Transkription

Szentiványi, Márton: Fünffzig Motiva, Oder Bewegende Ursachen/ Und Betrachtungen ..., Warum unter so vielen Religionen oder Glaubens Bekandnussen ... der alleinige Römisch-Catholische Glaub zu erwählen/ Und allen andern Glaubens Bekandnussen vorzuziehen seye? : Neulichen in Lateinischer Sprach nunmehro aber ... ins Teutsche übersetzt ; Sambt einem Schreiben/ welches Jhro Päbstl. Heiligkeit Clemens XI. an ... Anton Ulrich Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg/ [et]c. unterm 2ten Februarii dieses 1710. Jahrs haben abgehen lassen. auffgerichtet.
[Inhaltsverzeichnis]
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Fünffzig MOTIVA, Oder Bewegende Ursachen / Und Betrachtungen / Mit wahrem Grund der rechten Vernunfft und des Glaubens kürtzlich verfasset: Warum unter so vielen Religionen oder Glaubens Bekandnussen / deren zu unseren Zeiten in der Christenheit gefleget wird / Der alleinige Römisch-Catholische Glaub zu erwählen, Und allen andern Glaubens Bekandnussen vorzuziehen seye? Neulichen in Lateinischer Sprach nunmehro aber auf inständiges Verlangen zum Nutz und Heyl mehrer er Seelen ins Teutsche übersetzt. Sambt einem Schreiben / welches Ihro Päbstl. Heiligkeit Clemens XI. an Ihro Hochfürstl. Durchl. Anton Ulrich Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / etc. unterm 2ten Februarii dieses 1710. Jahrs haben abgehen lassen.
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Mäyntz gedruckt bey Johann Meyern Anno 1710. Die zweyte Auflage 1755.
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Vorrede Des Authoris.
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Nachdeme ich der Warheit zu steur, und aus Begierd meines ewigen Heyls gezogen, mit grossem Fleiß, Ernst, und Embsigkeit viele Jahr zugebracht, den wahren seelig-machenden Glauben (denn ich wohl wußte, daß nun einer seyen könte) zu erkündigen; anbey aber mit zweiffelhafften Gemüth bey mir selbsten lange Zeit erwogen, welche Religion und Glaubens-Bekandnuß aus so vielen verschiedenen annehmen oder halten solte. Zu diesem End auch viele Universitäten besucht, gantze Bibliothecken durchgangen, viele Controversisten, sowohl Catholisch- als Uncatholische, die von jetzigen Glaubens-Streitigkeiten genau geschrieben, gelesen; viele Doctores unterschiedlicher Religionen befraget, deren öffentlichen
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von Glaubens-Sachen gehaltenen Disputationen beygewohnet, ja auch mit denen vornehmsten jedes Glaubens-Genossenen deshalben sondere Gespräch gehalten, meine Zweiffel denen Catholisch und Uncatholischen vorgetragen: und dannoch nicht erhalten konte, was ich so einig- und inniglich verlangt: Als habe dann endlich mir fürgenommen eine genehme Zeit und Orth mir auszuwählen, in welchen ich mit Hindansetzung aller andern Sorgen und Geschäfften, diesem alleinigen allergrösten Geschäfft meines ewigen Heyls gantz und gar abwarthen, und selbiges zu ernstlicher und reiffer Berathschlagung behertzigen mögte. Derentwegen dann, auff daß dieses mein Unternehmen zum ersprießlichen meiner Seelen Heyl, und so lang erwünschten Zweck gedeyen mögte, habe für nöthig erachtet, diese nachfolgende Stück vor allem vorläuffig zu bewerckstelligen: Erstlich habe ich inständig gebetten um die göttliche Gnaden Hülff des H. Geistes, und um das Liecht des wahren Glaubens; bey GOtt, als dem Vat
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ter aller Erleuchtung, innmüthig angehalten, welcher erleuchtet einen jeglichen Menschen / der da kombt in diese Welt. Joan. am 1. c. 9. v. sintemahlen der Glaub ein sonderbahre Gaab Gottes ist, wodurch der Mensch erleuchtet wird, alles zu glauben, was nur uns GOtt offenbahret hat. Zweytens habe ich beschlossen, und mir festiglich fürgenommen, mich krafft der göttlichen Gnad vom sündigen zu enthalten, dann mir bekannt ist, daß die Weißheit in eine bößwillige Seel nicht eingehe / nnd wohne nicht in dem Leib / welcher der Sünd unterworffen ist. Sap. am 1. c. 4. v.. Versichere mich auch, und bin versichert, daß die mehriste von Erkandnus und Aufnahm des wahren Glaubens sich verweilen, darum: daß sie mit vielen Lastern, absonderlich aber denen Fleischlichen, verwickelt dahin leben, dann der viehische Mensch begreifft nicht die Lehr und die Ding / so vom Geist Gottes seynd. In der 1. Epistel zu den Corinthern am 2. c. 14. v. Drittens / hahe ich alle partheyische
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Neigung, mit welcher ich einer Religion mehr zugeneigt seyn konte als der andern, verlassen: auch alle vorgehabte mißfällige Meinungen von der andern fahren lassen; sondern habe mich in meinem Gemüth gantz frey vor GOtt meinem HErrn dargestellt: diese oder jene Religion zu erwählen: welche zu erwählen mir die Gnad des H. Geistes, und die rechte Vernunfft, sonder aller Zuneigung zu einem zeitlichen Privat. Nutzen, und ohne Forcht eines zeitlichen Schadens zu erdulden, wird eingegeben haben. Vierdtens / diese meine Berathschlagung und Erwählung des wahren Glaubens, habe ich mich bemühet, also nachdrücklich und wohl zu verrichten, als ich mir am letzten meinem Sterbstündlein und am Jüngsten Gerichts-Tag wünschen könte solche wohl verricht zu haben, und Rechenschafft bey GOtt zu geben, warum ich diese Religion vor jener, und nicht eine andere auserwählet habe? Dahero ich mir auch dieses vorgenommen, daß, sofern ich in einer Religion auch daß geringste Irrthum im Glauben
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finden würde, selbige alsobald verwerffen, und ihrer keines Weegs mehr zu meiner Berathschlagung gedencken wolle: Dann die Kirch des lebendigen GOttes ist ein Pfeiler und Grundfeste der Warheit. 1. Timoth. 3. c. 15. v. Nun aber mag ein Pfeiler und Grundfeste der Warheit kein Irrthum unterstützen, so kan folglich auch und muß die wahre Kirche des Lebendigen GOttes kein Irrthum im Glauben in sich gedulden. Nachdeme ich nun solches vollzogen / und desto gründlicher fortfahren mögte, habe ich mir noch zwey Ding vorläuffig zu erwegen vorgestellt. Erstlich einige unfehlbahre Fundamenten oder Hauptpuncten des Christlichen Glaubens in welchen alle Christliche Religion, wie wiedrig sie auch einander seynd, müssen übereinstimmen, welche auch kein Christ laugnen kan, er müste dann ein Gotteslästerer oder gar ein Atheist, ohne Erkandnuß und Bekandnuß GOttes seyn. Zweytens habe ich mir vor Augen gefaßt die Grund-Reguln der rechten
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Vernunfft, welche von allen Vernünfftigen in einem Ding der Vernunfft gemäß zu erwählen gebraucht; und nicht können, als von denen aller unvernünfftigsten Menschen verworffen werden.

Nun aber / so seynd die Fundamenten oder Haupt-Puncten des Glaubens, in welchen alle Christliche Religionen übereinstimmen folgeude:
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1. Es ist ein warhaffter und einiger GOtt. 2. Dieser GOtt ist das aller vollkommenste Wesen, so alle Vollkommenheiten in sich begreiffet. 3. Dieser GOtt ist von seiner göttlichen Natur also warhafftig, daß er weder kan betrogen werden, weder betrügen, weder etwas falsches offenbahren, oder auch eine Sach anderst, als er sie in sich selbsten beschaffen zu seyn erkennet, offenbahr machen kan: daß er auch eine Sach nicht anderst, als wie sie in sich selbsten ist, erkennet, nun dahero so wohl in seiner Erkandnuß, als auch in seiner Offenbahrung von Natur selbsten warhafftig ist.
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4. GOtt ist allmächtig: Dann bey GOTT seynd alle Ding möglich. Matth. 19 c. 26 v. und bey GOtt wird kein Wort unmöglich seyn Luc 1. c. 37. v. obwohlen solches von menschlichen oder auch Englischen Verstand nicht kan begriffen werden. 5. GOtt ist getreu / ohn alle Boßheit / gerecht und auffrichtig. Deut. 32 c. 4 v 6. GOtt ist unveränderlich: GOtt ist nicht / wie ein Mensch / daß er lüge / noch wie ein Menschen-Kind / daß er verändert werde. Num 23. c. 19. v. Bey welchem keine Veränderung noch Finsternüß des Wechsels befunden wird Jac. 1. c. 17. v. Dahero was mir GOtt offenbahret, ist wahr und zugleich auch möglich, und was Er nur verspricht, das kan und wil er auch halten, und wird es ohnfehlbahr vollbringen. 7. GOtt ist der allerweiseste: seiner Weißheit ist keine Zahl Psal 146 v 5. 8. GOtt ist einer unendlichen Barmhertzigkeit. GOtt der HErr ein Herrscher barmhertzig / und gnädig ge
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dultig / und grösser Erbarmung. Exod. 34. c 6. v. HErr die Erde ist voll deiner Barmhersigkeit. Ps 118 v. 64 19. GOTT ist gerecht, ein Belohner des Gutens, und Vergelter des Bösens: Der HErr ist gerecht in allen seinen Weegen Psal. 44. v. 17. Wer zu Gott kommen wil / der muß glauben / daß er seye / und deren die ihn suchen / ein Vergelter seye. Heb. C. 11. v. 6. 10. GOtt ist die höchste Heiligkeit, die höchste Güte und Gütigkeit. Heilig / heilig / heilig ist der HErr GOTT Sabaoth. Isai, 6. c. 3. v. und heilig ist Er nicht allein in sich, sondern auch heilig in allen seinen Wercken. Psal. 144. v 17 Diesen Haupt-Puncten nun zu folg, ist gewiß, und ohngezweiffelt dafür zu halten, daß all die jenige Lehr, welche jetzt benannten göttlichen Vollkommheiten etwas zuwider lehret, durchaus irrig und falsch sey, und soll die jenige Religion, die falsche Lehr im Glaubens, Articul haltet, gleichmässig falsch,
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irrig, und gäntzlich zu verwerffen, und keines Weegs um selbiger anzuhangen, in die Wahl zu ziehen seye. 11. Ein jeder Mensch hat nur eine Seel, welche nothwendiger weiß entweder ewig verdambt, oder glückseelig in Ewigkeit seyn wird. Was hilffts den Menschen daß er die gantze Welt gewinne / und nehme doch Schaden an seiner Seel? oder was kan der Mensch geben / damit er seine Seel wiederum löse? Matth. c. 15, v. 26. 12. Es ist eine Ewigkeit, deren kein End ist, deren Maß allezeit erfüllet ist, deren Lauff von unendlichen Zeiten ist, deren Zahl von Jahren ohne Ziehl, sondern ewig, ewig ist. 13. Das unendliche und Ewige kan bey weitem nicht, ja ohnmöglich mit diesem zeitlichen und zergänglichen verglichen werden: O deren heiligen auserwählten glückseelige Ewigkeit; O unglückseligste Ewigkeit deren Verdambten! einer aus diesem beyden Ewigkeiten, müssen wir gewerthig seyn; ohne den wahren Glauben aber ist ohnmög
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lich ist, daß ist, die glückselige Ewigkeit zu erlangen: haben wir dann den wahren Glauben nicht, so wird uns diese, nemlich, die unglückseligste Ewigkeit deren Verdambten ohnfehlbahr betreffen! Nun folgen die

Grund-Regulen Der rechten Vernunfft, deren sich der Mensch in erwählung hochwichtiger Sachen zu gebrauchen hat.
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1. In einer jeden freyen und willkühriger Wählung ist das bessere deme vorzuziehen, was nicht so gut; und um so viel mehr dem bösen; das gewisse vor dem Ungewissen und Zweiffelhafftigen; das Wahre vor dem Falschen; das Ewige vor dem Zeitlichen; daß der rechten Vernunfft gemäß vor deme, so der Vernunfft zu wider, auszuwählen. 2. Zu einem erwünschten Zweck, Ziehl und End zu gelangen muß man die darzu behörige dienlich und taugliche Mittel; die gewissere vor denen ungewisseren, ja auch die aller sicherste brauchen.
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3. Unter denen Mittelen die ewige Seeligkeit zu erlangen, seynd die jenige gewisser, durch welche bekandt ist, daß schon viele ihr ewiges Heyl erhalten, ungewisser, ja gar ungewiß die jenige durch welche nicht gewiß noch bekandt ist, daß jemand die Seligkeit erhalten habe? 4. Auch die jenige Mittel zum ewigen Heyl seynd gewisser, welche zu gebrauchen uns die rechte Vernunfft, und das Ansehen verständiger, recht frommer tugendsamer heiliger Leuthen anweiset, und welche der Geist GOttes selbsten dem Menschen einspricht für denen zu welchen uns das Fleisch, die Welt, die Frey- und Ausgelassenheit des Lebens veranlasset. Dann der Geist ists / der da lebendig macht: das Fleisch ist gar nichts nutz Joan. c. 6. v. 64. Dann die da fleischlich seynd / die seynd auch fleischlich gesinnet die aber geistlich / die seynd dem Geist nach gesinnet: aber fleischlich gesinnet seyn / ist der Todt; und geistlich gesinnet seyn / ist das Leben und der Fried: Dann fleischlich gesinnet seyn / ist eine Feind schafft wie
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der GOtt / die aber fleischlich seynd / mögen GOtt nicht gefallen Rom. c. 8. v. 5. 6. 7. 8. Demnach ich dann auch diese Grund-Regeln der rechten Vernunfft, und vorgemelte Haupt-Puncten des Christlichen Glaubens [so von allen aller jetzigen Religions, Genossenen in der Christenheit werden angenommen] mer vor Augen gelegt habe, unterfinge mich folgenden Betrachtungen auffrichtig und ernstlich nachzusinnen, fande auch wahre, meinen Verstand überlegene, und recht bewegende Ursach, warum ich vor allen andern Secten und Glaubens-Bekandtnuß, so in der Christenheit sich würcklich befinden, den Römisch-Catholischen Glauben mir auserwählet und angenommen; und hingegen alle andere Religionen, ausser der Römisch-Catholischen wahren Religion, verworffen habe.

1. Betrachtung.
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Zu erster Betrachtung habe ich bey mir gedacht, ob ich nicht besser thun würde, wann mich zu der Catholischen,
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oder aber der Evangelischen Religion (welchen letztern Titul sich einiger Orthen sowohl die Lutheraner, als Calvinisten zueignen) gesellen thäte? Was die Catholische Religion anbelangt, habe alsobald befunden, daß diese Religion eigenthümlich seye deren jenigen, welche nachfolgen dem Römischen Glauben, so aller Orth und End, in der gantzen Welt ausgebreitet, in allen Glaubens Articulen allezeit einhellig, allezeit gleich förmig ist, und gewesen ist. An der Evangelischen Religion habe ich alsobald angestossen, und zu straucheln angefangen: dann ich führte bey mir diesen Sinn-Schluß: Die wahre Evangelische Religion soll und muß die jenige seyn, welche in ihrer Lehr mit allen heiligen Evangelien überein stimmt: die Lehr aber, welche die Lutheraner und Calvinisten zugleich führen, kan mit dem H. Evangelio nicht übereinstimmen: massen zwey Lehren, so einander zuwieder, oder gar einander wiedersprechen, unmöglich mit der Evangelischen Warheit übereinstimmen könuen: sondern eine aus beyden nothwendiger Weiß falsch
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seyn muß: die Lehr aber deren Lutheranern und Calvinisten bekandt ist, das sie in vielen Glaubens-Puncten einander zuwider, ja in einigen sich schnurstracks wiedersprechen: so kan dann schließlichen beyder, das ist: deren Lutheranern und Calvinisten, ihre Lehr zusammen genommen, keine wahre Evangelische Religion ausmachen: sondern ist vielmehr ein chymerisches, das ist: ein hirnloses von zweyerley unvereinbarer Dingen zusammen gesonnenes Gedicht: ich aber habe kein solches Gedicht gesucht, sondern die selbst unwiedersprechliche Warheit solcher warhaffter Dingen, die durch den göttlichen Glauben bekennt werden: Darum dann so habe mich bey dieser Evangelischen Religion in meiner Wahl nicht auffzuhalten: sondern selbige von mir gäntzlich zu verwerffen.

2. Betrachtung.
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Zweytens habe erwogen, weilen die Lutherische und Calvinische Lehr zugleich nicht könten Evangelisch genennet werden, ob nicht eine jede besondere
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Evangelisch wäre, und also einer von der anderen zu erwählen? Bin aber widerrum gleich in Zweiffel gerathen: dann die Vernunfft hat mir eingeben, daß so ich eines vor dem anderen wolte erwählen, so müste ich auch grössere und wichtigere Ursachen für dasselbige haben. Habe aber nicht finden können, warum die Lutherische Lehr mehr solte Evangelisch genennet werden, als die Calvinische, oder die Calvinische mehr, als die Lutherische, habe auch dieses weder von den Lutheranern, noch von denen Calvinisten können heraus pressen, dann ein jeder Theil zoge aus dem Evangelio für sich einige Text an, welche die Lutheraner anderst auslegen, als die Calvinisten, und die Calvinisten anderst als die Lutheraner; diese sprachen, ihre Auslegung seye warhafftig, der Calvinisten falsch: Jene sagen, ihre Auslegung seye recht, und der Lutheraner ihre falsch; ein jeder Theil behaupt die Warheit seiner Auslegung aus seinem Privat Geist, oder eigen Sinn, die doch einander zuwieder; Keiner aber konte beybringen rechtmässige Ursach und Mo
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tiven, warum des andern Privat-Geist mehr, als der seine, irren solte. Habe also auch von diesen beyden Lehren keine können erwählen, sondern eine gleich der andern verworffen.

