Transkription

Sonnemann, Johann Diederich Gottfried: Kurtze und Beständige Ablehnung Des von Joanne Rempen Dem Hildesheimischen Meß-Priester Joan: Theodoro Godefrido Sonnemann Canonico zu Sanct Andreas, der H. Schrifft und beyder Rechte Doctori Fälschlich angedichteten Syncretismi : samt einem Bedencken ... .
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Kurtze und Beständige Ablehnung Des von JOANNE REMPEN Dem Hildesheimischen Meß-Priester JOAN: THEODORO GODEFRIDO Sonnemann Canonico zu Sanct Andreas, der H. Schrifft und beyder Rechten Doctori Fälschlich angedichteten Syncretismi Samt einem Bedencken Uber die von einigen Wolffenbüttelschen Predigern geweigerte Vorlesung einer zu Ehren der Allerdurchläuchtigsten und Großmächtigsten Königin in Spanien Verordneter Dancksagung. Auffgesetzet und zu allerunterthänigsten Ehren Aller-höchstgedachter Königin Heraußgegeben von obengemeltem Hildesheim: Meß-Priester. Allda gedruckt im Jahr 1709. Bey Joh. Leonh. Schlegel / Bischöffl- und E.Hochw: Thum-Capit. Buchdrucker.
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Ehristlich-geehrtester Leser.
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ICh habe bereits vergangen Jahr unter dem Titul APOLOGIA VERITATIS CATHOLICAE: Item DISCUSSIO EXAMINIS zwey Tractate heraus gegeben / und in dem einen so wohl als in dem andern aus unseren. Symbolischen Büchern erwiesen und dargethan / mit was vor schändlichen Calumnien Joannes Rempe ein vormahliger Jesuiter nachgehends aber von uns außgetrettener Benedictiner; imgleichen Johann David Schwertner Superintendens zu Pirne in Sachsen / nicht allein unsere Catholische / und im heiligen Römischen Reich / von dessen allerersten Anfang / biß dato hergebrachte / auch durch viele Friedens- und andere Conventionen und Pacten stabilirte Religion gottloß anzufallen / sondern auch indistinctè an Ihro Kayserl. Majestät und andere gekrönte Häupter / Fürsten und Herren / ohne eintzigen Respect höchst straffbahr sich zu vergreiffen erkühnet und unterstanden. Wiewohl nun glauben sollen / es würde der erste solche meine specialiter gegen ihn heraus gegebene Apologia gründlich zu wiederlegen / und seine / so wohl gegen den gantzen Catholischen hohen und niedern Clerum in genere, als gegen die Capuciner und die meinige specialiter, durch offenen Druck publicirte schwere Injurien, und uns allen auffgebürdete grobe und höchst strastbahre Laster / als ein ehrlicher Mann wahr zu machen / und daß er nicht boßhaffter Weise dieselbe belogen / der Welt zu zeigen sich bemühet haben; nachdemahlen man hiezu bey seiner Ehre ihn belanget / und gehörig auffgefodert gehabt; so hat man doch erfahren / und augenscheinlich gesehen / daß dieser Verläumder solche meine Apologie, und ihm darin gethane Vorwürffe in dem so lange Zeit gerühmten und endlich neulich heraus und ans Licht gekommenen Buch /
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Schaubühne der Evangelischen Warheit genant / gantz mit stiller Trummel vorbey gangen / und gleich wäre zwischen ihn und mir nichts passiret / seine ihme so gut teutsch vorgerückte infame Lügen / und die darauff empfangene gerechte Pillen in die Tasche geschoben / und daß er selbe nicht erwiesen noch erweisen können / tacitus gestehen müssen und gestanden. Ich hatte mich mit solcher seiner selbst eigenen Confusion befriedigen lassen / zumahlen oberwehntes Buch in meiner Apologia, und ferner in Discussione Examinis gnugsam refutiret und wiederlegt ist / auch ohne dem schon seine anderwertige Abfertigung finden wird / anbey ich es der Mühe nicht wehrt achte / die mir allzu kostbahre und unentbehrliche Zeit darmit zu verderben: weilen ich aber in denen letzteren Blättern sehen müssen / daß / da er die in meinem Wercke gesetzte Haupt-Theses und Articuln nicht umstossen / noch der Unwarheit überzeugen können / er dennoch mich eines verdamlichen Syncretismi beschüldigen / und als wann ich anders geschrieben / als die Catholische Kirche lehret / offentlich angeben / und seiner Gewonheit nach lästern wöllen (da doch solche meine Arbeit gehörig examiniret und approbiret worden) pur zu dem Ende / damit er dem gemeinen Manne die von mir entdeckte Warheit verdächtig machen möchte. So habe nicht anders thun können / als solcher meinem Gewissen und ehrlichen guten Nahmen höchst nachtheiligen Calumnie in aller und bester Form / wie solches seynkan und mag / auffs feyerligste zu contradiciren / ihme seine unverschämte Lügen in seinen Busen zurück zu schieben; und dem nach mit wenig Worten derenselben Unwarheit vor den Tag zu legen; dich / Christlich geehrtesten Leser / nach Standes Gebühr / gehörig ersuchend / du wöllest mit unpartheyschen Augen und gelasenem Gemüht / so fern es dir nicht zuwieder ist / diese wenige Linien durch zusehen / und demnechst dein freyes Judicium, welches eine vernünfftige Discretion dir eingeben kan / darüber zu formiren / dir gefallen lassen; und dich versicheren / daß ich mich dir auff alle erdenckliche Weise zu dienen keiner Mühe entziehen werde. Lebe wohl.
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Es schreibet Rempe in seinem Buche Fol. 218. und setzet als eine ihm gemachte Objection.
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ERklären sich doch auch die Papisten / und unter andern SONNEMAN ein Hildesheimischer Meß-Priester in seiner Apologia Veritatis Catholicae p. 6. wie auch Pater DIONYSIUS Werlensis ein Capuciner in seinen Schrifften / daß sie durch kein ander Mittel suchen seelig zu werden / als bloß durch das Verdienst Christi; und keinen anderen Mittler bey GOtt erkennen als nur Christum; auch ihren Werckeu keinen anderen Verdienst und Würdigkeit zumessen / als nur / daß sie seyn Früchte des Glaubens / etc. Weil dann die Papisten eine dem Wort Gottes so gemässe Lehre führen / und folgends den rechten Grund zur Seeligkeit behalten / was thuts dann Noht von ihnen abzutreten? Dieser Objection antwortet er gleich darauff / und saget: „Unerschrokene Papisten und Theologi im Pabstum / mit dem Cardinale de Lugo lehren und schreiben anderst; und diese machen aus dem Verdienst der Wercke dreyerley Sorten / nemlich Meritum de condigno, Meritum de congruo, & Meritum purae conditionis. Meritum de condigno sey / wann ein König einen vornehmen Kriegs-General wegen erfochtenen herrlichen Siegs / daran seinem gantzen Königreich gelegen / in einem Triumph herrlich ehren liesse; solche Ehre wäre bey denen unerschrockenen Papistischen Kern-Theologis Meritum de condigno: Wann aber der König einem andern Officier / der unter solchen General viel zum Siege beygetragen hätte / gleiche Ehre wiederfahren liesse / solches seye / nach Lehre obiger unerschrockenen Leuten / Meritum de congruo: Wann aber der König eben solche Ehre seinem Stallbuben beylegen würde / bloß darum / daß er sein Leib-Pferd gewartet / solches seye jetzt gemelten Kern-Theologis Meritum purae Conditionis. Hierauff macht er nun diese Application: „Der Sünder (sagt er) solle nach solcher unerschrockenen Papistischen Kern-Theologie, der Stallbube seyn / welcher / nachdeme er etwa ein natürliches gutes Werck verrichte / als wann er / zum Exempel Allmosen gebe / oder eingezogen lebe / hiedurch verdiene er zwarn nicht von rechtswegen / de condigno, auch nicht geziemender Gebühr / de congruo, die Rechtfertigung; sondern nur Bedingungs-Weise verdiene er durch diese Wercke / daß ihn Gott mit seiner Gnade / oder übernatürlicher Erleuchtung des Verstandes / und Antrieb des Willens vorkomme und fort helffe zur übernatürlichen Reu seiner Sünde / und Liebe Gottes; Wann nun der also durch die Hülffe Gottes
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begleiteter Mensch eine übernatürliche Wirckung der Reue und Liebe Gottes übet / so verdienet er dadurch auff Papistisch seine Rechtfertigung / oder die eingegossene heiligmachende Gnade per Meritum de congruo oder geziemender Gebühr halber: wann er nun diese heiligmachende Gnade in seiner Seelen hat / so verdienet er / als ein Freund und angewünschter Sohn Gottes / durch neue Wercke immerhin einen Zusatz und Vermehrung dieser eingegossenen Gnade und him̅lischen Glory per Meritum de condigno oder völligen Rechts wegen; Und allegiret allhier den Suarez, Vasquez, Cardinalem de Lugo, Gabrielem, Esparzam, Comptonum, das Concilium Tridentinum Sess. 6. Cap. 16. 24. 32. wie auch das Concilium Arausicanum, Florentinu̅ den Oviedo, Bellarminum &c. und zuletzt Adamum Burghaber; welcher sage; „Dis sey der Sinn der gantzen Kirchen. Diesem nächst fahret er weiter fort und saget; „Obschon Durandus, ein unangesehener Fußknecht in der Päbstlichen Theologie / mit weniger im Pabstum unberittener Mannschafft / das eigene Verdienst der Wercke nicht so hoch wölle gelten lassen; so fielen doch die andere Theologi über diese ungerahtene Papisten / als einfältige Tropffen her / wie die Vögel des hellen Tages über die blinde Nacht-Eulen / und schelteten sie für ketzermässig; und gäben dadurch an den Tag / wie einig sie seyn in denen principalesten Puncten ihrer Religion / woran dennoch die ewige Seeligkeit hange: müsse man derowegen / wann man die Lehre des Pabstums vortragen wölle / eben nicht achten / was irgend ein gemeiner Meß-Pfaffe oder einfältiger Capuciner vom Verdienst der Wercke urtheile; sondern was die Kern und Blühe der Theologen / gemäß denen Päbstischen Concilien / davon in offentlichen Schulen ohne Wiederrede des Pabsts fürtrage / etc. Ich muß gestehen und bekennen / es hat die Catholische Kirche bey dem Verlust dieses so hoch erleuchteten wohlberittenen Kern-Theologi, ja Theologiae Lectoris ein grosses gelitten / die Augspurgische hingegen mag sich erfreuen / daß sie ein so außbündiges Subjectum, welches der Unwissenheit ihrer Lehrer unter die Arme greiffen / und deren Reputation wieder auffrichten möge / gleichsahm als ein vom Himmel herab gefallenes Palladium, oder undurchdringliches Ancile und Schild der Götter erlanget / welcher wohl wehrt / daß man nicht allein unter die Professores einer ihrer berühmsten Academien / sondern wohl darüber als einen nie gnug zu preysenden Rectorem Magnificum setzen / und ja wohl / wohl / verwahren sollen; und zwarn solches um demehr / weilen man aus dessen heraußgegebenen sehr hertzigen Wercke / in specie aber dem davor angeheffteten sehr zier- und possierlichen Contrafait, mehr als zu viel abnehmen kan / daß der Herr Profes
