist- und Weltlichen hiemit gnädigst zu wissen / welcher Gestalt Wir Zeithero nicht mit geringen Mißfallen wahrnehmen müssen / daß in Unsern Fürstenthum und Landen sehr ge
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mein worden / daß die Leute in Ehe- und Verlöbniß-Sachen nicht ordentlich verfahren / indem sie offtmahls nicht allein ohne genugsahme Erkundigung eines jeden Condition und Erforschung der Gemühter / sondern auch zuweilen ohne der Eltern / Vormünder / oder deren Stelle vertretenden Anverwandten vorgehenden Willen und Gutachten sich mit einander verloben / (2.) Andere aber / auch wol schlechte und geringe Leute / in verbohtenen gradibus und Fällen / da keine dispensatio, oder doch nicht leicht statt haben mag / sich mit einander verkuppeln / (3.) Einige auch / die entweder in solchen verbotenen Fällen sich verlobet / oder sonsten anderer Ursachen halber in Unsern Landen die Proclamation und priesterliche Copulation zu erlangen sich nicht getrauen / in andere Lande lauffen / und daselbst von Frembden / öffters auch gar von papistischen Priestern und München und ohne vorgehende Proclamation und Auf biehtung sich ehelich copuliren und trauen lassen. Imgleichen auch (4.) Einige / so sich in ein zu recht beständiges Ehe-Gelübde eingelassen / dasselbe ohne gnugsahme erhebliche und in den Rechten begründete Ursachen wieder aufruffen; dahero die Erfahrung giebet daß vor Uns und Unserm Consistorio und Geistlichen Gerichten hierüber viele Klagten vorkommen und zu beschwerlichen Rechtfertigungen erwachsen. Wann Wir aber solchen und dergleichen ungebührlichen Dingen nachzusehen nicht gemeynet seyn; Demnach so ordnen / gebieten und befehlen Wir hiemit und Krafft dieses (1.) Daß alle und jede Mannes- und Frauens-Persohnen / wes Alters / Standes / Würden oder Wesens die auch seyn / welche in Unserm Fürstenthum und Landen / in Städten / Flecken und Dörffern sich zu verheyrahten gemeynet / und zwar / wann sie annoch Eltern oder Vormünder haben / anders nicht als mit derselben Naht und vorhergehenden ausdrücklichen Bewilligung / auch / wann die Eltern oder Vormünder nicht zu weit entsessen / in deroselben Gegenwart oder an deren statt ihrer ordentlichen von Uns ihnen vorgesetzten Obrigkeit / und über das alles noch in Beyseyn dreyer oder zweyer ehrlicher Manns-Persohnen als
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Gezeugen / wann sie aber keine Eltern oder Vormünder haben / zum wenigsten in Gegenwart einiger ihrer nächster Anverwandten / und auch dreyer oder zweyer ehrbahrer Männer und Zeugen / die Leute auf dem Lande aber mit Zuziehung ihres Pastoris und Seelsorgers in einige Ehe-Verlöbniß sich einlassen sollen. Da aber etwa aus erheblichen und ohn abwendlichen Ursachen mit der Verlobung geeilet / und der Anverwandten / Vormünder / oder des Priesters Praesentz und Anwesenheit nicht erwartet werden mügen / so solle dennoch / so bald es müglich / und zum längstens innerhalb 14. Tagen denenselben / wie auch der Obrigkeit des Orts in Gegenwart und mit Benennung der Zugen davon Eröffnung und Nachrichtung gegeben / und deren oder der Obrigkeit Einwillung eingeholet werden. Widrigen Falls aber und da bey ein oder ander Verlobung obgemeldte erfoderte Stücke und Requisita unterlassen und nicht der Gebühr beobachtet worden / soll solches vor keine Ehe-Gelöbniß geachtet / keines weges auch in Unserm Consistorio und geistlichen Gerichten vor gültig und bündig erkannt / sondern wann daselbst wegen einiger nach dieser Unser Constitution und Ordnung nicht qualificireten Verlobung Klagten angebracht würden / sollen dieselbe nicht angenommen / sondern sofort zurück und abgewiesen / im übrigen auch in matrimonialibus fürtershin bey Unserm Consistorio und geistlichen Gerichten keine Juramenta suppletoria leichtlich erkannt / noch zu Ersetzung der mangelender Zeugen zugelassen werden. Gestalt Wir dann diese Disposition auch auf diejenige Verlobung erstrecken / so zwar vor publicirung derselben ohne Beobachtung vorerwehnter Stücke unternommen / bis dato aber durch priesterliche Copulation nicht vollenzogen seyn / oder auch wol gar zu gerichtlichen Streit erwachsen / und etwa noch in unentschiedenen Rechten hangen / und sollen dergleichen Fälle nicht weniger als die künfftige nach dieser Constitution geurtheilet werden; Mit ernstem Befehl / daß die Contravenienten, welche sich auf einigerley Weise diesem Edicte zuwidre ohne der Eltern oder Angehörigen Consens und ausser Beyseyn
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gewisser vorbedeuteter Zeugen sich heimlich verkuppeln / wegen des wider Unsere gnädigste Verordnung und den ihrer Eltern und Angehörigen respectivè schuldigem Gehorsam und Respect begangenen Frevels nicht weniger dem Befinden nach mit Gefängniß als harter Geld-Straffe beleget und zu Abthuung des hiedurch gegebenen Aergernisses zur öffentlichen Kirchen-Buß / angewiesen werden sollen. Solte sich jedoch begeben / daß eine oder die andere Mannes-Persohn ehrliche und ihres Lebens und Wandels halber unbescholtene Weibes-Bilder unter gemachter Hoffnung und Versprechung der Ehe zu ungebührlicher Lust zu induciren und sie um ihre Ehre dolose zu bringen sich unterstehen solte; So soll in solchen Fällen auf die vorhin gesetzte reqvisita nicht gesehen / sondern der dolosus deflorator nach gemeinen Rechten zur würcklichen Verehligung condemniret werden. Und weil (2.) wegen naher Blut-Freund- oder Schwägerschafft unzuläßiger Ehren halber in Weyland Unsers Vorfahren an der Regierung Hertzog Julii Christmilder Gedächtniß publicirten Kirchen-Ordnung gewisse Classes und Gradus verfasset / so lassen Wir es lediglich bey solcher Kirchen-Ordnung p. 276. und darinn befindlichen Disposition, mit dem Auhange / daß / woferne jemand dawider handelen wird / so gar auch in den Gradibus dispensabilibus (es wäre dann daß er Unsere Dispensation vorhero erhalten hätte) derselbe allemahl nach Gelegenheit und Stande mit schwerer Geld-Straffe oder Gefängniß / auch Landes-Verweisung beleget werden soll. Und damit sothane Disposition und die verbotene Gradus um so vielmehr männiglich bekandt werden und seyn mögen / seyn dieselbe dieser Ordnung angehenget und ausdrücklich specificiret worden. Wann auch (3.) einige Verlobte / ehe und bevor sie an dem Ort / da sie eingepfarret / öffentlich von der Cantzel proclamiret und abgekündiget / und anderen Orten in- oder ausserhalb Landes / es sey unter was Schein es wolle / Unsers in GOtt ruhenden Herrn und Vaters Gnaden publicirter Kirchen-Ehe- und Verlöbniß-Ordnung zuwider / sich copuliren und trauen lassen / (es wäre dann
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daß aus bewegenden Ursachen von Uns oder Unserm Fürstlichen Consistorio solches verstattet würde) sollen dieselbe allemahl wenigstens jede Persohn mit 100. Thater und da dieselbe so viel in bonis nicht hätten / mit schwerer Gefängniß / da aber auch andere beschwerliche Umstände mit unterlieffen / insonderheit wann sie sich mit andern Persohnen ordentlich vorhero versprochen / härter und nach Ermäßigung und Anleitung der Käyserlichen Rechte an Ehre / Leib und Gut bestraffet werden. Gestalt Wir dann (4.) über die Ehe und Verlöbnissen / wann sie also / wie in dieser Unser Constitution vorgeschrieben / mit Christlichen Ceremonien und in Gegenwart der Eltern / Vormünder oder Obrigkeitlichen Persohnen / wie auch der erfoderten Zeugen errichtet und bestätiget seyn / ernstlich halten / und niemand leichtlich gestatten wollen davon ab- und zurück zu treten / sondern wann einer oder ander solches sich gelüsten lassen wolte / soll der oder dieselbe / gleich einem malitioso desertore oder desertrice gehalten / und sowol seinem Gegentheil in dasjenige / was demselben den Ehe-Beredungen oder gemeinen Rechten nach / gebühret / als Uns und Unsern Gerichten / in schwere willkührliche Straffe verfallen seyn / anderweite Verlobung und Verehligung auch demselben absqve plenissima causae cognitione und ohne höchsterhebliche Ursachen nicht verstatten werden. Im übrigen aber und sonsten insgemein erneuern / confirmiren und bestätigen Wir hiemit und Krafft dieses / was vorberührter Puncten halber in mehr angezogener alten und Unsers Herrn und Vaters Gnaden glorwürdigster Gedächtniß erneuerten Kirchen-Ehe- und Verlöbniß-Commis- und andern publicirten Ordnungen und Constitutionen enthalten ist. Und damit dieses zu männigliches Wissenschafft kommen / und niemand mit der Unwissenheit sich zu entschuldigen haben müge; Als soll diese Unsere Verordnung nicht allein vor jetzo fodersahmst von allen Cantzeln publiciret / sondern auch ins künfftige des Jahrs zum wenigsten einmahl / und an dem Sonntage / da das Evangelium von der
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Hochzeit zu Cana erkläret wird / öffentlich abgelesen werden; Wornach sich ein jeder gebührend zu achten. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 2. Januarii 1704. Rudolph August. Anthon Ulrich.

IV. Informatio, Von Vermeidung unzuläßiger Ehen.
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1.
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MUß diese in GOTTes Wort enthaltene Regul für heilig und unveränderlich gehalten werden / daß in linea ascendentium & descendentium, das ist / in der Elterlichen und Kindlichen geraden Linie gantz und gar keine Ehen seyn sollen / es mögen auch die Persohnen in dieser Linie so weit von einander seyn als sie können.

2.
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Muß ferner insgemein zur Grund-Regul der verbotenen Ehen sowol in der Blut-Verwandtschafft als der Schwägerschafft gesetzet und observiret werden / daß alle diejenige / zwischen denen ein respectus Parentum & liberorum ist / oder welche gegen einander als Eltern und Kinder angesehen und betrachtet werden können / sich nicht zusammeu verehligen sollen.
|| [109]

Welchemnach die Mannes-Persohn nicht eheligen soll:
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1.
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Seines Vaters noch der Mutter Schwester /

2.
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Seines Groß-Vaters / noch der Groß-Mutter Schwester /

3.
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Seines Aelter-Vaters / noch der Aelter-Mutter Schwester /

4.
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Die Mutter seiner Braut / mit welcher er verlobet gewesen /

5.
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Seines Vaters Braut / welche seine Stieff-Mutter solte geworden seyn /

6.
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Seine Schwieger / das ist / seiner verstorbenen Ehe-Frauen Mutter / oder Stieff-Mutter /

7.
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Seine Stieff-Mutter / welche der Vater nachgelassen /

8.
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Seines Vaters oder seiner Mutter Stieff-Mutter /

9.
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Seiner Ehe-Frauen Groß-Mutter /

10.
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Seines Stieff-Vaters / oder seiner Stieff-Mutter Mutter /

11.
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Seiner Stieff-Vaters oder Stieff-Mutter Groß-Mutter /

12.
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Seiner Ehe-Frauen Aelter-Mutter oder Aelter-Stieff-Mutter /

13.
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Seiner Mutter oder Groß-Mutter Schwester-oder Bruder-Tochter /

14.
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Seiner Frauen Bruder- oder Schwester-Tochter /

15.
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Seines Bruders-noch seiner Schwester-Tochter /
|| [110]

16.
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Seines Bruders-noch der Schwester Tochter-Tochter / noch des Bruders Sohns-Tochter / noch der Schwester Sohns-Tochter; und in Summa keine Tochter / so von seinem Bruder oder seiner Schwester descendiret und herab kömmet. Eine gleiche Bewandtniß der verbotene Ehen hat es auch mit denen Frauens-Persohnen.