3. Betrachtung.
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Auch dieses habe ich nicht fassen können, warum die Lutheraner und Calvinisten, die Wiedertauffer und Arrianer von ihrer Evangelischen Religion wollen ausschliessen: indem diese mit eben solcher Art sagen, daß sie müssen Evangelisch genennet werden, und ihre Lehren stimmen mit der Evangelischen Wahrheit überein: ja mehr, als der Lutheraner und Calvinisten Lehr: dann die Wiedertauffer sprechen: Wir lesen an keinen Orth des gantzen Evangelii, daß die unmündige Kinder wären getaufft worden: Ja Christus selbsten sagt: Wer glaubt / und getaufft ist / der wird seelig werden; Marci cap. 16. v. 16. Also dann muß der Glaub vor dem Tauff seyn: der Glaub aber ist nur in denen, so in vernünfftigem Alter seynd; so muß dann schließlichen vor
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solchem Alter niemand getaufft werden, ist demnach unser Lehr gleichförmliger dem Evangelio, als die Lehr der Lutheraner und Calvinisten, die den Tauff der Kinder annehmen. Die Arrianer werden ebenfals sprechen: in dem Evangelio siehet ausdrücklich, daß Christus gesagt: Der Vatter ist grösser / dann ich Joan. 14. c. 28. v. Also lehren wir dann nach dem Evangelium, daß der Sohn in den göttlichen Dingen geringer seye, als der Vatter, und Ihm nicht gleich seye. Wir nehmen auch hierinn nicht an die Auslegung deren heiligen Vätteren, die da sagen: Der Sohn seye geringer als der Vatter nach der menschlichen Natur, aber dem Vatter gleich nach der Göttlichen: wann nemlich die Lutheraner und Calvinisten solche Auslegung wider uns ausbringen, dann sie ja selbsten solche Auslegung deren HH. Vättern verwerffen in denen Puncten, so zwischen ihnen und denen Catholischen strittig seynd. Es ist deshalben keine grössere Ursach, warum die Authorität deren heiligen Vättern in diesem Puncto solte gelten, und in andern
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Glaubens-Sachen nicht? Wannsie aber ihre Privat-Auslegung, Krafft ihres Privat-Geist, beybringen, so sollen sie aus der H. Schrifft solche mit ausdrücklichen Worten erweisen, indem beyde Theil zulassen, es seye nichts zu glauben, es seye dann ausdrücklich, und gantz klar in der H. Schrifft enthalten.

4. Betrachtung.
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In gegenwärtiger Erwegung fällt mir ein die Ermahnung der Heil. Schrifft, Jeremiä am 6. c. 16. v. Dieses spricht der HErr; stehet auff den Strassen / und sehet / und fraget nach den alten vorigen Weegen / welches der gute Weeg sey / und wandelt auf demselben. Habe also geachtet, daß der jenige Weeg zum Himmel besser, gewisser, und sicherer seye, durch welchen man weiß, daß schon mehrere in den Himmel kommen; als jener auff welchen man bißbero nicht weiß, daß ein einiger in Himmel kommen seye. Nun aber, sprache bey mir selbsten weiters fort, ist gewiß, daß viele, so in dem Römisch-Catholischen Glauben
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gelebt, und darin gestorben, seynd seelig worden: daß aber etliche aus andern Religionen seyen seelig worden, ist nicht gewiß. So ist dann folglich die Römische-Catholische Religion ein gewisserer Weeg, die Seeligkeit zu erlangen, als alle andere Religionen; und also vor allen andern zu erwählen.

5. Betrachtung.
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Aus diesem habe weiter geschlossen: ein jeder, der seelig wird, gefallt GOtt: Ohne den wahren Glanben aber ists ohnmöglich GOtt zu gefallen Hebr. 11. c. 6. v. also muß der jenige Glaub, durch welchen man seelig wird, der wahre Glaube seyn. Weilen dann ohn allen Zweiffel viele in den Römisch Catholischen Glauben (wie die Widersager selbsten nicht laugnen können) seelig seynd worden; so muß dann der Römisch-Catholische Glaub der wahre Glaub, und also zu erwählen seyn.

6. Betrachtung.
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Weithers hab ich also schließlich geurtheilt: gleichwie nur ein eini
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einiger wahrer GOtt ist, also ist auch nur ein eintziget wahrer Glaub, wie Paulus zu den Ephesern am 4. Cap. 5. v. schreibt: Ein GOtt / ein Glaub / ein Tauff. Also ist ein einiger wahrer seelig-machender Glaub, wie nur ein einiger HErr und GOtt ist. Wann dann (wie schon erwiesen) der Römisch-Catholische Glaub der wahre seeligmachende Glaub ist, so seynd alle andere Religionen nicht der wahre Glaub, und ist ausser dem Römisch-Catholischen Glauben kein Heyl: so ist der Römisch Catholische Glaub vor allen andern zu erwählen.

7. Betrachtung.
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So hat mich auch dieses am mehresten bekräfftiget in meinen Vorhaben den Römisch-Catholischen Glauben anzunehmen, weilen auch die Ketzer bekennen, daß die Catholische können seelig werden; die Catholische aber festiglich glauben, daß niemand ausser der Catholischen Kirchen könne seelig werden. Was für eine Thorheit wäre es dann nicht, nicht mit den Catholischen
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halten, welche auch nach ihrer Widersager Meinung können seelig werden, sondern mit denen Uncatholischen, von welchen die Catholische Lehren, daß sie nicht können seelig werden. Dann wem wolte ich nicht rahten, daß er in der grösten Gefahr den sichersten Weeg nehme. Solcher Weeg ist ja sicherer, den beyde Theil für gut halten, als der, den nur ein Theil für gut befindet; der andere Theil aber mit einem Eydschwur verflucht: also ist ja niemand, der nicht die jenige Medicin für besser halte, welche beyde Doctores vor gut achten, als jene, welcher einer aus beyden Doctoren vor tödtlich achtet?

8. Betrachtung.
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Da ich mich auch jener Ermahnung Deutr. am 32. c. 7. v erinnert: Frage deinen Vatter / der wird dirs verkündigen / und deine Vorfahren / die werden dirs sagen; wie auch Proverb. am 22. c. 28. v. Du solt über die alte Schrancken nicht tretten die deine Vätter gesetzet haben. Habe ich die Bücher der alten heiligen Vätter auffgesucht, was für einen Rath auf selbi
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gen haben können in dieser Frag: ob ich solte die Römisch Catholische Religion, oder eine von andern annehmen? Aus diesen gefallt mir erst der Heil. Augustinus, der auch von der Manichäer Ketzerey sich zu dem Römisch-Catholischen Glauben bekehrt, und die Ursach seiner Bekehrung Tom. 6. Contr. Epist. Fundam c. 4. also beygesetzt; Viele Ding halten mich billigster Weiß in den Schooß der Catholischen Kirchen. Es haltet mich darinn die gemeine Zusammenstimmung aller Nationen und Völctern Es haltet mich darinn die Authorität / so durch Wunder werck angefangen / durch die Hofnung ernehrt durch die Lieb vermehrt / durch die Aelte bestättiget worden; es haltet mich darin die von dem ersten Stul Petri (deme GOtt seine Schäflein zu weyden anbefohlen) noch biß auff den heutigen Bischoff bestehende Succession oder Folgung der Priestern. Und am 17. cede utilit dendi. Sollen wir wohl zweiffeln zu bleiben in dem Schoß der jenigen
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Kirchen / die den höchsten Gipffel der Würden er halten von dem Apos stolischen Stuhl durch die Folgung der Bischöffen / da theils durch Nacht deren Concilien / theils durch die Majestät der Wunder / die Reder verdammet worden? Ein anderer Aelterer, als dieser H. Vatter, ist gewesen der Heil. Irenäus, der von der Römischen Kirchen lib. 3. c. 3. also schreibt: Zu dieser Kirchen / in welcher allezeit erhalten worden die von den Apostelen herkommende Tradition oder Apostolische Satzungen. Der dritte ist Tertullianus in praecript c 36 Du hast die Stadt Rom / woher uns auch die Autorität herkombt / ein glückseelige Kirch in ihrem Stand deren zu Krafft die Apostolen mit ihrem Blut die gantze Mehr ausgegossen. Der Vierdre ist der H. Hieronymus in seiner 3. Epist. contra Ruffinum. c. 4 Wisse daß der römische Glaub durch des Pauli authorität bestättiget seye. Wie er dann auch in seinem letzten Dialogo ontra Luciferum also sagt; Ich will
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dir kürtzlich die Meynung meines Gemüths anzeigen: In der jemgen Kirchen ist zu bleiben / welche von den Aposteln gegründet / bis auff den heutigen Tag bestehet. Er redet aber an besagtem Orth von der Römischen Kirchen. Zu diesen komt auch endlich der H. Gregorius Nazianzenus, der in seinem Carmine de vita sua. auf gegenwärtige meine Frag also antwortet: Der Kömische Glaub wäre schon von alten Zeiten hero richtig und bestehet auch noch würctich richtig in einem guten Band: so weit die Sonne scheinet / überweiset dieser Glaub alles. Nachdem ich nun solcher hoch verständig- und hochheiligen Vätteren Sinn und Gedancken von dem Römischen Glauben, und der Römischen Kirchen verstanden, habe ich ja nothwendig ihrem Urtheil beifallen müssen: und habe dann beschlossen den Römisch-Catholischen Glauben anzunehmen.

9. Betrachtung.
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Nach diesem habe ich meine Zuflucht zu denen Heiligen GOttes genom
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men und selbige bey mir befraget: in welchen Glauben sie gelebt, und durch welchen Glauben sie seyen seelig worden; und sie haben mir alle geantwortet, daß sie in dem Römischen Glauben gelebt, und durch denselben seynd seelig worden; also haben mir geantwortet aus den Bischöffen, der H. Martinus, der H. Nicolaus, der Heil. Athanasius, und viele andere; aus denen Mönchen, der H. Dominicus, der H. Franciscus, und viele andere; aus den Wittwen, die H. Monica, die H. Birgitta die Heil. Elisabetha, und viele andere; also aus den Jungfrauen die H. Agatha, Lucia, Agnes, Catharina, und noch viel andere; woraus dann beschlossen, wann diese Heiligen solchen Glauben gehabt, und durch denselben die ewige Glory erlangt, so ist dieser der beste und sicherste Weeg zu dem Himmel, und kein anderer zu suchen.

10. Betrachtung.
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Ich habe mich auch zu den heiligen Martyrern gewendt, und bey mir dieselbe befragt: was das für ein Glauben
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gewesen, vor wessen Wahrheit sie ihr Blut vergossen, so langwierige Kärcker, so viele Pein und Tormenten so gedultig ausgestanden, und sie haben mir ingleichem alle zur Antwort geben, es seye kein anderer Glaub gewesen, als der Römisch-Catholische Glaub. Also haben mir geantwortet drey und dreyssig Römische Päbst, die gemartert worden: Also haben geantwortet Cornelius und Cyprianus also Fabianus und Sebastianus also der Heil. Laurentius, die H. Agatha die H. Caecilia, die H. Dorothea, die H. Barbara, und unzahlbahre andere mehr. Habe also weiters bey mir beschlossen, daß solcher Glaub müsse wahr seyn, für welchen so viele, so herrliche Blutzeugen ihr Leben mit gröster Freud gegeben, wie hab ich dann können mehr zweiffeln an der Wahrheit der Römisch-Catholischen Kirchen?

11. Betrachtung.
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Ich hab mich auch in meinem Sinn in die Hölle vertieffet, und alldort ewig peinigen gesehen Simonem den Zauberer, Novatianum, Arium, Vigilan
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tium, Pelagium, Nestorium, Macedonium, Marcionem, Mahometum &c. und dieselbe gefragt: warum sie zu dem ewigen Feuer verdammet wären? und sie haben mir geantwortet: die Ursach ihrer Verdammnüß seye, weilen sie von der Einigkeit der Römisch: Catholischen Kirchen abgewichen, und Urheber anderer Religionen und Spaltungen gewesen seyen. Weswegen dann sehr heilsam bey mir beschlossen, daß, wann ich nicht wölle mit diesen ewig brennen so müste ich nicht von der Catholischen Kirchen abweichen.

12. Betrachtung.
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Niemand zweyffelt, daß nicht der Glaub des H. Apostels Pauli seye der wahre Apostolische Glauben gewesen. Nun aber ist gewiß, daß der Glaub des H. Pauli eben der Römische Glaub gewesen; wie er dann zu ermeldten Römern in seinem 1. Cap 12 v. solches selbsten bekennet: Ich habe Verlangen [O ihr Römer] daß ich mögte in euch getröstet werden durch eueren und meinen Glauben / den wir
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mit einander haben. Also folgt, daß der Römische Glaub allezeit gewesen, und noch ist der wahre Apostolische Glaub. So gestehen auch die Widersager selbst, das dieser Glaub im Anfang der wahre Apostolische Glaub gewesen, hernacher aber geirret, welches die Römisch-Catholische laugnen. Jene werffen solches zwar vor, probiren es aber nicht. Dann wann man sie fragt: in welchen Glaubens. Articulen die Römische Kirch geirret? wo? und wann? so können sie nichts gewisses beybringen, welches sie doch zu probiren schuldig seynd. Gleich einen, der, wann er wolte sagen: daß ein bekandtes uhraltes Adeliches Geschlecht vor diesem zwar Adelich gewesen, hernach aber seinen Abel verlohren, müßte darthun, wann, und aus was Ursachen es seinen Adel verlohren; und so er solches nicht probiren könte, würde er wenigstens einer Ehrenrührischer Zungen vom Richter gestrafft werden.

13 Betrachtung.
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Als ich in diesem Bedencken stunde, ob ich nemlich den Römisch-Catho
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lischen Glauben, oder einen andern nicht Catholischen Glauben erwählen solte, ist mir eine neue Beschwernüß auffgestossen, nemlich diese: daß, wann ich den Römisch-Catholischen Glauben verwürffe, einen andern Glauben, so dem Römisch-Catholischen zuwieder ist, erwählen müste, welchen aber? solte es der Lutherische oder Calvinische? deren Wiedertäuffer oder Arrianische seyn? indeme diese Religionen in vielen Stücken einander zuwieder, und in sehr grossen Fehlern sich einander anklagen. Und laß seyn, daß mich auch gäntzlich zu einer dieser Religionen entschlossen hätte, so wäre des Rathschlagens noch kein End, sintemahlen diese Religionen noch in andere zertheilt, daß ich doch nicht wüste, welcher Parthey unter so verschiedenen anhangen solte. Daß also für gut befunden, in einem Glauben alle diese zu verwerffen, und den Römisch-Catholischen zu erwählen: deme GOtt gegeben hat Hirten und Lehrer zu Erfüllung der Heiligen / zum Werck des Diensts / und zu Aufferbauung des Leibs Christi / bis daß
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wir alle einander begegnen in Einigkeit des Glaubens - - - auff daß wir nun nicht Kinder seyn / und uns nicht hin und her wehen lassen von allerley Wind der Lehren durch Behendigkeit in Schalckheit der Menschen / damit sie uns erschleichen zu verführen / und in Irthum zu bringen. In dem 4. Cap. zu den Ephesern am 11. 12. 13. und 14. v.

