Transkription

Hertzen Schuel oder Des von Gott abgefüerten Herzens, widerbringung Zu Gott vnd vnderweisung / Durch Benedictvm Haeftenvm ... Lateinisch beschriben, nun aber verteutscht Durch Carolvm Stengelivm – Schola cordis sive aversi a Deo cordis ad eumdem reductio et instructio <dt.>
Haeften, Benedict
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EX LIBRIS COENOBII SALISVALLENSIS ZUR EHRE GOTTES IN BIBLIOTHECAM AUGUSTAM RELATIS ANNO MDCCCLVII

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Hertzen Schuͤel. Oder Des von Gott abgefüer ten Herzens, wider bringung Zu Gott, vnd vnderweiſung Durch DBENEDICTVM HAEFTENVM Probſten Zu Affligenien Cateiniſch beſchriben, nun aber verteutſcht, Durch D. CAROLVM STENGELIVM Abten Zu Anhauſen, beeden S. BENEDICTS Ordens.

Ich will Ihr Zum Hertze ̅ reden. Oſeæ???

Ich will höre ̅ was der Herr in mir rede. Psol. 48.

Gedruckht Zu Augſvurg, im verlag Johann Weh Buch. handler alda. 1664.

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DEM HOCHVVIRDI- GEN IN GOTT, Fuͤrſten vnd Herꝛn/ Herꝛn PLACIDO, Abbten vnd Prælaten deß Fuͤrſt= lichen/ eximierten Stiffts vnd Kloſters zuen Einſidlen im Schweitzer= land/ deß Heyl: Roͤm: Reichs= Fuͤrſten/ ꝛc.

Gnaͤdigſter Fuͤrſt vnd Herꝛ/

Gantz wol vnd recht hat vor Zeiten geſchriben der Sinnreiche Lehrer(Lib. 1. d??? Anima.) Hugo, vnter allen freyen Kuͤnſten werde kein freyere vnd fuͤrtreflichere gefunden/ als die je= nige/ welche Lehre in den Haͤnden halten das Herz, das ſonſten an jhme ſelber aller beweglich vnd ſchlipffeꝛig iſt/ alſo daß es in einem [ID00007] eintzigen Augenblick mehrere vn= derſchidliche Anſchlaͤg haben kan/ als alle Menſchen mit einander in einem gantzen Jahr verꝛichten kundten. Ja das Herz iſt gleich= wol ein kleines Ding/ aber es trach= tet nach faſt groſſen vnd hohen Dingen: Ja ein ſo kleines Ding iſt das Herz, daß/ wie gemelter Hugo ſagt/ kaum ein Raubvogel auff einmal gnug daran zufreſſen het= te/ dannoch laſt es ſich mit der gan= tzen Welt nit erſettigen. Sinte= mal vnter allen Creaturen/ welche vnter der Sonnen mit weltlichen Eytelkeiten bemuͤhet ſeynd/ wird nichts hoͤheꝛs/ nichts edleꝛs/ nichts GOtt gleichers befunden/ als das Menſchliche Herz, alſo daß Er ſelber von vns nichts anders erfor= dert/ als vnſer Herz.Weil nun diſem alſo/ vnd es mit vnſerm Herzen ein ſolche Be= ſchaffenheit hat: iſt gar nichts zu= verwerffen/ ſonder in groſſen vnd hohen Ehren zuhalten/ das gar loͤbliche vnd ſehr nutzliche Werck deß Hochgelehrten vnd Geiſtrei= chen Vatters D. Benedicti Haëffte [ID00008] ni, Probſten vnd Priorn deß weit= berümbten vnd Reformierten Klo= ſters Affligemien, (ſo geſtifftet woꝛden im Jahr Chriſti 1083.) welcher ein überauß ſchoͤne/ nutz= liche/ ja hochnothwendige HER- ZENSCHVEL auffgerichtet/ darinnen allerley Staͤndt Geiſt= lich vnd Weltlich/ Reiche vnd Arme/ Groß vnd Kleine zue lehr= nen vnd ſtudieren haben: Inn welcher nemblich alle frcye Kün= ſten/ keine außgeſchloſſen/ inn= ſonderheit aber die geheime(Vide c. 5. & 6. Lib. 1.) Theologia, dociert vnd gelehret werden; alſo daß ſie ſich mit einer rechten Vniuerſitet vergleichet. Darinnen ſonderlich zu lehrnen/ wie das von GOTT abgefuͤhr= te HERZ wider zu GOTT ſei= nem Vrſprung zu bringen vnd zu bekehren ſey: wie auch ſolches be= ſchaffen/ vnd nach dem Willen GOttes gerichtet ſeyn ſolle; auch demſelben gleichfoͤrmig/ vnd mit jhme verainiget werden koͤndte.Dieweil aber ſolchen nutzli= chen/ ja auch hochnothwendigen HERZENSCHVEL, die jeni [ID00009] ge/ ſo der Lateiniſchen Sprach vnerfahren ſeynd/ nicht genieſſen oder theilhafftig werden koͤnd= ten/ alſo iſt ein Notturfft gewe= ſen/ diſe in vnſere Hochteutſche Sprach zu transferiern vnnd zu uͤberſetzen/ damit auch jene/ ſo wol Geiſtlichen/ als Weltlichen Standts darinn ſtudiern vnnd proficiern, jhre HERZEN dar= nach richten/ GOTT angenemb machen/ vnd jhme als ein ſehr an= genem ̅ es Opffer darbringen koͤnd= ten.Demnach nun ein ſo fürnem= me/ ja gleichſamb nothwendige HERZENSCHVEL eines ho= hen vnd fuͤrnemmen Patronens/ Schutz= vnnd Schirm= Herꝛns hoͤchſt von noͤthen; hat mir vn= der allen hohen Herꝛn vnd Poten= taten/ kein tauglicherer vnd mehr bequemerer Fuͤrſt vnd Herꝛ ein= fallen woͤllen/ als eben E: Fürſtl: Gn ̅ : durch welche mehrgedachte HERZENSCHVEL am aller= mehreſten befürdert vnd berümbt werden/ auch ſonderlich in die Frawen=Kloͤſter/ nicht allein vn [ID00010] ſers H. Vatters Benedicti, ſonder auch anderer Ordens/ außgebrai= tet vnd kundtbar gemacht werden kundte: Dann wer waiſt nicht den taͤglichen Zuelauff der Pilgram/ nicht allein auß Teutſchland/ ſon= der auch Welſchland/ Franckreich/ Burgundt/ Lotringen/ vnd an= dern ferꝛ entlegnen Laͤndern/ in Ihr Fuͤrſtliches Kloſter vnnd Gottshauß/ ſonderlich aber in die H. Capellen/ darinn/ wie vaſt alle Pilgram bekennen/ ſie ein ſonder= bare Andacht/ Troſt deß HER- ZENS, vnd Geiſtliche Begierde empfinden? Dann nit bald in der Chriſtenheit/ ſonderlich aber in Teutſchland ein Ort zu finden/ da= rinn ein groͤſſere Andacht gegen der uͤbergebenedeyten Muetter GOTTES vnd Jungkfrawen MARIA erzeigt wird/ auch ſie mit mehrern vnd groͤſſern Wun= derzeichen/ vaſt taͤglich leuchtet/ dann auch vnerſchaͤtzliche Giet= thaten vnd Gnaden den betruͤlten Chriſtenmenſchen beweiſet. Ich wil hie nit vil melden/ wie laͤnger als vor 700. Jahren/ ſolches hoch [ID00011] wuͤrdigſte Gottshauß ſeinen An= fang vnd Vrſprung genommen/ von dem H. Meginrado, deſſen H. Leben/ Wandel vnd Marter/ ſchon zu offtermahlen in offentlichen Truck außkommen; noch von dem Adelichen/ Graͤflichen vnd Fuͤrſt= lichen Stammen vnd Herkommen der Vorſteher vnd Ordensperſoh= nen diſes Fuͤrſtlichen Stiffts; noch von den Baͤpſtlichen/ Kayſerli= chen/ Koͤniglichen/ vnd Fürſtli= chen Privilegijs oder Freyheiten/ welche demſelben zu allen Zeiten ertheilt worden; weil ſelbige ohne das offentlich auß den Cronicken bekandt ſeind: Sonder hab allein Mich vertribnen ſambt diſer HERZENSCHVEL, vnderthaͤ= nigiſt befelchen woͤllen. E: Fuͤrſtl: Gn ̅ : geruhen ſelbige inn Ihren Schutz/ Schirm/ vnd Gnaden auffzunemmen/ auch derer Gnaͤ= digſter Fuͤrſt vnd Herꝛ jederzeit ſeyn vnd verbleiben.GOTT der Allmaͤchtig wolle E: Fürſtl: Gn: zu Ehꝛen ſeines H. Na???ens/ zu Aufferbawung der Chriſtlichen Kirchen/ vnd Befür [ID00012] derung vnſers H. Ordens/ in lang= würiger Geſundtheit/ gluͤcklicher Regierung/ vnd allem guten Wol= ſtandt proſperieren vnd erhalten.Augſpurg den 27. Julij/ im Jahr Chriſti 1663.E: Fuͤrſtl: Gn ̅ :Demuͤtiger CapellanF. Carolus Stengelius, Abbas Anhuſanus.
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APPROBATIO EPISCOPALIS AVGVSTANA.

VT tractatus, Schola Cordis, vulgò Her= ſchuel/ in vernacu- lam linguam tranſpoſitus, à grauiſſimis Theologis le- ctus & approbatus, publi- cari poſſit, hiſce concedi- mus.CASPAR ZEILLER, SS. Theol. D. Vicarius Generalis.
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DEM KÖNIGE DER EWIGKEIT, DEM VNSTERBLICHEN Vnd VNSICHTBAREN ERFOR- SCHER VND LIEBHABER DER HERZEN, Dem GOtt meines HER- ZENS, AVFFOPFFERE ICH MEIN HERZ.

Vnd alles das jenige/ was ich von Ihme/ vnd mit Ihme betrachtet habe.

DAnn wem ſoll ich mein HERZ billi= cher Auffopfferen/ [ID00015] als dem jenigen/ der jhꝛe HER- (Pſal. 32.) ZEN, ein jegliches inſonder= heit/ ſchaffete/ Erloͤſet/ vnd Ge= reiniget hat? Welchem andern gebuͤret das HERZ, als dem/ (Prov. 23.) der ſo ernſtlich ſpricht: Gib mir mein Sohn dein HERZ? Wem ſoll Ich aber billicher dar= bringen die newe vn ̅ alte Ding/ welche ich zuſamen gebracht ha= be von dem HERZEN, als (Pſal. 13.) dem jenigen/ der da kennet die Heimligkeit deß HERZENS: (Pſal. 18.) vnd fuͤr dem die Gedancken mei= (Pſal. 72.) nes Herzens ewiglich ſeind? Dir nemblich/ GOTT mei= nes Herzens Staͤrck/ vnd mein Theil ewigklich. Mein (Pſal. 20.) Herz hat zu dir geſagt/ Dich ſuͤchet mein Angeſicht/ HErꝛ/ Ich will dein Angeſicht ſuchen. [ID00016] Kehre dein Angeſicht nicht von deinem Diener/ ſondern gleich wie du dich gewuͤrdiget haſt Anzuſchawen deinen Diener Abel/ vnd ſeine Geſchenck:(Gen. 4.) Alſo/ bitte ich/ ſihe mich an: Vnd nimb auff den ſchuldigen Tribut mein??? Herzens, vnd zumahl diß Werck/ wel= ches ich deiner Goͤttlichen Ma= jeſtaͤt auffopffere. Ich mueß gleichwol bekennen/ diſe beyde Ding ſeynd ſehr ſchlecht/ vnd nicht werth daß du dein Herz darzur ſetzeſt. Dann jenes/ mein Herz, iſt laider/ mit gar vilen Suͤnden vnd Laſtern bemackelt/ diſes aber mein Werck iſt wegen der einfalti= gen Redt gar vnzierlich. Ich weiß aber/ mein GOTT/ daß [ID00017] (1. Paral. 29.) du die Herzen brieff???ſt/ vnd Einfaͤltigkeit iſt dir ange= nemb/ darumb uͤbergib ich dir alles/ als gering es auch iſt/ auß einfaͤltigem Herzen, freywillig.Mein mainung iſt gewe= ſen/ die Suͤ??? (deren erſter Ich bin) zu jhrn Herzen, vnd zu Dir dem GOTT jh= res Herzens, zu beruffen. Nun aber/ iſt mein Redt leer vnd eytel/ wofer du GOTT nicht darzue gibſt die Krafft vnnd Staͤrcke/ welche die Herzen durchtringe. Die Ableſung diſes Buchs wirdt vergebentlich ſeyn/ wo nicht du/ der allein haſt die Schluͤſſel deß Herzens, ſelbiges eroͤffneſt. Deßwegen bitte ich dich/ O [ID00018] Geliebter meiner Begierden/ gib dein Gedeyen zu diſem mei= nem Begehren/ auff daß/ in dem die Wort in den Ohren erſchallen/ du jnnerlich in das Herz redeſt/ daſſelbe vmb= wendeſt/ vnd bekehreſt zu Dir ſeinem Schoͤpffer vnd Erloͤſer. Ich bitte/ laß die Rede meines Mundes/ deinem ſüſſeſten herzen wolgefallen/ wie auch die Gedancken meines herzens, welches ſich be= fleiſſet dich zu lieben. Was ich aber in diſen Buͤechern fuͤr=(Aug. 15. de Trin.) bring von dem Deinen/ woͤl= leſt Du erkennen/ vnd die Dei= nen auch erkennen laſſen: Wo aber etwas von dem meinen iſt vnderſchlichen/ veꝛzeyhe es Du/ verzeyhen es auch die Deine/ [ID00019] denen Ich/ ob es gleich an mei= nem Vermoͤgen gemanglet/ zum wenigſten Nutz hab ſeyn woͤl= len.
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Der Schuhl deß HERZENS DAS ERSTE BUCH. Ein vorlauffende Einfuͤh= rung zu der Lehr deß Herzens. DIE ERSTE LECTION.

Inhalt diſer Schuhlen

DEinem Herzen, O Beherzter Leſer! er= oͤffnen wir ein Schuhl deß Herzens; in wel= cher Wir/ von deinem Herzen, deinem Herzen zuſprechen. Dann alles was in diſem ſchlechten Buͤchlein gehandelt [2] wird; gehet fuͤrnemblich dahin/ daß wir lehrnen/ wie deß Menſchen HERZ be= ſchaffen ſeyn/ zu GOtt geleitee/ ihme zu= geeignet/ und mit ihme vereiniget wer= den ſolle. Ihr viel ſeynd/ welche viel koͤn= nen und wiſſen/ aber ſich ſeiber nit wiſſen: Sie haben den Leib in guter Acht/ verab= ſaumen aber das HERZ, ſo uns doch nichts veſter angelegen/ und zu HERZEN gellen ſolle/ als eben unſer HERZ ſelber/ (Prov. 4 23.) von welchem das Leben außgehet. Das HERZ iſt der Vrſprung und Behaltnuß der Hitz und lebendigen Geiſter/ ohn ̅ e welche weder die Bewegung/ noch die (Lib. de ani- ma cap. 2.) Verwaltung der Sinnen und Empfind= lichkeiten verrichtet werden kan. Darum= ben Heraclitus, wie Ar iſt oteles bezeuͤget/ hielte darfür/ daß die Seel nichts anders were/ als ein warmer Dampff/ oder Du ̅ ſt ſo ſtetigs auß dem HERZEN außgienge. Welche Maynung auch die H. Schrifft andeuͤtet/ ſprechende: Vnſer Rede iſt (Sap. 2. 2.) wie ein Fuͤncklein das unſer HERZ beweget. Dan ̅ uͤnſer Leichnamb wird ein außgeloͤſchte Aſche: und unſer Seel wird verſchwinden wie ein weicher Lufft. Welches Janſenius alſo außleget: Vnſer Leben iſt nichts anders/ [3] als ein lebendiges Fewrlein in unſerem Herzen: ſo dieſes beweget wird/ gibt es von ſich Flammen (nemblich die Wort/ welche wir reden) und den Rauch/ nemb= lich das Schnauffen: nit anderſt als wie das Fewr ſelber ſolche Ding von ſich gibt. Deßwegen/ gleichwie das Fewr/ alsbald die Flammen abnemmen nnd nachlaſſen/ zu Aſchen wirdt: Alſo wann in uns die Rede/ vnnd Bewegung deß Herzens auffhoͤrt; wird auch unſer Leib zn Aſchen. Auß diſer Vrſachen geſchicht/ daß die Er= haltung deß gantzen Leibs/ von dem Her- zen herkombt/ und daran hanget. Ja ſo gar auch mit der Seelen gehet es alſo zu: Dann ſie hat auch ein geiſtliches Herze, von dem ihr Leben/ nit weniger als deß Leibs von dem materialiſchen Hereen, außgehet. Dann der H. Geiſt ſtellet an ein Werckſtatt der Goͤttlichen Hitz in un= ſern Herzen; dahero der Apoſtel ſpricht:(Chriſt. à ca- ſtro in Sap. Rom. 5. 5.) Die Liebe Gottes iſt außgegoſſen in ünſere HERZEN durch den H. Geiſt welcher uns gegeben iſt. Nun a= ber auß diſe ̅ Vrſprung wird in alle menſch= liche Wirckungen die geiſtliche Waͤrme un ̅ Hitz gelaitet; welche nit anderſt/ als ein Flamme erſchindert in den Worten/ Tha [4] ten vnd Gedancken. So aber die Flamme der Liebe auß geloͤſchet iſt/ wirdt die Seel gantz und gar erkaltet/ und alle Werck von der lebhafftigen Hitz verlaſſen; darumben die Seel ſelber/ als deren herz verletzet iſt/ deß Lebens der Gnaden beraubet wirdt.Als vil nun gilt/ vnd in den Himmli= ſchen Kugeln iſt primum mobile, das erſte bewegende Ding; wie in der gantzen Welt die Sonn; in den Kreuteren/ die Wurtzel; im Zirckel/ das Mittel; was im Paradeyß geweſen iſt der jenige Brunne/ (Gen. 2. 10.) welcher die gantze Erde befeuͤchtet hat; diſes iſt im Menſchen das Herz, von deme alles Liecht/ alle Waͤrme/ alle Be= wegung/ und der Anfang aller Wirckun= gen in die andere Glieder außgetheile wirdt. Auß welchen Dingen nun klaͤrlich erſcheinet/ wie nothwendig ſey die Lehr vnd Vnderweiſung diſer Schuhlen; wel= che alle Ding fuͤrgibt vnnd erklaͤret; durch welche das Leben deß Herzens erhalten/ vnd bewahret werden kan. Dahero wie das Herz eines jeden Beſchaffen iſt/ alſo iſt er auch ſelber. Der Hoffaͤrtige hat ein ſtoltzes vbermuͤhtiges Herz; der Demuͤ= tige ein nidertraͤchtiges; Ein harter Me ̅ ſch ein ſteiniges; Ein Mitleydiger/ ein wei= ches; Der Guͤtige/ ein ſanffmuͤtiges [5] Welcher nach Liſt vnnd Betrug trachtet/ iſt eines zwyfachen Herzens; Ein Auff= richtiger vnnd warhaffter/ eines einfaͤlti= gen. Das Herz eines Ehrgeitzigen iſt eitel; Deſſen/ ſo dem Wolluſt ergeben/ ſchwaͤr: ſo wird der Menſch letzlich gar zu einem Vieh/ wann er ein viehiſches Herz bekombt; Das Vieh wirdt zum Menſchen/ wann es ein menſchliches Herz erlangt. Die H. Schrifft beſtaͤttiget diſes mit einem ſchoͤnen Exempel: Gott hat gewoͤlt/ das der Koͤnig Nabuchodo= noſor zu einem Vieh wurde/ vnnd vnder jhnen/ wie eines derſelben/ lebet/ darumben befahle er: Das Menſchen Herz(Dan. 4. 13,) ſoll jhme genomme ̅ / vnd ein viehiſch Herz an die ſtatt gegeben werden. Der guͤtige Gott aber hat gewoͤlt/ daß diſes wilde Thier widerumben zum Menſchen wurde. Vnd es geſchahe/ er ſtunde auff ſeine Fuͤß wie ein Menſch/ vnnd es ward jhme ein menſchliches Herz gegebe ̅ . Sihe/ das alsbald das Herz veraͤndert iſt worde ̅ / alsbald wurde auch der Menſch ſelber geaͤndert. Darumben ſollen wir groſſe Sorg haben/ vnnd Achtung geben anff vnſer Herz, damit es villeicht nit viehiſch werde? vnd taͤglich in diſe Schuhl [6.] gehen/ welche die Leittung un ̅ Ordnung deß HERZENS lehret. An das HERZ, wel= (Iſid. l. 11. Etym. c. 1.) ches/ wie Iſidorus lehret/ in der Lateiniſchen Sprach cor à cura, von der Sorg her ge= nennet wird/ ſoll man groſſen Fleiß und Sorg legen/ wann wir woͤllen ſeilig wer= (Pier. Hie- rog. li. 41.) den. Diſes haben ihnen die Roͤmer und Egyptier ſonderlich laſſen zu HERZEN gehn; in deme ſie ein eingeſchloſſenes Halßgezierd biß auff die Bruſt herunder gehenckt haben/ anzuzeigen; daß die Wort/ ſo ſie mit dem Mund außſprachen/ mit dem HERZEN uͤberein ſtimmen ſolten. (Macrob. lib. 6. Satur- nal.) Bey den Roͤmern/ wie Pierius auß Ma- crobio erzehlet/ hatte ein ſolches Halsge= zierd die Geſtalt eines HERZENS, und ware der Kinder Zierde/ anzudeuͤtten/ daß die adeliche Kinder gedencken ſolten/ als= dann wuͤrden ſie Menſchen ſeyn/ wann ſie am HERZEN fuͤrtrefflich weren. So nun diſe Heydniſche Voͤlcker ſo groſſe Ach= tung auff das HERZ geben/ daß ſie ſol= ches durch ein aͤuſſerliches Zeichen/ von Jugend auff den Kindern einbilden woͤl= len; viel mehr will es den Chriſten gebuͤh= ren/ welche mit ſteiffem Glauben beken= nen/ daß CHriſtus der HErꝛ auß dieſer Vrſachen von Himmel auff Erden kom= men/ und Menſch worden ſey/ damit er [7] den Menſche ̅ die Schuhl deß HERZENS eroͤffnete/ in welcher ſie von ihme lehrneten ſanfftmuͤtig/ und von HERZEN(Matt. 11. 29.) demuͤtig zuſeyn. Ja deßwegen habe er ſein Blut vergoſſen/ darmit unſere HERZEN abzuwaſchen/ und zureinigen. Deßwegen(Ioc 34. 10.) will ich mit dem H. Job ſprechen: Ihr HERZHAFETE Maͤnner hoͤret nun/ und verwerffet nit die Lehr dieſer Schuh- ???en: ſondern mercket fleiſſig auff/ und behal- tet ſie in eweren HERZEN.

Die II. Lection.

Die Vrſach unſers fuͤr= nehmens.

WEil nit wenig daran gelteen iſt die Matery eines jeglichen Tra= ctats zu verſtehen/ daß man zu- vor erkenne die Form und Weiß deß gan= tzen Wercks; alſo wird ein Notturfft ſeyn/ am Anfang dieſes Buchs ???as weni= ges zuvermelden/ von der Ordnung/ Zihl und Ende deſſelben: Damit den Leſer nichts verhindern oder auffhalten koͤn- de.Vnd zwar diſes erſte Buch/ helt in ???ch ein Vorbereitung und Vorrede zu [8] den andern; darinnen vom Herzen ſel= ber/ und ſeinem Vrſprung von dem Lehr= meiſter in der herzen Schuhl/ Juͤngern/ Fuͤrtrefflichkeit. We???te/ Freyheiten/ und andern de???gleichen gehandelt wird. Die volgende drey Bucher begneiffen die Lehr/ welche zur Vnderweiſung deß Herzens gehoͤrt: in deren Erklaͤrung erſtlich under= ſchidliche Sprich auß H. Schrifft/ welche vom menſchlichen Herzen handlen/ in gewiſſe Ordnung verfaßt vnnd außge= theilet werden: ſelbige Sp???üch werden her= nach weit aͤufftiger erwogen/ vnnd mit Worten der heyligen Vaͤtter ſonderlich/ wie auch anderer Scribenten/ erklaͤret. Dann weil ſchler nichts geſagt werden kan/ es ſey dann ſchon zuvor geſagt wor= den; demnach haben wir lieber wollen die Wort der Scribenten ſelber hieher ſetzen/ als daß wir ihre Conc???pt mit unſerm un= artigen Stylo???en Leſern fuͤrhielten. Dann die heylige Vaͤtter/ vnnd alte Scribenten haben groſſen Nachtruck/ Anſehen/ und Zierlichkeit/ mit welchen deß Menſchen Gemuͤth gar kraͤfftig eingenommen wirdt.Fuͤrs Ander. Ob wir ſchon die jenige Ding/ ſo wir under jeglichem Titel ein= bringen/ faſt Betrachtungs weiß fuͤrbrin [9] gen; haben wir ihnen jedoch lieber den Na= men einer Lection oder Fuͤrleſung/ als der Betrachtn ̅ g/ geben woͤll???n: ???ns Theils/ weil ſolches ſich mit dem Namen der Schuhl mehr verpflicht: anders T???ens daß underſchiedliche Scribenten (welche hin und wider in dieſem Wercklein c???t werden/ darunder auch bißwei???n P??ëten vnnd Heydniſche Scriberiten begriffen ſeynd) deſto beſſer auff???hrer Weiß rede= ten: welches die Weiß der Betrachtung vielleicht nit alſo fuͤglich wurde zugelaſſen haben.Nun aber haben wir zu einer jeglichen Lection???. Verß vorher geſetzt: den In= halt der Sachen auff das kuͤrtzeſt???/ nit ohne Beluſtigung/ dardurch fuͤr zuſtellen. Dann gleichwie die Verknuͤpffung der Verſen das Gemuͤth anreitzet/ alſo bleibt ſie auch ſteiffer in der Gedaͤchtnuß/ belu= ſtige??? das Gemuͤth mancherley/ und macht daß es faſt nie vergiſſet/ was es einmahl recht gefaßt hat Auß diſer Vrſach haben etliche nit unrecht darſuͤr gehalten/ man ſolle die Poëterey ein Stu???ammen vnnd Erhalterin eines jungen Gemuͤths nen= nen. Weil nun aber die Poëterey vnnd(Anton. Poſſeu. Bibliot???. lib. 17.) Malerey ein ſolche Gemeinſchaff mit einander haben/ daß/ was jene mit Wo??? [10] ten/ Figuren/ und andern zierlichen Re= den fuͤrhelt; ſolches und erſtehet ſich dieſe/ durch Farben/ Lineamenten/ und Schat= tierungen zu repræſentieren/ und für Au- gen zuſtellen: gleichfalls beyde/ was ſie in feglicher Sachen am fuͤrtrefflichſten be- funden haben/ ſelbiges transferteren ſie aus vielen herauß/ auff ein Ding/ welches ſie ihnen fuͦrgenommen haben; daß es ſich ???nſehen laͤßt/ als haben ſie ſolches nicht von den Perſohnen/ oder der Natur erler- net/ ſonder geben viel mehr denſelben Ord- nung/ und ſchreiben ihnen Geſatz fuͤr. Deßwegen hat mich fuͤr rathſamb ange- ſehen/ es were der Muͤhe wol werth/ wann ich ſolche beyde Schweſtern in dieſem Wercklein zuſammen fuͤgte: und wz durch dieſe kurtze Verßleinbegriffen wird/ folches durch Bilder und Figuren auch fuͤr Augen ſtellet. Auff daß alſo der Nutzbarkeit/ ein heylige und hailſame Beluſtigung/ welche man auß Anſchawung der Bildern ſchoͤpf= fen kunte/ zugefellet wurde. Seytemal die gemalte Bilder???/ zu dem/ daß ſie Beluſti- gung bringen/ haben noch darzu die Krafft der Menſchen HERZEN lieblich zubewe- gen. Dann gantz wahr iſt was Horatius ???or Zeiten geſchrieben.
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Was gehet zu den Ohren ein.(Horat.)
Hat bey weitem kein ſolchen Schein/
Als was fuͤr Augen wird geſtellt/
Daſſelbig dann weit beſſer gfellt.Diſem fellt bey der heylige Auguſtinus/ da(Auguſt. Epiſt. 119.) er ſpricht. Daß als lang das Gemuͤth noch mit irꝛdiſchen Sachen behafftee/ werde es langſamber entzuͤndet; Wann es aber ge= wiſen werde zu leiblichen Gleichnuſſen/ und von dannen auff geiſtliche Sachen/ welche durch gemelte Gleichnuſſe ̅ figurier??? und fuͤrgebildet werden/ werde es durch= lauffend erfriſchet/ und auffgemundtert; und gleich wie das Fewr an einer Fackel beweget/ entzuͤndet/ daß es durch inbruͤn??? ſtigere Liebe in die Ruhe gezogen werde. Bißher Auguſtinus.Damit ichs nun in einer Summen ſage/ ich hab kein anders Zihl noch End in diſem Buch zubeſchreiben fuͤrgehabt/ als die Augen mit den Bilderen; die Oh= ren mit den Verſen; und letzlich mit den Fuͤrleſungen ſelber das Gemuͤth und HERZ zu beluſtigen/ zu underweiſeu/ und zubewegen. Ob ich aber ſolches mein In- tent erlangt/ will ich andere darvon ur [12] theilen laſſen. Ich darff zwar wol ſagen vn ̅ bekennen/ daß ich faſt diß gantze Buch under wehrenď Schwachheit vnd Kranck= heit deß Leibs/ einem auß meinem Mitt= brüderen zimblich geſchwind und in eyl/ und deßwegen (wie ich frey rund beken= nen muß) nit ſo gar gluͤckhafft dictirt vnd angeben habe; alſo daß/ nach dem es ſchon geſchrieben geweſen/ ich mir ſelber kaum genug thun koͤnnen: deß wegen ich deſto beſſer leiden werde moͤgen/ wannes andern Scharffſinnigen nit allerdings gefallen wurde. Dann ich hab nur ein gemeinen Stylum gebraucht/ wie es ſich (S. Proſp.) gegeben hat/ daß ich wol mit S. Proſpero ſagen kan: Ich befleiſſe vnd nimme mich nit ſehr faſt an vmb die Zierlichkeit der Rede; halt es auch fuͤr kein Schand/ wan ̅ ſchon mein Tractat etlichen/ (die ſich um ̅ eytele Wort ſtarck annemmen/ denen aber ſonſten die Matery ſelber gefallen moͤchte) wegen Vnzierlichkeit der Rede mißfallen ſolle. Dann ſo der fuͤrtrefflich- ſte Redner Demoſthenes geſagt/ es ſey das Gluͤck deß Griechenlandes gar nit daran gelegen/ ob er ſchon dieſes oder jenes Wort gebraucht hette: Wie viel mehr ſol= len wir vns vmb die Wort nit hoch an= nemmen/ die wir mehrern theils auff die [13] Nutzbarkeit der Rede Achtung zugeben haben? Habe mich auch nit ſehr zuſchaͤ= men/ daß man ſagen moͤchte/ vnſer Rede were auß den Worten der angezognen Scribenten/ ein zuſamen geflickter Bett= ler Mantel: Weil gegenwertiges Werck (wie Macrobius von ſeinem geſagt hat)(Macrob. l. 1. Satur. cap. 3.) ni ̅ t verſpricht von zierlicher Wolredenheit/ ſondern was man thun oder laſſen ſoll zu= handlen. Es ſoll der guͤnſtige Leſer für gut nemmen/ wann er gute Sitten bißweilen auß meinem/ biß weile ̅ auß anderer/ ſo wol alter/ als newer Scribenten Worten er= lernet/ wie ein jegliches ſich zuerzehlen oder zubeſchreiben gegeben hat.

Die III. Lection.

Was durch den Namen deß Herzens bedeutet werde.

WEil wir ohne underlaß vnd ſtet= tigs vom Herzen reden wer= den/ iſt es der Vernunfft ge= maͤß/ daß wir unterſchiedliche Bedeutun= gen/ die es in der Schrifft hat/ erklaͤren.Erstlich bedeuͤtet es den bekanten Theil in den Thieren/ welcher in mitten bey der Lungen gelegen/ damit durch ſel= bigen das Leben in dem Leib allenthalben [14] außgetheilet werde: Da mit auch der leb= hafft Geiſt/ als von der Mitte/ in die Gli= der herumb gebracht werde. Nun aber iſt das HERZ under allen Glidern das E= delſte/ dz erſte/ ſo von der Natur formtert wirdt; das fuͤrnembſte under dem Inge= weydt/ und ein Sitz deß Lebens ſelber; alſo dann gleichſamb ein Brunn und Beher= bergung der Adern un ̅ der angebornen Hitz dardurch das Thier geregiert wird.Fuͤrs ANDER, Wan ̅ man ein Gleich= nuß darvon nimbt/ ſo bedeuͤtet dz HERZ das mittere Orth; alſo iſt das HERZ deß (Ion. 2. 4.) Meers/ die Tieffe deſſelben; und dz HERZ der Erden/ dz Mittel. Alſo ruffet Jonas zu dem Herrn: Du haſt mich in die Tief- fe ins HERZ deß Meers geworffen. Vnd Chriſtus der HErꝛ: Gleich wie Jonas war drey Taͤg un ̅ drey Naͤcht (Ma???. 12. 40.) in deß Wallfiſchs Bauch/ alſo wird deß Menſche ̅ Sohn drey taͤg un ̅ drey Naͤchſeyn im HErZEN (mitte ̅ ) der Erden. Allda wird das HERZ der Er= den fuͤr die Vorhoͤll der Altvaͤtter genom= men/ darein Chriſtus nach feinem Ab= ſterben hinab gefahren. Diſer Orth a= ber iſt neben der Hoͤllen und dem Mittel [15] der Welt: Darvon der H. Hieronymus(Hieron.) ſpricht: Gleich wie das HERZ iſt mitten im Thier; alſo ſagt man ſey die Hoͤll mit= ten in der Erden.Zum DRITTEN bedeutet dz HERZ alle innerliche Ding im Leib/ das iſt/ das Ingeweyd/ als im 21. Pſalmen Mein(Pſalm. 21. 15.) HERZ iſt worden in meinem Leib(Pſ. 36. 15.) wie zerſchmoltzen Wachs. Item: Ihr Schwerd wird in ihr HERZ genen. Vnd Oſee 13. Ich will ihnen ihr ver-(Oſc. 13. 18.) ſtockt HERZ zerreiſſen.Zum VIERDEN: Bedeutet das HERZ die Seel ſelber/ daher der Pſalm iſt(Pſ. 83. 3.) ſpricht: Mein HERZ und Fleiſch fre- wen ſich in den lebendigen GOTT: das iſt/ die Seel und Leib frolocken vor Frewden in ihrem GOtt. Alſo wird auch der Spruch Jeremiæ verſtanden. Waſch(Ier. 4. 14.) dein HERZ von der Boßheit.Zum FUNFTEN, bedeutet es auch dz(Oſe. 7. 10.) Gemuͤth/ wie bey dem Propheten: Ephraim iſt eben worden wie ein Taub/ die kein HERZ hat: daß iſt/ thorrechtig/ naͤrriſch/ und ohn Gemuͤth.(Ier. 5. 2???) Vnd ein anderer Prophet: Hoͤr du naͤr [16] riſch Volck/ welches kein Herz hat. (3. Reg. 3. 9.) Alſo wird auch verſtanden das jenige in dem Gebett Salomonis: ſo wolteſt du deinem Knecht geben ein weiſes vnd verſtaͤndiges Herz, daß er dein Volck richten moͤge. Dahin kan auch verſtanden werden der Spruch unſers (Matth. 5. 8.) Heylandes: Selig/ die eines reinen Herzens ſeynd/ dann ſie werden (pſ. 23. 4.) GOtt anſchauen. Vnd deß Pſalmiſte ̅ : Der unſchuldige Haͤnd hat/ vn ̅ eines reinen Herzens iſt. Vnd vom latei= niſchen Wor??? CORDE, hat man diſe Wort hergenommen/ und etliche genent vecordes, ſocordes, vnd exco des: als faule/ traͤge/ vnbehertzte Geſellen. Vnd entgegen ſeynd etliche CORDATI, behertzhaffte/ genent worden/ wie Ci- coro ſchreibt/ vnd jener weiſe kluge Mann (Cic. 1. Tuſcul.) N???ſica ward genennt CORCVLVM, ein Herzlin. Vnnd der H. Hieronymus, als er uͤber Matthæum ſchreibet/ dolmet= ſchet den Namen Lebbæi??? welcher vom Herzen ???kombt/ CORCVLVM, ein HERZLIN.Zum Sechsten, wird es bißweilen [17] genom ̅ en fuͤr den Verſtand; gleich wie beym Pſalmiſten: Mein HERZ hat(Pſ. 39. 13.) mich verlaſſen. Vnd bey dem H Paulo:(Rom. 1. 21.) Ihr unverſtaͤndiges HERZ iſt ver- finſtert. Abermahl: Gott erleuchte die Augen eures HERZENS/ auff daß ihr er kennen moͤget/ was da ſey die Hoffnung eures Beruffs. Diſer iſt nicht ungleich jene Bedentung/ durch welche das HERZ ein Meynung be= deutet. Dann man ſagt/ das HERZ Verkehre ſich oder werde umbgewendet/ wann man die M???ynung endert: Er(Pſ. 104 25.) verwandlet jener HERZ/ daß ſie ſei= nem Volck gram wurden. Vnnd im 3. der Koͤnigen 18. Vnnd du haſt ihr(3. Reg. 18. 3) HERZ abermal bekehrt Daher von einem der ſein Meynung nit wenden will/ wird geſagt: Sein HERZ iſt geſtaͤr(Pſ. 111. 8.) cket/ und wird nit umbgeſtoſſen. Sein HERZ aber auff ein Sach ſetzen/ oder etwas in ſein HERZ Faſſen/ oder uͤber ſein HERZ nehmen/ iſt gleich ſo vil/ als fleiſſig Betrachten/ oder Bedencken. Iſea. 47. Du haſt bißher ſolches noch(Iſa. 47. 7.) [18] nie zu HERZEN genom ̅ en/ daß du gedaͤchteſt/ wie es ſich enden wird. (Ezech. 40. 4.) Vnd Ezechielis am 40. Du Menſchen Sohn/ ſihe fleiſſig darauff/ hoͤre wol zu/ un ̅ laß dir dz/ ſo ich dir zeigen will/ zu HERZEN gehen. Dann du biſt darumb hergebracht/ daß ich dir ſol- (Aggæi 1. 5.) ches zeigen ſoll. Vnd Aggæi am 1. Faſt euer Weſen zu HERZEN.Zum SIBENDEN/ wird das HERZ offtermal an ſtatt deß Willens geſetzt: daher ſprechen wir/ die Begierden deß HERZENS; und alſo wirds ver- (Pſal. 56. 8. Act. 13. 22.) ſtanden/ da David ſpricht: GOtt/ mein HERZ iſt bereit. Vn ̅ da der Herr vom David ſpricht: Ich hab gefunden Da- vid den Sohn Jeſſe/ einen Mann (1. Reg. 13. 14.) nach meine ̅ HERZEN. Vnd Sa= muel: Der HErꝛ hat geſucht einen Mann nach ſeinem HERZEN. Al= ſo ſoll verſtanden werden das Gebott deß (Matt. 22. 37.) Herrn: Du ſolt Gott deinen Herrn liebe ̅ von gantzem deine ̅ HERZEN Vnd alſo ſoll man diſes verſtehen was Chriſtus geſagt hat: Daß alles/ was [19] von auſſen eingehet inn Menſchen/ kan jhn nit bemacklen: Dann es gehet nit ein in ſein HERZ. Dan ̅ nichts macht den Menſchen abſcheulich und bemacklet vor Gott/ als die Sünde. So aber die Suͤnde nit mit Willen geſchicht/ hat es die Natur der Suͤnde nit. Alſo ſoll auch verſtanden werden der Spruch deß weiſen(Eccl. 3. 28.) Man ̅ s: Ein HERZ dz zween Weg gehet/ dem wirds nicht wol außgehe ̅ ; das iſt: Der Will/ ſo geneigt iſt zu den Laſtern/ und ſie ergreiffet/ ſtellet ſich tu= gendtſam/ und bedecket die Laſter mit dem Schein der Erbarkeit; wandelt vor Gott den Weg der Suͤnden/ und vor den Menſchen den Weg der Tugendten/ dem wirdts vngtuͦckhafft ergehe ̅ . Die Heydnt= ſche ̅ Scribenten brauchen das Woͤrtlein HERZ in der gleiche ̅ Bedeuͤtungen/ da ſie ſprechen/ es ſey einem was zu HER= ZEN/ als Virgilius:(9. Æneid.)
Nichts anders war ſeins HER- ZEN Zihl/
Als Harpffen/ Gſang/ und Seytenſpil.Vnd diſes ſeynd die fuͤrnemſte Bedeuͤ= tunge ̅ deß HERZENS/ de ̅ Buchſtaben [20] nach zuverſtehen: Dann die Geiſtliche woͤllen wir hie vmbgehen/ welche man hauffenweiß haben kan in dem Buch ge= nandt Silua Allegoriarum, welches Hie- ronymus Lauretus ein Abt vnſers Or= dens beſchriben.

Die IV. Lection.

Was ſey das PRINCI- PALE oder der fuͦrnembſte Theil deß Herzens

BEy den heiligen Vaͤttern iſt kein unbraͤuchliche Weiß zureden/ daß ſie den fuͤrnembſte ̅ Theil der See= len PRINCIPALE CORDIS nen= ne ̅ : welches die Platonici TOH???EMO- NIKON pflegten zunennen; von weichem (Cic. lib. 2. de Nat. Deor.) Cicero ſpricht: Ich ſage aber vom fuͤr= uembſten Theil/ weſchen die Grichen H???EMONIKON nennen: uͤber weiches nichts fuͤrtrefflichers ſeynkan/ oder ſoll; Tertullianus aber beſchreiber ſolches alſo: es ſey der hoͤchſte Grad oder Staffel in der Seelen/ der lebhaffte/ vnd verſtaͤndige. (Lib. 1. cap. 17.) Daſſelbig aber nen ̅ er der H. Hieronymus wider Jouinianum ſchreibende/ PRIN- CIPALE CORDIS: Meines Bru??? [21] ders Sohn/ ſpticht er/ iſt mein/ vnnd ich bin zein/ er ſoll mitten zwiſchen meinen Bruͤſten wohnen; im fuͤr= nemſten Theil deß HERZENS/ da das Wort Gottes ſein Herberg hat. Vnd vor jhme Origenes, wie es der H. Hierony=(Hom. 2. in Cant.) mus außleget: Wer iſt/ ſpricht er/ alſo Seelig/ daß er in de ̅ FVRNEMBSTEN THEILDES HERZENS/ mitte ̅ zwi= ſchen den Bruͤſten/ auff ſeiner Bruſt ha= be das Wort Gottes? Didymus aber im(Lib. 3.) Buch vom H. Geiſt/ braucht eben diſes Wort/ und nennet es noch darzu ein in ̅ erliche wonu ̅ g deß HERZENS Man ſoll antworten/ ſpricht er/ auff diß/ ſo geſchrieben ſtehet: Warumb hat der Satan dein HERZ erfuͤllet? daß der Satan eines Gemuͤht/ un ̅ EVRNEMB- STEN THEIL DES HERZENS er= ſülle/ zwar nit daß er darein eingehe/ un ̅ in deſſen Sinn; und alſo zureden/ die jnnerli= che Wohnu ̅ g deß HERZEMS ein ̅ em ̅ e; (ſeytemahln diſer Gewalt gehoͤret all??? dern allerheiligſten Dreyfaltigkeit zu) ſon= der gleich wie ein argliſtiger/ boßdafftiger/ und falſcher Betrieger/ ziehet und bringt er die Seel deß Menſchen durch die Ge= dancken und Anzuͤndungen der Laſter/ zu [22] dergleichen boͤſen Anmutungen/ deren er voll iſt. Bißher Dydimus. Diſe ̅ wie mich geduncket/ hat nach gevolget der H. Bern= (Hom 43. in Cant.) hardus/ welcher das PRINCIPAL, und jnnere Wohnu ̅ g deß HERZENS auß= leget/ fuͤr dzjenige/ was die Brau???ſpricht: (Collat. 7. cap. 12.) Er ſoll zwiſchen meine ̅ Bruͤſten woh??? nen: Caſſianus redet auch alſo/ da er die Wort deß HERZENS/ durch welche er dem Teuffel gebotten/ daß er die Seel deß H. Jobs behielte/ alſo anßleget: Mach jhn nur nicht vnbefinnt/ daß du die Wohnu ̅ g der Seelen ſchwaͤcheſt/ und den Verſtand einnemmeſt/ oder die Vernunfft verletzeſt/ durch welche er dir Widerſta ̅ dt thun muß. Du ſolt auch de ̅ Verſtandt und Weißheit/ mit dene ̅ er dir wider ſtrebet/ nit uͤberfallen/ daß du nemlich de ̅ FVRNEMSTEN THEIL DES HERZENS mit deine ̅ Laſt uu ̅ Schwaͤre erfloͤckeſt und auß= tilgeſt. Was nun ſey der FVRNEM= STE THEIL DES HERZEN/ (Hom. 2. in Exod.) erklaͤret Origenes: Es kan/ ſpricht er/ in jhme wuͤrcken jener Theil/ welcher in jhme der allerkoͤſtlichſte iſt/ welchen etliche nennen PRINCIPALECORDIS, oder den vernuͤnfftigen Sinn/ oder das ver= ſtaͤndtliche Weſen/ oder wie genennet werden mag jener Theil in uns/ durch [23] welchen wir GOttes faͤhig ſeyn moͤgen. Vnd S. Auguſtin. ſpricht: unſer PRIN=(Lib. de an. c. 15.) CIPAL/ nemlich der vernuͤnfftige Theil der Seelen/ werde genent der Geiſt. Deß= wegen das Gemuͤth und der Geiſt/ wird genent der FVRNEMBSTE THEIL DES HERZENS. Man fraget aber noch weiter/ an welchem Orth es ſeinen Sitz habe? Dann die weltweiſen Philoſophi, haben ſich allda in underſchid= liche und abſcheuliche Meinungen einge= laſſen/ welche Tertulianus erzehlet un ̅ auß= lachet: der auch auß underſchidlichen Stel= len der Schrifft probiret/ daß ein H???E- MONIKON ſey/ und ſelbiges ein gewiſes(Sap. 1. 6.) Orth im Leib habe. Dann/ ſpricht er/ ſo wiꝛ leſen/ daß Gott ein Erforſcher und Rich=(Prov. 21.) ter deß HERZENS ſey: ſo auch ein Wahr ſager will verborgene Ding deß HERZENS wiſſe ̅ / ſo er doch nit weiß; So Gott ſelber die Gedancken deß HER=(Pſal. 138. Matth. 9. 4.) ZENS im Volck fuͤr kommt: Wz ge- dencket ihr Boͤßwicht in euere ̅ HER ZEN? So auch David ſpricht: Gott(Pſal. 50. 12. Rom. 10. 10.) ſchaff in mir ein reines HERZ: Vnd Paulus ſagt/ daß man mit dem HER= ZEN glaube zur Gerechtigkeit: Vnd Johannes: Sein HERZ tadle(1. Ioan. 3. 20.) und ſchelte einen jeglichen. So letz [24] lich der jenige/ welcher ein Weib anſchau= (Matt. 5. 28.) et/ ſi zubegehren/ der hat den Ehebruch ſchon in ſeine ̅ HERZENbegange ̅ . Dar= auß klaͤrlich diſe beyde Ding erſcheinen/ daß ein PRINCIP???L in der Seel ſey/ mit welche ̅ ſich die Goͤttliche Meinu ̅ g ver= gleiche/ das iſt/ ein verſtaͤndige vnnd leb= haffte Krafft: dann was verſtaͤndig vnnd witzig iſt/ das iſt lebhafft; vnd werde auff= gehalten in jenem koſtbarlichen Theil deß (Lib. de reſ. ???am. cap. 15. philo de co quod deterius potiori inſidictur Hier ???) Leibes/ dahin GOtt ſein Auffſehen hat. Eben diß lehret er im Buch von Auffer= ſtehung deß Fleiſches. Diſem beyſtem ̅ en/ wie Pammelius vermerckt ???at/ Philo Ju- dæus, der H. Hieronymus/ Theodoretus, Greg???ius Nyſſenus. Lactantius allein ſetze es zweiffeihafftig/ ob im HFRZEN. oder aber im Hirn das Gemuͤth ſeinen Sitz habe: vnnd nyget ſich mehr zu der leihteren Meinung. Aber der H. Hiero= nymus widerſpricht ſolches/ da er zu der Fabiola al???o ſch???e???et: Es iſt die Fra???/ wo das PRINCIPAL der Seele ̅ ſey? Plato ſagt/ im Hirn/ Chriſtus aber/ im HERZEN: Seelig die eines reinen HERZENS ſeynd/ dan ̅ ſie werde ̅ GOTt auſchawen. Item vonn dem ???HERZEN kom ̅ en her die boͤſe Gedan [25] cken. Daher ſpricht auch der H. Ambro=(Ser 11. in Pſal. 118. Ariſt. de ſenſu & ſenſibili Alard. ad col. 7. caſ. c. 12.) ſius: Dein HERZ iſt ein Vhrſprung dei= ner Gedancken. In diſer Meinu ̅ g iſt auch Ariſtoteles, wie verinerck: hat Alardus Gazæus; und Lucretius da er ſchreibt:
Der Raht/ von uns da Gmuͤth genent/
Mitten im HERZEN wird erkent.Vnd diſes zwar haben wir diſer Vrſa= chen halber herbey gebracht/ daß wir die Wuͤrdigkeit der Me ̅ ſchliche ̅ HERZEN/ und ſonderlichen Fürzug/ mit dem es an= dere Glider uͤbertriffet/ erwiſen. Dann ob ſchon die Seel gantz iſt in dem gantzen Leib/ und gantz in jeglichem Theil deſſelde ̅ ; jedoch hat ſie jhren fuͤr nembſten Orth im HERZEN gleich als in einem Schloß/ und Koͤnigliche ̅ T???on. Deßhalde ̅ iſt kein wunder daß auch daß Gede???cken/ Woͤl- len/ Beguͤrden/ unnd andere dergleichen Ding/ welche wir im naͤchſten Capitel her= bey gebracht haben/ de ̅ HERZEN ſelber zugeeignet werden: Dann ob ſchon die Seel durch jhre Kraͤfften die Ding wuͤr= cket; jedoch weil ſie fuͤrnem???ch jhren S??? im HERZEN hat deßwegen werden ſie gar recht de ̅ HERZe ̅ zugeichriebe ̅ Auß di [26] ſer Vrſachen ſollen wir unſer HERZ/ un ̅ die Lehre/ durch welche es zu aller Voll= kommenheit underwiſen wird/ hoch ach= ten/ und ſchaͤtzen.

Die V. Lection.

Was fuͦr ein Lehr Ordnu ̅ g in der Schuhl deß HERZENS ge- halten werden ſolle.

DIe Wuͤedigkeit diſer Schuhl er= ſcheinet fuͤrnemlich auß diſem/ daß ihr Lehr nit nur ein Kunſt oder Wiſſenſchafft begreiffet/ ſondern ſich gar weitlaͤuffig faſt durch alle Kuͤnſten außtheilet. Dann diß nit nur fuͤr ein ge= meine partitular Schuhl/ ſondern fuͤr ein Academi oder Hode Schuhl zu halten: darinnen das HERZ in allen Lehren und Kuͤnſten unde???wiſen wird. Diſes wird leichtlich faſt auß allen Lictionen erſchei= nen: Damit wir aber dem Leſer ein Beln= ſtigung/ und unſerer Schuhl ein Anſehen machen/ wird nit unnuͤtzlich ſeyn/ diſe Schuh. Ordnung kuͤrtzlich fuͤrzuhalten.Ich mach den Anfang von ď GRAM- MATICA, welche die drey Buchſtaben diſes Namens/ COR, nach Meynung ??? Geiſtlichen Lehrern/ alſo außle [27] get/ daß es ſey; Cuſtodia Omnium Re- rum: Ein Verwahrung aller Sachen; oder nach anderer Meynung: Cubicu- lum Omnipotentis Regis; Ein Schlaff= kammer deß Allmaͤchtigen Koͤnigs.Die ETYMOLOGIA CORDIS a= ber nach Iſidori Meynung/ wird herge=(I. 11. c. 1.) nommen à curâ, vo ̅ der Sorg/ weil mans mit aller Sorgfaͤltigkeit verwahren ſoll/ darin ̅ alle Sorg und Vrſach der Wiſſen= ſchafft verbleibe. Ferner wirdt allhie ge= lehret/ wie die Seel ſoll vermeyden ein eyteles/ ſchweres/ vnerſaͤttliches hartes HERZ; Entgege ̅ aber ſich bewerben vmb ein zerknirſchtes demuͤtiges HERZ/ vmb ein reines und rechtfertigtes HERZ. darein Gott gleichſam/ als in ein Taffel/ ſein Geſetzt ſchreibe. Hie wird auch ge= lehret/ das Woͤrtlein HERZ/ ſey ein ein= facher/ kein zweyfacher Name; weil es gar nit kan getheilet werden/ dann Gottwill/ man ſoll jhme das gantze HERZ geben.Der beſte SYNTAX deß HERZENS iſt diſer/ wann mans conſtruirt und zu= ſamen fuͤget mit diſen Worten: Geben/ opffern/ bewahren/ wachen/ vereinigen/ und ſo es allein von Gott regiert wirdt.Die POETEREI betreffe ̅ d/ iſt nit vbel vermerckt worden/ das Woͤrtlein COR, [28] HERZ; ſey deßhalben ein zweyfelhafftige Sylben/ welche bißweilen lang/ bißweilen kurtz ſeyn koͤnde/ dardurch anzudeuͤten/ daß vnſer HERZ ohne vnterſcheid ſich in Gluͤck vnnd Vngluͤck verhalten/ auch tauglich ſeyn ſolle/ daß es auff jedes Orth von Gott geſtellt werden moͤge. Dann ſo er ſchon ſelbiges im Ofen der Truͤbſal mit dem Hammer der Widerwertigkeit/ nit (Pſal. 56. 8.) anderſt als ein Blech/ mit offt widerhol= ten Streichen lang und breit auß einander ſchlaͤgt/ ſoll man mit dem David ſprechen: GOTT/ mein HERZ iſt bereit: oder ſo er ſolches ſtraffet und zuͤchtiget/ ſoll man abermahl ſprechen: Mein HERZ iſt bereit.Was ſolle ̅ wir aber von der RHETO- RICA vnd DIALECTICA ſagen/ weil unſer Lehrmeiſter ď HERZen nit in vber= (1. Cor. 2. 4.) redenden Worten Menſchlicher Weiß= heit/ ſonder jn ̅ erlich im HERZEN ohne Gereuͤſch der Worten/ vil außfuͤhrlicher redet/ als kein Demoſthennes oder Cice- ??? vil kraͤffti???er das HERZ vberwindet/ als die ſpitzfindige Philoſophi mit jhren Syl???ogiſmis vnnd Argumentis? Dann (S. Greg. l. ???. Mor. ???.) mit der H. Gregorius gar recht und wol geſprochen hat: Ein jeglicher Mund der [29] redet/ iſt ſtumm/ mann GOtt innerlich im HERZEN nit ſchreyet: Welcher auch die Wort einblaͤſet/ ſo gehoͤret werden.Damit wir uun auch auff die MA= THEMATISCHE Kuͤnſten kom ̅ en/ ſo lehret die ARITMETICA oder Rechenkunſt/ gleich wie nut ein Gott iſt/ alſo ſollen ſeine eintzige Tauben ein HERZ begehren. Dann jhme mißfallen(Pſ. 18. ???) die jenige welche mit doppelte ̅ HER??? ZEN reden: welche zwiſach ſeynd im Gemuͤth und gleichſamb vil HER Zen haben. Er liebet aber die Einfalt/ und Ei= nigkeit deß HERZENS. Recht un ̅ wel ſpricht der H. Auguſtinus=Gleich wie alle(Anguſt.) Ding von Einem herkom ̅ en/ und Viel darauß worden ſeynd: alſo iſt von noͤthen/ daß alle Ding/ welche ſich beſt??? weder= umben auff ſelbiges einziges ???ommen/ die Vile und Menge ablegen: D???n liebet die Seel nit gluͤck???lig/ ??? daß ſie ſich auff das eintzige unnd hechſte Gut durch Begierde der Liebe ??? aber liebet Gott diſe Ein??? ZEns alſo ſehr/ daß er will ??? bende ̅ und Geliebte ̅ zwey HE??? daß dieſelbe zu einem werden/ unnd??? ſchmeltzen. Die dreyf??? Zahl aber ??? [30] Buchſtaben dieſes Woͤrtleins COR bedeuͤtet die Vollkommenheit deſſelben. Dann die dreyfache Zahl wird vnter allen fuͤr die vollkommenſte gehalten; weil ſie zumahl die Einigkeit nnd ein Zahl in ſich (Macrob. 1. de ſom. Scip. Georg. Ven. cant. 1. t. 3. c. 2. Ariſt. l. 1. de cælo & mundo. cap. 1.) begreiffet: darzu auch diſes noch kombt/ daß es zwiſchen den zwo hoͤchſten ein Mit= tel hat/ mit deme es verbunden wirdt. Dann in der dreyfachen Zahl iſt ein An= fang/ Mittel/ und End: daher drey Ding/ Alles ſeynd. Deßwegen Ariſtoteles ge= ſprochen: es ſey nichs vollkommen/ als die Dreyfalt. Dieweil nunGott liebet die vngleiche Zahl; alſo iſt jhme ſonders lieb das menſchliche HERZ oder COR, welches durch drey/ und alſo vngleiche Buchſtaben geſchrieben wirdt.In eben der gleichen Betrachtungen ſtehet GEOMETRIA, das iſt/ die Kunſt die Erden außzumeſſen; welche erwiget wie dz HERZ die Geſtalt eines Pyrami- dis repræſentire/ und fuͤr Augen ſtelle/ un ̅ dreyeckicht ſey/ und darauß beſchlieſſet/ wie daſſ=lbe allein mit einem dreyeckichten Ding erfüllet werde ̅ koͤnde. Dan ̅ Gott der allmaͤchtig hat uns ein ſo bereites HERZ mitgetheilet/ daß es mit der gantzen Welt [31] nit außgefuͤllet werden kan. Seytemahln allein die Allerheiligſte Dreyfaltigkeit iſt das jenige/ welches die gantze Weite deß HERZENS mit ihrer Maieflaͤt voll= kommentlich ein nemme. Will nit vil mel= den/ wie andere betraͤchten/ daß in dem Woͤrtlein COR, gefunden werde
Ein halbe Kugel/ C. ein Kugel/ O. ſambt dem erſten Buchſtaben der Statt Rom. R.Nun aber die ASTROLOGIA erhebet das HERZ uͤber ſich gegen den Sternen und macht daſſelbige uͤberſich g???n Him ̅ ??? ſteigen/ und in Gott ruhen. Sie richtet auff die Leiter und Staffeln im HER= ZEN/ darauff es allgemach uͤber ſich ſtet= get; ja ſo gar wz im Himmel iſt die Sonn/ dz iſt im menſchlichen Leib dz HERZ/ nem= lich der Brunn und Vrſprung deß Liech???s und deß Ledens. Dahero die Stoici, welche vermeint/ die Welt ſey ein groſſes Thier/ mit der Empfindlichkeit und Vernunfft begabet/ haben darfuͤr gebalten/ die Soͤn= ne ſey eygenthuͤmlich das HERZ der Welt. Dahero ſpricht Plutarchus. Die(Tract. de facie in ??? Lun.) Sternen ſeynd ſcheinende Augen im Angeſicht der Welt; die Sonn hat die Kraft deß HERZENS/ gleich wie diſes [32] außthe???let das Blut und lebhaffte Geiſter/ alſo die Sonne gleſſet auß ihr die lebhaffte H???tz und das Liecht Die Welt gebrauchet ſich der Erden un??? d???ß M???ers an ſtatt deß Bauchs und der Blatter. Der Mond iſt zwiſchen der Sonnen und Erden/ gleich wie zwiſchen dem HERZEN un ̅ Bauch (S Anton. 1. part. ſum. Theo log. tit. 4. cap. 13.) die Leber/ oder ein anders lindes Inge= weid So hat auch das HERZ ein groſſe vergleichung mit dem Himmel ſelber: dan ̅ gleich wie der Himmel niemahlen ruhet; alſo wird das HERZ fte???tigs bewegt: gleich wie auch/ ſo die Bewegung der Himmeln nachlieſſe/ die Bewegung der Geburt und der Zerſtoͤrlichkeit gantz auff= hoͤret; alſo auch/ ſo die Bewegung deß HERZENS nachlieſſe/ wurde das Le= ben deß Thiers auffhoͤren. Alſo hat es auch ein geſtalt und Meynun??? mit dem inner= lichen HERZEN der Seelen/ oder mit dem Willen; welches gleichfals kein Ruhe hat/ und durch ſein Her???ſchung alle andere Kraͤfften beweget: und kan alſo mit dem erſten beweglichen Ding füglich verglt= chen werden. Dann gleich wie daſſelbe durch ſeine Bewegung alle andere Him ̅ el mit ſich reiſſet: alſo ſeynd auch beſchaffen das HERZ und der Will/ welche allen andern Eygenſchafften gebieten/ un ̅ dieſel= be nach ihre ̅ gefallen bewtgen.
|| [33]
Wie ſuͤß/ lieblich und erſchallend iſt die Musica deß HERZENS! welche durch ein wolgeſtimmte Harmoney gantzlieblich erſchallet in Ohren der Goͤttlichen Maje= ſtaͤt. Alle Stimmen der Muſicanten ſeynd ſtumm/ ſo ſie nit durch den Geiſt deß HERZENS lebhafft gemacht werden. Dann wie jener geſagt:
Die helle Stimm gar nit erſchalt/ Wann die Beg???d Gott nit gefalt;
Das lieblich Gſang Gott nit ver= nimt;
So das HERZ auch nit mit einſtimt.
Die Liebe/ und gar nit dz Gſchrey/ Erſchalt in Ohren GOttes frey.Dannenhero ermahnet uns der geiſtliche Vorſinger: Werdet voll deß heiligen(Epheſ. 5 19.) Geiſts/ und redet undereinander von Pſalmen/ und Lob und geiſtlichen Geſaͤngen: Singet und Lobſinget dem Herꝛn in eueren HERZEN. Diß hat alſo gethan die faſt H. Jung= frau Cæcilia/ welche under dem lieblichen [34] (Breviar. Roman.) Orgelſchlagen/ Gott allein diß ſange: Laß mein HERZ un ̅ Leib unbefleckt ſeyn Diſes newe Geſang oder Lied (wie der (Gerſ. 3. p. tr. 2. de Cant.) Pariſiſcht Cantzler Joan. Gerſon ſchrei- bet) wird vernünfftlich genennet Canti- cordum, dz iſt/ Ein HERZEN Lied. Dann deſſen Innhalt/ Inſtrument/ oder Werckz???ug/ Seiten/ Gchoͤr/ Stimm/ Mund/ Geſang iſt m ̅ erlich oder im HER ZEN deß Gemuͤhts/ oder im Gemuͤth d???ß HERZENS. Nun aber diſe Geſaͤnger deß HERZENS/ hoͤret nnd vernimt Gott allein/ ob ſchon die Stim ̅ ſtillſchwel= get/ daher er zu dem Moyſes/ ob er ſchon kein Wort auß prache/ geſagt: Warumb (Exod. 14. 15.) ſchreyeſt du zu mir? Dann er ſchrye mit dem HERZEN/ da er gleich mit dem Mund ſchwige. Diſes Geſchrey aber und entzuͤnde Begierde deß HERZENS/ vernahme gar wohl der Herꝛ/ von wel= (Pſ. 10. 17.) chem der Pſalmiſt ſagt: Das Verlan= gen (oder Begierde) der Armen haſt du HErꝛ erhoͤret/ ihres HERZENS Anligen hat erhoͤret dein Ohr. Was kan/ umb Gottes willen/ für ein beſſers Geſang mit Ohren gehoͤret werden/ als wann unſer HERZ und Will/ gleich [35] wie ein Baſſ/ ſich mit dem Tenor/ und(Hieron. Card. li. 8. de ſubul.) Diſcant/ oder dem Oberen vergleicht; nemblich mit dem HERZEN und Wil= len Gottes? Es ſchreibet Cardanus: wann man zwo Lauten gleich ſtimme/ und auff eine derſelben ein Strohalm gelegt werde/ ſo werde ſie ohn alles berühren eben den Hall von ſich geben/ was man auff der an= dern mit der Hand ſchlaget. Was iſt nun diſes anders/ als die ſuͤſſe liebliche Harmo= nia deß Goͤttlichen un ̅ menſchlichen HER ZENS? Dann ſo diſes mit jenem aller= dings uͤberein ſt???mmet/ was es fuͤr ein Klang deß Goͤttlichen Willens hoͤren wird/ eben denſelben wird es alsbald von ſich geben/ und mit gantzgleichfoͤrmiger Stimm antworten. Diſer Muſic war gar wol er ſahren Judas Machabæus/ als(1. Mach. 3. 60.) er ſprach: Wie der will/ der im Him mel iſt/ alſo geſchehe es. Solches kunte auch der H. Job gar wohl/ welcher gantz mit Truͤbſalen umbgeben/ dannoch mit Freuden ſange. Der Herr hats gege-(1. Iob. 21.) ben/ der Herꝛ hats genommen: Wie es dem Herrn gefallen hat/ alſo iſts geſchehen. Der Name deß Herrn ſ???y geſegnet.
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Die VI. Lection.

Von andern Kuͤnſten/ welche in diſer Schuhl außgelegt werden.

