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Erneuerte Kirchen-Ordnung Unser Von GOttes Gnaden Anthon Ulrichs Hertzogen zu
Braunschweig und Lüneburg. Erster Theil.
Braunschweig / Gedruckt durch Johann Georg Zilligern / Hochfürstl.
privilegirt. Hof. Buchbr. 1709.
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VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Für
Uns / Unser Erben und Successoren an der Landes-Fürstl. Regierung fügen hiemit
zu wissen / als Wir Uns jederzeit sorgfältig zu Gemühte führen / welcher gestalt
die durch GOttes Gnade Uns angestammete Landes-Fürstliche Regierung mit dem
hohen Jure Sacrorum und davon dependirenden Episcopal-Rechten ohn zertrennlich
verknüpffet / und Uns als einem Evangelischen in so weit von aller frembden
geistlichen Botmäßigkeit eximirten Fürsten die Cura Ecclesiae und Krafft
derselben die Kirche zu beschützen / deren Rechte zu bewahren / und so wol
darüber als des euserlichen Gottesdienste halber heilsame den Göttlichen Willen
gemässe Gesetze und Verordnung zu machen allerdings zustehet / oblieget und
gebühret; Wir auch Unsere Landes-Fürstliche Regierungs-Sorgen vornemlich dahin
zu richten haben / wie Wir
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das heilige geoffenbahrte Wort
GOTTes und die daraus fliessende bey der Christlichen Reformation gereinigte
Lehre in Unsern Landen rein und ohnbefleckt erhalten / und zu Erreichung
sothanen heilsahmen Endzwecks von wegen der Kirchen das Ambt gewissen der
Orthodoxie versicherten und wolbegabten Lehrern und Predigern auftragen und
anvertrauen / auch daneben bey Unsern Kirchen in allen Stücken eine gute Ordnung
observiren lassen mögen; Und Wir Uns dann erinnern / auch in der Nachfrage
befinden / daß zwar in Anno 1657. von weyland des Durchlauchtigsten Fürsten /
Herrn AUGUSTI, Hertzoges zu Braunschweig und Lüneburg etc. Unsers Herrn und
Vaters Gnaden Ruhmwürdigsten Andenckens eine Kirchen-Ordnung / wie es mit dem
Gottesdienste und sonsten zu halten publiciret / die Exemplaria aber innerhalb
denen dar sieder abgelauffenen mehr dann funffzig Jahren bey denen Kirchen sehr
abgängig und fast ohnbrauchbar worden; Dannenhero Wir für nöhtig und nützlich
befunden sothane Ordnung zur Hand nehmen / selbi
|| [ID00005]
ge
revidiren / erneuren / und folgender massen ad pleniorem formam bringen zu
lassen; So constituiren Wir demnach / setzen und ordnen aus Landes-Fürstlicher
Macht hiemit und wollen / daß dieser unser revidirten / erneuerten und
extendirten Kirchen-Ordnung hinkünfftig in allen und jeden Stücken strictè
nachgelebet / und dagegen bey Vermeidung ernstlichen Einsehens keines weges
gehandelt werden soll / Allermassen Wir Unserem Geheimten Rahts-Collegio, Unserm
Consistorio, auch Unsern General und Special-Superintendenten hiemit gnädigst
befehlen darauf ein wachendes Auge zu haben / und bis an Uns nachdrücklich
darüber zu halten. Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und
nebengesetzten Fürstlichen Geheimbten Sieguls / Geben in Unser Stadt
Braunschweig den 1. May 1709.
Anthon Ulrich /
|| [ID00006]
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I.
NAchdemmahl die reine zur Seeligkeit führende Lehre alleine diese ist welche GOTT
selber durch sein heiliges Wort geoffenbahret hat; wie solch Wort GOttes in den
Prophetischen und Apostolischen Schrifften des Alten und Neuen Testaments durch
Mosen / die Propheten / Evangelisten und Aposteln begriffen ist / Dahero denn
diese Lehre der wahren Kirchen GOTTES nicht auf menschliche Einbildung /
Weißheit und Vernunfft / son
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dern allein in dem
was der Mund GOTTes geredet sich gründet / Wie dann solch Wort GOttes / wodurch
derselbe von Anfang der Welt sich und seinen Willen seiner Kirche geoffenbahret
/ hernach durch Göttliches Eingeben in Schrifften verfasset worden / damit die
Kirche zu allen Zeiten einen festen Grund und gewisse Regul habe / dadurch die
wahre Religion erkandt und bewiesen und von denen ungewissen und irrigen
Meinungen unterschieden werden könne; Deßwegen dann auch solche H. Göttliche
Schrifft der eintzige Grund des Glaubens ist / worauf und ausser dem auf kein
anders weder im Himmel noch auf Erden der Mensch gewiesen; Zumahln darinnen
alles geoffenbahret und begriffen / was nohtwendig zu der seeligmachenden
Glaubens Lehre und zu der Menschen Unterrichtung / Trost / Ermahnung / Straffe
und Besserung erfodert wird; So soll dannenhero dieses heilige Wort GOttes von
denen Predigern in ihren Predigen / Catechisationen und Auslegungen nicht
gezwungen / verkehret oder auf praeconcipirte Deutungen gezogen / sondern in
simplici sensu, welchen der klare und deutliche context mit sich führet und wie
ein Ort in der heiligen Schrifft den andern erleutert / gelehret / ausgeleget /
und der Christlichen Gemeine vorgetragen werden.
II. Und gleich wie im Jahr 1576. unser Ober-Aelter-Herr Vater / weyland Herr
Hertzog Julius zu Braunschweig und Lüneburg etc. Glorwürdigsten Andenckens bey
der damahls durch GOTTes sonderbahre Gnade
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ausgeführten
Reformation und Reinigung der Religion ein gewisses Corpus Doctrinae publiciren
lassen / Also sollen die jetzige und künfftige Prediger und Dienere am
Göttlichen Worte auf die in solchen Corpore Symbolico zusammen gefassete Normam
Doctrinae hiemit gewiesen / dabey jedoch hiedurch bedeutet seyn / daß / wann sie
zum Predig- und Kirchen-Ambt aufgenommen / sie eigentlich auf die Summam
Doctrinae und die von allen Irrthümeren gereinigte Lehre sich verbündlich
gemachet / keines weges aber sich zu denen dero Zeit denen Reformatoribus ex
justo dolore in die Feder gefallen und gegen die Widersacher gebrauchte herbe
expressiones obligiret; Deßwegen sie dann allein auf die vorgeschriebene zur
Seeligkeit führende Lehre / wie sie dieselbe ihren Gemeinen rein und lauter
inculciren mögen / sich treulich appliciren / von denen gedachten herben
expressionen aber / bevorab da in denen Reichs-Constitutionen und dem
Friedens-Instrument de Anno 1648. dergleichen Anzügligkeiten verboten /
gäntzlich abstrahiren sollen.
III. Allermassen wir dann oberwehntes Corpus Doctrinae und mithin Unser an 2.
Mart. 1692. wieder die herumschleichende Sectarey publicirtes Edict hiemit
nochmahlen bekräfftigen / und wollen daß die Examina so wol der Candidatorum
Ministerii als der Schuel-Bedienten darnach eingerichtet / und ein jeder
subscribent sich auf das Corpus Doctrinae und die darinnen begriffene articulos
credendorum & agendorum, und zwar so weit
|| [10]
diese agenda in Unser erneuerten Kirchen-Ordnung nicht geendert worden / sich
mit Quia verbinden soll; Hingegen die jenige / welche sich mit Quatenus zu
behelffen suchen / keines weges zum Kirchen- oder Schuel-Ambt aufgenommen werden
sollen.
IV. Und als die in unsern Fürstenthumen und Landen solcher gestalt von denen
bekandten Irrthümern durch GOttes Gnade gereinigte Lehre wie ein Augen-Apffel
mit grosser Sorgfalt bewahret werden muß / So sollen diejenige / so zu Hirten
und Wächtern gesetzet / dagegen treulich vigiliren / und die Gemeine / wann es
die Zeit und Nohtwendigkeit erfodert / für irrigen Lehren warnen und in ihren
Predigen / was der reinen Lehre zuwieder ist / und wofür sich ein jeder zu hüten
hat / aus dem klarem Göttlichem Worte / wiewol ohn weitläufftiges disputiren /
vorstellen.
V. Wann sich aber entweder unter der Gemeine oder in der Nachbarschafft einige
Neuerungen / falsche Lehren und Sectareyen / als von heimlichen Separaten
Lehr-Conventen / Verachtung der Kirchen / des geistlichen Ministerii und des
öffentlichen Gottesdienstes / von innerlichem Worte GOttes / von Offenbahrungen
und Entzückungen / von eingebildeter Vollkom̅enheit / Vergötterung
/ Independents, und dergleichen / sich eusseren und herfür geben solten / So
sollen unsere Prediger ohn Versäumung einiger Zeit genau darnach forschen und da
sich etwas Gefährliches finden würde / davon an unser Consistorium berichten /
dieses aber nach angestelleter mehreren
|| [11]
Erkundigung
und erhaltenen näheren information die völlige Bewandniß an Uns oder Unser
Geheimbten-Rahts-Collegium bringen / damit solchen gefährlichen Bewegungen
zeitig gesteuert / die reine Lehre aber gerettet und bewahret werden möge.
I.
MAnn bey denen Kirchen in Unsern Fürstenthumen und Landen die Prediger mit Tode
abgehen und die Pfarren vacant werden / so sollen unser Superintendenten zeitige
Versehung thun / daß von denen benachbahrten Predigern das Kirchen-Ambt in allen
Stücken so lang / bis die vacants wieder ersetzet / verrichtet werde.
II. Bey wieder Besetzung solcher erledigten Pfarren sollen denen Patronis ihre
wol hergebrachte jura Patronatus und in specie daß in denen Rechten gesetzte
fatale praesentandi ohngekräncket gelassen / wann aber solcher peremtorischer
terminus ohn vorher bey Uns oder Unserm Consistorio aus erweißlichen
Behinderungs-Ursachen erhaltene extension vergeblich abgelauffen / so dann soll
mit Ersetzung der Pfarr Unserntwegen ex jure devoluto ohnverzüglich verfahren
werden.
|| [12]
III. So bald nun Uns oder unserem Consistorio eine praesentation eingesandt / wie
auch / wann behueff der Uns allein zustehenden Pfarren wir entweder einen von
Uns selbsten aus sonderbahrer Bewegniß ernandten oder einen Uns von Unserm
Consistorio unterthänigst vorgeschlagenen Candidatum an dasselbe remittiren
werden / so soll solchem Candidato eine gewisse Zeit zu Einbringung
glaubwürdiger Zeugnissen von seinen Herkommen / Erudition, Leben und Wandel
angesetzet / und darauf ferner nach Befinden das gewöhnliche Examen mit
demselben fürgenommen werden / wann er dann nach allen requisitis zum
Kirchen-Ambt geschickt zu seyn befunden worden / so soll der Superintendens des
Orts ihn eine so genandte Probe-Predigt in der vacirenden Pfarr-Kirche abzulegen
anweisen / und wann er vernimmt daß die Gemeine mit seinen Gaben ziemlich
zufrieden / selbige wegen der gewöhnlichen vocation erinnern und nebst gehöriger
relation den Candidatum hinwieder an Unser Consistorium zu Erlangung der
ordination und introduction verweisen / mit welchen actibus sodann nach der Form
/ wie in denen Agendis, Capite von ordination und introduction der Prediger /
mit mehren geordnet / gebührlich lich verfahren werden soll.
IV. Wann aber eine ziemlich austrägliche Pfarr in Unsern Städten oder auch auf
dem Lande sich eröffnen würde / so soll zu deren wieder Besetzung nicht so
gleich ein junger Candidatus admittiret / sondern zuvor von Unsern Consistorio
geurtheilet werden / ob etwa ein oder
|| [13]
ander begabter
und um die Christliche Kirche wol verdienter Prediger auf dem Lande sich finde /
welcher zu solcher Pfarr befodert und dadurch zu einer Verbesserung gebracht
werden könne; Fals aber dergleichen Prediger nicht verhanden / oder auch zu
solcher mutation nicht geneigt seyn würde / So soll der geschickteste Collegiat
aus Unserm Kloster Riddagshausen / vermöge Unser vor dem ergangenen
schrifftlichen resolution, für andern dazu befodert werden.
V. Ob auch wol an sich nicht unzuläßig daß bey Ersetzung eines oder andern
erledigten Pfarr-Dienstes darauf mit reflectiret werde / ob etwa vermittels
einer Heyraht die hinterlassene Wittwe oder eine Tochter auf der Pfarr
verbleiben könne; So wollen wir doch durchaus nicht daß daher allein die
bewegende Ursach zu der Befoderung genommen / sondern vornemlich auf die an der
Persohn des Candidati erfoderte Stücke / nemlich auf die erudition, orthodoxie,
gute Gaben in Predigen und auf dessen geführten Wandel / mithin auch ob bey der
in Vorschlag gebrachten Heyraht sich eine Göttliche direction spühren lasse /
gesehen werden soll.
VI. Als wir Uns auch GOtt und der Christlichen Kirchen verbunden erkennen gegen
das greuliche Laster der Simonie, so bey Erlangung der Pfarrn vorzugehen pfleget
/ mit allen rigeur procediren zulassen; So setzen / ordnen wir hiemit und wollen
/ daß kein Patronus vor die Collation ein mehres als in Unsern
Land-Tags-Abscheiden erlaubet / von dem Candidato fodern oder an
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nehmen solle; Gestalt dann derjenige / welcher
sich nur unterstehen wird solcher Unser Verordnung zuwieder ein höheres sub
quocunque praetextu entweder selbst oder durch andere zu praetendiren / auf des
Candidati blosses wahrscheinliches Anmelden entweder sich eydlich zu reinigen
schuldig oder der Collation vor selbigen Fall verlustig seyn soll. Solte der
Patronus aber beschuldiget werden daß er würcklich etwas unzuläßiges angenommen
/ so soll aufs schärffeste darauf inquiriret und / wann entweder durch
Beweißthum / oder durch Verwegerung des aufgegründeten Verdacht erfoderten
juramenti purgatorii die Verbrechere des delicti convinciret worden / der
Patronus, Er sey inner- oder ausserhalb Landes / Geist- oder Weltlich / dadurch
ipso facto seines Patronat-Rechtens verlustig seyn / und niemahlen eine
praesentation ferner von Ihm angenommen / der Candidatus aber mit Gefängniß auch
wol dem Befinden nach mit zeitlicher Landes-Verweisung bestraffet werden. Da
auch sonsten jemand / der sey wer er wolle / von einem Candidato oder dessen
Freunden wegen Befoderung zum Kirchen-Ambt einiges Geschenck angenommen zu haben
überführet werden könte / so soll derselbe den Wehrt dessen zehenfach zu
bezahlen schuldig / das Geschenck aber oder die vor das Kirchen-Ambt bezahlete
Summ dem jenigen / der es anmelden wird / gegeben werden / und die Straffe dem
Fisco heimgefallen seyn.
VII. Dieweil auch die existimation eines Predigers bey der Gemeine dadurch
gäntzlich hinweg fället /
|| [15]
und ein groß Aergerniß
entstehet / wann von demselben entweder eine vor Antretung seines Pfarr-Dienstes
begangene straffbahre Ubelthat ausbricht / oder nachher von ihm begangen wird /
und er sich dagegen zurechte öffentlich nicht zu justificiren vermag; So soll in
folchen und dergleichen Fällen das Aergerniß ohngesäumt abgethan / und der
Delinquent von selbigem Orte removiret werden.
I.
ALle und jede Prediger / welche wir zum Kirchen-Ambt aufnehmen / ordiniren und
instituiren lassen / sollen wie bisher also ferner Uns und Unseren Successoren
an der Regierung gleich anderen Unseren Unterthanen den gewöhnlichen
Huldigungs-Eyd abzustatten gehalten seyn.
II. Und wie dieselbe in Kirchen-Sachen und was dahin gehöret allein nach Unsern
als des Landes-Fürsten Befehlen und nechst dem nach Unsers Consistorii
Verordnung sich zu achten und selbigen gehorsahmlich nachzukommen / mithin auch
ihrer vorgesetzten Superintendenten Erinnerungen gebührende Folge zu leisten
schuldig seyn;
|| [16]
III. Also sollen sie sich nicht unternehmen Unsern in Kirchen-Sachen ergangenen
Befehlen (als von welchen / daß sie GOttes Wort gemäß seyn / billig zu
praesumiren) unter ein oder andern praetext sich zu widersetzen / sondern / wann
sie etwa wobey einen erheblichen Scrupel zu haben vermeinen / darüber
ohnverzüglich bey Uns oder Unserem Consistorio explication suchen und erwarten /
keines weges aber bey Vermeidung arbitrarischer Bestraffung / was ihnen von der
Cantzel abzulesen oder sonsten zu thun befohlen worden / proprio judicio und
nach eigenen Gutdüncken unterlassen / vielweniger solches durch eigenmächtiges
Ab- und Zuthun ändern.
CAP. IV. Von Einrichtung der Predigen / von Haltung der Catechisation, von den
Colloqviis, und von der Prediger Leben und Wandel.
I.
ALldieweil viel daran gelegen daß auf Einrichtung der Predigen gebührende
attention und Fleiß gewendet / dieselbe nach Anleitung des Textus wol disponiret
/ keines weges aber tumultuariè, wie es dem Prediger beyfället / ohne Connex on
heraus gestossen / oder von historien, Sprüchen und Geistlichen Liedern
zusam
|| [17]
men gestücket werden; So verordnen
Wir hiemit und ist Unser gnädigster auch ernster Will / daß ein jeder Prediger
die Predigt / so er abzulegen hat / jedesmahl schrifftlich entwerffen / dabey
die Regulen der Theologiae homileticae für Augen haben / und sich einer
angenehmen diction und solcher deutlichen Redens-Arten / welche auch von den
ungelehrten und einfältigen verstanden werden können / befleißigen; Hingegen
keine frembde oder neu erfundene dem gemeinen Mann unbekandte Worte und
Redens-Arten mit einmischen / von allzu weitläufftigen paraphrasiren oder
Rethorischen amplificationen / von tautologien, überflüßigen allegiren / und
vieler historien-Erzehlung abstrahiren / keines weges auch die Zuhörer mit
Controversien und Streit-Fragen irre machen soll; Daneben soll Er die gestus und
eusserliche Geberden vernünfftig moderiren / sich alles Schreyens / Polderens
und Stürmens auf der Cantzel enthalten / keine privat affecten spühren lassen /
und sich allerdings bey willkührlicher Straffe hüten / wann Er etwa mit jemanden
in privat-Sachen zu thun oder sonsten wobey ein eigen interesse hat / daß Er
davon nichts in der Predig gedencke / noch urgire; sondern allein sich
hauptsächlich darauf appliciren wie Er die textus deutlich / nervosè und ad usum
erklären / seine Arbeit ad aedificationem richten / und es dahin bringen möge /
daß die Christliche Gemeine nach dem geoffenbahrten Göttlichem Wort in simplici
fide erbauet / darinen befestiget und solcher Gestalt zur Seeligkeit befodert
werde.
|| [18]
II. Weil auch die Erfahrung bezeuget daß durch die lange und weitläufftige
Predigen die Erbauung der Christlichen Gemeine mehr gehindert als befodert / der
übrige Gottesdienst auch dadurch aufgehalten wird / und die Gemeine leicht in
der Andacht verdrossen werden kan; So sollen die Prediger Ihre Predigten so
concipiren und einrichten / daß dieselbe nebst dem gemeinen Kirchen-Gebet
innerhalb drey Viertel Stunden / oder zum all rlängsten in einer Stunde
abgehandelt werden können; Die Wochen Predigten aber sollen mit dem Gebete und
völligem Gottesdienste in einer Stunde gäntzlich absolviret werden / damit
niemand zu lang von seinem Beruff und Arbeit abgehalten werde.
III. Bey denen Catechisationen sollen Unsere Prediger die Lehren und Fragen nach
Anleitung des in Unseren Kirchen eingeführten und von Unsern privilegirten
Buchdrucker Zilligern gedruckten Catechismi Gesenii einrichten / und daneben die
dahin gehörige Sprüche aus der Biebel der Jugend bekandt machen / selbige
auswendig lernen und recitiren lassen / dieselbe auch mithin von denen quatuor
Novissimis oder vier letzten Dingen unterrichten und zuweilen darauf die Fragen
anstellen / Im übrigen auch bey denen examinibus geziemenden Glimpff und
Sanfftmuht gebrauchen / alles harten Redens und Scheltens (als wodurch die
lerende Jugend nur geschrecket und confundiret wird) sich enthalten / auch von
obscuren / schweren und zu einer solchen information
|| [19]
nicht gehörigen Fragen gäntzlich abstrahiren / Und hingegen nur dahin sehen /
wie Sie juxta captum der Kinder und des Gesindes einem jeden die heilsahmen
Lehren deutlich beybringen und nach dem rechten Verstande wol begreiffen machen.
IV. Damit auch die Prediger bey dem officio homiletico die principia Theologiae
desto besser in Gedächtniß conserviren mögen / so sollen die Superintendenten
mit Ihren untergebenen Predigern zu gewissen Zeiten ordentliche Colloquia
anstellen / und dero Behuff über die vor einigen Jahren heraus gegebene aus der
Augsburgischen Confession gezogene theses mit einander communiciren / und die
einem oder dem andern bey dem vorhabendem loco Theologico beyfallende dubia
durch eine glimpffliche discussion resolviren.
V. Dieweil aber nicht gnug daß die Prediger das Ambt der Lehre gebührlich führen
/ sondern zugleich mit erfodert wird / daß Sie die Lehre mit ihrem Leben
öffentlich für dem Volcke beweisen und ihren anvertraueten Heerden als Vorbilde
mit erbaulichen exempeln vorgehen; So sollen die Prediger vor allen Dingen sich
eines gottesfürchtigen ohnsträfflichen Wandels befleisßigen / damit Ihr Leben
mit der Lehre überein kommen / und niemand geärgert werden / und nicht nöhtig
seyn möge jemanden wegen ungebührlichen und ärgerlichen Lebens seines
Pfarr-Dienstes zu entsetzen.
VI. Ob auch zwar die Prediger schuldig seyn / wann zwischen einigen Ihrer
Seelen-Sorge anbefohlenen
|| [20]
Zanck und Widerwill sich
ereuget / durch Ermahnungen und Vorstellungen die mit einander zerfallende
Persohnen privatim zu vergleichen und Fried und Einigkeit zu befodern; So sollen
Sie dennoch sich nicht ermächtigen darüber förmliche Verhören und cognitiones
anzustellen / sondern / wann auf bewegliches Zureden kein Vertrag zu erhalten /
die Sache von sich ab und an das weltliche Gerichte zu schleuniger Entscheidung
verweisen.
VII. Wir gebiehten ihnen auch hiemit insonderheit ernstlich / daß Sie sich nicht
unternehmen sollen in weltliche Händel / bevorab in Sachen / so vor dem
weltlichen Richter in Rechten hangen / zu immisciren und auf einer Partheye
suggestion von solchen und dergleichen Rechts-Händelen etwas pro concione
anzuführen / oder das Obrigkeitliche Richter-Ambt darüber zu taxiren /
vielweniger über die in Gerichts-Sachen ergangene Civil- und Criminal Urtheln
Ihre Censur von der Cantzel zu geben / oder auch wol gar unter Bedreuung des zu
verweigerenden Beichtstuhls die Partheyen zum transigiren zu zwingen. Solte sich
jedoch jemand finden / der aus un Christlichem zancksüchtigem Gemüht seinen
Nechsten in Process und Kosten zu bringen / und aus Boßheit zu fatigiren
trachten würde / und auf beschehene Vermahnung sich nicht weisen lassen wolte /
davon soll an Unser Consistorium referiret und Verordnung erwartet werden. Wer
dawider handeln wird / der soll entweder mit einer ziemlichen Geld-Busse oder
befundenen Umständen nach gar mit Entsetzung des
|| [21]
Pfarr-Dienstes bestraffet werden; Wie ihnen dann auch ferner hiedurch bey
wilkührlicher Straffe verboten wird Pacta dotalia, Testamenta, Donationes inter
vivos & mortis causa, Contractus und dergleichen weltliche Handlungen
auszufertigen; Zumahlen dergleichen documenta auch weder in-noch ausserhalb
Gerichts agnosciret werden / sondern hiedurch für ungültig und krafftlos
erkläret seyn sollen.
VIII. Weil aber / so viel die Verlobungen anlanget / um guter Ordnung willen
nicht ohndiensahm ist daß der Pastor loci, sonderlich auf den Dörffern / dabey
gegenwärtig sey; so kan derselbe / wann er wil / die vorkommende puncten solcher
gestalt kürtzlich notiren / wie selbige denen Beambten und Gerichts-Herren / umb
nach Befinden daraus eine formliche Ehestifftung zu machen und selbige
gerichtlich zu confirmiren / vorgebracht werden sollen.
IX. Kein Prediger soll ohn Vorwissen des Superintendenten eine Reise / so mehr
als über einen Tag und Nacht Zeit erfodert / vornehmen / keines weges auch zu
einer solchen Zeit verreisen wann gefährlich Krancke oder Frauen deren
Gebuhrt-Zeit sehr nahe sich in der Gemeine finden; Dafern aber die Reise so
nohtwendig / daß sie gar nicht aufgeschoben werden könte / so hat Er den vicinum
pastorem zu Vertretung seines Ambts zu ersuchen.
X. So soll auch kein Prediger einem Studioso Theologiae die Cantzel öffnen / der
nicht vorher und zu
|| [22]
forderst von Unseren
Consistorio oder wenigstens von einem Unser General-Superintendenten oder
Doctore Theologiae auf Unser Universität zu Helmstädt examiniret / und mit einem
so wol de eruditione & orthodoxia als de vita & moribus
erhaltenem gutem Attestato versehen ist.
I.
BLeichwie die Prediger als Seelen-Sorger schuldig seynd in Ihren Predigen nicht
nur alle Boßheiten / die Sünden und das ärgerliche Leben / und sonderlich die
Unbußfertigkeit ins gemein zu straffen und für den erschrecklichen Verlust der
ewigen Seel gkeit zu warnen / sondern auch ihre anbefohlene zu Bewahrung des
seeligmachenden Glaubens und zur Ubung eines wahren thätigen Christenthumbs
beweglich zu ermahnen; Also sollen Sie sich auch darauf vornemlich appliciren /
und in Ihren Predigten offt Gelegenheit dazu ergreiffen / Sich aber dabey
vorsichtiglich hüten / daß sie nicht durch harte expressiones sich erhitzen /
auf ein unordentliches Reden und Schreyen verfallen / und sich mit der
Schwachheit Ihrer affecten nicht prostituiren.
|| [23]
II. Weil dann zufoderst nöhtig daß die Prediger / welchen die Seelen-Sorge für
Ihre anvertrauete Gemeinen auf Ihre schwere Verantwortung anbefohlen ist / in
observirung eines jeden Lebens und Wandels besondere Sorgfalt und circumspection
erweisen / So sollen dieselbe sich dabey nach dem von CHristo JESU selbsten
Matth. 18. vorgeschriebenem modo agendi mit guter Vorsichtigkeit richten / Und
zuerst / wann die Sünde noch nicht offenbahr / jedoch in der Wahrheit sich
findet / und dem Prediger und etwa nur wenigen anderen bekandt ist / die Persohn
in Geheim treulich warnen / und davon abzustehen / GOtt um Vergebung zu bitten /
und sich hingegen eines bessern GOTT gefälligen Lebens zu befleißigen ermahnen /
daneben auch pro Concione die Sünde / womit die Persohn behafftet / insgemein
straffen. Falls nun die Persohn dadurch sich gewinnen lässet / so hat der
Prediger derselben auf Ihre bußfertige Bezeigung die absolution und das H.
Abendmahl mitzutheilen / und im übrigen die Sache zu secretiren.
III. Wofern aber die Persohn vor dasmahl dadurch nicht zu gewinnen seyn würde /
so soll der Prediger zwey Zeugen zu sich nehmen / und die Warnung und Ermahnung
nachdrücklich wiederholen; Wann dann darauf noch endlich das Erkäntniß / die
Bereuung und der Vorsatz zum besserm Leben erfolgen würde / so soll die Persohn
zur Beicht und H. Abendmahl angenommen / und was vorhin vorkommen und ergangen /
in der Stille und geheim gehalten werden.
|| [24]
IV. Im fall jedoch all solche verschiedene bewegliche Ermahnungen den heilsahmen
effect nicht haben würden / soll der Prediger die Sache an Unser Consistorium
referiren / und wie er sich dabey ferner zu verhalten habe / Verordnung suchen.
V. Wann auch eine schwere Sünde öffentlich ausbrechen solte / und der eigentliche
Grund und die wahren Umstände noch unerforschet und ungewiß wären / So soll zwar
der Prediger dasselbe ruchtbahr gewordene Laster ins gemein auf der Cantzel /
jedoch ohne die Persohn zu indigitiren / ernstlich straffen / darneben auch an
Unser Consistorium davon einen ausführlichen Bericht abstatten / Und / ob die
ausgebrochene Sünde für ein Notorium zu achten sey / und wie er sich dabey
ferner zu verhalten habe / nach fragen.
VI. Würde dann Unser Consistorium nach angestelleter Erkundigung das Verbrechen /
bevorab wann durch Unser weltliche Gerichte durch angestellete inquisition der
Ubertreter convinciret wäre / pro Notorio erkennen / und dem Prediger darauf die
Abweisung von der Beicht und dem H. Abendmahl und mithin der Persohnen
öffentliche Benennug auf der Cantzel anbefehlen / So hat derselbe sich darnach
allerdings zu achten / sonsten aber für sich und ohn solchen Befehl nichts
dergleichen vorzunehmen.
|| [25]
I.
NAchdem die Disciplina Ecclesiastica im Anfang der Christlichen Kirchen zu dem
Ende eingeführet / daß der Christlichen Gemeine / welche durch eines oder andern
Mitgliedes begangene und öffentlich bekandt gewordene Sünde geärgert und
beleidiget worden / deßwegen durch öffentliche Kirchen-Busse und dabey erfoderte
Bereuung / Abbitte und Aussöhnung gehörige Satisfaction gegeben / andere aber
durch solche öffentliche Correction und Busse von dergleichen Sünden desto mehr
abgehalten werden; So wollen Wir daß solche Kirchen-Disciplin in Unsern
Fürstenthumben und Landen behalten und auf gewisse maasse exerciret werden soll.
II. Was dann die in denen vorigen Kirchen-Ordnungen enthaltene form der
öffentlichen Kirchen-Busse betrifft / Ob wir wol nicht gemeinet seyn dieselbe
gäntzlich abstellen zu lassen; dennoch aber und weiln die Erfahrung gibt daß bey
vielen gemeinen Leuten / welche eusserlichen Schimff nicht groß achten / diese
Kirchen-Straffe übel appliciret wird; hingegen andere in Sünden verfallene
sonsten wol ehrliebende Persohnen Ihnen
|| [26]
solche Straffe
dermassen empfindlich zu Hertzen ziehen / daß sie darüber schwermühtig werden
und sich über solche Schmach die gantze Zeit ihres Lebens nicht trösten können;
So ordnen Wir hiemit und wollen daß zwar / wie oben gesagt / in gewissen
schweren und ein öffentlich Aergerniß mit sich führenden Fällen / wann der
Verbrecher von dem weltlichen Gerichten abgestraffet / derselbe auf Erkändtniß
Unsers Consistorii von der Cantzel benennet / seine Bereuung / Busse und
deprecation der durch das Aergerniß beleidigten Gemeine angezeiget / die
öffentliche Stellung aber der Persohn für den Altar / deren Befragung und
Antwort gäntzlich unterlassen werden soll; Es wäre dann daß das delictum
mehrmahlen reiteriret / und ein grosses Aergerniß gegeben wäre.
