|| [ID00001]
Leichpredigt. Des Ehrnvesten / Achtbarn vnd Kunstreichen Herrn.
Michaelis Praetorii, Fürstl: Br: gewesenen Capellmeisters / Welcher in GOtt am
15. Februarij seliglich entschlaffen / vnd am 23. ejusdem in die
Heinrichstädtische Kirche begraben worden:
Gethan Durch M. PETRUM TVCKERMANNUM,
Gedruckt zu Wolffenbüttel / Durch Eliam Holwein / F. B. Buchdrucker dasesbst.
Im Jahr / 1621.
|| [ID00002]
|| [3]
Im ersten Buch Mose am 32. Cap.
DA rang ein Mann mit jhm / biß die Morgenröte anbrach / vnd da er sahe / daß er
jhn nicht vbermocht / rüret er das Gelenck seiner Hüfft an / Vnd das Gelenck
seiner Hüfft ward vber dem ringen mit jhm verrenckt. Vnd er sprach laß mich
gehen / denn die Morgenröte bricht an. Aber er antwortet / Ich laß dich nicht /
du segnest mich denn. Er sprach / wie heissestu? Er antwortet Jacob. Er sprach /
Du solt nicht mehr Jacob heissen / sondern Israel / denn du hast mit GOtt vnd
mit Menschen gekempfft / vnd bist obgelegen.
Vnd Jacob fraget jhn / vnd sprach /
|| [4]
Sage doch wie heissestu? Er aber sprach / warumb fragestu / wie ich
heisse? Vnd er segnet jhn daselbst. Vnd Jacob hieß die Stet Pniel / denn ich
habe GOtt von Angesicht gesehen / vnd meine Seele ist genesen. Vnnd als er für
Pnuel vber kam / gieng jhm die Sonne auff / vnd er hincket an seiner Hüfft /
daher essen die Kinder Israel keine Spanader auff dem Gelenck der Hüfft / biß
auff den heutigen Tag / darumb / daß die Spanader an dem Gelenck der Hüfft Jacob
gerüretward.
GEliebte im HErrn / wir lesen Esaiae 56. Cap. Der Gerechte kommet vmb / vnd
niemand ist / der es zu Hertzen neme / vnd heillge Leute werden auffgerafft /
vnd niemand achtet darauff: Denn die Gerechten werden weg gerafft für dem
Vnglück / vnd die richtig für sich gewandelt haben / kommen zum Friede / vnnd
ruhen in jhren Cammern. In diesen Worten wird angedeutet / wenn ein Vnglück
fürhanden / daß den GOtt pflege
|| [5]
Fromme vnd Gottselige Leute hinweg zunehmen / denn weil sie jhm
liebe vnd angeneme Kinder seyn / so wil er nicht / daß sie das Vnglück sehen vnd
erfahren sollen. Darvon haben wir ein fein Exempel im 2. Buch der Könige am 22.
Cap. da wolte GOtt von wegen des Volcks Sünde ein groß Vnglück vbers Land führen
/ aber er ließ vorher dem Frommen vnd Gottseligen Könige Josiae sagen: Ich wil
dich zu deinen Vätern samlen / daß du mit Frieden in dein Grab versamlet werdest
/ vnd deine Augen nicht sehen alle das Vnglück / daß ich vber diese Städte
bringen wil. Weil denn GOtt der HErr eine zeithero etliche Fromme vnd Gottselige
Hoffdiener / zu welchen wir auch billich den in GOtt verstorbenen Herrn
Capellmeister rechnen / weggerafft / so ist wol zubesongen / daß ein Vnglück
fürhanden sey / wie es sich dann albereits im gantzen heiligen Römischen Reich
vbel anlesset. Derwegen sollen wir solches nicht in den Wind schlagen / sondern
drauff achten / vnd es zu Hertzen nemen / vnd trewlich zur Buß vermahnet seyn /
denn kein besser Mittel dawieder zufinden ist / wie GOtt selber Amos 4.
zuverstehen gibt / weil ich dir also thun wil / so schicke dich Israel / vnd
begegne dem HErrn deinem GOtt: Vnd Joel 2. da auch ein groß Vnglück fürhanden
war / sagt er / bekehret euch zu mir vom gantzen Hertzen mit fasten /
|| [6]
mit weinen / mit klagen /
zureisset ewre Hertzen / vnd nicht ewre Kleider / vnd bekehret euch zu dem HErrn
ewrem GOtt / denn er ist gnedig / barmhertzig / vnd von grosser Güte / vnd rewet
jhn bald der Straff / wer weiß / es mach jhn wiederumb gerewen / vnd einen Segen
hinder sich lassen: GOtt thut auch eine herrliche Verheissung Jerem. 18.
Plötzlich rede ich wieder ein Volck vnd Königreich / daß ichs außrotten /
zerbrechen vnd verderben wolle / wo sichs aber bekehret von seiner Bößheit / da
wieder ich rede / so sol mich auch rewen das Vnglück / daß ich jhm gedacht
zuthun. So ist auch das Exempel der Niniviten bekant / die das vorstehende
grosse Vnglück vnd Vntergang durch Buß vnd Gebet bey GOtt abgewendet. GOtt gebe
Gnad durch seinen heyligen Geist / daß wirs auch also machen / vnd entfliehen
dem Vnglück / das fürhanden ist / vnd mit Frewden für des Menschen Sohn an jenem
Tage stehen mögen.
Zu der Leichpredigt aber deß in GOtt verstorbenen Herrn Capellmeisters habe ich
diese jtzt verlesene schöne Historiam / da ein Mann mit Jacob gerungen / aus
gewissen Vrsachen nemen wollen: Eins weil wir am verschienen Sontage von
Teufflischen Versuchungen gehöret / daß wir jtzt etwas hören mögen von GOttes
Aufechtungen. Dar
|| [7]
nach
weil auch diese Histori mit dem zukünfftigen Sontags Evangelio von dem
Cananeischen Weiblein fein vberein stimmet / denn Christus der das Cananeische
Weiblein auff die Prob gesetzt / hat auch alhie Jacob auff die Prob gesetzt /
vnd wie das Cananeische Weiblein gesieget / also auch Jacob: Vnd zuletzt weil
auch der Herr Capellmeister S. von solchen hohen tentationibus vnnd Anfechtungen
offt Noht gelitten / vn̅ ein jeder / der gedenckt selig zu werden
/ sich derselben vermuten muß / damit man sich recht wisse darein zuschicken.
Wir wollen im Nahmen GOttes erstlich reden von dem Mann / der mit Jacob gerungen
/ vnd was Jacob habe leyden vnnd außstehen mussen. 2. Wie Jacob sich verhalten
vnd bezeiget. Vnd 3. wie es abgelauffen / vnd was Jacob für Nutz davon gehabt.
GOtt verleyhe vns dazu die Gnad seines heiligen Geistes vmb JEsu Christi willen.
Amen.
Vom Ersten.
ANlangendt das Erste / so wird anfenglich angedeutet die zeit / da diß geschehen
/ nicht am Tage / sondern in der Nacht / vnd das hat diesen Kampff dem Jacob
desto gefehr: vnd beschwerlicher gemacht / denn wen̅man des Tages
von einem
|| [8]
angefallen wird /
so kan man jhn desto besser sehen / man kan jhm auch desto besser begegnen: Aber
in der Nacht hats zuthun. Ohn zweiffel ist Jacob in der meinung gestanden / es
were ein Gespenst / oder ein Mörder / der jhn wolte vmb Leib vnd Leben bringen /
den es heisset / wie der Poet schreibet / surgunt de nocte latrones, des Nachts
mauset solch Gesindlein gemeiniglich / vnd lassen sich finden.
Darnach wird angezeiget / daß in der Nacht ein Mann sey zu Jacob kommen / der
Mann aber verreth sich hernach selbst / vnd spricht / du hast mit GOtt / vnd mit
Menschen gekempfft. Ists derwegen nicht GOtt der Vater / denn der ist wol GOtt
aber nicht Mensch: Es ist auch nicht der heilige Geist / denn der ist auch warer
GOtt / aber nicht Mensch: Viel weniger ists ein guter oder böser Engel gewesen /
denn die sind weder GOTT noch Mensch: Sondern einig vnnd allein der Sohn GOttes
vnser HErr vnd Heyland JEsus Christus der ist GOtt vnnd Mensch in einer
vnzertrenten Person / ;, GOtt von Art vnd Mensch ein
Held: GOTT vom Vater in Ewigkeit / vnnd Mensch von der Jungfrawen Maria in der
zeit geboren / wie wir in dem andern Artickel vnsers Christlichen Glaubens
bekennen. Er wird aber alhier ein
|| [9]
Mann genant / denn in Maus gestalt ist er Jacob erschienen / er
solte auch ein Mann werden / vnnd warhaffte Manß oder Menschliche Natur an sich
nemen / vnd Eva vnser aller Mutter hatt jhn auch einen Mann geheissen / Gen. 4.
