Transkription

Specht, Christian: Die von dem grossen Himmels-Könige in das Freuden-volle Jubiläum der ewigen Vermählung ... aufgenommene Himmels Braut ... Zum ... Gedächtniß, Der Weyland ... Elisabeth Juliana, Vermähleter ... Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg ... Als Jhro Durchl. am 4. Febr. 1704.
[Inhaltsverzeichnis]
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Die von dem grossem Himmels-Könige in das Freuden-volle Jubilaeum der ewigen Vermählung / zur süssesten Erquickung / und zum schönsten Erbtheil der Herrlichkeit und Seeligkeit aufgenommene
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Königliche Himmels-Braut Aus den Worten der Offenbahrung Johannis am XXI, 6. 7.
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Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O - - - - und er wird mein Sohn (Tochter) seyn.
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Zum Aller-Ruhm-würdigstem Christ-Fürstl. Gedächtniß / Der Weyland Durchläuchtigsten Fürstin und Frau /
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fr. Elisabeth Juliana / Germähleter / und Regierender Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Erbin zu Norwegen / gebohrner Hertzogin zu Schleßwig-Holstein / Stormarn und der Dithmarsen / Gräfin zu Oldenburg und Delmenhorst / Des Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn /
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Hn. Anthon Ulrichs / Regierenden Hertzogen zu Braunschw. und Lüneburg / Höchst- und Hertz-geliebtesten Frau Bemahlinn /
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Als Ihro Durchl. am 4. Febr. 1704. Nachmittags um 2. Uhr höchstsanfft und allerseligst im HERRN entschlaffen / und darauff der verblichener Hoch-Fürstl. Cörper in Dero Hoch-Fürstl. Erb-Begräbniß hieselbst zu Wolffenbüttel in der Haupt-Kirchen B. M. Virg. beygesetzet wurde / Bey respectivè Hoch-Fürstl. und sehr Volckreicher Versam̅lung in gedachter Kirchen vorgestellet / und nunmehro auf ergangenen Hoch-Fürstlichen gnädigsten Befehl zum Druck befördert von CHRISTIAN Specht / fürstl. Braunschw. Lüneb. Ober-Superintendenten des Fürstenthums Braunschweig-Wolffenbüttel / und zugehöriger Lande / Consistorial- und Kirchen-Raht / auch Abten des Klosters Riddagshausen.
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Wolffenbüttel / druckts Christian Bartsch / privilegirter Hof- und Cantzley-Buchdr.
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Dem Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / HERRN
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Anthon Ulrich /
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Regierendem Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg / etc.
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Seinem gnädigstem Landes-Fürsten und Herrn /
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Wie auch Ihro Durchl. gesam̅ten Hoch-Fürstl. Kindern /
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Als Dem Durchläuchtigstem Fürsten und Herrn /
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Herrn August Wilhelm / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / Seinem gnädigstem Erb-Printzen und Herrn /
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Sam̅t Seiner Durchl. Höchst-geliebtem Herrn Bruder /
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Dem Durchläuchtigstem Fürsten und Herrn /
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Herrn Ludowig Rudolph / Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / Seinem gnädigstem
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Fürsten und Herrn /
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Und denen respectivè Hochwürdigst-Durchläuchtigsten Fürstinnen und Frauen /
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Frauen Elisabeth Eleonoren / Gebohrner Hertzogin zu Braunschw. und Lüneburg / vermählter Hertzogin zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen / Landgräfin in Thüringen / Marckgräfin zu Meissen / Gefürsteten Gräfin zu Henneberg / Gräfin zu der Marck und Ravensberg / Frauen zu Ravenstein /
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Frauen Anna Sophien / Gebohrner Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Verwittweter Marckgräfin zu Baden und Hochberg / Landgräfin zu Sausenberg / Gräfin zu Sponheim und Eberstein / Frauen zu Roteln / Badenweiler / Lohr und Mahlberg /
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Frauen Augusta Dorotheen / Gebohrner Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Vermählter Vier-Gräfin des Reichs / Gräfin zu Schwartzburg und Hohnstein / Frauen zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / und Frauen Henriette Christinen / Gebohrner Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Des Käyserlichen weltlichen Stiffts Gandersheim / Postulirten ABBATISSIN,
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Seinen gnädigsten Fürstinnen und Frauen / übergiebet auff gnädigst-erhaltenen hohen Befehl in Pflicht-schuldigster Devotion
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Diese Leich-Predigt / mit hertzinniglichem Beywunsch /
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Daß der Vater aller Gnade und Barmhertzigkeit Ihro Durchläuchtigkeiten allerseits bey Dero hochwichtigen und sehr schweren Leyden / so er nach seinem heiligem und unerforschlichem Rath und Willen ihnen aufferleget / allerreichlichst trösten / und mit der Freudigkeit des Heiligen Geistes in Christo JEsu durch das lebendige Gottes-Wort Sie wiederum mächtigst auffrichten / stärcken / kräfftigen / gründen / und volbereiten / vor allen betrübten und kläglichen Begebnissen Sie allerseits nun künfftig viele Jahre in Gnaden bewahren / und hergegen mit allen und jeden selbwehlenden / Hoch-Fürstlichen Hochergehen an Seel und Leib Sie mildigst überschütten wolle! In welchem heissem Anwunsch zu GOtt Lebens-lang verharret

Ihro Durchl. meines gnädigsten regierenden Fürsten und Herrn / auch übrigens Ihrer Durchl. allerseits
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getreu-unterthänigster Knecht / und bey GOtt beständigster demüthigster Vorbitter CHRISTIAN Specht.
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Die ins ewige Jubilaeum ufgeholte Königl. Him̅els-Braut ELISABETH JULIANA.
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Das walte GOtt Vater / Sohn / und Heiliger Geist! Die heilige / hochbelobte Dreyeinigkeit sey / und bleibe bey uns allen / von nun an bis in Ewigkeit! Amen!

Andächtige und in Christo JEsu Außerwehlete / Hoch-Fürstliche Höchst-betrübte / und sonst allerseits schmertzlichst-Leydtragende / ingesamt hertzgeliebte Freunde in Christo JEsu unserm HErrn.
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STehe auff / meine Freundin / meine Schöne / und kom̅ her. Denn siehe der Winter ist vergangen. So ladet und ruffet der himmlische Salomo Christus JEsus seine außerwehlte Sulamith die gläubige Braut / zu sich / daß Sie nach dem langem Winter so vielerley Leydens / in seinen fürtrefflichen Pallast / darinn die Balcken Cedern / und die Latten Cypressen sind / und zugleich / bey nunmehro eingetretenem Frühling / in seinen prächtigen Lust-Garten bey ihm einkehren / und sich mit allerley wol-riechenden / und kräfftigen Trost-Blumen / und Kräutern des Göttlichen Worts / ihre betrübte und traurige Seele erquicken / laben / und erfreuen solle / im Hohenlied Salom. Cap. 2. v. 10. 11. Wenn der Bräutigam verzeucht / so werden öffters darüber auch die fünff klugen Jung
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frauen betrübt und schläffrig. Matth. 25. Cap. Es hat die gläubige Seele / in dem Leibe dieses Todes / noch vielerley Träg- und Schwachheiten an sich. Wollen hat Sie zwar wol / aber das Gute / wie Sie in der grössesten Maasse wünschet / findet Sie nicht. Es erkennet das die Sulamith selbst / wie Sie denn deswegen in dem vorhergehendem 1. Cap. selbst ihren schönsten Schatz anredet: Zeuch mich nach dir / so lauffen wir; Damit anzudeuten / daß / da Sie / wegen der Schwachheit ihres Fleisches / ihm dem Hertzens-Freunde und Bräutigam nicht so freudig und munter nachlauffen könne / so wolle er Sie doch mit dem kräfftigem Zuge seiner liebes-vollen Hand nach ihm ziehen. Und das thut nun vorjetzo der himmlische Salomo, da er seine holdseeligste Sulamith, für Traurigkeit des Hertzens / müde und schlummernd findet / da reget er Sie säuberlich an / und wecket Sie freundlich auff / und spricht: Stehe auff / meine Freundin / meine Schöne / und komme her. Er ermuntert Sie damit zugleich auff / zur geistlichen und heiligen Wachsamkeit / daß Sie ja im Glauben / und in der Liebe beständig biß an Ihr Ende bey ihm beharren / Ihr Hertz allezeit bey Ihrem Schatz im Himmel seyn lassen / und Ihr Haupt allezeit empor heben solle / weil sich Ihre Erlösung / bald nahen möchte. Er nennet Sie aber seine Freundin / und seine Schöne. Seine Freundin / oder / seine Nächstin / , mit der er sich so nahe verbunden / daß er mit derselben ein Fleisch und Blut worden ist Hebr. im 2. und Ephes. im 5. Cap. und / da er vordem ihr Feind war / durch das Blut der Erlösung ihr Nächster und bester Freund worden. Rom. im 5. und 2. Corinth. 5. Cap. Er nennet Sie seine Schöne das Wort mit dem , welches gar nahe verwand ist mit dem Wort mit dem , welches gläntzen / und helle scheinen bedeutet / erbildet nach der Heil. Sprache / eine vollenkommene Schönheit / die hauptsächlich und zuvorderst nach allen Stücken und Theilen der Schönheit / nach der Taxi, Symmetriâ und Horismeno bestehet / da nach der Ordnung / nach der erforderten Proportion und Vergleichung des einen
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Stücks gegen das andere / und nach der gebührenden Grösse alles dermassen eingerichtet ist / daß gleichsam lauter Licht / Glantz und Schein das Auge des Zuschauers einnimmt und erfüllet. Und so schön / gläntzend / und helleuchtend von allerley köstlichen Tugenden / war die Sulamith, in den Augen des him̅lischen Salomo, daß / da Sie ihm mit ihren Glaubens-Augen recht in sein Gesicht sahe / der Bräutigam nicht länger in diesen Sonnen-Blitz sehen kunte / sondern überlaut rieff: Wende deine Augen von mir / denn sie machen mich brünstig. Hohenl. 6. Cap. Denn gleichwie die Göttliche Klarheit / und das ewige Licht des Vaters / der da wohnet in einem Licht / dazu niemand kommen kan / und die Herrlichkeit des eingebohrnen Sohns / davon die Apostel auf dem heiligem Berge nur einen Blick empfunden / und das ewige Licht und Feur des Heil. Geistes / Summa / die Klarheit des dreyeinigen GOttes / in der gläubigen Seele sich mit auffgedecktem Angesichte spiegelt / so daß Sie auch allerdings in diesem Leben in dasselbige Bilde aus einer Klarheit in die andere verkläret wird / so siehet ein jeder leicht / warum der himmlische Salomo seine gläubige Sulamith eine schöne / eine gläntzende Himmels-Tochter nenne. Dieselbe seine Freundin / seine Schöne / redet er nun an: Stehe auff / meine Freundin / meine Schöne / und komm her mache dich auff / werde Licht / denn jetzt kommt dein Licht / und die Herrlichkeit des Herrn gehet auff über dir / über dir gehet auff der HErr / und seine Herrlichkeit erscheinet über dir. Esai. im 60. Cap. Wische / meine Seelen-Freundin / numehro allen Schlaff und Schlummer deiner natürlichen Trägheit und Traurigkeit aus deinen Augen. Siehe / dein Bräutigam kommt / stehe auff / mit Freuden stehe auff / und gehe ihm entgegen. Komm / komm nun her / meine Braut / komm meine Schwester / liebe Braut / komm meine Braut vom Libanon /
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komm vom Libanon. Gehe herein / tritt her von der Höhe Amana / von der Höhe Senir und Hermon / und von den Wohnungen der Löwen / und von den Bergen der Leoparden. Hohenlied. 4. Cap. Dich will ich / mein Schatz / nach aller ausgestandenen Traurigkeit / numehro erquicken mit Blumen / dich will ich laben mit Aepffeln / dich will ich führen in meinen Weinkeller / und die ewige Liebe soll mein Pannier über dir seyn / meine Lincke soll unter deinem Haupt liegen / und meine Rechte dich hertzen in alle Ewigkeit; im gedachtem Hohenl. am 4. Cap. Und dieses alles geschahe / und unserer menschlichen Begreiffung nach / wie der Winter vergangen / wie der Regen weg / und dahin war / wie der Lentz oder Frühling / und die Blumen im Lande herfür kommen waren / welches im gelobtem Lande seinen Anfang im Monat Adar oder Februario gewann / da die Sonne mit der Erden sich gleichsam auffs neue vermählete / und die schönsten Blumen und Blüte hervorbrachte. Und kan dieses sehr füglich auff den Frühling des ewigen Lebens appliciret und gezogen werden / wenn nemlich Christus JEsus entweder durch einen sanfften und seeligen Todt / oder durch seine letzte Ankunfft zum Jüngsten Gericht / die gläubige Seele / in den Pallast / und die viele Wohnungen seines himmlischen Vaters / und in den Freuden-vollen Paradieß / zur ewigen Erquickung inthronisiren und einführen wird. Es war ja wol / Andächtige und Geliebte in dem HErrn / nach GOTTES unerforschlichem und unverändertem Raht-Schluß / der Monat Adar oder Februarius dieses 1704ten Jahrs von Ewigkeit her dazu bestimmet / daß am 4ten Tage desselbigen Monats / der Fürst und Hertzog des Lebens / der König aller Könige / und HErr aller Herren / der himmlische Salomo, Christus JEsus / seine wol recht-Außerwehlte / seine eintzige / seine Taube / seine Fromme / seine Schöne / seine auserleseneste Freundin unter den Töchtern / die Durchlauchtigste Hertzogin und Frau / Frau ELISABETH
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JULIANA, vermählete und regirende Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg / Erbin zu Norwegen / gebohrne Hertzogin zu Schleßwig-Holstein / Stormarn und der Ditmarsen / Gräfin zu Oldenburg und Delmenhorst / nach dem trübem und kaltem Winter dieses Lebens in die Herrlichkeit seines Vaters / und in das Reich / das Ihr von Ewigkeit her bereitet / numehro unter dem Frolocken und Jauchtzen der Cherubim und Seraphim, in die prächtige Himmels-Burg / und in den ewigen Paradieß / auffholen lassen wolte. Diese holdseeligste Himmels-Braut war nicht schläffrig im Glauben / und in der Gottseligkeit. Nur lag Sie einige Tage gleichsam als ein ermüdetes Hertz in leiblichem Schlaff und Schlummer immer sanfft und stille dahin / doch daß Sie dabey nach dem Exempel der Braut im Hohenliede mit höchstem Recht sagen kunte: ich schlaffe / aber mein Hertz wachet / Cap. 5. v. 2. und mit Esaia: Mit meinem Geist / O JEsu / wache ich allezeit zu dir. Cap. 26. Bey solcher Müdigkeit und solchem Schlummer kam der Bräutigam Christus / rührete Sie / um seine liebste Sulamith ja nicht zu erschrecken / gantz säuberlich an / und sagte Ihr gleichsam ins Ohr: Stehe auff / meine Freundin / meine Schöne / und komm her / stehe auff / meine liebe Braut / meine ELISABETH JULIANA, stehe auff / und komm her / der Winter alles Leydens ist nun vergangen / komm denn mit mir / du solt nun mit mir / vor dem hohem Altar / in dem herrlichem Tempel des neuen Jerusalems / für dem Thron der Herrlichkeit meines Vaters / auff ewig getrauet werden. Wie offt hast du doch deine Augen nach mir auffgerichtet / und so hertzinniglich geseufftzet:
Liebster Bräutgam / schönste Wonne / Ach! wenn wird es doch geschehn / Daß / O aller Sonnen Sonne / Ich dir soll zur Seite stehn / Denn soll Kummer / Angst / und Schmertzen Seyn entfernt von meinem Hertzen. Die Stunde ist nun da / und deine Freude / dein Verlangen ist nun erfüllet. Was antwortete die auserwehlte Sulamithin,
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und Glaubens-volle Hertzogin? Ja ich komme / das ist die Stimme meines Freundes / der da anklopffet / ja ich komme / HErr JEsu! Ihro Durchl. sturben nicht / sondern schlieffen recht ein / und haben ja wol / wie Dero Hertzens-Wunsch so manchmal dahin ging / des Todes Bittrigkeit nicht einmahl gekostet / nach der tröstlichen Versicherung des HErrn JEsu beym Johann. am 8. Warlich / warlich / ich sage euch / so jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Hier sitzt nun zwar das gantze Fürstenthum / sam̅t allen zubehörigen Landen / mit Finsterniß und Schatten des Todes umhüllet / die Hertzen der gesam̅ten getrenen Unterthanen zerfliessen in Thränen! Ist unsere Landes-Mutter todt? So kommt einher mit Hauffen / Creutz / Trübsal / Unglück / Angst und Noth / gleich einem Strohm gelauffen. Wir hoffeten / es würde bey dem einem Weh verbleiben / und gedachten nicht / daß das Unglück solte zweymal kommen. Aber / O GOtt! Wie hast du durch den Tod unserer Hochseeligsten Hertz-allerliebsten Landes-Mutter / unsere Seele nun erst recht in den Staub gedrucket / und unsern Mund zur Erde niedergebeuget / daß wir mit der höchstbetrübten Tochter Zion wol klagen und sagen mögen: Unsers Hertzens Freude hat nun ein Ende / unser Reigen ist in Wehklagen verkehret / die Krone ist von unserm Haupt gefallen! O weh / daß wir so gesündiget haben! Klagel. Jerem im 5. Cap. Alle Wonne unsers Landes ist dahin. Esai. am 24. Wir erkennen zwar das wol / sagt das gantze Vaterland / daß der grosse Himmels-König / Euch / aller-preyßwürdigste / allertheureste Landes-Mutter / zu der Hochzeit des Lam̅s / und zu dem ewigem Freuden-Reigen beruffen / und abgefordert / allein unsers Hertzens-Freude hat leider! leider! nunmehro ein Ende / unser Reigen ist in Wehklagen verwandelt / O daß wir so gesündiget haben! Solten wir weiter gehen / und die gesamte Hoch-Fürstliche Hof-Statt und löbliche Bürgerschafft / in der allerschmertzlich
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sten Trauer / darinn Sie leider! bestehet / besehen und fragen wollen / wie ihnen zu Muthe / so würden alle getreue Dienere / und Dienerinnen / Knechte und Mägde der Hochseeligsten allertheuresten Hertzogin / uns nichts antworten können als dieses: Darum weinen wir so / und unsere beyde Augen fliessen mit Wasser / daß der Tröster / der unsere Seele solte erquicken / ferne von uns ist! Ach! unsere so gnädigste / Huld- und Gnaden-volle regierende Hertzogin ist dahin! Ja solten wir den Jammer und das Hertzeleyd der gesambten Hoch-Fürstl. Kinder / und Kindes-Kinder / in einem kleinem Abriß nur entwerffen wollen / wir würden Ihrer aller Angesichter verhüllet / und durch den schwartzen Flohr nichts als bleiche Todten-Gesichter sehen / und nichts aus Dero Höchst-betrübtestem Fürsten-Munde / als dieses klägliche Winseln / anhören: Schauet / und sehet / ob irgend ein Schmertz sey / wie der Schmertz / der uns troffen hat / denn der HErr hat uns voll Jammers gemacht am Tage seines grimmigen Zorns. Ach! Unsere Frau Mutter / ist dahin! Wer aber wird die geschlagene Hertzens-Wunde unsers höchst-betrübten und hertzgeliebtesten Landes-Vaters gnugsam vorstellen können? GOTT hat Ihm ein hartes erzeiget / er hat Ihn einen bittern Trunck aus seinem Kelch trincken lassen / daß er davon daumelt / indem Ihm die Sonne Seines Lebens so gar unvermuthlich untergangen / Seine getreueste ELISABETH, Seine eintzige Ruhe / und eintzige Erquickung / die Ihm der Höchste bey Seiner schweren Regirungs-Last / zum Trost und Labsal gegeben hatte / Seine allerfreundlichste / holdseeligste / Liebes- und Demuths-volle JULIANA, die Jugend und Verjüngerung Seines Alters / die Ihn nun biß ins acht und viertzigste Jahr geheget und gepfleget / alles Liebes und niemals Leydes gethan / und alles mit Freuden ausgerichtet / was Sie nur Ihrem Huldreichem Ehegemahl an den Augen ansehen kunte / aus Seinem Gesicht / aus Seinen Armen / aus Seinem Schooß auff einmal herausgerissen. Wie dieser allerempfindlichster Schmertz Seiner Durchl. wol nicht leicht auszusprechen / so will ich auch schweigen / und meinen Mund
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davon nicht auffthun. Ich will gleichsam mit Timanthes eine Decke für dieses hohe Trauer-Gesichte mahlen / und mit David nur sagen: Du / HErr / HErr / wirst es wol machen / und unsern gnädigsten Landes-Vater / nebst denen Hoch-Fürstlichen Kindern / und allerseits Hoch-Fürstl. schmertzlichst-Leydtragenden / nicht über Vermögen versuchen / sondern schaffen / daß alle / und auch diese schwere Versuchung / so ein Ende gewinne / daß Sie dieselbe / und wir mit Ihnen / Sie ertragen können. Wir sind denn nun an dem öffentlichem letztem Ehren-Tage unserer Höchst-seel. weyl. regirenden Hertzogin Durchl. hier bey einander versam̅let / GOttes Wort miteinander zu betrachten / und anzuhören. Damit nun dieses vor allen Dingen dem grossen GOtt zu seines allerheiligsten Namens Ehren / der Gottseeligsten lieben Landes-Mutter zum Christlichem höchstbilligem und unsterblichem Nachruhm / denen hinterbliebenen höchstbekümmerten Hoch-Fürstlichen und gesambten schmertzlichst Leydtragenden zum kräfftigem Trost / und uns allen zur Erbauung / und endlich zur ewigen Herrlichkeit und Seeligkeit ausschlagen möge / so ruffen wir GOtt an um den kräfftigen Beystand des wehrten Heil. Geistes / in einem andächtigem und gläubigem

Vater Unser etc.