14. Betrachtung.
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Ich hatte mir im Anfang fürgenommen, daß, so ich einen Fehler des Glaubens, oder etwas wider die rechte Vernunfft in einer Sect oder Religion würde finden, dieselbe alsobald wolte verwerffen, und nicht mehr zur Wahl annehmen. Habe derentwegen aus Anfangs vorgesetzten Fundamenten und Haupt-Puncten unterschiedliche Glaubens-Lehren verschiedener Uncatholischen Religion aufgesucht, und von selben folgender Gestalt discurirt: Zum Exempel führte ich erstlich diesen Discurs: GOTT ist einer unendlichen Weißheit, und unendlichen Gütigkeit: der hat uns gewisse Gesätz zu halten vor
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geschrieben, wer dieselbe nicht haltet den strafft Er nicht allein auff das schärffste, sondern noch ewig. So müssen dann diese Gesätz also beschaffen seyn, daß wir sie mit seiner Gnad können halten, sonsten wäre Er nicht der allerweiseste Gesätzgeber, noch der allergütigste HErr: wann Er uns wegen Ubertrettung seiner Gebott, die wir doch nicht können halten, thäte ewig straffen. Dann wer wolte einen für den allerweisesten, wie dann auch für den allergütigsten Herrn halten, welcher seinem Knecht befehlen thäte zu halten, so ihme zu halten unmöglich ist: also gesetzt, er solte die Sonn am Himmel machen stehen bleiben, oder den Himmel mit einem Finger anrühren, und wann er dieses nicht thäte, ihn liesse mit denen schärffpsten peinen und grausamsten Tormenten plagen? Nun aber so ist GOtt der allerweiseste Gesätzgeber und allergütigster HErr, also hat Er uns keine solche Gesätz gegeben, die wir nicht mit seiner Gnad könten halten: Ist derenthalben solche Glaubens-Lehr falsch, daß die Gebott GOttes mit seiner Gnad nicht möglich seyen
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zu halten, welches doch die neue Widersacher gegen den Catholischen Glauben Lehren. Zum andern Exempel: Weilen GOtt unendlich gütig, muß nichts in GOtt gestattet werden, was wider solche unendliche Gütigkeit seye. Nun aber wäre es ja wider die unendliche Gutigkeit GOttes, wann Er jemand ohne Schuld und ohne Vorsehung der Sünden nur aus seinem göttlichen Willen zur ewigen Verdammnuß verwerffen, ja nur zu der ewigen Verdammnüß erschaffen thäte; kan also kein solche Reputation oder Verwerffung in GOtt gefunden werden, muß also der Calvinisten ihre Lehr von der Praedestination und Reprobation falsch seyn, und sambt ihrer Sect verworffen werden. Zum dritten Exempel: GOtt ist wesentlich warhafftig und allmächtig, und ist nichts bey Ihm unmöglich; wann dann nun Christus, als wahrer GOtt, im letzten Abendmahl seinen Jüngern das Brodt und den Wein dargereicht und gesprochen: das ist mein Leib / das ist mein Blut: So ist die Frag, ob vielleicht Chri
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stus hierinn die Warheit nicht geredet, oder nicht vermöglich gewesen seye, daß er das Brodt in sein Leib, und den Wein in sein Blut verwandlet hätte? hat er nicht wahr geredet, so muß er folglich nicht wesentlich warhafftig seyn; ist ihme aber nicht möglich gewesen, Brodt und Wein also zu verwandeln, so muß er folglich nicht allmächtig, und gar kein GOTT seyn. Er ist aber der wahre GOtt, also auch wesentlich wahrhafftig und allmächtig. Zu dem hat ja GOtt die Welt aus nichts erschaffen, und Christus auff der Hochzeit zu Cana in Galilea das Wasser in Wein verwandelt, so hat Er auch können das Brodt in seinen Leib, und den Wein in sein Blut verwandeln. Ist also der Calvinisten Lehr falsch, die da verlaugnen die wahre Gegenwarth des Leibs und Bluts Christi in dem Hochwürdigsten Sacrament des Altars: dergleichen Exempel werde noch mehrere hernach beybringen.
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15. Betrachtung.
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In Erforschung solcher Glaubens Lehren habe bey denen uncatholischen Religionen unterschiedliche so unarthige, unglaubliche Ding gefunden, die auch so gar wieder die Vernunfft sind. Als zum Exempel: unter andern lehren sie auch, daß alle Sünden einander gleich seyn, und keine läßliche Sünd gebe? Worauf ich also discurirt: es ist ja ein jegliches vergeblich Wort eine Sünd; weilen Christus uns versichert, daß wir am Jüngsten Tag werden müssen Rechenschafft geben über ein jedes vergebliches Wort? Matth. c. 12. v. 36 So ist dann nach ihrer Lehr die Sünd den andern gleich, und eben so viel, als eine Gottslästerung, als der Unglauben, als von dem wahren Christlichen Glaub abfallen, ist es eine gleiche Sünd, so muß es auch gleiche Schuld seyn; wann es einer gleichen Schuld ist, so verdienet ein vergebliches Wort auch gleiche Straff; ist nun auch deme also, so kan es gleichermassen wie andere Sünden, entweder vergeben werden oder nicht, und pflegt also eben so
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schwer von GOtt nachgelassen zu werden, als andere Sünden, da doch Christus von den Straffen und Nachlassung der Sünden weit anderst gelehrt; dann Matth. am 5. c. 22. v. sagt Er also: Ein jeglicher der mit seinem Bruder zörnet der wird des Gerichts schuldig seyn Wer aber zu seinem Bruder sagt Racha: der wird schuldig des Raths: wer aber sagt du Narr / der wird schuldig des höllischen Feuers Woraus dann erhellet, daß zwar die innerliche Anmuthungen des Zorns gegen seinen Nächsten eine Straff verdiene: ein hartes Wort aber eine grössere, und ein Schmähwort noch eine grössere. Weiters stehet in der 1 Epistel. Joan- am 5. c. 16. v. also geschrieben: Es ist eine Sünd zum Tod; Woraus dann erwähle, es müssen Sünden seyn, die nicht zum Todt seyn; und können also alle Sünden einander nicht gleich seyn. Zu dem ist eine Sünde, die weder in dieser noch in jener Welt wird vergeben werden: als da ist die Sünd in den Heiligen Geist. Woraus dann folgt, daß Sünden gebe, der entweder in dieser
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oder jener Welt verziehen werden, und also die Sünden einander nicht gleich können seyn. Endlich lieset man in den Sprüchen Salomonis am 24. c. 16. v. Der Gerechte wird sieben mahl fallen / und wird wiederum auffstehen: aber die Gottlose werden in Unglück fallen. Seynd also Sünden die die Gerechtigkeit nicht benehmen, und andere Sünden, die solche entziehen, und folglich alle Sünden einander nicht gleich. Solche Sect und Religion dann, die diese falsche Lehr hat, ist billich zu verwerffen.

16. Betrachtung.
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Ferners lehren sie, die Uncatholische, daß alle unsere gute Werck Sünden seyen, nach voriger ihrer Lehr aber seynd alle Sünden gleich; so seynd alle unsere gute Wercke so grosse Sünden, als alle andere Sünden? und wäre also Gott bitten eben eine so grosse Sünd, als GOtt lästern; Allmosen geben eben ein so grosse Sünd, als den Armen berauben: und das ungerechte Guth wieder geben eben ein so grosse Sünd, als solches behalten?
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17. Betrachtung.
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Möchte derenthalben gern wissen, was ein Prädicant würde dem jenigen rathen, der ihn fragte: ob er das ungerechte Guth seinem rechtmässigen Herrn solte wieder geben: thäte er ja sagen, so könte man fragen: ob das ein gut Werck seye, daß ungerechte Guth wieder geben? würde er es bejahen, so könne man also darauff antworten: Nach unserer der Uncatholischen Lehr seynd alle gute Werck Sünden; die Sünden aber nach eben solcher Lehr gleich; ob ich dann das ungerechte Guth wieder gebe, oder behalte, so ist es eine Sünd, und eine nicht grösser, als die andere; welche beyde Schluß Reden lästerlich seynd, und also die Secten, so dieses lehren, auch lasterhafft, und zu verwerffen.

18. Betrachtung.
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GOTT ist die allerhöchste Heiligkeit Wann das ist? so ist er entfernt von aller Sünd; ist er entfernt von aller Sund, so hasset er die Sünd. Hasset er die Sünd, so will er nicht die Sünd Will er nicht die Sünd, so befehlet er sie keines Weegs. So ist GOtt nicht der Urheber und die Ursach der Sünden, daß
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er sie wölle, eingebe, verursache, befehle, würcke, und der Gottlosen böse Anschläg regieret, wie die Calvinlsten gelehrt, und Lutherus desgleichen.

19. Betrachtung.
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Ich habe gar viele History Schreiber so wohl Geist-als Weltliche, wie auch die Geschichten vieler Völcker und Nationen durchgangen, ob irgend etwas vor dem fünffzehenden Saeculo oder Jahr hundert von der Lutherischen oder Calvinischen Lehr, oder andern dergleichen geschrieben stünde. Zu diesem End habe die ältesten Schrifften durchlesen, was in einem jeden Saeculo denckwürdiges geschehen, nirgends aber die geringste Meldung dieser Lehren finden können. Dahero geschlossen, daß es neue Seeten und Religionen wären, die nicht Apostolisch, weder von Christo noch den Aposteln herkämen, sondern von ihrem Urhebern aus ihrem eigenen Kopff ersonnen und erdicht, und also zu verwerffen seyen.

20. Betrachtung.
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Ich erinnere mich zwar, daß ich in meiner Jugend ein Buch von einem Cal
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vinisten gelesen, unter dem Titul des Weegweisers. Wo er wolte durch eine grosse Anzahl erweisen, daß von Christi Geburt an in jedem Saeculo etliche gewesen, die die Lehr Lutheri und Calvini gehabt hätten, aber umsonst; Erstlich zwar, weilen er schreibt; daß die jenige, so er in seiner Nahmens-Listen daher zehlet, einer Meynung gewesen seyen, so wohl mit Calvino als Luthero, und macht sie also Lutherisch-Calvinisch zugleich, da doch Lutherus und Calvinus, wie auch noch die Lutheraner und Calviner in ihrem Glauben nicht übereinstimmen: und würcklich sich keiner Lutherisch-Calvinisch nennet, sonder entweder Lutherisch oder Calvinisch seyn will; daß also diese von jenem Calvinisten angezogene Glaubige nicht können Lutherisch-Calvinisch genennet werden. Sehe auch nicht, warum die Calvinisten vielmehr, als die Lutheraner, solche ersten Christen zu ihrer Parthey ziehen könten: da ebenmässig auch die Wiedertauffer, und andere Ketzer für sich solches anmassen können. Kan derentwegen nicht erwiesen werden, daß ei
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ner vor Lutheri und Calvini Zeiten gäntzlich alles gehalten, geglaubt und gelehrt, was Lutherus oder Calvinus geglaubt und gelehret haben, oder was die Calvinisten oder Lutheraner annoch glauben. Zweytens: weil er die jenige, so er meldet, derenthalben will Lutherisch-Calvinisch machen, weilen er in ihren Schrifften ein oder anders Wort oder Proposition findet, welche die Lutheraner oder Calvinisten lehren; welches aber nicht genug: dann wann solches genug wäre, so hätte er auch in die Zahl der Lutherisch Calvinischen den Mahometh, Arrium, und andere Ertz-Ketzer setzen dörffen; dann diese alle haben auch etwas gehalten, was die Lutheraner und Calvinisten glauben. Also hat Mahometh gelehret, daß nur ein Gott seye. Arrius gehalten, daß die Concilia der Kirchen irren könten, und das Nicenische würcklich geirret habe in dem, daß es ihn als einen Ketzer verdambt habe; folgte also daß Mahometh und Arrius auch Lutherisch-Calvinisch gewesen seyen. Drittens: weilen er auch die jenige in vorgedachten seinen Catalogum
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setzet, von welchen doch bekandt ist, daß sie biß an ihr letztes End im Römisch-Catholischen Glauben gelebt haben, deren etliche aus den Päbsten, Cardinälen, Ertz-Bischöffen, Bischöffen, Mönchen, und andern gewesen, die so gar auch für den Römischen Catholischen Glauben eyferig geschrieben und gestritten haben. Aber mit was falschem Ungrund? dann er will probiren, daß der Heil. Pabst Gregorius Lutherisch-Calvinisch gewesen, weilen er die Laster der Priester gestrafft; Irenäus, weilen er die Heil. Schrifft lobt; Polycarpus, weilen er die Apostolische Lehr gehalten; Bellarminus, weilen er wieder die böse Catholische geschrieben. Aus diesem allem folgt doch nicht, daß solche Vätter und Schriebenten Lutherisch-Calvinisch gewesen seyen. Gibt es nicht noch heutiges Tags eyffrige Römisch-Catholische Prediger, die das gottlose Leben der Priester verfluchen? die Laster der bösen Catholischen ver werffen? die H. Schrifft loben, die Apostolische Lehr befehlen, und seynd derenthalben eben nicht Lutherisch Calvinisch?
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21. Betrachtung.
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Habe mir deshalben einen weit bessern Weegweiser in meiner Religions-Wahl gemacht, als gemeldter Calvinist, da ich alle Ketzereyen von Christi Geburt hero durchsucht, und gefunden, daß schier alle Glaubens Articulen deren Lutheranern und Calvini sten seynd gelehret worden von andern Ketzern, welche die Kirch verdammt hat; nicht eben, daß einer allein alles gelehrt, was Lutherus und Calvinus gelehrt, (dann so ist keiner gefunden worden) sondern das unterschiedliche, auch Unterschiedliche ihre Lehren zu unterschiedlichen Zeiten gelehrt haben, und habe hier aus doch nicht schliessen können, daß die Lutherische und Calvinische Lehr vor Lutheri und Calvini Zeiten gewesen; sondern vielmehr also reden müssen daß die Lutherische und Calvinische Religion eine von allerley Ketzereyen zusammen geflickte Sect seye, welche Ketzereyen die Christliche Catholische Kirch schon vorlängst verdammt. Lutherus, Calvinus, und andere ihre Glaubens-genossene wiederum herfür gesucht, und selbi
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gen noch einige neu ausgesonnene Irrthum hinzugeflickt, und eine neue Gestalt gegeben; gleich wie man etwa einen alten Bettlers Rock aus alten Lumpen vom Krampelmarck pflegt zusammen zu hencken, und mit neuen Blacken zu besetzen, und ihme eine neue Gestalt zu gegeben.

22. Betrachtung.
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Nach diesem habe ich betracht die Kennzeichen der wahren Christlichen Kirchen, wie dieselbe seye, und seyn müsse: Eine Heilige / Catholische und Apostolische Kirch Habe aber keines dieser Zeichen gefunden in den neuen Reformirten, oder vielmehr Deformirten Religionen der Calvinisten und Lutheraner. Ich habe nicht gefunden die Einigkeit; indem sie in vielen und vornehmsten Glaubens-Articuln einander zuwieder, und eine jede Sect noch in viele Spaltungen zertheilt seynd. Ich hab nicht gefunden die Heiligkeit / dann weilen die Heiligkeit will, daß man das Böse meyde / und das Gutewürcke / im 36. Psalm. 27. v. so lehren die neue Religionen nicht allein nicht, daß Böse zu
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meyden, zu folg der göttlichen Gebotten sondern sagen noch ausdrücklich, die Gebott Gottes seyen ohnmöglich zu halten; rathen auch nicht allein nicht, daß man das Gute würcke, sondern lehren vielmehr, daß die gute Werck zu der ewigen Seeligkeit nichts nutzen, ja so gar noch sünd-mässig seyen, können auch nicht einen eintzigen Heiligen nennen, der ihres Glaubens gewesen seye. Ich hab nicht gefunden, daß die Reformirte Religionen Catholisch oder allgemein seyen: indeme sie nicht in aller Welt geprediget werden, wie die Römische, von welcher allein wahr ist, das zu den Römern am 1. c. 5. v. geschrieben steht: durch welchen [nemlich JEsum Christum] wir empfangen haben die Gnad / und das Apostel-Amt zu Gehorsam des Glaubens in allen Völciern um seines Nahmens willen unter welchem auch ihr beruffen seyd von JEsu Christo. So seyn auch die Reformirte Religionen nicht allezeit gewesen und vor dem 1515ten Jahr hat man nichts von ihnen gewußt; ja seynd würcklich noch nicht überall, sondern stecken
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nur in etlichen kleinen Provincien Europae, welches der kleineste Theil ist gegen Africa, Asia, und America, wo man von diesen Religionen nichts weiß, noch höret. Ich hab nicht gefunden, daß sie seyen Apostolisch / weilen sie nicht von den Apostelen gegründet, weder die Nachfolgung ihrer Priestern und Hirten, noch ihre Lehr von den Apostelen deduciren oder herführen und beweisen können. Alle die Kennzeichen aber befinden sich in der Römisch-Catholischen Kirchen. Habe also dieselbe billigster Weiß allen andern Religionen vorgezogen.

23. Betrachtung.
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Weiters habe behertziget die anfängliche Bekehrung so vieler Völcker und Länder von dem Heydenthum zu dem Christlichen Glauben, welche gewißlich wunderbarlich, und ohne sonderbahre Hülff und Beystand GOttes nicht hätte geschehen können, weil ich so mächtige König, Käyser und Tyrannen mit ihrer Grausamkeit und die Heyden mit ihrer Hartnäckigkeit darwider gesetzt; absonderlich, da der Christ
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liche Glaub das jenige lehrte, was wider das Fleisch und Blut, und wider die Veiständigkeit der Welt ist, und Geheimnüssen vorstellte, die von menschlichen Verstand nicht können begriffen werden, zumahlen auch dieses alles geschehen ist durch schlechte, einfältige, und unansehnliche Männer und Prediger. Habe hernacher erforscht, was solches für eine Religion und Glauben gewesen seye; und klar gefunden daß es der Römisch-Catholische Glaub gewesen, welchen Apostolische von den Römischen Päbsten gesandte Männer haben eingeführt. Dann daß in den ersten fünffhundert Jahren kein andre Christliche Religion gewesen, zu welcher die Heyden bekehret worden, als die Römisch-Catholisch, verlaugnen die Widersager selbsten nicht. Im 6. Saeculo aber ist Engelland durch den H. Augustinum, einen Mönchen bekehret worden, den der H. Pabst Gregorius dahin gesandt. Im siebenden Saeculo ist Teutschland bekehrt worden von dem H. Bonifacio, so von Pabst Gregorio dem Dritten gesandt worden. Im achteu Saeculo ist gantz
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Mähren durch die H. Cyrillum und Methodium, bekehret worden in neunten Saeculo Hungarn und Pohlen durch die Heiligen Adalbertum, Biligrinum, und andere; im zehenden Saebulo Böhmen und Moscau; Franckreich durch den H. Remigium, und gantz Frießland vorlängst durch den Heil. Bonifacium und Willebrordum. Im eilfften, Pommern durch den H. Brononem; im zwölfften Saeculo, Lieffland durch den H. Mainardum, und Schweden durch Nicolaum Brackpier, so hernacher Römischer Pabst erwählet worden. In den letzten zweyhundert Jahren aber seynd in Indien viel mehrere und grössere Provincien zu dem Römisch-Catholischen Glauben bekehret worden, und werden noch täglich mehrere darzu bekehrt, als würcklich in gantz Europa gefunden werden. Nun aber so habe ich doch nicht einiges Heydnisches Volck gefunden, welches zu der Lutherischen oder Calvinischen, oder andern dergleichen Religionen sich begeben, sondern nur etliche laue Catholischen, die nichts anders als die fleischliche Gelüsten und ihren Muthwillen
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gesucht. Habe also den Römisch-Catholischen Glauben allen anderen jetzigen Secten vorgezogen.