Ich habe den Man̅ den HErrn.
Weiter wird zuverstehen gegeben / was der Mann / GOtt vnd Mensch gethan / er hat
mit Jacob gerungen: Wie die Ringer vnd Kempffer einander rechtschaffen
angreiffen / sich in die Arm fassen / vnd weitlich tummeln / also hat dieser
Mann der Sohn GOttes Jacob in die Arm gefasset / jhn gewaltig angegriffen / vnd
sich als seinen Feind gestelt: In seiner Sprach kommet ringen vom Staube her /
wie auch Lutherus am Rande zeuget / als wenn zween mit einander ringen / das der
Staub sich erhebet / vnd dicke vmb sie wird / vnd lautet so viel / es steubet
ein Mann mit jhm / ein hefftiger Kampff ist es gewesen.
Zu letzt wird gemeldet / was Jacob in diesem Kampff gelitten vnd außgestanden /
er hat an Leib vnd Seel Noth gelitten. Das er an der Seel gelitten / kan man
daraus abnemen / daß er nach geendigtem Kampff sagt / meine Seele ist genesen /
salva facta est anima mea, meine Sele ist erlöset / errettet oder selig worden:
Derwegen ist jhm in dem Kampff
|| [10]
zu sin gewesen / als wenn seine Seele solte darauff gehen / er
werde an derselben Schaden leyden / vnd verdampt vnd verloren werden. Der Leib
aber hat auch ein hartes außgestanden / daß er nicht allein von dem Mann / ohn
zweiffel / hart angegriffen / daß es jhm wehe gethan / vnd Jacob den Tod gleich
für Augen gesehen / sondern der Mann hat jhm auch das Gelenck seiner Hüfft
angegriffen / welches jhm darüber verrenckt worde̅ / daß er an
seiner Hüfft gehincket / vnd sich mit dem Schaden / wie es etzliche dafür halten
/ sein lebenlang hat schleppen müssen. Dieser Mann / der Sohn Gottes hat sich
eines Kunststücks gebraucht / wie dann Ringer vnd Fechter gemeiniglich ein
stücklein pflegen für sich zu behalten / daß sie im nohtfall zur Hand nemen /
vnd thut der Mann nur einen griff / da ists mit der Hüfft Jacobs geschehen / jhm
damit zu Gemüt zuführen / wen̅s eusserliche stercke gelten / vnd
es jhm ein ernst sein solte / so würde Jacob nicht bestehen können / das Jacob
aber gewinne / daß habe er nicht seines Leibes Kräfften zu zuschreiben / sondern
der Krafft des Geistes vnd dem Glauben. Vnd daß ist der Verstand vnd meinung des
ersten.
Hiebey haben wir nu eine nötige vnnd nützliche Lehr in acht zunehmen von GOttes
Anfechtungen vnd Versuchungen / damit er seinen liebsten Kin
|| [11]
dern am hefftigsten
zusetzt. Das kömmet vns frembd für / vnd könnens vns nicht wol einbilden / das
GOtt die seinen versuchen soll: Aber neben diesem Exempel bezeuget es GOttes
Wort an vielen örten: Gen. 22. stehet außdrücklich: Nach diesen Geschichten
versuchte GOtt Abraham: Vnd Deut. 8. lesen wir / das
GOTT die Kinder Israel in der Wüsten / viertzig Jahr lang versucht habe: vnd das
Cananeische Weiblein ist auch vom HErrn Christo rechtschaffen versucht worden:
Vnnd Syrach sagt 2. Capittel: Mein Kind wiltu Gottes Diener seyn / so schicke
dich zur Anfechtung. GOTT greifft aber in solchen Versuch-vnnd Anfechtungen die
Gotseligen an Leib vnnd Seel an / wie sich an Jacob alhier ereuget: Seine Seele
leydet grosse Noht / vnd ist jhr / als wenn sie sol vmbkommen vnd verdampt
werden: So ists mit Abraham zugangen in der Versuchung GOttes / denn weil jhm
GOtt in Jsaac die Verheissung vom Heyland zu seiner Seelen Seligkeit gethan /
vnd derselbe in seiner Jugent sol geschlachtet werden / kan man leichtlich
erachten / wie es in der Anfechtung mit seiner Seel gestanden: Also bekennet
Hanna 1. Samu- 2. Gott tödte vnd führe in die Helle: Ihr ist in der Anfechtung
zu sin gewesen / als wen̅ sie Gott getödtet
|| [12]
vnd in die Helle geführet
hette: David sagt im 31. Psalm: Ich sprach in meinem zagen / ich bin von deinen
Augen verstossen / : Er leidet die hohe Anfechtung / als wenn er vnter die
reprobos, die verdampt werden / gehöre. Im 77. Psalm stehet: Meine Seele wil
sich nicht trösten lassen: Vnd im 87. Psalm: Ich leyde dein Schrecken / daß ich
schier verzage. Vom Hißkia lesen wir Esai. 38. Ich sprach / nun muß ich zur
Helle Pforten fahren: Siehe vmb Trost war mir sehr bange / du hast dich meiner
Seele hertzlich angenommen / daß sie nicht verdörbe / denn du wirffest alle
meine Sünde hinder dich zurück: Damit er andeutet / daß seine Seele Noht
gelitten / in der Versuchung. Jonas 2. Cap. im Bauch des Walfisches / ich schrey
aus dem Bauch der Hellen / ich gedachte ich were von deinen Augen verstossen:
Meine Seele verzagte bey mir. In der Passion hören wir von Christo / daß er in
der hohen Anfechtuug Blutigen Schweiß geschwitzet / seine Seele betrübt worden /
biß in den Todt / vnd am Stamme des Creutzes geruffen / mein GOtt mein GOTT /
warumb hastu mich verlassen. So gehets in GOttes Anfechtungen mit der Seelen zu.
Bey der Seel aber bleibts gemeiniglich nicht allein / sondern wie alhier der
Sohn GOttes dem Jacob das Gelenck seiner Hüfft gerühret / daß er / wie es
etzliche da
|| [13]
für halten
/ eine zeitlang / nach etzlicher meinung aber sein lebelang gehincket / so
pflegt GOtt auch den seinen neben den Anfechtungen der Seelen / schwer leiblich
Creutz zu zuschicke̅ / wie sich auch an allen Heiligen vnnd
Kindern GOttes außgewiesen: Von Mose lesen wir Num. 12. daß er ein sehr
geplagter Mensch vber alle Menschen auff Erden gewesen sey. Hannae Leib hatte
GOtt verschlossen / vnd jhre wiederwertige betrübte sie / vnd trotzte sie sehr /
1. Sam. 1. David muste wie ein Rebhun flüchtig seyn / vnd könte fürm Saul seinem
Feinde im Lande nicht bleiben: Hiob kam vmb seine Kinder / Güter vnd Gesundheit:
Wenn man meinen Jammer wüge / sagt er im 6. Cap. vnd mein Leyden zusammen in
eine Wage legte / so würde es schwerer seyn den Sand am Meer. Assaph klaget im
73. Psalm / daß er geplagt sey täglich / vn̅ seine Straffe sey
alle Morgen da. Wie es auch den Propheten vnd Aposteln er gangen / ist bekand /
sie sein als ein Fluch der Welt / vnd ein Fegopffer aller Leute gewesen / 1.
Cor. 4. Paulus hat von seinem Leyden ein gantz Register auff gezeichnet 2. Cor.
11. vnd 12. Vnd Summa der Gerechte muß viel leyden Psal. 34. Wir müssen durch
viel Trübsal eingehen in das Reich GOttes Actor. 14. Alle die GOttselig leben
wollen in Christo JEsu / müssen Verfolgung leiden: 2. Tim. 3. Sie sind alle der
|| [14]
Züchtigung theilhafftig
werden / Hebr. 12. Also sein die Christen traun in einem recht schweren Orden /
da sie hohe Anfechtungen außstehen / vnd an Leib vnd Seel viel leiden müssen /
sie müssen jmmer im streit sein Hiob: 7. vnd findet sich bey jhnen außaußwendig
Streit / vnnd inwendig Furcht 2. Cor. 7.