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sor im Kopff eben nicht allzu wohl verwahret seye; Jedoch wöllen wir vor dismahl hievon abstrahiren / und das Werck selbst / so weit es diesen obgesetzten Articul betrifft / ein wenig genauer durchsehen. Es nennet Rempe mich und den Patrem DIONYSIUM einen gemeinen Meß-Pfaffen und einfältigen Capuciner; beyde aber unberittene Papisten; wovor so wohl ich als wohl gedachter Pater DIONYSIUS ihme von Hertzen verbunden sind. Was mich anbelanget / verlange von GOtt keine grössere Gnade auff dieser Welt / als ein gemeiner und seiner Göttlichen Majestät wohlgefälliger Meß-Pfaffe zu leben und zu sterben; hoffe auch / er werde dis mein Verlangen / durch seine unendliche Güte erfüllen: Diese Charge halte ich höher / als alle irrdische Würden / wie solche Nahmen haben mögen; und erkenne mich allzu unwürdig / den eingebohrnen Sohn Gottes / der zu der Rechten seines him̅lischen Vatters sitzet / auff meinen / nur allzu sündlichen Händen zu tragen / und anderen zu geniessen dar zureichen; derjenige / der mich zu diesem / menschlicher Vernunfft unbegreifflichen Ehren-Ambte / ohne meine Verdienste und Zuthuen beruffen / wölle mich ihm einen würdigen Diener machen / damit ich / als ein glaubiger und gehorsahmer Jünger im festen Glauben zu seinem Altar tretten / und ihm ein wohlgefälliges Opffer bringen und verrichten möge; bitte ihn auch / er wölle mich bewahren / daß nicht mit so gleißnerischen gotteslästerlichen Sinnen und Gedancken wie Rempe in seinem Münche-Stand / seiner eigenen Bekantnüß nach / so offt und viel gethan / solchen Tisch der Engelen sacrilegè profaniren und entheiligen möge. Pater DIONYSIUS, weiß ich wohl / ist in diesem Stück mit mir eins: glaub auch nicht / daß er jemahls Profession vom reiten gemacht; sein Pferd ist sein Stock / den er nun mehr biß in sein hohes Alter seinem Orden und der Kirchen gehorsahm / als ein treuer Arbeiter getragen; bin aber jedennoch versichert / daß dieser einfältiger Capuciner mehr gelesen / und gute Bücher durchgegrubelet / als einem so auffgeblasenen / nunmehr Academischen Postillen-Ritter / wie Rempe / seine Lebtag werden zu Gesichte kommen. Mein Rempe / lasse dir nicht verdrießlich seyn eine kleine kurtze Erinnerung von einem gemeinen Meß-Pfaffen anzunehmen; höre / würdestu dich in deinem Jesuiter Stand unter die unberittene gemeine Meß-Pfaffen gerechnet / und erkennet haben / quàm fuerit & sit tibi curta supellex, würdestu dich beflissen haben / dich selber in und aus dem Grunde kennen zu lernen / würdestu nach denen dir vorgeschriebenen Regulen getrachtet haben / gerne zu Fuß zu gehen / und den Spruch dir in praxi gemein gemacht haben / noli altum sapere sed time, würdestu vor und bey aller deiner Arbeit zu Gott deinem
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Herrn auff gut Catholisch von Hertzen gebettet haben / Herr lehre mich allezeit deinen Willen thuen / und den meinigen lassen; dann dis ist dir wohlgefällig und mir nützlich zum Heyl meiner Seelen; laß nimmer geschehen / mein gütiger Jesu / daß ich etwas verlange / gedencke / oder wircke / welches dir mißfallen oder jemanden schaden könne / wie du mir und allen deinen Dienern anbefohlen; wann ich dann hier wieder handele / so züchtige mich in deiner Barmhertzigkeit / und vertilge mich nicht in deinen Zorn; dann du bist mein Gott / und ich dein armer schwacher Knecht / der am allermeisten deiner Gnade und Barmhertzigkeit bedarff; Hilff mir mein GOtt in meinen guten Vornehmen und deinen heiligen Dienst / und verleyhe / daß ich heut recht möge anfangen / dann nichts ist / was ich bißhero gethan; Wie würde es müglich gewesen seyn / daß du eine solche Gelegenheit GOTT und deinem Nächsten zu dienen hättest können aus der Acht lassen; Wie hätte es immer geschehen können / daß du aus Antrieb einer rechtschaffenen Demuht / Andacht und Liebe zu Gott / dich dem Gehorsam deiner Obern / die dich mit aller erdencklicher Discretion und Vernunfft zu allem Guten geleitet / eigensinniger / muhtwilliger Weise entzogen hättest: Sage nur nicht / und bemühe dich nicht vergebens uns zu überreden / es habe ein Antrieb eines von GOtt dir zugeschickten Einspruches deiner Seelen Seeligkeit zu besorgen / dich aus der Gesellschafft der Jesuiter nach denen Benedictinern / allwo du in besserer Ruhe auff dein Heyl dencken können / gezogen; Jederman / der dich und deinen Außtritt in dieser Stadt gesehen / weiß viel besser / daß du hierin die Warheit nicht redest; wäre dir die genauere Einsamkeit und der Chorsang der Benedictiner zu Hertzen gangen / und dein Absehen gewesen / GOtt in einem mehr abgesonderten Stande und Orte zu dienen / so würde dir solches deine Obrigkeit nicht geweigert oder verwehrt haben; Alleine es ware dir hierum nicht zu thuen / dein erster Außgang von denen Jesuitern hatte zum prodromo und Vorbotten nicht eine scharffere und genauere Obsicht auff dich selber / sondern eine dissoluter und freyere Welt-Manier zu leben; dein Außgang von ihnen geschahe insalutato hospite, nicht zu dem Praelaten von St. Michaël, sondern zu dem è Regione des Magister Bockelmans wohnenden Meister Arnold Gößling / Hildesheimischen Rahts Chirurgo, welcher zwarn deiner Religion nicht / gleich wohl aber in dem viel bescheidener und vorsichtiger als du gewesen / daß er dich nicht also gleich blinderdings hin angenommen / sondern deine Ankunfft gehörig angemeldet; von dannen hastu erst nach der Sülte / und endlich nach S. Michaëlis als ein wilt flodernder Sommer-Vogel / von einem Busch auff den andern herum geirret / biß endlich dieser letzter Ohrt dich mehr aus auffrechten allzu willigen Ver
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trauen / du würdest dich besseren / als anderen Ursachen angensmmen / und gleichsam diese Schlange in seinen eigenen Busen ihm zum Tort foviret und auffbehalten; da es dir dann nicht an deiner eigenen Malitz gnug gewesen / sondern es hat noch ein ander alberner dir gleicher Münch zugleich mit dir müssen verführet / und auff die Wiltbahn durch dich voran hinaus geschicket werden. Urtheile nun aus diesem deinem procedere und verhandelten Wandel / ob ein vernünfftiger Mensch dir glauben soll / indem du schreibest / du seyest aus Begierde deiner Seeligkeit in besserer Ruhe nachzutrachten / von denen Jesuitern zu denen Benedictinern gegangen? Mein Rempe / die Jesuiter haben eine so gute und discrete Manier die ihrige zu gouverniren / daß (ich rode nach Catholischen principiis) keiner / so bey ihnen kein gut thuet / in einem andern Orden oder Closter guts thuen oder etwas nutzen wird / und sage ich dieses als eine handgreiffliche Warheit; Es ist ein und allemahl gewiß / daß kein von seiner Religion wohl informirter Catholischer Geistlicher aus Andacht und Verlangen GOtt zu dienen eine andere Religion annehmen kan. Jedoch wirstu nur weisen / daß du in deinem itzigen Stand andächtiger / frömmer / demühtiger / sitzamer und eingezogener leben wirst / als dir bey uns deine Regulen vorgeschrieben; so will ich mit allen Jesuitern dir auff den Fuß nachfolgen / und sagen / daß du ein Arcanum gefunden habest / welches von Anbegin der Kirchen / das ist von Christo biß hieher / keinem Menschen offenbahr worden. Höre Rempe! diese kleine Reflexion nim von einem ungerahtenen übel berittenen gemeinen Meß-Pfaffen / und Papisten also vors erste vorlieb; dencke derselben nach / und wann du kanst / überzeuge mich der Unwarheit. Ich gehe indessen weiter zu deiner mir angedichteten Thesi, worinnen du sagest / ich halte mit dem Patre DIONYSIO darvor; die guten Wercke verdienten nichts bey Gott / sondern seyn nur Früchte des Glaubens. Ehe ich nun dieses wiederlege / so gebe zur Antwort / daß meine disfalls herausgegebene Apologie einem jeden vor Augen liege; kan nun darin jemand diese Terminos finden / so mache mich hiemit anheischich / daß ich demselben vor eine jede Letter / so in allen meinen publicirten und gedrückten Wercken enthalten / einen Specie-Ducaten erlegen und bezahlen / auch ihme hierüber gnugsahme Caution und Versicherung geben will: Kan also Rempe sich angeben / und entweder diese Gelder nach meiner Uberzeugung erheben / oder aber muß derselbe offentlich gestehen / daß er in der von ihm allegirten thesi mich wie kein ehrlicher Mann belogen und calumniiret habe; Ich meine eine nicht unbillige Condition ihme gethan zu haben. In mei
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ner Apologie zwarn habe ihm bey seinen Ehren auffgegeben zu beweisen / daß kem rechtschaffener Catholischer Pfaffe seyn könne / er müsse dann hey aller Begebenheit huren / Item, daß die Capuciner Sodomiterey getrieben. Beyde Sachen / so er in seinen gedrückten Schmäh-Karten offentlich außgesprengt; Er hat solches Auffboht unbeantwortet angenommen / den ihm darüber zugeworsfenen Stückeschelmes in den Busen gesteckt / und biß dato seine Anklage nicht behaupten können. Anjetzo offerire ihme eine nicht zu verachtende Summa Geldes / die weit über mein Vermögen gehet / und ich ihm gleichwohl / im Fall er die Warheit geschrieben / zu verschaffen willig und erbietig bin: förchte aber / er werde eben so wenig dieselbe einfordern / als das vorhergehende wahr machen können. Nach dieser groben / so wohl mir als Patri DIONYSIO angedichteten Calumnie und Unwarheit / wollen wir nun weiter sehen / wie er mit denen andern seiner Rede nach unerschrockenen Papistischen Kern-Theologis umgehet. Die dreyfache Distinction des Meriti, scilicet de condigno, de congruo, & purae Conditionis, und die darüber geführte Außlegung ist der Mühe gewiß wehrt / daß man dieselbe absonderlich in acht nehme; wir wollen uns bemühen und zusehen / ob wir den Sinn dieses im Pabstum wohl ehe doppelt berittenen / auch Blum- und Kern-Lehrers in etwas erreichen konnen. Herr Rempe / ihr wisset wohl / ich bin ein gemeiner unberittener Meß-Pfaffe; ich kan einen so hoch trabenden Theologischen Reuter / als ihr seyd / nicht so gleich assequiren und einholen; ihr werdet mirs ja nicht verübeln / wann ich Claritatis gratiâ euer von denen Kriegs-Generalen / Officireren und Stallbuben genommenes Simile ad captum meum folgender Gestalt applicire und außlege. Zum Exempel; Ein grosser Fürst hat einen feinen geschick- und grund gelahrten Mann / der in vielen Wissenschafften und Welt-Händeln erfahren / seinem Herrn mit langer treuer Bedienung und guten Raht auffgewartet / selbigen befordert er auff seiner Academie und Universität / und beehret ihn mit einer Professorat-Stelle; Dieses soll nach eurer Meinung Meritum de condigno seyn. Eben derselbe aber gibt einem andern / der eben die Geschicklichkeit des ersten nicht hat / gleichwohl aber viel zu seines Herrn Dienst beygetragen / gleichfalls eine Professorat-Stelle; und dieses soll / nach eurer Gleichnüß Meritum de congruo seyn. Wiederum; Derselbe Fürst / oder Herr verleihet eben dieselbe Ehren-Stelle einem abgestrichenen liederlichen Vaganten / der weiter nichts kan / als etwa mit Fabulen und Poëtischen Grillen die Zeit verderben; und dieses soll nach euren Schul-Satz Meritum purae conditionis seyn: wäre also der
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erste Professor de condigno, der ander Professor de congruo, und der dritte Professor purae Conditionis. Herr Rempe (per parenthesin) unter welche Sorte solte wohl ein solcher wohl berittener Lector, als ihr seyd / gehören mögen? Wann ich nun diese eure in euren zwar wohl berittenen / aber übel berahtenen Gehirn ersonnene Division wolte gelten lassen und sagen / daß ein solcher Wurmschneider durch die Gnade seines Fürsten per Meritum purae Conditionis zum Professor worden wäre / solte ich dann auch wohl sagen können / daß er eben die Qualität / geschicklichkeit und Gelehrtheit durch solche Gnade seines Herrn überkommen habe / und nun auch eben das verstehe und praestiren könne / was derjenige verstehet / und praestiren kan / deme diese Stelle de condigno auffgetragen? ich glaube / dieses würde wohl nicht angehen oder reussiren / sondern förchte / es dörffte ein solcher irrender Ritter dennoch in mitten des gelahrten Synedrii ein abgeschmackter Fabularius verbleiben / und ein schmutziger Stallbube / durch die in einem Triumph empfangene unverdiente Ehre / die in einem Generalen erforderende und wohnende Dapfferkeit Stärcke und Kriegs-Experientz wohl nicht erlernen / sondern einen Weg als den andern besser von der Striegel / als wie man eine Armeé commendiren solle / reden und raisonniren können. Nun weiter mein Rempe / aus welchem Catholischen Kern-Theologo hastu diese dreyfache Partition des Meriti außgezogen? ich weiß mich zwarn wohl zu bescheiden / daß die Doctores Scholastici, ad meliorem & faciliorem interpretationem quorundam terminorum aliàs difficiliorum, distinctionem inter meritum de condigno & de congruo erfunden / und in die Schulen gebracht; von deinem tertio Merito purae conditionis aber lese ich weder beym Cardinale de Lugo, noch beym Bellarmino, weniger beym Vasquez Suarez, am allerwenigsten aber bey dem von dir allegirten Adamo Burghaber. Weiters / welcher von allen Catholischen Scribenten hat dich gelehret / das Meritum de congruo dergestalt außzulegen / ob hätte oder könte ein Mensch zu dem Sieg / den Christus alleine gegen Todt / Teuffel und Hölle erstritten / viel beygetragen oder beytragen? bistu vormahls ein Meister in Israel (si Diis placet) gewesen / so zeige deine Kunst / und lehre uns / wer der Kern-Theologus unter denen Catholischen seye / von deme du diese Lehr empfangen: Deine auff den Sünder gezogene / sehr alberne / und von keinem Catholischen geglaubete / weniger gelehrte Application, ist eben derselben Gattung / und ein blosses von deinem dich leyder reitenden Lügen-Geist dir eingegebenes Traum-Gedichte / welches wohl keinem Catholischen / ob man ihm gleich von der Indianischen Tholl-Wurtzel beygebracht hätte / einfallen würde. Zwarn verwundert man sich über dich nicht / daß du derglei