III. Wann aber die etwa in eine ärgerliche Sünde gefallene Persohn sonsten
honoratioris conditionis wäre / und eine wolgeachtete Familiam hätte / so soll
zwar auf der Cantzel eines bußfertigen Sünders / welcher die Christliche Gemeine
mit seinen schweren Sünden-Fall geärgert und deßwegen eine Christliche Abbitte
thun liesse / der Nahme aber nicht gemeldet / jedoch der Verbrecher mit einer
Mulcta ad pias causas zugleich beleget werden; Allermassen dann Unser
Consistorium in solchen Fällen auf der Prediger Bericht und Anfrage die
Rescripta darnach einzurichten und mit dictirung der Geld-Straff zu verfahren
hat.
|| [27]
I.
OB wol das aus der ersten Christlichen Kirchen herrührende institutum der
Excommunication oder des so genandten grossen Banns bey Unseren Kirchen bishero
fast selten exerciret worden / So wollen Wir dennoch das der darüber vormahls
beschriebene Process bey Unserem Consistorial-Archivo verwahret werden soll /
damit in begebenden Fällen / wann von Unserm Consistorio wieder jemand die
excommunicatio praevia causae cognitione erkandt / die Prediger darnach
instruiret und befehliget werden können.
II. Dieweil aber der durch sothanen Kirchen-Zwang intendirte Zweck der Bekehrung
bey denen wenigsten excommunicatis, absonderlich wann dieselbe mit dem Atheismo
inficiret seyn / erreichet wird; Und Wir wol von mehrem effect zu seyn erachten
/ wann ein solcher verzweiffelter böser Mensch (wofern derselbe nicht denen
Rechten nach an Leben gestraffet werden könte) zum Zuchthause condemniret / und
allda durch schwere Arbeit und tägliche harte Züchtigung / mithin auch durch
anderweite fleißige Ermahnungen endlich zum Erkändtniß und Bekehrung gebracht
würde; So ist Unser gnädigster Will / wann hinkünfftig ein solcher Halsstarriger
Sünder und Verächter GOttes und seines Heil.
|| [28]
Wortes /
bey dem alle angewandte Lehren / Ermahnungen / Warnungen und Dreuungen gar nicht
helffen wollen / sich finden würde / daß alsdann von dem Pastore loci davon an
Unser Consistorium umbständlich berichtet / die Sache darauf examiniret und dem
Befinden nach der refractarius ins Zuchthauß in Unser Stadt Braunschweig
gebracht und / fals er durch die vorhin erwehnte Mittel nicht zu gewinnen seyn
möchte / Zeit Lebens darin verwahret werden soll.
I.
DIeweil die H. Tauffe von Unserm Heyland JEsu Christo selbst eingesetzet /
dadurch das fundament Unsers Christenthums geleget / Wir zur Kindschafft GOttes
gebracht und der Christlichen Kirchen einverleibet werden / Dahero dann die
Heiligkeit dieser Handlung erfodert daß selbige mit besonderer Solennität und
Andacht verrichtet werde / und zwar wann es die Zeit leyden wil bey öffentlicher
Versammlung der Gemeine / damit die Leute nicht allein zum Gebeth für das zur
Tauffe gebrachte Kind ermahnet / sondern auch ihrer eigenen Tauffe und der
erlangten hohen Gaben / nemlich der Vergebung der Sünden / der Kindschafft
GOt
|| [29]
tes und des Rechts zum ewigen Leben
erinnert werden mögen.
II. So ordnen Wir hiemit und wollen daß bey Vermeidung der in Unser Tauff-Ordnung
gesetzten Straffe in Unseren Fürstenthumen und Landen die Heil. Tauffe aller und
jeder Kinder nicht in privat-Häusern (es sey dann daß solches besonders
concedirt worden / oder das Kind wegen augenscheinlicher Schwachheit nicht zur
Kirche gebracht werden mag) sondern in der Kirchen verrichtet werden soll / Da
dann an denen Orten / wo es gewöhnlich ist / vor dem Actu der Gesang: CHrist
unser HERR zum Jordan kam etc. oder aus demselben der Vers: Das Aug allein das
Wasser sieht etc. abgesungen und immittels von der Heb-Amme das Kind in die
Kirche an den gewöhnlichen Tauff-Ort gebracht werden kan.
III. Niemand / er sey wer er wolle / soll sein Kind ein oder mehr Wochen
ungetaufft liegen lassen / sondern wenigstens innerhalb 3. oder 4. Tagen nach
der Gebuhrt zur Tauffe schicken / bey Vermeidung der in der publicirten
Tauff-Ordnung enthaltenen Straffe.
IV. Die Prediger sollen sich mit Erkundigung nach eines unehrlichen Kindes Vater
nicht aufhalten / sondern es bey der von der Mutter gethanem Bekändtniß
lediglich bewenden lassen / Wie Sie dann auch die Tauffe eines solchen Kindes /
wann gleich das Tauff-
|| [30]
Geld nicht entrichtet
würde / ohn einigen Aufschub zu verrichten schuldig seyn sollen.
V. Zur Gevatterschafft / es seyn die Eltern was Standes sie wollen / sollen bey
Straffe der Ordnung zu einem Kinde nicht über zwey oder zum höchsten drey
Persohnen gebeten werden.
VI. Es sollen aber zu solcher Gevatterschafft keine Kinder oder junge Leute / die
noch nicht zum H. Abendmahl gewesen / Imgleichen auch nicht diejenige / welche
aus wichtigen Ursachen der heiligen Sacramenten unwürdig seyn / zugelassen
werden.
VII. Als auch der Mißbrauch mit denen Gevatter-Geschencken / und die dabey
vorgehende aemulation dermassen überhand genommen / daß dadurch von mannigen die
Gevatterschafften nicht ohn Beschwerung übernommen werden / die Erfahrung auch
bezeuget daß bey vielen gemeinen Leuten mehr auf das erwartende Gevattern-Geld
als auf die Befodernng des H. Hauptwercks gesehen werde; So setzen / ordnen und
wollen Wir das / wann jemand zu Gevattern gebeten wird / derselbe durchaus nicht
obligiret seyn soll dem Kinde oder der Sechs-Wöcherinn einiges Geschenck zu
geben / daß auch die Eltern dergleichen Geschenck durch Schickung der Kuchen
nicht veranlassen sollen. Gestalt dann die Unterlassung solchen
Gevattern-Geschenckes von des Kindes Eltern keines weges übel aufgenommen oder
auch von andern ungleich davon geurtheilet werden soll. Wegen der unzuläßigen
Kindtauffs-Gastereyen lassen
|| [31]
Wir es bey dem in Unsern
Landes-Ordnungen und Edicten enthaltenen Verboten / und wollen daß darüber mit
Nachdruck gehalten werden soll.
VIII. Zu der Tauffe soll kein ander Wasser / als Brunnen-Flüssen- oder
Regen-Wasser / keines weges aber aus Blumen und Kräutern gebrandtes Wasser
gebrauchet / und solches jedesmahl nach geendigter Tauffe in Gegenwart des
Pastoris, wann derselbe aus der Kirche tritt / ausgegossen werden.
IX. Wie es mit der Tauffe deren / so zu ihren Jahren kommen / und die heilige
Tauffe begehren / wie auch derjenigen Kinder / so von ungläubigen Eltern / als
Türcken / Juden / Heyden oder Zigeunern gezeuget / imgleichen mit Fündlingen und
Mißgebuhrten / dann ferner mit Wiederholung der Tauffe auf den Fall / wann
Zweifel vorfiele ob die erste Tauffe recht verrichtet oder nicht / und in
mehreren dergleichen Fällen zu halten / darinn sollen die Pastores bey ihren
Superintendenten / und diese hinwieder sich bey Unserm Fürstl. Consistorio
jedesmahl Rahts erholen.
X. Es soll auch bey einer jeden Pfarr ein Buch gehalten / und darinn alle
getauffete Kinder mit ihren Nahmen / auch ihrer Eltern und der Gevattern Nahmen
/ auch in welchen Jahre / Monath und Tage sie getauffet / mit sonderbahren Fleiß
angezeichnet werden / dessen sich nachmahls nicht allein die Obrigkeiten / so
offt von ihnen ein Zeugniß der Gebuhrt erfodert wird / haben zu gebrauchen /
sondern auch die Kinder jedesmahl und inson
|| [32]
derheit zu der Zeit / wenn sie ihr öffentlich Bekändtniß ihres Glaubens
thun / erfahren mögen was sie für Gevattern oder Zeugen der empfangenen Tauffe
gehabt.
XI. Als auch bey der Christlichen Kirchen die so genandte Noht-Tauffe eingeführet
/ daß im fall der Noht / wann man des Priesters so schleunig nicht mächtig seyn
kan / ein schwaches Kind auch von jemanden anders / es sey eine Manns- oder
Frauens-Persohn / sonderlich aber durch die von Unseren Beambten und Gerichts
Herren / auch Rähten der Städte mit Zuziehung jedes Orts Pastoren angenommene
mit dem hinter dieser Kirchen-Ordnung mit angefügten specialen Eyde belegete
Heb-Ammen getauffet werden mag / So lassen Wir es in den Fällen / da es die hohe
Noht erfodert / bey solchem Gebrauch der Kirchen bewenden.
XII. Wir wollen aber dennoch / wann bey dem Kinde sich keine augenscheinliche
Sterbens-Gefahr finden solte / daß zu solcher Tauffe nicht geschritten / sondern
der ordentliche Priester / wann es der Zustandt des zur Welt gebohrnen schwachen
Kindes nur irgends zulassen wil / ohnverzüglich dazu geruffen werden soll.
XIII. So soll auch / wann das Kind noch in der Gebuhrt stehet und zu befürchten
ist / daß es nicht lebendig an die Welt kommen möchte / mit solcher Tauffe nicht
verfahren / vielweniger ein Theil des Leibes / als Kopff / Arm und Bein
getauffet / sondern solche Leibes-Frucht durch ein andächtiges Gebet GOtt
befohlen / auch kein Kind / so todt zur Welt gebohren / getauffet werden.
|| [33]
I.
NAchdem von der alten Christlichen Kirchen die Confirmation der unterrichteten
und darauf zum Gebrauch des H. Abendmahls zuzulassender Kinder für eine
erbauliche Ordnung und Anstallt erachtet / auch in Unseren Kirchen nach
abgeschaffetem dabey vormahls eingeführtem Mißbrauch bisher geübet worden / So
soll solche Confirmation darinnen nach dem rechten Apostolischen Gebrauch
forthin behalten werden.
II. Setzen demnach / ordnen und wollen hiemit / wann in der Gemeine Kinder
verhanden / so des Alters und Verstandes seyn daß sie die Hauptstücke der
Christlichen Lehre aus dem Catechismo wol gelernet und begriffen / davon Antwort
geben und sich gebührend prüfen können / daß so dann die Prediger alle Jahr zu
Anfang der Fasten-Zeit die Gemeine fleißig ermahnen sollen / solche ihre Kinder
und Angehörige / welche numehr Alters und Verstandes halber zu dem Heil.
Abendmahl gelassen werden könten / zu der Christlichen Confirmation zu bereiten
und anzumelden; Daß auch die Prediger die Gemeine von dem Nutzen solcher
Handlung wol und gründlich informiren und zugleich mit anführen sol
|| [34]
len / wie die heilige Christliche Kirche von
Alters her dafür gehalten / daß durch der gantzen Kirchen andächtiges Gebet und
durch Auflegung der Hände die Gabe des H. Geistes von GOtt dem Allmächtigen über
diese Kinder desto mehr erlanget würde.
III. Wir wollen auch daß die Prediger niemand von jungen Leuten / sie seyn
welches Standes sie wollen / zum Heil. Nachtmahl des HErrn lassen sollen /
welche nicht vorher dieser Unser Ordnung zu Folge ihr öffentliches Bekäntniß
abgestattet haben.
IV. Wann nun darauf etliche Kinder angemeldet oder auch von den Pastoren bey
denen Kinder-Lehren einige Geschickte befunden werden / ob diese schon von ihren
Eltern / Vormündern / Herrn und Frauen nicht angemeldet werden möchten / so soll
derselbe solche Kinder in ein Buch / welches er bey der künfftigen Visitation
vorlegen kan / mit Nahmen verzeichnen / darauf durch die gantze Fasten-Zeit alle
und jede Tage in der Woche das Examen vornehmen / die vorige Information
wiederholen / und dabey allen möglichen Fleiß anwenden.
V. Ob dann woll in Unsern Fürstenthum und Landen der bißherige Gebrauch gewesen /
daß solcher Actus Confirmationis von denen General- oder
Special-Superintendenten gehalten worden; dieweil Wir jedoch vernehmen daß
solcher modus bißher viel Ungelegenheit und Kosten mit sich geführet / von den
Predigern aber so die Kinder gelehret und unterrichtet / denen auch dahero eines
jeden Kindes profectus am besten bekant / und für
|| [35]
welchen die Kinder sich nicht wie vor einen Frembden scheuen / das Examen für
der Gemeine am füglichsten verrichtet werden kan; So verordnen Wir hiemit und
wollen daß so wol das Examen als die Confirmation jedem Prediger bey seiner
Kirche gelassen / von denen Superintendenten aber bey den Visitationen, ob und
wie damit verfahren / nachgefraget und wann bey einem oder andern Stück ein
Mangel erscheinen solte / alsdann dem Prediger solches vorgehalten und Er
darüber corrigiret werden soll;
VI. Wann aber der Pastor einen und andern von denen Catechumenis zu der
Confirmation noch nicht gnugsahm geschicket zu seyn befinden / dessen Eltern
oder Verwandten aber darauf / daß derselbe mit angenommen werden möchte /
bestehen würden / so soll der Pastor ihn nebst den Eltern an den
Superintendenten zum Examine schicken und dessen Gutachten erwarten.
VII. Es sollen auch die Confirmationes für der gantzen versammleten Gemeine
vorgenommen und mit gehöriger devotion verrichtet / und die Leute auf den
Dörffern umb sich dabey einzufinden und denen Confirmandis mit Ihrem Gebet zu
statten zu kommen von der Cantzel vorher ermahnet werden. Gleichwie aber denen
von Unser getreuen Ritterschafft vorhin gnädigst concedirt sowol die
Copulationes als die Kind-Tauffen privatim auf ihren Häusern verrichten zu
lassen / also soll denenselben auch frey stehen mit Confirmirung ihrer Kinder es
auf gleiche Weise zu halten.
|| [36]
I.
NAchdem die Beicht und absolution in denen Evangelischen Kirchen für nohtwendig
erachtet worden / als wodurch die ohnschätzbahre Gnade und Wolthat / welche
Unser Heyland JEsus CHristus durch die der Kirchen gegebene Macht die Sünde zu
erlassen / denen Confitenten mitgetheilet und appliciret wird / So soll dieselbe
auch in Unsern Kirchen nach dem rechten Gebrauch stets beybehalten werden.
II. Es soll demnach niemanden ohn vorher abgestattete Bekennung seiner Sünden /
deren hertzliche Bereuung und Bezeugung des wahren Glaubens an JEsum Christum
und dessen Verdienst / nebst dem Vorsatz sich künfftig unter Göttlichem
Beystande für Sünden zu hüten / die absolution ertheilet / vielweniger das
heilige Abendmahl gereichet werden.
III. Dero behuef sollen die Pastores nicht allein in den Predigen offt
Gelegenheit nehmen was die Beicht sey / worinn dieselbe bestehe / was dazu
gehöre / und wie dieselbe abzustatten sey / deutlich vorzustellen / sondern auch
diejenige Persohnen / bey welchen noch eine Unwissenheit hierinnen vermuhtet
wird / beyzeiten und ehe dieselbe zum Beichtstuhl sich anfinden / privatim
unterrichten / Und wie sie sich zur Beicht und Empfahung der
|| [37]
absolution zu bereiten haben treulich anweisen / damit öffentliche
Abweisung vom Beichtstuhl verhütet werden möge.
IV. So sollen auch keine Frembde ohn producirung eines unverdächtigen attestati,
wie auch an denen Orten / wo verschiedene Kirchen seyn / kein Confitent aus
einer andern Pfarr ohn einen von seinen vorigen Beicht-Vater erhaltenen Schein
(welchen Schein oder Zettul die Prediger einen jeden ohn entgelt zu ertheilen
schuldig seyn sollen) zur Beicht angenommen werden; Dafern es aber einem
Frembden oder Reisenden an dem attestato ermangeln würde / soll der Pastor mit
demselben vorher von denen zu der reinen Lehre und dem wahren Christenthumb
erfoderten Stücken Unterredung halten / alles wol erforschen / und wann er ihn
gegründet und bußfertig findet / zur Beicht verstatten.
V. Weil auch der Beichtstuhl zu keiner inqvisition geordnet / und daher keine
particular-Erzehlung der begangenen Sünden erfodert wird / So sollen die
Prediger bey der Summarischen Confession, wan die Confitenten sich für arme
Sünder bekennen und GOtt (welchem nach seiner Allwissenheit der Menschen Sünden
besser / als sie selbsten sich deren erinnern können / bekandt seyn) umb
Vergebung bitten / es lediglich bewenden lassen.
VI. So sollen auch die Prediger bey willkührlicher Straffe sich nicht anmassen
jemanden / so ihnen in privato etwas zuwieder gethan / oder ihnen sonsten etwas
zu
|| [38]
geben oder zu praestiren schuldig ist / darüber im
Beichtstuhl zu besprechen; sondern / was sie mit Rechte zu fodern haben / und in
Güte nicht erlangen können / bey der weltlichen Obrigkeit suchen; keines weges
aber deßwegen jemanden die Beicht und absolution difficultiren. Welcher Prediger
dawider handeln wird / soll jedesmahl mit Zehn Thaler / soad pias causas zu
verwenden / bestraffet werden.
VII. Gleicher gestalt soll auch denen / welche an weltlichen Gerichten processe
haben / dabey aber nicht in ärgerlicher Persöhnlicher Feindschafft leben / wann
sie sonsten sich bußfertig zeigen / der access zum Beichtstuel und dem Heil.
Abendmahl nicht versaget werden.
VIII. Würde aber jemand / nach erhaltener absolution kundbarlich wiederum in ein
ärgerliches Leben verfallen / so hat der Prediger denselben zu erst privatim wol
zu ermahnen und zu verwarnen / und wann solches nicht helffen will / alsdann dem
Consistorio davon zu referiren.
IX. Wann aber von jemanden ein böses Gerüchte ginge / welches nicht von
liederlicher Plauderey / blossen Argwohn / vorgangenen Schelt-Worten oder
dergleichen herrührete / und der Pastor daß die Persohn zur Beicht kommen wolle
vernimmt / (wie dann die Confitenten solches drey Tage vorher dem Opffermann
oder Küster zu wissen thun und diese eine Verzeichnung davon dem Pastori
einbringen sollen) so soll er denselben zu sich erfoderen / zu denen
honoratioribus aber selbsten gehen und
|| [39]
solche
Bewandniß vorher privatim vorstellen / die Persohn zur Busse ernstlich ermahnen
/ und dabey zuerkennen geben daß / wann solcher Vermahnung nicht gefolget würde
/ so dann die Sache an höheren Ort gebracht werden solte. Würde nun ein solcher
Mensch auf seine Unschuld / gutes Gewissen und auf des letzte Gericht sich
beruffen / soll der Pastor es also annehmen / die Sache auf dessen Gewissen
stellen und ihn zur Beicht und absolution verstatten; Zumahlen die Prediger
niemanden ins Hertze sehen können / und dahero GOTT den Grund der Sache anheim
stellen müssen.
X, Als auch denen Predigern die Macht nicht gegeben absqve cognitione &
Decreto Superiorum nach ihrem eigenem privat Urtheil jemanden von der Beicht und
dem Heil. Abendmahl abzuweisen; So soll kein Prediger sich unternehmen vor sich
dergleichen Abweisung zu thun / sondern / wann bey einem oder andern Menschen
solche erhebliche Umstände sich hervor geben / daß keine privat-Vermahnung bey
ihm anschlagen und daher an seiner Bußfettigkeit zu zweifeln / so hat der
Prediger zwar solche widrige Bezeigung nach GOttes Wort auch auf der Cantzel /
jedoch ohn indigitirung der Persohn / ernstlich zu straffen / und die schweren
Gerichte GOttes über die Unbusfertigen vorzustellen / daneben aber die Sache an
den ihm vorgesetzten Superintendenten und dieser dem befinden nach selbige an
Unser geistlich Consistorium zu bringen / und der Prediger darüber den
Verhaltungs-Befehl abzuwarten / Inmassen hievon
|| [40]
in dem
Capite von dem Straff-Amte mehrere disposition enthalten.
XI. Wann der Prediger bey denen Confitenten findet / daß (1) sie sich für Sünder
bekennen / (2) darüber eine ernstliche Reu bezeugen / (3) GOTT um Vergebung
bitten / (4) das Verdienst JESU Christi in wahren Glauben ergreiffen / und (5)
propositum melioris vitae bezeugen / so soll er dieselbe auß GOttes Wort
stärcken / trösten und zu Erfüllung des guten Vorsatzes und zu einen thätigen
Christenthum ermahnen / und darauf einen jeden besonders (durchaus aber nicht
ohn special Verordnung des Consistorii zween oder mehren zugleich) auf CHristi
Befehl und in Nahmen der heiligen Dreyeinigkeit die absolution anzeigen und
ertheilen / und dabey diese kurtze formulam gebrauchen: Und ich als ein
verordneter Diener der Christlichen Kirchen will auf solch euer Bekäntniß
vermöge der Macht und des Befehls / so der HErr JEsus Christus seiner Kirche
gegeben / euch hiemit loß sprechen von allen euren Sünden im Nahmen GOttes des
Vaters / GOttes des Sohns und GOttes des heiligen Geistes.
XII. Was jemand zu Entladung seines Gewissens dem Prediger in geheim vertrauet /
eröffnet und zuerkennen gibt / solches soll derselbe / wann er zufoderst dem
Confitenten nach Befindung der Sachen darüber freund
|| [41]
lich zugeredet / ihn getröstet und ermahnet / sub sigillo Confessionis
bey sich treulich bewahren / und niemanden davon etwas entdecken.
XIII. Und damit der Confitent dergleichen heimliche Anliegen desto sicherer und
vertraulicher fürbringen und der Pastor desto geheimer mit ihm sprechen könne /
so soll keiner von denen / welche zum Beichten gegenwärtig seyn / sich eher zum
Beichtstuel nahen / biß zuvor der Beichtende absolviret und dimittiret worden /
sondern so lang vor dem Chor stehen bleiben und allen falls von dem Opffermann
oder Küster dazu angewiesen werden.
XIV. Und weiln die Beichtstühle in der Kirchen besonders verordnet seyn / so soll
daselbsten nur allein und keines weges in den Pfarrhäusern Beicht gehöret / und
wann der Pastor loci wegen Leibes Schwachheit nicht auskommen kan / das
Beicht-hören für dasmahl von dem benachbarten Prediger verrichtet werden.
XV. Ob auch woll das Beicht-Geld aus keinem instituto herrühret / noch zur
Besoldung mit zu rechnen ist / so lassen wir es doch bey dem Herkommen / wo es
gebräuchlich / noch zur Zeit und biß zu künfftiger besonderen Verordnung
bewenden. Dieweil es-aber nur eine freywillige Gabe und ein Zeichen eines
erkäntlichen Gemühts gegen den Prediger ist; so haben die Prediger daraus kein
Recht oder Anfoderung zu machen / sondern mit demjenigen / was ihnen zugewendet
wird / sich zu vergnügen. An denen Orten aber / allwo die Theilung des
|| [42]
Beicht-Geldes unter die Prediger vorhin geordnet /
soll es dabey gelassen werden.
XVI. Damit auch Nachricht bey denen Kirchen seyn möge / was für Confitenten und
zu welcher Zeit dieselbe das Jahr über zur Beicht sich angefunden / so haben die
Prediger darüber ein Jahr-Buch zu halten und die Confitenten darinn zu
verzeichnen.
I.
GLeich wie das von unsern Erlöser JEsu Christo selbst eingesetzte und seiner
Kirchen hinterlassene Sacrament des Heil. Abendmahls ein höchstes alle
Menschliche Vernunfft übergehendes Geheimniß ist; Also wird um so mehr erfodert
daß solche allerheiligste Bewandniß in der Christlichen Kirchen mit tieffster
devotion und wahrem Glauben betrachtet und das Amt der administration von denen
Prediger in der Furcht des HErrn mit desto grösserer Andacht verrichtet werde.
Dannenhero Wir Unsere Prediger gnädigst ermahnen / daß Sie zu solcher heiligen
Handlung sich zuforderst durch andächtiges Gebet bereiten / und darauf ihr Amt
nach denen im anderen Theil dieser Unsern Kirchen-Ordnung vorgeschriebenen
Agendis mit sitsahmen Geberden und gebührender Behut
|| [43]
sahmkeit verrichten sollen. Wie dann auch die Communicanten zu
Bezeugung ihrer Demuht / Andacht und devotion, wann gebetet wird / sich auf die
Knie nieder zu lassen hiemit ernstlich erinnert seyn sollen.
II. Und nachdem Unser durch GOTTES sonderbahre Gnade und Wolthat von denen
Menschen-Satzungen gereinigten Kirchen das Sacrament des heiligen Abendmahls mit
dem rechten von JESU CHRisto klar und deutlich eingesetzten und anbefohlenen
Gebrauch bey der Reformation hinwiederum völlig restituiret worden / so sollen
unsere Prediger ihre Christliche Gemeinen fleissig ermahnen / daß sie solche
hohe Wolthat GOttes wol erkennen / der Göttlichen Güte von Hertzen dafür dancken
und solches desto mehr zu bezeugen sich zu diesem Heil. Abendmahl um dessen
Krafft zu geniessen öffters anfinden.
III. Es sollen aber Unsere Prediger / wann sie den locum de Sacra Coena pro
Concione tractiren / zwar die realem praesentiam ihren Zuhörern aus den Worten
Christi / welcher die Warheit selber ist / deutlich vorstellen / jedoch aber
sich dabey wol vorsehen daß sie de modo praesentiae für der Gemeine nicht
disputiren und dieselbe dadurch irre machen / sondern sie hingegen kürtzlich
unterrichten daß der modus praesentiae, nemlich auf was für Art und Weise unser
Heyland JESUS Christus in seinem Abendmahl uns seinen wesentlichen Leib und sein
wesentliches Blut zu essen und zu trincken gebe / bey der Einsetzung denen
Jüngern nicht offenbahret sey; und daß bey
|| [44]
solcher
Bewandniß der modus praesentiae, als ein der Göttlichen Allmacht reservirtes
Geheimniß / so für die Menschliche Vernunfft nicht gehöret / angesehen werden
müsse; daß auch diejenige / welche sich unterstehen mit Menschlichen
Vernunfft-schlüssen die Mysteria & reservata DEI zu penetriren / sich an
der Majestät GOttes schwerlich versündigen.
IV. Dannenhero die Prediger ihre Gemeinen ferner treulich zu unterrichten und zu
vermahnen haben / daß sie sich an die deutlichen Worte Christi / nemlich: Nehmet
hin und esset / das ist mein Leib / Nehmet hin und trincket / das ist mein Blut
/ in aller Einfalt halten / und im festen Glauben sich auf die ohntriegliche
Göttliche Wahrheit verlassen sollen / immassen dann auch der sehl. Lutherus nach
vielfältigen mit denen Wiedersachern gehaltenen Colloqviis und Disputationibus
in seinem den 1. Decembris im Jahr 1536. an die Schweitzer abgelassenem
Schreiben mit diesen Worten: Wir lassen es der Göttlichen Allmacht befohlen seyn
wie Christi Leib und Blut uns im H. Abendmahl gegeben werde etc. sich ein für
allemahl declariret hat.
V. Weil nach dem Gebrauch Unser Christlichen Kirchen ohn vorher gethane
Summarische Beicht und erhaltene absolution keiner zum Heil. Abendmahl zu
verstat
|| [45]
ten / und dahero von selbsten
folget daß / wer für Unfähig der absolution zu achten ist / selbiger um so
weniger zu Geniessung des heiligen Abendmahls zuzulassen sey; So sollen Unsere
Prediger in diesen Fällen sich nach der in dem Capite von der Beicht und
absolution ihnen vorgeschriebenen instruction alldings richten / und niemanden /
der durch die Beicht und empfangene absolution sich nicht vorher bereitet hat /
zu der Heil. Communion admittiren.
VI. Als auch von der Kirche nicht statuiret worden / wie offt jemand des Jahrs
bey dem Heil. Abendmahlsich anzufinden habe / sondern dessen mehrmahligen
Gebrauch auf eines jeden Christenthum / devotion und das Verlangen seiner Seelen
gestellet wird; So haben zwar Unsere Prediger es dabey zu lassen und niemanden /
wie offt er des Jahrs zur Beicht und Communion kommen soll / Ziel und Maß zu
geben / vielweniger stata tempora zu setzen / sondern bey Gelegenheit in ihren
Predigten die Gemeine in genere zum fleißigen Gebrauch des heiligen Abendmahls
zu ermahnen; Und nachdem die Gemeine starck oder geringe / um die andere /
dritte und vierdte Woche / die Leute acht Tage vorher zur Beicht einzuladen.
Wann sie aber wahrnehmen würden daß ein oder ander nicht zum wenigsten zweymahl
sich anfinden oder wol gar eine Verachtung dieses heiligen Sacrament spühren
lassen solte / so haben sie nach denen vorgeschriebenen gradibus admonitionum zu
verfahren und
|| [46]
dem Befinden nach an Unser Consistorium
davon zu berichten.
VII. Gleich wie nun die administration des Heil. Abendmahls in der Kirchen für
dem Angesicht der versam̅leten Christlichen Gemeine offentlich
verrichtet wird / also soll ein jeder Communicante gehalten seyn sich allda
anzufinden und das Heil. Abendmahl zu empfangen; Wann aber jemand wegen
Leibes-Schwachheit solches zu thun nicht vermöchte / so hat der Prediger
demselben in seinem Hause so wol mit der absolution als Reichung des Heil.
Abendmahls zu willfahren. Wie dann auch denen / so nicht aus Hochmuht oder einer
singularität / sondern aus anderen Christlichen Ursachen in der Kirchen vor oder
nach dem Gottesdienste zu beichten und das Heil. Nachtmahl zu geniessen
verlangen / solches nicht versaget werden soll.
CAP. XII. Von Besuchung der Krancken und assistents bey den Sterbenden.
