|| [ID00001]
Des Glaubens Ende / der Seelen Seligkeit / Als die weyland Durchläuchtigste
Fürstin und Frau / Frau Elisabeth Juliana / Vermählte Hertzogin zu Braunschweig
u. Lüneburg / Gebohrne Hertzogin zu Schleßwig / Holstein / Stormarn und der
Dittmarsen / Gräfinne zu Oldenburg und Delmenhorst / Des Durchläuchtigsten
Fürsten und Herrn / Herrn Anthon Ulrichs / Regirenden Hertzogen zu Braunschweig
und Lüneb. Hochgeliebte Frau Gemahlin Den 4. Febr. dieses 1704ten Jahres gantz
sanfft und höchst-selig / auf dem Hoch-Fürstl. Residentz-Schloß Wolffenbüttel /
in dem Herrn JEsu entschlaffen war / und den 4. Aprilis, Freytags nach dem so
genanten weissen Sonntage Bey öffentlicher / Hoch-ansehnlicher
Trauer-Procession, und mit Hoch-Fürstl. Solennitäten In das Hoch-Fürstl.
Erb-Begräbniß bey der Heinrich-Städtschen Kirchen B. M. Virginis beygesetzet
wurde / In obgemeldter Stadt-Haupt-Kirchen / und hoher Leydtragender / auch viel
anderer Auß- und Einheimischer Gegenwart Nach Anleitunge der Worte in der
Offenbahrunge Johann. XXI. v. 6. 7. Ich bin das A und das O / - - - mein Sohn
seyn. fürgestellet von JOHAN. NIEKAMP, Fürstl. Braunschweig Lüneb. Hof-Prediger
und Consistorial-Raht. aeternVM VIVlt bene: qVae VIVebat In
aVLâ & terrIs nostrIs, IVsta, pVDICa, pIa. (Tit. II. 12)
Wolffenbüttel / druckts Christian Bartsch / privilegirter Hof- und
Cantzley-Buchdr.
|| [ID00002]
|| [ID00003]
Dem Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / HERRN Anthon Ulrich / Regirendem
Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg / etc.
Dem Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn August Milhem / Hertzoge und
Erb-Printzen zu Braunschweig und Lüneburg / etc.
Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. Hochgeliebter Frau GEMAHLIN / Der Durchläuchtigsten
Fürstinne und Frauen / Frauen Sophien Amalien / Erbin̅e zu
Dennemarck u. Norwegen / vermählter Hertzogin̅e zu Braunschweig
und Lüneburg / gebohrner Hertzoginne zu Schleßwig-Holstein / Stormarn und der
Ditmarsen / Gräfinne zu Oldenburg und Delmenhorst.
|| [ID00004]
Dem Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Ludewig Rudolph / Hertzoge zu
Braunschweig und Lüneburg / etc.
Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. Hochgeliebter Frau GEMAHLIN / Der Durchläuchtigsten
Fürstin und Frauen / Frauen Christinen Louysen / Vermählter Hertzoginne zu
Braunschweig und Lüneburg / Gebohrner Fürstinne zu Oettingen.
Der Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frauen Elisabeth Eleonoren /
Gebohrner Hertzoginne zu Braunschweig u. Lüneburg / Vermählter Hertzoginne zu
Sachsen / Jülich / Cleve / und Bergen / Landgräfinne in Thüringen /
Marckgräfinne zu Meissen / Gefürsteten Gräfinne zu Henneberg / Gräfinne zu der
Marck und Ravensberg / Frauen zu Ravenstein.
Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Hochgeliebten Herrn und Gemahl / Dem
Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Bernhard / Hertzogen zu Sachsen /
Jülich / Cleve / und Bergen / Landgrafen in Thüringen / Marckgrafen zu Meissen /
Gefürsteten Grafen zu Henneberg / Grafen zu der Marck / und Ravensberg / Herrn
zum Ravenstein.
|| [ID00005]
Der Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frn. Annen Sophien / Gebohrner
Hertzoginne zu Braunschweig und Lüneburg / Verwittibter Marckgräfinne zu Baaden
und Hochberg / Landgräfinne zu Sausenberg / Gräfinne zu Sponheimb und Eberstein
/ Frauen zu Röteln / Baadenweiler / Lohr und Mahlberg.
Der Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frn. Augusten Dorotheen /
Gebohrner Hertzoginne zu Braunschweig und Lüneburg / Vermählter Vier-Gräfinne
des Reichs / Gräfinne zu Schwartzburg und Hohnstein / Frauen zu Arnstadt /
Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg.
Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Hochgeliebten Herrn und Gemahl / Dem Hochgebohrnen
Brafen und Herrn / Herrn Anthon Güntern / Der Vier-Grafen des Reichs / Grafen zu
Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg /
Lohra und Klettenberg.
Der Hochwürdigst-Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frauen Henriette
Christinen / Gebohrner Hertzoginne zu Braunschweig und Lüneburg / Abbatissinne
des Käyserl. freyen weltl. Stiffts Gandersheim.
|| [ID00006]
Der Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frauen Christinen Julianen /
Vermählter Hertzoginne zu Sachsen / Jülich / Cleve u. Bergen / Gebohrner
Marckgräfinne zu Baaden und Hochberg / Landgräfinne in Thüringen und Sausenberg
/ Marckgräfinne zu Meissen / Gefürsteten Gräfinne zu Henneberg / Gräfinne zu der
Marck und Ravensberg / Sayn / Witgenstein / Sponheimb und Eberstein / Frauen zu
Ravenstein / Röteln / Baadenweiler / Lohr und Mahlberg.
Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. Hochgeliebten Herrn und Gemahl / Dem
Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Milhelm / Hertzogen zu
Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen / Landgrafen in Thüringen / Marckgrafen zu
Meissen / Gefürsteten Grafen zu Henneberg / Grafen zu der Marck und Ravensberg /
Sayn und Witgenstein / Herrn zum Ravenstein.
Der Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frauen Milhelminen Louysen /
Vermählter Hertzoginne zu Würtenberg und Teck / auch in Schlesien zur Oels und
Bernstadt / etc. Gebohrner Hertzoginne zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen /
Landgräfinne in Thüringen / Marckgräfinne zu Meissen / Gefürsteten Gräfinne zu
Henneberg / Gräfinne zu Mompelgard / der Marck und Ravensberg / Frauen zu
Ravenstein / Heidenheim / Medzibor und Goschutz. Ihro Hoch-Fürstl. Durchl.
Hochgeliebten Hn. und Gemahl / Dem Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn
CAROLUS, Hertzogen zu Würtenberg und Teck / auch in Schlesien zur Oels und
Bernstadt / Grafen zu Mompelgard / Herrn zu Heidenheim / Medzibor und
Goschutz.
|| [ID00007]
Den Durchläuchtigsten Princen und Princessinnen / Herrn Anthon Ulrich / Princesse Elisabeth Ernestina Anthonia / Princesse Eleonora Friderica / Hoch-Fürstl. Geschwistern
/ und respectivè Hertzogen und Hertzoginnen zu Sachsen / Jülich / Cleve / und
Bergen / Landgrafen und Landgräfin̅en in Thüringen / Marckgrafen
und Marckgräfinnen zu Meissen / Gefürsteten Grafen und Gefürsteten Gräfinnen zu
Henneberg / Grafen und Gräfinnen zu der Marck und Ravensberg / Sayn und
Witgenstein / Herrn und Fräulein zum Ravenstein.
Den Durchläuchtigsten Princessinnen / Princesse
Elisabeth Christine / Princesse Charlotte Christiana
Sophia / Princesse Anthoinette Amalia / Hoch-Fürstlichen
Geschwistern / und Hertzoginnen zu Braunschweig und Lüneburg / etc.
Den Durchläuchtigsten Princessinnen / Princesse
Johannette Anthoinette Juliana / Princesse Carolina
Christina / Princesse Charlotte Milhelmina /
Hoch-Fürstl. Geschwistern und Hertzoginnen zu Sachsen / Jülich / Cleve und
Bergen / Landgräfinnen in Thüringen / Marckgräfinnen zu Meissen / Gefürsteten
Gräfinnen zu Henneberg / Gräfinnen zu der Marck und Ravensberg / Sayn und
Witgenstein / Fräulein zum Ravenstein.
|| [ID00008]
Als der Weyland Durchläuchtigsten Fürstinne und Frauen / Frauen Elisabeth
Julianen / Vermählter Hertzoginne zu Braunschweig und Lüneburg / Gebohrner
Hertzoginne zu Schleßwig-Holstein / Stormarn und der Ditmarsen / Gräfinne zu
Oldenburg und Delmenhorst / Hochseeligsten Andenckens Nachgelassenen
Hoch-betrübten respectivè Herrn und Bemahl / Hoch-Fürstl. Hn. Hn. Söhnen / und
Fr. Fr. Schwieger-Töchtern / Hochfl. Fr. Fr. Fr. Fr. Töchtern / u. Hn. Hn.
Schwieger-Söhnen / Hochfl. Kindes-Kindern und Dero respectivè Hn. Hn. u.
Gemahlen / auch Hochfl. Kindes-Kindes-Kindern /
Ubergiebt in unterthänigster Devotion diese / Dero liebwehrtest-gewesener / nunmehro Hoch-seeligster respectivè Fr. Gemahlinne / Fr. Mutter / Schwieger-Groß- und älter-Frau Mutter / aus unterthänigster Pflicht / gehaltene Leich-Predigt / mit demühtigster und hertzlicher Anwünschunge Göttl. Trostes / Beystandes / und gesegneten Wachsthums in aller Tugend / und Gnade Gottes / in welcher Ihre Hochsel. respectivè Fr. Gemahlin und Fr. Mutter auf der Welt / allermeist bey ihnen / gewandelt hat: Wie auch alles des Glückes und Heyls an Seel und Leib / in der Zeit und Ewigkeit / welches Sie Denselben samt und sonders so hertzlich / so inbrünstig und inständig von Ihrem GOtt erbeten hat: Daß solches tausendfältig auf Ihrer aller gesegneten Scheitel fallen / und Sie allerseits die Gesegnete des HErrn seyn mögen / der Himmel und Erde geschaffen hat: und bey langen auch gesunden und in GOtt höchst-vergnügten Leben mit aller Him̅lischen Benedeyunge / und nach diesem Leben mit des Glaubens Ende der Seelen Seligkeit beglücket werden!
Ihro Hochfl. Durchl. seines gnädigsten Landes-Fürsten u. Herrn / Ihro Hochfürstl. Durchl. seines gnädigsten Erb-Prinzen und Herrn / Ihro Hoheit seiner gnädigsten Erb-Printzeßinn und Frauen / Ihrer Hochfl. Durchläuchtigkeiten seiner allerseits gnädigsten Fürsten und Herren / auch allerseits gnädigsten Fürstinnen / Frauen u. Prinzeßinnen: Ihro Hochgräfl. Gnaden seines gnädigsten Herrn unterthänigster Diener und demüthigster Vorbitter JOH. NIEKAMP.
|| [ID00009]
Des Glaubens Ende der Seelen Seeligkeit.
Der GOtt aller Gnade der uns beruffen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christo JEsu / derselbe wird euch die ihr eine kleine Zeit leydet(1. Petr. 5. v. 10. 11.) / vollbereiten / stärcken / kräfftigen / gründen! demselben sey Ehre und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen! UNsere Hoffnunge stehet feste für euch / die weil wir wissen / daß wie ihr des Leydens theilhafftig seyd / so werdet ihr auch des Trostes theilhafftig seyn. So / Hochbetrübte und Andächtige in dem HErrn / ziehen Paulus und Timotheus(2. Cor. 1. v. 7.) die gläubige Einwohner der Stadt Corinthus in die Gemeinschafft ihres Leydens und Trostes. Ihr Leyden war ein Leyden Christi / oder um Christi und seines Evangelii willen / und ihr Trost war auch von Christo. Wie der Apostel kurtz vorher sagt: Gleich wie wir des Leydens Christi viel haben / also werden wir auch reichlich getröstet durch Christum. In dieses Leydens und Trostes Gemeinschafft / nehmen sie / wie gesagt / die gläubige Corinther mit der Glaubens-Hand und sagt Paulus. Unsere Hoffnunge stehet feste für euch / dieweil wir wissen / daß wie ihr des Leydens theilhafftig seyd so werdet ihr auch des Trostes theilhafftig seyn. Als wenn ein klein Kind etwas das ihm zu schwer ist / an sich ziehen will / und ergreiffet die stärckere Hand des Vaters / mit der es heran gezogen wird: Also ergreiffet Paulus mit der
|| [2]
Glaubens-Hand
den ausgerecketen / mächtigen und nie verkürtzten Arm GOttes / gläubend /
hoffend / und wissend / daß er / der himmlische Vater die Lieben Corinther in
die Gemeinschafft des süssen Trostes werde gezogen haben / und noch ferner
ziehen / wie er sie zur Gemeinschafft des Leydens gebracht hatte. Da stund diese
Hoffnunge feste / und stund auff dem festen und beweglichen Grund der Göttlichen
Verheissunge / Treue und Warheit / aus welcher er gewiß wuste / daß der HErr den
/ welchen er verletzet / auch verbinde / welche er schlägt / auch heile / welche
er tödtet / (Hiob. 6. v. 18.) auch lebendig mache
/ welchen er betrübet / den auch erfreue / und (Deut.
32. v. 39.) sich über ihn erbarme nach seiner grossen Güte. Das wuste
die Gottseelige und gedultige Sara Raguels Tochter in ihrem Leyden (Thren. 3. v. 32.) auch wol / wenn sie sagte: Das
weiß ich fürwahr / daß wer (1. Sam. 2. v. 6.) GOtt
dienet / der wird nach der Anfechtunge getröstet.
GOtt / der allmächtige Herrscher über Tod und Leben / der (Tob. 3. v. 22.) allerhöchste HErr der Zeit und
Ewigkeit / hat auch uns dieses Orts in diese Leydens-Gemeinschafft kommen lassen
/ das wol nicht dergleichen Marter-Leyden ist / als des Pauli, Timothei, und der
Corinther war / aber doch dennoch ein schweres / an Seiten der Gottlosen im
Lande Straff-an Seiten der Gläubigen / Züchtigungs- und Prüfungs-Leyden / da vor
unsern Augen / wo wir sie hinwenden / nichts ist als eine mit Boye und Flohr
überzogene und behängte Trauer-Bühne / auf welcher ein jeglicher mit
niedergeschlagen und verhülleten Angesicht / mit Vergiessunge unzehlicher
Thränen / mit Seufftzen und Klagen / mit Ach und Wehe seine betrübte Person
agiret. Nach dem der ewige und gerechte GOtt / bald nach dem tödtlichen Hintritt
unsers glor-würdigsten Landes-Vaters / auch nunmehro unsre theureste und
gnädigste liebe Landes-Mutter die Durchl. Fürstin und Frau / Frau ELISABETH
JULIANEN, vermählete Hertzoginne zu Braunschweig und Lüneburg / gebohrne
Hertzoginne zu Schleßwig Holstein / Stormarn und Ditmarschen Gräfinne zu
Oldenburg und Delmenhorst etc. durch den Tod von uns genommen. Muß nicht hier
unser gnädigster Landes-Vater / der Durchlauchtigste Hertzog und Herr / Herr
ANTHON ULRICH, (Ps. 38, 18.) dem Könige David
seine Klage abborgen / ich bin zu leyden gemacht / und mein Schmertz ist immer
vor mir; Da
|| [3]
die aus seinen
Augen entrissen ist / die Seine Augen-Lust in einer höchst-vergnügten
Fürstlichen Ehe bey die acht und viertzig Jahr gewesen? Die ihn so hertzlich
geliebet / so treulich gemeynet: Die / wenn er die Hand an das Regiment-Ruder
legte / bevorab in dem gefährlichsten Sturm und Ungewitter / ihre Hände und
Hertz zu GOtt auffhub / und schrie: Steh auff / HErr / und hilff uns! Mein GOtt
/ mit welcher Großmüthigkeit hielt Sie vor 2. Jahren den harten Sturm Ihrer
tödtlichen Kranckheit / und der Abwesenheit und Widerwärtigkeiten ihres so
hertzlich geliebten Herrn und Gemahls aus! Mit welcher großmühtigen Feinde-Liebe
/ mit welcher Gedult / mit welcher Gelassenheit / und gläubiger Zuversicht zu
GOtt und dessen Hülffe! Ach GOtt! wie groß und schwer ist das Leyden deines
Knechtes / dem du eine so getreue Gehülfin genommen hast! Da gehet ihm je das
Wasser bis an die Seele. Da sehen wir mit höchster Bestürtzunge und Angst
unserer Seelen / was wir so offt gelesen und gehöret haben; daß die tödtliche
Trennunge zweyer sich redlich meynenden und hertzlichliebenden Ehleute sey
>, eine Zerschneidunge des durch die Liebe aus
zweyen eins gemachten Hertzens in zween Theile / von welchen der eine in des
Todes-Staub dahin fiel / der andere Theil aber als in seinem Blute zappelnd und
mit sterbend vor unsern in der ersten Bestürtzunge mehr erstarreten / als
thränenden Augen danieder lag; und noch in einer höchst-betrübten Gestalt
gesehen und gefunden wird.