AVſſer jenen ſiben Kuͤnſten/ welche (wie wir geſehen haben) in dieſer Schuhl er klaͤret werden/ begreifft ſie auch noch hoͤhere Kuͤnſten/ Ethicam, oder die Kunſt/ ſo gute Sitten lehret; Phy- ſicam, welche die natuͤrliche Ding außle= get; die A???tzney/ Juriſterey/ und Theo o- gey, gleich fals auch Handtwercker. Diſes woͤllen wir kürtzlich in dieſer Lection erklaͤ= ren.Daß nun hie die ſittliche Philoſophey gelehret werde/ iſt unvonnoͤhten zuer wei= fen: Weil faſt alle Ding/ ſo in dieſem Werck außgelegt werden/ dahin gehen/ wie man gute Sitten einführen ſolle.Wieviel werden nun Ding angezogen/ ſo auß der Artzney genommen ſeyn/ als von dem natuͤrlichen Orth/ Geſtalt/ und Farb deß HERZENS/ von der Bruſt/ und andern dergleichen Dingen mehr? Ja ſo gar/ was Hippocrates/ Galenus/ und alle nach folgende Medici von dem na= tuͤrlichen HERZEN gelehrt haben/ wird erwiſen/ daß ſolches alles ſich auff unſern [37] Willen (welcher das HERZ der Seelen(Cornel. in c. 16. Ezech.) iſt) gar fuͤglich reime? Dann gleich wie das HERZ iſt ein Werckſtart der Geiſter/ die es im gantzen Leib außtheilet/ dardurch es auch wird ein Anfang und Vrſach aller Bewegung und Wirckungen eines lebhafften Thier???; alſo iſt der Will ein Werckſtatt der Tugendt und deß Laſters/ deß Verdienſts und Verbrechens/ auch aller guten und boͤſen Wercken.Die Phyſici und natuͤrliche Meiſter lehren/ das vier lebhaffte Theil ſeyn/ in de= nen ſonderlich das Leben ſtehe und erhal= ten werde; das HERZ/ Hirn/ Leber/ Lu ̅ ge. Dann das HERZ mitthenet dem Leib die Hitz und die Geiſter; die Leber das Geb???üt/ dardurch der Leib ernehret wird; das Hirn/ die lebhaffte Geiſter/ dardurch die Empfindtlichkeit/ die Verſtaͤndtnuß und Bewegnuß gemacht wird; die Lunge er- friſchet nnd erkühlet dz HERZ/ gleich wie ein Blaßbalg: Alſo das Geiſtliche Leben ſtehet in einem rechten Willen/ als dem HERZEN: in der Fürſichtigkeit/ als de ̅ Hirn; in der Gerechtigkeit/ als der Leber/ die das Gebluͤt und Schoͤne bringt; in der Keuſche und Maͤſſigkeit/ als der Lungen/ ſo die Anmuthunge ̅ maͤſſiget/ und erkuͤlet.Damit aber nichts mangle oder abgehe [38] an der geiſtlichen Artzney; ſo wird das ſchwere HERZ geringer???/ das harte er= weichet/ das ſtoltze und eytele undertrucket und zerknirſchet; ja es wirdt ſo gar gelehret wie man das HERZ von boͤſe ̅ Feuͤchtig= (???en. 2. 19.) keiten reinigen und außleren ſoll/ in dem gebotten wirdt/ man ſoll es wie ein Waſ= ſer außſchuͤtten. So ſich aber etliche ???Geſchwulſten/ Buͤtzel oder Geſchwaͤr er= zeigen wurden an dem HERZEN/ ward befolen/ man ſoll das HERZ beſchneyde ̅ / damit das eytter herauß flieſſe. Was thut aber nit der guͤtigſte Artzt vnſerer Seelen gege ̅ dem HERZEN auff daß er entwe= ders jhme die Geſundheit erhalte/ oder ſo es kranck iſt/ widerbringe? Seytemahln er ime de ̅ Krancken durch ſeinen Schweyß ein Bad zubereittet; dem beſudelte ̅ HER= ZEN aber durch ſein koſtbarliches Blut ein Abwaſchung verorbute. So er= freuet er auch deß Menſche ̅ HERZ mit de ̅ Wein/ welcher mit dem Torckel deß H. Creutzes auß ſeiner heiligen Seyten her- auß gepreßt: ja ſo gar hat er??? gemelter Schlaffkam ̅ er ſeiner Seyte ̅ de ̅ HERZen (Matt. 4. 23.) ein gar lindes Betlein z???gerüſtet. Dann er iſt der jenige Artzt/ welcher alle Kranck= heit/ und alle Miſſethat heyl??? ja er be [39] zeuͤget/ er ſey darumb geſandt worden/(Iſa. 61. 1.) daß er die zerknirſchten HERZEN heylete. Bißher von der Kunſt der Axtzeney.So wir nun die Juriſterey/ und Verſtaͤndtnuß der Geſatzen woͤllen be= trachten; werden wir befinden/ daß in diſer Schuhl die rechte Schnur der Ge- rechtigkeit für geſchrieben werde/ welche in dem ſtehet/ daß einem jeden geben werde/ was jhme zugehoͤret. Deßwegen wirdt ge= botten/ daß wir unſer HERZ nit ſolle ̅ der Welt/ dem Fleiſch/ oder Teuffel; ſondern GOTT allein/ dem es alleinig gebuͤhret/ gantz und gar ergeben/ alſo daß kein Theil/ als klein er jmmer ſeyn kan/ einem andern zugeeygnet werde ̅ ſoll. Das HERZ aber ſo GOTt alſo geſchenckt un ̅ auffgeopffert worden iſt/ wirdt abgewogen/ ob es das rechte Gewicht habe/ welches von dem Goͤttlichen Geſetz verordnet und fuͤrge= ſchriben iſt. Was ſollen wir aber von den(2. Cor. 3. 3.) Geſaͤtzen ſelber ſagen/ welche der ewige Geſatzgeber mit ſeinen Finger in die fleiſch= liche Tafel deß HERZEN Seinſchreibt?Von der THEOLOGIA aber were ???s überfluͤſſig zu probieren/ daß dieſelbig auch in diſem Wercklein eingeſchloſſen [40] werde/ weil deſſen fuͤrnemſtes Zihl iſt/ das abgewendte HERZ von Gott zu jhme widerbringen/ das vnſere nach ſeinem Goͤttliche ̅ HERZEN recht geſchaſſe ̅ ma??? chen/ daſſelbe der Goͤttlichen Majeſtaͤt auffopffern/ das HERZ mit jhme verei= nigen/ damit es endlich in jhme ſeeliglich ruhe. Die Goͤttliche Liebe aber/ als oder= ſter Schutzherꝛ/ erleuͤchtet/ entzuͤndet/ un ̅ erhebet das HERZ vber ſich/ auff das es die Goͤttliche Anmutungen empfangen und an ſich nemen moͤge; welche Ding alle einem Myſtico Theologo zugehoͤren. Ich vbergehe aber mit fleiß/ daß gar vil Oerter der heiligen Schrifft und Ge- heimnuſſen der Theologey in diſem Buͤch= lein außgelegt und erklaͤret werden.Es werden ſo gar auch andere Künſte ̅ / und Handtwercker von diſer Schuhl nit außgeſchloſſen. Dann der himmliſche Lehrer tractirt allhie den Chriſtlichen Handel/ und richtet das HERZ ab zum geiſtlichen Kampff und Streit; in deme er entweders daſſelbe gleich wie ein veſtes Schloß und Paſtey/ mit dem Schwert der Goͤttlichen Liebe beſchuͤtzet/ und gleich- (Thren. 3. 65.) ſam die Wacht darvor helt; oder mit dem Schilt ſeiner Arbeit/ und Bewaffnung ſeines Leydens das HERZ vor den fewri [41] gen Pfeilen deß Feindts bewahret. E??? mangelt allhie auch nit an Vit???uuio; da er/ als ein guter Baumeiſter/ das Hauß deß HERZENS erbauet/ damit ſol= ches ein weitlaͤufftige Wohnung deß H. Geiſtes werde; darm ̅ / wie Bernhardus ge=(Bern. l. er. 27. in. Cant. Pſ. 83. 6.) ſprochen/ er vnterſchiedliche Spatziergaͤng außtheile/ zum Werck der Goͤttlichen Majeſtaͤt. Ja er richtet auff in dem HER= ZEN Leytern und Stiegen/ darauff er gen Himmel und zu Gott ſelber auffſtel- get. Ja auch die Saͤul Chriſti vnterflützet das wancke ̅ de Hauß deß HERZENS/ wann es vonnoͤthen; letzlich weyhet und zueignet es Gott das gantze Gebaͤu/ ſo mit dem Titel deß Creutzes uͤberſchrieben iſt. Wann du ein Luſt und L???ebe haſt zum Gemaͤhlwerck/ ſoll dir das HERZ ſelber an ſtatt einer Tafel ſeyn/ oder vil mehr an ſtatt der Leinwadt/ darinnen mit der Na- del der doͤrnin Kron das Angeſicht deß Geliebten außgenaͤhet wirdt.Ja die Goͤttliche Liebe hat ſo gar nicht underlaſſen/ die Seel zuunterweiſen von dem Ackerbau. Wilſtu einen geiſtlichen Varronem ſehen? nimm dir fuͤr den Lehr- meiſter diſer Schuhl als einen Gaͤrtner/ welcher jetzunder ein weil die Erden deß HERZENS mit de ̅ Pflug deß Creutzes [42] umbackere/ bald den Saamen deß Worts Gottes in das HERZ werffe/ nach mahle ̅ das HERZ befeuͤchtige/ und die Blume ̅ auffloͤſe. Ein andersmahlpflantzet er den Bau ̅ deß Creutzes in das HERZ/ trucket auß de ̅ Moſt mit dem Torckel deß Creutzes/ welcher in dem Faß deß HERZENS anffgefangen werde. Letzlich vmbgibt und bewahret er den gantzen Garte ̅ deß HER= ZENS mit de ̅ Zaun der Doͤrninen Cro ̅ . Auß welchen allen diſen Dingen klar er= ſcheinet/ wie weit und breit ſich die Kuͤn= ſten in der Hohe ̅ ſchuhl deß HERZENS außbreiten/ auch darinnen allerhand Lehrfluͤcklein und Kuͤnſten gelehret und gewieſen werden.

Die VII. Lection.

Von dem Lehrmeiſter und Juͤngern in der Schuhl deß HERZENS

(Ambreſ. lib. 2. de Virg.) WEil nach der Schuhl deß heili= gen Ambroſti/ der erſte Eyfer zum lernen/ iſt die Fuͤrtreff= ligkeit deß Lehrmeiſters; iſt gantz wuͤrdig/ daß wir die Fuͤrtreffligkeit deß Lehrmei- ſters in diſer Schuhlen etwas fleiſſigers [43] erwegen. Nun aber iſt kein anderer Lehr=(pſ. 32. 15 Pſ. 89. 12.) meiſter deß HERZENS/ als eben der jenige/ welcher der Menſchen HERZEN eines jeglichen inſonderheit erſchaffen hat; welcher erforſchet die HERZEN un ̅ Nieren/ der auch will/ daß alle ſeine Juͤn= ger klug und weiß von HERZEN ſeyn ſollen. Seytemahln Gott der Menſchen HERZEN ſchaffet/ nit allein der Sub= ???antz und Weſen nach; ſondern auch nach der Anmuhtung der Andacht und Gotts= forcht. Dann gleichwie Gott ein reines(lanſ. in ex- poſ. Pſ. 32.) HERZ ſchaffet im Menſchen durch er= neuerung der Gerechtigkeit/ alſo ſchaffet fet er ein erneuertes HERZ durch Be- k???aͤfftigung der Lehre/ und zwar inſonder- heit; dann einen wird gegeben der Geiſt der Weißheit/ einem andern der Wiſſenſchaft einem andern deß Glaubens. Dann ob ſchon die Guͤtigkeit Gottes zu allen Ze???en ď Menſchen HERZEN mit der heylſa- men Lehre underwiſen/ ſo hat er doch ſol= ches weit uͤber fluͤſſiger im neuen Teſtame ̅ t durch ſeinen eingebornen Sohn JESUM CHriſtum gethan; dann alſo hatte vor(Iſa. 35. ???.) Zeiten der Vatter verſprochen: Ich will ein ewige Buͤndinuß mit euch ma- chen/ die treue Barmhertzigkeiten [44] Dauids. Sihe ich hab jhn den Voͤl- ckern zu einem Zeugen/ zu einem Fuͤrſten/ und zu eine ̅ Gebieter geſetzt. Wie fleiſſig aber der Meſſias das Ampt eines Lehrers vertretten wurde/ lehret ge= melter Prophet an einem andern Orth/ (Iſa 30. 21.) ſprechende: Deine Augen werden ſe- hen deinen Gebieter/ und deine Oh- ren werden das Wort hoͤren/ deß/ ſo dich zur Ruhe ermahnen wirdt. Das iſt der Weg/ in dem ſolt ihr wandlen. Wer ſoll ſich aber nit verwundern ob ſol- chem Fleiß? Dann er wartet nit biß die Schuler in die Schuhl kommen; ſondern er laufft den Halßſtaͤrꝛigen vnd Fluͤchtigen auff den Ferſen nach/ und wendet ſie gar liebkoſend ab von dem Weg deß Verder= bens. Daß nun ſolche Verheiſſungen deß Propheten im Neuen Teſtament erfuͤllet ſeyen/ bezeuget der Apoſtel/ da er ſpricht: (Heb. 1. 1.) Nach dem vor Zeiten Gott manchs- mahl/ und vilerley Weiß geredt hat zu den Vaͤttern durch die Prophete ̅ / hat er am letzten in diſen Tagen zu uns geredt durch den Sohn/ welche ̅ er geſetz hat zum Erben uͤber alle [45] Ding/ durch welche er auch die Welt gemacht hat. Was kan Edl???s und Fuͤrtrefflichers ſeyn als diſer lebrer? wel= chen der him ̅ liſche Vatter auff dem Berg Thabor zum Magiſter gemacht/ und diß Gezeugnuß geben hat: Diß iſt mein ge(Matt. 17.) liebter Sohn/ in welche ̅ ich ein Wol= gefallen hab den ſolt ihr hoͤren. Diſeꝛ(Bar. 3. 37.) Wie Baruch beze???get/ hat allen Weg der Weißheit erfunden/ und hat ſie Jacob ſeinem Di???ner geben/ und Iſrael ſeinem Geliebten. Diß iſt der Lehrmeiſter/ in welchem verborgen li-(Col. 2. 3.) gen alle Schaͤtze der Weißheit und der Erkantnuß. Diſer iſts/ welcher(1. Cor. 2. 8.) ein himmliſche Weißheit gelehret/ wel- che keiner von den Fuͤrſten diſer Weit erkant hat/ die GOtt zu ſeiner Glory un ̅ Ehr von Ewigkeit an ver=(1. Cor. 1. 31.) ordnet hat Weꝛſoll ſich dan ̅ nit im Herꝛn er frewen/ daß er einen ſolchen Lehr meiſter(Pſ. 147. 20.) b???kommen habe? Alſo hat er nit jeder Nation oder Geſchlecht gethan/ und hat ihnen ſeine Gericht nit offenbart.(De???t. 4. 7.) Wer wolt da???it ſagen: Wo iſt ſo ein [46] trefflich Volck zu de ̅ die Goͤtter ſich alſo nahen/ als der Herꝛ vnſer Gott gegen wertig iſt allen unſern Bittun- gen? Vn ̅ wo iſt ein ſo trefflich Volck/ das ſolche Sitten und Recht hab/ und (Joel. 2. ???) alles Geſetz? Deßwegen mahnet uns der Prophet billich: Seyt nun froͤlich/ und frewet euch ihr Toͤchter von Sion in dem Herꝛn euerm GOtt/ dann er hat euch den Lehrer der Ge??? rechtigkeit geben. Gantz ſeelig ſeynd ſol= (Pſ. 93. 12.) che Schuhler/ die einen ſolchen Lehrer und Schuhlmeiſter haben: Seelig iſt der Menſch/ den du Herꝛ zuchtigeſt/ und lehreſt ihn durch dein Geſatz. Auß di= ſem iſt nun letzlich zuſehen/ in was groſ= ſen Ehren man diſen Lehrmeiſter halten/ wie begtrlich man in hoͤren mie was Fleiß und geneigten Willen wan jhme in allen Dingen gehorchen ſoll; letzlich wie ſich gebuͤhren woͤlle/ daß die Schuhler den groͤſten Fleiß anwenden/ daß ſie alle Le- ctiones diſes Lehrmeiſters/ welche er nit allein mit Worten/ ſondern auch mit dem Werck ſelber gelehret hat/ außwendig lernen/ und in dem Werck ſelber erwei [47] ſen/ daß ſie ſolches gelernet haben. Diß hat alſo der guͤtigſte Schuhlmeiſter gewoͤlt/ da er geſprochen: Lernet von mir/ dann(Matt. 11. 29. Ioan. 13. 14.) ich bin ſanfftmuͤtig/ und von HER= ZEN demuͤtig. So ich euer Mei- ſter und Herr/ euch die Fuͤß gewa- ſchen habe/ ſo ſollet ihr euch auch un- tereinander die Fuͤß waſchen. Dann ich hab euch ein Beyſpil geben/ daß ihr thut/ wie ich euch gethan/ hab.Wer nun ſeyen die Juͤnger in diſer Schuhl/ iſt leichtlich zuerachten: ſeytem???ln alle/ die ein HERZ haben/ und welche ih= nen die Geſundheit deß HERZENS von HERZEN angelegen ſeyn laſſen/ gehoͤren in dieſe Schuhl/ zu welchen unſer Lehrmeiſter wohl ſagen mag/ was Job ge= ſproche ̅ hat: Ihr HERZHAFFTE Maͤnner hoͤret mich.(Iob. 34. 10.) So werden auch ſo gar die jenige nit außgeſchloſſen/ welche Mangel am HER= ZEN leiden/ dan ̅ die ewige Weißheit will jeder mann ſeiner Lehr theilhafftig machen ſendet ihre Botten auß zuladen oben(Prov. 93.) auff das Schloß und Zinnen der [48] Statt Wer toͤricht iſt/ der mach ſich hieher. Vnd zum Narren ſprach ſie; Kommt??eſſet mein Brodt/ und trin- cket den Wein/ den ich euch gemiſchet hab. Verlaſt das thoͤrlich Weſen/ ſo werdet ihr leben/ und gehet auff den Weg deß Verſtands.So wird nun allerley Alter von Man ̅ s= (Pſ. 148. 12. Pſ. 48. 3.) und Weibs=Perſohnen in diſe Schuhl gelad???n und eingelaſſen; Juͤngling und Jungfrauen/ Alte mit den Jungen/ bey= de reich und arm miteinander ſitzen in di= ſer Schuhl: allein die jenige werden von Ertheilung diſer Lehr außgeſchloſſen/ wel= che dem Liecht widerſpenſtig ſeynd/ und (Pſa 30. 21.) ſich nit wuͤꝛdigen die Gebott deß, der zuꝛnck ermahnet/ anzuhoͤren/ ſonder platzen frey= willig in die Abweg und gaͤhe Oerter.

Die VIII. Lection.

Wie ſuͤß und lieblich der Lehr= meiſter in die HERZSchuhl lade.

VNſer allerſuͤſſeſter Schuhl Herꝛ/ hat nit genug/ daß er ſein Schuhl offentlich halte/ maͤn ̅ iglich ohn un [49] derſchied einlaſſe/ und ihnen ohn Silber und Gold/ oder einzigen Vergeltung ſein Lehr mittheile; ſondern gantz zart und lieblich ladet und reitzet er zum lernen an alle Schuhler/ die er auch wuͤrdiget an ſtatt der Kinder zuhaben; und ſolches mit einer ſo lieblichen und anmütigen Stimm/ daß es wol ein hartes und ſteinernes HERZ ſeyn muß/ welches ſich ihme widerſetzet. Seytemahln ſeine Wort ſeynd linder(Pſal. 54. 21.) dann Oele/ und ſeynd doch ſcharffe Pfeile/ durch welche dz in ̅ erliche HERZ durchtrungen und zerknirſcht wird. Dan ̅ (Hebr. 4. 12.) das Wort Gottes iſt lebendig und kraͤfftig/ und ſchaͤrffer dann kein zweyſchneydig Schwert/ und durch- tringe ̅ d/ biß daß es zerſchneydet Seel und Geiſt/ auch die Gelenck und Marck/ bekehret die Seelen/ und(Pſal. 11???. 130) gibt den kleinen Verſtand O wie groß nnd manigfaͤltig iſt die Suͤſſe in den Wor= ten diſes Goͤttlichen Lehrmieſters! Milch(Claud. A quar. in Pſal. 44.) und Hoͤnig iſt under ſeiner Zun- gen/ und ſeine Leffzen ſeynd Lilgen/ welche tropffen die beſte Myrrhen/ das iſt/ die außerleßne/ vollkomenfle/ und trefflich wolrichende. In den Lilgen/ [50] ſo du betrachteſt die Farb/ ſolt du verflehen die Reinigkeit: durch den Geruch/ die Suͤſ= ſe und Liebligkeit: dnrch die guͤldene Duͤpf= flein darinn/ die Gottheit. So iſt es derhalben gleich ſo vil/ als ſpreche er: Die Wort/ welche mein Braͤutigam fuͤrbrin- get/ ſeynd rein und klar/ voll Geruch und Suͤfft: ja ſolche/ dergleichen ſeyn ſollen die/ welche von Gott und Menſchen fuͤrge= bracht werden/ welche zumahl haben die weiſſe Farb/ und Liebligkeit/ von den Lil= gen; zumahl auch ein wunderbarliche Ge= ſund/ und heylſame/ wie auch die Krafft Verfaulung oder Zerfloͤrung zu vertrei= (Pſ. 44. 5.) ben von der Myrrhen. Wie groſſe Gnad aber außgegoſſen ſey in den Leffzen unſers Lehrmeiſters/ wie groſſe Krafft in ſeinen Worten/ kans keiner beſſer erklaͤren/ als (Cant. 5. 6.) ders erfahren hat. Die geliebte Braut ſchreyet: Mein Seel iſt zerſchmoltzen/ da der Geliebte geredt hat. Die zween Juͤnger/ welche mit dem Meiſter gen em= mauß giengen/ waren durch die innbruͤn= ſtige reden entzuͤndet/ und fragten: War (Luc. 24. 10.) nit unſer HERZ gantz entzuͤndet in uns/ da er mit uns redet auff dem Weg/ und erklaͤret uns die Schrifft? Die jenige/ ſo von den Hohen Priſtern [51] und Phariſeern geſandt waren ihn zu= fangen/ da ſie ſeine Reden hoͤreten/ ſpra= chen ſie: Diſer iſt ein rechter Prophet.(Ioan. 7. 40.) er iſt Chriſtus es hat nie kein Me ̅ ſch alſo gered/ wie diſer Menſch. Da er aber zu Nazareth in der Synagog lehret/ ſahen auff ihn aller Augen/ die in der Schuhl waren/ und ſie gaben ihm alle(Luc. 4. 22.) Zeugnuß/ und verwunderten ſich der gnadenreichen Worten/ die auß ſeinem Mund giengen. D??? widerum zu Ca=(Ibid. v. 12.) vernaum an der Sabbaten lehret/ ver wunderteu ſie ſich ob ſeiner Lehre/ dann ſein Rede war gewaltig. Deß.(Ioann. 6. 6???) wegen der heilige Petrus gantz recht und billich (da etliche ſeiner Juͤnger hinder= ſich giengen/ und ſie Chriſtus fraget: Wolt ihr nit auch hinweg gehen?) in aller Namen geantwortet hat: HErr/ wohin ſollen wir gehen? Du haſt Wort deß ewigen Lebens. So laßt uns nun fleiſſig zuhoͤren diſem himmli= ſchen Lehr meiſter/ der ſeine Juͤnger mit gar ſuͤſſen und kraͤfftigen Worten zur An= nemmung der heylſammen Lehr/ ladet(Pſal. 33. 12.) und anmahnet: Kommet herzu/ ſpricht er/ ihr Kinder/ hoͤret mich/ ich [52] (Prov. 4. 1.) will euch die Forcht deß Herrn leh- ren. Hoͤret/ meine Kinder/ die Lehre eweres Vatters/ mercket auff/ daß ihr den rechten Verſtand erkennet: denn ich gib euch ein gute Gab/ ver- laſſet mein Geſaͤtz nit.So haͤlt uns Salomon in den Spruͤ= chen/ ein gar ſchoͤne Predig fuͤr/ welche un= ſer Lehrmeiſter under dem Namen der (Prov. 8. 1.) Weißheit zu ſeinen Juͤngern gehalten hat: Ruffet nit die Weißheit/ ſpricht er: und die Fuͤrſichtigkeit laͤſt ſich hoͤren in den hoͤchſten Gipffeln oder Spitze ̅ ? Offentlich an dem Weg an der Straſſen ſtehet ſie/ an den Porten bey der Statt/ da man zur Thuͤr eingehet/ redet ſie: O ihr Maͤnner! ich ſchrey zu euch/ und ruff den Men- ſchen Kindern. Merckt ihr kleinen die Witze/ und ihr Vnweiſen nem ̅ et es zu Hertzen. Hoͤret/ denn ich will von groſſen Dingen reden/ und mei- ne Lefftzen ſollen geoͤffnet werden/ daß ſie das Recht außſprechen. Dann mein Halß ſoll die Warheit gedencke ̅ [53] und meine Leffzen ſollen haſſen das Gottloß iſt. Alle Red meines Mu ̅ ds ſeind gerecht/ Es iſt nichts verkehrtes oder falches darinnen. Sie ſeynd alle gerad/ denen/ die ſie vernemmen/ und richtig denen/ ſo Erkandtnuß finden. Nemmet mein Lehr/ und nit Silber/ und erwoͤhlet die Lehre mehr dann koͤſtlich Gold. Dann Weißheit iſt beſſer/ als die koͤſtlichſte ̅ Reichthum ̅ / und alles was man wuͤnſchen mag/ kan jhr nit gleichen. In welchen Wor= ten er die fuͤrtreffliche Nutzbarkelten/ und groſſe Fruͤchten ſeiner Schuhlen erklaͤret/ welches er noch mehr thut in der gantzen lieblichen Schlußred/ demnach er etliche Wort entzwiſchen geſetzt/ un ̅ den Schluß alſo gemacht: So gehorchet mir nun meine Kinder/ Seelig ſeynd die meine Weg behalten. Hoͤret die Lehr/ und werdet weiſe/ und werffet ſie nit hin- weg/ Seelig iſt der Menſch/ der mich hoͤret/ un ̅ der wachet an meiner Thuͤr taͤglich/ und wartet an den Pfoſten meiner Thuͤr. Wer michfindet/ der [54] findet das ewige Leben/ und wirdt ſchaͤpffen das Heyl vom Herꝛn. Damit wir aber nit ſolten vermeinen/ die Schuhl der Weißheit ſey nur allein nutzlich/ und ſo kein Straff geſetzt auff die jenige/ welche ſie verlaſſen/ ſetzt er hin= zu d??? Schaͤden und Straffen/ darein fal= len die/ ſo die Weißheit verlaſſen: Wer aber an mir ſuͤndiget/ ſpricht er/ der verletzt ſeine Seele. Alle die mich haſſen/ lieben den Todt. Solches thun nun die traͤge und hinlaͤſſige Juͤnger/ wel= (Eccl. 2. 21.) che das Heyl und ewige Leben verachten/ von welche ̅ Sirach ſpricht: Die Weiß- heit iſt gar ſehr ſcharff den Vnge- lehrten/ und der Vnverſtaͤndig bleibt nit beſtaͤndig an jhr. Es wirdt aber nit alſo vngeſtrafft hingehen; Dann das (Oſe. 4. 24. Prou. 10. 13.) Volck welches nit verſtehen will/ das muß geſchlagen werden. Item: Auff den Rucken deß Narꝛen/ gehoͤrt ein Rutten. Hoͤrt nun/ der du ein Juͤnger in diſer Schuhl biſt/ ſo du Vernunfft haſt/ (Hier. ???. 8.) un ̅ HERZHAFFT biſt/ ſo foͤrchte dir vo ̅ diſer Trowung deß Herꝛn: O Jeruſa- lem/ beſſer dich/ daß ſich villeicht mein [55] HERZ nit von dir abwende. Was iſt aber diß/ daß der Meiſter ſein HERZ abwende von ſeine ̅ Juͤngern/ als daß er jhn nimmer lieb habe? Dahero(Sap 7. 28.) ſpricht die Schrifft: Gott hat niemand lieb/ dann den/ in welchem die Weiß(Pſ. 104. 10.) heit wohnet. Dahero muß vngluͤckhafft und armſeeilg ſein/ der ein ſolcher iſt/ uͤber den ſich auch der genedig und barmhertzige Herꝛ nit will erbarmen. Dan ̅ wie Jeſatas ſpricht/ Es iſt ein unverſtaͤndig un(Iſa. 27. 11.) weiß Volck/ darumb wirdt ſich auch jhr nit erbarmen/ der ſie gemacht hat/ und der ſie erſchaffen hat/ wirdt jhne ̅ nit genedig ſein. Derhalben jhr fleiſ= ſige Schuhler/ ſeyt wachtbar in der Lehr deß HERZENS/ ergreiffet die Zuͤchti= gung/ das etwan ̅ der Herꝛ nicht zuͤrne/(pſ. 2. 12.) und jhr von rechtem Weg verderbet.

Die IX. Lection.

Von der Weiß zulehren/ deren ſich der Lehrmeiſter in der Schuhl deß HERZENS gebrauchet.

DIe Hochheit und Wuͤrde un= ſers Lehrmeiſters gibt leichtlich [56] zuerkennen/ daß er ſich weit einer andern Weiß zu lehren gebrauche/ als die Weiſe (Baruch. 3. 23,) diſer Welt: Dann die Agarener erfor= ſchen Fuͤrſichtigkeit und Weißheit/ aber allein jrꝛdiſche/ nach jhren eygnen Luͤſten werffen ſie jhnen ſelbs Lehrer auff/ die (2. Tim. 4. 3.) jhnen die Ohren kratzen/ als die nemlich nach Fuͤrwitz und Neuerung trachten. Denen ſeynd gleich jhre Lehrmeiſter in (1. Cor. 2. 4.) uͤberredenden Worten menſchlicher Weißheit/ mit zierlichen Reden/ und hohen Spruͤchen befleiſſen ſie ſich allen Zuhoͤrern ein Gnuͤgen zuthun. Vnſer (Joan. 6. 69.) Lehrmeiſter aber/ welcher Wort deß Le= bens hat/ ſpricht dem HERZEN jn ̅ er= lich zu/ und durchtringet daſſelbig mit (Pſ. 2. 14.) Krafft ſeines Goͤttlichen Worts/ kehret (Auguſt. Tract. 3. in Epiſt. Ioann.) es vmb/ und bieget es wohin er will Alle Meiſter der Kirchen/ ſpricht Auguſtmus/ laſſen ſich von auſſen hoͤren/ der jenige aber ſo im HERZEN lehret/ hat ſeinen Meiſterſtuhl im Himmel. So diſer Lehr= meiſter nit iſt im HERZEN deß Zuhoͤ= (Lib. 11. Mor. in lob. cap. 5.) rers/ iſt die Red eines jeglichen Lehrers ver= gebenlich und umbſonſten. Dan ̅ / wie Gre= gorius ſpricht: ein jeglicher Mund/ der redet/ iſt ſtum ̅ / wann nit Gott jnnerlich im HERZEN ſchreyet: Welcher auch die [57] Wort einblaſet/ die gehoͤrt werden. Man bringe nun euſſerlich Wort für/ wie man woͤlle/ werden ſie gantz und gar nichts nutz ſeyn/ ſo nit der Herꝛ das Ohr deß HER- ZENS eroͤffnet. Dann zu gleicher Weiß der zu Roß iſt/ oder auff eine ̅ Wage ̅ faͤhrt/ kombt nur biß zu der Haußthuͤr/ und kan auff dem Roß oder Wagen nit eingehen in die Schlaff kammer/ ſo doch der jenige/ welcher zu fuß gehet/ und den Schluͤſſel zum Hauß hat/ diſes gar leichtlich kan ver= richten: alſo kombt die Stim ̅ deß Worts biß zu den Ohren/ das geſchribene aber al= lein biß für die Augen/ das jenige aber/ welches Gott redet/ gehet ein in dz HERZ ſelber/ leitet und wendet daſſelbe zu allem Willen Gottes: deſſen Krafft der heilige Bernhardus erfahre ̅ hat/ da er geſproche ̅ : Das Wort Gottes iſt lebendig und kraͤff=(Serm. 74. in Cant.) tig/ alsbald es hinein kommen iſt/ hat es die ſchlaͤfferige Seel auffgeweckt/ bewegt/ und erlindert/ auch mein HERZ verwun= det/ weil es bart/ und ſteinig/ auch nit recht geſund war; es hat auch angefangen auß- zureüten/ abzubrechen/ und auffzubauen/ zupflantzen/ die duͤrre Ding zubefeuͤchten/ die Finſtere zuerleuͤchten/ die Beſchloſſene zueroͤffnen/ die Kalte zuentzuͤnden/ auch die Krumme geſchlacht/ und die Rauhen [58] (Iſa 40. 4.) und Vneben zu gantz linden und ebnen Wegen zumachen/ alſo daß mein Seel (Pſ. 102. 1.) den Herꝛn lobe/ und alles/ das in mir iſt/ ſeinen heiligen Namen. Bißher Bernhar= dus. Wir wollen aber inſonderheit erwe= gen und betrachten/ die hohe und jnnerliche Weiß zulehren/ deren ſich unſer himmli= ſcher Lehrmeiſter gebrauchet/ und woͤllen ſolches von keinem andern/ als ſeinem H. Mund hernemmen: dann er redet ſelber alſo bey dem Propheten von der glaubigen (Oſe. 2. 4.) Seel: Sihe/ ich will ſie bereden/ und in ein Wuͤſte fuͤhren/ und zu HER- ZEN freu ̅ dtlich mit jhr rede ̅ . Gleich= ſam ſprech er: Ich will ſie auff dz lieblichſte bereden/ und die mir vermaͤhlte Seel anreitzen/ ſie in ein wuͤſte Eynoͤde fuͤhren/ darinn ſie abgeſoͤndert von dem weltlichen Getuͤmmel/ und Hauffen der Menſchen und Geſchaͤfften/ mich allein hoͤren wirdt reden: dann der Goͤttliche Braͤutigam liebet geheime abgeſoͤnderte Oerter/ und laßt ſeine Geheimnuſſeu nit herauß auff offentlichem Platz. Deßwegen ermahnet der hoͤnigflieſſende Lehrer die Braut alſo: (Bern. ſer. 40. in Cant.) O heilige Seel/ biß allein/ damit du dich ſelber jhme allein auffbehalteſt den du un= der allen außerwoͤhlet haſt. Fliehe die offne [59] Plaͤtz/ fliehe die Haußgenoſſen ſelber. Weiſtu nit/ das du ein ſchambaren Braͤu= tigam haſt/ der dir ſein Gegenwertigkeit nit ertheilen will/ wann andere zugegen ſeyn? Wie nun der Braͤutiga ̅ deß HER- ZENS/ un ̅ auff Weiß er in das HERZ rede/ erklaͤret er anderſtwo noch beſſer/ da(Apoc. 3. 20.) er ſpricht: Sihe/ ich ſtehe vor ď Thuͤr/ und klopffe an/ ſo jemand mein Stim ̅ hoͤren/ und die Thuͤr auffchun wirdt/ zu dem werd ich eingehen/ und das Abendmahl mit jhm halten/ und er mit mir. Was iſt nun das fur ein Guͤte und Sanfftmuͤtigkeit/ in dem der Herꝛ ſelber die Thür unſers HERZENS ver= ſchloſſen findet/ darauſſen ſtehet/ verharꝛ= lich anklopffet/ und ???wartet ??? das man jhme auffchut? Was aber diß für ein An= klopffen ſey/ eroͤffnet das HERZ ſelber/ da er ſpricht: So jemand mein Stimm hoͤren wird/ anzudeuͤten/ daß er durch jnnerliches anſprechen und ruffen an der Thuͤr deß HERZENS ???pffe Wel= ches die Braut auch noch b???ſſ???/ da ſie diſes Klopffen un ̅ Stim ̅ außlegt ſpreche ende: Die Stimm meines Geliebien der anklopffet/: Thue mir auff/ liebe [60] (Cant. 5. 2.) Freundin/ mein Schweſter/ mein Taub/ mein Vnbefleckte: dann mein Haupt iſt voll Tawes/ und meine Haarlocken voller Nachtstropffens. Gleichſam ſpreche er: Weil ich ſchlaffete/ mein HFRZ aber wachete/ ſihe da klopffet mein Geliebter an der Thier an/ un ̅ ſchreye: Thue mir auff/ mein Schweſter/ bittet und ermahnet/ damit ich alle Ding und er= laſſe/ und ihme die Thuͤr deß HER- ZENS eroͤffnen ſoll.Hie iſt aber zu mercken/ daß jegliche Wort deß Beaͤutigams/ eben ſo vil Vr= ſachen ſeynd/ mit denen er die Seel dahin anhelt/ daß ſie die Thuͤr deß HER= ZEN Soͤffnen woͤll.(Ludo de ???onte in Cant. li. 8. Exhort. 8 §. 2.) So ſagt er nun Erſtlich: Thue mir auff: Gleich als ſpreche er: du haſt die Thuͤr deines HERZENS auff gethan de ̅ Teuffel/ der ein Begterd gehabt nach deine ̅ Verderbe ̅ und Vndergang/ un ̅ ewi= gen Verdamnuß: Warumb ſolteſt du dan ̅ nit auffthun mir deinem erſchaffer/ er- loͤſer und Schutzherꝛn/ der ich begirig bin nach deinem Heyl/ und ſuche deinewige Seeligkeit? Du haſt auffgethan dem Ty- rannen und ehebrecher; thue auff dem ???denlichen Herꝛn und Braͤutigam. Du [61] haſt auffgethan dem Wolff der hinein ge= ſchlichen/ zuverwuͤſten und zuſchlachten; thue auff dem eygnen Hirten/ der begeh= ret hinein zugehen/ dich zuweyden und zu= beſchuͤtzen.Fuͤrs Ander/ begehret er mit Ernſt hineitt/ in deme er die Braut/ biß zum Vierdenmahl die SEINE nennt/ ???pre= chende; Mein Schweſteꝛ/ mein Fꝛeun= din/ mein Taub/ mein Vnbefleckte. Gleich als redet er alſo: Aufflauſeterlen Weiß/ biſt du MEIN/ und keines an ďn darumb biſt du billich ſchuldig mir auffzu= thun: dann ich klopffe nit an der Thuͤr et= nes frembden Hauß/ ſondern eines ??? ̅ / welches ich erſchaffen/ gemacht/ gebeſſert/ und ſehr faſt gezieret.Fuͤrs Dritte/ alle und jegliche diſe Namen dringen auff die Eroͤffnung. Du ſolſt mir auffthun/ dann du biſt mein Schweſter wegen der Menſchwerdung; ein Freundin/ wegen deß Leydens; ein Taube/ wegen Sendung deß H. Geiſtes; ein Vnbeſieckte/ wegen e???pfahung der H. Sacramenten. Ja ſo gar in der Rechtfertigung/ welchedurch den Tauff und Buß geſchicht/ biſt du mein Schwe [62] ſter durch die Gnad/ durch welche du der Goͤttlichen Natur theilhafftig wuͤrdeſt: Me??? Freundin/ durch die Liebe/ in der die Freundſchafft under uns gemacht wird: Ein Taube/ durch eingieſſung deß Geiſtes/ der auff dir geruhet hat: Ein Vnbefleckte/ durch die Reinigung von allen Suͤnden.Zum Vierdten/ bringt der Braͤuti= gam noch klarete Vrſache ̅ fuͤr/ ſprechende: Dann mein Haupt iſt voll Tawes/ und meine Haarlocken voll Nachts- tropffen. Auzuzeigen/ daß er vil Stund in der Nacht an der Thuͤr geſtanden klopf= fende/ alſo daß wegen lang wuͤriger Zeit dz Haupt voll Tawes/ und die Haarlocken voll Nachtstropffen worden ſeyn; ſo man doch gleich auff das erſte Anklopffen auff= gethan haben ſolte/ wo nit als einem Bru= der und Freund; zum wenigflen wegen der Vngefluͤmme/ dann ich bin lang in dem klopffen verharret/ alſo daß ich gantz und gar naß worden bin. O wie ein wunderbarliche Guͤte Gottes! O ver= wunderliche Liebe! nit von ſeines/ ſondern ???nſers Nutzens wege ̅ klopffet er an ď Thuͤr deß HERZENS; iſt jhme auch wenig [63] daran gelegen/ wir thun ihme auff/ oder nit; aber uns gehet es an: und dannoch der gedultige/ und Herr viler Barmher=(Pſ. 85. 15.) tzigkeit verharret klopffend an der Thuͤr/ und erwartet langmuͤtig/ biß wir ihme auffthun.Zum Fuͤnfften und letzten/ ſolle man allda wol erwegen daß der Braͤutgam all- da andeutet/ er ſey mit bloſſem Haupt vor der Thuͤr deß HERZENS geſtanden/ und geſchicht gar kein Meldung von eint= ger Bedeckung/ ſondern wird geſagt/ das Taw und Tropffen ſeynd auff die Haarlo= cken gefallen. Nun pflegen die Gefangene mit bloſſem Haupt daher zugehen. Wz iſt nun/ daß der Braͤutigam fuͤr die Thuͤr deß HERZENS kommt mit entbloͤßtem Haupt/ und voll deß Taws und der kalten Tropffen? er kommt nemlich als ein Ge= fangner/ von keinem andern/ als von ſei= ner Liebe/ von deßwegen er groſſe Schmer= tzen erlitten hat. Gleich als ſprech er: Sihe/ ich ſtehe vor deiner Thür/ gleich als dein Gefangner/ und leibeigner Knecht/ dann mein Liebe gegen dir/ hat mich zu deinem Knecht gemacht/ daß ich dich von deinen Armſeeligkeiten und Vbeln erloͤſen ſolte. Dann alſo ſpricht ER durch Jeſaiam: [64] (Iſa. 43. 24. Phil 2. 8.) Du haſt mich zum Knecht/ und mir wol Muͤhe gemacht in deinen Suͤn- den/ und mir mit deinen Miſſethaten Arbeit geſchafft: Dann von deinetwe= gen hab ich die Geſtallt eines Knechts an (Phil. 2. 8.) mich gensmmen/ mich gedemuͤtiget biß in den Todt/ aber den Todt deß Creutzes. Von deinet wegen war mein mit Doͤrnen gekroͤntes Haupt/ voll deß blutigen Taus/ und meine Haarloͤcken der roſenfarben Tropffen meines Bluts. Sihe der halben an diſes Haupt/ als ein Zeichen meiner Liebe gegen dir/ und eroͤffne mir dein HERZ. O wie ein verwunderliche Wuͤr= digung der Goͤttlichen Liebe! O wie ein un= glaubliche Verſtockung der Menſchen! Welche einem ſo liebhabenden Braͤuti= gam ſich widern auffzuthun/ oder ſo faul ſeyn: Wehe ihnen/ und tauſent mahl wehe/ welche wegen Verſtockung deß Gemuͤths/ Gott die Thuͤr deß HERZENS ſtarck verſchlieſſen/ noch ſeinem Anklopffen und Einſprechen eintzig ſtatt und Platz geben.
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Die X. Lection.

Von dem Ampt eines Juͤn= gers/ ď in die Schuhl deß HER- ZENS gehen will.

WIn haben geſehen/ was der him ̅ liſche Meiſter fuͤr ein Weiß in dem lehren braucht: iſt nun übrig zuerforſchen/ auff was Weiß der Schuhler ſolcher Leetion und Vorleſung auffmercken/ und ſie dem Lehrmelſter wi- der auff???agen ſolle. Wir koͤnden aber drey Ding mercken/ welche zu ſolchem Ampt eines Juͤngers gehoͤrig ſeynd??? Das erſte/ daß er den redenden Lehrer hoͤre. Das ander/ daß er auffſteh??? Thuͤr deß HERZENS zueroͤffnen. D??? dritte/ ſo nun der Meiſter drauſſen wartet/ er die Thür oͤffne/ und ihn in den inner= ſten Theil deß HERZENS hinein laſ??? Das Beyſpil eines ſolchen guten. Juͤn= gers hat die Brau??? im Hohenlie??? gegeb???; dann ſie hat gar fleiſſig auff die S???imm deß Brautigams gemercket/ dahero ſie auch geſprochen: Die Stimm meines(Cant. 5. 2.) Geliebten/ der anklopffet. Dann ſo ſie nit gar fleiſſig auffgemercket/ he??? ſie [66] ohne Zweifel die Stimm ihres Geliebten nit erkand.(Pſ. 84. 9.) Der Koͤnigliche Prop??? et iſt auch ein fleiſſiger Zuhoͤrer diſes Lehrmeiſters ge= weſen/ der geſprochen: Ich will hoͤren/ was GOTt der Herꝛ zu mir redet. So iſt nun diß das erſte Ampt eines Juͤn= gers in diſer Schuhl/ daß er ſich nemlich anziehe von dem Getuͤmmel und Vnruhs diſes Lebens/ allein ſitze/ und ſtillſchwel= (Iob. 4. 12.) gend vernehme ſein Goͤttliches Einſp???e= chen. Dann er wird under den Schaaren den Herrn nit reden hoͤren koͤnnen; ſeyte= mal net die Seel in die Wuͤſte führet/ daß er daſelbſten in jr HERZ rede. Diſes Re= den aber/ ſo zu ̅ HERZEN gerichtet/ faͤllt Erſtlich in die Ohren/ darumen ſoll man ſie dem Goͤttlichen Wort eroͤffnen. Ein gutes Ohr iſt gleich einem Torckel/ ſo den Weintroͤſt der Woͤrter behaͤlt/ und den Wein deß geiſtliche ̅ Verſtands/ in den Kel= ler deß HERZEN Seinfuͤhret. Darum= men gebuͤhret es einem Juͤnger/ daß er den Canal ſeines Gehoͤrs darbiete/ das Wort Gottes zuempfangen/ damit ein ſo koͤſtli= cher Safft in das Geſchirr deß HER= ZENS einflieſſen koͤnde.Fuͤrs ander/ alsbald er vernehmen [67] wird die erſte Stimm ſeines Lehrmeiſters/ dardurch er begehrt eingelaſſen zu werden/ und Audientz zuhaben; ſoll er alsbald auff= ſtehen/ und dem Anklopffenden auffthun. Solches kan er lernen von jener Sulami- tide, die ſpricht: Ich bin auffgeſtan- den/ daß ich meinem Geliebten auff- thete. Dann es muß ein fauler Geſell ſeyn/ der zwar die Stimm deß Klopſſen= den hoͤret/ aber ſtellet ſich/ als hoͤre ers nit/ inercket auff andere Ding/ oder ſchnar= chet; und will ſich nit einmahl aufflupffen/ daß er dem Geliebten auffthue Demnach nun die Se???l durch die Goͤttliche Stimm auffgewecket worden/ ſoll ſie alsbald mun= ter auffſtehen/ den Füßſtapffen der Brau??? nach folgen/ anch das dritte Ampt fleiſſig verrichten/ nemlich den Meiſter auffthun: Ich hab den Rigel meiner Thuͤr mei=(Cant. 5. 6.) nem Geliebten auffgethan. Was iſt aber diß anders/ als/ ich hab alle Verhin= dermuſſen/ welche under dem Weg gele= gen/ daß mein Geliebter nit kunt hinein kommen zugleich hingelegt/ alſo/ daß ich nit den wenigſten Rigel gelaſſen/ welchen ich nit hinweg geſchoben gehabt? Dann es geſchicht gemeiniglich/ daß auch in einem Gottſeligen Menſchen ein boͤſe [68] Anmutung herſchet/ welche gleich wie ein Rigel Verhindernuß dem kommenden Braͤutigam machet/ deßwegen vonnoͤh- ten iſt/ daß man ſolche hinweg thue. Gar wol reimt ſich auff dieſe Sach/ wz Richar- (Cap. 35. in Cant.) dus de S. Victore geſagt: Ob ſchon ein klei= nes und enges Ding iſt umb ein Schloß/ ſo verſchlieſſet es doch die Breite der Thuͤꝛ; daß wo man es nit auffſchlieſſet/ kan die Thuͤr nit offenſtehen: alſo wann man diſe kleine laͤßliche Suͤnden nit abſchneydet/ würdiget ſich der Geliebte nit alſo zu der Seel zukommen/ daß er vollkommentlich hinein gehe/ und ſie mit vollkomner Ge= nad erfuͤlle. Daß es aber kein groſſes/ ſon= dern nur ein kleines Ding geweſen ſey/ welches die Thuͤr verſchloſſen gehalten; er= ſcheinet daher/ daß er nit ſaget/ er hab das Hebeiſen hinweg gethan; ſondern allein (Cap. 5 Cant.) den Rigel. Wir machen aber einen Rigel an die Thuͤr/ wie der heilige Gregorius ſpricht/ wann wir durch den Wolluſt deß Fleiſches die Thuͤꝛ deß HERZENS vor dem Braͤutigam verſperren. Wir thun aber den Rigel hinweg/ wann wir die zer= gaͤngliche Wolluſt von uns ſchieben/ wann wir unſer HERZ/ welches zuvor hart war/ zu der Liebe Chriſti erweichen/ und dem Braͤutigam/ der an der Tuͤr [69] anklopffet/ einem freyen Eingang mache ̅ . Wie groſſe Muͤhe und Arbeit/ es aber ge= braucht habe/ die Thuͤꝛ deß HERZENS zueroͤffnen/ und den Rigel hinzuſchieben/ hat die Braut ſelber gnugſam erklaͤret/(Cant. 5. 5.) ſprechende: Meine Haͤnde tropffen mit Myrꝛhen/ und meine Finger wa= ren voll außerleſen Myrꝛhen; welches(Pſellus.) nach Pſelli Außlegung alſo lautet: Nach dem ich alle Rigel hinderſich geſchoben/ that ich die Thür auff; das iſt/ nach Ab= toͤdtung der Glieder meines Fleiches; hab ich alle Sinn meiner Seelen eroͤffnet. Di= ſem ſtimmet bey Gregorius Nyſſenus,(Hom. 12.) der die Braut alſo redende einfuͤhret: Ich habe die Krafft der Aufferſtehung daher empfangen/ in dem ich alle meine jrꝛdiſche Glieder abgetoͤdet/ und ſolche Abtoͤdung der Glieder freywillig angeſtellt hab: und iſt mir die Myrꝛhen von keinem andern in die Hand gegeben worden/ ſondern nach meinem Willen ſelber gefloſſen. Dann was ſoll durch die Haͤnd anders verſtan= den werden/ als die Werck? Vnd durch die Myrꝛen/ die Abtoͤdung deß Fleiſches? Derhalben/ wie Ambroſins ſpricht/ iſt die(Lib. de. Iſaac. c. 6.) Braut auffgeſtanden auffzuthun/ und jhre Werck und Thaten/ ſeynd der Welt [70] abgetoͤdet werden: Dann alſo muß die Seel/ welche das Wort empfangen ſoll/ beſchaffen ſeyn; das ſie die Welt abſterbe/ und in Chriſto begraben werde/ dann alſo wirdt Chriſtus gefunden/ und er ſuchet jhme ein ſolche Herberg.Hie aber iſt zumercken/ daß dreyerley Vnderſchied der Juͤnger ſeyn. Dann etli= che ſeynd grobe vnartige un ̅ traͤge/ welche die Stimm deß Lehrmeiſte???s nit vernem= men/ wenig darnach fragen/ er rede gleich/ oder nit. Andere hoͤren zwar die Stimm; moͤgen aber auß lauter Faulkeit nit darzu auffſtehen. Die dritten hoͤren ſie/ und ſte= hen auff; ziehen aber den Rigel nit hin= derſich/ und eroͤffnen die Thuͤr nit.Dann zu gleicher weiß/ wann etliche Spilleuth/ bey naͤchtlicher weil auff der Gaſſen die Zitter oder Lautten ſchlagen/ ſeynd etliche mit dem Schlaff alſo vber= fallen/ daß ſie nit hoͤren; andere ob ſie es ſchon hoͤren/ ſtehen ſie doch nit auff von dem Bett; andere aber werden durch das liebliche Geſang bewegt/ lauffen der Thuͤr oder Fenſter zu/ daß ſie die ſchoͤne Mu- ſic hoͤren moͤgen; lauffen aber ſtracks wider dem Beth zu: Alſo geſchicht es auch/ das etliche die Stimm Gottes nit hoͤren; andere hoͤrens/ nemmens/ aber nit [71] ???n acht; andere letzlich werden durch An= hoͤrung deß Worts Gottes ſehr beluſtiget/ und loſen ſolchen mit luſt zu; werden a= ber dardurch nit mehr beweget/ als hetten ſie nur ein Lied oder Geſang gehoͤrt/ vber welche ſich der Herꝛ bey dem Ezechiel beklagt/ ſprechende: Es redt je einer mit(Ezech. 33. 30.) dem andern/ und ſagt: Lieber komt/ und laßt uns hoͤre ̅ / was doch die Rede ſey/ die vom Herꝛen außgehet. Nun ſie werden zu dir kom ̅ en mein Volck/ als ob ein Volck zu dir kaͤme und ſich vor dir niderſetzen/ nnd deine Wort hoͤren/ aber nichts darnach thun/ ſon= dern machen Spruͤchwoͤrter drauß/ mit dem HERZEN aber trachte ̅ ſie dem eygen Nutz und Geitz nach. Vnd ſihe/ du wirſt jhnen ein Hoffier Lied- lein ſeyn/ daß ſuͤßlich und lieblich geſungen iſt. Deine Wort werden ſie hoͤꝛen/ aber nichts darnach thun.Das Vierdte Geſchlecht der Juͤnger und Schuhler iſt der jenigen/ welche dem- nach ſie die Stimm deß Lehrmeiſter ver= nommen/ alsbald auffſteben/ den Rigel hinderſich ſchieben/ die Thuͤr eroͤffnen/ [72] vnd die Gebott Gottes mit dem Werck (Epiſt. 108.) erfuͤllen. Von diſen ſpricht Bernhardus: Die rechte Wiſſenſchafft erlangen von der Gnaden Gottes allein die Juͤnger Chriſti/ das iſt/ die Veraͤchter der Welt. Dan ̅ diſe lehret nit die Vorleſung/ ſondern die Salbung; nit der Buchſtaben/ ſon= dern der Geiſt; nit die Geſchicktigkeit/ ſon= dern die Vbuug in den Gebotte ̅ deß Herꝛn. Derhalben ein Juͤnger in diſer Schuhl der begterig iſt zu lehrnen/ ſoll nichts veſter be= gehre ̅ / als daß Gott alleinig mit jhme rede/ ob ſchon alle Creaturen ſchweige ̅ / zu dem er ſich kehre und Spreche: Rede HERR/ (1. Reg. 3. 10.) dan ̅ dein Knecht hoͤrtt. Er laß jhn auch nit warthen vor der Thür/ ſondern ſpreche (Cant. 8. 2.) mit der Braut. Ich wolt dich ergreiſ= fen/ und in meiner Mutter Hauß bringen/ da du mich lehren ſolteſt. Was iſt aber diß fuͤr ein Hauß/ als das HERZ ſelber/ darein der Goͤttliche Lehr= meiſter gehet/ und ein Meiſterſtuhl dar= in auffrichtet/ darein er gleichſam als in (Luc. 10. 39.) einer weitleuͤffigen Schuhl/ die Braut ſo mit der Magdalena zu ſeinen Fuͤſſen ſi= (Ser. 1. de. pentec.) tzet/ under weiſet und lehret? Von deßwe= gen/ wie Bernhardus ermahnet/ als offt du ein gutes Einſprechen in deine ̅ HER [73] ZEN empfindeſt/ gib GOtt die Ehr/ und erzeige dem H. Geiſt Ehrerbietung/ deſſen Stimm in deinen Ohren erſchallet.

Die XI. Lection.

Etliche Ermahnunge ̅ / welche dem Juͤnger in der Schuhl deß HERZENS geben werden/

DAmit du mit groͤſſer Frucht und Nutzbarkeit in diſer Hohe ̅ ſchuhl verbleibeſt/ und deſto leichter de= ren gantzen Lehr ergreiffeſt/ muß ich etliche Ermahnungen hie einfuͤhren/ welche der Lehrmeiſter ſelber fuͤrgeſchrieben hat: Die auch nit allein zu diſer/ ſondern auch einer jeglichen Kunſt und Wiſſenſchafft tauglich ſeyn/ und gar wol dinen werden.Die Erſte ſoll ſein/ die groſſe Be= gürligkeit zu lehrnen/ dann wie in dem Sprüchwort geſagt wirdt:
Der zum lernen beguͤrig iſt/
Vil lernen wirdt zu aller friſt.Darumb ſpricht einer gar ſcharff ſin-(Joan Nieſ. in Alphad Chriſt.) nig: Einer der lernet/ wird gar recht DISCIPVLVS genennet/ als von dem DISCI-PLVS je lenger je mehr gelernet werden ſoll. Diſe Beguͤrd zum lernen [74] (Sap. 6. 12.) beſticht unſer Lehrmeiſter alſo: Begeh- ret meine Rede/ und habt ſie lieb/ ſo werdet jhr die rechte Kunſt haben. Durchleuͤchtig und klar iſt die Weiß= heit/ die wird nimmer mehr ſchwelck/ und wirdt leichtlich geſehen von dene ̅ / die ſie lieben/ und laͤſt ſich die finden die ſie ſuchen. Ja ſie vorlaufſt die/ die ſie begehren/ und zeigt ſich jhnen zuvor.Die Ander Ermahnung ſoll ſeyn/ daß der jenige/ welcher in diſer Schuhl zu pro- ficiren begehrt/ von allen Suͤnden ſich enthalte/ und die Gebott Gottes fleiſſig (Sap. 1. 4.) halte. Dann in ein boͤßwillige Seel gehet die Weißheit nit ein/ un ̅ wohnet nit in dem Leib/ welcher der Suͤnd underworffen iſt. Hoͤre nun was der (Eccl. 1. 33.) Lehrmeiſter für ein Gebott gebe: Begereſt du mein Sohn/ Weißheit/ ſo halt die Gerechtigkeit/ ſo wird der Herꝛ ſie dir (Eccl. 6. ???7.) geben. Deine Gedancken und Sinn ſeyen in den Gebotten deß Herꝛn: Fleiß dich ſeiner Geſatz ſtets/ ſo wird [75] er dir ein HERZ geben; und Begierd der Weißheit wirdt dir geben werde ̅ .Die dritte Ermahnung iſt/ welche deꝛ H. Jacobus mit diſen worten andeuͤttet: So aber jemand und er euch mangel(Jac. 1. 5.) hat an Weißheit/ der bitte von Gott/ der da jedermann gibt reichlich/ und verweißts niemand/ ſo wirdt ſie jhm gegeben werden. Er lobet aber nit un- billich den Fleiß zubetten/ dann/ wie Sa=(pro. 2. 3.) lomon ſgricht: So du nach der Weiß- heit mit Fleiß ruffeſt/ un ̅ dein HERZ dar zu g???ſt/ alsdan ̅ wirſtu die Forcht deß Herꝛn vernehmen/ und Gottes Erkantnuß finden. Dannenhero ſtehet von einem fleiſſigen Juͤnger geſchrieben:(Eccleſ. 36. 6.) Er nimt in ſeine ̅ HERZEN fuͤr/ fruͤe zum Herꝛn zu wachen/ deꝛ jhn ge= ſchaffen hat/ und vor dem hoͤchſten Gott zubitten. Seinen Mundt wirdt er auffthun im Gebett/ und bitten fuͤr ſein Suͤnd. Wann der groß Herꝛ will/ ſo wirdt er mit dem Geiſt deß Verſtandts erfuͤllt. Es iſt auch gantz(1. Reg. 2. 3.) und gar nit zuzweifflen/ ob der Herr/ dein [76] Gott alles Wiſſens iſt/ den Bettenden er= hoͤren woͤlle/ dann er/ (wie ſchoͤn gehoͤr??? worden gibt jedermann reichlich. Deſſen kan ein Zeuͤg ſein Salomon/ da er ſchreibt: (Sap. 7. 7.) Ich hab gewuͤnſcht/ und mir iſt Ver ſtandt gegeben worden/ und ich hab angeruffen/ und iſt in mich kommen (Eecl. 51. 15.) der Geiſt der Weißheit. Hoͤre auch was der Sohn Sirachs darvon ſagt: Da ich noch jung war/ ehe ich jrꝛet/ ſuchet ich ohne ſcheu die Weißheit durch mein Gebett. Ich hab vor dem Tempe??? darumb gebetten/ und will ſie biß in mein Ende ſuchen. Sie wir dt mir bluͤhen/ wie ein fruchtzeitiger Trau- ben. Mein HERZ hat ſich erfreuet an jhr.Die vierte Anmahnung ſoll ſeyn/ daß man zu dem Gebett die embſige Arbeit (Eccl. 6. 18.) ſoll hinzuthun. Mein Kind/ ſpricht gemelter Eccleſiaſticus/ nim an von jugendt auff/ die Lehr/ ſo wirſtu auffs Alter Weißheit finden. Tritt zu jhr wie einer der ackert und ſaͤet/ un ̅ wart mit Gedult auff jhre gute Frucht. [77] Wenig wirſt du dich in ihrer Arbeit bemuͤhen/ aber bald von ihrer Frucht und Gewaͤchs nieſſen. Diſe und der- gleichen Ermahnungen thut uns der H. Geiſt in Goͤttlicher Schrifft; denen ich noch dieſe ??? zuſetzen will.Die ERST Eſoll ſeyn/ daß der jenige/ ſo diß leſen wird/ ihme einbelden ſoll/ er hoͤ= re daß Chriſtus der Lehrmeiſter diſer Schul ihme ſelber in ſein HERZ rede: Dann all= hie wird am allermeiſten ſein Lehr fuͤr ge= ſtellt/ ohnangeſehen ſie bin und wider/ mit der beyligen Vaͤtter/ und anderer Lehrer Sp???uͤchen erklaͤret werde.Fuͤrs ANDER/ daß ers mit ruͤhigem Gemuͤth leſen/ und gleich wie ein reines Thier ruminiren/ und in ſeinem HER= ZEN behalten/ und vergleichen will.Fuͤrs DRITTE/ ſoll er nit allein an der Ableſung und Betrachtung ſich nit benuͤgen laſſen/ ſondern ſich auch zu dem Werck ſelber b???quemen/ und was er in der Lection oder Ableſung vernommen(Ioann. Iu. nior in ſcala cæli Matt. 22. 39.) hat mit dem Weꝛck ſelber er fuͤllen. Der. gleichen hat gethan ein Schuhler zu Pa= riß/ als er??? der Schuhl hette auß dem e= vangelto Matthæt leſen hoͤren: Du ſolleſt den Herrn deinen GOtt lieben von [78] deinem gannen HERZEN/ iſt er mit Verwunderung aller gehli???g auffge= ſtanden/ und hat hinweg gehen wollen. Als er aber von dem Lehrmeiſter gefragt war/ was ihme geſagt oder geſchehen were/ daß er ſein Schuhl verlaſſen wolte. Ant= wortet er: Nichts/ ſondern ehe er mehr der= gleichen hoͤren moͤchte/ wolte er zuvor diſes mit den Werck erfuͤllen; ging hinauß/ und ???ratte in einen Ordenſtand. Ich wolte wuͤnſche ̅ daß diſem deuckwuͤrdige ̅ Exem= (Luc. 10. 39.) noch vil Suhler nach folgen moͤchten. Da= rum/ du mein Lefer/ gehe hin/ und thne der gleichen.

Die XII. Lection.

Die Privilegia und Freyhei= ten der HERZEN Schuhl.

WAnn pflegt die Hohe Schuhlen/ darinn ein abgemeines Stud???e= ren verordnet iſt/ mit vilen und mancherley Privt???egten und Freyheiten zubegaben: Zum theil/ daß die Schuhler mit deſto mehrer Begierde ſich darein be= geben; Zum theil/ daß ſie deſto fridſamer und rühiger dem Studteren abwar= then koͤnden. Es ſoll aber niemandt [79] daranzweiffeln/ daß nit diſe HERZEN= Schuhl/ welche mit Wuͤrden alle and???rt uͤbertriffet/ flattliche Prærogativen und Freyheiten habe: Dann gleichwie der(Iſa. 55. 9.) Himmel uͤber die Erden erhoͤhet iſt; alſo iſt die HERZEN. Schuhl/ darinn das Regiment fuͤhret ď jenige Lehrmeiſter/ dem alle HERZ Enoffen flehen/ und mit dem eines jeglichen Willredet/ uͤber alle Schu= len der Menſchen Kinder erhoͤhet. Dann(Miſſal. Rom.) von deme an die Stimm deß ewigen Vat= ters ſich auff dem heiligen Berg hoͤren(Matth. 1. 17.) laſſen/ und geſprochen: Diß iſt mein Geliebter Sohn/ an deme ich ein Wolgefallen habe/ hoͤret ihn; ſeynd alle Schuhlen der Weltweiſen mit ihrer Lehr zn boͤden gefallen: und iſt von den keuſchen HERZEN der Freunden Got= tes kein Schuhl weder der Egyptter/ noch Griechen/ oder Lateiniſchen mehr fuͤr lob= würdig gehalten worden. Der Athenien= ſer und Roͤmer Wo???redenheit iſt mit einem Geraͤuſch verſchwunden/ und ihre Weiſen ſeynd vergleichet denen/ die in di??? Hoͤllen hinab gefahren/ weil ſie den Brun= nen der ewigen Weißheit verlaſſen; den(Baruch. 3. 12) Weg der rechten Weißheit haben ſie nit er kennet/ ihren Pfad haben ſie nit [80] verſtanden. Man hat ſie im Land Chanaan nit gehoͤrt/ zu Theman iſt ſie nit geſehen worden. Die Agarener erforſchen fuͤr ſichtigkeiten un ̅ Weiß heit/ aber allein irrdiſche/ als die Kauf leuth und Gewerbsleuth ſeynd von Merrha. Die von Theman ſeynd auch Kuͤnſtler und Teuͤſcher/ und ſtellen nach Weißheit und Verſtand den Weg aber wahrer Weißheit ha- ben ſie nit erkennt/ und ihre Pfaͤd ge??? dencken ſie nimmer. Allein der Einge= borne Sohn Gottes/ ein Koͤnig uͤber alle Koͤnig/ und Herꝛ uͤber alle Herren/ welcher von uns Menſchen wegen ſich auff Er= den ſehen laſſen/ und bey den Menſchen gewohnet/ der hat allen Weg der Weißheit erfunden/ un ̅ hat ſie Jacob ſeinem Diener gegeben/ und Iſrael ſeinem Geliebten. Wer will nun zweif= fein/ daß nit diſer ſo groſſer Lehrer ſeiner Hohen Schuhl gantz fuͤrtreffliche Privile- gia und Freyheiten ertheilet habe? Seyte= mahln in diſer adelichen Schuhl darff man nicht bezahlen ſchwaͤre Tribut der Schmertzen und Anfechtungen/ welche [81] herkommen auß Begierd deß Geitzes/ der Ehren/ Wolluſts/ und unachtbahren Be= gierlichkeiten/ welche unſer Lehrmeiſter von dem HERZEN abſchneidet/ und auß= rottet. Warlich/ ??? dem die Suͤnder/ als deß Teuffel??? Leibeigne/ den Laſt ihrer Miſ= ſethaten tragen; erfreuen ſich die Schuhler JESU Chriſti ob der Freyheit der Kinder Gottes/ als die von den Banden der Suͤn= den loß ſeynd.Nun wolan/ laſt uns auch auß der Schatzkammer der H. Schrifft die un= langbare Privilegia ď HERZEN. Schul herfuͤrbringen. Ob nun derſelben gar vil ſeynd/ woͤllen wir uns dannoch der Kuͤrtze befleiſſen/ vier oder fuͤnff erzehlen der fuͤr= nembſten auß denſelben.Die ERSTE Freyheit ſoll ſeyn/ die gantz fürtreffliche Nutzbarkeit diſer Schu= len/ welche ſo groß iſt/ daß man billich von derſelben wegen/ alle Guͤtter diſer Welt verachten ſolle. Nun aber diſes Privilegiu ̅ hat der Herr ſelber durch die Hand deß Propheten Jeſatæ ſeinen Juͤngern erthei= let/ da er geſprochen: Diß redet der(Iſa. 48. 17.) Herr Gott/ dein Erloͤſer/ der Heilig Iſraels: Ich bin der Herr dein Gott/ der nutzliche Ding lehret/ und [82] dich in dem Weeg regirt den du wan. (1. Timot. 4. ???.) delſt. Dann da wird daß HERZ von GOtt dem Allmaͤchtigen vnderwieſen in rechter Gottsforcht/ vnd Goͤttlichem Le= ben/ welches zu allen Dingen nutz ich/ vnd hat die Verheiſſung dieſes vnnd deß zu= kuͤnfftigen Lebens. Dann ſie lehret Meſ= (Sap. 8. 7.) ſigkeit vnd Weißheit Gerechtigkeit vnnd Staͤrcke/ welchen nichts nutzlichers im Leben iſt den Menſchen. Der jenige wuſte den hohen Werth dieſes Privilegii zuſchaͤ= (Sap. 7. 8.) tzen/ der ſprache: Die hab ich hoher ge= ſchaͤtzt/ dann alle Reich vnnd hohe Sitz/ vnnd alle Reichthumb hab ich nichts geſchaͤtztgege ̅ ihr. Ja das Edel= geſtein hab ich ihr nit vergleicht/ dan alles Gold iſt wie geringer Sand ge= gen ihr zuſchaͤtzen/ vnd Silber iſt gege ̅ ihr geacht wie Kott. Ich hab ſie lieber gehabt/ dan leiblich Geſundheit vnd Schoͤnheit/ vnd hab mir fuͤrgenom= men/ ſie ſoll mein Liecht ſeyn. Dann ihr Schein vnd Glantz verleſchet nimmermehr/ alles Guts aber iſt mir mit ihr kom ̅ en/ vnd vnzahlbar Herr= ligkeit durch ihre Haͤnd.
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Das ANDER Privilegium iſt/ die Vile deß Fridens/ welche in der HER- ZEN-Schul überfluͤſſig iſt: dann weil hie gelehret wird die Weiß das HERZ mit Gott un ̅ dem Nechſten zu vereinigen; ent= ſpringet daher die allervollkomenſte einig= keit/ von der komt der Friden/ welcher uͤber=(Phil. 4. 7.) ſchwebt allen Sinnen. Aber in den Schu= len diſer Welt/ ſeynd vil Gezaͤnck und Zwytracht/ dann ob ſie ſchon ſchreyen:(Iſa. 57. 21.) Frid/ Frid; Die Gottloſen/ ſpricht der Herꝛ/ haben keinen Friden. Die tho(Pſ. 75. 6.) rechten HERZEN ſeynd betruͤbt worden; aber den Weg deß Fridens(Pſal. 13. 3.) haben ſie nit erkant. Aber in diſer Schu= le erfreuet ſich der Fride Gottes in der(Col. 3. ???.) Juͤnger HERZEN/ in welchem ſie auch beruffen ſeynd. Seytemahln der fri???ſam??? Koͤnig ď in ihren HERZEN/ gleich als in deß Salomonis Thron ſitzet/ machet/(Luc. 12. 21.) daß alles im Friden ſey/ was ſteb???ſitzen.Das DRITTE Privilegium, ſo mit(Rom. 14. 17.) dem Titel eines auffrichtigen HER= ZENS erlangt wird iſt die Freud im H. Geiſt/ und unauß ſprechliche Freud welche(Pſ 35. 11.) unſer Lehrmeiſter mittheilet den jenigen/ die eines rechten HERZENS ſeynd. Die Verſchreibung diſes Privilegii hat ver [84] (Pſ. 44. 2.) fertiget der Koͤnigliche Prophet/ als die Zunge/ ſo ein Schreibfeder eines behe???= den Schreibers/ welcher offtermal diſer (Pſ. 18. 9.) Freyheit ingedenck iſt: Die Recht deß HErrn/ ſpricht er/ ſeynd richtig und (Pſ. 104. 3.) erfreuen das HERZ. Abermahlen: Es erfreüe ſich dz HERZ deren/ die (Pſ. 31. 11.) den HErrn ſuchen. Item: Frewet euch im Herrn/ ihr Gerechten/ und ſeyt fꝛoͤlich/ und ruͤhmet euch alle/ die ihr auffrichtig ſeyt von HERZEN (Pſ. 96. 11.) Widerum. Freud den Auffrichtigen von HERZEN. Dan ̅ niemand mag leichtlich erklaͤren/ mit was groſſen Freude ̅ Gott die Seinige erfuͤlle/ in deren HER= ZEN er innerlich redet/ und ſie lehret den (Pſ. 118. 32.) Weg ſeiner Gebotte ̅ unverhinderlich lauf fen/ in dem er ihre HERZEN mit Freu= de ̅ außbreitet. Daher ſprach gemelter Da= (Pſ. 118. 111. ???) vid zu ̅ Herꝛn: Deine Gezeugnuß ſeynd meꝛnes HERZENS Freud. Was iſt nun aber diß fuͤr ein groſſe Matery ſich zuerfrewen/ daß wir innerlich im HER= ZEN haben einen Lehrmeiſter/ der uns den Weg ď Gerechtigkeit weiſe/ ď mit dem Liecht ſeines Angeſichts das HERZ er= leuchte/ und darein ſein ſuͤſſes Geſatz [85] ſchreibe? ſolches bezeuget gemelter Pſal= miſt/ da er ſpricht: O Herꝛ! es iſt geſi-(Pſ. 4. 7.) gelt uͤber uns das Licht deines Ange= ſichts/ du haſt Freud in mein HERZ geben. Es mangelt auch nit an diſem(2. Reg. 23. 2. & Act. 4. 25.) Privilegio das gebuͤhrende Sigill. Dann der H. Geiſt hat durch den Mund Davids geredt/ und ſein Außſprechen iſt durch ſeine Z???uͤgen geſchehen.Das VIERDE Privilegium iſt die fuͤrtreffliche Ehr der Juͤnger diſer Schuhl/ die ſie erlangen anß dem/ daß ſie ſich diſem Lehrmeiſter nnderwuͤrffig machen; dann/(Paul. Epiſt. 4. ad. Seue- rum.) wie der H. Paulinus ſpricht: under Chriſto ligen/ iſt/ auff der Welt ſtehen; von ſeinet= wegen verworffen werden/ iſt die Auffer= ſtehung: Welcher die ſeinige ſeiner Ehr ein verleibet/ faſt alle ſeine Namen uns ge= mein gemacht/ und mit getheilet hat. Dan ̅ er ſeinen Juͤngern Gewalt geben/ Kinder Gotteszuwerden; und zu denen das Wort(Ioan 1. 12.) GOTTES geſchehen iſt/ geſprochen hat: Ihr ſeydt Goͤtter/ und allzumahl(Pſ. 18. 6.) Kinder deß Allerhoͤchſten. Was iſt abermahl diſes fuͤr ein groſſe Ehr/ welche erwiſen wirdt denen die eines reinen HERZENS ſeynd/ in de ̅ ſie zu Freu ̅ den [86] (Prou. 22. 21.) deß hoͤchſten Koͤnigs geſetzt werden? Da??? wer deß HERZENS Reinigkeit liebet/ wie die Schrifft ſaget/ vmb der Holdſeeligkeit willen ſeiner Leffzen/ wird er de ̅ Koͤnig zum Freu ̅ d haben. Nemlich/ den jenigen Koͤnig/ der groͤſſer (3. Reg. ???o. 23. Apoc. 19. 16. Pſ 94. 3.) iſt dan ̅ alle Koͤnig auff Erden; der da iſt ein Koͤnig aller Koͤnig/ und Herꝛ aller Herꝛen/ Ein aroſſer Koͤnig vber alle Goͤtter. Was kan nun ehrwürdig??? ſeyn/ als die Weißheit deß HERZENS ein unendtlicher Schatz iſts den Menſchen. (Sap. 7. 14.) Die ſich deren gebrauchen/ die wer??? den theilhafftig der Liebe/ und Freundtſchafft GOttes: Dann ſie werden jhm umb der Gaben willen (Pſal. 138. 17.) der Weißheit angenem. Warlich deine Freund/ O Gott/ ſeynd ehr= wuͤrdig worden/ jhre Fuͤrſtliche Wuͤrde iſt ſehr ſtarck worden.Das FVNFTE Privilegiu ̅ ſo gleich= wol allda das letzte in der Ordnung/ aber das hoͤchſte an der Wuͤrde/ iſt die ewige Seeligkeit/ welche den Juͤngern diſer S???uhl verſprochen iſt. Dann der oͤberſſe Schutzherꝛ hat mit ſeinem heiligen und [87] gebenedeyten Mund geſprochen: Seelig/(Matt. 5. ???.) die eines reine ̅ HERZENS ſeynd/ dann ſie werden GOTt anſchauen. Nun aber ſtehet das hoͤchſte Gut deß Menſchen und groͤſte Seeligkeit der ver= nuͤnfftigen Ereatur/ an dem Anſchauen deß allerhoͤſten Gottes. Vnd ob zwar/ die vollkommene Seeligkeit/ den Juͤngern diſer Schuhlen/ erſt nach diſem Leben an ſtatt der Belohnung ertheilet wirdt ſo ha= ben ſie doch ſchon in diſem Leben einen Anfang und Verkoſtung der Seeligkeit/ die ſie mit ſteiffer Hoffnung erwarten.(Pſ. 44. 14.) Dann gleich wie alle Zirde deß Koͤnigs Tochter gantz inwendig iſt; alſo iſt auch das Reich Gottes innerhalb unſer/ und die Jünger Chriſti tragen diſen koſtbarli= chen Schatz in gebrechlichen Geſchirren jhrer Leiber.Seytemahin die eines reinen HER= ZENS/ und mit paſſionibus oder unor- denlichen und boͤſen Anmutungen nit bemackelt ſeynd in diſem Leben/ werden zur hoͤchſte ̅ Reinigkeit deß HERZENS alſo erhebt/ daß ſie gleichſam der Reinig= keit deß himmliſchen Hiernfalems gantz nahe und aͤnlich ſeynd. Von ???en ſagt man/ daß ſie mit gereinigtem Aug durch [88] die (von dem H. Geiſt eingegoßne (Gaab deß Verſtandts/ Gott im Spiegel und Figur anſchauen. Vnd zw??? diſe ange= fangne Seeligkeit der Juͤnget Chriſti/ iſt weit groͤſſer/ als alles Gluͤck/ und Wol= ???andt/ welche jhnen die Menſchen einbil= de ̅ / ſo auſſer der HERZEN/ Schuhl um= ſchweiffen. Dannoch wirdt diſe ange= fangene Seeligkeit von Gott dem aller freygebigſten vollkommen gemacht wer- den mit einem ſolchen unaußſprechlichen (1. Cor. 2. 9, ???,) Vberfluß der Guͤte/ dergleiche ̅ kein Aug geſehen/ kein Ohr gehoͤrt/ in keines Menſchen HERZ auffgeſtigen iſt/ ſondern allein die jenige wiſſe ̅ es/ die ſolche empfangen haben.