GLeich wie ein Gewissenhaffter treuer Prediger nicht unterlassen wird einem jeden
/ für dessen Seele er zu sorgen hat / bey ereugenden Nothfällen mit Rath / Trost
und Ermahnungen zu assistiren / also ist er solches vielmehr zu der Zeit zu thun
verbunden / Wann jemand mit
|| [47]
schwerer Kranckheit
befallen und es mit demselben zum sterben sich ansehen lässet / imbetracht bey
der Todes-Stunde des Menschen ewiges Wol und Weh in der höchsten Crisi stehet /
und der Sterbende so dann am allermeisten nöhtig hat daß er des wahren
seligmachenden Glaubens / der Bereuung aller seiner Sünden / und der Versöhnung
mit GOTT durch das Mittler-Ambt JEsu CHristi wol erinnert und ihm aus GOTTes
Wort wie der zeitliche Todt nichts anders / als der Hingang zum Leben sey
tröstlich vorgestellet / Und daß er darauf zeitig mit der absolution und dem
Heil. Abendmahl versehen werde; Also soll auch ein jeder Seelen-Sorger / so
baldt ihm der gefährliche Zustandt des Krancken kund wird / nicht warten bis er
gefodert werde / sondern von selbsten und ohn angemeldet zu denen gemeinen
Leuten gehen / die vornehmere aber auf vorbeschehene Anmeldung besuchen / und
hiebey in keinem Stück sein Ambt versäumen. Vornemlich aber soll der Prediger
dem Krancken in der Stunde des Todes mit beweglichem Zusprechen / tröstlichen
Sprüchen und andächtigen Gebetern treulich beystehen und in der letzten
Todes-Noht mit Zuruffen so lang anhalten bis der Kampff geendiget und die Seele
von dem Leibe sich geschieden; Immassen in andern Theil dieser Ordnung von denen
agendis die particularia zu finden seyn.
|| [48]
I.
MAnn einem Ubelthäter die Straffe des Todes durch Urtheil und Recht zuerkandt /
So wollen Wir nicht daß mit Vollstreckung der Execution zu sehr geeilet werden
soll / sondern es soll zuvor von denen Geistlichen aller Fleiß bey demselben
angewendet werden / damit er zum Erkändtniß seiner Sünden / deren hertzlichen
Bereuung und durch gnugsahmen Unterricht zu dem Stande gebracht werde daß er mit
der absolution und dem H. Abendmahl versehen werden könne.
II. Es soll demnach zu dem Ende ein solcher zum Tode condemnirter Mensch einige
Tage vor der execution an einen besondern Ort / allwo der Prediger füglich mit
ihm sprechen kan / gebracht werden / und soll der Prediger bey dem Gefangenen
durch freundliches Anreden / wie er doch zu der grossen Ubelthat und schweren
Sünde kommen / und durch mehr dergleichen Fragen nach der Beschaffenheit und
disposition des Gemühtes sich wol erkundigen / Und wann / wie sichs wol zu
begeben pfleget / einige ihre facta noch leugnen / oder entschuldigen und daß
sie verführet sich beklagen / oder auch wol
|| [49]
gar daß
ihnen zu viel geschehen mit Ungedult und Frechheit sich vernehmen lassen /
andere hingegen ein niedergeschlagenes Gemüht und wol gar eine desperation
zeigen möchten / So hat der Prediger in seinen Ambte mit denen Erinnerungen /
Unterrichtungen und Tröstungen sich darnach zu richten und dahin zu bemühen /
wie er das Gemüht aus GOttes Wort beruhigen und den armen Sünder zum seeligen
Ende und willigem Sterben bereiten möge.
I.
MAnn die Prediger in personalibus gerichtlich zu belangen / soll solches nirgends
anders dann vor Unserm Consistorio als foro Competente geschehen / da aber
jemand eine actionem realem wegen zeitlicher Güter wieder einen Prediger
anzustellen hätte / soll die Sache bey dem weltlichen Gericht / worunter das
geklagte Stück gehöret / introduciret und daselbst durch gütlichen Vergleich
oder Urthel und Recht ausgemacht / die Prediger auch dazu vermöge Unser den 12.
Aug. 1685. ergangenen Verordnung ohne Subsidialische requisition citiret werden.
|| [50]
II. In den übrigen sollen die Prediger / derer Frauen und Kinder von denen
weltlichen Gerichtbahrkeiten (ausgenommen die Criminal-Fälle / so poenam
capitalem oder Corporis afflictivam nach sich ziehen) gäntzlich eximiret seyn /
dieselbe auch insonderheit vor ihre Persohnen wie auch die Küster und
Schul-Diener auf keine Land- und Forst-Gerichte citiret / sondern wann dieselbe
womit erweißlich beschuldiget würden / solche Beschuldigung von denen Beambten
und Superintendenten conjunctim untersuchet / die Straffe nach der Land-Ordnung
dictiret / selbige aber der Kirchen zugewendet werden.
III. Was aber ihr Gesinde und Haußgenossen anlanget / bleiben selbige zwar der
weltlichen Jurisdiction unterworffen / es soll jedoch / wann dieselbe sive
civiliter sive realiter zu citiren die Nohtwendigkeit erfodert / solches denen
Predigern vorher angemeldet werden.
IV. So sollen auch die Prediger und ihre Wittwen mit keinen Reichs- und
Creyß-Steuren / ordinar- und extraordinaren Landes-Anlagen / Kopffsteuren und
dergleichen / wie die Nahmen haben können / beleget werden / sondern davon
beständig eximiret und befreyet seyn / Wie ihnen dann die wegen der Bier-Steuer
zu ihrer Nohtdurfft bewilligte Faß- und Tonnen-Zahl jährlich frey passiret
werden soll. Wann aber ein Prediger eigenthumliche Güter hat / so denen gemeinen
oneribus unterworffen / ist derselbe solcher wegen zu allen vorfallenden
Landes-Anlagen nach proportion zu concurriren schuldig.
|| [51]
V. Die Kirchen- und Pfarr-Wittwen-Häuser wie auch die darinnen wohnende Prediger-
und Küster-Wittwen / seynd von oneribus publicis frey / wie auch der inquilinus,
wann auf Vergünstigung die Wittwe ihren Wittwen Gehalt an einen andern Ort
geniesset und das Hauß vermiehtet.
VI. Wann aber ausser diesen Fall jemand ein solch Wittwen-Hauß miehtet / so
werden zwar die Miethgelder / wie in dem Cap. XVI. geordnet / berechnet; Der
Inquilinus aber / welcher seine Nahrung darinn treibet / ist gehalten von
derselben die onera publica nach proportion abzustatten und damit der Gemeine zu
Hülffe zu kommen / und soll es auf gleiche Weise mit andern denen Kirchen
zustehenden freyen Häusern gehalten werden / Wie dann darüber den 14. Jul. 1684.
aus Unser Geheimbten Raht-Stube ein rescript ergangen.
I.
BLeich wie denen weltlichen Persohnen wegen ihrer einem andern oder auch dem
gemeinen Wesen leistender Dienste billigmeßige Belohnung gebühret / Also
erfodert um so mehr die Billigkeit daß die Geistlichen und
|| [52]
Diener am Göttlichen Worte für ihre Arbeit / Mühe und Sorge einen
ziemlichen Unterhalt und jährliches Auskommen geniessen mügen / bevorab da sie
der weltlichen Gewerben und Nahrungen sich enthalten und ihr gantzes Leben auf
ihre studia Theologica, auf ihre Predigten und auf die ihnen anbefohlnen
Seelen-Sorge anwenden müssen.
II. Es ist demnach Unser gnädigster auch ernster Will (1) Daß bey einer jeden
Pfarr das Corpus bonorum, was an Länderey / Meyerhöfen / Wiesen / Garten /
Zehnten / Korn- und Geld-Zinsen / quartal-Geldern und andern Gefällen und
Beyträgen von Alters her dazu gewidmet und gehöret / genau erforschet / Und was
hingegen vom solchem Corpore etwa abkommen / und hinwieder dabey zu bringen seyn
möchte / in ein besonders Buch testatò verzeichnet / dasselbe bey denen
visitationen nachgesehen und / ob auch alle darinnen specificirte Intraden noch
in beständigem Erfolge sich finden / und wie das davon abgekommene wieder zu
vindiciren / untersuchet / Und (2) bey denen Aembtern und Gerichten denen
Predigern die etwa benöhtigte Gerichtliche Hülffe ohn Entgelt administriret
werden sollen / (3) Daß von denen Predigern / welchen es an zureichlichen
Unterhalt ermangelt / und ihren Superintendenten mit Fleiß überleget und bey
Unserm Consistorio in Vorschlag gebracht werden soll durch was für practicable
Mittel und Wege solcher unzureichlicher Unterhalt verbessert werden könne;
Gestalt dann solche Vorschläge von Unserem Consisto
|| [53]
rio examiniret / und wo nöhtig / darüber Unser Gerichts-Herrn und
Beambten Bericht erfodert werden soll / Allermassen Wir darauf Unsers
Consistorii relation und Gutachten erwarten und Unsere gnädigste resolution und
Verordnung erfolgen lassen wollen.
III. Wegen der Accidentien in specie auch wegen der Vierzeit-Pfennige / so denen
Predigern gegeben werden / lassen Wir es bey dem Herkommen gnädigst bewenden; Es
soll aber bey denen Pfarren / wobey verschiedene Prediger sich befinden / keiner
des andern accidentien an sich ziehen; wie dann bey Straffe der Suspension sich
niemand unterstehen soll einen oder andern von den eingepfarreten zu bereden daß
er von seinem Beicht-Vater abtrete und ihn hingegen erwähle / keines weges auch
jemanden / es geschehe auf was Weise es wolle / dahin zu disponiren / daß die
Tauffe oder Copulation in seine Woche verschoben werde.
IV. In dem übrigen wollen Wir auch einen jeden gnädigst ermahnet haben / daß er
gegen seinen Seel-Sorger sich dann und wann mit einer freywilligen Gabe / so
viel seine Hand vermag / erkentlich zu erzeigen unvergessen seyn soll.
V. Es soll aber denen Gemeinen nichts neuerliches aufgedrungen / dasjenige auch /
so dann und wann dem Prediger und dem Opffermann von jemand aus gutem freyen
Willen zugewendet wird / so wenig von denenselben als ihren Successoren zur
consequents und Folge gezogen / vielweniger ein Recht daraus praetendiret
werden.
|| [54]
I.
DAmit nach Absterben der Prediger deren hinterlassene Witwen in Unsern Städten /
Flecken und Dörffern eine bleibende Stelle haben mögen / So ordnen und wollen
Wir daß an denen Orten / wo keine Witwen-Häuser seyn / dergleichen nothdürfftige
Wohnungen auf Kosten der Gemeinen gebauet oder sonsten erhandelt / und in
baulichen Stande erhalten werden sollen.
II. Sothane Wittwen-Häuser und die darin wohnende Wittwen sollen von allen
oneribus publicis und praestationibus, die haben Nahmen wie sie wollen /
befreyet und von der Amts- und Gerichts-jurisdiction eximiret seyn / die Wittwen
auch der Gemeinen Hut und Weyde der Holtz-Theilung / Mastung und andern
Gerechtigkeiten einen Ackermann gleich ohngehindert zu geniessen haben.
III. Wann aber keine Wittwe verhanden / soll das Wittwen-Hauß vermietet / das
Locarium Jährlich besonders berechnet / und davon das Hauß wo nötig repariret /
sonsten aber der gesamlete Vorraht auf Zinse beleget / keines weges aber weder
von dem Predigern noch von der Gemeine hingenommen / noch mit anderen
Kirchen-Intraden vermischet werden.
|| [55]
IV. Ob dann wol dergleichen Wittwen-Häuser / wann sie auch gleich an andere
vermiethet / von denen oneribus publicis befreyet bleiben / so sollen dennoch
die Conductores und inqvilini wegen ihrer darinn treibenden Nahrung den
weltlichen Gerichten unterworffen und zu denen gemeinen oneribus zu concurriren
gehalten seyn.
V. Im Fall sich auch begeben solte daß zwey Prediger Wittwen an einem Orte
concurrireten und nur ein Wittwen-Hauß verhanden wäre / so soll die erste / so
lang sie lebet und den Wittwen Stand nicht verrücket / so wol bey dem Genoß der
Wohnung als auch des verordneten Wittwen-Gehalts gelassen / und die letzte
Wittwe zwar zur Gedult verwiesen / gleichwol aber dahin gesorget werden / ob und
durch was für Mittel dieselbe mit einiger beyhülffe getröstet werden möge.
VI. Falls aber kein Wittwen-Hauß so bald gebauet oder sonst erhandelt werden
könte / und immittels des Predigers Absterben sich begeben würde / so soll der
Wittwen / so lang biß ihr eine Wohnung verschaffet / ein gewisse Hauß-Miete von
der Gemeine gereichet werden.
VII. Damit auch an denen Orten / allwo weder Garten noch Land bey den
Wittwen-Häusern sich findet / denen dürfftigen Wittwen einiger massen dazu
verholffen werden möge / So wird Unsern Gerichts-Herrn und Beamten hiemit
aufgegeben sich nach solchen Plätzen / wodurch der gemeinen Hut und Weyde nicht
sonderliches abgehet / zu erkundigen und die Gemeinen dahin zu ver
|| [56]
mögen / daß solche bey die Wittwen-Häuser zu
Garten / Wiesen oder Acker geleget werden möge.
VIII. Und als befunden worden daß durch Ordnung der Wittwen-Cassen denen Wittwen
eine ziemliche Bey-Hülffe verschaffet werden könne; So committiren Wir und
befehlen Unserem Consistorio hiemit dergleichen Witwen-Cassen in denen
Districten / allwo es noch nicht geschehen / fürderlich anzuordnen und zu
bestätigen / auch über solche Ordnungen und deren richtige observanz zu halten.
IX. Weil sich auch wol begeben kan daß bey der Pfarr / allwo ein Adjunctus
bestellet / dieser eher als der Senior verstürbe und eine Wittwe verliesse; So
soll auf solchen Fall des verstorbenen Adjuncti Wittwe zwar so lang / als der
Pastor Senior im Leben ist / des Wittwenthums zu geniessen haben / auf
erfolgeten dessen Todes-Fall aber soll der Wittwen-gehalt an des verstorbenen
Senioris Witte hinwieder abgetreten und alsdann / wie es in §. V. bey concurrenz
zweyer Wittwen verordnet worden / gehalten werden.
X. Und gleich wie im übrigen eines jedes Orts Gemeine gehalten ist für ihren
Prediger / für dessen Wittwe / wie auch behuef der Schuel die nöhtige Häuser
zuverschaffen / also sollen sie auch dieselbe in guten Stande erhalten und zu
ihrem eigenen Schaden selbige nicht baufällig werden lassen / ohne
Nothwendigkeit aber zu einiger Bau- und Verbesserung nicht angestrenget werden.
|| [57]
I.
MAnn das Salarium des Predigers zum Theil oder gantz in bahren Gelde bestehet /
so soll das Qvartal, worinn ein Prediger stirbt / pro deservito geachtet werden
/ und geniessen so dann die Wittwen und Kinder über solches Qvartal noch eine
halb jährige Besoldung / auch gehet das halbe Gnaden-Jahr ratione sothanen in
baaren Gelde bestehenden Salarii nicht ehender an als nach Ablauff des
Sterb-Qvartals.
II. Bey Einnahme der accidentien aber / so die Prediger insgemein zugeniessen
haben / soll der terminus des halben Jahres so fort à die mortis computiret
werden / dergestalt daß die Wittwen und Kinder von dem Sterbe-Tage an sechs
Monathe in der völligen Hebung aller accidentien bleiben; Was aber nach Ablauff
solcher Zeit einkömmt / soll dem Successori gelassen / und darauf / ob etwa in
dem Gnaden-Jahre mehr als in folgenden einkömmt / nicht gesehen werden.
III. Wann aber des Predigers Salarium in Acker-bau oder Wiesenwachs beruhet / so
seynd die reditus des gantzen Jahrs von Michaelis biß wieder zu Michaelis in
einen
|| [58]
ohngefährlichen Anschlag zu bringen / davon
zuforderst die Impensae in agrorum cultum & messem factae abzuziehen und
demjenigen / so solche ausgeleget / zu restituiren / das residuum aber
dergestalt zu theilen daß / wann der Todes Fall e. g. in September geschiehet /
der eine Halbscheid des folgenden Jahres redituum der Wittwen und Kindern / der
andere Halbscheid aber dem Successori zukomme. Stürbe aber der Prediger in
October, so erlangen Wittwen und Kinder sieben-zwölff Theile von solchen residuo
und bleiben dem Successori nur fünffzwölff Theile; Begebe sich der Fall in
November so kommen jenen acht-zwölff Theile diesem dem Successore aber nur viere
zu / und ist / wenn in folgenden Monathen sich der Todes-Fall begibt / die
Computation nach solchen Fuß leicht zu machen / wenn nur allzeit pro Regula
gesetzet wird daß der Sterbe-Monaht pro deservito zu achten / und der Wittwen
und Kindern zum besten zu rechnen.
IV. Solte aber etwa im April oder Majo ein Prediger versterben / so geniesset die
Wittwe und Kinder nicht allein die völligen reditus desselbigen von Michaelis
biß wieder Michaelis gerechneten Jahres / sondern sie hat auch von folgenden
Jahrs Acker-Nutzungen nach Proportion ein / zwey / oder mehr zwölff Theile zu
erwarten / nachdem der Todes-Fall sich früher oder später begibt.
V. Auf gleiche weise ist es auch mit denen Zehenten / Meyer-Zinsen und anderen
stehenden Gefällen / auch denen fructibus Civilibus zu halten / und seynd
selbige pro rata temporis & habito respectu ad diem mortis
|| [59]
nach denen Monathen zu theilen / dabey jedoch zu
observiren daß / wann gleich Zehnt-Korn / Meyer-Zinsen und andere dergleichen
intraden erst nach Michaelis fällig werden / selbige dennoch / da sie wegen der
vorhergehenden Erndte abgetragen werden / in die Aufkünffte des biß Michaelis
gerechneten Jahres zu computiren.
VI. Die Wohnung in den Pfarr-Hause bleibt der Wittwen und Kindern ebenfalls 6.
Monaht von dem Todes-Tage anzurechnen / es sey dann daß an dem Orte wo der
Prediger verstorben ein Wittwen-Hauß verhanden / welchen falls sie das
Pfarr-Hauß dem Successori, Wenn er vor Ablauff des halben Jahres antrit / zu
räumen verbunden seyn; Jedoch wird ihnen zu Versorgung ihres etwa habenden
Viehes / wann sie solches in der Wittwen-Wohnung nicht lassen können / auch
Vertreibung des verhandenen Vorrahts an Geträyde / Heu / Futterung und
dergleichen billig einiger Raum gegönnet.
VII. Wann auch unter denen Pfarr-melioramenten etwas von Weyden zur taxation
angegeben werden solte / so soll es damit also gehalten werden: Weil insgemein
1. Setz-Weyde vor 4. Pfen. erkaufft werden kan / so können des defuncti Erben
vor das Stück / so erweißlich zugepflantzet worden / ein mehrers auch nicht
praetendiren; dem succedirenden Pastori aber / wenn er die Nutzungen einige Jahr
von solchen Weyden genossen / soll bey seinen Abzuge oder seinen Erben nach
seinen Tode dißfalls ferner nichts erstattet werden. Im übrigen wird es wegen
taxi
|| [60]
rung der Obst-Bäume und anderer
meliorationen bey der Landüblichen observantz gelassen.
I.
BEy denen Kirchen sollen die Opffer-Leute und Küster / wie es an jeden Ort die
observants mit sich führet / in Vorschlag gebracht / Unserm Consistorio
praesentiret und dem Befinden nach bestellet werden / und dabey daß sie ihren
Pastoren gehörigen respect und gehorsame Folge / auch bey denen ihnen
obliegenden Diensten und Verrichtungen sich willig / getreu und ohn verdrossen
erzeigen wollen angeloben / solches auch bey Verlust ihrer Dienste jederzeit in
der That erweisen.
II. Auf denen Dörffern / wo keine besonders bestellete Schuelmeister seyn /
sollen die Küster nach jedes Orts Gelegenheit die Schulen halten / die Kinder in
Beten / Lesen / Schreiben auch in Rechnen so wol bey Sommers-als Winters-Zeiten
fleißig informiren / dieselbe den Catechismum und die dabey gehörige Sprüche wol
auswendig lernen / und die gewöhnliche Kirchen-Lieder langsahm und deutlich
singen lassen / Für welche Arbeit ein
|| [61]
billigmeßiges
Schuel-Geld für jedes Kind / wie es an jeden Ort gebräuchlich / soll entrichtet
werden.
III. Es soll denen Opffer-Leuten / Küstern und Schuelmeistern dasjenige / was zu
ihrem jährlichen Unterhalt hergebracht / ohnwegerlich gereichet und / wann
solches gar zu geringe seyn solte / von denen Visitatoren darunter / so viel
ohne merckliche Beschwerung der Gemeine geschehen kan / eine Verbesserung
befodert werden; Wie sie dann auch bey denen filialen der hergebrachten
Competents sich gleichmeßig zu erfreuen und bey Mast-Zeiten daselbst gleich
einen Kohtsassen der Mastung mit zu geniessen haben sollen.
IV. So sollen auch die Kirchhöfe zu Abhaltung des Viehes von jedes Orts Gemeinen
mit Plancken und Pforten verwahret / und von den Küstern rein gehalten werden.
V. Und als im übrigen / wie es mit denen Opffer-Leuten und Küstern zu halten /
sich in vormahligen Land-Tags-Abschieden ein und andere disposition findet / so
ist darauf ein Extract zur Nachricht dieser Ordnung annectiret worden.
I.
DIeweil die visitirung der Kirchen und Pfarren ein von denen vornehmbsten Mitteln
ist das Kirchen
|| [62]
wesen in guter Ordnung zu halten
/ So ist Unser gnädigster und ernster Will daß dieselbe nicht unterlassen noch
verabsäumet sondern von denen Superintendenten zu gewissen Zeiten Ordnungs-mäßig
verrichtet werden sollen.
II. Es sollen aber die visitationes wegen des bey denen meisten Kirchen
vorhandenen schlechten Vermögens hinkünfftig öffters nicht als jedesmahl nach
verflossenen zwey Jahren angestellet werden.
III. Wann nun nach letzt gehaltener visitation zwey Jahre abgelauffen / soll der
Superintendens einen terminum dazu berahmen und selbigen dem Pastori vier Wochen
vorher notificiren / wie auch dem Magistraten / Gerichts-Herrn oder Beambten
davon beyzeiten Nachricht geben.
IV. Wobey er dann zugleich von dem Pastore schrifftlich fodern soll daß er (1)
von seinen innerhalb denen letzt verflossenen zweyen Jahren gehaltenen
concipirten Predigten etliche Stücke (welche der Superintendens nach seinem
Gutbefinden zu specificiren hat) zeitig einschicken soll / damit daraus vorher
ersehen werden könne was der Prediger für eine Methode gebrauchet / was für
themata er tractiret und ob er alles juxta praescriptam Normam der reinen Lehre
eingerichtet / ob es auch seine eigene Arbeit oder aus denen Postillen gezogen /
und was von ihm darinnen praestiret sey; welche Concepte der Superintendens bey
erfolgender visitation dem Prediger wieder einhändigen und dem Befinden nach
entweder darüber seine
|| [63]
approbation geben / oder wegen
befundener Mängel nöhtige Erinnerungen thun und denselben zu besserer attention
und Fleiß anweisen soll / (2) Daß er auch so wol die unter der Gemeine im Leben
und Wandel befindliche Gebrechen / excesse und Aergernissen / als auch die bey
den Kirchen-Pfarr- und Schuel-Gebäuden angemerckte Mängel / nebst Bericht von
dem Verhalten des Schuelmeisters / insonderheit aber / was er wegen der
Kirchen-Register und dabey zu Verbesserung der Kirchen-Güter bey bevorstehender
visitation etwa vorzutragen habe zeitig einschicke / und zugleich sein Gutachten
darüber eröffne.
V. Die von dem Pastore eingesandte Berichts-puncta hat der Superintendens mit
Fleiß nachzusehen und / was bey der visitation derer wegen vorzunehmen / zu
remediren und zu verstatten seyn möchte / wol zu überlegen / nicht weniger auch
bey denen Kirchen-Rechnungen die nöhtige monita zu machen. Wann er aber einen
oder anderen punct von der Wichtigkeit fünde / daß er vor sich darinnen zu
resolviren Bedencken hätte / so hat er davon an Unser Consistorium gebührend zu
referiren / und umb gemessene Instruction anzusuchen.
VI. So soll auch der Superintendens dem Pastori einen textum, umb darüber bey der
visitation einen kurtzen Sermon zu halten / acht Tage vorher zu schicken; Dieser
kan auch zwey oder drey Prediger / so ihm bey dem Examine assistiren mögen /
erwählen und selbige dero behueff avisiren.
|| [64]
VII. Wann nun bey angestelleter visitation der Pastor loci den ihm aufgegebenen
Sermon gehalten / so soll die versammlete Gemeine sich in so viel Hauffen
theilen als Prediger gegenwärtig seyn / Die Kinder aber sollen sich auf den Chor
stellen; Da dann der Superintendens den Prediger die Kinder examiniren lassen /
selbsten aber auf ein und andere abgegebene Antwort wieder Fragen formiren und
dadurch ob auch die examinati einen rechten Begriff von der Sache haben
erforschen / so dann auch die examina der erwachsenen und alten Leuten anhören /
auch ein und andere Fragen an dieselbe thun soll.
VIII. Nach geendigten solchem Examine soll der Superintendens eine kurtze Rede
halten / und darinnen die unfleißigen straffen / und die Eltern ermahnen daß sie
die Kinder fleißig zur Schuel halten / selbst auch die Catechismus-Lehren nicht
verseumen sollen.
IX. Ehe und bevor die visitatores abgehen / sollen sie das Kirchen-Gebäude
observiren und nachsehen ob dasjenige / was bey der letzteren visitation
erinnert worden / gebessert und ob der ornat sambt denen in die Kirche gehörigen
Büchern verhanden / und wie der Kirch-Hof verwahret sey.
X. Bey der Zurückkunfft zu dem Pfarr-Hause / soll dasselbe wie auch das
Schuel-Hauß in Augenschein genommen / eines jeden inventarium nachgesehen / und
was an solchen Gebäuden etwa zu bessern die Nohtwendigkeit erfordert / nach
jedes Orts hergebrachter observants zu repariren angeordnet werden.
|| [65]
XI. Nach diesem soll der Pastor abtreten und sollen darauf einige aus der Gemeine
befraget werden / ob der Pastor wie auch der Opfermann und Küster in seinen
Ambts-Verrichtungen / wie auch in Lehre und Leben sich so erwiesen / wie es die
Kirchen-Ordnung erfodert; Da dann nach denen nöhtigsten in solcher Ordnung
vorgeschriebenen Regulen so des Orts zu observiren / die Fragen angestellet
werden können.
XII. Es soll aber bey all solchen Fragen der Superintendens ohn alle affecten
verfahren / und nicht etwas aus einer gegen den Prediger habenden animositet zu
dessen Unglimpff und Schaden darunter mischen / sondern nach seinen Gewissen mit
guter Vorsichtigkeit alles so einrichten / daß er den Pastorn bey seiner Gemeine
nicht prostituire / ihn verächtlich und folglich sein Ambt fruchtloß mache.
XIII. Hierauf soll auch der Prediger selbsten befraget werden / ob er und der
Schuelmeister wider die Gemeine über das / was vorhin schrifftlich eingesandt /
noch etwas mehres vorzurragen und darinnen remedirung zu suchen hätten; Da dann
/ was ferner vorgebracht / notiret und dem befinden nach mit beobachtet werden
soll.
XIV. Worauf ferner das Erb-Register oder Haupt-Buch / worinn das Corpus Bonorum
und die Jura der Kirchen beschrieben / wie auch das Buch / worin die Rescripta
und Mandata Consistorialia zusammen gehefftet / nachgesehen und ob alles sich
gebührlich finde untersuchet werden.
|| [66]
XV. So kan auch bey denen Gerichts-Herrn und Beambten nachgefraget werden / ob
der Pastor sich etwa in Gerichts-Sachen gemischet und dem weltlichen Gericht in
einem oder andern Stück eingegriffen / oder ob man sonsten sich über ihn zu
beschweren habe; Dahingegen kan auch bey dem Pastore und aedituo vernommen
werden / worüber dieselbe sich etwa zu beklagen / ob ihnen auch mit Anhaltung
der Leute zu Heiligung des Sabbahts und fleißiger Besuchung des Gottesdienstes
und denen Catechismus-Lehren assistiret / ihnen auch zu dem jenigen / was ihnen
jährlich zu reichen / gute Hülffe und Befoderung geschehen; da dann der
Superintendent was darunter von beyden Theilen vorgebracht so gleich glimpfflich
zu vermitteln und zu redressiren sich bemühen / dasjenige aber / so von ihn
nicht füglich remediret werden kan / ad referendum nehmen soll.
XVI. Hierauf sollen die jenigen aus der Gemeine vorgefodert werden / welche etwa
in offenbahrer Gottlosigkeit / Verachtung des Heil. Abendmahls oder auch in
Unversöhnlichkeit mit ihren Nechsten leben; denen dann das Gewissen gerühret /
sie ernstlich corrigiret und ermahnet und dabey / wann keine Besserung folgen
würde / mit schwerer Straffen bedreuet / solche Straffen auch wol an denen
Trotzigen und Halsstarrigen in instanti dem befinden nach mit Geld-Buß oder
Gefängniß würcklich vollstrecket werden sollen.
XVII. Hiernechst soll der Superintendens der Gemeine in Gegenwart des Pastoris
und der übrigen visita
|| [67]
toren vorhalten / was der
Pastor und Schuelmeister über sie zu klagen habe und darauf ernstlich befehlen
daß sie sambt und sonders ihrem vorgesetzten Seel-sorger schuldige Ehrerbietung
erweisen / seinen Lehren und Vermahnungen gehorsahme Folge leisten / den
Gottesdienst und Catechismus-Lehren / wie auch den Gebrauch des Heil. Abendmahls
nicht verseumen / und im übrigem in ihren Leben und Wandel sich so zeigen sollen
/ daß nicht nöhtig seyn möge der weltlichen Obrigkeit nachdrückliche assistentz
wieder die Wiederspenstigen zu veranlassen.
XVIII. Ferner sollen die Kirchen-Rechnungen vorgenommen und nachgesehen werden
(1) ob das Corpus bonorum und die exigenda auch distinctè, richtig und völlig
darinn verzeichnet / (2) ob bey der Einnahme und bey denen exactis die fixa von
denen non fixis oder unständigen Posten unterschieden und unter besondere
rubriquen gesetzet / (3) ob alle Posten auch fleißig eingetrieben und was die
Ursach der Restanten sey; So dann sollen (4) die etwa vorhin aus solchen
Rechnungen gezogene defecta, wie auch bey einen und andern gemachte monita
verlesen / darüber so wol der Pastor als die Kirchen-Vorsteher mit ihrem Bericht
vernommen / und darauf denenselben von denen Visitatoren gehörige Bedeutung
gethan werden.
XIX. Wie nun nach verrichtetem Actu Visitationis den Visitatoren oblieget eine
ausführliche relation abzufassen / also soll dieselbe Unserm Fürstlichen
Consistorio fürdersahmst eingesandt und dasjenige / was etwa darauf
|| [68]
zu rescribiren und zu verordnen seyn möchte / von den
Superintendenten gebührend befodert werden.
I.