Die nächsten in dieser Leydens-Gemeinschafft nach dem höchstbetrübten
Hoch-Fürstlichen Herrn Wittwer / sind der Durchlauchtigste Herr Erb-Printz und
dessen einiger Herr Bruder / samt beyden Deroselben hochgeliebten Frauen
Gemahlinnen / die sämtliche Hoch-Fürstliche Frauen Töchter / samt Dero
respectivè hochgeliebten Herrn und Gemahlen / auch übrige Hoch-Fürstliche Kinder
und Princeßinnen bis in das dritte Glied. Wie Sie Ihr Leyd und Unglück überaus
groß zu seyn finden und erkennen / also empfinden sie auch solches mit der
grössesten Wehmuht in der allerzartesten Kindlichen Liebe schmertzlichst.
Schmertzlichst empfinden sie den Verlust einer treuwachsamen Versorgerinne / und
liebreichesten respective Frau Mutter / Schwieger-Groß und Elter-Frau Mutter /
den Verlust mütterlicher Vorbitte / Tröstunge / Lehr und Vermahnunge / und
erfreulichster Gegenwart. Ohne hertzlicher Empfindunge und
|| [4]
Bedaurunge Ihres Verlustes
können die übrige hohe Anverwandten nicht seyn / wenn sie erkennen und bedencken
/ daß sie theils einer liebwehrtesten Pflege-Mutter / theils aber und in gemein
einer aufrichtigen Gönner- und Freundinne / einer ohnfalschen
Christ-Israelitischen Seelen beraubet sind.
Und welcher redlicher Diener oder Dienerinne der Hochseel. Hertzogin und gesamter
gnädigster Herrschafft / welcher treuer Unterthan köm̅t nicht in
die Gemeinschafft dieses hohen Leydwesens und Leydens? so wol durch eigene
Betrübnüß über den Verlust einer Gott- und holdseeligen / gnädigsten lieben
Landes-Mutter / als auch durch unterthänigste Compassion mit unsern verwittweten
hoch-betrübten gnädigsten Landes-Herrn? O Herr / wie kan unser Hertz ohne Leyden
und Mitleyden / ohne Furcht und Sorge mehrerem Unfalls / so du gnädig abwenden
wollest! bey so hohen Trauerfällen seyn? Wen̅ du so erschröcklich
und gewaltig (Amos. 9. v. 1.) an den Knauff
schlägest / wie solten die Pfosten des Hofes / der Stadt / und des gantzen
Landes nicht beben? Kaum war die Todes-Post / der regirende Herr Hertzog RUDOLPH
AUGUSTS ist todt / im Lande von der Ocker bis an die Weser und von unsern
Wolffenbüttelschen Dan bis gen Berseba herum kommen; so kommt die andere so fort
darauff: Des regirenden Herrn Hertzogen ANTHON ULRICHS Frau Gemahlin ist auch
todt. Soll es denn O verborgener GOtt auch in diesen Landen / wie in dem Lande
(Hiob. 16. v. 14.) Uz / auf der Hiobs-Post
fortgehen? und Hiobs Klage auch die unsre seyn? Der HErr hat mir eine Wunde über
die ander gemachet. Wie ein auffgereckter Löwe jagest du mich / und handelst
(Hiob. 10. v. 16.) wiederum greulich mit mir.
Du erneuerst deine Zeugen wider mich und machest deines Zorns viel auf mich / es
zuplagt (Cap. 30. v. 26,) mich eins über das
andere mit Hauffen. Ich wartete des Guten / und kömmt das Böse / ich hoffete
auffs Licht und kömmt Finsternüß. Ach wir haben dieses Jahres sieder den Montag
nach dem Sonntage / an welchen uns unser JEsus von seinem Leyden predigte /
unsere Paßion und unser Leyden bekommen! An dem Tage / welcher vor das mal der
erste Tag war in unser Braunschweigischen Winter Messe / hatte unsers
Hertzens-Freude / die gewöhnliche Meß-Lustbarkeiten ein Ende / unser Reigen
(Thren. 5. v. 15.) ist in Wehklagen verkehret:
Die Krohne unsers Haupts ist uns abgefallen. O weh / daß sie wir so gesündiget
haben!
|| [5]
Wo bleibet denn nun die Gemeinschafft des Trostes? Ist kein Artz und kein Balsam
für unsre Wunden? Kein Trost in unsern Leyden? O ja! der in diesem Hause wohnet
/ wolle dich erfreuen und trösten! sagte unter den Juden derjenige der bey(Jean d'Espagne in der Pr. über Gen. 23. v. 1.)
dem Eingange der Pforten bestellet war / durch welche die Traurigen in den
Tempel gingen. Da mich denn des barmhertzigen GOttes und meines gnädigsten
Landes-Herrn Beruff und Wille dazu an diesem Orte hinstellet; Wie soll ich die
hohe Leydtragende und alle mitbetrübte Seelen bey dem hochbetrübten Eingang in
dieß Trauer-Hauß zu der Gemeinschafft des Trostes aller gläubigen Kinder GOttes
führen / als daß ichs eines theils mit beten und wünschen thue? der GOTT der in
diesem Hause wohnet / geprediget / verehret und angebetet wird / der da ist ein
Vater JEsu Christi / der Vater der Barmhertzigkeit und GOtt alles Trostes
erfreue und tröste Euch! Anders Theils mit GOttes Wort / und Vorstellunge des
seeligen Zustandes und grossen Glückes / zu welchem durch einen hochseeligen Tod
der barmhertzige GOtt unserer lieben Landes-Mutter geholffen hat. Von welcher
Seeligkeit denn auch ein mehrers zu reden und zu betrachten wir allhie mit
einander versamlet sind. Damit es nun dem Allerhöchsten zur Ehre und zum Preiß
seiner Göttlichen Güte und Weißheit / unserer in GOtt ruhenden lieben
Hertzoginne zum höchst-meritirten Nachruhm / den Lebenden zur seeligen Nachfolge
/ und allen Betrübten zum kräfftigen Trost gereichen möge / so lasset uns beten
Vater Unser.
Der von der hochseeligsten Hertzoginne Durchl. eigener Hand ausgezeichnter Leich-Text wird gefunden in der Offenbahrunge Johannis am 21. Cap. v. 6. 7. und lautet in unserer Sprache wie folget: ICh bin das A und das O der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet / der wirds alles ererben / und ich werde sein GOTT seyn / und er wird mein Sohn seyn.
|| [6]
WEnn der H. Apostel Petrus die Seeligkeit der Kinder (1.
Pet. 1. v. 5. 9.) Gottes nach dem zwiefachen Wandel / im Trauen und
Schauen / denen erwehleten Frembdlingen hin und her zu betrachten vorstellet; So
thut er es mit diesen Worten. Ihr werdet aus GOttes Macht durch den Glauben
bewahret zur Seeligkeit / welche zubereitet ist / daß sie offenbar werde zu der
letzten Zeit / in welcher ihr euch freuen werdet / die ihr jetzt eine kleine
Zeit / wo es seyn soll / traurig seyd in mancherley Anfechtungen: Auff daß euer
Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde / denn das vergängliche
Gold / das durchs Feuer bewähret wird / zu Lobe / Preiß und Ehre / wenn nun
offenbaret wird JEsus Christus / welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habet /
und nun an ihn gläubet / wiewol ihr ihn nicht sehet / so werdet ihr euch freuen
mit unaussprechlicher und herrlicher Freude / und das Ende euers Glaubens davon
bringen / nemlich der Seelen Seeligkeit.
Hier gibt uns der H. Apostel an der Seeligkeit im Trauen und Schauen zu bedencken
/ und zu betrachten 1. derselben Gewißheit. Gewiß muß wol die Seeligkeit des
Wandels im Glauben seyn / weil wir aus GOttes Macht durch den Glauben bewahret
werden zur Seeligkeit. GOttes Macht ist hier nicht die / welche in dem ersten /
sondern in dem dritten Articul unsers Christlichen Glaubens gehöret / die Macht
und Krafft des H. Geistes / die der HErr JEsus seinen Aposteln versprach mit den
Worten: Ihr solt in der Stadt Jerusalem (Luc. 24. v.
49.) bleiben / bis ihr angethan werdet mit der Krafft aus der Höhe: von
welcher auch Paulus sagt: Sie sey die Uberschwengliche Grösse seiner Krafft an
uns die wir gläuben nach der Würckunge seiner mächtigen Stärcke / welche er
gewürcket hat (Eph. 19. seqq.) in Christo JEsu /
da er ihn von den Todten aufferwecket / und gesetzet zu seiner Rechten im
Himmel. Diese Macht hält uns in acht. Durch diese Gnaden-Krafft des H. Geistes
und durch
|| [7]
den Glauben / den
diese Macht GOTTES in uns würcket / werden wir bewahret zur Seeligkeit. Im
Grund-Text stehet ein Wort / daß die Bewahrunge einer Stadt und Festunge(> militari prae fidio
custoditos-2. Cor. 11. v. 32.) durch eine starcke und mächtige
Besatzung bedeutet. Wie also der Land-Pfleger des Königes Aretha die Stadt der
Damascer bewahrete. Die Gläubige sind eine Stadt und Festunge GOttes / welche
von der Welt und Hölle bestritten und bestürmet wird / um sie aus ihrem
Wolstande in das Verderben zu setzen / und ihrer Freyheit und Sceligkeit zu
berauben. Dagegen legt GOtt zur Besatzunge / seine Macht und die Krafft des H.
Geistes in diese Festunge des gläubigen Hertzens. Da ist GOtt unsere Zuversicht
und Stärcke / eine Hülffe in den grossen Nöthen die uns troffen haben / darum
fürchten wir uns nicht / wenn gleich die Welt unterginge / und die Berge mitten
ins Meer süncken / wenn gleich das Meer wütet und wallet / und(Ps. 46.) von seinem Ungestüm die Berge einfielen
Sela. Dennoch soll die Stadt GOttes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein / da
die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. GOtt ist bey ihr drinnen / darum wird
sie wol bleiben / GOtt hilfft ihr früh. Der Friede GOttes bewahret / wie eine
Besatzunge unsere Hertzen und Sinne. Gewiß ist den Kindern GOttes die
Seeligkeit(Phil. 4. v. 7.) des Wandels im
Schauen: In dem sie also bewahret werden zu der künfftigen Seeligkeit / welche
zubereitet und gewißlich schon da / ob wol noch verborgen ist / unter
vielfältiger Schwachheit und Widerwärtigkeit / und zu der letzten Zeit soll
offenbar werden. Petrus hatte auch so eben vor diesen unsern Worten gesagt von
dem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelcklichen Erbe / daß es behalten
werde im Himmel. Und Paulus sagt: Die Krohne der Gerechtigkeit sey ihm
beygelegt.(2. Tim. 4. v. 8.) Was von GOtt
bereitet / in Himmel behalten / aufgehoben und beygeleget wird / daß wird seinen
Kindern kein Teuffel / und kein Feind rauben und nehmen. Wer kan mir den Himmel
rauben? den mir schon GOttes Sohn beygelegt im Glauben.
2. So beschreibet der Apostel Petrus auch die Art dieser Seeligkeit / nach
welcher sie im Himmel nur Freuden-auff Erden aber auch Trübsaals-voll ist / nach
welcher sie ist auff Erden verborgen / im Himmel aber offenbar. Ihr werdet euch
freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. In dem Grund-Text(>)
|| [8]
stehet ein Wort / welches
hüpffen und springen heisset / und wird mit demselben eine ungemeine und sehr
grosse Freude angedeutet / da beyde Leib und Seele in dem lebendigen GOtt / bey
dem Freude die Fülle ist / sich hertzinniglich freuen / und so zu sagen / in
vollen Freuden-Sprüngen stehen. Solche Freude ist unaussprechlich / weil sie
nach ihrer eigentlichen Bewandnüß mit keinen auch des vortrefflichsten Redeners
Worten kan ausgesprochen werden. Wenn die Kinder sagen sollen / wie süß der
Zucker sey / so wissen sie nicht anders zu sagen / als süß / süsse. Wenn die
Kinder GOttes sagen sollen / wie süß ihnen die Freude in GOtt und ihre
Seeligkeit sey? so wissen sie nicht anders zu sagen / als / Freude / Freude über
Freude / JEsus ist die Seelen-Weide. Wonne Wonne über Wonne / JEsus ist die
Gnaden-Sonne. Und mit dem H. Bernhardo: O JEsu süß wer dein gedenckt / des Hertz
mit Freude wird überschwenckt. u. s. w. Kein Wunder / daß diese Freude
unaussprechlich ist / in dem das Himmlische Manna / und dessen Süßigkeit / die
Himmlischen Güter und derer Herrlichkeit mit aller Vernunfft und Menschen-Sinnen
nicht zu erreichen / was man aber nicht begreiffen kan mit den Gedancken / daß
kan man auch mit Worten nicht aussprechen. Je mehr nu diese Freude über alle
Sinne und Worte steiget / und je höher sie über alle Vernunfft gehet / desto
herrlicher ist sie: Wie wir es einiger Maassen in der leiblichen Freude selbst
finden / daß je penetranter und stärcker dieselbe ist / desto weniger wir sie
mit Worten aussprechen oder beschreiben können. Und so nennet sie der H. Apostel
eine herrliche Freude / auch darum / daß in derselben nichts schändliches ist /
wie sonst in der Welt-Freude manches und das meiste ist / davon man Schande hat
/ und des man sich auch noch wol allhier vor den Menschen / allewege vor GOtt an
jenem Tage schämen muß. Sie ist eine herrliche Freude gegen die Freude der
gläubigen Seelen in diesem Leben zu rechnen; In dem die Freude des Glaubens mit
der Freude des Schauens nicht in gleicher Herrlichkeit und vollkommenheit stehet
/ es sey die Vollkommenheit nach den Stücken oder nach den Stuffen / so ist die
Freude dieser Zeit Comparatè und mit jener Freude verglichen geringe / die
Zukünfftige aber vollkommen und herrlich. Einige der Außleger verstehen den H.
Apostel allhier von der Freude der gegenwärtigen Zeit / und
|| [9]
deuten seine Worte nach der
gegenwärtigen Zeit also: Ihr freuet euch mit unaussprächlicher und herrlicher
Freude. Nun können wir zwar die gegenwärtige Freude des Glaubens und dieses
Lebens weder an diesem noch andern Orten / in welchen uns die zukünfftige Freude
versprochen wird / ausschliessen; sondern müssen vielmehr dieselbe gegenwärtige
Freude als den Anfang der zukünfftigen zugleich mit verstehen / und zum Grunde
derselben allerherrlichsten Freude setzen. Doch weil der H. Apostel von der
Seeligkeit allhier redet / die in der letzten Zeit und am Ende der Welt
offenbaret werden soll / und sagt / daß die Außerwehlte sich in derselben freuen
mit unaussprechlicher und herrlicher Freude; Mit welcher Hoffunge sie sich / da
sie jetzt traurig sind in mancherley Anfechtungen / trösten sollen; So bleiben
wir bey des seel. Lutheri und anderer Ubersetzunge und Meynunge von der
zukünfftigen Freude des ewigen Lebens / (>, & indicativè exultatis,
& imperativè, exsultate, reddi potest. Non reperi, quibus imperativus placeat: quinimo Grotius
Indicativo utrobique (v. 6. & 8.) locum esse ex hoc versu ad illum concludit. Verum enim
verò Futurone, exsultabitis, an praesenti
tempore, exsultatis, vertendum, aut saltem
exponendum sit? interpretes non Consentiunt. Ambrosius Catharinus
insignis Ecclesiae Romanae Antistes & Archi Episcopus Compsanus, qui
& in Concilii Tridentini patribus fuit (teste Sfortia pallavicino Hist. concil. Trident. Lib. 6. c. 9. &
Paulo sarp. veneto, qui Petrus suavis polanus vocari voluit, lib. 2.
ejusdem Hist. p. m. 324. & 342.) placita
hujus concilii & versionem vulgatam, quod mirere, hic deserit, &
ex > Exsultatis, Certitudinem Gratiae adstruit:
In verba haec, Exultatis laetitiâ inenarrabili &c, ita commentans: Audiant haec verba quicunque
certitudinem Gratiae inficiantur, quo nimirum pacto cum incertitudine queant
hanc Exultationem & inenarrabilem & glorificatam Laetitiam
conjungere. Eandem nostram & Evangelicam sententiam
in ipso concilio contra Dominicum Soto quam Solidissimè è sacris Literis
ivit demonstratum. Tremellius è vetustissimâ Translatione Syrâ v. 8.
vertit, Exsultatis, sed v. 6. gaudebitis.