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chen Sachen schreibest / cum enim mentiendi potentia tibi ex tot frequentatis actibus in habitum versa sit, so muß man dich also verschleissen / wie man dich hat / non enim colliguntur de spinis uvae, aut de tribulis ficus; nur dieses verwundert man billig / daß an Seiten der Augspurgischen Confessions Verwandten die Obrigkeit zuläst / daß solche abgeschmackte Pedanten ihre Sache verfechten müssen / gleichsam wäre bey ihnen an Geschickt- und Gelehrten Leuten eine solche Caristie eingerissen / daß sie nunmehr keinen mehr finden konten / der etwas mit Vernunfft und Fundament schreiben könne / als ein solcher von uns außgerissener dissoluter verlogener Münch. Damit man aber desto augenscheinlicher sehen möge / daß ich in meiner Apologie nichts gesetzet / was nicht zugleich die allgemeine Catholische Kirche glaubet / sondern auch die also von Rempen genente hertzhafftere Blum- und Kern-Theologi, in ihren Schrifften offentlich profitiren / so wollen wir kürtzlich in denen mir vorgeworffenen Stucken ihre Meinung hören. Cardinalis de Lugo Disp. 5. de Mysterio Incarnationis, Sect. 2. n. 19. allwo er von der Unvermögenheit unserer Verdienste disputiret / hält davor und sagt; Daß kein Mensch durch seine Wercke Gottgnug thuen könne vor die Schuld der Sünde / womiter Gott erzürnet / mit folgenden Worten: Communis antiquorum & recentiorum sententia hanc impotentiam sumit ex dignitate Dei offensi, & vilitate personae offendentis; Nam injuria, seu offensa eò est major, quò dignior est persona offensa, & vilior offendens; sicuti è contra satisfactio eò est minor, quo dignior est persona, cui offertur, & vilior persona, à qua offertur; cum ergo offensa crescat ex Majestate infinita Dei, & vilitate hominis peceantis, satisfactio etiam debeat decrescere ex eadem hominis parvitate, & excellentiâ Dei, cui offertur; consequens est, nunquam posse satisfactionem puri hominis adaequare gravitatem offensae. Haec est ratio S. Thomae in praesenti articulo 2. ad 2. Bonaventurae in 3. D. 20. q. 3. quos sequitur Suarez, & communiter alii Theologi. Zu teutsch: ‚Der gemeiner Sinn und Außspruch / so wohl der älteren als neueren / nimt diese Unvermögenheit aus der Würdigkeit GOttes / der erzürnet ist / und aus der Verwürfflichkeit der Persohn / oder desjenigen / so ihn erzürnet; dann die Unbill oder Beleydigung ist desto grösser / je grösser derjenige / welcher beleydiget wird / und je verwürfflicher derjenige ist / welcher beleydiget; wie dann hingegen die Gnugthuung desto geringer / je grösser und würdiger derjenige ist / deme solche angebohten wird / und je verächtlicher derselbe zu schätzen / der solche anbiethet: gleich dann die Beleydigung wachset aus der unendlichen Mojestät GOttes und Verwürff
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lichkeit des Menschen / der da sündiget / und also ebenfalls die Gnugthuüng abnehmen und vergeringert werden muß / aus eben derselben Nichtigkeit des Menschen und Vortrefflichkeit GOttes / deme sie angebohten wird; so folget demnach / daß keine Gnugthuung eines puren Menschen könne gleich seyn der Grösse der Beleydigung GOttes. Dis ist der Sinn des H. Thomae in gegenwertigen Articulo &c. Bonaventurae &c. welche folgen Suarez, und ins gemein alle andere Theologi. Und Disputatione sextâ, Sect. 1. n. 1. spricht er: Communis & vera Sententia affirmat, opera Christi Domini habuisse ex se sufficientem valorem & condignitatem ad satisfaciendum pro peccatis. Haec est communis inter Theologos; quos latè referunt & sequuntur Suarez, Vasquez, &c. Die gemeine und wahre Sententz spricht und bejahet / daß die Wercke Christi des HErrn aus sich gehabt haben einen gnugsahmen Preiß und Vollgültigkeit vor die Sünde gnug zu thuen. Dieses ist die gemeine Meinung unter denen Theologen / welche der Länge nach erzehlen und folgen Suarez, Vasquez, &c. Weiters schreibt er Disp. 27. Sect. 3. Suppono meruisse Christum nobis remissionem peccatorum, gratiam sanctificantem, & omnia dona, quae inde consequuntur, in quo nulla est controversia. Suppono etiam meruisse nobis dispositiones illas, quibus ad gratiam justificationis disponimur; de quibus licet aliqui dubitaverint, sed jam est concors Theologorum Sententia, haec omnia dari per Christum; quod ex Scriptura, Conciliis, & Patribus manifestè colligitur. Videatur Suarez in praesenti Disput. 41. Sect. 2. & Vasquez Disput. 77. qui latè & eruditè hoc Dogma confirmant. Suppono item meruisse Christum non solum auxilia efficacia, quae dantur ad haec omnia, sed etiam auxilia sufficientia, & ea etiam, quae dantur ad vitandum peccatum, saltem quando ex propriis viribus non poterat vitari, haec enim omnia sunt ex gratia per Christum; de quo dixi in Materia de gratia, ubi est proprius locus. Das ist: ‚Ich setze zuvor / daß Christus uns verdienet habe Erlassung der Sünden / die heiligmachende Gnade / und alle Gaben / so daraus folgen; worüber gantz kein Streit ist. Auch setze ich zu forderst / daß er uns verdienet habe diejenige Geschicklichkeiten / durch welche wir zu der heiligmachenden Gnade geschickt gemacht werden / an welchen ob zwarn etliche gezweiffelt haben / so ist doch nunmehr der einhelliger Spruch aller Theologen / daß alles dieses durch Christum gegeben werde; welches aus der Schrifft / denen Concilien, und heiligen Vättern offenbahrlich zu schliessen. Videatur Suarez, Vasquez, &c. welche diesen Lehr-Satz weitläuffig und gelehrt
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bekräfftigen. Item setze ich zuvor / es habe uns Christus verdienet / nicht allein die nachdrückliche / würckliche Hülffs-Mittel / so zu diesem allen gegeben werden / sondern auch die gnugsahme / und auch diejenige / welche gegeben werden die Sünde zu fliehen; wenigstens / wann aus eignen Kräfften solche nicht könte verhütet werden: dann alle diese Sachen kommen her aus Gnaden durch Christum; wovon ich geredet habe in der Materia von der Gnade / allwo der rechte Ohrt ist. Cardinalis Bellarminus, libro sexto de gratia & libero arbitrio, cap. 4. hat folgendes. Nos tres Sententias ex Scripturis & Traditione Ecclesiastica paucis comprobabimus. Prima erit, non posse hominem sine speciali gratia Dei aliquid velle aut facere in iis rebus, quae ad pietatem & salutem pertinent. Secunda, non posse hominem propriis viribus ad gratiam se disponere, sive aliquid facere, propter quod ei divina gratia conferatur. Tertia, non posse ab homine diligi Deum, etiam ut Authorem naturae & imperfectè, sine adjutorio gratiae, ubi allegat Concilium Arausicanum 2. ejusque Canonem septimum; si quis per naturae vigorem bonum aliquod, quod ad salutem pertinet vitae aeternae, cogitare aut eligere posse confirmat &c. haeretico fallitur Spiritu. Wir wöllen drey Sprüche mit wenigen auß der Schrifft / und der Kirchen Tradition beweisen. Der erste ist / daß kein Mensch / ohne absonderliche Gnade Gottes / etwas wöllen oder thuen könne in denen Dingen / so zur Gottesforcht und der Seeligkeit gehören. Der andere Spruch ist / daß kein Mensch aus eigenen Kräfften sich zur Gnade disponiren und zurichten oder etwas thuen könne / dessentwegen ihm die Gnade Gottes ertheilet werde. Der dritte ist / daß Gott von keinem Menschen / auch nur als ein Uhrheber der Natur und unvollenkommen könne geliebet werden / ohne Beyhülffe der Gnaden / allwo der Author citiret das Concilium Arausicanum 2. und dessen siebenden Canonem; ‚Wann jemand bekräfftigen wird / daß durch die Krafft der Natur etwas gutes / so zum Heyl des ewigen Lebens gehöret / könne gedacht oder erwehlet werden etc. derselbe wird von einem ketzerischen Geiste betrogen. Item lib. 5. de justificatione Cap. 16. Ad quartum respondeo, absolutè non posse hominem à Deo aliquid exigere, cum omnia sint ipsius; Tamen positâ ejus voluntate & pacto, quo non vult exigere à nobis opera nostra gratis, sed mercedem reddere juxta proportionem operum, verè possumus ab eo mercedem exigere: Quomodo servus non potest absolutè à Domino uo ullum praemium postulare, cum omnia, quae servus acquirit, Domino
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suo acquirat; Tamen, si Domino placeat donare illi opera suâ, & pro iisdem, tanquam, sibi non debitis, mercedem promittere, jure mercedem pro suis operibus postulabit. Zum vierdten antworte ich / daß der Mensch absolutè und einmahl vor all nicht könne von GOtt etwas fordern; zumahlen alles GOtt zugehöret; nicht destoweniger / wo wir seinen Willen und Verbündnüß setzen / vermittels deren er von uns unsere Wercke nicht will umsonst fordern / sondern davor einen / denen Wercken proportionirt- und geschickten Lohn ertheilen / so können wir warhafftig von ihm den Lohn fordern: Gleich wie ein Knecht von seinem Herrn absolutè keine Belohnung heischen kan; weilen alles was der Knecht erwirbt / solches seinem Herrn erwirbt: Wann es jedoch dem Herrn gefält / die von dem Knechte gethane Arbeit demselben zu schencken / und ihme davor / gleichsam wäre solche Arbeit keine Schüldigkeit / einen Lohn zu verspiechen / so würde der Knecht von Rechtswegen solchen Lohn forderen können. Et Capite 21. Gratia Justificationis neque ex condigno, neque ex congruo, meritis operum, solis viribus liberi arbitrii effectorum potest acquiri. Das ist: ‚Die Gnade der Rechtfertigung kan weder ex condigno, oder der Würden nach / noch ex congruo, oder der Zulänglichkeit nach erhalten werden durch Verdienste der Wercke / so aus blossen Kräfften des freyen Willens gethan seynd. Ibidem: Eadem gratia non potest obtineri ex condigno, sedsolùm ex congruo, meritis operum ex fide & auxilio Dei speciali procedentium. Eben dieselbe Gnade kan den Würden nach nicht / sondern nur der Zulänglichkeit nach erhalten werden durch Verdienste der Wercke / welche aus dem Glauben und sonderbahrer Hülffe Gottes herrühren. Ibidem: Ad haec, nullum (Christo excepto) quamvis justum & sanctum posse aliis mereri gratiam de condigno, certa ratio persuadet; Nullum enim exstat pactum, nulla promissio de merito alienae salutis; Et solus Christus, ut Ecclesiae totius caput, eam gratiam habuit, quâ membris omnibus gratiam & gloriam meretur. Zudem / daß niemand (Christum alleine außgenommen) ob er schon gerecht und heilig sey / vor einem anderen die Gnade verdienen könne aus Würdigkeit / überzeuget uns die gewisse Vernunfft: Dann es ist kein Vergleich oder Pact, auch keine Versprechung zu finden über den Verdienst des fremden Heyls; Und Christus allein als das Haupt der gantzen Kirchen hat solche Gnade gehabt / vermittels deren er allen Gliedern die Gnade und Glory verdienet.