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Den von der Gottseeligsten Hertzogin vor vielen Jahren schon erwehleten Leichen-Text wolle Eure Liebe vorlesen hören / aus der Offenbahrung Johannis im 21. Cap. v. 6. 7.
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ICh bin das A und O / der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers / umsonst. Wer überwindet / der wirds alles ererben / und ich werde sein GOTT seyn / und er wird mein Sohn seyn.
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UNd am dritten Tage zog sich Esther Königlich an / und trat inwendig in den Hof am Hause des Königes / inwendig gegen dem Hause des Königes / und der König saß auff seinem Königlichem Stuhl / im Königlichem Hause gegen der Thür des Hauses. Und da der König sahe Esther die Königin stehen im Hofe / fand sie Gnade für seinen Augen. Und der König recket den güldenen Zepter in seiner Hand gegen Esther, da trat Esther herzu / und rühret die Spitze des Zepters an. So beschreibet der Heilige Geist den prächtigen Eintritt der Königin Esther in den Saal des grossen Königs Ahasverus, und meldet zugleich / wie gnädig und lieblich die Königin von dem Könige empfangen worden / wie solches in dem 5. Cap. des Buchs Esther mit mehrem nachzulesen. In dem Stück Esther lautet es also: Und am dritten Tage zog Esther ihren Königlichen Schmuck an / und war sehr schöne / und rieff GOtt den Heyland an. Und da sie durch alle Thüren hinein kam / trat sie gegen den König / da er saß / auff seinem Königlichem Stuhl / in seinen Königlichen Kleidern. Und der König hub den güldenen Zepter auff / und legte ihn auff ihre Achseln / und küssete Sie. Es hatte bekannter maassen der vornehmste Minister an dem Hofe des mächtigen Königs Ahasveri, Haman, ein grausames Blut-Urtheil vom Könige wider die Jüden erschlichen / nemlich / daß alle Jüden in seinem gantzem Königreiche / in hundert und sieben und zwantzig Landen / und zwar alle auff einen Tag / solten ums Leben gebracht werden / und waren auch desfalls die Königlichen Befehle im gantzen Reich eiligst ausgeschicket worden. Wie diese betrübte Zeitung vor die Königin Esther, welche eine Jüdin war / gelangete / ließ sie ihrem Vettern dem Mardochai auff seine Veranlassung sagen / er solte mit denen zu Susan verhandenen Jüden drey Näch
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te fasten und beten / Sie wolte dergleichen thun / und es denn wagen / und zum Könige gehen / ob sie zwar in dreyßig Tagen nicht wäre zum Könige geruffen; und aber bekannt / daß wenn jemand ohn geruffen zum Könige käme / daß der des Todes sterben müsse / es wäre denn / daß er den güldenen Zepter gegen ihn reichete. Sie wolte es denn wagen / käme sie um / so käme sie um. Demnach sie denn nunmehro biß in den dritten Tag gefastet und gebetet / und den höchsten GOtt zu Beglückung ihres Vorhabens hertzinniglich angeruffen hatte / so ziehet sie sich Königlich an / oder leget ihren Königlichen Schmuck an. Eurer Liebe ist vor dem weitläufftig / bey Gelegenheit unterschiedener Texten / vorgetragen / worinn eigentlich der Schmuck der vormaligen alten Königl. und Fürstl. Personen bestanden. Sie traten entweder einher in Kleidungen / mit Golde und Silber / Perlen und Edelgesteinen / durch und durch gesticket / oder über und über / gantz dick und reich besetzt / oder in einem gantz güldenem / oder auch silbernem Kleide / wie die Rabbinen von des Salomonis Kleidung berichten / daß dessen prächtigster Habit, darinnen er auff seinem Königl. Stuhl sich praesentiret / durch und durch mit Silber / als fchneeweisse Lilien / wäre gewircket gewesen / dahin der Herr Jesus zielen mag / wenn er bey dem Matthaeo am 6. sagt: Schauet die Lilien an auff dem Felde / ich sage euch / daß auch Salomo in aller seiner Herrligkeit nicht bekleidet gewesen / als derselben eine. Dabeneben mit den allerkostbarsten Kleinoten / an Ohren / Händen / und auff der Brust / auch an Füssen ausgezieret / wie wir von solchen Kleidungen auch in der Heil. Schrifft Nachricht finden / beym Es. am 3. Ezechiel. 16. im Psalm. 45. und andern Orten mehr; oder aber sie kleideten sich in Purpur und köstlichem Leinwande. Und war der Purpur sonderlich dreyerley Art. Die erste / so oder genannt / und von gewissen Blutwürmlein / so auff Stauden / Coccus genannt / hervor wachsen / deren noch eine grosse Menge in Provence in Franckreich gefunden wird / gepresset würde / welche die höchste Scharlachs-Farbe. Die andere oder Ostrum, die rechte und ächte Violet-Farbe / so aus denen Blut-Muscheln zu Tyrus und Sidon vor dem bereitet würde. Die dritte , die braundunckele Purpur-Farbe / als die dunckelbraunen Nelcken anzusehen / so aus einer weissen A
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der gewisser Schnecken mit unsäglicher Mühe und Arbeit zu sammen gesamblet würde. Und würden alle drey Arten der Purpur zweymal gefärbet / einmal das Garn / und hernach der gemachter Zeug / drum alle drey Arten auch in der Heil. Schrifft oder zweymahl gefärbetes Zeug genannt war. Die dritte Art / nemlich Argamon, war die allerkostbareste und rareste / welche auch niemand als Könige und Fürsten bezahlen und tragen kunten und durfften. Bey solcher kostbaren dunckelbraunen Kleidung zogen sie zugleich an den oder Byssum, den kostbaren silberweissen allerzartesten Zeug oder Stoff / welcher von dem Stein Amianto oder Asbesto bereitet wurde / welcher Zeug durchs Feuer / ob es gleich viel hundert Jahr brandte / dennoch nicht verbrandte / sondern immer heller und schöner wurde / wie des Christlichen Käysers Constantini Magni Tauff- und Westerhembd von solcher Materie war / welches dieser hochlöbliche Käyser / zum Zeichen seiner Wiedergebuhrt / in seiner Tauff-Capelle anzünden ließ / welches viel hundert Jahr gebrannt hat. Daneben trugen sie auff ihrem Haupt ihre Diademata und Kronen / worvon auch zu andern Zeiten viel geredet / entweder eine weisse / Purpurrothe / Himmelblaue oder gantz bunte Binde / oder einen blossen Lorbeer-Krantz / darüber eine güldene zarte durchbrochene Krone gesetzet würde / so daß das grüne Laub durch das Gold scheinen / und sich mit demselben zierlich ausnehmen muste. In solchem kostbarem Königlichem Schmuck / entweder gantz güldenem / oder auch vieleicht in einem gantz dunckelbraunem Purpurfarbem und schneeweissem Amiantus-Kleide / mit einem grünem Krantz / darüber eine durchbrochene Krone auffs Haupt gesetzet / daß die grüne Farbe durchs Gold sich anmuthig praesentiret (welche Kleidung / nebst denen allerkostbarsten Kleinoten / sich zusammen sehr wol ausgenommen) erscheinet die Königin Esther inwendig in dem Vorhofe / in der Antichambre oder Vorkammer des Königs / mit zwo Cammer-Fräulein / da zwar Ihr gantzes exterieur, und Ihr Angesicht schöne / lieblich und frölich anzusehen / aber Ihr Hertz mit lauter Angst und Sorge / wie ein jeder leicht ermessen kan / angefüllet war; wie auch das Stück in Esther solches deutlich besaget / so gar auch / daß sie über dem Anblick des Königs / aus Beysorge / daß ihr der Todt numehro bereitet sey / zweymal in eine tieffe Ohnmacht sincket. Allein / wie empfänget der König die Esther? Er empfänget sie mit grosser Gnade / und zwar
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dermassen / daß er / zum grossen Gnaden-Zeichen / seinen Königlichen güldenen Zepter / den er in seiner Hand hielt / gegen die Königin reichete / und Esther darauff die Spitze dieses Zepters / entweder mit der Hand / oder / welches glaublicher / nach orientalischer Weise / mit dem Munde berührete / und in tieffester Demuth küssete. Wir könten hier abermal viel reden von dem Ursprung des Zepters / von dessen Bedeutung / und zu was Ende der Zepter / von alters her biß auff diese Stunde / denen gekrönten Häuptern / bey deren Krön- und Salbung / übergeben worden; allein die Zeit leidet solches nicht. Nur / was unsern Zweck betrifft / so war die Darreichung / oder Ausstreckung des Zepters gegen die Supplicanten / wenn sie auch schon den Todt verwircket hatten / eine gewisse Anzeigung / daß sie nun solten pardonniret und begnadiget seyn / wie der Julianus zum Luciliano saget: Majestatis insigne porrexi, ut desinas pavere; Ich habe dir ja meinen Zepter hingereichet / damit du auffhören sollest zu zittern. Allein es muste nothwendig der Begnadigte den Zepter anrühren / that er das nicht / so war die angebotene Gnade vergebens; wer das aber that / sagt Josephus, , der war damit ausser Gefahr. Dannenhero man leicht ermessen kan / wie numehro der Gottseeligen Königin / nach ihrem ausgestandenem Todes-Kampff / müsse zu muhte worden seyn / indem Ihr beklommenes / und mit lauter Furcht / Sorge / und Angst umfangenes Hertz / durch den Gnaden-Blick des Königs / sehr erfreuet und erquicket worden / so / daß sie nun Hoffnung haben kunte / GOtt würde ihr Vorhaben ferner glücklich ausführen. Wenn ich dieses mit wenigem auff unsere unvergleichliche Gottseeligste Hertzogin / und allertrauteste Landes-Mutter appliciren und richten soll / so zogen Ihro Durchlaucht. am dritten Tage sich wol recht Königlich an / als Sie zu dem allerhöchstem und mächtigstem Himmels-Könige / dem Könige aller Könige und Herrn aller Herren / Ihren Eingang in das Allerheiligste / in den ewigen Freuden-Saal / nun jetzo thun wolten. Es haben ja wol / auff gewisse Maasse / verehlichte Gottseelige Hertzen auff dieser Welt drey sonderbare Ehren-Tage / als / erstlich / den Tag der Gebuhrt / oder sonderlich / wie etliche denselben Tag billig weit höher schätzen / den Tag der Wiedergebuhrt / oder den Tauff-Tag / welchen der König Ludwig in
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Franckreich / der Heilige benannt / in solchem hohem Werth hielt / daß er auch allerdings den Ort Poissy, da er getaufft war / viel höher schätzete / als den Ort seiner Krönung / und sich offtmals unterschrieb Louis de Poissy. Zum andern / den Ehren-Tag einer erwünschten seegen-reichen Ehe / und denn drittens / den Ehren-Tag eines sanfften und seeligen Todes. Ist jemand / was diese drey Tage betrifft / hier auff der Welt glücklich / so wird er dort glückseelig seyn in alle Ewigkeit. Glückseeligst ist ja wol / was alle diese drey Tage betrifft / unsere Hochseeligste regierende Hertzogin gewesen; Denn betrachten wir erstlich / ihren Tauff-Tag / so war derselbe Ihr ja wol ein recht prächtiger Ehren-Tag / als an welchem die junge Fürsten-Braut / die holdseeligste Princesse von Holstein ELISABETH JULIANA, auff dem Hoch-Fürstlichem Hause Holstein-Norburg / Ihrem Himmlischem Bräutigam Christo JEsu / dem A und O, durch das hochseelige Wasserbad der Wiedergebuhrt und Erneuerung des Heil. Geistes / zum ersten mal zugeführet / und mit demselben vor siebentzig Jahren verbunden wurde. Die Königin Esther nahm ihren Eintritt zu dem grossem Ahasverus in dem Monat Sivan, das ist / nach unserer Monden-Rechnung / der Monat Majus oder der Mey-Monat. In eben diesem Mey-Monat nahm vormals die Hochseeligste Hertzogin / durch das Bad der Wiedergebuhrt / als eine junge Königin aus Königs-Stamm entsprossen / zum ersten mal ihren Eintritt zu dem grossem Himmels-Könige / da Sie zu ihm in das Reich seiner Gnaden / und in die Gemeinschafft seiner Heiligen / eingieng / gantz herrlich inwendig / mit güldenen Stücken des Glaubens gekleidet. Psalm 45. Da man Sie führete in gestickten Kleidern zum Könige / und / wie Ihres Himmlischen Bräutigams Leib-Farbe / weiß und roth / im Hohenl. Salom. am 5. Cap. so war auch weisse Seide und Purpur / in geistlicher Deutung / Ihr Braut-Kleid / da Sie in dem schneeweissem Kleide der vollenkommenen Gerechtigkeit / die vor GOtt gilt / mit dem Purpur des Blut-Würmleins Christi JEsu besprenget / und mit der schönen Ehren-Krone gezieret / den dargereichten richtigen Zepter des Gnaden-Reichs JEsu Christi / zum ersten mal anrührete / und dieser Himmels-König diese seine Königliche Princeßin zum ersten mal küssete / und Sie anredete: Nun / meine Tochter / ich will mich mit
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dir verloben in Ewigkeit / ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht / in Gnade und Barmhertzigkeit / ja im Glauben will ich mich mit dir verloben / und du wirst den HERRN erkennen. Hosea. im 2. Cap. Das lasset mir einen Ehren-Tag / und zwar den ersten Ehren-Tag unserer Hochseeligsten Hertzogin seyn. Ihr zweyter glückseeligster Ehren-Tag erschien denn Anno 1656. am siebenzehendem Tage des geseegneten Monats Augusti. Wenn ich an diesen höchstbeglückten Freuden- und Ehren-Tag / an welchem die damahlige Durchlauchtigste Princesse ELISABETH JULIANA, dem grossem Held und Hertzog ANTHON ULRICH, unserm jetzo regierendem gnädigstem Fürsten und Herrn / in dem köstlichstem Fürsten-Schmuck durch Priesterliche Benediction zugeführet und vermählet wurde / gedencke; ja wenn ich gedencke an die grosse Freude des Gottseeligsten unvergleichlichsten Herrn Hertzogen / und Vaters AUGUSTI, Glor-würdigsten Andenckens / gedencke an das Frolocken und Jauchtzen der gesambten Hoffstatt und Bürgerschafft / gedencke an alle prächtige und vortreffliche Ehren- und Freuden-Bezeugungen / damit diese prächtige Fürsten-Sonne von allen benedeyet / verehret / und gleichsam angebetet wurde. Ja wenn ich gedencke an die Wonne und das Vergnügen des gantzen Vaterlandes / und aller Unterthanen / als welche über diese Höchst-geseegnete Hoch-Fürstliche Alliance in vollen Freuden einhertraten / so deucht mir / ich empfinde in dem / daß ich davon rede / noch einige Würckung der Freude / die ich damals an diesem Orte / dero Zeit gegenwärtig / in meiner Jugend / nebst vielen tausenden in voller Maasse empfunden. Ja wenn wir allerseits betrachten / was diese numehro ins acht und viertzigste Jahr bestandene Hoch-Fürstl. Ehe-Verbündniß / für eine Friedens-volle / glückseelige / von dem höchstem GOtt mit allen höchsterwünschten Benedeyungen des Leibes / der Seelen / und des Glücks begnadete Verbindung gewesen / so werden wir ja wol alle miteinander einmüthig bekennen müssen / daß auch der andere Ehren-Tag unserer Hochseeligsten Landes-Mutter ein rechter glückseeligster Ehren-Tag gewesen.
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Am dritten Tage aber zog sich Esther Königlich an. Denn als numehro unserer Preiß-würdigsten Gottgeheiligten Hertzogin dritter / letzter / und aber auch höchster Ehren-Tag / der vierdte Tag des Monats Februarii, als der Tag Ihres Hochseeligsten Todes / ja was sage ich / Todes? Ihres süssesten Einschlaffs und Eingangs zum ewigem Leben / hereintrat / an welchem Tage die Engel GOttes die starcken Helden / Befehl hatten / in das ewige Jubilaeum zu Vollenziehung der herrlichen Hochzeit des Lam̅s / unsere Preiß-würdigste Gottgeheiligte Hertzogin / in das Himmlische Jerusalem allerprächtigst aufzuholen / da zog sich unsere Esther wol recht Königlich an / da legete Sie die Kleider der Sterbligkeit ab / ja alle Fürstliche Kleider sambt allem herrlichem Schmuck / darinn sie zwar Ihrem hohem Stande gemäß / dennoch wider Ihren Willen mit Esther öffters prangen muste / die legete Sie numehro ab / und überkleidete sich hergegen mit dem schneeweissem Kleide der Unsterblichkeit. Die hellen Kleider von dem Stein Amiantus, wie wir gehöret / kunten viel hundert / ja wol über tausend Jahr brennen / aber zuletzt vergiengen sie doch mit der Zeit. Allein / das schneeweisse Kleid der Unsterblichkeit / das unsere Hochseeligste Hertzogin an Ihrem drittem Ehren-Tage angezogen / das wird in alle Ewigkeit nicht verwesen / sondern wird in dem Feuer / Glantz und Licht der Göttlichen Klarheit / noch mehr und mehr aus einer Klarheit in die andere / auff ewig verkläret werden. Denn Sie ist nun kommen zu dem / der da wohnet in einem Licht / dazu kein Sterblicher kommen kan / woselbst die Engel ein dem andern zuruffen: Komm / ich will dir das Weib zeigen / die Braut des Lamms / die da erlanget hat die Herrlichkeit GOttes / deren Licht gleich ist dem alleredelstem Stein / einem hellen Jaspis / Offenb. Joh. 21. War die Verklärung Christi im Stande seiner Erniedrigung / auff dem heiligem Berge / dermaassen herrlich / daß sein Angesicht leuchtete und gläntzete / wie die Sonne / und seine Kleider weiß wurden / als ein Licht / so helle und weiß / wie der Schnee / daß sie kein Färber oder Mahler auff Erden so weiß machen kan. Matth. 17. Marc. und Luc. 9. So bedencke Eure Liebe einmal / was das für ein helles und gläntzendes Kleid
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der Unsterblichkeit / Herrlichkeit und Seeligkeit seyn müsse / welches Christus der Königliche Bräutigam / der da ist das A und das O, der Anfang und das Ende / das Licht / der Schein und Glantz der ewigen Herrlichkeit GOttes / numehro in dem Stande seiner höchsten Erhöhung / zur Rechten des Him̅lischen Vaters / Seiner Königlichen Braut ELISABTH JULIANEN angezogen. Wie Esther, als sie durch alle Thüren gangen / in eine Ohnmacht sanck / und sich lehnete mit dem Haupt auff die Hände ihrer Bedientinnen / als sie Ahasverum in seinen von Gold und Edelgesteinen gläntzenden Kleidern / auff seinem Königlichem Thron sitzen sahe / so kunte es ja auch wol nicht anders seyn / es muste ja wol die Holdseeligste Esther und Mutter unsers Vaterlandes / als Sie das Kleid der Sterblichkeit ab- und das schneeweisse Kleid der Unsterblichkeit anlegten / auch nicht ohn alle Ohnmacht bleiben / denn eben / als die gläntzenden Feurflammen / die Engel GOttes / das von Ihrem Bräutigam Ihr zugesandte Braut-Kleid der Unsterblichkeit Ihr anzogen / und Sie numehro auf dem Wagen Eliae sitzende / den ewigen Himmels-König in seinem Glantz und Licht auch noch von ferne kaum / auf seinem höchstem Thron der Herrlichkeit / erblicketen / so sturben Sie zwar nicht / sondern empfunden nur gleichsam mit Henoch und Elia ein mortis, eine geringe Aehnligkeit des Todes / da Sie nur in eine tieffe Ohnmacht suncken / und sich auf die Hände Ihrer getreuen Bedientinnen säuberlich niederlegeten / und darauf sofort Ihre mit dem weissem Kleide der Unsterblichkeit bekleidete Seele von den Engeln getragen wurde in die süssen Hände Ihres Him̅lischen Vaters / in Abrahams Schooß. Hier zwar auff dem Hoch-Fürstlichen Schlosse war nichts als lauter Wehklagen / Jammer / Angst / Furcht und Schrecken / Winseln und Seufftzen / Heulen und Schreyen / zu sehen und zu hören; Droben aber im neuen Jerusalem / stimmete der ewige König ein Freuden-volles Braut-Lied an: Es ist geschehen! Meine außerwehlete Braut / ELISABETH JULIANA habe ich numehro in meinen Armen! Ich bin der Bräutigam / ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende: Ich will nun dem Durstigem (dieser meiner Schwester lieben Braut / die so lange nach
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mir und diesem Freuden-vollem Leben gedürstet hat) geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. Und wie Sie nun / diese meine Braut / alles überwunden hat / so soll Sie auch alles / alle meine Herrlichkeit und meines Vaters Reich im Himmel auff ewig ererben / und ich will Ihr GOtt seyn / und Sie soll meine allerliebste Tochter seyn / wie wir davon aus dem von der Hochseeligsten Hertzoginn vor langen Jahren erwehltem Leichen-Texte jetzo noch ein mehres reden wollen. Und weil es denn an dem / daß wir uns zwar wol allerseits die grosse Hoffnung gemacht hatten / nach etwan verfliessenden drittehalb Jahren das Freuden-volle Jubilaeum, oder die erneuerte Benediction und Einsegnung unsers gnädigsten lieben Landes-Vatern / und unserer gnädigsten lieben Landes-Mutter / wenn Sie nun funfftzig Jahr in dem Hoch-Fürstlichem Ehebande würden höchst-gesegnet bestanden seyn / hochfeyerlich zu begehen / so hat es dennoch dem HErrn über Leben und Todt anderst und zwar dermaassen gefallen / wie es leider! am Tage ist. Wir wollen indessen aus dem Hoch-Fürstlichem Leichen-Text vor das mal der Hochseeligsten Hertzogin Durchl. dennoch eine Hoch-Fürstliche Braut-Predigt halten / indem wir Eurer Liebe aus demselben vorstellen:

Die von dem grossem Himmels-Könige in das ewige Jubiloeum, zur süssesten Erquickung / und zum schönsten Erbtheil der Herrlichkeit und Seeligkeit auffgenom̅ene Königliche Himmels-Braut.