Wegen der nahen Blut-Freundschafft in der Collateral- oder Seit-Linie sind ferner die Ehen verboten:
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1.
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Zwischen Bruder und Schwester / wann sie gleich nur von einem Vater oder einer Mutter seyn /

2.
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Zwischen Bruder- und Schwester-Kindern /

3.
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Zwischen Bruder- und Schwester-Kindes-Kindern bis in den dritten Gradt ungleicher Linie; Zum Exempel: Dieser Herman soll Catharinen seines Groß-Vaters Brudern-Tochten nicht nehmen / weil sie ihm in dritten Grad ungleicher Linie verwandt ist; Wann aber gemeldte Catharina eine Tochter hätte / weil diese mit Herman in gleicher Linie des dritten Grads concurrirte / solchenfalls würde die Ehe zwischen diesen beyden können zugelassen werden.
|| [111]

Wegen naher Schwägerschafft können und sollen einander nicht heyrahten /
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1.
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Der Mann seiner verstorbenen Frauen Schwester /

2.
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Die Frau ihres verstorbenen Mannes Bruder /

3.
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Der Mann seiner verstorbenen Frauen Bruders Wittwe /

4.
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Die Frau ihres verstorbenen Mannes Schwester nachgelassenen Wittwer. Gleichwie aber alle Casus prohibiti nicht füglich allhier specifice exprimiret und angeführet werden können; Also werden die Pastores jeder Orten hiebey erinnert daß / wann bey ihnen solche Fälle fürkommen solten / wobey nach Anleitung abgesetzter Regulen sich einiger Zweiffel fünde / sie davon an das Fürstliche Consistorium gebührend referiren und daselbst die decision erwarten sollen.

V. Fürstliche Declaration in Ehe-Sachen. de Ao. 1695.
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VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph Augusts und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen allen und jeden Unseren Unterthanen / Civil- und Militair-Bedienten / auch übrigen Angehörigen / wes
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Standes die seyn mögen / hiemit zu wissen / daß obwol nicht nur aus Göttlicher heiliger Schrifft und allgemeinen beschriebenen Rechten / sondern auch Unser Fürstlichen Kirchen-Ordnung und Verlöbniß-Constitution, einen jeden nicht unbekandt seyn soll / daß man von denen darinnen specificirten / vornemlich aber in GOTTes Wort selbst hoch-verbohtenen Gradibus zu heyrahten abstrahiren solle / es dennoch leyder! die Erfahrung öffters gegeben / welcher Gestalt Wir über einige in andern Grad nngleicher Linie der Schwägerschafft vorzunehmende Verehligung zu dispensiren verschiedentlich in Unterthänigkeit imploriret worden; Wir auch vor diesen aus bewegenden Ursachen und mit unterlauffenden Umständen ein- und andermahl zwischen solchen Persohnen / die zwar denen Worten nach nicht expressè, wol aber denen daselbst befindlichen Gradibus und deren Gleichheit nach verboten / die Ehe gewilliget / und daß solche Persohnen in vorerwehnten Grad der Schwägerschafft sich ehligen / und ihre angefangene Ehe durch Priesterliche Copulation vollenziehen dürffen geschehen lassen. Nachdem Wir jedoch auf Einraht Unsers Fürstlichen Consistorii und anderer vornehmen Theologorum führohin in solchen und dergleichen Fällen mehr zu dispensiren und die Heyrahten zu verstatten nicht unbillig Bedencken tragen / sondern wollen zu Erhaltung mehrer Zucht und Ehrbarkeit / auch um Abwendung des von GOtt selbst darauf gesetzten Fluchs und Unsegens / sowol denen Persohnen / die im dritten Buch Mosis am 18. und 20. Capituln erzehlet werden / als auch denen so in gleichen Gradibus sich befinden / und in specie denen / so im andern Grad ungleicher Linie der Schwägerschafft / oder auch wol gar näher einander zu gethan und verwandt seyn / ins künfftige keine dispensation mehr wiederfahren lassen. Und damit nun ein jeder sich um so vielmehr dafür zu hüten wissen möge / der etwa seiner Mutter Brudern Wittwe (denn des Vatern Brudern Wittwe zu heyrahten / ist ausdrücklich in GOTTes Wort schon verbohten) oder seines Schwieger-Vatern / oder seiner Schwieger-Mutter Schwester / oder seiner vorigen Frauen Brudern-
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oder Schwester-Tochter / oder wenn eine ihres Vatern- oder ihrer Mutter-Schwester-Mann / oder ihres Schwieger-Vatern oder ihrer Schwieger-Mutter Bruder / oder ihres vorigen Mannes Bruder- oder Schwester-Sohn / oder auch eine andere in dergleichen an oben angezogenen Orten der heiligen Schrifft verbohtenen Gradibus entweder nach der Blut-Freund- oder Schwägerschafft verwandte Persohnen von gantzer oder halber Gebuhrt zu ehelichen begehret / und deswegen bey Uns und Unserm Fürstlichen Consistorio sich supplicando angiebet / Der oder Dieselbe / ob gleich die fleischliche Vermischung geschehen seyn möchte / soll nicht allein keines Weges gehöret / und mit seinem unzuläßigen Gesuch abgewiesen / und gebührend angesehen / sondern wenn er sich daran nicht begnügen / und fernere instantz dieserwegen zu thun sich gelüsten lassen solte / imgleichen da solche fleischliche Vermischung geschehen wäre / soll derselbe / als andere muhtwillige Verbrecher und delinqventen / oder Blutschänder / mit schwerer exemplarischer Straffe unverbittlich beleget werden / und in Unsere Ungnade verfallen seyn. Und gleich wie nun ein jeder sich hiernach zu achten / und vorob gedroheter schweren Straffe und Unserer Ungnade zu hüten; Also soll diese Unsere Verordnung / damit dieselbe um so viel eher jedweden zur Notitz kommen möge / allenthalben in Unserer Fürstenthum und Landen von denen Cantzeln abgelesen / und darauf an gewöhnlichen Orten affigiret und angeschlagen werden. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel / unter Unserer Nahmen Unterschrifft / und beygedruckten Consistorial-Secret, den 25. Sept. Anno 1695. Rudolph Augusts. Anthon Ulrich. (L. S.)
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VI. Fürstlich Rescript Auf des Consistorii Anfrage in Ehe-Sachen.
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VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Wir haben gnädigst ersehen was gestalt Ihr wegen der sich befindenden unterschiedenen Meinungen der Doctorum über die Frage: Ob in dem Fall / da ein Ehemann oder Eheweib nicht wegen Unkeuschheit sondern anderer verübten Ubelthaten halber auf ewig relegiret worden / die Separatio qvoad vinculum statt habe / und dem unschuldigen Theile seiner Gelegenheit nach anderweit sich zu verheyrahten zuzulassen sey? bey Uns unterthänigst anfragen wollen / welcher Meynung man darunter beyzupflichten und die vorkommende Fälle zu entscheiden haben mögte. Wann Wir dann in Erwegung der allerseits angeführten rationum und sowol aus heiliger Göttlicher Schrifft als auch denen Gemeinen- und Kirchen-Rechten genommenen Grunde dahin geschlossen und aus hoher Landes-Fürstlicher Macht und Gewalt hiemit declariret haben wollen / daß im obigem Fall derjenigen Doctorum Meynungen / so die affirmativam behaupten / nachgegangen werden solle; So haben Wir Euch solches hiemit gnädigst ohnverhalten wollen / und werdet Ihr demnach sowol bey denen jetzo etwa verhandenen und zu gerichtlicher Erörterung stehenden als künfftig noch vorkommenden Fällen Euch in judicando hiernach also zu achten wissen. Und Wir seynd Euch zu Gnaden geneigt. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 19. May. 1707. Anthon Ulrich.
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VII. Fürstliche Declaration, Welcher gestalt die Geistlichen / als Zeugen / zu citiren.
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DEs Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Rudolph Augusts / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Durchl. Haben eine Zeither nicht sonder Mißfallen wahrgenommen / waß massen / wann bey Dero Fürstlichen Cantzley- oder Hof-Gerichte in denen allda vorkommenden Sachen jemand der Prediger / Schuel- und Kirchen-Bedienten / oder deren Haußgenossen und Angehörigen ad dicendum testimonium abgeladen / die Citati entweder gar zurück geblieben / oder wann einer oder ander erschienen / demselben vom Consistorio solche Erscheinung verwiesen werden wollen / worüber die Sachen mehrmahlen in stecken gerahten / und der Lauff Rechtens unnöhtiger Weise aufgehalten worden. Als aber solches dem von Sr. Durchl. auf Beschleunigung der Justitz führendem ernstlichem Absehen zuwieder und dahero billig zu remediren; So declariren mehr höchstgedachte Se. Durchl. demnach hiemit gnädigst / und wollen daß / gleichwie Dero Fürstl. Consistorium bislang ohne ablassende subsidiales einem jeden in Dero Fürstenthum und Landen ad dicendum testimonium citiret / also auch ein gleiches Dero Fürstlichen Cantzley und Hof-Gerichte immediatè an die Prediger / Schuel- und Kirchen-Bediente / und Deroselben Haußgenossen und Angehörige zu thun befuget / und
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die Citati in denen ihnen anberahmten Terminis sich jedesmahl ohnausbleiblich einzufinden schüldig und gehalten seyn sollen. Uhrkundlich Sr. Durchl. eigenhändigen Unterschrifft und neben gedruckten Fürstl. Geheimbten Cantzley-Insiegels. So geschehen in Dero Vestung Wolffenbüttel denn 24. Julii Ao. 1685. Rudolph Augusts.

VIII. Rescriptum Aus der Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube an das Fürstl. Consistorium die immunitäten der Kirchen / Aecker und Häuser betreffend.
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AUs der Herrn untern 25. passato an Uns abgelassenen Schreiben und dessen Beylagen haben Wir ersehen / was bey denenselben aus dem Schöningischen district wegen Beschwerunge einiger Kirchen / Aecker / auch Wittwen und anderer auf den Kirchhöfen gebaueten Häuser mit der Contribution für gravamina eingelauffen / und sie deshalben an Uns gelangen lassen wollen. Nun hat man nicht ermangelt solche gravamina und die darüber eingesandte uns communicirte Berichte durchzusehen; weil aber die Herrn darinn mit Uns einig seyn /
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daß so viel die Aecker betrifft zwischen den Kirchen und Pfarr-Lande und Kirchen-Meyer-auch Pfarr-Meyer-Lande ein Unterscheid zu machen / und jenes nicht / dieses aber billig mit unter die onera publica zu ziehen seyn / so werden verschiedene solcher Beschwerungen dadurch von selbsten cessiren / da dann / ob schon an einem oder andern Orte einige Länderey von der letzten Art bishero de facto eximiret worden / und deshalben eine praescriptio vorgeschüttet werden wolte / solche / weil es der gemeinen observantz zuwieder läufft / nicht zu attendiren / sondern bey itziger rectification der Contribution es dießfals bey der gemeinen Regul und jetzt-gemeldten observantz zu lassen ist. So viel die Kirchen und Pfarr-Wittwen-Häuser betrifft / so seyn dieselben an sich selbst / wie auch die darinnen selbst wohnende Pfarr- und Schuel-Diener-Wittwen / nicht weniger auch diejenigen inqvilini, welche / wann eine solche Wittwe noch lebet und sich bey ihren Freun den oder sonst anderswo aufhält und ihr von Fürstl. Consistorio die aus den Wittwen-Hause fallende Zinsen und andere Wittwen-Gelder ausserhalb Landes zu geniessen zugestanden ist / von ihrentwegen dergleichen Wittwen-Hauß bewohnen / wie ein solcher casus sich itzo zu Vorsfelde begiebt / von der Contribution billig befreyet; Wann aber sonst jemand ein solch ledig stehendes Wittwen-Hauß gemiehtet / so geniesset zwar die Kirche oder Pfarre / nachdem es jedes Orts hergebracht ist / daraus die pension oder Miehte; Nachdem aber die Gemeinen und Einwohner solche Häuser bauen / und sie im Stande auch Bau und Besserung halten müssen / so ist auch nicht mehr als billig daß solche Inqvilini und Conductores, wenn sie ein Handwerck / Nahrung und Vieh haben / bevorab wenn sie dieses auf die gemeine Weyde mit gehen lassen / der Gemeine an der Contribution mit zu statten und zu Hülffe kommen / welche Bewandtniß es denn auch mit denen auf den Kirchhöfen und andern Oertern gebaueten und denen Kirchen zuständigen freyen Häusern hat / daß dieselben zwar einen Weg als den andern frey verbleiben / die inqvilini aber / wenn sie Nahrung treiben oder Vieh halten / davon billig zu de
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nen oneribus proportionaliter concurriren / und erfolget auch hieraus daß bey dem sich zu Süplingen begebenden casu der in den Wittwen-Hause wohnende Arbeits-Mann / so viel seine Nahrung und Vieh belanget / von der Contribution nicht / die von ihm zu sich eingenommene Schuelmeisters-Wittwen aber davon befreyet seyn müsse. Daß sonst ein Gerichts-Herr von denen in solchen Wittwen-Häusern wohnenden Leuten / über die von ihnen entrichtende Contribution, noch ein jährliches Schutz-Geld fodert / solches wie es sich nicht gebühret / als wird es auch dem von Bülau zu Brunsrode itzo ernstlich untersaget. Die übrigen in oberwehnten Beylagen enthaltene particularia, welche etwa hiedurch noch nicht schon erlediget seyn / sollen nach eingelangeten vollständigen Bericht von der rectification des Contribution-Wesens / wenn ein oder ander / welcher in specie dabey graviret / sich bey hiesiger Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube durch ein Memorial anmelden wird / weiter untersuchet und die Supplicanten alsdenn nach Befinden mit resolution versehen werden. Woltens denen Herren in freundlicher Antwort ohnverhalten / und seyn denenselben zu genehmen Diensten geflissen. Gegeben Wolffenbüttel den 14. Julii 1684. Fürstl. Braunschweigis. Lüneburgis. Praesident und Geheimbte Rähte daselbst.