Vatablus ad v. 6. notat, quod veteres praesenti
tempore, Exsultatis legant: ipse tamen futurum
posuit, Exsultabitis. Erasmo Apostolus videtur
abusus praesenti pro futuro. Et vulgatus in utroque versu 6. & 8.
futuro utitur, exsultabitis. Est scilicet
Apostoli nostri mens & propositum promissione & spe futuri
inenarrabilis gaudii eos consolari, qui hic pro christo Tristitiâ &
Tribulationibus variis affliguntur, quorum, ne animo cadant, capita
& corda erigit Expectatione salutis tempore novissimo revelandae,
& cum eadem Conjunctae Loetitiae inenarrabilis &
gloriosae.) welche in ihrer Herrlichkeit die
|| [10]
geistliche Freude dieses Lebens so weit übertrifft / als das gantze
Meer einige Tropffen / als die völlige Erndte die Erstlinge / und der volle
Sonnen-Glantz die Demmerunge oder Morgenröthe. In dem dort nichts denn Freude
ist / hier aber bleibet die Freude der Gläubigen / gleich einer Rosen mit den
Dornen vieler Schmach / Unehre / Verachtunge / und unzählicher Trübsalen
umgeben.
Da hat man die Seeligkeit in diesem Leben auf eine gantz andere Art; Man hat den
Schatz in irrdischen Gefässen / da (2. Cor. 4. v. 7.
8.) hat man allenthalben Trübsal. Ihr seyd eine kleine Zeit / (wo es
seyn soll) traurig in mancherley Anfechtungen / spricht Petrus. Es sind die
Kinder GOttes auf Erden traurig in mancherley Anfechtungen und Versuchungen /
die sie zur Rechten und Lincken von der Welt / dem Teuffel und ihrem eigenen
Fleische leyden müssen / ja sie werden (nach dem Beyspiel (Gen. 32. v. 28.) Israelis der mit GOtt und Menschen
gekämpffet / und geweinet (Hos. 12. v. 5.) hat /
und ist obgelegen) in hohen Anfechtungen von GOtt selbst hart angegriffen. Nu
hätten Sie es wol für eitel Freude zu halten wenn Sie in mancherley Anfechtunge
fallen / sie (Jac. 1, 2.) würden es auch allewege
würcklich für eitel Freude halten / und sagen mit David / es ist mir lieb / daß
du mich demüthigest: (Psal. 119. v. 71. & 18,
36.) Wenn du mich demüthigest so machest du mich groß: Wenn ihnen an
solcher Freudigkeit und Willigkeit des Geistes nicht des Fleisches Schwachheit
hinderlich wäre / davon Christus (Matth. 26. v.
14.) sagt: Der Geist ist willig / das Fleisch aber ist schwach. Welche
Schwachheit ihres Fleisches ihre Anfechtunge und Traurigkeit nicht geringe
sondern vielmehr grösser machet. Da düncket uns alle Züchtigunge wenn sie da ist
nicht Freude sondern Traurigkeit seyn: Aber darnach wird sie geben eine
friedsame (Hebr. 11. v. 12.) Frucht der
Gerechtigkeit denen / die dadurch geübet sind. In Ansehunge dessen sind auch die
Gläubige auf Erden als die (2. Cor. 6. v.
10.) Traurigen / und doch allezeit frölich. Gedultig sind sie in Trübsal
(Rom. 12. v. 12.) / frölich in Hoffnunge. So
seyd nu gedultig / lieben Brüder / bis auf die Zukunfft des HErrn. Siehe / ein
Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erden / und ist gedultig darüber
|| [11]
bis er empfahe den
Morgen-Regen und Abend-Regen: Seyd Ihr auch gedultig und stärcket eure Hertzen /
denn die Zukunfft(Jac. 5, 7.) des HErrn ist
nahe.
Die Frucht und der Nutze dieser Anfechtunge und Traurigkeit findet sich schon
hier. Auff daß Eure Glaube / sagt Petrus, rechtschaffen und viel köstlicher
erfunden werde denn das vergängliche Gold / das durchs Feuer bewähret wird. Das
Feuer verderbet das Gold nicht / sondern gibt ihm seinen rechten Glantz / Preiß
/ Lob und Ehre. Also läutert uns GOtt / und machet uns außerwählt in dem
Ofen(Jesai. 48. v. 10.) des Elendes. Da wird
der Glaube rechtschaffen probiret / und viel köstlicher als das vergängliche
Gold / er wird von den ihm noch anklebenden Schlacken und Schwachheiten / und
das Hertz von der Welt-Anhängigkeit immer mehr und mehr in diesem Feuer
gereiniget.
Da sehen wir auch / wenn wir den Glauben und die Gläubige in mancherley
Anfechtunge sehen / daß solche Traurigkeit und Trübsal nicht willkührlich /
sondern von GOtt uns zugeschicket sey. Das meynet der Heil. Apostel mit den
Worten / wenn es seyn soll. Das ist / so es GOttes Wille ist / wie er sich in
folgenden 3ten Cap. v. 17. erkläret / schreibend: Es ist besser / so es GOttes
Wille ist / daß ihr von Wohlthat wegen leydet / denn von Ubelthat wegen. Und am
Ende des 4ten Cap. welche da leyden nach GOttes willen / die sollen ihm ihre
Seelen befehlen als dem treuen Schöpffer in guten Wercken. Nicht heisset es /
ihr seyd traurig in mancherley Anfechtunge / wenn es euch gut deucht / sondern /
wenn es seyn soll / das ist (wie es der seel. Lutherus recht ausleget) wenn es
GOtt also schicket / daß du must herhalten / so nimm(Tom. 2. Jen. Ger. f. 324. B.) es an / und tröste dich der Seeligkeit
/ welche nicht zeitlich ist / sondern ewig. Wir müssen uns selbsten unser Creutz
nicht schnitzeln / sondern wo es seyn soll / nach GOttes Willen auf uns nehmen
und tragen / was uns GOttes Hand auflegt. Wie das Gold / Silber / und ander
Metal von der Hand des Goldschmiedes / und Schmeltzers in das Feuer ge
|| [12]
setzet wird / also läufft der Gläubige nicht
muthwillig in das Feuer der Trübsal / sondern wartet bis ihn GOttes Hand hinein
setzet.
Da soll es denn nicht lange währen / sondern nur eine kleine Zeit / wie allhier
der heil. Apostel redet. Wie der Goldschmidt am besten weiß / wie lange das Gold
und ander Metall im Feuer und Schmeltz-Tiegel stehen müsse / welches er so dann
nach einer kurtzen Frist wieder heraus nim̅t: Also weiß GOtt
besser denn am besten / wie lange seine Gläubige ausdauren können / und wie viel
Zeit zu ihrer Läuterunge und Prüfunge erfodert werde. Allewege ist und bleibet
die Zeit solcher Prüfunge eine kurtze Zeit / da reisset er sie heraus und machet
sie zu Ehren. Unsere Trübsaal die zeitlich und leicht ist / schaffet eine ewige
(2. Cor. 4. v. 17.) und über alle Maasse
wichtige Herrlichkeit uns die wir nicht sehen auf das Sichtbahre / sondern auf
das Unsichtbahre.
Lasset uns nun auch sehen / wie die Seeligkeit auf Erden / verborgen / im Himmel
aber / offenbahr sey. JEsum Christum / sagt der Apostel / habt ihr lieb / aber
nicht gesehen / und gläubet an ihn / wie wol ihr ihn nicht sehet. Hier wohnet
GOtt im Dunckeln. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel (1. Cor. 13. v. 12.) in einem dunckeln Wort. Der Glaube ist der Art /
daß er unsichtbahre / und die Dinge ergreiffet / die von den äusserlichen Sinnen
nicht ergriffen werden / als der nicht zweiffelt an dem (Hebr. 11. v. 1.) was man nicht siehet / wie man es
auch guten Theils an dem historischen Glauben findet / daß wir von dem was man
uns erzehlet / und wir selbst nicht gesehen noch gehöret haben / sagen: Ich
glaube es wol. Also bleibet es vielmehr mit dem seeligmachenden Glauben / wie
Petrus sagt / ihr gläubet nun an ihn / wiewol ihr ihn nicht sehet: Und mit der
unter vielen Anfechtungen und Traurigkeit / im Glauben verborgener Seeligkeit
(Joh. 20. v. 29.) / wie Christus sagt: Selig
sind / die nicht sehen / und doch gläuben. Wenn wir nun im Glauben erkennen und
verkündigen die Tugend des der uns beruffen hat von der Finsterniß zu (1. Pet. 2. v. 9.) seinen wunderbahren Licht / so
gewinnet diese Tugend und Herrlichkeit seiner Gnade unsere Liebe / und zeucht
dieselbe durch ihre magnetische Krafft an sich / daß wir solche Tugend und Gnade
/ einen solchen gnädigen GOtt und JEsum von Hertzen lieben / und daran unsere
Lust und Freude haben / wenn von uns
|| [13]
oder sonst jemande des Wille geschicht / der es so wol verdienet /
daß man ihm zu Dienste und Gefallen sey. Wie wir die Tugend-belobte Krieges-
oder Glaubens-Helde lieben und hochachten / ihnen Glück / Sieg und Wolfahrt
wünschen / ob wir Sie gleich nicht gesehen haben: Also sagt Petrus von dem / der
da heisset Wunderbahr / Rath / Krafft / Held: Ihr habt ihn nicht gesehen / und
habet ihn doch lieb.
So verborgen ist aber die Seligkeit des Wandels im schauen nach diesem Leben
nicht / sondern offenbahr und herrlich. Sie ist zubereitet / sagt unser Apostel
/ daß sie offenbahr werde zu der letzten Zeit / am letzten und jüngsten Tage /
wenn nun offenbahret wird JESUS CHRISTUS: Da wird der HERR ans Licht bringen was
verborgen ist / und den Rath der Hertzen offenbahren /(1. Cor. 4. v 5.) alsdenn wird einem jeglichen von GOTT Lob
wiederfahren. Da wird er geben Preyß und Ehre und unvergängliches(Rom. 2. v. 7.) Wesen denen die mit Gedult in
guten Wercken trachten nach dem ewigen Leben. Da werden wir ihn sehen wie er ist
/ und von Angesicht zu Angesicht / das ist / so genau / als wenn man jemand mit
seinen Augen siehet / und siehet ihn gar eben ins(1.
Joh. 3. v. 2.) Gesicht. Gar schön schreibet von der unterschiedenen
Art die Seligkeit hier und dort zu haben / der Apostel Paulus: Ihr seyd(1. Cor. 13. v. 12.) gestorben / und euer Leben
ist verborgen mit Christo in GOtt / wenn aber Christus euer Leben sich
offenbahren wird / dann(Col. 3. v. 3.) werdet
ihr auch offenbahr werden mit ihm in der Herrlichkeit. Und anders wo. Ich halte
es dafür / daß dieser Zeit Leyden nicht wehrt sey der Herrlichkeit / die an uns
soll offenbahret werden.(Rom. 8. v. 18.)
3. Die Ordnunge dieser Seligkeit und wie eine der anderen folge / und die
Seeligkeit im Trauen die erste / die aber im Schauen / die andere und letzte sey
/ zeiget unser Apostel mit den Worten: Ihr werdet das Ende eures Glaubens der
Seelen Seeligkeit davon bringen. Da kommt man aus dem Heiligen in das
Allerheiligste / aus dem Tugend-in den Ehren-Tempel / aus dem Trauen in das
Schauen / von dem Glauben als dem einigen Wege / zu dem Ende dieses Weges / zur
Seelen Seeligkeit. Es werden wol die Leiber der Gläubigen von dieser ewigen
Seeligkeit nicht ausgeschlossen / als welche
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zum ewigen Leben aufferwecket
werden. Aber doch wird die Seele dieser Seeligkeit erst und vor dem Leibe fähig
/ und ergeust sich die Seeligkeit von der Seele als dem vornehmsten
Menschen-Theile in die Leiber / und werden diese aus dem Staub und aus der
Schande ihrer Verwesunge herausgeführet werden / mit der Seelen vereiniget / und
samt derselben seelig seyn und bleiben in alle Ewigkeit.
Kömmt man nu zu dieser Seeligkeit nicht anders als durch den Glauben / und hat
der Glaube zu seinem einigen Grunde das Wort des Allmächtigen / wahrhafftigen
und gnädigen Gottes / so bleibts auch dabey / was die Wahrheit sagt / seelig
sind (Luc. 11. v. 28.) die GOttes Wort hören und
bewahren! und was in der Offenbahrunge Johannis gesagt ist. Seelig ist / der da
lieset / und die da hören die Worte der Weissagunge / und behalten was (Apoc. 1. v. 3.) darinne geschrieben ist. Und
abermal: Siehe / ich komme bald. (cap. 22. v.
7.) Seelig ist / der da hält die Worte der Weissagunge in diesem Buch.
Weil nach dieser Seeligkeit unsre Hochseeligste Hertzoginne mit allem Fleiß und
Ernst getrachtet hat / so muß Sie ohne Zweiffel jetzt angeführte Worte in der
Offenbahrunge Johannis auch wol erwogen haben / daß / ob es wol ein Buch ist /
das schwer zu verstehen ist / Sie sich doch dadurch von demselben und dessen
Lesunge nicht abhalten lassen / in Betracht daß wie dieses Buch ein
ungezweiffeltes Stück und Theil der H. Schrifft ist / also wir darinne das ewige
Leben zu finden und zu suchen haben / (Joh. 5. v.
39.) nach dem was Christus sagt: Suchet in der Schrifft / denn ihr
meynet / ihr habet das ewige Leben darinnen / und sie ists die von mir zeuget.
Das was die Hochseeligste in diesem Buche verstund / fand sie Göttlich / wahr /
heilig und erbaulich zu seyn / und konte also von dem was noch zur Zeit nicht
völlig verstanden würde / nicht anders urtheilen / als daß selbiges ohn allen
Zweiffel dergleichen seyn müste. Wie nu alle Schrifft (2. Tim. 3. v. 16. 17.) von GOtt eingegeben / und nutz zur Lehre ist /
zur Straffe / zur Besserunge / zur Züchtigunge in der Gerechtigkeit / auf das
ein Mensch GOttes vollkommen sey / zu allen guten Werck geschickt. Also
erbaueten sich der Hochseel. Hertzoginne Durchl. auch aus diesem Buche zur
Vollkommenheit / guten Wercken / Gottseeligen Wandel / einfolglich zur
Seeligkeit. Dessen denn auch der verlesene und von Deroselben ausgezeichneter
Text
|| [15]
ein Zeugnüß ist / zu
welches Textes Erklärunge wir uns wenden und mit Eu. Christl. L. daraus
betrachten wollen
Des Glaubens Ende der Seelen Seeligkeit.
HErr / regier zu allerzeit Unsern Wandel hie auf Erden / Daß wir solcher Seeligkeit Aus Genaden fähig werden! Amen! DAs unser Text rede und handele von der Seeligkeit / die des Glaubens Ende ist / oder von der ewigen Freude und Herrlichkeit / daran lässet uns nicht zweiffeln was vor demselben hergehet und hernach folget. Unmittelbar vor diesen Text spricht der HErr / es ist geschehen. Womit das Ende aller Dinge angezeiget wird / worauff diese Seeligkeit folget / von welcher ohnweit vor unsern Text gesagt ist: GOTT wird abwischen alle Thränen von ihren Augen / und der Tod wird nicht mehr seyn / noch Leyd noch Geschrey noch Schmertzen wird mehr seyn. Das ist aber die Seeligkeit im Schauen / die da frey ist von allem solchen Ubel. So gibts auch der so fort auf unsern Text folgender Gegensatz dieser Seeligkeit / daß keine andere als die ewige gemeynet sey: Von welchem Gegensatz / nemlich der ewigen Verdam̅nüß es also erschröcklich lautet: Den Verzagten aber und Ungläubigen / und Greulichen und Todtschlägern / und Hurern und Zauberern / und Abgöttischen und allen Lügnern / deren Theil wird seyn in dem Pfuhl der mit Feuer und Schwefel brennet / welches ist der ander Tod. Und ist diese Meynunge und Erklärunge von der zukünfftigen Seeligkeit unter den Außlegern / so viel mir derselben bekannt / (Vid. Thomas Brigtmannus in Apocalypsi >. cap. 21. Jose. Medus in clavi Apocalypt. Part. 2. synchron. 6. §. 3. Joh. Coccejus ad h. cap. Jacob. Brocardus, quem Matthias Hoë. Comment. in Apoc. 21. refellit. & novissimè J. E. Petersen Anleitunge zu gründlicher Verständnüß der H. Offenbahrunge. N. 13. unter der XI. special Rubrick.) eine ausgemachte Sache. Zwar einige
|| [16]
ziehen diesen unsern Text und die darinn beschriebene Seeligkeit in das von
ihnen als noch zukünfftig gegläubete 1000. jährige Reich. Wir aber können
solcher Meynunge keinen Beyfall geben / vielweniger für ein Stück des allein
seeligmachenden Glaubens halten / am wenigsten jemande aufzudringen uns
vermessen. Doch wollen wir sie der Christlichen Liebe und Friedfertigkeit zu
wider / nicht odieus exagitiren / vielweniger alle die verdammen / welche
sothane Meynunge gehabt / oder noch haben: In dem uns vielmehr die
Bescheidenheit des H. Hieronymi gar wol gefället: (Sanctus Hieronymus, pro eo quo erat ingenio austeriore,
& ferventissimo affectu, carnale millennium ceu fabulam judaicam
explosit, tàm vehementer ut nemo vehementius & acrius:
millenariosque perstrinxit, tanquam amatores occidentis Literae,
Judaizantes, judaeis manus tradentes, terrenarum in mille annis
desiderio voluptatum, quorum DEus venter est &c. vid. Tom. 4.