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Der HErr vom Himmel lasse unser Vorhabenzu seines allerheiligsten Namens Ehre / zum unsterblichem wahrem Nachruhm der Hoch-seeligsten Hertzogin Durchl. auch zuvorderst denen Hoch-Fürstlichen Leidtragenden allerseits / und uns allen / zum kräfftigem Trost / und zur heilsamen Erbauung gereichen / um Christi JEsu willen! Amen.
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DEr Bräutigam und ewige Himmels-König / der seine auserwehlte Himmels-Braut / zur süssesten Erquickung / und zum schönstem Erbtheil der ewigen Herrlichkeit und Seeligkeit aufffordert / redet diese seine Braut in unserm Hoch-Fürstlichen Leichen-Texte also an: Ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende; Ich will dem Durstigem geben von dem Brunn des lebendigen Wassers / umsonst. Wer überwindet / der wird alles ererben / und ich werde sein GOTT seyn / und er wird mein Sohn (oder Tochter) seyn. Der Bräutigam CHristus JEsus beschreibet sich selbst in der Offenbahrung Johannis unterschiedliche mahl mit diesen Worten: Ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende / der Erste und der Letzte / wie wir solche Beschreibung finden im 1. Cap. zweymahl / dann in diesem Leichen-Text / und abermahl in dem 22ten und letztem Cap. dieser hohen Offenbahrung. Und ist dabey sehr mercklich / daß dieser ewige König / sonderlich in dem 21. und 22ten Cap. unterschiedliche mahl seiner geliebten Braut dabey ausdrückliche Meldung thut / denn so muß Johannes im 21. Cap. kurtz vor unsern Text diese prächtige Braut des ewigen Königs im Gesicht sehen / und sie dermaassen vorstellen: Und ich Johannes sahe die heilige Stadt / das neue Jerusalem / von GOtt aus dem Himmel herab fahren / zubereitet / als eine geschmückte Braut ihrem Manne. Und wiederum / kurtz nach unsern Text-Worten / muß ein Engel den Johannem anreden: Komm / ich will dir das Weib zeigen / die Braut des Lamms. Und wie jetzt nochmahls der Bräutigam beym Beschluß der gantzen heiligen Schrifft sich hören lässet: Siehe / ich komme bald / und mein Lohn mit mir / ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende / der Erste und der Letzte / ich bin die Wurtzel des Geschlechts David / ein heller Morgenstern; So folget so fort wiederum darauff: Und der Geist / und die Braut sprachen: Komm.
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Und wer es höret / der spreche: Komme / und wen dürstet / der komme / und wer da will / der nehme das Wasser des Lebens umsonst. Aus welchen allen klar erhellet / daß der Hoch-Fürstliche Leichen-Text nichts anders sey / als eine süsse und holdseelige Anrede des Himmlischen Bräutigams JEsu Christi / an seine auserwehlte Braut / die seelige Gemeinschafft der Heiligen / und an eine jedwede gläubige Seele / die eben in würdiger Bereitschafft stehet / in der weissen Seide der Gerechtigkeit der Heiligen / zu der Hochzeit des Lamms sich einzufinden / worzu Sie der gantze Himmels-Chor mit Freuden-vollem Schalle Cap. 19. also einladet: Lasset uns freüen / und frölich seyn / und GOtt die Ehre geben / denn die Hochzeit des Lamms ist kommen / und sein Weib hat sich bereitet / und Ihr ist gegeben sich anzuthun mit reiner und weisser Seide. Allein lasset uns die Anrede des Bräutigams an seine holdseelige Braut / noch mit wenigem betrachten. Der Bräutigam / wie wir gehöret / fänget sein Epithalamium und Braut-Lied also an: Ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende; und beschreibet mit dieser Redens-Art / kürtzlich davon zu reden / seine ewige Allmacht / und vollenkommene Herrlichkeit. Die Rabbinen / wenn sie einen tugendhafften vollenkommenen Menschen / oder sonst ein vollenkommenes Wesen / nach ihrer Art beschreiben wollen / so nehmen sie aus dem Ebraeischen Alphabeth das Aleph und das Thau, als den ersten und letzten Buchstaben / wie es also auch die Syrer machen mit ihrem Olaph und Tau. Dieser damals bekannten Jüdischen und Syrischen Redens-Art bequemet sich Christus / und nennet sich auch mit dem erstem und letztem Buchstaben des Alphabeths, und zwar / weil Johannes in Griechischer Sprache geschrieben / mit dem erstem und letztem Buchstaben des Griechischen Alphabeths, nemlich mit dem A oder Alpha, und mit dem oder Omega, und deutet damit an / daß er sey der allmächtige / ewige / unsterbliche GOtt / der da ist der Anfang und das Ende aller Dinge / durch welchen alles gemacht / was gemacht ist. Joh. am 1. Cap. ja / der da seinem Göttlichem Wesen nach ist ohn Anfang und ohn Ende. Wie der Satan insgemein durch die
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Heyden offtmals die herrlichsten Wercke des heiligen GOttes denen Götzen beygeleget hat / so wurde der Ab-Gott Jupiter von den Griechen genannt , weil derselbe ihrer blinden Meynung nach solte und müste aller Dinge Anfang und Ende seyn. Allein gar und gantz gefehlet! Hier aber ist Christus der Bräutigam das A und O, der da allein Unsterblichkeit hat aus der 1. Tim. 6. Cap. dessen Reich ist ein ewiges Reich / und dessen Herrschafft währet für und für aus dem 145. Psalm. Wir müssen uns wol verwundern über des weisen Heyden Platonis seine Rede / wenn er spricht: DEus est, qui principium, medium, & finem rerum omnium complectitur. GOtt ists / der den Anfang / das Mittel / und das Ende aller Dinge in sich begreiffet. Doch wenn der menschliche Verstand daran zweiffeln wolte / so haben wir des Heiligen Geistes Ausspruch / und sonderlich in unserm Text von Christo JEsu / dem ewigen GOttes Sohn / daß derselbe sey das A und das O, der Anfang / Mittel und Ende aller Dinge / und also der ewige wahre GOtt / welches uns Fleisch und Blut nicht offenbahret hat. Und dieses bekannten die Christen in der ersten Kirche zur Zeit des überhand genommenen verfluchten Arianismi, (die Arianer lehreten / daß Christus nicht wäre dem Vater in seinem Wesen allerdings gleich wahrer GOtt von Ewigkeit her) wieder die Arianer. Dannenhero war damals dieses das Kennzeichen der rechtschaffenen wahren Christen / die auff Christum / als den ewigen / wahren / allmächtigen GOtt gestorben / daß Sie auf ihre Grabmähler und Leichen-Steine liessen ein groß Alpha und Omega hauen / damit sie auch noch nach ihrem Tode für aller Welt bezeuget / daß sie mit dem Ketzerischem Arianismo keine Gemeinschafft gehabt / sondern das von Christo geglaubet / was Johannes von ihm bekannt in seiner Offenbahrung / daß er sey das A und das O. Wie denn auch die Christliche Kirche / dem HErrn JEsu zu Ehren / solches Bekäntniß Alpha es & O, in dem bekan̅tem schönem Weynachts-Liede: In dulci jubilo &c. biß auff den heutigen Tag noch hat beybehalten. Was nun der Bräutigam Christus von dem A und O verblümter Weise seiner Braut vorgestellet / daß er nemlich sey der allmächtige / ewige GOtt / das thut er nun ferner mit klaren Worten / wenn er spricht: Ich bin der Anfang und das Ende. Freylich ist ja wol der einige GOttes Sohn / der Bräutigam Christus JEsus / der Anfang
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und das Ende 1. ratione durationis, Wegen der Dauerhafftigkeit. Denn im Anfang war das Wort / und das Wort war bey GOtt / und GOtt war das Wort / dasselbige war im Anfang bey GOTT / alle Dinge sind durch dasselbe gemacht / und ohne dasselbige ist nichts gemacht / was gemacht ist. Joh. im 1. Cap. und abermal aus der 1. Epistel Johan. 1. Cap. Das da von Anfang war / das wir gehöret haben / das wir gesehen haben mit unsern Augen / das wir beschauet haben / und unsere Hände betastet haben / vom Wort des Lebens. Dieser Bräutigam ist die ewige Weißheit / die sich hören lässet in Sprüchw. Salom. 8. Cap. Der HErr hat mich gehabt im Besitz gehabt / im Anfang seiner Wege. Ja er ist der ewige Melchisedeck / der da hat weder Anfang der Tage / noch Ende des Lebens. Ebr. im 7. Cap. Der ewige König / dessen Königreich kein Ende hat / Daniel im 7. und Luc. im 1. Cap. Zum andern ratione causalitatis, der Würckung halber; denn allen Creaturen giebet / schaffet und würcket er den Anfang und das Ende; er ists / der da nicht allein des Gesetzes Anfang / sondern auch des Gesetzes Ende ist / wer an denselben gläubet / der ist gerecht. Rom. im 10. Cap. Der nicht allein das Am̅t der theuren Versöhnung und Erlösung des menschlichen Geschlechts angefangen / sondern auch zu unser aller Seeligkeit herrlich vollbracht und geendiget. Und deswegen thut dieser Bräutigam im 1. und 22. Capp. der Offenbahrung Johannis auch noch diese Worte hinzu: ich bin der Erste und der Letzte; anzudeuten / daß er mit Vater und Heiligem Geiste / der ewige allein-wahre GOTT sey; wie eben diese Worte Esai. im 41. 43. und 44. Capp. zu finden / woselbst auch die rechte Erklärung dieser Worte so fort hinzu gethan wird. Ich bin der Erste und der Letzte / und ausser mir ist kein GOtt. im 44. Cap. Vor mir ist kein GOtt gemacht / so wird auch nach mir keiner
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seyn / ich / ich bin der HErr / und ist ausser mir kein Heyland. im 23. Cap. Der Heil. Ambrosius erkläret diese Worte im verblümtem Verstande also: Vide clementiam Christi, ipse est primus & novissimus: Betrachte die Gütigkeit deines Heylandes / der da (in der Hülffe) der Erste und Letzte ist. Nachdem numehro der Bräutigam seiner geliebten Braut angezeiget / was Sie für einen gewaltigen / allmächtigen und ewigen König zum Bräutigam habe / so zeiget er Ihr auch an / wie er Sie numehro im Himmel ewig erquicken / ja Sie zur vollenkommenen Erbin aller seiner Güter / in der ewigen Herrlichkeit und Seeligkeit machen wolle. Bey sehr vielen Völckern ist die bekannte Weise / daß nicht die Braut dem Bräutigam / etwan einen Brautschatz zufreyen / sondern der Bräutigam die Braut / mit grossen Geschencken und Gaben Standes-mäßig ansehen / dotiren und bereichern / und dieselbe nach seinem Vermögen glückseelig machen muß. Und das trifft ja wol recht bey dem A und O, und bey seiner außerwehlten Braut ein. Erstlich spricht er: Ich will dem Durstigem geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. Der natürliche Durst ist nichts anders / als eine Begierde etwas feuchtes und kaltes zu geniessen / welcher Appetit daher entstehet / wen̅ das orificium superius ventriculi, der obere Mund des Magens gar zu trucken wird. Von solchem natürlichem Durst redet hier der Bräutigam nicht / und ob gleich auch die Braut öffters natürlicher Weise hungern und dursten muß / in diesem Leben / so ist Sie deswegen nicht betrübt und traurig / sondern rühmet sich dessen vielmehr mit Paulo aus 2. Cor. 11. Cap. und spricht: In Mühe und Arbeit / in viel Wachen / in Hunger und Durst / in viel Fasten / in Frost und Blösse. Sondern es redet hier eigentlich das A und das O, von dem Durst und sehnlichem Verlangen der gläubigen Seele nach dem ewigem Leben. Bißhero hatte diese gläubige Seele hier in diesem Leben allezeit einen grossen Durst und ein sehnliches Verlangen gehabt / nach der Gnade GOttes / nach der Vergebung der Sünden / nach der Gerechtigkeit / die vor GOtt gilt / und war deswegen auch von Christo selbst beym Matth. im 5. Cap.