IX. Ausschreiben An alle 4. General-Superintendenten hiesiges Fürstenthums / wie es mit denen Adelichen Copul. Kind-Tauffen und Trauer-Geleute zu halten.
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WAs Serenissimi Unser gnädigster Fürst und Herr Durchl. auf die von der getreuen Ritterschafft am 20.
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Octob. 1682. gehaltenen Land-Tages-Abschiede unter andern unterthänigst an und vorgebrachte General- und Special-Gravamina wegen der Adelichen privat-Copulation, Kind-Tauffen und Trauer-Geläute gnädigst verwilliget und publiciren lassen / solches geben Wir Euch ob den angeschlossenen copeylichen extract hiermit in mehren zu vernehmen / Als nun die Nohtdurfft erfodert / daß solches denen Superintendenten und Pastoribus jedes Orts gleichfals kund gethan werde / So begehren nomine Sereniss. Unser gnädigsten Fürsten und Herrn Durchl. Wir an Euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend daß Ihr bey denen Euch untergebenen Superintendenten und Pastoribus, wo es nöhtig / die fernere Verfügung thut / damit ein jeder bey solchen ereugenden specificirten Fällen sich hiernächst gehorsahmst richten und obangezogenen Land-Tages-Abschiede hierunter geziemende Folge leisten müsse. Dessen versehen wir Uns und seynd etc. Geben Wolffenbüttel den 13. Apr. 1683. Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.

X. Extract. Aus dem Land-Tags Abscheide de Anno 1682.
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NAchdem auch / zum zwantzigsten / die von der Ritterschafft inständig angehalten / daß ihnen nach der benachbahrten Provincien bekandten Observantz verstatter werden möchte / Ihre Kinder auf Ihren Häusern tauffen / auch Ihre und der Ihrigen Eheliche Trauung daselbsten verrichten zu lassen; So sehen zwar Se. Durchl. lieber daß / wo es füglich geschehen kan / solche
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Sacra in den Gottes-Häusern verrichtet würden; Gleich wie Sie aber dero getreuen Ritterschafft / so viel thunlich / in Gnaden zu willfahren geneiget seyn / Also wollen Sie auch gnädigst geschehen lassen / daß hinführo die von der Ritterschafft / Ihrer Gelegenheit nach / die Kind-Tauffen und Copulations auf Ihren Häusern / jedoch nach Inhalt der Kirchen-Ordnunge / und zwar die Eheliche Copulationes solcher gestalt verrichten lassen mögen / daß Sie vorher solch Ihr Vorhaben in der Kirchen der Christlichen Gemeinde öffentlich anzeigen / und GOtt den Allmächtigen um seinen Seegen in der Gemeinde anruffen lassen. Wie dann auch zum ein und zwantzigsten / des gnädigsten Landes Fürsten Durchl. auf der gehorsahmen Ritterschafft unterthänigstes inständiges Suchen wegen des Trauer-Geleutes sich dahin gnädigst erkläret / daß / wenn jemand von der Ritterschafft dessen Ehefrau / oder Wittibe Todes verfahren / alsdann Ihnen das Trauer-Geleute ohne deshalber einzuholende expresse Concession auf 4. Wochen / bey Absterben aber der Kinder / wie auch naher Blutsverwandter / so des Nahmens und Geschlechts seyn / auf 14. Tage anzustellen erlaubet seyn solle / jedoch daß dem Prediger jedes Orts von der vorhabenden Leutung Nachricht gegeben werde / falls aber innerhalb ernandten Frist zu dem Begräbniß (welches jedoch ausser hocherheblichen Ursachen niemand aufzuschieben hat) nicht zulangen / alsdann soll zwar nach 4. Wochen / oder resp. 14. Tagen mit dem Trauer-Geleute innen gehalten / es mag aber dasselbe dem nechsten vor dem termino der Begräbniß 8. Tage lang wiederholet werden. Für welche besondere Fürstl. Gnaden-Erweisung die gehorsahme Ritterschafft Sr. Durchl. unterthänigsten Dauck erstattet / und selbige mit aller devotion zu verschulden sich obligirt erachtet haben. Und als / zum wey und zwantzigsten / von der gehorsahmen Ritterschafft noch mit angeführet werden / daß / wenn ein Fürstl. Trauer-Geleute im Lande zu verordnen / solches allein denen Superintendenten zugeschrieben / denen Gerichts-Herrn aber die doch ihre Hintersassen zu dem Geleute befehligen müssen / davon keine
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notification bisher gegeben worden. So wollen Se. Durchl. bey Dero Fürstl. Consistorio die gnädigste Verordnung thun daß / wenn in fürfallenden Fürstl. Trauer-Fällen das Trauer-Geleute ausgeschrieben wird / davon auch zugleich an die Gerichts-Herrn notification ergehen solle.

XI. Fürstliche Declaratio Des vorigen Ausschreibens vom 13. April. 1683.
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DEs Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Rudolph Augusts / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Durchl. ist unterthänigst vorkommen / was gestalt nachdem in dem jüngstern Land-Tages-Abscheide §. 20. enthalten / daß denen von der Ritterschafft verstattet seyn möchte ihre Kinder auf ihren Häusern tauffen / auch ihre und der ihrigen Trauung daseldst verrichten zu lassen / solches von etzlichen von der Ritterschafft auch auf ihre Bediente verstanden und extendiret werden wolle. Wann es aber bey Einricht- und Abfassung solches §i auch sonsten annoch bey Uns keines weges die Meynung gehabt / daß unter dem Worte / die Ihrigen / auch die Adeliche Bediente und Gesinde mit begriffen und verstanden werden sollen / Immassen aus denen in selbigem §o nechst - folgenden Worten / daß nemlich die von der Ritterschafft die Eheliche Copulationes auf ihren Häusern solcher gestalt verrichten lassen sollen / daß sie vorher solch ihr Vorhaben in der Kirche der Christlichen Gemeine öffentlich anzeigen / und GOTT den Allmächtigen um seinen Seegen in der
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Gemeine anruffen lassen / genugsahm erhellet daß solches bloß von ihnen und denen ihnen angehörigen Adelichen Persohnen zu verstehen / indem der Kirchen-Ordnung nach derer von der Ritterschafft Bediente und Gesinde hingegen von der Copulation dreymahl in der Kirche ordentlich aufgeboten werden müssen; Dannenhero dann Se. Durchl. nöhtig ermessen solchen Paragraphum des Land-Tags-Abscheides besser zu erleutern; So declariren und erleutern Sie denenselben hiemit gnädigst dahin / daß nur derer von der Ritterschafft eigene Persohnen / wie auch derer Kinder und Anverwandte nahe Bluts-Freunde / welche sich bey ihnen auf ihren Häusern befinden / nicht aber Dero Bedienten und Gesinde darunter zu verstehen seyn. Befehlen auch zugleich hiemit Dero geistlichen Consistorio von dieser Dero gnädigsten declaration allen und jeden Superintendenten und Predigern auf dem Lande zu dem Ende ohnverlängte Nachricht zu geben / daß sie sambt und sonders sich darnach also richten / und mehrerwehnten §vum des Land-Tags-Abscheides nicht weiter als sich gebühret extendiren und auslegen / auch die von der Ritterschafft / wann Sie Ihnen solche extension anmuhten solten / darunter gehöriger massen bedeuten mögen. Uhrkundlich haben Se. Durchl. diese declaration eigenhändig unterschrieben / und mit Dero Fürstlichen Geheimbten Cantzley-Secret bedrücken lassen. Geben in Dero Vestung Wolffenbüttel / den 7. Decembris Anno 1683. Rudolph Augusts.
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XII. Fürstlicher Consistorial-Befehl an die General-Superintendenten / daß kein Studiosus, der nicht ein testimonium publicum orthodoxiae vorzuzeigen hat / zum Predigen admittiret werden soll.
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DEmnach man glaubwürdig berichtet worden / daß von denen Predigern öffters einige Studiosi umb sich durch selbige subleviren zu lassen / zum Predigen admittiret werden / welche doch in Theologicis gar wenig gethan / und dahero öffters etwas pro concione contra orthodoxiam proponiren / wodurch der gemeine Mann nur irre gemacht wird; Euch aber indessen nicht unbekandt seyn kan / wie daß von der gnädigsten Herrschafft vor einigen Jahren bereits heilsamlich verordnet daß kein General- oder Special-Superintendent und Pastor einen Studiosum Theologiae, der nicht zufoderst von dem Fürstl. Consistorio allhier oder der Theologischen Facultät zu Helmstädt tentiret und sattsahm fundirt befunden worden / zum predigen admittiren soll; Als befehlen Nahmens Höchstgedachter Ihr Durchlauchtigk. Wir Euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr solches euren untergebenen Special-Superintendenten und Pastoribus nochmahlen / wie vor dem schon geschehen / ernstlich intimiret und sie dahin anweiset / daß nach Höchstgedachter Ihr. Durchl. gnädigsten Verordnung sie gehorsahmlich sich zu achten; mit der Verwarnung / daß / daferne jedennoch einer oder ander selbiger zuwider jemand / so noch nicht tentiret und ein publicum testimonium deßfalls vorzuzeigen habe / zum predigen admittiren würde / solche contravenienten deßwegen von dem Fürstlichen Consistorio ernstlich bestraffet werden sollen; gestalt ihr denn / sobald ihr dergleichen
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erfahret / solches ohnverzüglich anhero zu referiren habt. Geben Wolffenbüttel den 3. Jun. 1707. Fürstl. Braunschw. Lüneburg. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.

XIII. Weiland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg vor Jahren an ein und andern Beambten abgelassener Landes-Fürstlicher Befehl.
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LIeber Getreuer etc. Nachdem bey Unsern Consistorio zu unterschiedlichenmahlen von denen Pastoribus Beschwerden und Klagen deßhalben einkommen / daß bey dem Mist-Abfahren und Pflügen sie nicht allein grosse Unkosten aufwenden / sondern auch allerhand Ungelegenheit daher / daß in ihren Häusern solche Sauff-Gelage in ihren Beywesen jedesmahl gehalten wurden / über sich nehmen müssen. Wenn Wir nun solche Mist- und Pflug-Gelage in der Pastoren Häusern hinführo aus angeführten und mehren uns dazu bewegenden Ursachen zu dulden oder nachzugeben gar nicht gemeinet: Als ist unser ernster Wille und Befehl / daß du Unsern dir anvertraueten Unterthanen / weil es des Orts also hergebracht / andeutest daß sie zwar ferner dem Pastori, gleichwie vorhin / den Mist zu rechter Zeit von ihren Pfarr-Höfen abfahren / auch den Acker zu rechter Zeit pflügen / die Pflug- oder Mist-Fuhr-Gelage aber nicht in den Pfarr-Häusern anstellen / sondern allerdings zufrieden seyn sollen / wenn ihnen von dem Priester ein halb Faß Bier und das Morgen-Brod gegeben / und solches in einem und andern Hause zu verzehren und auszutrincken freygestellet wird.
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Solten aber die Leute wegen dieser Veränderung denen Priestern ihren Acker entweder gar nicht / oder nicht zur rechten Zeit pflügen / und den Mist abfahren wollen / wie es vorhin an jedem Orte hergebracht und gehalten / Alsdenn sollen sie wegen solches Ungehorsahms und Versäumniß dem Priester den daher verursachten Schaden und Abgang erstatten / und dabeneben annoch in willkührlicher Straffe verfallen seyn. Solches ist Unser ernster Wille und Meynunge / und hast dich darnach zu achten; Datum in Unsrer Vestung Wolffenbüttel / den 28. Augusti 1651. Augustus / H. z. B. u. L.