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Vom Durando aber schreibt Bellarminus cap. 16. lib. 5. de Justificatione: Durandi Sententia, si nihil aliud vellet, nisi merita nostra non esse ex condigno, sive ex justitia absolutè, sed tantùm ex hypothesi, id est, positâ liberali Dei promissione, non esset reprobanda; caeterùm videtur omninò velle, merita nostra ex gratia Dei procedentia, & positâ promissione adhuc non esse talia, ut eis ex justitia debeatur merces, sed ex sola Dei liberalitate; in quo sensu refellitur communiter à Theologis, communi omnium sensu & meritò. Das ist: ‚Wann des Durandi Meinung nichts anders sagen wolte / als daß unsere Verdienste nicht seyn ex condigno, denen Würden nach / oder aus Gerechtigkeit absolutè und schlechter dings hin / sondern allein aus der Hypothesi, oder dem Vorsatz der freygebigen Versprechung GOttes / so wäre dieselbe nicht zu verwerffen; aber es scheinet / er wölle kurtzum haben / daß unsere Verdienste / welche aus der Gnade Gottes herkommen / und die Verheissung Gottes supponiren; Dennoch nicht also beschaffen seyn sollen / daß ihnen von rechtswegen / sondern nur aus Freygebigkeit der Lohn gebühre; in welchem Sinn er insgemein durch einhelligen Schluß aller / von denen Theologis und daß zwarn billig wiederlegt wird. Damit aber auch Rempe sich um destoweniger zu beschweren habe / so will man des Adami Burghabers / (welcher zwarn denen anderen / also genanten / Blum- und Kern-Theologis lange nicht gleich gehalten wird) selbsteigene Worte mit hieher setzen. Selbiger nun spricht Controver. 58. Doctrina 10mâ. Praeter istud meritum, quod vocant Theologi de condigno, seu perfectum filiorum Dei, datur aliquod meritum inferius illo, quod appellant de congruo: Et licet Patres & Concilia hujus expressè non meminerint, re ipsâ tamen expresserunt. Probatur, tum quia peccator potest mereri Justificationem & remissionem peccatorum; Atqui non potest mereri de condigno, ergò merito quodam inferiori, seu de congruo. Minor constat ex Tridentino, Sess. 6 Cap. 8. Gratis autem ideo justificari dicimur; quia nihil eorum, quae justificationem praecedunt, sive fides, sive ipsa opera, ipsam Justificationis gratiam promerentur; Scilicetmerito persecto, seu de condigno; unde subditur: Si enim gratia est, jam non ex operibus, alioquin gratia jam non esset gratia. Majorem tradit S. Augustinus Epist. 105. Neque ipsa remissio peccatorum sine aliquo merito est, si fides eam impetrat; neque enim nullum est meritum fidei. Item Epist. 106. Si quis dixerit, quod gratiam bene operandi fides mereatur, negare non possumus. Loqui autem S. Patrem in his & aliis locis de merito fidei, quae elicitur à PECCATORE, communiter fatentur Theologi; Et est quasi sensus totius Ecclesiae.
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Das ist: ‚Nebenst diesen Verdienst / so die Theologi nennen de condigno, denen Würden nach / oder das vollkommene Verdienst der Kinder Gottes / ist noch ein anders / so geringer ist / als jenes / welches sie nennen de Congruo. Und wiewohl die Patres und Concilia hiervon keine expresse Meldung gethan / so haben sie den̅och selbiges in der That selber außgesprochen. Dieses wird probiret / theils weil der Sünder verdienen kan die Rechtfertig- und Nachlassung der Sünden: Nun aber kan er selbige nicht verdienen de condigno, ergo verdienet er selbe durch ein geringers Verdienst / oder de congruo. Die minor propositio erhellet aus dem Concilio Tridentino Sess. 6. cap. 8. Darum aber werden wir umsonst gerechtfertiget genennet; weilen nichts von allem dem / das vor der Gerechtfertigung vorhergehet / so der Glaube oder die Wercke selbst / die Gnade der Rechtfertigung verdienen / nemlich durch ein vollkommenes Verdienst oder de condigno; Dahero wird gleich darauff gesetzet: dann wann es eine Gnade ist / so ist es ja nicht aus denen Wercken; dann sonsten würde die Gnade keine Gnade seyn. Majorem propositionem aber setzet der H. Augustinus Epist. 105. allwo er sagt: Die Nachlassung der Sünde selbst ist nicht ohne einigen Verdienst / wann sie der Glaube erhält; dann der Glaube ist gantz und gar ohne Verdienst nicht. Item Epist. 106. Wann jemand sagen wird / daß der Glaube die Gnade Gutes zu wircken verdiene / solches können wir nicht ablaugnen; ‚Daß aber der H. Vatter an diesem und anderen Oerthen rede von dem Verdienst des Glaubens / welcher von dem Sünder gewircket wird / solches bekennen insgemein die Theologi; und ist gleichsahm der Sinn der gantzen Kirchen. Nun haben wir allhier die eigentliche Meinungen der von Rempen so hoch heraus gestrichenen unerschrockenen Blum- und Kern-Theologen der Catholischen Kirchen: Lasset uns nun sehen / wie des Hildesheimischen Meß-Priesters SONNEMAN seine Propositiones mit denenselben übereinkommen. In meiner Apologia habe ich gesetzet fol. 6. Articulo 5. Und wiewohl die Kirche davor hält / daß die im wahren Glauben verrichtete Wercke verdienstlich seyn bey Gott / so schreibt sie doch solchen Verdienst der Wercke nicht denen Wercken / sondern der Gnaden Christi / und seinen Verdiensten zu; und hält / daß Gott die Wercke belohne von Rechtswegen / nicht der Wercke wegen / sondern seines Worts halber; weil ers aus freyen Willen und Gnaden versprochen. Liese hierüber ferner die Articulen 6 und 7. auch die vorhergehende Articulen 3 und 4. nun conferire man mit unpartheyschen Augen und Sinnen diese meine Articulen und Theses meiner Apologie mit
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obgesetzten Stellen deren von Rempen selbst allegirten Kern-Theologen / und sage mir hernacher / ob nicht aus diesen zweyen Propositionen eine wahr seyn müsse; nemlich / obgesetzte Stellen finden sich nicht bey gedachten Authoribus, oder aber Rempe hat mich als ein unverschamter Calumniante gröblich belogen / indem er mich beschüldiget / ich hielte erstlich davor / man könte denen Wercken keinen andern Verdienst zulegen / als daß sie nur Früchte des Glaubens seyn. Ferner ich glaubte mit dem Durando, daß auch die Wercke / so durch die Gnade Gottes und den Glauben in Christum / stante promissione Divinâ geschehen / nicht von Rechtswegen belohnet würden / und daß ich der Gerechtfertigung halber einen andern Sinn / als die Catholische Kirche / und also einen verdam̅lichen Syncretismum hege. Doch was ist es Wunder / daß dieser Schmäh- und Lastersüchtiger Mensch dergestalt nicht alleine auff mich / sondern auff andere ehrliche und fromme Catholische / als den Patrem DIONYSIUM Capucinum also wieder alle Warheit loß stürmet? Er hat dessen die Ursach in seinem 5ten und letzten Articul wieder mich selber gantz lauter und hell an den Tag gelegt; nemlich; was thuts dann Noht von ihnen abzutretten? Allhier geehrtester Christlicher Leser / allhier hastu eine lautere und gründliche Bekantnüß meines Verläumders selbst: Würde der gemeine Mann erst auff die Spuhr kommen / und finden / daß denen Catholischen wegen der Verdienstlichkeit ihrer Wercke von denen Protestirenden zu viel geschehen / würde man gestehen müssen / daß die Catholischen von der durch Christum allein verdienten Gnade der Gerechtfertigung / und von der Nichtigkeit der Verdienste der menschlichen Wercke glauben wie die allererste Kirche geglaubet / und die Schuldigkeit eines jeden frommen und gegen seinen Gott danckbahren Christen erfordert. Mit einem Wort / würde man denen Catholischen das Zeugnüß geben / daß sie in dem vornehmsten Stuck der Christlichen Lehre eine heilige / gottseelige Meinung führeten; so würde freylich nohtwendig daraus folgen müssen / daß es wohl keine Noht gethan / wegen ein oder andern bösen Mißbrauch / der doch / einen Weg als den andern / bey denen Herren Protestirenden wohl wenig verbessert worden / von der Warheit der Kirchen abzutretten; es würde daraus freylich folgen / daß solche ungerahtene Münche / als Rempe und seines gleichen / nichts als einen lähren falschen und erdichteten Vorwand ihres Außtrits dem unverständigen Volcke feylgebohten; und daß solche dissolute Ehrenschänder anderer ehrlichen Leute nichts wenigers in ihrer Veue und Absicht bey ihrem Außtritt gehabt / als wie sie mit Forcht und Zittern in grosserer Demuht / Gottesforcht / Eingezogenheit und anderen Christlichen Tugenden bey denen Protestirenden ihrem Heyl der Seelen alleinig abwarten mögen; Es würde
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freylich daraus folgen / daß der gottlose Pasquillante zu Pirn / mit seinem Adhaerenten / wieder alle Rechte und Billigkeit geschrieben und geredet / da sie sich unverschamter und höchst straffbahrer Weise unterstanden / eine grosse Königin / und ihre hohe Bluts Alliirten mit so abscheulichen Laster-Titulen des Meinäydes und dergleichen anzutasten. Und eben darum thut es Noht / und zwarn die höchste Noht / daß man die Catholische auff alle Wege beliege / ihnen solche Glaubens-Reguln und Lehr-Sätze andichte / daran sein Tage kein Mensch gedacht; und also mit solchen lästern und schmähen den gemeinen Mann bey der Nasen auffhencke / und in den verdamten Argwohn hinhalte / man lehre bey denen Catholischen nichts als gotteslästerliche Sachen. Nun mein Rempe du hast hierin das deinige redlich gethan / wirst auch vermuhtlich deiner Ahrt nach davon nicht ablassen: Darum so fahre dann weiter fort / ut, qui in sordibus est, adhuc sordescat, und glaube nur nicht / daß du die Catholische mit deinen Galanterien schrecken werdest / wann du auch schon dein Contrafait auff alle Scenen deines so holdseeligen Theatri pregen liessest. Zwarn meinestu / es würden die Catholische denen ihrigen sorgfältig verbieten dein Werck zu lesen; worinnen ich mit dir nicht einer Meinung bin; Zwarn wolte ihnen eben nicht rahten / daß sie ihr Gelt an solchen liederlichen Sachen verthuen solten / wie dann auch Kinder und junge Leute an deinen aufferbaulichen Zotten eben keine grosse AEdification nehmen möchten: Im übrigen aber wolte vielmehr davor halten / man solte deine so vortreffliche Gedancken alle miteinander lesen lassen / damit sie an deiner Bildnüß sehen / und aus deinem Buche erlernen möchten / was du zwarn vor ein boßhaffter Verläumder / aber auch dabey vor ein ohnmächtiger unvermögender Narre gewesen: Quis enim te ex istis nugis tuis vel doctum, vel Theologum, vel sapientem judicet? Bey dieser Passage muß eine kleine Digression machen; hiezu gibt mir Anlaß eine kürtzlich durch den Druck publicirte Relation, über die Dancksagung / so Ihro Durchl. der regierender Herr Hertzog zu Wolffenbüttel zu thuen befohlen / daß der allerhöchste GOtt die Großmächtigste Königin in Spanien / Ihrem Allerdurchleuchtigsten König und Ehgemahl durch so weite und gefährliche Wege / und Reisen zu Wasser und Land / gesund und glùcklich zugeführet: Wobey dann mit der grössesten Bewunderung von der Welt ersehen / daß einige Wolffenbüttelsche Prediger sich unterstehen dörffen in der Residentz-Stadt ihres Landes Fürsten und Herrn / auch nach ihrer Religion ihres Obristen Bischoffes / deme sie mit Eyd und Pflicht nach Gött- und Menschlichen Rechten verbunden / um so viel mehr verwand / weilen sie dazu verordnet / daß sie dem gemeinen und zu Unruh und Neuerungen