Comment. in Jesa. 30. 54. 59. & 65. in Ezech. 36. Dan. 7. & Tom.
5. Comment. in Jöelis 3. &c. qui tamen quàm gravis & rigidus est
in errorem chiliasticum, tàm est moderatus & aequus in errantes
chiliastas: Eâdem quippe paginâ, quâ errori huic, Amentiae &
Haereseos, uti Locis allegatis fabulae judaicae, dicam scribit, atrum
tamen Lapillum adjicere modestiae causâ veretur, ne, quam moderationis
suae causam affert, viros ecclesiasticos damnare videatur. Post
Captivitatem (scribit comment. in Jerem 19. pag.
m. 272. D. vid. simul. B.) quae sub Vespasiano
& Tito & postea accidit sub Hadriano usque ad consummationem
seculi, Ruinae Hierusalem permansurae sunt, quamquam sibi judaei auream
atque gemmatam Hierusalem restituendam putent, rursumque victimas &
sacrificia & conjugia sanctorum, & regnum in terris domini
Salvatoris; quae licet non sequamur, damnare tamen non possumus,
quia multi ecclesiasticorum virorum & martyres ista dixerunt, &
unusquisque in suo sensu abundet, & domini cuncta judicio reserventur.
Haec ille. Si tam severus, ne dicam importunus quandoque
Censor & Aristarchus, tantum de nativo suo rigore remittit, ut
crassum & judaicùm, jure meritoque Artic. 17. August. Confess. ex
Evangelicâ ecclesiâ eliminatum millennium exosculantes & damnare
nolit, & suo sensu abundare sinat, quanto magis, si non major,
parilis certè moderatio nos decet erga subtiliorem, quem vocant,
chiliasmum. Enimverò cum > aliquis sit (Apoc. 20.) quisquis ille sit,
summo studio, ut mihi quidem videtur, eniti illum oportet, cui
scripturae sacrae & divinae Prophetiae decus, studiumque modestiae
christiano, inprimis Theologo dignae, curae cordique est, quò omnis,
omnem sine discrimine chiliasmum sarcasticè insectando, Oracula Spiritus
Sancti naso adunco suspendendi Ansa, quam Empaectae avidissimè
arripiunt, impietati Cyclopicae praescindatur. Reserventur (hanc scilicet moderationem modestiamque S. Hieronymus nos
docet) quaecunque de futurâ Temporum >, Ecclesiae Halcyoniis, judaeorum conversione,
reliquisque ejusdem commatis, à nonnullis promittuntur, domini judicio,
nec scindatur dividaturve inconsutilis Tunica christi ob istiusmodi
>, quorum dissonantia, fidei consonantiam
nequaquam solvit. Quò etiam Edictum nostrum ducale Anno 1692. 2. Martii
publicatum, digitum intendere videtur, dum § 8. sancit, ut verbi divini
praecones à terreno chiliasino quà publicè quà privatim docendo
abstineant, eò quod hoc dogma & quae ei annexa sunt, in censum
Articulorum fidei non veniant.) Der / ob er wol dieser
Mey
|| [17]
nunge von
einem 1000. jährigen / und zwar jüdischen leiblichen Reiche sich seiner
Gewohnheit und Complexion nach / hin und wieder / gar hefftig widersetzet / doch
dennoch gar bedencklich an einem Orte also davon urtheilet: Ob wir schon solcher
Meynunge (daß Jerusalem wieder gebauet / daselbst wieder geopffert / und des
Heylandes Reich auff Erden angerichtet werden soll) nicht folgen noch Beyfall
geben / so können wir sie doch nicht verdammen / weil viel Kirchen-Lehrer und
Märtyrer solcher Lehre und Meynunge gewesen sind. Man lasse einem jeglichen
seine Gedancken / und überlasse alles dem Gerichte GOttes. So gelinde und
bescheidentlich urtheilet der liebe Kirchen-Vater von dieser ihm sonst sehr
verhasseten Lehre / um einiger Heil. Lehrer willen. Doch wie dem allen / die
Lehrer sind darinne eines / daß unser Text von der zukünfftigen Seeligkeit
handele.
An dieser Seeligkeit gibt uns unser Text zweyerley zu betrachten. 1. Den Geber
derselben / welcher der ist / der sich also hören läst: Ich bin das A und das O
der Anfang und das Ende. Daß das A oder Alpha, und das grosse O oder Omega, der
erst- und letzte Buchstabe sey in der Griegischen Sprache / in welcher das N.
Testament uhrsprünglich geschrieben ist / ist auch den Schülern bekannt. Und
damit es auch die verstehen könten / welche diese Sprache nicht verstehen / und
doch diese Schrifft in ihrer Mutter-Sprache lesen / so ist die Erklärunge hinzu
gethan / der Anfang und das
|| [18]
Ende. Und ist eben so viel als was beym Jesaia der HErr (Jes. 44, 6.) sagt: Ich bin der erste und bin der
letzte / und ausser mir ist kein GOtt. Und weil dieß die eigentliche
Beschreibunge des wahren / und ewigen GOttes ist / so wird auch wol dem /
welchem diese Beschreibunge zukömmt / das Definitum, und daß er der wahre und
ewige GOtt sey / nicht können genommen werden. Dieser aber ist JEsus von
Nazareth unser Heyland: wie aus (Apoc. 1. v.
17.) den Worten zu erkennen ist / ich bin der erste und der letzte / und
der Lebendige / ich war todt / und siehe / ich bin lebendig von Ewigkeit zu
Ewigkeit. Und diß ist wider die Socinianer / und alle die wol zu mercken /
welche des Sohns GOttes Wesen-gleiche und einerley Gottheit mit den Vater
leugnen. Er ist aber nach seiner göttlichen Herrlichkeit nicht in dem Verstande
der Anfang und das Ende / daß er einen Anfang genommen habe / und ein Ende
nehmen werde: Nein. Ehe denn die Berge worden / und die Erde / und die Welt
geschaffen (Ps. 90, 3.) worden / bist du GOtt von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Deine Jahre wären für und für / du hast vorhin die Erde
gegründet / und die Himmel sind deiner Hände Wercke / sie werden vergehen / aber
du bleibest / sie werden alle veralten wie ein Gewand / sie werden verwandelt
wie ein Kleid / wenn du sie verwandeln wirst / (Ps.
102. v. 25. 28.) du aber bleibest / wie du bist / und deine Jahre
nehmen kein Ende: Sondern er heisset und ist der Anfang und das Ende darum daß
alles was seinen Anfang und Ende hat / das hat durch und in ihm seinen Anfang
und Ende. Wenn man in Schulen und unter lauter Gelährten wäre / würde man es mit
diesen Schul-Worten geben: Der Sohn GOttes ist nicht Principium Principiatum,
nicht terminus terminatus, sondern principium principians & terminus
terminans universa.
So aber ist der HErr unser Heyland der Anfang und das Ende in Ansehunge aller
Wercke / nahmentlich der drey Haupt-Wercke / der Schöpffunge / der Erlösunge /
und der Heiligunge. Er ist der Anfang und das Ende der Schöpffunge / denn es ist
(Col. 1. v. 17.) alles durch ihn und zu ihm
geschaffen. Alle Geschöpffe haben ihren Anfang von ihm / und sind alle zu ihm
als ihrem Ende und Zweck gerichtet. Durch ihn und um seinet willen sind alle
Dinge. Was auch sein Ende nim̅t / das nim̅t sein
Ende (Hebr. 2. v. 10.) in ihm / und durch ihn. Von
ihm / durch ihn und in ihm sind (Rom. 11. v.
36.) alle Dinge / ihm sey Ehre in Ewigkeit! Amen! Er ist auch der
|| [19]
Anfang und das Ende der Erlösunge / der dies hohe
Werck alleine angefangen / und alleine vollendet. Und da er ist vollendet(Hebr. 5 v. 9.) / ist er worden allen die ihm
gehorsam sind / eine Uhrsache zur ewigen Seeligkeit. Darum sich dieser Titul und
Nahme wol schicket auff die allhier beschriebene Seeligkeit / welcher einiger
Erwerber und Geber / Anfang und Ende / Er / und ausser ihm niemand ist. So ist
er denn endlich der Anfang und das Ende der Heiligunge / der Anfänger und
Vollender unsers Glaubens.(Hebr. 12. v. 2.) GOtt
ists / der in euch würcket / beyde das Wollen und(Phil. 2. v. 13.) Vollbringen (den Anfang und das Ende unsrer
Heiligunge) nach seinem Wolgefallen. Aller unser Wercke / wo sie sollen in GOtt
gethan werden / Anfang und Ende muß Er seyn / daß sie aus ihm und dem Glauben an
ihn gehen / und zu ihm und auff(Col. 3. v. 17.)
seines Nahmens Ehre gerichtet seyn / und wir alles thun in dem Nahmen des HErrn
JEsu. Aus diesem Oceano und grossem(Syr. 40. v.
11.) Meer alles Guten muß alles herfliessen / und durchs Gebet geholet
werden / dahin muß alles durch die Dancksagunge wieder hinfliessen und geleitet
werden. Die aller vollkommenste Figur ist ein Circul / weil der letzte Punct der
Figur sich endiget in dem ersten / wo der Circul seinen Anfang genommen hat / da
nimmt er auch sein Ende. Unsere Seele muß sich in GOtt endigen / von dem sie
ihren ersten Uhrsprung und Anfang hat / soll sie vollkommen / und seelig / und
Christus der Seelen seyn / was er an und für sich und allen Dingen ist / das A
und das O / der Anfang und das Ende.
2. Unser Text gibt uns ferner zu betrachten die Güter derjenigen Seeligkeit / die
da ist des Glaubens Ende. Welche Güter sind Freude / Reichthum / Gnade und Ehre.
Diese Güter sind allemahl von der Natur und Bewandnüß / von welcher die
Seeligkeit ist. Ist es eine irrdische Seeligkeit / oder Glückseeligkeit der Welt
/ so sind die Güter derselben / irrdische Freude / irrdischer Reichthum /
irrdische Gnade und Ehre. Weil aber hier die Himmlische Seeligkeit beschrieben
wird / so sehen wir Him̅lische Güter. Und zwar erstlich die
Himmlische(Gen. 26. v. 19.) Freude in den
Worten: Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers
umsonst. Isaacs Knechte gruben im Grunde / und funden daselbst einen Brunn
lebendiges Wassers: Das ist / ein frisches im
|| [20]
merflissendes
Quell-Wasser / welches wegen seiner Bewegunge / die ein Zeichen des Lebens an
den Lebendigen ist / und in welcher es aus seiner Quelle hervor brodelt / oder
in seinen Ströhmen fliesset / lebendig genennet / und entgegen gesetzet wird dem
todten / das ist stillstehenden Wasser / als im todten Meer / in den Sumpffen /
Lachen / Seen und Teichen / welches gleich den todten Cörpern / unrein /
stinckend / voll Würme / und Ungezieffers ist. Wie nu das lebendige oder
fliessende Quell-Brunnen- und Fluß-Wasser in den warmen und dürren Morgenländern
sehr angenehm / und rar ist / also wird alles was der Seelen (Prov. 10. v. 11.) angenehm ist / damit in Heil.
Schrifft verglichen. Der Mund des Gerechten / die Lehre des Weisen / die Furcht
des (Prov. 13. v. 14.) HErrn: Allermeist aber der
HERR unser GOtt. Der nennet (Prov. 14 v. 27.) sich
die lebendige Quelle / sagend von den Gottlosen: Mich die lebendige Quelle
verlassen sie / und machen ihnen hie und da (Jer. 2,
13.) ausgehauene Brunnen / die doch Löchricht sind und kein Wasser
(Jer. 17. v. 13.) geben. Worüber auch der
Prophet klagt: Sie verlassen den HErrn / die Quelle des lebendigen Wassers. Der
HErr Christus hält von diesem lebendigen Wasser / welches Er selbst ist / und
von dem Brunn des Wassers das in das ewige Leben quillet / mit dem Samaritischen
Weibe / bey dem Jacobs-Brunnen / aus welchen diß Weib Wasser zu schöpffen kommen
/ und von (Joh. 4.) Christo gebeten war ihm zu
geben / ein gar schönes Hertzerquickendes Gespräch. GOtt ist der nach ihm
verlangenden Seelen / was einem durch eine hitzige Kranckheit dürre ausgesäugten
und nach einem Trunck schreyenden Patienten / das frische Quell-Wasser ist. Die
Geistlich-durstigen werden truncken / das ist vergnüglich (Ps. 36, 9.) geträncket und gelabet / von den
reichen Gütern seines Hauses / er träncket sie mit Wollust als mit einem Strohm
/ denn bey ihm ist die lebendige Quelle. Diese Tränckunge und Erquickunge seiner
Gläubigen fänget derselbige hier an / und vollendet sie dort in der Herrlichkeit
/ der da ist das A und das O / der Anfang und das Ende. Hier sind die Tropffen /
dort ist der volle Strohm: Der Brunne des lebendigen Wassers.
Dort / dort sind die edle Gaben / Da mein Hirt JEsus wird Mich ohn Ende laben.
|| [21]
Da dürstet und hungert die Außerwehlte nicht mehr / da sind alle(Apoc. 7. v. 17.) Thränen von ihren Augen
abgewischet / da leitet sie das Lam̅ zu dem lebendigen
Wasser-Brunne. Wie auch in unsern Texte von denen gesagt wird / daß ihnen Gott
zu trincken geben werde(>
dabo.) (damit die zukünfftige Freude anzudeuten) von dem Brunn des
lebendigen Wassers / von welchen kurtz vorher gesagt ist / daß GOtt alle Thränen
von ihren Augen abwischen werde. Diß ist der lautere Strohm des lebendigen
Wassers / und das ewige Leben / so in dem folgenden Capitel Johanni gezeiget
wird.(Apoc. 22 v. 1.)
Was beweget aber den / der da ist das A und O, uns solche Freude zu verheissen
und zu geben? Haben wir es etwann um ihn verdienet? Nein. Er gibts umsonst. Ich
/ sagt er / wil dem Durstigen geben von den Brunn des lebendigen Wassers
umsonst. >, wird sonst gedeutschet ohne Verdienst.
Wir(Rom. 3. v 24.) werden ohne Verdienst
(umsonst) gerecht: Und heisset diß(>) Wort eigentlich so viel als nach der Gabe / oder
aus Gnaden; denn das ewige Leben ist eine Gabe GOTTES in CHristo(Rom. 6. v. 23.) JEsu unserm Herrn. Denn aus
Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben / und dasselbige nicht aus euch /
GOttes(Eph. 2. v. 8 9.) Gabe ists / nicht
aus den Wercken: Auf daß sich nicht jemand rühme. Wolan! alle die ihr durstig
seyd / kommt her zum Wasser / und die ihr nicht Geld habt / kommet her / und
kauffet ohne(Jes. 55. v. 1.) Geld und umsonst /
beyde Wein und Milch. Und der Geist und die Braut sprechen / komm. Und wer es
höret / der spreche / komm. Und wen dürstet / der komme / und wer da will / der
nehme(Apoc. 22. v. 17.) das Wasser des
Lebens umsonst.
Diese unverdiente Seeligkeit und Freude ist das Ende des Glaubens / welcher
Glaube die Eigenschafft hat / daß er einen geistlichen Durst / oder Verlangen
nach Christo und nach der Freude in ihm / erwecket. Dem Durstigen / dem
Gläubig-Verlangenden wird diese Erquickunge und Labunge zugesagt. Seelig sind /
die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit(Matth. 5. v. 6.) / denn sie sollen satt werden. Ein solches Verlangen
erweckete der Glaube in dem David / als er sagte: Wie der Hirsch(Ps. 42.) schreyet nach frischen Wasser / so
schreyet meine Seele / O GOtt / zu dir. Meine Seele dürstet nach GOtt: nach dem
lebendigen GOtt (nach dem Brunn des Lebendigen Wassers) wenn werde ich dahin
kommen / daß ich GOttes Angesicht schaut?
|| [22]
Das andere Gut dieser Seeligkeit / ist der Himmlische Reichthum / die überaus
reiche Erbschafft des ewigen Lebens. Wer überwindet / der wird alles ererben /
sagt der / welcher ist A und O, der Anfang und das Ende. Das Wort alles zeichnet
hier / und in den vor unsern Text stehenden Worten / Ich mache alles neu / und
anderswo in der Schrifft / als da es heisset / die Liebe gläubet alles u. s. w.
nicht universalitatem absolutam, sed accommodam, das ist: Es bedeutet nicht alle
Dinge ohne Unterscheid / nicht Gold / Silber / und dergleichen vergängliche
Dinge / sondern alle die Sachen die hieher / das ist / zu der Seeligkeit und
Erbschafft des ewigen Lebens gehören. Weil die seelige Kinder GOttes ihren GOTT
auf die höchste und vollkommenste Art haben / so ist ihnen GOtt (1. Cor. 15. v. 28.) alles in allen. Und so die
Gläubige schon hier einiger Massen / wen̅ sie gleich arm sind /
doch dennoch mit Paulo sagen können / wir sind und beweisen uns / als die
nichtes inne haben und doch alles (2. Cor. 6. v.