XIV. Fürstl. Consistorial-Ausschreiben an alle General-Superintendenten. Daß auf denen Dörffern auch den Sommer über / (jedoch die Erndte-Zeit ausgenommen) des Tages zweymahl Schuel gehalten werden soll.
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WEil man hin und wieder von denen Kirchen-Visitationen vernehmen muß / wie die Kinder-Zucht auf den Landen insonderheit daher in Abgang gerahte und die Jugend bey denen Catechismus-Lehren und examinibus so schlecht befunden werde / daß die Eltern die Kinder des Sommers nicht zur Schulen schicken / und diese des Sommers in solcher Zeit gantz wieder vergessen was ihnen des Winters durch grosse Mühe etwa beygebracht worden / und dann die Nohtdurfft erfodert daß deßhalb nöhtige Versehung geschehe; Als befehlen Nahmens
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Unser gnädigsten Fürsten und Herrn Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr die fernere Verordnung in eurer Inspection ergehen lasset / damit die Eltern ihre Kinder auch im Sommer / die Erndte-Zeit ausgenommen / alle Tage wenigstens nur 2. Stunden gegen Entrichtung des halben Schuel-Geldes unnachläßig zur Schulen auch sonst im übrigen fleißig in die Catechismus-Lehren schicken müssen / damit sie um so viel ehender in ihren Christenthum und sonst in Lesen und Schreiben unterrichtet / und dergleichen querelen hiernechst weiter nicht gehöret werden mögen. Dessen etc. Geben Wolffenbüttel den 31. Oct. Anno 1708. Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.

XV. Mandatum An die General-Superintendenten wegen restringirten bauens von denen Kirchen-Geldern.
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NAchdem Wir vernommen / daß verschiedene Prediger auf dem Lande ihres Orts nach eigenen Gefallen und ohne vorher eingezogenen Consens des Fürstl. Consistorii oder der Kirchen-Visitatoren die Kirchen-Gelder an ihren Pfarr-Gebäuden und ofte gar unnöhtiger Weise verbauen sollen / Als befehlen Nahmens Uns. gnäd. Fürsten und Herrn Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr allen und jeden in euer Gen. Inspection verhandenen Special-Superintendenten und Pastoribus Krafft dieses kund thut / daß keiner derselben hinführo sich weiter unterstehen soll eigens Gefallens und ohne Consens des Fürstlichen Consistorii, oder daß es bey denen Kirchen-Visitationen besichti
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get und höchstnöhtig befunden worden / die Kirchen-Gelder anzugreiffen und zu verbauen / wann es mehr denn einen halben Thlr. importiren solte; Falls aber ein oder ander sich dennoch diesem zuwieder dergleichen mehr zu thun gelüsten lassen solte / solches in den Rechnungen nicht mehr passiret / sondern er die über einen halben Thaler sich belauffende angewandte Bau-Kosten de propriis der Kirchen wieder ersetzen solle. Geben Wolffenbüttel den 8. Mart. 1707. Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.

XVI. Extract Landes-Abscheides de Anno 1601.
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ANfänglich die Religion, auch Kirchen-Ordnunge und was derselben anhängig belangend / soll es bey dem von weyland dem Durchl. Fürsten und Herrn / Herrn JULIO, Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Christmilder Gedächtniß mit gutem reiffen Naht verfasten und publicirten Corpore Doctrinae und Kirchen-Ordnunge durchaus gelassen / derowegen dann eine ungleiche oder widrige Lehre öffentlich oder heimlich einzuführen so wenig den Unterthanen als Landes-Fürsten verstattet / sondern die Unterthanen / da über kurtz oder lang durch GOttes Verhängniß (welches seine Göttliche Allmacht gnädiglich abwenden wolle) der regierende Landes-Fürst etwas Widriges ihnen aufdringen wolte / deßwegen daß sie darinn Sr. F. G. nicht folgen können / nicht beungnadiget weniger in einige Wege beschweret / vielmehr aber dey jetztgemeldter Lehre nach Innhalt oberwehnter Kirchen-Ordnung und des Corporis Doctrinae unverhindert geschützet;
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Dann ferner das Jus Patronatus einem jeden / der dessen befugt und es geruhiglich Bona fide hergebracht hat / sich dessen innerhalb Sechs Monaten von Zeit eingefallener vacantz zu gebrauchen und eine qualificirte Persohn nach seinem Wolgefallen dem Fürstlichen Consistorio, (welches nicht allein mit geistlichen Persohnen / sondern auch jedesmahl mit politischen Rähten zu bestellen) zu praesentiren / auch fürters / wann damit nachfolgender Gestalt verfahren / zu belehnen ohne Einrede vergönnet / und darauf der praesentirte auf vorgelegte Kundschafft seines Lebens innerhalb zwey Tagen von den Fürstlichen Consistorio zu Wolffenbüttel mit Hindansetzunge aller beförderlichen oder verhinderlichen affecten examinirt / darzu seine Prob-Predigt dabelbst / wofern er nicht selber dilationem bitten wird / den nechsten Predig-Tag darnach angehöret / und darauf wenn er tüchtig befunden an den Superintendenten und Gerichts-Herrn des Orts / dahin er gesetzt werden soll / nicht allein zu Erlangung der vocation, (die dann nach angehörter Predigt die Pfarr-Kinder ihme mittheilen / oder aber / wann sie aus erheblichen beständigen Ursachen ihn an Lehr und Leben zu straffen haben / inmassen mehrgenandte Fürstl. Kirchen-Ordnunge ausdrücklich vermag / wol abschlagen mögen) sondern auch / wann es damit richtig und die vorgeschlagene Persohn allbereit ordinirt / zur Immission zugleich verschrieben / dieselben auch vom Superintendenten in Beyseyn des Gerichts-Herrn oder seines Befehlhabers in der Kirchen nach Buchstäblichen Innhalt vielberührter Fürstlichen Kirchen-Ordnunge / ausser der Kirchen aber in Gegenwart des Superintendenten vom Gerichts-Herrn oder seinen Befehlshabern in die Pfarr-oder Caplaney / wie auch die dazu gehörige allda gelegene Güter / Zinse / Renthe und Gefälle verrichtet / und die Fürstlichen Beamten an den Oertern / da die Gerichte dem gnädigsten Landes-Fürsten immediate nicht zuständig / darzu nicht gezogen / sonsten aber / wann die Persohn / so vor seinen künfftigen Pfarr-Kindern die Prob-Predigt gethan / noch nicht ordinirt / nach erlangter vocation vom Fürstlichen Consistorio zur ordination verwiesen / von ihm aber mehr als zwey Tha
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ler nicht genommen / ferner auch mit dem Immission Befehl / so inmittels vom Consistorial-Secretario zu verfertigen / schleunig befürdert / und deßwegen oder sonsten im Fürstlichen Consistorio über die moderirte Tax nicht geschätzet werden. Wie dann auch / wenn der praesentirte in dem examine und der Prob-Predigt / dazu mit seinen testimoniis vitae nicht bestanden / oder ihme aus erheblichen beständigen Ursachen die vocation verweigert worden / dem Patrono eine andere qualificirte Persohn dem Fürstlichen Consistorio obberührter massen vorzuschlagen / auch denen vom Adel und andern / welche neben dem patronat die Untergerichte haben / sowol der praesentirten examinibus als auch / wann dieselben in Lehr und Leben straffbahr befunden und deßwegen entsetzet werden sollen / der Summarischen Verhör und Cognition, deßgleichen den visitationibus jederzeit mit beyzuwohnen / nicht allein zu vernehmen wie damit verfahren wird / sondern dabey ihr Bedencken und Gutachten ohne Scheu zu eröffnen und denen vom Adel und andern / so ihr eigen Untergericht und solches daselbst hergebracht haben / wann sie vorher dem General-Superintendenten aller und jeder Pfarr-Kirchen / Schulen / Caplaney und anderer der Ends verhandener und befindlichen Geistlichen Güter (mit Vorbehalt derer / so inkünfftig weiter ausfündig gemacht und füglich dabey gebracht werden mügen / ein richtigs Corpus zugefertiget / und dasselbige fürter von ihm ins Fürstliche Consistorium geschickt) darauf die Rechnung jährlichs von den verordneten Vorstehern wie von Alters hergebracht einzunehmen zugelassen / auch / da der generalis Superintendens etwa begehrt / was jährlichs aufkommen und wohin es gewendet / demselben zur Nachrichtunge Abschrifft mitgetheilet; sonsten aber die Kirchen-Rechnung in beyseyn des Superintendenten eingenommen / über das auch im Fürstlichen Consistorio mit andern Pastorn und Predigern / wann sie von ihren Patronis, Pfarr-Kindern oder sonsten kündlich beschuldigt / nicht durch die Finger gesehen / sondern hierinn und sonsten in alle Wege / Innhalts mehrbemeldter Fürstlichen Kirchen-Ordnung / jederzeit ge
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stalten Sachen nach mit Entsetzung oder sonsten der Gebühr verfahren werde. Ferner auf vorhergehende praesentation deren / die es befugt und hergebracht haben / die Schuel-Diener vom General-die Custodes aber vom Special-Superintendenten jedes Orts zu Verhütunge grosser Zehrunge examinirt / auch ihre testimonia vitae angenommen / und darauf nach Befindung / wie auch hernacher auf ihr Ubelhalten mit ihnen vermüge vielgemeldter Fürstlichen Kirchen-Ordnunge gebühret / und die / daran keine Besserung zu hoffen / oder die ohne Aergerniß / Gefahr oder Nachtheil der lieben Jugend nicht zu dulden / mit Zuthun der Gerichts-Herrn ungesäumt abgeschaffet: Gleichwol aber gemeldten Superintendenten sich hierunter mit Geschencken oder in andern unziemliche Wege um Gunst oder Ungunst willen nirgends zu bewegen zu lassen / und sich bey Einnehmunge der Kirchen-Rechnunge und Verrichtunge der visitation der übermäßigen Zehrunge und aller Händel so ihnen in der Fürstlichen Kirchen-Ordnunge nicht befohlen / gäntzlich äussern; Imgleichen der Fürstlichen Kirchen-Ordnung hierinn und sonsten / wie auch in allem / was darinn ihnen und allen Praedicanten / als nemlich curirn, procurirn, advocirn, Partheyen zu verhören / vor sich Ehe zu scheiden und die / so sich mit einander versprochen / von einander zu handeln / oder sonsten Abscheid unter den Partheyen aufzurichten / mit Abweisung vom heiligen Abendmahl oder andern Christlichen Ceremonien die Leute zu verträgen gleich zu zwingen / und derogleichen Verboten sich gemeß zu verhalten bey Verlust ihres Dienstes ernstlich eingebunden; Jedoch den Kirchen- und Schuel-Dienern von deme / was ihnen gebühret / nichts entzogen / sondern dasselbige ihnen willig und vollkömmlich zu rechter Zeit gereicht / auch dabey jedes gute Christliche Zuneigunge gegen das Ministerium im Werck erwiesen / darzu ihnen zu Erlangunge des ihren durch jedes Orts unmittelbahre Obrigkeit jedesmahls die hülffliche Hand geboten / hinwieder aber durch Verweigerunge ihres anbefohlenen Amtes / unleidliche Diffamation oder sonsten unordentlicher Weise solches von den Leuten
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zu erzwingen / oder aus den accidentien und Verehrungen / deren Maaß und Ziel vor diesem willkührlich gewesen / eine sonderbahre bedrängliche Schatzunge oder aus Mittheilung ihres Amts eine Krämerey zu machen ihnen nicht gestattet / sondern mit deme / was von Alters gewiß gewesen / und dann in willkührlichen Fällen / was eines jeden guter Wille ist / begnügig / oder wann sie sich daran nicht kehren endlicher Entsetzunge gewärtig zu seyn ohnnachläßig auferlegt; Und denen vom Adel / wie sichs am füglichsten schicken wil / entweder in ihren Häusern / jedoch in Gegenwart ihrer Gevattern / Freunde und anderer mehr ehrlicher Leute / oder in der Kirchen ihre Kinder-Tauffen / wie auch nach Gelegenheit an diesem oder jenem Orte ebenermassen sich und ihre Kinder / wann sie öffentliche Verlöbniß vorher gehalten / und sich acht Tage vor den hochzeitlichen Ehren-Tagen auf der Cantzel des Orts / da das Beylager geschehen soll / daß GOTT ihnen zu bevorstehenden Ehren-Stande seinen gnädigen Seegen verleyhen / wolle / öffentlich vor sich bitten lassen / und also ihr Christlich Fürhaben in der Gemeinde GOttes vorher offenbahr gemacht haben / durch den Pfarr-Herrn ehelich copuliren zu lassen frey gegeben.