Es meinet es aber GOtt mit solchen Versuchungen vnd Creutz nicht böß / sondern
hat vnnd behelt ein recht Vater Hertz dabey / vnnd wie ein Vater spielet er mit
seinen Kindern: Ein leiblicher Vater stellet sich bißweilen auch feindselig
gegen sein liebes Kind / vnnd thut als wolte ers vmbbringen / oder von sich
weisen / vnnd es nicht mehr für sein Kind erkennen / damit ers prüffe / wie es
sich verhalten wolle / wenn dann das Kind anfengt kleinmütig zu werden / oder zu
ruffen vnnd schreyen / stellet er sich desto freundlicher: Sit licet in gnatos
facies austera parentum, aequa tamen semper mens est & ubique voluntas: So
stellet sich auch GOTT der Himmlische Vater bißweilen raw vnnd hart vnnd als ein
Feind: Du bist mir verwandelt in einen grawsamen / sagt Hiob am 30. Capittel:
vnnd zeigest deinen Gram an mir mit der Stärcke deiner Hand: Aber es ist sein
ernst nicht / GOtt plagt vnd betrübt die Menschen nicht von Hertzen
|| [15]
Thren: 3. Er setzt sie auff die Probe / daß sie im
Glauben / Hoffnung / Gebet vnnd Gedult bewehret werden / Syrach 2. Capittel: Wie
das Goldt durchs Fewr / so werden die / so GOTT gefallen / durchs Fewr der
Trübsal bewehret. 1. Pet. 1. Ihr seyd jtzt eine kleine zeit trawrig in
mancherley Anfechtungen / auff das ewer Glaube rechtschaffen vnnd viel
köstlicher erfunden werde / denn das vergengliche Gold (das durchs Fewr bewehret
wird) zu lobe / preiß vnnd Ehren / wenn nun offenbahret wird JESVS CHRISTVS. In
solchen Anfechtungen merckt man auch desto fleissiger auff GOttes Wort / darauff
andere wenig passen / Esai: 28. Anfechtung lehret auffs Wort mercken: Sonderlich
aber lesset GOtt ohn zweiffel der from̅en Seele in den
Anfechtungen noht leyden / daß sie etwas vom Zorn GOTTES vnnd von der Hellen
Angst fühlen / damit sie in Ewigkeit desto hertzlicher Christo dafür dancken /
daß er sie davon erlöset: Denn Gottlosen aber zur warnung vnd schrecken / daß
sie in sich schlagen vnnd gedencken sollen / geschicht das am grünen Holtz / was
wil am dürren werden? Luc. 23. Vnnd fengt das Gericht des HErrn so starck am
Hause des HERRN an / was wils für ein ende nehmen an denen die dem Evangelio
nicht glauben?
|| [16]
vnd so der
Gerechte kaum erhalten wird / wo wil der Gottlose vnnd Sünder erscheinen? 1.
Pet. 4. Ja es werden die Frommen von GOtt so hart offt
mit genommen / daß sie sich nicht vberheben / sondern in Demuth erhalten werden
/ 2. Cor. 12. Auff das ich mich der hohen Offenbahrung nicht vberhebe / ist mir
ein Pfaal gegeben ins Fleisch des Satans Engel / der mich mit Feusten schlage /
auff das ich mich nicht vberhebe / : Es werden jhnen auch wol die Hüffte oder
andere Glieder am Leibe gelehmet / daß der alte Adam gekrencket / getödtet /
gecreutzet vnd vnter gehalten werde / 1. Pet. 4. Wer am
Fleisch leydet / der höret auff von Sünden / daß er hinfort / was noch
hinderstelliger zeit im Fleisch ist / nicht der Menschen Lüsten / sondern dem
Willen GOttes lebe. Deßgleichen wird man dem Ebenbild Christi dadurch ehnlich /
denn welche GOtt versehen hat / die hat er auch verordnet / daß sie gleich sein
sollen dem Ebenbild seines Sohns Röm. 8.
Diß dinet nun Frommen vnnd Gottseligen Hertzen dazu / daß sie sich nicht
einbilden / GOTT werde jhnen jmmer Rosen / wie man sagt zulachen / Nein / wie
Jacob einen harten Standt hat außstehen / vnd sich schwer anfechten vnd
versuchen müssen lassen / so hats GOtt je vnd vnd allwege mit den aller Frömsten
gehalten / vnd thuts noch / es wieder
|| [17]
fehret den Frommen
nicht etwas seltzams / 1. Pet. 4. sondern eben dieselbigen Leyden sind vber alle
jhre Brüder in der Welt gangen 1. Pet. 5. Sie sollen aber solchen Kampff nicht
für ein Zorn / sondern Gnadenzeichen halten / Tobiae 12. Weil du GOtt lieb
warest / so könte es nicht anders seyn / du müßtest Anfechtung haben / auff das
du bewehret würdest: Hebr. 12. Mein Sohn achte nicht geringe die Züchtigung des
HErrn / vnd verzage nicht / wenn du von jhm gestrafft wirst / denn welchen der
HErr lieb hat den züchtiget er / er steupt aber einen jglichen Sohn den er
auffnimpt: So jhr die Züchtigung erduldet / so erbeut sich euch Gott als
Kindern: Den̅ wo ist ein Sohn / den der Vater nicht züchtiget? Syd
jhr aber ohn Züchtigung / welcher sie alle sind theilhafftig worden / so seyd
jhr bastarte vnd nicht Kinder. Derwegen sol man nicht wündschen vnd begehren /
daß man jmmer möge vnangefochteu vnnd ohne Kampff bleiben.
Vom Andern.
FVrs Ander folget von Jacob / wie sich derselbe in diesem ringen bezeiget vnd
verhalten. Anfenglich bringts der Text mit sich / das Jacob / da jhn der Mann /
der Sohn GOttes an
|| [18]
gegriffen / nicht Hände vn̅ Füsse / wie wir reden fluchs
habe sincken lassen / sondern er hat sich gewehret / vnd auff seiner seiten auch
gerungen vnd gekempfft / vnd seine eusserste Kräffte vnd Vermügen dran
gestreckt. Er hat aber nicht allein mit Händen vnd Leibeskräfften gerungen /
sondern auch vnd zwar am meisten mit dem Glaube̅ / den̅ er hat im Kampff zwiefache Anfechtung gehabt / deß Leibes vnd
Guts als müste er sterbe̅ vnd alles verlassen / vn̅
der Seelen halben / als solte er verdampt vn̅ verlore̅ werde̅. Dawieder hat er sich erin̅ert der
verheissung Gottes / die er jhm Gen. 28. vn̅ 31. gethan / das in
seinem Samen alle Geschlechte / vn̅ er also auch selber gesegnet /
vn̅ dz er im verheissene̅ Heyland der Welt sol
selig werden / vnd dan̅ das jhm Gott befohlen wieder in sein
Vaterland zuziehen / er wolle mit jhm seyn / vnd jhn behüten: An die verheissung
Gottes Leibvn̅ Seel betreffent hat sich Jacob mit warem glauben
gehalten / vnd draus geschlossen / weil jhm GOtt das zugesagt / so könte vnnd
würde es kein noht haben / vn̅ wen̅ schon der Män̅er noch mehr auff jhn zusetzte̅ / vnd jhn anfielen.
Vn̅ wen̅ er den Glaube̅ an der
Verheissung nicht gehabt / so würde er ohn zweiffel vber den vnverhofften anfall
also erschrocken vnd erstarret seyn / daß er nicht gewust / worzu er hette
greiffen / vn̅ was er hette anfange̅ solle̅ / aber der glaube hat das beste gethan / vn̅ jhn
erhalte̅ / daß der Man̅
|| [19]
der Sohn GOttes jhn nicht
vbermöcht / den sonsten hette er wieder seine eigene Verheissung vnd Zusage
handlen müssen / welches vnmüglich.