DEmnach die Erfahrung bezeuget daß der Abgang bey denen zu den Kirchen gewidmeten
Gütern und intraden nicht so viel von Unglücks-Fällen als von nachläßiger
Aufsicht und Administration herrühre / und Wir für eine zu Unsern
Landes-Fürstlichen Sorgen mit gehörende Angelegenheit erachten / daß nicht nur
die Kirchen-Gebäude im Stande erhalten sondern auch der Kirchen Vermögen wol
bewahret und nach Möglichkeit verbessert werden / zu solchen Zweck auch die
Kirchen-visitationes, wodurch zu gewissen Zeiten nicht nur das Kirchen-Ambt
sondern auch der Zustandt der Kirchen und administration deren Güter und
intraden untersuchet werden müssen / angeordnet und bisher observiret worden /
Wir aber hiebey ein näheres reglement nöhtig finden;
II. So ordnen Wir hiemit und wollen daß (1) bey einer jeden Kirche / allwo es
noch nicht geschehen / ein Haupt-Buch oder Erb-Register in solcher form und mit
solchen requisitis gemachet werden soll / daß es vim probandi haben und bey
vorfallenden Sachen darnach judi
|| [69]
ciret und von
denen Gerichts-Herrn und Beambten wie auch von denen Stadt-Magistraten
nachdrücklich darüber gehalten werden könne; (2) Daß darinn nicht allein alle
und jede Güter / Aecker / Wiesen / Zehnten / Garten / Dienste / Korn- und
Geld-Zinsen / auch alles andere Einkommen / es habe Nahmen wie es wolle / Rechte
und Gerechtigkeiten / welches alles die Kirchen in Geniessung haben oder billig
haben solten / sondern auch die Nahmen aller deren / welche der Kirchen jährlich
etwas zu reichen und zu praestiren gehalten seyn / deutlich specificiret /
Darinnen auch (3) von denen über solche Stücke sprechenden Documentis die
Authentisirte Abschrifften mit eingetragen / (4) Die Originalia aber an einen
sichern Ort wol verwahret werden sollen.
III. Die Kirchen-Rechnungen sollen in gehöriger form eingerichtet / und bey der
Einnahme ein jedes Exigendum è diametro gegen das Exactum über / in das mitlere
spatium aber die Nahmen der debitorn oder deren / so der Kirchen ihre Gefälle
jährlich zu geben und sonsten andere praestationes zu thun schuldig seyn /
specificè gesetzet / zu jeden Gefällen auch / e. g. Acker-Zinß und dergleichen /
ein besonderes Caput gemachet / und unter solche rubric was dahin gehöret
berechnet werden.
IV. Es sollen aber bey der Einnahme keine restanten in Rechnung passiret werden /
es were dann / daß der administrator oder Rechnungs-Führer erweisen könte / daß
in exigendo der euserste Fleiß und zwar zu rechter
|| [70]
Zeit angewendet worden / oder der debitor per casus Majores gäntzlich verarmet
wäre. Wiedrigenfalls / und bey Ermangelung sothanen Beweißthumbs / sollen die
Administratores die restanten aus dem ihrigen zu ersetzen schuldig seyn.
V. Insonderheit sollen künfftig keine Kirchen-Güter in Emphyteusin oder
Erben-Zins-weise gegen einen jährlichen Canonem, noch auch auf Leiber oder
Leb-Zeiten von neuen verschrieben / sondern wann Sie denen Kirchen hinwieder
heimb fallen / per Contractum Locationis gegen eine zureichliche jährliche
pension auf drey oder zum längsten auf sechs Jahr ausgethan und darüber
deutliche Contracte mit denen Pächtern gemachet / auch bey Verenderung der
Pachtungen dahin gesehen werden / ob und wie weit die pension der Kirchen zum
besten verbessert werden möge.
VI. So soll auch nicht zugelassen seyn von solchen Kirchen-Gütern das geringste
Stück zu alieniren / zu verkauffen / zu vertauschen oder nachzulassen / Es were
denn daß das Vermögen der Kirchen dadurch mercklich verbessert werden könte /
Und solches vorher von Uns / oder Unserm Consistorio, nach beschehener
Untersuchung / gut befunden und resolviret würde.
VII. Gleicher gestalt sollen auch extra casum extremae necessitatis bey der
Kirchen keine Schulden gemachet / sondern / wann es dergleichen Noht erfodert /
darüber Unser oder Unsers Consistorii resolution und Consens eingeholet werden.
|| [71]
VIII. Bey der Ausgabe soll in den Rechnungen eine gute distinction gehalten und
die Posten / so einerley Causam haben / unter eine rubric, die anderen aber
besonders eingeführet / kein einiger Post aber / so nicht mit quitung beleget
werden kan / passiret werden.
IX. Damit nun bey denen Kirchen-Rechnungen ein Uberschuß heraus gebracht und zum
Capital gemachet werden könne / So sollen nicht nur die bisherigen überflüßigen
Zehrungs-Kosten bey den visitationen eingeschrencket / und bey einer jeden nicht
mehr als vier oder höchstens fünff Thaler in den Rechnungen passiret / sondern
auch im Bau- wesen ohn vorbeschehene Untersu chung der Nohtwendigkeit und
darüber aus Unserm Consistorio ergangene Verordnung bey denen Kirchen nichts
vorgenommen werden / Es wäre dann daß zu Erhaltung des Taches oder der Fenster
etwas weniges anzuwenden nöhtig und dabey etwa periculum in mora seyn möchte.
X. Viel weniger sollen die Pastores an den Pfarr-Häusern von den Kirchen-Mitteln
ein oder anders zu bauen bemächtiget seyn; Wann sie aber aus denen sonsten in
solchen Häusern üblichen ordinairen Gelegenheiten zu ihrer besondern Commodität
etwas machen lassen wollen / dasselbe soll ihnen zwar aus ihren eigenen
privat-Mitteln zu thun erlaubet / der Successor aber so wenig als die Gemeine
sothane Kosten zu refundiren schuldig seyn; Gestalt dann diejenige Prediger / so
etwa dergleichen nicht nohtwendige Bau-Kosteneigenmäch
|| [72]
tig aus denen Kirchen-Mitteln genommen zu haben überführet werden
können / sothane angewandte Gelder der Kirchen hinwieder zu bezahlen schuldig
seyn und dazu würcklich angehalten werden sollen.
XI. Wann nun durch gute administration einiger Uberschuß oder Vorraht zuwege
gebracht worden / so soll der Pastor nebst denen Kirchen-Vorstehern darauf be
dacht seyn / daß solche Gelder der Kirchen zum besten angeleget und / wo sich
nur Gelegenheit dazu findet / auf Erb-Land / Garten oder Wiesen Pfands-weise
gegen fünff pro cent beleget / sonsten aber an sichere Leute sub generali
hypotheca bonorum ausgeliehen / und über die gemachte Contracte Gerichtliche
confirmationes befodert werden; Wie Wir dann auch allen ausgeliehenen Kirchen
und andern piis causis zugehörigen Geldern eine tacitam hypothecam legalem
hiemit beygeleget / solche disposition auch auf die casus praeteritos extendiret
haben wollen. Solten aber die administratores sich hierinn nicht sorgfältig
erweisen und diese Kirchen-Gelder ohnfruchtbahr liegen bleiben / so sollen sie
der Kirchen den Schaden von dem Ihrigen zu erstatten schuldig seyn.
XII. Als Wir auch ungern vernehmen daß bey etlichen Kirchen sich ein sehr
geringes Einkommen finde / einige Prediger auch allzu wenig Unterhalt haben
sollen / Wir aber solchen Mängelen so viel thunlich zu remediren geneigt seyn;
So wollen Wir daß so gleich nach publicirung dieser Kirchen-Ordnung von Unsern
Consi
|| [73]
storio wegen solcher unvermögenden
Kirchen und Pfarren ein umbständtlicher Bericht an Unsere geheimbte Raht-Stube
fürderlich eingesandt und daselbst mit Fleiß consultiret werden soll / wie
solche Vorschläge / Mittel und Wege auszufinden / wodurch so wol denen
ohnvermögenden Kirchen in etwas geholffen / als auch denen an Unterhalt Mangel
habenden Predigern mehrere Einnahme verschaffet werden könne.
XIII. An den Orten / wo die Kirchen Holtzung haben / soll weder die Gemeine noch
der Prediger sich unterstehen ohn Vorwissen des Superintendenten aus solchen
Höltzern etwas zu hauen und zu verkauffen / sondern / wann dergleichen die Noht
erfodert / es demselben anmelden / welcher dann an die Beambte oder
Gerichts-Herrn wie auch an den nechstgesessenen Forst-Bedienten zu schreiben und
anzusuchen hat / daß solches Holtz entweder auf dem Stamme oder nach Clafftern
oder Schocken durch geschworene taxiret werden möge.
XIV. Und weil der Kirchen Einnahme auch durch eine billigmeßige Vermiehtung der
Kirchen-Stühle einiger massen verbessert werden kan / so soll ein jeder
Superintendent, wie es damit wie auch mit Verkauffung der Grab-Stellen in seiner
inspection bis daher gehalten / fürderlichst berichten und derobehuef mehrere
instruction und Verordnung erwarten.
|| [74]
I.
NAchdem in dem Capite von Kirchen-Gütern wegen der Rechnungs-Führung ein und
anders verordnet worden / So sollen auf solch reglement nicht allein die
Kirchen-Vorsteher / sondern auch die Vorsteher der Hospitalien und Armen-Kasten
hiemit angewiesen und dahin ernstlich ermahnet seyn / daß sie vermög ihrer
abgestatteter Juramenten sich darnach sorgfältig achten und in keinem Stück es
an ihrer Treu und Fleiß ermangeln lassen; Wiedrigen falles sollen sie allen
durch ihre Verseumniß und unrichtiges Verfahren veranlasseten Abgang und Schaden
aus ihren Gütern / welche à tempore coeptae administrationis denen piis causis
pro hypotheca legali hafften sollen / zu erstatten schuldig seyn.
II. All solche Vorsteher und Rechnungs-Führer bey Kirchen / Hospitalien und
Armen-Kasten sollen von denen Gerichts-Herren und Beambten mit Zuziehung des
Pastoris erwehlet / und darauf von den Superintendenten / Gerichts-Herrn und
Beambten nach der dieser Ordnung beygedruckten Eydes-formul in Pflicht genommen
werden. Ihre Rechnungen aber sollen sie mit dem Schluß
|| [75]
eines jeden Jahrs schliessen / und selbige darauf bey Vermeidung fünff Rthler
Straffe ihren vorsetzten Obern innerhalb Monats frist einschicken; welche
Geld-Straffe bey fernerem Seumnißfall von Monathen zu Monathen dupliret werden
soll.
I.
NAchdem wir im Jahr 1704. den 2. Jan. eine ausführliche erneuerte Constition und
Verordnung wegen der Ehe-Versprechung und Verlöbnissen publiciren und selbiger
eine Specification, in welchen Fällen der nahen Verwandtschafften halben die
Ehen nicht zu verstatten / annectiren lassen / So lassen Wir es dabey bewenden /
und wollen daß dieselbe bey vorkommenden Fällen wol nachgesehen und darüber
beständig gehalten werden soll.
II. Wir ordnen auch ferner und wollen daß Eltern und Vormünder ihre Kinder und
pupillen in deren zarten Jugend / da sie noch nicht wissen mit Verstande zu
leben / nicht sollen verheyrahten; Wie dann denen Predigern dergleichen junge
Leute / es sey dann die Manns-Persohn 18. und die Weibes-Persohn 15. Jahr alt /
zu
|| [76]
eopuliren bey Verlust ihrer Dienste hiemit
ernstlich verboten wird.
III. Diejenige nun / so in den heiligen von GOTT selbsten geordneten Ehestand
treten wollen / und sich derobehuef nach jetzt gedachter Unser Constitution
vorher mit einander ordentlich verlobet haben / sollen nicht eher zur Copulation
verstattet werden / es sey dann die proclamation und Aufbietung von der Cantzel
an zweyen Sonntagen nach einander / und zwar in denen Kirchen und für denen
versammleten Gemeinen / zu welcher die Braut oder der Bräutgamb gehören /
öffentlich vorher gangen.
IV. Es sollen aber die Prediger die Persohnen / welche sich an frembden Orten
eine ziemliche Zeit aufgehalten und allda heyrahten / sub praetextu loci
originis wieder derer Willen nicht proclamiren / noch einige proclamations-oder
Copulations-Gebühr von denselben exigiren / bey Vermeidung der in dem
Consistorial-Rescript von 20. Jan. 1706. gesetzten Straffe.
V. Ehe und bevor Unsere Prediger zu denen öffentlichen Abkündigungen und
Proclamationen schreiten / sollen dieselbe sich wol erkundigen ob auch die
Persohnen / welche sich in den Ehestandt begeben wollen / etwa unter denen in
mehr erwehnter Unser Constitution enthaltenen gradibus prohibitis sich befinden;
Derobehueff dann auf beschehenes Befragen die Verwandten und Nachbahren dem
Prediger davon warhafften Bericht / wie sie selbigen auf Obrigkeitliches
Erfodern allenfalls
|| [77]
mit dem Eyde bestätigen können /
zu geben schuldig seyn sollen. Solte hiergegen gehandelt und ohn vorher hierüber
erlangete Gewißheit mit der Verehligung und Copulation verfahren werden / so
soll der Pastor mit Entsetzung seines Dienstes / die copulirte aber und zwar ein
jeder mit Ein hundert Reichsthaler auch wol nach befinden härter darüber
bestraffet werden. Wann aber solche Fälle vorkommen / so Unser Landes
Fürstlichen dispensation unterworffen / so haben die Prediger davon an Uns oder
Unser Consistorium gebührlich zu berichten und die Partheyen dahin zu verweisen.
VI. So sollen auch die Prediger sich wol fürsehen und mit Fleiß in acht nehmen /
daß sie keine frembde Leute / so nicht in ihre Pfarr gehören / oder sich nicht
eine geraume Zeit darinn aufgehalten / ohn Vorzeigung glaubwürdiger von ihrer
Obrigkeit und Seelsorgern ertheileten schrifftlichen Zeugnissen proclamiren noch
trauen / damit sie nicht schwere Verantwortung und Straffe über sich ziehen
mögen.
VII. Wann eine Persohn von denen beyden Ehe-Leuten mit Tode abgehet / so soll der
Wittwer / bevor zur andern Ehe geschritten werde / wenigstens ein halb Jahr /
die Wittwe aber ein völliges Jahr abwarten / der Pastor auch vor Ablauff solcher
Zeit sich keiner Copulation unternehmen / es were dann daß Unser oder Unsers
Consistorii Concession darüber vorgezeiget würde.
VIII. Alle und jede Copulationes sollen an denen Orten geschehen / allwo die
Braut bis zu der Hochzeit
|| [78]
eingepfarret gewesen / oder
doch dem Pastori loci der Accidentien halber Abtrag gemachet / allemahl aber
publicè in den Kirchen und nicht in privat-Häusern verrichtet werden; Da aber
jemand eine privat-Copulation zu verlangen erhebliche Ursache hätte / soll
darüber bey Uns oder Unsern Consistorio special Concession gesuchet werden; Wie
Wir dann / so viel Unsere getreue Ritterschafft betrifft / die desfalls in dem
Land-Tages-Abscheide de anno 1682. enthaltene sonderbahre Concession hiemit
nachmahlen gnädigst bestätigen.
IX. So sollen auch in denen Advents- und Fasten-Wochen wie auch an denen Sonn-
und Fest-Tagen keine Copulationes und Hochzeiten / wann nicht von Unsern
Consistorio befundenen Umbständen nach darinn dispensiret worden / vorgenommen /
an denen Werck-Tagen aber praecisè um 12. Uhr / es were denn daß auf Ansuchen
ein ander concediret würde / angestellet werden / inmassen davon vorhin in Unser
sub dato den 25. Nov. 1696. ergangenen Verordnung mit mehren disponiret.
I.
BLeich wie es zur Erinnerung der Sterblichkeit und Bereitung zum Tode gereichet /
Wann die verstorbenen öffentlich zur Erde gebracht werden / Also wollen Wir
keines weges daß solche öffentliche Begräbnissen in
|| [79]
Abgang gerahten sollen; Dieweil aber allbereit in observants kommen / daß die
Frauen denen Leichen nicht mehr folgen / und dadurch viele Kosten und
Ungelegenheiten verhütet werden / so wollen Wir daß forthin solche Weiber-Folge
durchgehends gäntzlich abgestellet bleiben soll. Die Beschickung des
Todten-Cörpers soll insgemein nur mit weissen Linnen geschehen / und niemanden
als der vornehmen Fürstl. Bedienten und Adelichen Familien zugelassen seyn ihre
Todten mit Seyden zu bekleiden / und die Todten-Kasten mit Wapen / Silber oder
güldenen Farben vermahlen lassen; So soll auch mit denen Begräbnissen länger
nicht als zu Winters-Zeit vier oder fünff Tage und im Sommer-Zeiten zwey bis
drey Tage gewartet werden.
II. Als Wir auch mit grossen Mißfallen erfahren / wie an einigen Orten bey den
Begräbnissen nicht allein von denen Kirchen-Vorstehern wegen der Grab-Stellen
und des Klocken-Geleutes / sondern auch von theils Predigern und
Schuel-Collegen, Opffer-Leute und Schülern offtmahlen unbillige Anfoderungen
geschehen / so daß die unvermögende darüber zu seuffzen / andere aber sich zu
beklagen haben / So verordnen Wir hiemit und wollen / daß darinn geziemende
Bescheidenheit und moderation gehalten werden soll / damit niemand darüber sich
zu beschweren Ursach habe / und nicht nöhtig seyn möge die vorgehende excessen
nach befinden nachdrücklich zu bestraffen.
|| [80]
III. Und dieweil von vielen / denen es entweder an Mitteln zu Anstellung
öffentlicher Begräbnissen ermangelt / oder die sonsten / umb sich denen dabey
sich findenden Beschwerlichkeiten zu entladen / Ursach haben / die stillen
Begräbnissen verlanget werden / So lassen Wir Uns solches nicht entgegen seyn /
und wollen daß nicht leicht jemanden desfals die Concession versaget werden
soll.
IV. Weil aber auch dabey in gewissen Stücken Ziel und Maaß zu setzen vonnöhten /
So verordnen Wir hiemit und wollen / (1) Daß bey denen stillen Begräbnissen /
wann Unvermögende und Arme begraben werden / so wenig von den Kirchen-Vorstehern
für das Geleute / als von den Predigern und der Schule etwas gefodert werden
soll. (2) Wann aber bey denen / so die Begräbnissen besorgen / sich ein
mittelmäßiges Vermögen fünde / so soll wegen der Klocken / imbetracht daß man
dieselbe bey solcher stillen Beerdigung nicht brauchet / ein mäßiger Abtrag mit
den Kirchen-Vorstehern behandelt / auch denen Predigern an denen Orten / wo sie
ein ordinarium von den Begräbnissen haben / der halbe Theil sothanen ordinarii,
jedoch denen Schuel-Collegen, weil dieselbe mehrentheils schlechte Salaria
geniessen / das völlige ordinarium gegeben und dem Rectori juxta observantiam zu
distribuiren eingehändiget / denen Schülern aber nichts gereichet werden. In
denen Fällen aber (3) da wolbemittelte Leute stille Beysetzungen der Leichen
erhalten / sollen dieselbe alles was bey öffentlichen Begräb
|| [81]
nissen die observants erfodert / Kirchen und Schulen
abstatten.
V. Bey solchen nächtlichen Begräbnissen aber sollen insgemein / bey Vermeidung
zwantzig Thaler Straffe / keine parentationes oder Trauer-Reden (es were dann
daß vornehme Fürstl. Bediente und Adeliche solches verlangen wolten) gehalten
werden / auch kein Gefolg / als etwa 3. oder 4. Paar von den nechsten
Anverwandten zugelassen seyn; Wie dann auch keines weges dabey Fackeln / sondern
nur Leuchten und deren nicht über 12. bey Vermeidung zehen Thaler Straffe
gebrauchet werden sollen. So soll auch bey solchen Begräbnissen keine
Trauer-Music in der Kirchen gehalten werden / es wäre dann daß bey Uns jemand
dazu special-Concession erlangen würde.
VI. Und als vornehmlich die Leichen-Predigten denen Christlichen Gemeinen viel
Erbauung geben / so sollen zwar dieselben / wie auch die an einigen Orten
gewöhnliche Leich-Sermonen für dem Altar / in Unsern Städten und Flecken / so
viel thunlich / beybehalten werden / jedoch niemand seinem Verstorbenen eine
Leich-Predig halten zu lassen schuldig seyn; Und soll denen Predigern wegen
ihrer Mühe für eine gehaltene Leich-Predig ins gemein zwey bis drey Thaler (es
were dann daß einer aus besondern guten Willen ein mehres thun wolte) gereichet
/ auf den Dörffern aber es bey dem / was jedes Orts denen Predigern zu geben
gebräuchlich ist / gelassen werden.
|| [82]
VII. Und weil auf den Dörffern die Einfältigen durch die Leich-Predigten zu
erbauen insonderheit vonnöhten ist / so soll es daselbsten bey der bisherigen
observants gelassen / jedoch keinem / so nicht 14. Jahr erreichet / eine Predigt
gehalten werden.
VIII. Als auch unter andern vorkommen daß einige Prediger in denen Leich-Predigen
auch wol solchen Leuten / die doch kundtbahrlich einen unchristlichen Wandel
geführet / um ihres privat Nutzens willen einen besondern Nachruhm beylegen oder
wenigstens deren im besten gedencken / durch solche wieder die Kundtbahrkeit
lauffende Heucheley aber die Ruchlosen in ihrem bösen Leben gestärcket und
hingegen die Gottesfürchtigen geärgert werden / So verbiehten Wir hiemit Unsern
Predigern ernstlich und bey Verlust ihrer Pfarr-Dienste daß sie niemanden / der
es nicht kundtbahrlich meritiret / auf der Cantzel loben / sondern wann sie
jemanden / der ein ärgerliches Leben geführet / auf der Anverwandten Instants
und des Consistorii Bewilligung / eine Leich-Predig halten / Sie alsdann für der
Christlichen Gemeine des Verstorbenen bösen Lebens und Wandels Erwehnung thun /
dabey aber auch nicht verschweigen sollen / Wie er endlich durch die Gnade und
Barmhertzigkeit GOttes zum Erkändtniß und hertzlicher Bereuung aller seiner
Sünden gebracht wäre / und seine Bußfertigkeit und das Vertrauen auf das
Verdienst JEsu Christi bezeuget hätte / und daß dannenhero / ob zwar an seiner
Seeligkeit nicht zu zweiffeln / dennoch ein jeder / dem die
|| [83]
Seeligkeit lieb wäre / für dergleichen sicheren Sünden-Leben / und
wie gefährlich es sey die Busse bis ans Ende des Lebens zu verschieben /
treulich gewarnet seyn solte.
IX. Wie es sonsten noch in einem und anderen bey denen Begräbnissen in Unsern
Städten Braunschweig und Wolffenbüttel besonders zu halten / Gleich wie
derobehuef in Wolffenbüttel eine special- Verordnung observiret wird / also soll
dergleichen auch in Unser Stadt Braunschweig mit den fürderlichsten eingeführet
werden.
I.
OB wol von Unsern in GOtt ruhenden Vorfahren an der Regierung wieder die
Entheiligung des Sabbahts durch verschiedene special-Edicta und Verordnungen
vielfältig gesorget worden / Wir auch selbsten im Jahr 1691. dergleichen Edict
erneuern und publiciren lassen; So müssen Wir dennoch mit besonderer Empfindung
vernehmen wie nicht nur an denen Feyer- und HErren Tagen allerhand weltliche
Dinge fürgenommen / sondern auch mit Fressen und Sauffen / Spielen und
liederlichem Leben der Sabbath noch immerhin schändlich entheiliget / und über
die publicirte Edicta mit gebührender execution nicht gehalten werde. Wann aber
sotha
|| [84]
ne Sabbahts-Schändung eine von
denen Sünden ist / welche die erschrecklichsten Straffen GOttes nach sich
ziehen;
II. So ist hiemit Unser ernster Befehl daß nicht allein Unsere Prediger ins
gemein den Elenchum wider die Entheiligung des Sabbahts pro concione öffters
gebrauchen / und diejenige / welche so wenig dadurch als durch privat-Warnungen
sich corrigiren lassen wollen / denen weltlichen Gerichten kundt machen /
sondern auch Unsere Magistraten / Ambts- und Gerichts-Obrigkeiten und ein jeder
an seinem Ort auf dergleichen Ubertreter genaue acht geben / und dieselbe mit
denen in Unsern Ordnungen und Edicten enthaltenen Straffen nachdrücklich belegen
/ auch bey Vermeidung Unser Ungnade darinnen die geringste Connivents nicht
vorgehen lassen sollen. Allermassen Wir dann zu dem Ende sothane
Landes-Fürstliche Verordnung erneueren / selbige auf gewisse masse declariren
und dieser Unser Kirchen-Ordnung mit beydrücken lassen.
CAP. XXV. Von denen bey dem Gottesdienst erfoderten Anstalten in gemein.
ALs nach beschehener reformation zu folge der in der Apologia der Augspurgischen
Confession c. 3. enthaltenen declaration ein und andere Kirchen-Ceremonien juxta
libertatem Ecclesiae in Unsern Kirchen beyzubehalten gut befunden worden;
|| [85]
I. So sollen / qvoad vestitum, die Prediger nicht allein ausserhalb ihren
Ambts-Verrichtungen sich geziemender schwartzen Kleidung / weisser Kragen und /
wann es wegen des Haupts vonnöhten / kurtzer Peruqven gebrauchen / sondern auch
/ bevorab wann sie in den Kirchen und sonsten in privat-Häusern das Heil. Ambt
zu verrichten haben / in langen schwartzen Manteln erscheinen / das Ambt mit
sittsahmen Geberden / Andacht und Anruffung GOttes anfangen und verrichten;
Daneben auf die Cantores, Schuelmeister und Opffer-Leute acht haben / daß
dieselbe sowol dem öffentlichen Gottesdienste als auch in vorkommenden Fällen in
privat-Häusern denen geistlichen Verrichtungen in geziemenden Kleidern
beywohnen.
II. Sollen die Kirchen rein und sauber gehalten / die Altare wie auch die
Tauff-Steine mit reinen Lacken und dem ornat, so dazu gewidmet / gekleidet / wie
auch bey administrirung des H. Abendmahls an den Orten / da solche Gewohnheit
bisher gehalten worden / zwey Lichter angezündet / sonsten aber keine Lichter
als nur zur Winters-Zeit in denen Frühpredigten verstattet werden.
III. Die Gesänge bey dem Gottesdienst sollen / wie es die Andacht erfodert /
langsahm geführet und derobehuef das in verwichenen 1708ten Jahre wieder
aufgelegte Braunschweigische Gesang-Buch gebrauchet / aus demselben die
andächtigsten und Geistreichesten Lieder genommen / und durch offtmahliges
wiederholen denen Gemeinen bekandt gemacht werden; So sollen auch die
Predi
|| [86]
ger auf den Dörffern dahin sehen /
daß die Jugend in den Schulen die nützlichsten Gesänge / auswendig lernen / auch
nach gehalten Bettstunden / Wochen-Predigen und Catechismus-Lehren einen
dergleichen geistlichen Gesang lesen lassen und dessen Verstandt kürtzlich
erklären.
IV. In denen Kirchen / wo Orgeln seyn / sollen die Organisten um die Melodey und
den anstimmenden Gesang kundt zu machen / einen Vers jedoch ohne Variation
vorschlagen / auch wol zuweilen unter dem Gesange / jedoch so gelinde / daß man
das Singen der Gemeine hören und vernehmen könne / die Orgel rühren; An den
Bettagen aber und in der Fasten-Zeit / wie auch unter dem Glauben und bey der
Communion soll das Orgel-Spiel gäntzlich eingestellet bleiben; Wie dann die
Organisten sich auch des weitleufftigen praeambulirens enthalten / un̅ durchaus keine weltliche Stücke gebrauchen sollen.
V. Und als an verschiedenen Orten wahrgenommen worden / daß die Pastores an den
Tagen / da sie zu predigen haben / den Gottesdienst nach ihren Gefallen
anstellen / und zu rechter Zeit nicht leuten / auch wol nach geschehenen Geleute
mit den Gesängen so gleich nicht anfangen lassen; So wird hiemit ernstlich und
bey Vermeidung wilkührlicher Straffe geboten / daß diejenige Prediger / so nur
eine Kirche zu versehen haben / durchgehends das gantze Jahr an den Predig-Tagen
des Morgens praecisè um acht Uhr den Gottesdienst anfangen; diejenige aber /
welche an mehren Orten predigen müssen / nach jedes Orts Gelegenheit zu dem
Gottesdienst eine gewisse Zeit / damit jede Gemeine sich dazu ge
|| [87]
fast halten könne / determiniren / und solche
Zeit / so viel möglich / beobachten sollen.
VI. So viel aber die Zeit und der Anfang zum Gottesdienst in Unseren Städten
Braunschweig und Wolffenbüttel betrifft / wird es bey der darinnen bisher
gehaltenen observants gelassen.
VII. Dieweil sich auch gebühret / daß die innerliche Demuht des Hertzens für GOTT
durch das euserliche Knie-beugen bezeuget werde / solches auch in Unseren
Kirchen also zu halten vorhin ernstlich befohlen werden / So sollen Unsere
Prediger die Gemeinen / daß sie hierinnen Unsern Willen und Befehl gehorsahmen /
öffters erinneren und / wann ein Gebet zu thun / dieselbe zum niederknien
ermahnen.
INDEX CAPITUM des Ersten Theils.
Cap. I. Von der reinen Lehre / und was die Lehrer und Prediger dabey zu beobachten haben.
Cap. II. Von Besetzung der Kirchen Aembter.
Cap. III. Von der Prediger schuldigen Bezeigung gegen Ihre Hohe Landes-Fürstliche Obrigkeit.
Cap. IV. Von Einrichtung der Predigen; von Haltung der Catechisationen; von denen Colloquiis; und von der Prediger Leben und Wandel.
Cap. V. Von dem Straff- und Ermahnungs-Ambte.
Cap. VI. Von der Kirchen-Disciplin u̅ öffentliche̅ Busse.
Cap. VII. Von der Excommunication.
|| [88]
Cap. VIII. Von der ordentlichen H. Tauffe / wie auch von der Noht-Tauffe.
Cap. IX. Von Confirmation der unterrichteten Kinder.
Cap. X. Von der Beicht und Absolution.
Cap. XI. Von dem Sacrament des H. Abendmahls.
Cap. XII. Von Besuchung der Krancken und Assistents bey denen Sterbenden.
Cap. XIII. Von Vermahnung und Tröstungen der Gefangenen / so zum Tode verurtheilet.
Cap. XIV. Von dem Foro Competente der Prediger / ihrer Exemption und Immunität.
Cap. XV. Von denen Pfarr-Intraden, Besoldung und Accidentien der Prediger.
Cap. XVI. Von den Prediger-Wittwen und deren Wohnungen.
Cap. XVII. Von dem denen Prediger-Wittwen zukommenden halben Gnaden-Jahr.
Cap. XVIII. Von den Opffer-Leuten / Küstern und Kirchhöfen.
Cap. XIX. Von der Kirchen-Visitation.
Cap. XX. Von den Kirchen-Gütern und derer Administration.
Cap. XXI. Von denen Vorstehern der Kirchen / Hospitalien und Armen-Kasten.
Cap. XXII. Von Ehe-Sachen und was die Prediger dabey in acht zu nehmen haben.
Cap. XXIII. Von Begräbnissen.
Cap. XXIV. Von Heiligung der Feyer- und HErrn-Tage.