Die XII. Lection.

Innhalt deß gantzen Wercks.

DAmit wir nun ferner in einem Augenſchein den Innhalt di= ſes gantzen Buͤchleins dem Leſer gleichſam als auff einer Tafel für Augen ſtellen/ will es ſich wohl ſchicken/ daß in kurtzer Summa der Innhalt einer jeglichen Lection erklaͤret werde; darauß derſelben Ordnung und Verbindung [89] augenſcheinlich geſehen werden koͤnde. Auff daß aber ſolches deſto luſtiger zuleſen ſey/ woͤllen wir ſolches durch ein ſchoͤne(Hieron. Laur. in addit. ad Silu. alleg.) und zierliche Figur auß dem Alten Teſta= ment fuͤrbringen. Dann gleich wie viel Ding durch das Glaß oder Augſtein an= nemlicher ſcheinen/ und der Straal mehr Waͤrme empfangt vom Spiegel/ oder einem meſſin Beck widerbrellend: Alſo nimbt unſere Gemuͤter vil luſtiger und hefftiger ein die Warheit/ ſo durch Figu= ren erſcheinet. So laſt ſich nun anſehen/ als hette der H. Geiſt im Deuteronomio ein Figur fuͤrgeſtellt/ dardurch der In ̅ halt unſers Buchs zimlich entworffen wer= de; in dem er die Ceremoni und Gebraͤuch/ durch welche ein fremdes Weib/ ſo im Krieg gefangen worden/ mit einem Jude ̅ verehlichet werden kunde/ alſo beſchreibet:(Deut. 21. 10.) Wann du in ein Streitt zieheſt wider deine Feind/ und der Herꝛ dein Gott gibt dir ſie in deine Haͤnde/ daß du jre Gefangenen hinweg fuͤhreſt/ und ſiheſt under den Gefangene ̅ ein ſchoͤn Weib/ und haſt luſt zu jhr/ daß du ſie zum Weib nehmeſt/ ſo fuͤhre ſie in dein Hauß/ und laß jhr das Haar [90] auff dem Haupt abſchaͤren/ und jhre Negel beſchneyden/ und die Kleyder ablegen/ darinnen ſie gefangen iſt/ un ̅ laß ſie ſitzen in deinem Hauß/ und be= weynen ein Monat lang jhren Vat- ???ter und jhre Mutter/ darnach nim ſie zu der Ehe/ und ſchlaff bey jhr/ und alſo wirdt ſie dein Weib ſeyn. In welchen Worten mag man betrachten fünfferley Staͤndt deſſelben Weibs (oder der Seelen/ welche ſie bedeuͤtet) Der erſte Standt iſt der Heydenſchafft/ in dem ſie von dem wahren Gottsdienſt abgewen= det/ frem???den Goͤttern dienet. Der ander/ in dem ſie vom Juden gefangen/ von der Heydenſchafft gereiniget/ und zur kuͤnff- tigen Hochzeit vorbereitet wirdt. Der dritte iſt der Vermaͤhlung/ darinn dem Juden das künfftige Weib vermaͤhlet wirdt. Der vierdte Standt iſt der Hoch= zeitliche/ darinn die Ehe vollzogen wirdt. Der fuͤnffte/ letzlich/ iſt der Eheſtandt ſel= ber/ und das eheliche Leben/ darinn ein ſtette und unzertrennliche Geſellſchafft biß in Todt erhalten werden ſolle.Laſt uns aber erſtlich ſehen wer diſer Jud ſey/ der ſo groſſe Libe gegen diſem [91] Welb getragen hat/ daß er ſich nit geſchen- et/ fuͤr ſie in Streit ſich zubegeben. Di= ſer aber iſt kein anderer/ als Chriſtus un= ſer Herꝛ und Heylandt/ von dem Jacob vor Zeiten/ Figurweiß p???ophec???yet hat:(Gen. 49. 9.) Juda iſt ein junger Loͤwe: Du biſt auffgeſtigen mein. Sohn/ zu dem(In pſ. 4. Pœnit. Apoc. ???.) R???ub. Wen ſoll diſer junge Loͤw??? ſpricht Gregorius/ anders bedeuten/ als unſern Erloͤſer JESVM Chriſtum/ von de ̅ wir leſen in der Himmliſchen Offenbahlung: Es hat uͤberwunden der Loͤw vom(Luc. 1???. 12.) Geſchlecht Juda? Diſer iſt nun in die Welt kommen/ den ſtarcken gewapneten zuuͤberwinden/ und all ſeinen Raub auß= zutheilen; under anoern Gefangenen hat er geſehen ein ſchoͤnes Weib/ von deren Liebe ergefangen worden/ und j???me fuͤꝛ= genommen hat/ ſie zum Eheweib zuneh= men. Wer iſt diſe ſchoͤne Frau anders/ als ein jegliche Seel/ ſo nach der alle/ ſchoͤ= nſten Gleichnuß und Ebenhild GOttes(Pſal. ???.) erſchaffen iſt; die mit jhme hat ei??? Vn= ſterblichkeit/ un ̅ über ſeiner Haͤude Werck geſetzt iſt? Sie iſt ein wenig geringer ge= macht/ denn die Engel/ und mit allerley Gezterde und Geſch???ck ???zieret. Leyder aber/ diſe ſo ſchoͤne und wolgeſtall???e Seel [92] (pſ. 39. 5. Lib. 2. Lectio. 1. Luc. 15. 13.) hat jhr HERZ gewendet zn Eyteikeit und falſcher Vnſinnigkeit/ und iſt abgewichen von Gott jhrem Heylandt; iſt abgewiche ̅ von jhrem HERZEN/ in ein fernes (Pſ. 10???. 35.) Land geſogen/ den Creaturen angehan= gen; ſich under die Heyden gemengt/ vn ̅ jhre Werck gelernet/ verehret und ange- (Pſ. 113. 4.) bettet der Heyden Goͤtzen/ Silber und Gold/ Menſchen=Haͤnd Werck. Dann als vil deren Ding ſeynd/ welche die Seel unordenlicher Weiß liebet/ als vil Goͤtzen ſchmidet ſie jhr ſelber/ denen ſie Goͤttliche (Lectio 2.) Ehr Gottslaͤſterlicher Weiß anthut. Da= her geſchicht/ daß die Seel/ welche der Eytelkeit jres HERZENS nach- gehet/ als hohe ̅ Eh???e ̅ nachtrachtet/ de ̅ Ju= (Lecti. 4.) piter/ un ̅ Beelzebub (welches ein Mucken= Abgott bedeutet) opffert. Die aber das geitzige HERZ auff uͤberfluͤſſige Reich= thumb ſetzet/ opffert dem Mammon/ Aſta- roth, und Pluroni. Dann was iſt der (epheſ. 5 5.) Geitz auders/ als ein Goͤtzendienſt? (Lectio. 3.) wie der Apoſtel bezeuget. Deſſen HERZ aber mit Fraß und Vollſauffen be= ſchweret iſt/ der ſelbe verehret Aſmodæu ̅ , (Phil. 3 19.) Bacchum. und Venerem. Ja vil mehr iſt deſſen Gott/ der Bauch; der Altar/ der [93] Tiſch; die Kirchen/ die Kuͤchen; der Prit= ſter/ der Koch.Was erwartet aber die ungluͤckhaffte und abtrinnige Seel von diſen Heyd???=(Lectio. 7.) ſchen Goͤtzen/ als daß ſie dz unerſaͤttliche HERZ auff ein Weiß erſaͤttigen koͤnde? Aber die unendliche Weite deß HER= ZENS kan von keinem anďn Ding ſatt werden/ als von dem unendlichen Gott. Wohin ſie ſich nun kehret/ un ̅ wendet/ mag ſie zwar bemuͤhet/ aber nit ſatt und erfuͤllet werden. Daher kommt/ daß dz armſeelige(Lectio. 6.) HERZ in ſo vil Theil zerſpalten und abgetheilet wird/ als oil deren Dingen ſeynd/ die es verehret/ und denen es dienet: weil es ďhalben auff ſo mancherley Weiß zertheilet iſt/ muß es nothwendig zugrund gehen. Dann weil es alle Mittel zur See= ligkeit verachtet/ wird es allgemach unem- pfindtlich/ und zu einen harten Stein(Lectio. 5.) verhaͤrtet. Vnd diß iſt der erbaͤ???mliche Standt der Seelen/ welche den Heydni= ſchen Goͤtzen dienet. Demnach aber der Genaͤdig und barm???tzige HErr an= ſahe diſe ſchoͤne und wolgeſtalte Tochter Sion welche der Satan gebunden hatte/(Luc 13. 16.) und gefangen hielte; ward er uͤber ſie mit Barmhertzigkeit bewegt/ hat nit gezweif [94] felt ſich fuͤr ſie in Streit zubegeben/ ſie zu= erloͤſen/ und zum Gemahl anzunehmen. Ehe daß er ſie aber in die Slaffkammer einlaſſe/ will er ſie zuvor von den Heydni- ſchen Irrthumen reinigen: ſolches zuthun/ (Lect. 8.) helt er obgemeites Geſatz deß Deuterono- mii, auff das fleiſſigſte. Erſtlich fuͤhret er ſie in ſein Hauß/ in deme er ſie ermah= net/ daß ſie in ihr HERZ wider- kehre; Dann unſer HERZ iſt das Hauß (???erch l. 5. Moral. Cap. 5. Lect. 9.) Gottes. Fuͤrs ander/ will er/ daß ſie das Haar beſchaͤre/ das iſt (wie es unſer Bor- chorius auß eget) daß ſie durch die Buß und Beicht/ alle unreine Gedancken deß HERZENS Shinweg nehme; derowe= gen wird beſchloſſen/ daß die Seel ihr HERZ wie ein Waſſer außſchuͤtte/ vor dem Herꝛn: daß ſie alſo allen verbor= gnen Wuſt der Suͤnden dem Herrn in der Beicht eroͤffne/ und zugleich ihr Ge= hett und Zaͤher vergieſſe/ welche Zeugen ſeyn einer rechtſchaffnen Buß. Fuͤrs/ dritte/ wird gebotten/ daß diſe Braut ihre Negel beſch neyde/ das iſt/ alle Hoffart/ (Lect. 10.) und todte Werck abſchneyde: deßwegen wird ihr ein rechte Beſchneydung deß HERZENS in diſer Schuhl befoh= len. Zum vierden/ muß ſie die Heydni [95] ſche Kleyder/ die ſie anhatte/ außziehen: das iſt/ allen boͤſen Wandel/ und weltliche(Lect. ???) Sitten ablegen; welches gelehret wird/ daß es durch ein rechte Berewung deß HERZENS/ und ſteiffes Fuͤrnehmen nit mehr zuſuͤndigen/ geſchehen muͤſſe. Zum Fuͤnfften/ wird erfordert/ daß ſt???ſoll ſitzen im Hauß deß Braͤutigams/ und ein gantzen Monat beweinen ihren(Lect 12.) Vatter und Mutter; welches geſchicht wann ſie in das Hauß ihres Gewiſſens gehet/ durch Demuͤtigung deß HER= ZENS ſitzet/ betrachtend und bewey= nend den Vatter und Mutter/ das iſt/ die Welt und dz Fleiſch/ auch alle Mackel und Befleckung/ die ſie darvon bekommen hat/ mit dem Propheten ſprechende: Wehe(Jer. ???) mir/ mein Mutter/ warum haſt di??? mir geboren? Wann nun zu dieſem ſeufftzen und heulen die Straalen der Goͤtt lichen Liebe kommen/ wird die Haͤrte deß HERZENS allgemach erweichet/ un ̅ letzlich von alleꝛ Mackel im Blut deß(Lect. 14.) Lambs gereiniget.Wann nun die Seel auff ſolche Weiß gereiniget/ wird ſie wuͤrdig der Vermaͤh= lung deß himn: ???iſchen Braͤutigams: deß [96] wegen gehet ſie ein in den dritten Stand/ in dem ſie jetzunder Chriſto vermaͤhlet (Lect. 15. Lect. 16.) werden ſoll/ ihme ihr HERZ und ſich ſelber gantz ergibet/ und fuͤr ein Opffer (Ier. 17. 9.) deß allerlieblichſten Geruchs auffopffert. Der Braͤutigam aber/ welcher erforſchet die HERZEN/ nimt an/ und laſt zu diſe Auffopfferung deß HERZENS nit oh= (Lect. 17.) ne vilfaͤltige Erforſchung. Dann erſtlich wiget er es ab an der Wag/ ob es das rechte Gewicht habe. Darnach/ damit es (Lect. 18.) nit falſch ſey/ probieret ers wie dz Gold im Ofen. Fuͤrs dritte/ damit nit ein Miſſe= that in der Tieffe deß HERZENS ver- borgen bleibe laſt er den Gruͤ???klotzen in die (Lect. 19. Lect. 20.) Tieffe hinunder/ und ergruͤndet alles auff dz fleiſſigſte. Zum vieꝛden/ zihlet und miſ= ſet er ab nach der Geraͤde ſeines Goͤttli= chen HERZENS/ als einer ungefaͤlſch= ten Regel und Maß/ ob unſer HERZ vil= leicht krum worde ̅ ſey/ durch boͤſe MeyunngWann dann nun durch ſolche Erfor= ſchungen/ uud Vbungen deß Wegs der Reinigung/ der Braͤutigam befindet ein auffrichtiges reines HERZ/ daß ſeiner wol werth ſey/ von ſtundan erhoͤhet er die Seel zu einem hoͤheren Stand: darinn dz [97] HERZ erleuchtet/ und wie es im Geiſt zunehmen ſoll/ gelehret wird. Vnd diß iſt der Stand/ wie geſagt worden/ der Vermaͤhlung/ von dem der HErꝛ durch(Oſe. 2. 19.) den Propheten verheiſſen hat: Vnd dich will ich mir ewiglich vermaͤhlen/ ich will mich dir vertrauen und vermaͤh- len in Gerechtigkeit und Gericht/ in Gnaden und Barmhertzigkeit. Vnd ich will mich dir im Glauben ver- maͤhlen. Daß eꝛ ďhalben ihme diſe Braut vermaͤhle und ihr entgegen gehe/ gleichwie ſie ihme ihr HERZ zum Zeichen der Ver= maͤhlung auffgeopffert; alſo entgegen gibt diſer Goͤttliche Braͤutigam ſeiner Braut ein neues HERZ/ ne ̅ lich ſein HERZ.(Lib. 3. Lect. 1.) So mangelt es auch nit an Geſchenck und Morgengaben in diſer Vermaͤhlung. Dann gleich wie Aſſuerus die weibliche Zierde und allen Geſchmuck den außer= wehlten Jungfrauen/ darauß er ihme ein Braut außerkohren wolte/ mitgetheilt: Alſo thut auch der Koͤnig aller Koͤnigen/ und Herr aller Herren/ er ſelber zieret und butzt herfuͤr die Seele/ welche er ihme ver= maͤhlen will. Deßwegen erleuchtet Er(Lect. 2.) das neue HERZ/ ſo er ſeiner Braut mit [98] getheilt (Lect. 3.) mit ſeinem Licht: daꝛnach ſchreibet er in das HERZ ſein Geſatz/ welches lieb= licher dann Gold und vil Edelgeſtein. (Pſ. 18. 11.) Damit aber nit ein ſo wolgeſtalte Braut unfruchtbar verbleibe/ und Mangel leydt (Lect. 4.) an einer ſo erwuͤnſchten Frucht; ſo umbackert er dz Feld deß HERZENS Beſprenget es mit dem Saamen (Lect 5. & 6.) deß Goͤttlichen Worts/ befeuchtet es (Lect. 7.) mit dem Waſſer der Gnaden/ und auß den herfürwachſenden Blumen bricht er ab die ſchneeweiſſe Lilgen der HERZEN. Damit aber niemand wider ſeinen Wil- len in Garten gehe/ und die Fruͦchten ab= (Lect. 8. & 9.) breche; huͤtet er ihn als ein fleiſſiger Waͤchter: und mit den Schilt ſeiner Muͤ= he beſchuͤtzet und bewahret er ihn. (Lect. 10.) Nachmahln lehret er/ wie man dz HERZ uͤber ſich erheben/ und ſich zum hinauff= (Lect. 11.) ſteigen richten ſoll: Erweitert auch deſ- ſen Oerter zur Empfahung uͤberfluͤſſiger Gaben deß H. Geiſts. Wann nun die Seel mit dergleichen Geſchmucken ge= ziert iſt/ gehet ſie ein in die Hochzeitliche Schlaffkammer/ und wird mit dem Ge= liebten ihrer Begierde vereiniget. Seelig und aber Seelig iſt ein ſolche Hochzeit: [99] auff deren hochzeitliches Feſt der Prophet Jeſaias ein ſolches Lied geſungen hat: Wie ſich ein Braͤutigam ſeiner(Iſa. 62. 5.) Bꝛaut fꝛeuet/ alſo wiꝛd ſich auch dein Gott uͤber dich erfreuen/ dann ď Herꝛ hat Luſt an dir/ und dein Land wird eingewohnet. Es wird der Juͤngling mit der Jungfrauen wohnen/ und deine Soͤhne werden in dir wohnen.(Lect. 12.) So nun auch der Bau deß HER- ZENS erweitert iſt/ ſchicket er jr zum Einwohner den H. Geiſt: nemlich ſein ewi ge Lieb/ dardurch ſie lerne den Braͤutiga ̅ entgegen lieben; und ihn als ein in ihr HERZ eingetrucktes Zeichen allzeit un ̅ (Lect. 13.) allenthalben herum tragen. Von dannen wird das HERZ mit neuen Pfeilen der Liebe verwundet: mit neuer Entzuͤn=(Lect. 14. & 15.) dung je laͤnger je mehr erhitzet und entzuͤndet: alſo daß es weder bey Tag noch bey Nacht ruhen kan: ſondern ob ſcho ̅ der Leib ſchlaffet/ das HERZ dannoch wachet. Weil aber das Feur allezeit uber=(Lect. 16.) ſich begehrt/ alſo das mit Feur der Lie= be entzuͤnde HERZ flieget uͤber ſich/(Lect. 17.) und begehrt gen Himmel: damit es ſich [100] mit ihrem Geliebten vereinige/ nnd letz= (Lect. 18. Lect. 19.) lich in ihme ſeeliglich ruhe.Vnd diſe ſeynd die Vbungen Goͤttli= cher Liebe/ denen das HERZ auff dem Weg der Vereinigung/ als in ď Schlaff= kammer deß Braͤutigams/ abwartet/ und ſuͤſſiglich genieſſet. Weil aber auff die Ehe= liche Verbindung folget die Mitnieſſung aller Dingen/ ſo wol der Gluͤckſeeligen/ (1. Pet. 4. 13.) als Widerwertigen: Dahero wird das HERZ im vierden Buch underwiſen/ ſich deß Leydens Chriſti theilhafftig zuma= chen/ und mit ihme ſuͤß und lieblich zu= (Sap. 6. 18.) wandeln. Dann deſſelben Beywoh= nung und Gemeinſame hat nichts unfreuͤndlichs/ noch bitters. Deßwe= gen ſtellet die glaubige Seel mit dem lei= denden Braͤutigam ein ſehr nutzliche Pil= gerfahrt an; folget ihm nach auff den (Cant. 4. 6. Luc. 22. 43.) Berg der Myrrhen/ und Buͤhl deß Weyrauchs/ gehet hinein in Garten Gethſeman???/ bey dem Oelberg gelegen: allda ſihet ſie ihren Geliebten in der Angſt (Lib. 4. Lect. 1.) laͤnger betten/ und mit blutigem Schweiß begoſſen/ erfreuet ſich/ daß ſie ein Bad fuͤr ihr HERZ gefunden/ waſchet daſſelbige darinn ab. Als ſie aber ſihet wie ihr Ge [101] liebter im Außgang deß Gartens von den grauſamen Juden gefangen/ gebunden und hin und her grauſamlich geriſſen wird; bitt ſie mit den ſelben Stricken zu(Lect. 3. Cant. 1. 3.) jrer Liebe gebunden/ und mit den Bande ̅ der Liebe nach jhme/ in den Geruch ſeiner Salben gezogen zuwerden. Demnach ſie aber an jhn gebunden/ volget ſie jhme hertz= hafft nach durch die Straſſen/ und Gaſ- ſen/ biß in das Richthauß Pilatt. Als ſie nun geſehen/ daß man jhn an ein marmel= ſteinerne Seul gebu ̅ den/ und ſelbige durch Beruͤrung ſeines hochheiligen Leibs ge= weihet worden iſt unďleget ſie ſelbige jrem(Lect. 3.) ſchwache ̅ hinfallendem HERZEN fuͤr ein Stutzen und Auffenthaltung. Was macht aber diſe adeliche Braut auß den Geißlen und Ruten/ mit denen auff dem Rucken deß Lambs die Suͤnder ge= ſchmidet haben? Eben mit diſen/ als Sta-(Pſ. ???8. ??? Lect. 4.) cheln/ treibt ſie fort dz langſam ̅ e HERZ/ und zwinget es zum Dienſt Gottes. Sie traͤgt auch kein Abſche???en ob der doͤrnin Kron: dann ſie mit ſelbiger/ gleichſam einem Zaun de ̅ Garten jhres HER-(Lect. 5.) ZEN Sumb gibet und einfanget; dam??? von den wilden Thieren/ und Dieben(10. 19. 17.) ſicher ſeyn moͤge. Nach mahlen gibt ſie das [102] Geleid dem Braͤutigam/ wie er auß der Statt gehet/ ſein Creutz traͤgt: als ſie aber auff dem Weg mercket/ wie jhres Ge= liebten Angeſicht/ in einem Schweißtuch/ welches Veronica dargebracht/ nach dem Lebendigen entworffen ſey; was underſte= (Lect. 6.) het ſich nit diſe ſcharffſinnige Liebe? Sie ſtellet jhr fuͤr Augen ???meltes Veronitæ Schweißtuch/ und befleiſſet ſich daſſel- big mitder geſtickten Nadel-Arbeit in ihrem HERZEN zuentwerffe ̅ . Da (Lect. 7.) aber jhren Geliebten vor der Creutzigung duͤrſtet/ darbitet ſie jhme jhr HERZ/ als ein Schaalen voller Weins der Be= reuung. Als ſie widerum ſiehet/ wie man deß Heylandts Haͤnd und Fuͤß mit Naͤ= (lect. 8.) geln durchboret: wuͤnſchet ſie jhr auch/ daß jhr HERZ mit dem Nagel der Forcht GOTtes durchſtochen und angehefftet (lect, 9.) werde. Ja ſie begehret gleichfals/ daß jhr gantzes HERZam Creutz auß geſpa ̅ t/ mit Chriſto gecreutziget werde. Wie viel Guͤter aber befindet ſie in dem Creutz deß Herꝛn JESVCHRISTI darein ſie allein jhr Glory und Ehr geſetzt? Deßwege ̅ (lect 10.) pfla ̅ tzet ſie de ̅ Baum deß Creutzes in jhr HERZ. Nach mahlen mit dem Ti [103] tel/ ſo ober dem Haupt Chriſt/ ſtecket/ einweyhet/ ſie ihr HERZ dem ge-(lect. 11.) creutzigten IESU zu eineꝛ ewigen Wo nung. Hernach begehret ſie innbruͤnſtig mit Longini Lantzen veꝛwundet/ und mit(lect. 12. & ???) dem vom Torckel deß Creutzes herunder fliſſenden Moſt getraͤncket zuwerden.Hat auch noch nit gnug an diſem; ſonďn ſteiget weiter auff zu einen hohen HERZ zu dem erhoͤheten HERZEN ihres Got= tes/ nimt die Zuflucht ihres HER=(Lect. 14.) ZENS in der verwundten Seyten. Auff daß aber einer ſo wolgeſtalten Braut nit mangle an einem Spiegel/ wird ihr auß de ̅ hochheyligen fuͤnff Wunden ein gar ſchoͤner fuͤr die Augen geſtellt. Ja ſo(Lect. 15.) gar verlaſt ſie nit den Toden und Begrab= nen: ſondern wird in einem Grab mit ih= rer Liebe begraben; und ſie ſelber ſchlieſſet und ſpert ein ihr HERZ/ als in ein Schlaffkammer: erwartende mit ihme(Lect. 16.) die glorwuͤrdige Aufferſtehung.Vnd diß iſt kuͤrtzlich der gantze Inn= halt unſers gantzen Tractats und Werckleins.
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Die XIV. Lection.

Ein kurtzer Begriff und Ver= faſſung der HERZEN Schuhl/ ſambt derſelben Außeheilung.

WIr ſehen/ wie bey den Kauff= euten gebraͤuchlich/ daß ſie den Werth und Koſten aller ver= kaufften und eingekaufften. Sachen ſon= derbarlich/ verzeichnen/ in die Rechenbuͤ= cher einſchreiben; zu letzt alles zuſammen rechnen/ und in ein Summa zuſamen zi= hen: Diſem Brauch volgen auch nach die fleiſſige Juͤnger in den Schuhle ̅ . Dan ̅ was ſie in gantzen Buͤchern durchs Jahr herumb von de ̅ Schuhlmeiſter außfuͤhr= lich gehoͤrt haben/ das pflegen ſie alles gar in ein kurtzen Außzug zubringen und zu= perfaſſen: damit ſie durch ſolches der Ge= daͤchtnuß zu Hilff kommen/ welcher ſon= ſten bald etwas zuentfallen pflegt/ und nit ſo vil underſchidliche Ding leichtlich behalten kan. Damit nun unſerer Schuh= len auch nit an ſolchem Fleiß mangelte/ hat es mich fuͤr gut angeſehen/ den Leſern allhie ein kurtzen Begriff und Innhalt unſerer gantze ̅ HERZEN=Lehr und Vn= derweiſung fuͤrzuſtellen; die nit ſo gar auß [105] unſer Erſin ̅ ung/ als vielmehr durch zween diſer Schühl wolerfahrne Juͤnger beſchri= ben und verfaſt worden iſt. Den erſten Außzug zwar/ fürſtellet uns der Engliſche Lehrer Thomas von Aquin/ in wenig Worten/ welcher taͤglich mit gebognen Knyen/ under andern den Herꝛn alſo gebetten hat:O ſuͤſſerſter Jeſu/ gib un ̅ verleyhe mir ein wachtbares HERZ/ welches von dir kein fuͤrwitziger Gedancken abfuͤhr; gib mir ein unbewegliches/ welches kein unwuͤrdige Anmutung underſich ziehe; gib ein unuͤberwindt- liches/ welches kein Truͤbſal muͤd macht; gib ein freyes/ welches kein gewaltthaͤtige Beluſtigung an ſich ziehe/ und gib ein rechtes/ welches kein vnrechte Meynung von dem rechten Weg abwendig mache.Auß welcher Weiß zubetten wir diſes zulernen haben/ daß die???r Sinnreiche Lehrer die gantze Vollkommenheit deß HERZENS in diß geſetzt habe/ damit daſſelbige mit Gott ſeinem Erſchaffer auff das beſte vereiniget ſey. Dann die Voll=(S. Thom in prine.) kommenheit aller Sachen/ (lehret erſt [106] gemelter (lib. adverſ. impug. re- lig.) H. Mann) ſtehet in diſem/ daß ſie mit ihrem Anfang vereiniget ſeye. Da- mit er derhalben die Vollkommenheit er= lange/ hat ihn fuͤr gut angeſehen/ GOtt den allmaͤchtigen zubitten/ daß eꝛ alle Ding woͤlle hinnehmen/ welche die Vereinigung mit Gott verhindern moͤchten: dergleichen erſtlich ſeynd/ die fuͤnff von ihme erzehl??? Stuͤck/ nemlich der Fuͤrwitz/ die boͤſe An= mutung/ Truͤbſahl/ Beluſtigung in den Creaturen/ und unrechte Meinung. Wi= der diſe Ding bittet er/ daß ihme ein wacht= bares/ unbewegliches/ unuͤber windliches/ freyes/ und rechtes HERZ mitgetheilt werden moͤchte. Seytemahln ein HERZ/ welches diſe Eygenſchafften hat/ kan nichts anders/ als mit Gott auff das aller vereinigſte ſeyn. Ja/ ſo wir die Sach recht erwegen woͤllen/ was wir von der Guͤtt und Vollkom ̅ enheit deß HERZENS ſagen koͤnden; diß alles begreifft in ſich ein rechtes HERZ: und villeicht hat es der H. Thomas diſer Vrſachen halber am aller letzten begehret. Deßwegen wann wir mit einem Wort die gantze Lehr unſe= rer Schuhl andeuten wolten; kuͤnden wir recht ſagen/ alles was in diſem Buch ge= lehret werde/ gehe dahin/ damit deß Men- ſchen HERZ ſey recht mit ſeinem [107] Gott: das iſt/ das menſchliche HERZ ſoll mit dem Goͤttlichen HERZEN; der menſchliche Will/ mit dem Goͤttlichen Willen durchauß in allen Dingen uͤberein kommen/ und zuſtimmen. Diſes zwar ſoll auß fuͤhrlicher erklaͤrt werden/ im 2. Buch/ in der 20. Lection. Entzwiſchen ermahne ich alle Juͤnger in diſer Schuhl/ daß ſie das obgeſchriebne Gebett deß H. Thomæ vmb Erlangung der Vollkommenheit deß HERZENS/ taͤglich/ oder auch oͤffter zuſprechen nit underlaſſen woͤllen.Den andern Außzug ertheilet uns gleich fahls der Gottſeelige und hochge= lehrte Vatter Ludovicus Granatenſis, in dem er betrachtet/ wie der Innhalt der Chriſtlichen Vollkommenheit/ under dem eintzigen Namen der Gerechtigkeit begriffen werde; deren eygenthumbliches Ampt iſt/ einem jeglichen geben/ das jhme zugehoͤret: nemlich Gott/ dem Nechſten/ und jhme ſelber; darauß ſchlieſſet er; daß der Menſch/ welcher diſen dreyen Ver= pflichtungen genug thut/ alle Gerechtig= keit/ und Vollkommenheit erfuͤllet habe.(Gran. l. 2. Duc. peccat. c. 14.) So du nun/ ſpricht er/ in wenig Worten kuͤrtzlich wilſt erlernen/ wie diſes geſche= hen koͤnde/ will ichs dir ſagen: durch ſolche [108] dreyfache Verbindung und Schuldigkeit wird der Menſch vollkommenlich all ſein Schuld bezahlen; das iſt/ wann er gegen Gott hat das HERZ eines Shons; gege ̅ dem Nechſten/ das HERZ einer Mutter; gegen jhme ſelber aber/ das HERZ/ und den Geiſt eines Richters. Dieſe ſeynd nun die drey Theil der Gerechtigkeit/ da= rinn/ wie der Prophet lehret/ all unſere (Mich. 6. 8.) Güter ſtehen/ da er ſpricht: O Menſch! ich will dir anzeigen/ was gut ſey/ und was der Herꝛ von dir erfordere ̅ : nemlich/ das Vrtheil thun/ und Barmhertzigkeit lieben/ und ſorgfaͤl- tig mit deinem GOTT wandlen. Auß diſen dreyen Aemptern/ gehet das erſte zwar uns an/ nemlich das Vrtheil thun; das ander/ den Nechſten/ Barm= hertzigkeit lieben??? das dritte aber GOTT/ welches die Wort deß Propheten ſelber erklaͤren/ in dem er ſpricht: ſorafaͤltig mit deinem Gott wandlen. Ein jegliches aber leget er alſo auß. Weil die im Men= ſchen ordenliche Liebe/ von jhr ſelber an= faͤngt/ ſoll man am allererſten mercken anff das Ampt/ welches der Menſch jhme ſelber zuthun ſchuldig iſt: das iſt/ das [109] Vrtheil thun/ dz HERZ eines Richters an ſich nehmen. Nun gehoͤret zu einem guten Richter/ daß er ein wolgeordnetes Land und Provintz habe. Weil nun in dem Menſchen/ als einem kleinen gemei= nen Nutz/ zween vornehme Theil zurefor= miren ſeynd; nemlich der Leib/ ſambt allen ſeinen Glidern und Sinnligkeiten; und die Seel/ ſambt allen ihren Anmutungen und Kraͤfften: iſt vonnoͤhten/ daß man die= ſelbe Theil reformire/ und wol anord= ne nach der Regel und Schnur der Tu= gend.Fuͤrs ANDER/ ſoll der Menſch ſei=(Gran. c. 16.) nem Naͤchſten Barmhertzigkeit erzeigen/ und das HERZ einer Mutter gegen jme tragen. Betrachte nun wie ein kluge und Gottſeelige Mutter/ die ihren Sohn lieb har/ ihne ermahne/ ſo ein Gefahr verhan= den/ ihme in der Noth zu hilff komme/ ſeine Verbrechen mit Gedult übertrage/ jetzunder ihn zuͤchtiget auß Gerechtigkeit/ bald thut ſie als merckte ſie es nit/ und ver= birgt ſich auß Klugheit. Mercke wie eben dieſeibige Mutter ſich erfreuet ob dem Gu= ten/ und trauret wegen deß Boͤſen ih= res Sohns: nit anderſt als wann ſie ihr eygen Ding weren; wie eyferig ſie nach ſeinem Nutz und Ehr trachte; wie an [110] daͤchtig und fleiſſig ſie allezeit Gott fuͤr ihn bittet; wie ſie letzlich mehr ſorgfaͤltig ſey umb das Heyl ihres Sohns/ als umb ihr eygnes; gegen ihr ſelber ſtreng und ernſt= lich iſt; damit ſie gütig und ſanfftmuͤtig ſey gegen dem Sohn. So du nun ſo weit kommen magſt/ daß du mit einem ſolchen HERZEN den Naͤchſten liebeſt/ biſt du ſchon zu vollkomner Liebe kommen. Wann du nemlich diſe ſechs Aempter der Liebe dem Nechſten leiſteſt: Das iſt/ Lieben/ Rahten/ Zuhilff kommen/ Vbertragen/ Verzeihen/ mit gutem Exempel lehren; ſo haſt du ſchon dein Ampt gegen ihme verrichtet.(Cap. 17.) Zum DRITTEN/ ſoll der Menſch ſorgfaͤltig mit ſeinem Gott wandeln/ und das HERZ eines Sohns gegen ihme tragen/ und mit dergleichem HERZEN lieben/ wie der Sohn ſeinen Vatter. Dan ̅ diß iſt eins auß den fuͤrnemſten Aemptern Chꝛiſti/ dem Menſchen ein ſolches HERZ gegen GOtt zuſchicken. Deßwegen be= trachte nun gar fleiſſig/ wie das HERZ eines Sohns gegen ſeinem Vatter be- ſchaffen ſey: Was er fuͤr ein Liebe/ Forcht/ Ehrerbietung/ Gehorſam/ Eyfer wegen ſeiner Ehr/ gegen ihme trage/ umb ſonſten diene/ mit was fuͤr einem Vertrauen [111] er zu ihm ſein Zuflucht habe/ in all ſeiner Noth/ wie gedultig er die Straff und Zucht von ihm annehme/ mit anderem al= lem. Dergleichen HERZ und Gemuͤth ſolſt du auch gegen GOtt haben; ſo wirſt du vollkom ̅ entlich diſen Theil der Gerech- tigkeit erfuͤllen. Aber ein ſolches HERZ zuerwecken/ ge???unckt mich/ ſeyen ſondeꝛlich neun Tugend vonnoͤthen/ auß denen die erſte und fürnemſte iſt die Liebe: Die an= der/ die Forcht und Ehrerbietung; die dritte/ das Vertrauen: die vierde/ der Ey= fer der Forcht Gottes: die fuͤnfte/ die rechte Meynung in Vbung deß Gottsdinſt: die ſechſte das Gebett und Zuflucht zu GOtt in aller Gefahr und Noth: die ſibende/ die Danckſagung fuͤr die Gutthaten Gottes; die achte/ der Gehorſam/ un ̅ die Gleichfoͤr= migkeit unſers Willens mit dem Willen Gottes/ die neunde/ die Demut und Ge= dult in allen Anfechtungen und Trübſalen/ welche Gott uͤber uns verhenget/ von wel= chen allen gemelter Scribent außfuͤhrli= cher handelt. Vns ſoll es gnug ſeyn fuͤr ein kurtzen Begriff diſes Buͤchleins/ erwi= ſen zuhaben/ daß ein jeglicher Menſch haben muͤſſe:
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Gegen{ Ihme ſelber } Das HERZ{ Eines Richters
Dem Nechſte ̅ Einer Mutter.
GOTT Eines Solins.
Villeicht aber haben wir uns gar zu lang in diſem erſten Theil auffgehalten/ und die zu lernen begierliche Schuhler mit diſem Vortrab verhindert: darum woͤllen wir zu letzt diß allein hinzuſetzen.Gleichwie jenes Hauß/ welches/ wie (Prov. ???. 1.) Salomon ſchreibet/ ihr die Weißheit gebauet hat/ darin ſie ihren Zuhoͤrern ein gar ſtattliches Bancket hielte/ auff ſi= ben Saͤulen flunde: Alſo geſtehet diſe gan= tze Schuhl/ darinn die ewige Weißheit ih= ren HERZHAFTEN Schuhlern ein geiſtliche Mahlzeit fuͤrſetzet/ in ſiben Claſſe ̅ oder Ordnungen; deren ein jegliche etlich vil Lectiones begreifft/ als underſchidliche Trachten diſer myſtiſchen und Geiſtlichen Gaſtung. Dann gleich wie die Weißheit nit allein die Kingen und Gelehrten; ſon= dern auch die Groben und Vngelehrten/ zu ihrer Mahlzeit geladen hat/ ſprechende: Wer toͤricht iſt/ der mach ſich hieher/ und zum Narꝛen ſprach ſie: Kommt/ eſſet mein Brod/ und trincket den Wein/ den ich euch gemiſchet hab: alſo auch in den nachfolgenden Classen [113] werden nit allein der vollkommen/ ſondern auch der anfangenden und zunehmenden HERZEN geſpeiſet mit dem Brod deß Lebens und Verſtands. Dann als vil den= ſelben dryfachen Weg einer Liebe/ und Vollkommenheit lauffen; gehoͤren alle in diſe Schuhl: und werden alle diſes Tiſchs theilhaſſtig. Seytemahln unſer hochver= ſtaͤndiger Lehrmeiſter Fuͤrſehung gethan hat/ daß ein jeglicher nach ſeinem Stand und Geluͤſten ſein tangliche Speiß und Tranck haͤtte. Die ERSTECLASS begreifft traͤge und umbſchweifende Schuhler/ welche ſich noch nit in der Schul eingeſtellt/ noch nit am Tiſch ſitzen/ aber dahin gefuͤhrt werden ſollen. In der ANDERN tretten wir in den Weg der Reinigung darinn wir den Anfangenden fuͤrſetzen geaͤſchert Brod der eygnen Er= kantnuß/ das Brod der Zaͤher; und den Wein der Berewung. Dann durch diſe wird dz HERZ gereiniget und ernehret: welches in ď DRITTEN CLASS al= ſo rein und außgebutzt Gott fuͤr ein Opffer dargebracht wird: da es alsbald ein ſcharf= fes Examen und Erforſchung überſtehen muß un ̅ fleiſſig ergruͤndet wird/ ob es einer ſo hohen Majeſtaͤt wuͤrdig ſey.
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Die VIERTE CLASS iſt der Zu= nemenden/ welche den Erleucht enden Weg durchwandlen: damit nun diſe auff dem Weg nit erligen/ wird ein feines und ſchoͤn weiſſes Brod fuͤrgeſetzt: welches die Erleuchtung ihres HERZENS und Zunemung im Geiſt/ geiſtlicher Weiß bedeutet. Die FVNFTE CLASS/ darein die Vollkommene gelaſſen werden/ hat die Vbungen deß Wegs der Vereini= gung: darinn der ba???mhertzige Vatter ſeinen Kindern das Brod der Engeln (Apoc. 2. 17.) von Himmel herunder mitgetheilet: nem= lich das verborgne Himmelbrod/ wel- ches niemand kennt/ dann ders em- pfangt. Die mit diſem Brod erneh= ret werden/ fliegen hinauff gen Himmel/ und haltens fuͤr ihr liebſte und lieblichſte Speiß/ mit Gott vereiniget zuwerden/ un ̅ in ihme ruhen. In der SECHSTEN und SIBENDEN CLASS/ wer= den begriffen etliche Vbungen vom Leyden Chriſti/ ſo diſen dreyen Wegen gemein ſeynd: darvon jederman eſſen darff: Dann CHriſtus/ ſo gelitten hat/ iſt (Zach. 9. 17.) das Korn der Außerwehlten; ein Speiß der Waͤnderer/ welche in diſer Welt pilgerfahrten/ biß daß ſie in das [115] him ̅ mliſche Vatterland kommen. Auff di=(1. Pet. 2. 2.) ſem wolgerüſten Tiſch deß Leydens finden die geborne Kinder die Milch: auff diſem wird den Juͤnglingen auffgeſetzt dz Brod/ welches deß Menſchen HERZ ſtaͤrcket:(Pſ. 103. 15.) auff diſem wird die ſtarcke und lautere Speiß den Groſſ???n und Vollkommenen uͤberfluͤſſig mitgetheilet von demjenigen/ welcher alle geladen hat; da er ſprache: Komt zu mir alle/ die ihr mit Muͤhe(Matth. 11. 28.) und Arbeit beladen ſeyt/ und ich will euch erquicken.Diſes ſey aber genug. Gehet nun hin/ ihr meine Leſer und Schulgeſellen: ſtelle ſich ein jeglicher in ſeiner Claß ein: durch- leſe ordentlich die Lectiones, welche ihme vom Lehr meiſter für geſchriben wer- den/ und lerne ſie g??? fleiſſig außwendig.ENDE DES ERSTEN BUCHS.
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Das Ander Buch DER SCHUHL DES HERZENS.

Deß abgewende ̅ HERZENS Bekehrung und Leitung zu GOTT.

DIE ERSTE CLASSIS.

Deß HERZENS Ab= wendung.

ES iſt genugſam bewuſt und kundbar auß heiliger Schrifft in dem hohen Lied/ daß die geliebte Geſpons deß fridſamen Salomonts/ ſich deß Ackerbaus befliſſen habe/ auch fuͤr= geſetzt geweſen ſey/ die Weingaͤrten zuver- wahren. Gleichfahls thut Chriſtus der Herꝛ/ der wahre Salomon/ welcher ſeinen Vatter einen Ackermann; ſich aber einen Weinſtock nennet/ und keiner andern Ge= ſpons oder Braut begehret/ als welche [117] den Weingarten verwahren/ vnd ſelbigen vorſtehen koͤnde. Nun aber lehren die H. Vaͤtter hin vnd wider/ daß dieſer Wein= garten deß Menſchen Seel ſey. Erſtlich wird am Weinſtock (ſpricht Ambroſius)(Ambroſ.) die friſche Wurtzel eingeſetzt: Die Seel wird durch die Wurtzel deß Glaubens gepflantzetzt; der Weinſtock wird mit den Baͤumen uereiniget: alſo wird der Leib mit der Seelen/ vnnd die Seel mit dem Leib vereinbahret. So man den Wein- ſtock bindet/ richtet er ſich auff; ſo man ihn beſchneidet/ wird er nit geminde???t/ ſo ̅ dern gemehret alſo wann daß H: Volck gebun= den iſt/ richtet ???s ſich auff: ſo es ſich erni= driget/ wird es erhebt: wan ̅ es abgeſchnit= ten iſt wirdts gekroͤnet. Wan ̅ ein Reben= zweig von einem alten Weinſtock abge= ſchnitte ̅ worden/ wird es auff ein andere Wurtzel eingeſetzt: Alſo werde ̅ die Seelen/ durch Außloͤſung deß ſchaͤdlichen Baums/ am newen Baum deß Creutzes Cchriſti/ als in dem Schoß einer fromme ̅ Mutter/ erhalten/ und ruhen darinnen. Damit wir aber die Beſchaffenheit diſer Schuhle ̅ durch jegliche CLASSES anzeige ̅ / woͤllen wir das jenige/ was die Braut erzehlet in dem hohen. Lied; was ſie bey dem Wein= garten gethan habe/ der Seelen/ und dem [118] HERZEN alſo zueignen/ damit erwiſen werde/ daß durch dieſelbige alle und jede Beſchaffenheiten unſers HERZENS ordenlicher weiß bedeu???et werden.So iſt nun diß der erſte Stand und Beſchaffe ̅ heit deß HERZENS/ in dem es ſich von Gott abgewendet hat/ dem Ehrgeitz/ Wolluͤſten/ und ſeinen Eytelket= ten nachgangen iſt: welcher vo ̅ der Brunt (Cant. 1. 7) entworff???n wirdt/ in dem ſie unwiſſend hin und hergangen nach den Herden/ und jhre Boͤck geweydet; und da ſie wider zu jhr ſelber kommen/ beklagt ſich ſie ſpre= (Cant. 1. 6.) chende: Sie haben mich zur Huͤterin der Weingarten geſetzt; aber meinen Weingarte ̅ / den ich hatte/ hab ich nit gehuͤtet. Welches der H. Bernhardus (Bern. ſer. 30. in Cant.) alſo außleget: Wie lange Zeit iſt diſer Weingarten vngebauet verlaſſen/ oͤd und wuͤſt gelegen? Der Wein hat darinnen gantz abgennommen/ weil die Zweig der Tugendten auß Mangel deß Glaubens gantz verdorret waren. Sie hatte zwar ein Glauben/ aber nur ein todten. Dann wie muͤſte er nit todt ſeyn/ weil er ohne die Werck war? O mein Weinberg! was iſt uns nicht liſtiger weiß entzogen worden/ eben zu diſer Zeit/ da wir angefangen ha [119] ben etwas wachtbarers auff uns ſelber zu= mercken/ und zubewahren? Wievil ſchoͤ= ner Beere der gottſeeligen Wercken hat entweders der Zorn erſtoͤcket/ oder der Hochmuth hinweg genommen/ oder die ey???ele Ehr verderbt und beſchmitzet? Wie= vil haben wir erlitten von dem Wolluſt deß F???aß/ vom G???iſt der Traͤgheit/ von der Kleinmuͤtigkeit deß Geiſts/ und dem Vngewitter? Diſes ſagt Bernardus. Diß iſt der Stand der traͤgen und faulen Seelen/ welche gleichſam im kaͤlteſten Winter ſitzet/ und den Ban deß Wein= gartens gantz und gar verſaumet und li= genlaͤſt. In welchem ſie nemlich nach= folget ihrem erſten Vatter/ welcher auch ſeinen Weingarten nit verwahr??? ſondern den liſtigen Fuchs hinein ſchleichen laſſen/ welcher ihme ſeinen Weinberg verderbet(Pſ. 48. 13.) hat. Dann jener erſte Menſch/ ſo er in Wuͤrden war/ hat ers nit verſtanden (oder acht genommen) iſt dem un- vernuͤnfftigen Vieh vergleicht wor- den/ und iſt demſelbigen gleich worde ̅ Dergleichen iſt auch die jenige Seel/ wel= chein diſer gantzen Claß/ trꝛend/ ohn ein HERZ herum ſchweiffet/ und ſich von ei= nem Laſter in das ander unfuͤrſichtiglich [120] (Baſ. in c. 5. Iſa.) ſtuͤrtzet. Dann/ wie Baſilius lehret/ ein ſolche Seel/ die man laͤßt liederlich und fahrloß dahin leben/ nit anderſt als ein Weingarten/ den man nit bauet/ verſchieſ= ſet ſich/ und verwaͤchſt und gieſſet ſich auß gegen allen Vngelegenheiten/ welche kein Frucht bringen; und wird ihres natuͤrliche ̅ Saffts beraubet Laſt uns aber einer ſolche ̅ flihenden und irrenden Seel auf den Fer= ſen nachfolgen/ ſelben mit Fleiß betrach???en und inachtnehmen.

DIE ERSTE LE- CTION. CORDIS FUGa. Deß HERZENS Flucht.

Ein verfuͤhrte Taub/ die kein HERZ hat. Oſe. 7. 11.

SO du dich begehreſt in die Schul deß HERZENS zubegeben/ ſtehe ein wenig hie vor der Thuͤr ſtill/ ehe daß du hinein geheſt: und damit du
|| [ID00140]

CORDIS FVGA

Columba ſeducta non habens Cor. Oſeœ. 7.Qua ̅ fugeret fugitiuà tuu ̅ COR ſi COR haberes, Non meminiſse mei, non meminiſse ſui?
|| [ID00141]
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lich fortſchreiteſt/ erforſche durch fleiſſige Ergruͤndung/ ob du auch wal hafftig ein HERZ habeſt/ und wo daſſelbige ſey/ ehe daß du die Beſchaffenheit deines HER= ZENS anfaheſt zubetrachten. Dann ob ſchon numand daran zweiffelt/ daß nit ein jeglicher lebendiger Menſch ein HERZ habe/ auch daſſelbe an keinem anderm Ort ſeye/ als andem/ da das Thier ſelber iſt: jedoch geiſtlicher weiß zureden/ werden ih= rer vil gefunden/ welche gantz und gar kein HERZ haben. Vnd ſoll diſes niemand ſelzam fuͤrkommen/ weil der H. Geiſt in Goͤttlicher Schrifft bezeuget/ daß die Ge= muͤhter/ welche von GOTT abgewendet ſeynd/ ſeyen ohn ein HERZ/ oder bedoͤrf= fen ein HTRZ. Dann was iſt diß anders ſo der weiſe Mann ſpricht: Der die Ehe(Prov. 6. 32.) bricht/ auß Mangel deß HER- ZENS oder Verſtands/ verderbet dardurch ſein Seel; Widerum/ ď ſeine(Prov. 11. 12.) Freund veracht/ iſt unweiß/ oder hat Mangel am HERZEN: Als daß die E= hebrecher/ und Veraͤchter ď Freunden/ un= ſinnig/ blind/ thoͤricht un ̅ ohn ein HERZ ſeynd? Dahero kom ̅ t/ daß man die unſin= nige/ unwitzige/ narꝛete/ un ̅ faule Leuth/ auf Lateiniſch excordes und vecordes nennet; [122] als welche kein HERZ haben/ Herzloſe. Seytemahln das HERZ iſt der Sitz der Witz und Weißheit. Dann wie Salomon (Prov 14. 33.) ſpricht: Im HERZ der Klugen ruhet die Weißheit. Dergleichen Weiß zu= reden/ gebrauchen ſich auch andere Scri= benten. Alſo ſpricht Plautus von einem Weib/ welche ihr Witz in der Bruſt habe/ (Tertull. lib. cap. 10.) dann im HERZEN koͤnde ſie nit ſeyn/ weil ſie keines habe. Item Tertullianus/ da er wider Marcionem ſchreibet/ ſagt: Er habe weder HERZ noch Hirn. (Auſo Epig. 47. & 48.) Dergleichen hat auch Auſonius, als er ei= nen verſpottet/ welcher reminiſco, fuͤr re- miniſcor geſagt hatte.Deßwegen BETRACHTE ERSTLICH/ daß der Suͤnder/ ſo der Verfuͤhrung ſeines HERZENS folget warhafftig kein HERZ habe/ weil er ſelbi= ges verwendet hat auff die Sach/ die er un= (Pſ. 39. 13. Greg. l. 4. 9 c. 1. lib. Reg.) ordentlicheꝛ We???ß begehꝛet/ und liebet. Alſo hat David geſprochen: Mein HERZ hat mich verlaſſen/ welches der H. Gre= gorius alſo außleget/ da er ſpricht: Als= dann verlaſt uns unſer HERZ/ wan ̅ w???r alſo von den fleiſchlichen Begterligkeiten uͤberwunde ̅ werden/ daß wir die intention und Meynung deß HERZENS in [123] ???diſchen/ fleiſchlichen und leiblichen aber nit in himmliſchen/ und Geiſtlichen D??? gen ſetzen. Ein ſtoltzer ???getra???ner Menſch ſetzet ſ???in HERZ auff die Wuͤr= den/ und Eytele Ehr/ und deßwegen hat ers nit bey ſich. Darumb ſp???ache Hiere=(Jer. 5 21.) mias mit außſchmaͤhen: Hoͤre du tho- richtes Volck/ welches kein HERZ hat. Das HERZ eines unzüchtigen und gefreſſige ̅ Menſchens/ iſt gantz und gar er= ſoffen und verſenckt in den fleiſchlichen Wolluͤſten/ in Freſſen und Vollſauffen.(Oſe. 1. 21.) Daher ſpricht Oſeas: Hurerey/ Wein und Trunckenheit/ nemen das HERZ hinweg. Eben diß kan von al= len andern Suͤnden warhafftiglich ge= ſprochen werden. Dann der ſündiget/ derſelb weichet ab vom Herꝛen/ und ſein(Pſ. 43. 13.) HERZ kehret hinderſich/ vergiſt ſeines Gottes/ ſeine Fußſteig tretten ab von dem Weg der Gebotten Gottes. Derhalben mit was groſſem Fleiß ſoll man die Suͤnd meyden/ welche das HERZ/ dz Gemuͤth/ und Weißheit hinweg nimt?BETRACHTE fuͤrs ander/ wie der Suͤnder verglichen werde einer unwitzi= gen Tauben/ die keiu HERZ habe; dann alſo leſen wir bey de ̅ Propheten: Ephca [124] im iſt gleich worden einer verfuͤhrten Tauben/ die kein HERZ hat. Nichts ſchoͤners hette von einem ſuͤndigen Men= (Ribera ibid.) ſchen geſagt werden koͤnnen: dann er iſt wantlich gleich wie ein verfuͤhrte vnwitzi= ge Taube. Vnnd ob ſchon ein Taub vil Ding an ihr hat/ welche die Schrifft lobet/ (als daß ſie dar geſchwind flieget/ ohne Gallen vnnd Bitterkeit iſt/ gern friſches Waſſer hat/ ſich nit begibt auff den Fraß der Todencoͤrper) diſem allein volget der Suͤnder nach/ daß er leichtlich verfuͤhret wird/ daß er kein HERZ hat: Er wird durch einbetriegliche Geſtallt deß Gutens gefangen vn ̅ durch ein kurtzen zergaͤngli= chen Wolluſt gereitzet/ begibt er ſich frey= willig in die Strick/ vnd in die Haͤnd der aller grauſambſten Feinden. Er wirdt be= raͤubet/ zerriſſen/ vnnd erzuͤrnet ſich nicht vber die/ ſo ihn berauben/ oder zerreiſſen: ſondern kehret gern wider in daß Hauß/ darinnen er diſes Vbel erlitten/ vnd heff= tig verwundet worden iſt Diſer hat wahr= (Deut. 32. 19.) lich kein HERZ. O daß er weiß waͤre/ vnd vernehme ſolches/ vnd fuͤrſehe/ was ihme hernach auffs letzt begeg- nen wird/ So wurd er gewißlich ſich huͤtten/ die ihme fuͤrgelegte Strick ver [125] meyden; und mercken/ daß er offt gefallen/ auch nit ſtaͤrcker ſey/ als da er gefallen iſt.BETRACTE zum dritten/ wie es uͤberauß ſchwaͤr ſey/ das HERZ alſo be- wahren/ daß es von uns nit fliehe. Dann gleichwie die boͤſen Buben thun/ alſo ſtilt es ſich auß dem Hauß/ damit es ſeinen Eytelkeiten und Spilen abwarte. Iſt auch gleichwie ein Jaghund/ den die Fuͤß nach dem Jagen jucken/ und alle Augen= blick ein Begirde hat ſeinem Raub nach- zulauffen: deßwegen/ alsbald es ein wenig von Beluſtigung der Empfindligkeiten anfangt bewegt zu werden/ von ſtundan hengt es denſelben mit groſſem Eyfer nach/ verlaſt Gott/ dem es anhangen ſolte/ und eylet euſſerlich denſelben nach. Diſes iſt leyder ein groſſe Armſeeligkeit unſers HERZENS/ welche wol erkant/ und beweynethat der H. Auguſtinus: Das(Auguſt. in Pſ. 85.) HERZ ſtehet kaum bey ſeinem Gott/ und will ſich zum ſtehen halten/ aber fliehet gleichſam von ihme ſelber/ und findet/ kein Gaͤtter/ damit es ſich einſperre; oder Rigel/ darmit es ſeine Außfluͤg/ und wanckbare Bewegungen innhalte. Ein jeglicher wurde ſprechen/ ihme geſchehe ſolches/ aber einem andern wider fuhre [126] es nicht; wo wir nit in Goͤttlicher Schrifft funden/ daß David an einem Orth alſo (2. Reg. 7. 27) gebetten und geſprochen haͤtte: Dieweil ich Herr/ mein HERZ funden/ daß ich diß Gebett zu dir bettet. Er ſagt er habe ſein HERZ funden/ gleich als pflegte es von ihme zuflichen/ er aber folgete ihm nach als einem Flüchtigen; und kunte es nit ertappen/ ſondern ſchrye zum HErrn: (Pſ. 39. 13. Bernard. in Med. cap. 9.) Dan ̅ mein HERZ hat mich verlaſſe ̅ Dergleichen Klag fuͤhret auch Bern??? dus: Es iſt nichts/ ſpricht er/ in mir fluͤch= tigers/ als mein HERZ/ als offt mich ſel= biges verlaſt/ und durch boͤſe Gedancken auß fleuſt/ alſo offt beleidiget es GOTT: komt mit ihme ſelber nit uͤbereins/ iſt ihme ſelber zuwider/ ſpringt von ihme ſelber ab/ abwechßlet den Willen/ veraͤndert die Raͤht/ erbauet neue Ding/ zerſtoͤret die al= te/ bauet wider auff das/ ſo es ierſtoͤret/ veraͤndert und ordnet ein Ding ein weil alſo/ bald auff ein andre Weiß: es will und will nit; und bleibt nie in einem Stand. Vnd bald hernach: In dem mein HERZ die zukuͤnfftige Freud nit inacht nimt/ noch die Goͤttliche Hilff ſuchet/ iſt es fern von Liebe der himmliſchen/ und beflecket ſich mit Liebe irrdiſcher Dingen. Vnd ſo [127] es den jenigen entrunnen/ aber in diſen eingewickelt iſt/ ſo nimts die Eytelkeit ein/ der Fuͤrwitz begleitet es/ die Begirligkeit reitzets an/ die Wolluſt verfuͤhrets/ die Geilheit bemachelts/ der Neyd peinigets/ der Zorn betruͤbts/ die Traurigkeit aͤng= ſtigets: alſo erbaͤrmlicher Weiß wird es in allen Laſtern verſenckt/ weil es den eintzi= gen GOTT (ſo ihme genugſam ſeyn moͤ= gen) verlaſſen hat. Es wird durch vil Ding außgeſtreuet/ und hin und her ſuchet es/ wo es ruhen moͤchte/ findet aber nichts/ daß ihme genugſam ſey/ biß daß es zu ihme komme. Deßhalben ſoll man das HERZ auff das fleiſſigſte bewahren/ damit es nit von uns weiche.BETRACHTE zum vierden/ daß es der aller groͤſte Schad ſey/ kein HERZ haben: dann gleichwie von ihme das Leben entſpringet/ und ſo es verletzet wird/ iſt der Tod deß Lebens nahend; alſo auch in geiſtlichen Dingen/ Der Mangel(Prov. 6 13. Plin li 11. nat. hiſt. c. 37.) deß HERZENS/ wie Salomon ſpricht/ verderbt die Seel. Appianus Alexandrinus erzehlet ein ??? underbarliche Geſchicht/ von zweyerley Opfferen darin= nen das HERZ gemangelt hat. Julius Cæſar, am Tag/ da er auff dem Rathauß umkommen iſt/ ehe daß er in Raht gange ̅ / [128] hat er nach Brauch geopffert/ aber als dz Schlachtopffer geoͤffnet war/ da mangelt das HERZ. Als nun darauß weißgeſaget wurde von deß Keyſers Tod; hats Julius verlacht/ und ein anders darbringen laſ= ſen; aber diſes hatte gleichfals kein HERZ (Cic. 2. de Divinal.) Ob nun wol Cicero das Geſpoͤtt darauß treibet/ ſo iſt doch das Schlachtopf= fer ohne ein HERZ ein gewiſer Vor= bott deß Tods geweſen: Dann als gleich= fahls Ethelvius Pertinax, am Tag/ da er umbkommen iſt/ opfferte/ hat das Opffer gleichfahls kein HERZ gehabt. Laſt uns aber ſehen/ was diß Geheimnuß weiß be= bedeute. Wir ſollen uns gantz und gar/ als groß wir ſeynd/ GOtt dem Allchaͤchtigen für ein lebendiges Opffer auffopffern: wann aber ſelbiges Opffer kein HERZ haͤben ſolte/ wurde es nit allein Gott miß= fallen/ ſondern auch ein gewiſſes Anzey= gen ſeyn deß Tods unſerer Seelen. Deß= wegen ſollen wir allen moͤglichſten Fleiß anwenden/ auff daß uns unſer HERZ nit verlaſſe/ ſondern wir daſſelbig Gott für ein Brandopffer darbringen moͤgen: welchem gar nit angeneym iſt das Opf= fer/ weiches kein HERZ hat; dann wie der weiſe Mann ſpricht: Wer eytel
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CORDIS VANITAS. Qui minoratur CORDE cogitat???mania Eecle. 26. Ambitio follis, vente distendit honore??? cor vanum, hinc ſpirat nil niſigrand???HIL

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un ̅ eines unweiſe ̅ HERZENS iſt/(Prou. 12. 8. Pſ. 77. 66.) wirdt veracht. Dann der Herꝛ wirdt jhm ein ewige Schand geben/ wirdt auch der Pein im kuͤnfftige ̅ Leben nit entrin ̅ en. Auff den Rucken deſſen/ der kein(Prou. 10. 13.) HERZ hat/ gehoͤrt ein Ruten. Die Ruten aber auff dem Rucken (wie es Beda außleget) iſt die Straff auff nach= volgende Ding/ das iſt/ im kuͤnfftigen Leben. Wolte Gott/ das diſes die Seel wol betrachtete/ und auß Forcht und Schrecken der Peinen/ gantz fleiſſig auff jhr HERZ achtung gebe/ und ſol- ches jederzeit bewahrete?

Die II. Lection. CORDIS VANITAS.

Die Eytelkeit deß HER= ZENS.