XVII. Extract Landes-Tages-Abschiedes de Anno 1619.
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Art. 1.
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VOrs erste sollen alle drey Stände und gemeine Unterthanen dieses Unsers Fürstenthums bey rechter / wahrer / erkandter und bekandter Religion der Augspurgischen unveränderten Confession, in Anno der weniger Zahl 30. aufm Reichs-
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Tage zu Augspurg übergeben / item Corpore Doctrinae Julio und Kirchen-Ordnung dieses Fürstenthums gemeß / Innhalts der dieser wegen ausgegebenen Fürstlichen Reversen und Assecurationen manutenirt / geschützet und darüber in keinerley Wege beschwert werden.

Art. 2.
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Vors ander / wie dann auch keine frembde Lehr / wie die Nahmen haben mag / als dieselbe in Corpore Doctrinae Julio und der Fürstlichen Kirchen-Ordnung specificirt und ausgesetzt seyn / vielweniger aber die unglaubige / Gotteslästerliche Juden / vermöge des Saltzdalmschen Abschiedes Art. 24. noch jemands anders / so verdächtige Lehre spargiren / defendiren oder propagiren wolte / gelitten / und damit man sich deßfals destoweniger Unheils und Verwirrung in Religions-Sachen zu besorgen haben möge / nicht allein die Special-Visitationes der Pastoren und Kirchen fleißig gehalten / die befundene Mängel ins Fürstliche Consistorium eingeschicket / daselbsten abgeschafft / und da nöhtig / die allgemeine visitation angestellt / Sondern auch bey Annehmung der Geist- und Weltlichen Rähte / Secretarien und anderer vornehmer Officirer allhier im Consistorio, bey Hofe und auf den Lande / wie auch vornemlich der Professoren in der Julius Universität zu Helmstädt in auffrichtender Bestallung (gestalt diejenige Professoren zu Helmstädt / welche allbereit in der Julius Universität in Bestallung seyn / sich dazu habilitirt machen sollen) in Acht genommen / und darauf die Eydes-Pflicht abgeleget werden daß sie und ein jeder sich zu der unveränderten Augspurgischen Confession und Corpore Doctrinae Julio bekennen / darüber steiff und fest halten und dagegen nichts einreissen lassen wollen / da aber allvorigem zuwider etwas einreissen und gespührt würde / daß darauf die Pastoren und Superintendenten gute Achtung geben / und nach Befindung unserm Consistorio berichten sollen.
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Art. 5.
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Vors fünffte / das geistliche Consistorium soll sich / vermöge und Innhalts der Kirchen-Ordnung dieses Fürstenthums und gemeiner Rechte in den Schrancken Ecclesiasticae Jurisdictionis verhalten / und dieselbe nicht überschreiten; auch in vorfallenden Sachen den Geistlichen zur Ungebühr vor den Weltlichen nicht favorisirt / vielweniger denselben übergeholffen / Sondern nach Befindung mit gehörigem Ernst angesehen / auch in klaren undisputirlichen Schuld-Sachen vor den Superintendenten jedes Orts wieder sie procediret / und nach Befindung der Gerichts-Herr daselbsten von den Superintendenten um Erlangung der Execution requirirt und angeruffen / wie imgleichen bey dem Pastorn der Mißbrauch mit Holhippen / Boldern / Schnarchen / Verbannen auf und ausser der Cantzel (jedoch vorbehaltlich des hoch-nohtweidigen Straff-Amts) abgeschaffet; die Consistoria generalia alljährlich und so offt es die Nohtdurfft erfodert angestellt und gehalten / die übermäßige Zehrung und Aufgang bey den Kirchen-visitationen und Rechnungen eingezogen / und jedes Orts die Gerichts-Herrn neben den Superintendenten allein darzu gezogen und / da die vom Adel und andere die Gerichte haben oder die Coercition beständig und rechtmäßiger Weise hergebracht / die Beamte darzu nicht verstattet / noch auch den Kirch-Vätern zugelassen werden den Pastoribus und Superintendenten von den Kirchen-Geldern / ohne Vorwissen des Consistorii, wie auch dero der Augspurgischen Confession Verwandten und allhie in diesem Fürstenthum Braunschweig gesessenen Patronen etwas vorzustrecken / vielweniger aber sie die Kirch-Väter etwas davon zu ihrem eignen Gebrauch zu nehmen / sondern an sichere Oerter um Zinß auf gnugsahme unterpfändliche Versicherung auszuthun.
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XVIII. Weyland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschw. und Lüneb. Tauff-Ordnung.
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ALs Wir eine Zeithero nicht ohn ein sonderbahres ungnädiges Mißfallen vernehmen müssen daß / wann GOtt der Allerhöchste den Ehe-Leuten einen Ehe-Seegen bescheret hat / und das Kind getauffet werden soll / sich allerhand Ungebühr dabey gefunden / indem die Tauffe fast späte angestellet / mit dem Gevattern-bitten eine sonderliche Krämerey getrieben / und zehen / auch wol mehr Gevattern auf einmahl gebeten / und an den Tauff-Tagen grosse Gastereyen und Gelage angestellet werden; Wodurch dann nicht nur der Kinds-Betterinnen viel Unfalls zu Zeiten zugezogen wird / sondern auch dem Hauß-Wirthe / da er seinen Haußhalt alsdann wegen der Frembden einstellen muß / nicht geringe Ungelegenheit entstehet Wir aber einem solchen weiter nachzusehen gantz nicht gemeinet seyn; So setzen / ordnen und wollen Wir demnach / zum Ersten / daß wann GOTT den Ehe-Leuten einen Ehe-Seegen bescheret / und dieselbigen mit Kindern begabet hat / die Eltern sorgfältig dahin trachten und sehen sollen / daß die Kinder zeitig mit der heiligen Tauffe versehen werden / und nicht umb grosser Zubereitung oder anderer Prätexte halber / viele Tage und Wochen ungetaufft liegen bleiben / sondern zum wenigsten innerhalb vier Tagen nach der Gebuhrt und zwar in der Kirchen öffentlich getauffet werden. Da aber ausser Unserer special-Concession die Eltern sich diesem nicht gemäß bezeigen würden / sollen dieselbe in zehen Thaler Straffe gefallen seyn.
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Es sollen / zum Andern / nicht mehr dann drey Persohnen zu einem Kinde (es seyn die Eltern hohes oder niedriges Standes / Geist- oder Weltliche / in Hof-Krieges-Cantzley- oder andern Diensten) zu Gevattern gebeten werden. Dann Wir diese so schädliche ärgerliche Krämerey / die man mit den tauffenden Kindern bishero angestellet hat / gäntzlich hiemit abgeschaffet und ernstlich verboten haben wollen. Solte sich aber einer unterstehen dieser Unserer Ordnung zuwieder zu handlen / so soll derselbige für einen jeden Gevattern / welchen er über obbesagte drey Gevattern gebeten / dreißig Reichsthalet unnachläßig zur Straffe erlegen. Ebenmäßig wollen und setzen Wir / zum Dritten / hiemit daß der Hebe-Ammen und denen Frauen / welche der Kindes-Betterinnen in ihren Kindes-Nöhten beygewohnet / um den Mittag oder Abend / wann die Fraue eines Kindes genesen / eine Mahlzeit von vier / sechs / oder zum höchsten acht Essen / jedoch ohne Confect, Marcipan, oder dergleichen zubereitet und sie da rzu geladen und behalten werden mögen. Auf den Tag aber / zum Vierdten / wann das Kind getauffet wird / und so lang die sechs Wochen währen / wie auch bey dem Kirch-gange soll weder den Gevattern noch den andern Frauen / die zur Tauffe folgen / einige Gastereyen angestellet werden. Jedoch lassen Wir / zum Fünfften / zu daß denjenigen Frauen die das Kind mit zur Tauffe begleitet / den Nachmittag / wann sie mit dem Kinde aus der Kirchen wieder zurück kommen / etwas Gebackens / an Kuchen / Butter / Käse / zu samt einem Truncke Weins / sowol auch Unseren hohen Officirern / und Bedienten / und denen / so vermöge Unser Hochzeit-Ordnung Art. 10. zu denselben gerechnet werden; Denen in den andern Classibus aber / nur nebst dem Gebackens / an Kuchen / Butter und Käse ein Trunck Bier aufgesetzet und sie bis zu vier oder fünff Uhr zu Abend damit bewirthet werden. Wann aber einer hierüber ein mehres thun würde / so soll der Verbrecher in zwantzig Thaler Straffe verfallen seyn.
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Zum Sechsten / sollen bey den Bauren auf dem Lande alle Gelage bey den Kindtauffen / bey Straffe zehen Gülden / hiemit abgestellet und verboten seyn. Worbey Wir aber / zum Siebenden / den Fall / da etwa nahe Anverwandten und Freunde von andern Orten zu Gevattern gebeten und erschienen wären / ausgenommen und den oder dieselbige alleine in etwas zu bewirthen verstattet haben wollen; Es sollen aber / bey Straffe zehen Gülden / keine andere darzu erbeten werden. Zum Achten / soll alles dasjenige / was Wir bey dem einen und anderen Punct von Gastereyen und Speisen zugelassen und vergönnet haben / bey denen Kindtauffen / da die Mütter zu zeitig in die Wochen gekommen seynd / gäntzlich abgeschaffet und keines weges verstattet seyn bey Straffe zwantzig Reichsthaler. Als auch / zum Neundten / ein Christlicher Gebrauch in Unserm Fürstenthum und Landen bishero gebracht und beobachtet worden / daß bey dem Kirchgange die Mutter nebst ihrem Kinde in der Kirchen von dem Pastore öffentlich sich einsegnen lässet; So wollen Wir solche Ordnung ferners gehalten haben. Wolffenbüttel den 28. Octob. 1646.