Darnach wird alhier von Jacob gemeldet / da die Morgenröte angebrochen / hat der
Man̅ der Sohn Gottes begehret / Jacob solte jhn gehe̅ lassen / aber Jacob hat nicht dran gewolt / sondern hat
angehalte̅ / vn̅ gesagt / ich lasse dich nicht /
du segnest mich dan̅. Hier verwundert man sich billich / wie Jacob
doch diesen Mann nicht habe wollen lassen / da er doch viel mehr Gott hette
solle̅ dancke̅ daß er seiner were loß worde̅: Insonderheit aber / dz er eine̅ Sege̅ von dem begehret / der sich für seine̅ ergste̅
Feind anlesset? Etzliche sind der meinung / der Man̅ der Son
Gottes habe sich im abzuge anders vn̅ freundlicher gegen Jacob
erzeiget als vorhin / vn̅ mit geberden oder Worten zuverstehen
gegeben dz er nicht sein Feind sey / vn̅ es böse meine / dadurch
Jacob verursacht worde̅ / den Segen von jhm zu bitten. Lutherus
schreibt vber diese Wort / Jacob habe von dem Man̅ einen
Wiederspruch oder Wiederruff begehret / den̅ er habe gesagt / er
sey verflucht / vn̅ darüber sey seine Seele erschrocken / vnd am
hefftigsten betrübt worden / darnmb sol er die Wort wiederruffen / vnd jhn für
gesegnet bekennen / sonsten wolle er jhn nicht lassen. Andere legens also aus /
das Jacob von dem Mann eine Versicherung vnnd Friedes-
|| [20]
Zeichen habe
gefoddert / in dem er gesagt / er sol jhn segnen / denn der Segen stehe zwar
GOtt eigentlich zu / aber es könne auch ein Mensch den andern wol segnen / nicht
allein mit Worte̅ vnd Glückwünschung / wie Jacob den Pharaonem
gesegnet Gen. 47. sondern auch mit Verehrungen / Geschenck vnd Gaben / als im
folgenden 33. Cap. da Jacob sein Geschenck vnd Gaben einen Segen nennet / vnnd
spricht zum Esau: Nim den Segen von mir an / denn ich dir gebracht habe: Solchen
Segen habe auch Jacob von diesem Manne begehrt / daß er jhm für den anlauff vnd
verrückung der Hüfft etwas guts wiedervmb beweisen solle mit Worten oder
Wercken: Er habe jhn erschreckt vnd betrübt / er sol jhn auch wieder erfrewen
vnd trösten / er habe als ein Feind auff jhn zugesetzt / vnd als hette er jhm
das Leben nehmen wollen / er sol jhn jtzt versichern / das ers der meinung nicht
gethan / vnd er nichts böses sich von jhm zu befahren habe.
Diese Bitte vnd Gebet / vnd das Jacob so bestendig anhelt / gefelt dem Mann / dem
Sohn GOttes so wol / daß er thut / was er begehret / vnd segnet jhn: Vnd ohn
zweiffel hat er sich gestellet / als könte er nicht von jhm kommen / zu dem ende
/ daß er solch Gebet vnd bestendigkeit hat wollen heraus locken / vnd den Segen
hinter sich lassen.
|| [21]
Zu letzt ist auch hieraus abzunehmen / das grosse Gedult beym Jacob gewesen /
denn ob jhm wol die Hüfft verrenckt / so hat er doch wieder GOtt nicht gemurret
/ sondern es mit Gedult erlitten vnd außgestanden / vnd ohn zweiffel sichs
gerühmet / daß er in dem Kampff solch Malzeichen bekommen.
Bey diesem Andern Stücklein haben wir nu eine trewhertzige Vermahnung zubedencken
/ daß wir in Aufechtungen vnd Versuchungen / Leib vnd Seel zeitliche vnd ewige
Wolfahrt betreffent / dem Jacob folgen / in seine Fußstapffen treten / vnd bey
jhm in die Schul gehen sollen / denn er kan für einen Meister passiren / wie jhm
alhier Zeugniß gegeben wird. Er aber hat gerungen vnd gekempfft / so sollen wir
auch ringen vnd Kempffen: Dazu vns auch Christus selber vermahnet Luc. 13.
Ringet darnach / daß jhr durch die enge Pforten eingehet / ;, es ist ein solch Wörtlein / daß nicht allein von Kämpffern
gebraucht wird / sondern auch vom Todes-Kampff / als von Christo / da er mit dem
Tode gerungen / vnd es kam / daß er mit dem Tode rang / stehet Luc. 23. Solchen
ernst sollen wirs vns lassen seyn. Der heilige Apostel Paulus befielt es auch 1.
Tim. 1. Vbe eine gute Ritterschafft / behalt den Glauben / vnd ein gut Gewissen:
Vnd 2. Tim. 2.
|| [22]
Leyde dich
als eine̅ guter Streiter JEsu Christi / kein Kriegsman flicht sich
in Händel der Nahrung / auff das er gefalle dem / der jhn angenom̅en hat: Vnd so jemand auch kempffet / wird er doch nicht gekrönet / er kempffe
den recht. Vn̅ 2. Tim. 4. schreibt Paulus von sich selbst: Ich
habe einen guten Kampff gekempffet / ich habe den lauff volendet / ich hab
glauben gehalten.
Weil aber der Man̅ / der mit dem Jacob gerungen / der Sohn Gottes
vnser HErr JEsus Christus nicht also sichtbarlich heutiges Tages mit vns ringt /
sondern es geschicht durch hohe vnd schwere tentationes Versuch-vn̅ Anfechtung des Leibes durch Creutz vnd Vnglück / vn̅ der Seelen
durch kleinmütigkeit / Furcht vn̅ schrecke̅ / so
dürffen wirs auch auff vnsere arme vn̅ Leibskräffte in dem Kampff
nicht setze̅ / vn̅ da sein wir auch wie Jacob viel
zuschwach: sondern wir solle̅ erstlich in dem ringen vn̅ kempffen gebrauchen den glauben / wie Jacobs glaube mehr gethan
den seine Arme / den nichts ist vnmüglich dem / der da gleubet Mar. 9. Vn̅ vnser glaube ist der Sieg: 1. Joh. 5. Darumb ists auch Gott
fürnemlich zuthun / dz vnser glaub geübet werde: Nach dem glauben sehe̅ Gottes Augen Jerem. 5. vn̅ was nicht aus dem
Glauben gehet / dz ist Sünde Röm 14. vnd ohn den glauben ists vnmüglich Gott
gefalle̅ Heb. 11. Der glaube ist / wen̅ man
Gottes wort vnd verheissung für sich hat / vnd verlesset sich getrost
|| [23]
darauff: Solcher glaube kan die hohe vnnd schwere
Anfechtungen vberwinden / wie die Exempel außweisen: Abraham hatte Gottes Wort
vnnd verheissung für sich / daß jhm von Sara ein Sohn solte geboren werden / von
welchem der Heyland der Welt sol herkom̅en: an das Wort vnd
verheissung hielt er sich / vn̅ trawete vn̅ gleubte
demselbe̅ / ob sichs schon vbel darzu anließ / vnd damit
vberwan er die hohe Anfechtung / wie Röm. 4. geschrieben stehet: Er hat
gegleubet / auff Hoffnung / da nichts zuhoffen war / auff das er würde ein Vater
vieler Heyde̅ / wie dan̅ jhm gesagt ist / also sol
dein Same seyn / vnd er ward nicht schwach / im glauben / sahe auch nicht an
seinen eigen Leib / welcher schon erstorben war / weil er fast hundertjährig war
/ auch nicht den erstorbe̅ Leib Sara / den er zweiffelte nicht an
der verheissung Gottes durch vnglauben / sondern ward starck im glaube̅ / vn̅ gab Gott die Ehre / vnd wuste auffs aller
gewissest / das was Gott verheisset / daß kan er auch thun. Darumb ists jhm auch
zur Gerechtigkeit gerechnet.
Vn̅ da er hernacher abermal von Gott versucht ward vnd denselben
Sohn schlachten vnd auff opffern solte / vberwan er die hohe vnd schwere
Anfechtung gleichfals durch den glauben / damit er sich an Gottes wort vn̅ verheissung hielt / wie Heb. 11. davon zulesen / durch den
Glauben opfferte Abraham den Isaac / da er ver
|| [24]
sucht ward / vnnd
gab dahin den eingebornen / da er schon die Verheissung empfangen hatte / von
welchem gesagt ward / in Isaac wird dir dein Same geheissen werden / vnd dachte
/ GOtt kan auch wol von den Todten erwecken / daher er auch jhn zum Fürbilde
wieder nam. So hat David sich auff GOttes Wort vnd Verheissung verlassen / vnd
durch den Glauben die Anfechtungen vberwunden: HErr sagt er im 27. Psalm: Mein
Hertz helt dir dein Wort für / etc. Da habe ich dein Wort vnd Verheissung /
darauff verlasse ich mich: Vnnd Psal. 116. Ich glaube / darumb rede ich. Also da
er mit Goliath wolte streiten / vnd es nicht ohne hohe Anfechtung abging / hielt
er sich mit dem Glauben an Gottes Wort / daß er hatte / er sol König werden /
vnnd an die Verheissung der Beschneidung 1. Samuel. 17. Deßgleichen Josaphat
hatte wieder sich einen mechtigen Feind / vnd fing fast an den Zeterpfenning
zugeben / aber da er GOttes Wort vnd Verheissung bekam / verließ er sich drauff
/ vnd vermahnete das Volck auch zum Glauben / vnd sprach: Gleubet an den HErrn
ewern GOtt / so werdet jhr sicher seyn / vnd gleubet seinen Propheten / so
werdet jhr Glück haben: Es geschahe auch / wie 2. Chron. 20. zulesen. Johan. 4.
gleubte der Königsche dem Wort / das JEsus zu jhm saget / vnd ging hin / vnd
alßbald
|| [25]
wart sein Kind
gesund: Das Cananeische Weiblein hielt sich auch mit dem Glauben an Christi Wort
/ vnd erlangte was sie begerte / wie jhr Christus jhres Glaubens halben ein
statlich Zeugniß gab: O Weib dein Glaub ist groß. Derwegen sollen wir in dem
Streit vnnd Kampff / sonderlich in hohen vnd schweren Anfechtungen vnserer
Seligkeit halben vns auff GOttes Wort vnd Verheissung verlassen / vnd vns nichts
daran lassen abwendig machen / vnd treiben: sein Wort / singen wir / laß dir
gewisser seyn / vnd ob dein Hertz spräch lauter nein / so laß doch dir nicht
grawen.