Der klein in ſeinem HERZEN iſt/ der gedenckt unnuͤtze Ding. Ec- cleſiaſtici. 16. 23. WEin Seel/ volge nun weiter nach den Fußflapffen deines umſchweifenden und jrꝛenden [130] HERZENS; un ̅ be rachte mit fleiß alle ſeine Abwendungen/ dardurch es ab wei= chet von Gott ſeinem Schoͤpffer. Dann auff einem andern Weg gehet herein ein HERZHAF???TER Man ̅ und auff ???= ne ̅ a ̅ dern ein Eyteler/ der kein HERZ hat. Jener gedenckt was GOTtes iſt; diſer aber/ mit allen Gedancken ſeines HER= ZENS trachtet auff dz Vbel und Boͤſe; damit nun Salomon diſen Vnderſcheid (Eccleſ. 10. 2.) anzeiget/ ſprach er: deß Weiſen HERZ iſt zu ſeiner Rechten/ aber deß Narꝛen HERZ iſt zu ſeiner Lincke ̅ . Welches (B. Salo. nius.) Salonius alſo außleget: Deß Weiſen HERZ iſt zu ſeiner Rechten/ dann die Meinung und Gedancken eines weiſen Manns beſteiſſet und bemuͤhet ſich auff das/ daß er allezeit Gutes wuͤrcke/ auff daß er am juͤngſten Tag zu der Rechten deß Herꝛn/ das iſt/ under die Zahl der Gerechten geſtellt werd???: und ſich mit jenen in der ewigen Seeligkeit erfreuen moͤge. Aber deß Narꝛen HERZ iſt zu ſeiner Lin= cken; dann er wegen deß Boͤſen/ ſo er ge= dencket/ und mit boͤſen Wercken haͤuffet; am juͤngſten Tag zur Lincken/ das iſt/ auff der Verdampten Seyten geſtellt/ und mit jhnen Ewig geſtrafft werden wirdt. Deß [131] wegen gehet deß Narꝛen HERZ gelincks/ und wandelt den Weg zum Verderben. Mein Seel gehe nun hin/ und betrachte ſeine Weg: nit daß du ihnen nachfolgeſt; ſond???n daß du die Gefaͤhrligkeiten merckeſt/ und lerneſt ſie zuverm???yden. Der erſte Fußſtetg/ darein ſie tritt/ iſt die Eytelkeit/ darauff ſie achtung gibt/ auff den Rauch der Ehr/ und Schatten eines groſſen Na= mens/ trachtet nach hohen Wuͤrden/ und den erſten gruͤſſen auffm Marckt/ will auch zu Tiſch oben an ſitzen/ und die fuͤr=(Matt. 23.) nemſte Sitzin den Zuſam ̅ enkunfften ein= nehmen. Diß HERZ iſt gantz eytel/ wel= ches der armſelige Ehrgeitz/ und die Stre= bung nach Wuͤrden eingenommen hat: Der Ehrgeitz (ſpricht Seneca) iſt ein gantz(Sen. epiſt 25) auff???eblaſnes Ding/ tytel/ windig/ hat we= der Zihl noch End; gleich ſo ſorgfaͤltig/ daß ſie keinen vor ihr ſehe; als daß ſie keinen nach ihr verlaſſe.(Chryſoſt. hom. 4. ad Pop.) Hoͤre wie Chryſoſtomus ſo fein artig die Eytelkeit der Ehren entwerfft: Nichts veraͤchtlichers iſt/ als die Ehr ď Menſchen. Siheſtu nit/ wie die jenige/ ſo Perſonen in den Comœdien und Spilen vertretten/ ſo gar ſchoͤn und ſcheinbarlich angelegt werden? Kanſtu mir ein ſolches anſchau= en in der Warheit zeigen? Gar nit. [132] Biſt du etwan einmahl von Liebe gegen ihr gefangen worden? Nein. Warum? Weil ſie eytel ſeynd/ haben einen Schein der Schoͤne/ ſeynd doch nit ſchoͤn. Gleich= fals iſt die Ehr eytel/ hat gleichwol den Schein der Ehr/ iſt doch kein rechte Ehr. Sag an/ was iſt guts daran/ daß einer von vilen angeſchauet werde? Gleich wie die Larven verbirget den rechten Men= ſchen/ biß auff den Abend; wann aber das Spil ein End hat/ erſcheinet was ein jeg= licher iſt: Alſo auch/ wann du ſchon gar vil von deinem Lob gehoͤret haſt/ aber wide= rum heim komſt/ und allein biſt/ verꝛſchwin= det alle Ehr. Du biſt auff den Marckt kommen/ haſt ein Auffſehen auff dich ge= macht? Was mehr? Nichts/ es iſt alles er= loſchen/ und wie der Rauch vergangen. Was iſt diß umb Gottes willen fuͤr ein Thorheit? wz fuͤr ein groſſe Vnſinnigkeit? Darumen ſollen wir allein auff diß ach= tung geben/ wie uns GOTT lobe. Biß= her Chryſoſtomus. BETRACHTE auch/ wie diſeꝛ Ehr= geitz verglichen werde einem Thjer Cha- (Plin. l. 11. cap. 32.) mæleon genant/ welches/ wie Plinius ſchreibt/ ein ſehr groſſe Blater hat/ und nichts anders darinn: alſo auch die eytele Menſchen/ haben gantz und gar nichts/ [133] als ein auffgeblaßne Bemuͤhung/ und unnuͤtzen Pracht. Gleichwie auch gemel= ter Chamæleon kein andere Speiß und Nahrung hat/ als den Lufft/ und deßwe= gen hat er das Maul alleweil offen: alſo die ein eyteles HERZ haben/ fangen nichts auf/ als den Luft vom gem einen Boͤ= fel/ und eytele Ehr/ mit deren ſie ſich ſpeiſen Der H. Anſelmus aber vergleicht die ehr=(Anſelm. lib. de ſimil. c. 72.) geitzige/ mit den Knaben/ welche den Bon= faͤltern nachlauffen. Dann dieſelbige/ wann ſie ihnen nachlauffen/ uͤber ſtoſſen und verletzen offt die Fuͤß; wann ſie mer= cken/ daß ſie etwan auffgeſeſſen ſeynd/ ſchleichen ſit fein ſtill hinnach/ ſchlagen die Haͤnd zuſammen/ und befleiſſen ſich/ dieſel= be fein heimlich zuerwiſchen: wann ſie a= ber gleich darauff tappen woͤllen/ fliegen die Bonfaͤ???ter gehlingen darvon: So ſie a- ber die ertappen/ erfreuen ſie ſich umbſon= ſten/ und umb nichts/ gleichſam als hetten ſie etwas groſſes erhaſcht: Alſo thun auch die Ehrſuͤchtigen/ zu offtermahlen fallen ſie in groſſe Laſter/ durch welche ſie die Seel heftig verletzen: bißweilen aber/ wann ſie ſe= hen/ daß hohe ehren verhanden/ ſchleichen ſie heimlich darnach/ ob ſie diſe moͤchten erlangen/ und ſo ſie denen zunahen/ erfreu= en ſie ſich und frolocken zum hoͤchſten: [134] wann ſie aber noch naͤher hinzukommen/ und vermeinen/ ſie woͤllens gleich ertappen wiſchen ihnen ſelbige auß den Haͤnden/ und werden andern zutheil wegen einer ſchlechten Vrſach. So ſie nun diſe etwan erlangt haben/ frolocken ſie nit anderſt/ als hetten ſie etwas rechts bekommen; da ſie doch zur Hoͤhe der rechten Ehren nit ge= langen koͤnden. Was kan aber kindiſcher und eytlers erdacht werden/ als diſes? Was iſt die Ehr und Glory anders/ als ein Dunſt; und wie der Prophet ſpricht/ (Iſa. 40. 6. Auguſt. in Pſ. 102.) ein Hew Blumen/ welche gehlingen verdorret/ und abfaͤlt? Dann wie Augu- ſtinus ſpricht/ der gantze Glantz deß me ̅ ſch= lichen Geſchlechts/ Ehr/ Gewalt/ Reich= thum/ Hoffarth/ Trowen/ Auffblaſen/ iſt ein Hewblume. Jetzunder floriret/ und iſt im auffnehmen jenes Geſchlecht/ und Stammen; wie vil Jahr floriert es aber? oder wie vil Jahr ???eben ſie? dir ſeynds gleichwol vil Jahr/ aber vor Gott iſt es ein kleine Zeit/ in Vergleichung der lang= wirigen Zeiten; ein Blum eines jeglichen Stammenhauſes/ iſt gleichwie ein Feld= blum/ die gantze Schoͤne deß Jahrs iſt kaum Jaͤhrlich. Was dorten gruͤnet/ was glantzet/ was ſchoͤn iſt/ komt nit uͤber [135] das Jahr/ ja man kans nit durch dz gantze Jahr bringen/ deßwegen/
Brich Blumen ab/ weil ſie friſch ſeyn:
Denck/ alſo ſey das Leben dein.(Pſ. 4. 3.) O ihr Menſchen Kinder/ wie lang wandelt ihꝛ in Eytelkeiteuers HER ZENS? warum liebet ihꝛ die Ey- telkeit; und ſuchet nit die Warheit? Wohin gehen eure Gedancken/ welche außgehen von euren HERZEN/ als zur eytelkeit/ und falſchen Vnſinnigkeit? Den ̅ (Pſ. 39. 5. Pſ. 93. 11. Eccl. 16. 23.) der HErꝛ weiß die Gedancken der Menſchen/ daß ſie eytel ſeynd. Vnd der klein in ſeinem HERZEN iſt/ ď gedenckt unnuͤtze Ding/ darin taxirt er eure kleine HERZEN/ befleiſſung ď Ey= telkeit/ und zeiget an/ daß ihr ohn HERZ ſeyt/ und kein Verſtand habt. Welcher HERZHAFTE Menſch wolte ſelbigen dingen uachtrachten/ als wann ſie beluſti= glich/ und wahre Guͤtter waͤren/ ſo ſie doch nur eytele ſeynd/ und rechten Schmertzen bringen? dergleichen aber iſt die Befleiſſi= gung der Ehr und Glory. Dann gleich wie der jenige/ welcher den Taba??? Rauch trincket/ ob es ihme ſchon luſtig fuͤrkomt/ [136] ſo trincket er doch nichts als Rauch/ und laſt ein ſtinckenden Geruch von ſich ge= hen/ was folget aber anders darauff/ als Schmertzen; Welchen die triffende Zaͤhre ̅ auß den Augen/ ď Schwindel deß Ha???pts/ und gezwungner Huſten genugſam bezeu= gen? Alſo die jenige/ welche den hohen Eb= ren nachſtreben/ erlangen nichts beſtaͤndi= ges: Sondern gleichwie ſie die eytelkeit geitzig hinein freſſen/ alſo laſſen ſie nichts von ihnen/ als lauter Rauch der eytelkeit/ und an ſtatt der geſuchten ehr/ erlangen ſie offt nichts als lauter Schand und Spott. (Pſ 51. 9.) Gott woͤlle von unſerm HERZEN ab= wenden die Verblendung duer eytelkeit/ und ihme verleyhen/ daß es nit maͤchtig werde in ſeiner eytelkeit. Ich empfinde (Auguſt. lib. ???. de Trinit.) (ſpricht Auguſtinns) wie vilerley Ding dz Menſchliche HERZ erdichte: Vnd was iſt mein HERZ anderſt/ als ein Menſch= liches HERZ? ſondern diſes bitte ich/ Gott meines HERZENS/ daß ich nichts ſolches erdichtes/ fuͤr etwas rechige= ſchaffenes von mir gebe. BETRACHTE nachmahln/ wie unſer HERZ gleich ſey einem Rauch faß/ oder einer vollen Glutpfannen/ was du jetzt darauff legeſt/ das nimt es an/ und gleichwie/ ſo du in das rauch faß koͤſtliche [137] Rauchzeltlein legeſt/ wird das gantze Hauß von dem lieblichen Rauch und Ge= ruch voll werden; ſo du aber Schwefel darein ihun wurdeſt/ wird es gantz mit ab= ſchewlichem Geſtanck erfuͤllet werden. Alſo ergehet es gaͤntzlich auch unſerem HERZEN: wann es mit heylſamen Betrachtungen bemühet iſt; werd es von dem Leyden Chriſti/ von den Gutthaten(Pſ. 144. 7.) Gottes die Gedaͤchtnuß der groſſen uͤber= fluͤſſigen Suͤſſigkeit außſagen; ſo du aber von eytelkeiten der Welt/ von Sceptern/ Kronen/ groſſen ehren/ hohen Wuͤrden und deꝛgleichen Dingen in deinem HER= ZEN wuͤrdeſt dichten und erachten/ wird nichts/ als nur ein ſtinck=oder Rauch vom ſelben herauß gehen. Deßwegen??? O mein Seel! wende dein HERZ nit auff Ey= telkeit/ und unnuͤtze Ding; ſondern trachte von gantzem HERZEN nach den wah= ren Guͤtt???rn/ mit denen die Seel geſptiſet wird: dann hohe Ehren moͤgen dich nit beſſer machen; ſondern ſo du Beluſtigung darinn haſt/ werden ſie dich ohne zweiffel nur boͤſer machen. Gib in diſen fall Glau= ben Salomont. Demnach er die Hochheit deß Koͤnigreichs/ die groͤſte Reichtumber/ ehr und Ruhm in deꝛ gantze ̅ Welt/ und alle Wolluͤſt/ deren ein menſchliches HERZ [138] genieſſen kunde/ erfahren hette/ hat er gleichſam als von einem hohen Predig= ſtul/ was er von allen diſen Dingen hielte/ (Eccleſ. 1. 1.) alſo außgeruffen: Es iſt alles gantz ey- tel/ es iſt alles gantz eytel. Was hat der Menſch mehr von aller ſeiner Ar- beit/ darmit er umgeht under ď Son- (Ib. 11. 8.) nen? Vnd abermal: Wann ein Menſch lange Zeit lebet/ und iſt froͤlig in allen diſen Dingen/ ſo ſoll er doch gedencke ̅ der tunckelen Zeit/ die ſovil Taͤg hat: Dann wann ſie kom ̅ en/ werden alle vergangene Ding als eytel bewiſen werden. Darnach beſchlieſt ers ſpottweiß alſo: Darum frew dich Juͤngling in deiner Jugend/ und laß dein HERZ guter Ding ſeyn in deiner Jugend. Thue was dein HERZ luͤſtet/ und deinen Augen gefaͤlt; und wiſſe/ daß dich GOttt umb diß aͤlles wird fuͤr Gericht fuͤhren. Dann Ju- gend/ und Wolluͤſt ſeynd eytel.
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CORDIS AGGRAVATIO. Filii hominum uſquequô graui CORDE? P???al. ??? ???apula et ebrictas, ſolidi duo pondera plumbi, Nata polo, ſurſum tendere, CORDA vitā.

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Die III. Lection. CORDIS GRAVITAS

Die Beſchwaͤrde deß HERZENS.


Ihr Menſchen Kindeꝛ/ wie lang wolt ihr eines ſchwaͤre ̅ HERZENS ſeyn? Pſalm. 4. 3. BETRACHTE ERST= LICH/ wie jener unſer Vatter ď(Lect. lib. 2. cap. 1.) e???tzige und alleinige Gott/ als La- ctantius ſpricht/ da er den Menſchen er= ſchufft/ das iſt/ ein verſtaͤndiges und ď Veꝛ nunfft gefaͤhiges Tyier/ hat er ihn von der Erden erhebt/ und zur contemplirung ſei= nes Erſch affers auffgericht: welches gar wol der ſcharffſinnige Poët angedeutet:
All Thier ſchauen die Erden an/(Ovidius Metam.)
Allein der Menſch deß Himmels Plan. Deß wegen haben ihn die Griechen AN- THROPON gene ̅ t/ weil er uͤber ſich ſihet. Gott aber hat gewoͤlt/ daß wir den Him- mel anſchauen ſdllen/ freylich nit verge= benlich/ dann die Voͤgel/ und faſt alle ſtumme Ding/ ſehen den Himmel an: [140] uns Menſchen aber iſt eigentlich verlihen worden/ den Himmel auffrecht und ſte= hend anzuſchauen/ daß wir die Religion und Glauben daſelbſten ſuchen/ auch Gott den Allmaͤchtigen/ der ſeinen Sitz alldor= ten hat/ den wir mit Augen nit ſehen koͤn= nen/ durch das Gemuͤth contempliren und beſchauen moͤgen. Damit wir aber diſes thun koͤnnen/ ſoll ſich unſer HERZ uͤber ſich richten. Dann jene wider ſagen ihnen ſelber/ und verlaugnen den Namen eines Menſchens/ welche nit uͤberſich/ ſondern allein underſich ſehen; in dem die armſelige Menſchen auff der eroen umb= geweltzet werden/ und ſuchen/ was ſie in der Hoͤhe ſuchen ſolten. Warum dann ſoll das menſchliche HERZ diſen undern Dingen underworffen ſeyn? warum ſe= tzet der Menſch die erden uͤber ſein Haupt? Vilmehr ſoll er den Himmel anſchauen/ zu deſſen Beſchawung in/ der hoͤchſte Mei= ſter/ der wahre Gott erwecket und anreizet. Er hat das Geſicht uͤberſich erſchaffen/ da= mit das HERZ auch ſich uͤber ſich erhe= bet: und der armſelige Menſch auß eigner Boßheit neiget ſich gegen der erden/ und wirfft ſich freywillig zu Boden: das hohe Gemuͤt/ welches ſambt dem Leib zu ſei= nem Vatter uͤber ſich ſtehen ſoll/ drucket es [141] nider/ gleichſam reuet es ihn/ daß er kein vierfuͤſſiges Thier worden ſey. Deßwegen ſchreibt Boëtius gar recht:(Boët. de Conſol. Metro. ???.)
Der du gen Himmel wendſt das Gſicht/
Solſt nicht achten/ wies unden ſicht:
Sondern dz Gmuͤt gen Himmel heben/
Daß ſich nicht geb zum boͤſen Le- ben. Der halben uͤber ſich mit dem HERZEN uͤber ſich mit dem Gemuͤth/ ja der gantze Menſch ſoll ſich auffheben/ auff daß er ſich mit ſein em Erſchaffer vereinigt. BETRACTE fuͤrs ander/ damit dz HERZ ſich uͤber ſich erheben koͤnde/ müſſe es ring/ und von uͤberſchwaͤrtem Laſt der Suͤnden frey ſeyn; dann die ringen Din??? fahren uͤber ſich/ die ſchweren aber tringen underſich. Darum gleichwie es den jeni= gen/ ſo mit dem leidigen Podagra behafft ſeynd/ oder ſonſten boͤſt Fuͤß haben/ nichts hilfft/ wann ſchon der uͤbrige Leib ringfer- tig iſt: Alſo auch/ wann unſer HERZ nit ring iſt/ wird es nit uͤber ſich gen Him- mel ſteigen. Deßwegen ſoll man auff das [142] allerfleiſſigſle ſich huͤten vor Beſchwaͤrung deß HERZENS: welches der Koͤnigli= che Prophet ermanet hat/ da er geſprochen: (Pſ. 4. 4.) Ihr Menſchen Kinder/ wie lang wolt ihr eines ſchwaͤren HERZENS ſeyn? Welche ſeynd aber eines ſchwaͤren HERZENS/ als die jenige/ welche ein (Zach. 5. 7.) Centner Bley der Gottloſigkeit auff ihren HERZEN tragen/ auch ſelbigen nit ab= legen/ damit ſie das ſuͤſſe Joch Chriſti/ und (Matt. 11. 29.) ſein leichte Buͤrde auff ſich nehmen? Was vergleicht ſich aber beſſer mit den Suͤnden/ als der Name der Buͤrden/ oder Laſts; mit welcher nemlich der Suͤnder alſo belaͤſti= (Exod. 15. 10) get biß in die Tieffe der Hoͤlten verſenckt wird/ wie das Bley in maͤchtigen Waſ= fern? Dahero mahnet der Apoſtel/ daß wir ablegen ſollen/ alles was uns drucket/ und (Heb. 12. 1.) die anklebende Suͤnd. Der buͤſſende Da- vid beweynet auch und beklagt ſeine Miſ= (Pſ. 37. 5.) ſethaten/ ſie ſeyen über ſein Haupt gan= gen/ w??? ein ſehwerer Laſt ſeyn ſie thme zuſchwer worden. Deßwegen ſey er von ſolchenꝛ La??? gantz under ſich gekruͤmt wor- den/ als er???cht: Ich bin krumm und ſehr elend worden. Dann ein jeglicher Suͤnder iſt recht elend/ und gantz ungluͤck= ſ???g/ der ſich alſo treff zur Erden neyget/ [143] daß er ſich den boͤſen Geiſtern an ſtatt einer Brucken underleget/ vnd gleichſam were er von jhnen uͤberwunden/ laͤſt er ſich mit Fuͤſſen tretten. Diß iſt nemlich/ was(Jſa. 51. 23.) der Herꝛ bey den Jeſata ſpricht: Die dich haben gedemuͤtiget/ ſagten zu deiner Seel/ buck dich/ daß wir uͤber dich hingehen. Vnd du haſt deinen Leib zur Erden gelegt/ und wie zu einem Weg ergeben/ denen die daruͤber ge- hen. Welche Wort Gregorius alſo auß= legt: Wir geben den boͤſen Geiſtern Platz in uns/ wann wir die jrꝛdiſche Ding be= gehren/ wann wir uns bucken die zeitliche Ding zubekommen. Darumb ſollen wir uns ſchaͤmen/ die jrꝛdiſche Ding zubegeh= ren/ und den Rucken der Gemuͤter den Feinden darzubiten/ das ſie darauff ſtei- gen koͤnden. Wer wolt nit mit Porſio außſchreyen:
O kruͤmbte Seelen biß zur Erdt/
Von himmliſch - Dingen auß= gelaͤrt! Oder vil mehr mit David ſingen: Ihr Menſchnn Kinder/ wie lang/ wolt jhr eines ſchwaͤre ̅ HERZENS ſeyn? [144] (Pſ. 4. 3.) rumb liebet jhr die Eytelkeit/ und (Chryſoſt. in Pſal. 4.) ſuchet die Lugen? Dann wie Chryſo= ſtomus lehret/ hat David gar wol geredt/ in dem er geſagt: ein ſchweres HERZ ſey die Vrſach aller Vbel/ welches an ſtatt deß Fuhrmans ſeyn ſoll/ aber nit all ein das Roß nit jnhalte/ ſondern auch underſich ſtuͤrtze. So man auch dem Fleiſch Fluͤgel machen ſolte/ da wirdt es erſt durch den Laſt der Kranckheiten undertrucket. So dann der Fuhrman und Regent alſo be= ſchaffen iſt/ was kan fuͤr ein Hoffnung deß Heils verhanden ſeyn? Darumb ſo laſ= ſet uns kein ſchweres HERZ machen/ damit es nit/ wie die Schiff/ wann ſie zu faſt mit groben Sand beſchweret ſeynd/ verſencke/ und zu grund gehe. BETRACHTE zum dritten/ Chꝛi- ſtus der Herꝛ habe im Evangelio g???leh= ret/ welche Ding zum allermehreſten das HERZ ſchwer machen; da er geſprochen: (Luc. 21. 34.) Huͤtet euch/ dz euer HERZEN nit beſchweret werden mit Freſſen und Sauffen/ und mit Sorge ̅ diſes Le- bens. Dann gleich wie ein Schiff/ ſpricht (Chryſoſt. hom. 9. in Gen.) Chryſoſtomus/ ſo mit Waſſer angefuͤllt/ daß mans nit außſchoͤpffen kan/ von ſtundan verſinckt und undergehet: Alſo [145] auch der Menſch/ wann er ſich von dem Fꝛaß und Fuͤllerey uͤbergehen leſt/ gehet zugrund/ und verſenckt ſein Vernunfft. Widerum ̅ an einem andern Orth: Gleich(Hom. 45. in Matth.) wie ein Knecht/ wann jhme was uͤber ſeine Kraͤfften aufferlegt worden/ ſeinem Herꝛn unverſchamter weiß fluchet: Alſo auch/ wann der Bauch gar uͤberfuͤllt iſt/ verderbt er das Gemuͤt und die Gedancken; daher dann komt/ daß es ſich nit recht erkennen(Aug. lib. qq. vet. & noui teſt. q. 10.) kan. Entgegen aber/ wie Auguſtinus ſagt: Wann die Seel von Eſſen und Trincken ledig iſt/ alsdann erkennt es ſich weit beſ= fer. Gleicherweiß wie in einem unſaubern Spiegel ſich der Menſch nit alſo ſicht wie et iſt; alſo auch/ wann einer mit Eſſen und Trincken beſchwert iſt/ empfindet er ſich anderſt/ als er iſt. Alſo alle gute Ge= dancken/ welche das faſtende un ̅ nuͤchtere Gemuͤt leichtlich faſſet/ behelt/ und ins Werck richtet; werden allein durch den Fraß überfallen/ erſtoͤckt/ un ̅ außgeloͤſcht. Dann gleich wie eines Hungerigen Ge= muͤth/ ſpricht S. Maximus, jhme Brodt(Max. l. 2. de charit.) einbildet/ und eines Durſtigen/ Waſſer: alſo das Gemuͤth eines Gefraͤſſigen/ und der nur ſeinem Bauch abwartet/ gedenckt an allerley ſchleckhafftige Speiſen; Das Gemuͤth eines Freſſers ſtecket ſtets in der [146] Schuͤſſel/ und komt nie auß der Kuͤchen. (Tert. lib. cont. Pſy- chic,) Von der gleichen redet Tertullia nus, gar ſchoͤn: Ihr gantze Liebe ſiedet in den Haͤ= fen/ der gantze Glaub brinnet in der Ku= (Phil. 3 19) chen/ die gantze Hoffnung ligt in den Trachten/ deren GOtt der Bauch iſt/ die Lungen der Tempel/ der Magen der Al= (Nyſſ. lib. de Virg. cap. 5.) tar/ der Prieſter iſt der Koch. Nyſſenus vergleicht dergleichen den Woluſt er geb= ne Menſchen mit den Schweinen: Dann gleich wie der Schweinen Augen von Na= tur auff die Erden ſchawen/ kein Geſicht nach himmliſchen Dingen haben; alſo weil das Gemuͤth/ ſo durch fleiſchliche Wollüſten verderbt iſt/ zu nidrigen vnd viehiſchen Dingen ſich neiget/ kan es nit mehr den Himmel/ noch die Zierde vnnd Vergietchung anderer Dingen anſehen. Der jenige nemlich/ welcher ein ſchweres HERZ hat/ ſo an der Erde ̅ hafftet/ wirdt alſo viehiſch vnd wild; daß Chryſoſtomus fuͤr recht vn ̅ billich achtet/ daß man ſolches ein kottiges HERZ nennen ſoll. BETRACHTE zum vierdten/ wie auß Fraß vnd Fuͤllerey/ als fruchtbaren Elteren/ ein andere Schwaͤre deß HER= ZENS gebore ̅ werde/ mit welcher es nem lich durch Geylheit der Erden angehefftet/ oder vil mehr in die Tieffe der Erden be [147] graben wird: Alſo wird der Menſch von aller Witz und Verſtand verlaſſen/ nit anderſt/ als were er ſeines HERZENS berauber. Solches/ wie wir leſen/ iſt dem al lerweiſeſten Salomon wider fahren/ dann als ihme Gott nach ſeinem Wunſch und(3. Reg. 3. 12.) Begehren ein weiſes und verſtaͤndiges HERZ geben hatte/ alſo daß ſeines glei= chen vor ihme nit geweſen iſt/ und nach ihme nit auffkommen wird (dahero auch geſagt wird/ daß er empfangen hab ſehr(3. Reg. 4. 2???) groſſe Weißheit und Verſtand/ und ein weites HERZ/ wie Sand/ der am Vfer deß Meers ligt) jedoch/ ſo iſt deſſen ſo ge= waltigen Koͤnigs HERZ verführt wor???(3. Reg. 11. 4.) den von den Welbern/ daß er frembden Goͤttern nachhieng/ und ſein HERZ nit gantz war mit dem Herrn ſeinem Gott wie das HERZ ſeines Vatters Davids. So hat derhalben die Geylheit jenen allerwei= ſeſten Koͤnig von ſelbiger Hoͤhe deß HER= ZENS geſtuͤrtzet; und ſo unwitzig ge= macht/ daß er Abgoͤttiſche Tempel fuͤr ſei- ner Weiber Goͤtter aufferbauet. Deſſen Vrſach gibt Bernardus: daß der fleiſchli=(Bernard. de nat. amor. c 1.) chen Menſchen HERZ mit Geilhett be= ſchweret/ in ihren Bauch hinundeꝛ gefallen und vihiſch worde ̅ ; dan ̅ als er den Spruch deß Pſalmiſten außlegete Mein HERZ(Pſ. 21. 15.) [148] iſt worden in meinem Leibe wie zer= ſch moltzen Wachs; ſetzet er darzu: Das HERZ liget an einem engen Theil deß Leibs/ da es gleichfam in deꝛ mitten die Hoͤ= h??? ď obern Sinnen/ und die Gemeinſchaft deß undern Leibs/ als deß ſchlechtern Poͤ= fels/ ſambt dem gantzen Hauffen der Ge= dancken und Wercken regieret und auß= theilet. Aber von dem Feur der fleiſchli= chen Begierligkeit/ iſt es durch unordenli= che Linde zerſchmoltzen/ in Bauch gefloſ= ſen/ nemlich mitten in Leib/ als welchem nichts ſchmecket/ dann allein was den Bauch angehet/ und von dem Bauch in den undern Theil deß Leibs alles verkeh= ret/ alles verderbet/ die natuͤrliche Anmu= tung der Liebe veraͤnderet in ein viehiſche Begieꝛligkeit deß Fleiſches; alſo daß es nit allein ſich underſtehet/ unzimliche Ding zubegehren/ mit Schmach deß Leibs/ ſon= dern auch in dem es alſo ſeines alten Adels vergißt/ als welches erſchaffen war/ Gott allein zudienen/ wird es von ſeinen Schaͤn dern vilmehr fuͤr ein natuͤrliche Wohnung der Geylheit/ und Hurenhauß aller La- ſtern gehalten. Die jenige ſeynd warlich unſeelige Menſchen/ welche wider ihr an= geborne Natur ſich ſelber alſo ſchlecht und gering/ ja veraͤchtlich gemacht haben/ daß [149] ſie das Orth ihrer Seelen/ daß Gott dem Schoͤpffer eigenthumblich zugehoͤrt/ und mit keiner Creatur ſolte theilhafftig ge= macht worden ſeyn/ zum Sitz deß Satans und Behalter alles Vnflats/ und Vnrei- nigkeit machen. BETRACTE zum fuͤnfften/ wider diſe ſchaͤdliche Schwaͤre deß HER= ZENS ſey die beſte Artzney/ wann wir ſolches abwenden von den Wolluͤſten/ un ̅ ſeinen unordentlichen Begierligkeiten ſtand hafftig widerſtreben. Dan ̅ mit ď gan=(Iſid Clar. orat. ???9.) tzen Gemeinſchaft ď Seelen und deß Leibs/ hat es ein Geſtallt/ wie mit dem Gewicht/ ſpricht Clarius; je mehr man dem einen aufferlaͤd/ je mehr gehet dem andern ab: daß jemehr der Leib ernaͤhret wird/ je fe= ſter wird die Seel geſchwaͤchet. Wann(2. Cor. 4. 16) unſ???r euſſerlicher Menſch vergehet/ ???o wird doch der innerlich von Tag zu Tag erneuert/ Wie der Apoſtel ſchriffilich hinderlaſſen. Deßwegen ſoll man dem Leib abbrechen/ damit der inner= lich Menſch des HERZENS geſtaͤrckt werde. Vnſer HERZ ſchiffet in Meer di= ſer Welt/ iſt vil tauſenden Gefahren unď= worffen: darumen ſo es zu faſt geſchwe= ret wird/ muß mans entladen/ damit es [150] an das Geſtatt deß him ̅ liſche ̅ Vatterlands ſeeliglich anlange. Dan ̅ die Schiffleuth/ ſo deß Vngewitters gewahr werden/ und ſich eines Schiffbruchs beſorgen/ pflegen alles was im Schiff iſt/ in das Waſſer hinauß zuwerffen/ damit ſie nit ſamt dem Schiff verſincken/ und zu grund gehen. Der gleichen ſollen wir auch thun/ weil wir alle Stund eines erſchroͤcklichen Vnge= witters gewaͤrtig ſeynd/ nemlich deß Todts; und deß darauff volgenden Ge= (Job. 1. 23.) richts Gottes/ ſo Jedermaͤn ̅ iglich zufoͤrch= ten iſt/ von welchem Job ſaget: Ich foͤrcht allezeit Gott/ wie die auffwaͤl- lende Waſſer. Was ſollen dann wir thun? wir muͤſſen die Wahren der welt= lichen Wolluͤſten/ und eytele Sorgen diſes Lebens von uns werffen. Die Be= ſchwernuß deß Schiffes werffen wir von uns/ als die vom Vngewitter uͤberfallen/ (Gleg loc. cit. in lob.) (ſpricht Gregorius) wann wir von dem beſchwaͤrten Gemuͤth die jrꝛdiſche Begir= den hinnehmen; alsdann/ wann das Schiffentladen iſt/ geſchicht/ daß hinauß ſchwimmet der/ welcher ſonſten alſo be= laden/ wurde undergangen ſeyn: ſeytemahl die Sorgen/ welche in diſem Leben under= trucken/ das Gemuͤth in die Tiefft ziehen. [151] Es wurde zwar gar gelegenlich ſeyn/ daß ein jeglicher ſich erforſchet jaͤhrlich/ ja alle Monat/ oder Wochen/ was fuͤr Wolluͤſt/ Soꝛgen/ und Soꝛgfaͤltigkeiten dz HERZ am allermeiſten beſchweren/ und ſelbige/ wann er kunte/ gantz und gar abſchnitte: oder zum wenigſten/ zum theil ſchmaͤlerte(2. Reg. 14. 26.) und abbreche. Alſo leſen wir deſſen ein Fi= gur/ wie Abſalon/ wann ihm das Haar zuſchwer wurd/ ſolches alle Jahr einmahl abſcheren/ und nach dem Koͤniglichen Ge= wicht waͤgen lieſſe. Was ligt under ſol= chem fuͤr ein Geheimnuß verborgen/ und was bedeutet es anders/ als daß wir die Wollüſt der zeitlichen Dingen/ welche un= ſer HERZ beſchweren/ als vil moͤglich iſt/ abſchneyden/ auch die vorgangent nit nach unſerm Affect oder Anmutung/ nit nach verderbtem Vrtheil deß HERZENS/ ſondern nach dem Gewicht oder Vrtheil der Heyligen und Gottes ſelber erwegen; und ſie fuͤr nichts (wie ſie dann in der Warheit ſeyn) halten/ auch nicht eines Haars werth ach= ten?
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Die IV. Lection. CORDIS AVARITIA.

Der Geitz deß HERZENS.


Faͤllet euch Reichthum zu/ ſo haͤngt das HERZ nit daran. Pſ. 61. 11. BETRACHTE Erſtlich/ wie un= der den Verhindernuſſen/ welche unſer HERZ ſonďlich von Gott abwenden/ und an die Erden hefften/ fuͤr= nemlich die Reichthumen ſeyn; nun aber die Forcht ſolche zuverliehren/ oder die Sorg ſelbige zubehalten/ nehmen deß Menſchen Gemuͤth alſo gantz und gar (Sen. Ep iſt. 18. & 7.) ein/ daß der Goͤttlichen Guͤte kein Orth darin uͤberbleibt. Dann kein anderer/ wie Seneca ſpricht/ iſt GOttes werth/ als der die Reichthumen verachtet. So du dem Gemuͤth abwarten wilſt/ muſt du entwe= der Arm ſeyn/ oder einem Armen gleich. Wann man einen Demant neben einem Magnet ſtellet/ laſt er das Eyſen nicht anziehen oder wanns der Magnet ergreif= fet/ reiſſet es der Demant entgegegen zu ſich/ und nimts hinweg: Alſo die Begier= de des Gelts iſt der Chriſtlichen Gotts=???
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CORDIS AVARITIA. Diuitiæ ſi affluant, nolite COR apponere: Pſal. 61. Cor vbi ſit, quęris vaga et excors? ſcilicet hic est Eſt vbi, quod praprio plus tibi corde placet.

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???forcht zuwider/ und auff allerley Weg macht ſie abwendig/ und laßt ſich nicht zu Chriſto heben. Chriſtus ſelber wird ge- nennt und iſt die Sonn der Gerech= tigkeit/ welche nur von einem reinen Aug mag angeſehen werden/ wie geſchrieben ſtehet: Seelig/ die eines reinen HER- ZENS ſeynd/ dan ̅ ſie werden Gott(Matth. 5 8,) anſchauen. Wann aber die Laͤſte der Reichthumen unſere Augen verblenden/ ſo verhindern ſie die Straalen diſer Goͤtt= lichen Sonnen/ nit anderſt als ein Wand/ daß ſie nit in unſer Gemüth einflieſſen; nit anderſt als wann der Schatten von der Erden zwiſchen der Sonnen vnnd Monn einfaͤllt/ und mit ſeiner Dunckelt ein Finſternuß verurſacht. Daher geſchicht daß die ſich auff Reichthum begeben/ vil mehr Knecht und Diener/ als Herren derſelben ſeynd; auch vil mehr von ihnen beſeſſen werden/ als daß ſie dieſelbige be=(Franc. Pe- trarcha. dial. 53.) ſitzen. Petrarcha ſpricht: Du wuͤrdeſt vil mehr Leuth finden/ welche durch den Spruch deß Propheten getroffen werden/ in dem er ſie mehr nennet/ Maͤnner der Reichthumen/ als Reichthumen der Maͤnner. Weil nemlich die verblende Begierligkeit/ und Nidertraͤchtigkeit deß [154] Gemuͤths/ auß Herren Knecht macht (Pſ. 75. 6.) Sie haben geſchlaffen ihren Schlaff ſpricht der Koͤnigliche Prophet David/ und alle Maͤnner der Reichthum ha??? ben nichts funden in ihren Haͤnden. Diſe ſeynd warlich ungluͤckhaffte Maͤnner der Reichthumben/ ja vil mehr der ſelben rechte Selaven/ deß Mammons/ und deß Abgotts der Reichthumen Dienſt= barkett ergeben/ welche das himmliſche Erbgut verabſaumen. Weit anderſt war (Horat. l. 1. Epiſt. 1.) beſchaffen der Heydniſche Poët, der ſprach:
Ich thu mich diß befleiſſen ſehr/
Daß ich ſey meines Guts ein Herꝛ. (Ambr. de Nabut. cap. 1.) Ambroſ ſpricht: Die arme Dienſtknecht/ haben einen leidenlichern Stand/ dieweil ſie den Menſchen dienen/ die Reichen a= ber dem Mammon und ď Suͤnden/ ſeynd allzeit verſtrickt und gebunden. BETRACHTE fuͤrs ander/ daß die Reichthumen an ihnen ſelber nit boͤß ſeyn/ auch die Schuld und Suͤnd nit an ihnen lige: ſondern daß die Begierligkeit derſelben boͤß ſey. Deßwegen mahnet der Pſalmiſt (Pſ. 61. 11.) gar recht/ da er ſpricht: Flieſſet euch [155] Reichthum zu/ ſo haͤnget dz HERZ nit daran. Baſilius befilcht/ man ſolle mit Verwunderung diſes Wort in acht nehmen/ und wol mercken/ daß die Reich= thumen ihre Beſitzer geſchwinder als ein reiſſender Fluß fuͤrlauffen/ und auff man= cherley Weiß einen nach dem andern zu ihren Knechten mache ̅ : gleich wie ein Fluß/ ſo von der Hoͤhe herunder faͤllt/ gaͤhlingen daher laufft/ und von ſtund an wider ab= weichet: es ſey auch weit moͤglicher/ daß du ein Waſſer in der Hand behalteſt/ als daß du die Reichthumen beſtaͤndiglich er= halteſt. Elias/ ſo uͤber den Nazianzenum(Elias, orat. 43.) geſchriben/ ſagt/ daß gleich wie nit moͤglich iſt/ daß der jenige/ ſo ein Waſſer mit der Hand auffgefangen hat/ und dieſelbe zu= truckt/ es darinn erhalte (dann es wird zwiſchen den Fingern durchlauffen) alſo auch/ wann du die unbeſtaͤndige Reich- thumen erhalten wilſt/ werden ſie durch= ſchlieffen. Vnd diß iſt die Vrſach/ warum man das HERZ nit an die Reichthumen hencken ſoll/ dieweil ſie ſchlipfferig ſeynd/ damit nit auch das HERZ darmit auß= flieſſe und entwiſche. Siheſt du nit/ ſpricht(Aug. in Pſa??? 61. & 88.) Auguſtinus/ daß wann du das HERZ dahin ſetzeſt/ daß du gleichfals verflieſſen wuͤrdeſt? Dann gleich wie die Fluͤß ins [156] Meer lauffen: Alſo fallen die geitzige Men= (2. Tim. 6. 9.) ſchen in die Bitterkeit diſer Welt. Deß. wegen hat der Apoſtel gar recht und wol geſagt: Die da Reich werden woͤllen/ die fallen in Verſuchung und Strick deß Teuffels/ und in vil toͤrichte und ſchaͤdliche Luͤſte/ welche verſencken die Menſchen ins Verderben und Ver= damnuß. Wer ſoll ihme dann nit ſehr foͤrchten/ daß nit das an die Reichthum angehefftes HERZ/ von ihnen/ gleich als von einem Muͤhlſtein/ in die Tieffe deß Abgrunds gezogen/ und gantz und gar verſencket werde? Erwige aber/ was die Weiß zureden bedeute/ das HERZ anhencken; dann es iſt gleich ſo vil geſagt/ als ein Ding hoch ſchaͤtzen/ in groſſe obacht nehmen/ wie auß andern Stellen der (Job. 7. 17.) Schrifft genugſam offenbar iſt. Dann alſo ſprach Job zum HErren: Was iſt ein Menſch/ daß du ihn groß machſt? Vnd waꝛum ſchlaͤgſtu dein HERZ (Prov. 12. 17 Eccleſ. 8. 16.) zu ihm? Alſo mahnet der weiſe Mann: Nimme zu HERZEN meine Lehre Vnd Salomon ſpricht von ihme ſelber: Ich gab meine ̅ HERZEN zuwiſſe ̅ [157] die Weißheit. Entgegen aber wird von dem erharteten Pharao/ welcher das Tro= hen Moſis und Aarons/ ja vil mehr Got= tes ſelber verachtet/ geſprochen: Vnnd(exod. 7. 23.) Pharao wand ſich/ und gieng heim/ und kehret ſein HERZ noch nit dar- an. Welches gleich ſo vil iſt/ als haͤtte er geſpꝛochen: Er hats nit inacht genommen/ nit darnach gefragt/ ſondern gaͤntzlich ver= achtet. Deßwegen/ wann man die Reich= thum ſchon hat/ ſoll man das HERZ nit daran hencken; oder ſie hoch halten und in acht nehmen. Dann wie Cicero ſagt: Es(Cicero.) iſt kein Ding/ welches ein Anzeigen gibt ei= nes kleinen und engen Gemühts/ als die Reichthumen lieben; es iſt nichts ehrli= chers/ oder großmuͤtigers/ als die Reich= tumen verachten. BETRACTE zum dritten/ Wa= rum man dz HERZ nit ſoll an die Reich= thumen hencken. Die Vrſach zeiget an(Auguſt. Epiſt. 121.) Auguſtinus/ da er an Probam die Witt= frauen alſo ſchreibet: Es gehoͤret auch under deine Wittfraͤuliche Sorg/ daß wann dir Reichthumen zufallen/ du das HERZ nit daran haͤngeſt/ damit es nit darinn verfaule und ſterbe/ welches ſon= ſten überſich ſtehen/ und leben ſolte. Du [158] (Pſ 21. 27.) ſolleſt dich under derjenigen Zahl rechnen/ von denen geſchriben ſtebet: Ihre HER ZEN werden ewig leben. Darum ſtirbt das jenige HERZ/ welches ſich an die Reichthumen anhaͤnget. Wie ſolte daſ= ſelbig leben koͤnnen/ wann es von dem Leib und der Seelen alſo weit abgeſoͤndert iſt? Weil nit zuvermuhten iſt/ daß es im (Matth. 6. 21 In vit. apud Sur. tom. 3.) Leib ſey/ da es den Reichthumen ſo faſt anhanget: Dann wo dein Schatz iſt/ ſpricht Chriſtus/ daſelbſten wird auch dein HERZ ſeyn. Welches der heilige Antonius von Padua durch ein klares Exempel erwiſen hat. Dann als er auff die Graͤbnuß eines Wucherers/ obange= zogne Wort Chriſti in der Predigt außle= get/ ſprach er under andern: Diſer reicht Mann iſt geſtorben/ und in die Hoͤllen be= graben worden; gehet hin zu ſeinem Schatz/ mitten darinn werdet ihr ſein HERZ fin= den. Da nun der Leib begraben war/ gien= gen ſeine Freund/ und Verwanden hin/ (Conc. de cordis mundit.) und fanden dz noch warme HERZ mit= ten under dem Gelt. Dergleichen Exem= pel???ſchreibet auch Gabriel Inchino/ von einem Geitzhalß/ demnach ſolcher vil Reich= thumen zuſammen geſcharret/ gaͤhlingen geſtorben iſt: als nun die Freund gern [159] wiſſen wolten/ an was fuͤr einer Kranck= heit er geſtorben were/ haben ſie den Leib auffſchneiden laſſen/ aber das HERZ nit darinn gefunden/ darob ſie ſehr erſchro= cken ſeynd/ dem Kaſten/ darin ̅ ſeine Schaͤtz eingeſpert waren/ zugeloffen/ haben den= ſelben auffgeſperꝛt/ vnnd das HERZ da= ſelbſten gefunden; aber vnder deß Teuffels Klawen/ der in Geſtalt eines Drachens auff den Schaͤtzen ſaſſe/ vnd mit den Klau= en das armſeelige HERZ deſſelben Geitzhalß zerꝛiſſe/ zernaget; vnd ſie mit der= gleichen Worten anſprache: Ewr Freund hat mir wegen deß Goldts vnd Silbers diſes ſein HERZ verkaufft/ vnd deßwe- gen iſt es billig mein/ vnd nit ſein/ vnd ge= buͤhret mir darmit zuthun was ich will: Gott hat diß alſo zugeſchehen verhenget/ maͤnniglich dardurch fuͤr Augen zuſtellen/ daß jener Evangeliſche Spruch gantz(Matth. 6. 21.) wahr were: Wo dein Schatz iſt/ da iſt auch dein HERZ. BETRACHTE zum vierdten/ daß noch andere Brſachen ſeyn/ warumb man das HTRZ nit ſoll an die Reichthumben hengen; welche Chriſtus der Herꝛ ange= deuͤtet hat/ als er geſagt/ ſie ſeyen gleich(luc. ???. 6.) den Doͤrnern/ welche das Wort Got [160] tes (lud. de vit. Chriſt. p. 1. c. 64.) erſtecken. Ein Dorn erwecket erſtlich einen Schmertzen/ wann er eingetruckt wirdt/ widerum ſo er ſtecken bleibt/ und dann wann er außgezogen wirdt: alſo werden die Reichthumen mit groſſer Muͤhe bekommen/ mit noch groͤſſerer Forcht behalten/ vnnd mit hoͤchſtem Schmertzen verlohren; nach dem Spruch (Bem. Ser. de converſ. ad Cler. cap. 12.) deß heiligen Bernhardt: Die Liebe der Reichthumen peyniget die Seel weit veſter mit der Beguͤrde; als daß ſie diſe erquicken durch den Gebrauch; weil deren Erlangung voller Muhe/ die Beſitzung aber voller Forcht/ und der Verluſt voller Schmertzen iſt. Zum andern/ gleich wie man die Doͤrner nit kan auffheben/ daß ſie nit die Hand verletzen: Alſo kan man auch ſchwerlich Reichthumb be kommen/ daß nit die Seel verletzt werde. Zum drit= ten/ gleich wie die Doͤrner nur mit jhrem eüſſerſten Spitz ſtechen/ ſo doch der vbrige Theilglat/ vnd wol zuberuͤhren iſt: Alſo auch laſſen ſich die Reichthumbe ̅ jetzunder fuͤr ſuͤß vnd lieblich anſehen; aber im Todt ſtechen ſie erſchroͤcklich/ alſo daß ſie das Blut auß de ̅ HERZEN trucken. Kein Menſch ſtirbet mit groͤſſerm Schmertzen/ als ein Geitzhalß. Daher ſpricht der weiſe (Eccl. 411.) Mann: O Todt/ wie bitter iſt dein [161] Gedaͤchtnuß dem Menſchen/ ď gute Taͤg/ und gnug hat/ und ohn Sorg lebet/ Zum vierden/ welcher die Doͤrner mit flacher und offner Hand haltet/ wird von ihren Spitzen nit geſtochen: ſo er aber die Hand zuthut/ je feſter ers zutruckt/ je mehr wird er verwundet: Alſo wann man die Reichthumen mit freygebiger offner Hand traget/ ſeynd ſie nit ſchaͤdlich/ ſon= dern ein Vrſach deß Verdienſts; ſo du ſie aber ſtarck zutruckeſt/ geitzig innhaltſt/ und laͤſſeſt ſie ſchwaͤrlich von dir/ nit anderſt als weꝛe es ein Theil von deinem HERZEN von ſtund an verwunden ſie dein Gemuͤth mit toͤdliche ̅ Stichen. Lerne derhalben dein Heꝛtz nit dran haͤngen; ſondern ſie vilmehr mit den Heyligen verachten/ und dem na= ckenden Chriſto bloß nachfolgen: oder zu??? wenigſten zeuch dich ab von uͤbriger Liebe der Reichthumen/ und folge ſeinen Fußſtapffen von ferren nach.
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Die V. Lection. CORDIS DURITIES-

Die Haͤrte deß HERZENS.


Sie machten ihr HERZ wie ein Demant/ auff daß ſie das Geſatz nit hoͤreten. Zach. 7. 12. BETRACHTE ERST= LICH/ daß nichts ſey/ welches dz HERZ alſo von Gott abwende/ und ſein Bekehrung verhindere/ als die Haͤrtigkeit deß HERZENS: diſe wiď- ſtrebet halßſtarriger weiß Gott ſelber/ und (Act. 7. 51.) will keine Mittel ď Seligkeit annemen/ ſol= ches hat der heilige Stephanus den Juden alſo fuͤrgerupffet/ da er geſprochen: Ihꝛ Hartnaͤckigen und Vnbeſchnittenen an HERZEN und Ohren/ ihr habt dem H. Geiſt allzeit widerſtrebt: Was iſt aber ein hartes HERZ? Ein (Orig. li. 1. in Epiſt. ad Rom.) hartes HERZ/ ſpricht Origenes, wird in H. Schrifft genennt/ ſo das menſchliche Gemuͤth/ gleich wann es mit Wachs der Boßheit beſtrichen were/ das Zeichen der (Philo lib. quis ſit.) Goͤttlichen Bildnuß nit annimt. Diſem ſtimt bey Philo/ da er ſpricht: Die Seel
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CORDIS DVRITIES. COR ſuum poſuerunt ut adamantem, ne audierent legem. Zach. 7. Nec te verba mouent, nec verbera, nec mea dona Ferrea pręduri COR adamantis habēs.

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iſt gleich wie ein Wachs (ſprach ein alter) wann es hart iſt/ laßt es kein Bildtnuß in ſich trucken; wann es aber lindt iſt/ empfa= het es die Sigill tieff in ſich. Darumb ver= wirfft ein hartes HERZ alle Eintruckun= gen/ Eingebungen/ vnnd Ermahnungen Gottes/ dene ̅ ein lindes HERZ beyfallet. Deß wegen hat Bernardus gar recht vnd(Bern. l. i. Conſ. c. 2.) wol geſprochen: Keiner iſt nie ſeelig wor= den/ der eines harte ̅ HERZENS geweſe ̅ iſt/ dann villeicht der tenige/ vber welchen ſich Gott erbaꝛmet/ vnd (nach deß Pro=(ezech 30. 26.) pheten Spruch) von ihme das ſteinerne HERZ abgenommen/ vnd ein fleiſchlich HERZ geben hat. Bernardus aber fahrt fort die Haͤrte deß HERZENS zube= ſchꝛeibe ̅ . Was iſt dan ̅ / ſpricht er/ einhartes HERZ? Diſes iſts/ welches weder durch Zerknirſchung zerꝛiſſen/ noch durch Gotts= forcht erlindert/ noch durch das Gebett be= wegt wirdt; es weichet nit durch Troben/ es erhartet durch die Geißlen. Es iſt vn= danckbar gegen den Gutthaten/ mißtrau= ig auff die Raͤht/ grauſam gegen dem Vrtheil/ vnverſchambt zu ſchandtlichen Dingen/ vnerſchrocken zu den Gefahren/ vnmenſchlich zu den menſchlichen/ ver= meſſen zu Goͤttlichen Dingen/ vergeſſen der vorgehenden/ abſaͤumig zu den gegen [164] wertigen/ vnfuͤrſichtig zu den kuͤnffti gen Dingen. Diſes iſt/ welches alle ver- gangne Ding laͤßt hin ſchleichen/ als allein die Schmachen; die gegenwertige laßts verderben/ zukuͤnfftiger hat es kein Fuͤr= ſehung/ thut auch kein Vorbereitung/ als villeicht ſich zurechnen; vnnd damit ich kuͤrtzlich alle Vbel diſes erſchroͤcklichen Vbels begreiffe/ diſes iſt/ welches weder Gott/ noch den Menſchen foͤrchtet. BETRACHTE fuͤrs ANDER= diſes ſey die Haͤrte deß menſchlichen HER ZENS/ daß ſie den all???rhaͤrtiſten Dingen/ vnd welche kaum durch die Kunſt gelin= (Greg l. 7. Mor. c. 9.) dert werden koͤnden/ verglichen wirdt. S. Gregorius ſpricht: Der vnempfindtlichen Menſchen HERZEN werden bedeuͤttet durch das Aertz vnd Stein; welche offter= mahlen die Streich von oben herab em= pfangen/ vnd dannoch durch kein Zucht oder Straff erlindert werden. Die heilige Schrifft braucht eben dergleichen Gleich= (Ezech. 36. 29.) nuſſen/ nennet das harte HERZ ein Steinernes??? die Menſche ̅ aber/ welche ein ſolches HERZ haben/ heißt GOTT (Exod 32. 9.) ein hartnaͤckiges/ Volck/ eines harte ̅ Angeſichts/ vnd vngezaͤumbten HERZENS. Alſo ſpricht Eſaias: Ich [165] wißt/ daß du haͤtt wereſt/ und dein(Iſa. 48. 4.) Nack erſene Geaͤder/ und dein Stirn aͤhrnm war. Dergleichen Spricht Jere-(Ierem. 5. 3.) mias: Sie haben ihre Angeſichter haͤrter gemacht dann ein Stein/ und nicht woͤllen widerkehren. Warum ſagt er/ haͤrter dann ein Stein? Dardurch anzudeuten/ daß die Haͤrte deß HER= ZENS ſey groͤſſer als Stein/ Eyſen/ und Aertz. Dann es iſt kundbar/ daß die aller= haͤrteſten Metall/ durch dz Feur zerſchmel= tzet und vom Schmid gedaͤmpfft werden koͤn ̅ en. Aber die HERZEN ď Menſchen= Kinder moͤgen nicht gedaͤmpfft werden/ als welche weder durchs Feur der Goͤttliche ̅ Liebe zerſchmeitzt/ noch durch die Streich ď Goͤttlichen Trohungen erlindert werden.(Ierem. 23. 29. lob. 14. 19. Matt. 27. 51.) Der Hammer zerknirſcht die Felſen/ und ein Tropff hoͤlert einen Stein. Im Leyde??? Chriſti ſeynd auch die Felſen zerſpalten/ und die Graͤber eroͤffnet wor= den; allein die HERZEN der Menſchen/ fuͤr welche allein der HErꝛ gelitten hat/ koͤnnen nit zum Mitleyden und Buß be= wegt werden. Deßwegen werden diſe har= te und ???erſtockte HERZEN vom Pro= pheten einem Demant verglichen. Sie [166] (Zach. 7. 11.) woltens nicht mercken/ ſondern kehr- ten den Rucken/ und wichen ab/ und beſchwerten ihre Ohren/ daß ſie es nicht hoͤren muͤſten. Ja ſie machten ihr HERZ wie ein Demant/ auff dz ſie das Geſatz nicht hoͤreten. Ihr vil ſchreiben/ daß auff ď gantzen weiten Welt nichts haͤrters ſey/ als der Demant; und das wird durch ſeiuen Griechiſchen Na= men angedeutet. Dann ADAMAS iſt gleich ſo vil geſagt/ als ein Ding/ welches nit gezaͤumt werden kan/ von dem doch (Rup. in Zachar.) Rupertus diſes Wunder ſchreibet/ daß ob es ſchon ein ſo hartes Ding iſt/ wann er nur mit Bocksblut beſprengt wird/ von ſtundan werde er weich. Diſen uͤbertriſſt die Haͤrte deß menſchſiche ̅ HERZENS dann es weder durch Bocksblut erweicht oder lind wird/ noch duꝛch das Blut deß unbefleckten Lambs/ welches ſich umb un= ſertwillen auff dem Altar deß Creutzes auffgeopffert/ und dz Blut vergoſſen hat/ damit es unſere Gemuͤter/ ſo durch allerley Betruͤbnuſſen gleichſam erwildet waren/ milteret und heimiſch machet/ auff den Weg bereitet/ das ewige Leben zuerlan= gen. Als diſes der H. Bernardus betrach= tet/ ſchrye er auff; O ihr harte und erhaͤr [167] tete Adams Kinder/ welche ein ſo gewalti- ge Liebe nit erweiget! BETRACHTE zum DRItten/ die vilfaͤltigen Vbel/ und groſſe Schaden/ welche die Haͤrte deß HERZENS mit= bringt. Dann erſtlich werden die jenige/ ſo ein hartes HERZ haben von Gott ver= laſſen: daher der Apoſtel ſpricht: Gott(Rom. 1. 24.) hat ſie dahin geben in ihres HER- ZENS Luſte/ in Vnreinigteit. Vn ̅ Gott ſelber durch den Pſalmiſten: Mein(Pſ. 80. 12.) Volck hoͤret nit mein Stim ̅ / und Iſ- ꝛael hat mein nit geachtet. So hab ich ſie gelaſſen in ihres HERZENS Luͤſten/ daß ſie wandlen nach ihrem Willen. Diſe ſeynd/ welche thun nach ih=(Pſ. 72. 7.) res HERZENS Luſt. Dan ̅ wz ſie in ih= ren HERZEN geluſtet/ dz haben ſie er= langt/ und iſt ihnen alles nach ihrem Wil= len ergangen. Fuͤrs anď: Solche Leuth(Prov. 2. 14.) freuen ſich/ wann ſie uͤbel thun/ und fꝛeuen ſich in boͤſen Dingen. Welcheꝛ wege ſeynd verkehret/ und ihre Gaͤn- ge unehrlich. Vnd abermal: Ein Narꝛ treibt Mutwillen/ und hat noch darzu ſeinen Spott. Fuͤrs dritte/(Prov. 10. 23.) [168] folget darauß/ daß ſie unverſchamt wer= (Ezech. 3. 7.) den zuſuͤndigen; daher ſpricht Ezechiel: Das gantz Hauß Iſrael hat ein un= verſchamte Stirne/ und ein hartes HERZ. Gregorius ſpricht: Das oͤffteꝛe (Gregor. hom. 10. in Ezech.) Verbrechen/ macht ein unverſchamte Stirne/ alſo/ daß je oͤfft er man ſuͤndiget/ je weniger ſchaͤmet ſich das Gemuͤth deß= halben. Vnd deßwegen faͤlt der Suͤnder bißweilen in ſolche Haͤrtigkeit deß HER= ZENS/ daß er zur Zuͤchttgung nimmer ewpfindlich iſt: dann der in der Gewon= heit zuſuͤndigen eryaͤrtet iſt/ der empfindet gantz und gar nit die Hand deß Strei= chenden/ das iſt/ das Wort deſſen/ der ihn zuͤchtiget; gleich wie zu dem Judenland/ (Ierem. 3. 3.) ſo ſich gar offt verſuͤndiget/ geſprochen wird: Du haſt ein Hurnſtirn/ und wilſt dich nit mehr ſchaͤmen. Daher komt zum vierden/ daß ſie zu allen Er- mahnungen Gottes/ und Beſtraffun= gen/ verſtopffte Ohren/ blinde Augen/ und ein Verſperrtes HERZ haben: Das (Matt. 13. 12.) HERZ diſes Volcks/ ſpricht CHri= ſtus/ iſt verſ???ockt/ un ̅ ſchwerlich hoͤren ſie mit ihren Ohren/ und haben zuge= ſperret ihre Augen/ auff daß ſie nicht [169] dermahl eins mit den Augen ſehen/ und mit den Ohren hoͤren/ und mit dem HERZEN verſtehen/ und ſich bekehren/ daß ich ihnen huͤlffe. Dan= nenherv werden ſie allgemach in die Tieffe verſencket/ daß ſie nit allein die Mittel zur Seeligkeit verachten/ ſondern gar unem= pfindlich werden/ daß ſie auch mitten in der Gefahr entſchlaffen. Hoͤre was die H. Schrifft ſagt: Du wirſt ſeyn/ wie einer(Prov. 22. 34.) der mitten im Meer ſchlafft/ und wie ein ſchlaͤfferiger Schiffer/ der das Ruder verlohren hat/ und wirſt ſa- gen: Sie haben mich geſchlagen/ abeꝛ es hat mir nit wehe gethan/ ſie zohen mich/ aber ich fuͤhlet es nicht. Wz fol= get aber auß ſo vil Vbeln/ als daß zum fuͤnfften ſie gantz unſtraffbar werden/ an denen kein Beſſerung mehr zuhoffen? dahero der weiſe Maun ſpricht: Sihe an(Eccleſ. 7. 14.) die Werck GOttes; dann niemand kan den beſſern/ den er verworffen (oder verachtet) hat. Im Buch der Weißheit: Es war dir nit unbewuſt/(Sap. 12. 10.) daß es ein boͤß ungerecht Volck war/ [170] und daß ſie von Art boͤß waren/ und daß ihre Gedancken und Fuͤrnehmen nimmer mehr geaͤndert moͤchten wer- den. Darauff folget das aller groͤſte Vbel/ nemlich die endliche Vnbußfertigkeit und (Rom. 2. 4.) der Zorn deß raͤchenden Gottes. Die Guͤte Gottes leitet dich zur Buß/ du aber nach deinem verſtockten und unbußfertigen HERZEN/ ſamleſt diꝛ ſelbſt einen Schatz deß Zorns auff den Tag deß Zorns/ und der Offen- bahrung deß Gerechten Gerichts (Eccl. 3. 17.) Gottes. Deßwegen die Schrifft gantz recht geſprochen: Ein hart HERZ wirds boͤß haben am letzten. Dann gleichwie die egyptier ſambt ihrem Pha- (Exod. 15. 5.) rao/ erhaͤrtet waren/ und die außzihenden Iſratitten verfolgeten/ aber im Roten Meer erſuffen/ und in die Tieffe fielen/ wie ein Stein: Alſo die harte und erhaͤrtete HERZEN fallen wie ein Muͤhlſtein mit groſſem Gewalt in die Tieffe deß hoͤlliſchen Abgrunds. BETRACHTE zum Vierten/ wie hoch dir zufoͤrchten ſey/ daß du nit allge= mach der geiſtlichen empfindligkeit be= raubet werdeſt/ und laͤſſeſt dich nach und [171] nach zu einem harten HERZEN ziehen. So???ſt auch nit fragen/ ſpricht Bernaꝛdus/(Bern, li. 1. Conſid. c. 2.) was diſes ſey? haſt du dich nit entſetzet/ ſo iſt es dein HERZ. Allein dz harte HERZ iſts/ welches ſich ob ihme ſelbeꝛ nit entſetzet/ noch ſcheuhen traͤgt/ weil es nichts em= findet. Derhalben O glaubige Seel/ ent= ſetze dich/ und hoͤre was der Pſalmiſt ſagt:(Pſ. 94. 8.) Heut/ ſo ihr ſein Stimm hoͤret/ ver- haͤrtet euere HERZEN nicht. Hoͤ= re auch den H. Paulum: Ermahnet(Heb. 3. 13.) euch ſelbſt alle Tag/ ſo lang es Heut heiſſet/ daß nit jemand under euch verſtockt werde durch Betrug der Suͤnde. Huͤte dich vor Betrug der Suͤn= den/ welche dich an den Schroffen eines harten HERZENS ziehet/ nit anderſt/ als die betruͤgliche Siꝛenen. Dann ſo man der Sünd nit widerſtrebet/ faͤllt man gleich von einer in die andere/ und alſo wird der Menſch in die Gewonheit zuſuͤndigen/ gleichſam als in ein Nothwendigkeit/ ge= bracht. Vber ein alte Wunden/ ſpricht(Bern. li. 1. de Conſ. c. 11.) Bernardus/ welche man nit achtet/ waͤch= ſet ein harte Haut; und wird deßwegen unheylſam/ weils unempfindlich iſt. Sey= temahln/ wann nit die ſuͤndliche Seel bald von der Artzney einen Troſt empfan [172] get/ bekomt ſie ein Verſtaͤrckung wegen der ſtaͤten Vbung: Alſo komts nemlich in die Haͤrte deß HERZENS/ und von derſelben/ in ein Abwendung und Verkeh= rnng/ welches von unſerm HERZEN genaͤdig abwenden woͤlle der GOtt unſers HERZNS.

Die VI. Lection.

CORDIS DIVISIO.

Die Zertheilung deß HER- ZENS.


Ihr HERZ iſt zertheilet/ nun wer- den ſie ſterben Oſee. 10. 2. BETRACHTE ERST- LICH/ wie der guͤtige Gott das menſchliche HERZ alſo lieb habe/ dz er es allein ??? er iſt aber ein ſol= cher Eyferer/ daß er ??? anďn neben ihme leiden kan. Dahero komt/ daß er allzeit dz gantze HERZ zuhaben begehret; Dan ̅ er will/ daß wir uns von gantze ̅ HERZEN zu jhme bekehren. Deßwegen ſpricht er alſo (Ioël. 2 12.) bey dem Joel: Bekehret euch zu mir von gantzem euerem HERZEN.
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CORDIS DIVISIO. Diuiſum eſt COR eorum, nunc interibunt. Oſeæ. 20. Me tibi cum totu ̅ dederim, vanißima, cordis, Cur mihi, virgo, tui pars aliquanta datur.

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|| [173]
Er will mit gantzem HERZEN geſucht werden; dann alſo hat Moyſes geſproche ̅ :(Deut. 4. 29.) Wann du den Herꝛen deinen GOtt ſuchen wirdeſt/ ſo wirſt du ihn finden/ wo du ihn wiꝛdſt vo ̅ gantzem HER- ZEN ſuchen: Vnnd der Herꝛ ſelber:(Ier. 29. 1. 3) Ihr werdet mich ſuchen vnd finden/ ja wann ihr mich auß gantzem ewerm HERZEN ſuche ̅ werdet! Eꝛ will/ dz(Deut. 10. 12.) man ihme diene auß gantze ̅ HERZEN. Nun Iſrael/ was fordert der HErꝛ dein Gott von dir/ dann daß du den Herꝛen deinen Gott foͤrchteſt/ vnnd dieneſt jm von gantze ̅ deine ̅ HERZEN.(Matth. 22 36.) Er will von gantze ̅ HERZEN geliebet ſeyn; dann es ſtehet geſchrieben: Du ſolt Gott deinen Herꝛn lieben/ von gan- tzen deinem HERZEN? und von gantzer deiner Seel/ vnnd von gan-(3. Reg. 8. 23. 2. Paral. 34. 31. Iudith. 4. 17. Prou. 3. 5.) tzem deinem Gemuͤth. Es werden auch gelobt die jenige/ welche vor Gott wandeln mit ihrem gantzen HERZEN. Ite ̅ / wel= che von gantze ̅ HERZEN GOtt nachfol gen. Ite ̅ / welche halten die Gebott/ vnd Ge= zeugnuß/ vnnd Rechtfertigung GOtt es von ihrem ???en HERZEN. Ite ̅ welche [174] Gott bitte ̅ von ihre ̅ Gantze ̅ HERZEN. Wir werde ̅ auch ermahnet das Vertrau= en auff den Herꝛen zuhaben/ von vnſerm gantzen HERZEN. Darumen will er/ dz kein Theil deß HERZENS abgehe/ (Aug. ſu- per. Ioan.) weil er alſo offt das HERZ begehrt. Deß= wege ̅ Auguſtinus billich trohet: Wehe/ die eines zweyfachen HERZENS ſeynd! dan ̅ den einen Theil geben ſie GOtt/ den ändern dem Teuffel. GOtt erzoͤrnet ſich darumen/ daß der Teuffel daſelbſt einen Theil haben ſoll vnd weychet ab/ vnd der Teuffel beſitzet es gantz vnd gar. Deßwe= gen ſich gar nit zuverwundern iſt/ daß der (Oſee. 10. 2.) Prophet geſprochen: Ihr HERZ iſt zertheilet/ jetzt werden ſie ſterben. Dann wer wolte mit halben HERZEN (4. Reg. 17 8.) oder Leib leben koͤnnen; wann ſolche zertheylet ſeyn? Auß diſer Vrſachen iſt geſchehen/ daß die Samaritaner billich verworffen/ und von dem Volck Gottes abgeſondert waren/ weil ſie zumahl (???oph. 1. 5) GOtt den Herꝛen verehreten/ und den Goͤttern der Aſſyrier dieneten. Gar recht auch verflucht der HErꝛ die jenige/ bey dem Propheten/ welche erſtlich bey dem Herꝛn ſchwoͤren darnach bey Melchom/ einem Abgott alſo genennt. Deßwegen [175] elias ſolche hefftig ſchmaͤhet: Wie lang(3. Reg. 18. 21.) hincket ihr auff bey den Seiten? Iſt der Herr Gott/ ſo wandlet ihm nach; iſts aber Baal/ ſo wandlet ihm nach. Alſo ermahnete auch Samuel: So ihr(1. Reg. 7. 3.) euch mit gantze ̅ HERZEN bekeh- ret zu dem HErrn/ ſo thut von euch die frembde Goͤtter. Welche ſeynd aber die frembte Goͤtter/ als die jenige Ding/ welche die Menſchen lieben/ und verehren/ und GOtt verlaſſen? daher komt die Zer= theilung deß HERZENS/ weil unmoͤg lich iſt/ daß wir Gott mit eben diſe ̅ HER= ZEN lieben/ mit welchem wir liebhaben die Welt/ und ſolche Ding welche Gott zu= wider ſeynd. Daher ſprach der Apoſtel:(1. Cor. 7. 33.) Wer aber mit eim Weib iſt/ der ſor- get Was deꝛ Welt angehoͤret/ wie er dem Weib gefalle/ und iſt zertheilet. Wie iſt er aber zertheilet? nemlich weil er mit vilen Sorgen beladen/ daß er Gott allein nicht abwarten kan/ ſondern einen Theil Gott/ den anderen und mehreren das Weib/ und die Kinder innhaben. Al= ſo gehet es auch zu mit anderen Dingen/ die wir lieb haben: Dann deß Menſchen HERZ/ wie Hugo ſpricht/ welches zuvor(Hugo.) [176] der Goͤttlichen Liebe ſteiff angehangen/ und weil es ihn allein geliebet/ nur eins ge= weſen iſt/ demnach es durch irꝛdiſche Be= gierden angefangen hat außzuflieſſen/ iſt es gleichſam in ſo vil Theil abgetheilet wor= den/ als vil deren Ding ſeynd/ welcher es begehret. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ wie vns GOtt durch vilerley Figurn un= derwiſen habe/ daß wir ihme das gantzt (1. Reg. 5. 2. Iſa. 28. 20.) HERZ auffopfferen ſollen. Der Abgott Dagon hat nit auff eim Al??? ſtehen koͤn= nen/ mit der Arch GOTtes. Nun iſt das Bett ſo eng’/ daß der ander dar- auß bleiben muß: Vnd die Deck iſt ſo ſchmal/ daß ſie beyde nit decke ̅ mag. Was iſt diß fuͤr ein Altar? Was iſt diß fuͤr ein Beth/ welches zween nit leyden will als unſer HERZ/ ſo zweyerley Liebe nit faſſen kan? Der HErr hat nit gewoͤlt daß (Levit. 19. 9.) man einen Acker mit underſchidlichem Saamen anſaͤen ſoll; hat nit gewoͤlt/ daß man zum Ackern/ einen Ochſen und Eſel (Deut. 22. 10.) under ein Joch einſpannen ſoll: Hat auch nit gewoͤlt/ daß man Leinin und Wuͤllin under einander wuͤrcken/ oder die Juden ſolche Kleyder anlegen ſollen. Welches alles nichts anders bedeuͤtet/ als daß un [177] derſchidliche Anmutungen/ ſo einander ungleich/ und zuwider ſeynd/ koͤnnen nit in einem HERZEN zumahl ſeyn/ und wie Chriſtus geſprochen: Niemand kan(Matth. 6. 24.) zweyen HErꝛen dienen: Dann ent- weder wird er einen haſſen/ und den andern lieben: Oder wird einen fuͤr gut halten/ und den andern verachte ̅ . Dem iſt gaͤntzlich alſo/ es kan der Menſch zumahl ihme nit zwey widerwertige Zihl fuͤrnehmen; er kan nit zweyen einander entgegen geſetzten Zwecken zulauffen; und der zweyen Haſen nachlauffet/ fanget kei= nen. Gar verſtaͤndiglich ſpricht der H. An=(Anſelm. Epiſt. 2. ad Hug.) ſelmus: Mit deß Menſchen HERZEN/ und der Liebe Gottes/ hat es ein Geſtalt/ wie mit einem Geſchirr und dem Oel. Dann gleichwie das Geſchirr/ je mehr es Waſſer hat/ oď andern dergleichen Safft/ deſtowenigeꝛ faſſet es vom Oel: alſo je mehr das HERZ mit anderer Liebe behafftet iſt alſo vil ſchlieſſet es die Goͤttliche auß. Na= zianzenus leget diß durch ein anďe Gleich= nuß auß:
Welcher zween Koͤpff und Maͤu-(Carm. 2.) ler ſicht/
|| [178]

Oder zwey Blaͤtter im Buch/ geſchicht/
Daß er keines kan begreiſſe ̅ recht/
Sonďn nur ein theil ſihet ſchlecht
Alſo der die Lieb abtheilen thut/
Mit ď Welt und mit Chriſto gut/
Deſſen Lieb wird gar leicht veꝛalt/
Dann ſie iſt gar zu ring und kalt;
Der aber nur zu einem End
Die Lieb ſeins gantzen Gmuͤths verwend/
Der ſoll Gewiß ohn Zweiffel fein/ Ein ſtandhaffter Liebhaber ſeyn. (Petr. Ber- chor. red. Mor. l. 7. cap. 2.) BETRACHTE zum DRITTEN. Daß die jenige/ welche ihr HERZ zum theil der Welt zum theil Gott uͤbergeben/ gar leichtlich vom Teuffel uͤberwunden werden. Dann ſie ſeynd gleich einem Ge= ſchlecht der unartigen Adlern/ welche im Waſſer ihr Geileyd haben: dann einen Fuß halten ſie verſchloſſen/ wie ein Ganß/ mit welchem ſie ſchwimmen; den andern gekruͤmt und ſpitzig/ mit welchem ſie gleich wie andere Adler/ den Raub ergreiffen. Dergleichen ſeynd/ welche zween Herren dienen woͤllen; Gott/ in dem ſie himmliſche Ding begehren; und dem Teuffel/ in dem [179] ſie die irrdiſche Ding lieben. Haben alſo neben dem Adlersfuß/ einen Ganßfuß/ ne= be ̅ ď geiſtlichen Anmutung/ auch die irrdi= ſche. Sie woͤllen an beeden Geſtatten wey= den/ allhie mit den Zaͤrtlingen in den zer= gaͤnglichen Guͤttern ſchwimmen; und mit den geiſtlichen Maͤnnern uͤber ſich fliegen/ daß ſie den himmliſchen Raub darvon reiſſen. Diſe aber ſchlagen auß dem Ge= ſchlecht/ und werden vom raben/ welcher den Teuffel bedeutet/ leichtlich uͤberwun= den. Zudem geſchicht/ daß die/ welche Gott und die Welt zumahl genieſſen woͤllen/ gantz von allem Wolluſt (dem ſie doch ſo ſtarck nachhaͤngen) verlaſſen werden. Dan ̅ ſie doͤrffen ſich nit gantz und gar den welt= lichen Freuden ergeben; von den Geiſtliche ̅ aber werden ſie außgeſchloſſen/ weil das HERZ/ ſo mit weltlichem Kott beſudelt worden/ unfaͤhig iſt der Goͤttlichen Gunſt und Gnaden: deßwegen ſeynd ſolche arm= ſeelige Menſchen zweiffelhafftig/ in dem ſie weder mit Gott/ noch der Welt vereiniget(Nazianz. car. 2. ad Virg.) ſeynd. Deßwegen gaꝛ zierlich Nazianzenus ein Jungfrau ermahnet/ daß ſie ſich Chri= ſto gantz und gar ergebe/ und keinen Theil der Welt laſſe.
Heb dich zu GOtt/ vertreib den Feind/
|| [180]

Biß Chriſti gantz/ dz Fleiſch ver= meyd/
Auch ſtreck nit beyde Haͤndlein auß
Wie man am Reyen pflegt mit ſauß:
Je naͤher du nun ſolchem wirſt/
Je weiter du von Chriſto biſt.
Drum nit zumahl das Gmuͤth verwend
Zu GOtt/ und auch zum Fleiſch behend. BETRACHTE zum Vierden/ wie billich der Braͤutigam unſerer Seelen un= ſer gantzes HERZ begehre: weil er ſich am erſten uns freywillig gantz dargeben hat. Dann wie die Kirch ſinget: (Breviai. Roman.)
Geborn wird er dein Weggeſell
Im Nachtmahl wird ein Speiß der Seel.
Sterbent den Werth bezahlt er gantz/
Im Himml iſt er dein Lohn und Krantz. Das jenige was er von dem unſern an= genommen/ hat er uns allen gantz zur See= (Andr.) ligkeit mitgetheilet. erwige aber/ wie [181] der jenige der gebietet/ daß man ihn von(Cap. Med 2 in Dom. 12. poſt. Pe???t.) gantzem HERZEN liebe zuvoꝛ habe ſein Seyten mit dem Speer eroͤffnen laſſen wollen/ damit er durch ſolche eroͤffnung uns ſein HERZ ſchencket. Wie auch der jenige/ welcher b???filcht man ſolle ihn von gantzer Seelen lieben/ zuvor gewoͤlt/ daß ſein koſtbarliche Seel/ durch Trauren und Betruͤbnuß/ biß in den Tod von unſert= wegen geaͤngſtiget wurde. Der jenige/ welcher ſchaffet/ man ſoll ihn von allen Kraͤfften lieben/ hat von unſer Liebe we= gen alle ſeine Kraͤfften am Creutz verzehrt; alſo daß er gantz krafftloß den Geiſt in die Haͤnd ſeines himmliſchen Vatters auff= geben. Derhalben la??? uns das gantzt HERZ Gott geben der ſich gantz fuͤr uns dargeben hat. es haͤtte zwar unſer gütig- ſter erloͤſer J???ſus/ allein mit einem einzi= gen Blutskroͤpfflein/ ja mit einem einzigen Seufftzer ſeines HERZENS/ wann ſchon Tauſent Welt geweſen weren/ ſolche erloͤſen koͤnden: aber wegen ſeiner(Epheſ. 2.) uͤberfluͤſſigen ???be/ mit welcher er uns ??? liebet/ hat er ſein gantzes Blut/ ſo koſtbar= licher als die gantze Welt geweſen/ fuͤr uns vergieſſen woͤllen. Warum ſollen wir dann gegen einem ſo freygebigen Lieb ha= ber geitzig oder karg ſeyn/ daß wir ihme [182] allein ein kleines Stuͤcklein von unſerm HERZEN mittheilen? Was iſt diß fuͤr ein groſſe Vndanckbarkeit und Kargheit/ daß wir uns allein mit einem ſo kleinen Theil einſtellen/ ſo wir doch mit einer ſo groſſen Liebe vorkommen? Ja auch wol (Auguſt. cap. 19. So- liloq.) gar nit einſtellen/ wann unſer HERZ ei= ner andern falſchen Liebe offen ſtehet. Dan ̅ O Herr! der jenige liebet dich weniger/ wel= cher neben dir etwas liebet/ ſo er nit von deinet wegen liebet/ diß iſt ein ſonder bahre Liebe/ welche allein kein andere leydet. O Seel/ du biſt GOtt genugſam/ allein laß dich an Gott auch genuͤgen/ daß du keinen Liebhab???r auſſer ihme zulaſſeſt; keinen Theil deß HERZENS mittheileſt/ ſondern gibs ihme gantz/ deꝛ ſich dir gantz geben hat. Von allen erſchaffnen Dingen fordere ab alle Anmutung deines HERZENS/ brings zuſammen/ und lege ſie gantz an dei nen Liebhaber/ der ſich dir gantz und gar ergeben hat.
|| [ID00214]
|| [ID00215]

CORDIS INSATIABILITAS. Infatiabilis oc ulus Cupidi. Eccli. 14. Non triquetru ̅ tato cor eſt ſatiabile mundo, Solum, quę fecit, cor replet vna trias.

|| [183]

Die VII Lection. CORDIS INSATIABI- LITAS.