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schon seelig erkläret: Seelig sind / die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit (Christi /) denn sie sollen satt werden. Wie Sie allezeit mit David eine sehnliche Begierde gehabt nach dem Brunn des lebendigen Wassers zu Bethlehem / Christo JEsu / und gleichsam mit diesem David darüber lüstern worden / ihr auch Christus JEsus dieses lebendige Wasser reichlich geschencket hatte / nach seiner tröstlichen Versicherung beym Joh. 4. Wer des Wassers trincken wird / das ich ihm gebe / den wird ewiglich nicht dürsten / sondern das Wasser / das ich ihm geben werde / das wird in ihm ein Brunn des Wassers werden / der in das ewige Leben quillet. Und Joh. 7. Wen da dürstet / der komme zu mir / und trincke / wer an mich gläubet / wie die Schrifft saget / von des Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fliessen; Ja / wie Sie / die gläubige Seele / so offt in ihrem Creutz und Leiden / in geistlichen und leiblichen Anfechtungen / nach der gnädigen Hülffe und Errettung ihres Bräutigams gedürstet / daß Sie mit David aus dem 42. Psalm öffters anstimmen müssen: Wie der Hirsch schreyet nach frischem Wasser / so schreyet meine Seele / O GOtt / zu dir / meine Seele dürstet nach GOTT / nach dem lebendigem GOtt; auch mitten in ihrem Leyden tröstlichst empfunden / daß GOttes Trost-Brünnlein Wassers die Fülle haben / aus dem 65. Psalm / und in der That erfahren / daß der GOTT alles Trostes / Wasser (Trost-Wasser) gegossen auff die Durstige / und Ströme auff die Dürren. Esai. 44. daß Sie allezeit mit David noch hatte rühmen und bekennen müssen / Psalm. 23. Der HErr führet mich zum frischem Wasser / und er erquicket meine Seele; So gieng numehro eintzig und allein Ihr Durst und Verlangen Himmel-auff / nach der Freude des ewigen Lebens. Denn als es hieß: Es ist geschehen; geschehen ist es mit diesem vergänglichem Leben; das Leben
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und die Welt haben nun ein Ende / da dürstete die himmlische Braut numehro eintzig und allein nach dem Brunnen des lebendigen Wassers / oben in der Herrlichkeit und Seeligkeit. Es wird die Freude / Herrlichkeit und Seeligkeit / weil wir das rechte Wesen derselben mit unsern Gedancken und Sinnen nicht begreiffen können / unter vielen anmuthigen natürlichen Dingen / nach unserm menschlichem Verstande / uns vorgestellet / als / unter einer prächtigen Hochzeit / herrlichem Abendmal / einer grossen Stadt / und mächtigen Pallästen / und schönen Häusern / unter kostbaren Kleidern / Kronen und Kräntzen / unter einer anmuthigen grünen Weyde / unter dem allerhellestem Sonnen-Glantz / und dergleichen. Hier nennet der Bräutigam die Freude des ewigen Lebens / dahin er seine Braut jetzo führen will / einen Brunnen des lebendigen Wassers / einen solchen Spring-Brunnen / eine solche lebendige Quelle / der es nimmer und in Ewigkeit an dem Trost- und Freuden-Wasser gebrechen wird. Und dahin zielet auch der Bräutigam / wenn er im folgenden 22. Cap. dem Johanni zuletzt abermal die Freude des ewigen Lebens sehen lässet / unter einem lauterem Strom des lebendigen Wassers / klar wie ein Crystall / der da gieng von dem Stuhl GOttes und des Lamms. Die Ursachen alle / warum der Bräutigam Christus JEsus die Herrlichkeit des ewigen Lebens / mit einem Brunnen des lebendigen Wassers vergleichet / können wir unmüglich alle anführen. Doch nur ein und anders kürtzlich zu berühren / so ist bekannt / 1. wie das süß-quillende Wasser aus einem lebendigem Brunnen / wider alle Hitze und Durst / die beste Kühl-Erquick- und Labung ist. Und so ist ja wol die Freude des ewigen Lebens allen denen / die mit der gläubigen Braut hier auff Erden des Tages Last und Hitze rechtschaffen empfinden müssen / die allerbeste und süsseste Laab- und Erquickung / wenn es von ihnen dermaleins heissen wird aus der Offenbahrung Joh. 7. Cap. Sie wird nun nicht mehr hungern noch dürsten / es wird auch nicht mehr auff Sie fallen die Sonne / oder irgend eine Hitze / denn das Lamm mitten im Stuhl wird Sie weyden / und leiten zu dem lebendigen Wasser-Brunnen. Und wie denn fürs andere / eine lebendige
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Brunn-Quell nicht leicht versieget / sondern beständig das süsse und angenehme Wasser denen erhitzten und durstigen Wanders-Leuten reichlich und zum Uberfluß schencket und giebet / also ist es auch mit der Freude und Herrlichkeit des Himmels beschaffen / die quillet hin biß in Ewigkeit / biß ins ewige Leben / Joh. am 4. Dannenhero nennet Paulus diese Herrlichkeit eine ewige und über alle maasse wichtige Herrlichkeit 2. Cor. 4. Worinnen die Gerechten sich ewiglich freuen und frölich seyn sollen / über dem / was ihnen der HErr schaffen und geben wird. Esai 65. Darinn die Erlöseten des HErrn ewige Freude und Wonne ergreiffen wird. Esai. 35. Welche ewige Freude David vorschmäcklich im 16. Psalm empfand / wenn er zum Beschluß desselben spricht: Für dir ist Freude die Fülle / und liebliches Wesen zur Rechten Gottes immer und ewiglich. Und wie ferner drittens / eine lebendige Brunn-Quell ihr süsses und gesundes Wasser umsonst reichet allen / die darnach Durst und Verlangen tragen / also erlangen auch die Freude des ewigen Lebens alle diejenigen / so da mit hertzlichem und gläubigem Verlangen nach diesem geistlichem lebendigem Wasser dürsten / umsonst. Denn so sagt der Bräutigam: Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. Deswegen spricht Paulus Ephes. 2. Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben / und dasselbige nicht aus euch / GOttes Gabe ist es / nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht jemand rühme. Und ob zwar das ewige Leben in der Heil. Schrifft auch wol zu Zeiten ein Lohn genennet wird / als bey Matth. 20. Cap. Ruffe den Arbeitern / und gib ihnen den Lohn / imgleichen in der Offenbahrung Johann. 22. Cap. Siehe / ich komme bald / und mein Lohn mit mir / so ist doch dieser Lohn propriè neque meritum de congruo, neque de condigno, sondern ein blosser Gnaden-Lohn / den GOtt aus blos
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ser Gnade und Barmhertzigkeit denen / die in Gedult und guten Wercken nach dem ewigem Leben trachten / zu geben versprochen / wie solches auch einige cordate, und in der Schrifft belesene Päbstische Lehrer selbst gestehen müssen / allermaassen Eure Liebe von solcher Materie unterschiedliche mahl / und sonderlich an dem Sonntage Septuagesima, aus dem Evangelio von den Arbeitern im Weinberge / weitläufftig vernommen hat. Zum zweyten nennet der Bräutigam die Herrlichkeit des ewigen Lebens / darinn er seine Braut jetzo einführen will / ein Erbe / das die Braut als ein Kind und Erbe des ewigen Vaters / gantz und vollenkommen / einnehmen und auf ewig besitzen solle / aber sie müsse zuvor überwinden. Wer überwindet / sagt er / der wirds alles ererben / und ich werde sein GOtt seyn / und er wird mein Kind / mein Sohn oder Tochter seyn. So nennet St. Paulus die Seeligkeit ein Erbe der Gläubjgen Rom. 8. Gal. 4. Ephes. 1. Tit. 3. und S. Petrus 1. Epist. 1. ja Christus selbst Matth. am 25. Kommt her / ihr Gesegneten meines Vaters / ererbet das Reich / das euch bereitet ist von anbeginn der Welt. Denn gleichwie ein tugendhafftes gehorsames Kind alle väterliche Güter vollenkommen ererbet / so soll auch die gläubige Braut JEsu / als ein liebes und gehorsames Kind des ewigen Vaters im Himmel / alles ererben; Mercklich / alles ererben. Wie ist das zu verstehen: alles ererben? Wird denn nur einer im Himmel erben / daß einer im Himmel soll alles ererben? In leiblichen und irrdischen Erbschafften wird das Väterliche Erbe nach der Anzahl der Kinder eingetheilet / und können unmüglich viele Kinder / und zwar ein jeder alles / das gantze Väterliche Erbtheil ererben / sondern es wird in gewisse Portiones, Theile und Loose getheilet / und bekommt ein jedes Kind nicht das gantze / sondern einen Theil der Erbschafft. Allein / mit dem Erbtheil des ewigen Lebens hat es eine gantz andere Bewandniß / da wird eine jedwede gläubige Seele das gantze väterliche Erbtheil bekommen / da wird ein jeder Auserwählter alles ererben / da wird GOtt / als das höchste Erbe / alles
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in allem seyn. 1. Cor. 15. Nur mit einigen einfältigen Gleichnissen Eurer Liebe solches vorzustellen / so kan ja eine Rede / zumahl / eine deutliche und vernehmliche Rede / die in Panegyri und grossen Assemblée von einer eintzigen Person gehalten wird / von vielen tausend Leuten angehöret und eingenommen werden. Eine liebliche Music fället ihrer vielen zugleich in die Ohren / so daß alle und jede Anwesende sich daran ergötzen können und also ein jeder die gantze Music höre. Und der nunmehro eintretende angenehme Frühling erfreuet ja mit seiner Ankunfft so viel millionen Leute an so viel tausend Orten der Welt. Oder / als wir neulich gehöret haben / so sehen ja das Sonnen-Licht viel hundert tausend mahl tausend Menschen auf dem gantzen Erd-Boden / und doch geneusst ein jeder das gantze Sonnen-Licht / und bleibet dennoch die Sonne das schönste Licht des Himmels im vollem Glantz. Also werden auch alle und jede Auserwählte die gantze vollenkommene Herrligkeit des ewigen Lebens in allen ererben / wenn sie allerseits an dem ewigem Worte des Himmlischen Vaters Christo JEsu / an der lieblichen Engel-Music, und schönstem Frühlinge des ewigen Lebens / die allerseeligste / vollenkommenste Vergnügung finden / wenn sie sam̅t und sonders GOtt in seiner Klarheit und in seinem Glantz anschauen werden von Angesicht zu Angesicht / 1. Cor. 13. Wenn sie alle droben wandeln werden im Schauen 2. Cor. 5. und ihn sehen wie er ist 1. Epist. Joh. am 3. Cap. Allein / ehe die Braut Christi / als ein liebes Kind GOttes / zu solchem Erbtheil gelanget / muß sie erst überwunden haben. Wer überwindet / heisst es / der soll alles ererben. Es ist ja wol wahr / es kan niemand gekrönet werden / er kämpffe denn zuvor recht / so daß er überwinde 2. Timoth. 2 Es muß freylich ein jeder kämpffen den guten Kampff des Glaubens / ehe er das ewige Leben / als ein schönes Erbe / ergreiffen will / 1. Timoth. 6. Da hat ja wol die Braut Christi ihre mächtige Feinde. Sie hat einmahl nicht mit Fleisch und Blut zu kämpffen / sondern mit Fürsten und Gewaltigen / nemlich mit den Herrn dieser Welt / die in der Fin
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sterniß dieser Welt herrschen / mit den bösen Geistern / unter dem Himmel Ephes. 6. Sie hat ferner zu ihrem mächtigem Feinde die gantze Welt / die im Argen lieget / nebst ihren dreyen listigen und verführischen Töchtern / Fleisches-Lust / Augen-Lust / und hoffärtigem Leben. 1. Ep. Joh. 2. und 5. Capp. Ja zu ihrem mächtigem Feinde hat sie ihr eigen Fleisch und Blut / dadurch als von einem einheimischem Feinde offt die grösseste Seelen-Gefahr ihr auf einmahl unvermuhtlich zustosset / darüber sie sich auch so hertzlich grämet / daß sie nicht ohne Thränen mannigmahl mit Paulo herausbricht. Rom. 7. Ich weiß / daß in mir / das ist / in meinem Fleische / wohnet nichts gutes. Ach! ich elender Mensch! wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Worzu dem Ansehen nach noch der allermächtigste un̅ allerschröcklichste Feind hinzu kom̅t / wenn sich Gott der Vater / und der Bräutigam Christus JEsus selbst gegen sein Kind / seine liebe Braut / in einen Grausamen verwandelt / und sich gegen dieselbe als ein Feind stellet. Hiob. 30. und 13. Capp. Wenn es scheinet / als begegne der Bräutigam seiner Braut / wie ein Löwe / und wie ein Parder / und wie ein Bähr / dem die Jungen geraubet sind / Hosea 13. Welches offtmahls bey schweren und hohen Anfechtungen die allerliebste Braut JEsu Christi am meisten empfindet / worvon die Welt-Kinder nichts wissen / weil sie es nie erfahren haben. Alle diese Feinde / sichtbahre und unsichtbahre / alle diese Versuchungen muß erst die Braut JEsu / das Kind GOttes / überwunden haben / ehe Sie das väterliche Erbtheil / das Erbtheil der Heiligen im Licht / antreten und zu dem ewigem Freuden-vollem Jubilaeo der Hochzeit des Lamms gelangen will. Da wird es Ihr nun mannigmal von Hertzen sauer / wenn Sie mit Sünde / Tod / Teuffel / Hölle / Welt / Fleisch und Blut / ja mit GOtt und Menschen selbst kämpffen / ja mit Abraham, Jacob, Hiob, David, Paulo, biß aufs Blut kämpffen muß; Allein / Sie wird nicht matt noch müde / weil Sie weiß / daß Sie arbeitet und ringet / nach
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der Würckung deß / der da kräfftiglich in Ihr würcket / Coloss. I. Sie weiß / daß Ihr Bräutigam Ihr schon zur Hand stehe / der den Müden Krafft / und Stärcke gnug den Unvermögsahmen giebt / Esai XL. Darum lauffet Sie auch in Geduld immer fort / in dem Kampff / der Ihr verordnet ist / und lässet nicht ab / biß Sie in Christo JEsu / endlich dieses alles überwunden hat / Rom. VIII. Und so heisst es denn zu letzt: Sie hat überwunden durch des Lammes Blut / Offenb. Joh. im XII. Sie hat den Bösewicht überwunden / 1. Epist. Joh. II. Sie hat die Welt überwunden / und Ihr Glaube ist der Sieg gewesen / der die Welt überwunden hat / V. Cap. Sie hat nun Ihr Fleisch überwunden / und dessen Geschäffte vollenkommlich getödtet / Rom. VIII. Nachdem Sie Ihr Fleisch samt allen Lüsten und Begierden gecreutziget / Galat. VI. Ja Sie hat in dem Kampff / darinn Sie mit Menschen und GOtt gerungen / nach dem Exempel Jacobs obgesieget / und hat also darauf nun auch alles im Himmel ererbet.

Gebrauch.
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NUn / meine Allerliebste in dem HErrn / wollet auch Ihr in der That und Warheit den Namen einer Himmels-Braut führen / und die Hoffnung fest und gewiß haben und behalten / zu der süssen Erquickung des lebendigen Wassers / und zu dem ewigen Erbtheil im Himmel von Christo JESU aufgenommen zu werden / so müsset Ihr auch euch hier in dieser Welt anschicken und bezeigen / als einer rechten und echten Braut JEsu Christi anstehet und gebühret. Wie / wo / und wenn Christus JEsus unser Bräutigam worden / und sich mit uns in Ewigkeit verlobet / davon könnten wir weitläufftig reden / wenn es die Zeit leyden wollte. Die Offenbahrung Johannis zeiget zur Gnüge an / daß das A und das O / der Anfang und das Ende / das Lam̅ GOttes /
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mit seiner Braut der gläubigen Seele / sich dermassen auf ewig fest verbunden / daß auch die Engel und Außerwehlten für grossen Freuden anstimmen / und jauchtzen im XIX. Cap. Lasset uns freuen und frölich seyn / und GOtt die Ehre geben / denn die Hochzeit des Lamms ist kommen / und Sein Weib hat sich bereitet; Und hat dieses Lamm (wie Christus also durchgehends in der Offenbahrung Johannis und zwar bey die dreyßig mahl das Lam̅ tituliret wird) das A und das O, einmahl Hochzeit gehalten mit dem Weibe / oder mit der Braut Offenb. Johann. 21. in dem keuschem Leibe der heiligen Jungfrau Marien / da durch wunderbare Krafft des Höchsten / und Uberschattung des Heiligen Geistes / der Sohn Gottes die menschliche Natur / unser Fleisch und Blut warhafftig angenommen / und sich mit solcher menschlichen Natur dermaassen genau und persöhnlich vereiniget / daß er dieselbe in Ewigkeit nicht wieder ablegen wird / wie denn diese Vermählung der Göttlichen Natur / in , oder / in der Selbständigkeit des Worts / mit der menschlichen Natur / viel fester / unzertrennlicher / und unauflößlicher ist / als das Band der ehelichen Vereinigung unter den Menschen / welches durch den Tod geschieden und getrennet wird Rom. 7. Dieses Band aber der göttlichen und menschlichen Natur in der Selbständigkeit des Worts / per intimam , das ist / durch eine innerliche / allergenauste Durchdringung / ist dermaassen in Christo fest zusammen verbunden / und vereiniget / daß auch diese persöhnliche Vereinigung / im Tode und Grabe des HErrn JEsu nicht hat können oder mögen getrennet werden / weil er auch im Tode GOTT und Mensch geblieben / ob gleich die natürliche Vereinigung Leibes / und der Seelen damahls thätlich geschieden gewesen. Von solcher Hochzeit handeln die ausbündigen Sprüche: Das Wort ward Fleisch / und wohnet unter uns / und wir sahen seine Herrlichkeit / eine Herrlichkeit / als des eingebohrnen Sohns vom Vater / voller Gnade und Warheit. Joh. 1. Kündlich groß ist das gottseelige Geheimnüß: GOtt ist offenbahret im Fleisch 1. Epist. an Timoth. 3. Da die Zeit erfüllet ward / sandte GOtt
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seinen Sohn gebohren von einem Weibe / Gal. 4. Auch sonst vielmehr andere herrliche Zeugnüssen in der Heil. Schrifft. Zum andern / hat das Lamm das A und das O Hochzeit gehalten mit dem Weibe oder der Braut / da sich Christus JEsus vermählet mit der Christlichen Kirche / zuforderst mit der Gemeinschafft der Heiligen / welche er / sonderlich im neuem Testament durch die Predigt des Evangelii aus der gantzen Welt zu ihm sam̅len und ruffen lassen / und noch täglich sam̅len und ruffen lässet. Von welcher Hochzeit Nachricht zu finden beym Hosea 2. woselbst der Himmels-Bräutigam seine geliebte Braut die Christliche Kirche also anredet: Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit / ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gerichte / in Gnade und Barmhertzigkeit / ja im Glauben will ich mich mit dir verloben / und du wirst den HErrn erkennen. Und ob schon der Bräutigam das Lamm GOttes diese seine Braut schnöde / heßlich und in ihrem Blute liegen fand. Ezechiel. 16. So hat er Sie doch abgewaschen mit seinem Blut / und hat ihm zugerichtet eine Braut / die da herrlich sey / die nicht habe einen Flecken oder Runtzel / oder des etwas / sondern daß sie sey heilig und unsträfflich. Ephes. 5. Gewiß / Meine Lieben / wenn wir dieses grosse / und Verwunderungs-volle Geheimnüß der Hochzeit / die auf solche Weise das Lamm GOttes / das A und das O, mit uns armen Menschen gestifftet / darinn auch für Verwunderung allerdings die Engel gelüstet zu schauen / 1. Epist. Petr. 1. recht betrachten / da nicht allein in unser armes Fleisch und Blut / verkleidet sich diß ewige Gut / und mit solchem unserm Fleisch und Blut sitzet zur Rechten seines Vaters in Ewigkeit / sondern auch / da dieses Lamm unser Bräutigam / uns aus der Finsternüß und Wüsten der Höllen / zu der Gemeinschafft der Heiligen gesammlet / gereiniget / erleuchtet und geführet hat / und noch täglich immer mehr und mehr / und noch genauer durchs Wort und Sacramenta sich mit uns verbindet / so gar / daß dieser unser Bräutigam / diß GOttes-Lamm / uns / zu Bezeugung seiner ewigen Liebe / sein eigenes warhafftiges Fleisch und Blut zu essen und zu trincken gibt / und dadurch zum allergenauesten und kräfftig
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sten sich mit uns vereiniget und verknüpffet / daß es von diesem Lamm und seiner Braut heisset: Er ist dein / und du bist sein / und ewig soll die Liebe seyn: Wenn wir / sage ich nochmahls / solches alles wol behertzigen / so mögen wir hier wol dem David aus dem 139. Psalm die Worte ablehnen / und sagen: Solches Erkänntnüß ist mir zu wunderlich und zu hoch / ich kans nicht begreiffen. Und mit dem Kirchen-Lehrer Cypriano: In caeteris beneficiis divinis rationes quomodocunque satisfaciunt, hic verò me solus stupor complectitur. In andern Geheimnüssen versuchet meine Vernunfft noch einiger Maassen mit fortzukommen / aber dieser Articul setzet mich in eine Unempfindlichkeit. Wenn diese Vermählung / diese Hochzeit des Lamms / des ewigen Sohnes GOttes / mit seiner Braut dem menschlichen Geschlecht / der seel. Vater Lutherus einsten recht behertzigte / so brach er in diese Worte heraus: Lieber GOtt / wie soll ich mich so hoch erheben / daß ich mich soll rühmen GOttes Braut / und GOttes Sohn meinen Bräutigam! Wie komme ich armer stinckender Maden-Sack zu dieser grossen Ehre / welche auch den Engeln im Himmel nicht wiederfahren ist! Bin ich doch so gantz / von dem Fuß biß an die Scheitel voll Unflahts / Blattern / Grindes / Aussatzes / Sünde und Stancks für GOtt! Wie soll ich denn der ewigen hohen herrlichen Majestät Braut / und mit Ihr ein Leib heissen? Wenn denn nun das A und das O / der Anfang und das Ende / mit uns sich so genau verbunden hat / wem solte denn der Bräutigam wol lieber den Brun̅ des lebendigen Wassers klar wie eine Crystall / mittheilen? Wem solte er wol sein ewiges väterliches Reich und Erbe im Himmel lieber und mehr gönnen / als uns / seiner lieben Braut? Wie wir dann auch nach der Vermahnung Christi beym Luc. 21. unser Haupt darnach allezeit empor heben / und mit den fünff klugen Jungfrauen auf unsers Bräutigams Zukunfft beständig warten Matth. 25. und
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ohn Unterlaß aus der Offenbahrung Joh. 22. seufftzen sollen: Kom̅ / mein HErr JEsu! ja kom̅ / mein HErr JEsu! Allein / wenn wir dieser ewigen Erquickung / dieses ewigen Erbes dermahleins ohnfehlbahr genoß und theilhafftig werden wollen / so müssen wir auch / wie wir gehöret / uns dermaassen recht anschicken und aufführen / als einer rechtschaffenen Himmels-Braut anstehet und gebühret. Wir haben in der Erklährung des Textes vernommen / was wir an Christo dem Lamm / für einen allmächtigen und ewigen Bräutigam haben / nemlich einen solchen / der da ist das A und das O / der Anfang und das Ende. Sind wir nun eine rechte Braut dieses Bräutigams / so sollen und müssen wir auch auf seine ewige Allmacht / beständige Treue / und warhafftige Verheissung uns beständiglich verlassen / ihm eintzig und allein anhangen nichtallein im Glück / sondern auch im Unglück / nicht allein in guten / sondern auch in bösen Tagen bey ihm beständig biß ans Ende verharren. Denn wer auf solche Weise bey ihm verharret biß ans Ende / der soll seelig werden. Matth. 10. Und wer dem Bräutigam CHristo also in Freud und Leyd / getreu ist und bleibet / biß in den Tod / und zur Zeit der Anfechtung nicht abfället / der wird die Krone des Lebens empfahen. Offenb. Johann. 2. Luc. 8. Kommt es demnach gleich / mein liebes Hertz / daß dich dein Bräutigam / das A und das O, mit der Hand seiner ewigen Versehung wunderlich und seltzam herum führet / auf den krummen Wegen seiner heiligen wundersamen Providentz dich herum leitetund ziehet / und du in solchem Irrgarten / darin̅ dich dieser dein Bräutigam geführet hat / weder A noch O, weder Anfang noch Ende siehest / du also mit deinem blödem Verstande in diesem Triangel der unendlichen Versehung nicht finden kanst / wo du aus solchem Irrgarten wieder herausser kommen / oder wohin du endlich auf diesen krummen und seltzamen Wegen gelangen werdest; Siehe / so traue du nur dem festiglich / der da ist das A und das O, der Anfang und das Ende / der wird dich schon / zwar wunderlich / doch gewiß zuletzt wol und seeliglich führen / denn weist du nicht / hast du nicht gehöret? daß der HErr der ewige GOtt (dein
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Bräutigam) der die Ende der Erden geschaffen hat / nicht müde noch matt werde / daß sein Verstand sey unausforschlich? Der da gibt den Müden Krafft und Stärcke gnug den Unvermögsahmen / wie schon vorhin zum Theil aus dem Propheten Esai 40. angeführet worden. Wir haben vernommen / daß unser Bräutigam uns seine Braut erquicken wolle mit dem lebendigem Wasser dermaleins in alle Ewigkeit / ja wie er allerdings in diesem Leben uns schon in seinem Worte solch Wasser des Lebens gebe / daß wir ein Brunn des Wassers werden / der in das ewige Leben quillet / ja daß von unserm Leibe Ströhme des lebendigen Wassers fliessen / Joh. am 4. und 7. Cap. So müssen wir denn auch allezeit eine dürstende und sehnlich-verlangende Braut seyn / und am ersten nach dem Reich Gottes trachten / Matth. 6. deswegen mit David Tag und Nacht aus dem 42 Psalm anstimmen: Meine Seele dürstet nach GOtt / nach dem lebendigem GOtt. Item: GOtt du bist mein GOtt! frühe wache ich zu dir / es dürstet meine Seele nach dir / mein Fleisch verlanget nach dir / in einem trockenem und dürrem Lande / da kein Wasser ist. Psalm 63. Ich breite meine Hände aus zu dir / meine Seele dürstet nach dir / wie ein dürres Land / Psalm 143. Welchen geistlichen Durst auch Esaias Cap. 26. empfand: Wir warten auff dich / HErr / im Wege deines Rechten / des Hertzen Lust stehet zu deinem Namen / und deinem Gedächtniß. Von Hertzen begehre ich dein des Nachts / dazu mit meinem Geist in mir / wache ich frühe zu dir. Und Cap. 41. Die Elenden und Armen suchen Wasser (Trost für ihre Seele) und ist nichts da / (die gantze Welt kan ihnen weder Trost / noch Ruhe / noch Freude schaffen) ihre Zunge verdorret für Durst. Aber ich / der HErr / will sie erhören / ich / der GOTT
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Israel / will sie nicht verlassen / sondern ich will Wasser-Flüsse auff den Höhen öffenen / und Brunnen mitten auff den Feldern / ich will die Wüsten zu Wasser-Seen machen / und das dürre Land zu Wasser-Quellen. Der andächtige Bernhardus muß solchen inniglichen Seelen-Durst nach seinem Erlöser und Bräutigam schmertzlich empfunden haben / wenn er so sehnlich seufftzete:
O JESU mi dulcissime! Spes suspirantis animae, Te quaerunt piae lacrymae, Te clamor mentis intimae.