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ohne dem mehr als zu viel geneigten Volcke den schüldigen Gehorsahm gegen ihre hohe Landes-Vätterliche Obrigkeit / vermöge des vierdten Gebottes auffs bindlichste einpredigen / und dasselbe dabey nicht so sehr mit Worten als würcklichen löblichen Exempel und Wercken erhalten und conserviren sollen. Ich will in diesem Fall von der Religion und denen zwischen uns leyder schwebenden Glaubens-Strittigkeiten abstrahiren / und nach denen Maximen der Protestirenden selbst dieses Factum etwas genauer betrachten / und demnach fragen; Ob ein Protestirender Prediger mit gutem Gewissen sich weigern könne / wann von ihm gefordert / und ihme anbefohlen wird eine Dancksagung zu thun / daß eine Allerdurchleuchtigste Enckelin seines Landes-Herrn / auch Geist- und Weltlicher Obrigkeit / über mehr als 300 Meile zu Wasser und Land ihrem Ehgemahl gesund und glücklich / durch die Gnade Gottes zugeführet worden. Ich habe bey dieser Frage zweyerley Partheyen der Protestirenden für Augen; die eine zwarn bestehet in denen jenigen / die anitzo mit Ihro Kayserl. Majest. und dem gesamten Reich sich höchst rühmlich verbunden / und zu dem gemeinen Interesse von Europa, bißhero mit so fester / wohl niemahls mehr erhörter Union und Verbindlichkeit alles dasjenige beygetragen / was die allgemeine Sicherheit und Ruhestand eines jeden erfordern wöllen: Unter diesen hat die bey unseren und vergangenen Jahren unvergleichliche Judith und Allerdurchleuchtigste Heldin / die Großmächtigste Königin in Engeland / Schotland und Irrland / ANNA, ihr so bey Catholischen als Protestirenden einen Nahmen erworben / den / so lange die Welt stehet / keine Unbill der Zeiten wird kräncken / weniger vernichtigen können: Diese / mit mehr als männlicher Stärcke und Geschicklichkeit von dem Himmel gezierte irrdische Göttin / ist Diejenige / so unter denen verwirten Stricken und Zweiffel-Knotten / womit die Religion sich bald zu diesem / bald zu jenem verdamlichen Absehen / als ein scheinbahrer Deckmantel und Praetext muß ziehen und hinleiten lassen / die rechte Methode gefunden / besser als vormahls der Grosse Alexander den Gordianischen Knopff auffzulösen: Der Raum dieses Orts ist zu geringe dieses Thema seiner Würdigkeit nach außzuführen; es muß uns gnug seyn / daß wir wissen / und mit unseren Augen gesehen haben / wie diese grosse und unvergleichliche Königin mit so desinteressirten Hertzen ihr angelegen seyn lassen / den Allerdurchleuchtigsten und Großmächtigsten König in Spanien / CAROLUM den Dritten auff seinen / Ihm von GOTT und Rechts wegen gehörigen natürlichen Erb-Trohn zu setzen / und wieder alle ungerechte Eintringer denselben darauff krafftlich zu manuteniren: GOtt ein Gott der Herrscharen hat ihre Hand gestärcket / und der Welt bißhero se
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hen lassen / was er auch durch den Arm des sonst blöderen Geschlechtes vor Mannliche Wunder thuen könne: Diese ists / welche mit vernünfftiger Freude angesehen / daß ihr Königlicher Schutz-Sohn mit einer der allertugendsahmsten / schönsten und holdseeligsten Princessin / so die Welt tragen mag / vermehlet worden; aus welcher / von GOtt so gnädiglich vorgesehener und bestättigter Ehe / sie mit noch grösseren Freuden ersehen wird / daß Spanien seinen legitimè und rechtmässigen Cron-Erben ihr als gleichsahm seiner Königlichen Groß- und Schutz-Mutter wird zu dancken / und so lange die Sonne an seinen Enden auff- und untergehet / mit höchst erkentlichen immerwehrenden Andencken zu zuschreiben haben / daß es nicht unter dem regiersüchtigen schweren Joch Frantzösischer Dienstbarkeit seüfftzen müsse. Ich breche wieder meinen Willen in weiterer Lobs-Verfolgung dieser nie gung zu preysenden grossen Königin ab; wovon ich auch so gahr die ihren Königreichen nicht angenehme Unfruchtbarkeit selbst nicht ohne hohes Geheimnüß göttlicher Vorsichtigkeit urtheile; Dann / weilen diese Heldinne alle ihre hohe Vorfahren an der Cron Engeland mit der Herrlichkeit ihrer Thaten weit überstiegen / also würde sie schwerlich einen Erben hinterlassen können / der den Ruhm einer solchen Mutter erreichen könte: Gnug / daß sie ihr und ihrer Nation eine unsterbliche Glory und überreichen Wohlstand / dem Heiligen Römischen Reich / die Wiederauffrichtung / dem Königreich Spanien / seinen Königl. rechtmässigen Cron Stamm / und Franckreich die wohlverdiente Züchtigung / zur Welt gebohren; Der Allerhöchste wölle ihre hohe und recht Königlich Unternehmungen weiter mit seiner Benediction seegnen und bewerckstelligen / zu seines Nahmens Ehre und unser aller ewigen Frieden. Die andere Sorte der Protestirenden bestehet aus denen / welche mit dem Interesse der Cron Franckreich verknüpffet / alles das jenige mit einem Neyd vollen scheelen Auge ansehen / was dem Allerdurchleuchtigsten Ertz-Hause Oestereich / und seinen hohen Alliirten zu fernern Auffnehmen / oder beständiger Erhaltung gedeyen kan. Ich lasse diese odieuse Materie allhier mit Willen in ihrer selbst eigenen verdeckten Finsternüß liegen / wohl wissend / daß diejenige / so von GOtt gesetzet / denen Völckern das Recht zu sprechen / ohne dem gnug informiret und berichtet seyn / welche es seyn / die sie in erwehnten Falle zu observiren haben: Unter denen ersten trage ich zumahlen keinen Zweiffel / es werde sich kein eintziger finden / der nicht das Werck einer solchen / von GOtt veranstalteten und bestättigten Heyraht / als ein im Himmel gemachtes Conclusum, danckbahrlich annehmen / und daraus alles Gutes werde vorsehen / so der Allerhöchste / zu ihrer allgemeinen Ruhe und Wohlstand / dadurch zu wircken Willens ist / und wovon er uns bereits einen so durchtringenden Vorschmack zu prüffen gegeben hat.
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Die andere Sorte glaube wohl / daß sie einige hegen möge / denen vielleicht eine sehr angenehme Zeitung würde gewesen seyn / wann sie hätten hören mögen / daß eine solche aller Liebe und Veneration würdigste / allertugendsahmste Princessin in denen Wellen der Spanischen See viel ehender begraben / als in das Königliche Ehbette gelegt worden wäre; Oder aber wann sie vernehmen könten / daß sie mit samt ihrem Königlichen Ehgemahl aus ihrem Reich verjaget / von Land und Leuten vertrieben / und der Frantzösischen unersättlichen Regiersucht sacrificiret werden möchten. Gleich aber dem Allerhöchsten gefallen seine Gnaden-Hand über das Allerdurchleuchtigste Ertz-Hauß Oestereich zu halten / und solches in so vielen Gefährlichkeiten gleichsahm wunderthätiger Weise / jederzeit zu bewahren / also muß man zwarn solchen Feinden allerhöchst gedachten Ertz-Hauses und seiner hohen Alliirten diesen Neydgram zu ihren empfindlichsten Verdruß gönnen / und weilen sie nicht schaden können / ihrer Ohnmächtigkeit lachen: Allein daß in der Residentz-Stadt des jenigen / der von dieser Großmächtigsten Königin Groß-Herr Vatter zu seyn von GOtt die Gnade hat / ein Unterthan / ein Diener / ein Prediger solle gefunden werden / der ihme das Hertze nehmen / und zum allerhöchsten Despect seines Landes-Fürsten und Obristen Bischoffes eine mit höchster Bedachtsamkeit und Discretion gestellte und stylisirte / der Religion nach indifferente Dancksagung abzulesen sich weigern / und auff offentlicher Kantzel vorgeben dörffe / ob könne er ein solches mit gutem Gewissen nicht thuen / und darum ihme anmassen wölle solche nach seiner Phantasie zu enderen / und nicht / wann es seiner Obrigkeit / sondern ihme gelegen endlich dieselbe abzulesen / und also das zu Ehren der glücklichen Uberkunfft dieser Großmächtigsten Königin angestellte Danckfest mit seinen ungegründeten Salbadereyen zu stöhren / ein solches kan nun und nimmermehr begreiffen / wie es ohne höchst straffbahre schwere Sünde geschehen / und ohne exemplarische Bestraffung also passiren könne. Zwarn habe die Dancksagung gelesen und wieder gelesen / dieselbe mit der anderen confrontiret; finde aber / daß die erste wohl weit indifferenter was etwa die Religion anbetreffen möchte (wo es anders denen Herren Wolffenbüttelschen Predigern darum zu thuen gewesen) als die andere concipiiret und errichtet seye; Es wäre dann Sache / daß die Herrn Prediger vermeinet / sie haben in höchst erkentlicher Erinnerung der zwischen dem Durchleuchtigsten und Großmächtigsten Fürsten und Herrn Herrn CARLN den Dritten / Könige in Spanien und deren Indien / und der Durchleuchtigsten Frauen Frauen Elisabeth Christinen / gebohrnen Hertzogin zu Braunschweig und Lüneburg ohne längst glücklich vollenbrachten hohen Vermählung wohl können mit guten Gewissen
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dem Volcke vor die Hauß-Arme eine milde Steuer zur Mitgeniessung des darab empfangenen Vergnügens abkündigen und solche Hauß-Arme noch dazu vor ihr Hauß citiren / und ihnen alldorten diese aus erkentlicher Erinnerung der getroffenen hohen Vermählung gnädigst verordnete Steuer selbsten außtheilen. Aber daß sie Gott dem allerhöchsten Danck sagen sollen / daß die Allerdurchleuchtigste Großmächtigste Königin ihre gefährliche / aus der Kayserlichen Residentz-Stadt Wien / über Land und Wasser / nach Spanien angetrettene Reise vollenbracht / und den 5ten Julii in Catalonien bey thren Königlichen Gemahl frisch und gesund angekommen; ein solches solle und müsse ein Punct seyn / der mit gutem Gewissen von keinem Prediger könte oder dörffte unternommen werden / daß man GOtt bitten solle / er wölle die beyde Königliche Vermählte mit ungefärbter Liebe verknüpffen / sie bey beständigen und allen Königlichen Wohlstand erhalten / an Seel und Leibe reichlich seegnen / zu Außbreitung seiner Göttlichen Ehre / Vermehr- und Fortpflantzung des Ertz-Hertzöglichen Hauses Oestereich / denen angehörigen Königreichen und Völckeren zum Trost und allen höchst und hohen Interessenten zu zeit- und ewiger Wohlfahrt; Und das zwarn um unsers Ehren-Königs und Heylands JESU Christi Willen; Ein solcher Wunsch / eine solche Bitte / seye und müsse seyn eine verdam̅liche Sünde / so man ohne Beleydigung Göttlicher Majestät / und unheylbahrer Seelen Wunde dem Volcke nicht abkündigen mögen. Es kan keine Sache klärer denen menschlichen Sinnen vor die Augen gelegt werden / als wann man selbige in Gegenwart ihres Contrarii oder Oppositi denenselben zu betrachten darbietet: Diesem zufolge möchte gerne wissen / was die Wolffenbüttelsche Herrn Prediger würden gethan haben / wann (daß jedoch GOtt nicht zugegeben / und in Ewigkeit nicht zulassen wölle) die Allerdurchleuchtigste Königliche vermählte Braut / auff ihrer gefährlichen Reise verunglückt wäre; Wann selbige nunmehr mit ihrem Königlichen Gemahl in schweren Mißverstand und eine übelgerahtene Ehe verfallen könte; Wann dieselbe das Ertz-Hauß Oestereich mit keinen Cron-Erben erfreuen müste; Wann das von allen höchst- und hohen Alliirten und Interessenten so mühsahm und kostbahr unternommenes / und biß dato durch die Gnade GOttes so glücklich geführtes hohe Werck rückgängig und zu nichte würde; Ich bilde mir ein / so fern es nach solcher Leute Phantasey und genio gehen müste / es würden die Orgeln in allen Kirchen der Stadt klingen / und die Glocken denen Außwertigen auff dem Lande ihre sonderbahre Freude und Vergnüglichkeit zuruffen und kund thuen müssen: Ist