Cap. XXV. Von denen bey dem Gottesdienst erfoderten Anstallten in gemein.
|| [ID00089]
Einige Dem Ersten Theil Der Erneuerten Kirchen-Ordnung beygefügete Edicta,
Constitutiones, Extractus und Rescripta.
|| [ID00090]
|| [91]
I. EDICT und Verordnung / Wie Bey denen hin und wieder sich ereugenden
Neuerungen und Sectareyen alle und jede Prediger und Lehrer in dero Landen sich
vorsichtiglich halten und sowol sich selbsten als ihre Gemeinen und Zuhörer
dafür bewahren sollen.
Publiciret in Gegenwart der gnädigsten Herrschafft / denen citirten hiesigen
Predigern und Schuel-Bedienten in dem Fürstlichen Consistorio Wolffenbüttel den
9. Mart. 1692.
VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph August und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu
Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen männiglich / bevorab Unsern Consistorial-
und Kirchen-Rähten / Ober-Hof-Prediger / auch General- und
Special-Superintendenten und insgemein allen und jeden Predigern auch
Schuel-Rectoren und andern Schuel-Bedienten in Unserm Hertzogthum / Grafschafft
und Landen hiemit zuwissen / was gestalt wir nicht ohne sonderbahre Betrübniß
vernehmen
|| [92]
müssen / daß durch des Satans Trieb und
Regung hin und wieder allerhand theils neue meistentheils aber alte vormahls
durch Thomas Müntzern und seines gleichen geführete und ohnlängst wieder
resuscitirte schädliche Lehren und Secten herfür brechen / wodurch die wahre
reine Lehre des Evangelii beflecket / und die einfältige Christliche Hertzen
verwirret werden / auch folglich so wol der Status Ecclesiasticus als Politicus
darüber in Gefahr gerahten will / Und wir daher in die Landes-Väterliche
Beysorge gebracht werden / daß etwa von solchen schädlichen Lehren und Meinungen
eines oder das andere in Unsern Ländern nach und nach einschleichen und Unsern
statum religionis afficiren und verletzen möchte; Ob nun wol in Unsern
Symbolischen dem Corpori Doctrinae Julio einverleibten Büchern gantz woll und
zur Gnüge versehen / auf was maasse die wahre allein zur Seeligkeit führende
Lehre nach der heiligen Göttlichen Schrifft in denen Kirchen Unserer Lande rein
und lauter zu predigen / fortzusetzen und zu erhalten sey / So haben wir dennoch
/ um dem herumschleichenden Sectarischen Gifft zeitig vorzukommen / mithin auch
allen bösen Verdacht von Unsern Kirchen abzuwenden / für eine hohe Nohtdurfft
erachtet Unsere Prediger und Lehrere in Unserm Hertzogthum / Grafschafft und
Landen sambt und sonders nicht allein in genere auf die ihnen in ermeldtem
Corpore Doctrinae vorgeschriebene normam docendi ernstlich anzuweisen / sondern
auch eines und anders durch folgendes Edict näher zu exprimiren und Sie darüber
in specie zu bedeuten / wie Sie sich / zumahlen bey jetzigen gefährlichen Zeiten
/ in Predigen / Catechisiren und sonsten in ihrem Ambt vorsichtig zu verhalten /
und für allen Verdacht irriger Lehren und Meinungen zu verwahren haben; Setzen
demnach aus Hohem Landes-Fürstlichem Ambt / ordnen und wollen / daß Unsere
Predigere und Lehrere sambt und sonders sich nach denen folgenden articulen ohn
aussetzlich richten sollen.
1. Von der in denen Büchern des Alten und Neuen Testaments begriffenen heiligen
Schrifft sollen Unsere Prediger weder
|| [93]
implicitè noch
explicitè anders lehren und predigen / als daß dieselbe heilige Schrifft das
einige sonst keinen mehrern Beweiß bedürfendes principium incomplexum Unser
Christlichen und Evangelischen Religion und der eintzige Grund und alleinige
Richtschnur aller Glaubens- und Lebens-Lehre / auch gantz vollkommen und an Ihr
selbst gnug sey den Menschen zur Seeligkeit zu unterrichten / Und wann sie die
Glaubens Geheimnissen aus der heiligen Schrifft vortragen / sollen sie zufoderst
dabey die loca scripturae, welche am hellesten und deutlichsten seyn /
gebrauchen / und was etwa an einem Orte dunckel ist durch andere klärere und
hellere Sprüche und also Schrifft durch Schrifft erklären / nicht aber auf eine
vermeintlich habende innerliche Bezeugung sich beruffen / noch auch andere aus
derselben des rechtens Verstandes solcher dunckeln Oerter versichern.
2. Sollen Unsere Prediger lehren / ob gleich solch Heil. GOttes Wort aus GOtt
sein Licht mit sich führe und die Augen des Verstandes erleuchte / daß dennoch
wegen menschlicher Verderbniß und weil die Göttliche Geheimnissen über alle
Vernunfft gehen / auch der natürliche irrdische gesinneter Mensch solchem Worte
widerstrebet / GOtt bey Lehrung und Anhörung der H. Schrifft anzurnffen sey /
daß er durch seines Geistes Gnade in allem den Verstand gebe und das Hertz zum
rechten Glauben und wahrer Gottseeligkeit kräfftiglich bewege.
3. Sollen sie lehren / daß bey Erklärung der Schrifft kein Licht und Erleuchtung
gegeben werde / so nicht mit dem wörtlichen Verstande überein komme / und daß
daher alle Erleuchtung weiter nicht als zum Verstande des geschriebenen Worts
verheissen.
4. Daß auch in Glaubens-Sachen keine andere Erleuchtung von GOtt zu bitten noch
zu erwarten / so etwas lehre oder eingebe / welches in dem geschriebenen Worte
nicht enthalten / sondern wann jemand etwas so darinn nicht zu finden vorgeben
oder lehren wolte / solches / als nicht von GOtt / zu verwerffen sey.
|| [94]
5. Daß / nachdem der Canon der heiligen Schrifft geschlossen und versiegelt /
keine anderweite unmittelbahre Erleuchtung zum Erkändtnis GOttes und Erlangung
der Seeligkeit versprochen / und demnach das geschriebene Wort nebst den Heil.
Sacramenten das einige Mittel zur Erleuchtung / Bekehrung und Heiligung des
Menschen sey.
6. Dannenhero sich keiner von Unsern Predigern und Lehrern unterstehen soll /
weder publicè noch privatim jemanden auf neue Uber-Ausser- und ohne die Heil.
Schrifft sich begebende visiones, ohnmittelbahre Erleuchtungen und
Offenbahrungen / noch auch auf ein anders so genandtes innerliches Wort /
sonderbahre Träume / Entzückungen / Prophetische Regungen und dergleichen Dinge
zu weisen / zumahlen dadurch die arme Menschen nur des Teuffels Trug und List
exponiret werden. Und da gleich an einem oder andern Orte sich jemand einiger
visionen oder dergleichen etwas rühmen solte / soll dennoch im Lehren und
Predigen davon nichts gedacht / vielweniger jemand darauf zu achten beredet /
sondern um desto mehr männiglich der Vollkommenheit und genugsahmen Gewißheit
des eusserlichen beschriebenen Wortes GOttes erinnert und darnach im Glauben
sich zu halten ermahnet werden.
7. Und weil von einigen Fanaticis ausgestreuet / als ob in des Jacob Böhmens und
dergleichen dunckeln verwirreten und verdächtigen Büchern mehr Lichts als in der
heiligen Schrifft selbsten zu finden wäre / auch gar der Mann GOttes Moses von
ihnen gelästert wird / ob hätte er nicht verstanden was er geschrieben; So
sollen Unsere Prediger jedermann für solchen gefährlichen Büchern und irrigen
Lehren warnen / und hingegen desto fleißiger ermahnen / sich an das feste
Prophetische Wort zu halten / und nur solcher Bücher / so auf die reinen
Evangelischen Lehren von wahrem Glauben und rechtschaffener Gottseeligkeit
eingerichtet / sich zu gebrauchen.
8. Imgleichen sollen Unsere Prediger von der Lehre vom Chiliasmo oder
Tausend-jährigen irrdischen Reich Christi / und
|| [95]
was
dem anhängig seyn mag / weil selbige zu Unsern Glaubens-Articuln nicht gehöret /
auf den Cantzeln so wol als sonsten gäntzlich abstrahiren und damit weder
publice noch privatim jemanden irre machen.
9. Deßgleichen sollen sowol die Prediger als die Schuelbediente bey ihren
Predigten und Informationen sich aller Böhmistischer Dinge und Redens-Arten
durchaus enthalten / die Prediger auch in ihren Predigten von ihren eigenen
Personalien, sonderbahren Begegnissen und dergleichen / wodurch ein
ohnanständiger eigen Ruhm gezeiget wird / nichtes überall anführen.
10. So soll auch keiner sich unternehmen / was ein ander öffentlich geprediget
und gelehret / unter dem praetext, als ob es zu weiterer Erleuterung dienete /
auf den Cantzeln zu wiederlegen / oder nach seinem Sinn anders vorzustellen /
noch auch etwas Schrifftliches darüber abzufassen und kund zu machen; sondern /
wenn er vermeinet daß jemand etwas geprediget / so der heilsahmen Lehre und
denen Libris Symbolicis nicht allerdings gemäß erachtet werden könte / hat er
solches zufoderst bey Unserm Consistorio anzuzeigen / und die Sache auf dessen
Verordnung zu verstellen / sich aber keiner eigenmächtigen öffentlichen
Privat-Censur zu unterfangen.
11. Und als die bißherige Erfahrung bezeuget / daß durch die Privat- und
mehrentheils heimliche Zusammenkunfsten allerhand Irrthümer und Neurungen
erwecket und fortgepflantzet werden; So ermahnen Wir zwar alle und jede / daß
sie bey täglichen Conversationen an statt eines unnützen ungöttlichen
Geschwätzes sich gottseeliger und erbaulicher Unterredung befleissigen / Wir
würden auch niemanden von Unsern Geistlichen / wann sonsten ohne Verabsäumung
nohtwendiger Vorbereitung zu der ordentlichen Ambts-Arbeit es geschehen möchte /
verwehren Privat-Collegia mit jungen Studiosis Theologiae anzustellen: Weil aber
bey jetzigen Zeiten allerdings zu verhüten nöhtig / daß auch nicht die Unserige
zugleich mit andern auswärtigen in die böse Concepte gerahten / als ob
vorberührte hin und
|| [96]
wieder im Schwange gehende
schädliche Neuerungen und nicht zu duldende Lehren in Unsern Landen mit
fomentiret wurden; So sollen nicht allein alle heimliche conventicula gäntzlich
verbohten seyn / sondern auch vor dasmahl und bey gegenwärtigen Zeiten keine
solche Collegia angestellet noch weiter gepflogen werden / es sey dann vorher
Unser ausdrücklicher Consens darüber ertheilet / und wir zuvor eines jeden
Orthodoxiae gnugsahm versichert.
12. Damit auch sonsten niemand von Unsern Predigern in einige Neurung und
gefährliche Meinungen mit impliciret / oder auch / als ob er zu derer
Unterhaltung und Fortpflantzung etwas contribuire, verdächtig werden möge; So
soll allen und jeden Unsern Predigern / Lehrern / Schuel-Bedienten und
Informatoren / sambt und sonders / keinen ausgeschlossen / hiemit ernstlich
interdiciret und untersaget seyn / mit niemanden / welcher wegen des
Enthusiasmi, Chiliasmi, des Sectarischen Pietismi, Quakerismi oder andern
gefährlichen Meinungen berüchtiget oder verdächtig / sich in schrifftliche
Correspondenz einzulassen / Und da jemand Unserer Prediger und Schuel-Bedienten
von einen dergleichen etwa Briefe erhielte / auch wol über einen oder andern bey
jetzigen Zeiten sich ereugenden verdächtigen Religions Punct umb seine Meinung
oder approbation requiriret würde / soll er zufoderst solches Uns und Unserm
Consistorio anmelden / die Briefe in originali produciren und darüber Befehls
erwarten / durchaus aber sich nicht unterfangen vor sich selbst auf solche
Briefe zu antworten / weniger einiges schrifftlichen Bedencken oder responsum
auf die Frage zu ertheilen.
13. So sollen auch Unsere Prediger / Lehrer und Schuel-Bedienten / oder wer der
in Unsern Landen sonsten seyn müchte / bey jetzigen Zeiten in Religions-Sachen
nicht das allergeringste / unter was für Titul und Nahmen solches auch seyn
möchte / weder inner-noch ausserhalb Landes drücken lassen / es sey dann vorhero
von Unserm Fürstlichen Consistorio oder Unserer Theologischen Facultät zu
Helmstädt censiret und approbiret / auch folgends von Uns erlaubet worden.
|| [97]
14. Insgemein aber sollen Unsere Prediger auf ihre Predigten mit Fleiß und
Andacht meditiren / dieselbe schrifftlich concipiren und darauf ihre Lehren und
Reden in guter Ordnung und Connexion fürtragen / nicht aber auf allerhand dem
Gedächtniß zufallende Materien, Exempel und Historien es ankommen lassen /
sondern sich dabey aller ohnzeitigen digressionen von dem Themate enthalten /
und unter ordentlichen Ambts-Predigten und familiaren Discursen einen
Unterscheid machen.
15. Und gleich wie über dem ein jeder / so in Unsern Landen zum Predig-Ambt
bestellet / vermöge abgestatteter Pflicht verbunden ist alle Glaubens-Lehren
nach Anweisung Unsers aus GOTTes Wort gezogenen und von Unsern gottseeligen
Vorfahren an der Landes-Fürstlichen Regierung Uns hinterlassenen Corporis
doctrinae vorzutragen / also ist auch Unser beständiger Wille / daß solcher
Anweisung strictè nachgegangen und dawieder im geringsten nicht weder öffentlich
noch heimlich gelehret noch gehandelt werden soll. Wie Wir dann alle die an
Kirchen und Schulen arbeiten ernstlich erinnern / daß sie insonderheit den
Haupt-Articul von der Rechtfertigung / Erneuerung und Heiligung rein und lauter
vortragen und nicht mit einander vermengen / sondern die Rechtfertigung eines
armen Sünders / als die durch Vergebung der Sünden und Zurechnung des
Verdienstes JEsu Christi geschiehet / von der Heiligung wol unterscheiden /
dabey auch deutlich lehren / daß der Mensch bey der Rechtfertigung zugleich
geheiliget werde / und keine Gerechtmachung oder Zurechnung des Verdienstes
Christi sey / wo die Heiligung nicht erfolget; Da sie dann auch bey der
Heiligung zu lehren haben / daß dieselbe wegen der in den Heiligen GOttes annoch
inwohnenden sündlichen Unart in diesem Leben ohnvollkommen sey / damit also
sowol sie selbsten als ihre Zuhörer für geistlicher Hoffart und Vermessenheit
behütet werden / und mit desto mehrem Eifer immer völliger zu werden sich
befleißigen mögen.
|| [98]
16. Wann aber nicht gnug / daß das Wort GOttes lauter und rein gelehret werde /
wann demselben nicht heiliglich wird nachgelebet / und daher wol zu besorgen /
weil die Lehre des Evangelii zwar wol getrieben auch von vielen gefasset / der
Warheit aber nicht gehorchet / sondern in Sicherheit / groben Sünden und eiteln
Lüsten fortgelebet wird / daß eben darum GOtt sein schweres Gericht ergehen und
kräfftige Irrthümer kommen lasse; So ermahnen Wir Unsere Prediger und Lehrer
sambt und sonders hiemit ernstlich / daß sie ihre Predigten und
Catechismus-Lehren bey hertzlichem Gebet / Gottseeligem Leben und heiliger
Meditation allermeist zu Erbauung des lebendigen thätigen Glaubens einrichten /
und ihren Zuhörern fürstellen daß alle Glaubens-Articul zugleich zur
Gottseeligkeit führende Geheimnüssen seyn / und der Trost des Evangelii für
keine andere gehöre / als welche sich dadurch züchtigen lassen zu Verleugnung
der Welt und alles ungöttlichen Wesens und hingegen in heiliger Furcht GOttes
sich befleißigen züchtig / gerecht und gottseelig zu leben. Welcher Zweck durch
Göttliche Verleihung desto mehr zu erreichen / wann sie fleißig Acht haben auf
die von Uns ihnen anvertrauete Gemeinen und Schulen / auch wo sie können
Gelegenheit nehmen / insonderheit mit denen Einfältigen und die sich aus denen
Predigten selbsten nicht genugsahm forthelffen können / von der Ubung eines
thätigen Christenthumbs zureden / auf daß also alle Prediger und Lehrer ein
gutes Gewissen haben und dermahleins GOTT dem allerhöchsten Richter von allem
freudige Rechenschafft geben können.
Damit nun diesem Unserm Edict und Verordnung in allen puncten um so viel mehr
ohnaussetzlich nachgelebet und in keinem einigen Stück dawider gehandelt werde;
So befehlen Wir Unsern Geheimbten Rähten / als die nechst Uns für das Heyl und
die Wolfahrt des Vaterlandes und darinn begriffenen status Ecclesiastici mit zu
sorgen verpflichtet seyn / zuforderst aber Unsern Consistorial- und
Kirchen-Rähten / und im übrigen allen denen / welche Unserntwegen zu gebieten
und zu verbieten / daß sie
|| [99]
auf diese Unsere Verordnung
sorgfältig sehen / und so viel an ihnen ist / mit Nachdruck darüber halten
sollen / sonderlich aber befehlen Wir Unsern Ober-Hof-Prediger / General- und
Special-Superintendenten / daß sie nicht allein für sich selbsten diese Unsere
Verordnung ohnverweißlich observiren und allerdings ohne einige reservation oder
eigenmächtige limitation oder Deutung sich darnach richten / sondern auch die
Special-Superintendenten über ihre untergebene Prediger und Schuel-Diener / die
General-Superintendenten hingegen über die specialen und deren
Ambts-Verrichtungen ihrem euserstem Vermögen nach genaue Aufsicht führen / und /
wann angemercket oder erfahren werden solte / daß jemand wider dieses Unser
Edict und einigen dessen articul, es geschehe publicè oder privatim und auf was
Weise es wolle / handeln / reden und schreiben / oder wol gar (welches Wir doch
von keinem der Unserigen vermuhten wollen) sich wider diese Unsere Verordnung
opiniatriten / Unser von GOtt dem Allerhöchsten zum Schutz der reinen Lehre und
der Warheit des Göttlichen beschriebenen Worts Uns anvertrauetes Landes Fürst-
und Ober-Bischoffliches Ambt auf der Cantzel oder sonsten zu sugilliren und
Unsere Unterthanen irre zu machen sich unternehmen würde / solches Uns und
Unserm Fürstl. Consistorio ohnverzuglich kund thun sollen; Da wir dann nicht
ermangeln wollen wider die vorsetzliche Contravenienten dem Rechten nach zu
verfahren / und dieselbe / wann sie überführet / mit der suspension ab officio,
auch dem Befinden nach mit der gäntzlichen remotion und Reumung Unser Lande oder
wol gar mit anderen härteren und exemplarischen Straffen zu belegen / Damit
Unser Christlicher Zweck erreichet / die reine Lehre in Unsern Landen erhalten
und beruhiget / GOttes geoffenbahrtes heiliges Wort geschützet und ein wahres
ungeheucheltes Christenthum befodert und erhalten werden möge / wozu Uns GOtt
seine Krafft / Hülffe und Beystand mildiglich geben und zustatten kommen lassen
wolle zu seinen ewigen Ehren.
|| [100]
Das Alles ist Unser Landes-Väterlicher ernster Will und Meinung. Uhrkundlich
Unser eigenhändigen Unterschrifft und beygedrücktem Fürstl. Geheimbten
Cantzeley-Secrets. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 2. Martii 1692.
Rudolph Augusts. Anthon Ulrich.
II. Declaratio, Welche über ein und andern punct des publicirten Edicts dem
geistlichen Ministerio in der Stadt Braunschweig ertheilet worden.
DEm Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Anthon Ulrich / Hertzogen zu
Braunschweig und Lüneburg Unserm gnädigsten Fürsten und Herrn ist unterthänigst
vorgetragen / was vor dubia vor Unterschreibung Dero Anno 1692. den 9. Mart.
pulicirten Fürstl. Edicts vom Superinten dente, Seniore und übrigen Membris des
Ministerii in Braunschweig moviret worden / Und lassen denenselben hiermit zur
resolution ertheilen.
|| [101]
1. Daß niemand gehalten Böhmische Schrifften sich anzuschaffen oder die Zeit mit
deren völligen Durchlesung zu verderben; Nachdem aber allen Christen /
insonderheit aber Predigern oblieget / die Geister zu prüfen und dasjenige was
Act. 20. v. 28. & seq. geschrieben wohl zu attendiren / so wird ein
jedes membrum des Braunschweigischen Ministerii, sich Böhmens Schrifften / die
er wol ad statum legendi von andern erhalten kan / wenigstens so viel bekandt
machen / damit er seinen Zuhörern data occasione nöhtige information geben und
sie secundum Edictum dafür warnen könne. Sonst ist genug / wenn generaliter die
auditoria die Heil. Schrifft und andere geistreiche Bücher zu lesen / und vor
allen dunckeln gefährlichen und von der Evangelischen Kirche nicht approbirten
Schrifften sich zu hüten angewiesen werden.
2. Die Lehre vom Chiliasmo betreffend / weil selbige bereits in denen Libris
Symbolicis und in specie in der Augustana Confessione Art. 17. verworffen / so
wird durch den §. 8. des Edicts der Elenchus contra Chiliasmum nicht aufgehoben;
Und bleibet denen Predigern zu Braunschweig nicht alleine frey / sondern sie
seynd auch / da sie ad observantiam Librorum Symbolicorum vermöge ihre
Unterschrifft sich obligiret / schuldig ihre Zuhörer von diesen Irrthum zu
informiren und sie dafür zu warnen. So viel aber die Lehre von Besserung der
Zeiten betrifft / wann dadurch vermeinet wird / daß in solchen bessern Zeiten
die meisten vom HErr Messia im Alten Testament gegebene Verheissung noch
erfüllet werden und die Kirche bey gutem und beständigem Friede in einen solchen
Zustand / darinnen sie frey von Ketzereyen und Spaltungen / von überhand
nehmenden Lastern und Gottlosigkeit / von allen Kriegen und Verfolgungen in
einen grösserm Lichte der Erkäntnis / in unverrückter Einigkeit des Glaubens /
in ungefärbter Liebe und aufrichtiger Heiligkeit auf Erden bleiben können /
gerahten solle / ist solche pro Chiliasmo subtili allerdings zu achten und davon
gäntzlich zu abstrahiren. Sonsten aber hat ein jeder Prediger sich die Hoffnung
zu machen / daß
|| [102]
GOtt ihnen bey ihren gläubigen Gebet
und nach seiner Ordnung angestelleten unermüdeten Arbeit in ihnen Gemeinen seine
Gnade sehen lassen und die ihren aufrichtig geführte Ambts-Verrichtungen
gegebene Verheissung erfüllen werde.
3. Die Subscription dieses Edicts ist zwar denen Studiosis, so zum Predigen
zuweilen admittiret werden / regulariter und wenn nicht sonderbahrer Verdacht
gegen einen oder den andern sich eusert (in welchen Fall denn einige aus dem
Edict gezogene und auf solche Persohnen applicable clausuln ihnen zur
subscription vorzulegen) nicht anzumuhten; Es bleibet aber bey der Anordnung /
daß der Superintendens vorher ihre profectus untersuche und sich ihrer
Orthodoxiae versichere.
4. Durch den §. 10. des Edicts wird denen Legibus Colloqvii Brunsvic. nicht
derogiret / sondern selbiges bey seine authorität gelassen. Wann aber casus
ardui, so daselbst nicht erörtert werden können / vorfallen / müssen solche
billich ad Consistorium Ducale referiret und deren decision und Erörterung von
selbigen erwartet werden.
5. Ist in dem §. 12. nicht alle correspondens mit andern Religions-Verwandten
verbohten / sondern es bleibet solche praesertim in negotiis Civilibus &
ad Religionem non pertinentibus einem jeden unversagt. Mit denen in Edicto
specificirten Sectirern aber soll niemand über Religions-puncta correspondiren.
Wann aber an jemand des Ministerii über solche materien geschrieben würde / hat
er die erhaltende Briefe entweder vor dem Consistorio oder Colloqvio vor der
Beantwortung zu produciren und sich daselbst Rahts zu erholen.
6. Bleibet dem Superintendenti die Censur der in Theologicis zu Braunschweig zum
Druck kommenden Sachen; und ist / wenn er solche mit gebührender Sorgfalt
verrichtet / die Censenda dem Consistorio oder der Theologischen Facultät zu
Helmstädt zuzuschicken nicht vonnöhten.
7. So viel schließlich die Concipirung derer Predigten betrifft / seynd die
Conciones extemporaneae in Casibus necessita
|| [103]
tis
billig excipiret; sonst aber ist jeder schuldig die Predigt von Wort zu Wort zu
concipiren / wann er gleich ob defectum memoriae selbige mit allen concipirten
expressionibus nicht ablegen kan.
Zu mehrer Uhrkund ist diese declaration auf höchstgedachter Ihre Durchl.
gnädigsten Befehl mit Dero Fürstl. Consistorial-Insigel bedrucket / so geschehen
Wolffenbüttel den 14. Septemb. Anno 1707.
III. Renovirte Fürstliche Verordnung / Wegen Verbotenen heimlichen Verlobungen
und wie es inskünfftige in Ehe- und Verlöbniß-Sachen zu halten.
VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph August und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu
Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen allen und jeden unsern Prälaten / denen
von der Ritterschafft / Ober- und Ambt-Leuten / Gerichts-Herren / Bürgermeistern
und Rähten in Unsern Städten und Flecken / auch allen und jeden Unsern
Unterthanen und Angehörigen / Geist- und Weltlichen hiemit gnädigst zu wissen /
welcher Gestalt Wir Zeithero nicht mit geringen Mißfallen wahrnehmen müssen /
daß in Unsern Fürstenthum und Landen sehr ge
|| [104]
mein worden / daß die Leute in Ehe- und Verlöbniß-Sachen nicht ordentlich
verfahren / indem sie offtmahls nicht allein ohne genugsahme Erkundigung eines
jeden Condition und Erforschung der Gemühter / sondern auch zuweilen ohne der
Eltern / Vormünder / oder deren Stelle vertretenden Anverwandten vorgehenden
Willen und Gutachten sich mit einander verloben / (2.) Andere aber / auch wol
schlechte und geringe Leute / in verbohtenen gradibus und Fällen / da keine
dispensatio, oder doch nicht leicht statt haben mag / sich mit einander
verkuppeln / (3.) Einige auch / die entweder in solchen verbotenen Fällen sich
verlobet / oder sonsten anderer Ursachen halber in Unsern Landen die
Proclamation und priesterliche Copulation zu erlangen sich nicht getrauen / in
andere Lande lauffen / und daselbst von Frembden / öffters auch gar von
papistischen Priestern und München und ohne vorgehende Proclamation und Auf
biehtung sich ehelich copuliren und trauen lassen. Imgleichen auch (4.) Einige /
so sich in ein zu recht beständiges Ehe-Gelübde eingelassen / dasselbe ohne
gnugsahme erhebliche und in den Rechten begründete Ursachen wieder aufruffen;
dahero die Erfahrung giebet daß vor Uns und Unserm Consistorio und Geistlichen
Gerichten hierüber viele Klagten vorkommen und zu beschwerlichen
Rechtfertigungen erwachsen. Wann Wir aber solchen und dergleichen ungebührlichen
Dingen nachzusehen nicht gemeynet seyn; Demnach so ordnen / gebieten und
befehlen Wir hiemit und Krafft dieses (1.) Daß alle und jede Mannes- und
Frauens-Persohnen / wes Alters / Standes / Würden oder Wesens die auch seyn /
welche in Unserm Fürstenthum und Landen / in Städten / Flecken und Dörffern sich
zu verheyrahten gemeynet / und zwar / wann sie annoch Eltern oder Vormünder
haben / anders nicht als mit derselben Naht und vorhergehenden ausdrücklichen
Bewilligung / auch / wann die Eltern oder Vormünder nicht zu weit entsessen / in
deroselben Gegenwart oder an deren statt ihrer ordentlichen von Uns ihnen
vorgesetzten Obrigkeit / und über das alles noch in Beyseyn dreyer oder zweyer
ehrlicher Manns-Persohnen als
|| [105]
Gezeugen / wann sie
aber keine Eltern oder Vormünder haben / zum wenigsten in Gegenwart einiger
ihrer nächster Anverwandten / und auch dreyer oder zweyer ehrbahrer Männer und
Zeugen / die Leute auf dem Lande aber mit Zuziehung ihres Pastoris und
Seelsorgers in einige Ehe-Verlöbniß sich einlassen sollen. Da aber etwa aus
erheblichen und ohn abwendlichen Ursachen mit der Verlobung geeilet / und der
Anverwandten / Vormünder / oder des Priesters Praesentz und Anwesenheit nicht
erwartet werden mügen / so solle dennoch / so bald es müglich / und zum
längstens innerhalb 14. Tagen denenselben / wie auch der Obrigkeit des Orts in
Gegenwart und mit Benennung der Zugen davon Eröffnung und Nachrichtung gegeben /
und deren oder der Obrigkeit Einwillung eingeholet werden. Widrigen Falls aber
und da bey ein oder ander Verlobung obgemeldte erfoderte Stücke und Requisita
unterlassen und nicht der Gebühr beobachtet worden / soll solches vor keine
Ehe-Gelöbniß geachtet / keines weges auch in Unserm Consistorio und geistlichen
Gerichten vor gültig und bündig erkannt / sondern wann daselbst wegen einiger
nach dieser Unser Constitution und Ordnung nicht qualificireten Verlobung
Klagten angebracht würden / sollen dieselbe nicht angenommen / sondern sofort
zurück und abgewiesen / im übrigen auch in matrimonialibus fürtershin bey Unserm
Consistorio und geistlichen Gerichten keine Juramenta suppletoria leichtlich
erkannt / noch zu Ersetzung der mangelender Zeugen zugelassen werden. Gestalt
Wir dann diese Disposition auch auf diejenige Verlobung erstrecken / so zwar vor
publicirung derselben ohne Beobachtung vorerwehnter Stücke unternommen / bis
dato aber durch priesterliche Copulation nicht vollenzogen seyn / oder auch wol
gar zu gerichtlichen Streit erwachsen / und etwa noch in unentschiedenen Rechten
hangen / und sollen dergleichen Fälle nicht weniger als die künfftige nach
dieser Constitution geurtheilet werden; Mit ernstem Befehl / daß die
Contravenienten, welche sich auf einigerley Weise diesem Edicte zuwidre ohne der
Eltern oder Angehörigen Consens und ausser Beyseyn
|| [106]
gewisser vorbedeuteter Zeugen sich heimlich verkuppeln / wegen des wider Unsere
gnädigste Verordnung und den ihrer Eltern und Angehörigen respectivè schuldigem
Gehorsam und Respect begangenen Frevels nicht weniger dem Befinden nach mit
Gefängniß als harter Geld-Straffe beleget und zu Abthuung des hiedurch gegebenen
Aergernisses zur öffentlichen Kirchen-Buß / angewiesen werden sollen. Solte sich
jedoch begeben / daß eine oder die andere Mannes-Persohn ehrliche und ihres
Lebens und Wandels halber unbescholtene Weibes-Bilder unter gemachter Hoffnung
und Versprechung der Ehe zu ungebührlicher Lust zu induciren und sie um ihre
Ehre dolose zu bringen sich unterstehen solte; So soll in solchen Fällen auf die
vorhin gesetzte reqvisita nicht gesehen / sondern der dolosus deflorator nach
gemeinen Rechten zur würcklichen Verehligung condemniret werden. Und weil (2.)
wegen naher Blut-Freund- oder Schwägerschafft unzuläßiger Ehren halber in
Weyland Unsers Vorfahren an der Regierung Hertzog Julii Christmilder Gedächtniß
publicirten Kirchen-Ordnung gewisse Classes und Gradus verfasset / so lassen Wir
es lediglich bey solcher Kirchen-Ordnung p. 276. und darinn befindlichen
Disposition, mit dem Auhange / daß / woferne jemand dawider handelen wird / so
gar auch in den Gradibus dispensabilibus (es wäre dann daß er Unsere
Dispensation vorhero erhalten hätte) derselbe allemahl nach Gelegenheit und
Stande mit schwerer Geld-Straffe oder Gefängniß / auch Landes-Verweisung beleget
werden soll. Und damit sothane Disposition und die verbotene Gradus um so
vielmehr männiglich bekandt werden und seyn mögen / seyn dieselbe dieser Ordnung
angehenget und ausdrücklich specificiret worden. Wann auch (3.) einige Verlobte
/ ehe und bevor sie an dem Ort / da sie eingepfarret / öffentlich von der
Cantzel proclamiret und abgekündiget / und anderen Orten in- oder ausserhalb
Landes / es sey unter was Schein es wolle / Unsers in GOtt ruhenden Herrn und
Vaters Gnaden publicirter Kirchen-Ehe- und Verlöbniß-Ordnung zuwider / sich
copuliren und trauen lassen / (es wäre dann
|| [107]
daß aus
bewegenden Ursachen von Uns oder Unserm Fürstlichen Consistorio solches
verstattet würde) sollen dieselbe allemahl wenigstens jede Persohn mit 100.