JEsu O meine Süßigkeit! Du Trost der Seel / die zu dir schreyt / Die heissen Thränen suchen dich / Das Hertz zu dir schreyt inniglich. Und O wie kan es anders seyn / da eine gläubige Seele in der Wüste dieser Welt / nichts als Mara, das bittere Creutz-Wasser trincken und kosten muß / da sie nichts anderst / als den Angst-Kelch mit JEsu im Garten Gethsemane / nichts anderst mit ihrer leidenden gecreutzigten Liebe / als einen Eßig und Gallen-Tranck / über den andern zu kosten und zu schmecken hat! Kan denn auch ihr Durst wol anders wohin gerichtet seyn / als zu JEsu ihrem Bräutigam / seinem heiligem Wort / und alle denen vortrefflichen Heils- und Gnaden-Schätzen / die uns in solchem Worte so reichlich angeboten werden? Ach so lasset denn nur immer die Welt-Kinder dürsten nach der Ungerechtigkeit / und immerhin das Unrecht in sich sauffen wie Wasser; Last sie umher lauffen / als die Fußgänger / die da durstig sind / und lechtzen nach den verstohlenem Wasser. Lasset sie die lebendige Quelle verlassen / und hingehen zu den ausgehauenen Brunnen / die doch löchericht sind / und kein Wasser geben. Jerem. 2. Lasset sie umher lauffen / wie die Cameelinnen in der Brunst / lasset sie nur sich hellig lauffen; Es wird ihnen der Labe-Trunck dieser Welt / eben be
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kommen / wie dem Sissera, da er aus dem Milchtopffe der Jaël tranck / im Buch der Richter im 4. Cap. Uns soll beständig dürsten nach der Gerechtigkeit JEsu Christi unsers Bräutigams / Matth. 5. biß derselbe uns umsonst träncken wird / von dem Brunn des lebendigen Wassers / in alle Ewigkeit. Und wie wir denn nun dermaleins von solchem lebendigem Brunn ewig trincken sollen / so müssen wir auch selbst / so lange wir hier auff Erden seyn / geistlicher Weise auch ein Brunn und eine lebendige Wasser-Quelle seyn / wie Christus seine Braut also ausdrücklich nennet. Hohenl. Salom. 4. Cap. Meine Schwester / liebe Braut / du bist eine verschlossene Quelle / ein versiegelter Born / wie ein Garten-Brunn / wie ein Born lebendiger Wasser / die vom Libano fliessen. Wollen wir demnach eine rechte Braut Christi seyn / so müssen wir GOtt anruffen / daß aus dem Brunnen unsers Hertzens / daraus natürlicher Weise sonst nichts als böses entspringet / durch des Heil. Geistes Krafft / in allen unsern Verrichtungen / ja in unserm gantzem Leben und Wandel / allemal hervorquillen möge die Weißheit / die um den Thron des Höchsten ist / und die Klugheit der Gerechten. Denn die Klugheit ist ein lebendiger Brunn / saget Salomo Sprichw. 16. Und wie alle Wasser und Brunnen / den GOtt unser Väter loben / Tobia. im 8. so soll aus unserm Hertzens-Brunn / Tag und Nacht GOttes Lob / Preiß / Ruhm / Ehre und Danck / und ein andächtiges Gebet zu demselben ohnauffhörlich hervorquillen / nach dem Exempel Davids hin und wieder in seinen herrlichen Psalmen: Ich will den HErrn loben allezeit / sein Lob soll immerdar in meinem Munde seyn / meine Seele soll sich rühmen des HErrn / daß die Elenden hören / und sich freuen. Preiset mit mir den HErrn / und lasset uns miteinander seinen Namen erhöhen. Psal. 34. Lobe den HErrn / meine Seele / und was in mir ist / seinen heiligen Namen. Lobe den HErrn / meine Seele / und vergiß nicht / was er dir Gutes gethan hat.
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Psalm. 103. Wie auch ein süsser Brunn niemals zugleich süß und saltzig Wasser quillet / Jacob. 3. so soll die Braut Christi auch nichts als das süsse Wasser des Glaubens / der Liebe / der Hoffnung / und aller andern Christlichen Tugenden / aus ihrem erleuchtetem Hertzens-Brunn / hervorquillen lassen / denn durch solche süsse Wasser wird Ihr Bräutigam erquicket; Alle Bittrigkeit und alles saltzige Wesen der Sünden / alle Heucheley / Falschheit und Boßheit / mag unserm Könige und Bräutigam nicht gefallen / sondern er hat davor einen Eckel und Abscheu / wie die Einwohner zu Jericho für dem bösen bitterm Wasser daselbst hatten. 2. Buch der Könige 2. Cap. Dannenhero verlanget er aus unserm Brunnquell / reinen Glauben / süsse Liebe / lebendige Hoffnung / wahre GOttseeligkeit / und die klaren Wasser der Lauterkeit und Wahrheit. Und wie die lebendigen Brunnen allezeit ihr süß-erquickendes Wasser geben / so soll auch der Brunn unsers Glaubens / von Barmhertzigkeit / Mildigkeit und Güte gegen den durstigen elenden Nechsten ohn Aufhören quillen / nach der Vermahnung Salomonis Laß deine Brunnen herausfliessen / und die Wasserbäche auff die Gassen. Sprüchw. im 5. Cap. Wie wir ferner gehöret haben / so will der Bräutigam Christus seiner Braut das ewige Erbe im Himmel gantz und vollenkommen schencken und übergeben. Gleichwie aber bey verhoffenden reichen Erbschafften / der Mensch nicht leicht pfleget säumselig zu seyn / sondern auff alle Mittel zu gedencken / damit er des ihm zugedachten oder zuhoffenden und zustammenden Erbtheils nicht möge verlustig werden; So wäre es ja wol der Mühe werth / daß die gläubige Braut / Tag und Nacht / ihre Gedancken und Sinne auff dieses Erbtheil richtete / damit Sie desselben / was Ihr ewiger Bräutigam Ihr zugedacht / nicht etwan durch Ihre Feinde und Nachsteller / verlustig werden möchte. Es hat der Himmel ja wol in der heiligen Schrifft / viele und mancherley liebliche Benennungen / wie wir auch vorhin schon etlicher Maassen bey der Erklärung des Textes vernommen; Allein ich halte davor / daß unter allen Benenn- und Beschreibungen des ewigen Lebens keine angenehmer sey / als wenn dasselbige genannt wird unser Erbe. Unter solchem süssem und allerangenehmstem Nahmen eines Erbes wird uns
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der Himmel vorgestellet / und damit angedeutet / daß die Himmlische Seeligkeit werde beständig und ewig seyn / daß solche unaussprechliche Freude / Herrlichkeit und Seeligkeit kein Ende haben / sondern in alle Ewigkeit währen solle / welches denn auch eben das allerbeste bey der seeligen Himmels-Freude seyn wird. Was achten wir sonst auff dieser Welt / dar zwar ohndem alles eitel ist / die prächtigsten Häuser und Palläste / die schönsten Paradiese und Lust-Garten / den kostbarsten Zieraht und Kleider-Schmuck / ja gar Zepter und Kronen / wenn wir alle diese Dinge etwa nur einen Tag geniessen / wenn sie uns nicht erblich zustehen / und als ein Erbe nicht eigenthümlich angehören solten? Ey / was aestimire ich das / pfleget man zu sagen / es ist nicht mein eigen / wenns meine gehörete / und mir zum Erbe gegeben wäre! und so weiter. Was aber düncket euch / meine Liebsten / um das verheissene ewige Erbe / Hebr. 9. welches euch als seinen Kindern euer ewiger Vater im Himmel schencken will? Wie ist euch zu muthe bey dem unvergänglichem und unbeflecktem und unverwelcklichem Erbe / das behalten wird im Him̅el / euch / die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret werdet zur Seeligkeit. wie es Petrus beschreibet 1. Epist. 1. Cap. Darauf euch euer liebster Him̅lischer Vater hoffen und warten heisset? Noch zur Zeit hier in diesem Jammerthal seyd ihr expectivirte Erben / Erben in Hoffnung und Anwartung. Aber O Freude über Freude! Wenn ihr dermaleins aus dem süssen Munde eures Heylandes selbst anhören werdet / wie ihr nunmehro recht würcklich und völlig dieses herrliche himmlische und ewige Erbe antreten / und zur Possession und Besitz euch sollet anweisen lassen mit diesen Worten: Kommt her / ihr Gesegneten meines Vaters / ererbet (als euer Väterliches Erbe) das Reich / das euch bereitet ist von Anbegin der Welt. Matth. XXV. Wie freuete sich David im Geist / da er an dieses Erbe gedachte. Psalm. 16. Das Loß ist mir gefallen auffs liebliche / mir ist ein schön Erbtheil worden. Und St. Paulus machet schon für Freuden diesen festen Schluß: Sind wir denn Kinder / so sind wir auch Erben / nemlich / GOttes Erben und
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Miterben Christi / so wir anders mit leyden / auff das wir auch mit zur Herrlichkeit erhaben werden. Rom. 8. Aber wie wir bey Erklärung des Textes über dem noch angemercket haben / so muß die Braut / ehe sie zum Könige in das Himmlische Erbtheil auffgeholet wird / hier auff Erden ritterlich überwunden haben. Sie erlanget zwar die unverwelckliche und unvergängliche Braut- und Ehren-Krone im Himmel / aber nicht ehender / biß sie vorher hier mächtiglich gestritten und gekämpffet / und alle ihre Feinde vollenkommen besieget hat. Deswegen sagt Christus Offenbahrung Johannis 3. Cap. Wer überwindet / dem will ich geben auff meinem Stuhl zu sitzen / wie ich überwunden habe / und bin gesessen mit meinem Vater auff seinem Stuhl. Was für viele listige / und mächtige Feinde eine gläubige Seele auff dieser Welt habe / mit welchen sie Tag und Nacht kämpffen und zu Felde liegen muß / das hat Eure Liebe vorhin mit mehrem angehöret. Da wird nun ein jeder der jemals in solchem Kampff und Streit mit so vielen und mächtigen Feinden sich befunden / oder sich noch darinn befindet / selbst gerne gestehen und bekennen / wie angst und bange ihm offtmals / und er dabey besorget sey / daß er nicht etwan unvermuthlich / oder wol gar zuletzt alles / was er erarnet hat / noch verliere. Denn / wenn eine gläubige Braut Christi betrachtet / wie auch wol öffters die mächtigen und tapffern Glaubens-Helden Loth, Noa, Moses, David, Salomo, Petrus, und viele andere in diesem Kampff gestrauchelt und gefallen; wenn Sie erweget / wie zwar Ihr Geist so willig / aber das Fleisch offtmals so sehr schwach sey; Wenn Sie betrachtet / daß Sie Tag und Nacht unauffhörlich mit solchen grimmigen / grausamen und listigen Feinden zu schaffen haben muß / so daß Sie unter lauter Dornen / Stacheln / Spitzen und Stricken wandele; Ja wenn Sie bedencket / daß auch öffters Ihr sonst so süssester Seelen-Bräutigam / sich entweder gar vor Ihr verbirget / oder sich gegen Sie in einen scheußlichen und greßlichen verstellet / und derjenige / der sonst Ihr einiger Trost / Labsal und Erquickung war / Ihr nun nicht mehr tröstlich / sondern erschrecklich ist / daß Sie vor Angst herumlauffet / und schreyet: Habt ihr denn nicht gesehen / den meine Seele liebet? Daß Sie doch nicht ein Trost-
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Wörtlein zur Antwort darauff bekommt / sondern der Bräutigam wol gar seine Braut dermaassen erschrecket / daß Ihr gantzer Leib davor zittert / ja die Wächter in der Stadt und auff den Mauren sie gar darüber wund schlagen / und Ihr Ihren Schleyer nehmen / Hohenlied. Salom. 3. und 5. Cap. so kan ein jeder leicht gedencken / wie dabey einer gläubigen Braut offtmals müsse zu muthe seyn / und wie Sie schaffen müsse / daß Sie selig werde mit Furcht und Zittern. Epist. an die Philipper im 2. Cap. deswegen findet man auch fast harte expressiones, welche bey solchem schwerem Kampff offtmals auch die tapffersten Streiter JEsu Christi heraus gestossen. Wie sagt Assaph im 77. Psalm. wenn er sahe / daß ihm die Menge aller dieser seiner sichtbaren und unsichtbaren Feinde zu mächtig werden wolte / und GOttes Hülffe und Beystand ferne von ihm zu seyn schiene: Wird denn der HErr ewiglich verstossen / und keine Gnade mehr erzeigen? Ists denn gantz und gar aus mit seiner Güte? Und hat die Verheissung ein Ende? Hat denn GOtt vergessen gnädig zu seyn / und seine Barmhertzigkeit für Zorn verschlossen? Warlich / so jemals einem unter allen Heiligen der Ruhm der Gedult vom Heiligem Geiste selbst ist beygeleget / so ist es ja wol der gedultige Creutzträger Hiob. Mit was für Freudigkeit / unerschrockenem Muth und Beständigkeit des Glaubens er alle seine Feinde zu Boden geschlagen / das muß man wol mit Verwunderung in seinem Buche nachlesen; allein die Vielheit und Gewalt seiner Feinde / mit denen Er zu kämpffen hatte / auch die Langheit und Dauerhafftigkeit seines vielfältigen Creutzes / daß auch gar seine Freunde / die ihn zu trösten / zu ihm kommen waren / selbst seiner spotteten / und daß GOtt das alles so hingehen und ihn zappeln ließ / verursachte bey ihm / daß er nicht allein zu GOTT saget im 10. Cap. Du versenckest mich gantz und gar; wie ein auffgereckter Löwe / jagest du mich / und handelst greulich mit mir; sondern er lässet sich auch ferner sehr harter Worte in seiner Ungedult vernehmen Cap. 19. wenn er spricht: Mercket doch einst / daß mir GOtt unrecht thut / und
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hat mich mit seinem Jagstrick umgeben. Siehe / ob ich schon schreye über Frevel / so werde ich doch nicht erhöret / ich ruffe / und ist kein Recht da. Er hat meinen Weg verzäunet / daß ich nicht kan hinüber gehen / und hat Finsterniß auff meinen Steig gestellet. Er hat meine Ehre mir ausgezogen / und die Krone von meinem Haupt genommen. Er hat mich zubrochen um und um / und läst mich gehen / und hat ausgerissen meine Hoffnung / wie einen Baum. Sein Zorn ist über mich ergrimmet / und er achtet mich für seinen Feind. Ja / daß ich nur noch ein Exempel anführe / wenn Paulus meynet / er sey nun bey GOtt recht in Gnaden / und sitze seinem Bräutigam Christo im Schooß / nachdem er schon die Herrlichkeit des Himmels in der Entzückung empfunden / so werden doch seine Feinde so mächtig / daß ihn gar des Satans Engel mit Fäusten schläget / und ob er schon dreymal / das ist / vielmal den HErrn anflehet / daß er doch dieses schwere Creutz bey seinem Kampff von ihm abnehmen möchte / so erlanget er doch nichts / sondern erhält nur diese Antwort: Laß dich an meiner Gnade genügen / denn meine Krafft ist in den Schwachen mächtig. 2. Cor. 12. Cap. Ob nun bey solchen und derogleichen traurigen Begebnissen die gläubige Braut in dem Kampff wider die Sünde / den Teuffel / Hölle / Fleisch und Blut / ja GOtt selbst / nicht offtmals bleich / verzagt und kleinmühtig werde / das stelle ich Eurer Liebe in der Stille zu betrachten anheim. Nichts destoweniger aber / weil Sie weiß / daß Sie muß kämpffen einen guten Kampff / daß Sie ritterlich ringen muß biß ans Ende / und Sie nicht werde gekrönet werden / Sie kämpffe den̅ zuvor recht / nach der Macht deß / der da kräfftiglich in ihr wircket / so fasset Sie von neuem einen Muht / in der Krafft und Stärcke des Löwen aus dem Stamm Juda, der überwunden hat / in den allen weit zu überwinden / um des willen / der Sie geliebet hat. Rom. 8. Cap. Es kräfftiget / stärcket / gründet und vollbereitet Sie das Lamm / das erwürget war / nun aber würdig worden ist zu nehmen Krafft und
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Reichthum / und Weißheit / und Stärcke / und Ehre und Preiß und Lob. Offenb. Joh. 5. Cap. Und da gehet denn erst zwischen der Braut Christi / und allen ihren Feinden / wenn es zum höchsten gestiegen / die rechte , oder der Todes-Kampff an. Es hat solches Eure Liebe sonst weitläufftig vernommen / worinn solcher Affect eigentlich bestehe; nemlich einmal in einem hefftigem Schmertz / und unsäglicher Traurigkeit / wenn man eine so grosse Leibes- oder Lebens-Gefahr vor Augen siehet / daß auch dadurch das Geblüt durch die bekannte grosse Ader / welche das Blut zu dem Hertzen des Menschen führet / auff einmal zum Hertzen zustürtzet / dadurch der Mensch blaß und bleich / und für Furcht nicht anderst wird / als wäre er todt. Zum andern aber / in einer darauff stracks erfolgenden / oder vielmehr so fort mit diesem unsäglichem Schmertzen verknüpfften hefftigen Begierde sich zu wehren / und tapffern Widerstand zu thun / zur Ehre GOttes / des Vaterlandes / oder der Kirchen / oder auch seiner eigenen äussersten Wolfahrt zum Heil und Besten / etwas fruchtbarliches auszurichten; und zwar mit solcher Beständigkeit / daß man gar nichts mehr scheuet / und den Tod darüber angehet / ehe man von seiner freudigen Resolution absetzen / und des fürgesetzten rühmlichen Zwecks verfehlen solte; Daher denn auch das Blut auff einmal wieder aus dem Hertzen zurück weichet / und in den gantzen Leib / und in alle Theile desselben mit Macht hinein dringet / daß / wo möglich / das Blut aus den Adern / Augen und Lefftzen heraus sprützen möchte; wie der HErr Christus solchen Affectum in höchstem Grad im Garten Gethsemane empfunden / daß ihm auch sein heiliges Blut mildiglich aus seinem heiligem Leibe herausgedrungen / daß die Bluts-Tropffen auf die Erden gefallen. Und in solchem Todes-Kampff ist denn die Braut versichert / daß Ihr Bräutigam Ihr kräfftigst beystehe / die Rechte des Höchsten Sie mächtiglich stärcke und erhalte / absonderlich / wenn Sie sich mit Jacob um diesen Hülffs- und Seegens-Mann mit aller Glaubens-Krafft herumschlinget / und saget: Ich lasse dich nicht / du segnest mich denn. 1. Buch Mos. 32. und abermal mit der Sulamith im Hohenlied. Salom. 3. Ich halte meinen Freund / und will ihn nicht lassen. Und dann so kan es der Braut nicht fehlen / sondern Sie muß zuletzt mit Paulo aus 2. Timoth. 4. triumphiren und jauchtzen:
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Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben gehalten / hinfort ist mir beygeleget / die Krone der Gerechtigkeit / welche mir der Herr an jenem Tage / der gerechte Richter / geben wird / nicht mir aber allein / sondern auch allen / die seine Erscheinung lieb haben. Und durch solchen Kampff und Sieg ist denn das Erbe erlanget. Da hat denn die Braut Christi / das gläubige Kind alles / alles ererbet / daß es heisset in alle Ewigkeit: Ich werde sein GOTT seyn / und Er / oder Sie / wird mein Sohn / oder meine Tochter seyn. Zwar haben und geniessen wir diß Erbtheil der Heiligen im Licht noch nicht in der Vollenkommenheit / sondern nur im Vorschmack / und sind wir / wie Paulus saget Rom. 8. zwar wol schon seelig / aber in der Hoffnung / wie wir von einem Kinde / so reiche Eltern hat / zwar schon sagen können: Das ist ein reiches Kind; ob es schon noch nicht den wircklichen Genoß der väterlichen Güter angetreten / sondern denselben nur noch erst in der Thätlichkeit zu gewarten hat. So sind auch die Gläubigen und Frommen des ewigen Erbes Ihres Bräutigams / und Vaters oben im Himmel zwar gnugsam versichert / daß Sie auch mit S. Johanne aus 1. Epist. 3. Cap. einer dem andern zuruffen: Meine Lieben / wir sind nun GOttes Kinder. Sie thun aber noch hinzu: Und ist noch nicht erschienen / was wir seyn werden / wir wissen aber / wenn es erscheinen wird / daß wir ihm gleich seyn werden / denn wir werden ihn sehen / wie er ist. Und aus 1. Cor. 13. Cap. Wir sehen jetzt nur noch durch einen Spiegel in einem dunckelm Wort / denn aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkennen wirs (alles / auch unser Erbe / nur) Stückweise / denn aber (im Himmel) werden wirs erkennen / gleichwie wir von GOtt erkannt seyn. Und nach solcher Herrlichkeit und Seeligkeit sehnen wir uns täglich. Täglich / ja stündlich / dürstet uns nach dem Was
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ser dieses lebendigen Brunnen; Ja alle Augenblick siehet die Braut nach der Stunde sich um / da Sie zu diesem ewigem und herrlichem Erbtheil soll aufgeholet werden. Sie siehet auff / und hebet ihr Haupt empor / darum / daß sich ihre Erlösung nahet. O wie verlanget Ihr nach der Consummation und Vollenziehung der Hochzeit / so Christus JEsus hier im Reich der Gnaden mit Ihr angefangen! Wie siehet Sie alle Tage und Stunden mit so schmertzlichem Verlangen Himmelauff / und spricht: Ach süssester Bräutigam! Wilt du noch nicht bald kommen? Bin ich doch deine Schöne / wo bleibest du denn / O du Schönster unter den Menschenkindern / so lange? Bin ich doch deine Taube / warum lässest du Him̅lischer Noah mich denn auff den Wassern so vieler Trübsalen / da mein Fuß ja nicht ruhen kan / so lange herum schweben? Wilst du denn nicht einmal deine Hand ausstrecken / und mich in deine Himmlische Arca zu dir hinauff ziehen? Komm / mein Bräutigam. Ich weiß / daß du mit deinen allerliebreichsten Händen selbst die Krone gewunden / welche du mir deiner Braut wirst auffsetzen. Das Schnee-weisse und helle Sonnen-Kleid der ewigen Herrlichkeit / dagegen die Kleider von Amiantus und Asbestus lauter Finsterniß / darinn ich deine Braut ewig vor deinem Angesicht berden soll / ist schon vollenkommen fertig / und warte ich nur auff die Stunde / da du / mein Bräutigam / mein Schatz / mein A und O, zu der Herrlichkeit und Hochzeit des Lamms / durch deine heilige Engel mich auffholen lassen wirst. O wie seufftze ich täglich:
Schönster / du zeuchst mein Verlangen / Ach! wenn kommt der liebe Tag / Liebster / daß ich dich umpfangen / Und von Hertzen küssen mag; Daß / O meiner Seelen Krone / Ich von eitelm Staube frey / Gantz mit dir vereinigt sey / Und in deinem Reiche wohne / Da dein Antlitz hell und klar Mir soll werden offenbar.