10.) haben. Vielmehr haben sie dort in ihrem GOtt alles. Ein jeglicher
Uberwinder ist haeres ex asse, ein Universal- und völliger Erbe aller
Himmlischen Güter. In irrdischen Erbschafften ists schon so nicht / wenn der
Erbe auch nur einen einigen Mit-Erben hat / kan er sich nicht rühmen ein Erbe
aller Verlassenschafft zu seyn. Aber ein gläubiger Uberwinder / ob er gleich
viele millionen Mit-Erben der Gnade und Herrligkeit hat / so ererbt er doch so
wol / als ein jeglicher seiner Mit-Erben / das gantze corpus bonorum, die
gesamte Himmlische Güter. Gleich wie die Sonne allen Menschen auf Erden ein
solch allgemeines / daß ich so sage / Erbgut ist / daß einer so wol als der
andere gantz geneust / so viel diß Licht hier genossen und gebraucht werden mag:
Also wird die Sonne der Gerechtigkeit im ewigen Leben von einem jeglichen /
völlig genossen. Daß ist die Fruitio Dei intuitiva. Die Geniessunge GOttes in
der Anschauunge seines Angesichts / das ist / was der HErr saget. Wer überwindet
/ der soll alles ererben.
Ist dieser Himmlischer Reichthum eine Erbschafft / so wird er gewißlich mit
unsern Wercken nicht verdienet / sondern Christus das A und O hat diese
Erbschafft säuerlich verdienet und theuer erkauffet / und gibt sie aus Gnaden /
und umsonst denen die an ihn gläuben / gleich wie er auch die Freude ihnen /
also und von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst zu
|| [23]
trincken gibt. Diese
Erbschafft ist des Glaubens Ende. Wer überwindet / der soll alles ererben. Unser
Glaube ist der Sieg / der die Welt überwunden hat. Wir haben viele mächtige
Feinde / durch welche wir uns hindurch schlagen müssen / daß(1. Joh. 5. v. 4.) wir zu dieser Erbschafft kommen
/ die wir nicht erst mit unsern Waffen und streiten verdienen / sondern die
allbereit da ist / nur daß wir den guten Kampff des Glaubens kämpffen / und
ergreiffen(1. Tim. 6. v. 12.) das ewige
Leben. Ja wir besitzen schon im Glauben diese Erbschafft / denn wer an ihn
gläubet der hat schon hier das(1. Joh. 5. 11. 12.
13.) ewige Leben: Nur dieses ist der Unterscheid; Dort / da kein(Joh. 3. v. 16.) Feind / kein Streit ist /
besitzet man diese Himmlische Erbschafft ohne alle Sorge / und Gefahr: Hier
schaffet man mit Furcht(Phil. 2. v. 12.) und
Zittern / daß man seelig wird. Hier streiten noch die Feinde mit uns um diese
Erbschafft; überwinden wir die / so werden wir die Seeligkeit haben als des
Glaubens Ende in stoltzer Ruhe / ohne alle Gefahr und Anfechtunge. Also können
wir wol durch unsere Sicherheit um diese Erbschafft kommen / und derselben von
unsern Feinden beraubet werden / aber durch unsere Wachsamkeit sie nicht
verdienen. Israel zog durch die Wüsten zu seinem Erbtheil; Er müste zwar mit
verschiedenen Feinden kämpffen / aber er dürffte sich nicht rühmen / daß die
Feinde durch sein Schwerdt und Bogen vertrieben / und diese(Jos. 24. v. 12.) Erbschafft verdienet wäre. Doch
wer nicht streitet / und überwindet / kömmt zu dieser Erbschafft nicht. Die
Ungläubige und Heuchler sind / so zu sagen / nur Legatarii GOttes / und die /
welchen GOtt eines und das andere von seinen Gütern in dieser Welt
vermachet(Matth. 6. v. 2.) / daß sie mit den
Pharisäern ihren Lohn dahin haben / und mit den Murrenden im Weinberge hören
müssen: Nimm / was(Matt. 20. v. 14.) dein ist /
und gehe hin. Die Gläubigen aber sind Erben aller Him̅lischen
Güter. Abraham gab den Kindern / die er von den Kebsweibern(Gen. 25. v. 6.) hatte / Geschencke / und ließ sie
von seinem Sohn Isaac ziehen / aber dem Isaac gab er alle sein Gut. Da waren die
Kinder der Kebsweiber Legatarii, und ein feines Bild der Heuchler und
Ungläubigen / in dem sie Geschencke bekommen / und hinweg müssen: Da war Isaac
ein Universal-Erbe aller seiner väterlichen Güter / und ein schönes Bild der
rechtgläubigen Uberwinder des Fleisches und der Welt / von welchen das A und O
sagt: wer überwindet / der soll alles ererben.
Vors dritte kommt in diese von Christo und seinem Geiste verzeichnete
Specification der Himmlischen Güter / Gnade und
|| [24]
Ehre. Wenn Christus sagt: Ich
werde sein GOtt seyn / und er wird mein Sohn seyn. Die Gnade GOttes ist hier so
groß / daß sie unmüglich grösser seyn kan. (1. Joh. 3.
v. 1.) GOtt selbst sagt / der Gläubige soll mein Sohn seyn! Sehet /
welche eine Liebe hat uns der Vater erzeiget / daß wir GOttes Kinder sollen
heissen! GOTT und der Vater (Eph. 1, 5. 6.) unsers
HErrn JEsu Christi hat uns verordnet zur Kindschafft gegen ihm selbst durch
JEsum Christ nach dem Wolgefallen seines Willens zu Lob seiner herrlichen Gnade.
Ja wol seiner herrlichen Gnade! den die Ehre / welche wir von dieser Kindschafft
GOttes haben / da der HErr sagt: Ich werde sein GOtt seyn / und er wird mein
Sohn seyn / ist die höchste Herrligkeit / dazu ein Mensch gelangen kan. Düncket
euch das ein (1. Sam. 18 v. 23.) geringes seyn /
des Königs Schwieger-Sohn oder Eydam zu seyn? sagte David zu des Sauls
Hof-Dienern. O gegen die Ehre dieser Kindschafft GOttes ist jene Ehre Davids und
aller Käyser und Könige Kinder nichts zu rechnen. Da der Vater / nicht ein Saul
/ Tyrann / und sündlicher Mensch / sondern (Joh. 1. v.
12.) GOtt selbst ist / davon Johannes sagt: Wie viel ihn auffnahmen /
denen gab er Macht / die Praerogative und Ehre / (>)
GOttes Kinder zu werden.
Diese überschwengliche Gnade und hohe Ehre der Göttlichen Kindschafft ist
gegründet nicht in einer solchen blossen Adoption oder Arrogation, wie vorzeiten
bey den Römern gebräuchlich war / und wie derer Schatte und Aehnlichkeit noch zu
sehen ist / so offt ein wolhabender / Kinder- und Erbloser Mann ein Pflege-Kind
zu seinem Erbe annimmt / da eine feyrliche / gerichtliche / oder bloß
äusserliche Erklärunge des Willens gnug seyn mag / sondern sie ist gegründet in
der Gebuhrt / in der geistlichen Gebuhrt / in der Gebuhrt von GOtt / in der
Wiedergebuhrt. Ohne welcher Wiedergebuhrt nicht müglich ist GOttes Kind und ein
Erbe des ewigen Lebens zu werden. Es sey denn / daß jemand gebohren werde aus
dem Wasser und Geist / so kan er nicht in das (Joh. 3,
5.) Reich GOttes kommen. Wie nun der Grund dieser Göttlichen
Kindschafft die Wiedergebuhrt ist / also ist diese Kindschafft hinwieder der
Grund der vorbeschriebenen Erbschafft aller (Rom. 8. v.
17.) Himmlischen Güter: Denn / sind wir Kinder so sind wir
|| [25]
auch Erben / nemlich GOttes Erben / und Miterben
Christi ja diese Kindschafft ist der einige Grund aller unserer Seeligkeit im
Glauben und im Schauen. Wie denn auch dieß was(Jer.
31. v. 33.) der HErr hier und anderswo sagt / Ich werde sein GOtt seyn
/ und er wird mein Sohn seyn / die formula foederalis(Lev. 26. v. 12.) & Epitome novi foederis, oder das formular und
der kurtze(2. Cor. 6. v. 16.) Begriff ist des
neuen Gnaden-Bundes / welcher ist gleichsam dasjenige Bündelein des Lebens /
darinn uns GOtt alle Him̅lische Güter eingebunden hat. Dabey wir
wol acht zu geben haben auff die Possessiva, und die Wörtlein / sein / mein /
welche einen Besitz und Eigenthum andeuten: Da der HERR / wenn er sagt / ich
werde sein GOtt seyn / sich uns gantz zu eigen gibt / wie er denn dieses / ich
will sein GOtt seyn / sonderlich damit bewiesen / daß er sich und sein
Himmlischer Vater ihn uns geschencket hat / wie solte er uns mit ihm nicht alles
schencken? Hinwieder(Rom. 8.) auch / wenn er
sagt / er wird mein Sohn seyn / fodert er daß wir uns ihm mit allem was wir sind
und haben zu eigen geben. Denn es ist ein kräfftiges Glaubens und Liebes Wort /
mein HErr und mein GOTT! HErr mein Fels / meine(Joh.
20. v. 28.) Burg / mein Erretter / mein GOtt / mein Hort auff den
ich(Ps. 18, 3.) traue.
Ob nun wol der Anfang dieser hohen Gnade und Ehre allbereit hier gemachet wird /
und mit uns gemachet ist in der H. Tauffe; so wird sie doch in unsern Text
mitgerechnet zu der Seeligkeit die des Glaubens Ende ist: Indem der HErr / als
von zukünfftigen redet / ich werde (des der hier durstig ist / der hier
überwindet) sein GOtt seyn / und er wird mein Sohn seyn. Was er als das A hier
angefangen hat / das vollendet und machet er dort als das O, vollkommen. Hier
sind wir seine Kinder / und er unser GOtt / unter vieler Schwachheit und
Unvollkom̅enheit / dort aber in der allerherrlichsten
Vollkommenheit / da wir ihm gleich seyn werden. Hier ist er der Gläubigen GOtt /
und die Gläubige seine Kinder verborgener und fast unbekannter Weise / sehet /
welche eine Liebe hat uns der Vater erzeiget /(1. Joh.
3. v. 1.) daß wir GOttes Kinder sollen heissen; darum kennet euch die
Welt nicht / denn sie kennet ihn nicht. Dort ist er der
|| [26]
Gläubigen GOtt / und die
Gläubige seine Kinder / offendahrlich / dafür sie auch die Gottlosen erkennen
und für Angst des Geistes (Sap. 5, 3.) seufftzen
werden. Das ist der / welchen wir etwa für einen Spott hatten / und für ein
höhnisch Beyspiel. Wir Narren hielten sein Leben für unsinnig / und sein Ende
für eine Schande. Wie ist er nu gezehlet unter die Kinder GOttes / und sein Erbe
ist unter den Heiligen? Hier sind wir auch wol Kinder GOttes / aber so / daß wir
in steter Gefahr und Sorge sind / aus der Gnade der Kindschafft durch
herrschende Sünde zu fallen: Dort werden wir darinne mit den heiligen Engeln
befestiget seyn / und allezeit sehen das Angesicht unsers Vaters(Matth. 18 v. 10.) im Himmel. Da wird sichs ohn
alle Furcht / Gefahr / Streit und Widerwärtigkeit finden was der HErr sagt: ich
werde (Matt. 22. v. 32.) ihr GOtt seyn / sie
werden meine Kinder seyn. Da / da / ist er ein GOtt Abrahams / ein GOtt Isaac /
und ein GOtt Jacob. Er ist aber nicht ein GOtt der Todten / sondern der
Lebendigen. Da wird er den allhie Dürstigen zu trincken geben von dem Brunnen
des lebendigen Wassers / da werden die allhie Uberwindende alles ererben / da
wird er ihr GOtt und sie seine Söhne seyn.
Das was uns bißher unser JEsus geprediget hat von der jenigen Seeligkeit welche
des Glaubens Ende ist / die von ihm / als dem Anfänger und Vollender derselben /
geschencket wird / und in den herrl. Gütern der him̅lischen Freude
/ Erbschafft / Gnade und Ehre bestehet / da die Außerwehlten mit Freude und
Wollust erquicket / mit einer übereichen Erbschafft beglücket / und mit Gnade
und Ehre geschmücket werden; Das wirds auch wol seyn / was Salomo, zum wenigsten
vornemlich und (Prov. 3. v. 16.) hauptsächlich /
gemeynet hat / da er schrieb: Zu ihrer / der Weißheit / rechten Hand ist langes
(ewiges Wol-) Leben / zu ihrer Lincken / Reichthum und Ehre (so nicht mit (Vinari.) der Welt vergehet sondern in Ewigkeit
bleibet / welche herrliche Güter sie gleichsam mit beyden Händen ihren
Liebhabern austheilet) denn wie diese Weißheit nicht irrdisch / sondern
Himmlisch ist / welche Weißheit ist der Glaube der durch die Liebe thätig ist /
also ist auch solches thätigen und wahren Glau
|| [27]
bens Gnaden-Lohn und
Ende die Himmlische Seeligkeit / Him̅lisches und ewiges Leben /
Himmlischer und ewiger Reichthum(Matth. 6. v.
20.) und Schätze / die weder von Motten und Rost gefressen / noch von
den Dieben gestohlen werden / Himmlische und ewige Herrlichkeit der unverrückten
Kindschafft GOttes.
Die Welt hat auch eine vermeynte Seeligkeit / oder Glückseeligkeit / und einen
Gott / dem sie darum in Sünden dienet / welcher der Teuffel ist / der deswegen
auch der Gott dieser Welt(2. Cor. 4. v. 4.)
heisset / ja das irrdische Gut selbst / um des willen sie sich so offt und
gröblich versündiget / ist der Welt A und O, und monströse Dreyfaltigkeit.
Ambitiosus honos, & opes, & foeda voluptas. Haectria pro trino Numine mundus habet. Was ist es das man hier vor seinem Abgott hält? Die dreye: Ehre / Gut / und Wollust dieser Welt. Fehlet es jemand an diesen dreyen / so meynet man / ein solcher sey ohne Gott in dieser Welt. Ja fehlets nur an einem von diesen dreyen / so ist man doch nicht recht glückseelig in den Augen der Weltlinge. Da heisset es; Er ist zwar ein Wohlhabender Mann / aber wenig geachtet / was frage ich nach seinem Gelde? spricht der Welt- und Edelmann von einem Bauren-stoltzen und auff sein Gut pochenden Nabal, hat er Geld so lasse er ihm dafür dienen. Oder auch wol / er ist zwar ein grosser Mann / und in grossen Ehren / aber dabey fast ein Bettler / ich halte mich für glücklicher / sagt der Mammonist / der ich der zeitlichen Ehre weniger / aber des so viel mehr habe / womit man in der Welt alles ausrichten kan / um wes willen mir denn mancher Vornehmer gute Worte geben muß. Wie? wenn es nu weder an Reichthum noch Ehre mangelte / sondern nur an dem einem / an der Freude dieser Welt? Was nützet es ihm denn alles / sagt man / er wird seines Gutes nicht froh / weiß nicht zu leben / noch seiner Ehre und Güter sich zu bedienen zu seinen Wolleben. Hat aber einer dieses alles / und behält es biß in seinen Tod / so(Ps. 144. v. 25.) ruffet man aus: Wol dem / dem es also gehet! Aber weit gefehlet! das Wohl ist aus / das Weh ist angegangen / er nimmt nichtes im Sterben mit / und seine Herrlichkeit fähret ihm nicht(Psal. 49. v. 18.) nach. Wol dem vielmehr / des der HErr sein GOtt ist! dieß höchste Gut bleibet ihm / es bleibet in Ewigkeit dabey was der HErr sagt: Ich werde sein GOTT seyn / und er wird mein
|| [28]
(Apoc. 14 v. 13.) Sohn seyn. Seelig sind die
Todten die in dem HErrn sterben / von nunan / ja der Geist sagt / daß sie ruhen
von aller ihrer Arbeit / denn ihre Wercke folgen ihnen nach.