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dieses nicht / so begehre ein vernünfftiges Medium zwischen diesen beyden Fällen: Dann wann die Dancksagung vor die erste Position dergestalt sündlich seyn soll / daß man sie ohne schwere Verletzung des Gewissens dem Volcke nicht verkündigen können / so muß nohtwendig die andere / ihr entgegen gesetzte / eine Gott-wohlgefällige / und zu seiner Ehre gereichende Sache seyn / worüber sich billig alle Prediger der Warheit zum höchsten erfreuen müssen: Meine Herrn / sie wöllens mir zu gute halten / wann ich ihnen ein wenig ihre Schwachheit entdecke: Man hat den ungefährlichen Fall Ihrer Durchl. des Herrn Hertzogen; den natürlichen Tod des Herrn Abbt Spechts mit so außbündigen terminis wöllen zu Miraculen und augenscheinlichen Straffen Gottes machen; darum daß die damahlige Hertzogliche Princessin / nunmehr aber rechtmässige Königin in Spanien / zu der Catholischen Religion getretten / was könte euch Herrn erwünschters wiederfahren / als wann ihr dem gemeinen Volck abermahls ein nachdrücklichers Miracul hättet vorsagen und einbilden / und damit eure faule Wunde ein wenig bedecken können? Euer Haß gegen allerhöchst gedachte Königin liegt am Tage; Es hat euch ihre Würde / oder auch der Eurem Landes-Fürsten und Herrn gehöriger Respect nicht einmahl dahin vermögen können / daß ihr in der von euch concipiirten / und vermeintlich verbesserten Dancksagung / das gehörige Praedicat Allerdurchleuchtigst / so wohl ihr als ihrem Könige gegeben hättet; Habt ihr solches aus Vorsatz und mit Bedacht gethan / so ist solches ein schweres und hartes Verbrechen / und höchst ärgerliche Injurie; worüber man euch in jure gehörig / und zwar fiscaliter belangen kan: Dann obschon der König in Spanien euer König nicht ist / so ist er doch eures Käysers und obristen allerhöchsten Haupts im Reich Bruder / und die Königin eine Enckelin Eures Hertzogs und natürlichen Lands-Herrns. Ist es aber euer Unverstand und wenige Experientz in dergleichen Sachen / so hättet ihr die Hände davon lassen / und was ihr nicht verstehet / euch nicht zumessen und arrogiren sollen; Cum ejusmodi ignorantia, conjuncta cum praesumptione, aequiparetur dolo; & imperitia culpae adnumeretur tam in literatis quam illiteratis aliquod artificium profitentibus usque ad caprarii vel vitulorum custodem. Vide Schnedewinum lib. 4. de lege aquilia, tit. 3 Und habt darum einen Weg als den andern euch straffbahr gemacht. Ich kan in Warheit nicht begreiffen / wie es möglich seye / daß da Protestirende Fürsten und Herrn mit so klugen / geschickten / erfahrnen und braven Ministris versehen sind / daß dieselbe dennoch es nicht dahin bringen können / daß ihnen von ihren Predigern nicht mannigmahl gantz unvernünfftig und mal à propo der schüldige Respect verlohren wird: Man wirfft de
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nen Catholischen als eine unerträgliche tyrannische Last vor / das also übel von ihrem Gegenpart genente despotische Pfaffen-Regiment; Nun ist ja nach der protestirenden Glaubens-Bekantnüß eine iede protestirende hohe Obrigkeit in ihren Landen das / was der Pabst bey denen Catholischen ist / und hat Jus statuendi de Religione & cultu divino, & quidem non ex Privilegio Papae, sed Jure Magistratûs ac potestatis à Deo ipsis concessae. Vide Belitz ideam Juris publici, & communiter omnes, qui in Jus publicum, à parte Domino. vum protestantium scripserunt. Was solte nun wohl demjenigen Catholischen Pfaffen wiederfahren / der Literas Pontificis eigenmächtig zu corrigiren / und nach seiner Phantasie zu änderen / und gantz anderst einzurichten sich unterstehen wolte? Ich halte dafür / man würde demselben vor solche saubere Arbeit einen gebührenden und gehörigen Ohrt in sancto officio oder sonsten ohnfehlbahr / und das zwarn von Rechtswegen bereiten und anweisen. Haben nun Ihro Durchl. zu Wolffenbüttel Jure Magistratûs ac potestatis à Deo sibi concessae Jus statuendi de Religione & cultu divino, so ist ein jedweder / etiam die Herrn Prediger / ihr tanquam tali, den völligen und absoluten Gehorsam schüldig / oder sie müssen beweisen / daß Ihro Durchl ihnen etwas befohlen / deme sie de Jure divino nicht gehorchen können; Oder aber / daß Ihro Durchleucht schüldig seyn ihre dißfalls mit ihren Rähten concertirte Befehle und Verordnung einem jeden particuliren Prediger ad examminandum vel etiam corrigendum zuzuschicken: Praesumptio enim Justitiae semper militat pro Magistratu. Ist es aber dahin gedien / daß ein privat Prediger propriâ authoritate sich so weit erkühnen / und ihme das seinem Landes-Fürsten alleine de Jure divino competirendes Jus Episcopale straffbahrer Weise usurpiren / und seinem Obristen Bischoff / mit grosser Aergernüß des Volcks / den schüldigen Gehorsam ins Gesicht denegiren; Dessen gnädigste Decreta und Verordnung reformiren / cassiren / und anders / auch zu anderer Zeit als ihme anbefohlen / ex privatis aedibus zu publiciren sich vermessen darff; So seynd höchst gedachte Ihro Durchl. wohl hertzlich zu beklagen / indeme sie der Caprice und unvernünfftigen Crisi eines jeden Enthusiasten sich hinführo werden unterwerffen / und von demselben Ziel und Maaß empfangen müssen / wie sie ihre / von GOtt ihnen untergebene Land und Leute regiren sollen / und mögen Ihro Durchl. der Herr Erb-Printz an ihres Herrn Vatters Beyspiel ein Exempel nehmen / und sich versicheren / daß man Ihm heut oder morgen mit eben dem Respect werde insultiren wöllen / wofern man der allzu grossen Libertät und Arrogantz solcher übel gerahtener Leute nicht gehörige Schrancken und Limiten setzet. Ihr Herrn Magistri, es ist halt euer Glück / daß ihr einen so gnädigen / milden / und euch
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nur allzugelinden lieben Landes-Vatter und Herrn habet / der sich vielmehr bemühet das böse im guten zu überwinden; Es würde euch an anderen Orten eine solche böse That nicht also ungestraffet hingehen: Klaget und beschweret euch nicht über euer Gewissen / als wann solches bey diesem Hochfl. Befehl Noht gelitten hätte; die Welt merckt und siehet besser / was euch zu dieser Bravade verleitet: Die Großmächtigste Königin in Spanien ist an ihrer Disgrace selber Schuld; Ich wolte es bey einem Haar errahten / wo sie angestossen; man hätte einem oder andern bellenden Hund mit einer guldenen Ketten an die Cantzel anlegen söllen; Ich dörffte wetten / es würde das ihr zu Ehren gewidmete Danckfest mit dem grössesten Applausu von der Welt vollenbracht worden seyn: Aber da man nur die liebe Armuht bedacht / und dieser armen Leute sich nicht auch königlich erinnert / so ist kein Wunder / daß man ihre Majestät deren billiges Ressentiment empfinden lassen / da sie sonsten vielleicht ihr zu Ehren nicht alleine eine viel herrlichere Dancksagung gehalten / sondern wohl gar eine Messe dazu gesungen hätten. Meine Herren / sie werden mir vielleichtdiesen Argwohn verübelen; Allein ich verweise sie auff das An. 1703 auff Tit. Herrn Johann Friderich Richtern / Pastorn in Melaune, Hochzeitfest im Druck publicirtes Ehren-Gedichte; Und glaube / solches werde meinen dißfalls habenden Scrupul legitimiren. Ich habe doch auch andere protestirende Prediger gekennet / und kenne sie noch / von deren Sittsamkeit und Bescheidenheit ich nichts als alles rühmliches sagen kan: Hildesheim selber hat mir davon zwey Beyspiel gegeben; Das erste zwarn bey hochseeligsten Hintritt Ihro Churfürstl. Durchl. MAXIMILIANI HENRICI Churfürsten zu Cölln und Bischoffen zu Hildesheim / da der damahliger Herr Superintendens von Brock demselben eine Lob-Predigt in Sanct Andreas Kirchen gehalten; Das andere aber / da bey hochseeligen Ableben des letzteren Bischoffen JODOCI EDMUNDI, Fürstl. Gnaden / wiederum der dasiger Superintendens Herr Doctor Riemer demselben cum applausu parentiret; und mit ihren so vorsichtig als dextrè wohl vorher concertirten Concepten gewiesen / daß es ihnen am Verstande und gutem Judicio nicht gemangelt / einen Catholischen Bischoff / Priester und Landes-Fürsten dergestalt zu loben / daß darüber die Catholische zu frieden seyn / und die Lutheraner sich nicht beschweren können. Und wiewohl der letzterer auch seine Mißgönner und Lividos gehabt / so erweiset doch seine itzige in Hamburg führende Condouite, daß er sein Metier, nach seinen principiis verstehe / und bey denen darin vorgegangenen leichtfertigen Pfaffen-Lärmen die Hände unversehrt bewahren können. So fern nun diesen beyden / obberührter Ursachen halber / aller Ruhm eines discreten / friedsahmen Comportements, unter einer frembden Reli
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ligions Obrigkeit gebühret; wie viel mehr wird sich dann geziemen / daß ein Prediger seiner eigenen Religion Obrigkeit den gehörigen Respect nicht verliere / und dem Volcke durch seinen Ungehorsam einen hochstraffbahren Weg der Verachtung hoher Obrigkeit nicht vortrette. Ich weiß / man wird mir vorwerffen wöllen / warum ich mich in diese Controvers mische / so mich nicht angehe; Allein hierauff gebe ich kurtzum zur Antwort / daß ich mich und meine Feder ein vor allemahl gewidmet / der Allerdurchleuchtigsten und Großmächtigsten Königin in Spanien Ehre und Majestät / so lange ein Athem in mir seyn wird / wieder alle Deroselben unverschämte und boßhaffte Feinde zu verfechten / und ihnen ihre Unbill und Schande auffs beste als mir müglich seyn wird / auffzudecken; Damit sie mit Schaden lernen mögen / in denen gekrönten und gesalbten Häupteren den göttlichen Characterem besser zu erkennen und zu beehren; Ut discant Justitiam moniti & non temnere Divos. Diesem nach wollen wir nun zu unserem Herrn Professoren purae conditionis wiederkehren / und demselben vor seinem Abschied noch eine kleine kurtze Lection halten. Es ist ja Vermöge gnädigster Verordnung beyder Herrn Gebrüder RUDOLPH AUGUSTS und ANTHON ULRICHS Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Durchl. Durchl. etc. Anno 1690 das Corpus Doctrinae Julium von neuen wieder auffgelegt / und in dem da voran gedruckten Decreto absonderlich der Tractat D. Urbani Regii de formulis cautè loquendi mit angeführet / und als Pars integralis totius Corporis librorum Symbolicorum, authoritate Episcopali confirmiret worden / ist auch kein Zweiffel / Rempe werde ante Introductionem in Academiam Juliam super hoc Corpore Doctrinae seine Profession de more haben thuen / und selbiges zu halten angeloben müssen. Nun muß nohtwendig eines von beyden erfolgen; entweder Rempe hat das Corpus Doctrinae, und den darin enthaltenen Tractat D. Regii de formulis nicht gelesen / oder so er ihn gelesen / so hat er das jenige / was er angelobet / straffbahr gebrochen: Ich will nur ein eintziges daraus anziehen / welches absonderlich zu unseren Propo dienet: Pag. 816. führet gedachter D. Regius die unartige und ungeschickte böse Redens-Ahrten an / deren sich theils ungeschickte Prediger im predigen und lehren gebrauchen; Allwo er dann in specie sagt: Von der Jungfrauschafft / welche in der Schrifft fast gelobet wird / reden etliche so schimpfflich und unzüchtig / daß viele unschüldige Hertzen / durch ihre unzüchtige Worte verletzet werden. Also fahren sie zu beyden Seiten den Holtzweg aus; können auff der rechten Mittelstrassen nicht bleiben: Denn der Ehstand ist ohne Zweif