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Allein! Zion hört die Wächter singen / das Hertz thut ihr für Freuden springen / sie wachet und stehet eilig auf! Denn / was sollen wir sagen von unserer Himmels-Braut / der Durchläuchtigsten Gottseeligsten Hertzogin ELISABETH JULIANA? Ich meynete ja wol / daß an diesem Ihrem letztem öffentlichem Ehren-Tage / an welchem zwar das gantze Fürstenthum Braunschweig-Wolffenbüttel in lauter Thränen schwimmet / doch dabey / das unsterbliche Ehren- und Lob-Gedächtniß der Hoch-seeligsten Landes-Mutter zugleich auf ewig zu begehen / unsere unterthänigste Schuldigkeit erfordere. Wolte nur GOtt / daß ich capabel wäre den allerwürdigsten Ruhm dieser grossen Hertzogin bey der Application Dero Hoch-Fürstlichen Leichen-Textes nur einiger maasse schattens-weise zu entwerffen! Allein / da ich dazu gar nicht geschickt / so werden die Hoch-Fürstliche nahe Anverwandten / auch die wehrte Zuhörer allerseits / mit meiner Wenigkeit zufrieden seyn / zuforderst / da mirs insgemein so gehet / je mehr und länger ich auf ein Ding zu sinnen mir angelegen seyn lasse / je weniger offtmals / wie ich in meinem langwierigem Am̅te solches erfahren / den Zweck nach Wunsch vor-gefunden habe. Es sey denn dem / wie ihm wolle / so ziehe ich die Erklährung des Textes / und was wir sonst aus dem Morali angehöret / folgender Maassen nach dem Vermögen / das GOtt darreichet / auf unsere Gottseeligste Hertzogin. Die Himmels-Braut / wie wir gehöret / hält sich eintzig und allein an Ihrem Bräutigam / an Ihr A und O / an dem / der Ihr der Anfang und das Ende ist. So wird wol ein jedweder / der die Hoch-seeligste Hertzogin recht gekennet hat / in der Warheit gestehen müssen / daß sie eintzig und allein Ihre Freude und Vergnügung an GOtt Ihrem Vater / und dessen Sohn JEsu Christo Ihrem Bräutigam / beständig gehabt habe / und wie die preyß-würdigste ELISABETH beym Luca im 1. Cap. den Ruhm hatte / daß Sie gewesen fromm für GOtt / und in allen Geboten und Satzungen des HErrn untadelich gewandelt; So wird auch ja wol vor GOtt und aller Welt unserer Hoch-seeligsten ELISABETH der wahre Nachruhm biß an den jüngsten Tag ver
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bleiben / daß Sie für dem A und O / der da ist der Anfang und das Ende / treu und fromm gewesen / und in allen Geboten und Satzungen des HErrn / nach Ihrem äusserstem Vermögen / durch des Geistes Krafft untadelich gewandelt; Und ob gleich Ihro Durchl. in Dero Christ-Fürstlichem Leben auch offtmals / auf so vielen wunderbaren und krummen Wegen / darauf GOtt der Höchste allein soll und kan seine Kinder endlich zurechte bringen / nach der Fügung Ihres ewigen Bräutigams / gehen und wandeln müssen / daß Sie offtmals weder A noch O, weder Anfang noch Ende absehen kunten / so blieben Sie doch bey der beständigen großmühtigen Resolution, jedesmal mit Assaph Ihr Bekänntniß zu thun: Dennoch bleibe ich stets an dir / denn du hältest mich bey meiner rechten Hand / du leitest mich nach deinem Raht / und nimmst mich endlich mit Ehren an. HErr / wenn ich nur dich habe / so frage ich nichts nach Himmel und Erden. Wenn mir gleich Leib und Seel verschmacht / so bist du doch / GOtt / allezeit meines Hertzens Trost und mein Theil / aus dem 73. Psalm. Wie die gläubige Seele und erleuchtete Himmels-Braut allezeit nach GOtt und seiner Gerechtigkeit dürstet / und nach dem geistlichem / göttlichem / himmlischem und ewigem Wesen lediglich ihren Durst und verlangen richtet / so weiß ich / daß ich die Warheit rede / wenn ich sage / daß unsere Hoch-seeligste Hertzoginn auf der Welt nirgends mehr Durst und Verlangen nach gehabt haben / als nach GOtt und seinem Wort / nach der Gerechtigkeit / die vor GOtt gilt / und nach dem ewigem Leben. Zwar hatten Ihro Durchl. hier auf der Welt ja wol so mancherley liebliche / und von GOtt einem christlichem / sonderlich einem Christ-Fürstlichem Hertzen gantz wol vergönnete und zulässige Dinge / darnach sie hätten Durst und Verlangen tragen können. GOtt gönnete Ihro Durchl. die süsse Freude an Dero Hoch-wehrtestem Herrn und Ehegemahl / an Dero Hoch-Fürstl. Kindern / Kindes- und Kindes-Kindes-Kindern / Sie hatten / und möchten gantz wol haben zu Zeiten Ihre geziemende Fürsten-Lust und Verenderungen an Dero köstlichsten Schlössern und schönsten Garten / ja als eine regierende Hertzogin besassen sie das gantze
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Fürstenthum: Aber / indem Ihro Durchl. diß alles besassen / so war ihr zu muthe / als besassen Sie es nicht / und wenn Sie schon dem Ansehen nach sich zuweilen freueten / so war es doch / als wenn Sie sich nicht freueten / und gebraucheten ja wol der Welt so / daß sie derselben nicht mißbraucheten 1. Cor. 7. Ihr Durst und Verlangen ging lediglich Himmel- auf / denn / weil Ihr Schatz / das A und das O, droben im Himmel / so war auch Ihr Hertz daselbst. Sie stelleten Ihr jedesmahl die schönen Worte S. Pauli Col. am 3. Cap. für: Seyd ihr nun mit Christo auferstanden / so suchet / was droben ist / da Christus ist / sitzend zu der Rechten GOttes. Trachtet nach dem / das droben ist / und nicht nach dem / was auf Erden ist. Denn ihr seyd gestorben / und euer Leben ist verborgen mit Christo in GOtt. Wenn aber CHristus euer Leben sich offenbahren wird / denn werdet ihr auch offenbahr werden / mit ihm in der Herrlichkeit. Es empfunden Ihro Durchl. mit dem Heil. Augustino offtmals einen solchen Durst und Verlangen nach GOtt / und nach dem Ewigen / daß Sie in solchen heiligen Bewegungen alles Irrdische auf der Welt vor Koht und Dreck schätzeten. DESERUISSE JUVAT hieß es von der Hoch-seeligsten / Meine Freude und Verlangen ist / alles Irrdische zu verlassen und mich Himmel-an zu schwingen. Unterdessen waren Ihro Durchl. indem Sie so sehr dürsteten nach GOtt / nach dem lebendigem GOtt / selbst ein Brunn des lebendigen Wassers / der in diesem Leben so offtmals GOtt / und Menschen höchlich und hertzlich erfreuet und erquicket hat. Wie die Brunnen / als die berühmten Natur-Kündiger in ihren Schrifften vortrefflich erweisen / allerseits aus dem Meer hervor quillen / und wiederum zuletzt auch ins Meer ihren Einfluß haben / und also ein Bild der Danckbarkeit seyn / so waren unserer gnädigsten Hertzogin Durchl. ja wol ein rechter Brunn der Danckbarkeit / deren Augen offtmahls rechte Fontainen und Strudeln waren / wenn Sie vor Freuden Ihre Danck- und Liebes-Thränen häuffig über Ihre Backen herunter fliessen liessen / indem Sie sich täglich erinnerten der grossen
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Wolthaten / welche der HErr HErr von Kindes Beinen an / biß auf die Stunde Ihres gesegneten Alters Ihr so Väterlich erwiesen / und vielfältig den schönen Gesang gebrauchten:
Solt ich meinen GOtt nicht singen / Solt ich ihm nicht danckbar seyn? Denn ich seh’ in allen Dingen / Wie so gut ers mit mir meynt. Ist doch nichts als lauter Lieben / Das sein treues Hertze regt / Das ohn Ende hebt und trägt / Die in seinem Dienst sich üben. Alles Ding währt seine Zeit / GOttes Lieb in Ewigkeit. u. s. w. Es sind einige Brunnen / welche dermaassen / sonderlich in der Nacht wallen / strudeln und schäumen / daß das Gereusch weit weg gehöret werden kan / wie denn der Brunn zu Engstingen / anderthalb Meilen von Aurach desfalls vordem sonderlich bekannt war. Unsere Hoch-seeligste Hertzogin waren ja wol ein solcher Brunn eines wahren andächtigen / und eifrigen Gebets zu GOtt / daß sie nicht allein des Tages / sondern auch zuforderst in der Nacht / wenn andere schlieffen / Ihre Strudeln und Quellen gen Himmel hinauf wallen und sieden liessen / indem Sie mit Esaia gesinnet waren zu sagen 26. Cap. Von Hertzen begehre ich dein des Nachts / dazu mit meinem Geist in mir wache ich früh zu dir. Ach! welche bewegliche Soliloquia und heilige Liebes-Gespräche / und Andachts-volle Gebeter hielt diese Himmels-Braut mit Ihrem ewigem Bräutigam / wenn Sie in dem geistlichem Engstingen / in Aengsten / Nöthen und Trübsaalen sich befunden. Ach! wie concentrirten und zogen Sie denn Ihre Devotion recht zusammen / wenn Sie mit David im Bette schwummen die gantze Nacht / und netzeten Ihr Lager mit Thränen Ps. 6. Und doch dabey das gläubige Vertrauen mit eben diesem Könige hatten Psalm. 130. zu sagen: Ich harre des HErrn / meine Seele har
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ret / und ich hoffe auf sein Wort. Meine Seele wartet auf den HErrn von einer Morgen-Wache biß zur andern. Indessen / wie etliche Brunnen die verwundersame Natur an sich haben / daß sie gantz still stehen / und sich nicht bewegen / denn aber alle dasjenige / was in dieselbe hinein geworffen wird / entweder wieder auswerffen / oder gar verzehren / und gleichsam verdauen; wie von der ersten Art ein Brunn in Chersoneso Rhodiorum, von der letzten Art ein solcher Brunn in Spanien / acht Meilen von Conimbra oder Conimbrica zu zu finden; So waren Ihro Durchl. ja wol ein solcher Brunn der Christ-Fürstlichen Gelassenheit und Gedult. Alles / was Ihro Durchl. von GOtt widerfuhr / das nahmen Sie alles mit gedultigem willigem Hertzen zu sich / und gedachten: Es ist ein köstlich Ding / gedultig seyn / und auf die Hülffe des HErrn hoffen / denn der HERR verstosset nicht ewiglich. Sondern er betrübet wol / und erbarmet sich wieder / nach seiner grossen Güte / denn er nicht von Hertzen die Menschen plaget und betrübet. Klagel. Jerem. 3. Cap. oder aber / da Sie es nicht alle verzehren und überwinden kunten / so wurffen Sie das übrige dem Him̅lischen Vater wieder zu / und wie Lutherus sagt / auf den breiten Rücken Christi; Summa / Sie befahlen dem HErrn alle Ihre Wege / und hoffeten auf ihn / daß er es wol machen würde. Wie die berühmte vortreffliche Elisabetha de Schönaugen so gar Göttlich gelassen war / daß Sie alles Unglück / daß Ihr zu Handen stieß / für gar nichts achtete / daß auch die Scribenten von Ihr melden: Ideò Elisabetha sancta fuit, quia erat patiens, & ideò patiens, quia erat sancta. Elisabeth war deßwegen heilig / weil Sie gedültig / und deßwegen gedültig / weil Sie heilig war. So kan man mit höchstem Recht auch unserer Durchläuchtigsten Hertzogin ELISABETHA, als einem geistlichem Brunnen verwundersamer Gelassenheit und Gedult / nachsagen: Ideò fancta fuit ELISABETHA JULIANA, quia erat patiens, & ideò patiens, quia erat sancta. Wiewol es vor zwey Jahren bald
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wäre zu schwer worden. Wie den̅ ein jedes unpartheyisches christliches Hertz leicht judiciren un̅ ermessen kan / ob nicht die damaligen schweren Versuchungen der Gottseeligsten Hertzogin als Schwerter durch Ihre Seele gedrungen / und ob Sie nicht damals darüber so viel an Ihr holdseeliges liebes-volles Fürsten-Hertz gesetzet / daß vielleicht der Grund-Stein zu Ihrem Begräbniß dadurch geleget worden. Ich werde wol die Zeit meines Lebens an den stillen Freytag / und an das heilige Oster-Fest 1702. gedencken / wie dero Zeit die Hoch-seeligste / mit Dero gesammten Fürsten-Kindern / in äuserster Mortification bey JEsu gleichsam am Creutze gestanden. Und kan ich nebst andern / die täglich fast dazumal um dieses theure Fürsten-Hertz gewesen / bezeugen / und vielleicht den besten Abriß davon geben / wie Ihro Durchläucht. bey Ihrer ohndem zugestossenen schweren Maladie solch Unglück Ihr zu Hertzen gezogen / und / da Sie sonst eine tapffere Glaubens-volle Siegerin waren / dasmahl woll Trostes bedurfften / welches Sie auch wol erkannten / und zu unterschiedenen mahlen sagten / daß die Tröstungen / die Ihr in diesen höchsten Aengsten / dergleichen Sie wol niemals auf der Welt gehabt / mitgetheilet worden / Sie beständig im Hertzen behalten / und solche unterthänigste Treue in Gnaden zu vergelten / nimmermehr vergessen wolten. Indessen blieben Ihro Durchl. dabey beständig / daß der Höchste endlich alles würde wol auszuführen wissen / daß Sie auch aus dem Trostreichem schönem Gesang: Du bist ein Mensch / das weistu wol etc. den Sie so gerne singen höreten / die letzten Worte öffters anführeten:
Thu als ein Kind / und lege dich In deines Vaters Arme / Bitt ihn / und flehe / biß er sich Dein / wie er pflegt / erbarme / So wird er dich durch seinen Geist Auf Wegen / die du jetzt nicht weist / Nach wol-gehaltnen Ringen Aus allen Sorgen bringen. Wobey die Thränen / so aus den holdseeligsten Fürsten-Augen Ihro Durchl. heraus flossen / mir vorkamen / wie der himmlische Bräutigam die Thränen seiner Sulamith beschreibet: Deine
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Augen (meine Feundinn / du Fürsten-Tochter) sind wie die Teiche (wie die abgelassene Teiche die mit vollen Ströhmen das Wasser von sich fliessen lassen) zu Heßbon. Im Hohenl. Salomonis 7. Cap. Man findet ferner an unterschiedlichen Orten / sonderlich in Italien / solche Brunnen / die nicht allein Oel / Honig und Manna gequollen / sondern auch viel Gold und Silber mit sich geführet / wie deßfalls die also genannten fontes olei, mellis & mannae, fontes aquae Dei, & vitae bey denen bewehrten Physicis und Medicis in ihren tractaten de thermis, acidulis, balneis &c. sattsam bekannt sind / und davon viele specialissima gemeldet werden könten Waren nicht unsere gnädigste Landes-Mutter ein solcher Wunder-Brunn / der da im geistlichem Verstande / Oel und Manna / Gold und Silber in grosser Fülle mit sich führete. Wie erquicketen und erfreueten Sie doch beständig mit dem süssem Oel und Manna Ihrer holdseeligsten Anmuhts-vollen Freundlichkeit und Liebe Ihren Durchläuchtigsten Herrn und Ehe-Gemahl / daß derselbe auch seine eintzige Vergnüg- und Erquickung nächst GOtt an diesem seinem Wunder-Brunnen gehabt. Wie schätzeten Sie auf der Welt nichts so hoch / als nur Ihres hertzgeliebten Herrn Wolfahrt und Seegen. Wie die Gottseelige Königin Elisabeth in Böhmen so hefftig allezeit vor ihren Herrn betete / und gelobete / wenn er demselben Krafft und Sieg / Seegen und Leben verleihen möchte; So ging unserer Durchläuchtigsten gottseeligsten Hertzogin ELISABETH eintziger Wunsch / Flehen und Verlangen dahin / daß GOTT nur möchte Ihrem hertzliebstem Herrn und Gemahl es lassen wolgehen / dann so waren Sie schon in allem vergnügt. Ja / wie man bey den Physicis findet / daß viele Brunnen nicht anders als / das Meer und die Flüsse / fluxum & refluxum, Ab- und Zufluß / Ebbe und Fluth haben / so ist ein gewisser bekannter Brunn / der im Majo entspringet / und sonderlich in dem October reichlich seine Quellen fliessen lässet / und darnach zu quillen aufhöret. Der lebendige Freuden-Brunn ELISABETH JULIANA, so im Majo entsprungen / und in diese Welt kommen / ergoß sich am allerfreudigsten im Monath October, wenn Ihres Herrn und Gemahls höchst-erwünschter Geburths-Tag einfiel. Ach! wie war denn Ihre Freude vollenkommen / wenn sie bey gesegnetem Wolergehen Ihres hertzliebsten Herrn und Gemahls diesen Tag
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begingen. Ihro Durchl. hatten ein solch Christ-Fürstliches Hertz / als die Antonia, des Nonii Prisci Ehe-Gemahl / daß sie mit derselben bereit waren / wenn es GOtt hätte also beschlossen und haben wollen / alles auf dieser Welt zu verlassen / und mit Ihrem Herrn und Gemahl / als eine rechte und echte Antonia, ins Elende zu gehen; Wie davon vor zwey Jahren diejenige abermahl werden Zeugniß geben können / die öffters die Gnade gehabt / bey damahliger harten Versuchung / und schwerem Lager / dieser Hoch-seeligsten Antonia aufzuwarten und tröstlich beyzuwohnen. Dannenhero auch leicht zu ermessen / mit was vor süssem correlativ-Respect unser Durchläuchtigster Hertzog Antonius dieser seiner so hertzlich-treuen Antoniae zugethan gewesen. Wie hoch der Käyser Antonius Caracalla den damahls Welt-berühmten Brunnen / Aqua Julia genannt / aestimiret / und was der Käyser Antonius für Mühe und Unkosten angewand / denselben in den prächtigsten Stand zu bringen / und wie er diese Aquam Juliam habe Aquam Antonianam, sive fontem Antonianum, seinen Julian-Brunnen / seinen Antonius Brunnen benennet / davon kan man bey den alten Römischen Scribenten weitläufftige Nachricht finden. Wie hoch unser Durchläuchtigster Hertzog ANTONIUS seinen kostbaren Trost- und Freuden-Brunnen / die JULIA, so woll recht Aqua JULIA, und Fons Antonianus, der süß-quillende Antonius-Brunn zu nennen war / jedesmahl gehalten / und wie / wenn es müglich gewesen / aus hertzinniglicher Liebe zu diesem Wunder-Brunnen / Sie wol alle das Ihrige gern daran verwand hätten / wenn Sie nur diesen süssen Trost-Oel- und Manna-Brunnen / diese Aquam Juliam, dieses Ihr Trost- und Erquickungs-Wasser Juliam, nur hätten ferner behalten können / davon kan ein jeder urtheilen / der da jemahls erfahren / mit was für unaussprechlicher tendresse der theureste Held und Fürst Antonius seine Juliam, seine süsse Aquam Juliam, seinen Antonius-Brunnen geliebet / daß Sie auch wol in der Warheit in seinem Hertzen den süssen Namen des erquickenden Antonius-Brunnen / noch nach Ihrem hoch-seeligstem Abschiede gar gewißlich führen wird. Und ein solches Gnaden- und Liebes-Oel / Honig und Manna floß auch aus diesem quellendem Wunder-Brunnen des Christ-Fürstlichen Mütterlichen Hertzens / auf alle Durchläuchtigste Kinder / Schwieger-Kindes- und Kindes-Kindes-Kinder. Ich halte wol davor / daß wo jemahls eine Fürsten-Mutter auf der Welt / vor alle Ihre