O laß dichs nicht irren / liebe Seele / ob einer reich wird / ob die Herrlichkeit
seines Hauses groß wird / denn er wird nichts in seinem Sterben mitnehmen / und
seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren / sondern er tröstet sich dieses
guten (Ps. 49, 17) Lebens / und preiset es wenn
einer nach guten Tagen trachtet. Siehe das ists was die Welt für ihre Seeligkeit
hält / Reichthum / die Herrlichkeit seines Hauses / gute Tage und Freude dieses
Lebens. Aber was hilfft es? es wehret nur eine kleine Zeit / und hilfft ja nicht
zur Seeligkeit. Was hilfft (Matt. 16. v. 26.) es?
was hilfft es dem Menschen wenn er die gantze Welt gewünne / und nehme Schaden
an seiner Seele? Was hilfft es? nichtes überall / wenn man dahin kömmt / wohin
der Käyser Severus Septimius kam / und wir alle kommen müssen / nemlich an die
Gräntze der Zeit und Ewigkeit / da dieser Käyser sagte / omnia fui, & nihil
mihi prodest. Ich war alles / und nützet mir nun nichts. Der König Salomo ist in
der zeitlichen Glückseeligkeit so hoch gestiegen / als einer in der Welt kommen
kan. Aber man lese sein Prediger-Buch von der Eitelkeit / man wird darinn eben
diß finden / omnia fui & nihil expedit. Warlich aus der verfluchten Erden
wächst die gesegnete Glückseligkeit nicht. Was uns glückseelig machen soll / muß
besser seyn als wir / das ist aber nicht die Erde / nicht die Welt / sondern
GOtt allein. Was uns seelig machen soll / das muß beständig und ewig seyn. Das
ist nicht die Erde / nicht die Welt / sondern GOtt. Die Welt vergehet mit ihrer
Lust / wer (1. Joh. 2. v. 17.) aber den Willen
GOttes thut der bleibet in Ewigkeit.
Zwar GOtt gönnet und gibt auch seinen Kindern dergleichen leibliche Güter
mannigmal in grossen Maaß. Aber sie halten dergleichen nicht für ihre Seeligkeit
/ sie freuen sich als freueten sie sich nicht / sie kauffen als besässen sie es
nicht / (1. Cor. 7. v. 13.) sie brauchen dieser
Welt daß sie derselben nicht mißbrauchen. Sie sind bey dem allen so gesinnet /
daß sie es so gar vor ihre Seeligkeit nicht halten / daß sie es vielmehr für
Dreck und Schaden achten gegen die überschwengliche Erkäntniß ihres HErrn JEsu /
auch wol haben möchten / daß sie GOtt mit we
|| [29]
niger Freude / Ehre und
Reichthum beladen hätte / solches alles auch gerne fahren lassen wollen / wo es
ihnen an GOttes Gnade und ihrer Seeligkeit hinderlich werden will. Sie dancken
zwar dem GOtt der Ordnunge / daß er ihnen diese Ehren-Stelle / diesen zeitlichen
Seegen / diese Freude gegeben hat / und bitten ihn / daß er ihnen helffe / alles
solches recht zu verwalten / und daß er sie darunter nicht in Versuchunge führe
/ sondern vielmehr von allem Ubel / so durch die Sünde zu allen diesen Gütern
und Ordnungen GOttes kommen ist / erlösen wolle. Aber wenn ihr alter Adam oder
sonst jemand unter dem Volcke seine Stimme erhebet / und ausruffet. O seelig
bist du! Antworten(Luc. 11. v. 28.) sie mit
Christo: Ja seelig sind die GOttes Wort hören und bewahren.
Wollen wir nun den Zweck / die ewige Seligkeit / erlangen / so müssen wir den Weg
und die Mittel dazu erwählen. GOttes Wort hören und bewahren / nach GOtt und
seiner Gerechtigkeit dürsten / die Welt und unser Fleisch überwinden und
betäuben / in Kindlichen Gehorsam vor GOtt wandeln / uns selbst verläugnen /
unser Creutz täglich auf uns nehmen / Christo / der da ist das A und O,
nachfolgen. Diß ist der Weg / den wir(Jes. 30. v.
21.) wandeln müssen / und sonst / weder zur Rechten noch Lincken.
Getrost setze / liebe Seele / deinen Fuß auf diesen Weg des Friedes / und gehe
immer und beständig fort / biß du das Ende erreichest. Jage nach dem Frieden
gegen jedermann und der Heiligunge(Hebr. 12. v.
14.) / ohne welcher wird niemand den HErrn sehen. Trachte(Rom. 2. v. 7.) mit Gedult in guten Wercken nach
dem ewigen Leben. Ringe darnach / daß du eingehest durch die enge Pforte / denn
die(Luc. 13. v. 24.) Pforte ist weit und der
Weg ist breit / der zur Verdammniß abführet(Matth. 7.
v. 13.) / und ihr sind viele die darauf wandeln / und der Weg ist
schmal der zum Leben führet / und wenig ist ihr / die ihn finden. Dencke nur
nicht / daß man sich allhier so breit machen / so herum tummeln kan / in
Augen-Lust / Fleisches-Lust / und hoffärtigen Leben / als auf dem breiten Wege
und unter der weiten Pforte geschicht. Dencke nicht / daß der Glaube / dessen
Ende die Seeligkeit ist / ein verflogener Gedancke / eine müßige Rede / eine
blosse äusserliche Solennität und Ceremonie, sondern ein thätiges / kräfftiges /
lebendiges und immer in guten beschäfftiges Werck GOttes sey. Da der Seelen
immer nach GOTT und seiner Gnade dürstet / da die Seele sich immer in den Kampff
wider die Sünde übet / und der Glaube der Sieg ist / so die Welt und
|| [30]
unser Fleisch überwindet / daß wir nicht ihren /
sondern GOttes Willen thun / da die Seele sich immerfort der Gnade und Ehre der
Kindschafft GOttes erinnert / und wandelt als GOttes Kind in der Liebe.
Dazu muntert sie ihr JEsus mit der vortrefflichen Verheissung der künfftigen
Herrlichkeit auch kräfftig auf. Ich wil dem Durstigen geben von dem Brunn des
lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet der soll alles ererben / und ich
werde sein GOtt seyn / und er wird mein Sohn seyn. Diese Seeligkeit ist eine der
stärckesten Bewegens-Ursachen / uns alles schändlichen Sünden-Dienstes zu
entschlagen. Solte ein Himmlischer Kron-Candidat, des Teuffels / der Welt und
der Sünden Sclave seyn? Solte er / wenn ihm dürstet nach Freuden-Wasser / aus
den stinckenden Pfützen der garstigen Welt / des schändlichen Fleisches trincken
/ da ihm der Brunn des lebendigen Wassers offen stehet? Solte ein Erbe GOttes
und aller seiner Himmlischen Güter nach Reichtum mit Sünden trachten / wodurch
er warhafftig arm / und ewig arm werden würde? Solte ein Kind GOttes mit den
Feinden seines Vaters anspannen und sich mit losen Stricken und Wagen-Seilen zu
sündigen verkoppeln? Wer seelig werden / und in das Himmelreich kommen wil /
soll oder darff der den Weg zur Höllen gehen? Nein. Wer den Himmel wil als sein
vorgestecktes Ziel / der strecke sich darnach. Der Himmel und die Himmlische
Seeligkeit sey sein Leit-Stern / darnach er seinen Lauff richtet / daß er nichts
vornehme oder lasse was ihm an dieser Seeligkeit hinderlich ist. Der Himmel und
die Himmlische Seeligkeit sey seiner Seelen Mittel-Punct / in welchem alle
Striche / alle Gedancken zusammen kommen. Der Himmel und die Himmlische
Seeligkeit sey sein einiges Augenwerck / sein Trost / seine Freude; daß er
sage:
Wer wil mir den Himmel rauben? Den mir schon GOttes Sohn Beygelegt im Glauben. (Phil. 3. v. 14.) und mit Paulo: Ich jage nach dem vorgesteckten Ziel / nach dem Kleinod / welches vorhält die Himmlische Beruffunge GOttes in Christo JEsu.
|| [31]
WIl man / was bißhero in Thesi gehandelt / ad Hypothesin bringen / und den
bißherigen Vortrag / Abhandelung / und gemeinen Gebrauch / als eine gemeine
Regul, auch exemplificiren: So sehe ein jeglicher wahrer Christ auf sich selbst
/ und da er sich in dem Stande des wahren Glaubens / des gläubigen Verlangens
nach GOtt / der gläubigen Uberwindunge / und des Kindlichen Gehorsams und
Wandels / vor seinem GOtt / und also auf dem rechten Wege zur ewigen Seeligkeit
befindet / so hat er an sich selbst ein Exempel dieser Regul, und die beste
Erklährunge unsers Textes. Wil denn E. Christl. L. auch ein Exempel an einen und
andern unserer Mit-Christen haben / so lasst uns vor dasmal auf unserer
Hoch-seeligsten Hertzogin Durchl. sehen / welche auch die Individual-Application
dieses Textes / und besondere Zueignunge (die die Seele des Glaubens / und der
gläubigen Seelen ist /) auf sich selbst gemachet / und diesen unsern Text also
aus der Heil. Schrifft Anno 1677. ausgeschrieben hat / daß sie unter dem Worte
Sohn / das Wort Tochter gesetzet: Und solcher gestalt der Anspruch Ihres
hertzlich-geliebten JESU / zu Ihrer noch viel hertzlicher geliebter Seelen /
dieser war: Ich bin das A und das O / der Anfang und das Ende / ich wil der
dürstigen ELISABETH JULIANEN geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst.
Wenn Sie überwindet / so wird Sie alles ererben / und ich werde Ihr GOtt seyn /
und Sie wird meine Tochter seyn.
Wir wollen / ehe wir diese vornehmste und allerköstlichste Güter der Seeligkeit /
die wir als das Beste aufs letzte versparen / an der Hochseel. beschauen / mit
wenigen zurück sehen auf die zwar geringere / aber doch auch wehrt-geschätzte
Gaben der Vater-Hand GOttes in diesem zeitlichen Leben. Man sagt ingemein von
einem dreyfachen Haupt-Glücke in diesem Leben / deren immer eines das andere
übertrifft. Wol gebohren / wol geheyrathet / wol gestorben. Das letzte unter
diesen dreyen gehöret zu den Gütern der Seeligkeit in der ersten Ordnunge: Die
beyde erste sind vom andern Rang / und gehören in dieß zeitliche Leben / nemlich
gebohren werden / und heyrathen. Hat es
|| [32]
aber der Hochseeligsten Hertzoginne wol an einem gemangelt? Von
einem Hohen / Fürst- und Königlichen / Stamme entsprossen seyn war eine wie
unverdiente also nicht geringe Glückseelig keit / bevorab da das hohe Hauß / der
Christlichen und Evangelischen Religion zugethan ist / und dieser
Fürsten-Tochter das in ihrer Erziehunge und Anführunge zu dem HErr JEsu und
seinem (Joh. 4. v. 29.) allein-seeligmachenden
Evangelio war / was jenes Samaritisches Weib ihren Landes-Leuten / zu welchen
sie sagte / kom̅t / sehet einen Menschen / ob er nicht Christus
sey? Aber an einen gleichfals Evangelischen Fürsten / einen Fürsten des uralten
höchstlöblichen Hauses Braunschweig und Lüneburg / einen regirenden Fürsten und
Hertzoge / einen hochverständigen Herrn / vermählet werden und mit demselben
eine fast acht und viertzig Jährige höchstvergnügte / höchst exemplarische /
höchstgesegnete Ehe besitzen / ist eine noch grössere Glückseeligkeit. Ich
dencke itzt an die Lea; da ihre Magd Silpa dem Jacob den andern Sohn gebahr /
sprach sie: Wol mir! denn mich werden seelig preisen die Töchter / und (Gen. 30. v. 13.) nennete den Sohn Asser, das ist
seelig. Solten die Töchter diese Altmutter Lea deswegen seelig preisen / daß sie
eine / nicht einmal natürliche / Mutter eines und des andern Sohns war: So mag
es uns so viel weniger befrembden / daß es GOtt seinen Gläubigen als einen
Seegen und Seeligkeit mit anrechnet / wenn er sie mit wolgerathenen Kindern
begabet / und eines Gottsfürchtenden Eheherrn gläubige Hauß-Ehre zu einem
fruchtbaren Weinstock / und seine Kinder machet wie die Oel-Zweige (Ps. 128. v. 3.) um seinen Tisch her. Unsers
gnädigsten Landes-Herrn Frau Gemahlinne Hochseeligen Andenckens / hat GOtt zu
einem solchen fruchtbaren Weinstock / und zu einer frölichen Kindermutter von
13. Fürstlichen Kindern / 13. Kindes-Kindern / und 4. Kindes-Kindes-Kindern
gemachet. Ihre Söhne / sagt Salomo (Prov. 31. v.
28.) von einem tugendsamen Weibe / kommen auff / und preisen sie
seelig. Die gantze Stadt meines Volcks weiß / daß du ein Tugendsam Weib bist /
hieß es von der Ruth / welche GOtt machte wie Rahel und Lea die beyde das Hauß
Israel gebauet haben; die GOtt fruchtbar machete / daß sie sehr gewachsen ist in
(cap. 4, 11.) Ephrata, und gepreiset zu
Bethlehem. Die gantze Stadt / das gantze Land meines Volckes / und gantz Europa
weiß / daß unsere Hochseeligste Landes-Mutter eine tugendsame Princesse und
Fürstinne gewesen: Die unter andern auch die Tugend der Danckbarkeit gegen GOtt
in dieser seiner Gabe nicht unbezeu
|| [33]
get gelassen / und wie Sie wüste / daß GOtt Ihr diesen
Fürstlichen Eh-Segen auf Ihre Rechnunge und Einnahme mit gesetzet; so erkan̅te Sie Ihre Obligation, und danckete Ihrem GOtt so hertzlich /
wenn Er Ihr Gebet vor Ihre Fürstl. Kinder gnädiglich erhörete / und es Ihnen wol
gehen ließ: Ach wie freudig danckete Sie für solche Ihre und der Ihrigen
Glückseeligkeit / und war gewißlich auch ein rechtes Glück / und eine Lust
anzusehen / und zu hören / wie die Hochseeligste als Mutter / Schwieger-Groß-
und Aelter Mutter mit der verbündlichsten Kindlichen Liebe / Ehr-Erbietunge /
Respect und Gehorsam / die Fürstliche Kinder aber mit Mütterlichen Segen / Trost
und Raht erfreuet würden. Der HErr bringe über Sie samt und sonders diesen(Syr. 3, 11) Segen / zu Ihrer aller zeitlicher und
ewiger Wohlfahrt!
Livia Drusilla lebete / mit ihrem Herrn und Gemahl dem Kayser Augusto, aufs
friedlichste ein und funfftzig Jahr. Sie hatte sich bey ihm höchst beliebt
gemachet durch ihre Keuschheit /(Sandrart Teutsche
Aacad. 2 haupt T. von den 12. ersten Röm. K. p. 27.) Gehorsam / und
sonderbare Klugheit. Als man einsten fragte / wie sie des Käysers Hertz gewonnen
hätte? gab sie zur Antwort: Damit; daß ich alles gerne gethan / was er befohlen
/ nach seinen geheimen Sachen nicht geforschet / und etliche seiner Gebrechen
nicht geachtet / sondern verduldet. In der Officin des Heil. Geistes finden wir
viel schönere Tugend-Bilder ehelicher Liebe und Gehorsams auffgehänget / daran
sich unsere Hochseeligste liebe Landes-Mutter delectiret / und denselben
geähnlichet hat. Nemlich die Beyspiele der heiligen Weiber / die mit gar vielen
und vortrefflichen Tugenden geschmücket und ihren Männern unterthan waren /
wie(1. Pet. 3. v. 5.) Sara Abraham gehorsam
war / und hieß ihn Herr. Die Hochseeligste nannte Ihren hertzgeliebten
Ehe-Gemahl / nicht pro forma, aus blosser Gewohnheit / nicht mit einem leeren
Compliment, und mit dem Munde allein / Ihren Herrn / sondern in der That und
Wahrheit; mit welchem Ihren Gehorsam / Liebe / und andern Christ-Fürstlichen
Qualitäten / Sie eine so hertzliche Gegenliebe gewonnen / daß diese
Fürst-Eheliche Liebe immer in ihrer ersten Blüte unverwelcket / und in
unverrückter Auffrichtigkeit und Inbrünstigkeit verblieben / daß man zu beyden
Seiten nur auff das bedacht war / und das mit allem ersinnlichen Fleiß zu Wercke
richtete / womit man einander erfreuen /
|| [34]
und einige Wolgefälligkeit
erweisen könte. Hier war ein höchstangenehmer Liebes-Streit / hier war recht ein
Hertz und eine Seele! ein wollen und nicht wollen. Ihr Töchter preiset diese
Guelphische Sara und Landes-Mutter seelig in Ihrer höchst-beglückten
Fürsten-Ehe! nicht darum daß es an Creutz und Trübsalen gemangelt / ohne welchen
dieselbe nicht wäre warhafftig und völlig glückseelig gewesen / weil der seelig
gepriesen wird der Anfechtunge (Jac. 1, 12.) hat
und erduldet; sondern weil alles dies Weh in der Ehe mit dem versüsset ist / daß
diese Hoch-Fürstliche Ehe-Leute alles Ihr Weh und Wohl miteinander gemein / den
Christ-Fürstlichen Ehe-Segen reichlich gehabt / und sich so hertzlich geliebet
haben / daß es GOtt und Menschen wol gefallen.