XIX. Vormahliges Landes-Fürstliches Ausschreiben in Kirchen-Sachen / de Anno 1593.
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VOn BOttes Bnaden Wir Heinrich Julius / postulirter Bischoff zu Halberstadt / und Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Entbieten allen und jeden Unsern Praela
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ten / Grafen / Herrn / vom Adel / Großvögten / Vice Rectori und Professoren in Unser Julius Universität zu Helmstädt / General- und Special-Superintendenten / Pastoribus, Ober- und Amt-Leuten / Bürgermeistern und Rähten in Städten / Amt-Schreibern / Vögden / Bürgern / Bauers-Leuten / und allen andern Unsern Unterthanen / Unsere geneigte Gunst / und geben euch hiemit gnädig zu erkennen / daß uns glaublich fürkömmt / ob wol weyland Unser geliebter Herr Vater / Herr Julius. Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg etc. Hochlöblicher Christmilder Gedächtniß zu Anfang Sr. L. Regierung / als damahls Regierender und der Augspurgischen Confession verwandter Landes-Fürst / mit Sr. L. und nunmehr Unserer Landschafften Beliebung eine Christliche und in GOTTes Wort wolgegründete Kirchen-Ordnung / darnach man sich in Lehr und Ceremonien, wie auch in Ehe- und andern geistlichen Sachen richten solte / promulgiren lassen; Daß gleichwol etliche Unsere Land-Stände / Amts-Leute / Burgermeister und Rähte in unsern Städten / Schuldheissen / Richter / und andere Befehlshaber / so in Unsern Fürstenthumen / Graf- und Herrschafften / Obrigkeit und Gericht zu verwalten haben / solcher Unser Kirchen-Ordnung zu gehorsamen und ob derselben zu halten / ingleichem Unsers in derselben bestätigten Consistorii Decretis, Urtheilen / Bescheiden / Commissionibus, Inhibitionibus, Citationibus und andern Processen zu pariren / oder dieselbe zu exeqviren zu Zeiten sich weigern oder seumig erzeigen; Daß auch / fürs andere / mit der Kirchen-Disciplin allerley Ungleichheit und Unrichtigkeit fürlauffen / indem daß etliche Prediger mit denjenigen / so Abgötterey / Gotteslästerung / Zauberey / Todtschlag / Ehebruch / Hurerey / oder Diebstahl begehen / oder in Neid und Haß / Fressen und Sauffen / Geitz und dergleichen öffentlichen Sünden leben / sonderlich / da es fürnehme und solche Persohnen seyn / dahero sie oder die Ihren etwas zu gewarten oder sich zu befahren haben / durch die Finger sehen / Andere aber nach ihrem eigenen Wolgefallen bisweilen auch um ihrer Privat-Sachen und Irrungen willen / wel
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che sie oder ihre Angehörigen mit den Leuten haben / dieselben von der heiligen Tauff / absolution und Nachtmahl Christi abweisen / auch öffentlich von der Cantzel nicht mit der Schrifft sondern Ehrrührigen Schmehe-Worten nahmhafftig / und aufs ärgeste ausmachen / und nach ihrem eigenen Gutdüncken mit der öffentlichen Busse belegen; Wie dann auch / zum dritten / daß in und bey etlichen Special-visitationibus, sowol auch in Aufnehmung und Haltung der Kirchen-Rechnungen grosse Aufschläge gemachet / und übermeßige Zehrungen geschehen / dadurch nicht allein vielen Kirchen-Vorrahts und Aufkünfften / so zu derselben Erbauung / und dergleichen milden Sachen gebraucht werden solten / erschöpfft und herdurch gebracht / sondern auch Unsere arme Unterthanen / denen es zum Theil mit ihrer Hand-Arbeit säurlich zu erwerben ist / alldieweil der Kirchen Einkommen nicht einlangen wil / zu vorgedachtem Zehren von dem Ihrigen etwas contribuiren und zulegen müssen. Wann Wir nun über der Uns anererbten Christlichen Kirchen-Ordnung / daß derselben von allen den Unsern / sie seyn weß Standes sie wollen / wie obstehet / durchaus und in allen Puncten gehorsahmet und nachgesetzet werde / mit GOttes Hülff zu halten bedacht und entschlossen / auch Unsers verordneten Consistorii Befehle / Citationes, Bescheide und alle andere Process nicht weniger als Unserer Raht-Stuben und Hof-Gerichts-Befehl / Urtheil und anders observiret und denselben pariret haben wollen / deßgleichen Unser Kirchen-Ordnung zu wiederlauffende Unrichtigkeiten / beydes mit Unterlassung oder Mißbrauch der Kirchen-Disciplin und Verschwendung der Kirchen-Güter nicht zusehen können / noch dasselbige vor GOtt dem Allmächtigen zu verantworten wissen; Als gebieten und befehlen Wir aus hoher Landes-Fürstlicher Obrigkeit Euch allen sambt und sonderlich hiemit ernstlich und wollen / daß ihr alle / keinen ausbescheiden / euch nach Unser publicirten Kirchen-Ordnung / so viel die eines jeden Persohn / Ambt und Standt betrifft / richtet / derselben in allen puncten nachsetzet / Imgleichen Unsers Consistorii ausgehende Schreiben / Mandata, Citationes,
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Decreta, Commissiones, Urtheil / Executoriales und alle andere Process, sie seyn von Uns unterzeichnet oder nicht / wann sie nur unter Unserm Consistorial-Secret von Unserm Stadthalter oder Cantzler / oder je von einem Unserer Kirchen-Rähte / denen Wir es in einem sonderbahren Schreiben in specie befohlen / unterschrieben abgehen / nicht in geringerm Respect und Observantz / als Unserer Fürstlichen Raht-Stuben und Hof-Gerichts Befehl und Process haltet / sondern denselben durchaus gelebet; Imgleichen / daß hinführo kein General- oder Special-Superintendens, Pastor oder Capellan sich unterstehe propria autoritate und für sich selbst ohne Unsers Geistlichen Consistorii Erkandtniß und Befehl jemand zu bannen / von der Christlichen Gemeinde zu excludiren / von der Beicht / Tauff oder Nachtmahl abzuweisen / oder öffentliche Abbitt und Kirchen-Straff aufzulegen / Sondern Innhalts Unser Kirchen-Ordnung darinn procediren und verfahren soll; Da aber die Sache je so lästerlich und ärgerlich / daß ohn mercklichen Nachtheil der Kirchen die Straff nicht wol verzogen werden könte / daß alsdann der Pastor damit nicht warte bis der beschuldigte zu Gevattern stehen solle / oder zur Beicht komme / sondern alsbald die straffwürdige Persohn für sich allein bescheide / sich ihres begangenen excessus erinnere / auch zu Busse ermahne / und daß er selbigen an das Fürstliche Consistorium Amts halber gelangen lassen müsse / auch ehe er dahero wie es mit ihr zu halten Bescheid erlangt / allerhand Aergerniß und Unrichtigkeit zu vermeiden / sie zur Gevatterschafft und heiligen Nachtmahl (jedoch den Nohtfall / da kein bußfertiger zu versäumen / in allewege ausgenommen) nicht gestatten könne / mit guter Bescheidenheit vermelde / auch darauf ohn allen Verzug solchen Fall sammt seinem Raht und Gutdüncken ungesäumt an den Superintendenten des Orts / oder / da derselbe weit abgesessen / an Unser Consistorium mit guten satten wahren Grunde und allen nohtdürfftigen Umständen und sonderlich / ob der Sünder sich bußfertig oder halsstarrig erzeige / mit Hindansetzung aller affection, schrifftlich berichte / dabey die Wahrheit nicht verschweige / noch
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auch jemands mit mehrem als befindlich beschuldige / und darüber nach der Persohnen Verhaltung und Halsstarrigkeit unsers oder unsers geistlichen Consistorii gebührlichen Bescheides erwarte. Und damit sich des Verzugs halber niemand zu beklagen habe / sollen Unsere Beamte solche von den Superintendenten oder Pastorn ihnen zugebrachte Briefe / wo sonsten gleich keine Botschafft verhanden / jedoch ungesäumt bey der ersten ablauffenden Post / in Unser geistlich Consistorium schicken; da dann Unsere deputirte Consistorial- und Kirchen-Rähte solche Sache bey sich nicht liegen lassen / sondern fürderlichst verabscheiden / und beantworten; Und / weil dieses keines weges von uns dahin gemeinet daß mit denen / so öffentlich gesündiget / durch die Finger gesehen werden solle / dieselbige unsere Kirchen-Rähte die unnachläßige Beschaffung thun sollen / daß niemand übersehen / sondern vielmehr ohne Ansehen der Persohnen allenthalben nach Befindung der Sachen und aller Umstände die gegebene Aergerniß gestraffet und gebührlich abgeschaffet / auch darinn zu Besserung der Sünder und zu Erbauung der Chrstlichen Gemeinde gewisse Ordnung / Richtigkeit und Gleichheit gehalten werde; Und dann schließlich / daß die unnöhtige Zehrunge und Aufschläge / so bey den Special-visitationibus und Kirchen-Rechnungen bishero an etlichen Oertern zur Ungebühr geschehen / hinführo gäntzlich unterlassen werden / und die Superintendenten / wenn sie ausziehen / keinen grossen Comitat mit sich führen / sondern nur eine Persohn allein; Wie auch Unsere Amt-Leute / wenn sie zu Aufnehmung der Kirchen-Rechnung reisen / nicht einen hauffen Volcks / von Amts-Dienern / Vögten / Knechten / Jungen / auch Amts-Unterthanen / wie bisher geschehen / mit sich nehmen oder nach bescheiden / sondern allein und solcher gestalt / wie ein jeder von uns mit Kleidung und Pferden unterhalten wird / ankommen / bey Verrichtung der visitation und Kirchen-Rechnung sich an nohtwendigem Essen und Trincken / wie es jedes Orts Gelegenheit gibt / genügen lassen / mit Einkauffung Weins oder Auflegung gantzer Tonnen oder Faß Bier die Kirchen und armen Leute nicht beschweren / sondern so viel als nöhtig / aus der Schencke oder dem
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Kruge Bier holen lassen / sonsten aber allerdings keine Gelage oder Gastereyen weder bey noch nach verrichteter Arbeit deßfalls anstellen; denn / da dem zuwider etwas geschehen wird / soll solches in Rechnung nicht passiren / noch auf die Kirchen oder Gemein des Orts / sondern auf dieselben / so es verzehret / geschlagen werden / die auch solches zu bezahlen schuldig seyn sollen. Das meinen wir allerseits ernstlich / und geschicht daran Unser zuverläßiger Wille. Geben auf Unser Veste Wolffenbüttel den 6. Januar. 1593.

XX. Erneuertes Landes-Fürstl. Edict gegen die Entheiligung des Sabbaths.
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VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg etc. Fügen hiemit zu wissen / Als Wir zu Unserm äusersten Mißfallen und sonderbahren Leydwesen Zeithero erfahren / wie wenig denen von Uns und Unseren Vorfahren an der Regierung gegen die Entheiligung des Sabbaths publicirten in dem heiligen Wort und Gebot GOttes gegründeten Edicten nachgelebet / und wie vielmehr darentgegen mit vorsetzlicher Verachtung des ordentlichen Gottesdienstes der Sabbath entheiliget / auch so gar mit liederlichen sündlichen Leben auf unzähliche weise bißher geschändet worden; Und Wir Uns dannenhero genöhtiget finden nicht nur solche heilsahme Verordnungen zu erneueren / sondern auch dieselbe durch schwere Hand zum effect bringen / und die vorsetzliche Ubertreter empfindlich bestraffen zu lassen;
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1.
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So wollen Wir zwar Anfangs aus Landes-Väterlicher Liebe zu Unseren getreuen Unterthanen dieselbe samt und sonders hiemit wolmeinentlich ermahnet haben / daß Sie mit aufrichtigen Hertzen sich befleißigen sollen wie zu aller Zeit in der Furcht GOttes zu leben / also auch vornemlich an denen in Unser Christlichen Kirchen geordneten HErrn-Fest-Bet- und Feyer-Tagen mit Anhörung des Göttlichen Worts / andächtigem Gebet und heiligen Leben den Willen und das Gebot GOttes zu fürchten / zu ehren und selbigem zu gehorsahmen / keines weges aber diese eintzig und allein zu dem Dienste GOttes besonders gewidmete Zeit und Tage mit weltlichen Wercken zu beflecken / vielweniger mit sündlichen Leben zu entheiligen.

2.
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Wir gebieten aber ferner hiemit aus Landes-Fürstlicher Macht / daß an denen HErrn-Fest-und Bet-Tagen alle weltliche Geschäffte und Handlungen / die bestehen worinn sie wollen / gäntzlich unterlassen werden / und niemand dergleichen vorzunehmen sich unterstehen soll.

3.
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Deßwegen dann alles Fahren / Reiten und Gehen aus den Thoren und aus denen Dörffern (es könte dann daß solches die höchste Noht erfodert erwiesen werden) sowol vor als unter währenden Gottesdienst wie auch zwischen denen Predigten ernstlich verboten / und niemand / ausser Fremden so eben auf ohnabwendlichen Reisen begriffen / solches verstattet seyn soll.

4.
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Sollen an solchen Tagen keine Kram-Laden / Fleisch-Scharren und andere Kauff-und Handlungs-Boutiqven geöffnet / auch kein Korn oder Maltz zur Mühlen geschicket werden / bey zwantzig Rthlr. Straffe.

5.
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Wie dann auch an solchen GOtt geheiligten Tagen alles Brauen / Backen / Schlachten / Einsaltzen / samt denen zu solchen Geschäfften erforderten Vorbereitungen / bey Vermeidung zwan
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zig Rthlr. Straffe / oder dem Befinden nach Achtägiger Gefängniß bey Wasser und Brodt / aller Orten gäntzlich unterlassen / auch nach völlig geendigtem Gottesdienste ausser sonderbahren Nohtfällen nicht verstattet werden soll.