24. Betrachtung.
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Aus vorhergehender Betrachtung habe dieses beobachtet: wie GOtt allen Apostelen und Apostolischen Männern, die er gesandt, die Völcker zu bekehren, grosse Wunderzeichen gegeben, nach seinem göttlichen Versprechen zu würcken, indeme Christus zu seinen Jüngern gesagt: Gehet hin / und prediget ... machet die Krancken gesund / erwecket die Todten / reiniget die Aussätzigen / treibet die Teuffel aus / etc. Matth. c. 10. v. 7. & 8 und Marei am letzten stehet: Sie aber 30gen aus / und predigten allenthalben / und der HErr würckte mit ihnen / und bekräfftigte das Wort mit folgenden Zeichen. Die Urheber aber der jetzigen neuen Secten, ob sie sich schon berühmen, sie seyen gesandt von GOtt, feine Kirch zu reformiren und zu erneuren, haben doch nicht das geringste Zeichen noch Wunder gethan zu Bestättignng
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ihrer Lehr, und zum Zeichen, daß sie von GOtt gesandt gewesen; ja wie einer ihnen vorgeworffen: Sie haben noch kein lahmes Pferdt können gesund machen. Wie hab ich dann können glauben, daß sie von GOtt gesandt? absonderlich, da Christus unser Heyland uns gewarnet: Hütet euch für denfalschen Prophe ten / die zu euch kommen in Schaffs Kleiden (die die heilige Schrifft und Evangelium allezeit im Mund haben) aber inwendig seynd sie reissende Wölff. Matth. am 7. c. 15. v. Zumahlen sie einander in ihrer Lehr zuwider: wie Lutherus und Calvinus, dann beyde haben die Wahrheit nicht können lehren, also auch von GOtt nicht gesandt seyn, seine Kirch zu reformiren, keiner aus beyden hat grössere Zeichen seiner Sendung von GOtt und seiner göttlichen Lehr gegeben, als der andere; ist also keinem aus beyden zu glauben,

25. Betrachtung.
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Ferners habe das Leyen der neuen Stifftern und Urhebern deren Religionen und Secten betrachtet, und mit
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dem Leben der Apostolischen Männeren, welche die Heyden zu dem Römisch-Catholischen Glauben bekehrt, verglichen, und gefunden, daß ein so grosser Unterschied ist zwischen ihnen, als dem Himmel und der Erden, dann vorgedachte Apostolische Männer waren mit GOtt vereiniget, der Forcht GOttes und Andacht ergeben, mit Tugenden geziert, mässig, demüthig, keusch, verachteten alles Zeitliche, widerstunden den flüchlichen Begierden, suchten nur die ehre Gottes, und eyfferten nur um der Seelen Heyl, wie aus ihren Leben und Schrifften erhellet: Die andere aber, das ist: deren heutigen Secten Urheber, seynd ihren Bauch und Fleisch ergebene abtrinnige, an ihren Gelübden meineydige; gottlose, hochmüthige Leut gewesen, die nichts anders gelehrt, als was die fleischliche Begierden hegt, und den Muthwillen steifft; wie dann thr Leben und Schriffte klar erweisen. Dann wer ist eben hochmüthiger gewesen, als Luther und Calvinus? die sich mehr geschätzet, als alle Alten, die ihre Auslegung der H. Schrifft der Auslegung al
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ler heiligen Vättern und gantzen Kirchen vorgezogen, wessen Schrifften seyn unfläthiger, als eben des Luthers Schrifften, wessen Schrifften gottloser und gottslästeriger, als des Calvini? daß sich auch jetzund ihre Nachfolger derselben schämen.

26. Betrachtung.
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Es hat mich auch dieses sehr bewegt, den Römisch-Catholischen Glauben vor allen andern zu erwählen, weilen noch würcklich viele bey denen Römisch-Catholischen gefunden werden, die alles verlassen, Freund, Bekandten, Würden, Gaab und Güther, und sich aus Eyffer der Seelen mit gröster Freud in die entfernte Länder zu den Barbarischen Völckern begeben, ihnen das Evangelium Christi predigen, und selbige zu der Römisch-Catholischen Kirch führen, wiewohlen sie die Marter und den Todt für Augen sehen, und sich versichern können, daß sie mit Paulo werden seyn in vielvältiger Arbeit / vielmehr in Gefängnüssen / mit Streichan über die massen geschlagen offtmahl
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in Todts-Gefahr / etc. wie er schreib in seiner 2. Epist. zu den Corinthern am 11. c. 23. v. welches gewißlich kein Prädicant so vieler Secten thut. Woraus geschlossen, daß jene durch den H. Geist müsten geführet werden, und diese nicht: indem niemand ein grössere Lieb hat / als daß er seine Seel für seine Freund setze. Joan. 15. c. 23. v.

27. Betrachtung.
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Ich habe auch mit gröster Verwunderung in obacht genommen, wie bey den Römisch-Catholischen so viele vornehme und reiche Männer, Frauen / Jünglinge und Jungfrauen, so viele Kinder der Fürsten, Grafen und Herren die Welt mit aller Eytelkeit verlassen, und aus Liebe GOttes, und ihrer Seelen-Heyl, sich in die Armuth und strengste Orden begeben: da auch gar offt ihre Eltern und Freund sich darwider setzen. Hingegen wird kaum einer in den neuen Religionen zu finden seyn, der von einem ehrbaren Geschlechte gebohren, wolle ein Prädicant werden: welches ich nicht wil sagen, als thäte GOtt
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die Persohnen ansehen (dann bekandt ist das Christus die einfältige unstudirte Fischer zu Aposteln habe auserwählet) sondern habe daraus abgenommen, daß bey jenen eine sonderbahre Gnad Gottes würcke, und ihr Glaub müste warhafftig seyn, in welchem GOtt solche sonderbahre Gnaden verleyhen thut.

28. Betrachtung.
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Ich erinnere mich, daß, als ich noch jung gewesen, zween Lutherische Prädicanten in meiner Gegenwarth von ei, nem mir wohlbekandten Jüngling geredt, und sagte der eine, so viel ich aus dieses Jünglings Gebärden und Sitten kan abnehmeu, so wird er ein keusches und reines Leben führen. Worauff der andere antwortete: er wird sehr wohl thun, dann die Keuschheit und Reinigkeit seynd sonderbahre Gaaben und Gnaden GOttes. Ich alsdann noch sehr jung, und zwar Lutherisch, sprache bey mir selbsten: wie muß es dann kommen, daß unsere Pastoren solche Gaab und Gnad Gottes nicht haben? die sich doch Reformatores, oder Verbesse
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rer der Kirchen nennen, und Predigers des reinen Evangelii seyn wollen, und sagen, daß die Keuschheit und Reinigkeit seye eine sonderbahre Gaab und Gnad Gottes, da doch keiner von den Prädicanten ein lediges keusches Leben führt. Hingegen gibt GOtt solche Gaab und Gnad so viel Papisten, die wir für abgöttische Leuth halten: indeme bey ihnen so viele Closter-Jungfrauen, Ordens Geistliche, und weltliche Priester gefunden werden, die ein keusches reines Leben führen. Muß also ihr Glauben GOtt wohlgefälliger seyn, als unserer, weilen Er in demselben solche Gnad gibt. Habe also in meinem reiffern Alter offt daran gedacht, und ist endlich auch eine Ursach gewesen, den Römisch Catholischen Glauben anzunehmen.

29. Betrachtung.
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Ich hab viele Authores gelesen, welche wider den Römisch-Catholischen Glauben geschrieben, und besonder in obacht genommen, daß sie in allen ihren Haupt-Sachen suchen zu probieren, was
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die Catholische nicht verlaugnen, sondern gern gestehen: was aber die Catholische für Glaubens-Articuln halten, solches rühren sie nicht an, zu bestreiten. Als zum Exempel: Sie bringen viele Text der H. Schrifft bey, daß GOtt allein solte angebett werden; welches kein Catholischer laugnet, sondern sie glauben festiglich, daß die Sünd der Abgötterey seye, einem Geschöpff göttliche Ehr beweisen. Weiters ziehen sie an die H. Schrifft, wo sie rühmlich von dem Ehestand redet, worzu nutzet es aber? Die Catholische halten ja die Ehe für ein heiliges Sacrament: halten beynebens mit dem H. Paulo in seiner 1. Epistel zu den Cormthern am 7. c. 38. v. Wer seine Jungfrau verheurathet / der thut wohl: wer sie aber nicht verhenrathet der thut besser. Sie, die Uncatholische, erheben des gleichen auch die Verdiensten Christi und seine Genugthuung für unsere Sünden? Was wollen sie aber mehr dardurch? Lehren dann nicht die Catholische auch, daß die Verdiensten Christi eines unendlichen Werth seyen, und für aller Wele Sün
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den genug gethan haben: lehren aber annoch auch wohl dabey, was der Heil. Petrus gelehret in seiner 2. Epistel, c. 1. 10. v. Liebe Brüder / befleissiget euch um so vielmehr / eneren Beruff und Auserwählung durch gute Werck gewiß zu machen. Und was der H. Paulus zu den Römern am 8. c. 17. v. schreibt: So wir mit Ihm leyden / auff daß wir auch mit Ihm zur Herrlichkeit erhoben werden. Imgleichen loben sie sehr den Glauben, was folgt aber daraus? bekennen ja alle Catholische, daß ohne den Glauben ohnmöglich seye, seelig zu werden. Sie sagen auch zugleich, was der H. Jacobus in seiner Canonica am 2. c. 24. v. geschrieben: So sehet ihr nun / daß der Mensch aus den Wercken gerecht wird / und nicht aus dem Glauben allein. So dann, was der H. Paulus hat zu den Corinthern in seiner 1. Epistel am 13. c. 2. v. Und wann ich allen Glauben hätte / also / daß ich auch Berge versetzte / und hätte aber die Liebe nicht / so wäre mirs nichts nutz. Endlich schreiben und klagen sie wieder
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das böse Leben etlicher Priester: was richten sie aher damit aus? Alle Catholische verfluchen das Laster-Leben ihrer gottlosen Priester, loben hingegen auch und verwundern sich über das reine und Englische Leben der Frommen.

30. Betrachtung.
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Ich habe auch beobachtet, daß eben solche Authores in ihren Schreiben, wie auch die andere Prädicanten in ihren Predigen und Reden die Römisch-Catholische Kirch nur mit Schmähworten bestreiten, und dieselbe bey dem gemeinen Volck verschwärtzen, und habe deshalben hieraus erkennet, daß es ihnen an wahren Haupt- und Grund-Ursachen und Beweißthumb mangle, hiemit die Römisch-Catholische Kirch zu bestreiten. Dann wann man im probiren und disputiren zum Schälten und Schmähen komt, so es ein ohnfehlbares Zeichen, daß man an der Prob ermangele. Zu dem seynd die Schmäh-Reden allezeit mit Falschheit und Lügen vermischt; wie hab ich dann können die Warheit aus der Falschheit und Lügen
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erkennen; indeme sie dann denen Catholischen fälschlich vorwerffen, als thäteu sie die heilige gleich als GOtt anbetten: den Pabst für ihren GOtt hielten: mehr Hoffnung und Vertrauen hätten auff ihre eigne Verdiensten und der Heiligen, als auff die Verdiensten Christi: und dergleichen hundertfältige andere Lügen, und falsche Bezüchtigungen, in welchen ich das Fundament meines Glaubens nicht könte gründen, sondern beschlüssen muste, selbsten der Warheit nachzuforschen, und da ich dieselbige gefunden, hab ich alle vorgedachte Secten des Betrugs, und der Schmähung schuldig befunden, und also gäntzlich verworffen.

31 Betrachtung.
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Ich weiß mich noch gar wohl zu erinnern, daß ich in meiner Jugend bey den Calvinisten einer Theologischen Disputation und Auslegung beygewohnt, und einer, so etwas verständiger war, als die andere, dem Professori ein wichtiges Catholisches Argument, und Veweißthum, als ein Catholischer vorge
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halten: worauff der Professor erstaunt, eine Zeitlang stillgeschwiegen, endlich zur Antwort geben, er hätte eben dieses seinem Professori in Engelland vorgehalten, und nichts anders zur Antwort erhalten, als daß solches Argument unwidersprechlich und unaufflößlich seye, und müste man den Catholischen nimmer directè, das ist grad und blatt darauff antworten, sondern umschweiff suchen, um selbes also ohnbeantwortet abzulehnen: über welche Antwort ich mich sehr geärgert: massen durch solche Ablehnung kein Argument und strittiger Glaubens-Punct aufgelöset, noch zur Erkandtnüß der Warheit geschritten wird: und habe deshalben schon dazumahl bey mir gedacht; daß sich die Uncatholische in den wahren Glaubens-Puncten um Erkandtnuß und Beförderung der Warheit bemühen.

32. Betrachtung.
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Auch dieses hat mir die neue Religionen suspect gemacht, und in Argwohn gezogen, daß, ob sie schon die Catholische nach ihrem Belieben an die H. Schrifft
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anhalten dannoch theils gantze Bücher derselben verwerffen, theils fälschlich und nach eines jeden seinem Privat-Geist, und Eigen Sinn auslegen. Da hingegen die Römische-Catholische alle nur eine Auslegung haben, einerley Biblen sich gebrauchen, deren sich die Kirch schon von dreyzehen-hundert und mehr Jahren her gebraucht, solche nicht nach eines jeden Sinn, sonder nach der heiligen Vättern und der gantzen Kischen Lehr auslegen. Von welchen Kirchen Christus Matth. am 18 c. 17. v. also spricht: Höreter die Kirch nicht / so halte ihn wie ein Heyden und Publicanen.

33. Betrachtung.
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Damit ich nichts ohnuntersucht möchte lassen, so habe ich den kleinen Catechismum Lutheri bedachtsamb gelesen, dessen sich noch würcklich die Lutheraner in Hungarn gebrauchen, und dargegen gelesen den jenigen, welchen gemeldter Lutherus Anno 1567. zu Wittenberg lassen ausgehen, und hab gefunden, daß selbiger Catechismus in seiner ersten Wittenbergischen Edition dem andern
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wie Tag und Nacht, in Glaubens-Artikulen zuwieder seye; hätte auch nicht fassen können, wie solche grosse Veränderungen hätten können geschehen, wann ich nicht gewust, daß die jenige Neuglaubige ihre Glaubens-Artikuln thäten nach belieben und gutdüncken verändern: in einer Provintz glaubt man dieses, in einer andern jenes. Heut dieses, morgen etwas anderst. Wer nun so widrige Aenderungen deren Glaubens-Artikulen in vorgemeldten beyden Lutherischen Catechismus nicht glauben wil, der wird alsobald finden solches wahr zu seyn, wann er nur beyde Catechismos lieset, da auch vorgemeldter Wittenbergische Catechismus Ann. 1701 zu Tyrnau in Hungarn auffs neu gedruckt worden: hingegen aber ist in so vielen verschiedenen Catholischen Provincien, so ich durchwandert, kein eintziger Unterscheid der Catechismi, sondern in allen Glaubens-Puncten eine gleichförmige Einigkeit zu finden.

34. Betrachtung.
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Weilen ich dann so viele verschiedene Meynung in Glaubens-Sachen
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bey den gefunden; die der Augspurgischen Confession zugethan: so habe beschlossen, ermeldte Confession reifflich zu überlegen; habe aber dieselbe nach Unterscheid der Zeit und Orthen auch so variabel und verschieden gefunden, daß ich nicht erkennen konte, welches eigentlich die wahre Augspurgische Confession seye, weilen auch die Lutherische Professores selbsten hierin nicht überein stimmen: bis ich die Wienerische Kayserliche Bibliotheck besehen, in welcher der Kayserliche Bibliothekarius uns die jenige in Original gezeigt, welche Melanchton Anno 1530. auf dem Reichs-Tag zu Augfpurg dem Kayser Carolo V. überreicht; die aber in so weit anderst ist, als die jetzige, daß, wan dieser der Titul der Aug purgischen Confession nicht vorgedruckt wäre, sie niemand dafür halten würde; habe also daraus geschlossen, daß die jetzige Lutherische Religion nicht nach der Augspurgischen Confesson, sondern gantz anderst seye: warum ich dann die jetzige Lutherische Religion verworffen: daß ich aber auch vorgedachten Original der ersten
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Augspurger Confession nicht beygefallen, ist unter andern dieses eine Ursach, weilen sie voller Lügen ist, und sich öffentlich wiederspricht. Welches der Cardinal Patzmannus in seinem gelehrten Buch, Kalantz genant, vom 415. bis zu dem 440igsten Blat weitläufftig beweiset.