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Kinder wahre Liebe und Sorge getragen / so hat es gewiß diese Hoch-Fürstliche Frau Mutter gethan / indem Ihr Hertz von lauter Liebe / süsser Brunst / und getreuester mütterlicher Vorsorge jedesmal gegen Ihre Hoch-Fürstl. Kinder / und alle Nepoten / und Descendenten / und Dero Hoch-Fürstl. nächste Angehörige / als ein heißsiedendes Brunnen-Wasser strudelte und kochete. Man findet Brunnen / welche allezeit heißsiedendes Wasser sehr häuffig von sich quillen. In Grönland ist ein solcher Brunn / der bey seinen heißsiedendem Quellen und Strudeln einen solchen Kalck mit sich führet / welcher zu fester Verbindung unüberwindlicher Mauren gebrauchet wird. Ja in dem Reich Peru nahe der Haupt-Stadt Quito findet sich ein solcher Wunder-Brunn / der / so bald nur jemand anfänget zu reden / auch sofort verwundersamer weise zu strudeln und zu schäumen anfänget / und je beweglicher man redet / je häuffiger derselbe das Wasser hervor stürtzet. Solche Eigenschafften hatte wol recht dieser Fürstlicher Mutter-Brunn an sich / indem Ihro Durchl. Liebes-Glaubens- und Hoffnung-volles Hertz ein solches heißsiedendes Liebes-Wasser gegen Ihre hertzgeliebte Fürsten-Kinder allezeit über und über / um und um von sich fliessen ließ / daß auch diese brünstige Mutter-Liebe gleichsam einen festen Leim und Kalck mit sich führete / dadurch die Hertzen des gantzen Hochfl. Saamens in lauter süsser Liebes-Brunst / Harmonie und Einigkeit als eine feste Mauer verbunden werden musten. Und wie regete / bewegete / und wie ergoß sich dieser milde Gnaden-Brunn / wenn Ihro Durchläucht. nur Ihrer Hoch-Fürstlichen Kinder holdseelige Stimme höreten / da sahe und hörete man nichts / als lauter Oel und Manna / Honig / Zucker und lauter heißströmende Liebes-Quellen sich ergiessen. Und solchen Gnaden-Brunnen des Oels / und des süssesten Manna / haben auch alle Ihro Durchl. getreue Diener und Dienerinnen vom höchsten biß zum niedrigsten reichlichst genossen / ja das gantze Vaterland hat denselben überflüßig empfunden / da Dero Hoch-Fürstl. Gnade über das gantze Land / als wie der Fluß Nilus über gantz AEgypten sich ergossen / wie davon auch nach der Länge geredet werden könnte / wenn es die Zeit leyden wolte. Und solte ich des Gnaden-Oels / und des süssesten Manna / des Silbers und Goldes / so aus diesem mildreichstem Brunnen auf so vielerley pias causas, auf so viele Kirchen / Schulen / Klöster / Armen- und Wäysen-Häuser / auf so viele tausend arme / elende / verlassene Wittwen / Wäysen /
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krancke und nothleidende / dürfftige und jammer-volle Personen geflossen / in würdiger Fülle gedencken / wenn würde ich das Ende dieses wahren unsterblichen Nachruhms unserer Hochseligsten Hertzogin und Landes-Mutter vorfinden können? Wenn die Königin Elisabeth, Alberti des Königs in Ungarn Gemahlin / eine über alle maasse kluge / sinnreiche / und dabey sehr christliche Königin war / so wandte sie / wie der Historicus meldet / ihre christ-löbliche Klugheit dahin / daß sie zuforderst denen Klöstern in Oesterreich grosse Barmhertzigkeit erweisen müchte. Wenn die Elisabeth, Caroli des Neundten / Königs in Franckreich Gemahlin solchenfalls auch Ihre christliche Klugheit vor GOtt und aller Welt zu Tage legen will / so stifftet sie ein Kloster zur Ehre der H. Engel. Das vortreffliche Jungfrauen-Kloster zu Saltzdahlum / zur Ehre GOttes gestifftet / und so viele andere Gottes-Häuser / das noch ohnlängst hier auf der Augustus-Stadt eingeweyhete Armen-Wittwen- und Wäysen-Hauß zum Heiligen Geist / zu welcher Einweyhungs-Predigt (ach! wer hätte das damals gedencken sollen?) zum letzten mahl Ihro Durchl. von Dero Hoch-Fürstl. Schloß / bey grimmiger Kälte sich dennoch erhoben / können und werden zeugen / worauf unsere Gottseeligste Hertzoginn ELISABETH, Ihren grossen Verstand / und Klugheit sonderlich angewand. Wie nun die Elisabetha sancta, die heilige Elisabeth / eine Weltberühmte Land-Gräfin zu Hessen und Thüringen / weil sie so sehr viel gutes an milde Sachen verwand / von den Historicis die erste Elisabeth genan̅t; Hiernächst die obgedachte Königin Elisabeth in Ungarn / Alberti Gemahlin / als die andere Elisabeth gerechnet und gerühmet wird / weil sie grossen theils dergleichen gethan; So setzen wir nebst diese beyde hohe gottseelige christ-mildeste Standes-Personen (ich weiß gewiß / daß mir niemand mit Recht widersprechen wird) Die dritte ELISABETH, unsere Hochseeligste Hertzogin von Braunschweig und Lüneburg / weil doch aller guten Dinge drey seyn mögen / und nennen Sie / und wollen Sie nennen mit unsern Kindern und Kindes-Kindern / Elisabetham tertiam in pias causas munificentissimam, die dritte ELISABETH,
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die allermildeste gütigste Hertzogin und Heldin zu allen milden Sachen. Ja was insonderheit dieser Wunder-Brunn / die weyland gottseeligste liebreicheste Landes-Mutter / für süsse Oel-Honig- und Manna-Ströme der Gnade / Barmhertzigkeit / und Güte auf das gantze Vaterland / mit Ihrer allergetreuesten / und klügesten Sorgfalt / kräfftigen Intercession und Vorbitte bey GOtt / und Ihrem Herrn und Gemahl fliessen lassen / und eben wie die Julia Mummea bey dem Alexandro, Sie unsere preiß-würdigste Hertzogin JULIA bey unserm gnädigsten Landes-Vater / mit christlicher Vorsorge / und zu rechter Zeit wol eingerichteter Vorbitte sehr vielen Nutzen und Fruchten / zu der Unterthanen und des Vater-Landes Wolfahrt und Bestem / gestifftet und beschaffet / das wissen alle getreue Patrioten und Unterthanen allerseits gegen Ihro Durchl. die Hochseeligste Landes-Mutter mit unsterblichem unterthänigstem Danck zu erkennen. Dannenhero sind auch Sie alle getreue danckbahre Unterthanen gleiches Sinnes mit denen alten danckbaren Römern bey den Exequien oder dem Begräbniß der Julia des Pompeji Magni Ehe-Gemahl. Als diese Julia, totius orbis detrimento, zum Schaden und Nachtheil der Welt / wie die Römischen Historici von ihr schreiben / plötzlich für Schrecken / wegen ihres Gemahls besorgenden Todes / verstorben / und ihr Herr und Gemahl der Pompejus ihr das letzte öffentliche Ehren-Gedächtniß auf dem Berge Albano aufrichten lassen wolte / so trat die Danck-begierige Bürgerschafft zu Rom auf / und sandte an den Pompejum, und ließ ihn bitten / coëgit eum populus, das Volck zwang ihn / wie der Historicus sagt / er müchte doch nicht auf dem Berge Albano, (denn das wäre zu schlecht und zu gering vor diese grosse Printzeßin /) sondern auf dem welt-berühmtem Campo Martio solche Exequien seiner verstorbenen Gemahlin Julia zum allerprächtigsten anstellen lassen; So sind vielmehr alle christliche getreue Bürger und Unterthanen des gantzen Landes also gesinnet; und / da sie dieser ihrer Hochseeligsten Landes-Mutter JULIA, die mit weit grösserm Recht als jene Julia, maximo totius Ducatus detrimento, zum gröstem Nachtheil unsers Vater-Landes Abschied genommen / für alle Ihre getreueste Liebe / Vorsorge / und Vorbitte / nichts mehr zu leisten vermögen / so
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streuen Sie noch zu guter letzt mit Thränen auf dieses prächtige Castrum doloris, so unser Durchläuchtigster gnädigster Herr / zusonderbarem Ehren-Gedächtniß / aus hertzinniglicher Liebe / unserer Landes-Mutter JULIA zum kostbarsten aufrichten lassen / bey dieser Frühlings-Zeit Ihre unterthänige und niedrige Violen / Hyacinthen / Narcissen / Himmels-Schlüssel / und andere Frühlings-Blumen der hertzlichen Danckbarkeit / aus dem innerstem Grunde Ihrer getreuen demühtigen Seelen. Nun müste ich zwar von allen übrigen grossen / und vortrefflichen Qualitäten / womit die Gottseeligste Hertzogin von dem höchstem GOtt vor so vielen tausenden beseeliget waren / weiter reden. Allein ich besorge / daß ich hierdurch die Gedult der Andächtigen Zuhörer zuletzt unterbrechen möchte / sonst würde ich dazu vielleicht noch guten Vorraht zur Hand haben. Mit wenig Worten: Ihre unschätzbare Klugheit / und grosser Verstand in Göttlicher und moraler Weißheit / Ihr unermüdeter Fleiß / und daß Sie selbst mit Ihren hohen Händen was rechtschaffenes wircketen und schaffeten / und alle / die um Sie waren / zur Arbeit anhielten / Ihre wahre Demuht / Ihr reiner und keuscher Wandel vor GOtt und aller Welt / Ihr grössester Ruhm / daß Sie Ihren Feinden von Hertzen vergeben / und vor dieselbe beten kunten / und sonderlich Ihre Freudigkeit im Tode / und Ihr brünstiges Verlangen zu Ihrem A und O, und schönstem Bräutigam zu gelangen / da Sie noch jetzt vor Ihrem Ende mit sehnlichster Begierde seufftzeten: Ach wie gerne! wie gerne! wie gerne! wolte ich bey meinem JEsu seyn! Diß alles sind lauter Perlen und Diamanten / womit die Königliche Braut-Krone unserer glorwürdigsten Uberwinderin im Himmel / auf der Hochzeit des Lamms / auf ewig nunmehro gezieret ist. Ich nenne Ihro Durchl. ja wol mit höchstem Recht zum Beschluß / nach Anleitung unsers Textes eine glorwürdigste Uberwinderin; Denn eine solche musten Sie seyn / wie der Text sagt: Wer überwindet / der soll alles ererben: Und eine solche waren Sie auch in der That / denn Sie haben überwunden durch des Lammes Blut / und Ihr Glaube ist der Sieg gewesen / der den Bösewicht / die Welt / ihr eigen Fleisch und Blut / seelig in Christo überwun
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den hat. Die Beständigkeit / die Verharrung biß ans Ende / der Sieg / die Uberwindung / die erlangen erst die Krone. Also hat auch unsere glorwürdigste Streiterin ELISABETH JULIANA durch die Beständigkeit und Verharrung biß ans Ende die ewige Ehren- und Sieges-Krone erlanget. Der Löwe aus dem Stamm Juda / Ihr A und das O, hat Ihr diesen Sieg zuwege gebracht. Sie wuste wol zu singen:
Mit unser Macht ist nichts gethan / Wir sind gar bald verlohren. Es streit für uns der rechte Mann / Den GOtt selbst hat erkohren. Fragstu / wer er ist? Er heist JEsus Christ / Der HErr Zebaoth / Und ist kein ander GOtt / Das Feld muß er behalten. Ich könnte zwar diese tapffere Uberwindung der glorwürdigsten Hertzogin durch mancherley Eurer Liebe vielleicht nicht unangenehme Erbildungen vorstellen / doch will ich nur mit wenigen eines / und zwar / worzu Dero Hoch-Fürstl. angestammetes Norwegisches / Schleßwig-Holsteinisches Wapen zu dieser Materie mir zimlichen Anlaß giebt / schließlich berühren. Hochgedachtes Hoch-Fürstliches Wapen praesentiret wegen Norwegen im rothem Felde einen gekrönten gelben aufgerichteten Löwen / der in seinen Klauen eine silberne Streit-Axt an einem güldenem Schaffte führet. Wegen Schleßwig zwey im Lauff begriffene Löwen. Auf dem Helme steigen aus einer Krone und darauf stehendem rothem Fürsten-Hute / drey weisse auf Zepter-Art gedrähete Stäbe mit güldenen Knöpffen / und so weiter. Wegen Holstein im rothem Felde ein weisses ausgebreitetes Nessel-Blat mit drey weissen Nageln / die Käyser Friederich der Erste / dem Graffen Adolph dem Dritten zu Holstein / zum Andencken der Creutzigung Christi / und daß dieser tapffere Held seine Heerfahrt ins gelobte Land zum Grabe Christi glücklich zurück geleget / ins Wapen
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geschencket hat. Zu geschweigen der sieben Triumph-Fahnen / der güldenen Krone / des Curassier-Reuters mit gezücktem blanckem Schwerdt / des weissen Creutzes / und anderer Sieges-Zeichen / so in diesem Hoch-Fürstl. Wapen zu befinden. Lauter Triumphs- und Sieges-Zeichen der tapffern Helden und großmühtigen Uberwinder des Hoch-Fürstl. Hauses Schleßwig-Holstein. Ich habe nicht nöthig diese Sieg-reiche Insignia und Wapen-Zeichen des aus Königlichem Stamm entsprossenen Hoch-Fürstl. Holsteinischen Hauses auf unsere glorwürdigste Uberwinderin weitläufftig im geistlichem Verstande zu appliciren. Tapffere Löwen / Zepter / Kronen / offene Helme / so viele Fahnen / sind ja wol Zeichen einer glorieusen Uberwindung. Sum̅a es haben unsere Hochseeligste Hertzogin durch den im rothem Felde im Garten Gethsemanes / und auff dem Blut-Berge Golgatha gekrönten Löwen aus dem Stamm Juda / durch den am heiligen Creutze mit Nageln angeheffteten / und hernach seine Triumph- und Sieges-Fahne über Sünde / Tod / Teuffel schwingenden / und nunmehro in dem Reich der Herrlichkeit den Zepter seiner Uberwindung in Händen haltenden JEsum ritterlich überwunden / und endlich die Freude erlanget / wornach sie so offtmahls seufftzeten:
Wie bin ich doch so hertzlich froh / Daß mein Schatz ist das A und O, Der Anfang und das Ende. Er wird mich auch zu seinem Preiß / Aufnehmen in das Paradeiß / Des klopff ich in die Hände. Amen / Amen! Komm du schöne Freuden-Krone / Bleib nicht lange / Deiner wart ich mit Verlangen.
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Schließlich solte nun auch noch wol von der vollenkommenen Herrligkeit / und Seeligkeit dieser von dem mächtigem Himmels-Könige / in das ewige Jubilaeum zur Freuden-vollen Hochzeit des Lam̅s aufgeholten Königl. Him̅els-Braut / etwas geredt werden. Allein es heisset hier nach dem Ausspruch Gregorii: quae lingua dicere, quis intellectus capere sufficit illa supernae civitatis gaudia? Welche Zunge kan aussprechen / ja welcher Verstand kan begreiffen die Freude der hohen Himmels-Stadt? Die Juden machen groß Wesen aus ihrer also genannten Chuppa, das ist der Baldacchino oder der Himmel / und die Decke / damit an ihrem Ehren-Tage Braut und Bräutigam beehret werden. Und wollen die Rabbinen / daß GOtt schon im Paradieß dem Adam und der Eva im Stande der Unschuld habe die prächtigsten Chuppas, nicht ein / zwey / oder drey / welches einem Könige zugelassen / sondern wegen der grossen Majestät / den ersten Eltern zehen Chuppas aus lauter Perlen / Gold und Edelgesteinen verfertigen lassen / und hätten die grössesten und vornehmsten Engel diese Chuppas und Braut-Decken getragen / und dem Adam und Eva an ihrem Hochzeit-Tage im Paradieß auf GOttes Befehl aufgewartet / wie davon die Gelahrten in Bava Bathra, und in der Juden Minhagim, und Kirchen-Agenda, und sonst weitläufftige Nachricht finden. Wir stellen das alles an seinen Ort / und halten die Sprüche / so die Juden aus der Schrifft / und zwar Ezechiel. XXVIII. Ps. XCI. 1. Buch Mos. 1. Cap. anführen / dero Behueff nicht so zulänglich / daß sie dieses daraus beweisen möchten. Aber wenn wir nach unserm menschlichem / und blödem Verstande die Herrlichkeit der aufgenommenen Himmels-Braut ELISABETH JULIANEN, und da Sie nun auf ewig mit Ihrem Bräutigam und Manne / dem A und O vertrauet ist / uns vorstellen wollen / so ist ja wol die Herrlichkeit des Himmels im Lust-Garten GOttes eine ewige Decke / mit allerley Edelgesteinen / Sarder / Topaser / Diamanten / Türckis / Onychen / Jaspis / Sapphier / Schmaragden und Golde gezieret / unter welcher Freuden-vollen Chuppa, Das Lamm / das A und das O / seine Himmels-Braut ELISABETH JULIANA, in alle ewige Ewigkeit / aus dem Brunn des lebendigen Wassers / ja mit dem gantzem Erbtheil des Himmels laben und erquicken wird.