Die Vnerſaͤttligkeit deß HERZENS.


Das Aug deß Geitzigen iſt vnerſaͤtt= lich. Eccl. 14. 9. BETRACHTE/ Wie dein HERZ alſo weit vnd gefaͤſſig ſey/ daß kein Creatur/ ſie ſey ſo groß/ als ſie immer woͤlle ſolches erfuͤlle ̅ vnd erſaͤttige ̅ (Cornel. inproœm. in 12. Min proph.) moͤge. Daher als ein Weltweiſer gefragt war: welches zumahl das kleineſte/ vnd das groͤſte were? vnd einer geſagt hette/ es were das Aug/ welches daß kleineſte vn= der den Glidern/ vn ̅ d dannoch die gan??? Welt/ je groß ſie waͤre durch das Geſicht begreiffen kundte: Gab er zur Antwort/ es were nit das Aug/ ſonder das HERZ: dan ̅ das HERZ nit allein die Welt/ ſonder auch die jenige Ding/ welche vber die Welt ſeynd/ vnd ſo gar vnendliche Ding mit dem Gemuͤth der Liebe vnd Anmuhtung begreiffet; vnd mit keine ̅ Ding/ als allein mit Gott/ erfuͤllet/ vnnd erſaͤttiget werden kan. Welcher das Gelt lieb hat (ſpricht [184] (Bern. l. de conu. ad Cler. c. 22.) Bernardus) wirdt nit ſatt: Welcher die Geylheit liebet/ wirdt nitſatt: Der die Ehr ſuchet/ wirdt nit ſatt: Mit einem Wort/ der die Welt liebet/ Wirdt niemahlen er= ſaͤttiget. Alſo thoͤricht ſeyt jhr Adams Kin= der/ freſſet die Kley der Schweinen/ vnd ſpeiſet nit die hungerige Seelen/ ſondern den Hunger der Seelen ſelber. Nemlich ewr Oede vnd Laͤhre/ wirdt allein mit diſer Koſt erhalten/ ewr Hunger wirdt allein mit dieſer vnnatürlichen Speiß ernehret. Die HERZEN der Menſche ̅ werde ̅ nit balder mit Gelt vnd Gold erſaͤttiget/ als die Leiber von dem Lufft/ dann
Als faſt das Gelt waͤchßt vnnd nimbt zu/
Als ſehr waͤchßt auch die Lieb darzu. (Chryſoſt. hom. 28. ia Matth.) Deßwegen vergleicht der heilige Chryſo= ſtomus die Beguͤrligkeit der Geitzigen gar wol mit dem Durſt deren/ die das Fieber haben: Gleich wie/ ſpricht er/ die mit einem hitzigen Fieber b???hafftet ſeynd/ die Hitz durch das Trincken nit allein nit außloͤſchen/ ſondern vil mehr entzuͤnden; alſo die mit dem Geitz behafftet ſeynd/ wan ̅ ſie dieſer Beguͤrde/ ſo hefftiger als alles Fieber iſt/ Gelt darbieten/ entzuͤnden ſie [185] ſich ſelber mit groͤſſerer Hitz. Daher das vnerſaͤttliche HERZ deß Geitzigen nie= mahlen ſagt/ es iſt genug; alſo auch der geyle Menſch/ wirdt durch den Wolluſt nit erſaͤttiget; Wer wolee aber glauben/ daß die Beguͤrde deß HERZENS durch die ehren=Titel erfuͤllet werde? Weil Seneca vo ̅ ſolchen ſpricht: Der Gottloſen Hoffnung iſt nie genug was ma ̅ ihr gebe:(Sen. lib. de Ben.) ſie vermeint/ ſie habe es alles verdienet/ vnd glaubet nit/ daß ma ̅ ihre verdienſt ge= nugſam erwogen vnd geſchaͤtzet habe. Dann je groͤſſere Ding vns/ zukommen/ je noch groͤſſere begehren wir; dann der ehrgeitz vnd Beguͤrde deſto ſchaͤffer/ gleich wie ein Few???flammen/ ſo von einer groſſen Brunſt entſprungen iſt. Diſem iſt wahrlich alſo: die S???ebung nach Wuͤr= digkeit hat kein end: ob einem ſchon Gott(Boët. li. 28 met. 2.) vil ehr vnd Wuͤrde beſcheret/ ſo helt mans doch fuͤr nichts/ nach dem mans bekom ̅ en/ ſondern frißt der ehrgeitz je lenger je mehr vmbſich. So kan nun in diſer gantzen weiten Welt nichts erfunden werden/ welches vnſerm HERZEN genug ſeyn moͤge. Dann was ſeynd alle diſe Ding/ welche auff/ vnd in der Welt ſeynd? Hoͤre(L???pſ. in Epitaph.) was ein weiſer Mann ſpreche: All welt- liche Ding ſeynd nichts/ als Rauch/ [186] Schatten/ Eytelkeit/ vnd Verblen- dung/ vnd (daß ichs mit einem Wort ſage) NICHTS. Wie wolte aber di ſes NICHTS die Weitlaͤuffigkeit vn= ſers HERZENS außfuͤllen koͤnnen? (Bern. ſu- per Ecce nos reli- quim. Aug. So- liloq. cap, 13.) Nemlich die Seel/ welche nach ď Bildt= nuß Gottes erſchaffen iſt/ ſpricht Bernar= dus/ kan mit allen Dingen bemuͤhet/ aber nit er fuͤllet werden. Deßwege ̅ koͤnden wir wol Auguſtino glauben geben/ welcher alſo von ihm ſelber redet: Ich trachtete vnd haͤngete diſem vnd jenem nach/ aber wurde von keinem erfuͤllet: Weil ich in mir nit funde Dich/ unveraͤnderliches/ ſonderbahres/ unzertheiltes einziges Gut/ welches ſo ich erlanget habe/ bedoͤrffe ich nichts weiters; ſchmertzet mich auch nichts/ uud ſo ichs beſitze/ wird mein gantze Beguͤrde erſaͤttiget. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ wie die Figur deß Menſchlichen HER= ZENS andeute deſſelben vnendliche weite vn ̅ Begreiffligkeit: dan ̅ es hat die Ge= ſtallt einer Pyramidis oder dryeckich???e ̅ Seu= len/ welche/ wie offenbar iſt/ einen vollko ̅ = nen Triangel macht. Nun aber ſo kan vnd mag kein andere Figur die dreyeckichte auß fuͤllen/ ſie ſey dann ſelber auchdreyeckicht. [187] Die Welt aber/ Himmel/ Stern/ und ele- menta/ ſeynd runder oder kugleter Figur/ ſo kan derhalben keines deren das drey= eckichte HERZ außfuͤllen. Dann es wer- den allzeit die drey eck lehr erſcheinen: dar= auß zu ſchlieſſen/ daß auch die gantze Welt die Begierde deß Menſchlichen HER- ZENS nit koͤnte erfuͤllen. Diſes iſt wol erklaͤrt worden durch die unerſaͤttliche Be= gierligkeit Alexandri Magni, welcher/ als(Val. Max. lib. 8. c. 15.) ihme ſein Gefaͤrte Anaxarchus, nach ď Mey nung ſeines Meiſters Democriti erzehlet haͤtte/ daß unzahlbar vil Welten waͤren; ge= ſprochen: Wehe mir armſeligen/ ď ich noch nicht ein Welt bekommen und eingenom= men habe. Diſem Menſchen (ſpricht Va- lerius Maximus) iſt zu eng geweſen die Be= ſitzung der ehr/ welche allen Goͤttern gnug= ſam iſt zu einer Wohnung. Daher ſchreibt Curtius, daß einer zu dem Alexandro geſprochen habe: Wann die Goͤtter ge= woͤllt haben ſolten/ daß die Statur und Groͤſſe deß Leibes/ der Begirligkeit deines Gemuͤts gleich ſeyn ſolte/ wurde dich die gantze Welt nit faſſen. Dann mit der einen Hand wurdeſt du nach dem Auff= gang/ mit dem andern nach dem Nider- gang greiffen. Deßwegen verwundere dich ob der [188] Groͤſſe deines HERZENS. O du Huͤ= (Bern de in- ter dom. cap. 63.) ter deß HERZENS (ſprich??? B???rnard.) wie ha??? du ein ſo kleines/ und begierliches geitziges HERZ? es iſt klein/ un ̅ faſſet doch groſſe Ding. es freſſe es ein Sperber oder Weye auff einmal/ und hette kaum genug daran/ und ihme mag die gantze Welt nit genugſam ſeyn. Mit dem HERZEN allein ſchweiffeſt du durch die gantze Welt herum/ du lauffeſt ohne Fuͤß/ ???beiteſt ohne Haͤnd/ du haſt keine Fluͤge???/ und hoͤreſt nit auff zu fliegen. Du verſam???eſt taͤglich Reichthum/ und kanſt nit ſatt werden. Diſer ſpricht auch an einem andern Ort: (In Medit. cap. 6.) Das Menſchliche HERZ wird durch vil Ding hin und wider außgeſtre???/ ſuchet hin und wider woͤ es ???hen koͤnde/ und fl???= det nichts daß ihme genugſam ſeyn moͤge/ biß es zu ihme widerkehret. es wird von einem Gedancken in den andern gefuͤh= ret/ und durch underſchidliche Bemuͤ= hungen und Anmuthungen/ wanckelmü= tig gemacht; damit es auff das wenigſte durch mancherley Vnderſchi??? der Sachen ſelber erfuͤllet werde/ durch welche ???s dan= noch nit erſaͤttiget werde ̅ mag Alſo ſchlipf= fert/ und faͤllt die Armſeligkeit deß HER= ZENS/ wann ihme die Gnad GOttes entzogen iſt. Deßwegen/ mein Seel/ ver [189] achte diſe Ding alle/ welche dein HERZ(Eccleſ. 1. ???.) nit erfüllen moͤgen. Verachte diſe ſichtbar= liche Ding/ dann dz Aug wird durch ſehen nit ſatt. Verachte die Ding ſo luſtig zu hoͤ= ren/ und den fuͤrwitzigen Gemuͤhtern an- nemlich ſeynd; dann das Ohr wird durch Hoͤren nit erfuͤllet. Verachte alle Ding/ welche durch ihre Beſitzung/ dich laͤhr/ und unruͤhig laſſen. Wohin ich mich wende (ſpricht Auguſtinus) ſo verlaͤydet mir al=(Auguſt. in Pſal. 102.) les das/ was ich erlanget/ wann ich ihme ſchon lang nachgeſtellt hab. Wann wird mein Begierde im Guten erfuͤllet werden? Ich werde nit ſatt von den ſterblichen oder zeitlichen Dingen; er woͤlle mir etwas ewi= ges ſchencken/ etwas ewiges woͤlle er mir verleyhen. O mein Seel! ſuche dein Gut/ es iſt niemand Gut/ als allein Gott/ er iſt das hoͤchſte Gut/ das iſt dein Gut. erhebe dein Hoffnung zu dem Guten aller Guͤtter/ zu dem jenigen/ welcher dein Begierde im Guten erſaͤttiget. BETRACHTE zum Dritten/ wie allein die Allerheiligſte Dreyfalti gkeit das dreyeckichte HERZ erfuͤlle/ und bewohne O Herr/ mein Seel/ welche du erſchaffen(Soliloq. cap. 30.) haſt/ ſpricht abermahl Auguſtinus/ iſt alſo gefaͤſſig zu deiner Majeſtaͤt worden/ daß es allein von dir/ und von keinem andern [190] erfuͤllet werden kan; wann es aber dich hat/ ſo iſt ſein Begierde vollkommen: und iſt weiter nichts uͤberjgs/ ſo aͤuſſerlich be= gehret werden koͤnde. So es aber etwas aͤuſſerlichs begehret/ iſt offenbar???/ daß es dich innerlich nit habe; dann ſo es dich hat/ begehret es nichts weiters: Seytemahln/ weil du das hoͤchſte/ und gantze Gut biſt/ iſt nichts uͤberigs/ daß es begehren koͤnde/ ſondern beſitzet dich dz gantze Gut. GOtt der Vatter erfuͤllet vollkommenlich die Gedaͤchtnuß/ der Sohn den Verſtand/ (Gen. 1. 26.) der H. Geiſt den Willen: und darum wird geſagt/ daß der Menſch nach dem eben= bild und Gleichnuß Gottes gemacht ſey; damit er das hoͤchſte Gut verſtunde/ durch den Verſtand liebte/ durch die Liebe beſeſ= ſe/ durch das Beſitzen genieſſe. So wird auch geſagt/ daß Gott in keiner andern Creatur geruhet habe/ als im Menſchen. Dann er hat erſchaffen das Liecht/ er hat erſchaffen das Firmament/ den Himmel/ die erden/ die Sonn/ den Mond/ die Sternen/ er hat erſchaffen die Voͤgel/ die Viſch/ die Thier deß Erdreichs; aber es wird nicht geſagt/ daß er in einem auß di= ſen geruhet habe. Demnach er aber den Menſchen erſchaffen hat nach ſeinem E= ???/ wird alsbald geſagt: Er hat [191] geruhet von allem ſeinem Werck/ dz er gemacht hat; dardurch anzudeuten/ daß er nemlich deß Menſchen HERZ zur Wohnung und Orth ſeiner Ruhe auß= erwoͤhlet habe. Seelig iſt die Seel (ſpricht Bernardus) bey welcher GOTT Ruhe(Bern. in Med. c. 1. Eccleſ. 14. ???) findet/ und in deſſen Wohnung er ru= het. Seelig/ die da ſprechen kan: Vnd der mich erſchaffen/ hat geruhet in meiner Wohnung: Seytemahin ??? ihr die ewige Ruhe deß Himmels nit ab= ſchlagen wird koͤnnen. Alſo bezeuget auch(???. 3. 17) der H. Paulus/ wie Chriſtus durch den Glauben in unſern HERZEN wohne. Dann Chriſtus iſt im Glauben/ ď Glaub im Gemuͤth/ dz Gemuͤth im HERZEN Nun aber diſer fuͤſſeſte Innwohner unſers HERZENS/ erfuͤllet alſo deſſe ̅ Begier- de/ daß er keinem andern Ding ſtatt! und Platz darinnen laſſet. Wilſtu derhalben O Seel Gott in deinem HERZEN be= ſitzen/ laß ihn zuvor dein HERZ beſitzen und bewohnen. Dann der H. Proſper(S. Proſp. de vit. con- templ.) recht und wol ermahnet: Der ein Luſt und Begierde zur Beſitzung hat/ der ſoll Gott/ welcher alle Ding/ die er erſchaffen hat/ beſitzet/ mit freyem Gemuͤth beſitzen; in ihme wird er haben/ was er heiliglich be [192] gehren wird. Weil aber niemand Gott beſitzet/ der nit von Gott beſeſſen wird; ſoll er am allererſten/ ein Beſitzung Gottes ſeyn/ ſo wird auch Gott ſein Beſitzer und Theil werden. Wer kan nun ſeeliger ſeyn/ als der jenige/ welchem ſein Erſchaffer zum Zinß wird/ und die Gottheit ſelber ſich wuͤrdiget ſeyn Erbtheil zuſeyn?

DIE ANDER CLaSSIS.

Deß HERZENS Widerkeh- rung und Reinigung.

IN diſer Andern CLASS/ tritt die ſuͤndige Seel/ welche wider in ſich ſelber gehet/ und ein neues HERZ faſſet/ mit ď Hilff Gottes ein/ auff den erſten Steig deß dryfachen Wegs/ welcher den Anfan genden zugeeygnet iſt/ und von ſei- nem Ampt der Reinigung genen- net wird. Dann die Lectiones, wel= che da fuͤrgeſchriben werden/ gehen faſt dahin/ daß ſich das HERZ vor GOtt außgieſſe/ von Laſtern und [193] Begirligkeiten beſchnitte ̅ auch durch die Buß zerkairſchet/ vnd gedemuͤti- get weꝛde. Welches zuvor hart/ vnnd von allem Vnflat beſudelt geweſen/ jetzunder gantz erlindet/ vnd gereini- get werde. Diſen Stand hat ď him ̅ - liſche Vraͤutigam entivorffen/ als er die Braut/ welche den Weingarten(Cant. 2. 12.) huͤtet/ alſo angeredet hat: Der Win- ter iſt vergangen/ der Regen iſt hin- weg vnnd dahin/ die Zeit deß Reben- ſchnitts iſt herbeykomine ̅ : gleichſam ̅ ſprache er/ wie es Bernardns außle-(Bernard. Serm. 53. in Cant.) get: Es iſt Zeit zur Arbeit/ O Braut/ dann der winter iſt vergangen/ darin ̅ niemand arbeiten kundte. Der Re- gen iſt auch hinweg vnd dahin/ wel- cher durch ſein Netzung die Erden be= decket/ derſelben Bawung/ das Saͤen vnd den Saamen verhindert/ derſel= bige Regen/ ſprich ich/ iſt abgelöſſen/ hinweg/ vnd dahïn. Jetzund iſt die Witterung deß Fruͤlings/ die Gele- genheit zuwuͤrcken/ die Zunahu ̅ g der Fruͤchten. Hernach ſetzt er hinzu/ wo/ [194] oder was man erſtlich arbeiten ſoll/ da er ſpricht. Die Zeit deß Reben- ſch nitts iſt herbey kommen. Deß we= gen wird ſie gewiſen/ den Weingar- ten zubutzen und zuzuꝛichten. Damit nun die Fruͤchten darinn ſich uͤber- fluͤſſig erzeigen/ iſt vor allen Dingen vonnoͤthen/ daß man die unfruchbare Sproͤßlin abwerffe/ die ſchaͤdliche ab= ſchneyde/ die uͤberfluͤſſige abnehme. (Honor a- pud Delrio,) Was iſt aber diß anders/ als was Ho norius Auguſtodunenſis geſagt: Man ſoll taͤglich abſchneyden die uͤ- berfluͤſſige Blaͤtter/ das iſt/ die Geil- heit der Gedancken und Worten? (Philo Carp.) Die unfruch bare Aeſte/ ſpricht Philo Carpathius/ muß man abſchneyden alle Laſter hinlegen/ auch die Seelen von aller Bemacklung der Suͤnden reinigen muͤſſen die jenige/ welche Kinder GOttes/ und Braͤut Chriſti ſeyn woͤllen. Seytemahln der jenige (Lib 3. de cauſ. Plant. cap. 19.) Rebenſtock/ welchen man ordentlich beſchneydet (ſpricht Theophraſtus) bringt beſſere Geſchoß und Frucht/
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CORDIS REVERSIO. Redite præuaricatores ad cor. Iſaiæ 46. Quin mihi iam toties reuocata reuerteris ad cor Nolle redire, merum velle perire, puta.

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kan auch laͤnger leben. Dannenhero der himmliſche Weingaͤrner reiniget die Zweig deß himmliſchen Wein- gartens/ damit ſie mehr Fruͤcht brin=(Joan. 15. 2,) gen. Zu diſer Beſchneydung und Reinigung deß Weingaꝛtens unſers HERZENS/ gehoͤret alle Lehr/ welche in den Lectionen diſer Claß fuͤrgehalten wird.

Die VIII. Lection. CORDIS REVERSIO

Widerkehrung deß HER- ZENS.


Wiďkehret zu eueren HERZEN/ ihr groſſen Vbertreter. Iſa: 46. 8. WAn iſt nun gnug umbgeſchweiſſt und irr gangen/ jetzunder iſt ein= mal zeit/ daß man wiď umbkehre Bißher haſt du/ glaubige Seel/ nachgeſetzt de ̅ Fußſtapffe ̅ deines HERZENS/ wel= ches mit gantzem Gewalt gefallen in alles/ wz ihme gelüſtet und geliebet hat. Du haſt/ ſprich ich/ der Traͤgen Seelen geſehen die [196] unſin ̅ ige Thorheit/ in dem ſie nit allein vo ̅ Gott jrem Heyland/ ſonďn auch vo ̅ jr ſelber (Seneca.) daß iſt/ von jrem HERZEN weit abge= wiche ̅ iſt. Dan ̅ die Boͤſe ̅ / wie ď Roͤmiſche weiſe Man ̅ geſprochen/ ſeynd vberal/ allein bey ihne ̅ ſelbſt nicht. Wahrlich Auguſtinns war nit bey ihm ſelber/ ehe daß er zu Gott (Aug. l. 5. Conf c. 2.) bekehret wuͤrde/ welcher ſich alſo gegen ihme beklaget: Wo war ich/ als ich dich ſuchet? Vnd du wareſt vor mir/ ich aber war von mir ſelber abgewichen/ kundte mich nicht finden/ wie vil minder dich. Hoͤre aber doch einmahl/ und erhoͤre dei= (Iſa. 46. 8.) nen Braͤutigam/ der dich durch den Pro= pheten mahnet: Wider kehret zu ewern HERZEN/ ihr große ̅ Vbertretter. O Seel/ du groſſe Vbertretterin/ ſchlage in dein HERZ/ laß dich auch den Weg nit reuen/ ob du ſchon noch einen groſſen Weg vor dir haſt. Don ̅ als du vil Schritt von deinem HERZEN abgewichen biſt/ (Luc. 15 13.) alſo vil haſtu wider darzu. So derhalben das HERZ in ein fernes Land/ de ̅ Ab= goͤtze ̅ deiner Sinnligkeite ̅ nach gezogen iſt/ da haſtu ein groſſe Weite zuvberſchreiten/ (Act. 7. 15.) daß du wider kehreſt. So du wie die Kindeꝛ von Iſrael mit dem HERZEN in Egyptenlandt widerkehret haſt/ muſt du [197] daſelbe auch daſelbſten abfordern/ damit du nit vill???cht verm eineſt/ es ſey gar nahe bey dir Was ſoll oder kan uns naͤher ſeyn/ als unſer HERZ? ſpricht der groſſe Gre=(Greg. 26. Mor. c. 23.) gorius. Was iſt uns naͤher/ als das Ding ſo in uns iſt? dannoch wann es durch boͤſe Gedancken außgeſtreuet wird/ ſchweiffet das HERZ weit von uns auß. Deßwe= gen ſchicket der Prophet den Vbertretter weit auß/ da er in ſein HERZ ſchlagen/ und wideꝛkehren heiſſet; dann wohin er ſich euſſerlich außgoſſen hat/ dahin ſindet er kaum den Weg darauff er wider zu ihme ſelber kommen moͤge. Derhalben eꝛbarme(eccl. 3 24.) dich deiner Seelen/ wilt du Gott wolgefallen/ und verſamble dein HERZ in ſeiner Heiligkeit. BETRACHTE nachmahlen/ was es ſey/ in das HERZ ſchlagen/ oder zu ih= me ſelber wider kommen? Solches wirſtu am biſten verſtehen/ ſo du weiſt wz es ſey/ von ihm???ſelber außgehen/ und von dem HERZEN abweiche ̅ . Diſe beyde Stuck werden gar ſchoͤn von dem H. Gregorio(Greg l 2. Dial. c 3.) außgelegt/ da er ſpricht: Wir werden in zweyerley W???iß auß uns gefuͤhrt/ dann entweder wir fallen under uns ſelbſt durch den Fall der Gedancken; oder wir [198] erheben uns uͤber uns ſelbſt durch die Gnad der geiſtlichen Betrachtung. Von (Luc. 15. 15.) diſen beyden Stuͤcken fuͤhret er Exempel ein/ alſo ſchreibend: Der verlohrne Sohn/ ſo die Schwein weydet/ iſt durch Vmb= ſchweiffung oder Vnſtaͤttigkeit deß Ge= muͤhts/ und Vnreinigkeit under ſich ſelbſt gefallen: aber doch nach dem er anfing zu bedencken die Guͤtter/ die er verlohren haͤtt/ iſt von ihm geſchrieben: Er kam wi= der zu ſich/ und ſprach: Wie viel Knechte haben in meines Vatters Hauß ???rods uͤbrig gnug? Zum (Act. 12. 12.) andern fuͤhret er zum Exempel ein den H. Petrum/ weicher von dem Engel auß der Gefaͤngnuß gefuͤhꝛt ward/ und von ihme geſagt wird/ daß er wider zu ihm ſelber kam; weil der Engel ſein Gemüth in Ver= zuckung bracht/ der war auß ihm/ aber er war uͤber ſich ſelbſt. Darum ſeynd diſe beyde wider zu ihnen ſelbſt kommen/ da ſich der eine von dem Irrſal deß Wercks zum HERZEN ſamlet/ und der ander von der Hoͤhe der Beſchauligkeit/ wider zu dem kam/ daß er in gemeiner Vernunft war/ wie zuvor. Allhie aber handlen wir von der erſten Auß???eutung deß HER= (Ibidem) ZENS von uns/ welche gemelter Grego [199] rius alſo entwirffe. So offt wir durch die Bewegung eines zuvil groſſen Gedan= ckens auß uns gefuͤhrt werden/ ſo ſeynd wir/ und ſeynd doch nit bey uns/ dan ̅ wir ſchweiffen durch andere Ding/ und ſehen uns ſelber gar nit. Darauß nun leichtlich erſcheinet/ was es ſey/ wider zu ihm ſelbs(Lib. 5. Conte ̅ pl. cap. ???.) oder zum HERZEN kommen. Welches Richardus de S. Victore außleget/ da er ſpricht: Demnach wir außgetretten/ wi= derkehren wir gleichſam ̅ zu unſerer Woh= nung/ wan ̅ wir nach wetlichen Geſchaͤff= ten die Augen unſers Gemuͤhts zur Be= ſpieglung unſerer Sitten erheben/ unſere junerliche Ding erwegen/ und fleiſig er= forſchen/ wie wir an uns ſelber beſchaffen ſeynd. Wuſt du nun wider zu deinem HERZEN kehren (ſpricht ein juͤngerer(Hector Pintus in c. 46. Iſa.) Lehrer) erkenne dich ſelber: bedencke vnd betrachte dich bey dir ſelber/ und befrage dich ſelber in allen diſen Stuͤcken: Wo bin ich? Wie lebe ich? Was thue ich? Was hoffe ich? Was begehre ich? Wie wirdes mir ergehen/ wann ich alſo ſterben ſollte? Wo wird ich hinfahren? Was wurd ich fuͤr Peynen umb meiner Miſſethaten willen außſtehen muͤſſen? Sihe diß iſt der Weg/ welcher dich richtig zum HER= ZEN fuͤhren wird. Dann auß diſen Be [200] trachtungen entſpringt im Gemuͤth die (Eccl. 21. 7.) Forcht Gottes: Der aber den HErrn foͤrchtet/ der wird ſich bekehren zu ſei??? nem HERZEN. BETRACHTE fuͤrs Dritte/ wie dir ein lebendige Figur und Beyſpil ſo wol deß Abtrettens vom HERZEN als deß Widerkehrens zum ſelben/ von CHriſto dem Herrn fuͤrgeſtellt werde in der (luc. 15. 13.) Gleichnuß vom verlohrnen Sohn Dann diſer nahm ſein Erbgut/ zog fern uͤber Land und daſelbſt verſchwendet er ſein Gut mit braſſen. Da ihn nun der Hunger tru= cket/ haͤnget er ſich an ein Burger deſſel= ben Lands/ der ſchickt ihn auff ſein Dorff. Diß war nun die Außtrettung und Ab- weichung deß verlornen Sohns von ſei= nem HERZEN: diſes war die Won- derſchafft von ihme ſelber/ welcher der ſuͤn= dige Menſch nachfolget. Dann erſtlich weichet er ab von GOtt ſeinem Vatter/ (Aug li. 2. q. Eu. q. 33. ??? Beda in c. 15. Luc.) zihet fern uͤber Land. Diſes ferne Land/ ſpricht Auguſtinus/ iſt die Vergeſſenheit Gottes. Dann je mehr ſich einer in boͤſen Wercken verſuͤndiget/ ſagt Beda/ deſto weiter weicht er ab von der Gnad Got= tes/ ja von ihme ſelber. Was mag aber fer= (Amb. l 7.) ners ſeyn/ fragt Ambroſius/ als von ihme [201] ſelber abweichen/ und nicht durch Laͤnder/(in c. 15. Luc.) ſonďn durch die Sitten abgeſoͤndert wor= den/ mit der Bemühung und Nach ſin= nen/ nit durch Landſchafften underſchiden ſeyn/ und gleichſam durch die Hitz welt- licher Gey???eit von der Hey???gen Gemein= ſchafft außgeſchloſſen ſeyn? Seytemahln/ der ſich von Chriſto abſoͤndert/ iſt außlaͤn= diſch vom Vatterland und ein Burger in der Welt. Was thut er aber nun in di= ſer Statt? Er verſchwendet ſein Gut mit braſſen. Dann ſo der Menſch von Gott außgehet und abweichet/ wie es Theophylatius außlegt/ und fern wird von der Forcht Gottes/ ſo ſchuͤttet er alle Gaben Gottes auß. Dann ſo wir nahend bey Gott ſeynd/ thun wir nichts ſolches/ welches der Verdambnuß werth ſey/ nach dem Spruch: Ich hab den HErrr(Pſ. 15. 8.) allzeit fuͤr Augen/ dann er iſt mir zur Rechten/ darum werd ich nit umb- fallen. Wann er aber fern von uns iſt/ werden wir zu Abtrinnigen/ thun und leyden alles Vbel/ nach dem jenigen:(Pſ. 72. 27.) Dann ſihe/ die ſich von dir ferren/ werden umbkommen. Nun aber die Armſeeligkeit deß Suͤnders beſtehet noch nit gar in diſem; dann er haͤnget ſich an [202] einen Burger/ und huͤtet die Schwein; (Pſal 87. 7. 13) Weil der Suͤnder im Land der Vergeſ= ſenheit/ und im Schatten deß Todts/ die= net dem Teuffel/ welcher ihm die Seel zu= huͤten verordnet. Daher ſpricht Titus der Boſtroër Biſchoff: Der ſich im Kott deß Vnflats hin und wider ein weil ???bwal= zet/ wird billig under die Schwein ge= rechnet. So er nun ein Zeitlang in ſolche ̅ ſchandlichen Vnflat deß Lebens verhar= ret/ wird er auch andern zum Beyſpil deß Verderbens; weydet/ und ernehret ſie auff ein gewiße Weiß/ durch Lehrung ď Geyl= heit/ und deß Wollebens. Oder aber die Schwein ſeynd die Teuffel ſelber/ welche (Chryſol. ſer. 3 Hiero ̅ . Epiſt. ad Damaſ.) mit dem Vnflat und Laſtern der Leiber gemaͤſtet werden/ ſpricht Cchryſologus. Vnd Hieronymus: Der Teufflen Speiß/ iſt das Vollſauffin/ die Geylheit/ Hure= rey/ und alle Laſter. Nachmahlen wird die Armſeligkeit/ auch gemehret/ wann er ſchier Hungers ſterben muß/ und begehrt allein den Bauch zuerfullen mit Spreu= er der Saͤuen/ laßts ihme doch niemand zukommen. Der ſuͤndige Menſch begehrt zwar durch die Beluſtigung der Laſter er= fuͤllet zuwerden: aber der Geluſt zum ſuͤn= (???us.) digen iſt unerſaͤttlich. Dann dergleichen Teuffel/ ſpricht Euthymius/ laſſen keinen [203] mit Wolluͤſten ſatt werden/ auff daß er nir deſto baͤlder auffhoͤre zu ſuͤndige ̅ . Dan ̅ ſie den Appetit allezeit erwecken und an= reitzen: Vnd iſt diß die Abwendung deß verlohrnen Sohns/ und Suͤnders von GOTT Nun aber BETRACHTE auch ſein Bekehrung und Widerkunfft zum Vatter. Da kehret er in ſich ſelbs/(luc. 15 17.) und ſprach: Wie vil Tagloͤhner ha= be ̅ vberfluͤſſig Brodt in meines Vat- ters Hauß/ und ich verdirb hie Hun- gers? Gar recht und wol widerkehrt er(Ambr. l. 7. in cap. 15. Lucæ.) in ſich ſelbs/ ſpricht der Majlaͤndiſche Bi= ſchoff/ welcher von ihme ſelber außgangen iſt. Sintemahl der zum Herꝛn wider= kehret/ ſtellet ſich bey ſich ſelber wider ein; und der von Cchriſto abweichet/ der ver= wirfft ſich auß ihm ſelber. Merck aber/ daß er fuͤrnemlich zweyer Vrſachen hal= ben zur Widerkehrung angetriben werde. Die erſte iſt die Betrachtung der alten Gluͤckſeligkeit/ und deß Vberfluß/ den er beym Vatter gehabt hat; in deſſen Hauß auch die Tagloͤhner vber fluͤſſig Brodt het= ten; das iſt/ wie die jenige/ welche GOTt dienen wegen der Belohnung und Wi- dergeltung/ uͤberfluͤſſig vil geiſtliche Gut [204] thaten haben. Die ander Vrſach iſt/ die Erwegung der Beduͤrfftigkeit und deß Hungers/ welche ihn biß in Tod trucke= ten; diſe Plag und Verirrung hat ihm den Verſtand geben/ daß er in ſein HERZ ſchluge/ und zum Vatter eylete/ daher er ſprache: Ich will auffſtehen/ und zu meinem Vatter gehen. Er iſt auffge= ſtanden/ hingangen/ hat ſeine Suͤnd er= kent/ umb Verzeyhung gebetten/ und er= langt. So auch du/ mein Seel/ nach deſſen Fußſtapffen weit von deine ̅ HERZEN abgewichen/ und in die Tieffe der Suͤnden gefallen biſt/ woͤlleſt nit laͤnger in fernem Land bleiben; ſondern haſtu dem Irrenden nach gefolget/ ſo folge auch nach ďem Buͤſ= ſenden; haſt du nachgefolgt dem Abwei= chenden/ ſo folge auch nach dem Wider- kehrenden. Er hat betrachtet die Seeligkeit deß Vatterlands/ die Muͤheſeeligkeit der Dienſtbarkeit/ und durch ſolche Sta= chel hat er ſich ſelber zur Widerkunfft auff= (Luc. 10. 17.) gemuntert. Gehe du nun hin/ und thue deßgleichen auch. BETRACHTE ferner/ daß die Barmhertzigkeit GOtees gegen etlichen Menſchen ſo ???uͤtig ſey/ daß er ſie gleich= ſam wider ihren Willen/ und in dem ſie [205] der Beruffung GOTtes widerſtreben/ dannoch durch ſein kraͤfftige Gnad antrei- be/ daß ſie in ihr HERZ ſchlagen. Dann zu gleicher weiß/ als Lot und ſeine Kinder von den Engeln ermahnet waren/ von(Gen. 19. 16.) Sodomaͤ außzugehen/ ſie aber verzogen/ ergriffen die Engel ſie bey der Hand/ und führeten ſie fuͤr die Statt hinauß: alſo(Iob. 24. 13) auch/ waͤnn etliche dem Liecht widerſpen= ſtig ſeynd/ und zu allen Stim ̅ men Gottes taub werden/ ergreiffet ſie Gott gleichſam bey der Hand/ und durch die gewaltige Hilff der Genaden/ führet er ſie letzlich wider zu ihrem HERZEN. Solches iſt dem H. Auguſtino widerfahren/ welcher mit der Einſprechung Gottes gleichſam gerungen/ letzlich durch vil Vmſchweiff wider in ſein HERZ geſchlagen hat. Laſt vns aber ihn ſelber anhoͤren/ wie er diſen Kampff erzehle: Du aber/ O Herꝛ/ under(Auguſt. lib. 8 Conf. c. 7.) ſeinen (deß Potitiani) Worten/ tribeſt mich in mich ſelber/ wendeſt mich umb/ der ich ruͤck???ingen lag/ und nit auff mich ſel= ber mercken wolte nnd ſtelleſt mich fuͤr mein Angeſicht/ daß ich ſehen moͤchte/ wie unflaͤtig ich waͤre/ wie krum/ abſchewlich/ bemacklet/ und voller Geſchwaͤr. Ich ſahe es/ trug ein Abſcheuhen darab: und hatte doch nit wohin ich von mir ſelber flohe. [206] Vnd ſo ich mich befleiſſe dz Angeſicht von mir abzuwenden/ erzehlet er daß/ was er erzehlet. Du ſtelleſt mich abermahl wider mich ſelber/ und ſtoſſeſt mich fuͤr Augen/ daß ich wein Miſſethat befunde; ich aber verzohe/ ſtimmet uͤberein/ und vergaß es wider. Was flieſſe ich nit ſelber wider mich auß? Mit was fuͤr Streichen der Spruͤ= chen hab ich mein Seel gegeißlet/ daß ſie mir folgen wolte/ der ich nun mich under- ſtunde dir nachzugehen; und ſie widerſetzte ſich? Sie ſchlug es ab/ und entſchuldiget ſich nit. Es waren alle Einwuͤrff verzehrt/ und widerleget. Bißher Auguſtinus. Ach guͤtigſter Gott! fuͤhre mich auch alſo wider zu meinem HERZEN/ und zwinge mei= nen widerſpaͤnſtigen Willen zu dir. Dann ich foͤrchte mir hefftig/ daß du nit villeicht zuſpat/ oder am Tag meines Hinſchey= dens/ oder am juͤngſten Gericht mich ſtraf= feſt/ und mich dir under Augen ſtelleſt. (Pſ. 49. 20.) Was ſoll ich alsdann thun wann die Zeit zu wuͤrcken wird verſtoſſen ſeyn? wie ſoll ich wider zu meinem HERZEN kehren/ wann das HERZ fuͤr deinen Gerech= ten Richterſtul geſtellt ſoll werden/ und kein Zeit zum Widerkehren uͤbrig ſeyn wird? Der jenige gedenckt zuſpat an das Widerkehren/ welcher ſein Leben jetzun [207] der beſchloſſen/ und das Zihl der Ewigkeit ſchon erreichet. Mercket doch das ihr/ die ihr Gottes vergeſſet/ daß er euch(Ibid.) nit einmahl hinreiſſe/ und ſey kein Erretter mehr da. BETRACHTE fuͤrs letzte die Nutz= barkeit der Widerkehrung in das HERZ dann zu dem/ daß durch einerley Bewe= gung/ durch welche der Menſch in das HERZ ſchlaͤgt/ auch zu dem Herrn wi= derkehret (welches ohn allen Zweiffel ein nutzbarliches Ding iſt) erlanget ď Menſch noch diß darzu/ daß er den rechten beſten= digen Friden und Ruhe deß Gemuͤths erlanget. Diſes bezeuget der Koͤnigliche(Pſ. 84. 9.) Pꝛophet David/ da er ſpricht: Der Herꝛ GOTT wird Frid reden uͤber ſein Volck/ und uͤber ſeine Heyligen/ und uͤber die/ ſo ſich zum HERZEN kehren. Nemlich den Fride ̅ / welchen die(Ioan. 14. 27.) Welt nit gebe ̅ kan: den Fride ̅ welcher uͤber= ſchwebt allen Sinnen/ und bewahret unſre HERZEN und Verſtand: welchen der Gott unſers HERZENS/ der Fürſt(Phil. 4. 7.) deß Fridens mittheilet dene ̅ die ihn lieben. Dann der offt und eyferig durch fleiſſige Erforſchu ̅ g deß Gewiſſens in ſein HERZ [208] ſchlaget/ der wirdt groſſen Friden im jn= nerlichen Menſchen haben. Diſes haben gar vil Heyligen erfahren/ ſonderlich aber vnſer H. Vatter Benedictus; von wel= chem der H. Gregorius/ als er beſchreibet/ wie er die Gemeinſchafft etlicher boßhaff= ten Bruͤder geflohen/ die ſich vnderſtan= den hatten ihn durch Gifft hinzurichten/ alſo ſpricht: Er aber ging wideꝛ an den Orth der lieben Einoͤde/ vnd in den Au= gen deß oͤberſten Anſchawers wohnet er allein bey ihm ſelbſt. Vnd da er außleget/ (???reg. I 2. Dial. c. 3.) was es ſey/ bey ihme ſelbs wohnen/ ſpricht er: Haͤtte der H Mann die lenger bezwun= gene under ihm woͤllen halten/ welche ein= helliglich wider ihn ſich zuſamen verbun= den/ vnd ſeiner Wandlung weit vngleich waren/ ſo hett er villeicht den Brauch ſei= ner Krafft/ vnd die Weiß der Stilligkeit vbergangen/ vnd het auch das Aug ſeines HERZENS von dem Liecht ďgeiſtliche ̅ Betrachtungen abgekehrt. Vnd dieweil er in ihrer Straffung taͤglich muͤde ge= macht ward/ hat er ſeiner Ding weniger geachtet/ und villeicht ſich ſelbſt verlaſſen/ und haͤt die doch nit funden. Darum hab ich geſagt/ daß diſer ehrwuͤrdig Mann bey bey ihm ſelbſt gewohnet hab/ dann in ſeiner Behutung iſt er allweg fuͤr ſichtig geweſen/
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CORDIS EFFVSIO. Effunde, ſicut aquam COR tuum ante conſpectum Domini. Thren. 2. 19 Vota quid occluſo, quid vulnera pectore celas, Ante Deum fuſe cor natet, instar aquę

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hat ſich allzeit geſehen vor den Augen ſei= nes Schoͤpffers zuſeyn/ hat ſich allweg erforſchet/ und das Aug ſeines Gemuͤhts auß ihm nit außgebreit. Mein Seel folge diſem Exempel nach/ kehre wider in dein HERZ.
Fein allzeit bey dir ſelber wohn/
Woͤllſt dich nit drauſſen finden lohn.

Die IX. Lection. CORDIS EFFUSIO.

Außſchuͤtung deß HER- ZENS.


Schuͤtt dein HERZ auß vor dem Herꝛn wie Waſſer. Thren. 2. 19. DEmnach die fluͤchtige Seel zu ih= rem HERZEN ſich wider keh= ret hat/ ſoll ſie diß erſtlich thun/ daß ſie auch ihr widerſtrebendes und un= williges HERZ zum Herrn bringe/ und ſich vor ſeiner Gegenwarth einſtelle/ ja ſelbiges gleichſam auß ihren Leib auß= ſchuͤtte. Vnd diß iſt/ was der Pſalmiſt er= mahnet/ da er ſpricht: Schuͤtet euere(Pſ. 61. 9.) [210] (Thren. 2. 19) HERZEN vor ihm auß. Vnd der Prophet in ſeinen Klaglidern: Schuͤtt dein HERZ auß vor dem Herꝛn wie Waſſer. Ihr ſolt ewre HERZEN/ ſpricht Auguſtinus/ nit jnnerhalb ewern HERZEN behalten: ſchuͤttet ewere HERZEN vor ihm auß/ es wird nit ver= gebenlich hingehe ̅ / wz ihr außſchuͤttet/ dann er iſt mein Auffnehmer; ſo ers auffnim ̅ t/ was foͤrchteſt du ſolches außzuſchuͤtten? (Pſ. 54. 23.) Wirff dein Sorg auff den Herꝛn/ und hoffe auff ihn. Diſer Spruch aber Schuͤtt dein HERZ auß/ wird auff vilerley Weiß außgelegt/ die alle zu un= ſerm Fuͤrnehmen taugen. Dan ̅ ERST= LICH wird dardurch verſtanden/ dz man das HERZ von Sünd und Laſtern auß= leeren ſoll: Dahero der Chaldeiſche Para- phraſtes dz angezogne Orth alſo dolmet= ſchet hat. Schuͤtte die Boßheit deines HERZENS auß wie Waſſer; un ̅ (2. Reg. 7. 5.) bringe es zur Bußan. Was auch im erſte ̅ Buch der Koͤnigen am 7. Capitel ge= ſagt wird: Die Kinder von Iſrael ka- men zuſammengen Maßphat/ und ſchoͤpffte ̅ Waſſer/ und groſſens auß vordem HErꝛn/ und faſteten denſel [211] ben Tag/ und ſprachen daſebſt: Wir haben dem He ̅ rꝛn geſuͤndigt. Solches leget gemelter Paraphraſtes alſo anß Vnd ſie ſchuͤtteten ihr HERZ auß in ď Buß wie Waſſer vor de ̅ Herꝛn.(Ambr. in pſal. 141.) Gleicher weiß ſpricht der H. Ambroſius. Das HERZ ſoll außgeleret ſeyn von aller Befleckung der Boßheit/ damit es gefaͤhig werde der geiſtlichen Gnad/ da=(epheſ. 423.) rum ſpricht der Apoſtel: Erneuert euch im geiſt euers Gemuͤths. Dann ſo man die alte Boßheit außſchuͤttet/ wird die neue Gnad empfangen/ durch wel= che ein jeglicher erneuert wird. Alſo pfle= gen zu thun die Artzt/ welche nit vor die heylſame Artzeneyen mittheylen/ ehe daß ſie durch das umdeuͤten die boͤſe Mutery außgetriben haben. Ein uͤbelſchmeckendes Geſchirꝛ nimbt die Eingteſſung der wol= richenden Salben nit an/ es werde dann zuvor gar fleiſig außgewaſchen: Alſo wird auch unſer HERZ der Goͤttlichen Gnad nit gefaͤhig/ es ſeye dann/ daß der vergiffte Geruch der Laſter darauß gegoſ= ſen und außgeſchüttet werde. So du nun mein Seel/ begtreſt mit dem Guten er= fuͤllet zuwerden/ ſo ſchuͤtte das Boͤſe auß: GOtt will dich mit Honig er fuͤlle ̅ / wuͤrffe [212] herauß den bittern Wermuth. Er iſt be= reit den Wein in die Flaſchen deß HER- ZENS zu ſchuͤten/ ſo du den Eſſig auß= g???ſſeſt. Eꝛwige aber wie du ermahnet wer= deſt dz HERZ außzuſchuͤten wie ein Waſ= ſer/ aber nit wie dz Oel/ von dem allzeit ein theil an dem Geſchirr kleben bleibet; das Waſſer aber laſſet ſich gantz und gar auß= ſchuͤtten/ alſo daß nichts darvon im Ge= ſchirr uͤber bleibet. Alſo muß man alle Sünden gantz und gar auß dem HER= (Hugo c. 2. Thren.) ZEN außſchuͤtten/ daß (wie Hugo Cardi- nalis ſpricht) auch in den aͤuſſerlichen Zei= chen kein Farb oď Geſtalt darvon verblei= be/ wie auch in den Worten kein Geruch/ oď in ď Anmuthung kein Geſchmack. Nun aber ſoll diſe Außſchuͤtung deß HER= ZENS nit geſchehen vor den Menſchen/ daß wir von ihnen geſehen werden; noch wegen eines andern ungleichen Reſpects/ ſonďn vor dem Angeſicht deß Herrn/ nem= lich als welchem wir geſuͤndiget haben. Al= ſo ſchuͤtet ſein HERZ auß der Bußfertige David/ da er zum HERREN ſprach: (pſal. 31.) Ich hab dir meine Suͤnd kund ge= than/ und mein Vngerechtigkeit nit verhelet. Ich ſprach/ Ich wlll dem HErren meine Vngerechtig keit be [213] kennen wider mich/ da vergabeſt du mir die Gottloſigkeit meiner Suͤnd. Derohalben O Seel/ die du nachgefolget haſt dem jrꝛenden David/ folge jetzunder auch nach dem Buͤſſenden. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ wie auß erſtgedachter Außſchüttung deß HERZENS/ folge ein andeꝛe/ welche durch deß Propheten Wort angedeuttet werde/ wie es Rabanus, Rupertus, un ̅ Pa- ſchaſius verſtanden haben/ alſo ſprechende: Der jenige nun ſchuͤttet auß ſein HERZ vor de ̅ Herren/ wie Waſſer/ welcher auß in ̅ nerlicher anmuhtung deß HER= ZENS herfuͤr bringt Zaͤhren der Bereu= ung; dann das Opffer GOttes iſt ein be=(Pſal. 50. 19.) truͤbter zerma???meter Geiſt ein bereuigs un ̅ demuͤtigs HERZ wird Gott nit verach= ten. Daher gehet auch die Außlegung deß Gaſparis Sanchez, welche alſo lautet: Laß nit ab vom Weinen und Gebet/ biß daß nach erſchoͤpfftem Brunnen der Zaͤhren das HERZ ſelber zergehe un ̅ zerſch???ltze/ daß es durch die trieffende Augen auß=(Luc. 7. 19.) trieffe. Jenes ſündige Weib hat uns ein Beyſpiel diſer Außſchuͤttung geben/ welche im Hauß deß Phariſeers/ dem Herren als er zu Tiſch ſaß/ ſeine Fuͤß mit Zaͤh [214] tzen begoſſen; dieſie nit allein auß Schmer= gen deß zerknirſchten HERZENS her- zuß gelaſſen/ ſonď auch under denſelben ihr erſchmoltzenes HERZ/ vor dem Herrn/ wie Waſſer außgoſſen. Dann das Feur ď Goͤ???tlichen Liebe/ mit welchem ſie innerlich entzuͤndet war/ hat ihr HERZ alſo zer= ſchmeltzet/ daß ſie ſelbiges auff die ſeelige Fuͤß deß Herrn außgieſſen kunde/ daher (Luc. 7. 48) von ihr geſchriben flehet: Ihr werden vil Suͤnd nachgelaſſen/ dann ſie hat vil geliebet. Alſo Anna/ die mit der Phe= (1. Reg 1. 15.) nenna eyfert/ als ſie im HERZEN voll Betruͤbnuß war; bettet lang vor de ̅ Herrn und weynet ſehr/ vermeinet En ſie were truncken/ da ſprach ſie: Nein mein Herꝛ/ ſonďn ich hab mein HERZ vor dem Herrn außgeſchuͤtt. O buͤſſende Seel! folge nach diſen zweyen Weibern und auß dem Brunnen deß HERZENS bring her fuͤr Waſſerbaͤch/ und Flüß den Zaͤhren/ (Aug. lib. de. ſal. do Caſ- ſiod. in Pſal. 41.) damit in denſelben dein HERZ flieſſe und ſchwimme vor dem HErrn: Dann die Zaͤhre ̅ deß HERZENS loͤſchen auß alle Mackel. Die Thraͤnen waſchen das unflaͤ= tige Kleyd der Seelen/ und geben ihr die weiſſe Farb der Verzeyhung/ ſpricht Au= guſtinus. Vnd Caſſiodorus: Das Wey [215] nen der Bereuung iſt die Speiß der See= len/ der Troſt der Sünder/ die Abwaſchu ̅ g der Schulden. Dann gleich wie nach vi= lem und hefftigem Regen/ der Lufft klar und rein wird: alſo auch nach dem Regen der Zaͤhren/ folget das ſchoͤne/ und ſtete Wetter deß Gemuͤths. Was aber die Zaͤh= re ̅ im Gebet vermoͤgen/ hat gar wol erklaͤret Climacus/ da er ſpricht: Das Trauren un ̅ (Climac. grad. 7.) Seufftzen ſchreyet zum Herrn/ aber das Wehnen der Forcht verrichtet die Bott- ſchafft. Nun aber die jenige Zaͤhren welche die H. Liebe vergieſſet/ ſeynd Zeichen/ daß unſer Gebet auffgenommen und erhoͤret ſey. BETRACHTE zum Dritten/ Wie die Außſchuͤttung deß HERZENS ſonderlich beſchehe im Gebet/ welches durch diſe Außſchuͤttung bedeutet wird; da???er ſprach David: Schuͤttet euere HER-(Pſ. 61 8.) ZEN vor ihm auß/ und ſprechet: GOST iſt unſer Helffer ewiglich. Durch dergleichen Weiß/ zu reden ſagt man/ wir ſchuͤtten auß das Gebett. Alſo(Iud. 6. 14.) ſtehet geſchriben im Buch Judith/ wie das Volck mit gemeiner Klag und We???= nen den Herrn ihr Gebet außgoſſen. Auch der Titel deß 101. Pſalmens lautet alſo: [216] Das Gebet deß Armen/ wann er geaͤnſtiget wird und vor dem Herꝛn (Pſ. 141. 3.) ſein Gebet außgieſſet. Alſo ſprach Da= vid ſelber: Ich ſchuͤtte mein Gebet vor ihm auß/ und zeyge an vor ihm meine Noht. Derhalben das HERZ im Gebet außſchuͤtten oder außgieſſen/ iſt gleich als auß einem offnen Geſchirꝛ alle Anmutungen deß HERZENS/ alle Schmertz en/ alle Sinn deß Gemuͤts/ alle Begirden vor Gott erklaͤren/ und in ſein Schoß und Fuͤrſichtigkeit außgieſſen/ daß er ihme woͤlle zuhuͤlff kommen/ und Fuͤr- ſehung thun. Nun hat Chriſtus der Herꝛ ſelber diſer Sachen ein ſcheinbarliches Exempel er wiſen/ welcher zu anfangs ſeines Leydens zu ſeinem Vatter im Gar= ten gebetten/ und die Noth ſeines HER= (Luc. 22. 43) ZENS vor ihme angezeiget hat. Vnd es kam/ daß er mit dem Todt rang/ und betet etwas laͤnger/ und ſein Schweiß ward wie Bluts Tropffen/ die fielen auff die Erden/ alſo/ daß er zumahl das Gebet und Blut vergoſſe. Allda zumercken/ daß fuͤnfferley (Cornel. in c. 2. Thre ̅ .) Affect oder Anmuͤtunge ̅ / durch diß Wort Schuͤtte auß dein HERZ/ angedeu= tet ſeynd; welche alle von de ̅ Buͤſſenden im [217] Gebet gebraucht werden moͤgen. Der erſte iſt eines groſſen Schmertzens; dann alſo die jenige/ welche ſehr geaͤnſtiget ſeynd/ pflegen durch das Weynen/ Heuͤ= len und Klagen ihre Schmertzen in die Ohren der Befreunden und zuhoͤrenden außzugieſſen. Der ander/ der Demuth/ in de ̅ er ſein HERZ gleich wie Waſſer auff die Erden vor Gott gleichſam außſchuͤt= tet; Der dritte/ der Auffrichtigkeit/ daß er alle Anmutungen vor GOtt außſchuͤtte/ nichts verberge/ nichts vorbehalte. Der vierdte/ der Vbergebung/ daß er alles das Seine in die Fuͤrſehung Gottes auß???= gieſſe und vbergebe. Der fuͤnffte/ der Hoffnung und deß Vertrauens/ daß er alle ſeine Anmutungen und Beguͤrden gleichſam von ſich lege! und hinwerffe/ ſelbige Gott allein vertraue und befehle. Lehrne diſe Affect under dem Betten er= wecken. O glaubige Seel/ bekehre dich(Oſc. 14. 2.) zu GOtt deinem Herꝛn/ und durch diſe fuͤnff Canaͤl ſchuͤtte dein HERZ auß wie Waſſer vor GOTT(Thren 2. 19) deinem HErꝛn
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Die X. Lection. CORDIS CIRCUMCISIO

Die Beſchneydung deß HERZENS.


Veſchney det euers HERZENS Vorhaut. Deut. 10 16. (???en. 17. 10.) BETRACHTE Eiſtlich Wie vor Zeiten dem außerwoͤhlten Volck Gottes/ nemlich den Juden das Gebot geben worden ihr Fleiſch zu- beſchneyden: Zum theil/ daß ſie von an= dern Voͤlckern underſchiden weren; zum theil/ daß ſie ein ſchmertzliche/ und zu gleich (Ioſ. 5. 2.) auch ein ſchambare Artzney wider die Erb= ſuͤnd an threm Leib herum tragen ſolten. (Luc. 2. 22.) Chriſtus aber unſer Mittler/ welcher nit kommen/ das Geſatz auffzuloͤſen/ ſondern zuerfuͤllen hat diſes Gebott/ ſo wol als an= dere Gebraͤuch und Satzungen deß Ge= ſatzes/ halten woͤllen/ der jenige auch/ ſo (Petr. 2. 2???.) kein Suͤnd nie begangen/ hat dergleichen gewaltige Wunden fuͤr die Suͤnder ſel= ber freywillig angenommen/ dardurch er die hoͤchſte Liebe gegen uns erzeigete/ in dem er nit allein wegen uns Menſchen/ und unſtrs Heyls willen/ ein kleines we=???
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CORDIS CIRCVMCISIO. Circumcidite præputium CORDIS ueſtri. Deute ron. 26. Cruce capulum, chalÿbe ̅ cultro dat lancea claut Ferrum, hoc COR circum-cide deo ſacra.

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niger/ dann die Engel gemindert worden(Heb. 2. 9.) menſchliche Natur an ſich genommen; ſon= dern iſt auch gar vil von andern gemin= der worden/ in deme er nit allein die Ge= ſtalt eines Menſchen hat/ wie Bernardus(Bern. ſerm. 3 de Circum- ciſ.) ſpricht/ ſondern die Geſtalt eines Suͤnďs/ und/ wird angebraͤnd gleichſam mit dem Brandzeichen eines Moͤrders. Dann was iſt die Beſchneydung anders/ als ein Anzeigen deß Vberfluß und der Suͤn= den? Diſe aber hat er ſich gewuͤrdiget an= zunehmen/ nit fuͤr ſich/ ſondern fuͤr uns ſeine Glider; darum wir ihme unendli= chen Danck ſagen ſollen. Nun aber in diſer Beſchneydung deß Fleiſches/ muͤſſen wir Chriſten uns verhalten/ nach dem/ wz im Deuteronomio geiſtlicher Weiß ge= boeten wird: Wann dir auff dem Weg unter Augen ſtoſt ein Vogelneſt(Deut 22. 6.) auff einem Banm/ oder auff der Er- den/ mit Jungen/ oder mit Eyern/ und daß die Mutter uͤber den Jun- gen oder auff den Eyern ſitzt/ ſo foltu nicht die Mutter mit den Jungen nehmen/ ſondern ſolt die Mutter flie- gen laſſen/ und die Jungen nehmen/ auff daß diꝛs wol geh/ und lang lebeſt. [220] Was iſts nun/ daß man ſoll die Mutter fliegen laſſen und die Jungen behalte ̅ / als daß man ſoll die Haltung deß Buchſta= bens fahren laſſen als die Mutter/ und den geiſtlichen Verſtand als die Jungen (S. Thom. 12. q. 102: n. 6. ad 8.) behalten/ wie es der Engliſche Lehrer auß= gelegt hatte? So haben wir nun auff dem hohen Baum der H. Schrifft das Neſt der Beſchneydung funden? Laßt uns aber die Mutter/ das iſt/ die fleiſchliche und toͤdtende Haltung der Beſchneydung fah= ren laſſen/ die Jungen aber/ das iſt/ den geiſtlichen Verſtand/ und geiſtliche Be= ſchneydung behalten. Diſe geiſtliche Be- ſchneydung aber gehet die Chriſten an/ jene der Juden war fleiſchlich. So BETRACHTE nun fuͤrs ANDER/ wie uns Chriſtus der Herꝛ/ durch die leibliche Beſchneydung die geiſt= (Rom 4. 25.) liche und jnnerliche Beſchneydung deß HERZENS gelehrt habe: dann gleich wie er geſtorben iſt umb unſerer Suͤnd willen/ un ̅ umb unſer Gerechtigkeit willen aufferſtanden; alſo koͤnden wer auch ſage ̅ : er iſt beſchnitten worden umb unſer Be= (Euſeb hom in oct. Nav.) ſchneydung willen. Darume ̅ / ſpricht Euſe- bius Emiſſenus/ iſt Chriſtus beſchnitte ̅ / da- mit er uns derſelben Bedeutung befehle/ daß gleich wie daſſelbe heimliche Glied [221] durch B???ſchneydung deß Fleiſches deß Haͤntleins betaubet wird/ alſo ſoll unſer HERZ der unzimblichen Begierden in= nerlich beraubet werden. Daher wird uns die geiſtliche Beſchneydung alſo offt in heiliger Schrifft befohlen/ von welcher S.(Rom. 2. 29.) Paulus ſpricht: Die Beſchneydung deß HERZENS/ iſt ein Beſchney dung/ die im Geiſt und nit im Buch- ſtaben geſchicht; welcher Lob nicht iſt auß den Menſchen/ ſonďn auß Gott. Vnd Moyſes; So beſchneydet nun euers HERZENS Vorhaut.(Deut. 10. 16. Ibid. 30. 6.) Item: Der Herꝛ dein Gott wird dein HERZ beſchneyden/ un ̅ dz HERZ deines Samens/ daß du den Herrn deinen Gott liebeſt von gantze ̅ HER(Jerem. 4. 4.) ZEN Vnd Hierem. ſpricht: Beſchney det euch dem Herrn/ und thut hinweg die Vorhaut euers HERZENS/ ꝛc. Hergegen werden in der Schrifft ver= worffen/ die eines unbeſchnittnen HER= ZENS ſeynd; daher beklagt ſich ď Herr beym Prophete ̅ : Dz gantze Hauß Iſ-(Jerem. 9. 26) rael hat unbeſchnitne HERZEN. Vn ̅ bey dem Ezechtel laßt er dem wiďſpen [222] gen (Ezech. 44. 6) Hauß Iſrael ſagen: Laßt euch ge- nuͤgen ewere Suͤnden/ dz ihr frembde Kinder eines unbeſchnitnen HER- ZENS hinein gefuͤhrt habt. Der H. Stephanus auch rupffet den Juden auff/ und ſprach: Ihr Hartnaͤckigen/ und Vnbeſchnittne an HERZEN/ ihr habt de ̅ H. Geiſt allzeit widerſtrebet: (Act. 7. 51.) Deßwegen iſt diſe Beſchneydung deß HERZEN nothwendig; jene aber deß Leibs iſt in Chriſto getoͤdtet worde ̅ . Gleich wie auch von diſer S. Paulus geſproche ̅ . (Gal. 5. 2.) Wo ihr euch beſchneyden laſſet/ ſo iſt euch Chtiſtus kein Nutz. Alſo koͤn= den wir von jener ſprechen: Wo ihr euch nit beſchneyden laſſet/ ſo iſt euch Chriſtus kein Nutz. Wer ſoll dann nit gern zulaſ= ſen ja zum hoͤchſten begehren diſe geiſtliche Beſchneydung/ ohn welche wir von der Gemeinſchafft Chriſti frembd ſeyn? BETRACHTE zum DRIT= TE/ daß nit nur ein Glid/ ſondern ď gantze Menſch geiſtlicher weiß beſchnitten wer= den muͤſſe: Man muß beſchneyden die Augen/ die Haͤnd/ Fuͤß Zungen: Gedaͤcht= nuß/ Verſtand/ den Willen. Man muß abſchneyden/ vo ̅ den Augen alles eyteles/ [223] betrigliches/ unflaͤtiges Anſchawen? von den Haͤnden boͤß Beruͤhren; von den Fuͤſ= ſen das unuͤtze Gehenzvon der Zungen/ das Schwoͤren/ Ligen/ Ehrabſchneyden/ ſchaͤndtlicher Woͤrter: Letzlich von der Gedaͤchtnuß/ dem Verftandt und Wille ̅ / alles was Gott mißfaͤllig iſt. Ob nun wol(Cyp. de rat. Circumcit. tom. 3.) Gott/ wie Cyprianus ſpricht/ alle Beßheit der Glider/ und Anmutungen mit dem Schwerdt deß Geiſts durch unveraͤnder= liches Geſatz befohlen hat zubeſchneyden/ ſo wird doch ſelbige gantze Beſchneydung vollzogen/ wann wir allein das HERZ beſchneyden. Dann gleich wie alle Aeſte gar leichtlich abſtehen und verdorren/ wann die Wurtzel deß Baums abgehau= en iſt; alſo wann das HERZ beſchnit- ten iſt/ werden alle Anmutungen deß Ge= muͤths/ welche von ihme wie die Aeſte her= kommen/ leichtlich abgeſchnitten werden. Deßwegen zuſehen/ was die Beſchney= dung deß HERZENS ſey. Dz HERZ/ ſpricht S. Hieronymus/ beſchneyden wir/(Hieron. in Ezech. cap. 44.) mit dem Meſſer Gottes; ſo wirdt von un= ſerm HERZEN hinweg genommen die Vorhaut/ wann kein vnflaͤtige Gedan= cken von vnſerm HERZEN außgehen/ vnnd von vns nicht geſagt wirdt: Dz HERZ diſes Volcks iſt verſ???ockt/(Matth 31. ???) [224] und ſchwerlich hoͤren ſie mit ihren Ohren. Darum ſoll man die eytele Ge= dancken unnuͤtze Sorgfaͤltigkeit/ und was dz Gemuͤth beſudlen kan/ von dem HER= ZEN abſchneyden. Nit faſt ungleich hat (Bernard. ſerm. 2. in Quadr.) Bernardus diſe Beſchneydu ̅ g deß HER= ZENS außgelegt: Wer iſt under euch/ deſſen Will gegen einem Ding pflegt er= hartet gefunden werden? der beſchneyde ſein HERZ mit dem Schwert deß Gei= ſtes/ welches iſt das Wort Gottes: er zer= ſchneyde es/ und zertheile es alsbald in klei= ne Stuͤcklein/ fonſte ̅ heiſt es nit zum Herꝛn von gantzem HERZEN bekehrt werden/ als durch Zerſchneydung deß HER- ZENS Diſe Zerſchneydung deß HER= ZENS kan noch anďſt verſtanden wer= den/ daß wann es zwar boͤß iſt/ ſoll es zer= ſchnitten werden zur Beicht; iſt es hart/ zum Mitleyden. Warum ſoll das HERZ nit zerſchnitte ̅ werden/ daß die erbarmnuß gegen dem Nechſten herauß flieſſe? War- umb ſoll das Geſchwaͤr nit auffgeſchnitten werden/ damit das Aytter herauß lauffe? Mit was fuͤr einen Meſſer aber? mit kei= nem andern/ als mit einem ſteinernen/ gleich wie vor Zeiten jene Beſchneydung (Joſ. 5, 2.) von dem Joſue verricht worde ̅ ; Ehriſtus [225] aber war der Felſen/ ſpricht Paulus.(1. Cor. 10. 4.) So iſt nun das ſteinerne Meſſer ein Bey= ſpil deß beſchnitnen Chriſtt/ mit welchem ein Chriſt ſein HERZ fein leiß beſchney= det. Dann welcher betrachtet wie dz Wort Fleiſch worden/ am achten Tag fuͤr die Suͤnder beſchnitten ſey/ und zum erſten= mahl GOtt dem Vatter ſein Blut fuͤr ſie auffgeopffert habe/ wird nit ſchwaͤrlich vom HERZEN alle ſchaͤdliche Wolluͤſt abſchneyden. Deßwegen ſoll ſich ein Chriſt ſchaͤmen/ daß er under ſeinem beſchnitnen Haupt/ ein unbeſchnitnes HERZ trage. Weyl aber Juſtinus Martyr ſchreibet/ die(Iuſt. dial. cu Triph. Vi. rriac. ſer. 3. de Circum- ciſ.) Juden haben ein ſteinernes Meſſer ge= braucht ſo hat uns der Cardinal Vitriacus auch ein Meſſer auß dem Leyden Chꝛiſti zu= bereitet. Chriſtus/ ſpricht er/ iſt am Creutz an fuͤnff Octen verwundet worden/ wir aber ſolten fuͤr in geiſtlicheꝛ Weiß beſchnit= ten werden mit dem Meſſer/ deſſen Hand= hebe ſoll ſeyn vom Holtz deß Creutzes/ das Eyſen von den Naͤgeln/ der Stahl von der Lantzen/ mit welcher ſein Seyten er- oͤffnet war/ damit wir alles Blut der Suͤnden von unſer Seelen weg laſſen.(Gal. 5 24.) Dann mit dem Schwert deß Creutzes müſſen wir unſere Empfindligkeit durch= ſtechen/ damit wir mit den Laſtern und [226] Begierligkeiten gecreutziget werden. Als= dann werden wir warhafftig beſchnitte??? wann wir allen Vberfluß nach unſerem Vermoͤgen abſchneyden. (Barrad. tom 1. l. 10. c 6.) BETRACHTE zum Vierden/ die Nutzbarkeit der geiſtlichen Beſchney= dung/ und erwige was einen Weinberg widerfahre/ wann man ihn nit beſchney= det; Was widerfahre dem/ ſo an einem hitzigen Fieber ligt/ ſo man ihme nit Ader= laſſet; Wie es zugehe mit demjenigen/ der ihme nie laßt das Haar abſchneyden/ oder die Naͤgel nie beſchneydet? eben daſſelbe begegnet geiſtlicher Weiß dem ienige ̅ Men ſchen/ welcher die Laſter und Begterligkei- (1. Mach. 4. 38.) ten nit beſchneydet. Die alten Juden ſa= hen/ wie daß Stauden nnd Doͤrnen in den Hoͤfen deß Tempels/ wie in einem Wald und auff Bergen/ gewachſen waͤren. Alſo auch wirſt du befinden/ wie in den Gli= dern unſers Leibes/ nnd Kraͤfften der See= len Diſtel und Doͤrn der Laſter erwach= ſen/ wann ſie nit mit dem Meſſer der Be= ſchneydung beſchnitten werden. Dann ſie werden zu dicken Waͤlden/ und harten Eynoͤden/ darinnen Loͤwen/ Woͤlff/ Tiger= thier/ das iſt/ mancherley Wunderthier der Suͤnden/ Haß/ Falſchſchwoͤren/ Geylheit/ Geitz/ Wucher/ Ehrgeitz und [227] andere dergleichen wilde Thier weyden.(2. Reg. 18. 9.) Wann Abſalon haͤtte das Haar abſchney= den laſſen/ waͤre er niemaln daran gleich= wie an einem Strick erhangen. Die un= beſchnittene Haar haben dem Abſalon den Tod gebracht; die Vnbeſchneydung der Gedancken und Begierden bringt uns gleichfals das Verderben. Wann man die Stein nit beſchneydet/ ſeynd ſie zu ir= diſchen Gebaͤuen nit bequem noch tauglich alſo auch/ ſo die Menſchen geiſtlicher weiß nit beſchnitten werden/ taugen ſie gantz un ̅ gar nit zu dem himmliſchen Gebaͤu. Die unbehackte ungehobelte Hoͤltzer gehoͤren in das Feur: die Menſchen/ ſo nit geiſtli= cher weiß beſchnitten/ ſeynd ein Speiß der hoͤlliſchen Flammen/ welche ſtets gefreſ= ſen/ aber nie verzehret wird. Derhalben/ ſo du mein Seel/ begehreſt dem ewigen Feur zuentrinnen/ ſolſt du diſe Beſchneydung deß HERZENS nit abſchlagen; als lieb dir die innerliche Geſundheit deß HER= ZENS iſt/ alſo lieb laß dir auch die Be= ſchneydung deſſelben angelege ̅ ſeyn; Wilſt du unď die Stein deß him ̅ liſchen Gebaͤus gezehlt werde ̅ / ſo laß dir nit grauſen ob den Ham ̅ er der Behoͤnung und Zerklopffung- Nim vil mehr das Meſſer in die Hand/ und ſchneyde ab die Schand egypti: [228] Dann nach dem die Juden beſchnitten (??? 5 9.) waren/ ſprach der Herꝛ zu Joſue: Heut hab ich die Schand Egypti von euch gewendet. Was iſt diß Egy= ptenland anders als die Welt? Was iſt (1. Ioan. 2. ???) aber die Schand Egypti/ als die Ding/ ſo in der Welt ſeynd/ Wolluſt deß Flei= ſches/ oder Luſt der Augen/ oder Hoffahrt deß Lebens/ welche nit iſt vom Vatter? (Ambr. in ???18. ??? 5.) Diſe Ding laß von dir abſchneyden das Wort Gottes/ ſpricht Ambroſtus/ und das Schwert ſeines Mundes; und alſo wirſt du die Schand Egypti von dir ge= wendet haben.