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fel hoch und groß zu loben / doch daß damit die Jungfränliche Keuschheit nicht geschmähet werde. Diesem § halte nun jemand des Rempen seine abgenöhtigten Beantwortung / oder aber seiner / also genanten Schaubühne (quae potius est fusa recoctio priorum) entgegen / und sehe einmahl zu / ob ihn nicht gedachter D. Regius mit denen allerlebhafftesten Farben abgemahlet. Es würde zu verdrießlich / auch überflüssig seyn / die andere Oerther gedachten Traetats ebenfalls hieher zu setzen; Zumahlen selbige in jedermands Händen herum getragen werden; Aus welchen klar zu schliessen / daß man albereits Anno 1576. die in der Augspurgischen Confession, und anderen Glaubens-Bekantnüssen enthaltene excessive Terminos, und harte Redens-Ahrten auff alle mögliche Weise gemildert gehabt; Und also desto mehr auff den Passauisch-Münsterisch- und Oßnabrügischen Frieden in hoc passu zusehen seye; Welcher will / daß man beyderseits sich aller unbilliger stachelter und injurioser Reden enthalten solle; wie obengerühmte Belitz, in seiner Idea Juris publici, tab. ultim. de Religionis Institutione, n. 117. also schreibet / und ad Interrogationem: An etiamnum hodie de Religione disputare liceat, folgender massen decidiret: Affirmo; Quia Instrumento Pacis Caesareo-Suecico, Articulo 5. § utriusque n. 17. Prohibentur solummodo actus illi, qui in tractationis Passaviensis, Pacis Religionis, & Instrumenti Pacis impugnationem directè tendunt; ut sunt (Papam esse Anti-Christum, Papistas Idololatras &c.) ergo quicunque imposterum Religionis suae Fundamenta probè deduxerit, vel proximum piâ cum moderatione ad Orthodoxam Fidem converterit, peccâsse dici non poterit. Das ist. ‚Ja; dann durch das Kayserl. und Schwedische Friedens-Instrument, Articul. 5. § utriusque n. 17. werden nur diejenige Handlungen verbotten / welche gerade auff des Passauischen Vergleichs / Religions Frieden / und Friedens Instruments Anfechtung zielen; Gleichwie da seynd (der Pabst seye der Anti Christ / die Papisten seyn Abgötterer) wer derohalben hinführo den Grund seiner Religion sitsahm wird außführen / oder seinen Nächsten mit gottseeliger Sitsahmkeit zum wahren Glauben bringen / derselbe wird nicht können beschüldiget werden / daß er gesündiget habe. Aus welchen Worten obgerühmten Authoris directè erfolget / daß der jenige dann / welcher sich solcher anzüglichen Worte / und zwarn auff eine so excessive grobe und ungeschliffene Ahrt / wie Rempe in seinen Schmäh-Schrifften gethan / zu gebrauchen erkühnet / gegen gedachte Transaction Religions-Frieden / und Friedens-Instrument desto gröblicher sich versündiget und vergriffen habe / je unverschämter derselbe gegen solche Reichs Con
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venta und Sanctiones ins Wilde hinein geschrieben; und dahero auch um so viel schärffer zu bestraffen seye. Doch was bemühe mich viel diesem ungerahtenen Schreiber die Reichs Pacta und Gesätze vor zu halten / als welche ihm lauter Spanische Dörffer / und wohl seine Tage wenig vorkommen sind? Wann man nur aus seinen Schrifften so viel alleine sehen könte / daß er seine eigene nunmehr profitirende Libros Symbolicos gelesen / und durch studiret hätte; Massen ich keinen besseren Authorem finden könte / das Rempische Theatrum und seine darin repraesentirte Comoedianten-Possen über einen Hauffen zu werffen / als eben den oben in dem Corpore Julio erwehnten Tractat D. Urbani Regii de formulis cautè loquendi; welcher dergestalt beschaffen / daß / wann er diesen Bachanten, und nur den groben ungeschliffenen Holtzweg auff beyden Seiten hinaus schweiffenden Schmähers Gedancken und Concepte gehalten / und damit confrontiret wird / eine gantz wiedrige / und demselben gerade entgegen lauffende Lehre zu seyn scheinet: Welches man einem jeden ad oculum demonstriren könte / wofern es der Mühe sich belohnete / dessen Thorheit von Punct zu Punct vorzunehmen; Wiewohl man wahr genommen / daß der Herr Professor Rempe sich schwerlich an ein Symbolisches Buch binden lasse; Zumahlen er in fine seines Theatri rotundè herausfahret / und mehr als dictatoriè sich erkläret; wann er auch nur alleine unter allen Menschen bey seiner ihm formirten Glaubens-Idea auff der Welt wäre / und alle andere ihme gleich darin contradicirten / so wölle er jedennoch dabey versichert verharren und getrost abdrucken. Warhafftig eine grosse Praesumption und Hochachtung seiner selbst! Wer wolte diesem Delphischen Oracul nicht gleich mit beyden Händen zufallen / und die Glaubens-Regulen von einem so ausbündigen Licht der Kirchen empfangen / wie könte es müglich seyn / daß die Welt unter Anführung eines solchen flüchtigen Wegweisers in die Irre gerahten möchte? Die Augspurgische Religions Verwandten haben sich zu erfreuen / daß sie diesen Phaenix aller Theologen und singulariter Pansophum durch ein Wunderseltenes Glück erlanget: Man wird nunmehr keiner anderer gelehrter Leute Schrifften und Bücher mehr nöhtig haben; Das Rempische Theatrum, oder vielmehr Pantheon schliest gleichsahm als jenes trojanische Pferd alles in sich / was man zu Erörterung aller Religions-Strittigkeiten wird erforderen können. Rempe hat mit einer unwiedersprechlichen definitive contra communem totius mundi behauptet / daß er allein der wahre Depositarius sey des Göttlichen Worts.
Rempen Supposititius sibi ipsi! Hermes, omnia solus & ter unus!
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Aber mein Rempe / bey aller solcher deiner eingebildeten Weißheit finde ich gleichwohl in deinem Buche einen zimlichen Verstoß: Du beschwerest dich sonderlich über das in der Catholischen Kirchen in der Fasten übliche Responsorium Matutinorum: Puer non comparet, & ego quò ibo? Gloria Patri & Filio & Spiritui sancto. Puer non comparet, & ego quò ibo? und kanst solches in deinen Verstand nicht bringen; Ich habe selber über dieses dein Dubium studiret / und vermeinet / es hätte dich vielleicht die ordinarie Manier der Sänger geirret und geärgert / zumahlen dieselbe wohl pflegen die Wörter in dem singen zu transponiren. Alleine dieses konte mir nicht einfallen / der Ursachen / weilen ich von einem so klugen discreten und vernünfftigen Manne / als du bist / diese sonderbahre Thorheit nicht praesumiren dörffte; muste darum nohtwendig auff andere Gedancken mich lencken; da ich dann endlich gefunden / daß du in der Warheit recht gehabt / und auch unwissend / vielleicht / weil du Professor bist / geweissaget hast: du beschwerest dich / du wissest nicht / wo du solst hingehen / es mangele dir / der Knabe; Puer non comparet, & ego quò ibo? du hast es warhafftig in deinem Buche gewiesen / daß dir der rechte Wegweiser / oder wie man sagt / der Fuhrman gemangelt; Deine hirn- und zaumlose Extravagantien überzeugen einen jeden verständigen Leser / daß du wohl nicht gewist / und noch auff die heutige Stunde nicht wissest / quò eas; absonderlich / da dir die von GOtt erforderende kindliche Unschuld Simplicität und Gehorsahm / ohne welche man / nach dessen Außspruch / nicht wird ins Reich der Himmeln eingehen / leyder allzu viel abgehet. Hic est ille puer, qui tibi non comparet; unde mirum non est, si nescias quò eas. Nun ich muß gestehen / Rempe du hast Ursach dich an diesem abgeschmackten Kinder Responsorio zu ärgeren; Damit du aber gleichwohl dich hierin finden mögest / so will ich dir ein anders anweisen / allwo du deine geärgerte Sinnen / wo du anderst kanst / wieder erbauen mögest: In officio mensis Augusti kanstu lesen: Domine Pater & Deus vitae meae, ne derelinquas me in cogitatu maligno; Extollentiam oculorum meorum ne dederis mihi, & desiderium malignum averte à me Domine; aufer à me concupiscentiam, & animo irreverenti & infrunito ne tradas me; Ne derelinquas me Domine, ne accrescant ignorantiae meae, nec multiplicentur delicta mea &c. Herr Vatter und Gott meines Lebens / verlasse mich nicht in denen bösen Gedancken; gib mir nicht Hoffart der Augen / und kehre von mir ab ein boßhafftiges Verlangen; Nim von mir ab die Begierlichkeit / und übergib mich nicht einem unverschämten ungezäumten Sinne. Herr / verlaß mich nicht / auff
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daß meine Unwissenheit nicht möge anwachsen / und meine Sünde nicht mögen gehäuffet werden. Höre mein Rempe! dis Responsorium nim mit Bedacht von einem gemeinen Meß-Pfaffen an / und bedencke es wohl; vielleicht findet sich der Knabe wieder / und lehrnestu / wo du hingehen sollest; mache nichts mehr aus dir selber als du bist / und lerne doch deine Armuht besser kennen. Quidquid enim inposterum futurum sit, hoc scio, quod ex iis, quae hactenus à te vidimus; nunquam aut doctus audies, aut sapiens dicêris. Du aber / geehrtester Leser / verdencke mich nicht / daß ich abermahls an verschiedenen Ohrten etwas scharff schreiben müssen; Es will nicht eine jede Wunde mit gelinden Umschlägen geheylet seyn / ein faules abgestorbenes Fleisch erfordert scharffe bissige Cauteria; Wolte Gott / man hätte in controversiis allemahl mit bescheidenen vernünfftigen Leuten zu thuen / so könte man hoffen einen vernünfftigen Außschlag der Sachen; so aber tringet man uns allerhand Maximen und Glaubens Regulen auff / daran kein Mensch jemahls gedacht / und da billig die güldene Rechts-Regul / quae unicuique liberam relinquit verborum suorum interpretationem, ad unguem in Acht genommen werden solte / so will man unsere Glaubens-Bekäntnüß und deren Verstand / nicht wie wir sie bekennen und glauben / sondern also wie man uns sinistrè andichtet / daß wir glauben sollen / annehmen. Es haben dieses viele wackere und gelahrte Männer Augustanae Confessionis erkennet / und darum cordatè außgesprochen / sie könten keinen Catholischen verdammen. Calixtus lib. de Pontificibus & Episcopis Romanis fol. 247. schreibt: (Textum latinum videat Lector in ejus opere), Es ist aber auch nicht recht / daß man alles vor Anti-christisch halte / was in der Kirchen / so den Römischen Pabst ehret und erkennet / geglaubet / gelehret und gehalten worden; gleich wäre darin das Christenthum gäntzlich außgelöscht / und habe müssen ein neues Christenthum durch die Reformation eingeführet werden / davon unseren Vorelteren in denen vergangenen Saeculis nichts bekant gewesen; dann diese hypothesis ist ein Fundament / nicht alleine die Päbstliche Usurpirung / Aberglauben und Mißbräuche / welche billig verworffen werden / abzuschaffen / sondern auch die unschädliche Gebräuche / und das allerälteste Regiment zu verdammen; Ja so gahr die H. Schrifft selbst / und alle Glaubens-Articul zu läugnen / oder in Zweiffel zu ziehen; Gleich wie die trschreckliche Ketzereyen / so in Engeland entstanden / solches bezeugen. Und weiter de Statu rerum in Ecclesia occidentali, in fine spricht er: So seynd dann die Fundamenta des Christenthums / auch mitten unter den verdorbenen Sitten-Wandel / so dem Ehr- und Geltgeitz dienete / und durch