Lutherus schreibt gar schöne vber diesen Text: Ich wil GOttes Wort behalten / vnd
damit zu frieden seyn / vnd mich drangnügen lassen / da wil ich sterben / da wil
ich leben: Ich habe Verheissung vnnd Schutzes gnug an GOttes verheissung / nicht
allein wieder Teuffel / Welt vnd Fleisch / sondern auch wieder diese hohe
Anfechtung / denn so GOtt einen Engel sendete / der da sagte / du solt oder
darffest diesen Verheissungen nicht glauben / so wolte ich jhn verwerffen vnd
sprechen / hebe dich von mir Sathan / etc. oder so GOtt selber erschiene in
seiner Mayestät vnd Herligkeit / vnd sagte / du bist meiner Gnaden nicht werth /
ich wil meinen Raht endern / vnd dir die verheissung nicht halten: Da sol vnnd
müste ich nicht
|| [26]
weichen /
sondern wieder GOtt zum hefftigsten kempffen / wie Hiob sagt / vnnd wenn mich
der HERR würde tödten / so wil ich dennoch auff jhn hoffen: Würde er mich in die
vnterste Helle werffen / vnnd vnter die Teuffel setzen / so gleube ich doch daß
ich werde selig werden / denn ich bin getaufft / ich bin von Sünden in der
Beicht loß gesprochen / ich habe das Pfand meines Heyls vnnd Seligkeit / den
Leib vnd Blut des HERRN im Abendmal empfangen / wil derwegen nichts anders sehen
noch hören / sondern wil in diesem Glauben Leben vnnd Sterben / es rede GOTT /
oder ein Engel / oder der Teuffel dawieder. Es führet auch Lutherus ein das
Exempel von der Kloster Jungfer Mechtilde / die sey vom Teuffel hefftig geplaget
vnnd angefochten worden / daß sie nicht wuste oder fühlete vom Glauben: Das war
eine Versuchung der Kleinmütigkeit vnd Mißtrawens / welches ein hefftiger
Schmertz vnd Qual des Gewissens ist / da setzte die Jungfraw jhm nichts anders
zuwieder als diese Wort: Ich bin eine Christin / daß ist / ich bin getaufft auff
das Blut vnnd Verdienst des Sohns GOTTES / ich bin gespeiset vnnd getrencktt mit
dem Leib vnnd Blut Christi / daran halte ich mich fest / an dem Trost lasse ich
mich begnügen / ob schon GOTT ein anders sagte. Wo
|| [27]
ein solcher Glaube ist / da
hats kein Noht / da muß GOTT selbst gewunnen geben / denn er ist vnnd kan auch
nicht wieder sein eigen Wort vnnd Verheissung / darauff der Glaube siehet /
daran er sich helt / vnnd darauff er sich verlest. Derwegen im Kampff wieder
alle Anfechtungen vnnd Versuchungen der Glaube sein sol vnd muß.
Darnach wie aus Jacobs Glauben das Gebet kömpt / vnnd er den Mann / den Sohn
GOTTES / nicht lassen wil / er segne jhn dann / vnnd jhn also bittet / vnnd bey
jhm anhelt vmb den Segen: Also sollen wir in hohen vnd schweren Anfechtungen
Leibes vnd der Seelen neben dem Glauben das liebe Gebet zur Hand nehmen / vnd
GOTT fleissig anruffen / da er vns vnser meinung nach verflucht / so wolle er
vns wieder segnen / da er vns betrübet / er wolle vns wieder trösten / da er vns
geschlagen vnnd verwundet / er wolle vns wieder heylen / da er vns getödtet / er
wolle vns wieder lebendig machen / da er vns in die Helle geführet / er wolle
vns wieder heraus führen / da vnser Glaub schwach worden / er wolle denselben
wieder in vns stercken / mehren vnnd erhalten / etc. So hat nicht allein Jacob
hie gebetet / sondern auch die andern Heyligen GOTTES:
|| [28]
Welch ein beten vnd
seufftzen wird Abraham gethan vnd getrieben haben in der hohen schweren
Anfechtung / da er seinen Sohn schlachten solte / Hanna in jhren Anfechtungen /
da jhr zu sinne war / GOTT hette sie getödtet / vnd in die Helle geführet /
betet fleissig / gehet nach Silo / da die Lade des Bundes war / schüttet jhr
Hertz vor GOtt aus / vnd thut jhr Gebet mit heissen Thränen 1. Sam. 1. David
ließ in seinem Zagen vnd Anfechtungen das Gebet nicht anstehen / Psal. 31. Ich
sprach in meinem Zagen / ich bin von deinen Augen verstossen / dennoch hörestu
meines flehens Stim / da ich zu dir schrey: Vnd Psal. 116. Stricke des Todes
hatten mich vmbfangen / vnnd Angst der Hellen hatten mich troffen / ich kam in
Jam mer vnnd Noht: Aber ich rieff an den Namen des HErrn / O HErr errette meine
Seele. Jonas hat auch fleissig gebetet im Bauch des Walfisches in schweren
Anfechtungen 2. Cap. Da meine Seele bey mir verzagte / gedacht ich an den HErrn
/ vn̅ mein Gebet kam zu dir in deinem heiligen Tempel. Christus da
er in höchsten Nöhten vn̅ Anfechtungen war / vergaß deß Gebets
nicht / sondern hielt sich dran / vnd ging dreymal hin vnd betet / vnd am Stam
des Creutzes sprach er: Mein GOtt mein GOtt warumb hastu mich verlassen? Paulus
hat auch dreymal dem HErrn geflehet / das Sathans Engel möchte
|| [29]
von jhm weichen 2. Cor. 12.
Vnd je mehr sich GOtt stellet / daß er von vns weichen wolle / vnnd vns
verlassen / oder je feindseliger er auff vns zusetzt vnd zuschlecht / je
instendiger vn̅ hefftiger wir beten solle̅ / wie wir
am Cananeischen Weiblein ein Exempel haben / vn̅ an Christo selber
Luc. 23 Es kam / daß er mit dem Tode rang / vnd betet hefftiger. Mit solchem
gleubigen / eyfferigen vnnd instendigem Gebet kan man GOtt gleich halten / wie
hier Jacob thut / vnd Loth Gen. 19. der bittet GOtt / daß er in ein klein
Städtlein fliehen möge / vnnd sich erretten / da antwortet jhm GOtt / siehe /
ich habe auch in diesem stück dich angesehen / oder erhöret / eyle vnd errette
dich daselbst denn ich kan nichts thun / biß daß du hinein kommest. So hat auch
GOtt sich mit dem Gebet von Mose halten lassen / vnd hat loß begehret zuwerden /
Exod. 32. Nu laß mich / sagt er / daß mein Zorn vber sie ergrimme / vnnd sie
auff fresse: So viel vermach ein rechtschaffen Gebet bey GOtt Psal. 145. Der
HErr ist nahe allen / die anrnffen / die jhn mit ernst anruffen / er thut was
die Gottfürchtigen begehren / vnnd höret jhr schreyen / vnnd hilfft jhnen.
Syrach 35. Das Gebet der Elenden dringet durch die Wolcken / vnd höret nicht
auff biß der Höhest drein sehe / vnnd lesset nicht abe / biß hinzu komme: Jacob.