35. Betrachtung.
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Als ich die Worte Christi des HErrn Matthäi am 7. c. 13. und 14. v. öffters betrachtet, da er also spricht: Gehet hinein durch die enge Pforten: dann die Pforte ist weit / und des Weeg ist breit der zum Verderben abführet / und ihrer seynd viel / welche dardurch eingehen. O wie eng ist die Pforte / und wie schmahl ist der Weeg / der zum Leben führet / und ihrer seynd wenig / die ihn finden. Wie dann auch Luc. am 13. c. 24 v. Bemühet euch durch die enge Pforte einzugehen. Da ist mir gleich beygefallen, daß die neue Religionen nicht der enge Weeg zu dem Leben, sondern der breite Weeg seyen, der zum Ver
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derben führt. Dann nach ihrer Lehr ist es genug seelig zu werden, wann ich glaube, daß ich werde seelig werden, oder zu der Seeligkeit praedestinirt seye: Welche Lehr der Lehr Christi und Aposteln gantz zu wieder; dann als jener Matth. am 19. c. 16. v. Christum gefragt: guter Meister / was soll ich guts thun / damit ich möge das ewige Leben haben? antwortet Christus: Wilst du zum Leben eingehen / so halte die Gebott. Nach der neuen Religionen Lehr antwortet man nicht also: wilt du zum Leben eingehen, so halte die Gebott, dann die Gebott GOttes seynd nach solcher Lehr ohnmöglich zu halten, sondern sie sprechen: wilst du zum Leben eingehen, so glaube nur, daß Christus die Gebott Gottes seines Vatters für dich erfüllet, so wirst du seelig. Als jene Juden Actor. 2. c. 37. v. von den predigen des H. Apostels Petri in ihren Hertzen zu wahrer Reu bewegt, den H. Petrum und die übrige Apostel befraget: Ihr Männer und Brüder was sollen wir thun? antwortete ihnen Petrus: Thut Buß. Christus selbsten spricht
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Luc. am 13. c. 3. v. Es seye dann daß ihr Buß thutso werdet ihr gleicher Weiß umkommen etc. und wiederum der H. Petrus Actor. am 3. c. 19. v. Derowegen thut Buß und bekehret euch / damit euere Sünden ausgetilgt werden. Also hat geprediget Joannes der Täuffer Matth. am 3. c. 2. und 8 v. Thut Buß. Thutwürdige Früch ten der Buß. Was antworten aber die neue Reformirer und Lehrer? Sie sprechen: glaub allein / daß dir deine Sünd vergeben seyen durch die Verdiensten Christi, und dieses ist genug. Ich frage aus diesen weiters: ob ich solle verzeyhen denen, die mich beleydiget haben, wann ich will, daß mir Gott auch verzeyhe? was können und müssen sie hierauff anderst antworten, als nach ihrer Lehr: daß es nicht vonnöthen seye, ich soll nur glauben, daß mir meine Sünd vergeben seyen; da doch Christus Matthäi am 6. Cap. 14. und 15. v. ausdrücklich saat: So ihr den Menschen ihr Sünden vergebet / so wird euch euer himmlischer Vatter euere Ubertrettung auch vergeben. Wo ihr aben den
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Menschen nicht vergebet / so wird euch euer Vatter eure Sünden auch nicht vergeben. Ich will ferner fragen: ob ich durch die gute Werck könne das ewige Leben erwerben; und sie werden mir antworten: gantz und gar nicht; Der Glaub allein macht seelig; da doch die H. Schrifft in der 2. Epistel Petri am 1. Cap. 10. v. sagt: Befleissiget euch um so viel mehr / euern Beruff und Auserwa̅hlung durch gute Werck gewiß zu machen. Und der H. Paulus zu den Römern am 2. Cap 6. v. Er wird einem jeglichen vergelten nach seinen Wercken. Und in seiner 1. Epistel zu den Corinthern am 3. Cap. 8. v. Ein jeglicher aber wird seine eigene Belohnung empfangen nach seiner Arbeit. Ich frage noch, ob ich könne meine Sünden mit Allmosen aussöhnen? weilen Christus Luc. am ???. c. 41. v. sagt: Gebet Allmosen / und alles ist euch rein. Wie dann auch der Daniel in seinem 4. c. 24. v. dem König Nabuchodonosor also rathet: Löse deine Sünd ab mit Allmosen / und deine Missethat mit Barmhertzigkeit ge
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gen die Armen: Und sie werden wiederum Lugen müssen antworten: dieses seye nicht vonnöthen; sondern glaube nur, daß Christus für dich habe genug gethan: und alles ist dir rein. Glaube nur allein, daß der Herr Christus für dich gestorben seye und du wirst deine Sünden auslöschen. Der Glaub allein ist genug zu allem, der Glaub allein macht seelig. Ich frage endlich, durch welche Sünden die Menschen verdammt, und der ewigen Glory beraubt werden? der H. Paulus wird antworten in seiner 1. Epistel zu den Cortheren am 6. Cap. 9. und 10. v. Lasset euch nicht verführen: dann weder die Unkeusche noch die Abgöttische / noch die Ehebrecher / noch die Weichlingen / noch die Knabenschänger / noch die Diebe / noch die Geitzigen / noch die Trunckene, noch die Lästerer / noch die Räuber werden das Reich Gottes besitzen. Die Neuglaubige aber werden antworten mit ihrem Luthero in seiner Hauß-Postill den 8. Sonntag Trinitatis Der Unglauben allein verdammt. Sehe also
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ein neuer und breiter Weeg zu dem Himmel; durch welchen doch niemand zum Himmel kommen ist.

36. Betrachtung.
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Da ich auch diese Frage erfraget: Ob der Glaub allein seelig mache? Welches zu behaupten Lutherns jenen Text Pauli zu den Römern am 3. c. 38. v. (Wir halten dafür / der Mensch werde gerechtfertiget / durch den Glauben /) betrüglicher Weiß verfälschet, und ihme das Wörtlein allein / zugesetzt; als hätte Paulus gelehret: der Mensch werde gerechtfertiget durch den Glauben allein / so doch dem Heil. Paulo fälschlich wird nachgeschrieben. So habe ich alsobald geargwohnet, ob nicht die Nenglaubige sich solchen Betrugs mehr in andern Texten der Heil. Schrifft thäten gebrauchen; habe auch in der Warheit gefunden, wovon ich geargwohnet: dann Lutherus in obangezogener 2. Epistel Petri am 1. c. 10. v. Befleissiget euch umb so vielmehr / euern Beruf und Auserwählung durch gute Werct gewiß zu
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machen / diese Wort: durch gute Werck: ausgelassen, weilen sie seiner Lehr, daß die gute Werck zur Seeligkeit nichts nutzen, ausdricklich wiedersprochen. Also haben die mehriste Calvinisten diese klare Wort Christi: Hoc est corpus meum das (unter denen Brodt-Gestalten) ist mein Leib Luc. am 22. c 19. v. also geändert: und an statt hoc est: gesetzt: hic est: allhier (wo ich würcklich stehe oder sitze: ist mein Leib: damit sie nur die wahre Gegenwart Christi unter denen Sacramentalischen Brod-Gestalten verlaugnen mögen. Eben dieser Ursach halben lesen sie an statt dieser Worten: Ego sum panis vivus, qui de coelo descendi. Joan. 6 c. 51. v. Ich bin das lebendige Brodt / der vom Himmel gestiegen bin. Also Panis vivificans, &c. Ich bin das lebend-machende Brodt etc. Hiedurch zu erzwingen, als wäre das hochwürdige Sacrament nur ein natürliches Brodt, so da zwar dem Leben dienet, aber in sich nicht lebe? Also haben sie auch den Text Jacobi am 5. c. 16. v. geändert, daß an statt Confitemini alterutrum pec
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cato vestra: Bekennet einander einer dem andern Euere Sünden / sie also lesen: Confitemini peccata vrstra erga invicem: Bekennet euere Sünden auff einander / einer gegen den andern: auff das sie die Sacramentalische Beicht, weil die Catholische aus vorigen Text Jacobi beweisen, abschaffen mögen. Also haben sie auch diesen Text des H. Pauli zu dem Hebr am 13. c 4. v. Honorabile connubium in omnibus: Eine ehrliche Vermählung sey bey euch allen: also geändert: Honorabile connubium inter omnes: Eine ehrliche Vermählung soll seyn unter aller. Wordurch sie behaupten wollen, daß auch die Priester zur Ehe schreiten, und heyrathen können. Also haben sie aus den Worten Christi Matthaei am 25. c. 34. und 35. v. Venite Benedicti Patris mei, possidere paratum vobis regnum à constitutione mundi: esurivi enim & dedistis mihi manducare: das ist; Kommet her ihr Gebenedeyten meines Vatters: besitzet das Reich / das euch bereit ist von Anbeginn der Welt: dann ich bin hungrig ge
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wesen / und ihr habt mir zu essen geben Das Wörtlein enim dann / weilen es scheinet, als thäte es erweisen, daß die gute Werck zum ewigen Leben nutzen, ausgelassen. Ich lasse dergleichen viele Veränderungen aus. Habe also gefunden, daß die neue Lehrer und Urheber der neuen Religionen den Weeg Gottes in der Wahrheit nicht lehren, sondern die H. Schrifft nach ichrem eigenen Sinn auslegen, stimmelen und veränderen; wie hätte ich dann können bey solchem Glauben bleiben.

37. Betrachtung.
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Die wahre Kirch Cheisti von den falschen zu erkennen, hab ich also bey mir diesen nachfolglichen Sinn Schluß gemacht: Es ist ein wahre Kirch Christi. Dieses gestehen alle Religionen und Secten in der Christenheit ausser den Ketzern, die Exspectantes genennt werden. Wann dann eine Kirch Christi ist, so muß sie von Christo eingesetzt seyn: ist sie von Christo eingesetzt, so ist sie mit gröster Weißheit eingesetzt, dann Er ist die ewige Weißheit.
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Und so sie mit gröster Weißheit eingesetzt worden, so muß sie also ohnfehlbar ein gesetzt seyn, daß sie beständig verharre, nach der Lehr Christi selbsten, Matth. am 7. c. 24. und 25. v. wo er sag: daß ein weiser Mann seye / der seyn Hauß auff einen Felsen gebauet hat. Da siel ein Platz-Regen herab / und kamen Wasserfluten / auch bliesen die Wind / und stiessen auff dasselbige Hauß und es siel gleichwohl nicht: dann es war auff einen Felsen gegründet. Und solcher Felsen ist der jenige, von welchem Christus gewandt: Matthäi am 16. c. 18. v. Du bist Petrus / und auf diesen Felsen will ich meine Kirch bauen / und die Pforten der Höllen sollen sie nicht überwältigen. Wann sie also fest gegründet, so hat sie nicht können fehlen, noch fallen, weder durch Platz-Regen der Bekümmernüß, noch durch Wasserflutten und Fluß der Verfolgungen, noch durch die Winde der Ketzereyen zerfallen: Sonsten wäre sie auff den Sand, und nicht auff den Felsen gegrundet gewesen. Hat sie nicht können fehlen, noch fallen,
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noch abnehmen; so ist sie allzeit sichtbahr gewesen. Dann sonsten Christus umsonst seine Glaubigen ermahnt hätte, Matthäi am 18. Cap. 17. v. Sage es der Kirchen; wann er aber die Kirchen nicht höret / so halte ihn wie einen Heyden und Publicanen. Dann wie könten die Gläubige der Kirchen etwas sagen, oder anzeigen, wann die Kirch unsichtbar und nicht zu finden wäre? ist sie dann allen Glaubigen sichtbar, gewesen, so hat sie müssen von den Aposteln nach der Aufferstehung Christi fortgepflantzet werden. Denen Er sagt: Marci am 16 Cap. 15 v. Gehet hin in die gantze Welt / und prediget das Evangelium allen Creaturen; wie sie dann gethan, nach Zeugnuß ermeldten Evangelisten: Sie aber zogen aus / und predigten allenthalben / und der HErr würcket mit ihren / und bekräfftiget das Wort mit folgenden Zeichen. Und als dieser Glaub und Kirch Christi durch die Apostelen überall fortgepflantzet, und in der gantzen Welt geprediget gewesen, so hat sie derenthalben müssen allgemein / oder Catholisch
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seyn. Wann sie Catholisch oder allgemein gewesen, also hat sie zugleich auch einig seyn müssen. Derowegen wird sie genennt Joan. am 10 c. 16. v. unum ovile, ein Schaaff Stall. Zu den Römern am 12. c. 4. v. unum Corpus, ein Leib. Und zu den Ephesern am 4. c. 4. v. unum Spiritus, ein Geist. Wann dann nun die Kirch Christi ein Leib und ein Geist ist; so hat sie auch ein Haupt müssen haben, ist sie sichtbar, und hat sie ein Haupt müssen haben; so hat Christus nach seiner Himmelfahrt ihr müssen zum sichtbahren Haupteinen aus den Aposteln vorstellen; Und den jenigen zwar, deme er gesagt Joann. am 21. c. 16. v. Weide meine Lämmer. Und Matth. am 16. c. 18. v. und ich sage dir / du bist Petrus / und auff diesen Felsen wil ich mein Kirchen erbauen / und die Pforten der Höllen sollen sie nicht überwältigen. Also ware Petrus von Christo zum sichtbaren Haupt seiner Kirchen gesetzt. Weilen aber Petrus nicht allezeit hat können leben, die Kirch Christi doch allezeit bestehen müssen: wie Er dann gesagt Matth. am 28. c. 20. v. Siehe! ich bin bey euch alle
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Täge / bis zum End der Welt. So hat Er in seinem Universal- oder allgemeinen Hirten-Ambt und Christlicher Lehr andere Successores oder Nachfolger, und nach diesen noch andere haben müssen; ist also die Succession unb Folgung deren Hirten / und der Lehr nothwendig zu der wahren Kirchen Christi; weilen aber auch Petrus und seine Nachkömmling nicht in eigner Person haben können das Evangelium in der gantzen Welt predigen, so haben sie Mithelffer müssen haben in solchem heiligen Werck, wie zu den Ephesern am 4. c. 11. und 12 v. geschrieben stehet: Und Er selbst hat etliche zwar gegeben zu Hirten und Lehrern zu Vollziehung der Heiligen zum Werck des Diensts / und zu Erbauung des Leibs Christi / bis wir alle einander unter Augen kommen / und zu einem volkommenen Mann werden in der Maaß des vollkommenen Alters Christi (nemlich in der Aufferstehung:) auff daß wir nun nicht mehr unstätige Kinder seyen / noch von einem jeglichem Wind der Lehr
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umbgetrieben / und durch Schalckheit der Menschen mit List des Irrthums hintergangen werden. Letztlichen, weilen uns Christus zu seiner Kirchen beruffen hat, damit wir einen neuen Menschen anziehen / der nach GOtt geschaffen ist / in Gerechtigkeit / in wahrer Heiligkeit. Zu den Ephesern am 4. c. 24. v. so muß die Kirche Christi heilig seyn / nemlich durch seine Lehr zur Heiligkeit führen, und etliche heilige Persohnen haben. Nun ist solche Kirche Christi, die von Ihm gegründet, und durch die Apostelen fortgepflantzet worden, kein ander, als die Römisch-Catholische Kirch; dann diese ist durch die HH. Apostelen Petrum und Paulum zu Rom angefangen, und vermehret worden, dieser Kirchen Glaub ist der Apostelen Glaub, absonderlich des H. Pauli, der zu den Römern am 1. c. 12. v. schreibt: Daß sein Glaub der Römer Glaub / und ihr Glaub sein Glaub / und also folglich der Apostolische Glaub seye: Dieser ist durch die gantze Welt verkündiget worden, wie ermeldter H. Paulus am
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8. c. 8 v. selbsten bezeuget: Also ist solcher Glaub und Kirch allgemein und Catholisch. Diese Kirch ist von Christo durch Petrum auf einen Felsen gegründt, so hat sie nicht können überwältiget werden, noch abnehmen, sie ist allezeit sichtbahr gewesen, und annoch sichtbahr; zu welcher alle Völcker sich gezogen, und die Heyden sich bekehrt haben. Diese Kirch hat allezeit nach einander folgende Hirten der gantzen allgemeinen Christenheit gehabt; von dem H. Petro an bis auf den heutigen Pabst Clementem den Eilfften. Diese Kirch hat eine einhellige Lehr des Glaubens in der gantzen Welt; ist also einig. Diese Kirch hat viele Heiligen, Martyrer, Beichtiger und Jungfrauen, gehabt, und lehret ihre Glaubigen die Heiligkeit, daß sie das Böse sollen lassen, und das Gute würcken; ist also einig; Also dann auch der wahre Glaub, die wahre Religion, und die wahre Kirch Christi. Wann sie dem nach die wahre Kirch Christi ist, so ist sie auch die alleinig wahre Christliche Kirch, und also allein auszuwählen, und anzunehmen.
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38. Betrachtung.
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Hingegen seynd alle andere Secten oder Religionen (sie mögen nun samt oder sonders genommen werden) einander in ihren Lehren und Glaubens-Artikulen zuwieder; seynd also keine einige Kirch. Sie kommen nicht von den Apostelen her, sondern seynd viel hundert Jahr nach den Apostelen erstanden; seynd also keine Apostolische Kirch; sie seynd nicht überall, sondern nur in etlichen kleihen Provincien Europae; also keine allgemeine oder Catholijche Kirch. Sie können ihre vermeinte Hirten nicht weiter herbringen, als von Luthero oder dergleichen. Haben also keine von den Apostelen her nacheinander folgende Hirten. Sie können keinen Heiligen ihrer Religion nennen, sie lehren nicht, daß man das Böse lassen, und das Gute würcken soll; sondern sagen, daß eine seye unmöglich, das andere nutze nichts zur Seeligkeit; seynd also keine heilige Kirch. So haben sie dann keine Zeichen der wahren Kirchen Christi; seynd also alle zusammen, und jede besonder zu verwerffen.
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39. Betrachrung.
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Es geschicht gar offt, daß eine Strittigkeit zwischen den Catholischen und Uncatholischen entstehet über einen Text der H. Schrifft; und ist die Frag nicht, ob das Buch, woraus der Text genommen, Canonisch und gültig seye; oder ob die Dollmetschung gut und recht seye: sondern die Frag ist, welcher der rechte Sinn solches Texts, und welche die wahre Auslegung desselben seye. Die Römisch-Catholische legen ihn aus nach Meynung der ersten Kirchen und der HH. Vättern: die Uncatholische aber bringen neue Auslegungen herbey, die nicht allein der Lehr der ersten Kirchen und der heiligen Vättern zuwider seynd, sondern die auch unter sich einander widerstreben, nach eines jeden seinem eigenen Sinn und Hirn. In dergleichen Fällen habe offt gezweiffelt, welcher Auslegung ich solte beyfallen? da ich aber die Sach recht betracht, so hat mir die Vernunfft klärlich eingeben, daß ich solte vielmehr der Römisch-Catholischen Auslegung folgen, weilen sie der Auslegung der allgemeinen und ältesten
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Kirchen, und der uhralten heiligen Vättern gleichförmiger ist. Theils auch, weilen die Authorität der gantzen allgemeinen und ältesten Kirchen mehr gilt, als die Authorität einiger Privat-Personen: welche, gleichwie sie sich erst neulich herfür gethan also ihnen wenig zu trauen: so dann: weilen an den heiligen Vättern nicht zu zweiffelen, die in aller Heiligkeit und Gelehrtheit wohl gegründet mit Tugenden begabt, und die Wahrheit gesucht: da die andere Neuglaubige leichtsinnig, wenig gelehrt und nichts anders, als ihren Muthwillen und fleischliche Begierden zu erfüllen getrachtet; theils auch, weilen solche heilige Vätter nahe nach den Zeiten der Apostelen, ja etliche gar zu ihren Zeiten gelebt, und also ihren Sinn und Meynung, wie auch der Heil. Schrifft grössere und bessere Wissenschafft haben könten, als die neuliche Urheber der Secten, welche so viel hundert Jahr hernach kommen. Zu deme noch, ist solche Auslegung der heiligen Vättern vor den heutigen Streitigkeiten geschehen, daß sie also die H. Schrifft nicht par
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theyisch ausgelegt; die jetzige Neuglibige aber suchen dieselbe auf ihre Seiten zu ziehen, und wollen mit Gewalt die H. Schrifft nach ihrer Lehr zwingen, und nicht ihre Lehr nach der H. Schrifft einrichten.