Alles dieses / so groß und Lob-würdig es auch immer ist / ist doch gering gegen
die Seeligkeit zu rechnen / die den Christen als Christen und Kindern GOttes
gegeben wird. Von welcher der HErr Christus in unserm Text redet / und auff dem
Berge seine Predigt anhebet; sagend: Seelig sind / die geistlich (Matth. 5.) arm sind / denn das Himmelreich ist Ihr.
u. s. w. Erleuchtete Augen haben gesehen und wahrgenommen / daß unsere
Hochseelige Hertzoginne / in dieser geistlichen Armuth / Demuth / Verleugnung
Ihrer selbst / Verschmähunge der Welt / Erkäntnüsse Ihrer Unwürdigkeit / und
Göttlicher Güte / von Tage zu Tage zugenommen. So hat denn auch gewißlich der
treue GOtt seine Verheissunge / das Himmelreich ist Ihr / nunmehro gäntzlich an
diese seine elende Magd erfüllet. Seelig / spricht der HErr / sind die
Leidtragende / denn die sollen getröstet werden. O GOTT vor dir ist allezeit
dieser deiner Dienerinne Begierde gewesen / und Ihr bußfertiges Seufftzen / und
Leydwesen über Ihre Schwachheiten und Gebrechen / ist dir nicht verborgen /
welches sie vor deinem Angesicht mit den allerbeweglichsten Zeichen und Thränen
so offt bezeuget hat: Da Ihre Seele wie ein dürres Erdreich lechtzete und
schmachtete (Jes. 38. v. 17.) nach deinem Trost /
da Ihr um deinen Trost sehr bange würde / und du dich Ihrer Seelen hertzlich
annahmest / daß Sie nicht verdürbe / und würffest alle Ihre Sünde hinter dich
zurücke. Da Ihr alles / alles / bitter / deine Gnade und Barmhertzigkeit alleine
süsse war / und Sie schmeckete / wie freundlich du / HErr / bist den Selen / die
nach dir fragen. Ich weiß / was ich
|| [35]
hier vor GOtt rede / und zeuge / was ich vor GOtt gehöret und
gesehen habe. Seelig sind / die da hungert und durstet nach der Gerechtigkeit /
denn sie sollen satt werden. Ein herrliches Ende des Glaubens und Gläubigen
Verlangens ist die Seeligkeit der Sättigunge mit den himmlischen Manna. Ich will
schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit / ich will satt werden(Ps. 17. v. 15.) wenn ich erwache nach deinem
Bilde. So hat demnach die Hochseelige Hertzogin Recht gehabt / Ihr die Worte des
HErrn JEsu zuzueigenen / ich will dem Dürstigen geben von dem Brunn des
lebendigen Wassers. Und Sie als eine Geistlich-durstige / Geistlich-arme / und
Leydtragende wird nu mit ewiger Freude erquicket.
Auch wird die Hochseeligste mit dem himmlischen Reichthum und mit der Erbschafft
aller him̅lischen Güter beglücket / weil Sie überwunden hat das
Böse mit Guten in Sanfftmuth / und aller Unreinigkeit widerstanden mit Zucht und
Keuschheit. O seelig sind die Sanfftmüthigen / denn sie sollen das Erdreich
besitzen; davon Sie Ihr Theil in Ruhe besessen / und mit diesem Ihren Theil wol
zu frieden gewesen ist; Ihr Wandel war ohne Geitz / und Sie ließ sich begnügen
an dem das da war / weil Sie wuste / was der HErr gesagt hat / ich will dich
nicht verlassen noch versäumen / also daß sie dürffte und pflegte zu sagen / der
HErr ist mein Helffer / und will mich nicht fürchten(Heb. 13. v. 5.) / was solte mir ein Mensch thun? Seelig sind / die
reines Hertzens sind / denn sie werden GOTT schauen. Ihr(Prov. 31 v. 25.) Schmuck war / daß Sie reinlich
nnd fleißig war. Sie war so eine grosse Feindinne aller Leichtfertigkeit / als
Freundinne der Keuschheit und Ehrbarkeit. GOtt reinigte Ihr Hertz durch den
Glauben von allen herrschenden Begierden des Fleisches und der verderbten Natur
/ daß Ihre Seele in GOTT stille / und Sie in allen gelassen war / daß man solche
Gelassenheit in den grössesten Anfechtungen mit höchster Verwunderunge und
Seelen-Erbauunge wahrgenommen. Ihres reinen Hertzens Schmuck war / daß Sie auff
GOTT hoffete. Ein jeglicher(1. Joh. 3. v. 3.)
der solche Hoffnunge zu ihm hat / der reiniget sich / gleich wie er auch rein
ist. Meine Hoffnung stehet auff GOtt. War Ihr Fürstl. Wahl-Spruch nebst dem
Sinnbild des Anckers / welchen der Heilige Geist selbst dazu erwehlet und
beliebet hat / wenn
|| [36]
er uns
vermahnen lässet / daß wir halten sollen an der angebotenen (Hebr. 6. v. 19.) Hoffnung / welche wir haben als
einen sichern und festen Ancker unserer Seelen.
Meine Hoffnung ist auff GOtt gericht / Ich weiß / Er läst mich nimmer nicht. Dies ist der Schluß-Reim der Gesetze des Liedes / Mein Hertze schwinget die Glaubens-Flügel / welches unter andern die Gottseelige Hertzoginne unter Ihrer Fürstlichen Arbeit / und sonst / offt zu singen gewohnet war. Nu diese Hoffnunge könt Sie nicht lassen zu schanden werden. Der HERR ist mein (Thren. 3. v. 24.) Theil / sprach Ihre Seele / darum will ich auff Ihn hoffen / das weiß ich gewiß / war Ihr gewöhnliches Wort bey aller Gelegenheit / da von der Güte des HErrn und seiner Hülffe geredet wurde. O wie herrlich war auch Ihre Seele geschmücket mit der hohen Gnade und Ehre der Göttlichen Kindschafft. CHristus sagt / Seelig sind die Friedfertigen / denn sie werden GOttes Kinder heissen. Seelig sind die Barmhertzigen / denn sie werden Barmhertzigkeit erlangen. Hier kom̅en wir auff ein weites Feld die Göttliche Kindschafft / Gnade und Barmhertzigkeit / als einen versprochenen Gnaden-Lohn der Friedfertigkeit und der Barmhertzigkeit gegen den Nechsten / zu rühmen / auf welchen wir doch itzo einen kleinen Raum / geliebter Kürtze halber nehmen wollen. Man findet in dem Calender unter andern Heiligen / eine Königliche Printzeße aus Ungern / Ludwigs eines Land-Grafen von Hessen Gemahlinne / Namens ELISABETH, von der gar viel gutes gerühmet wird / daß Sie an die Armen gethan und gewandt hat. Darum auch zu Ihrem Nachruhm und Ehren / der Text in den Sprüchen Salomonis (vid. Valer. Herbergeri 2. Th. der Hertz-Po stille. p. 486. seqq) am 31. Cap. von 10. vers an biß zu Ende / auf Ihren Todes- und Gedächtnüß-Tag gelegt / und vor Zeiten erklähret ist. Wer den Text lieset / der wird an unserer Hoch-seligen Hertzoginne über diesen ELISABETHEN-Text (wenig Stücke die auff Ihren Stand und unser Land sich eben nicht schicken / ausgenommen) einen völligen Commentarium finden: Da es unter andern vom tugendsamen Frauen-Zimmer also lautet: Sie breitet Ihre Hände aus zu den Armen / und reichet
|| [37]
Ihre Hände aus zu den Armen /
und reichet Ihre Hand den Dürfftigen / Sie machet Ihr selbst Decke / weisse
Seiden / und Purpur ist Ihr Kleid. Von der Tabea, welches verdolmetschet ist
eine Rehe / wird gerühmet / daß sie voll guter Wercke und Allmosen gewesen
/(Act. 9. v. 36.) die sie gethan / und daß
alle Wittwen / da sie gestorben ist / hinzugetreten seyn / geweinet / und Petro
die Röcke und die Kleider gezeiget haben / welche die Rehe machete / weil sie
bey ihnen war. Tretet herzu ihr armen Wittwen / Waisen / Verlassene / Elende /
und Krancke! Weinet über unsere Durchlauchtigste Tabea, die lieblich war wie
eine Hinde / und holdseelig wie ein Rehe / die voll guter(Prov. 5. v. 19.) Wercke und Allmosen war. Zeiget
an / was sie euch an Gelde / Speisen / Kleidern / Artzeneyen und dergleichen /
gegeben und gethan hat. Und du Braunschweig- und Wolffenbüttlisches Fürsten-Hauß
/ du Fürstl. Lust- und Garten-Hauß Saltzdalem / preiset es der posterität und
späten Nachwelt an zum unsterblichen Nachruhm dieser Euer Durchlauchtigsten
Tabeae, wie sie euch mit eigener Fürstlicher / mit Ihres Adelichen und gesamten
Frauen-Zimmers Hand gezieret / und bey euch Ihr Brod nicht mit Faulheit / und
Ihren Bissen nicht allein gegessen habe / sondern(Hiob. 31. v. 17.) die Waisen / Wittwen / Armen / Krancken und Elende
auch davon ihr Theil gehabt! Wol dem der sich des Dürfftigen annimmt / den wird
der HErr erretten zur bösen Zeit! Der HErr(Ps. 41, 2.
seqq.) wird ihn bewahren / und beym Leben erhalten / und ihm lassen
wohl gehen auff Erden / und nicht geben in seiner Feinde Hände. Der HErr wird
ihn erquicken auff seinen Siech-Bette / du hilffest ihm von aller seiner
Kranckheit. Nu die Verheissunge hat der warhafftige GOtt auch an dieser seiner
Dienerinne erfüllet / und Ihr von aller Kranckheit / Gebrechlichkeit / und von
allem Ubel geholffen zu seinem Himmlischen Reiche und ewiger Seeligkeit. Nach
welchem Glaubens Ende Sie sich hertzlich gesehnet / so offt Sie aus dem Munde
Ihres JEsu andächtig gebetet und geseufftzet hat / zukomme dein Reich! Erlöse
uns von allem Ubel! und so offt Sie unter Ihrer Fürstlichen Arbeit zu singen
pflegte:
|| [38]
O wie seelig seyd ihr doch ihr Frommen / Die ihr durch den Tod zu GOtt gekommen. Ihr seyd entgangen Aller Noth / die uns noch hält gefangen. Aus dieser Seeligkeit / und dem Glauben / dessen Ende Sie ist / fliessen gantze Ströhme der Göttlichen Tröstunge auf alle hochbekümmerte Seelen. Nahmentlich auff den höchstbetrübten Hoch-Fürstlichen Herrn Wittwer / unsern gnädigsten Landes-Vater. Ihro Durchl. erkennen nach Dero Christ-Fürstlichen Erleuchtunge / daß GOtt Deroselben ein theures Liebes-Pfand / eine treue / Gottseelige / liebreiche und kluge Gemahlinne geschencket / oder vielmehr geliehen / und eine so geraume Zeit gelassen habe / daß wenn Sie die Freyheit gehabt hätten der Zeit wegen mit dem zu tractiren / der Sie / biß Sie der Tod scheidet / verbunden hat / Sie vielleicht so viele Jahre zu fodern sich nicht unterwunden hätten / als derselbe / wie es nunmehro vor Augen ist / Ihrer Fürstlichen Ehe bestimmet hatte. Sie erkennen / daß der HErr dieses theure Liebes-Pfand gegeben habe / und erkennen es mit Kindlicher Dancksagunge / warum nicht auch mit Christ-Fürstlicher Gelassenheit und mit Preisunge seines Namens / da er es nu wieder zu sich genommen hat? Sie erkennen Dero Frau Gemahlinne Seeligkeit / und Ruhe Ihrer Seelen in GOttes Hand; Wie hertzlich Sie derselben / nach Ihrer Welt-bekan̅t- und gepriesenen Fürstl. Holdseligkeit und Liebe / die leibliche Ruhe und alle Vergnüglichkeit gegönnet: Ey so hertzlich werden Sie gewißlich derselben die himmlische Ruhe und Seeligkeit gönnen: Und Ihrer liebreichesten Gewohnheit nach der Hochseeligsten Frau Gemahlinne Wohlfahrt und Seeligkeit / Ihrer eigenen Commodität und Consolation vorziehen. GOtt und seines (1. Reg. 8. v. 57.) Geistes Trost sey mit Ihro Durchl. wie Er gewesen ist mit Dero Frau Gemahlinne / er verlasse Sie nicht / und ziehe seine Hand (Ps. 20, 7.) nicht ab! sondern er helffe seinem Gesalbten / und erhöre ihn in seinem H. Himmel / seine rechte Hand helffe ihm gewaltiglich! Auff Sie / unserer in GOtt ruhenden Hertzoginne nachgelassene Herrn Söhne und Dero Frauen Gemahlinnen / auch Sie / Hoch-Fürstliche Frauen Töchter / und Ihre respectivè Herrn und Gemahle / auff alle Hoch-Fürstliche Kinder biß ins dritte Glied / fleust aus der Quelle der Seeligkeit dieser Trost reichlich: Daß Sie sich rühmen können / eine Höchst-Tugendbegabte / Gott- und ewig seelige respectivè Frau Mutter / Schwie
|| [39]
ger-Groß- und Aelter Frau Mutter gehabt zu haben. Was sage
ich gehabt zu haben. Zu haben / soll ich sagen / denn
Sie hat getragen Christi Joch / Ist gestorben / und lebet noch. Sie haben Sie in Ihrem Leben allerseits Kindlich verehret / Sie erklären und lassen sich auch noch vernehmen / Sie wollen Ihre Asche verehren / so lange ein Odem in Ihnen ist: Ey ehren Sie Ihre höchst wehrte Frau Mutter auch mit Kindlicher Nachfolge Ihrer Gedult / Gelassenheit / und gesamter Gottseeligkeit. Sie hängen dieß Tugend-Bild nicht allein in Ihren Cabineten und Fürstlichen Gemächern / sondern allermeist in Ihren Hertzen auff. Daß Ihre Gottseelige Eunike und Lois immer vor Ihren Augen / und nach Ihrem Exempel JEsus in Ihren Hertzen sey. Sie / sämtliche hohe Anverwandten / haben gleichfals hier exemplum virtutis domesticum, ein allerschönstes Tugend-Bild Ihrer hohen Familie, und den herrlichen Trost und Ruhm / das diese Hochseelige / Hochverständige / Hoch-Tugendbegabte Princesse sey ein Glied und eine Zierde Ihrer hohen Freundschafft. War Sie nicht eine Fürstinne /(Jes. 32, 8) die Fürstliche Gedancken hatte? War Sie nicht eine Fürstinne(Prov. 8. v. 6.) die da redete was Fürstlich war? War Sie nicht eine Fürstinne / die in der That bewieß zu seyn / was so lange der Kirchen Christi verheissen war / (Mirabitur quispiam, quod Sola nostra Lutherana Biblia, ab ipsis fontibus, in quibus faemininum, legitur, nec non à celebrioribus versionibus abeuntia, habeant masculinum die Fürsten / cùm modò indigitatam & à Sp. Sancto adhibitam Vocem, graeca LXXViralis per >, Latina vulgata per > Reginae, aliae per > principes foeminae, aut per similia sequioris sexus Vocabula exprimant. Quaedam hîc Oscitantia, aut Luthero, aut posteris Typographisque erit imputanda, vel excusanda & defendenda ipsa megalandri Translatio. Postremum placuit Theodorico Hackspanio in Philologico-Theologicis Notis ad h. l. Cujus & haec pro masculino, ihre Fürsten / consideratio & ratio est: quod in ipsis quoque fontibus, nedum versionibus, sexus permutatio citra omne discrimen & perversionem sensus, in metaphorico sermone, aliquando occurrat. V. C. Jes. 52. v. 7. vocatur ille, qui Evangelium annuntiat, masculino genere, praedicator: at Psal. 68. v. 12. Tales praedicatores faeminino genere praedicatrices vocantur. h. j. Ita quoque (ut & nostram Symbolam adjiciamus) praedicatricem seu concionatricem significat, & tamen à Graecis, Latinis, & Theutonicis interpretibus masculino genere redditur, >, Ecclesiastes, der Prediger Salomo. In hoc, fateor, dispar ratio est, quod significatus masculinus > è verbo masculino non obscurè cognoscatur, quale verbum isthic, Jes. 49. v. 23. non est reperire. Attamen in hoc alteri cum altero convenit, quod utrumque foeminini generis vocabulum virili significatu gaudeat, faciatque pro defendendo, aut excusando saltem B. Luthero, ne Oscitantiae, multò minùs criminis falsi reus vapulet. Verùm enimverò, non interpretis versio excusanda, sed posterorum & typographorum Oscitantia & incuria accusanda videtur, quibus in exscribendo Fürsten pro Fürstinnen id usu venisse probabile est, quod vulgò dicitur, oscitante uno oscitat & alter, ita ut mendum hoc typographicum, postquam semel in Biblia nostra germanica irrepsit, quasiper Traducem, in aliaex aliis sit propagatum ac transfusum; qualia > D. Joh. Dieckmann / non pauca, & in illis etiam hoc nostrum, observavit, atque è suis, h. e solerti sua operâ, Stadae anno 1698. editis, Bibliis obelo admodum laudabili expunxit, & genuinam versioni primaevae conformem lectionem, uti alibi, ita & hîc restituit, ihre Fürstinnen sollen deine Säug-Ammen seyn. Militat primùm praesumptio pro interprete fideli, circumspecto, fontium versioniumque gnaro, quod in uno etiam jota aut minimo apice noluerit ne latum quidem unguem à mente sp. sancti recedere, qui non sine, sed gravi utique de causa foeminino post masculinum h. e. Reges, adeoque utroque genere uti videtur, ut ostendat scilicet, quod viris, illud etiam foeminis principibus hîc incumbere, ubi non est masculus neque foemina Gal. 3. v. 28. Deinde, D. Abraham Calovius testatur in Bibliis illustratis, sibi ad manum, tum cùm haec scriberet, fuisse exemplar megalandri, anno 1532. Wittenbergae per Johannem Lufft editum, in quo extet foemininum ihre Fürstinnen. Ubi Tempus hujus editionis probè notandum est, quoniam Lutherana Prophetarum versio vernacula anno 1530. primùm & integra denique Biblia hujus versionis Anno 1534. in lucem prodiere. vid. Arnol. K und K. H. lib. 16. c. 9. §. 14. Accedit his tertiò ea translatio B. Lutheri, quae extra omnem dubitationis & contradictionis aleam posita Tom. I. Jen. Germ. f. 473. b. reperitur, Könige werden deine Ernehrer seyn / und Königinne deine Ammen. Nec non 4tò D. Waltheri observatio, quam habet in centu: miscell. Theolog. Epist. 32. subfinem, quod loca illa, in quibus Lutherus Paulò longius à fontibus recedere visus est, à Johanne Förstero, Augustano, Lexicographo annotata & excusata sint, in qnorum numero praesens noster non inveniatur. Quamobrem vero per quam simile est, in prima Bibliorum Versione B. Lutherum reddidisse, ihre Fürstinnen. Ast ponamus humani quid B. virum hîc passum esse, errare enim humanum est, quid tum? Si quandoque bonus dormitet Homerus, nunquid nobis proptereà Nox est perpetuò una dormienda? rectè Matthesius, quem D. Michael Walther l. c. allegat, judicavit: Si unica liceret versione niti, quid opus esset posthac Linguam hebraeam discere? Rem verbo. Major habenda est ratio veritatis & sacrorum fontium, quàm ullius versionis, & optandum, ut sicut in praedictis Stadensibus, ita quoque in omnibus & singulis Bibliorum vernaculorum codicibus inposterum legatur, ihre Fürstinnen werden deine Säug-Ammen seyn.) Fürstinnen werden deine Säugammen(Jes. 49. v. 23.) seyn? Sie war warlich eine Fürstinne die Ihre von GOtt
|| [40]
verliehene Autorität mit
wunders-würdiger Holdseeligkeit Christ-Fürstlicher Demuth und Sanfftmuth so zu
temperiren wuste / daß sie GOtt gefällig / und den Menschen wehrt war. Der Vater
der Barmhertzigkeit und GOtt alles Trostes sey mit Ihnen allerseits / und neige
Ihre Hertzen zu ihm / daß Sie auch in allen seinen wegen wandeln!