5. Des Gerechten Gebet vermach viel / wenn es ernstlich ist.
|| [30]
Zu letzt wie Jacob mit Gedult den Kampff hat außgestande̅ / vn̅ ob jhm schon das Gelenck der Hüfft verrenckt worde̅ / nicht drüber gemurret / vnd vngedültig worden / sondern solch Mallzeichen
Christi gern an seinem Leibe getragen / vnd sich desselben ohn zweiffel erfrewet
vnd gerühmet: Also wenn wir etwas im Kampff mit GOtt kriegen / vnd Schaden am
Leibe oder Haab vnnd Gütern nehmen / sollen wir gedültig vnnd mit GOTT zü
frieden seyn / denn ists doch alles GOTTES / so mach er auch damit vmbgehen
seines gefallens / vnnd es geben oder nehmen / bawen oder brechen schwächen oder
stärcken / wir sollen mit Hiob sagen 1. Cap. Der HErr hats gegeben / der HErr
hats genommen / der Nahm des HErrn sey gelobet. Vmb solche Gedult ists ein
köstlich ding / Esai. 30. Wenn jhr stillet bliebet (daß ist / wie Lutherus am
Rande setzt / leyden / Gedult vnnd harren) so würde euch geholffen / durch
stille sein vnd hoffen / werdet jhr starck seyn. In Klagliedern Jerem. 3. Cap.
Es ist ein köstlich ding gedültig seyn / vnnd auff die Hülffe des HERRN hoffen /
es ist köstlich ding einem Mann / daß er das Joch in seiner Jugent trage / daß
ein verlassener gedültig sey / wenn jhn etwas vberfelt / vnd seinen Mund in den
staub stecke / vnnd der Hoffnung erwarte. Luc. 21. Fasset ewer
|| [32]
Seelen mit Gedult / Röm. 12
Gedültig in Trübsal: 2. Cor. 6. Lasset vns beweisen als die Diener Gottes in
grosser Gedult. Heb: 10. Gedult ist euch noht / daß jhr den willen GOttes thut /
vnd die Verheissung empfahet. Ja man sol sichs rühmen / wenn man von Gott ein
Denck oder Malzeichen bekömpt / denn es ist einem eine Ehre dem Ebenbild Christi
ehnlich werden / vnnd seine Malzeichen am Leibe tragen / Röm. 5. Wir rühmen vns
der Trübsal / denn Trübsal bringet Gedult / Gedult bringt Erfahrung / Erfahrung
bringt Hoffnung / Hoffnung lest nicht zu schanden werden: 2. Cor. 7. Ich bin
vberschwenglich in Frewden / in alle vnserm Trübsall / etc.
Derwegen dienet vns diß darzu / daß wir vns in den Kampff mit Gott / vnd in hohe
vnd schwere Anfechtungen Leib vnd Seel betreffent / wissen recht zuschicken /
nemlich kempfft vnd ringt Gott / so sollen wir auch kempffen vnd ringen / vnd
vns nicht gewunnen geben / sondern vns mit warem Glauben an sein vnfeilbares
Wort vnd Verheissung halten / fleissig beten / vnd in verrückung der Hüfft /
oder Glieder / oder Güter GOtt gedültig außhalten / vnd zu vnser Seelen / wenn
sie vngedültig wil werden / mit David aus dem 42. Psalm sprechen / was betrübstu
dich meine Seele / vnnd bist so vnruhig in mir: Harre
|| [32]
auff GOtt / denn ich werde
jhm noch dancken / daß er meines Angesichts Hülffe vnd mein GOtt ist: Vnd sollen
bestendig verharren biß ans ende / denn wer verharret biß ans ende / sol selig
werden Matth. 24. Vnd sey getrew biß in den Todt / so wil ich dir die Kron des
Lebens geben Apoc. 2.
Vom Dritten.
FVrs Dritte vnd letzte ist noch vbrig / was es mit dem Kampff für ein end
genommen / vnd was Jacob für nutz davon gehabt vnd bekommen. Der Kampff hat
nicht jmmer gewehret / sondern nur biß zur Morgenröte / da hat er ein end
gewonnen / vnnd im kempffen ist sie schon herfür gebrochen / ja je lenger der
Kampff gewehret / je heller vnd liechter es worden. Darauff hat Jacob gesieget /
vnd hat der Mann nicht jhn / sondern er den Mann vbermocht / vnd deßhalben einen
sonderlichen Namen bekommen / da er biß anhero Jacob geheissen / wird er Israel
genant / daß ist ein Fürst oder Kempffer GOttes / der mit GOtt ringet vnd
angewinnet / wie der Mann / der Sohn GOttes selbst bekennet / du hast mit GOtt
vnd mit Menschen gekempfft / vnnd bist obgelegen. Dieser Sieg ist nu auch nicht
ohn Segen abgangen / denn der Mann
|| [33]
hat Jacob gesegnet / was es für ein Segen gewesen / setzt Moses
nicht hinzu: Lutherus ist der meinung / es sey der Segen gewesen / damit die
Väter sein gesegnet worden: In deinem Samen sollen gesegnet werden alle Völcker
auff Erden. Aus dem Segen erkennet nu Jacob / wer der Mann sey / vnd gedenckt /
ey du Himlischer Vater vnd HErr / ich habe gemeinet / es wehre ein Gespenst /
oder Feind / nu erfahre ich aber / daß du der seyest / der meinen Vater Isaac /
vnnd meinen Großvater Abraham gesegnet hast: Vnd darvber ist er von Hertzen froh
worden: Wie er dann daher der Stette / da diß geschehen / einen sonderlichen
nahmen gibt / vnd heisset sie Pniel / den / spricht er / ich habe GOtt von
Angesicht gesehen / vnd meine Seele ist genesen: Pniel oder Pnuel heist GOttes
Angesicht / denn weil jhm GOtt daselbst von Angesicht zu Angesicht erschienen /
hat er der grossen Wolthat nicht wollen vergessen / vnd damit er sich derselben
bey der Stette erinnerte / hat er jhr den Nahmen zugelegt. Das er aber sagt /
meine Seele ist genesen / damit deutet er an / wie jhm vorher zu sinne gewesen /
vnd wie jhm jtzt zu sinne sey / vorher sey seine Seele in tausent Nöhten gewesen
/ vnnd habe Hellen Angst gelitten / jtzo aber sey sie getrost / wol zufrieden
vnnd selig / als wenn sie im Himmel wehre / vnd Frewde der Seligkeit empfünde /
so wol
|| [34]
sey jhr. So bald er
auch für dieser Stette Pnuel fürvber kommen / ist jhm die Sonne auffgangen / daß
ist jhm ein sonderlich Frewdenzeichen gewesen / denn es stehet nicht schlecht /
die Sonne sey auff gangen / sondern sie sey jhm auff gangen / Es düncket jhm die
Sonne am Himmel erfrewe sich selber drüber / vnd lache jhm zu / vnd wie er
frölich / so sey die vnvernünfftige Creatur auch frölich / vnd müsse jhm zum
besten auffgehen vnd dienen. Es wird aber hinzu gesetzt / er habe an seiner
Hüfft gehincket / ob schon die schwere Anfechtung vnd der Kampff ein ende
genommen / so ist gleichwol das liebe Creutz blieben / vnnd nach etzlicher
meinung / wie zuvor erwehnet / hat er sich sein lebelang damit müssen schleppen
/ aber doch hat ers gegen der grossen Gnade vnd Wolthat GOttes nichts
geachtet.
Bey diesem dritten vnd letzten Stücklein / wird vns ein mechtiger vnd gewaltiger
Trost für gehalten / den man hohen vnnd schweren Anfechtungen vnd dem Kampff
GOttes / darin Leib vnnd Seel leyden müssen / sol entgegen setzen: Wie Jacobs
Kampff vnd Anfechtung nicht jmmer gewehret / sondern nur die Nacht biß an die
Morgenröte: Also haben alle Anfechtungen vnd Creutz jhr Ziel / vnnd hören auff:
Psal. 30. Den Abentlang wehret das weinen / aber des Morgens die Frewde / 2.
Cor. 4.
|| [35]
Vnser Trübsal / der
zeitlich vnd leicht ist: Johan. 16. Vber ein kleines werdet jhr mich nicht sehen
/ vnnd aber vber ein kleines werdet jhr mich sehen. 1. Pet. 1. Die jhr jtzt eine
kleine zeit trawrig seit in mancherley Anfechtung: Denn GOtt ist getrew / vnd
lesset vns nicht versucht werden vber vnser Vermögen / sondern macht / daß die
Versuchung so ein end gewinne / daß wirs können ertragen / schreibt Paulus 1.