40. Betrachtung.
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Damit aber dieses besser erhelle, so wollen wir zum Exempel beybringen diesen Text der Heil. Schrifft, und die Wort Christi des HErrn selbsten: Hoc est Corpus meum? das ist mein Leib. Die Römisch-Catholische nehmen diese Wort in ihrem natürlichen und wahren Sinn, weilen es allezeit die Auslegung der allgemeinen Kirchen und aller HH. Vättern von Aufang gewesen ist. Die Uncatholischen verlaugnen die klare Auslegung aus ihrem eignen Sinn, und Eingebung ihres Privat-Geistes: und die Lutheraner legen sie auff eine ander Weiß aus, als die Calvinisten. Die Zwinglianer anderst, als die Arrianer, und ein jeder bringt keine andere Ursache seiner Auslegung vor, als seinen eignen Sinn, und Privat-
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Eingebung seines Geistes. Weme aus diesen hätte ich dan solten glauben? oder welcher Auslegung beyfallen? Habe derenthalben am besten gedacht, keinen zu glauben, weilen ich so wenig Ursach der Warheit bey einem gefunden, als dem andern: die Warheit ist in allem einig; die Falschheit aber zertrennet. Habe also in diesem wollen der Lehr deren Römisch-Catholischen folgen, weilen dieselbe die sicherste ist.

41. Betrachtung.
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Auff daß ich zu dem Fundament der gesuchten Warheit käme, so hab ich mir vorgenommen, beyder Partheyen, deren Catholischen so wohl, als Uncatholischen vornehmste Authores durch und durch zu lesen, um zu sehen, wie ihr Lehr mit der Lehr der HH. Vätter der ersten Kirchen, und unter sich selbsten überein stimme. Habe derowegen viele Bücher der Römisch-Catholischen durchsuchet, die zwar von unterschiedlichen Nationen, in unterschiedlichen Reichen und Provincien geschrieben worden, theils von Spaniern, Italiänern und Fran
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tzosen, theils von Nieder- und Engelländern, theils von Teutschen, Pohlen und Hungarn; und hab gefunden, daß sie in Glaubens-Sachen alle übereinstimmen; und was mich am mehristen verwundert, ist, daß die jenige, so Scholasticis, oder Schul Streitigkeiten einander zuwieder, als die Thomisten, Scotisten, Nominales und Jesuiten; doch in Glaubens-Sachen eins halten, eben dasselbige lehren und bekennen. Eben dieses hab ich beobachtet in den Schreiben der alten heiligen Vättern; wiewohlen dieselbe zu unterschiedlichen Zeiten, und in den entfernsten Theilen der Welt gelebt, und geschrieben; als Ignatius und Chrysostomus zu Antiochia; Athanasius und Telesphorus zu Alexandria; Macarius und Cyrillus zu Jerusalem; Proclus zu Constantinopel; Gregorius und Basilius in Cappadocien; Justinus zu Athen; Dionysius zu Corinthen; Ephrem zu Syrien; Cyprianus, Optatus und Augustinus in Africa; Epiphanius in Cypria; Ambrosius in Italien; Irenäus in Franckreich; Orosius und Isidorus in Spanien;
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Beda in Engelland. Da hingegen ich aber hernach der heutigen Uncatholischen ihren Schrifften gegen der Lehr der alten heiligen Vättern verglichen, habe gefunden, daß sie so weit davon entfernt, als der Himmel von der Erden: da ich auch sie selbst, die Uncatholische Scribenten, gegen einander gelesen, so hab ich klar gesehen, daß sie einander in Glaubens-Sachen zuwieder seyen; dann die Calvinisten seynd nicht allein wieder die Lutheraner, und die Lutheraner hingegen wieder die Calvinisten, und beyde Theil wieder die Puritaner Arrianer und Widertauffer; sondern die auch eines Glaubens seynd, zerzancken sich in Glaubens-Sachen aufs ärgste; also lehren anderst in einer Sachen die Calvinisten, so Rigidi, anderst die Calvinisten, so Molles genant werden. Anderst die Remonstranten, anderst die Contra-Remonstranten, also auch anderst die Puritaner, als die Presbyterianer; und eben also lehren eine Sache weit anderst die Wittenbergische Lutheraner, als die Königsbergische Lutheraner, die in Schweden anderst, als die in Hungarn, die
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Brandenburger anderst, als die Engelländer; so halten sie einige Glaubens-Puncten anderst in diesem Saeculo, als sie gehalten im vorigem; und jetzund anderst, als im Anfang des Luterthums. Was hätte ich dan für eine Ursach am Jünsten Tag können beybringen, daß ich vorgedachten so vielen hochheiligen und verständigen Männern und Vättern der uhralten Catholischen Kirchen, solche verwirrte, wenige, nicht gar gelehrte noch fromme, unter sich selbsten zertrennte Menschen hätte vorgezogen? habe also wohl geacht, es seye besser, den Römisch-Catholischen sich zugesellen, und die andere zu verwerffen.

42. Betrachtung.
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Ja wann auch schon jetztbenante so viele HH. Vätter der uhralten Catholischen Kirchen geschwiegen, so hätten mir so gar die Stein, die alte Rudera, die zerstörte alte Mauren und Fundamenten, wie dan auch die alte Ceremonien, Ritus, und von alten Zeiten hero gepflogene Kirchen-Gebrauch, und andere, so gar die politische Gewonheiten zu
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geruffen, und für die Warheit der Römisch-Catholischen Kirchen gesprochen: dan ich ersahe die alte Kirche, ich betrachtete die Wählung der alten Käyseren und Königen, der Ceremonien ihrer Crönungen, ihre Statua, die Gewohnheiten und Gesätz der uhralten Christlichen Universitäten, die alte in Marmelstein eingegrabene Schrifften, die Historien aller zur Christenheit bekehrten Völcker, die Geschichten, so geschrieben, von der Zeit an, als der Christliche Glaub geprediget worden, die alte Calender, und die Fest-Täg der Heiligen in denselbigen auffgezeichnet, wie dann auch die vornehmste höhere Fest-Täg und Jahrzeiten des gantzen Jahrs deren sich auch noch die Uncatholische gebrauchen: als da seynd die Sonntäg genandt: Quadragesimae, Quinquagesimae, Sexagesimae, Septuagesimae, Dominica in Albis, Quasimodogeniti, Jubilate, Cantate, Rogate, die H. Fasten und Advents-Zeit, etc. Dieses alles hat mir erwiesen, daß im Anfang der Christenheit kein anderer Glaub gewesen, als der Römisch-Catholische Glaub, also hat mich die
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Vernunfft überwiesen, daß ich dieser alten Religion solte anhangen, und die kurtz erfundene neue verwerffen.

43. Betrachtung.
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Es seynd schon siebenzehen-hundert Jahr, in welchen die Römisch-Catholische Kirch von den grausamsten Tyranncn ist verfolget worden; als von den Türcken und Heyden, von den Abtrinnigen, und von so vielen Ketzereyen, ist doch allezeit unüberwindlich, sichtbar, und blühend verblieben, da sie anch noch täglich zunimmt, und in stäten Flor fortgepflantzet wird. Da hingegen so viele und verschiedene Ketzereyen entstanden, die zwar sehr mächtig geschienen, und wie ein reissender Wasserstrohm sich ausgegossen, alle aber nach und nach abgenommen, und endlich gar zu Grund gangen. Dergleichen seynd gewesen die Ketzereyen der Manichäer, Donatisten, Pelagianer, Iconoclassen, und vieler andern. Was hab ich dan daraus anderst können schliessen, als daß die Römisch-Catholische Kirch von Christo auf einen Felsen gebaut, welche die Pforten der
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Höllen nicht werden überwältigen können. Die andere Secten aber seyen von Menschen auf Sand gebauet worden, worauf ein Platz Regen gefallen, eine Wasserflutte kommen, und die Wind gestossen, daß sie niedergefallen, und ihr Fall sehr groß gewesen; ja durch sich selbsten zertrümmert worden seynd; wie die jetzige auch mit der Zeit so gar durch sich selbsten zerfallen werden; nach den Worten Christi bey Matthäo am 15. c. 13. v. Eine je gliche Pflantze die mein himmlischer Vatter nicht gepflantzet hat, wird ausgerottet werden. Habe derohalben lieber wollen seyn in dem Hauß, so auf den Felsen gebauet ist, als in den Häusern, so auf den Sand stehen, und den gäntzlichen plötzlichen Ruin betrohen.

44. Betrachtung.
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Ich hab gar offt mit Fleiß die Biblio, thecken, sowohl der Catholischen als Uncatholischen durchgangen, und in den Catholischen Bibliothecken dreyerley Art Bücher gefunden in so vielen Classen und Unterschied der Länge nach daher stehen, die in den Uncatholischen Biblio
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thecken gar nicht zusehen seynd. In der ersten Claß stunden die Bücher, so rubricirt seynd mit den Titul: Vitae Sanctorum Leben deren Heiligen: dieser Büchern seynd über die massen viele, von so vielen Heiligen aus allerhand Ständ, geschrieben von den Leben einer unzahlbahren Menge der heiligen Jungfrauen, Wittwen, Bischöffen, Einsiedlern, Geistlichen, Closter-Frauen, Martyrer, Apostolischen Männern, heiligen Königen, und anderer heiligen Beichtigern, In diesen Büchern konte man die Verwunderung lesen ihre beroische Tugenden, die Unschuld ihres Lebens, die Heiligkeit ihrer Sitten, ihre Andacht zu GOtt, ihre Lieb zu dem Nächsten, ja alle Vollkommenheiten des Christlichen Lebens. Gedachte derobalben bey mir selbsten, solcher Glaub muß ja ohne allen zweiffel der wahre Glaub seyn, in welchen so viele heilige Persohnen gewesen, die mit so vielen Tugenden, und solcher Vollkommenheit begabt gewesen: dann ein böser Baum kan keine gute Früchten bringen / sagt Christus selbsten, Matth. am 7. c. 18. v. Und: an ihren Früchten
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sollet ihr sie erkennen / spricht er in genannten Cap. am 20. v. Nun haben ja alle solche Heiligen in den Römisch-Catholischen Glauben gelebt' und seynd in demselben gestorben: so hab ich nothwendiger Weiß müssen schlüssen, daß der Römisch Catholische Glaube der wahre Glaub seye. Die zweyte Claß der Büchern waren die Ascetici, daß ist bezeichnet: die geistliche Bücher / in welchen die heylsamste Geist-reiche Lehren begriffen seynd von Ubung der Christlichen Tugenden, und der Vollkommenheit von der Nachfolgung Christi, von der Lieb Gottes, und des Nechsten, ja so gar von der Lieb seiner Feinden, wie man denselben von Hertzen solle verzeihen, und die empfangene Schmach vergeben; von der Demuth, von der Keuschheit, wie man seiuen Willen mit dem göttlichen Willen solle vereinigen. Von der Betrachtung der vier letzten Dingen, Abscheulichkeit der Sünden, mit einem Wort: vom Gebrauch und Ubung aller Gottseeligkeit und Andacht.
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Der dritten Claß Bücher, seynd die Theologi Morales, als welche von Haltung der zehen Gebotten, und anderer göttlichen Gesätzen, von wieder Erstattung des ungerechten Guts, und Ersetzung des zugefügten Schadens; von würdiger und gültiger Ausspendung und Empfahung deren heiligen Sacramenten, wie auch von allem, was das Gewissen zu regieren erfodert wird, sehr genau, Christlich und gewissenhafft beschrieben haben. In deren Uncatholischen Bibliothecken aber seynd dergleichen Bücher nicht zu finden: keine Leben den Heiligen / dann sie haben keine Heiligen. Keine Geistliche Asceten / dann die Ihrige haben nichts von der Vollkommenheit, als die sie nicht einmahl erkennen. Nichts von der Nachfolgung Christi: dann diese, sprechen sie, ist unmöglich. Nichts von Ubung der Tugenden und guten Wercken: dann diese nutzen nichts zur Seeligkeit nach ihrer Lehr. Nichts von der Keuschheit: dann der Namen der Keuschheit erschröcket sie. Nichts von den Bußwercken: dann ihnen der Glaub allein genug ist:
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man muß nur glauben, daß Christus selbsten dem himmlischen Vatter für unsere Sünden habe genug gethan: bey ihnen ist keine Theologia Moralis von Haltung der Gebott Gottes: dann nach ihrer Lehr ist es unmöglich, solche zu halten: alle Sünden seynd einander gleich: die Sünden der Praedestinirten werden ihnen von GOtt nicht zur Sünde gerechnet: Niemand wird nach ihrem Sinn verdammt, durch einige Sünden, als alleinig durch die Sünd des Unglaubens; und seynd andere dergleichen ihre Lehren nicht vom himmlischen Vatter offenbahret, sondern vom Fleisch eingeben; die nicht zu einem geistlichen, sondern einem viehischen Leben führen, und Anleithung zu aller Laxität, Ausgelassenheit, fleischlichen Begierden, ja zu aller Freyheit des Lebens Ursach geben.

45. Betrachtung.
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Ich hab auch deren Uncatholischen ihre Conventicula oder Privat-Zusammenkünfften, als da gewesen seynd: die Augspurgische, Schweitzerische, Genffische und Engelländische Zusammenkünfften, betrachtet, was sie vor ei
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ne Autorität und Ansehen haben mögten, gegen so vielen General-Concilien und allgemeinen Versammlungen der uhralten Catholischen Kirchen? hab aber befunden, daß selbige gegen diese ein Ansehen haben, gleich der Finsternüß gegen dem Licht, sintemahlen zu denen allgemeinen Concilien der Römisch-Catholischen Kirchen pflegen beruffen zu werden die Bischöff aus der gantzen Welt, die vornehmsten und gelehrteste Theologi, Doctores der Heil. Schrifft, Oratores, und Abgesandten der König und Kaysern; da wird alles auff das reiffste und schärffste untersucht, und einhellig geschlossen: solche dauren viele Jahr, damit die Glaubens-Streitigkeitten recht erwogen, und also erörtert werden, damit inskünfftig nicht daran zu zweiffeln. Worin bestehen aber die Conventicula und Privat-Zusammenkünfften der Uncatholischen? Last uns an statt aller nur zum Cxempel anführen die so berühmte ihre Augspurgische Versammlung, in dero sich die Augspurger Confession so steiff gründet, weilen sie in selbiger geschmiedet worden: wer
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ware in dieser Versammlung anwesend, als nur einige wenige Köpff, die da kaum nach der Theologischen Wissen schafft geschmeckt, welche ihre Schrifften in Eyl, ohne reiffe Uberlegung: und zwar in einem offenen Wirthshauß zusammen getragen, und alles obenhin geschlichtet. Die, so in diesem Conventiculo anwesend gewesen, waren nur von einigen eintzigen, das ist, Teutscher Nation, sehr wenige, aber solcher Männer, von welchen bekant ist, daß sie Arbeiter von voriger ihrer Meynung eingenommen, eigensinnig, hochmüthig derem Bauch, fleischlichen Begierden, und der Freyheit des Lebens ergeben waren: deren alldorten verfertigte Confession, oder Glaubens-Vekandnuß nur von etlichen Städten und Fürsten angenommen, von andern verworffen, und schon vielmahlen verändert, gestimmelt, und sich selbsten nicht mehr gleichet. In Erwegung dessen ich dann wohl gethan, daß in Schliessung deren streitbahren Glaubens-Sachen nicht diesen, sondern denen Catholischen Concilien gefolgt habe.
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46. Betrachtung.
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Hernacher habe ich betracht das Gewissen der Catholisch und Uneatholischen: Das Gewissen aber ist eine Würckung des Verstandes oder der Vernunfft wordurch wir erkennen, was zulässig, oder nicht zulässig seye, zu thun, oder zu lassen, und ist die rechte unmittelbahre Regul unsers Willens. Nun beliebe man zu erforschen, und recht ausführlich zu erkennen, was für solche Gewissens-Regulen aus der Lehr deren Catholischen sowohl, als deren Uneatholischen heraus gezogen werden, nach welchen sich der menschliche Will richten muß. Die Gewissens-Regulen aus der Römisch-Catholischen Lehr seyn diese: Alle Sünde muß man meiden: und stehet es in unserm freyen Willen, zu sündigen, oder aber mit göttlicher Gnaden-Hülff die Sünd zu meyden. Alle Todtsünden verdienen die ewige Peyn, und eine Todtsünd ist genug, uns ewig zu verdammen. Um aller Welt Guth zu gewinnen, ist nicht zulässig zu sündigen, ja es wäre besser tausendmahl sterben, als eine ein
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tzige Sünd zu thun, wann es auch schon die geringste wäre. Man muß GOtt Rechenschafft geben von allen, auch den leichtesten Sünden, und von einem jeden unnützigen Wort. Die Sünd wird nicht nachgelassen, biß das ungerechte Guth wider erstattet werde. So jemand eine Todsünd begangen, so ist ihm nichts übrig, als die Höll, oder die Buß. Ein jedes übernatürliches gutes Werck verdient die himmlische Glory, und die göttliche Gnad, oder die Vermehrung derselben. Man muß alle Todtsünden dem Priester beichten und bekennen. Und viele dergleichen Lehren.

Die Negulen aber aus uncatholischer Lehr das Gewissen zu regieren, seynd diese:
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Die Gebott Gottes seynd unmöglich zu halten. Ein jeder ist schuldig zu glauben, daß er werde seelig werden, und zu der Seeligkeit praedestinirt seye.
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Wer dieses glaubet dem rechnet GOtt keine Sünde zu. Um keiner andern Sünd willen wird der Mensch verdammt, als um die einige Sünd des Unglaubens. Die gute Werck seynd nicht verdienstlich der ewigen Seeligkeit. Man ist nicht schuldig für seine begangene Sünden Buß zu thun, indeme Christus schon für alle unsere Sünden mit seinem Tod und theuren Blut genug gethan hat. Es ist nicht in unserem Gewalt, die Sünde zu meyden. Niemand ist schuldig, seine Sünden zu beichten, dann der Glaub allein macht seelig. Nun erwege ein jeder, was aus dessen uncatholischen Lehren für ein gewissen könne formiret werden, um die Sünd zu meyden, und das Gute zu würcken? ob solches nicht allein die vorgedachte Catholische Gewissens-Regulen richten können und müssen, nicht aber die jetztgedachte Regulen uncatholischer Lehr? bin deshalben, ja so gar, Krafft meiner Vernunfft, angehalten worden, dem Ca
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tholischen Gewissen zu folgen, nicht aber dem Uncatholischen.