6.
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Alle Ausladung und Abfuhr des Biers soll an diesen Tagen keines weges zugelassen sondern / bey Confiscation des Biers / und dreytägiger bey Wasser und Brodt zu vollstreckender Gefängniß-Straffe des Fuhrmanns oder Karrenführes / bis auf den folgenden Wercktag verschoben werden.

7.
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Insonderheit soll das bey Unsern Städten und Flecken etwa bißher üblich gewesene exercitium des Scheiben-schiessens an solchen Tagen bey 20. Rthlr. Geld-Straffe oder / da der Verbrecher es nicht in Vermögen hätte / bey Straffe des Gefängnisses hiemit ernstlich verboten seyn.

8.
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So soll auch alle Feld-Arbeit auf Aeckern / Wiesen und Garten / wie auch in den Forsten und Holtzungen / Item alles Fischen / Jagen und Schiessen / nicht weniger der Gebrauch der Herrn-Dienste bey willkührlicher den Umbständen nach zu schärffender Straffe den gantzen Tag über eingestellet werden. Wann aber in der Heu-und Korn-Erndte wegen schädlichen Ungewitters oder ander hochdringenden Nohtdurfft halber einige Arbeit zu Rettung der Feld-Früchte erfodert werden solte / so soll dennoch solches eher nicht als nach geendigten öffentlichen Gottesdienst und der Catechismus-Lehre zugelassen seyn.

9.
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Wir ordnen und gebieten aber insonderheit bey zehen und nach proportion des facti bey zwantzig Rthlr. auch woll harter Gefängniß-Straffe daß an denen Sonn-Feyer- und Bet-Tagen alle Wirths-Häuser / Wein-Bier- und Brantweins-Theé- und Coffé-Schencken / Garküchen und Krüge zugehalten / keine Gäste darinnen aufgenommen / noch etwas mehr als für Krancke und
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zu mäßiger Nohtdurfft für andere behuf der Mahlzeit an Essen und Trincken abgefolget werden / in solchen Häusern auch an solchen Tagen keine Kauff-und Handlungen / vielweniger andere Dinge / wodurch der Sabbath entheiliget werden könte / geduldet werden sollen.

10.
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Die sonsten zugelassene mäßige Gastereyen / was dieselbe auch für Veranlassung und Ursachen haben mögen / sollen dennoch an den HErrn- und Feyer-Tagen anders nicht als bey Ablauff des Tages gegen Abend zugelassen seyn / dabey aber das Vollsauffen / ärgerliches Gespräch / auch Spielen und Tantzen gäutzlich unterlassen werden; Gestalt dann / wann dabey solche oder andere excesse vorgehen würden / die Verbrechere mit arbitrarischer Straffe oder denen Umständen nach mit Gefängniß beleget werden sollen.

11.
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Was aber die Zusammenkunfften der Handwercker und deren Gesellen / die Loßgebung der Lehr-Jungen / und Machung der Gesellen betrifft / dieselbe und dergleichen sollen an denen obgemeldten gantzen Tagen bey schwerer Geld-Straffe auch dem befinden nach deß Gefängnisses gäntzlich verboten seyn und keines weges geduldet werden.

12.
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Wann auch in Unsern Städten und Flecken die Jahrmärckte auf den Montag ihren Anfang bißher genommen / dero behuf die Kramer und andere Leute den vorhergehenden Son̅tag sich auf die Reise begeben müssen; dadurch aber der Tag des HErrn würcklich entheiliget und der Gottesdienst versäumet wird; So sollen solche Jahrmärckte hinführo allezeit auf den Dienstag angefangen / und zu dem Ende behufige special-Verordnung publiciret werden.

13.
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Ob denn woll nicht alle ohnzuläßige Dinge / welche von einem oder andern gottlosen Menschen wider das dritte Gebot GOTTes könten verübet werden / allhie specificiret worden;
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So soll dennoch alles und jedes / was an denen HErrn-Feyer- und Bet-Tagen zu Entheiligung des Sabbaths vorgehen möchte / es bestehe dasselbe worinn es wolle / Krafft dieses Edicts, als ob selbiges Wörtlich darinnen enthalten wäre / ernstlich und bey Vermeidung harter Straffe verboten seyn.

14.
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Damit nun obigem allen unverbrüchlich nachgelebet / die Ubertreter kund gemachet und zu ernstlicher Bestraffung gebracht werden / So befehlen Wir allen und jeden Unsern Magistraten in Städten und auf dem Lande hiemit gnädigst daß Sie über dieses Unser Landes-Fürstliche Edict mit Ernst und Nachdruck halten / und nicht nur durch die Gerichts-Bediente sonder auch durch andere getreue Personen / die sie etwa an der Hand haben können / auf die Wirths-Häuser / Wein- und Bier-Schencken / auch Gilde-Häuser und Krüge fleißig Acht geben / selbige sowol vor als unter wärendem Gottesdienste und zwischen den Predigten visitiren / und die Verbrecher annotiren lassen; darauf so dann mit würcklicher Bestraffung der verübten excesse verfahren und sowol denen Gerichts-Bedienten als allen andern denuncianten für ihre vigilants und Anmeldung den vierdten Theil der jedesmahligen Geld-Straffe reichen sollen. Diese Unsere Landes-Fürstliche Constitution soll nicht nur an gehörigen Orten öffentlich angeschlagen / sondern auch von denen Cantzeln abgelesen und solche Ablesung alle Jahr auf den ersten Sonntag des Advents wiederholet werden. Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und beygedruckten Geheimbten Cantzley-Siegels. Geben Wolffenbüttel den 1. Aug. 1709.
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XXI. Fürstlich Consistorial-Rescript an die General-Superintendenten die in der Advents- und Fasten Wochen verbotene Copulationes betreffend.
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OB wol in Fürstlicher Kirchen-Ordnung klar enthalten daß in der ersten Advents- und Fasten-Woche die Hochzeiten gäntzlich eingestellet seyn sollen; So gibt dennoch die Erfahrung daß verschiedene Prediger deßhalben nicht allein einen Zweiffel machen sondern auch gar vor sich darinn gleichsam dispensiren und die Hochzeiten zu solchen Zeiten gestatten wollen. Dieweil aber ohn erhebliche Ursachen von dem Innhalt der Fürstl. Kirchen-Ordnung abzugehen unverantwortlich / und damit sich hiernegst kein Prediger mit der Unwissenheit oder als ob solche heilsahme Verordnung in diesen punct nicht zur observantz kommen oder sonst sich entschuldigen möge; So befehlen Nahmen Unser gnädigsten Fürsten und Herrn Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr allen und jeden in eurer Inspection verhandenen Predigern andeuten / daß sie hinführo sich strictè nach mehrgedachter Fürstl. Kirchen-Ordnung achten und keine Copulationes in der ersten Advents und Fasten-Woche verrichten oder Hochzeiten geschehen lassen / sondern / wenn die Nohtwendigkeit ein anders zu Zeiten erfoderen solte / sie die Interessenten an Fürstl. Consistorium, umb vorhero darinn zu cognosciren und den Befinden nach zu dispensiren / verweisen / und sich dießfalls aller eigenmächtigen dispensation bey Vermeidung ernstlicher Bestraffung lediglich enthalten sollen. Geben Wolffenbüttel den 25. Nov. 1669.
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P. S.
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Als man auch in der Beysorge ist daß / wann etwa der dritte Weyhnachts-Tag auf den Sonntag einfällt / einige Prediger / sonderlich die noch nicht lange in Predigt-Ambte gewesen / zweiffelen möchten ob der gantze Tag gefeyert werden solte oder nicht; So habt ihr denenselben gleichfals zu notificiren daß der Sonntag billig den Vorzug haben und / wie sonst sich gebühret / den gantzen Tag gefeyert und der Gottesdienst Vor- und Nachmittags gehalten werden müsse. Ut in lit.

XXII. Fürstliche Verordnung / Die Befoderung der Closter-Collegiaten zum Predig-Ambt betreffend.
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VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg etc. Demnach Wir vor einigen Jahren bey Unserm Closter Riddagshausen zu Beforderung des Nutzens der Christlichen Kirchen / auch damit Wir umb so viel mehr versichert seyn möchten daß das Heil. Predig-Ambt bey ereugenden Vacantien in Unsern Landen mit geschickten an reiner Lehre und guten Leben und Wandel wol probirten Subjectis jedesmahl hinwieder providiret werden könte / ein gewisses Collegium Candidatorum S. S. Theologiae gnädigst angerichtet / aus demselben zwar auch nach und nach einige Ihre Beforderung erhalten; Gleichwol aber Unser Intention bisher nicht allerdings erreichet worden / indem an statt das bey erledigten Pfarr- und Kirchen-Diensten billig auf diese vor anderen reflection genommen werden sollen /
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selbige dennoch vielfältig praeteriret / und also eine ziemliche Anzahl Jahre in solchem Unserm Closter verbleiben müssen / Dahingegen andere so Ihre Stelle hätten wieder betreten und des Beneficii geniessen können / auch darauf Vertröstung erhalten / öfters zu Ihren grossen Schaden dazu nicht gelangen mögen; So ist Unser gnädigster und wolbedachter Wille / daß von nun an und hinkünfftig von denen in Unsers Closters Riddagshausen Seminarium aufgenommenen Candidatis niemand über 3. Jahre behalten / sondern / wann ein und ander sich darinnen solcher gestalt wol aufgeführet daß er an erforderter Erudition, Orthodoxia und ziemlichen Gaben im Predigen auch Christlicher Lebens-Art untadelich befunden worden / derselbe / wann in Unsern Landen einiger Pfarr-Dienst / so von Uns zu vergeben / vacant werden solte / zu solchen Pfarr-Ambt vor andern befodert / und Ihm darinn keiner vorgezogen werden soll. Wie Wir dann auch zu denen Patronis, welche auf einige Pfarren in Unseren Landen zu praesentiren haben / das gnädigste Vertrauen setzen dieselbe gleichmäßig auf diese Subjecta vor anderen und sonderlich vor Ausländischen Ihre Absicht nehmen / und hierinnen Unsere gnädigste Intention Innhalts gegenwärtiger Verordnung mit befordern werden. Derobehuef dann denen Patronis freystehen soll durch eine entweder auf dem Closter oder am anderen beliebigem Orte anzustellende Probe-Predigt Sich von des Candidati Gaben zu informiren. Da aber in denen gesetzten drey Jah ren sich keine Gelegenheit ereugen solte / daß ein oder ander dieser Collegiaten zum Predig-Ambt befordert werden könte / solchem falls soll derjenige / welcher die gesetzte Jahre über des beneficii genossen / bey Uns umb dessen Extension unterthänigst ansuchen / derselbe auch / im fall Er sich die vorige Zeit über wol aufgeführet / darinnen noch ein Jahr gelassen / oder auch derjenige / welcher von seiner Erudition solche sonderbahre Proben zeigen wird / daß Wir veranlasset seyn möchten ihn hinkünfftig zu einer profession auf Unser Julius Universität oder sonsten zu einer wichtigen geistlichen Function gnädigst befordern zu können / noch
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länger und bis zu Unser fernern Verordnung in dem Collegio behalten / sonsten aber derselbe / von dessen Capacité und Gaben nichts Hauptsächliches zu erwarten / oder die sonsten mit einer unanständigen Conduite sich dieses Beneficii würden ohnwürdig machen / und damit Uns nicht die Gelegenheit auch andere zu beneficiren entnommen werden möge / aus dem Collegio gäntzlich dimittiret werden: Allermassen Wir dann Unserm Fürstl. Consistorio auch Closter-Raht-Stube / und insonderheit auch Unsern Ober-Superintendenti und Abten Unsers Closters Riddagshausen auch Lieben Getreuen Christian Specht und dessen Rachfolgeren hiemit gnadigst anbefehlen über diese Unsere gnädigste Verordnung also ohnaussetzlich zu halten und sich darnach zu achten. Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und neben-gedrückten Closter-Cammer-Secrets. So geschehen und geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 28. Februar. 1704.