Cor. 10. Je lenger es auch mit dem Kampff gewehret / je mehr die Morgenröte
heran gebrochen / ist je lenger je liechter worden / also je lenger die Frommen
vnd Gottseligen in Creutz vnnd Anfechtungen sein / je liechter es jhnen wird /
daß Liecht Göttliches Worts bricht je lenger je mehr her für / wird jhn desto
besser bekant / sintemal Anfechtung auffs Wort lehret mercken Esai: 28. Das
Liecht des Glaubens wird auch je lenger je grösser vnd stärcker / wie am Jacob
vnnd am Cananeischen Weiblein geschehen / das Liecht des Trostes vnd Frewde
gehet jhnen auff: Psal. 18. Du erleuchtest meine Leuchte / der HErr mein GOtt
machet meine Finsterniß liecht: Psal. 97. Dem Gerechten muß das Liecht jmmer
wieder auff gehen / vnd Frewde den frommen Hertzen: Psal. 112. Den Frommen gehet
das Liecht auff im Finsterniß von dem Gnedigen / Barmhertzigen vnnd Gerechten.
2. Pet. 1. Wir haben ein festes Pro
|| [36]
phetisch Wort / vnd
jhr thut wol / daß jhr drauff achtet / als auff ein Liecht / daß da scheinet in
einem tunckeln Ort / biß der Tag anbreche / vnd der Morgenstern auff gehe in
ewrem Hertzen. Wie Jacob gesieget / vnd den Nahmen Israel bekommen / also siegen
alle Gleubigen vnd Frommen / vnd ein jeder Christ / hat billich den Nahmen vnnd
Ruhm / daß er Israel genant werde: Wie dann die gantze Kirche vnd alle jhre
Gliedmassen den Nahmen zum offtern führen Psal. 130. Israel hoffe auff den HErrn
/ etc. ja wir siegen auch vber Sünd / Todt / Teuffel / Hell vnnd Verdamniß in
vnnd durch Christum / 1. Cor 15. Todt wo ist dein Stachel? Helle / wo ist dein
Sieg? Aber der Stachel des Todes ist die Sünde / die Krafft aber der Sünde ist
das Gesetz: GOtt aber sey Danck / der vns den Sieg gegeben hat durch vnsern
HErrn JEsum Christum. Wie Jacob gesegnet wird / so werden die Gottseligen
gesegnet: Psal. 128. Der HErr wird dich segnen aus Zion. Vnnd kompt der Segen
von diesem Mann dem HErrn Christo her / der ist der Same / in welchem gesegnet
sollen werden alle Völcker auff Erden: Darvon auch Paulus schreibt Gal. 3.
Christus hat vns erlöset von dem Fluch des Gesetzes / da er ward ein Fluch für
vns (den es stehet geschrieben / verflucht sey jederman der am Holtz henget)
auff daß der Se
|| [37]
gen
Abrahae vnter die Heyden keme in Christo JEsu / vnnd wir also den verheissten
Geist empfingen durch den Glauben: Vnd am Jüngsten Tage wird der Segen noch das
beste thun / da wird Christus sprechen zu denen zur rechten Matth. 25. Kommet
her jhr gesegneten meines Vaters / etc. Wie Jacob GOtt den HErrn gesehen oder
sein Angesicht / vnd daher die Frewde bekommen / so lest sich GOtt auch von den
Frommen sehen / vnd erfrewet sie mit seinem Angesicht. Zwar verbirget er sich
wol ein zeitlang / welches bringet grosse Trawrigkeit / wie man an David kan
abnehmen / der so sehr drüber winselt vnd klaget / wenn GOtt sein Angesicht
verborgen: Wie lang verbirgestu dein Andlitz Psal. 13. Da du dein Andlitz
verbargest / erschrack ich Psal. 30. Psal. 80. HErr GOtt Zebaoth tröste vns /
laß leuchten dein Andlitz / so genesen wir: Psal. 67. GOtt sey vns gnedig vnd
segne vns / er laß seyn Andlitz leuchten / etc. Wenn dann GOtt so ein zeitlang
sein Angesicht verborgen / kompt er zu letzt wieder herfür / vnnd lest es
leuchten / nicht eben wie er in seinem Wesen ist / daß geschicht hier nicht /
sondern erst im ewigen Leben / davon Exod. 33. Kein Mensch wird leben / der mich
siehet: Johan. 1. Niemand hat GOtt je gesehen 1. Tim. 6. GOtt wohnet in einem
Liecht / dazu niemand kom̅en kan / welchen kein Mensch gesehen hat
|| [38]
noch sehen kan: Sondern
in seinem Wort lesset er sich oder sein Angesicht sehen / vnd gibt vns
zuerkennen / wie er gegen vns gantz Väterlich affectioniret vnd gesinnet sey.
Psal. 42. Wenn werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angesicht schawe? Da
meinet er den Tempel / da GOttes Wort getrieben ward. 2. Cor. 3. Es spiegelt
sich in vns die Klarheit GOttes mit auff gedecktem Angesicht / vnd wir werden
verkläret in dasselbige Bilde von einer Klarheit zu der andern als vom Geist des
HErrn. 1. Cor. 13. Wir sehen jtzt durch einen Spiegel in einem tunckeln Wort.
Psal. 100. Jauchtzet dem HErrn alle Welt / dienet dem HErrn mit Frewden / kommet
für sein Angesicht mit Frolocken. Solch Angesicht GOttes im Wort vnd Sacramenten
erfrewet rechtschaffen: Da siehet vnnd schmecket man die Freundligkeit GOttes
Psal. 34. Daher im 89. stehet / wol dem Volck das jauchtzen kan / HErr / sie
werden im Liecht deines Antlitz wandlen / sie werden vber deinen Nahmen täglich
frölich seyn / etc. Wie Jacobs Seele genesen / vnd gleich aus der Hellen
errettet / vnd in den Himmel gesetzt: So muß es den frommen Seelen zuletzt
wolgehen: Psal. 84. Mein Leib vnnd Seel frewen sich in dem lebendigen GOtt:
Psal. 25. Seine Seele wird im gutem wohnen: Sonderlich nach absterbung des Leibs
Sap. 3. Der Gerechten
|| [39]
Seelen sind in GOttes Hand / vnnd keine Qual rühret sie an / für den
Vnverstendigen werden sie angesehen als stürben sie / vnd jhr Abscheid wird für
ein Pein gerechnet / vnnd jhr Hinfahrt für ein Verderben / aber sie sind im
Friede: 1. Sam. 25. Die Seele meines HERRN wird eingebunden sein in Bündlein der
lebendigen / bey dem HErrn deinem GOtt / aber die Seele deiner Feinde wird
geschleudert werden mit der Schleuder. Vnnd wann am Jüngsten Tage Leib vnnd Seel
werden zusammen kommen / da werden wir GOtt von Angesicht zu Angesicht sehen /
vnd werden jhn erkennen / wie wir erkant seyn / 1. Cor. 13. Da wird vnser
nichtiger Leib verkläret / vnnd ehnlich werden dem verklärten Leibe Christi
Phil. 3. Vnnd wird dieser zeit Leyden nicht werth seyn / der Herligkeit / die an
vns wird offenbahret werden Röm. 8. Vnd vnser Trübsal
die hie zeitlich vnd leicht ist / wird schaffen eine ewige vnd vber alle maß
wichtige Herligkeit 2. Cor. 4. etc.
Dienet derwegen vns diß darzu / daß wir vber den Anfechtungen nicht verzagen /
sondern getrost seyn / nicht den schweren Anfang vns schrecken lassen / sondern
des gewünschten endes erwarten / da alles gut wird: Da GOtt die getödteten
lebendig machet / vnd die er in die Helle geführet / wieder heraus führet 1.
Sam. 2. Die Verletzte verbindet /
|| [40]
die zuschmissene heylet: Hiob: 5. Dessen sich die Gottselige Sara
Tobiae 3. tröstet: Das weiß ich fürwar / wer GOtt dienet / der wird nach der
Anfechtung getröstet / vnnd aus der Trübsall erlöset / vnd nach der Züchtigung
findet er Gnade / denn du hast nicht lust an vnserm Verderben / sondern nach dem
Vngewitter lessestu die Sonne wieder scheinen / vnd nach dem heulen vnd weinen
vberschüttestu vns mit Frewden: David im 30. Psalm. Du hast meine Klage
verwandelt in einen Reyhen / du hast meinen Sack außgezogen / vnnd mich mit
Frewden gegürtet. Malach: 4. Euch die jhr meinen Nahmen fürchtet / sol auff
gehen die Sonne der Gerechtigkeit vnnd Heil vnter desselben Flügeln. Heb. 12.