47. Betrachtung.
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Dieses hat mir auch sehr an den Prädicanten mißfallen, daß sie in allen ihren Predigen nur suchen die Catholischen zu tadeln, und auszulachen, wegen ihren Kirchen Gebrauch und Ceremonien; Die wichtigste Sachen aber ihres Glaubens, und was so hoch nothwendig ist zum Heyl des Volcks des achten sie nicht, und verschweigen es dem Volck: als nemlich das sie (die Prädicanten) keine wahre Priester seyen, und also keinen Gewalt haben, das Sacrament des Altars zu consecriren, noch einigen Gewalt haben, die Sünden zu vergeben: in welchen zwey Stücken doch am meisten das Priesterliche Amt bestehet. Wessentwegen das arme Volck von den Prädicanten verblent und betrogen wird, die da vermeynen, sie empfingen den Leib, und das Blut Christi unter beyden Gestalten, empfangen aber unter keiner etwas, weilen die Prädicanten keine Priester
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seynd; empfangen also nichts, als daß pure Brodt und puren Wein, Item sagen sie zu dem gemeinen Volck, daß sie nichts anders lehren, als was die erste Christliche Kirch, und die alte heilige Vätter gelehret haben, welches doch gäntzlich falsch ist, und ihnen selbsten solche Falscheit bekandt ist; dann sie lehren die Ihrige nicht die Sünd meyden, oder für die begangene Sünden Buß zu thun. Sie ermahnen die Ihrige nicht Guts zu würcken, fromm und Christlich zu leben nach der ausdrücklichen Lehr und dem Exempeln unsers Heylands.

48 Betrachtung
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Als ich unter den Catholischen gewesen, hab ich in obacht genommen, welche von ihnen für böse und laue Catholischen gehalten würden; und verstanden, daß sie als böse und laue Catholische die jenige achten, welche die Gebott Gottes und der Kirchen nicht halten; keine gute Werck üben, die Beicht unterlassen; der H. Meß wenig beywohnen; selten zu dem H. Sacrament des Altars und der
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Buß geben; ihren Gelüsten pflegen, die gebottene Fast-Tage nicht halten, etc. Habe mich dann alsobald zu den Uncatholischen gewendt, und gefunden, daß die jenige, welche bey ihnen diese jetzt erwähnte Werck nicht üben, sondern unterlassen, bey ihnen für die eyfferigste und beste Evangelischen und Protestanten gehalten werden, und also geschlossen, daß die boßhaffteste und schlimmeste Catholischen seynd wie die beste und eyfferigste Evangelische und Protestanten, und bin bestättiget worden in jener Gradations-Rede, die ich schon vorlängst gehöret: nemlich, daß aus dem ärgsten Catholischen der beste Lutheraner; aus dem ärgsten Lutheraner der beste Calvinist: aus dem ärgsten Calvinisten der beste Arrianer; und aus dem ärgsten Arrianer der beste Mahometaner gemacht werde.

49. Betrachtung
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Es hat mich auch dieses bewegt, den Römisch-Catholischen Glauben anzunehmen; daß ich gesehen, daß niemahlen einer von denen Römisch-Catholischen zu den uncatholischen übergangen dardurch besser zu werden; sondern da
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rum fürnemlich: auff daß er seinen fleischlichen Gelüsten desto freyer könte nachleben, und grössere Freyheit des Lebens haben mögen. Darum dann kein Religios, oder Ordens-Geistlicher, oder ein anderer Welt-Geistlicher von denen Catholischen abtrinnig worden, und sich den Uncatholischen zugesellet, der nicht vor allen Dingen zu allererst nach einem Weib, und nach fleischlichen Gelüsten getrachtet. Da hingegen viele, die von den Uncatholischen sich zu dem Römisch-Catholischen Glauben bekehrt, zu frommen, gottsförchtigen, eyfferigen und exemplarischen Christen worden seynd, deren auch viele die Welt gantz und gar verlassen, und GOtt allein und seinem göttlichen Dienst sich ergeben haben. Daß also nun erhellet, wie ein guter Baum gute Früchten / und ein böser Baum böse Früchten herfür bringe. Matth. am 7. c. 17. v. So habe mich auch gar sehr verwundert, daß die Uncatholische lehren dörffen, der Glaub allein mache seelig; welches doch nirgends in der Heil. Schrifft zu finden ist; Da hingegen so viele und klare Text seynd, welche nicht allein die Nutzbarkeit, sondern auch die
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Nothwendigkeit so wohl des Glaubens, als auch der Lieb, Hoffnung, GOttes-Forcht, der Allmosen, und anderer guten Werck beweisen; dann gleich wie die heilige Schrifft von dem Glauben beweiset zu den Römern am 4. c. 3. v. Abraham hat Gott geglaubt: und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerech net worden. Und Marci am 10. c. 52. v. Der Glaub hat dir geholffen; also bezeugt ebener massen die Heil Schrifft von der Hoffnung im 31. Psalmen, 10. v. Viele Plagen kommen über den Sünder; wer aber auff den HErrn vertraut / den wird die Barmhertzigkeit umbgeben. Item im 30. Psalm, 1. v. HErr / in dich habe ich meine Hoffnung / laß mich nimmer zu Schanden werden. Item zu den Römern am 5. c. 5. v. Die Hoffnung aber macht nicht zu Schanden. Item in der 1. Epist. Joan. am 3. c. 3 v. Ein jeglicher / der diese Hoffnung auff ihn hat / der heiliget sich selbst: Desgleichen bezeugt auch die H. Schrifft von der Lieb, Lue. am 7. c. 47. v. Ihr werden viele Sünden vergeben /
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dann sie hat viel geliebt. Und in der 1. Epist. Petri am 4. c. 8. v. Die Lieb bedecit die Menge der Sünden. Also stehet auch von Haltung der göttlichen Gebott geschrieben: Wilst du zum Leben eingehen / so halte die Gebott Matth. am 19. c. v. 17. Von den guten Wercken aber: Joan. am 5. c. 29. v. Es werden herfür gehen die da Guts gethan haben / zur Auferstehung des Lebens. Von der Buß, Luca am 13. c. 3. v. Es seye dann / daß ihr Buß thut / so werdet ihr gleicher Weiß umkommen. Von der Barmhertzigkeit, Proverb. am 16. c. 6. v. Durch Barmhertzigkeit und Gerechtigkeit wird die Sünd ausgesöhnet. Vom Allmosen aber Tobiae am 4. c. 11. v. Die Allmosen erlösen von aller Sünd / und dem Todt. Item Lucä am 11. c. 41. v. Jedoch gebet Allmosen von dem / das übrig: und sehet / so ist euch alles rein. Von Verzeihung seiner Feinden sagt der H. Lucas am 6. c. 37. v. Vergebet / so wird auch euch vergeben werden. Der H. Matth. am 6. c.
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14. v. So ihr den Menschen ihre Sünden vergebet so wird euch euer himmlischer Vatter euere Ubertrettung auch vergeben. Hab derohalben für besser und sicherer gehalten, der Catholischen ihrer Lehr zu folgen, die da lehren: der Glaub seye zwar nothwendig zur ewigen Seeligkeit, schliessen aber von solcher Nöthigkeit die Hoffnung, Lieb, und andere gute Werck nicht aus: Dann wie der H. Paulus in seiner 1. Epistel zu den Corinthern am 13. c. 13. v. spricht: So bleiben uns nun der Glaube / die Hoffnung / und die Liebe; diese drey zu ewiger Seeligkeit nothwendige Tugenden: und in eben diesem Capitel am 2. v. Wann ich allen Glauben hätte / daß ich auch Berge versetzte / und hätte aber die Liebe nicht / so wäre ich nichts. Wann nun dieses gestattet wird, wie es dann muß gestattet werden; so ist es falsch, daß der Glanb allein seelig macht; falsch das die gute Werck zur Seeligkeit nichts nutzen; falsch, daß unsere gute Werck Sünden seyen; dann die Sünden bringen nicht zur der Seeligkeit, son
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dern führen zu der ewigen Verdammnüß.

50. Betrachtung.
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Letztlich hab ich von einigen Uncatholischen wahrgenommen, die in ihren Leben mit gröster Hartnäckigkeit aus ihrem Irrthumb und Secten gehalten: auff ihrem Todts-Beth aber, da sie zum Sterbstündlein kommen, sich bekehret; und endlich noch verlangt haben im Römisch-Catholischen Glauben zu sterben; Dahingegen von keinem Catholischen gehört wird, daß, wann er zur Sterbstund kommen, sich gewünschet hätte in einer Uncatholischen Religion zu sterben: da doch einem Christen-Menschen allermeist an seinem letzten Hinscheiden die Augen seines Gemüths eröffnet werden, das jenige am besten zu erkennen, was zum ewigen Heyl führen und leiten kan. Ich aber hab mir vorgenommen, also zu leben, wie ich einmahl gern wolte sterben; und derenthalben noch bey Zeiten den Römisch-Catholischen Glauben anzunehmen beschlossen: weilen wie nichts gewissers
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ist, als der Todt, also nichts ungewissers, als die Stund des Todts. Zu allem solchen gabe mir noch dieses einen sonderbahren Trost, daß die Catholische, mit welchen von meiner Bekehrung mich unterredet, mich versicherten, daß, wann ich wegen angenommenen Catholischen Glaubens solte verdammet werden, sie bereit seyen, am Tag des Gerichts für mich zu antworten, und an statt meiner, oder mit mir in die ewige Verdammnuß hinzugehen. Welche Versicherung ich von keinen Prädicanten, aller und jeden Secten hab erlangen können, wann ich in ihrem Glauben gelebt, und darinn mein Leben gelassen hätte. Aus allen diesen Puncten dann habe festiglich geschlossen, daß der Römisch-Catholische Glaub vor allen andern Religionen und Secten am besten gegründet, alleinig zu ewiger Seeligkeit hinführe, und also alleinig vor allen andern zu erwählen und anzunehmen seye.
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Beschluß Und kurtze Widerholung deren 50, Motiven und bewegenden Ursachen: warum nemlich der Römisch-Catholische Glaub vor allen andern jetzigen Religionen und Secten zu erwählen und anzunehmen seye?
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Auff daß nun niemand aus euch, vielgeliebte Freund und Verwandte / dafür halten möge, als hätte ich freventlich, oder um sonst eyteler Hoffnung willen den Römisch-Catholischen Glauben angenommen, und euere Religion, als falsche, irrige, und betrügliche Secten, verworffen; so habe ich euch die Motiva und Grund-Ursachen meiner so beschehener Bekehrung allhier nochmahlen kürtzlich vorstellen und widerholen wollen. Ich hab mich dann von euerer so vermeynten, und von euch fälschlich genannten Evangelischen Religion zu dem Römisch-Cathlischen Glauben bekehret.
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I.
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Weilen ihr Lutheraner und Calvinisten aus euch samtlichen eine Evangelische Religion stifften, und behaupten wolt, so doch unmöglich ist; indem ihr in vielen Glaubens-Articulen einander wiedersprechet, so habe ich nicht fassen können, wie euere zwey Lehren, die einander gantz zuwieder, können mit einem eben demselbigen H. Evangelio übereinstimmen; dann ja die Vernunfft eingibt, daß, welche Ding unter sich selbst zuwieder, nicht mit dem dritten überein stimmen mögen.

II.
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Wann aber eine aus beyden euren Religionen mit dem Evangelio überein stimmete, und also Evangelisch solte genennet werden; so müste es dieselbe, als zum Exempel die Lutherische von sich erweisen auf eine solche Weiß, daß sich derselben die andere, nemlich die Calvinische, nicht ebener massen könne gebrauchen, darzuthun, daß sie das ist: die Calvinische, die wahre Evangelische Religion seye Und also auch im Gegentheil von der Calvinischen gegen der Lutheri
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schen Religion zu reden: solche Beweißthum aber kan keine aus beyden erfinden; habe deswegen keine Ursach, warum ich solte vielmehr Lutherisch als Calvinisch, oder vielmehr Calvinisch als Lutherisch seyn, und warum ich eine aus diesen zwey Religionen viel mehr, als die andere solte für Evangelisch halten?

III.
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Weilen ich nicht gefunden, warum die Lutheraner sich allein Evangelisch nennen, und die Calvinisten sich allein reformirt nennen wollen; die Widertäuffer aber, und die neue Arrianer nicht eben also könten genennt werden? indeme jene keine solche Ursach noch Beweißthum beybringen; dessen sich nicht auch diese mit eben solchen Recht bedienen können, also zu nennen. Weilen dann die Lutheraner und Calvinisten nicht mehr Ursach haben, als die Widertäuffer und Arrianer, oder andere dergleichen Secten, welche doch die Lutheraner und Calvinisten von vorgemelten neuen Titulen ausschliessen; als könten selbige nicht gleich ihnen auch Evangelisch und
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Reformirt genennt werden, so können auch folglich sie, die Lutheraner und Calvinisten mit keinem Fug also intitulirt, und Evangelisch oder Reformirten Regulen benamset werden. Habe deshalben mit gutem Recht alle diese Secten, weilen sie einer Haar seynd, eine mit der anderen verworffen.

IV.
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Weilen ist gewust, daß viele, so in dem Römisch-Catholischen Glauben gelebt und gestorben, seynd seelig worden, wie ihr selbsten gestehet; ob aber jemand iu den anderen jetzigen Secten seoe seelig worden, ist euch selbsten unbekandt, so habe mir dann den sichersten Weeg der Seeligkeit wollen auserwählen.

V.
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Weilen so gar auch aus diesem erkennt habe, daß der Römisch-Catholische Glaub müsse der wahre Glaub seyn: dann weilen obne den wahren Glauben keiner GOtt gefallen kan; ein jeglicher aber der seelig wird, GOtt gefällt; so muß dann folglich der Römisch-Cathollsche Glaub der wahre seelig-machende Glaub seyn; als in welchem so viele seelig worden seynd.
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VI.
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Weilen weiters erkandt, daß, indeme der Römisch Catholische Glaub der wahre seeligmachende Glaub ist, alle andere Religionen falsch seyen; dann gleichwie nun ein einiger wahrer GOtt, also auch nur ein einiger wahrer seeligmachender Glaub ist.

VII.
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Weilen nicht allein die Catholische versicheren, daß man in ihrer Religion könne seelig werden, sondern auch die Uncatholische dieses gestehen; daß aber jemand in anderen Religionen könne seelig werden, vermeynen solches, und sagen es nun die Uncatholische, ein jeder in seiner Sect; die Catholische aber vermeynen dasselbe gantz anders; so muß dann ja gewisser und sicherer seyn, was beyde Partheyen, und zwar auch die Wiedrige selbsten vor gut befindet, als was nur eine Parthey vor gut haltet, und die andere verwirfft. So habe ich ja dann auch als vernünfftig gethan, da, ich, um sicherer zu handeln, den Römisch-Catholischen Glauben allen andern vorgezogen, und erwählet habe.
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VIII.
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Weilen ich die hinterlassene Schrifften der alten heiligen Vätteren, und der ersten Kirchen um Rath gefragt, und gefunden, daß dieselbe allein den Römisch-Catholischen Glauben erheben, rathen und loben; alle andere widrige Religionen aber verwerffen und verdammen. So hab ich dann ihrem heylsamen Rath und Urtheil wollen nachfolgen.

IX.
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Weilen alle Heilige, so von Anfang der Christenheit biß auf die heutige Stund gewesen, in dem Römisch-Catholischen Glauben gelebt.

X.
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Weilen zur Zeugnüß der Wahrheit dieses Glaubens so viel tausend Martyrer ihr Leben gelassen, und ihr Blut vergossen haben.

XI.
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Weilen alle, welche die Römisch Catholische Kirch bestritten, und von denselben seynd abgewichen als Arius. Mahomet, Pelagius, Marcion, Macedonius, und andere, seynd ewig verdammt wor
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den, wie auch alle, die ihnen seynd nachgefolgt. Solche Ertz-Kertzer aber seynd auch Lutherus und Calvinus gewesen, und andere Urheber der neuen Secten: so hab dann denselben nicht mit Gefahr der ewigen Verdammnuß wollen nachfolgen: zumahlen ich nicht gesehen habe, warum Arrius und Pelagius sollen Ertz-Ketzer gewesen seyn; Lutherus und Calvinus aber nicht?

XII.
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Weilen der Römisch-Catholische Glaub des H. Pauli Glaub gewesen, wie ermeldter Paulus zu den Römern am 1. c. 12. v. klärlich bezeuget; warum hätte ich mir dann einen andern, als des H. Pauli seinen Glauben sollen aussuchen?

XIII.
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Weilen ich mit Ruhe meiner Seelen nimmer zum End meiner Glaubens-Wahl kommen wäre, wann ich nicht den Römisch-Catholischen Glauben allen andern hätte vorzogen; dann ich hätte allezeit gezweiffelt, welche unter so vielen und unterschiedlichen Secten der wahre und seeligmachende Glaub seye?
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XIV. XV. XVI. XVII. XVIII.
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Weilen die andere Religionen gar viele wieder sich selbsten streitende, und unglaubliche Lehren haben, die auch so gar wieder die Vernunfft lauffen, gleichwie es aus der 15. 16. 17. und 18. Betrachtung erhellet.

XIX. XX
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Weilen alle andere Religionen [ausser dem Römisch-Catholischen Glauben] neu und dergleichen seynd, welche niemand vor dem 1517ten Jahr gehalten, gelehret noch gewust hat, wie in der zwantzigsten Betrachtung zu sehen ist.