Thater und da dieselbe so viel in bonis nicht hätten / mit schwerer Gefängniß /
da aber auch andere beschwerliche Umstände mit unterlieffen / insonderheit wann
sie sich mit andern Persohnen ordentlich vorhero versprochen / härter und nach
Ermäßigung und Anleitung der Käyserlichen Rechte an Ehre / Leib und Gut
bestraffet werden. Gestalt Wir dann (4.) über die Ehe und Verlöbnissen / wann
sie also / wie in dieser Unser Constitution vorgeschrieben / mit Christlichen
Ceremonien und in Gegenwart der Eltern / Vormünder oder Obrigkeitlichen
Persohnen / wie auch der erfoderten Zeugen errichtet und bestätiget seyn /
ernstlich halten / und niemand leichtlich gestatten wollen davon ab- und zurück
zu treten / sondern wann einer oder ander solches sich gelüsten lassen wolte /
soll der oder dieselbe / gleich einem malitioso desertore oder desertrice
gehalten / und sowol seinem Gegentheil in dasjenige / was demselben den
Ehe-Beredungen oder gemeinen Rechten nach / gebühret / als Uns und Unsern
Gerichten / in schwere willkührliche Straffe verfallen seyn / anderweite
Verlobung und Verehligung auch demselben absqve plenissima causae cognitione und
ohne höchsterhebliche Ursachen nicht verstatten werden.
Im übrigen aber und sonsten insgemein erneuern / confirmiren und bestätigen Wir
hiemit und Krafft dieses / was vorberührter Puncten halber in mehr angezogener
alten und Unsers Herrn und Vaters Gnaden glorwürdigster Gedächtniß erneuerten
Kirchen-Ehe- und Verlöbniß-Commis- und andern publicirten Ordnungen und
Constitutionen enthalten ist. Und damit dieses zu männigliches Wissenschafft
kommen / und niemand mit der Unwissenheit sich zu entschuldigen haben müge; Als
soll diese Unsere Verordnung nicht allein vor jetzo fodersahmst von allen
Cantzeln publiciret / sondern auch ins künfftige des Jahrs zum wenigsten einmahl
/ und an dem Sonntage / da das Evangelium von der
|| [108]
Hochzeit zu Cana erkläret wird / öffentlich abgelesen werden; Wornach sich ein
jeder gebührend zu achten. Geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 2. Januarii
1704.
Rudolph August. Anthon Ulrich.
1.
MUß diese in GOTTes Wort enthaltene Regul für heilig und unveränderlich gehalten
werden / daß in linea ascendentium & descendentium, das ist / in der
Elterlichen und Kindlichen geraden Linie gantz und gar keine Ehen seyn sollen /
es mögen auch die Persohnen in dieser Linie so weit von einander seyn als sie
können.
2.
Muß ferner insgemein zur Grund-Regul der verbotenen Ehen sowol in der
Blut-Verwandtschafft als der Schwägerschafft gesetzet und observiret werden /
daß alle diejenige / zwischen denen ein respectus Parentum & liberorum
ist / oder welche gegen einander als Eltern und Kinder angesehen und betrachtet
werden können / sich nicht zusammeu verehligen sollen.
|| [109]
16.
Seines Bruders-noch der Schwester Tochter-Tochter / noch des Bruders
Sohns-Tochter / noch der Schwester Sohns-Tochter; und in Summa keine Tochter /
so von seinem Bruder oder seiner Schwester descendiret und herab kömmet.
Eine gleiche Bewandtniß der verbotene Ehen hat es auch mit denen
Frauens-Persohnen.
Wegen der nahen Blut-Freundschafft in der Collateral- oder Seit-Linie sind
ferner die Ehen verboten:
3.
Zwischen Bruder- und Schwester-Kindes-Kindern bis in den dritten Gradt ungleicher
Linie;
Zum Exempel:
Dieser Herman soll Catharinen seines Groß-Vaters Brudern-Tochten nicht nehmen /
weil sie ihm in dritten Grad ungleicher Linie verwandt ist; Wann aber gemeldte
Catharina eine Tochter hätte / weil diese mit Herman in gleicher Linie des
dritten Grads concurrirte / solchenfalls würde die Ehe zwischen diesen beyden
können zugelassen werden.
|| [111]
4.
Die Frau ihres verstorbenen Mannes Schwester nachgelassenen Wittwer.
Gleichwie aber alle Casus prohibiti nicht füglich allhier specifice exprimiret
und angeführet werden können; Also werden die Pastores jeder Orten hiebey
erinnert daß / wann bey ihnen solche Fälle fürkommen solten / wobey nach
Anleitung abgesetzter Regulen sich einiger Zweiffel fünde / sie davon an das
Fürstliche Consistorium gebührend referiren und daselbst die decision erwarten
sollen.
V. Fürstliche Declaration in Ehe-Sachen. de Ao. 1695.
VOn GOttes Gnaden Wir Rudolph Augusts und Anthon Ulrich / Gebrüdere / Hertzoge zu
Braunschweig und Lüneburg / etc. Fügen allen und jeden Unseren Unterthanen /
Civil- und Militair-Bedienten / auch übrigen Angehörigen / wes
|| [121]
Standes die seyn mögen / hiemit zu wissen / daß obwol nicht nur
aus Göttlicher heiliger Schrifft und allgemeinen beschriebenen Rechten / sondern
auch Unser Fürstlichen Kirchen-Ordnung und Verlöbniß-Constitution, einen jeden
nicht unbekandt seyn soll / daß man von denen darinnen specificirten /
vornemlich aber in GOTTes Wort selbst hoch-verbohtenen Gradibus zu heyrahten
abstrahiren solle / es dennoch leyder! die Erfahrung öffters gegeben / welcher
Gestalt Wir über einige in andern Grad nngleicher Linie der Schwägerschafft
vorzunehmende Verehligung zu dispensiren verschiedentlich in Unterthänigkeit
imploriret worden; Wir auch vor diesen aus bewegenden Ursachen und mit
unterlauffenden Umständen ein- und andermahl zwischen solchen Persohnen / die
zwar denen Worten nach nicht expressè, wol aber denen daselbst befindlichen
Gradibus und deren Gleichheit nach verboten / die Ehe gewilliget / und daß
solche Persohnen in vorerwehnten Grad der Schwägerschafft sich ehligen / und
ihre angefangene Ehe durch Priesterliche Copulation vollenziehen dürffen
geschehen lassen. Nachdem Wir jedoch auf Einraht Unsers Fürstlichen Consistorii
und anderer vornehmen Theologorum führohin in solchen und dergleichen Fällen
mehr zu dispensiren und die Heyrahten zu verstatten nicht unbillig Bedencken
tragen / sondern wollen zu Erhaltung mehrer Zucht und Ehrbarkeit / auch um
Abwendung des von GOtt selbst darauf gesetzten Fluchs und Unsegens / sowol denen
Persohnen / die im dritten Buch Mosis am 18. und 20. Capituln erzehlet werden /
als auch denen so in gleichen Gradibus sich befinden / und in specie denen / so
im andern Grad ungleicher Linie der Schwägerschafft / oder auch wol gar näher
einander zu gethan und verwandt seyn / ins künfftige keine dispensation mehr
wiederfahren lassen. Und damit nun ein jeder sich um so vielmehr dafür zu hüten
wissen möge / der etwa seiner Mutter Brudern Wittwe (denn des Vatern Brudern
Wittwe zu heyrahten / ist ausdrücklich in GOTTes Wort schon verbohten) oder
seines Schwieger-Vatern / oder seiner Schwieger-Mutter Schwester / oder seiner
vorigen Frauen Brudern-
|| [122]
oder Schwester-Tochter
/ oder wenn eine ihres Vatern- oder ihrer Mutter-Schwester-Mann / oder ihres
Schwieger-Vatern oder ihrer Schwieger-Mutter Bruder / oder ihres vorigen Mannes
Bruder- oder Schwester-Sohn / oder auch eine andere in dergleichen an oben
angezogenen Orten der heiligen Schrifft verbohtenen Gradibus entweder nach der
Blut-Freund- oder Schwägerschafft verwandte Persohnen von gantzer oder halber
Gebuhrt zu ehelichen begehret / und deswegen bey Uns und Unserm Fürstlichen
Consistorio sich supplicando angiebet / Der oder Dieselbe / ob gleich die
fleischliche Vermischung geschehen seyn möchte / soll nicht allein keines Weges
gehöret / und mit seinem unzuläßigen Gesuch abgewiesen / und gebührend angesehen
/ sondern wenn er sich daran nicht begnügen / und fernere instantz dieserwegen
zu thun sich gelüsten lassen solte / imgleichen da solche fleischliche
Vermischung geschehen wäre / soll derselbe / als andere muhtwillige Verbrecher
und delinqventen / oder Blutschänder / mit schwerer exemplarischer Straffe
unverbittlich beleget werden / und in Unsere Ungnade verfallen seyn.
Und gleich wie nun ein jeder sich hiernach zu achten / und vorob gedroheter
schweren Straffe und Unserer Ungnade zu hüten; Also soll diese Unsere Verordnung
/ damit dieselbe um so viel eher jedweden zur Notitz kommen möge / allenthalben
in Unserer Fürstenthum und Landen von denen Cantzeln abgelesen / und darauf an
gewöhnlichen Orten affigiret und angeschlagen werden. Geben in Unser Vestung
Wolffenbüttel / unter Unserer Nahmen Unterschrifft / und beygedruckten
Consistorial-Secret, den 25. Sept. Anno 1695.
Rudolph Augusts. Anthon Ulrich. (L. S.)
|| [123]
VI. Fürstlich Rescript Auf des Consistorii Anfrage in Ehe-Sachen.
VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Wir
haben gnädigst ersehen was gestalt Ihr wegen der sich befindenden
unterschiedenen Meinungen der Doctorum über die Frage: Ob in dem Fall / da ein
Ehemann oder Eheweib nicht wegen Unkeuschheit sondern anderer verübten
Ubelthaten halber auf ewig relegiret worden / die Separatio qvoad vinculum statt
habe / und dem unschuldigen Theile seiner Gelegenheit nach anderweit sich zu
verheyrahten zuzulassen sey? bey Uns unterthänigst anfragen wollen / welcher
Meynung man darunter beyzupflichten und die vorkommende Fälle zu entscheiden
haben mögte.
Wann Wir dann in Erwegung der allerseits angeführten rationum und sowol aus
heiliger Göttlicher Schrifft als auch denen Gemeinen- und Kirchen-Rechten
genommenen Grunde dahin geschlossen und aus hoher Landes-Fürstlicher Macht und
Gewalt hiemit declariret haben wollen / daß im obigem Fall derjenigen Doctorum
Meynungen / so die affirmativam behaupten / nachgegangen werden solle; So haben
Wir Euch solches hiemit gnädigst ohnverhalten wollen / und werdet Ihr demnach
sowol bey denen jetzo etwa verhandenen und zu gerichtlicher Erörterung stehenden
als künfftig noch vorkommenden Fällen Euch in judicando hiernach also zu achten
wissen. Und Wir seynd Euch zu Gnaden geneigt. Geben in Unser Vestung
Wolffenbüttel den 19. May. 1707.
Anthon Ulrich.
|| [124]
VII. Fürstliche Declaration, Welcher gestalt die Geistlichen / als Zeugen / zu
citiren.
DEs Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Rudolph Augusts / Hertzogen zu
Braunschweig und Lüneburg Durchl. Haben eine Zeither nicht sonder Mißfallen
wahrgenommen / waß massen / wann bey Dero Fürstlichen Cantzley- oder
Hof-Gerichte in denen allda vorkommenden Sachen jemand der Prediger / Schuel-
und Kirchen-Bedienten / oder deren Haußgenossen und Angehörigen ad dicendum
testimonium abgeladen / die Citati entweder gar zurück geblieben / oder wann
einer oder ander erschienen / demselben vom Consistorio solche Erscheinung
verwiesen werden wollen / worüber die Sachen mehrmahlen in stecken gerahten /
und der Lauff Rechtens unnöhtiger Weise aufgehalten worden.
Als aber solches dem von Sr. Durchl. auf Beschleunigung der Justitz führendem
ernstlichem Absehen zuwieder und dahero billig zu remediren;
So declariren mehr höchstgedachte Se. Durchl. demnach hiemit gnädigst / und
wollen daß / gleichwie Dero Fürstl. Consistorium bislang ohne ablassende
subsidiales einem jeden in Dero Fürstenthum und Landen ad dicendum testimonium
citiret / also auch ein gleiches Dero Fürstlichen Cantzley und Hof-Gerichte
immediatè an die Prediger / Schuel- und Kirchen-Bediente / und Deroselben
Haußgenossen und Angehörige zu thun befuget / und
|| [125]
die
Citati in denen ihnen anberahmten Terminis sich jedesmahl ohnausbleiblich
einzufinden schüldig und gehalten seyn sollen.
Uhrkundlich Sr. Durchl. eigenhändigen Unterschrifft und neben gedruckten Fürstl.
Geheimbten Cantzley-Insiegels. So geschehen in Dero Vestung Wolffenbüttel denn
24. Julii Ao. 1685.
Rudolph Augusts.
VIII. Rescriptum Aus der Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube an das Fürstl.
Consistorium die immunitäten der Kirchen / Aecker und Häuser betreffend.
AUs der Herrn untern 25. passato an Uns abgelassenen Schreiben und dessen
Beylagen haben Wir ersehen / was bey denenselben aus dem Schöningischen district
wegen Beschwerunge einiger Kirchen / Aecker / auch Wittwen und anderer auf den
Kirchhöfen gebaueten Häuser mit der Contribution für gravamina eingelauffen /
und sie deshalben an Uns gelangen lassen wollen. Nun hat man nicht ermangelt
solche gravamina und die darüber eingesandte uns communicirte Berichte
durchzusehen; weil aber die Herrn darinn mit Uns einig seyn /
|| [126]
daß so viel die Aecker betrifft zwischen den Kirchen und
Pfarr-Lande und Kirchen-Meyer-auch Pfarr-Meyer-Lande ein Unterscheid zu machen /
und jenes nicht / dieses aber billig mit unter die onera publica zu ziehen seyn
/ so werden verschiedene solcher Beschwerungen dadurch von selbsten cessiren /
da dann / ob schon an einem oder andern Orte einige Länderey von der letzten Art
bishero de facto eximiret worden / und deshalben eine praescriptio vorgeschüttet
werden wolte / solche / weil es der gemeinen observantz zuwieder läufft / nicht
zu attendiren / sondern bey itziger rectification der Contribution es dießfals
bey der gemeinen Regul und jetzt-gemeldten observantz zu lassen ist. So viel die
Kirchen und Pfarr-Wittwen-Häuser betrifft / so seyn dieselben an sich selbst /
wie auch die darinnen selbst wohnende Pfarr- und Schuel-Diener-Wittwen / nicht
weniger auch diejenigen inqvilini, welche / wann eine solche Wittwe noch lebet
und sich bey ihren Freun den oder sonst anderswo aufhält und ihr von Fürstl.
Consistorio die aus den Wittwen-Hause fallende Zinsen und andere Wittwen-Gelder
ausserhalb Landes zu geniessen zugestanden ist / von ihrentwegen dergleichen
Wittwen-Hauß bewohnen / wie ein solcher casus sich itzo zu Vorsfelde begiebt /
von der Contribution billig befreyet; Wann aber sonst jemand ein solch ledig
stehendes Wittwen-Hauß gemiehtet / so geniesset zwar die Kirche oder Pfarre /
nachdem es jedes Orts hergebracht ist / daraus die pension oder Miehte; Nachdem
aber die Gemeinen und Einwohner solche Häuser bauen / und sie im Stande auch Bau
und Besserung halten müssen / so ist auch nicht mehr als billig daß solche
Inqvilini und Conductores, wenn sie ein Handwerck / Nahrung und Vieh haben /
bevorab wenn sie dieses auf die gemeine Weyde mit gehen lassen / der Gemeine an
der Contribution mit zu statten und zu Hülffe kommen / welche Bewandtniß es denn
auch mit denen auf den Kirchhöfen und andern Oertern gebaueten und denen Kirchen
zuständigen freyen Häusern hat / daß dieselben zwar einen Weg als den andern
frey verbleiben / die inqvilini aber / wenn sie Nahrung treiben oder Vieh halten
/ davon billig zu de
|| [127]
nen oneribus
proportionaliter concurriren / und erfolget auch hieraus daß bey dem sich zu
Süplingen begebenden casu der in den Wittwen-Hause wohnende Arbeits-Mann / so
viel seine Nahrung und Vieh belanget / von der Contribution nicht / die von ihm
zu sich eingenommene Schuelmeisters-Wittwen aber davon befreyet seyn müsse. Daß
sonst ein Gerichts-Herr von denen in solchen Wittwen-Häusern wohnenden Leuten /
über die von ihnen entrichtende Contribution, noch ein jährliches Schutz-Geld
fodert / solches wie es sich nicht gebühret / als wird es auch dem von Bülau zu
Brunsrode itzo ernstlich untersaget. Die übrigen in oberwehnten Beylagen
enthaltene particularia, welche etwa hiedurch noch nicht schon erlediget seyn /
sollen nach eingelangeten vollständigen Bericht von der rectification des
Contribution-Wesens / wenn ein oder ander / welcher in specie dabey graviret /
sich bey hiesiger Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube durch ein Memorial anmelden
wird / weiter untersuchet und die Supplicanten alsdenn nach Befinden mit
resolution versehen werden. Woltens denen Herren in freundlicher Antwort
ohnverhalten / und seyn denenselben zu genehmen Diensten geflissen. Gegeben
Wolffenbüttel den 14. Julii 1684.
Fürstl. Braunschweigis. Lüneburgis. Praesident und Geheimbte Rähte daselbst.
IX. Ausschreiben An alle 4. General-Superintendenten hiesiges Fürstenthums /
wie es mit denen Adelichen Copul. Kind-Tauffen und Trauer-Geleute zu halten.
WAs Serenissimi Unser gnädigster Fürst und Herr Durchl. auf die von der getreuen
Ritterschafft am 20.
|| [128]
Octob. 1682. gehaltenen
Land-Tages-Abschiede unter andern unterthänigst an und vorgebrachte General- und
Special-Gravamina wegen der Adelichen privat-Copulation, Kind-Tauffen und
Trauer-Geläute gnädigst verwilliget und publiciren lassen / solches geben Wir
Euch ob den angeschlossenen copeylichen extract hiermit in mehren zu vernehmen /
Als nun die Nohtdurfft erfodert / daß solches denen Superintendenten und
Pastoribus jedes Orts gleichfals kund gethan werde / So begehren nomine
Sereniss. Unser gnädigsten Fürsten und Herrn Durchl. Wir an Euch hiermit / für
Uns freundlich gesinnend daß Ihr bey denen Euch untergebenen Superintendenten
und Pastoribus, wo es nöhtig / die fernere Verfügung thut / damit ein jeder bey
solchen ereugenden specificirten Fällen sich hiernächst gehorsahmst richten und
obangezogenen Land-Tages-Abschiede hierunter geziemende Folge leisten müsse.
Dessen versehen wir Uns und seynd etc. Geben Wolffenbüttel den 13. Apr. 1683.
Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.
X. Extract. Aus dem Land-Tags Abscheide de Anno 1682.
NAchdem auch / zum zwantzigsten / die von der Ritterschafft inständig angehalten
/ daß ihnen nach der benachbahrten Provincien bekandten Observantz verstatter
werden möchte / Ihre Kinder auf Ihren Häusern tauffen / auch Ihre und der
Ihrigen Eheliche Trauung daselbsten verrichten zu lassen; So sehen zwar Se.
Durchl. lieber daß / wo es füglich geschehen kan / solche
|| [129]
Sacra in den Gottes-Häusern verrichtet würden; Gleich wie Sie aber
dero getreuen Ritterschafft / so viel thunlich / in Gnaden zu willfahren
geneiget seyn / Also wollen Sie auch gnädigst geschehen lassen / daß hinführo
die von der Ritterschafft / Ihrer Gelegenheit nach / die Kind-Tauffen und
Copulations auf Ihren Häusern / jedoch nach Inhalt der Kirchen-Ordnunge / und
zwar die Eheliche Copulationes solcher gestalt verrichten lassen mögen / daß Sie
vorher solch Ihr Vorhaben in der Kirchen der Christlichen Gemeinde öffentlich
anzeigen / und GOtt den Allmächtigen um seinen Seegen in der Gemeinde anruffen
lassen.
Wie dann auch zum ein und zwantzigsten / des gnädigsten Landes Fürsten Durchl.
auf der gehorsahmen Ritterschafft unterthänigstes inständiges Suchen wegen des
Trauer-Geleutes sich dahin gnädigst erkläret / daß / wenn jemand von der
Ritterschafft dessen Ehefrau / oder Wittibe Todes verfahren / alsdann Ihnen das
Trauer-Geleute ohne deshalber einzuholende expresse Concession auf 4. Wochen /
bey Absterben aber der Kinder / wie auch naher Blutsverwandter / so des Nahmens
und Geschlechts seyn / auf 14. Tage anzustellen erlaubet seyn solle / jedoch daß
dem Prediger jedes Orts von der vorhabenden Leutung Nachricht gegeben werde /
falls aber innerhalb ernandten Frist zu dem Begräbniß (welches jedoch ausser
hocherheblichen Ursachen niemand aufzuschieben hat) nicht zulangen / alsdann
soll zwar nach 4. Wochen / oder resp. 14. Tagen mit dem Trauer-Geleute innen
gehalten / es mag aber dasselbe dem nechsten vor dem termino der Begräbniß 8.
Tage lang wiederholet werden. Für welche besondere Fürstl. Gnaden-Erweisung die
gehorsahme Ritterschafft Sr. Durchl. unterthänigsten Dauck erstattet / und
selbige mit aller devotion zu verschulden sich obligirt erachtet haben.
Und als / zum wey und zwantzigsten / von der gehorsahmen Ritterschafft noch mit
angeführet werden / daß / wenn ein Fürstl. Trauer-Geleute im Lande zu verordnen
/ solches allein denen Superintendenten zugeschrieben / denen Gerichts-Herrn
aber die doch ihre Hintersassen zu dem Geleute befehligen müssen / davon keine
|| [130]
notification bisher gegeben worden. So wollen Se.
Durchl. bey Dero Fürstl. Consistorio die gnädigste Verordnung thun daß / wenn in
fürfallenden Fürstl. Trauer-Fällen das Trauer-Geleute ausgeschrieben wird /
davon auch zugleich an die Gerichts-Herrn notification ergehen solle.
XI. Fürstliche Declaratio Des vorigen Ausschreibens vom 13. April. 1683.
DEs Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Rudolph Augusts / Hertzogen zu
Braunschweig und Lüneburg Durchl. ist unterthänigst vorkommen / was gestalt
nachdem in dem jüngstern Land-Tages-Abscheide §. 20. enthalten / daß denen von
der Ritterschafft verstattet seyn möchte ihre Kinder auf ihren Häusern tauffen /
auch ihre und der ihrigen Trauung daseldst verrichten zu lassen / solches von
etzlichen von der Ritterschafft auch auf ihre Bediente verstanden und extendiret
werden wolle.
Wann es aber bey Einricht- und Abfassung solches §i auch sonsten annoch bey Uns
keines weges die Meynung gehabt / daß unter dem Worte / die Ihrigen / auch die
Adeliche Bediente und Gesinde mit begriffen und verstanden werden sollen /
Immassen aus denen in selbigem §o nechst - folgenden Worten / daß nemlich die
von der Ritterschafft die Eheliche Copulationes auf ihren Häusern solcher
gestalt verrichten lassen sollen / daß sie vorher solch ihr Vorhaben in der
Kirche der Christlichen Gemeine öffentlich anzeigen / und GOTT den Allmächtigen
um seinen Seegen in der
|| [131]
Gemeine anruffen lassen /
genugsahm erhellet daß solches bloß von ihnen und denen ihnen angehörigen
Adelichen Persohnen zu verstehen / indem der Kirchen-Ordnung nach derer von der
Ritterschafft Bediente und Gesinde hingegen von der Copulation dreymahl in der
Kirche ordentlich aufgeboten werden müssen; Dannenhero dann Se. Durchl. nöhtig
ermessen solchen Paragraphum des Land-Tags-Abscheides besser zu erleutern; So
declariren und erleutern Sie denenselben hiemit gnädigst dahin / daß nur derer
von der Ritterschafft eigene Persohnen / wie auch derer Kinder und Anverwandte
nahe Bluts-Freunde / welche sich bey ihnen auf ihren Häusern befinden / nicht
aber Dero Bedienten und Gesinde darunter zu verstehen seyn.
Befehlen auch zugleich hiemit Dero geistlichen Consistorio von dieser Dero
gnädigsten declaration allen und jeden Superintendenten und Predigern auf dem
Lande zu dem Ende ohnverlängte Nachricht zu geben / daß sie sambt und sonders
sich darnach also richten / und mehrerwehnten §vum des Land-Tags-Abscheides
nicht weiter als sich gebühret extendiren und auslegen / auch die von der
Ritterschafft / wann Sie Ihnen solche extension anmuhten solten / darunter
gehöriger massen bedeuten mögen. Uhrkundlich haben Se. Durchl. diese declaration
eigenhändig unterschrieben / und mit Dero Fürstlichen Geheimbten Cantzley-Secret
bedrücken lassen. Geben in Dero Vestung Wolffenbüttel / den 7. Decembris Anno
1683.
Rudolph Augusts.
|| [132]
XII. Fürstlicher Consistorial-Befehl an die General-Superintendenten / daß
kein Studiosus, der nicht ein testimonium publicum orthodoxiae vorzuzeigen hat /
zum Predigen admittiret werden soll.
DEmnach man glaubwürdig berichtet worden / daß von denen Predigern öffters einige
Studiosi umb sich durch selbige subleviren zu lassen / zum Predigen admittiret
werden / welche doch in Theologicis gar wenig gethan / und dahero öffters etwas
pro concione contra orthodoxiam proponiren / wodurch der gemeine Mann nur irre
gemacht wird; Euch aber indessen nicht unbekandt seyn kan / wie daß von der
gnädigsten Herrschafft vor einigen Jahren bereits heilsamlich verordnet daß kein
General- oder Special-Superintendent und Pastor einen Studiosum Theologiae, der
nicht zufoderst von dem Fürstl. Consistorio allhier oder der Theologischen
Facultät zu Helmstädt tentiret und sattsahm fundirt befunden worden / zum
predigen admittiren soll; Als befehlen Nahmens Höchstgedachter Ihr
Durchlauchtigk. Wir Euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr
solches euren untergebenen Special-Superintendenten und Pastoribus nochmahlen /
wie vor dem schon geschehen / ernstlich intimiret und sie dahin anweiset / daß
nach Höchstgedachter Ihr. Durchl. gnädigsten Verordnung sie gehorsahmlich sich
zu achten; mit der Verwarnung / daß / daferne jedennoch einer oder ander
selbiger zuwider jemand / so noch nicht tentiret und ein publicum testimonium
deßfalls vorzuzeigen habe / zum predigen admittiren würde / solche
contravenienten deßwegen von dem Fürstlichen Consistorio ernstlich bestraffet
werden sollen; gestalt ihr denn / sobald ihr dergleichen
|| [133]
erfahret / solches ohnverzüglich anhero zu referiren habt. Geben
Wolffenbüttel den 3. Jun. 1707.
Fürstl. Braunschw. Lüneburg. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.
XIII. Weiland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg vor Jahren
an ein und andern Beambten abgelassener Landes-Fürstlicher Befehl.
LIeber Getreuer etc. Nachdem bey Unsern Consistorio zu unterschiedlichenmahlen
von denen Pastoribus Beschwerden und Klagen deßhalben einkommen / daß bey dem
Mist-Abfahren und Pflügen sie nicht allein grosse Unkosten aufwenden / sondern
auch allerhand Ungelegenheit daher / daß in ihren Häusern solche Sauff-Gelage in
ihren Beywesen jedesmahl gehalten wurden / über sich nehmen müssen. Wenn Wir nun
solche Mist- und Pflug-Gelage in der Pastoren Häusern hinführo aus angeführten
und mehren uns dazu bewegenden Ursachen zu dulden oder nachzugeben gar nicht
gemeinet: Als ist unser ernster Wille und Befehl / daß du Unsern dir
anvertraueten Unterthanen / weil es des Orts also hergebracht / andeutest daß
sie zwar ferner dem Pastori, gleichwie vorhin / den Mist zu rechter Zeit von
ihren Pfarr-Höfen abfahren / auch den Acker zu rechter Zeit pflügen / die Pflug-
oder Mist-Fuhr-Gelage aber nicht in den Pfarr-Häusern anstellen / sondern
allerdings zufrieden seyn sollen / wenn ihnen von dem Priester ein halb Faß Bier
und das Morgen-Brod gegeben / und solches in einem und andern Hause zu verzehren
und auszutrincken freygestellet wird.
|| [134]
Solten aber die
Leute wegen dieser Veränderung denen Priestern ihren Acker entweder gar nicht /
oder nicht zur rechten Zeit pflügen / und den Mist abfahren wollen / wie es
vorhin an jedem Orte hergebracht und gehalten / Alsdenn sollen sie wegen solches
Ungehorsahms und Versäumniß dem Priester den daher verursachten Schaden und
Abgang erstatten / und dabeneben annoch in willkührlicher Straffe verfallen
seyn. Solches ist Unser ernster Wille und Meynunge / und hast dich darnach zu
achten; Datum in Unsrer Vestung Wolffenbüttel / den 28. Augusti 1651.