Alle Züchtigung / wenn sie da ist / düncket sie vns nicht Frewde / sondern
Trawrigkeit seyn / aber darnach wird sie geben eine friedsame Frucht der
Gerechtigkeit denen / die dadurch geübt sind. Sonderlich aber sol vns
auffrichten / das ewige Liecht des ewigen Lebens / darinnen wir vns mit ewiger
Frewde frewen / vnnd allen Anfechtungen vnnd Creutz werden entsprungen seyn /
darzu vns allen verhelffe GOtt Vater / Sohn vnd heiliger Geist hochgelobter GOtt
in Ewigkeit. AMEN.
|| [41]
ALso haben wir jtzt zu seinem Ruhebettlein / den in GOtt verstorbenen Herrn
Capellmeister begleitet / weicher in etzlichen dingen dem Jacob / der diesen
Kampff außgestanden / kan verglichen werden. Jacob ist von Gottseligen Eltern
vnd Vorfahren entsprossen / die GOtt sonderlich gedienet / vnd gleich Prediger
gewesen: Also ist der Herr Capellmeister auch von solchen Eltern vnd Vorfahren
kommen / denn sein Vater vnd Großvater Prediger gewesen / vnd GOtt vnd seiner
Kirchen lange zeit gedienet / auch seiner Brüder vnd Anverwanten viel solchem
Ampt wol fürgestanden / vnd zum theil noch auff den heutigen Tag wol fürstehen /
wie er dann auch selber grossen Lust darzu gehabt / vnd es jhm offt gerewet /
daß er sich nicht zum Predigampt begeben. Jacob ist auch sehr trew vnd fleissig
in seinem Ampt vnd Beruff gewesen / des Tages ist er verschmacht für Hitze / vnd
des Nachts für Frost / vnnd ist kein Schlaff in seine Augen kommen / wie Gen.
31. bekant wird: So ist auch der Herr Capellmeister in seinem Ampt sehr fleissig
gewesen / vnd hat sich keine Hitze / noch Kälte / noch Schlaff lassen abhalten /
sondern darnach getrachtet / das er die Music möchte hoch bringen / vnd viel
darinnen außrichten / wie auch das Werck den Meister selbst lobet: Daher er in
sonderlichen Gnaden nicht allein hier zu Hoff ge
|| [42]
wesen / sondern auch
anderßwo bey Königen / Chur-Fürsten vnd Herren / wie einem jeden bewust ist.
Jacob hat diesen harten Kampff vnd Anfechtung müssen vber sich gehen lassen /
vnd das Creutz an seiner Hüfft / vnd sonsten viel vngemach für lieb nehmen: Der
Herr Capellmeister hat auch offt hohe vnnd schwere Anfechtungen gehabt / wie er
mannigmahl drüber geklaget vnd geweinet / daß es jhm daher keme / vnd er wol
verdienet / denn er seine Jugent vbel zugebracht / vnd noch grosse feylen vnd
Gebrechen an sich hette / wie er den̅ traun ein sündiger Mensch /
vnd kein Engel gewesen / jhm gleichwol seine Sünde von Hertzen gesund leyd
lassen seyn. Zu denselben ist auch viel Creutzes vnd Vnglücks geschlagen / daß
er ein wolgeplagter Mann gewesen.
Jacob hat alles vberwunden durch festen Glauben / Gebet vnd Gedult / so hat auch
der Herr Capellmeister jhm solche Geistliche Wehr vnd Waffen lassen befohlen
seyn / vnd muß ich jhm das Zeugniß geben / wo in einem Hause alhier fleissig
gebeten worden / so ists in warheit in seinem geschehen. Mit Jacob hats ein gut
ende genommen / also auch mit dem Herrn Capellmeister / den̅ nach
dem jhn GOtt angegriffen mit Kranckheit / er sich mit GOtt versönet / das
heilige Abendmahl empfangen / vnd sich dem HErrn JEsu Christo befohlen / hat jhn
Gott
|| [43]
gnediglich abgefordert
/ vnd erlöset von allem Vbel / vnd außgeholffen zu seinem Himmlischen Reich / da
ist nu recht seine Seele genesen / den̅ selig sind die Todten /
die im HErrn sterben von nu an. Apoc. 14. Solches sollen nun die hinterlassene
betrübte Witwwe / Kinder vnd Freunde jhm gern gönnen / vn̅ GOtt
für solchen seligen Abschied dancken. Wir alle sollen vns gegen solchen Kampff
gefast machen / vnd den heiligen Geist vmb Hülff vnd Beystand anruffen / der muß
das beste thun / vnnd täglich beten: du heilige Brunst süsser Trost / nu hilff
vns frölich vnd getrost / in deinem Dienst bestendig bleiben / die Trübfall vns
nicht abtreiben / O HErr durch dein Krafft vns bereit / vn̅ stärck
des Fleisches Blödigkeit / das wir hie Ritterlich ringen / durch Todt vnd Leben
zu dir dringen. AMEN AMEN.
|| [ID00044]
BEATAE MEMORIAE Dni. Michaelis Praetorii, Excellentissimi deque Ecclesia
meritissimi Musici, Dni. Fautoris & Adfinis, sui ut integerrimi, ita
desideratissimi.
OMne solum Patria est aliis: MihiPatria Goelum Est, erit, atque fuit; symbola Praetorii est. Est; quia jam gaudet Politeumate coelite, mu̅do Mortuus, Angelici sympatriota gregis. Semper erit; quando non temporis ambitus illic Ulla vel occiduam terminat hora diem: AEternanda illic, de quo sibi Patria nomen Assumit, nato dat melimela Pater; AEternos fratri similesque allucet honores Frater, justitiae phosphorus ille, suo; Quique laborantem docuit Paracletus in hisce Terris blandisonum consociare melos, Ipse triumfantem facit immortalia coelo Mille sonare modis jubila, mille choris. Sed fuit haec eadem quoque credita Patria, quando Hîc peregrinantis vita peracta fuit: Vita, cui vitam benè respondisse lacobi Verba Tukermannus non inhonora dedit.
|| [ID]
Namque peregrinum sese Patriarcha fatetur, Cujus vita satis
sit mala, sitque brevis: In mundo noster peregrinus & hospes eodem Plurima
dura aevo, sed breviore tulit: Ille Deumque hominemque uno congressus agone
Vincit, & adfecto poplite claudus abit, Claudus, at in Domino laetissimus,
immò triumfans, Quod victi visu stet sibi certa salus: Hic Dominumque Deumque
suum cognovit eundem, Quem precis in cunctis vicit agone malis, Per verbi
speculum quasi, perque aenigmata novit, A facie ad faciem quem modò cernit
ovans; Claudicet & quamvis, homo quivis, coelica nulli Gaudia ; scire & adire datur, Vera tamen nostri Pietas ita
sphalmata texit Vni per Musas officiosa Deo Vt terrena triumfando, nil coelica
praeter Gaudia curaret cordis & oris honos: Ac velut Angelicis scalam
Patriarcha videbat Illustrem gradibus colloquioque Dei; Sic nostro ad caelum
verbis suffulta lehovae Sola erat in Christum scala vel ala Fides, Praestabatque
gradus non intermissa laborum Coelitibus genio proximiore strues. Symbolon hoc
voluit, sancti voluere labores, Publicitusque datum testificatur opus.
|| [ID00046]
Nos, satis esto, piis manibus
voluisse litare, Qui praecedentem subsequa turba sumus.
In agro Brunovicensi, cùm Guelferbytum transiret, affundebat
Tobias Heroldus Halberstadensis D. & Ecclesiastes in Patria.
|| [ID00047]
PIIS MANIBVS S. Michael Praetorius CREVZBERGENSIS: Coenobii Ringelheimensis
PRIOR: In Aulâ Serenissimorum Ducum Bunsvicensium ac Lunaeburgensium, quae
VVolferbyti est, CHORI MVSICI MAGISTER: quin & alibi Capellarum Regiarum,
Electoralium, Ducalium DIRECTOR AC EPHORVS: Sacrae Musices ASSERTOR, DECVS,
COLVMEN: Cùm jam ageret quadragesimum nonum aetatis annum, hoc est, septimum
septenarium Climactericum: A. D. XV. FEBR. ANNO Xpl. M DCC XXI. Piam Vitam Piâ
Morte Terminavit. HINC
TRiste sonant passim lugubri voce Camaenae, Et queritur tantum Phaebus obîsse virum. Scissa comas pictamque togam Symphonia plangit, Ac omnis nimiùm Musicus ordo dolet.
|| [ID00048]
INTemplo, quod habes Vrbs Henricana novellum, Organicum modò jam nobile surgit Opus. Ars in eo, fulgensque nitor, numerusque tuborum, Quod stupeat civis, quod peregrinus, habent. Illius ad dextram MICHAEL PRAETORIVS altum Dormit ad extremum mortuus usque diem. Scilicet, emigrans vivis, sua condere tantus Musicus hoc ipso debuit ossa loco. Plenus affectu posthumo faciebat M. Fridericus Hildebrandus Blancoburgensis P. L. Rector Scholae VVolferbytanae.