INDEX ADJUNCTORUM.
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I. Edict und Verordnung wider die herum schleichende betriegliche Lehren und Secten.
II. Declaratio über ein- und anderen Punct des vorher gesetzten Edicts behuef des geistlichen Ministerii in Braunschweig.
III. Renovirte Verordnung in Ehe- und Verlöbniß-Sachen.
IV. Informatio, von Vermeidung unzuläßiger Ehen.
V. Fürstl. Declaratio in puncto Dispensationis.
VI. Fürstl. Rescript auf des Consistorii Anfrage in Ehe-Sachen.
VII. Fürstl. Declaration welcher Gestalt die Geistlichen als Zeugen zu citiren.
VIII. Rescriptum aus der Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube an das Fürstl. Consistorium die immunitäten der Kirchen / Aecker und Häuser betreffend.
IX. Ausschreiben an alle 4. General-Superintendenten hiesiges Fürstenthums / wie es mit den Adelichen Copulationen Kind-Tauffen und Trauer-Geleute zu halten.
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X. Extract aus dem Land-Tags-Abscheide de Anno 1682.
XI. Declaratio des vorigen Ausschreibens.
XII. Fürstl. Consistorial-Befehl an die General-Superintendenten / daß kein Studiosus, der nicht ein testimonium publicum orthodoxiae vorzuzeigen hat / zum predigen admittiret werden soll.
XIII. Weiland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg vor Jahren an ein und ander Beambten abgelassener Landes-Fürstlicher Befehl.
XIV. Fürstl. Consistorial Ausschreiben an alle General-Superintendenten / daß auf denen Dörffern auch den Sommerüber (jedoch die Erndte-Zeit ausgenommen) des Tages zweymahl Schuel gehalten werden soll.
XV. Mandatum an die General-Superintendenten wegen regringirten Bauens von denen Kirchen-Geldern.
XVI. Extract Landes-Abscheides de Anno 1601.
XVII. Extract Landes-Tages Abschiedes de Anno 1619.
XVIII. Weyland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneb. Tauff-Ordnung.
XIX. Vormahliges Landes-Fürstl. Ausschreiben in Kirchen-sachen de Anno 1593.
XX. Erneuertes Landes-Fürstl. Edict gegen die Entheiligung des Sabbaths.
XXI. Fürstl. Consistorial-Rescript an die General Superintendenten die in den Advents-und Fasten-Wochen verbotene Copulationes betreffend.
XXII. Fürstl. Verordnung wegen Befoderung der Closter-Collegiaten zum Predig-Amt.
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Einige Zu dem Kirchen wesen gehörende Eydes-Formulen.
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|| [ID00152]
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I. Formula Juramenti, so die Prediger / Schuelbediente und Opffer-Leute nach angehöreten Erb-Huldigungs-Eyde abstatten sollen:
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WAs mir itzo vorgelesen und ich wol verstanden habe / dem allen gelobe und schwere ich aufrichtig und treulich nachzukommen / und mich in Lehr und Leben bey meinem Ambte / als einen getreuen Diener GOttes und der Christlichen Kirchen eigenet und gebühret zu verhalten / so wahr mir GOtt helffe und sein heiliges Wort.

II. Formula Juramenti, so die von den Patronis praesentirte Pastores coram Consistorio abschweren müssen.
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IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Wort / daß ihr richtig angegeben und vermeldet habt alles und jedes / was ihr selbst oder andere eurentwegen vor die praesentation und um den vacirenden Pfarr-Dienst zu N. zu erlangen dem Patrono oder sonst jemanden / wer der auch sey / gegeben / gethan / geleistet oder versprochen habt / so viel euch wissend und bekandt ist; Auch daß ihr künfftig / wann ihr etwa einige fernere Kundtschafft oder Nachrichtung von dem / was ein oder ander eurer Anverwandten und Freunde derogestalt gegeben / gethan oder versprochen / erlangen werdet / solches sofort ohne das geringste davon zu hinterhalten aufrichtig an das Fürstliche Consistorium all
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hier berichten und anmelden wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein H. Wort.

III. Formula Subscriptionis, womit die Prediger und Schuel-Collegen sich auf das Corpus Doctrinae eydlich verpflichten.
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COrpus Doctrinae Julium Edictumque Serenissimorum Ducum Rudolphi Augusti & Anthonii Ulrici d. 9. Mart. 1692. publicatum, una cum Ordinatione & Agendis Ecclesiasticis eâ quâ potui diligentia perlegi; Et, quia in iis nihil quicquam apprehendi quod S. S. Scripturae sit contrarium, corde & manu sine omni exceptione aut reservatione mentali praedictis Confessionibus & Constitutionibus subscribo, meque iis conformiter victurum & docturum promitto. Ita Deus me adjuvet. N. N.

IV. Formula Juramenti der Kirchen Vorsteher.
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IHr sollet schweren einen Eyd zu GOtt und auf das Heil. Evangelium / daß ihr alle und jede der Kirchen N. N. allhier zugehörige Güter / liegende und fahrende deren administration ihr übernommen und die euch anvertrauet worden oder künfftig werden / in guten Glauben und Treuen best-möglichst versehen; das Corpus Bonorum der Kirchen und deren Gerechtsahmen treulich bewahren / und deren Verbesserung euch sorgfältig angelegen seyn lassen; die Intraden und Gefälle der Kirchen / auch was derselben sonsten praestiret werden muß /
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zu rechter Zeit mit äussersten Fleiß einfodern; Uber alle Einnahme und Ausgabe richtige Rechnung / nach der in der erneuerten Kirchen-Ordnung Cap. 20. §. 3. angezeigeten Form / führen und halten / dieselbe alle Jahr gedoppelt ins Fürstl. Consistorium ohnfehlbar einschicken und demnechst gebührlich justificiren und sonst vorgedachter Kirchen bestes nach allen euren Vermögen suchen / und was zu dem Ende in der erneuerten Kirchen-Ordnung enthalten / auch ins künfftige vom Fürstlichen Consistorio euch wird anbefohlen werden / gebührend in Acht nehmen / befodern und beschaffen / auch sonsten alles andere thun sollet und wollet / was einem getreuen Kirchen-Vorsteher zustehet und gebühret / bey Verpfändung aller euer Haab und Güter. So wahr euch GOTT helffe und sein H. Wort.

V. Formula Juramenti der Provisoren der Hospitalien- und Arm-Häuser.
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IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein H. Wort daß ihr das Vorsteher-Ambt bey dem Hospital (Arm-Hause) N. N. dessen Verwaltung euch anvertrauet / treulich verrichten und mit allen Fleiß beobachten / das Corpus Bonorum sorgfältig bewahren und / so viel an euch ist / nicht das geringste davon abkommen lassen; alle jährliche Gefälle und intraden zu rechter Zeit eintreiben; über Einnahme und Ausgabe nach der in der erneuerten Kirchen-Ordnung Cap. 21. angewiesenen Form richtige Rechnung führen / selbige mit dem Ende jedes Jahrs schliessen und euren
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vorgesetzten Oberen innerhalb vier Wochen / bey Vermeidung der in der Kirchen-Ordnung gesetzten Straffe / einsenden / auch in dem anzu berahmenden termino gebührlich justificiren / und im übrigen all dasjenige thun / befodern und beschaffen wollet und sollet / was einen redlichen und gewissenhafften Vorsteher zustehet und gebühret. So wahr euch GOtt helffe und sein H. Wort.

VI. Eydt der Vorsteher bey denen Armen-Kasten.
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IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Heil. Wort / daß ihr das Diaconat oder Armen-Kasten-Amt bey der Kirchen N. fleißig wollet verwalten / die Sammlung der Allmosen durch Umtragung des Klinge-Beutels treulich verrichten; was gesammlet Angesichts in den dazu verordneten Armen-Kasten schütten / und dahin sehen daß derselbe wol verwahrt / zur bestimmten Zeit in Gegenwart des Pastoris und übrigen Vorsteher geöffnet / das befundene Arm-Geld heraus genommen / gezählet / und nebst dem / was etwa des nechst vorigen Bet-Tages in die Becken gesammlet / und absonderlich gezählet un̅ versiegelt worden / in eine Specification bringen / und ohn einige Verwechselung / wohin es verordnet / richtig einliefern / und was also geliefert in das bey der Kirchen dazu verordnete Allmosen-Buch zur Nachricht verzeichnen / In allen übrigen auch euch zu der
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Armen Nutzen und Besten / als einem getreuen und fleißigen Diacono und Vorsteher gebühret / erweisen und verhalten wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein heiliges Wort.

VII. Eydt der Heb-Ammen.
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IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Heil. Wort / daß ihr dieses Amt / dazu ihr verordnet und aufgenommen werdet / in der Furcht GOttes / welcher euch dazu beruffen hat / mit aller Treu und Sorgfalt / es sey bey Tage oder Nacht ohnverdrossen abwarten; Euch zu dem Ende stets zu Hause behalten / oder / wann ihr auszugehen nöhtig habt / zuverläßige Nachricht wo ihr zu finden seyd hinterlassen; Euch allerdings für den Trunck hüten / und hingegen der Nüchterkeit befleißigen; Auf eines jeden Begehren / er sey reich oder arm / hohes oder niedrigen Standes / euch allezeit willig und ungesäumt einstellen / euer Amt und Verrichtung mit andächtigem Gebet und guter Vorsichtigkeit anfangen und ausführen; Der in Kindes-Nöhten arbeitenden Frau tröstlich zusprechen / dabey auch selbsten keinen Verdruß oder Ungedult bezeigen; Keine Frau versäumen oder verwarlosen / durchaus aber durch Eingebung treibender Sachen zu Verderbung einer Leibes-Frucht euch lassen gebrauchen; Bey denen jungen Kin
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dern keine abergläubische Dinge vornehmen oder zulassen; Wann sich bey der gebehrenden Frauen etwas gefährlich herfür thun solte / andere geschworne Heb-Ammen und erfahrne Frauen / auch wol einen Medicum erfodern / mit denenselben Raht nehmen und nichts / was zu Erhaltung des Kindes geschehen kan / unterlassen; Die Kindbetterin / sie sey arm oder reich / die ersten acht Tage fleißig besuchen; Von einer sich etwa herfürgebenden Mißgeburt der gebährenden Frau nichts sagen / sondern selbige verbergen und des Orts Obrigkeit und dem Pastori davon berichten; Keine Noht-Tauffe / ehe das Kind nicht völlig zur Welt kommen und die Gefahr des Todes für Augen ist / vornehmen / sonsten aber dieselbe mit reinem Wasser im Nahmen der Heil. Dreyeinigkeit verrichten / und hernach solches dem Prediger anzeigen; Im übrigen wann ohnehliche Kinder gebohren werden / wobey ihr euer Amt zu verrichten habet / ernstlich nachfragen von wem das Kind sey / und davon sowol dem Prediger als der Obrigkeit Nachricht geben; Und insgemein alles und jedes / was einer Gottfürchtenden vorsichtigen und fleißigen Heb-Ammen möglich ist / getreulich verrichten und solches um Geschenck / Feind- oder Freundschafft oder aus anderen Gemühts-Bewegungen nicht unterlassen wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein Heil. Wort.
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VIII. Eydt der Todten-Gräber.
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IHr sollet geloben und schweren Eyd zu GOtt und auf sein Wort / daß bey dem Todten-Gräber-Dienst / wozu ihr jetzo angenommen werdet / ihr euren vorgesetzten Obern und dem Pastori in allen gehorsahmen / ohne deren und desselben Vorwissen keinen weder heimlich noch öffentlich begraben; keine Gräber / ehe und bevor nicht mit dem Eisen nachgesuchet und man der gäntzlichen Verwesung der Todten-Cörper und der Särcke vergewissert / wieder öffnen; die Gräber tieff gnug machen / und bey Verfertigung deroselben keinem Erb-Begräbniß vorsetzlich zu nahe kommen; niemanden mit dem Lohn übersetzen / sondern an der gesetzten Taxa euch begnügen lassen; In Pest-Zeiten bey Ausführung und Begrabung der Todten so Tages als Nachtes erscheinen; keine Krancke und inficirte / ehe und bevor sie gäntzlich todt und verschieden / begraben / vielweniger dieselbe beschädigen; Euch auch keinesweges an ihren Haab und Mitteln in geringsten vergreiffen; Niemanden / er sey wer er wolle / zu aberglaubischen Händeln einige Todten-Gebeine oder sonst von einem Sarck etwas von Holtz oder Nageln
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zukommen lassen / selbsten auch derogleichen ungebührlicher Dinge euch nicht unternehmen; sondern vielmehr alles dasjenige / was einem ehrlichen / Christlichen und getreuen Todten-Gräber zustehet / eignet und gebühret / thun und verrichten wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein Heil. Evangelium.

Ende des Ersten Theils.
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