Es ergeust sich / aus diesem Brunnen der Seelen Seeligkeit / das Trost-Wasser
auff alle treue Diener und Dienerinne der gnädigsten Herrschafft (bevorab der
Hochseeligsten Hertzoginne) und auff alle Unterthanen im Lande. Die nu sehen und
erfahren / daß GOTT Ihr Gebeth erhöret / da Sie bitten / daß Er zu der von ihm
bestimmter Zeit unserer gnädigsten Herrschafft (1. Reg.
10. v. 8.) ein seeliges Ende geben wolle. Hieß es von Salomons Dienern
/ seelig sind deine Leute / und deine Knechte / die allezeit
|| [41]
vor dir stehen. So war Salomo
so wol ein Mensch als Eure und meine gnädigste Hertzogin Hochseel. Andenckens /
die GOtt vor schwere Salomons-Sünde bewahret hat. Haltet es dann für Eure
Glückseeligkeit / und rühmet es / wo Ihr auch hinkommet / daß Ihr einer weisen
Sulamith, einer klugen Abigail, einer wolthätigen und fleißigen Tabeae, einer
sorgfältigen Marthae, einer andächtigen Mariae, einer Gottesfürchtigen
Elisabeth: der Christ-vernünfftigen Hertzoginne ELISABETH JULIANEN, zu dienen
das Glück und die Ehre gehabt habet.
Ich habe dieses euch allen zu sagen / und selbst zu thun des Heiligen Geistes
Befehl. Ein Weib / das den HErrn fürchtet / soll man loben / und ist etwa eine
Tugend / ist etwa(Prov. 31. v. 30.) ein Lob /
dem dencket nach. Christus selbst sagt von jenem Gläubigen und gottseeligen
Weibe; Warlich ich sage euch / wo diß
|| [42]
Evangelium geprediget wird in der gantzen Welt / da wird man auch
sagen zu ihrem Gedächtnüß / was sie gethan hat. Ich muß dann solches euch sagen
/ und selbst thun. Ich preise Gottes Gnade / von welcher unsere Hoch-seeligste
Landes-Mutter mit so hohen Christ-Fürstl. Qualitäten gezieret worden. Ich rühme
und freue mich dieser preiß-würdigen / und Christl. Hertzoginne Beicht-Vater /
ins eilffte Jahr / gewesen zu seyn / und samt meiner geringen Familie besondere
Gnade / in und nach Ihren Leben / genossen zu haben. Ich sage und bekenne es
hier öffentlich / daß / als der vor mir gewesene Fürstliche Beicht-Vater / ein
von vielen gerühmter rechter Israeliter / und redlicher Nathanael, in seines
HErrn Freude eingegangen / und dessen tödtlicher Hingang von Ihro Durchl.
Hochseeligsten Andenckens / berichteter Maassen / auch mit Thränen beklagt war:
Das davon ausgekommene Gerüchte bey mir eine besondere Hochachtunge solcher
Liebe zu GOTT / seinem Evangelio / dessen Dienern / und anderer daher
fliessender Tugenden erwecket habe / und ich nicht anders gedencken können / als
was jene von des HERRN JESU über dem Tode und Grabe Lazari vergossenen Thränen
sagten; (1. Joh. 11. v. 36.) Siehe / wie hat Er
(Sie) ihn so lieb gehabt! Wie lieb muß nicht die den HErrn JEsum haben / (dachte
ich) die dessen Diener so hertzlich liebet! und wie erkäntlich gegen GOtt / wie
mitleydig und barmhertzig gegen Ihren Nächsten muß nicht eine solche grosse
Fürstinne seyn / welche die Treue Ihres Dieners mit den theuren Thränen
bezahlet! und versichert! diesen meinen Schluß-Gedancken hat die Erfahrunge das
allernachdrücklichste Gewichte gegeben / und die unterthänigste Veneration
dieser Hochbelobten Tugenden auff ein Grosses vermehret; nach dem mich die Hand
GOttes von dem Orte / nach welchem mehrbesagtes Gerüchte sothanen lieblichen
Tugend-Geruch überbrachte / anhero gebracht / und zum Zeugen aller solcher
Göttlicher Gnade / und zum Gehülffen derjenigen Warheit und Freude verordnet hat
/ in welcher diese von GOTT erwehlete Fürsten-Seele durch die Krafft des
Heiligen Geistes immer zu genommen / und biß ans Ende beharret hat. Wie wir nun
dafür der Göttlichen Majestät das schuldige Lob- und Danck-Opffer durch JEsum
Christum bringen / also bleiben der Hochseeligsten wir alle / die wir einige
Gnade oder Liebe von Ihr empfangen haben / und unter allen ich sam̅t meinem geringen Hause / mit unsterblichen Danck / schuldigst und respectivè
unterthä
|| [43]
nigst
verbunden. Es soll auch / was dafür vor dem Angesichte des allwissenden und
allgegenwärtigen Hertzen-Kündigers je und je mein Seufftzen und Flehen gewesen /
noch unser Wunsch bleiben: Der HErr gebe der barmhertzig-gewesenen(2. Tm. 1. v. 18.) Hertzoginne ELISABETH JULIANEN,
daß Sie finde Barmhertzigkeit bey dem HErrn an jenem Tage! Daß Sie alsdenn hören
möge diese erfreuliche Stimme und Anrede Ihres JEsu: Komm her / du Gesegnete
meines Vaters / und ererbe das Reich / das dir bereitet ist von Anbeginn der
Welt; denn ich bin hungrig gewesen / und du hast mich gespeiset / ich bin
durstig gewesen / du hast mich geträncket / u. s. w. Er träncke Sie aus bem
Brunne des lebendigen Wassers mit Wollust als mit einem Strohm! Er sey Ihr Gut /
und Ihr(Psal. 16. v. 5. 6.) Theil / er erhalte
Ihr Erbtheil ewiglich! da das Looß Ihr gefallen ist auffs lieblichste / da Ihr
ein schön Erbtheil worden ist. Der GOtt Abrahams / Isaac und Jacobs sey und
bleibe in dem ewigen Leben Ihr GOtt / auch der nachgelassenen hohen und lieben
Ihrigen / ja unser aller / GOTT und gnädiger Vater / in der Zeit und
Ewigkeit!
HErr / regier zu allen Zeiten Meinen Wandel hie auff Erd / Daß ich solcher Seeligkeiten Aus Genaden fähig werd! Gib / daß ich mich acht gering / Meine Klag offt für dich bring / Sanffmuth auch am Feinde übe / Die Gerechtigkeit stets liebe.
Daß ich Armen helff und diene / Immer hab ein reines Hertz / Die im Unfried stehn / versühne / Dir anhang in Freud und Schmertz.
|| [44]
Vater / hilff von deinem Thron
/ Daß ich gläub’ an deinen Sohn / Und durch deines Geistes Stärcke / Mich
befleisse rechter Wercke! Amen!
Nachdem die Hochfürstl. Personalien verlesen waren / folgete dieser
Schluß.
O Gerechter GOtt! O barmhertziger Vater! Du hast deinem Volcke ein Hartes
erzeiget / du hast uns einen (Ps. 60, 5.) Trunck
Weins gegeben / daß wir taumeln / du hast unser Obrigkeit / und uns Unterthanen
aus dem Creutz Becher / den du in der Hand und mit starcken Wein voll
eingeschencket (Ps. 75, 9.) hast / trincken / und
da der Todt zu unsern Fenstern hereingefallen (Jer. 9.
v. 21.) / und in unsere Palläste kommen ist / klagen und weinen lassen.
(Joh. 18. v. 11.) Sollen wir nun den Kelch
nicht trincken / den du / Vater / uns gegeben hast? Wie solten wir anders dir
vergelten alle deine (Ps. 116. v. 13.) Wohlthat /
die du uns thust / als daß wir den heilsamen Kelch (Habac. 4 v. 2.) nehmen / und des HErrn Namen verkündigen? Wenn Trübsal
da ist / so denckest du der Barmhertzigkeit. Gelobet sey dein (Tob. 3. v. 14.) Name / HErr / ein GOtt unser Väter
/ denn wenn du zürnest / (1. Cor. 11. v.
32.) erzeigest du Gnade und Güte. Wenn wir von dir gerichtet werden / so
werden wir aus väterlicher Güte und Barmhertzigkeit gezüchtiget / auff daß wir
nicht sam̅t der Welt verdammet werden. Wir küssen dann / in
kindlichem Gehorsam / deine Hand / die uns züchtiget / deine Hand die uns unter
der Züchtigunge stärcket / tröstet und segnet. Deine Hand küssen / mit gläubiger
Gelassenheit un̅ Danckbarkeit / die du / über dein liebes Kind
ELISABETH JULIANEN, im Mutterleibe / im Leben / Leyden / und Sterben kräfftig-
und beständiglich gehalten hast: Deine Hand / von der unserm lieben Landes-Herrn
/ eine so treue Gehülffinne / den Fürstlichen Kindern eine so
Christ-Fürstlich-sorgfältige Versorgerinne / uns Unterthanen eine so theure
Landes-Mutter gegeben ist. Recke / O starcker und gewaltiger Vater und HERR
Himmels und der Erden / recke her diese deine Gnaden-Hand / und halte sie fort
und fort über unsern höchstbetrübten Landes-Herrn / sende Ihm Hülffe von deinem
Heiligthum / und stärcke Ihn aus Zion. Erhöre Ihn in der Noht / der Name des
Gottes Jacob schütze ihn / gib Ihm was sein auff deine Ehre und
|| [45]
der Unterthanen Heyl / seines
gantzen Landes / und Fürstlichen Hauses gerechten Schutz / gerichtetes Hertz
begehret / und erfülle alle seine dahin anzielende Anschläge! Hilff HErr! der
König erhöre uns wenn wir ruffen! Halte auch / O du starcker GOtt / deine Hand
über die Hoch-Fürstliche Kinder / den Erb- und übrige Printzen und Princeßinnen
/ sam̅t allen Dero / und des gantzen Hoch Fürstlichen Hauses hohen
Angehörigen und Verwandten / tröste Sie in Ihren Trübsalen und Betrübnüssen
süßiglich / erhalte Sie kräfftiglich / bewahre Sie gnädiglich / und führe Sie
weißlich / daß die des Geblütes deiner Dienerinne und Tochter ELISABETH JULIANEN
sind / auch Ihres / und eines erneuerten Gemüthes seyn / und die Ihre Freunde
sind nach dem Fleische / auch nach dem Geiste Ihre Freunde in dem HErrn JEsu
seyn und bleiben in alle Ewigkeit! Sprich / O HErr / du Trost Israels und ihr
Nohthelffer / in Ihre und aller betrübten Hertzen / dein kräfftiges Weine nicht.
GOtt tröste uns / laß leuchten dein Antlitz / so genesen wir. Unsere(Ps. 80, 4.) Zeit stehet in deinen Händen /
errette uns von der Hand unserer(Ps. 31, 15)
Feinde / und von denen / die uns verfolgen: Laß leuchten dein Antlitz über uns /
hilff uns durch deine Güte.
Du aber durch JESUS Blut so theuer erkauffte / zur Kindschafft GOTTES / und
Erbschafft des ewigen Lebens / so herrlich gebohrn- und erkohrne Fürsten-ja
GOttes-Tochter / freue dich nu ewiglich in dem HERRN / und dein Geist sey
frölich in deinem GOtt / der dir alles in allen ist / dein A und O, deine
Lebens-Quelle / der Brunne des Lebendigen Wassers / dein Erbtheil und Reichthum
/ deine Ehre / deine Wonne / und Sonne; mit einem Worte / dein GOTT! Der GOTT
Abrahams / Isaacs und Jacobs / der GOtt der Lebendigen / und aller Außerwehlten
im ewigen Leben. Die zurück gelassene(Rom. 4. v.
17.) Hütte / in welcher du außerwehlete Fürsten-Seele gewohnet und
gewallet hast / wolle der allmächtige Schöpffer / der dem ruffet / das nicht ist
/ daß es sey / in dem Fürstlichen Leichen-Cämmerlein und Gewölbe / heiliglich
bewahren / biß du auff seinem Ruff wieder zu Ihr einkehrest / und das Fleisch in
die Gemeinschafft der Freuden nehmest / daß in der Gemeinschafft des Leydens
hieniden gewesen ist. Indessen sey und bleibe dein Name / und unser aller Danck
unsterblich / und das Gedächtniß deiner Ehelichen / Mütterlichen / und
Christ-Fürstlichen
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Treue /
Liebe / Gnade / Barmhertzigkeit / Gedult / Sanfftmuth / geistlicher Armuth /
Hertzens- und Lebens-Reinigkeit / und aller Gaben des wehrten Heiligen Geistes /
in unauffhörlichen Seegen! Gute Nacht auff ein Kurtzes / wir werden / mit GOttes
Hülffe / beständig bleiben im Glauben / und darauff in kurtzer Zeit einander
wieder schauen / dort in der Ewigkeit / und also das Ende des Glaubens der
Seelen Seeligkeit davon bringen. Dein GOtt ist unser GOtt / dein Erbe ist unser
Erbe / dein JEsus ist auch unser JEsus und Seeligmacher. Der mache uns (2. Tim. 4. v. 18.) seelig von allen Sünden / erlöse
uns von allem Ubel / helffe uns zu seinem Himmlischen Reiche / und erfülle auch
an uns sam̅t und sonders seine allerliebste / und erfreulichste
Verheissunge / Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem
Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet der
wird es alles ererben / und ich werde sein GOtt seyn / und er wird mein Sohn
seyn. Dazu gebe er uns die Gnade und Krafft des Heiligen Geistes! Wer das von
GOtt bittet und begehret / der ersuche um solchen Beystand des Heiligen Geistes
den Vater des Lichtes in den Namen und Gebet JESU CHRISTI:
Vater Unser etc.
Der Friede GOttes / welcher höher ist.