Augustus / H. z. B. u. L.
XIV. Fürstl. Consistorial-Ausschreiben an alle General-Superintendenten. Daß
auf denen Dörffern auch den Sommer über / (jedoch die Erndte-Zeit ausgenommen)
des Tages zweymahl Schuel gehalten werden soll.
WEil man hin und wieder von denen Kirchen-Visitationen vernehmen muß / wie die
Kinder-Zucht auf den Landen insonderheit daher in Abgang gerahte und die Jugend
bey denen Catechismus-Lehren und examinibus so schlecht befunden werde / daß die
Eltern die Kinder des Sommers nicht zur Schulen schicken / und diese des Sommers
in solcher Zeit gantz wieder vergessen was ihnen des Winters durch grosse Mühe
etwa beygebracht worden / und dann die Nohtdurfft erfodert daß deßhalb nöhtige
Versehung geschehe; Als befehlen Nahmens
|| [135]
Unser
gnädigsten Fürsten und Herrn Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich
gesinnend / daß ihr die fernere Verordnung in eurer Inspection ergehen lasset /
damit die Eltern ihre Kinder auch im Sommer / die Erndte-Zeit ausgenommen / alle
Tage wenigstens nur 2. Stunden gegen Entrichtung des halben Schuel-Geldes
unnachläßig zur Schulen auch sonst im übrigen fleißig in die Catechismus-Lehren
schicken müssen / damit sie um so viel ehender in ihren Christenthum und sonst
in Lesen und Schreiben unterrichtet / und dergleichen querelen hiernechst weiter
nicht gehöret werden mögen. Dessen etc. Geben Wolffenbüttel den 31. Oct. Anno
1708.
Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.
XV. Mandatum An die General-Superintendenten wegen restringirten bauens von
denen Kirchen-Geldern.
NAchdem Wir vernommen / daß verschiedene Prediger auf dem Lande ihres Orts nach
eigenen Gefallen und ohne vorher eingezogenen Consens des Fürstl. Consistorii
oder der Kirchen-Visitatoren die Kirchen-Gelder an ihren Pfarr-Gebäuden und ofte
gar unnöhtiger Weise verbauen sollen / Als befehlen Nahmens Uns. gnäd. Fürsten
und Herrn Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr
allen und jeden in euer Gen. Inspection verhandenen Special-Superintendenten und
Pastoribus Krafft dieses kund thut / daß keiner derselben hinführo sich weiter
unterstehen soll eigens Gefallens und ohne Consens des Fürstlichen Consistorii,
oder daß es bey denen Kirchen-Visitationen besichti
|| [136]
get und höchstnöhtig befunden worden / die Kirchen-Gelder anzugreiffen
und zu verbauen / wann es mehr denn einen halben Thlr. importiren solte; Falls
aber ein oder ander sich dennoch diesem zuwieder dergleichen mehr zu thun
gelüsten lassen solte / solches in den Rechnungen nicht mehr passiret / sondern
er die über einen halben Thaler sich belauffende angewandte Bau-Kosten de
propriis der Kirchen wieder ersetzen solle. Geben Wolffenbüttel den 8. Mart.
1707.
Fürstl. Braunschw. Lüneb. verordnete Consistorial- und Kirchen-Rähte.
XVI. Extract Landes-Abscheides de Anno 1601.
ANfänglich die Religion, auch Kirchen-Ordnunge und was derselben anhängig
belangend / soll es bey dem von weyland dem Durchl. Fürsten und Herrn / Herrn
JULIO, Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Christmilder Gedächtniß mit
gutem reiffen Naht verfasten und publicirten Corpore Doctrinae und
Kirchen-Ordnunge durchaus gelassen / derowegen dann eine ungleiche oder widrige
Lehre öffentlich oder heimlich einzuführen so wenig den Unterthanen als
Landes-Fürsten verstattet / sondern die Unterthanen / da über kurtz oder lang
durch GOttes Verhängniß (welches seine Göttliche Allmacht gnädiglich abwenden
wolle) der regierende Landes-Fürst etwas Widriges ihnen aufdringen wolte /
deßwegen daß sie darinn Sr. F. G. nicht folgen können / nicht beungnadiget
weniger in einige Wege beschweret / vielmehr aber dey jetztgemeldter Lehre nach
Innhalt oberwehnter Kirchen-Ordnung und des Corporis Doctrinae unverhindert
geschützet;
|| [137]
Dann ferner das Jus Patronatus einem
jeden / der dessen befugt und es geruhiglich Bona fide hergebracht hat / sich
dessen innerhalb Sechs Monaten von Zeit eingefallener vacantz zu gebrauchen und
eine qualificirte Persohn nach seinem Wolgefallen dem Fürstlichen Consistorio,
(welches nicht allein mit geistlichen Persohnen / sondern auch jedesmahl mit
politischen Rähten zu bestellen) zu praesentiren / auch fürters / wann damit
nachfolgender Gestalt verfahren / zu belehnen ohne Einrede vergönnet / und
darauf der praesentirte auf vorgelegte Kundschafft seines Lebens innerhalb zwey
Tagen von den Fürstlichen Consistorio zu Wolffenbüttel mit Hindansetzunge aller
beförderlichen oder verhinderlichen affecten examinirt / darzu seine
Prob-Predigt dabelbst / wofern er nicht selber dilationem bitten wird / den
nechsten Predig-Tag darnach angehöret / und darauf wenn er tüchtig befunden an
den Superintendenten und Gerichts-Herrn des Orts / dahin er gesetzt werden soll
/ nicht allein zu Erlangung der vocation, (die dann nach angehörter Predigt die
Pfarr-Kinder ihme mittheilen / oder aber / wann sie aus erheblichen beständigen
Ursachen ihn an Lehr und Leben zu straffen haben / inmassen mehrgenandte Fürstl.
Kirchen-Ordnunge ausdrücklich vermag / wol abschlagen mögen) sondern auch / wann
es damit richtig und die vorgeschlagene Persohn allbereit ordinirt / zur
Immission zugleich verschrieben / dieselben auch vom Superintendenten in Beyseyn
des Gerichts-Herrn oder seines Befehlhabers in der Kirchen nach Buchstäblichen
Innhalt vielberührter Fürstlichen Kirchen-Ordnunge / ausser der Kirchen aber in
Gegenwart des Superintendenten vom Gerichts-Herrn oder seinen Befehlshabern in
die Pfarr-oder Caplaney / wie auch die dazu gehörige allda gelegene Güter /
Zinse / Renthe und Gefälle verrichtet / und die Fürstlichen Beamten an den
Oertern / da die Gerichte dem gnädigsten Landes-Fürsten immediate nicht
zuständig / darzu nicht gezogen / sonsten aber / wann die Persohn / so vor
seinen künfftigen Pfarr-Kindern die Prob-Predigt gethan / noch nicht ordinirt /
nach erlangter vocation vom Fürstlichen Consistorio zur ordination verwiesen /
von ihm aber mehr als zwey Tha
|| [138]
ler nicht
genommen / ferner auch mit dem Immission Befehl / so inmittels vom
Consistorial-Secretario zu verfertigen / schleunig befürdert / und deßwegen oder
sonsten im Fürstlichen Consistorio über die moderirte Tax nicht geschätzet
werden. Wie dann auch / wenn der praesentirte in dem examine und der
Prob-Predigt / dazu mit seinen testimoniis vitae nicht bestanden / oder ihme aus
erheblichen beständigen Ursachen die vocation verweigert worden / dem Patrono
eine andere qualificirte Persohn dem Fürstlichen Consistorio obberührter massen
vorzuschlagen / auch denen vom Adel und andern / welche neben dem patronat die
Untergerichte haben / sowol der praesentirten examinibus als auch / wann
dieselben in Lehr und Leben straffbahr befunden und deßwegen entsetzet werden
sollen / der Summarischen Verhör und Cognition, deßgleichen den visitationibus
jederzeit mit beyzuwohnen / nicht allein zu vernehmen wie damit verfahren wird /
sondern dabey ihr Bedencken und Gutachten ohne Scheu zu eröffnen und denen vom
Adel und andern / so ihr eigen Untergericht und solches daselbst hergebracht
haben / wann sie vorher dem General-Superintendenten aller und jeder
Pfarr-Kirchen / Schulen / Caplaney und anderer der Ends verhandener und
befindlichen Geistlichen Güter (mit Vorbehalt derer / so inkünfftig weiter
ausfündig gemacht und füglich dabey gebracht werden mügen / ein richtigs Corpus
zugefertiget / und dasselbige fürter von ihm ins Fürstliche Consistorium
geschickt) darauf die Rechnung jährlichs von den verordneten Vorstehern wie von
Alters hergebracht einzunehmen zugelassen / auch / da der generalis
Superintendens etwa begehrt / was jährlichs aufkommen und wohin es gewendet /
demselben zur Nachrichtunge Abschrifft mitgetheilet; sonsten aber die
Kirchen-Rechnung in beyseyn des Superintendenten eingenommen / über das auch im
Fürstlichen Consistorio mit andern Pastorn und Predigern / wann sie von ihren
Patronis, Pfarr-Kindern oder sonsten kündlich beschuldigt / nicht durch die
Finger gesehen / sondern hierinn und sonsten in alle Wege / Innhalts
mehrbemeldter Fürstlichen Kirchen-Ordnung / jederzeit ge
|| [139]
stalten Sachen nach mit Entsetzung oder sonsten der Gebühr
verfahren werde. Ferner auf vorhergehende praesentation deren / die es befugt
und hergebracht haben / die Schuel-Diener vom General-die Custodes aber vom
Special-Superintendenten jedes Orts zu Verhütunge grosser Zehrunge examinirt /
auch ihre testimonia vitae angenommen / und darauf nach Befindung / wie auch
hernacher auf ihr Ubelhalten mit ihnen vermüge vielgemeldter Fürstlichen
Kirchen-Ordnunge gebühret / und die / daran keine Besserung zu hoffen / oder die
ohne Aergerniß / Gefahr oder Nachtheil der lieben Jugend nicht zu dulden / mit
Zuthun der Gerichts-Herrn ungesäumt abgeschaffet: Gleichwol aber gemeldten
Superintendenten sich hierunter mit Geschencken oder in andern unziemliche Wege
um Gunst oder Ungunst willen nirgends zu bewegen zu lassen / und sich bey
Einnehmunge der Kirchen-Rechnunge und Verrichtunge der visitation der
übermäßigen Zehrunge und aller Händel so ihnen in der Fürstlichen
Kirchen-Ordnunge nicht befohlen / gäntzlich äussern; Imgleichen der Fürstlichen
Kirchen-Ordnung hierinn und sonsten / wie auch in allem / was darinn ihnen und
allen Praedicanten / als nemlich curirn, procurirn, advocirn, Partheyen zu
verhören / vor sich Ehe zu scheiden und die / so sich mit einander versprochen /
von einander zu handeln / oder sonsten Abscheid unter den Partheyen aufzurichten
/ mit Abweisung vom heiligen Abendmahl oder andern Christlichen Ceremonien die
Leute zu verträgen gleich zu zwingen / und derogleichen Verboten sich gemeß zu
verhalten bey Verlust ihres Dienstes ernstlich eingebunden; Jedoch den Kirchen-
und Schuel-Dienern von deme / was ihnen gebühret / nichts entzogen / sondern
dasselbige ihnen willig und vollkömmlich zu rechter Zeit gereicht / auch dabey
jedes gute Christliche Zuneigunge gegen das Ministerium im Werck erwiesen /
darzu ihnen zu Erlangunge des ihren durch jedes Orts unmittelbahre Obrigkeit
jedesmahls die hülffliche Hand geboten / hinwieder aber durch Verweigerunge
ihres anbefohlenen Amtes / unleidliche Diffamation oder sonsten unordentlicher
Weise solches von den Leuten
|| [140]
zu erzwingen / oder aus
den accidentien und Verehrungen / deren Maaß und Ziel vor diesem willkührlich
gewesen / eine sonderbahre bedrängliche Schatzunge oder aus Mittheilung ihres
Amts eine Krämerey zu machen ihnen nicht gestattet / sondern mit deme / was von
Alters gewiß gewesen / und dann in willkührlichen Fällen / was eines jeden guter
Wille ist / begnügig / oder wann sie sich daran nicht kehren endlicher
Entsetzunge gewärtig zu seyn ohnnachläßig auferlegt; Und denen vom Adel / wie
sichs am füglichsten schicken wil / entweder in ihren Häusern / jedoch in
Gegenwart ihrer Gevattern / Freunde und anderer mehr ehrlicher Leute / oder in
der Kirchen ihre Kinder-Tauffen / wie auch nach Gelegenheit an diesem oder jenem
Orte ebenermassen sich und ihre Kinder / wann sie öffentliche Verlöbniß vorher
gehalten / und sich acht Tage vor den hochzeitlichen Ehren-Tagen auf der Cantzel
des Orts / da das Beylager geschehen soll / daß GOTT ihnen zu bevorstehenden
Ehren-Stande seinen gnädigen Seegen verleyhen / wolle / öffentlich vor sich
bitten lassen / und also ihr Christlich Fürhaben in der Gemeinde GOttes vorher
offenbahr gemacht haben / durch den Pfarr-Herrn ehelich copuliren zu lassen frey
gegeben.
Art. 1.
VOrs erste sollen alle drey Stände und gemeine Unterthanen dieses Unsers
Fürstenthums bey rechter / wahrer / erkandter und bekandter Religion der
Augspurgischen unveränderten Confession, in Anno der weniger Zahl 30. aufm
Reichs-
|| [141]
Tage zu Augspurg übergeben /
item Corpore Doctrinae Julio und Kirchen-Ordnung dieses Fürstenthums gemeß /
Innhalts der dieser wegen ausgegebenen Fürstlichen Reversen und Assecurationen
manutenirt / geschützet und darüber in keinerley Wege beschwert werden.
Art. 2.
Vors ander / wie dann auch keine frembde Lehr / wie die Nahmen haben mag / als
dieselbe in Corpore Doctrinae Julio und der Fürstlichen Kirchen-Ordnung
specificirt und ausgesetzt seyn / vielweniger aber die unglaubige /
Gotteslästerliche Juden / vermöge des Saltzdalmschen Abschiedes Art. 24. noch
jemands anders / so verdächtige Lehre spargiren / defendiren oder propagiren
wolte / gelitten / und damit man sich deßfals destoweniger Unheils und
Verwirrung in Religions-Sachen zu besorgen haben möge / nicht allein die
Special-Visitationes der Pastoren und Kirchen fleißig gehalten / die befundene
Mängel ins Fürstliche Consistorium eingeschicket / daselbsten abgeschafft / und
da nöhtig / die allgemeine visitation angestellt / Sondern auch bey Annehmung
der Geist- und Weltlichen Rähte / Secretarien und anderer vornehmer Officirer
allhier im Consistorio, bey Hofe und auf den Lande / wie auch vornemlich der
Professoren in der Julius Universität zu Helmstädt in auffrichtender Bestallung
(gestalt diejenige Professoren zu Helmstädt / welche allbereit in der Julius
Universität in Bestallung seyn / sich dazu habilitirt machen sollen) in Acht
genommen / und darauf die Eydes-Pflicht abgeleget werden daß sie und ein jeder
sich zu der unveränderten Augspurgischen Confession und Corpore Doctrinae Julio
bekennen / darüber steiff und fest halten und dagegen nichts einreissen lassen
wollen / da aber allvorigem zuwider etwas einreissen und gespührt würde / daß
darauf die Pastoren und Superintendenten gute Achtung geben / und nach Befindung
unserm Consistorio berichten sollen.
|| [142]
Art. 5.
Vors fünffte / das geistliche Consistorium soll sich / vermöge und Innhalts der
Kirchen-Ordnung dieses Fürstenthums und gemeiner Rechte in den Schrancken
Ecclesiasticae Jurisdictionis verhalten / und dieselbe nicht überschreiten; auch
in vorfallenden Sachen den Geistlichen zur Ungebühr vor den Weltlichen nicht
favorisirt / vielweniger denselben übergeholffen / Sondern nach Befindung mit
gehörigem Ernst angesehen / auch in klaren undisputirlichen Schuld-Sachen vor
den Superintendenten jedes Orts wieder sie procediret / und nach Befindung der
Gerichts-Herr daselbsten von den Superintendenten um Erlangung der Execution
requirirt und angeruffen / wie imgleichen bey dem Pastorn der Mißbrauch mit
Holhippen / Boldern / Schnarchen / Verbannen auf und ausser der Cantzel (jedoch
vorbehaltlich des hoch-nohtweidigen Straff-Amts) abgeschaffet; die Consistoria
generalia alljährlich und so offt es die Nohtdurfft erfodert angestellt und
gehalten / die übermäßige Zehrung und Aufgang bey den Kirchen-visitationen und
Rechnungen eingezogen / und jedes Orts die Gerichts-Herrn neben den
Superintendenten allein darzu gezogen und / da die vom Adel und andere die
Gerichte haben oder die Coercition beständig und rechtmäßiger Weise hergebracht
/ die Beamte darzu nicht verstattet / noch auch den Kirch-Vätern zugelassen
werden den Pastoribus und Superintendenten von den Kirchen-Geldern / ohne
Vorwissen des Consistorii, wie auch dero der Augspurgischen Confession
Verwandten und allhie in diesem Fürstenthum Braunschweig gesessenen Patronen
etwas vorzustrecken / vielweniger aber sie die Kirch-Väter etwas davon zu ihrem
eignen Gebrauch zu nehmen / sondern an sichere Oerter um Zinß auf gnugsahme
unterpfändliche Versicherung auszuthun.
|| [143]
XVIII. Weyland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschw. und Lüneb. Tauff-Ordnung.
ALs Wir eine Zeithero nicht ohn ein sonderbahres ungnädiges Mißfallen vernehmen
müssen daß / wann GOtt der Allerhöchste den Ehe-Leuten einen Ehe-Seegen
bescheret hat / und das Kind getauffet werden soll / sich allerhand Ungebühr
dabey gefunden / indem die Tauffe fast späte angestellet / mit dem
Gevattern-bitten eine sonderliche Krämerey getrieben / und zehen / auch wol mehr
Gevattern auf einmahl gebeten / und an den Tauff-Tagen grosse Gastereyen und
Gelage angestellet werden; Wodurch dann nicht nur der Kinds-Betterinnen viel
Unfalls zu Zeiten zugezogen wird / sondern auch dem Hauß-Wirthe / da er seinen
Haußhalt alsdann wegen der Frembden einstellen muß / nicht geringe Ungelegenheit
entstehet Wir aber einem solchen weiter nachzusehen gantz nicht gemeinet seyn;
So setzen / ordnen und wollen Wir demnach / zum Ersten / daß wann GOTT den
Ehe-Leuten einen Ehe-Seegen bescheret / und dieselbigen mit Kindern begabet hat
/ die Eltern sorgfältig dahin trachten und sehen sollen / daß die Kinder zeitig
mit der heiligen Tauffe versehen werden / und nicht umb grosser Zubereitung oder
anderer Prätexte halber / viele Tage und Wochen ungetaufft liegen bleiben /
sondern zum wenigsten innerhalb vier Tagen nach der Gebuhrt und zwar in der
Kirchen öffentlich getauffet werden. Da aber ausser Unserer special-Concession
die Eltern sich diesem nicht gemäß bezeigen würden / sollen dieselbe in zehen
Thaler Straffe gefallen seyn.
|| [144]
Es sollen / zum Andern / nicht mehr dann drey Persohnen zu einem Kinde (es seyn
die Eltern hohes oder niedriges Standes / Geist- oder Weltliche / in
Hof-Krieges-Cantzley- oder andern Diensten) zu Gevattern gebeten werden. Dann
Wir diese so schädliche ärgerliche Krämerey / die man mit den tauffenden Kindern
bishero angestellet hat / gäntzlich hiemit abgeschaffet und ernstlich verboten
haben wollen. Solte sich aber einer unterstehen dieser Unserer Ordnung zuwieder
zu handlen / so soll derselbige für einen jeden Gevattern / welchen er über
obbesagte drey Gevattern gebeten / dreißig Reichsthalet unnachläßig zur Straffe
erlegen.
Ebenmäßig wollen und setzen Wir / zum Dritten / hiemit daß der Hebe-Ammen und
denen Frauen / welche der Kindes-Betterinnen in ihren Kindes-Nöhten beygewohnet
/ um den Mittag oder Abend / wann die Fraue eines Kindes genesen / eine Mahlzeit
von vier / sechs / oder zum höchsten acht Essen / jedoch ohne Confect, Marcipan,
oder dergleichen zubereitet und sie da rzu geladen und behalten werden mögen.
Auf den Tag aber / zum Vierdten / wann das Kind getauffet wird / und so lang die
sechs Wochen währen / wie auch bey dem Kirch-gange soll weder den Gevattern noch
den andern Frauen / die zur Tauffe folgen / einige Gastereyen angestellet
werden.
Jedoch lassen Wir / zum Fünfften / zu daß denjenigen Frauen die das Kind mit zur
Tauffe begleitet / den Nachmittag / wann sie mit dem Kinde aus der Kirchen
wieder zurück kommen / etwas Gebackens / an Kuchen / Butter / Käse / zu samt
einem Truncke Weins / sowol auch Unseren hohen Officirern / und Bedienten / und
denen / so vermöge Unser Hochzeit-Ordnung Art. 10. zu denselben gerechnet
werden; Denen in den andern Classibus aber / nur nebst dem Gebackens / an Kuchen
/ Butter und Käse ein Trunck Bier aufgesetzet und sie bis zu vier oder fünff Uhr
zu Abend damit bewirthet werden. Wann aber einer hierüber ein mehres thun würde
/ so soll der Verbrecher in zwantzig Thaler Straffe verfallen seyn.
|| [145]
Zum Sechsten / sollen bey den Bauren auf dem Lande alle Gelage bey den
Kindtauffen / bey Straffe zehen Gülden / hiemit abgestellet und verboten seyn.
Worbey Wir aber / zum Siebenden / den Fall / da etwa nahe Anverwandten und
Freunde von andern Orten zu Gevattern gebeten und erschienen wären / ausgenommen
und den oder dieselbige alleine in etwas zu bewirthen verstattet haben wollen;
Es sollen aber / bey Straffe zehen Gülden / keine andere darzu erbeten werden.
Zum Achten / soll alles dasjenige / was Wir bey dem einen und anderen Punct von
Gastereyen und Speisen zugelassen und vergönnet haben / bey denen Kindtauffen /
da die Mütter zu zeitig in die Wochen gekommen seynd / gäntzlich abgeschaffet
und keines weges verstattet seyn bey Straffe zwantzig Reichsthaler.
Als auch / zum Neundten / ein Christlicher Gebrauch in Unserm Fürstenthum und
Landen bishero gebracht und beobachtet worden / daß bey dem Kirchgange die
Mutter nebst ihrem Kinde in der Kirchen von dem Pastore öffentlich sich
einsegnen lässet; So wollen Wir solche Ordnung ferners gehalten haben.
Wolffenbüttel den 28. Octob. 1646.
XIX. Vormahliges Landes-Fürstliches Ausschreiben in Kirchen-Sachen / de Anno
1593.
VOn BOttes Bnaden Wir Heinrich Julius / postulirter Bischoff zu Halberstadt / und
Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / etc. Entbieten allen und jeden Unsern
Praela
|| [146]
ten / Grafen / Herrn / vom Adel /
Großvögten / Vice Rectori und Professoren in Unser Julius Universität zu
Helmstädt / General- und Special-Superintendenten / Pastoribus, Ober- und
Amt-Leuten / Bürgermeistern und Rähten in Städten / Amt-Schreibern / Vögden /
Bürgern / Bauers-Leuten / und allen andern Unsern Unterthanen / Unsere geneigte
Gunst / und geben euch hiemit gnädig zu erkennen / daß uns glaublich fürkömmt /
ob wol weyland Unser geliebter Herr Vater / Herr Julius. Hertzog zu Braunschweig
und Lüneburg etc. Hochlöblicher Christmilder Gedächtniß zu Anfang Sr. L.
Regierung / als damahls Regierender und der Augspurgischen Confession verwandter
Landes-Fürst / mit Sr. L. und nunmehr Unserer Landschafften Beliebung eine
Christliche und in GOTTes Wort wolgegründete Kirchen-Ordnung / darnach man sich
in Lehr und Ceremonien, wie auch in Ehe- und andern geistlichen Sachen richten
solte / promulgiren lassen; Daß gleichwol etliche Unsere Land-Stände /
Amts-Leute / Burgermeister und Rähte in unsern Städten / Schuldheissen / Richter
/ und andere Befehlshaber / so in Unsern Fürstenthumen / Graf- und Herrschafften
/ Obrigkeit und Gericht zu verwalten haben / solcher Unser Kirchen-Ordnung zu
gehorsamen und ob derselben zu halten / ingleichem Unsers in derselben
bestätigten Consistorii Decretis, Urtheilen / Bescheiden / Commissionibus,
Inhibitionibus, Citationibus und andern Processen zu pariren / oder dieselbe zu
exeqviren zu Zeiten sich weigern oder seumig erzeigen; Daß auch / fürs andere /
mit der Kirchen-Disciplin allerley Ungleichheit und Unrichtigkeit fürlauffen /
indem daß etliche Prediger mit denjenigen / so Abgötterey / Gotteslästerung /
Zauberey / Todtschlag / Ehebruch / Hurerey / oder Diebstahl begehen / oder in
Neid und Haß / Fressen und Sauffen / Geitz und dergleichen öffentlichen Sünden
leben / sonderlich / da es fürnehme und solche Persohnen seyn / dahero sie oder
die Ihren etwas zu gewarten oder sich zu befahren haben / durch die Finger sehen
/ Andere aber nach ihrem eigenen Wolgefallen bisweilen auch um ihrer
Privat-Sachen und Irrungen willen / wel
|| [147]
che sie
oder ihre Angehörigen mit den Leuten haben / dieselben von der heiligen Tauff /
absolution und Nachtmahl Christi abweisen / auch öffentlich von der Cantzel
nicht mit der Schrifft sondern Ehrrührigen Schmehe-Worten nahmhafftig / und aufs
ärgeste ausmachen / und nach ihrem eigenen Gutdüncken mit der öffentlichen Busse
belegen; Wie dann auch / zum dritten / daß in und bey etlichen
Special-visitationibus, sowol auch in Aufnehmung und Haltung der
Kirchen-Rechnungen grosse Aufschläge gemachet / und übermeßige Zehrungen
geschehen / dadurch nicht allein vielen Kirchen-Vorrahts und Aufkünfften / so zu
derselben Erbauung / und dergleichen milden Sachen gebraucht werden solten /
erschöpfft und herdurch gebracht / sondern auch Unsere arme Unterthanen / denen
es zum Theil mit ihrer Hand-Arbeit säurlich zu erwerben ist / alldieweil der
Kirchen Einkommen nicht einlangen wil / zu vorgedachtem Zehren von dem Ihrigen
etwas contribuiren und zulegen müssen. Wann Wir nun über der Uns anererbten
Christlichen Kirchen-Ordnung / daß derselben von allen den Unsern / sie seyn weß
Standes sie wollen / wie obstehet / durchaus und in allen Puncten gehorsahmet
und nachgesetzet werde / mit GOttes Hülff zu halten bedacht und entschlossen /
auch Unsers verordneten Consistorii Befehle / Citationes, Bescheide und alle
andere Process nicht weniger als Unserer Raht-Stuben und Hof-Gerichts-Befehl /
Urtheil und anders observiret und denselben pariret haben wollen / deßgleichen
Unser Kirchen-Ordnung zu wiederlauffende Unrichtigkeiten / beydes mit
Unterlassung oder Mißbrauch der Kirchen-Disciplin und Verschwendung der
Kirchen-Güter nicht zusehen können / noch dasselbige vor GOtt dem Allmächtigen
zu verantworten wissen; Als gebieten und befehlen Wir aus hoher
Landes-Fürstlicher Obrigkeit Euch allen sambt und sonderlich hiemit ernstlich
und wollen / daß ihr alle / keinen ausbescheiden / euch nach Unser publicirten
Kirchen-Ordnung / so viel die eines jeden Persohn / Ambt und Standt betrifft /
richtet / derselben in allen puncten nachsetzet / Imgleichen Unsers Consistorii
ausgehende Schreiben / Mandata, Citationes,
|| [148]
Decreta,
Commissiones, Urtheil / Executoriales und alle andere Process, sie seyn von Uns
unterzeichnet oder nicht / wann sie nur unter Unserm Consistorial-Secret von
Unserm Stadthalter oder Cantzler / oder je von einem Unserer Kirchen-Rähte /
denen Wir es in einem sonderbahren Schreiben in specie befohlen / unterschrieben
abgehen / nicht in geringerm Respect und Observantz / als Unserer Fürstlichen
Raht-Stuben und Hof-Gerichts Befehl und Process haltet / sondern denselben
durchaus gelebet; Imgleichen / daß hinführo kein General- oder
Special-Superintendens, Pastor oder Capellan sich unterstehe propria autoritate
und für sich selbst ohne Unsers Geistlichen Consistorii Erkandtniß und Befehl
jemand zu bannen / von der Christlichen Gemeinde zu excludiren / von der Beicht
/ Tauff oder Nachtmahl abzuweisen / oder öffentliche Abbitt und Kirchen-Straff
aufzulegen / Sondern Innhalts Unser Kirchen-Ordnung darinn procediren und
verfahren soll; Da aber die Sache je so lästerlich und ärgerlich / daß ohn
mercklichen Nachtheil der Kirchen die Straff nicht wol verzogen werden könte /
daß alsdann der Pastor damit nicht warte bis der beschuldigte zu Gevattern
stehen solle / oder zur Beicht komme / sondern alsbald die straffwürdige Persohn
für sich allein bescheide / sich ihres begangenen excessus erinnere / auch zu
Busse ermahne / und daß er selbigen an das Fürstliche Consistorium Amts halber
gelangen lassen müsse / auch ehe er dahero wie es mit ihr zu halten Bescheid
erlangt / allerhand Aergerniß und Unrichtigkeit zu vermeiden / sie zur
Gevatterschafft und heiligen Nachtmahl (jedoch den Nohtfall / da kein
bußfertiger zu versäumen / in allewege ausgenommen) nicht gestatten könne / mit
guter Bescheidenheit vermelde / auch darauf ohn allen Verzug solchen Fall sammt
seinem Raht und Gutdüncken ungesäumt an den Superintendenten des Orts / oder /
da derselbe weit abgesessen / an Unser Consistorium mit guten satten wahren
Grunde und allen nohtdürfftigen Umständen und sonderlich / ob der Sünder sich
bußfertig oder halsstarrig erzeige / mit Hindansetzung aller affection,
schrifftlich berichte / dabey die Wahrheit nicht verschweige / noch
|| [149]
auch jemands mit mehrem als befindlich beschuldige /
und darüber nach der Persohnen Verhaltung und Halsstarrigkeit unsers oder unsers
geistlichen Consistorii gebührlichen Bescheides erwarte. Und damit sich des
Verzugs halber niemand zu beklagen habe / sollen Unsere Beamte solche von den
Superintendenten oder Pastorn ihnen zugebrachte Briefe / wo sonsten gleich keine
Botschafft verhanden / jedoch ungesäumt bey der ersten ablauffenden Post / in
Unser geistlich Consistorium schicken; da dann Unsere deputirte Consistorial-
und Kirchen-Rähte solche Sache bey sich nicht liegen lassen / sondern
fürderlichst verabscheiden / und beantworten; Und / weil dieses keines weges von
uns dahin gemeinet daß mit denen / so öffentlich gesündiget / durch die Finger
gesehen werden solle / dieselbige unsere Kirchen-Rähte die unnachläßige
Beschaffung thun sollen / daß niemand übersehen / sondern vielmehr ohne Ansehen
der Persohnen allenthalben nach Befindung der Sachen und aller Umstände die
gegebene Aergerniß gestraffet und gebührlich abgeschaffet / auch darinn zu
Besserung der Sünder und zu Erbauung der Chrstlichen Gemeinde gewisse Ordnung /
Richtigkeit und Gleichheit gehalten werde; Und dann schließlich / daß die
unnöhtige Zehrunge und Aufschläge / so bey den Special-visitationibus und
Kirchen-Rechnungen bishero an etlichen Oertern zur Ungebühr geschehen / hinführo
gäntzlich unterlassen werden / und die Superintendenten / wenn sie ausziehen /
keinen grossen Comitat mit sich führen / sondern nur eine Persohn allein; Wie
auch Unsere Amt-Leute / wenn sie zu Aufnehmung der Kirchen-Rechnung reisen /
nicht einen hauffen Volcks / von Amts-Dienern / Vögten / Knechten / Jungen /
auch Amts-Unterthanen / wie bisher geschehen / mit sich nehmen oder nach
bescheiden / sondern allein und solcher gestalt / wie ein jeder von uns mit
Kleidung und Pferden unterhalten wird / ankommen / bey Verrichtung der
visitation und Kirchen-Rechnung sich an nohtwendigem Essen und Trincken / wie es
jedes Orts Gelegenheit gibt / genügen lassen / mit Einkauffung Weins oder
Auflegung gantzer Tonnen oder Faß Bier die Kirchen und armen Leute nicht
beschweren / sondern so viel als nöhtig / aus der Schencke oder dem
|| [150]
Kruge Bier holen lassen / sonsten aber allerdings
keine Gelage oder Gastereyen weder bey noch nach verrichteter Arbeit deßfalls
anstellen; denn / da dem zuwider etwas geschehen wird / soll solches in Rechnung
nicht passiren / noch auf die Kirchen oder Gemein des Orts / sondern auf
dieselben / so es verzehret / geschlagen werden / die auch solches zu bezahlen
schuldig seyn sollen. Das meinen wir allerseits ernstlich / und geschicht daran
Unser zuverläßiger Wille. Geben auf Unser Veste Wolffenbüttel den 6. Januar.