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die Unglückseelichkeit der Zeiten / da alle Sachen verwirret und verstöret waren / auch die Wissenschafft der auffrechten Antiquität in denen dicken Finsternissen verborgen lage / durch verschiedene Künste eingeführet worden / dennoch unbeweglich geblieben: nemlich / es haben die Christen nicht auffgehöret zu glauben an einen GOtt / Schöffer Himmels und der Erden / Vatter Sohn und heiligen Geist. Sie haben nicht unterlassen zu glauben / daß der Sohn wegen uns Menschen / und um unsers Heyls willen vom Himmel gestiegen / und damit er uns / die wir wegen unserer Sünden der ewigen Verdam̅nüß schüldig waren / so von denen Sünden als der Verdamnüß errettet- und befreyete / aus einer unbefleckten Jungfrauen Mensch sey worden / gelitten und gestorben; nach überwundenen Todt wieder erstanden / und gen Himmel auffgefahren sey: Ja sie haben nicht abgelassen zu glauben und zu bekennen / daß sie durch dieses unsers Erlösers / und nicht durch ihre eigene Verdienste zur ewigen Seeligkeit gelangen werden / da sie sonsten GOtt vielfältig erzürnet / und durch ihre Sünde den ewigen Todt verdienet hatten. Daß sie aber das Leyden und den Tod unsers HErrn JEsu Christi zwischen sich und den Zorn GOttes stellen / daß sie nun solches glauben und bekennen müssen in ihrem Todt-Bette / solches befehlen so viele alte geschriebene / auch gedruckte und in den Brauch gebrachte / also genante / Agendae. Auff diese Weise sind unter denen verschiedenen Corruptelen / auch da die Herrschafft und Päbstliche Tyranney in ihrem vollen Alter war / die Fundamenta des Christenthums und der Seeligkeit dennoch nicht gäntzlich zerruttet übergeblieben. Und in seinen Desiderio und Studio Concordiae Ecclesiasticae n. 4. schreibt er: ‚Diejenige / so da glauben / was wir gesagt haben / daß die Socianer laugnen; und vertrauen / daß sie nicht durch ihre eigene Verdienste / sondern durch Krafft und Verdienst des Leydens JESU Christi die Erlassung ihrer Sünden erhalten / und nach Aufferstehung ihres Fleisches zur Seeligkeit gelangen werden; und setzen zwischen sich und den Zorn GOttes das Verdienst und den Todt Christi; sind dabenebens getaufft und geniessen das Sacrament des Altars / wie es gegeben wird; vollenbringen aber nicht die Wercke des Fleisches / sondern leben mässig / gerecht und gottesfürchtig in dieser Welt / erwartende die seelige Hoffnung und die herrliche Zukunfft der Glory des grossen Gottes / und unsers Erlösers JEsu Christi; Daß diese Kinder GOttes gehalten / und zu der Erbschafft des him̅lischen Reichs zugelassen werden / ist gewiß. Solche aber kommen viel näher mit einander überein / und werden inniglicher verbunden / als die erst genente / nemlich wie Glieder unter dem Haupte Christo. So soll man dann dieselbe
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nicht hassen; dann wer saget / daß er im Lichte wandele / und seinen Bruder hasset / der ist biß annoch in der Finsternüß; Ja ein Mörder; und ist nicht gnug / daß man gegen denselben keinen Haß trage; Sondern man muß ihn lieben: Dann wer seinen Bruder nicht liebet / der ist nicht aus Gott / sondern bleibet im Todt. Christus ist das Haupt der Kirchen; und der ist der Heyland oder Erretter seines Leibes / das ist / seiner Kirchen / Eph. v. 24. Welcher ausserhalb dieses Leibes / oder von diesem Leib / dessen Haupt Christus / kein Glied ist / derselbe kan nicht seelig werden: Die aber unter dem Haupte Christo eines Leibes Glieder sind / selbige sind Brüder und Schwestern. Was derohalben die Päbstische und Reformirte belanget / so muß man entweder laugnen / daß jemand von denen ein Glied Christi sey; und sagen / daß sie alle mit einander ausser der Hoffnung der Seeligkeit / und der ewigen Verdam̅nüß zugeschrieben seyn / ohnerachtet sie nicht gegen ihr Gewissen gesprochen oder gehandelt / und in einer Unwissenheit / die sie nicht überwinden können / gestecket haben; Oder aber wann deren etliche (vielleicht auch viele) mit uns der ewigen Seeligkeit theilhafftig werden können / oder seyn werden; So gebühret sich / daß man solche als Kinder eines Vatters / zu welchem beyderseits wir sprechen: (Vatter unser der du bist im Himmel); Ja als Einverleibte und Miterben / als Brüder und Schwestern halten und lieben sollen. Wohl spricht der Tridentinische Catechismus, in der Außlegung des Vatter unsers; den wir allesamt und sonders / als Vatter anruffen / und den unsern nennen / so werden wir gelehret / daß aus dem Geschenck und Rechten der göttlichen Kind-Annehmung und Adoption nohtwendig erfolgen müsse / daß alle glaubige Brüder seyn / und sich brüderlich lieben sollen. Hucusque Calixtus. Welcher / ob er zwarn sehr viele und harte Contradictores außstehen müssen / als Hulsemannum, Calovium, Hoephnerum, und andere wehr / so man in Historia Ecclesiastica Kortholtii ad Annum 1638 lesen kan; So seynd doch nicht weniger andere / auch gelahrte / und bey denen Protestanten berühmte Männer / auff Calixti Seiten und seiner Meinung gewesen. Imò ipse Kortholtius, ex Stylo scribendi, huic sententiae saltem non refragari videtur. Imgleichen hat Casparus Colvorius ohnlängst in seiner FISSURA SIONIS, quem librum diligenter & doctè stylo moderato & minimè amaro concinnavit, etsi in quibusdam nobis justo iniquior videatur, quod facilè ferendum est, solche des Calixti Meinung an verschiedenen Oehrten disertis verbis confirmiret. Vide ejus Praefationem. Item. Lib. 17. Cap. V. de Wittenbergensi & Helmstadiensi Controversia. Item lib. 18 de Consensu ac Dissensu trium Europae Religionum,
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cap. 8. und an anderen Oerthen mehr. Und könte ich ein gantz gerechtes Buch zusammen bringen / wann ich aller deren Augspurgischen Confessions-Theologen Meinung aus ihren Büchern außzuschreiben die Zeit und Kösten anzuwenden gesinnet wäre. Es ist ohne dem eine gnug bekante Sache; Und lassen sich deren Wercke in jedermans Händen herum tragen. Gleich wie aber nicht alle Köche seynd / so grosse Messer führen; noch auch alle gelehrte Leute so Bücher schreiben; So stünde zwarn zu wünschen / daß absonderlich in puncto der Religions-Controversien eines jeden Ortes hohe Obrigkeit dahin sehen liesse / damit nichts injuriöses / hitziges / und was eine friedsahme civile Beywohnung stören könne / in solche Controversien hinein gemischet / sondern pur der Status quaestionis mit denen Meritis causae, klar und deutlich / ohne Passion und private Affecten / wie solches einen Theologum oder gelehrten Manne gebühret / vorgestellet und erörtert würde. Ich will in diesem passu uns so wenig als andere außschliessen; Cum Regula Juris sit: Quod quisque Furis in alterum statuerit uti, ipse eodem utatur. Allein dieses stehet ehender zu wünschen als zu hoffen; Die Menge der ungeschliffenen und thumkühnen Federfechter überwiegt die wenige Zahl rechtschaffener / gelahrter und bescheidener Männer; Und wolte Gott / es sässen nicht mannigmahl solche Ignoranten mit an dem Ruder; Ubi saepissimè videmus fato potiùs fortunaque, quàm ex arte & industria creari Principum Consiliarios; Et ad Cathedras evehi, non Doctores, sed docendos. Dahero es auch geschiehet / daß so signaliirte Extravagantien / so wohl auff denen Cantzelen als anderstwo vorgehen; wie wir oben bey der Dancksagung zur Gnüge remarquiret und in Rempen seiner Schaubühne dessen ein bewehrtes Exempel haben. Du wirst mir Beyfall geben müssen / geehrtester Leser / wann du solches Possen-Spiel gegen des Calixti und anderer kurtz vorher gemeldeten Männer Arbeit halten und betrachten wirst. Nur ersuche dich / du wöllest bey diesen von mir allegirten Passagen zwey Sachen remarquiren und in Acht nehmen; Die erste zwarn / weilen nach Zeugnüß der protestirenden Theologen selber unlaugbahr ist / daß die Catholische in ihrem Todt-Bette all ihr Vertrauen auff die blosse Verdienste Christi setzen; so wird ihnen ungütlich auffgedichtet / als wann sie dis Vertrauen nicht auch in ihrem Leben hätten: Dann eben dessentwegen wird es denen Sterbenden so nachdrücklich vorgehalten / weilen es die Haupt-Praxis und der rechter Kern Catholischer Lehr ist / deren sich alle wohl berichtete und rechtschaffene / fleissige und fromme Catholische / so im Leben als Sterben gebrauchen. Die zweyte ist / daß / weilen nach eigener Gestäntnüß so vieler gelehrter und verständiger Männer Augspurgischer Confession gewiß ist / daß ein Catholischer / der auff
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solche oberzehlte Maxim stirbt / seelig werden könne und seelig werde; und demnach nicht erwiesen ist / noch erwiesen werden kan / daß die Großmächtigste Königin in Spanien andere Glaubens-Regulen angenommen habe / als eben diejenige / in welchen nach Zeugnüß vieler Protestirenden Theologen / ein Catholischer wohl seelig werden kan und seelig wird; zumahlen in hoc passu, ubi de mero & puro facto disputamus, keine Frage seyn kan / was man etwa ihr nach eines oder anderen privat Phantasie anzudichten sich unterstehet; sondern wie sie / Vermöge des ihr darüber zustehenden Rechts / solches selber / durch ihren eigenen Mund zu erklähren hat; so möchte man wohl hertzlich gerne wissen / woher die Wolffenbüttelische Prediger / und andere unverschämte Ehren-Schänder dieser grossen Christlichen Königin die Macht genommen haben / solche als eine Meinäydige zu verdammen / und dergestalt ihre Würde vor dem Volcke zu prostituiren / gleichsam wäre Sie nicht würdig / daß man Ihrer auff der Cantzel Meldung thuen solle. Oder aber könne man mit gutem Gewissen Gott keine Dancksagung thuen / daß sie glücklich und gesund über Wasser und Land ihrem königlichen Gemahl zugeführet worden. Dis ist nun / geehrtester Leser / was so wohl des von Rempen mir wieder alle Billigkeit unwahr auffgebürdeten Syncretismi halber / als auch von wegen der gegen Ihro Königl. Majest. in Spanien von einigen Wolffenbüttelischen Predigern begangener grossen Praecipitantz / und nicht zu verantwortenden Excess in Verkleinerung ihrer Königlichen Ehren und Würden / also wie es die Materie und Begebenheit erfordert gehabt / in möglichster Kürtze dir vortragen wöllen; des vernünfftigen Vertrauens / du werdest deiner Bescheidenheit nach urtheilen / wie du solches der Billigkeit schüldig bist; massen ich auch kein anders Judicium von dir verlangen kan / oder jemahls verlangen werde. GOtt gebe uns allen seinen Friedens-Geist zu seiner Ehre und unser aller ewigen Seeligkeit. Wann etwa in Abwesenheit des Authoris einige Druckfehler eingeschlichen / beliebe der guthertzige Leser zu corrigiren.


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