Die XI. Lection. CORDIS CONTRITIO.

Zerknirſchung oder Bereuu ̅ g deß HERZENS.


Ein Bereuigs un ̅ de muͤtigs HERZ wirſt du GOtt nicht verachten. Pſal. 50 19. BETRACHTE ERST- LICH/ weil biß her dz umſch weif= fe ̅ de un ̅ fluͤchtige HERZ vo ̅ Gott/ den Wegen der Welt und deß Fletſches
|| [ID00268]

CORDIS CONTRITIO. Cor contritum et humiliatum, Deus non deſpicies. Pſal. 50. 19. In partes quam mille velim contundere cor hoc Quod fuit auctori ſpontè rebelle ſuo.

|| [ID00269]
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nachgewandert/ iſt es zumahl zum harten Stein und Felſen worden/ alſo daß man ihme billich den Spruch Virgilii fuͤrwerf= fen kan:
Caucaſus der Berge hart/(Virgil, 4. Æne???d.) Ohn Zweiffel dich geberen ward. Damit aber diſes HERZ ſeinem GOtt welche/ und ihme auffgeopffert und verei= niget werde/ muß es zerknirſchet/ und in vil Theil zerſtuͤckelt werden. Wie muß aber diſe Zerknirſchung und Zertheilung deß harten HERZENS vollzogen wer= den? Wann der bereuende Suͤnder alle ſei(Iſa. 38. 15.) ne Jahr gedencket in der Bitterkeit ſeiner Seelen/ auch alle und jede Suͤnden/ wel= che er mit Wercken/ Worten/ oder allein durch Gedancken deß HERZENS be= gangen hat alſo bereuet/ und ein Wiďwil= len darwider hat/ daß wo moͤglich/ eꝛ dieſel= be gantz und gar zu nichts mache ̅ wolt. So(Forner. in Pſ. ???) iſt nun ď Moͤrſel/ darinn man dz HERZ zerſtoſſen und zerknirſchen ſoll/ deß Suͤn= gers Gewiſſen; der Stoͤſſel aber/ der an- genommene Schmertzen uͤber die Suͤnde ̅ / als welche Gott die hoͤchſte Schmach er= wiſen und angethan haben. Diſe aber muͤſſen zu kleinen Stuͤcklein zerſtoſſen und zermahlen werden/ daß der Teuffel ihme nimmer getraue ſelbige wider zuergaͤntzen; [230] dann weil ſie in aller Haͤrte ſteiff geweſen/ alſo iſt es zufoͤrchten/ ſie moͤchten wider zuſam ̅ en wachſen. Was zerbrochen iſt/ ſpricht der Prophet/ Wird nim ̅ er gantz werden; Was zertretten iſt/ wird (Joel. 2.) nimmer auffſtehen. Derhalben/ O ihꝛ Suͤnder/ zerreiſſet euere HERZEN zerreiſſet und zertrettet die Laſter zu ſo vil kleinen Stuͤcklein/ damit ď Satan nichts taugliches befinde/ auch das ſchlechteſte Troͤpfflein eines ſchaͤdlichen Wolluſts; oď das kleineſte Fuͤncklein der ſchaͤdlichen Begierligkeiten zubehalten! Es ſoll ihme widerfahren/ was der Prophet wuͤnſchet: (Iſa. 30. 14.) Ihr Zerbrechen ſoll gleich ſeyn/ als wann man eines Haffners Geſchirr gar zerbricht und zerſchmettert/ daß man nit ein Scherblein von ihm fin- det/ in dem einer ein Glut oder Feur vom Herdſtatt tragen moͤcht/ oder mit dem man moͤcht ein wenig Waſ= ſer vom Brunnen ſchoͤpffen. Deßwe= gen ſollen wir kein Suͤnd/ als klein ſie im ̅ er ſeyn mag/ umgehen/ darauff ſich nit die Bereuung unſers HERZENS und innerliche Schmertzen deß Gemuͤths er= ſtrecke.
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BETRACHTE fuͤrs ANDER/ daß je ſteiffer und haͤrter ein Stein iſt/ de= ſto ſchwerlicher laßt er ſich brechen/ und muß mit einem groͤſſern Ham ̅ er zerſchla= gen werden. Je haͤrter ſeynd die Gewuͤrtz= und Pfefferkoͤrnlein/ je mit einem deſto ſtaͤrckern Stoͤſſel muͤſſen ſie zerknirſck??? und zerſtoſſen werden. Weil aber das menſch= liche HERZ durch die boͤſe Gewohnheit zuſuͤndige ̅ / gleich wie ein harter Stein oď Felß verhartet iſt/ braucht man ohne zwei= fel einen groſſen Stoͤſſel/ daß mans zu klei= nen Stuͤcklein zerſtoſſen koͤnde. Es iſt nit(Euſeb. ho ̅ . 7. ad Mo- nach.) genug/ ſpricht Euſebius Emiſſenus, daß man bloͤßlich mit den Mund obenhin ſpre= che; Ich hab geſuͤndiget/ verſchone/ laß= nach/ verzeyhe. Saul ſprach auch: Ich hab geſuͤndiget; Er hat aber nit gleiche Verzeyhung erlangt/ wie David mit eine ̅ Wort/ der Buß erhalten hat. Warum aber das? Weil jene Beicht mehr die bloſſe Wort/ als das Seufftzen herauß getruckt; weil die bloſſe und ſchlechte Demuͤtigung deß Bittenden mit der Groͤſſe der Laſter ſich gar nicht verglichen hat. Man muß nit nur ein ſchlechte Bereuung brauchen/ die Laſter außzutilgen/ mit denen man den ewigen Tod verſchuldet hat; ſo iſt auch [232] keiner zergaͤnglichen Gnugthuung von- noͤthen/ fuͤr die jenige Vbel/ fuͤr welche das ewige Feur bereitet iſt. Wann wir woͤllen abnehmen und verſtehen/ wie groß und ſchwaͤr unſer Richter achte und ſchaͤ= tze der Menſchen Schulden/ ſo laßt uns anſehen die Straff. Dergleichen ſchrei- ben auch andere Vaͤtter und Lehrer. Hoͤ= (Cypr. ſerm. de lapſis) re Cyprianum: Je groͤſſere Ding wir verwuͤrcket und geſuͤndigt haben/ deſto mehr ſollen wirs beweynen. Fuͤr die Tieffe Wunden ſoll es nit manglen an fleiſſiger und langwiriger Artzney; die Buß ſoll nit ſchlechter ſeyn als die Suͤnd. Vermeinfln dann daß der Herꝛ geſchwind und leicht= lich verſoͤhnet werden koͤnde/ den du mit meineydigen Worten/ verlaugnet haſt? Dem du dein Erbgut fuͤrgezogen haſt? Deſſen Tempel du Gottslaͤſterlicher Weiß verunreinet haſt? Vermeinſt du/ er wer= de ſich leichtlich deiner erbarmen/ ſo du doch geſagt haſt er ſey nit dein? Derglei= chen Weiß der Buß fuͤrſchreibet auch S. (L???b 2. de pæni. c. 8.) Ambroſius: Es ſollen zuhoͤren die Buß thun/ wie ſie ſich verhalten muͤſſen/ mit was Fleiß/ Anmuhtung/ Meinung deß Gemuͤths/ innerlicher Bewegung/ Be= kehrung deß HERZENS. Sihe an/ ſpricht er/ Herꝛ/ daß ich geaͤngfliget wird/ [233] mein Bauch iſt betruͤbt von meinem Wey nen/ mein HERZ iſt umkehrt in mir Du haſt die Meynung meines HERZENS erkent/ erkenne den Glauben deß Gemuͤts/ und Geſtalt deß Leibs. Die Edleſten der(Thren. 2. 10) Tochteꝛ Sion haben ſich auff die Eꝛd hernider geſetzt/ und haben geſchwi= gen/ Aſchen haben ſie auff ihre Koͤpff geſir euet/ und ſich mit herinen Stꝛi- cken beguͤrtet. Die Jungfrauen zu Jeruſalem/ haben ihre Koͤpff zu der Erden gehenckt/ meine Augen haben vor Traͤhern abgenommen. Alſo hat(Ion. 3. 5.) auch dz Volck zu Ninive geweynet/ und iſt dem angekuͤnden Vndergang der Statt entrunnen. BETRACHTE fuͤrs DRITTE wie das klopffen an die Bruſt/ welche die Buͤſſende nach den Exempeln der heiligen Schrifft gebrauchen/ diſe Bereuung deß HERZENS bedeuten. Dan ̅ wir klopf= fen an die Bruſt/ als wolte ̅ wir dz HERZ den Sitz der Sünden/ ſchlagen: Dann vom HERZEN gehen auß boͤſe(Matth. 15. 19 Aug. in Pſ. 31. Id. l. 50 hom.) Gedancken. Darumb ſagt Auguſtinus/ die Bereuung deß HERZENS ſey das Bꝛuſtklopffen/ und daß mans bꝛaucht hab [234] zu den Worten im Vatter unſer: Vergib (Cypr. in O- rat. Dom.) uns unſere Schulden/ bezeuget er an anderm Orth. Vnd der H. Cyprianus ſchreibt/ in dem der offne Suͤnder an die Bruſt klopffet/ hab er die Suͤnden ſelber/ ſo innerlich verborgen lagen/ geſchlagen. (Hier. in vita S. Hilar.) Der H. Hieronymus ſchreibet/ Hilarion habe die Bruſt mit der Fauſt geſchlagen/ gleich als kunde er die Gedancken mit Streichen der Hand heraußklopffen. Der H. Auguſtinus aber leget dieſe Gottſeelige (Aug. ſer. 8, de verb. Domini.) cæremoni etwas weitlaͤuffigers auß: An die Bruſt klopffen/ ſpricht er/ iſt das jenige woͤllen ſtraffen und züchtigen/ was im HERZEN verborgen ligt/ und durch augenſcheinliches Klopffen/ die heimliche Sünd ſtraffen. Der offne Suͤnder hat (Luc. 18. 13.) an ſein Bruſt klopffet/ weil er der Strei= chen werth war wegen ſeiner Suͤnden. es wird anch die Bruſt/ und darinnen das HERZ geſchlagen; damit auffgeweckt werdt/ was geſchlaffen hat; dann in Suͤn= den entſchlaffet das HERZ und Gewiſ= ſen/ und ſihet nit die Schand und den Vn= flat der Suͤnden/ noch die ewigkeit der Straffen. Durch dz Klopffen wird es auf= geweckt/ damit es die Augen auffthue/ und ſehe die Feind/ mit denen es umbgeben iſt/ und entflihe der hoͤchſten Gefahr mit [235] gantzem fleiß. So lerne derhalben/ als offt du diſen Gottſeeligen Gebrauch under dem Gebet uͤbeſt/ allzeit dieſelbige Affect/ und innerliche Würckung der Bereuung darzu ſetzen und brauchen; auff daß du nit nur ein Bildnuß der Bereuung ſondern vil mehr die Subſtantz und das Weſen ſelber ſambt der Seelen Gott lieferſt. BETRACHTE zum Vierden wie die Nutzbarkeit der Bereuung deß HER= ZENS ſey/ daß jenes HERZ GOtt am allermeiſten gefaͤllig ſey; weil David ſpricht: Ein bereuiges und demuͤtiges(Pſ. 50. 15.) HERZ wird GOtt nit verachten. Wie ſolte es aber der verachten koͤnnen/ welcher heylet/ die eines bereueten HERZENS ſeynd/ und verbind(Pſ. 146. 3.) ihre Schmertzen? Wie ſolte es verach= ten/ der wohnet bey dem/ der eines zer knirſchten (oď bereueten) und demuͤti-(Iſa. 57. 15.) gen Geiſts iſt/ lebendig zumachen den Geiſt ď Demuͤtigen und lebendig zu= machen dz HERZ ď Zerknirſchten/ und Bereueten? Wie ſolts verachten(Iſa. 66. a.) der/ ſo nur ſihet auff den/ der eines e- lenden/ demuͤtigen und zerſchlagnen [236] Gemuͤhts iſt/ und ſich fuͤr ſeinem Wort entſetzt? Auff diſe Weiß hat er an= geſehen das bereuete HERZ Petri/ als er bitterlich weynet/ ja durch ſein Gottſee= liges Anſchauen hat er ſelben hefftigen Schmertzen inſeinem HERZEN erwe= (Luc. 7. 38.) cket. Eꝛ hat angeſehen die Beꝛeuung Mag= dalenæ der Sündeꝛin/ und ſie dem hoffer= tigen Phariſeer gewiſen/ da er ſprach: Siheſt du diſes Weib? Siheſt du die Zaͤhren/ ſiheſt du dein Schmertzen? Siheſt (luc. 18. 13.) die Liebe/ durch welche ihr HERZ zerknir= ſchet/ und gleich ſam zerſchmiltzet? Er hat auch den offnen Sünder angeſehen/ da er an ſein Bruſt klopffet/ und ſprach: (Sap 18. 13. Iſa. 61. 1.) O GOtt biß gnaͤdig mir Suͤnder. Diſe und andere reuende Suͤnder hat an= geſehen der jenige/ welcher von den Koͤnig= lichem Stuhl herunder geſtigen/ geſued zumachen die eines zerknirſchten oď zerbrochnen HERZENS ſeynd/ und den gefangne ̅ Erledigung zuver= kuͤndigen/ und den eingefeſſelte ̅ Oeff= (Aug. Serm. ???. de temp.) nng deß Kerckers. Auguſtinus ſpricht auch/ daß ſo gar deß gottloſen Koͤnigs Achabs Buß dem HErren gefallen habeꝛ Achab hat nit verzogen oder lang auffge [237] ſchoben Gott das Opffer eines bereueten un ̅ gedemuͤtigten HERZENS auffzu= opffern. Gott hat es nit verachtet/ ſondern angeſehen/ und Hellæ gewiſen/ ſprechende: Haſt du nit geſehen/ wie ſich Achab(3. Reg. 21. 29.) vor mir demuͤtiget? Weil er nun ſich vor mir gedemuͤtiget hat/ will ich das Vngluͤck nicht einfuͤhren bey ſeinem Leben. Allhie ſchreyet Hieronymus auff:(Hier. in Epitaph. Fabiolæ.) O ſeelige Buß/ welche die Augen Gottes auff ſich gezogen hat! Welche das grim= mige Vrtheil Gottes durch Bekandtnuß deß Irrthums geendet ha???! Der H. Gre=(Gregor. homil. in Ezech.) gorius nimt noch weiter daher ab/ daß die Buß un ̅ Bereuu ̅ g deß HERZENS in einem zur Seeligkeit verordneten Men= ſchen Gott weit angenemmer muͤſſe ſeyn/ weil jhme die Buß Achabs/ ſo verworf= fen ſolle werden/ nit mißfallen habe. Man ſolle bedencken/ ſpricht er/ wie auch in ſei= nen Außerwoͤhlten/ welche jhnen foͤrchten den Herꝛn zuverlieren/ die Traurigkeit der Buß gefaͤlig ſein/ weil jhme alſo deß verdamten Achabs Buß gefallen/ der jhme geforchten die zetiliche Welt zuver= lieren. Oder wie ſolt jhme nit annehmlich ſeyn die freywillige Betruͤbnuß fuͤr die Suͤnden/ in denen die jhme gefaͤllig ſeynd; [238] ſo ihme doch diſe ein Zeitlang gefallen in denen/ welche ihme ſonſten mißfallen? (Pet. Valde- rama 1. p. exercit. pro fer. 6 poſt Dom. 2. Quadrag.) BETRACHTE zum FVNF= TEN/ Gleich wie die zerfaulte Tuͤcher/ ſo nit tauglich zugebrauchen/ durch menſch= liche Kunſt alſo zerknirſchet werden/ daß ſie durch ſolche Zerknirſchu ̅ g zu einem ſchnee= weiſſen und zarten Papyr werden: Alſo auch dz unreine HERZ iſt zu allen Gott= ſeeligen Aemptern unnuͤtzlich/ zur Ein- flieſſung der Goͤttlichen Gnad verſchloſ= (Sap. 1. 4.) ſen (als welche nit eingehet in ein HERZ/ welches den Suͤnden under worffen iſt) wann es durch die Buß und Schmertzen deß Gemuͤths bereuet iſt/ wird es alſo (Iſa. 1. 18.) weiß/ und gantz ſanber werden/ daß darein Gott ſelber ſein Geſatz ſchreibet. Wann euere Suͤnden gleich blutrot weren/ ſollen ſie doch ſchneeweiß werden/ ſpricht Jeſaias: Vnd wann ſie gleich roſinfarb weren/ ſollen ſie doch wie Wolle weiß werden. Wer wolt dann diſe Tugend nit von gantzem HERZEN begreiffen/ die uns ſo gar nothwendig iſt/ daß wir ohn ſie von der ewigen Seeligkeit außgeſchloſſen werden? Seytemahln (Apoc. 11. 17.) nichts bemackeltes wird eingehen in jene himmliſche Statt Jeruſalem. Nun aber [239] die Berenung waͤſcht ab und nimt hinweg alle Mackel deß HERZENS. Es ſey(Luc. 13. 3.) dann/ daß ihr Buß thut/ werdet ihr all zugleich verderben/ und zugrund gehen/ ſpricht die Warheit ſelber. O Buß/ ſchreyt auff Chryſoſtomus/ welche(Chryſoſt, Serm. de Pœnit.) die Suͤnd durch die Erbaͤ???mnuß Gottes nachlaſſeſt/ das Paradeyß e???oͤffneſt/ den bereuenden Menſchen heyleſt/ den trau= renden froͤlich macheſt/ das Leben vor dem Tod erretteſt/ den Stand widerbringeſt/ die Ehr erneuerſt/ das Vertꝛauen gibeſt/ die Kraͤfften reformiereſt/ und die Gnad uͤberſtuͤſſiger macheſt! Derhalben als lieb einem jeden iſt die Geſundheit ſeines HERZENS/ das Heyl der Seelen/ die ewige Seeligkeit/ deſto minder ſoll er ihme miß fallen laſſen die heylſam??? Buß/ und recht geſcheffene Bereuung deß HER= ZEN. Es ſoll uns verdrüßlich ſeyn zuſuͤn=(B Pacian. Epiſt. 1. ad Sempron.) digen/ ſpricht B. Pacianus/ aber/ nit Buß zuthun/ wir ſollen uns ſchaͤmen/ in Gefahr zu ſtecken/ aber nit darauß erloͤßt zu werde ̅ . Wer wird dem Schiffbruͤchigen die Taftl auß der Hand reiſſen/ damit er nit entrin= ne? Wer will einen darum neyden/ daß er ſeine Wunden zu heylen begehret? Deß= wegen/ Obuͤſſende Seel/ begibe dich auff [240] die Vbung der Bireuung/ begibe dich auff die Schmertzen deß HERZEN/ befleiſſe dich der Buß; auff daß du durch derſelben heylſame Artzney/ zur rechten Geſundheit widerkommeſt.

Die XII. Lection. CORDIS HUMILIATIO.

Demuͤtigung deß HER- ZENS.


Truck nider dein HERZ und leyde. Eccl. 2. 2. DIe Bereuung und Demuth ſeynd undereinander Schwe= ſtern: Deß wegen weꝛden ſie in H. Schrifft offt zuſammen geſetzt; wie bey (Iſa. 57. 15.) dem Iſaia: Der wohnet bey dem/ der eines bereuten und demuͤtigen Geiſts iſt; lebendig zumachen den Giſt der Demuͤtigen/ und lebendig zumachen das HERZ der Zerknir ſchten und Bereueten. Der Koͤnig David hat diſe beede Tugenden gleich= fals nit voneinander abſoͤndern/ ſondern ſuſam ̅ en ſetzen woͤllen/ als welche gar hoch
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CORDIS HVMILIATIO. Deprime COR tuum et ſuſtine. Cor. nimis, heu ſese guudens ſublimihꝰ

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miteinanď verbunden weren/ als eꝛ ſpricht: Ein betruͤbtes und gedemuͤtigtes(Pſ. 50. 19.) HERZ wirſt du Gott nit veꝛachten. Dann entweder wird die Demuth zu der Bereuung erfordert/ oder ohne dieſelbe iſt die Bereuung Gott nit gefaͤllig. BETRACHTE derhalben Eꝛſtlich/ wie unſer HERZ natürlicher Weiß uͤ= ber ſich trachte/ und gantz begterlich ſey nach der Erhoͤhung. Seytemahln wir begier=(Bern. ſer. 3. de Aſcenſ. Dom.) lich ſeynd zum auffſteigen/ ſpricht Bern= ardus; wir begehren alle erhebt und erhoͤ= het zuwerden. Dan ̅ wir ſeynd adeliche Ge= ſchoͤpff/ und eines groſſen Gemuͤhts/ und darumen begehren wtr natuͤrlicher Weiß uͤberſich und in die Hoͤhe. Wehe a= ber uns/ wan ̅ wir dem jenigen nachfolgen woͤllen/ der ſpricht: Ich will mich auff(Iſa. 14. 13.) den Bundskaſten ſetzen an die ſeyten der Mitternacht. Ach/ an die ſeyten der Mitternacht? Ja wol ſelbiger Berg iſt gar kalt/ wir folgen dir nit nach. Dann ſelbi= ges Auffſteigen/ iſt nichts anders/ als hoffaͤrtig ſeyn/ und das HERZ erheben und erhoͤhen: Alſo ſtehet geſchriben vom Koͤnig Ozia: Als er geſtaͤrcket war/(2. Paral. 26. 16.) ward ſein HERZ erhebt zu ſeinem [242] Verderben. Dergleichen ſtehet auch ge= ſchrieben von Alexandro Magno, Na= buchodonoſer/ Ptoloinæo Philopatre; welche gar hoffaͤrtige ſtoltze Maͤnner ge= weſen/ daß ihr HERZ erhoͤhet und uͤber= muͤtig ware. Vns iſt nicht nutz alſo auff= zuſteigen/ und dannoch haben wir ein Luſt und Begierd auffzufleigen. Wer ſoll uns aber nutzbar und heylſam auffſteigen leh= (Epheſ. 4, 9.) ren? Wer/ als ď/ von dem wir leſen: Dan ̅ der hinunder gefahren iſt/ das iſt der- ſelb/ der auffgefahren iſt? Derſelbig hat uns ſollen weiſen den Weg zum auff= fleigen/ damit wir nit den Fußſtapffen oder den Raht deß boͤſen Gefaͤhrten/ oder Verfuͤhrers folgeten. Chriſtus der hera??? gefahren iſt/ das iſt derſelb der auffgefah= ren iſt/ Ja in dem er herunder geſtigen/ Eben im ſelben iſt er auffgeſtigen. So hat er nun durch ſein Exempel uns gelehret/ wie das Abſteigen ſey die Leiter zum Auff= fleigen. BETRACHTE derhalben fuͤrs ANDER/ wie billich unſer Goͤttlicher (Matt. 11. 29.) Lehrmeiſter geſprochen hab: Lernet von mir/ dann ich bin ſanfftmuͤtig/ und von HERZEN demuͤtig/ und ihr [243] werdet eueren Seelen Ruhe finden. Vber welche Wort ſich Anguſtinus ver= wundert/ und auffſchreyet: Seynd dann(Aug. l. de S. Virg. cap. 35.) dahin gebracht worden alle Schaͤtz der Weißheit und Wiſſenſchafft/ die in dir verborgen lagen/ daß wir diß fuͤr gar hoch von dir lernen ſolten/ wie ſanffimuͤtig und von HERZEN demuͤtig du ſeyeſt? Iſt es dann ein ſo groß Ding/ klein ſeyn/ daß wann es nit geſchehe von dir/ der du alſo groß biſt/ man ſolches gantz und gar nit lernen kunde? Ja gewißlich iſt dem alſo. Dann alſo kan man die Ruhe der Seelen nit finden/ es ſey dann die unruhige Ge= ſchwulft verdorret/ durch welche ſie ſich ſel= ber groß ſehn geduncket hat/ ſo ſie doch von dir nit fuͤr geſund gehalten ward. Was a= ber die Demuth deß HERZENS ſey/(Bern. ſer. de Advent.) erk???aͤret Bernarbus/ in dem er zweyeꝛley Demuth underſcheidet: Die eine der er= kandnuß/ die ander der Anmutung/ wel= che hie deß HERZENS genennet wird. Durch die erſte/ ſpricht er/ erkennen wir/ daß wir nichts ſeyn/ und diſe lern???n wir(Phil. 2. 7.) von uns ſelber/ un ̅ unſrer eygne ̅ Schwach= heit. Durch die ander tretten wir mit Fuſ= ſen die ehr der Welt/ und ſolche lernen wir von dem/ der ſich ſelbſt ernidert/ und die Geſtalt eines Knechts angenommen; [244] (Ioann. 6. 15.) als man ihn auch zum Koͤnig machen wolt/ iſt er geflohen; als er aber geſucht war/ ſo groſſe Schmach und Schand/ ja den ſchmaͤhlichſten Tod deß Creutzes zu- leyden/ hat er ſich ſelber frey???illig darge= ben. Die erſte aber/ nemlich der Erkand= nuß/ lernen wir von Chꝛiſto. Dann nit wie ich oder du/ ſpricht gemelter Lehrer/ uns in der Warheit befinden wuͤrdig aller Schand und Verachtung/ aller Erntdri= gung und Verwerffung/ aller Peyn und Marter/ Er aber nit alſo: ob er ſchon alle diſe Ding erfahren hat/ weil ers gewoͤlt/ als ď von HERZEN Demuͤtige. Nem= lich der Demuͤtige in ſelber Demuth/ wel= che ihme die Anmuhtung deß HER- ZENS hat gerahten/ nit die/ welche die Erwegung der Warheit herauß gepreßt hat. Nun aber diſer Demuth deß HER= ZENS ſoll man deſto fleiſſtger nachfol= gen/ je mehr ſie uns dürch ein herrlichers Exempel geruͤhmt und anbefohlen wird: ſonďlich aber/ weil die Warheit ſelber uns aller Schand und Schmach wol wuͤrdig achtet und macht. BETRACHTE fuͤrs DRITTE Weil Chriſtus nit nur ohngefaͤhr geſagt (Luc. 14. 11.) hat/ der genidriget werden wird/ ſoll [245] erhoͤhet werden; ſondern der ſich de- muͤtiget/ oder ernidriget/ wird erhoͤ- het werden: So iſt vonnoͤhten/ daß du dich ſelber demuͤtigeſt/ dein HERZ un= dertruckeſt/ und dich ob der Demuͤtigung(Bernard. Epiſt. 84.) nit entfetzeſt. Seytemahln die Demuͤti= gung/ wie Bernardus bezeuget/ iſt der Weg zu der Demuth/ gleichwie die Ge= dult zum Friden/ und die Leſung zur Wiſ= ſenſchafft. Deßwegen muß man Buͤrden und Gewicht der Demuͤtigung auff das HERZ legen/ damit es nachmahlen er= hebt werde. Seytemahln unſer HERZ einem Palmbaum nit faſt ungleich iſt: je mehr man deſſelben Wurtzel undertrucket/ je hoͤher ſteiget er uͤber ſich Daher wird un= der dem Lob der Braut geruͤhmet; Dein(Cant. 7. 7.) Lenge iſt gleich einem Palmenbaum. Item David ſpricht: Der Gerecht(Pſ. 91. 13.) wird gruͤnen wie ein Palmenbaum. Dann ob ſchon der Gerecht hie zerknirſcht und gedemuͤtiget wird; ſo wird er doch e= ben von deß wegen haͤuffiger und uͤberfluͤſ= figer Frucht bringen. So laßt uns nun betrachten die Erden/ von der wir genom= men worden ſeynd/ und ſolche als ein ſchweren Laſt uͤber unſer HERZ legen, damit es ſich nit in Eytelkeit erhebe. Vn [246] ſere (Pſ. 37. 5.) Suͤnden/ welche wie ein ſchwerer Laſt uns zuſchwer worden ſeynd/ zu HER= ZEN fuͤhren; damit ſie deſſen Hochmuth nidertrucken. Gleich wie ein Bihnle oder (Ambr. l. 2. de Virginit.) Im ̅ e/ ſpricht Ambroſtus/ wann ſie der Be= wegung deß Luffts ein argwohn hat/ offt Steinlein zwiſchen den Fuͤſſen haͤlt/ und alſo hin und wider flieget/ auff daß nit we= gen der leichten Fluͤgeln ſie der Wind hinwehe: Alſo wann ihm einer vor dem Wind eyteler ehr foͤrchtet/ daß eꝛ nit durch deſſelben Antreiben hin und her getriben werde; ſoll er durch Betrachtung ſeiner Suͤnden und Vnvollkommenheiten/ die Gedancken ſeines Gemuͤts erwegen/ daß als vil einen das eytele Lob eꝛheben koͤnnen/ alſo vil ihn das andere undertrucke. Der (Chriſoſt. hom. 20 in Matth.) H. Chryſoſtomus aber ſpricht: Wo du nun die Suͤnden eines eintzigen Tages zu Gemuͤth fuͤhren wurdeſt/ wird ſolches Gedencken verurſachen/ daß du leichtlich deine erhebte Federn niderfallen laſſen wirdeſt. Welche das Schiff auff dem (Beyerlinck. in fer. 2. pa- ſchæ.) Fluß leitten und fuͤhren/ lauffen vom vordern zum hindern Theil hinunder/ damit es uͤberſich ſteige; kommen wider/ daß ſie weiter fortfahren: alſo wann wir uͤberſich ſteigen woͤllen/ muͤſſen wir uns hinunder begeben/ durch Nidertraͤchtigkeit [247] deß HERZENS/ und demuͤtige Achtu ̅ g ſeiner ſelber. Laßt uns hinderſich gehen/ durch Betrachtung unſer???r Gebrechligkeit/ damit wir in die Hoͤhe ſchreiten moͤgen. So laßt uns nun demuͤtig werden(r. Pet. 5. 6.) under ď gewaltigen/ Hand GOttes/ auff daß er uns erhoͤhe auff dem Tag der Heimſuchung. Zu gleicher Weiß/ wie mit dem Waſſer geſchicht/ daß???s deſto hoͤher ſteiget/ je niderer es einer gefuͤhrt ha= ben wirdt: alſo je demütiger das Gemuͤth iſt/ deſto hoͤher es erhebet und erhoͤhet wer= den wird. BETRACHTE zum Vierten/ daß ein ſolche Demuͤtigung und Nider= traͤchtigkeit deß HERZENS alſo groß muͤſſe ſeyn/ auff daß auch deren Zeichen im euſſerlichen Wandel erſcheinen. Daher unſer H. Vatter Benedictus/ als er ſeinen Juͤngern ein himmliſche Stiegen oď Leit=(S. Bened. c. 7. Reg.) ter gen Himmel mit 12. Staͤffeln der De= muth underſcheyden/ auffgerichtet; hat er diſen Staffel zu letzt geſetzt: Wann ein Re= ligios nit allein im HERZEN/ ſondern auch mit dem Leib die Demuth allzeit er- zeiget und ſehen laßt dene ̅ die ihn anſchau= en/ das iſt/ im Werck/ im Bethauß/ im Kloſter/ auff dem Weg/ auff dem Feld/ [248] oder wo er ſitzet/ ſtehet oder gehet/ ſoll er ſtets ſeyn mit geneigtem Haupt/ mit den Augen die Erden anſchauen/ ſich alle Stund fuͤr ſchuldig ſeiner Suͤnden achten und nit anderſt darfuͤr halten/ als muͤſſe er alsbald vor dem erſchroͤcklichen Gericht Gottes erſcheinen: allzeit bey ihme ſelber im HERZEN ſpreche/ was jener Evan= geliſche offne Suͤnder/ mit under truckten (Luc. 18. 13.) Augen zur erden geſprochen: Herr/ ich ar= mer Suͤnder bin nit wuͤrdig/ daß ich mei= ne Augen gen Himmel auffhebe. Item mit dem Propheten: Ich bin gebogen und ſehr gedemuͤtiget. Dann alſo muß man die Demuth deß Leibs mit der Demuth deß HERZENS vereinigen/ weiche (???. Reg. 21. 27. 1. eſdr. 9. 6.) durch die euͤſſerliche Ceremony bedentet wirde. Alſo nach dem Achab gedemuͤtiget war/ gieng er daher mit geneigtem Haupt. Alſo bettet Eſdras fuͤr dz Volck/ und ſprach: Mein Gott/ ich ſchaͤme mich und ſcheuhe mich mein Angeſicht auff zu= heben zu dir mein Gott/ dann unſer Miſſethat iſt uͤber unſer Hanpt ge- (Orat Ma- naſſ.) wachſen. Vnd Koͤnig Manaſſes: Ich bin nit wuͤrdig auffzuſchauen/ noch anzuſehen die Hoͤhe deß Himmels wegen der vile meiner Miſſethaten. [249] Deßwegen/ du mein Seel/ ſetze diſe beyde Demut zuſammen; auff daß du dem Lehr= meiſter der Demuth nit mißfalleſt. Der Koͤnigliche Prophet David hat dir deſſen ein Weiß fuͤr geſchreben/ da er Gott gebet= ten/ un ̅ geſprochen: Herꝛ mein HERZ(Pſ. 130. 1.) iſt nit ſtoltz/ und meine Augen ſeynd nit hoch. Vnd hab nit gewandelt in groſſen Dingen/ noch in wunderli- chen Dingen/ die uͤber mich ſeynd. Hab ich mich nit demuͤtiglich veꝛhal= ten/ ſonďn mein Seel erhoͤhet/ ſo muß meiner Seel vergolten werden und geſchehen/ wie dem/ der von ſeiner Mutter abgeſeuget iſt. Das iſt/ gleich wie ein Kind/ ſo neulich ageſeugt worden/(Bellarm. in illum Pſalmum.) verbleibt in der Schoß oder auff den Kny= en ſeiner Mutter aller traurig und wey- nend/ weil es beraubt iſt ſeiner ſuͤſſen Milch welche zu ſelbiger Zeit ſein Wolleben war; alſo ſoll mein Seel beraubt ſeyn der Suͤſ= ſe Gaͤttlichen Troſts/ welcher mein fuͤr= nembſtes und gleichſam ein tziges Wolle= ben iſt. BETRACHTE zum Fuͤnfften wie die fuͤrnehmſte Nutzbarkeit der De= muth ſey/ erſtlich/ daß Gott der Demü [250] tigen (Pſ 101. 18.) Gebet erhoͤre/ wie David ſpricht: Er hat ſich gewendet zum Gebet der Demuͤtigen/ und verſchmaͤht ihr Gebet nicht. Item der weiſe Mann: (Eccleſ. 35 21) Das Gebett deß/ der ſich demuͤtiget/ dringet durch die Wolcken Fuͤrs an= der/ mittheylet Gott den Demühtigen in diſem Leben die Gnad/ und im kuͤnfftigen die Glory: Daher der H. Jacob ſpricht: (Jac 4. ???.) GOtt wider ſtehet den Hoffaͤrtigen/ aber den Demuͤtigen gibt er Gnade. Von der Glory aber ſpricht der Pſalmiſt: Du wirſt dem demuͤtigen elenden (Pſ. 17. 28. lob. 22. 19.) Volck helffen/ und der Hoffaͤrtigen Augen nidrigen. Vnd der heilige Job: Der ſich demuͤtiget/ den erhoͤhet er: und wer ſeine Augen niderſchlaͤgt/ der wird geneſen. Zum dritten/ die fuͤr= nehmſte Nutzbarkeit/ welche auch auß den vortgen entſpringet/ iſt; daß durch die De= muth deß HERZENS der Menſch zu GOtt ſich nahet/ und GOTT ſelber ihme (Auguſt. h??? 50. inter Quinquag.) naͤher wird. Welches Auguſtinus ſchoͤn erklaͤret: Wer nun ſich weigeret ob der Demuth der Buß/ der gedenckt nit ſich zu Gott zunahen. Dann ein anders iſt ſich zu GOtt erheben; ein anders ſich wider [251] Gott erheben. Der ſich vor ihm nider=(Idem in Pſ. 74.) wirfft/ der wird von ihme auffgericht. Der ſich wider ihn auffgericht/ der wird von ih= me nidergeworffe ̅ Gott iſt gewißlich hoch/ kein Hoch muͤtiger reichet biß zu ihme. Wir pflegen uns zu erheben/ damit wir alle ho= he Ding erreichen moͤgen: und ſo wirs nit beruͤhren oder erreichen moͤgen/ bewerben wir uns umb allerley Werckzeug oď Leit= tern; damit wir erhaͤcht/ andere hohe Ding erreichen moͤgen. Entgegen iſt Gott hoch/ und wird von den Demütigen erreichet. Dann es ſtehet geſchriben: Der Herꝛ iſt nahe denen/ ſo das HERZ zerknirſchet haben. Die Zerknirſchung deß HER= ZENS iſt die Gotttes forcht/ die Demut. Der ſich zer knirſchet/ iſt wider ſich ſelber zornig: er ſey ihme ſelber zornig/ damit er ihn genaͤdig habe: Er hab ſich ſelber zum Richter/ damit er ihn habe zum Beſchir= mer. Daru ̅ demuͤtige dich ſehr von HER=(Eccl. 7. 19. Ibid. 2. 2.) ZEN Truck nider dein HERZ/ und leyde; fuͤg dich zu GOTT/ daß dein Leben auffs letzt zu nehme.
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Die XIII. Lection. CORDIS EMOLLITIO

Erweichung deß HER- ZENS.


Gott hat mein HERZ weich ge- macht. Job. 23. 16. BETRACHTE ERST- LICH/ Wie die Guͤte Gottes ſo groß ſey/ daß er auch die aller-ver= ſtockteſte HERZEN ſich befleiſſe zu wey= (Job. 23. 16) chen. Daher ſprach Job: Gott hat mein (Nah. 1. 6.) HERZ weych gemacht. Item ď Pro= phet Nahum: Gedultig iſt der Herꝛ un ̅ gꝛoß von Krafft; ſein Zorn gieſſet ſich auß wie ein Fenr/ und die Felſen ſeynd vor ihm zerſprungen. Welches (Hieron.) Hieronymus alſo außleget: Der Zorn Gottes/ welcher die Suͤnder lang auffhaͤlt bricht bißweilen zwar nicht gar auß zur Straff; ſondern tropffet wie das Fewr/ die Haͤrte der HERZEN auffzuloͤſen/ welche durch de ̅ Felſen bedeutet wird. Wer kan aber erklaͤren/ auff wie vilerley Weiß die Guͤte Gottes ſich befleiſſe die Haͤrte
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CORDIS EMOLLITIO. Deus molliuit COR meum. Iob. 23. COR marmor glaciale, Deus, ceu cera, lique ſcet. Vrere cum tuus hoc cepęrit ignꝛs amor.

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unſers HERZENS zuzaͤhmen und(Didac. Stel- la in c. 8. Lur.) zubeſchreiten? Dann gleich wie der jenige/ ſo etwas lind oď weich machen will/ tꝛuckts erſtlich mit Haͤnden/ und treibts hin und her; wann es ſich noch nit ge???en will/ braucht er ein Salb; nach der Salbung aber wirfft ers ins Waſſer/ nachmahlen ins Feur/ und bringts gar biß auff den Amboß; wann ers auch auff ſolche Weiß nit erweychen kan/ wirfft ers gar hinweg/ als ein unnuͤtzes Ding/ ſo nicht mehr zu= gebrauchen. Nit anderſt verhelt ſich Gott gegen den menſchlichen HERZEN. Dann erſtlich/ gleichſam beruͤhret ers mit ſeinen Haͤnden/ lieb koſet ihnen durch erin= nerung un ̅ Gedaͤchtnuß ſeines Leydens un ̅ groſſer Gutthaten. Auguſtinus er freuet(Auguſt. l. ???. Conf. c. 5.) ſich deſſen/ in dem er alſo zu Gott redet: Nachmaln haſt du Herꝛallg mach mit dei ner guͤtigſten und barmhertzigſten Hand mein HERZ beruͤhret und gerichtet. Fuͤrs ander/ ſalbet er dieſelbe durch Goͤtt- liche Hilff und Einſprechung; damit es deſto leichter die Haͤrte der Suͤnden ab= lege. Fuͤrs dritte/ befeuchtet ers mit dem Waſſer der zeltlichen Guͤtter/ damit ſie ſich gegen dem Gutthaͤter danckbar ??? zei= gen/ alſo zu der Gedaͤchtnuß ihrer Suͤn- den kommen. Zum vierden/ tribulteret [254] ers mit dem Feur der Anfechtungen/ und Kranckheiten. Zum letzten/ uͤbergibt er ſie den Streichen deß zeitlichen Tods/ damit ſie zum wenigſten alsdann in ſich ſelber gehen/ Buß thun und bekehrt wer= den. Wann aber diß alles nichts helffen will/ ihren verkehrten Willen zubekehren/ ſo iſt nichts mehꝛ uͤbrig/ als daß ſolche arm= ſeelige Suͤnder/ deren ſteinerne HER= ZEN durch kein Gewalt ſich habe ̅ erwey= chen laſſen/ in die Hoͤll und ewige Peyn geworffen werden. Auff daß dir aber nit auch dergleichen widerfahre/ bitt Gott den Herrn/ daß er dein HERZ lind machen/ und erweychen woͤlle; und mit groſſem Ruffen gebrauch dich ď Stimm deß groſ= ſen Biſchofs die alſo lautet: Herr ich bitte (Aug. Medit. c. 35.) dich durch alle deine erbaͤrmnuſſen/ durch welche wir von dem ewigen Tod erloͤſet worden ſeynd; erweyche mein hartes ſtei= nernes und eyſen HERZ/ durch dein hochheylige und kraͤfftige Salbung/ und verſchaffe/ daß ich durch das Feur ď Be- reuung/ vor dir zu jeder Stund ein leben= diges Opffer werde! BETRACHTE fürs Ander/ wie das Wort GOTTes ein ſehr groſſe Krafft habe/ die Haͤrte deß Menſchlichen HERZEN zuerweichen/ ſeytemaln von [255] diſem geſchriben ſtehet: Seynd meine(Ier. 23. 29.) Wort nit wie ein Feur/ und wie ein Hammer/ der die Felſen zerſchlaͤgt? Diſes Feur macht die aͤhrine Menſchen= HERZEN zerſchmeltzen: Der Hammer aber/ zerſtoßt und zerknirſcht die ſteiner???e HERZEN. Die Krafft diſes Feuers hat gar wohl gewuͤßt der Koͤnigliche Prophet/ als er geſprochen: Dein Red iſt wohi(Pſ. 118. 48.) durch Feur geleutert/ und dein Knecht liebet ſie. Solches erkanden auch die Juͤnger/ ſo nach Emauß giengen/ als ſelbige zuvor kalt waren/ und ob der Aufferſtehung deß Herren gleichſam gantz und gar verzweiffelt haben/ ſeynd ſie von ſeiner unbekanden und feurlgen Red alſo entzuͤndet worden/ daß ſie geſprochen. War nit unſer HERZ brinnend in(Luc. 24 32.) uns/ als er mit uns auff dem Weg redet/ und erklaͤret uns die Schrifft? Bezeuget nit auch die Braut außtruͤcklich daß ihr HERZ gantz und gar auff deß Braͤutgams Anſprach/ zerſchmoltzen ſey?(Cant. 5. 6.) Mein Seel/ ſpricht ſie/ iſt zerſchmol tzen/ nach dem der Geliebt geredt hat. Wie kraͤfftig aber/ der Ham ̅ er deß Woꝛts GOttes zerſchlage die Felſen der allerhaͤr [256] tiſten HERZEN/ kan auß diſem abge- nommen werden daß allein auff deſſelben Anhoͤrung oder Ableſung/ ihr vil gaͤhlin= gen zu Chriſto bekehret worden ſeynd. Demnach Antonius dz Wort deß Evan= (in vita ꝑ S. Athan.) gelit in der Kirchen gehoͤret: Gehe hin/ verkauff alles was du haſt/ und gibs den Aꝛmen/ und kom ̅ e/ folge miꝛ nach ward er ein Ein???el. Nach dem Aproni- (In geſt. S. Marcclli Papæ) anusgehoͤret: Komt her ihr Gebent- deyte meines Vatters/ beſitzet das Reich ꝛc. glaubet er an Chriſtum; ward getaufft/ und ein Mareyrer. Demnach An= guſtinus die Stimm gehoͤret hatte: Nim hin/ liſe/ Nim hin/ liſe; und gleich darauff (Rom. 13. 13.) die Wort deß Apoſtels geleſen hatte: Nit in Freſſerey und Trunckenheiten/ nit in Schlaffkammern und Vnzuch= ten/ nit in Hader und Eyffern: Son= (Confeſſ. l. 8. c. 12. 1. Joh. 2. 15. Sur. 10. Sept. Ant. Sen. in Chron.) ďn zihet an den Herrn Jeſum Chꝛiſt; ward er vollkom ̅ enlich zu Chriſto bekehret. Als Nicolaus Tolentinus außlegen hoͤre= te den Sp ̅ ruch Johannis: Habt nit lieb die Welt/ noch was in der Welt iſt: dann die Welt vergehet mit ihrer Luſt ward er alsbald in einen andern Mann [257] verkehret/ und trat in den Auguſtiner Or= den. Was widerfuhr aber dem Monetæ, welcher mit fleiß ſich abzoge und enthiel= te von den Predigen Reginaldi deß beruͤm= teſten Predigers Dominicaner Ordens/ damit er nit wider ſeinen Willen in ſel- bigen Orden gezogen wurde? Diſer ward an S. Stephans Tag durch unauffhoͤr- liches antreiben ſeiner Gefaͤrdten bewegt und dahin gebracht/ alſo gleich mit den erſten Worten gefangen/ da er diſen Spruch außleget: Nimm war/ ich ſihe(act. 7. 55.) den Himmel offen ſtehen. Dann alſo prediget er/ wie zwar jetzunder die Him- melporten zu der Seeligkeit offen ſtunde/ alſo/ daß ein jeglicher hinein gehen kunde: welche aber nachlaͤſſig erfunden wurden/ und Gott ihr HERZ verſchloſſen hielten/ denſelben wurden gleichfals die Himmel beſchloſſen werden/ daß ſie nachmahlen nit hinein gehen kunden. Da hat es nit vil mehr bedoͤrfft; dann alsbalden ward ſein HERZ umbgekehret/ daß der jenige/ wel= cher biß zur ſelben Stund ein Abſcheuen vom Orden truge/ ein Luſt und Willen zum Orden bekame. Nach vollender Pre= dig gienge er zum Reginaldo, erklaͤret ſein Gemuͤth/ beſtaͤttiget ſolches noch darzu mit dem Geluͤbt. O glaubige Seel! neige [258] du auch das Ohr deines HERZENS/ und vernim die allerſuͤſſeſten Reden dei= nes Braͤutigams die in H. Schrifft/ und Ableſung Gottſeeliger Buͤcher erſchallen: dann diſe werden die Harte deines HER= (Gilb, ſer. 44. in Cant.) ZENS/ mit ihrer kraͤfftigen Wuͤrckung leichtlich lind machen. Mercke/ ſpricht Gil- bertus der Abt/ und fuͤhre zu Gedaͤchtnuß/ was er geredet hab mit Maria Magdale- na/ mit dem Weib/ ſo im Ehebruch ergrif= fen war/ mit dem Samaritaniſchen und Chananeiſchen Freulein/ mit Zacheo/ Pe= tro/ und dem Hauptmann. Welches in= nerliche Anmutung wolte nit erweichen zu ſo vilen Gottſeeligen und barmhertzigen Reden? Auff ſo ſtarcke hefftige mittaͤgtge Wind/ ſoll auch ein alte ſtarcke Gefruͤrne von dem allerhaͤrteſten HERZEN zer= ſchmeltzen. BETRACHTE fuͤrs DRITTE wie durch das gütige/ und gnaͤdige An= ſchaue ̅ Chriſti deß Herrn/ auff welches ſein Liebe gleich folget/ oder auch begleitet/ die HERZEN ſonďlich weich gemacht wer= den. Sihe an den erfrornen Petrum/ wie (Marc. 14. 64.) er ſich bey dem Kohlfeur gewaͤrmet/ den Herrn verlaugnet/ und gleich wie ein ſtar= cker Felſen erſtarret: alsbald aber ď guͤtig= ſte HERR Petrum angeſchauet/ ward [259] der Stein auffgeloͤſet/ das Waſſer floſſe herauß/ und Petrus weynet bitterlich. Woher iſts kommen/ daß Magdalena ſo(Luc. 22. 63.) uͤberfluͤſſig geweynet/ und gleichſam zer- ſchmoltzen/ daß ſie mit denſelben Zaͤhren(Luc 6. 44.) die Fuͦß deß Herrn befeuchtet/ als auß dem Anſchauen deß allerguͤtigſten Jeſu?(Brev. Rom.)
Deß ewigen Liechts Vatter Gut/
Anſchauen Magdalenam thut/
Die Flam ̅ ď Liebe ſich außſtreckt/
Dz gfrorne HERZ ward auff- erweckt. Diſes ſoll aber keinen wunder nehmen: dann weil Chriſtus die Sonn der Gerech= tigkeit iſt/ hat er diſe Eygenſchafft/ daß er mit der Hitz ſeiner Straalen die gefrorne HERZEN/ gleich wie ein flieſſendes Waſſer erweychet. Dahero einer die wey= nende Magdalenam alſo redend einfuͤret:
Ich bin ď Schnee/ die Son ̅ Chri= ſtus gut;
Der mit ſeiner Hitz mich ſchmel- tzen thut:
Kein Wunder/ daß auſn Augen mein/ Herflieſſen thut das Waſſer rein. Dann ein zeꝛſchmeltztes Herz (wie Paſcha [260] ſius (Ratber. lib. 2. in lament Jerem.) ſpricht) von der Liebe GOttes/ wie das Eyß von der Hitz vergehet/ und wird wie das Waſſer außgeſchuͤttet. Die wunderbarliche Krafft diſer Sonnen hat wohl er kandt der Prophet Jeſaias/ der gleichſam im Winter den Auffgang di= (Iſa. 63. 1.) ſer Sonnen innbrünſtig anruffet: Ach daß du die Himmel zerriſſeſt/ und herab ſtigeſt/ daß die Berg von dir zerfluͤſſen! das iſt/ die ſtoltze HERZEN der Menſchen wurde ̅ n durch die Krafft deiner Genaden zur Demuth/ Gedult/ un ̅ aller Tugend zerſchmeltzen; wie ein Feur= brand verloͤſchen/ die Waſſer wurden zum Feur gehen/ das iſt/ die linde/ und durch Begierligkeiten erweychete und feuchte HERZEN ď Menſchen/ wurden durch das Feur der Liebe außtruͤcknen/ und ent= zuͤndet werden. Wer ſoll ſich nit ver= wundern ob den Stralen diſer hitzigen Sonnen/ von denen auch die Stein und Feiſen zerſchmeltzen und erweychet wer= den moͤchten? Auff diſen Verſtand leget auch der H. Auguſtinus auß den Spruch (Job. 28. 2. Greg. lib. 18. Mor. c. 17.) Jobs: Auß Steinen ſchmeltzet man Aertz: Alsdann/ ſpricht er/ wird auß Stei= nen Aertz geſchmeltzet/ wann das har= te HERZ/ ſo am Feur der Goͤttlichen [261] Liebe kalt iſt/ durch gemeltes Feur beruͤhret wird/ und zerſchmeltzet: Damit nun jetzt mit der Hitz der Begierden brenne der jeni= ge/ welcher zuvor unempfindlich verblibe. Durch welche Hitz er zur Liebe erweychet/ und zur Wuͤrckung geſtaͤrcket wird; daß gleich wie er zuvor hart war in der Liebe der Welt/ alſo er ſich nachmahln ſtarck(Giſſer. c. 5. Cant. Ex- poſ.) erzeige in der Liebe Gottes. Was ſchicket ſich aber beſſer/ als daß man der Liebe zu- eygne diſe Zerſchmeltzung/ durch weiche das jenige/ was ſonſten hart war/ ſtieſſend gemacht wird? Weil klar und am Tag iſt/ diſes ſey die groͤſte Wuͤrckung der Liebe/ daß ſie den Liebenden antreibe zum Ge= liebten/ und ihn mit ihme vereinige; wel= che Vereinigung gewißlich als dann ſchoͤ= ner geſchicht/ wann die Liebe gegen einan= der flieſſen macht. So iſt uns auch nit un= bewußt/ wie Jeſus Chriſtus der Liebhaber der Gottſeeligen Seelen geſprochen habe:(Pſ. 21. 15.) Mein HERZ iſt worden wie zer- ſchmoltzen Wachs. Dahero ſo die zer= ſchmeltzte Seel flieſſet zu Jeſu/ und der wie Wachs zerſchmoltzne Jeſus flieſſet zu der Seel; was kan anderſt darauß fol= gen/ als ein vollkommene Ver???igung? Wann die leibliche Ding durch ??? Hitz(Guill. Ab???c. 5. Cant.) aͤuſſerlich zerſchmeltzen/ ſo werden ſie in ſich [262] ſelber außgelaͤſcht: So aber die Seelen durch die innerliche Hitz zerſchmeltzen/ ſo werden ſie nicht in ſich ſelber auffgeloͤßt/ ſondern in dem/ der ſie auffloͤſet. Sie wer= den auffgeloͤſet von ihnen ſelber/ aber nicht in ſich ſeiber; ſie werden auffgeloͤſet durch das Feur Gottes/ von ihrer eygnen Liebe/ in die Liebe deß himmliſchen Braͤutgams. Diſes hat Paulus andeuten wollen/ da er ſpricht: Welcher dem HErrn anhan= (1. Cor. 6. 17) get/ ď iſt ein Geiſt mit ihme. Er zeiget auch an/ wie ſein Seel auff ſolche Weiß zerſchmoltzen ſey/ ſprechende: Ich lebe a= ber nit jetzt ich/ es lebet aber in mir Chriſtus! O wie ein liebliche Stund/ wan ̅ (Gilbert. Ab bas ſer. 44. in) die zerſchmoitzne Seel mit diſem feurigen Bach vermiſchet wird! Wie ſubtil iſt ſie im ſelbigen Augenblick/ wie außgedoͤrrt/ wie beweglich? Sie hat als dann nichts mehr uͤbrig von der Faulkeit/ von der Haͤrte und Rauhe ſie iſt allein hitzig und zerfllieſſend.
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CORDIS MVNDATIO. Laua a malitiâ cor tuum. Jerem 4 Fons ſcaturit lateris transfixi, e vulnere, ſpo ̅ si. Hoc cordis maculas ablueſponsa tui

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Die XIV. Lection. CORDIS MUNDATIO.

Reinigung deß HER- ZENS.


Maſche dein HERZ von der Boß= heit. Jer. 4. 14. BETRACHTE ER ST= LICH/ Wie in jene obere hohe Stat Jeruſalem/ welche gantz (wie ſchreibt der Jünger/ welchen Jeſus liebet)(Apoc. 21. 18.) von lauter Gold/ gleich dem reinen Glaß/ geſchmuckt mit lauter Edelgeſtein erleuch= tet mit der Herrligkeit Gottes/ nit hinein gehen werde irgent nichts befleckts oder unreins/ oder das/ ſo Greuel und Luͤgen thut; ſondern alle Burger deſſelben Vat= terlands (gleich wie die Statt ſelber) werden rein/ ſauber/ und unbeflecket ſeyn. Der jene Prophet auch/ welchem GOTT(Pſ. 50. 8.) hat kund gethan das Vnſichtbar und Ge= heimnuß ſeiner Weißheit/ nach dem er ein Frag angeſtellet: Wer wird auff(Pſ. 23. 4) deß HErrn Berg ſteigen? und wer wird ſtehen an ſeiner heiligen Statt? Antwortet er; Der unſchuldige Haͤnd [264] hat und eines reinen HERZENS iſt. In diſen zweye ̅ Theilen abeꝛ/ wie Niſſe- (Nyſſen. orat. de Aſcenſ.) nus ſpricht/ wird alle Gerechtigkeit begrif= fen. Die Reinigkeit/ oder Vnſchuld der Haͤnde/ be???tet die Reinigkeit der Wer= cken: Aber die Reinigkeit deß HER= ZENS/ erklaͤret die Auffrichtigkeit der Gedancken und rechten Meynungen Nu ̅ aber wird ſo wohl die innerliche als aͤuſſer= liche reinigkeit erfordert/ damit einer zu ď himmliſchen Seeligkeit zugelaſſen werde. Die Phariſeer haben ſich der innerlichen Reinigkeit wenig geachtet/ ſondern ſich al= lein umb die aͤuſſerliche angenommen. Denen unſer Heyland deßwegen alſo (Matt. 23. 23.) ſcharff zugeredet hat: Wehe euch Schrifftgelehrten und Phariſeern/ ihr Gleißner/ die ihr verzehendet die Kraußmuͤntz/ Aeniß und Kuͤmmel und laſſet dahinden das ſchwaͤreſt im Geſatz: nemlich/ das Gericht/ die Barmheꝛtzigkeit/ und den Glauben! Diß muß man thun/ und jenes nit underlaſſen. Ihr Blindenfuͤhrer/ die ihr Schnacken (oď Mucken) außſei- het/ und Kameel verſchlucket. Wehe euch Schꝛifftgelehrte ̅ un ̅ Phaꝛiſeern/ [265] ihr Gleißner/ die ihr reiniget das auß- wendig am Becher und Schuͤſſel/ in- wendig aber ſeyt ihr voll Raubs und Vnreines! Wehe euch Schrifftge- lehrten und Phariſeern/ ihr Gleißner die ihr gleich ſeyt den geweißten Graͤ= bern welche außwendig vor den Leu- then huͤpſch ſcheinen; aber inwendig ſeynd ſie voller Toden beyn/ und al- les Vnflats. Alſo auch ihr/ von auſ- ſen ſcheinet ihr vor den Menſchen from/ aber innwendig ſeyd ihr voller Gleißnerey und Boßheit! So muß man nun nach der Meynung Chriſti/ zuvor nach der innerlichen Rei= nigkeit deß HERZENS trachten/ ehe man ſich nach der euſſerlichen deß Leibs umſihet. Man ſchreibt/ daß die Spinne(Forner. Conc. 90. in Pſ. 59.) Fleiß ankehre/ wann ihr Netz von den Muͤcken und Fliegen zerriſſen worden/ daß ſie in der Mitte anfange/ und ſolches Weeb vor Vndergang der Sonnen auß= mache. Wir anfangen das Weeb der ewi= gen Seeligkeit in unſern HERZEN/ als in der Mitten/ gleich nach empfangner Tauffung; Wie offt aber haben ſolches die hoͤlliſche Muͤcken zerriſſen? Wie ge [266] waltig haben ſie durchgetrungen? woͤllen wir nun ſolchen Riß wider zuflicken/ müſ= ſen wir in der Mitte/ das iſt vom HER= ZEN anfangen/ un ̅ ſolches Werck vollen= den/ ehe daß uns die Sonn der Gnaden/ und Barmhertzigkeit GOttes undergehet. (Pſ. 50. 32.) Schrey derhalben mit dem Propheten: Schaff in mir GOTT ein reines (Pſ. 118. 80.) HERZ/ und erneuere in mir einen rechten Geiſt. Vnd widern ̅ : Laß mein HERZ unbefleckt ſeyn in deinen Rechten/ daß ich nit zuſchande ̅ werde (Iob. 25.) BETRACHTE fuͤrs ANDER/ Wann/ wie der H. Job geſprochen/ nie= mand iſt rein vom Vnflat; und der weiſe (Prov. 20. 9.) Mann: Wer kan ſagen/ ich bin rein in meinem HERZEN/ und lauter vor Suͤnden? Wie kottig/ ſchandlich/ un ̅ unflaͤtta ſeyeſt/ O Seel/ welche noch biß da= (Cant. 1. 7.) her/ auff dem Weg deines HERZENS hin und her gangen nach den Herden dei= (Iſa. 63. 3) ner Geſellen? Dann du biſt gewandelt in der Finſternuß/ auff ſchlipffergen Weg/ (2. Pet. 2. 22.) und haſt deine Kleider beſudelt; ja wie ein Schwein haſt du dich im Kott um= geweltzet/ und biſt unrein worden in dei= (Ier. 2. 22.) ner Boßheit. Wie billich ſolſt du nun [267] die Reinigung deines Vnflats bedencken?(Idem 4. 14.) Hoͤre was der Herꝛ durch den Propheten mahnet: O Jeruſalem waſch dein HERZ von der Boßheit/ anff daß dir geholffen werde! Wie lang wer- den doch die ſchaͤdlichen Gedancken bey dir bleiben? Warum aber erfordert der Allmaͤchtige GOTT die Abwaſchung deß unreinen HERZENS? Nemlich darum/ weil er will/ daß mans ihme auff= opffere/ muß es gantz rein ſeyn. Dann(Levit. 1. 13.) alſo hat er vor Zeiten gebotten/ daß man am Opffer das Ingeweyd und Schenckel mit Waſſer waſchen ſolte. Dann was bedeutet diß anders/ als daß man die An= mutungen unſers HERZENS (welche durch die Fuͤß verſtanden werden) und die innerliche Gedancken deß HER= ZENS ſelber (welche das Ingeweyd be. deuten) abgewaſchen und gereiniget wer= den müſſen/ ehe das HERZ ſelber fuͤr ein annemliches Opffer auffgeopffert werde?(Aqua viva in Pſ ???) Ja auch unſer HERZ iſt ein Tempel deß lebendigen GOTT es/ daß es auch diſer Vrſachen halber mit groſſer Reinigkeit(Exod. 30. 1???) begabet ſeyn ſolle. Dann ſo geſchriben ſtehet/ daß man auch den Fuß abwaſchen ſoll/ mit deme wir in den materialiſchen [268] Tempel Gottes gehen/ auff daß nichts be= (Exod 3 5.) ſtecktes oder unreines darein komme; So auch dem Moyſes befohlen wird die Schuch außzuziehen/ das iſt/ die Verwick= lung der fletſchlichen Gedancken: Wie rein ſoll dann ſeyn unſer HERZ/ als der geiſtliche Tempel Gottes/ von dem (2. Cor. 6. 16.) der Apoſtel ſpricht: Ihr ſeyt der Tem- pel deß lebendigen Gottes/ wie dann Gott ſelber ſpꝛicht: Ich will in ihnen wohnen/ und under ihnen wandlen/ und will ihr Gott ſeyn/ und ſie ſollen mein Volck ſeyn? BETRACHTE fuͤrs DRITTE Wie zu der Abwaſchung deß HER- ZENS vor allen Dingen das Waſſer vonnoͤhten iſt; da mit du abeꝛ nit ſelbiges an underſchidlichen Orten ſorgfaͤltiglich ſu= (Lach. 13. 1.) cheſt/ zeiget dir Zacharias einen uͤberfluͤſſi= gen Brun ̅ en: Am ſelbigen Tag/ ſpricht er/ wird dz Hauß Davids/ und die zu Jeruſalem wohnen/ einen offnen Brunnen haben zur Abwaſchung deß Suͤnders/ und der Monatſuͤchti= gen. Wer iſt aber diſer Brunn/ als Chriſtus der Herꝛ; ein Brunn und Vr= ſprung der Genaden/ der Gerechtigkeit/ [269] und deß Heyls? Dann alſo leget Grego=(Greg. hom. 20. in ezech) rius diſen Orth auß: Seytemahln der Eingeborne deß Vatters/ der unſichtba= re GOtt/ iſt ein verborgener Brunn. Aber der offne Brunn iſt eben derſelbe Gott/ ſo Menſch worden: welcher gar recht ein offner Brunn deß Hauß Davids ge= nenntt wird/ weil unſer erloͤſer zu uns auß dem Geſchlecht Davids her fuͤr kommen iſt. Diſe aber wohnen in Jeruſalem/ welche ihr Gemuͤth zur Anſchauung deß innerlichen Fridens wenden. Der Suͤn= der aber/ und die Monatſuͤchtige iſt/ ent= weders der jenige/ welcher ſuͤndiget in dem Werck; oder das Gemuͤth/ welches faͤllt in boͤſe Gedancken. Iſt nit ein offner Brunn der gecreutzigte Chriſtus/ daraus jene(Gen. 2. 10.) fuͤnff Blutbaͤchlein herauß gefloſſen? Im irrdiſchen Paradeiß war ein Brunn/ welcher in vier Hauptfluͤß außgetheilet war/ alſo/ daß er die gantze Erden befeuch= tet. Im Paradeyß der Kirchen iſt der gecreutzigte Jeſus ein Brunne/ auß deſ= ſen hochheiligen Wunden fuͤnff Fluͤß entſpringen/ durch welche die Suͤnde der gantzen Welt abgewaſchen werden. Chri=(Ioan. 5. 2.) ſtus iſt jene Schwemteych/ welche fuͤnff Vorſchuffen der Wunden hat: welcher nach Bewegung deß Waſſers darein ſtei [270] get/ wird geſund/ er ſey gleich mit was (Hebr. 9. 14.) fuͤr einer Boßheit behafftet. Seytemahln das Blut JEſu Chriſti/ reiniget unſer Gewiſſen von den todten Wercken der Suͤnden. Diſes vergoßne Blut/ wie (Chryl. hom. 45. in Ioann.) Chryſoſtomus ſpricht/ waſchet ab die gan= tze Welt; diſes Blut reiniget das Heilig= thum. Sonun deſſen Figur und Schat= ten ein ſo groſſe Krafft gehabt hat/ bey den Hebreern/ mitten im Egyptierland/ auff (Exod. 12. 22) die Geſchwellen geſprengt/ in dem es vor dem ſchlagenden Engel erhalten/ das Volck gereiniget/ und alles geheyliget hat; (Lev. 8. 11.) Wie vil mehr/ die Warheit diſes Bluts ſelber? Diſes Blut hat geheyliget den guͤldnen Altar/ ohne diſes hat der Hohe= Prieſter nit in das neue Zimmer hinein gehen doͤrffen. Diß Blut machete die Pꝛieſter/ diſes Blut reiniget in der Figur die Suͤnden/ diſes Blut iſt das Heyl un= ſerer Seelen. Durch diß wird unſer Seel gewaſchen/ gezieret/ und entzuͤndet; diſes macht unſer Gemuͤth klarer als das Feur/ und ſcheinbarer als das Gold; die Vergieſſung diſes Bluts hat den Him- mel eroͤffne???. Derhalben nim den Aymer ď (Iſa. 12. 3.) G???aͤchtnuß/ und darmit ſchoͤpffe mit F???euden auß diſem Brunnen deß Hey= landts das aller kraͤfftigſte Waſſer/ mit [271] welchem du dein beflecktes HERZ abwa= ſcheſt An ſtatt der Haͤnden brauch darzu die Betrachtung deß Verſtands/ und Er= weckungen ď Anmutungen/ und mit den- ſelben kratze/ abwaſche/ und reinige dein HERZ: Ja vil mehr tauche ein dein gan= tzes HERZ in diſes blutige Bad; und oh= ne zweiffel wird es gantz weiß darauß kom(Apoc. 21. 14) men. Seelig ſeynd die da waſchen ihre Seelen in dem Blut deß Laͤmbleins: Seytemahln/ wie Bernardus ſpricht/ nichts iſt ſo kraͤfftig/ die Wunden deß Ge= wiſſens zuheylen/ oder die Scharffſinnig=(Bern. ſer. 62 in Cant. Miſ ſal. Rom.) keit deß Gemuͤhts zureinigen/ als die emb= ſige Betrachtung der Wunden Chriſti. Deß wegen lauff zu diſem Bad/ und ſprich mit der Kirchen/ O HErꝛ/ abwaſche mich/ und reinige mein HERZ! damit ich im Blut deß Laͤmbleins abgewaſchen werde/ und der ewigen Freuden genieſſen moͤ- ge. BETRACHTE fuͤrs VIER- DE; je ſtaͤrcker die Macklen in den Kley= dern kleben/ je fleiſſiger und oͤffter muß mans abwaſchen:
Mit was fuͤr Gruch das neu Ge???(Horat. l. 1. Epiſt.) ſchirr
Wiꝛd angefuͤlt/ bhelts fuͤꝛ un ̅ fuͤꝛ.
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ſprach jener. Ein Geſchirr mit ſtinckender Matery eingefuͤllt/ muß man oͤffter abbu= tzen: und daher wird gebotten/ daß man den Außſaͤtzigen/ den man reinigen ſoll/ (Levit. 14. 5.) ſibenmal mit dem Blut deß geopfferten Spatzen beſprenge/ damit er recht gerei= nigt werde/ und nachmalen den gantzen Leib abwaſche. Der außſaͤtzige Kriegsobri= ſte Naeman hat ſibenmal im Jordan ſich (4. Reg. 5. 14) waſchen muͤſſen/ damit er geſund wurde. Der Koͤnig David wuſte wohl/ daß kein Außſatz ſchaͤdlicher waͤre/ als die Suͤnde/ und ſelbige alſo ſtaꝛck an dem HERZEN klebe/ daß ſie auff einmahl nit abgewaſchen werden moͤchte/ bittet gantz ſtehentlich/ daß er ohne Vnterlaß gewaſchen wurde: (Pſ. 50. 3.) Waſch mich wol von meiner Miſſe= that/ und reinige mich von meinen Suͤnden. Wolan/ mein Seel/ wilſt noch ein anders Bad dein HERZ zureini- gen zuruͤſten? Miſche under die blutige Brunnen deß Heylands Regenwaſſer/ und die uͤberfluͤſſige Regen der heiſſen Zaͤhren/ die auß Betrachtung der Suͤn= den herflieſſen; und mit diſen waſche ab dein HERZ. Dann gleichwie der Regen auß einer dicken Wolcken/ die gegen der Sonnen ſtehet/ und durch deren Hitz auff [273] geloͤſet wird/ auß dem mitteln Orth deß Luffts herunder faͤllt: alſo gaͤntzlich wann auff die Wolcken unſerer Suͤnden (welche die Straalen der Sonnen der Gerechtig= keit uns verbuͤrgt) die Flamm Goͤttlicher Liebe faͤllt/ loͤſet ſie die Wolcken leichtlich auff/ und bringt uͤberfluͤſſigen Regen der Zaͤhren herfuͤr. Wilſt nun auch under diß Waſſer ein ſcharffe Laug miſchen/ zur Ab= waſchung der eralteten Mackeln deß hoch= zeitlichen Kleyds/ welches du im Tauff an= gelegt haſt? Gieſſe deine Zaͤhre ̅ ins Geſchirꝛ deß HERZENS/ durch die Aſchen deß Tods/ deß Geriches= und der Hoͤllen; und durch diſer Dingen ſtaͤtte Betrachtung/ wirſt du leichtlich den vorigen Glantz der Seelen wider bekommen. Gedenck an deine letzte Ding/ ſpricht der weiß Man ̅ /(Eccl. 7. 40.) ſo wirſt du ewiglich nit ſuͤndigen. BETRACHTE zum Fuͤnfften/ die ſehr groſſe Belohnung welche verheiſſen iſt den jenigen/ die eines reinen HER= ZENS ſeynd: Seelig/ ſpricht Chriſtus/(Matth. 5. 8.) die eines reinen HERZENS/ dan ̅ ſie werden GOTT anſchauen. Diſe Anſchauung GOttes aber wird ih= nen ſo wol in diſer/ als jener Welt ver= gund. Hie zwar wird GOTT durch ein(1. Cor. 13. 11.) [274] Spiegel in der Figur/ oder durch die Be= ſchauligkeit angeſehen: Im andern Leben aber/ klar/ und von Angeſicht zu Angeſicht. Weil aber GOtt der all???rreineſt iſt/ kan er nur von einem reinen HERZEN an= (Plato in phædon.) gſehen werden; dan ̅ wie Plato ſpricht: Es iſt ein unbilliches Ding/ daß ein Vnreiner (Nyſſen. l. de Virg. c. 5.) was rein und ſauber iſt/ beruͤhre. Vnd Nyſſenus: Auff was Weiß kan unſer Ge= muͤth/ welches diſen undern Wolluͤſten deß Fleiſches ergeben iſt/ und ſich gantz le= get auff die Begierligkeit der menſchlichen Anmuthungen/ jenes bekande Liecht/ wel= ches mit dem Gemuͤth ſelber geſehen wird/ mit freyem und lehren Sinn anſchauen; weil es auß boͤſer und ungeſchickter Fuͤr- kommung/ zu diſen ſchlechten ringfuͤgigen und irrdiſchen Dingen ſein Scharffſin= nigkeit anwendet? In der ewigen Seelig= keit aber wird GOtt gantz gluͤckſelig von einem reinen HERZEN angeſchauet/ geliebet/ und beſeſſen. Daſelbſten/ ſpricht (Aug. l. 22 de Civit. Dei.) Auguſtinus/ wirſt du mein Seel/ mit gan= tzen Kraͤfften anſchauen koͤnnen dz/ was du liebeſt/ und dein hoͤchſte Seeligkeit ſeyn/ daß zu lieben/ was du ſiheſt: und daſelbſten wird das ſeelige Leben in ſeinem Brun ̅ en getruncken/ wo das Anſchauen der War= heit gantz klaͤrlich offenbahr wird. Dorten [275] weꝛden wir feyrn und anſchauen/ anſchau= en und lieben/ lieben und loben das WE= SEN/ welches zum End ohne End ſeyn wird. Dann was du Gott/ zubereittet haſt dene ̅ / die dich lieben/ wird durch den Glau= ben nit begriffen/ durch die Hoffnung nit beruͤhret/ mit der Libe nit umfangen/ uͤber= ſteiget alles Wuͤnſchen und Begehren. Kan zwar erlangt und bekommen; aber gar nit geſchaͤtzt werden.