1593.
XX. Erneuertes Landes-Fürstl. Edict gegen die Entheiligung des Sabbaths.
VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg etc. Fügen
hiemit zu wissen / Als Wir zu Unserm äusersten Mißfallen und sonderbahren
Leydwesen Zeithero erfahren / wie wenig denen von Uns und Unseren Vorfahren an
der Regierung gegen die Entheiligung des Sabbaths publicirten in dem heiligen
Wort und Gebot GOttes gegründeten Edicten nachgelebet / und wie vielmehr
darentgegen mit vorsetzlicher Verachtung des ordentlichen Gottesdienstes der
Sabbath entheiliget / auch so gar mit liederlichen sündlichen Leben auf
unzähliche weise bißher geschändet worden; Und Wir Uns dannenhero genöhtiget
finden nicht nur solche heilsahme Verordnungen zu erneueren / sondern auch
dieselbe durch schwere Hand zum effect bringen / und die vorsetzliche Ubertreter
empfindlich bestraffen zu lassen;
|| [151]
1.
So wollen Wir zwar Anfangs aus Landes-Väterlicher Liebe zu Unseren getreuen
Unterthanen dieselbe samt und sonders hiemit wolmeinentlich ermahnet haben / daß
Sie mit aufrichtigen Hertzen sich befleißigen sollen wie zu aller Zeit in der
Furcht GOttes zu leben / also auch vornemlich an denen in Unser Christlichen
Kirchen geordneten HErrn-Fest-Bet- und Feyer-Tagen mit Anhörung des Göttlichen
Worts / andächtigem Gebet und heiligen Leben den Willen und das Gebot GOttes zu
fürchten / zu ehren und selbigem zu gehorsahmen / keines weges aber diese
eintzig und allein zu dem Dienste GOttes besonders gewidmete Zeit und Tage mit
weltlichen Wercken zu beflecken / vielweniger mit sündlichen Leben zu
entheiligen.
2.
Wir gebieten aber ferner hiemit aus Landes-Fürstlicher Macht / daß an denen
HErrn-Fest-und Bet-Tagen alle weltliche Geschäffte und Handlungen / die bestehen
worinn sie wollen / gäntzlich unterlassen werden / und niemand dergleichen
vorzunehmen sich unterstehen soll.
3.
Deßwegen dann alles Fahren / Reiten und Gehen aus den Thoren und aus denen
Dörffern (es könte dann daß solches die höchste Noht erfodert erwiesen werden)
sowol vor als unter währenden Gottesdienst wie auch zwischen denen Predigten
ernstlich verboten / und niemand / ausser Fremden so eben auf ohnabwendlichen
Reisen begriffen / solches verstattet seyn soll.
4.
Sollen an solchen Tagen keine Kram-Laden / Fleisch-Scharren und andere Kauff-und
Handlungs-Boutiqven geöffnet / auch kein Korn oder Maltz zur Mühlen geschicket
werden / bey zwantzig Rthlr. Straffe.
5.
Wie dann auch an solchen GOtt geheiligten Tagen alles Brauen / Backen /
Schlachten / Einsaltzen / samt denen zu solchen Geschäfften erforderten
Vorbereitungen / bey Vermeidung zwan
|| [152]
zig Rthlr.
Straffe / oder dem Befinden nach Achtägiger Gefängniß bey Wasser und Brodt /
aller Orten gäntzlich unterlassen / auch nach völlig geendigtem Gottesdienste
ausser sonderbahren Nohtfällen nicht verstattet werden soll.
6.
Alle Ausladung und Abfuhr des Biers soll an diesen Tagen keines weges zugelassen
sondern / bey Confiscation des Biers / und dreytägiger bey Wasser und Brodt zu
vollstreckender Gefängniß-Straffe des Fuhrmanns oder Karrenführes / bis auf den
folgenden Wercktag verschoben werden.
7.
Insonderheit soll das bey Unsern Städten und Flecken etwa bißher üblich gewesene
exercitium des Scheiben-schiessens an solchen Tagen bey 20. Rthlr. Geld-Straffe
oder / da der Verbrecher es nicht in Vermögen hätte / bey Straffe des
Gefängnisses hiemit ernstlich verboten seyn.
8.
So soll auch alle Feld-Arbeit auf Aeckern / Wiesen und Garten / wie auch in den
Forsten und Holtzungen / Item alles Fischen / Jagen und Schiessen / nicht
weniger der Gebrauch der Herrn-Dienste bey willkührlicher den Umbständen nach zu
schärffender Straffe den gantzen Tag über eingestellet werden. Wann aber in der
Heu-und Korn-Erndte wegen schädlichen Ungewitters oder ander hochdringenden
Nohtdurfft halber einige Arbeit zu Rettung der Feld-Früchte erfodert werden
solte / so soll dennoch solches eher nicht als nach geendigten öffentlichen
Gottesdienst und der Catechismus-Lehre zugelassen seyn.
9.
Wir ordnen und gebieten aber insonderheit bey zehen und nach proportion des facti
bey zwantzig Rthlr. auch woll harter Gefängniß-Straffe daß an denen Sonn-Feyer-
und Bet-Tagen alle Wirths-Häuser / Wein-Bier- und Brantweins-Theé- und
Coffé-Schencken / Garküchen und Krüge zugehalten / keine Gäste darinnen
aufgenommen / noch etwas mehr als für Krancke und
|| [153]
zu
mäßiger Nohtdurfft für andere behuf der Mahlzeit an Essen und Trincken
abgefolget werden / in solchen Häusern auch an solchen Tagen keine Kauff-und
Handlungen / vielweniger andere Dinge / wodurch der Sabbath entheiliget werden
könte / geduldet werden sollen.
10.
Die sonsten zugelassene mäßige Gastereyen / was dieselbe auch für Veranlassung
und Ursachen haben mögen / sollen dennoch an den HErrn- und Feyer-Tagen anders
nicht als bey Ablauff des Tages gegen Abend zugelassen seyn / dabey aber das
Vollsauffen / ärgerliches Gespräch / auch Spielen und Tantzen gäutzlich
unterlassen werden; Gestalt dann / wann dabey solche oder andere excesse
vorgehen würden / die Verbrechere mit arbitrarischer Straffe oder denen
Umständen nach mit Gefängniß beleget werden sollen.
11.
Was aber die Zusammenkunfften der Handwercker und deren Gesellen / die Loßgebung
der Lehr-Jungen / und Machung der Gesellen betrifft / dieselbe und dergleichen
sollen an denen obgemeldten gantzen Tagen bey schwerer Geld-Straffe auch dem
befinden nach deß Gefängnisses gäntzlich verboten seyn und keines weges geduldet
werden.
12.
Wann auch in Unsern Städten und Flecken die Jahrmärckte auf den Montag ihren
Anfang bißher genommen / dero behuf die Kramer und andere Leute den
vorhergehenden Son̅tag sich auf die Reise begeben müssen; dadurch
aber der Tag des HErrn würcklich entheiliget und der Gottesdienst versäumet
wird; So sollen solche Jahrmärckte hinführo allezeit auf den Dienstag angefangen
/ und zu dem Ende behufige special-Verordnung publiciret werden.
13.
Ob denn woll nicht alle ohnzuläßige Dinge / welche von einem oder andern
gottlosen Menschen wider das dritte Gebot GOTTes könten verübet werden / allhie
specificiret worden;
|| [154]
So soll dennoch alles und jedes
/ was an denen HErrn-Feyer- und Bet-Tagen zu Entheiligung des Sabbaths vorgehen
möchte / es bestehe dasselbe worinn es wolle / Krafft dieses Edicts, als ob
selbiges Wörtlich darinnen enthalten wäre / ernstlich und bey Vermeidung harter
Straffe verboten seyn.
14.
Damit nun obigem allen unverbrüchlich nachgelebet / die Ubertreter kund gemachet
und zu ernstlicher Bestraffung gebracht werden / So befehlen Wir allen und jeden
Unsern Magistraten in Städten und auf dem Lande hiemit gnädigst daß Sie über
dieses Unser Landes-Fürstliche Edict mit Ernst und Nachdruck halten / und nicht
nur durch die Gerichts-Bediente sonder auch durch andere getreue Personen / die
sie etwa an der Hand haben können / auf die Wirths-Häuser / Wein- und
Bier-Schencken / auch Gilde-Häuser und Krüge fleißig Acht geben / selbige sowol
vor als unter wärendem Gottesdienste und zwischen den Predigten visitiren / und
die Verbrecher annotiren lassen; darauf so dann mit würcklicher Bestraffung der
verübten excesse verfahren und sowol denen Gerichts-Bedienten als allen andern
denuncianten für ihre vigilants und Anmeldung den vierdten Theil der
jedesmahligen Geld-Straffe reichen sollen.
Diese Unsere Landes-Fürstliche Constitution soll nicht nur an gehörigen Orten
öffentlich angeschlagen / sondern auch von denen Cantzeln abgelesen und solche
Ablesung alle Jahr auf den ersten Sonntag des Advents wiederholet werden.
Uhrkundlich Unser eigenhändigen Unterschrifft und beygedruckten Geheimbten
Cantzley-Siegels. Geben Wolffenbüttel den 1. Aug. 1709.
|| [155]
XXI. Fürstlich Consistorial-Rescript an die General-Superintendenten die in
der Advents- und Fasten Wochen verbotene Copulationes betreffend.
OB wol in Fürstlicher Kirchen-Ordnung klar enthalten daß in der ersten Advents-
und Fasten-Woche die Hochzeiten gäntzlich eingestellet seyn sollen; So gibt
dennoch die Erfahrung daß verschiedene Prediger deßhalben nicht allein einen
Zweiffel machen sondern auch gar vor sich darinn gleichsam dispensiren und die
Hochzeiten zu solchen Zeiten gestatten wollen. Dieweil aber ohn erhebliche
Ursachen von dem Innhalt der Fürstl. Kirchen-Ordnung abzugehen unverantwortlich
/ und damit sich hiernegst kein Prediger mit der Unwissenheit oder als ob solche
heilsahme Verordnung in diesen punct nicht zur observantz kommen oder sonst sich
entschuldigen möge; So befehlen Nahmen Unser gnädigsten Fürsten und Herrn
Durchl. Wir euch hiermit / für Uns freundlich gesinnend / daß ihr allen und
jeden in eurer Inspection verhandenen Predigern andeuten / daß sie hinführo sich
strictè nach mehrgedachter Fürstl. Kirchen-Ordnung achten und keine Copulationes
in der ersten Advents und Fasten-Woche verrichten oder Hochzeiten geschehen
lassen / sondern / wenn die Nohtwendigkeit ein anders zu Zeiten erfoderen solte
/ sie die Interessenten an Fürstl. Consistorium, umb vorhero darinn zu
cognosciren und den Befinden nach zu dispensiren / verweisen / und sich
dießfalls aller eigenmächtigen dispensation bey Vermeidung ernstlicher
Bestraffung lediglich enthalten sollen. Geben Wolffenbüttel den 25. Nov. 1669.
|| [156]
P. S.
Als man auch in der Beysorge ist daß / wann etwa der dritte Weyhnachts-Tag auf
den Sonntag einfällt / einige Prediger / sonderlich die noch nicht lange in
Predigt-Ambte gewesen / zweiffelen möchten ob der gantze Tag gefeyert werden
solte oder nicht; So habt ihr denenselben gleichfals zu notificiren daß der
Sonntag billig den Vorzug haben und / wie sonst sich gebühret / den gantzen Tag
gefeyert und der Gottesdienst Vor- und Nachmittags gehalten werden müsse. Ut in
lit.
XXII. Fürstliche Verordnung / Die Befoderung der Closter-Collegiaten zum
Predig-Ambt betreffend.
VOn GOttes Gnaden Anthon Ulrich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg etc.
Demnach Wir vor einigen Jahren bey Unserm Closter Riddagshausen zu Beforderung
des Nutzens der Christlichen Kirchen / auch damit Wir umb so viel mehr
versichert seyn möchten daß das Heil. Predig-Ambt bey ereugenden Vacantien in
Unsern Landen mit geschickten an reiner Lehre und guten Leben und Wandel wol
probirten Subjectis jedesmahl hinwieder providiret werden könte / ein gewisses
Collegium Candidatorum S. S. Theologiae gnädigst angerichtet / aus demselben
zwar auch nach und nach einige Ihre Beforderung erhalten; Gleichwol aber Unser
Intention bisher nicht allerdings erreichet worden / indem an statt das bey
erledigten Pfarr- und Kirchen-Diensten billig auf diese vor anderen reflection
genommen werden sollen /
|| [157]
selbige dennoch vielfältig
praeteriret / und also eine ziemliche Anzahl Jahre in solchem Unserm Closter
verbleiben müssen / Dahingegen andere so Ihre Stelle hätten wieder betreten und
des Beneficii geniessen können / auch darauf Vertröstung erhalten / öfters zu
Ihren grossen Schaden dazu nicht gelangen mögen; So ist Unser gnädigster und
wolbedachter Wille / daß von nun an und hinkünfftig von denen in Unsers Closters
Riddagshausen Seminarium aufgenommenen Candidatis niemand über 3. Jahre behalten
/ sondern / wann ein und ander sich darinnen solcher gestalt wol aufgeführet daß
er an erforderter Erudition, Orthodoxia und ziemlichen Gaben im Predigen auch
Christlicher Lebens-Art untadelich befunden worden / derselbe / wann in Unsern
Landen einiger Pfarr-Dienst / so von Uns zu vergeben / vacant werden solte / zu
solchen Pfarr-Ambt vor andern befodert / und Ihm darinn keiner vorgezogen werden
soll. Wie Wir dann auch zu denen Patronis, welche auf einige Pfarren in Unseren
Landen zu praesentiren haben / das gnädigste Vertrauen setzen dieselbe
gleichmäßig auf diese Subjecta vor anderen und sonderlich vor Ausländischen Ihre
Absicht nehmen / und hierinnen Unsere gnädigste Intention Innhalts gegenwärtiger
Verordnung mit befordern werden. Derobehuef dann denen Patronis freystehen soll
durch eine entweder auf dem Closter oder am anderen beliebigem Orte
anzustellende Probe-Predigt Sich von des Candidati Gaben zu informiren. Da aber
in denen gesetzten drey Jah ren sich keine Gelegenheit ereugen solte / daß ein
oder ander dieser Collegiaten zum Predig-Ambt befordert werden könte / solchem
falls soll derjenige / welcher die gesetzte Jahre über des beneficii genossen /
bey Uns umb dessen Extension unterthänigst ansuchen / derselbe auch / im fall Er
sich die vorige Zeit über wol aufgeführet / darinnen noch ein Jahr gelassen /
oder auch derjenige / welcher von seiner Erudition solche sonderbahre Proben
zeigen wird / daß Wir veranlasset seyn möchten ihn hinkünfftig zu einer
profession auf Unser Julius Universität oder sonsten zu einer wichtigen
geistlichen Function gnädigst befordern zu können / noch
|| [158]
länger und bis zu Unser fernern Verordnung in dem Collegio
behalten / sonsten aber derselbe / von dessen Capacité und Gaben nichts
Hauptsächliches zu erwarten / oder die sonsten mit einer unanständigen Conduite
sich dieses Beneficii würden ohnwürdig machen / und damit Uns nicht die
Gelegenheit auch andere zu beneficiren entnommen werden möge / aus dem Collegio
gäntzlich dimittiret werden: Allermassen Wir dann Unserm Fürstl. Consistorio
auch Closter-Raht-Stube / und insonderheit auch Unsern Ober-Superintendenti und
Abten Unsers Closters Riddagshausen auch Lieben Getreuen Christian Specht und
dessen Rachfolgeren hiemit gnadigst anbefehlen über diese Unsere gnädigste
Verordnung also ohnaussetzlich zu halten und sich darnach zu achten. Uhrkundlich
Unser eigenhändigen Unterschrifft und neben-gedrückten Closter-Cammer-Secrets.
So geschehen und geben in Unser Vestung Wolffenbüttel den 28. Februar. 1704.
INDEX ADJUNCTORUM.
I. Edict und Verordnung wider die herum schleichende betriegliche Lehren und Secten.
II. Declaratio über ein- und anderen Punct des vorher gesetzten Edicts behuef des geistlichen Ministerii in Braunschweig.
III. Renovirte Verordnung in Ehe- und Verlöbniß-Sachen.
IV. Informatio, von Vermeidung unzuläßiger Ehen.
V. Fürstl. Declaratio in puncto Dispensationis.
VI. Fürstl. Rescript auf des Consistorii Anfrage in Ehe-Sachen.
VII. Fürstl. Declaration welcher Gestalt die Geistlichen als Zeugen zu citiren.
VIII. Rescriptum aus der Fürstl. Geheimbten Rahts-Stube an das Fürstl. Consistorium die immunitäten der Kirchen / Aecker und Häuser betreffend.
IX. Ausschreiben an alle 4. General-Superintendenten hiesiges Fürstenthums / wie es mit den Adelichen Copulationen Kind-Tauffen und Trauer-Geleute zu halten.
|| [159]
X. Extract aus dem Land-Tags-Abscheide de Anno 1682.
XI. Declaratio des vorigen Ausschreibens.
XII. Fürstl. Consistorial-Befehl an die General-Superintendenten / daß kein Studiosus, der nicht ein testimonium publicum orthodoxiae vorzuzeigen hat / zum predigen admittiret werden soll.
XIII. Weiland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg vor Jahren an ein und ander Beambten abgelassener Landes-Fürstlicher Befehl.
XIV. Fürstl. Consistorial Ausschreiben an alle General-Superintendenten / daß auf denen Dörffern auch den Sommerüber (jedoch die Erndte-Zeit ausgenommen) des Tages zweymahl Schuel gehalten werden soll.
XV. Mandatum an die General-Superintendenten wegen regringirten Bauens von denen Kirchen-Geldern.
XVI. Extract Landes-Abscheides de Anno 1601.
XVII. Extract Landes-Tages Abschiedes de Anno 1619.
XVIII. Weyland Herrn Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneb. Tauff-Ordnung.
XIX. Vormahliges Landes-Fürstl. Ausschreiben in Kirchen-sachen de Anno 1593.
XX. Erneuertes Landes-Fürstl. Edict gegen die Entheiligung des Sabbaths.
XXI. Fürstl. Consistorial-Rescript an die General Superintendenten die in den Advents-und Fasten-Wochen verbotene Copulationes betreffend.
XXII. Fürstl. Verordnung wegen Befoderung der Closter-Collegiaten zum Predig-Amt.
|| [ID00151]
I. Formula Juramenti, so die Prediger / Schuelbediente und Opffer-Leute nach
angehöreten Erb-Huldigungs-Eyde abstatten sollen:
WAs mir itzo vorgelesen und ich wol verstanden habe / dem allen gelobe und
schwere ich aufrichtig und treulich nachzukommen / und mich in Lehr und Leben
bey meinem Ambte / als einen getreuen Diener GOttes und der Christlichen Kirchen
eigenet und gebühret zu verhalten / so wahr mir GOtt helffe und sein heiliges
Wort.
II. Formula Juramenti, so die von den Patronis praesentirte Pastores coram
Consistorio abschweren müssen.
IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Wort / daß ihr
richtig angegeben und vermeldet habt alles und jedes / was ihr selbst oder
andere eurentwegen vor die praesentation und um den vacirenden Pfarr-Dienst zu
N. zu erlangen dem Patrono oder sonst jemanden / wer der auch sey / gegeben /
gethan / geleistet oder versprochen habt / so viel euch wissend und bekandt ist;
Auch daß ihr künfftig / wann ihr etwa einige fernere Kundtschafft oder
Nachrichtung von dem / was ein oder ander eurer Anverwandten und Freunde
derogestalt gegeben / gethan oder versprochen / erlangen werdet / solches sofort
ohne das geringste davon zu hinterhalten aufrichtig an das Fürstliche
Consistorium all
|| [163]
hier berichten und anmelden
wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein H. Wort.
III. Formula Subscriptionis, womit die Prediger und Schuel-Collegen sich auf
das Corpus Doctrinae eydlich verpflichten.
COrpus Doctrinae Julium Edictumque Serenissimorum Ducum Rudolphi Augusti
& Anthonii Ulrici d. 9. Mart. 1692. publicatum, una cum Ordinatione
& Agendis Ecclesiasticis eâ quâ potui diligentia perlegi; Et, quia in
iis nihil quicquam apprehendi quod S. S. Scripturae sit contrarium, corde
& manu sine omni exceptione aut reservatione mentali praedictis
Confessionibus & Constitutionibus subscribo, meque iis conformiter
victurum & docturum promitto.
Ita Deus me adjuvet. N. N.
IV. Formula Juramenti der Kirchen Vorsteher.
IHr sollet schweren einen Eyd zu GOtt und auf das Heil. Evangelium / daß ihr alle
und jede der Kirchen N. N. allhier zugehörige Güter / liegende und fahrende
deren administration ihr übernommen und die euch anvertrauet worden oder
künfftig werden / in guten Glauben und Treuen best-möglichst versehen; das
Corpus Bonorum der Kirchen und deren Gerechtsahmen treulich bewahren / und deren
Verbesserung euch sorgfältig angelegen seyn lassen; die Intraden und Gefälle der
Kirchen / auch was derselben sonsten praestiret werden muß /
|| [164]
zu rechter Zeit mit äussersten Fleiß einfodern; Uber alle Einnahme
und Ausgabe richtige Rechnung / nach der in der erneuerten Kirchen-Ordnung Cap.
20. §. 3. angezeigeten Form / führen und halten / dieselbe alle Jahr gedoppelt
ins Fürstl. Consistorium ohnfehlbar einschicken und demnechst gebührlich
justificiren und sonst vorgedachter Kirchen bestes nach allen euren Vermögen
suchen / und was zu dem Ende in der erneuerten Kirchen-Ordnung enthalten / auch
ins künfftige vom Fürstlichen Consistorio euch wird anbefohlen werden /
gebührend in Acht nehmen / befodern und beschaffen / auch sonsten alles andere
thun sollet und wollet / was einem getreuen Kirchen-Vorsteher zustehet und
gebühret / bey Verpfändung aller euer Haab und Güter. So wahr euch GOTT helffe
und sein H. Wort.
V. Formula Juramenti der Provisoren der Hospitalien- und Arm-Häuser.
IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein H. Wort daß ihr
das Vorsteher-Ambt bey dem Hospital (Arm-Hause) N. N. dessen Verwaltung euch
anvertrauet / treulich verrichten und mit allen Fleiß beobachten / das Corpus
Bonorum sorgfältig bewahren und / so viel an euch ist / nicht das geringste
davon abkommen lassen; alle jährliche Gefälle und intraden zu rechter Zeit
eintreiben; über Einnahme und Ausgabe nach der in der erneuerten Kirchen-Ordnung
Cap. 21. angewiesenen Form richtige Rechnung führen / selbige mit dem Ende jedes
Jahrs schliessen und euren
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vorgesetzten Oberen
innerhalb vier Wochen / bey Vermeidung der in der Kirchen-Ordnung gesetzten
Straffe / einsenden / auch in dem anzu berahmenden termino gebührlich
justificiren / und im übrigen all dasjenige thun / befodern und beschaffen
wollet und sollet / was einen redlichen und gewissenhafften Vorsteher zustehet
und gebühret. So wahr euch GOtt helffe und sein H. Wort.
VI. Eydt der Vorsteher bey denen Armen-Kasten.
IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Heil. Wort / daß
ihr das Diaconat oder Armen-Kasten-Amt bey der Kirchen N. fleißig wollet
verwalten / die Sammlung der Allmosen durch Umtragung des Klinge-Beutels
treulich verrichten; was gesammlet Angesichts in den dazu verordneten
Armen-Kasten schütten / und dahin sehen daß derselbe wol verwahrt / zur
bestimmten Zeit in Gegenwart des Pastoris und übrigen Vorsteher geöffnet / das
befundene Arm-Geld heraus genommen / gezählet / und nebst dem / was etwa des
nechst vorigen Bet-Tages in die Becken gesammlet / und absonderlich gezählet
un̅ versiegelt worden / in eine Specification bringen / und
ohn einige Verwechselung / wohin es verordnet / richtig einliefern / und was
also geliefert in das bey der Kirchen dazu verordnete Allmosen-Buch zur
Nachricht verzeichnen / In allen übrigen auch euch zu der
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Armen Nutzen und Besten / als einem getreuen und fleißigen Diacono
und Vorsteher gebühret / erweisen und verhalten wollet / So wahr euch GOtt
helffe und sein heiliges Wort.
VII. Eydt der Heb-Ammen.
IHr sollet geloben und schweren einen Eyd zu GOtt und auf sein Heil. Wort / daß
ihr dieses Amt / dazu ihr verordnet und aufgenommen werdet / in der Furcht
GOttes / welcher euch dazu beruffen hat / mit aller Treu und Sorgfalt / es sey
bey Tage oder Nacht ohnverdrossen abwarten; Euch zu dem Ende stets zu Hause
behalten / oder / wann ihr auszugehen nöhtig habt / zuverläßige Nachricht wo ihr
zu finden seyd hinterlassen; Euch allerdings für den Trunck hüten / und hingegen
der Nüchterkeit befleißigen; Auf eines jeden Begehren / er sey reich oder arm /
hohes oder niedrigen Standes / euch allezeit willig und ungesäumt einstellen /
euer Amt und Verrichtung mit andächtigem Gebet und guter Vorsichtigkeit anfangen
und ausführen; Der in Kindes-Nöhten arbeitenden Frau tröstlich zusprechen /
dabey auch selbsten keinen Verdruß oder Ungedult bezeigen; Keine Frau versäumen
oder verwarlosen / durchaus aber durch Eingebung treibender Sachen zu Verderbung
einer Leibes-Frucht euch lassen gebrauchen; Bey denen jungen Kin
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dern keine abergläubische Dinge vornehmen oder
zulassen; Wann sich bey der gebehrenden Frauen etwas gefährlich herfür thun
solte / andere geschworne Heb-Ammen und erfahrne Frauen / auch wol einen Medicum
erfodern / mit denenselben Raht nehmen und nichts / was zu Erhaltung des Kindes
geschehen kan / unterlassen; Die Kindbetterin / sie sey arm oder reich / die
ersten acht Tage fleißig besuchen; Von einer sich etwa herfürgebenden Mißgeburt
der gebährenden Frau nichts sagen / sondern selbige verbergen und des Orts
Obrigkeit und dem Pastori davon berichten; Keine Noht-Tauffe / ehe das Kind
nicht völlig zur Welt kommen und die Gefahr des Todes für Augen ist / vornehmen
/ sonsten aber dieselbe mit reinem Wasser im Nahmen der Heil. Dreyeinigkeit
verrichten / und hernach solches dem Prediger anzeigen; Im übrigen wann
ohnehliche Kinder gebohren werden / wobey ihr euer Amt zu verrichten habet /
ernstlich nachfragen von wem das Kind sey / und davon sowol dem Prediger als der
Obrigkeit Nachricht geben; Und insgemein alles und jedes / was einer
Gottfürchtenden vorsichtigen und fleißigen Heb-Ammen möglich ist / getreulich
verrichten und solches um Geschenck / Feind- oder Freundschafft oder aus anderen
Gemühts-Bewegungen nicht unterlassen wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein
Heil. Wort.
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VIII. Eydt der Todten-Gräber.
IHr sollet geloben und schweren Eyd zu GOtt und auf sein Wort / daß bey dem
Todten-Gräber-Dienst / wozu ihr jetzo angenommen werdet / ihr euren vorgesetzten
Obern und dem Pastori in allen gehorsahmen / ohne deren und desselben Vorwissen
keinen weder heimlich noch öffentlich begraben; keine Gräber / ehe und bevor
nicht mit dem Eisen nachgesuchet und man der gäntzlichen Verwesung der
Todten-Cörper und der Särcke vergewissert / wieder öffnen; die Gräber tieff gnug
machen / und bey Verfertigung deroselben keinem Erb-Begräbniß vorsetzlich zu
nahe kommen; niemanden mit dem Lohn übersetzen / sondern an der gesetzten Taxa
euch begnügen lassen; In Pest-Zeiten bey Ausführung und Begrabung der Todten so
Tages als Nachtes erscheinen; keine Krancke und inficirte / ehe und bevor sie
gäntzlich todt und verschieden / begraben / vielweniger dieselbe beschädigen;
Euch auch keinesweges an ihren Haab und Mitteln in geringsten vergreiffen;
Niemanden / er sey wer er wolle / zu aberglaubischen Händeln einige
Todten-Gebeine oder sonst von einem Sarck etwas von Holtz oder Nageln
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zukommen lassen / selbsten auch derogleichen
ungebührlicher Dinge euch nicht unternehmen; sondern vielmehr alles dasjenige /
was einem ehrlichen / Christlichen und getreuen Todten-Gräber zustehet / eignet
und gebühret / thun und verrichten wollet / So wahr euch GOtt helffe und sein
Heil. Evangelium.