XXI.
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Weilen alle diese neue Religion- und Secten aus alten Ketzereyen, welche die Catholische Kirch schon vorlängst verdammt, gantz ungereimt zusammen getragen seynd.

XXII,
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Weilen die Römisch-Catholische Kirch, allein alle Kennzeichen der wahren Christlichen Kirchen hat; nemlich: daß sie seye eine / heilige / Aposto, lische und Catholische / das ist: alge meine Kirch.
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XXIII.
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Weilen zum Römisch-Catholischen Glauben alle Völcker und Heyden seynd bekehrt worden, und annoch bekehrt werden.

XXIV.
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Weilen die Urheber der jetzigen neuen Secten nicht mit einem einigen Wunderzeichen haben erwiesen, noch erweisen können, daß sie, und die Kirch zu reformiren, seyen gesandt worden.

XXV.
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Weilen die Urheber ihren fleischlichen Begierden zugethan; meineydige, abtrinnige, gottlose, gottslästerige, und schmähsüchtige Leuth gewesen.

XXVI.
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Weilen solche neue Secten sich nicht bemühen um die Heyden zu bekehren, sondern nur die laue Catholischen zu verkehren.

XXVII.
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Weilen in der Römisch-Catholischen Kirchen viele Hoch-Adeliche und reiche Persohen, beyderley Geschlechts, sich dem Dienst GOttes gäntzlich ergeben, und ihr Leben in freywilliger Armuth,
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Keuschheit und Gehorsam zu bringen; in denen andern Secten aber keiner ist, deme das Glück ein wenig will, daß er verlange ein Prädicant zu werden: Niemand die Keuschheit zu halten begierig ist; Dahero dann wahr nehme, daß diese mehrentheils aus Noth das Prädicanten-Amt annehmen: jene aber nur aus Lieb GOttes, und ihrer Seelen-Heyl, und der Warheit des Glaubens sich GOtt zu solchen heiligen und strengen Ordens-Ständ ergeben.

XXVIII.
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Weilen die Keuschheit ein Gaab Gottes ist, und solche Gaab von GOtt keinem Prädicanten gegeben wird; Dahingegen in dem Römisch-Catholischen Glauben so viele Geistliche, beyderley Geschlechts seynd, welche die Keuschheit mit der Gnad Gottes biß an ihr letztes End erhalten.

XXIX.
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Weilen die Uncatholische die Catholische nur bestreiten in den jenigen Puncten, welche die Catholische selbst nicht laugnen; die Catholische Lehr nicht berühren, noch dieselbe anzu
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greiffen verlangen, oder unterstehen dörffen.

XXX.
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Weilen sie wider die Catholische mehr mit Schänd- und Schmähworten, und mit handgreifflichen Lügen, als mit warhafften Argumenten und Beweißthum handeln.

XXXI.
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Weilen die Uncatholische deren Catholische ihre Argumenta entweder nicht auflösen oder beantworten, oder so gleich auf etwas anders springen, und ihre Ausschlieff suchen.

XXXII.
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Weilen die neue Secten nach ihren Belieben gantze Bücher aus der Heil. Schrifft verwerffen, andere nach ihrem Gutdüncken verändern und auslegen? und zwar ein jeder nach seinem eignen Sinn? Dahingegen die Catholische nur einerley Biblen, einerley Sinn und Auslegung haben.

XXXIII.
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Weilen solche neue Religionen in ihren Glaubens-Articuln unter sich zertrennt; auch die jenige, so einerley Re
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ligion seynd, so gar in ihren Catechismis, durch welche die Jugend soll unterrichtet werden, einander zuwieder seynd.

XXXIV.
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Weilen die Augspurger Consessionen selbst einander zuwieder: welche doch die Lutheraner vor das Fundament ihrer Religion halten, und mit dem ersten Original der Augspurgischen Confession nicht übereinstimmen.

XXXV.
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Weilen solche neue Religionen einen weiten und breiten Weeg zu allerhand fleischlichen Begierden, Freyheit und Wollüsten eröffnen; da doch Christus spricht: daß der Weeg zum Himmel sehr eng und schmahl seye?

XXXVI.
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Weilen die Lehrer solcher Religionen viele Tetzt der Heil. Schrifft stimmeln, hinzu setzen, nach ihrem eignen Sinn auslegen, viele verfälschen; wie zu sehen in der 36. Betrachtung.

XXXVII.
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Weilen solche Religionen nicht von Christo eingesetzt, auch keine Succession
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der Lehr, noch die Folgung ihrer Hirten von denen Apostelen her haben.

XXXVIII. XXXIX. & XL.
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Weilen selbe in Auslegung der Heil. Schrifft einander entgegen, wie aus der 38. 39. und 40. Betrachtung erhellet.

XLI.
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Weilen alle alte Schrifften und Geschichten der alten Zeiten bezeugen, daß die Römisch-Catholische Kirch allein in der Christenheit gegründet, und bestättiget seye.

XLII.
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Weilen die Römisch-Catholische Kirch, obwohlen sie biß hieher von vielen Tyrannen, Heyden und Ketzern ist bestritten und verfolget worden, doch allezeit unbeweglich standhafft verblieben; Die andere Ketzereyen aber, wie sie auffkommen, also auch zu Grund gangen.

XLIII.
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Weilen bey den Uncatholischen keine Lehr von der Vollkommenheit, und Ubung deren Tugenden zu finden ist; noch eine Moralische Wissenschafft von Haltung der Gebott und Gesatz Got
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tes, sondern der bösen menschlichen Natur alle ihre Begierlichkeiten zugelassen werden.

XLIV.
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Weilen die Conciliabula oder Zusammenkünfften der Uncatholischen, in welchen der neuen Religionen ihre Confessiones oder Glaubens-Bekandtnüssen seynd geschmiedet worden, mit denen allgemeinen Concilien der Römisch-Catholischen Kirchen, und denen Vättern, so denselben beygewohnet, weder in der Lehr, noch in der Heiligkeit, noch in denen Tugenden, noch in Verschiedenheit so vieler Nationen, aus welchen bey denen Catholischen die Concilia zusammen beruffen werden, nicht einmahl von weiten können verglichen werden.

XLV.
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Weilen deren Uncatholischen ihre Glaubens-Lehr kein auffrichtig wahres Christliches Gewissen reguliren kan.

XLVI.
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Weilen ihre Prädicanten nur beybringen, was sie vermeinen, daß es zum Schimpff des Catholischen Glaubens gereiche; die allerwichtigste Puncten
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aber, so ihren irrigen Glauben betreffen, und zum augenscheinbarlichen Verderben deren ihnen anvertrauten Seelen ausschlagen, gäntzlich verschweigen.

XLVII.
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Weilen diejenige, so bey denen Catholischen vor die ärgste und laueste gehalten werden, bey denen Uncatholischen die beste und eyfferigste seynd.

XLVIII.
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Weilen niemand von dem Römisch-Catholischen Glauben abfällt, und sich zu den neuen Religionen gesellet, auff daß er besser werde, sondern damit er desto freyer und ausgelassener leben könne.

XLIX:
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Weilen so klare Zeugnüssen seynd der Heil. Schrifft, daß die Hoffnung, Liebe, Buß, Allmosen, und die Werck der Barmhertzigkeit eben so wohl nutzen, die Seeligkeit zu erlangen, als der Glaub; doch die Neuglaubige solches alles verachten, und lehren: der Glaub allein mache seelig?

L.
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Weilen die allerharnäckigste Ketzer
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gar offt verlangen in dem Römisch-Catholischen Glauben zu sterben, gleichwie dann auch ihrer schon viele darinn gestorben seynd; kein Catholischer aber in einer andern Religion zu sterben verlangt. Diesem allen muß ich noch hinzu setzen, wie mir allezeit gar sehr in denen Prädicanten der Neuglaubigen mißfallen habe, daß sie die Verdiensten Christi, und seine Genugthuung so sehr und hoch erheben, und dannoch ihre Zuhörer nicht ermahnen, dem Leben Christi nachzufolgen; sondern annoch Ursach und Anleithung geben, daß sie sich im geringsten nicht bekümmern, die Sünden zu meyden, für die begangene Sünden zu büssen, die Tugenden zu würcken, und gute Werck zu üben: mit diesem Vorwand, als habe Christus der HErr schon überflüssig mit seinem allerheiligsten Todt für unsere Sünden genug gethan, und uns den Himmel verdient, ohne daß auch wir, Krafft deren Verdiensten Christi, uns um den Himmel bemühen solten. Gebrauchen sich also des Leydens und Sterbens Christi, wie auch seiner Ge
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nugthuung zu aller Freyheit dieses Lebens. Die wahre Christliche Lehr aber ist: daß das Leyden und der Tod Christi zwar mehr als genugsam in sich seye, für unsere und aller Welt Sünden auszutilgen, und seine Verdienste eines unendlichen Werths seyen, durch welche man alles erlangen könne; nichts desto weniger Christus anbey wölle, daß auch wir uns seiner Verdiensten theilhafftig machen, und so wir uns über seine Tugenden verwundern, auch zugleich mit seinem Leyden mitwürcken sollen. Sintemahlen Christus um zweyerley Ursach halben auff diese Welt kommen. Erstlich: damit er für unsere Sünden genug thue, und uns von der ewigen Verdammnuß erlöse. Zum andern aber: auff daß er sich uns ein vollkommenes Exemplar aller Tugenden hinterlassen mögte, deme wir uns gleichförmich halten, und fleissig nachfolgen sollen: wie er dann selbsten mit eigenen Worten bezeugt: Joan. am 13. c. 15. v. Ich habe euch ein Für bild gegeben damit ihr auch thut / wie ich gethan habe. Und Matth. am 11. c. 15. v. Lernet von mir / dann ich bin sanfft
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müthig / und demüthig von Hertzen Und der Heil. Petrus lehret in seiner 1. Epist. am 2. c. 21. v. Sintemahl auch Christus für uns gelitten hat / und hat euch ein Fürbild gelassen / daß ihr seinen Fußstapffen sollet nachfolgen. So rede ich dann euch nun zum le tzten an, ihr meine in voriger Religion gewesene Mitgespielen, und noch jetzige meine Freund, Befreundte, und hochachtbare Lands-Leuth, und bezeuge es durch GOtt, und bitte euch durch die fünff H. Wunden Christi, durch sein allerheil. Blut, durch welches wir erlöset seynd, und durch das ewige Heyl euerer Seelen: wöllet den gewissen Weeg des Himmels nicht um den Ungewissen verlassen. Gedencket ein wenig zurück, zu welchem Glauben euere Vor-Eltern und erste Christen euerer Nation aus dem Heydenthumb seynd bekehret worden? Erweget, in welchem Glauben die jenige, so ihr auch für Heilige haltet, gelebt haben? Betrachtet die Ursachen meiner Bekehrung, die ich euch hier mit auffrichtigstem Gemüth vorstelle: und kehret wiederum zu dem
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Weeg euerer Vätter, in die Fußstapffen der Heiligen, zu solchem Glauben, der so viel hundert Jahr unbeweglich bestanden; dessen Warheit mit dem Blut so vieler Martyrer bekräfftiget; welchen alle alte HH. Vätter gut achten, und verthädigen; wieder welchen die Pforten der Höllen, nach der Verheissung Christi, nichts werden vermögen: habt vor Augen das Heyl euerer Seelen. Dann was nutzet es einem Menschen, wann er die gantze Welt gewinne, aber Schaden leydet an seiner Seelen? oder was kan der Mensch geben, daß er seine Seel widerum löse? Ein jeglicher aus uns hat nur eine Seel / um deren glück- oder unglückseelige Ewigkeit es jetzund zu thun ist? Die ewige Seeligkeit / und glückseelige Ewigkeit kan man nicht erlangen ohne den wahren Glauben; Der wahre Glaub ist aber nur ein eintziger Glaub / und dieser kein anderer / als der Römisch-Catholische Glaub. So nehmet dann denselbigen an / und folget hierin mir nach. GOtt gebe euch diese Gnad / damit wir einhellig durch den wahren Glauben zu der glückseeligen Ewigkeit gelangen mögen? Ein jegliche Pflantze, die mein himmlischer Vatter nicht gepflantzet hat, wird ausgerottet werden. Matth. am 15. c. 13. v.
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Schreiben Welches Ihro Päbstl. Heiligkeit Clemens XI. an Ihro Hochfürstl. Durchleucht Anton Ulrich Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / etc. unterm 2. Februarii dieses 1710. Jahrs haben abgehen lassen.
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Seinem geliebten Sohn dem Adelichen Herrn ANT. ULRICO, Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Pabst CLEMENS der Eilffte Geliebter Sohn / Adelicher Herr. Unsern Gruß und Apostolischen Seegen
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Mit ausgereckten Vätterlichen Armen kommen Wir entgegen Euch zu Uns eylenden zu empfangen, und können vor grosser Hitz Unserer Liebe, und unter häuffig von den
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Augen rinnenden Freuden-Zähren nicht genugsam aussprechen, mit was für Ergötzlichkeit Unser Hertz übergossen, in Uns gefrolocket habe, als Wir so wohl aus Euerm Schreiben, als aus dem, was Uns der geliebte Sohn Annibal Albanus, Unsers leiblichen Bruders Kind berichtet, verstanden haben, daß Ihr nach verworffenem und abgesagtem Irrthum falscher Religion, nach erkandter und angenommener Catholischen Warheit, Euch in den Schooß der heiligen Kirch begeben habt; Es solte zwar der Gewinn einer jeden Seel (deren Preiß Christus mit Vergiessung seines Bluts bewehrt gemacht hat) genug gewesen seyn, Uns die Beschwerlichkeiten in etwas zu lindern, mit welchen gegenwärtiger Zeiten unerhörte Zerrüttungen Uns belastigen; Indem aber Ihr Euch unter die Fahnen des wahren Glaubens begeben; haben Wir weit grössere Ursach, Uns selbst freudig darüber Glück zu wünschen, in Betrachtung, daß der Jenig zu solchem, heylsamen Unternehmen sich entschlossen welchen nicht allein die in seinem hohen Stammen angebohrne Ehren Zierden hoch erheben, sondern auch sein hoher
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und mit übergemeiner Wissenschasst staffierter Verstand bey männiglich also berühmt und ansehnlich gemacht hat, daß dannenhero, indem meistens alle anderst nicht urtheilen können, als daß dieses gantze Werck von Euch reiff und vorsichtiglich seye vorgenommen worden, man muß aus diesem Eueren Beyspiel und Exempel reichliche Früchten zur Aufnahm der Rechtglaubigen Religion, durch göttlichen Seegen billich zu verhoffen haben. Wie Wir dann von solcher Hoffnung ermuntert und getröstet, dafür halten, daß man sich wenig zu beförchten habe, von den jenigen, welche in ihrem Unflath versessen, und mit ihrem Irrthum verwirrt, gleichwie sie mit schälem und üblen Gemüth diesen Euern Entschluß auffnchmen; also deswegen Euch viel Uberlasts zuzufügen, und damit Ihr wieder zurück kehret, Euch von dem Weeg des Heyls abwendig zu machen, sich alles Fleisses bemühen werden; massen Wir zu Euch dieses Vertrauen geschöpfft, daß Ihr mit eben solcher Tapfferkeit, mit welcher Ihr derselben Fallstrick übertretten, und Euch in die Christliche Freyheit durch wahren Gottesdienst
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geschwungen habt, Ihr auch solcher Leuth Anschläg und Anläuff glücklich aus- und abschlagen werdet. Worinnen, wiewohl Wir dafür halten, daß zu Unterdruckung aller dergleichen bößwichtigen Unterfangungen Ihr Euch selbst werdet Mann genug seyn; Wofern jedoch Euch in diesem Euerm Vornehmen zu beschützen, und in Ruhe zu erhalten, Unser seits etwas wird können beygetragen werden, solt Ihr versichert seyn, daß Wir Euch in all Weeg hülfflich beyspringen werden. Damit aber Euch an Vollkommenheit Eueres Verdienstes, und des angefangenen Wercks gäntzlicher Vollziehung nicht abgehe; so will allerdings vonnöhten seyn, daß Ihr das jenige, was Ihr würcklich im Sinn führet, auch öffentlich an Tag gebet. Dann warumb sollet Ihr diese fürtreffliche Wolthat GOttes in dem verborgenen Eueres Hertzens länger verliegen lassen? suchen die jenige Finsternuß, und verdecken mit stillschweigen ihre Sinn und Gedancken, welche in Abweeg, und nicht auff der rechten Strassen, sonder in Finsternuß wandern: Ihr aber machet Euch dermahlen einest hervor in das
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Liecht, welches euch der Vatter der Liechter barmhertziglich hat auffgehen lassen, und bekennet frey offentlich die Catholische Warheit, welche Ihr einmahl hertzhafft angenommen habt. Lasset die sich schamen (wann einige seyn solten welche Euch deswegen anfechten) Ihr aber wissend / wem Ihr Treu und Glauben geben / seyd wohl gemuthet: dann die / welche auff Gott trauen / und ihn bekennen / werden nimmer zu Schanden werden / sonder hingegen eine unzergängliche Belohnung darvon tragen / wann sie das mit dem Mund offentlich bekennen / was sie im Hertzen glauben: wie dann im Gegentheil geschrieben ist / daß der Sohn des Menschen / wann er in seiner Majestät kommen wird / einen Scheuen tragen werde / die jenige vor seinen Engeln zu bekennen / die sich geschämet haben / ihn vor den Menschen zu bekennen. Aus diesem allem werdet ihr ohnschwer ermessen Unserer gegen Euch tragenden Liebe / Grösse und Nachdruck / wie auch Unsern auff Euer Heyl tringenden Eyffer und Sorgfältigkeit. Wir werden unterdessen ein mehreres bey GOtt durch das Gebett auszuwürcken nicht unterlassen / damit er durch seine überflüssige Gnaden in Euch das jenige vollbringe / was er barmhertziglich angefangen. Worüber Wir Euch den Apostolischen Secgen liebreichst ertheilen. Geben in Rom / den 2. Hornung 1710.


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