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Zwar wie wir den Anfang hiervon gemacht / so fället uns abermahl bey dem Schluß billig ein. Ach ja! Wir erkennen und wissen wol / was für einen glückseeligsten Wechsel numehro diese Himmels-Braut ELISABETH JULIANA, getroffen. Und wer wolte der Hoch-seeligsten Fürsten-Seele diese allerhöchste Glückseeligkeit mißgönnen? Jeden-noch so scheinet der Schmertz gar zu überwichtig / indem gleichwol der Fürst GOttes unter uns / der gesegnete Abraham und Hertzog unsers Vater-Landes seine auserwählte Gottseeligste hertzgeliebteste Sarah / die eintzige Ruhe und Erquickung seines Lebens / den Trost / Stecken / und Stab seines Alters / Summa / mehr als sein halbes Hertz; Die gesammten Hoch-Fürstl. Kinder und Nepoten / Ihre so großwertheste Gottseeligste Löis und Eunike, von welcher Sie wol sagen mögen: Wir erinnern uns des ungefärbten Glaubens / welcher zuvor in unserer Durchläuchtigsten Groß-Mutter Loide, und in unserer Mutter Eunike, (die allemahl eine Löis, eine Besserin Ihres Hoch-Fürstlichen Hauses / und eine Eunike, oder tapffere Uberwinderin aller Ihrer Feinde gewesen) gewohnet 2. Timoth. 1. Cap. Alle getreue Bediente ihre auserwählte Dominam, ihre grosse Fürstin und Frau 2. Epist. Joh. 1. Cap. von welcher Sie als Kinder zur wahren Gottes-Furcht / und allen heiligen Ubungen / unter gnädigster Vergeltung Gottes / angewiesen worden; so viele tausend Arme ihre hülffreichste Tabeam und Rehe; das gantze Land / das Weib mit der Sonnen bekleidet / von der das liebe Vater-Land als der Mond lauter Licht / Glantz / und Seegen empfunden / allerseits verlohren / und mit so viel Seufftzen und Thränen beklagen und beweinen müssen. Allein / wer darff hier auftreten / und sagen / daß solches geschehen sey ohne des HErrn Befehl? Klagelied. Jerem. 3. Cap. Der Schmertz sey denn nun so groß als er wolle / die Empfindlichkeit so zart / als sie immermehr könne / daß wir auch die Wege unsers A und O nicht begreiffen mögen / warum ers gethan / und mit David wol sagen mögen / aus dem 139. Psalm:
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Solch Erkänntniß ist uns zu wunderlich und zu hoch / und können es nicht begreiffen; So müssen wir doch unsere Seele in Gedult fassen / und nach langem und weitläufftigem Uberlegen / dencken und sinnen / zuletzt den Schluß machen / und sagen: Des HErrn Wille geschehe / Apostel Gesch. 20. Cap. Denn /
Was GOtt thut / das ist wol gethan / Es bleibt gerecht sein Wille / Wie er fängt unsre Sachen an / Wolln wir ihm halten stille / Er ist der GOtt / der in der Noth Uns wol weiß zu erhalten. Drum lassen wir ihn walten. Wäre es unserm Durchlauchtigstem Hertzog und Landes-Vater nütz- und seelig gewesen / daß diese Tugend-Son̅e Deroselben länger hätte scheinen sollen / so hätte GOtt Sie nicht so unvermuhtlich untergehen lassen. Mitler weile / wie dorten der Franciscus Borgias, als er vernahm / daß es nicht nütze wäre / daß seine Gemahlin länger lebere / sich darauff so fort in Gottes Willen ergab / so ist kein zweiffel / Ihro Durchl. als ein mit höchster Weißheit / vielfältiger Erfahrung / Christ-Fürstlicher Klug- und Gelassenheit von GOtt höchstbegabter Hertzog / werden hierunter / nachdem Sie Gottes gnädigen Willen handgreifflich erkennen / sich Christ-Fürstlich begreiffen / und numehro dem Trauren und Wehklagen nicht weiter nachhängen. Worzu denn sonderlich sehr viel beytragen wird / wenn die gesamte Hoch-Fürstliche Kinder / und alle übrige Hoch-Fürstliche nahe Anverwandte / mit Christ-Fürstlicher standhaffter Gedult / bey diesem Ihrem hohem Leid-Wesen / in Christo JEsu durch die Krafft des Geistes sich wapnen / dem gnädigem Willen des allerliebsten Himmlischen Vaters sich ergeben / und dadurch Dero hertzgeliebtesten Herrn Vaters Gnaden / um so viel mehr diesen grossen Schmertzen lindern helffen / und Selbigem dadurch desto tröstlicher beywohnen werden.
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Wir im übrigen dancken von Grund unserer Seelen / dem getreuem ewigem GOtt / daß er bey dieser so schweren gedoppelten hohen Trauer / das dritte Weh / so uns schon vor Augen schwebete / und leicht so gar schnell über uns hätte kommen können / so allergnädigst abgewandt / hergegen unsern gnädigsten allerliebsten Landes-Vater so allergnädigst und väterlichst biß auff diese Stunde erhalten hat. Der wolle nun ferner solchen unsern theuresten Schatz / als die kostbareste Beylage / die wir allerseits nechst GOtt haben / in allen Gnaden liebe lange Zeit / bey beständiger Gesundheit / glückseeligster Regierung / und allem selbstwehlendem Hoch-Fürstlichem Hochergehen erhalten; Den Durchläuchtigsten Erb-Printz / und Ihro Hoheiten Dero Frau Gemahlin / und gesam̅te Hoch-Fürstliche Kinder / Schwieger-Kinder / Kindes- und Kindes-Kinder / und alle Hoch-Fürstliche Nepoten / gleichfalls in allen Gnaden seegnen / benedeyen / stärcken / kräfftigen / gründen und vollbereiten / und diesem Hoch-Fürstlichem Hause / ja dem gantzem geliebtem Vaterlande / nach so vielem trübem langwierigem Ungewitter / endlich die entfernete Gnaden-Sonne wiederum beständigst auffgehen und scheinen lassen / auff daß wir seiner Göttlichen Majestät Lob / Preiß / Ehre und Danck / hier zeitlich und dort ewiglich / dafür zu sagen Ursach haben mögen. Nun
Der Himmel / der verursacht hat dis Weinen / Soll künfftig Euch die Sonne lassen scheinen. Amen! Amen! Das heist ja! ja! Es soll also geschehen! Es geschehe denn dieses um CHRISTI JESU des gecreutzigten und aufferstandenen Sieges-Fürsten willen! Amen! Amen!

Hierauff wurden die Hoch-Fürstlichen Personalia verlesen / und darauff dieser Schluß gemacht.
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NUn / es ist geschehen! Die Grosse Heldin ist dahin / und von uns weggenommen; Doch wird Sie nicht aus unsrem Sinn / so lang wir leben / kommen! Indessen / Hertzogin / schlafft wol in Eurer Grufft / biß daß am Jüngstem Tag’ Euch die Posaune rufft. Du aber durch das Blut des Bräutigams / der da heist das A und das O, allertheurest-erlösete Fürsten-Seele / geniesse denn nun der ewigen Herrlichkeit auff der Hochzeit des Lam̅s / erquicke und labe Dich nun nach Deinem so langwierigem Durst / nach so mancher Hitze der Trübsal / von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst / und da du nun alles ererbet / also müsse Deine Freude / in dem ewigem Erbtheil der Heiligen im Licht / numehro unaussprechlich seyn / biß daß der verklärete helleuchtende Fürsten-Cörper / in der herrlichen Aufferstehung der Gerechten / mit Dir so glorwürdigst-allerseeligsten Seele wird vereiniget und zum ewigem Leben / zu der vollenkommenen Herrlichkeit und Seeligkeit / und zu der Anschauung GOttes von Angesicht zu Angesicht / allermajestätisch wird inthronisiret werden. O wie werden wir Gläubige / die wir biß ans Ende bey Christo hier verharren / uns denn freuen / wenn wir diese außerwehlete Königliche Himmels-Braut werden wieder sehen / in dem prächtigstem Schein / leuchten wie die Sonne / leuchten wie des Himmels-Glantz / und wie die Sterne immer und ewiglich! Von der es nun wol recht heisset / wie in einem gedrucketem schönem anagrammate auff den Nahmen ELISABET-JULIANA, welches wol nicht schöner gemacht werden kan / bey dieser Hohen Trauer man bemercket: ILLA IN JESU BEATA. Sie ist in JESU seelig. Euer unvergänglicher Ruhm / allerpreißwürdigste Hertzogin / soll indessen nimmermehr aus unsern Hertzen und Gedächtniß kommen / und wie an dem Tage Veronica oder Ehren-Preiß / Ihr dieser Welt gute Nacht gegeben / so solt Ihr als eine Ehren- und Ruhm- und Preiß-volle Veronica, und aller Ehren- und Tugend-volle belobteste Hertzogin in unsern / und unserer Kinder und Nachkommen Hertzen und Sinnen auff ewig grünen und blühen. Wahre Liebe geden
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cket auff tausenderley Mittel / wodurch sie das Geliebte sich feste ins Hertz eindrücken möge / und das thut die Liebe alsdenn zuvorderst / wenn sie das Geliebte entbehren muß / und denn erst erkannt hat / was sie an dem Geliebten verlohren. Das prächtige Castrum doloris, so Euer Hochgeliebtester Herr und Ehegemahl / wol aus recht danckbarer hertzinniglicher Liebe / mit grossen Kosten auffrichten lassen / das wird zwar viele Jahre in aller derer Gedächtniß bestehen / die es mit Augen angesehen / oder davon gehöret haben / wenn es gleich schon wird wieder abgebrochen seyn. Doch ist keine Grabstätte / kein Monument oder Grabmahl / wenn es auch der Artemisiae Mausoleum seyn solte; weder das prächtigste Begräbniß / welches der Käyser Honorius seinen beyden Gemahlinnen / so als Jungfrauen verstorben; noch das verwundersame Grab des Römers Metelli; oder das gewaltige Castrum doloris, so dem grossem Mogol sein Sohn Schach Selim hat auffrichten lassen / woran täglich dreytausend Menschen gearbeitet / und doch in ein und zwantzig Jahren nicht hat fertig werden können; oder auch sonsten alle von Mauer-Werck und Ertz auffgerichtete Pyramiden, Seulen / und Epitaphia, sind gar nicht von solchem Wehrt / daß dadurch Euer Ehren-Gedächtniß / so lange die Welt stehet / solte in würdiger Fülle vorgestellet werden: Denn alle solche kostbare Gedächtnissen sind endlich dennoch zerfallen / und zu nichte worden / oder werden noch zernichtet werden. Wodurch aber soll denn / preiß-würdigste grosse ELISABETH JULIANA, Euer allertheurestes Gedächtniß verewiget werden? Die alten reichen vornehmen Römer / wenn sie sahen / daß endlich alle Pyramiden zuletzt verfielen / so erdachten sie die Weise / ein oder mehr Lichter von dem vorhin genannten Asbestus oder Amiantus-Stein in Laternen / und folglich in ihre oder der Ihrigen Begräbniß mit setzen zu lassen. Solche Lampen / wie die Erfahrung hievon bezeuget / haben gebrannt nicht allein etliche hundert Jahr / sondern auch wol über anderthalb tausend Jahr. Wie denn unter der Regierung des Pabsts zu Rom Pauli III. etwan um die Zeit nach Ubergebung der Augspurgischen Confession, auff der bekan̅ten Appianischen Strassen / da viele vornehme alte Römer ihre Begräbnissen gehabt / eine Grabstätte eröffnet worden / darin̅ man auff einer Marmelsteinern Taffel den noch gantzen Leib einer zarten Weibes-Person vorgefunden / welche noch fürtreff
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lich schön anzusehen gewesen / und in einem wunderbarem Safft geschwommen / und dadurch so unverweßlich erhalten / daß allerdings das Angesicht noch fast als lebendig geschienen. Die goldgelben Haare waren in einem Zopff zierlich auffgeflochten / und mit einem güldenem Zirckel oder Ringe eingefasset; Zu ihren Füssen brannte eine Laterne / aber bald / als das Grab eröffnet war / ging das Licht aus. Bey einigen Merckzeichen konte man erkennen / daß dieser Cörper vor tausend fünffhundert und funfftzig Jahren allda eingeerdiget. Und hat man die Muhtmassung gehabt / daß es des berühmten Bürgermeisters Ciceronis eintzige Tochter / die Tullia, oder Tulliola, gewesen. Ein langwieriges Liebes-Gedächtniß / so die Hinterlassenen vor die Verstorbene erdacht und ersonnen! Da wir nun heutiges Tages solche Lichter und Lampen nicht mehr haben / und ohne dem dieselbe doch zuletzt ausgehen / so soll / glorwürdigste Hertzogin / Eure Tugend-Sonne / und der Glantz und Schein von Euren unvergleichlichen vor aller Welt höchst-gepriesenen Fürstl. Qualitäten / das Asbestus- und Amiantus-Licht seyn / welches wir / so lange wir / und unsere Kinder und Nachkommen / biß an den Jüngsten Tag leben / und Hertzen haben / als ein beständiges ewiges Licht in solchen unsern Hertzen wollen scheinen und brennen lassen. Unser Hertz soll die Grufft seyn / darinn gewiß dieses Gedächtniß-Licht beständiger / als das Licht von Amiantus oder Asbestus, leuchten und scheinen wird. Ubrigens habe ich bey dem Schluß des Exordii dieser geistlichen Braut-Predigt / des also genannten Jubilaei conjugialis Erwehnung gethan / da nemlich Ehe-Leute / wenn sie numehro funfftzig Jahr in Christ-friedlicher Ehe bey einander gewohnet / nochmahls gleichsam von neuem Hochzeit halten / dem lieben GOtt dabey für die grosse Wolthat / welche Sie bißhero genossen / von Hertzen Danck zu sagen / auch vermöge Priesterlichen Segens / den Vater im Himmel anzuruffen / daß derselbe doch solche Christliche Ehe-Leute biß an ihr seeliges Ende / ferner an Seel und Leib benedeyen und gesegnen wolle. Und wie solcher raren Begebnissen von denen beglaubten Historicis einige beschrieben / so ist unter denenselben sonderlich mercksam / das Jubilaeum, oder die zweyte Hochzeit seel. D. Nicolai Varenbülers, weiland langwierigen Fürstl. Wirtenbergischen Rahts und Professoris Juris zu Tübingen / so er mit seiner lieben Hauß-Frau Regina Walterin, 1597.
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am 30. Augusti zu Tübingen solenniter begangen / zu welcher Festivität auch der damals zu Tübingen studirende glorwürdigster Hertzog Augustus, auch Rector Magnificentissimus daselbst / unser vormahliger theurester Landes-Vater / in einem besonderm unterthänigem Invitations-Schreiben / unter gedachten D. Varenbülers Hand damals ist eingeladen worden / wie solcher geschriebener Brief in originali, nebst denen auff diese solenne Handelung gedruckten und eingebundenen Acten / auff hiesiger Hoch-Fürstl. Bibliothec noch jetzo zu befinden / und ohne annehmliche Empfindlichkeit nicht nachgelesen werden können. Auff einem solchem Jubilaeo gedachten und hoffeten wir in dieser Welt / unter gar wenig Jahren / die Hochseeligste Hertzogin / als eine Hoch-Fürstliche neue Braut / mit unsers theuresten Landes-Vaters Herrn Hertzog ANTHON ULRICHS Durchl. gleichsam von neuem gepaaret zu sehen. Allein / dem grossen HERRN / der da ist das A und das O, hat es anderst gefallen / indem er mit dieser seiner glor-würdigsten Königlichen Himmels-Braut solch Jubilaeum selbst / und zwar auff ewig im Himmel / zu halten / beschlossen gehabt. Habt Ihr denn nun gleich / grosse Hertzogin / das Glück auff Erden nicht gehabt / diß Jubilaeum der vergnüglichen Hoch-Fürstl. Hochzeit oder Beylagers nach bald vollendeten funfzig Jahren von neuen zu begehen / darauff so grosse Hoffnung und vorgängige Freude schon gemacht war / so ist die Gnade nun weit grösser und höher / die Euch darinn widerfahren / daß Ihr nun mit dem A und dem O, und mit dem Lamm in dem ewigem Jubilaeo, droben im Himmel / auff ewig verbunden seyd. Und da denn mein seel. Vater / vor numehro bald acht und viertzig Jahren / die Gnade und Ehre gehabt / Euch / damals allerpreißwürdigste Fürsten-Braut / einem so grossem Hertzog und Helden durch die Priesterliche Benediction zuzuführen / auch auff dessen Segen grosser Effect und Nachdruck erfolget / so habe ich / wiewol bey diesem schmertzlichem Verlust und Unglück / gleichwol noch das Glück / daß ich zu guter letzt Euch eine geistliche Braut-Predigt / aus dem von euch selbst erwehltem Braut- und Leichen-Text habe halten mögen / nachdem Ihr dem grossem Himmels-Könige auff ewig in dem ewigem Jubilaeo, als eine glor-würdigste Uberwinderin und Königliche Himmels-Braut / zugeführet und vermählet worden seyd.
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Nun denn / da es ja nicht anderst seyn kan / Adieu! grosse Hertzogin! theureste Landes-Mutter! Tugend-volleste Fürsten-Sonne! aller-prächtigste Braut und Himmels-Königin! gute Nacht! vergessen wir Eurer / so werde unser Rechten vergessen. Der Höchste gebe / daß wir Euren Tugend-vollen / allerlöblichsten / Christ-Fürstlichen Wandel uns dermaassen täglich vor Augen stellen / als eine helleuchtende Fackel / die uns zur rühmlichen und seeligen Nachfolge jederzeit in die Augen strahlen und vorleuchten möge biß an unser seeliges Ende. Ihr aber / meine Lieben / wie sollt Ihr denn geschickt seyn mit heiligem Wandel / und Gottseeligem Wesen / mit den fünff klugen Jungfrauen / und unserer Königlichen Himmels-Braut ELISABETH JULIANA gleichfalls zu warten und zu eilen zu der Zukunfft des ewigen Bräutigams JESU CHRISTI? Es möchte ja wol der HErr HErr / und unser Bräutigam / vieleicht bald / und ehender zu uns kommen / als wir vermeinen. Ach! daß wir denn allesamt mögen bereit seyn / daß wir in der That und Warheit / als seine Glaubens und Liebes-volle Freundin / seine Schöne erfunden werden / und daß wir ja am dritten Tage (welcher wol unser höchster Ehren-Tag seyn wird) uns auch Königlich anziehen mit Esther, und mit der Sulamith bey zeiten auffstehen / damit wir auch in GOtt wolgefälliger Ordnung / zu der Herrlichkeit und
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Hochzeit des Lamms gelangen / und in alle Ewigkeit dieselbe mit der süssesten Lust / und allerangenehmsten Freude / in vollenkommener Glückseeligkeit / Herrlichkeit und Seeligkeit / feyren und begehen mögen / um JEsu Christi willen / in Krafft des Heiligen Geistes. Amen! wer das begehret / bete ein gläubiges

Vater Unser etc.
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Der HErr seegne und behüte Euch. Der HErr erleuchte sein Angesicht über Euch / und sey Euch gnädig. Der HErr erhebe sein Angesicht auf Euch / und gebe Euch Friede! Amen! Amen! S. D. G.


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