DIE DRITTE CLASSIS.

Auffopfferung vnnd Erfor= ſchung deß HERZENS.

DEmnach das HERZ in vo- riger Claß von den Laſtern gereiniget und wuͤꝛdig wor- den iſt! daß es dem hoͤchſten Gott fuͤr ein annehmliches Opffer nun Gab dargebracht wuͤrde; Vnd nu ̅ ſolches die glaubige Seel ihrem Geliebten in diſer Claß auffopffert/ un ̅ einweyhet: [276] Gott aber/ der gewoͤlt hat/ daß ſein Opffer kein Mackel oder Beflecku ̅ g haben ſoll/ der auch das HERZ und die Nieren erforſchet/ nimt die Gab ſeiner Braut nit auff oder an/ ohne vilfaͤltige und fleiſſige Erforſchung. Daher/ gleich wie ein Goldſchmid/ haͤnget er ihr HERZ auff in ď Wag probierts im Feur/ durch ſuchet ihren Grund/ und erforſchet ihre Geraͤde nach dem geraden Richtſcheit ſeines HERZENS. Eben dergleichen Fleiß und Sorgfaͤltigkeit hat ſich ď Braͤutigam gebrauchet gegen dem Weingarten ſeiner Braut; ſeytemal (Cant. 6. 10.) er ſelber ſprache: Ich bin hinab in Nuß= garten gangen/ zuſchauen die Frucht im Thal/ zuſchauen ob der Weinſtock bluͤhe. Dann den Weinſtock unſers HER- ZENS/ welchen ſein rechte Hand gepflantzet/ den er mit ſeinem Blut befeuchtet/ welchen er mit der Maur ď Engliſchen Bewahrung/ un ̅ mit dem gruͤnenden Zaun ſeiner Gnaden umbgeben hat/ beſuchet er ſelber/ und [277] beſchauet gantz fleiſſig/ ob ein Hoff- nung vorhanden ſey der Fruͤchten; oď ob ſich der frembde Weinſtock/ ſo ins Boͤſe verkehret/ zu dem ewigen Feur zuverdammen ſey. Diſes aber iſt der Braut ſo gaꝛ nit zu wiď/ daß ſie auch ſelber den Braͤutigum zu ſolchem(Cant. 7. 11.) einladet/ ſprechende: Kom mein Gelieb??? ter/ laß uns auffs Feld hinanß gehen/ und auff den Doͤrffern herbergen. Daß wir fruͤe auffſtehen zu den Weingaͤrten/ daß wir ſehen/ ob der Weinſtock bluͤet/ und die Bluͤte Frucht bracht habe. Was iſt diß anders/ als den Braͤutigam bitten/ daß er fleiſſig erforſche/ ob die Wein- gaͤrten mit der Arbeit deß Gaͤrtners ſich verglichen? Vnd in diſer Erfor= ſchung endet ſich der Weg der Reini- gung. Dann die Bluͤe gehoͤret zu den Anfangenden/ gleich wie die Fruͤcht deß Weingartens den Zuneh- menden gebuͤret.
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Die XV. Lection. CORDIS DONATIO.

Verehrung deß HER- ZENS.


Mein Sohn/ gib mir dein HERZ. Prov. 23. 26. BETRACHTE ERST= LICH/ gleich wie man den Koͤ= nigen zu Bezeugnuß ď ehr un ̅ un= terthaͤnigkeit/ Geſchenck darzubringen pfle get/ alſo habe auch Gott/ ď ein Koͤnig uͤber alle Koͤnig/ und ein Herꝛ aller Herren iſt/ befohlen/ daß man ihme Geſchenck dar= bringen ſolle; daher Er geſprochen: (Deut. 16. 17.) Es ſoll niemand leer vor dem Herrn erſcheinen/ ein jeglicher nach der Gab ſeiner Haͤnd/ nach dem Seegen/ den ihm der Herr ſein GOtt geben hat/ ſoll er opffern. Alſo ward auch weißgeſagt vom fridſamen Koͤnig Salomon/ Chriſto dem (Pſ. 44. 14.) Herrn: Sie werden ihn anbetten/ dann er iſt dein HErꝛ und Gott/ die Toͤchter von Tyro werden mit Ge= ſchenck da ſeyn/ und dein Angeſicht
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CORDIS DONATIO Præbe fili mi COR tuum mihi. Pr. 23 Vnice cordis amor timor vnice cordis Jeſu. Cor tibi dono meu ̅ , cor mihi redde tuu ̅ .

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bitten alle die Reichen im Volck. In welchen Worten bedentet wird/ daß die Heydenſchafft/ ſo zu Chriſto bekehret worden/ ihn mit geiſtlichen Geſchencken ehren und bitten werde; und ſolches werde allein nur vom gemeinen Volck und Boͤfel/ ſondern auch von den Reicheſten/ ja wohl auch von Koͤnigen ſelber beſchehen/ daher ſtehet in einem andern Pſalmen ge= ſchriben: Die Koͤnig am Meer und in(Pſ 71. 10.) Inſulen werden Geſchenck beingen/ die Koͤnig vom Reich Arabien und Saba werden Gaaben zufuͤhren. Das abeꝛ diſes in den Weiſen/ welche Chri ſtum angebettet haben/ dem Buchſtaben nach erfuͤllet worden ſey/ iſt kundbar auß einhelliger Zuſammenſtim ̅ ung der Heyli-(Mat. 2. 11.) gen Vaͤtter und der Kirchen. Dann diſe thaͤten ihre Schaͤtz auff/ und opffer- ten ihm Gold/ Weyrauch un ̅ Myrꝛ= hen: damit ſie ihn fuͤr ein Gott/ Koͤnig und Menſchen bekand haben. Du aber mein Seeel/ mit was fuͤr einer Gab/ oder Scha ̅ = ckung wilſt du ihn verehren? gewißlich mit(Bernar. in Med. c. 7.) keiner andern/ als deines HERZENS. Seytemahl under allen Geſchoͤpffen/ wel= che und er der Sonnen mit der Eytelkeit ď [280] Welt behafftet iſt/ ka ̅ nichts hoͤhers/ nichts edlers/ nichts Gott gleichers befunden werden/ als das menſchliche HERZ: dar= (Prov 23. 26.) umben fordert er nichts anders von dir/ als dein HERZ. Daher ſpricht er durch den Salomon: Mein Sohn/ gib mir dein HERZ. Auff welche Weiß zurede ̅ er gar ſchoͤn andeutet/ von weſſen Hand er die Schenckung annehmen moͤge; wie es beſchaffen/ und wz es ſeyn muͤſſe. Dar= um ſoll maniegliche Wort fleiſſiger erwe= gen. (Ex Gabriele Inchino.) BETRACHTE fuͤrs ANDER/ was er fuͤr ein HERZ begehre/ dann er beluſtiget ſich nur ob eines Sohns HER= ZEN; darum ſpricht er: Gib mir/ mein Sohn/ dein HERZ. So redet er nun nit an die Juden/ Tuͤꝛcken/ Heyden/ offne Suͤnder/ un ̅ die in ihren Suͤnden erhartet dan ̅ ſelbige ſeynd nit Kinder/ ſouďn Feind (2. Petr. 2. 14) Gottes/ und Kinder deß Fluchs. So be= gehret er nun derſelben HERZEN/ de= nen er Gewalt geben hat/ Kinder Gottes zu werden/ die da glauben in Namen deß (Ioan. 1. 12.) Eingebornen Sohns GOttes/ und den Geiſt deren/ die zu Kindern angenommen worden/ empfangen haben. Die durch den Geiſt Gottes getrieben/ regiert oder geleit [281] tet werden/ die ſeynd GOttes Kinder/ und(Rom. 8. 14.) Mitterben Chriſti; ſo wir anderſt mit ley= den/ auff das wir auch mit ihm zur Herr= ligkeit erhaben weꝛden. So iſt nun eine auß den Eygenſchafften deß Sohns/ daß er mit Chriſto leyde und gedulde: Dann(Hebr. 12. 6.) GOtt geißlet einen jeglichen Sohn den er auffnimt. Fuͤrs ander/ ſoll der Sohn dem Vatter gehorſam ſeyn. Wir haben zwar/ ſpricht ď Apoſtel/ die Vaͤt=(Ibid. v. 9.) ter unſers Fleiſchs zu Zuͤchtigern ge- habt/ und uns fuͤr ihnen gefoͤrchtet: Solten wir dann nit vil mehr under- than ſeyn dem Vatter der Geiſter? Zu dem ſoll ď Sohn Frid halten im Hauß deß himmliſchen Vatters: Seytemahl(Matt. 5. 9.) Seelig ſeynd die Fridſamen/ dann ſie werden Kinder Gottes genennet werden. Ja ſie ſynd die jenige Kinder/ welche dem Vatter nachfolgende ſich be= fleiſſen vollkommen zuſeyn/ gleich wie(Ibid. v. 48.) der himmliſche Vatter vollkommen iſt. So du nun GOtt wilſt ein anehꝛnliches HERZ ſeyn/ gib acht/ daß du nit auß der Zahl der Kinder außgeſchloſſen werdeſt; und befleiſſe dich diſes allein/ daß du diſe Eygenſchafften eines Sohns erlangeſt/ [282] damit du warhafftig ein Sohn Gottes genennet werdeſt/ und auch ſeyeſt. BETRACHTE fuͤrs DRITTE wie er begehre daß du ihme dein HERZ gebeſt/ dann er will nit/ daß du es ihme ley= heſt/ oder verkauffeſt; ſondern durch frey= gebige Schanckung darbieteſt und gebeſt. Dann etwas darleyhen iſt nichts anders/ als einem den Geruch einer Sachen frey= willig vergunnen/ alſo daß die eygenthum= liche Beherrſchung daruͤber bleibe dem/ der es darleyhet. Verkauffen/ iſt etwas um empfangen Wert oder Gelt veraͤn= dern; Schencken aber/ iſt einem was um= ſonſten freywillig geben und überlaſſen. Der was außleyhet/ empfaͤhet uͤber ein kleines wider das/ was er außgelyhen hat. Der was verkaufft/ nimt ein den Werth deſſen/ was er verkaufft hat. Der aber etwas verſchencket/ empfahets nit wider/ begehret auch keinen Werth dafuͤr. Die jenige leyhen GOTT ihr HERZ/ wel= che ſolches ein Zeitlan??? dem Gottes dien??? ergeben/ nachmahlen aber widerum daſ= ſelbe in die eytelkeit der Welt ein wicklen; welche an den hohen Feſtaͤgen der GOtts= forcht ergeben ſeynd; nach dem aber ſel= bige füruͤber/ gehen ſie demalten Tandt nach/ und leben wie in der Faßnacht. [283] Diſe ſeynd die jenige/ welche Chriſtus(Matth 13. 21 Luc. 8. 13.) Zeitling nennet/ welche ein Zeitlang Glauben/ und zur Zeit der Verſu- chung abweichen. Weiche ſeynd aber die Gott ihr HERZ verkauffen/ als die jenige/ welche GOtt darumen dienen/ damit er ihnen von ſtund an ihren Lohn darfuͤr bezahle? ??? dem er ihnen Reichthu= men und zeitliche Wolfahrt gibt; Oder die ſich Gott alſo ergeben/ daß ſie ſelbiges nit thun wuͤrden/ wo er ihnen nit die ewige Belohnung/ und das Himmelreich ver= ſprochen haͤtte? Jene aber dargeben GOtt ihr HERZ durch freye Schanckung/ wel= che weď durch Anſehung eintziger Beloh= nung noch eintziger Widergeltung/ ſo???ďn allein auß ſeiner Liebe ihme es alſo uͤberge= ben/ daß ſie es ihnen nit mehr begehren zuzueignen/ mit dem Propheten ſprechen= de: Denn wz hab ich im Himmel/ und(Pſ. 72. 25.) auff Erden was hab ich von dir be- gehrt/ ohn dich? Dann GOtt will um- ſonſten geliebet werden; daß man ihme auch vergebentlich diene/ nit um Anſehung der Belohnung/ dann dein hoͤchſte Beioh= nung wird GOtt ſelber ſeyn/ den du um ſonſten liebeſt. Derhalben ſoll man GOtt das HERZ ohne Hoffnung ď Vergeliu ̅ g [284] freygebiglich zueignen/ damit unſer HERZ einen Gott habe. (Prov. 23. 26.) E???wige ferner/ daß der GOtt deines HERZENS ſpreche: Gib mir dein HERZ/ dann er will nit/ daß mans der Welt/ dem Fleiſch oder Teuffel anhaͤnge. Dann er traͤgt ein ſo gꝛoſſe Liebe un ̅ Begiꝛ= de zu deinem HERZEN/ daß er ſelbiges gantz beſitzen/ noch einigen in ſein Geſell= ſchafft auffnehmen will. Jedoch ſo unſer Naͤchſter auch ein Blaͤtzlein in unſerem HERZEN findet/ iſt ihme ſolches gaꝛ nit zuwider: ſeyt emahl es nun ein Lieb iſt/ mit der Gott und ď Naͤchſte geliebet wird/ weil (Ariſtoteles) man diſen nur von GOttes wegen liebet. Seytemahln/ wie Ariſtoteles ſpricht: Wo ein Ding von deß andern wegen iſt/ da iſt an beeden Seyten nur eins. Gleich wie/ in dem man die Geſundheit liebet/ und ein bitters Truͦncklein wegen der Geſundheit/ daſelbſten ſeynd nit zwo Lieb; ſondern iſt nurein Lieb-Deꝛhalben ſoll man allein dem eintzigen Geliebten unſers HERZENS das HERZ ertheilen. BETRACHTE fuͦrs VIER= DE/ warum die unendliche Mayeſtaͤt be= gehre ein ſo kleine ̅ Theil deß Menſchen/ als da iſt dz HERZ Ob zwar deſſen vil Vrſa [285] chen ſeynd/ ſo iſt doch diſes die ſürnehmſte; daß niemand ſo arm iſt/ ders nit geben koͤnde. Dann wer iſt/ der kein HERZ ha- be? Wann aber Gott andere Ding begeh= ren ſolte/ wurden ſich ihrer vil entſchuldi= gen koͤnnen. Ein Gehoͤrloſeꝛ kan ſeine Ohren nit darreichen/ das Wort GOttes zu hoͤren. Ein Blinder hat keine Augen/ damit er die Suͤnden beweyne/ oder den gecreutzigten Chriſtum anſchauen koͤnde. Ein Stum ̅ er kan ſeinen Mund und Zun= gen nit brauchen zum Gebet und Lob Got= tes. Ein Armer beduͤrfftiger hat keine Haͤnd zur Außſpendung deß Allmoſen. Ein Krancker kan ſein Bauch nit darſtre= cken zum Faſten. Ein alteꝛ ſchwacher Man ̅ kan ſeine Knye nit biegen zum Gebett. Ein Krummer/ Lahmer/ und der keine Fuͤß hae/ kan Schenckel und Fuͤß nit brauchen zum Pilgerfahrten/ und Kirchen gehen. Deßwegen fordert Gott keinen auß diſen Theilen; ſondern allein das HERZ/ wel= ches ein jeglicher geben kan. Du kanſt mir ſagen/ ſpricht Auguſtinus/ ich kan nit(Auguſt.) wachen/ ich kan nit faſten/ ich kan nit Walfahrten gehen/ ich kan nit Allmoſen geben/ und Toden aufferwecken: Du kanſt mir aber nit ſagen/ ich kan nit Lieben/ wel- ches mit dem HERZEN geſchicht. Setze [286] auch diſe Vrſach darzu: Daß ob ſchon GOtt alle Glider unſers Leibs auffgeopf= fert werden/ allein aber das HERZ man= gle/ wird es ihme kein angenehmes Opf= fer ſeyn; dann was er vor Zeiten geſagt: (Iſa 29. 13.) Diſes Volck ehret mich mit den Leff- tzen/ aber ihꝛ HERZ iſt fern von mir; eben diß haͤtt er von allen andern Glidern warhafftiglich ſprechen koͤnnen: Dann keine Werck ſeynd Gott angenehm/ wel= che nit auß dem HERZEN herfuͤr kom= men. Dann was die Wurtzel iſt an den Baͤumen/ dz iſt im Menſchen dz HERZ: alsbald die Wurtzel verderbt wird/ abdor= ren die Aeſt/ die Blumen fallen ab/ die Zweig erbleichen/ die Frucht verfaulen: als lang aber die Wurtzel geſund iſt/ ſeynd die Aeſt lebhafft/ die Blumen ſteiff/ die Zweig gruͤn und die Fruͤchten zeitig. Al= ſo auch wann die Wurtzel deß HER= ZENS gantz ſeyn wiꝛd/ werden auch un= (Rom. 11. 16.) ſere Werck gut ſeyn. Iſt die Wurtzel hei lig/ ſpricht S. Paulus/ ſo ſeynd auch die Zweigen heilig. So aber die Boßheit das HERZ beſudlen wird/ werden auch boͤſe Werck darauß herkommen. Dann (Matt. 15. 29.) auß dem HERZEN/ wie Chriſtus bezeuget/ kommen arge Gedancken/ [287] Mord/ Ehebruch/ Vnkeuſchheit/ oder Hurerey/ Dieberey/ falſch Ge- zeugnuß/ Laͤſteru ̅ g. Ja auch dz HERZ ſuͤndiget offt ohne das aͤuſſerliche Werck/ wie der Pſalmiſt bezeuget: Aber im(Pſal. 57 2.) HERZEN gehet ihr mit Vnrecht um im Land. Weil nun alle unſre Werck ihr Geltung und werth auß dem HER= ZEN haben/ begehret Gott ſolch es billich: dann auch dem Menſchen ſelber ſeynd die Geſchenck nit annehmlich/ welche nit von HERZEN gehen. Der Herꝛ hat kein Gefallen ob ſeinem Knecht/ welcheꝛ nit vo ̅ HERZEN dienet/ ſondern nur ein Au= gen dieneꝛ iſt. Wann ein Bꝛaͤutgam ſeiner Geliebten nit das HERZ ertheilet/ wird/ was er gibt/ alles fuͤr nichts gehalten: Er begehret auch nichts entgegen/ als daß ſie(Cant. 8. 6.) ihn ſetze wie ein Sigel auff ihr HERZ. BETRACHTE zu ̅ FVNFTEN warum du GOtt dein HERZ geben ſol= leſt/ nemlich daß es ihme ein annemliche Wohnung werde/ und ers gleichfoͤrmig mache ď Bildnuß ſeines Goͤttlichen HER??? ZEN. Das HERZ gebuͤhrt ihme viler Vrſachen halber/ nemitch wegen der Gut= thaten der Erſchaffung/ der Regie= rung/ der erloͤſung/ und anderer v???en/ [288] Man pflegt den Sperbern das HERZ ď Voͤglen/ welche ſie geraubet haben/ zu ge= ben: Chriſtus iſt zum raub auffgeſtigen/ als er an das Creutz gehefftet ward/ von welchem die Weiſſagung Jacobs ihrer vil außlegen/ als er von Juda geſagt: (Gen. 49 9.) Du mein Sohn biſt auffgeſtigen zu ̅ Raub. Dann Chriſtus war auß dem Ge= ſchlecht Juda geboren/ hatte under an= dern den Namen: Eyle dich/ zeug hin (Iſa. 8. 3.) den Raub/ eyle dich zu rauben. Diſer hat nun von dem Creutz den Teuffel be= raubet/ unſer HERZ geraubet; darum ſolle mans ihm auch billich geben. Entziehe aber dein HERZ nit darum/ daß es vil= leicht unrein iſt; dann der/ welcher der Brunn iſt/ wird es reinigen. So es boͤß und krum iſt/ wird ers/ der die Gerechtig= keit liebet/ recht und gerad machen. So es ſchwaͤr iſt und ſich zur Erden neygen will/ wirds/ der vom Himmel iſt/ uͤberſich heben. Wann es voll mancherley Begter= lichkeiten/ als deß Kotts/ wirds er/ der das Feur iſt/ verzehren. So es hart iſt/ wird ers/ der Allmaͤchtig iſt/ erlindern: Allein laß dir dein kruͤme miß fallen/ und auffopf= (Matt. 22. 37) fere ihme dein HERZ auß gantzer Seel/ auß gantzem Gemuͤth/ auß allen Kraͤfften; [289] als welcher ſich gantz deinem HERZEN mit ſo groſſer Liebe ergeben; und ohne zweiffel wird er leichtlich die ungeſchaffen= heit deines HERZENS reformiren. Als dem Socrati/ wie Sencca ſchreibet/(Sen. li 1. de benef. c. 7.) ihrer vil groſſe Geſchaͤnck/ ein jeglicher nach ſeinem Vermoͤgen/ darbotten; ſprach Æſchines, ein armer Schuler: Ich befinde nichts wuͤrdiges/ daß ich dir geben koͤnde; und auff diſe Weiß empflnde ich/ daß ich arm bin. Darumen ſchencke ich dir das/ was ich eintzig und allein habe/ nemlich mich ſelber; bittend/ du woͤlleſt mit diſer Gab/ als ringfuͤgig ſie auch iſt/ verlieb neh= men; und gedencke/ daß andere/ ob ſie ſchon dir vil gegeben/ dannoch ihnen ſelber noch vil uͤbergelaſſen haben; Socrates antwor= tet: Solteſt du nit ein groſſe Gab geben ha= ben? Du halteſt dann dich für ſo ſchlecht. So will ich nun fleiß antehren/ daß ich dir beſſer heimgebe/ als ich dich empfange ̅ hab So du nun dem Æſchini nachfolgeſt; und nit Socrati/ ſondern Gott dein HERZ auffopffern wuͤrdeſt/ ohne zweiffel wird ers weit beſſer machen/ und dir widerum zuſtellen. Nun ſoll gar fuͤglich hie= bey geſetzt werden.
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Ein Form und Weiß GOtt das HERZ auffzuopffern.

(Auguſt. ſer. 26. de verb. Dom.) EIn ſolche Form und Weiß/ wie man GOtt das HERZ/ als ein gar annehmlich es Opffer geiſtli= cher Weiß auffopffern ſoll/ haben uns ſchrifftlich hinderlaſſen die heylige Gertru= dis/ und Mechtildis zwo Schweſtern/ (S. Mechtild. lib. 1. c. 43.) nit allein dem Fleiſch nach/ ſondern auch im geiſtlichen Stand/ und in der Gottſee= ligkeit/ welche beyde dem Herrn angehan= gen/ und ihme einhelliglich gedienet haben. Als etwann die heilige Mechtildis auff ein Zeit im Offertorio ſingen hoͤren: Die Koͤnig werden die Scha???ckungen darbringen; Sprach ſie zu unſerm Hey= land: Was iſts nun/ O Geliebter meines HERZENS/ daß ich dir auffopffern ſolle/ weil ich nichts habe/ ſo deiner Maje= ſtaͤt werth iſt? Der Heyland antwortet: auff fünfferley Weiß ſolſt du mir dein HERZ opffern/ ſo wirſtu mir ein gar an= genehmeſte Gab geben. Zum erſten/ opffer miꝛ dz/ als ein Gab un ̅ Kleinod ď Vermaͤh= lung/ mit gantzer Treue deines HER= ZENS/ mich auch bitteſt/ daß durch die Liebe meines HERZENS werde gebeſ [291] ſert/ das du an dir zerſtoͤret haſt durch Vn= glauben. Zum andern/ als ein Kleinod mit aller Beluſtigung dein???s HERZENS/ daß du allem Wolluſt/ den du habe ̅ moͤch= teſt/ um meinet willen abſageſt. Zum drit= ten/ als ein Cron/ mit aller ehr/ die du in dieſer und kuͤnfftiger Welt haben magſt/ daß ich allein ſey dein ehr und Cron. Zum vierden/ als ein guldene Schal/ auß der ich moͤge trincken mein ſelbſt Suͤſſigkeit. Zum fuͤnfften/ als ein Gefaͤßlein der allerbeſten Specerey/ auß dem ich mich ſelbſt moͤg eſ= ſen: Alſo hat der Herꝛ ſein Mechtildem un= derwiſen. Die heilige Gertrudis aber hat diſe Foꝛ= mul und Weiß gelehret/ dem Herrn das HERZ auffzuopffern/ deren ſie ſich auch öfft gebrauchet hat. Sihe mein Herꝛ/ dir auff opffere ich(Gertrud in- ſin. divin. piet l. 3. c. 30) mit gantzem Willen mein von allen Creaturen abgezognes HERZ; bit- tende/ daß du es abwaſcheſt im kraͤf= tigen Waſſer ďeiner heiligſten Sey= ten; und ſelbige??? gantz gebuͤhrlich zie= reſt/ im koſtbarlichen Blut deines ſuͤſ ſeſten HERZENS/ auch dir ſelbi= ges gantz fuͤglich zueygneſt/ im Aro [292] matiſchen Geruch deiner Goͤttlichen Liebe.

Die XVI. Lection. CORDIS SACRIFICIUM.

Deß HERZENS Opffer.


Das Opffer Gottes iſt ein betruͤbter zermalmeter Geiſt. Pſ. 50. 19. BETRACHTE ERST= LICH/ Gleich wie man den Koͤ= nigen Tribut und Schanckungen bringen mußialſo ſoll man auch dem hoͤch= ſten Gott/ dem Herrn aller Ding/ Öpffer zu Andeuͤtung der Vnderthaͤnigkeit auff= (1. Tim. 1. 17.) opffern. So iſt dann nit genugſam/ O glaubige Seel/ daß du dem Koͤnig der ewigkeit/ dem unſterblichen und unſicht= baren/ dein HERZ an ſtatt einer Schan= ckung uͤbergebeſt/ ſondern muſt auch ſelbi= ges Gott allein fuͤr ein Opffer auffopffern. Solches begehrt der Braͤutigam unſerer Seelen im geiſtlichen Verſtand/ da er (Exod. 13. 2. Num. 3. 23.) ſpricht: Heilige mir alle Erſtling. Vnd an einem andern Orth: Von rechts wegen ewiglich ſoll ein jegli-???
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CORDIS SACRIFICIV ̅ . Sacrificium Dco, ſpiritus contribulatus. Pſal. 50. Non vituli cæſiué Deo placot hostia tauri: cor mihi qui dedit, hic cor ſibi poſcit amor.

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???cher Erſtling mein ſeyn. Warum das??? Laßt ihme dann die hoͤchſte Majeſtaͤt ſ??? hoch angelegen ſeyn/ und begehret alſo ſeh die Erſtling der Schaff/ Ochſen/ Boͤck Geiſſen/ und anderer Thier/ daß er beſihlt/ man ſoll ihme ſelbige opffern? Sorget dann GOTT fuͤr die Ochſen?(1 Cor 2. 9. Pſ. 49. 13.) ſpricht S. Paulus: Ja GOTT ſelber: Meineſt du/ daß ich Fleiſch eſſen woͤl- le von den Ochſen/ oder Blut trin- cken von den Boͤcken? Warum ſoll man dann alle ſelbige erſtling Gott auff= opffern? Warum will er/ daß ſie ewig auff= recht ihm zugehoͤren ſollen? So er alle un= derſchidliche Opffer deß alten Geſatzes/ durch ein Auffopfferung deß Freiſches und Bluts ſeines Sohns Jeſu Chriſti voll= bracht hat/ warum erfordert er noch das Opffer der Erſtling? So ligtnun ein ???= ders Geheimnuß under dem Buchſta= ben verborgen/ und erfordert Gott von uns andere Erſtling durch diſe Wort. Es iſt ein geiſtlicher Erſtling/ welchen Gott hie begehret; nemlich unſer HERZ: ſeyte- mahl daſſelbe vor andern Glidern formi= ret wird/ und wird von dem Ariſtotele das erſte lebendige Ding/ und das letzte ſter= bende genennet. Diß iſt Gott ein an [294] genehmes Opffer/ welches ihme vor allen (Gen. 22. 2. Ang. ſer. 46 de temp.) andern gefaͤllig. Diſes iſt geiſtlicher Weiß in dem Opffer Abrahams unſers Patri= archen entworffen worden/ wie der H. Au- guſtinus bezeuget. Was zu Abraham ge= ſagt war/ gib mir deinen eintzigen lieben Sohn; daſſelbe ſpricht zu dir die Weißheit: Mein Kind/ gib mir dein HERZ: daſſel= be iſt dein geliebter einiger Sohn. Was foͤrchteſt du dir dein HERZ auffzuopf= fern? Auff pffere die Zerknirſchung deß HERZENS GOtt deinem Herꝛn/ und ſprich zu ihm mit dem Propheten: (Pſ. 50. 18.) Brandopffer gefallen dir nicht: Das Opffer Gottes iſt ein betruͤbter zer- malmeter Geiſt/ ein bereuiges und demuͤtiges HERZ wird GOtt nit verachten. Foͤrchte dir nit/ ein ſolches Opffer wird ihme angenehm ſeyn/ und was du auffgeopffert haſt/ wird dir gantz verbleiben. (Prudent. præf. in Pſychom.) Diſes hat auch erkennt Prudentius/ welcher lehret/ wie wir durch Abrahams Opffer underwiſen werden/ daß wir jene Ding/ die uns gar angenehm ſeynd/ Gott auffopffern ſollen. Dem HERZEN iſt nichts liebers/ als dz HERZ ſelber; daher die Liebhaber/ jene [295] Perſonen/ gegen denen ſie in Liebe entzuͤn- det ſeynd/ ihr HERZLEIN/ den halbe ̅ Theil ihrer Seelen/ zunennen pflegen/ dardurch andeutende/ daß ſie ihnen alſo lieb ſeyn/ als ihr eygen HERZ. So man nun das jenige/ was wir am liebſten haben GOtt auffopffern ſolle/ kan ihme nichts wuͤrdigers dargebotten werden/ als unſer HERZ. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ auß was Vrſachen Gott das HERZ auf= geopffert werden ſoll. Seytemahln den Iſꝛaeliten gebotten war/ darum ihre Eeſt= ling Gott auffzuopffern/ auff daß ſie ihr erledigung auß egypten ſtets in der Ge= daͤchtnuß haͤtten. Dann diſe hat Gott be-(Cornel. 6. Lapid in c. 13. Exod.) foͤrdert durch die erwuͤrgung aller erſt- ling durchs gantz egyptenland. Weil nun alsdann GOtt alle erſtling in egypten umgebracht/ auff daß er die Hebreer/ als ſeine erſtgeborne von dannen erloͤſet; weil er auch alsdann dero in egypto wohnen= den Hebreet erſtgeborne unverletzt erhal= ten: Dahero hat er ein Geſatz geben/ daß man ihme dieſelbige auffopffern ſolle/ und begehret/ daß mans ihme als die Seine/ ſo von ihme erhalten worden/ widerum zuſt??? ſolte: Diſe Ding aber ſeynd ihnen [296] in der Figur widerfahren. Wir aber/ die (Luc. 1. 74.) auß dem egypten diſer Welt/ auß der Dienſtbarkeit/ und von den Haͤnden un= ſerer Feinden durch Chriſtum ledig wor= den/ ſeynd ihme weit billicher unſere erſt= ling ſchuldig. Dann er nit die erſtling in egypten fuͤr uns umgebracht; ſondern er ſelber der eingeborne Gottes deß Vat= ters/ der erſtgeborne der Jungfraͤulichen Mutter/ iſt von unſertwegen geopffert worden. Auß wie vielen Vrſachen nun gebuͤhret ihme das Opffer unſers HER= ZENS? Mercke ferner/ daß ein jeglicher Menſch Prieſter ſey uͤber diſes geiſtliche Opffer/ Klein/ und Groß/ edel und Vn- edel/ Reich und Arm/ Geiſtlich und Welt= lich/ Mann und Weib. Was gehoͤret aber fuͤr ein Altar zu diſem Opffer? ein reines Gewiſſen. Was fuͤr ein Schlacht= opffer? ein bereuetes HERZ/ ein zermal= meter Geiſt/ dann diſe Ding ſeynd nach viler Meynung/ eins. Mit was fuͤr einem Meſſer zihet man diſem Opffer die Haut auß? Diß iſt die erforſchung deß HER= ZENS/ ď Schmertzen deß Gemuͤhts/ die bekennende Zungen. Was fuͤr ein Feur (Luc. 1???. 49.) verbrennet das Opffer? Nemlich das jenige/ welches deß Menſchen Sohn kommen auff erden zu ſenden/ und gewoͤlt [297] hat/ daß es hefftig brenne; die Goͤttliche Liebe/ ſprich ich/ welche das gantze Opffer verzehret. Was fuͤr Holtz braucht man in diſem Feur? ein auffmerckſame Be= trachtnng der Guͤte GOTT es/ und der Goͤttlichen Gutthaten/ darvon die Flam= me der Goͤttli; che ̅ Liebe ohn underlaß ent= zuͤndet wirdt daher ſtehet geſchrieben:(Levit. 6. 12.) Das Feur auff dem Altar ſoll allzeit brennen/ und nimmer verloͤſchen: der Prieſter ſoll es erhalten/ alle Moꝛgen(S. Greg. l. 27. Mor. cap. 7.) Holtz zulegen. Dann ein jeglicher Glau= biger (ſpricht Gregorius) ſoll zur Auff= weckung der Liebe/ die Exempel der Vaͤt= ter/ oder Gebott Gottes zulegen/ damit die Flamm der Liebe in jhme nit abneme. Vnd Geſchicht ſolches gar fuͤglich am Morgen/ dann es iſt der erſte Theil deß Tags. Dem nach nun ein jeglicher Glau= biger die Gedancken deß zeitlichen Lebens hindan geſetzt/ ſoll er am allererſten beden= cken/ wie er moͤge die Liebe entzünden/ auff daß alſo das Opffer ſeines HERZENS brennen moͤge. BETRACHTE fuͤrs DRITTE/ daß niemand von diſem Opffer entſchul= diget ſeyn koͤnde/ dan ̅ wie David gar recht(Pſ. 55. 11.) geſagt: In mir ſeynd/ O Gott/ deine [298] Geluͤbd/ nemlich/ Preyß un ̅ Danck- ſagung/ die ich dir geben will. Gleich (Gregor in Evang.) als ſpraͤche er klaͤrlich/ ſpricht gemelder Gregorius: Ob ich ſchon von auſſen/ Herr keine Geſchaͤnck habe/ die ich dir opf= fern koͤnde/ ſo finde ich dannoch innerhalb meiner/ was ich auff den Altar deines Lobs lege; dann der du durch unſere Ga= ben nit geſpeiſet wuͤrdeſt/ ſo wuͤrdeſtu doch durch Auffopfferung deß HERZENS beſſer verſoͤhnet. Vor den Augen Gottes iſt die Hand nie lehr von ď Gab/ ſo die Arch deß HERZENS mit gutem Willen er= (Auguſt. in Pſ 55.) fuͤllet iſt; Derhalben von der T???hen deß HERZENS/ ſpricht Auguſtinus/ thue herfuͤr dz Rauchwerck deß Lobs/ auß dem Keller deß guten Gewiſſens/ bring herfuͤr das Opffer deß Glaubens: Zuͤnde aber al= les an mit der Liebe. In dir ſollen ſeyn die Gelübd: das iſt/ die Danckſagung/ welche du Gott gebeſt. Vnd an einem andern (Auguſt. in Pſ. 134.) Orth: Wann du ſolteſt getrungen wer= den deinem Herrn ein annehmliches Opf= fer darzubringen/ gleich wie zuvor ihm Opffer verlobet wurden in dem Schatten der zukuͦnfftigen Dingen; wurdeſt du vil= leicht in deiner Herde nit finden ein gefaͤl= ligen Stier/ oder under den Geiſſen einen [299] Bock/ der auff deß Herrn Altar taugete/ oď im Schaffſtall einen Widder der zum Schlachtopffer deinem Herrn recht waͤre: Vnd ſo du dergleichen nit fundeſt/ wur= deſt du anſtehen/ was du thun ſolteſt/ und villeicht zu Gott ſprechen: ich hab gewolt/ und nit gehabt. Das woͤllen ſelber iſt loͤb= lich. Dann Gott begehrt von dir nit die Woꝛt/ ſondern das HERZ. So du kanſt/(Rom. 10. 10) bekenne mit dem Mund zur Seeligkeit: ſo du aber nit kanſt/ glaube mit dem HER??? ZEN zur Seeligkeit. Mit dem HER= ZEN lobeſt du/ mit dem HERZEN ſeg= neſt du/ mit dem HERZEN legeſt du dz H. Opffer auff den Altar deß Gewiſſens; und wird dir geantwortet: Frid auff Er= den den Menſchen/ die eines guten(luc. 2. 14. Luc. 19. 8.) Willens ſeynd. Zachæus hatte diß Lob- Opfer in ſeinem erbgut; die Witwe hatte es in ihrem Saͤckelein; es hatte es auch/ weiß nit was fuͤr ein Wirth/ in ſeinem Vaß. Ob ſchon der heilige Job an allen(Job. 1. 12. Auguſt. in Pſ. 55.) Sachen ̅ mangel litte/ ſo hatte er doch an diſem nit Mangel/ Reichthumen hat ihme der Teuffel abgenommen. Das Erbgut entfrembder/ die Kinder umgebracht/ und als alles hin war/ blibe Job allein uͤbrig. Aber in ihme waren die Geluͤbd/ nemlich [300] Lob und Preyß/ die er Gott geben kunde. Der diebiſche Teuffel hatte die Archen ſei= nes heiligen HERZENS nit eingenom men/ Job war voll deſſen/ was er opffan ſolte. Hoͤre was er hatte/ was er ſage: Der HErꝛ hats geben/ der HErꝛ hats ge- nommen; wie es dem Herrn gefallen hat/ alſo iſts geſchehen: der Name deß (Iob. 1. 21.) Herrn ſey gebenedeyet. O innerliche Reichthumen/ dahin der Dieb nit gelan= get! Diſe erfordert der Herꝛ: diſe auffopffe= re ihme mit Willen. BETRACHTE zum VIER- DEN/ Wie gantz und gar kein Opffer ſeye/ durch welches die Goͤttliche Majeſtaͤt mehr verſoͤhnet werde/ als das Opffer deß HERZENS. Seytemaln bey den Me ̅ = (Bern. in Cant.) ſchen (wie Bernardus ſpricht) wird das HERZ auß den Worten; bey Gott aber die Wort auß dem HERZEN abgenom (Greg.) men. Vnd Gregorius: Gott merckt nit auf die Wort/ ſonďn auff dz HERZ deſſen/ ď bettet. Nach diſem ſchaͤtzet er unſere gute Werck: ob ſolche ſchon klein ſeynd/ weꝛ= den ſie doch fuͤr groß gehalten werden/ wann ſie auß einem groſſen Affect deß HERZENS herfuͤr kom ̅ en. Deßwegen ſpricht hochgedachter heilige Gregorius [301] gantz recht alſo: Der Herꝛ erwiget das(Idem hom. 3. in Evang.) HERZ/ und nit die Subſtantz; und nimt nit in acht wie groß das ſeye/ was ihm geopffert/ ſonďn auß was fuͤr einem groſ= ſen Affect deß HERZENS es herkom ̅ e. Das HERZ iſt/ weiches uns einen gnaͤ= GOtt macht/ und ihn gleichſam bieget/ und zu uns neiget. Warum aber gefaͤllt ihme das HERZ vor allen? Darum/ weil es einen guten Willen bedeuͤtet: oder vil mehr iſts nichts anders als ein guter ge= neigter Wille. Nun aber/ wie der Philo-(Ariſt. 2 l. Analyt.) ſophus bezeuget/ ſoll man vil mehr außer= woͤhlen den Willen ohn das Werck/ als das Werck ohn einen guten Willen. Welches der Poët noch klaͤrlicher beſchri= ben hat:
So es an Kraͤfften manglen thut/(Ovid. 3. de de Ponto. Eleg. 4.)
Iſt doch der Will zuloben gut/
Daran Gott groͤſſers gefallen hat
Als eben an einer groſſen That.
Durch diſe ̅ auch ein armer Man ̅ /
Angnem zum Altar kom ̅ en kan/
Vnd lieber iſt ein Laͤmblein ſchier/
Als ſo man ſchlacht ein groſſen Stier. Wiewol hat Gott gefallen der ernſtliche [302] (Gen. 12. 18.) Willen deß Abrahams ohn das aͤuſſeꝛliche Werck/ in dem er ſeinen Sohn Iſaac hat auffopffern woͤllen/ auß welchem er diß erlanget hat/ daß auß ſeinem Saamen Chriſtus gebohren wurde. Derohalben ſolſt du dein HERZ mit geneigtem Wil= len auff den myſtiſchen Altar deines Ge= wiſſens legen/ damit es auff demſelben mit dem Feur der Liebe entzündet/ gleich wie ein Brandopffer Gott zu einem ſuͤſſen liebliche ̅ Geruch auffgeopffert werde. Bet= (Dan. 3 39.) te auch mit dem Azaria/ daß du moͤgeſt Barmheꝛtzigkeit finden/ und dein HERZ in betruͤbtem Gemuͤth/ und in dem Geiſt ď Demutigkeit angenommen werde. Beite/ ſag ich/ und ſprich: Wie du ein Wohl= gefallen haſt in dem Brandopffer ď Widder und der Ochſen/ und wann man dir tanſend feißter Schaff opf- fert/ daß auch unſer Opfer auff diſen Tag alſo vor dir geacht ſeye/ und dir wolgefalle. Dann du laſſeſt niemand zuſchanden werden/ der ſein Vertrauen auff dich ſetzet.
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Cordis Ponderatio. Appendit Corda Dominus ??? Quod mihi donaſti magno munere, non eſt, Si neget hoc, iuſti ponderis œqua bilan???c

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Die XVII. Lection. CORDIS PONDERATIO.

Abwegung deß HER- ZENS.


Der HErꝛ wigt die HERZEN/ Prov. 21. 2. BETRACHTE ERST= LICI/ Wie es nit genug ſey/ daß man Gott das HERZ nun auff= opffere/ es ſey dann gaͤntzlich alſo beſchaf= fen/ daß es den Augen der Goͤttlichen Ma= jeſtaͤt gefalle. Die probierte Wechßler er- forſchen nit allein/ ob ein Gelt recht und probiert Muͤntz ſey/ nemlich gerecht Gold/ oder Silber/ oder aber Meſſing oder Zin; ſonďn ſie waͤgen es auch auff der Goldwag mit allem Fleiß ab/ ob nichts am Gewicht(Collat. 1. c. 20. Sap. 11. 21.) abgehe/ wie Caſſtanus ſpricht. Nit anderſt thut Gott/ welcher alle Ding in der Maß/ Zahl und Gewicht geordnet hat/ der er= forſchet auff das fleiſſigſte/ ob die HER= ZEN/ und alle andere Sachen/ die ihme geopffert werden/ auch dz vollkom ̅ ne Ge= wicht habe ̅ . So eꝛ nu ̅ befindet/ daß jnen am Gewicht mangelt/ verwirfft ers als falſch. [304] (???v. 16. 2.) Deßwe???en wird der HErꝛ ein erweger der HERZCN vom Salomon genen= net; weil er nit allein in die innerliche Ge= dancken deß HERZENS hinein ſihet; ſondeen weil er ſit abwiget/ und ergruͤn= det durch die Wag ſeiner Schaͤtzung/ ob (Ibid. v. 11.) ſie letcht oď ſchwaͤr ſeyn. Daber wird aber- wal geſagt: Die Gericht deß Herrn ſeynd Wag und Gewicht; der auff der Wag urtheilet die Richtigkeit unſerer Wercken; und diß Vrtheil iſt gantzge= recht/ weil es von ſeiner Richtigkeit nie ab= weichet. Darum wuͤnſchet Job mit ernſt (Job. 31. 6.) auff diſer Wag erforſchet zuwerden/ da er ſpricht: Er waͤge mich auff rechter Wage/ ſo wird GOtt erfahren mein Einfaͤltigkeit. Vnd an einem andern (Idem. 6. 2.) Orth: Ach daß man meine Suͤnd/ durch welche ich den Zorn verſchul= det hab/ und mein Leyden zuſammen in ein Wag legte/ ſo wird diß ſchwe- rer ſeyn/ dann Sand am Meer. Entgegen ſtehet vom gottloſen Koͤnig (Dan. 5. 27.) Balthaſar geſchriben: Man hat dich in einer Wagſchuͤſſel gewaͤgen/ und zuleicht erfunden. Welches gleich [305] als vil lautet/ als ſpraͤche er: O Koͤnig Balthafar/ deine Guͤte und boͤſe Werck ſeynd auff die Waagſchuͤſſel der Goͤttli= chen Gerechtigkeit gelegt und gewaͤgen/ und du biſt funden worden/ als habeſt du zuwenig Frombkeit und gute Werck; aber garzuvil Hoffahrt/ Vollſauffen/ und Boßheit: darume ̅ biſt du nit werth/ laͤnger zu regieren/ oder zu leben! So mercke nun fleiſſig auff/ O Gottliebende Seel/ damit nit das HERZ/ ſo du Gott opffern wilſt/ gar zu ring ſey/ und deßwegen verworffen werde. BETRACHTE fuͤrs Ander/ wie offtermahlen bey den Menſchen zweyerley Gewicht gefunden werden/ ein groͤſſers und ein kleiners; wie auch ungerechtes Gewicht/ mit welchen ſie andere vervor= theilen und betriegen/ in dem ſie ihrem Gefallen nach abwaͤgen: Dann falſch ſeynd die Menſchen Kinder auff den(Pſ. 61. 10.) Waagen/ ſpricht der Pſalmiſt/ daß ſie einander durch Eytelkeit betriegen. Aber bey dem aller gerechteſten Erforſcher ď HERZEN gehet es nit alſo zu/ welcher alles/ anderſt nit als mit gerechter Wag/ abwiget. Seytemahln ein falſche Wage iſt dem HErrn ein Greuel; aber ein [306] (??? rov. 11. 1.) recht gewicht iſt ſein Wohlgefallen. Daher komt/ daß vil Ding vor den Men= ſchen recht und gut zuſeyn ſcheinen; wann (Prov. 21 2.) mans aber auff die Goͤttliche Wag legen ſoll werden ſie boͤß ſcheinen. Einem jeg= lichen gefaͤllt ſein Weg am beſten. ſpricht der weiſe Mann/ aber der HErꝛ wigt die HERZEN. es ſey gleich/ de ̅ aͤuſſerlichen Schein nach/ ein Weick be= ſchaffen wie es woͤlle/ werde auch vonden Menſchen hoch geachtet/ ſo ſchaͤtzet doch Gott ſelbſt nit nach dem Werck/ ſondern (Gen. 4. 4.) nach dem HERZEN und ď Anmutung/ daher es komt. Vnd deßwegen als ihme Cain und Abtlopfferten ſtehet geſchriben/ daß er geſehen habe auff Abel und ſein (Greg. l. 22. Moral. c. 8.) Opffer-Allda Gregorius mercket warum erſtlich geſagt werde/ daß Gott geſehen hab auff Abel/ nach mahlen aber erſt auff ſein Opffer: Darum weil alles das/ was GOtt gegeben wird/ nach dem Gemuͤht deß Gebenden geſetzt wird. Deßwegen hat Abel GOtt wol gefallen/ nit wegen deß Opffers/ ſondern wegen Abels ſeynd ihme die Opffer angenem geweſen Seytemaln nach Beſchaffenheit deß HERZENS deß Gebers/ wird angenommen was ge= geben wiꝛd. Wz kunden die zwen Helleꝛlein [307] der armen Witttb geſchaͤtzt werden gegen(Luc. 21. 2.) dem groſſen Opffer/ welches die Phariſ???er in Geltkaſten einlegeten? Vnd dannoch haben ſie diſes weit uͤbertroffen; darum wird ſolches durch den Mund der War=(Ibid. 3. v.) heit ſelber alſo geruͤhmet: Warlich ſag ich euch/ daß diſe arme Wittwe mehr hat eingelegt/ dann die andern alle. Warum aber hat diſe mehr eingelegt? darum/ weil ſie von ihrer Armut/ nnd al=(Marc. 12 42) lem/ daß ſie hatte/ ihr gantze Nahrung ein= gelegt/ weil ſie auch ſolches mit geneigte= rem Gemuͤht und froͤlichem Willen diſe zween Hellerlein gegebin hat. Darum re=(Cyprian. tr. de op. & E- leëmoſyn.) det Cypryanus alſo von ihr: Der Herr erforſchet ihr Werck nit nach dem Ver= moͤgen/ ſondern nach dem Gemuͦht/ und betrachtet nit wie vil oderwz/ ſondern von wem ſie ſolches gegeben haͤtte/ und ſprach: Diſe Wittwe hat mehr eingelegt in den Geltkaſten/ als die andern alle. Seytemahln Gott nichts reichers auffge= opffert werden mag/ als ein guter Will/ welchen auch die Armen und Dürfftigen erweiſen koͤnnen. Welchem aber an diſem mangelt/ ob er ſchon v??? opffert/ wird es doch GOtt nit angenehm ſeyn; weil es nemlich das rechte Gewicht nit hat. Die [308] Werck deß Biſchoffs zu Sardis hatten ein groſſes Anſehen bey den Menſchen/ aber vor den Augen Gottes waren ſie nit alſo beſchaffen; daher ſprach der engel in (Apoc. 3. 2.) der Offenbahrung zu ihme. Ich befinde deine Werck nit voͤllig vor. GOtt. Ob ſchon ſelbige vor den Menſchen klar ſcheinen/ und du ein Namen habeſt/ als lebeſt du/ dannoch haſt du die rechte Maß nit erfuͤllet/ dann du biſt todt. So erfuͤlle du nun das/ was dir noch abgehet. So lege nun du mein Seel/ dein HERZ auff die Wag Gottes/ auff daß du klaͤrlich erken= (Aug. conſ. l. 10.) neſt/ was dir noch mangle an der rechten Gerechtigkeit: ſprich mit dem H. Auguſti= no: Herꝛ/ vor dir iſt all mein Begehren/ vor dir iſt all mein Gedancken. Du biſt ein erwiger aller Geiſter/ und du Richter weiſt innerlich beſſer/ und erforſcheſt ob die die Wurtzel ſuͤß oder bitter ſey/ von deren aͤuſſerlich ſchoͤne Blaͤtter außgehen. BETRACHTE zum Dritten/ was es für ein Gewicht ſey/ nach dem dein HERZ auff der Wag abgewaͤgen wer= den ſoll: von ſolchem hat GOTT vor (Lev. 27. 25.) Zeiten im alten Geſatz alſo gebotten: Alle Schatzung ſoll geſchehen nach dem Sickel deß Heiligthums. Dann die [309] Gewicht deß Heiligthums waren allein(N) gerecht/ und ohne Betrug. Daher ſtehet geſchrieben/ daß die Gaben/ welche die Hauptleuth der Staͤmmen Iſrael opffer= ten/ allzeit nach dem Gewicht der heiligen Wohnung gewogen ſeyn worden; gleich als wurde dem Herrn unannehmlich ſeyn/ oder an der Richtigkeit fuͤr mangelhafft gehalten werden/ was die Maß diſes Ge= wichts nit haben wurde. Was iſt aber der Sickel der helligen Wohnung an= derſt/ als das HERZ unſers Gottes ſel= ber/ nachdem die Vollkommenheit unſers HERZENS erwogen werden ſolle?(3. Reg. 8. 62.) Darum wuͤnſchet Salomon dz HERZ ſeines Volcks ſoll vollkommen ſeyn mit dem Herrn unſerm Gott/ zuwandeln in ſeinen Geſetzen. Alſo ſtehet geſchrieben/ wie dz HERZ Aſa vollkommen war mit dem Herren ſein Lebenlang. entgegen liſet man von dem Abia: Sein HERZ war nit(3. Reg. 15. 3,) vollkommen mit dem HErrn ſeinem Gott/ wie dz HERZ ſeines Vatters Davids. In wem flunde aber die Voll= kommenheit deß HERZENS Davids Was war fuͤr ein Gewicht eingelegt in die eine Wagſchuͤſſel/ daran man die Voll- kom ̅ ???nheit deß Davids HERZENS [310] abnehmen muͤßte? Warlich nichts anders (1. Reg. 13. 14.) als das HERZ Gottes ſelber. Dan ̅ dar= vo ̅ ſtehet geſchriben: Der Herꝛ hat ihme ein Man ̅ geſucht nach ſeinem HER ZEN. So wird nun daher geſchloſſen/ dz jenige HERZ ſey vollkommen mit dem Herrn/ weiches iſt nach dem ??? ERZEN deß Herꝛn; oder nach der Maß und Gleich= nuß deß Goͤttlichen HERZCNS/ als vil ſelbige einem Menſchen moͤglich iſt. Wz iſt aber nun das/ welches ſonderlich erwei= ſe/ daß unſer HERZ mit dem Goͤttlichen gleichfoͤrmig ſey/ als ein rechte Meynung? Dann gerecht iſt Gott/ und liebet die jenige welche gerecht vo ̅ HERZEN ſeynd. Ein boͤſe un ̅ gekruͤmte Meynung iſt dem Goͤtt= lichen HERZEN zuwider; und kan ſich auff der Wag mit ihme nit vergleichen: ſo nun diſe mit dem Werck vermenget wird/ iſt die Gab/ ſo Gott geopffert wird/ ver= wuͤrffig Dann wie ein Leib ohne das Leben (Richard. de ſtatu inter hom. c. 7.) (ſpricht Richardus) alſo iſt das Werck ohn ein gute Meynung. Ein jegliches Werck/ ob es ſich ſchon fuͤr gut anſehen laße/ wird es doch fuͤr todt gehalten/ ſo es es nit durch ein gute Meynung lebhafft gemacht wird. Der hetlige David wußte wol/ daß diſe Gott ſonderlich lieb und an [311] genehm waͤre; darum ſprach er: Ich will(Pſ. 65. 15.) dir feißte Brandopffer thun. es iſt Gott kein annehmlichers Brandopffer als unſer HERZ: ſo es aber kein Feißte hat/ wird es ſchon GOtt nimmer annem= lich ſeyn. Nun aber diſe innerliche Feiß= te unſers HERZENS iſt die Mey- nung/ ſeytemaln/ wie Auguſtinus ſpricht/ wir haben nichts innerlichers als das(Anguſt. in Pſ. 65.) Marck in unſern Gebeinen. Die Gebein ſeynd innerlicher als das Fleiſch/ das Marck oder die Feißte iſt noch innerlicher als das Gebein ſelber. Welcher nun o= benhin oder aͤuſſerlich GOtt verehret/ will vilmehr den Menſchen gefallen. Der aber etwas anders innerlich im Sinn hat/ der opffert nit Feißte Brandopffer? deſſen aber Marck oder Feißte er anſihet/ denſel= ben nimt er gantz auff und an. So ſeynd nun die jenige feißte Brandopffer; darin ein guter Will oder Meynung iſt. Gott will gantz und gar keine duͤrre/ ohnſafftige Bein/ die ohn ein Marck ſeynd. Du fin= deſt vil die offt betten/ dem H. Gottesdienſt beywohnen/ offt faſten/ Allmoſen geben/ aber es iſt/ leyder/ wenig Feyßte in diſen Wercken! Diſe ſeynd zwar gleich wie ſchoͤne weiſſe Bein; aber es mangelt das Marck/ die Feyßte/ der Geiſt/ die rechte [312] Meynung/ die Gottſeelige Anmuhtung welche diſe Werck zu Gott erhebe. Darum (Greg. l. 1. in Ezech. ho ̅ 4) mahnet der H. Gregorins gar recht/ daß alles gutes/ ſo man wuͤrcket/ durch die Meynung gen Himmel er hebet werde. Seytemahln Gott diſe als die Feißte ſet- nes Opffers vor allen Dingen erfordert; (Heb. 4. 12.) Deſſen Wort iſt leben dig und kraͤff- tig/ und ſchaͤrffer dan ̅ kein zweyſchnei dig Schwert/ und durchtringend biß daß es zerſchneidet Seel und Geiſt/ auch die Gelenck und Marck/ und iſt ein Richter der Gedancken und Sin- nen deß HERZENS. BETRACHTE zum Vierden/ da= mit das Opffer deines HERZENS/ und die Gab von Goet verworffen werde/ als ſey es am Gewicht zuring/ ſey es nicht genug/ daß du es ihme zuerforſchen uͤber= gebeſt; ſondern werde gar fuͤr rahtſam ge- halten/ daß du ſelber auff die Wag ach= tung gebeſt/ und die Richtigkeit deines HERZENS zuvor abwegeſt/ ehe daß (Baſ. in Pſ. 61) du ſelbiges Gott deinem Herrn auffopffe= reſt. Dann wie Baſilius recht ſpricht: eine ̅ jeglichen auß uns iſt ein Wag von dem Schoͤpffer aller Ding zubereitet/ durch [313] welche er die Natur der Sachen recht er= forſchen koͤnde. Ich hab dir fuͤr dein Ange= ſicht geſtellt das Leben und den Todt/ das Gut und das Boͤß/ zwo undereinan= der wider wertige Naturen/ diſe erforſche du/ und erwige ſleiſſig/ was nutzer ſey. Dann dir wird ein eygne Wag gegeben/ welche ein genugſamen Vnderſchid deß Guten und deß Boͤſen zeiget; dann die leibliche Gewicht probteren wir in den Wagſchuͤßlen: welche aber zur Anſtellung deß Lebens zuaußerwoͤhlen ſeynd/ ent= ſcheyden wir durch den freyen Willen/ weil du gleiche Wahl zu beeden haſt. Der= halben lege in die Wag deß freyen Wil= lens die rechte Meynung die unrechte aber(Ex med. Iac de Paz. p. 1. c. 8. tit 3.) wirffe weit von dir hinweg. Diſes iſt aber ein rechte Meynung welche in dem Wuͤr= cken auff ein gutes end ſihet; gleich wie aber diſes mancheꝛley ſeyn kan/ alſo vil= faͤltig iſt auch die gute Meynung. Dann erſtlich iſt die Meynung der Knechten/ welche auß knechtlicher Forcht die Gebott Gottes halten/ damit ſie nit ewig geſtrafft werden. Die ander Meynung iſt der Muedling/ die ihr HERZ neygen zuthun die Recht deß Herrn/ um Vergeltung. Die dritte Meynung iſt der Kinder/ wel= che Gott foͤrchten/ ihme zugefallen/ und [314] weil ſie foͤrchten ihme mißfallen/ den ſie lie= ben mit wahrer Liebe. Diſe aber hat aber= mal drey Staffel/ auß denen der erſte/ die rechte Meynung genen ̅ t wird; welche nit al lein die gute Werck/ ſonďn auch die mittel= maͤſſige thut lauter auß der Liebe Gottes/ ihme zugefallen. Im andern Staffel/ wird die einfaͤltige Meynung geſetzt/ durch wel= che ihme einer fuͤrnimt Gott zugefallen/ ihne zuverehren/ und befleißt ſich in allen (Pſ. 15. 18.) Dingen/ die ſie thut/ mit Verſtand und Anmutung ſich an Gott zuhalten/ und hat ihn allzeit vor Angeſicht. Der dritte Staf= fel begreifft die Gott gleichfoͤrmige May= nung/ durch welche der Menſch alſo gegen Gott ſich eꝛhebet/ daß er nit mehꝛ den Troſt als die Verlaſſung; nit mehr Gluͤck/ als Widerwertigkeit; nit mehr die ehr/ als die Schmach ſuchet. Mein Seel/ befleiſſe dich nach und nach zu diſer Vollkommenheit der Meynung/ damit alſo dein HERZ/ in der Goͤttlichen Wag gewaͤgen/ erfunden werde/ dz rechte vollkommne Gewicht zu= haben/ nach dem Gewicht der H. Woh= nung/ nemlich dem HERZEN deines Geliebten.
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CORDIS PROBATIO. Sicut igne probatur argentu ̅ et aurum cammo, ita corda probat Dominꝰ. Prou??? Cor, rutilo, dilecta, tuum pretioſius auro, Impuram ſcoriam ſi ig???nis p???rius edat.

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Die XVIII. Lection. CORDIS PROBATIO.

Deß HERZENS Prob.


Wie das Feur Silber/ und der Ofen Gold/ alſo pruͤfet der Herꝛ die HERZEN. Prov. 17. 3. BETRACHTE ERST= LICH/ Wie es nit genug ſey/ daß unſer HERZ gleich wie ein gul= diner Pfen ̅ ing/ der Gott auffgeopffert wor den/ das rechte Gewicht habe; ſonďn wird noch darzu erfordert/ daß die Matery laut= ter und ungefaͤlſcht ſey. Seytemaln einem wolerfahrnen Muͤntzmeiſter gebuͤhret/ zu probteren/ ob die Muͤntzjuß und gut ſey/ ob nemlich das recht Gold oder Meſſing/ gut Silber/ oder Zinn herauß ſcheine. Von diſer Sach ſtehet in Keyſerlichen Rechten alſo: Man muß auch erforſchen/(L. 1. ff. adl. Jul. pecul.) ob es rein lautter ſey/ das iſt/ durch kein Vermiſchung eines andern Metalls ge= faͤlſchet: von welcher Sachen fuͤrſehen iſt in Keyſers Julit Geſatz/ daß nit etwas ins Gold/ Silbeꝛ/ Landmuͤntz gethan/ oder darunder vermiſcht werde. Vnd noch [316] (L. 9. ff. ad Leg. Cor- nel. de falſa.) außeruͤcklicher Lege Cornelia, daß welcheꝛ etwas under das Gold thun/ oder falſche ſilberne Pfenning muͤntzen werde/ deß La= ſters der Faͤlſchung bezuͤchtiget werde. Daher nennet man das Gelt ertzin/ wel= ches vil ertz und ermiſcht hat. Damit aber der Muͤntzmeiſter er kenne/ ob es pur laut= ter Gold oder Silber ſey/ ſchmeltzet er ſol= ches im Feur. Diſes Ampt wird nun in heiliger Schrifft Gott ſelber zugeeignet/ der auff ſolche Weiß ď Menſchen HER= ZEN probtere und erforſche. Dann alſo (Pſ. 3. 3.) ſtehet im Malachia von Chriſto geſchriben. Er leuttert wie Feur/ und wie der Walckern Kraut. Er wird ſich ſetzen zu ſchmeltzen oder laͤuttern/ und das Silber zureinigen. Vnd er wird die Soͤhne Levi reinigen/ und laͤuttern wie Gold un ̅ wie Silber. Das Feur a= ber darinn GOtt der Menſchen HER= ZEN pruͤfet/ iſt nach gemeinem Ver= ſtand der Vaͤtter und heilige Schrifft/ die Trübſahl oder Demuͤtigung/ daher ſtehet (Ecel. 2 4.) geſchriben: Gleich wie das Gold und Silber im Feur/ alſo werden die Menſchen/ ſo Gott gefallen im Ofen der Truͤbſahl bewehret. Vnd im [317] Buch der Weißheit ſtehet alſo von den Gerechten: In wenigem Leyden ſeynd(Sap. 3. 5.) ſie gekaſteyet/ vil Guts aber wird ih= nen widergolten. Dann Gott hat ſie veꝛſucht und bewehꝛet/ und funden daß ſie wuͤrdig ſeynd. Ja wie das Gold im Schmeltzofen bewehret wird/ alſo hat ſie GOtt bewehret un ̅ gelaͤuttert. So lerne nun du mein Seel widerwertige Ding nit zufoͤrchten/ wann ſie dir obligen/ nit gar zuverzagt werden; dann diſe Ding werden probiern wie du beſchaffen ſeyeſt. BETRACHTE fuͤrs Ander/ Gleich wie das Feur das Gold ſchmeltzet auch von ihme alle andere Metall ſcheydet und erweiſet/ ob es auch recht Gold ſey: alſo auch beweiſet die Truͤbſahl/ ob unſer HERZ recht oder falſch ſey vor dem An= geſicht deß Herrn/ wie er ſelber beym Eze=(Ezech. 22. 20.) chiel ſpricht: Weil ihr allſamen zu Schaum woꝛden ſeyt/ ſihe/ ſo will ich euch allſamen gen Jeruſalem zuſa- men bringen/ wie man Silber/ Meſ= ſing/ Eiſen/ Bley und Zinn in einen Ofen zuſamen thut/ daß man ein [318] Feur darunder auffblaſe zuſchmeltze ̅ . Welches Gregorius gar ſchoͤn außleget/ (Greg. 3. p. curæ Paſt. ??? 4.) da er ſyricht: Ich hab ſie woͤllen reinigen durch das Feur der Truͤb ſal/ und zu Sil= ber oder Gold machen; ſie ſeynd mir aber im Ofen zu Meſſing/ Zinn/ Eiſen und Bley worden: Weil ſie ſo gar auch in der Truͤbſahl nit zur Tagend auffgenommen/ ſondern in die Laſter gefallen ſeynd. Dann ſo man auff Meſſing oder Glockenſpeiß ſchlaget/ gibt es vil ein helleren Klang von ſich/ als andere Metallen. Der nun in wehrender Truͤbſahl herauß bricht mit dem Klang deß Murmelns/ der iſt zu Meſ= ſing worden mitten im Ofen. Das Zinn aber ſo kuͤnſtlich gearbeitet wird/ laßt es ſich truͤglicher Weiß fuͤr Silber anſehen. Der nun in der Truͤſahl gleißneriſch iſt/ der iſt im Ofen zu Zinn worden. Der dem Leben ſeines Naͤchſten nachſtellt/ braucht das eiſen. So iſt nun diſer ein eiſen in dem Ofen/ welcher die Boßheit zuſchaden nit verliehret in der Truͤbſahl; So iſt auch das Bley ſchwaͤrer als andere Metall. Derhalben wird ďjenig im Ofen bleyern erfunden/ welcher alſo mit dem Laſt ſeiner Suͦnden getruckt wird/ daß er auch in der Truͤbſeeligkeit von irrdiſchen Begierden [319] ſich nit loß macht. Daher ſtehet abermahl(Ezech. 24. 12.) geſchrieben: Man hat groſſe Arbeit druͤber gethan/ und iſt doch deß Roſts nit vil abgangen/ auch nicht durchs Feur. Seytemahln er zu uns das Feur der Truͤbſahl braucht/ auff daß er an uns den Roſt der Laſter reinige: Wir aber wer= den auch durchs Feur deß Roſts nit loß/ wann wir under den Geyßlen die Laſter nit fahren laſſen. Darum ſpricht der Pro= phet widerum: Der ſchmeltzer hats um ſonſt geſchmeltzt/ dann ihre Boßhei= ten ſeynd nicht verzehret worden/ daꝛ= um nennet ſie ein verworffen Silber. So wird dich nun die Truͤbſahl lehren/ ob du ſeyeſt Bley/ Eiſen/ Zinn/ Meſſing; o= der aber Silber/ oder reines Gold: wie der H. David war/ welcher/ als er auß dem Probieroffen außgienge/ ſprache: Du haſt mein HERZ gepruͤffet/ un ̅ (Pſ. 16. 3.) deß Nachts heimgeſucht/ und haſt mich durchs Feur gelaͤuttert/ und nichts ungerechts in mir gefunden. Vnd der heilige Job: Er pruͤffet mich(Job. 23. 10.) wie das Gold/ welches durchs Feur gehet. Vnd der engel ſprach zum Tobia: [320] (Tob. 12. 13.) Dieweil du Gott angenehm und lieb wareſt/ war vonnoͤhten/ daß dich die Anfechtung bewehret. Sprich derhal= (Pſ. 25. 2.) ben du auch mit dem Propheten: Pruͤffe mich Herꝛ/ und verſuch mich/ brenn meine Nieren und mein HERZ. BETRACHTE fuͤrs Dritte/ Wie im Ofen das Gold geleuͤttert/ vollkom= men/ und ſcheinbarlich gemacht werde. Vber das pflegt man zur Leuͤtterung deß (Jer. 6. 29.) Silbers Biey einzumiſchen/ wie auß dem Jeremla kundbar iſt: Der Blaßbalg iſt untauglich worden/ das Bley iſt im Feur verzehret worden/ der (Matth. l. 5. c. 58.) Schmeltzeꝛ hats umſonſt geſchmeltzt Das Bley/ ſpricht Matthiolus/ wird in das Schmeltzwerck ver miſcht/ dann durch Behilff deß Bleys weichen die Metall leich ter dem Feur. Zu gleicher Weiß/ Wie dz (Prov. 17. 3. Salaz in prov.) Feur Silber/ alſo pruͤffet der Herꝛ die HERZEN. Gott iſt der Schmeltzer/ das Feur aber iſt die Truͤbſal und Verſu= chung; der Blaßbalg/ iſt das einblaſen deß antreibenden Teuffels/ der das Feur der Verſuchung anzuͤndet. Das Bley/ welches ſonderlich ſchwer iſt/ und uͤber die [321] Natur der andern Metallen/ wachßt es/ ſo es in der erden eingiaben iſt; bedeutet nach der Lehr Cyrilli Alexandrini/ die Ge=(Cyr. li. theſ.) daͤchtnuß und Forcht deß endlichen Tods. Gewißlich die Gedaͤchtnuß deß Tods iſt gar tauglich das HERZ zuerhalten/ auff daß es von der Truͤbſahl nit verletzet/ ſon= dern vil mehr gereiniget werde. Dann(Chryſ. hom 14. in Matt.) gleich wie das Gold ſpricht Chryſoſtomus/ im Schmeltzofen nit verletzet wird; alſo verletzet auch die Truͤbſahl kein ſtandhaͤff- tige Seel. Was wuͤrcket der Schmeltzof= fen? er laͤuttert das Gold: was wuͤrcket die Trübſahl? ein groͤſſere Gedult: dann ſie ſchneydet ab den Zwytracht/ vereiniget die Stel/ und macht ſie nüchter. Soll der= halben ??? jeglicher Gottſeeliger Menſch(Jac. 1. 23.) es lautter Freud achten/ ſo er in mancher= ley Verſuchung fallet/ weil er durch ſie ge= reiniget/ und zur Vollkommenheit der Tugend gar ſtarck ſortgetrteben wird. Die Tugend iſt lahm/ wann ſie keinen(Sen. lib. de provid. c. 2.) Widerſacher hat. Alsdann erſcheinet/ wie groß ſie ſey/ wievil ſie vermoͤge/ wann die Gedult erzeiget/ was ſie leyden koͤnde. N???mlich/ gleich wie die gebraͤnde Ziegel/(Pint. p. 1. dial. 4. c. 3.) wann ſie nit hart genug gebrand ſeynd/ alsbald ſie Waſſer empfinden/ auffgeloͤßt und zu kleinen Stuͤcklein werden/ aber [322] durch das Feur/ da man doch vermeinen ſolte daß ſie verzehrt oder zu aſchen werd??? ſolten/ erſtaͤrcketen und erhaͤrteten ſie alſo/ daß ſie durch kein Waſſer außgeloͤßt oder weich gemacht/ ſondern zum Gebaͤu gantz tauglich werden: eben alſoauch die Gerech= ten/ welche/ wie einer vermeinen moͤchte/ die groſſe Truͤbſalen zerſtoͤren/ und gleich= ſam von Sinnen bringen kundten/ em- pfangen und bekommen von denfelben ein ſo groſſe Krafft un ̅ Staͤrcke deß Gemuͤhts/ daß ſie keine widerwaͤrtige Ding verletze ̅ koͤnnen ſondern zum geiſtlichen Bau gar taugliche/ auch lebendige/ un ̅ außerwoͤhlt??? Stein darin werden. (Pſ. 33. 20.) BETRACHTE zum VIERD= TEN/ Ob ſchon die Gerechten vil und ſchwaͤre Ding leyden muͤſſen/ ſey doch von= noͤthe ̅ / daß ſie ſelbige mit unuͤberwindlicher Gedult leyden/ ſich mit diſer Betrachtung bewahren/ daß noch nit aller Vnraht von ihren HERZEN hinweg geraumet ſey. (Chryl. hom. 4. ad pop. Antioch.) Sintemahl wie Chryſoſtomus bezeuget/ kan Gott noch Heute alle fchwaͤre Ding auffloͤſen; aber als lang er ſihet/ daß wir nit gereiniget ſeynd/ noch uns rechtge= ſchaffen hekchret und ſteiff Buß gethan haben/ nimbt er die Truͤbſeligkeit nit hin= weg. Dann ein Goldſch mid ziehet das [323] Golo nitvor auß dem Schmeltzofen her= auß/ biß daß er ſihet/ daß es recht geleuͤtters ſey: alſo auch nimbt Gott die Plag nit baͤl= tzer hinweg/ biß daß er uns gantz und gar gereiniget hat. Vnd der H. Anguſtinus:(Auguſt. in Pſ. 61.) ſcheinet dann das Gold in deß Gold= ſchmids Ofen? am guldin Halßband wirdts ſcheinen/ ſo muß es nun den Ofen verſtehen/ daß es vom Vnflat gereiniget an das Liecht komme. Die Welt iſt der Ofen/ das Stro die Goteloſen/ das Gold die Gerechten/ das Feur die Trübſaal/ der Goldſchmid Gott; ich thut was diſer Goldſchmid will/ ich leyde und gedulde/ wohin er mich ſetzet. Ich ſoll mich gedul= den/ er weiß zureinigen/ ob ſchen das Stro brennet mich anzuzuͤnden/ ſo wirdt es zu Aſ???en/ ich kom ̅ deß Vnflats ab. Ja(Caſſ. coll. 7. c. 25.) Caſſianus lehret/ daß hochheylige Maͤn= ner groſſe Kranckheiten uͤberſtehen muͤſ= ſen/ weg netiecher gar gringen Suͤnden; weil die Goͤttliche Gütigkeit nit will/ daß am jüngſten Tag die allerſchlechteſte Ma= ckel an ihnen gefande??? werden ſolle ̅ / darum reiniget er ſie in diſem Leben von allem Vnſtat deß HERZENS/ auff daß er ſie gleich wie dz geleuͤtterie Gold un ̅ Silbe???/ ohn alle weinere Reinig???g deß Fegfeurs/(Iſa. 1. ???) zu ??? Ewigkeit hinauff ſch???cke. Ich will/ [324] ſpricht er/ deinen Schaum auffs laͤut- terſt fegen/ und all dein Zinn hinweg thun: Alsdann wirſt du ein Statt (Auguſt. in Pſal. 61.) der Gerechtigkeit/ und ein getreue Statt heiſſen. Auguſtinus ſpricht gleich= fals: Das Gold wird auch vom reinen Silber bemackelt/ wann es darunder ver= miſcht wird: dann es wird ein Ding ver= unreiniget/ wann es mit einer ſchlechteren Natur vermenget wird/ welche gleichwol ſonſten nit unflaͤtig iſt. Alſo auch wird un= ſer Gmuͤt durch etliche Ding beſudelt/ wel= che ſonſten an ihnen ſelber rein/ doch etwas ringer und ſchlechter ſeynd; ſo iſt nun auch das Feur vonnoͤhten/ diſe Ding zureini= gen. Dann es pflegt ſichofft zuzutragen/ daß Gott den Menſchen/ in Muͤheſeelig- keit/ Verdrieß und Trübſahl gleich als in das Feur werffe/ damit er ſein Gemuͤht von etlichen ſchlechten Dingen/ die ſonſten nit boͤß ſeynd/ oder auch von unflaͤtigen ab= ſondere/ und zu beſſern ziehe. So trag ď= halben kein Abſcheuen ob der Truͦbſahl/ welche deinem HERZEN ſo vil Gutes bringt. BETRACHTE zum Fuͤnfften/ daß gleich wie das Gold/ ob es ſchon gar hart/ dannoch durchs Feur lind gemacht [325] werde/ daß es ſich biegen laͤßt; auch mit dem Hammer deß Goldſchmids in einer gewiſeir Geſtalt/ als nemlich eines Kelchs/ Rauchfaß/ Leuͤchters/ Schuͤſſel/ oder Be= chers geformiret werden kan/ ja auch biß= weilen zu ſubtilem Blech und gar zarten Faden ſich ziehen laͤßt: alſo auch das HERZ eines gerechten Menſchens/ wan ̅ ers im. Ofen der Truͤbſahl gelaͤuttert/ und gleichſam mit vilen Hammerſchlaͤgen offt zerkntrſchet/ wird es je laͤnger je mehr erweittert/ damit es von GOtt dem be= ſten Kuͤnſtler zu aller Geſtalt/ nach ſet= nem heiligſten Wolgefallen/ gar leichtlich(Pſ. 97. 6.) for miret werden koͤnde. Diſes lehret Au= guſtinus/ als er den Pſalmen außleget: In Poſaunen/ oder Drometen/ und(Auguſt. in Pſ. 9.) hellen Hoͤrnern: Die Drometen oder Poſaunen/ ſpꝛichte;/ ſeynd Meſſing/ welche mit klopffen gemacht werden. So ihr nun geklopffet und geſchlagen werdet/ koͤndet ihr auch Poſaunen werden/ welche man zu dem Lob Gottes hin und her zihet. Alſo wann wir angefochten werden/ iſt die Truͤbſahl das klopffen/ und das hin und her zihen unſer Zunehmen. Wie hell iſt erſchollen/ und wie zu einer lieblichen Po= ſaunen iſt worden der jenige/ welcher [326] mit Truͤbſeeligkeit geſchlagen/ dat ???ſaget Nim wahr/ ſpricht Gott unſer Werck= meiſter/ ich will diſe oder jene Poſaunen außmachen; ich mache ſie nit auß/ dann ich gieſſe ſie. Stelau??? uͤbel ehe daß ſie bin und her gezogen ward. Jetzunder/ ſo ſie zu einer rechten Poſaunen worden/ wird ſie das Lob Gottes erſchallen/ welche zuvor Gott laͤſtertte. So lerne nun mein (Idem in Pſ. 5???) Seel/ daß du in Widerwaͤrtigkeit und Truͤbſahl nit murmieſt/ oder wider Gott klageſt; ſonďn lobe vil mehr Gott/ dann auß dem Dorn/ der dich ſticht/ waͤchſt herfuͤr die Roſen/ mit der du gekroͤnet werden (??? Cor. 4. 17.) ſolſt. Dann unſer jetzige Truͤbſahl (die zeitlich und leicht iſt) ſchafft uns ein ewige und uͤber alle maß wichtige (Rom. 8. 18.) Herꝛligkeit. Ja das Leyden diſer Zeit iſt nit werth ď zukuͤnfftigen herꝛ= ligkeit/ die in uns ſoll offenbar werde ̅ . Nun wolan mein Seel/ ob ſchon dein HERZ in dem probier=Ofen laͤnger ge= guaͤlet werden ſoll ſag Gott danck: und mit den drey Knaben im feurigen Ofen labe/ ehre und preyſe Gott den Herrn deß Him= mels nnd der erden. Seitemaln wird dein HERZ mitten in den brennenden
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CORDIS SCRVTINIVM. Prauum est cor omnium et inſcru= tabile Quis cognoſcet illud? Ego Dominus ſcrutans COR et rencs. Jere. 1. Solus ego immenſam cordis perſcrutor abyſsu ̅ Nautica quam potis eſt haud penrtrare bolis.

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Flammen nit verbrennen/ ſondern reiner/ klarer/ und glorwürdiger werden.

Die XIX. Lection. COR DIS SCRUTINIUM.

Ergruͤndung deß HER- ZENS.


Deß Menſchen HERZ iſt boͤß und unergruͤndlich. Wer kan es erken= nen? Ich der HErꝛ bins/ der das HERZ eꝛgruͤndet/ und die Nie- ren pruͤffet Jerem. 17. 9. BETRACHTE ERST= LICH/ Wie die Heiwltgkeiten deß menſchlichen HERZENS den Menſchen alſo verborgenſeyn/ daß ſie niemand erkennen koͤnne. Darum hat der Prophet deß Menſchen HERZ uner-(Jer. 17. 9.) gruͤndtlich genennet. Dann wie Bern=(Bern. tract de int. dom. cap. 44.) arbus geſproche ̅ iſt es ein groſſer tieffer ab= grund. Gleichwie ď Abgrund nit ka ̅ erſchoͤ= pfet werde ̅ alſo mag deß Menſche ̅ HERZ von ſeinen Gedancken nit außgeleeret werden/ ſondern ſie werden ſtettigs darin ̅ umgew eltzet. Es iſt ein groß und wei(Pſ. 103. 25.) [328] tes Meer mit ſeinen Armen: da ſeynd Thier/ die nit zu zehlen ſeynd. Gleich= wie ein Wurm verborgner Weiß daher kreicht/ und ſich hin und her windet: alſo gehen die vergiffte Gedancken durch deß (Joan. 3. 8.) Menſchen Gewiſſen auß und ein; daß die Menſchen nit wiſſen woher ſie kommen/ (Jerem. 17. 5.) oder wohin ſie gehen. Diſes erkande wol der jenige/ der da ſprach: Deß Menſchen (Auguſt in Pſ. 41.) HERZ iſt hoͤß/ und unergruͤndlich: Wer kan es erkennen? Augnſtinus haͤlt deß Menſchen HERZ auch fuͤr ein Ab= grund/ weil es nit zuergruͤnden/ noch zu= erkennen. Wann die Tieffe/ ſpricht er/ ein Abgrund iſt/ vermeinen wir deß Men= ſchen HERZ einen Abgrund zuſeyn. Dan ̅ was iſt tieffer/ als diſer Abgrund? Die Menſchen koͤnnen reden/ moͤgen geſchen werden durch die Wuͤrckung der Glider/ werden gehoͤret in der Red/ weſſen Gedan= cken aber kan man durchgruͤnden? in weſ= ſen HERZ kan man ſehen? Wer kan be= greiffen/ was es darinn handle/ was es darinnen vermoͤge/ was es daꝛtnnen thue/ was es darinnen richte/ was es darinnen wolle/ was es darinnen nit woͤlle? Daher wuͤnſchet em Weltweiſer/ daß ď Menſchen HERZEN gelaͤſern waͤren/ damit man [329] auff den Grund ſehen kunde; ob nit etwan ein Liſt oder Betrug darinnen ſtecket. eben diſer Vrſachen halber ſchtltet der Momus(Lucian. in Heimot.) beym Luciano den Vulcanum/ daß er dem Menſchen kein kiares oder gefenſtertes(S. Macar. hom. 15.) HERZ geben haͤtte. S. Macartus ſpra- che auch: Das HERZ ſey einer unentli= chen Tieffe/ darinn Stuben/ Kaͤmmern/ Thuͤren/ und Vorſchopff: in welche keinem Menſchen erlaubt ſey hinein zukommen. Darum hat nie keiner ſeine Schlupffwin= ckelbeſehen. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ Wie allein Gott zugehaͤre/ daß er die in= nerliche Gedancke ̅ deß HERZENS er= kenne: Dann ď Herr durchſuchet alle HERZEN/ und verſtehet aller Ge=(1. Paral 28. 9.) dancken Anſchlaͤg oder Fuͤrnehmen. Seytemahln GOtt hat fuͤnff verborgne Schaͤtz/ die er ihm ſelber allein alſo auff= haͤlt/ daß er den Schlüſſel darzu nie keinem andern mittheylet. Der erſte iſt/ die er= ſchaffung auß Nichts; welche alſo den Ge= walt einerjeglichen Creaturen uͤbertrifft/ daß ſien???emand als GOtt allein zugeey= gnet werden kan: Daher er allein ein erſchaffer aller Dingen genennet wird. Der ander Schatz iſt/ die Ehr und Preyß/ [330] (1. Tim. 1. 17. Iſa 2. 9. Heb. 19. 30.) die ihme von allen Creaturen gebuͤhret/ wie der Apoſtel ſpricht: Gott allein ſey Ehr und Preyß: Vnd der Herꝛ ſelber: Mein Ehr will ich keinem andern geben. Der dritte iſt/ die Rach der Schmache ̅ . Die Rach iſt mein/ ich will vergelten/ ſpricht der Herr. Der vierdte/ (Matt. 24. 26) die beſtimbte Zeit deß Jüngſten Gelichts; von welchem Chriſtus der Herꝛ: Aber von dem Tag/ und von der Stunde weiß Niemand/ auch die Engel nicht im Him ̅ el/ ſondern allein deꝛ Vatter. Der fuͤnffte Schatziſt/ die erkandrnuß der (Jer. 17 9.) Gedancken deß HERZENS; Daher ſpricht Gott bey dem Propheten: Ich ď HErꝛ bins/ ďdz HERZ ergruͦndt/ und die Nieren pruͤfft. Derhalben ſol= len wir tieffin unſer HERZtrucken/ daß Gott ſeine innerſte Winckel erkenne: Da= rumen ſoll man nichts in die Gedancken nehmen/ daß wir vermeinen kundten/ es wurde mißfallen den Augen GOttes/ der alles anſihet. Dann ob ſchon der Herr iſt im Himmel in ſeinem heiligen Hoff; dannoch wie die Kirch auß Prudentio ſingt:
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Zu oͤberſt ſteht der Schauman gut/
Der alles wol auffmercken thut/
So wol die Werck als unsbereit/
Vo ̅ Morge ̅ biß zur Abendt Zeit. Wie fleiſſig er aber auff die Werck nur eines einzigen Menſchens mercke/ hat Auguſtinus wol erkandt; da er Gott alſo anredet: Du betrachteſt meine Tritt und(Aug Soli- loq c. 24.) Fußſteig/ und heltſt bey Tag un ̅ bey Nacht Wacht uͤber mich/ und merckeſt alle meine Gaͤng alſo fleiſſtg/ O ewiger Waͤchter! gleich als heeteſt du aller deiner Creaturen im Himmel und auff erden vergeſſen/ un ̅ gebeſt du allein achtung auff mich/ und trügeſt kein Sorg auff andere. Dann das Liecht deiner unveraͤnderlichen An= ſchawung nimbt nit zu/ ſo du nur einen a ̅ ſchaweſt: wird auch nit geſchmaͤlert/ ſo du unzehlbar vil underſchidliche Ding beſich= tigeſt. Nun aber/ mein Seel fahr wetrter fort mit gemeltem H. Auguſtino zube- trachten wie ſo gar fleiſſig Gott das inner= ſie deines HERZENS erforſche u ̅ d er= gruͤnde. Was ich thue/ ſpricht er/ das thue(Ibid.) ich vor dir; auch was nundaſſelbe ſey/ das ich thue/ ſiheſt du beſſer/ als ich/ der ichs thue. Dann was ich zu jederzeit thue/ biſt [332] du gleichfals allzeit gegenwaͤrtig/ als ein ſtetter Anſchauer aller Gedancken/ Fuͤr- nemen/ Beluſtigung/ und Wercken. Auch nit allein ſiheſt du an/ zehleſt und verzeich= neſt durch das klare Liecht deiner Warheit die Meynung/ ſondern auch das innerſle Marck deren Wurtzel; auff daß du einem jeglichen vergelteſt/ nit allein nach ſeinen Wercken/ oder Meynung/ ſondern auch nach der innerlichen verborgnen Wurtzel ſelb er/ darauß die Meynung entſpringt/ (Deut. 32. 20) deſſen der wuͤrcket. Das iſt velleicht/ was duſchon zu uns geſagt haſt: Ich will ihꝛe letzte Ding betrachten. Vnd was von dir Herꝛ geſagt wird: Er betrachtet das End aller Ding/ ſeytemahln du in allen Sachen/ die wir thun/ mehr auff merckeſt auff dz end der Meynung/ als das Werck der Wuͤrckung ſelbſten: BETRACHTE fuͤrs ANDER/ wie Gottloß ſey die Meynung der boͤſen Menſchen/ welche/ damit ſie den Suͤnden den Zaum laſſen/ erdichten ſie/ und geben ihnen ſelbeꝛ faͤlſchlich ein/ Gott wiſſe nichts (Ieſai. 29 50.) um die verborgne Ding der HERZEN: und daß er die jenige nit ſehe/ welche von ihme abweichen. Diſe nennet Jeſaias ei [333] nes tieffe ̅ HERZENS: wehe euch die da ſeynd eines rieffe ̅ HERZENS/ auff daß ihr den Rahtſchlag vor dem Herrn verberg:/ deren Werck in der Finſternuß ſeynd/ und ſagen: Hey/ wer ſihet uns/ und wer weiß uns? Di=(eccleſ. 23. 25) ſe nimt ď weiſe Man ̅ noch welter her: Ein jeglicher der ſein Ehe uͤbertrittet/ und in ſein Seel ſuͤndiget/ und ſpricht in ihm ſelbſt: Wer ſihet mich? Ich bin mit Finſternuß ringsweiß nmbgeben die Waͤnd bedecken mich/ niemand ſi= het mich/ wen ſoll ich ſcheuhen? Der Allerhoͤchſt wird meiner Suͤnden nit gedencken: und gedenckt nit/ daß ſein Aug alle Ding ſihet/ und denckt nicht daß die Augen deß HErren wiheller ſeynd dann die Sonn/ und auff alle Weg der Menſchen ſehen ja auch in die tieffe deß Meers/ in die HER- ZEN der Menſchen/ und in alle verborgene nnd heimliche Ort. Alle Ding ſeynd Gott dem HErren/ ehe ſie geſchaffen/ erkand/ alſo wohl/ als [334] wenn ſie geſchaffen ſeynd. Was hette doch außtruͤcklichers geſagt werden koͤn= nen? So iſt auch den Heyden diſe War= (Laert in c- jus vita.) heit nit verborgen geweſen. Dann als Thales Mileſius gefraget war/ ob die Werck der Menſchen den Goͤttern ver= borgen waͤ???en? Sprach er: Ja auch ſo gat die Gedancken nit; auff daß wir nit allein reine Haͤnd/ ſondern auch reine HER= ZEN haben ſolten: Wan ̅ wir glaube ̅ daß Gott unſere heimliche Gedancken anſehe. Daher wann die egypter Gott mit verbor= gnen Zeichen entwerffen woͤllen/ haben ſi= ein Aug gemahlet auff einem Scepter/ bardurch anzudentte ̅ / daß GOtt alle Ding (Apoc. 4. 6.) regire/ alle ding ſehe. Sintemahl er mehr Augen hat als der Argus bey den Poeten, und jene Thier/ von denen geſchriben ſie= het/ daß ſie hinden und ſornen voller Auge ̅ ſeyn. So durchſihet nun jeniger ſo woi= ſichtiger/ die innerlichſte Winckel deß HERZENS mit gantz ſtetffige ̅ Augen/ und ſchauet was darin verborge ̅ lige. Nun ſoll man ſteiß ankehren/ daß nichts in un= ſer HERZ hinem ſchleiche/ welches die wenigſte geſtalt deß boͤſen hat/ fintemahl uns offt gedunckt/ wie ein HERZ auff= recht un ̅ richtig ſey/ welches aber von Gott ď die HERZEN er gruͤnoet/ fuͤr hoͤß und verkeyrt gehalt en wird.
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BETRACHTE zum VIERD= TEN/ wie nit allein Gott bekand ſeyn die Werck und Gedancken deß menſchlichen HERZENS/ ſondern daß auch dieſelbe am letzten Gericht Gottes offentlich vor maͤnniglich geoffenbahret werden ſollen:(1. Cor. 4. 9.) Alsdann wird der HErr ans Liecht bringe ̅ / wz im finſtern verborgen iſt/ un ̅ offenbahre ̅ die Anſchlaͤg ď HER- ZEN Alsdann wird ???grunddeß HER- ZEN Smaͤn ̅ tglich offenbahꝛ ſeyn; als dan ̅ wird man im HERZEN ſelber/ als in einem geſchribne ̅ Zedel leſen koͤnnen/ was ??? Menſch jemahlen gethan/ geredt/ und ge= dacht hat. Alsdann werden nach dem Spruch Danielis auff gethan werden die Buͤcher deß Gewiſſens/ die geſchriben wor= den nit mit Dinten/ ſondern mit dem un= ſtat der Laſter/ ſpricht Ambroſius. Wir(Ambr. in Pſ. 1 Baſil l. de vera Virg.) woͤllen aber Baſiltum von diſem hoͤren re= den. Die Ding/ welche man zuvor ver= neinte/ daß wirs nit hetten/ weil wir noch mit dem Leib als eim Kleyd bedeckt ware ̅ / dieſelbe werden vor allen Angen entdeckt werden/ wirds auch keiner langnen/ oder ſich entſchuldigen koͤnnen; weil die Werck ſelber in ihrem Vrheber klar erſcheinen werden. Sintemahlman alle ding orden [336] lich/ wie ſie an ihnen ſelber ſeynd/ gleich wie in einem Gemaͤld erkennen wird. Vnd (Ephrem. l. pe vera Pœ- nit. c. 4.) der H. Ephrem: Einjeglicher wird vor ſeinem Angeſicht ſeine Werck außgelegt ſehen/ ſit ſeyen gleich gut oder boͤß gewe= ſen. Es werden erſchroͤckliche Buͤcher auffgethan werden/ darin geſchriben ſie= hen unſere Werck und Thaten/ die Wort/ und was wir in diſem Leben gethan haben; ja nit allein die Werck/ ſondern auch die Gedancken und Furnehmen deß HER= (Chryſ. hom 5. in Epiſt. ad Rom.) ZENS. Wie wirds als dann uns ar= men Menſchen ergehen/ ſpricht Chryſoſto- mus, wann alle Ding der gantzen Welt of= fendahr/ und auf einem ſo offentlichen und herrlichen Schauplatz entdeckt ſeyn werde ̅ / vor den Augen aller Menſchen/ deren theil (Ambr. in Apolog. David.) uns bekand/ theil unbekand geweſen? Ein jeder kunde mit Ambroſto ſprechen: We- he mir/ der ich begehre vi???borgen zuſeyn und kans doch nit? Dan ̅ wie wolt ich mich verbergen koͤnnen/ weil ich in meinem HERZEN geſchriben trage die Anzei= gung meiner Suͤnden? Wann wir nun woͤllen/ daß als dann im Buch unſers HERZENS gute Werck eingeſchriben befunden werden; ſollen wir uns jetzunder befleiſſen/ daß wir allzeit gute Gedancke ̅ im HERZEN auffhalten/ ja wir ſollen
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CORDIS RECTIFICATIO. Rectis CORDI Lætitia. Pſal. 96. 7 Ad rectam, perſœpe, mei, cor Cordis, amuſſim, Si rectam cupias, exige nata tuum.

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Gott den ergruͤnder deß HERZENS flehentlich anruffen/ daß wir allzeit ver= nuͤnfftige Ding betrachten/ auß ſeiner ein=(Miſſale Ro- man.) g???bung was recht iſt gedencken; und mit ſeiner Mitwuͤrckung auch ſelbiges ins Werck richten. Solches zuerlangen wird nachgeſetzt

Das GEBET der Kirchen.

OGOtt/ dem alle HERZEN offen ſtehen/ und mit dem ein jeder Will redet/ dem auch keine Heimlichkeit verbor= gen; Reinige durch die eingieſſung deß heiligen Geiſtes/ die Gedancken unſers HERZENS: auff daß wi; würdig wer= den/ dich vollkommentlich zu lieben/ und würdiglich zuloben/ Amen.

Die XX. Lection. CORDIS RECTIFICATIO.

Auffritchigkeit deß HER- ZENS.


Freud den Auffrichtigen von HEr- ZEN. Pſ. 96. 11. BETRACHTE ERST= LICH Wie Gott ein Libhaber ď Heꝛzen/ auch auf ein anďe weiß die [338] Auffrichtigkeit deß ihme auffgeopfferten HERZENS erforſche. Seytemahln er gleich wie ein Maurer und Zimmerman/ nach dem Richtſcheidt/ Meßwag/ und (Auguſt. in Pſ. 93.) Lineal die Geraͤde deß HERZENS er= gruͤndet. Der Will Gottes ſpricht Augu= ſtinus/ iſt gleich wie ein Richtſcheidt. Sihe du haſt daß Richtſcheidt uͤberſchritte ̅ ; was haſt du mit dem du es beſſereſt? Daſſelbe bleibt gantz: dann das Richtſcheidt iſt un= veraͤnderlich. Als lang das Richtſcheidt gantz iſt/ haſt du mit dem dü dich verglei= cheſt/ und dein Vnrecht beſſereſt: du haſt (Idem in Pſ. 35. conc. 1.) mit dem du zu recht bringeſt/ was an dir gekruͤmmet iſt. Daher ſchleuͤßt er/ daß die jenige auffrichtig von HERZEN ſeyen/ welche in diſem Leben dem Willen Gottes folgen/ jhme nit widerſtreben/ noch ein (Idem in Pſ. 100.) Mißtrauen in jhn ſetzen. Deß jenigen Menſchen HERZ wird auffrichtig ge= nennt/ ď alles will/ was Gott will. Seyte= mahln Gott recht iſt: und deßwegen das HERZ/ ſo ſich zu dem rechten haͤlt/ als zu dem unveraͤnderlichen Richtſcheid/ wird (Idem in Pſ. 146. Idem in Pſ. 31.) auch auffrichtig genennet. Das jenige a= ber nen ̅ et er ein gekruͤmtes und verkehrtes HERZ/ welches ſich nicht nach Gott rich= tet/ ſonďn will Gott nach ſich biege ̅ . Gleich= wie ein gekruͤmtes Holtz/ ob du es ſchon [339] auff einen gleichen Boden richteſt/ wird es doch nicht gleich geſetzt noch zuſammen gefuͤgt; ſondern waget und bewegt ſich ſtets hin und her/ nit darum/ daß un= gleich ſey das Ohrt/ dahin du es gelegt haſt; ſondern weil das krum iſt/ was du hingelegt haſt: alſo auch/ als lang dein HERZ verkehrt und krum iſt/ kan es nit zutreffen mit der Geraͤde Gottes kan auch nit auff ihn geſetzt werden/ daß es ſich an ihn halte/ oder ihme anhenge/ und gerad oder recht werde. Wer aber dem Herꝛn(1. Cor. 6. 17.) anhanget/ der iſt ein Geiſt mit ihm.(Pſ. 77. 8.) Aber ein Abtruͤnnig und ungehorſam Ge= ſchlecht/ welches ſein HERZ nit richtet/ und deſſen Geiſt nit mit Gott vertrauet iſt. Auß diſer Zahlwar ď Zauber er Simon/(Actor. 8. 22.) zu dem der Apoſtel Petrus ſprach: Du wirſt weder Theil noch Anfal ha- ben an diſe ̅ Wort/ dan ̅ dein HERZ iſt nit rechtfertig vor Gott. Dann da= ſelbſten zeiget er an/ daß es ohn Gott nit kuͤnde rechtfertig ſeyn. So dir dann ein menſchliche Bloͤdigkeit zuſtehet/ un ̅ du an= fangeſt etwz anders woͤllen/ als Gott will: beſihe die Kruͤmme deines HERZENS daß es uͤber das Richtſcheid gehet; hebe es recht an das Richtſcheid/ und werde dein [340] HERZ nach Gott gerichtet/ welches dem Menſchen nach/ krum anfangen zuſeyn/ daß es nach Gott recht und gerad werde. (Auguſt in Pſ. 48.) BETRACHTE fuͤrs ANDER/ Wie diſes an den Menſchen ein groſſe und gemeine Boßheit ſey/ als welche nach dem Willen Gottes leben ſolten/ da woͤl= len ſie/ daß GOtt nach ihrem Willen leben ſolte. Vnd weil ſie nit woͤllen gebeſ= ſert werden/ ???olten ſie/ er ſolte verkehrt werden: vermeinen/ es ſey nicht recht/ was (Idem in Pſ. 35.) er will/ ſondern was ſie woͤllen. Der Will Gottes iſt bißweilen/ daß du geſund/ biß= weilen/ daß du kranck ſeyeſt. So dir nun der Will Gottes ſuͤß iſt/ wann du geſund; aber bitter/ wann du kranck biſt: biſt du nit auffrichtig von HERZEN. Warum? Weil du nit wilſt deinen Willen nach dem Willen Gottes richten/ ſondern den Wil= len Gottes nach deinem biegen. So dunu ̅ alſo thuſt/ wirſt du ein ungeſchmacktes Kind in dem Hauß deß Vatters ſeyn/ als der du den Vatter lieb haſt/ wann er dir liebkoſet; aber haſſeſt/ wann er dich geyſelt: gleich als wann er dir nit alſo wol das (Idem in Pſ. 31.) erbgut zuſammen ſamlet/ wann er dich ſtreichet/ als wann er dir ſchmeichelt. So iſt nun undeꝛ einem auffꝛichtigen und boß= hafftigen HERZEN diſer Vnderſchied; [341] Ein jegchlier Menſch/ der etwas wider ſeinen Willen leydet/ Anfechtung/ Truͤb= ſal/ Traurigkeit/ Arbeit/ Demuͦtigung/ und ſolches allein dem gerechten Willen Gottes zueygnet/ und jhn nit als einen Vnwiſſenden ſchmaͤhet/ als wiſſe er nit/ was er thue/ weil er einen ſolchen geyſelt/ und anderer verſchonet; diſer iſt auffrich= tig vo ̅ HERZEN. Die jenige aber ſeynd eines boͤſen verkehrten HERZENS/ welche ſagen/ alles Vbel/ dz ſie leyden/ ſey wiď die Billigkeit/ meſſen die Vngerech= tigkeit zu dem jenigen/ nach deſſen Willen ſie leyden: oder weil ſie jhme nit doͤrffen die Vngerechtigkeit zumeſſen/ entnehmen ſie jhme die Regirung. Weil er nit kan un= recht thun/ ſpricht ein ſolcher Geſell; ſo iſt doch unrecht/ daß ich leyde/ und jener nit leyden ſoll: dann ich gib wol zu/ daß ich ein Suͤnder ſey/ ſo ſeynd aber in der War= heit weit boͤſere/ welche froͤlig ſeynd/ und ich werd angefochten: weil dann diſes ein unbilliches Ding iſt/ daß/ die ſo boͤſer ſeynd als ich/ guter ding ſeyn/ und ich geplaget werden ſoll/ der ich doch gerecht/ oder min= der ein Sünder bin/ als ſie ſeynd: und iſt doch gewiß bey mir/ daß Gott nit unrecht handeln kan. GOtt herꝛſchet nit vber diſe menſchliche Ding/ noch ſorget oder fraget [342] er vil nach uns. So haben nun die eines boͤſen oder verkehrten HERZENS ſeynd/ dreyerley Meynungen: Entweders (Pſal. 13. 1.) iſt kein Gott; dan ̅ der Vnweiſe hat ge= ſagt in ſeinem HERZEN: Es iſt kein Gott: Oder Gott iſt ungerecht/ dem diſe Ding gefallen/ und ď diſe Ding thut: oder Gott herrſchet nit uͤber die menſchli= che Ding/ und ſorget nit fuͤr alle. In diſen dreyen Meynungen ſtecket ein groſſe Gott= loſigkeit. Mein Seel/ hüte dich derhalben vor diſer Gottloſigkeit/ daß du mit ver= kehrtem HERZEN mit deinem Gott nit uͤbereinſtimmeſt. BETRACHTE zum DRIT= TEN/ Wie zur wuͤrcklicher Vbung diſer Tugend/ wir nachfolgen muͤſſen der Son= (lib 22. hiſt. nat. cap. 21.) nenblumen/ von welcher Plinius gar zierlich ſchreibet: Wir haben ſchon offt geredet von dem Wunderwerck der Son= nenblumen/ welche ſich mit der Sonnen umbwendet/ auch wan es ſchon neblich und nit hell Wetter iſt: ein ſo groſſe Liebe traͤgt ſie zu diſem Geſtirn: Bey naͤchtlicher (Drexel. de conf. vo- unt. li. 1. c. 2) weil aber gleichſam auß deſſen Begierde/ zeuͤcht ſich diſe Blum zuſam ̅ en. Vnſer Sonn iſt der Will Gottes: diſer erſcheinet uns nit allzeit auſſer der Wolcken: es gibt [343] bißweilen under den heitteren auch truͤbe Taͤg/ welche mit Regen/ Winden/ und Hagelwetter verwuͤſtet werden. es iſt kein Chriſt/ der nit zu offtermahlen empfinde diſes Vngewitter und truͤbe Wetter. Wir aber ſollen gleichwie die Sonnenblume/ uns mit unſer Sonnen/ mit dem Goͤttli= chen Willen/ herumwenden/ auch wann Vnwetter iſt und truͤbe Taͤg ſeynd; ein ſol= che groſſe Liebe ſollen wir gegen unſerm Geſtirn haben. ein ſolcher Man iſt gewe= ſen der heilige Job/ welcher mitten in der Truͤbſahl ſprach: Der Herꝛ hats geben/(Job. 1. 21.) der Herꝛ hats genommen: wie es dem Herꝛn gefalle ̅ hat/ alſo iſts geſchehen. Der Name deß HErꝛn ſey geſegnet. Item: Haben wir Gutes empfangen(Idem 2. 10.) von GOtt/ warum ſolten wir das Boͤß nicht auch leyden? Sihe ein auff= richtiges HERZ/ ſpricht Auguſtinus: dan ̅ weil ſein HERZ an Herrn gehefftet war/(Auguſt. in Pſ. 93.) darum ward es auffrichtig. Seytemahln weil Gott recht iſt; wann du das HERZ an ihn heffteſt/ wird er dir ein ebenbild/ daß du ein auffrichtiges HERZ habeſt. Diſem ebenbild machet ſich gleichfoͤrmig(Inſin divin. lib. 3 c. 53.) die heilige Gertrudts/ als ihr in ſchwaͤrer [344] Kranckheit der Herꝛ erſchine/ in einer Hand tragend die Geſundheit/ in der an= dern die Kranckheit/ daß ſie außerwoͤhlen ſolle/ was ſie wolte: verwarff ſie beyde: und im Eyfer deß Geiſts ginge ſie fort zwiſchen beyden Haͤnden deß Herꝛn/ ma= chet ſich zu ſeinem HERZEN/ fraget ſei= nen lobwuͤrdigen Willen/ und ſprache: Ich begehre von gantzem HERZEN/ daß du nit meinen Willen anſehen woͤlleſt/ ſon= der in allem dein Wolgefaͤllen an mir verbringeſt. Aber/ das wol zuverwundern/ Epictetus ein Heydniſcher Weltweiſer ſchreibet/ er ſey alſo geſinnet geweſen: Meinen Appetit oder Begierligkeit hab (lib. 3 diſ- ſert. c. 26.) ich Gott underwuͤrffig gemacht: Will er/ ich ſolt kranck ſeyn? ſo will ichs auch. Will er/ daß ich ein Sach haben ſoll? will ichs auch. Will ers nicht/ will ichs auch nicht. Will er/ daß ich ſterbe? So will ich auch ſterben. Wer kan mich nun wider meinen Villen weiter treiben/ oder etwas verbiten? Ein fuͤrſich???ger Mann betrach= tet die Sach alſo/ macht die Rechnung alſo mit jhme ſelber; wann er ſich GOtt ergeben habe/ woͤlle er die Reiß ſicher ver= richten. Was iſt nun diſes/ ſich Gott er= geben/ als das/ was er woͤlle/ woͤllen; und was er nicht will/ ſelber auch nicht [345] woͤllen? Wie ſoll nun ſolches geſchehen? wie kundt es anders geſchehe??? als durch Betrachtung deß Willen Gottes und ſeiner Regirung? Widerum an einem andern Orht: Ich halte darfuͤr/ ſpricht er/(Id. li. 4. c. 7.) es ſey beſſer/ das/ was GOtt woͤlle/ als was ich will. Ich halte mich zu jhme/ wie ein Diener und Trabant: mit jhme begehre ich mit ihme erwuͤnſche ich. Laßt uns diſe ̅ Spruch nachfolgen/ oder vil mehr mit(Luc. 22. 42. Ioan. 4. 34.) Chriſto ſprechen: Nit mein Will/ ſon= dern der deine geſchehe/ O GOtt/ und: Mein Speiß iſt/ daß ich thue den Willen Gottes deß Vatters. BETRACHTE zum VIERD= TEN/ Wie gemeiniglich in den groſſen Staͤtten/ ein fuͤrnemes Vhrwerck ſey/ nach de ̅ man allermeiſte ̅ die andere richte: alſo ſey es gantz billich/ daß wir unſere Vhren/ ein jeglicher ſeinen Willen/ nach jenem allerhoͤchſten/ himmliſchen Vhr= werck/ welches einer unendtlichen Groͤſſe iſt/ das iſt/ nach dem Goͤttlichen Willen richten und leiten. Dann wie Thomas(De Imi???. Chriſt. lib. 3. c. 22.) von Kemps ſprichte: Nichts/ O HErꝛ! ſoll deinen Liebhaber/ und Erkenner deiner Gutthaten alſo erfreuen/ als dein Wille n jhm/ und das Wolgefallen deiner ewi [ID00405] ge ̅ Verordnung: Seytemahln dein Will/ und die Liebe deiner Ehr/ ſoll alles vber= treffen; jhn auch mehr troͤſten/ und ihme mehr gefallen/ als alle Gutthaten ſo ihme gegeben/ oder noch geben werden ſollen. (Idem c. 23) Eben derſelbe fuͤhret auch Chriſtum ein/ der uns alſo rahte: Wuͤnſche ſtets/ und bitte/ daß der Wille GOttes gantz in dir geſchehe. Sihe/ ein ſolcher Menſch gehet ein in die Oerter deß Fridens und der Ruhe. So du nun weitter die Weiß und würckliche Vbung diſer Gleichfoͤrmigkeit mit dem Goͤttlichen Willen begehreſt zu- (S. Cathar. Senenſ. in Dial.) wiſſen/ hoͤre GOtt ſelber mit der heiligen Catharina von Senis alſo reden: So du begehreſt zu der Vollkommenheit zukom= men/ muſt du in hoͤchſter Demuht ver= bleiben/ und auß rechter jnnerlicher Er= kandtnuß deiner Armut und Armſelig= keit nach diſem ſtets und hefftig trachten/ daß du mir allein gehorſam ſeyeſt/ und allein auff meinen Willen merckeſt. Auff daß du aber ſolches vollbringen moͤgeſt/ iſt von noͤten/ daß du dir ein Wohnu ̅ g/ ſo um und umb gewelbet ſey/ allein auß der Matery meines Willens baueſt/ dich ein= ſperreſt/ und alzeit darinn wohneſt/ auff daß du niemahl herauß kommeſt du geheſt gleich wohin du wolleſt/ nie herauß ſeheſt/ [347] wohin du ſchaueſt; ſondern mein Wille ſoll allzeit umb deine Sinn deß Leibs und der Seelen herumb ſtehen/ ſolleſt nichts anders reden/ gedencken/ und thun/ als was mir gefaͤllt/ und du ver= meineſt nach meinem Willen zuſeyn; alſo wirdt dich der heilige Geiſt lehren/ was zu thun ſey.(Pſ. 72. 1.) BETRACHTE zum FVNF- TEN/ Wie ſo gut ſey der GOTT Iſrael denen/ die da auffrichtig von HER= ZEN ſeynd! Damit ich nun geſchweige der groſſen Nutzbarkeit diſer Goͤttlichen Vbung/ ſo erlangen die glaubige Diner Gottes durch ſolches/ diß/ daß ſie ohne underlaß in groſſen Freuden leben: Den(Prov. 12. 21.) Gerechten beleydiget nichts/ was(Pſ. 96. 11.) ihm ungluͤcks zufaͤllt. Item: Freud den Auffrichtigen von HERZEN:(2. C or. 7. 4.) Auch ſprach der heilige Paulus: Ich bin erfuͤllet mit Troſt/ ich bin voller Freuden in allen unſern Truͤbſalen. Dann/ wie Ambroſius ſpricht/ ein weiſer(lib. 1. de Jac. c. 8.) Mann wird nit undertruckt/ von den Schmertzen deß Leibs; noch von Schade ̅ geplagt; ſondern bleibt auch in Truͤbſal ſeelig. Seytemahln die Seligkeit deß Le [348] bens ſtehet nit in Beluſtigung deß Leibs/ ſondern in gutem Gewiſſen/ welches von aller Bemacklung rein iſt. Diſe Sicher= heit deß Gewiſſens aber entſpringt daher/ daß unſer Will mit dem Willen Gottes gar wol uber einſtimme. Darum pflegte (Drexel. de conf. vo- lunt. l. 3. c. 6.) die ſehr heilige Jungfrau Catharina von Senis zuſpꝛechen: Die Menſchen eines guten Gemuͤts ſeynd unſerm Hey= land gar gleich und aͤhnlich/ als welcher die Seeligkeit der Seelen in den Peinen ſelber niemahlen verlohren; alſo verlie- ren ſie dieſelbe auch nit: weil ſie beſtehe in der Gleichfoͤrmigkeit deß eygnen Wil= lens mit dem Goͤttlichen. Deßwegen hat der heilige Dorotheus gar wol geſagt; (Doroth. ſer. de obed.) daß der jenige/ welcher ſich befleiſſet dem Goͤttlichen Willen in allen Dingen nach- zufolgen/ auff einem Wagen gefuͤhrt werde/ mit allem ſeinem Creutz und Ley= den/ welches ſonſten er ſelbeꝛ tragen muͤßte; andere aber/ welche diſe Weiß zu= wandlen nit wiſſen/ folgen zu Fuß her= nach ſchleiffen ihre laͤſtige Creutz hart her= nach/ oder tragen ſie mit ſchwaͤrer Muͤhe und Arbeit. Derhalben der Menſch/ der ſich dem Willen GOttes gleich foͤrmig macht/ der wandelt ſicher durch Angſt und Noht zu dem himmliſchen Vatter [349] land: Darum freuet euch im Herrn/(Pſ 31. 12.) ihr Gerechten/ und ſeyt froͤlich/ und ruͤhmet euch alle/ die ihr auffrichtig ſeyt von HERZEN. Allhie ſoll der fleiſſige Jünger diſer Schul mercken/ daß man in allem Ge- bett ſich alſo reſigniren ſoll/ wie uns Chri= ſtus der Herr gelehret hat/ als erim Gar= ten bettet/ wie er auch im Vatter unſer fürgeſchriben hat/ daß man alſo ſprechen ſoll: Dein Will geſchehe/ wie im(Matth. 6. 10) Himmel/ alſo auch auff Erden. Die heilige Gertrudis wolte alle Glider Chri= ſti gruͤſſen/ da ſprach ſie dreyhundert fuͤnff und ſechtzigmahl: O guͤtigſter Jeſu/ dein Will geſchehe/ und nit der mein. Vnd ſie verſtunde/ daß diſes GOtt das aller angenehmſte Opffer waͤre. Alphonſus Salmeron erzehlet/ es ſey einer geweſen/(Salmer. tom. 10 tr. 11.) welcher an ſtatt deß Gebets/ das gantze A. b. c. nach der Ordnung geſprochen/ und diſn Clauſul daran gehaͤnget: O Herꝛ/ ſetze du die Buchſtaben zuſammen/ und gib mir/ was dir am meiſten gefaͤllt/ mir am meiſten nutz iſt. Als etliche(Ruff. in vit. Patr. l. 3. n. 207.) Bruͤder/ wie Ruffinus ſchreibet/ den heiligen Macarium gefragt/ wie ſie betten ſolten/ antwortet er ihnen; Wir haben [350] nit vonnoͤhten uͤberfluͤſſige Wort/ ſondern allein ſollen wir die Haͤnd außſtrecken/ und ſprechen: Herꝛ/ wie du wilſt/ und wie es dir gefaͤllt/ alſo geſchehe es. Diß iſt die beſte Weiß zubetten. Seyte= mahln auch Pachomius ſtets bettete/ daß der Will deß Herrn in al= lem erfuͤllet wurde. ENDE DES ANDERN BUCHS.
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Der HERZEN Schuhl Das dritte Buch.

Die gutthaten Gottes gegen den Menſchlichen HERZEN. DIE VIERDTE CLASSIS

Erleuchtung deß HER= ZENS und geiſtlichen Auffnehmens

DIe Seel/ wel- che nach fleiſſiger Erforſchung in di- ſe Claß promovirt worden/ tritt ein in den Weg der Er- leuͤchtung; und iſt nun wuͤrdig worden under die Zu- nehmende gezehlt zuwerden. Dann hie bringt der Braut Weingar???en/ welcher zuvor gebluͤet/ die erwuͤnſchte Fruͤchten herfuͤr. Seytemahln/ wie(Greg. I. 12) Gregorius bezeuget/ alsdann bluͤen [352] (Moral. c. 25.) die Weingaͤrten/ wann ihnen die HERZEN der Glaubigen gute Werck fuͤrnehmen; bringen aber kein Frucht/ wann ſie ſich von dem jeni- gen/ was ſie ihnen fuͤrgenommen haben/ abſchrecken laſſen. So wer= den nun in diſer Claß die Fruͤchten der guten Werck/ und Vbungen der Tugenden fuͤrgeſtellt: und fragt man weiter nit/ ob ď Weingarten ge= bluͤet habe; ſonďn man ſpricht gleich- ſam/ es ſeye die Bluͤe ſchon fuͤruͤber: (Can. 2. 13.) Vnſer Weingarten hat gebluͤet. Item: Die bluͤende Weinſtoͤck haben ihren Ge= ruch geben. Diſer Geruch komt her auß wolzeitigeꝛ Bluͤe deß weinſtocks/ wann nemlich die Bluͤmlein anfan- gen herfuͤr bringen kleine/ und noch gar bittere Traͤublein/ welche allge- mach durch die Hitz der Sonnen zu rechten Beeren zeitig werden. Sol- cher Weinſtock/ der nun in ſolchem (Bernard. ſer. 30. in Cant.) Stand iſt/ wird von Bernardo alſo beſchriben: Daß er ſey gepflantzet im Glauben/ habe gewurtzelt in ď Liebe/ [353] ſey gegraben mit der Graben der Zucht/ gedunget mit den buͤſſenden Zaͤhren/ befeuͤchtet mit der Prediger Worte ̅ / und ſey alſo voll deß Weins/ in welchem Froͤlichkeit/ aber nit die Geylheit iſt: von dem Wein lautte= rer Suͤſſe/ und keiner Vppigkeit. So woͤllen wir nun in diſem Wein- garten den Glauben nennen ein Re= benſtock; die Tugendten die Zweig; den Trauben das Werck; die An= dacht den Wein. Welche Ding zwar das HERZ richten zu der Erleuch- tung und geiſtlichem Auffnemen: und ſolche Ding ſeynd die jenige/ welche in den folgenden Le= ctionen erklaͤret wer- den.
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Die I. Lection.

CORDIS RENOVATIO.

Erneuerung deß HER- ZENS.


Ich will euch ein neu HERZ geben/ und einen neuen Geiſt in euch. Ezech. 36. 26. BETRACHTE ERST= LICH Wie dein Geliebteꝛ begeh= re/ daß du dich erneuereſt im Geiſt (Epheſ. 4. 24) deines Gemüths/ und ziheſt an den neuen Menſchen/ der nach Gott geſchaffen iſt in Gerechtigkeit und wahrer Heyligkeit. Darum mahnet ſein Apo= ſtel/ daß du nach dem vorigen Wandel von dir ablegeſt den alten Menſchen/ der durch die Luͤſt deß Irrthums verdirbt; und (2. Cor. 5. 17.) werdeſt ein neue Creatur in Chriſto. Nun aber kanſt dn kein neue Creatur/ oder neuer Menſch werden/ ſo fern du kein neues HERZ empfangeſt. Seyte= malen diſe Erneuerung mehr innerlich als euſſerlich iſt/ und ſo ſie nit von dem HER= ZEN außgehet/ verbleibt der Menſch in
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CORDIS RENOVATIO. Dabo uobis COR nouum et ſpiritum nouum ponam in medio ueſtri. Ezech. 56. Cui noua c???ncta placentvetus ô, COR, pone; nouum, Quod tibi pro veteri ſponſa repono, cape.

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ſeinem alten Wandel. Darumen/ als GOTt die Sünder zur Buß ermahnet/ fuͤrſchreibet er ihnen ein neues HERZ zumachen: Werfft hinweg/ ſpricht er/(Ezech. 18. 31) von euch alle euere Suͤnde/ damit ihr uͤbertretten habt/ und macht euch ein neues HERZ/ und ein neuen Geiſt. Dann/ warum wolſt du alſo ſterben/ du Hauß Iſrael? Ohne zweif= fel deutet er an/ wie der Suͤnder ſter= ben werde/ wofern er ihm kein neues HERZ machen ſolte. Auß diſem ſiheſt du nun leichtlich/ wie es ein ſo groſſe Not= turfft ſey/ daß du dein HERZ erneuereſt. Dann ein HERZ/ ſo mit dem Vnflat ď Suͤnden beſudelt/ mag keinerley Weitz außgeraumet werden/ wofern es nit ganß und gar erneuert wird. Gleich wie ein(Forner. Conc. 52. in Pſ 50.) Werckmeiſter ein Meſſing oder Glocken= ſpeiſin Bild/ ſo gantz und gar verderbt und geſtuͤmmelt worden/ nit kan zu ſeiner vorigen ſcheinbarlicheu Geſtalt bringen/ er zerbreche es dan ̅ in Stuͤcklein/ ſchmeltze es beym Feuer/ boſſire es in einem neuen Model/ gieſſe und polire es auff ein neues: Alſo ein menſchliches HERZ/ ſo mit Suͤnden bemackelt iſt/ kan niemahlen vollkom ̅ en zum alten Wolſtandt gebracht [356] werden/ es werde dann zuvor zerbrochen durch die Bereuung/ zerſch meitzet durch das Feuer der Goͤttlichen Liebe/ werde er= neuert von der Hand Gottes/ und gleich= ſam von neuem erſchaffen. Solches aber geſchicht durch Eingieſſung der Goͤtt= lichen Gnaden/ in Rechtfertigung deß Suͤnders. Auß diſem Fundament wird auch gemehret die Nohtwendigkeit/ das HERZ zu erneueren. Seytemahle ̅ weil es ein Gefaͤß iſt jenes koſtbarliche ̅ Weins der Goͤttlichen Gnaden/ muß es ohn alle ̅ (Matth. 9. 17) zweiffel rein ſeyn. Darum ſprach Chri- ſtus der Herꝛ: Mann faſſe den neuen Wein nit in alte Saumheuͤtte/ ſondern in neue Schleuche. An zudeu= ten/ daß man den Moſt deß heiligen Gei= ſtes mit neuem HERZEN auffangen müſſe. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ daß weder die Ablegung deß alten HER= ZENS/ noch die Erneuerung deſſelben geſchehen koͤnde allein auß Kraͤfften der Natur/ ohn die Hilff Goͤttlicher Gnaden/ und deßwegen durch eyfferiges Gebett von der Guͤte GOttes begehrt werden muͤſſe. Solches thete der Koͤnigliche Pro= phet/ da er den Herrn alſo anredet [357] Schaffe in mir O GOtt ein reines(Pſ 50. 12.) HERZ/ und erneuere in mir einen rechten Geiſt. Was iſt aber das? hatte dan ̅ David kein HERZ als er de ̅ Herꝛn bate? freylich: er verſtunde aber/ daß er ein ſo verderbtes un ̅ boßhafftiges HERZ hette/ dz er gaͤntzlich eines neuen bedoͤrffte/ damit er zu einem andern Mann wuͤrde. Hurerey/ ſpricht der Prophet/ nimbt(Oſc. 4. 11.) das HERZ hinweg. So hatte nun ď kein HERZ/ welcher einen Ehbruch be= gangen hatte. Ja David bekennet ſelber/ er ſey zu nichts worden. Item Ezechiel(pſ. 72. 22. Ezech. 16. 19.) ſpricht vom Suͤnder: Du biſt zu nichts worden. Wahrlich iſt der Suͤnď nichts/ gefallen auß der Libe/ welche der Seelen Leben iſt. Darumb ſprach der heilige(1, Cor. 13. 2.) Paulus: So ich die Libe nit hab/ bin ich nichts: So nun das HERZ Davids gleichſam zu nichts worden/ hat er billich gebetten/ daß in jhme GOTt ein neues HERZeꝛſchaffte. Seitemaln/ Erſchaffe ̅ iſt etwas auß nichts herfuͤr bringen/ wel= ches GOtt allein zugehoͤrt. Mein Seel/ ruffe nun an de ̅ Gott deines HERZEN/ daß er ein neues HERZ in dir ſchaffe. Ruffe an den GOTT der Geiſter/ daß(Pſ. 50. 12.) [358] er in dir erneuere einen rechten Geiſt. BETRACHTE zum DRIT= TEN/ dz du nit vergebenlich den Herꝛn bitte ̅ werd eſt umb Erneuerung deß HER ZENS; dann er iſt ſo freygebig/ daß er nit allein erhoͤret das Begehren deß HER= ZENS dere ̅ die ihn liebe ̅ / ſondern ſo gar ihres HERZENS Anlige ̅ . Ja ſein un= endliche Barmhertzigkeit iſt noch ſo weit fortgeſchritte ̅ / daß er uns mit weitleuͤffige ̅ (Ezech. 36. 20.) Worte ̅ ein neues HERZ verſproche ̅ hat: Ich will euch/ ſpricht er/ ein neues HERZ geben/ und eine ̅ neuen Geiſt in euch/ und das ſteinerne HERZ will ich auß euerm Leib hinnemen/ und ein fleiſchliches HERZ an die ſtatt geben/ Vnd meinen Geiſt will ich euch geben/ und will machen/ daß ihr in meinen Gebotte ̅ wandelt/ und meine Recht haltet und thut. Was moͤchte er uns aber ſuͤſſers und an= nemlichers verſprechen koͤnnen? Sihe aber umb Gottes willen/ wie Gott die Er= neuerung deß HERZENS anſtelle. (Ezod. 13. 22.) Dan ̅ erſtlich nimbt er hinweg dz ſteinerne HERZ/ das harte/ und wie Stein erhaͤr= tete/ ďgleiche ̅ deß Pharaonis/ un ̅ ď Juden [159] geweſen iſt. Es ſchreiben nit gemeine ſondern fuͤrneme Scribenten/ Plinius/(Plin. l. 11. 37 Plutarch. in Paral. Rho- dig. li. 4. c. 16) Plutarchus und Rhodiginus, wie daß Hermogenes, Leonidas, Ariſtomenes, Meſſenus, Lyſander, an ihnen ſelber ein rauhes und hariges HERZ gehabt habe ̅ / welches ???edeuͤtet habe/ daß ſie eines har= te ̅ / rauh???n/ un ̅ grauſame ̅ HERZENS/ ja gleich als die wilde Thier geweſen ſeyn.(Baſil in He- xaem.) Entgegen aber helt Baſilius darfuͤr/ daß von dem Schoͤpffer der Natur durch ein leiſes lindes HERZ fuͤrgeſtellt werde die Freyheit deß HERZENS von aller Haͤrtigkeit der Boßheit und Schalckheit; zu ď genatuͤret ſeynd die jenige/ dere ̅ HER= ZE Nvoll ſeynd der Beguͤrligkeiten flei= ſchlcher und irꝛdiſcher Dingen auch ď Ge= lüſten/ gleich als die uberfluͤſſige Brun- nenquell. Demnach aber diß v???hiſche und ſteinine HERZ hingenom ̅ en/ gibt Gott ein neues HERZ/ ja ein fleiſchliches/ leich= tes/ glattes/ und lindes HERZ: durch welches nemlich verſtande ̅ wird ein leichter gehoꝛſameꝛ Will/ ď ſich gleichwie ein Fleiſch bige ̅ laßt: welcher alßbald auff und an= nimbt/ die Eingebung/ das Geſatz/ und Einbildung Gottes/ und nach dem es ihme ſolche eingetruckt/ ſolcht auch in dem Werck erfuͤllet. Was ſoll ich aber von [360] diſem neuen HERZEN ſagen? iſt es nit ſelber das HERZ unſers Herrn Jeſu Chiſti? Dann als er geſagt hatte: Ich will ench einen neuen Geiſt geben; (Ezech. 36. 26.) bald darauff/ als leget er ſelbiges auß/ ſe= tzet er hinzu: Meinen Geiſt will ich euch geben; auzudeuͤten/ daß der neue Geiſt/ ſeyn Geiſt ſey. Weil aber der Geiſt und das HERZ an diſem Ohrt fuͤr ein Ding gehalten werden/ wird leichtlich darauß geſchloſſen/ wie das neue HERZ welches Gott gibt/ das HERZ Gottes ſelber ſey. Ob ſich nun der heilige Job ſehr verwundert ob der unglaublichen Liebe Gottes gegen dem Menſchen/ in dem er ihme guts zuthun/ und ſeiner zugedencken (Job. 7. 17.) ſich wuͤꝛdiget: Was iſt doch ein Me ̅ ſch/ ſchreyet er auff/ dz du jhn groß machſt? und warum ſchlaͤgſt du dein HERZ zu jhm? Diß geduͤnckt mich wahrlich noch groͤſſer ſeyn/ daß Gott ſich wuͤrdiget ſein HERZ dem menſchen auch ſelber zu ſchencken; ja er thut ſolches alſo mit dapf= ferem und freundlichen Gemuͤt/ daß er voꝛ groͤſſe der Liebeſich nit ſchaͤmet zu ſprechen/ die liebhabende Seel nehme und ſtehle jhme ſein HERZ. Dann wo wir ſonſten (Cant, 4. 9.) ins gemein leſen: Du haſt mir mein [361] HERZ verwundet/ mein Schwe- ſter/ libe Braut/ du haſt mir mein HERZ verwundet; dolmetſchen pag-(Gisler. & Delrio in c. cant. Ambr. ſer. 16. in Pſ. 128.) ninus, und Vatablus wie auch die 70. Dol= metſcher auß de ̅ Hebraiſche ̅ : Du haſt miꝛ dz HERZ genommen. Oder wie Am= broſius hat/ du haſt mir meiu HERZ ge= fangen. Dann diß liſt die fuͤrtreffliche Wuͤrckung der Liebe/ welche die Stel reiſ= ſet nach dem Ding/ dz ſie liebet/ alſo daß ſie mehr iſt/ wo ſie liebet/ als wo ſie lebhafft/ macht. Seytemahln/ wo dein Schatz iſt(Matth. 6. 21.) da iſt auch das HERZ. Dann die ge= liebte Sach ziehet das HERZ deß Lieben= den nach ſich. Daher derjenige wol ſprach:
Mein HERZ iſt gwichen ab von mir/
O JEſu mein/ es folgt nach dir. Gleich wie das Himmelreich Gewalt ley=(Matth 11. 12.) det und die da Gewalt thun/ die reiſſeu es zu ihnen: alſo auch der Braͤutgam unſerer Seelen/ der iſt die Seeligkeit deß Him= melreichs ſelber/ leydet Gewalt/ und wird(Cant. 12.) mit Gewalt hingeriſſen von einem Aug der Braut/ und mit einem Haar ihres Halß. er wird gebunden/ ſprich ich/ und zu uns gezogen durch ein lebendigen Glau [362] ben/ und vollkommnen Gehorſam; und zwar alſo kraͤfftig/ daß er ſich ſeiner Gelieb= ten nit verlaugnen oder abſchlagen kan/ ſondern ihr ſein HERZ gar gern mitthel= let Darum betrachte hie noch/ erner/
Wie Chriſtus der Herꝛ etlichen ſein HERZ mitgetheilet. Es mangelt in der Kirchen GOttes nit an glaubwürdigen Zeugnuſſen/ mit wel- chen das/ was jetzunder geſagt worden/ außtruͤcklich genugſam beſtaͤttiget werde. Dann wir leſen von der H. Gertrud/ als ſie etwan traurig war/ daß ſie in den Tag= zeiten/ zimlich offt auß menſchlicher Bloͤ- digkeit ſiele; ſey ihr der Heer erſchienen/ und hab ihr gleichſam mit eygnen Haͤn- den ſein Goͤttliches HERZ dargebotten/ (Inſinuat Di- via. piet l??? ??? c. 25.) in der Gleichnuß einer bruͤnnenden Lam= pen; ſprechende: Sihe ich halte dir für die Augen deines Gemuͤhts mein ſuͤſſeſtes HERZ/ den Werckzeug der allzeit Hoch- wuͦrdigſten Dreyfaltigkeit/ dem du alles/ was du durch dich ſelber nit vollb???ingen kanſt/ veꝛtreulich befehleſt fuͤr dich zu er= fuͤllen. Vnd alſo werden alle Ding vor meinen Augen zum hoͤchſten vollkommen erſcheinen. Ja die heilige Gertrud redet auch ſelber alſo von diſer wunderbarlichen [363] Gab: Du haſt mir auch under diſem(lib. 2. c. 33.) noch mitgetheylet die unerſchaͤtzliche Ge= meinſchafft deiner Freundſchafft/ in dem du mir auff underſchidliche weiß jene Edliſte Arch der Gottheit/ nemlich dein Goͤttliches HERZ dargebotte ̅ zum uber= ffuß aller meiner Beluſtigung; jetzt haſts freywillig geben/ bald zum Anzeigen groͤſ= ſerer Freuͤndſchafft/ haſt du es mit dem mein en verwechßlet/ ſambt diſem auch vil heimlche verborgne Sachen deiner Ge= richten und Wolluͤſten geoffenbahret: Dergleiche ̅ Gnad hat die Goͤttliche Guͤte(Lib. 2. Grat. ſpir. c. ???.) auch ertheylet jhrer Schweſter der heili= gen Mechthildl. Dann als ſie am Mit= woch nach Oſtern/ im Introitu der Meß ſingen hoͤret: Komt ihr Gebenedeyten; ward ſie mit wunderbarlichen Freuden erfuͤllet/ und ſprach zum Herꝛn: Ach daß halt ich auch eine waͤre auß den gebenedey= ten Seelen/ welche noch diſe deine ſuͤſſeſte Stimm hoͤren werden! Hat jhr der Herꝛ geantwortet: Du wirſt zwar eine auß jhnen ſeyn/ ſolſt auch ſolches fuͤr gewiß glauben/ und darum gib ich dir mein HERZ zum Pfand/ welches du allzeit bey dir habenwirdeſt/ und wann ich mein Verſprechen erfuͤllen wirde/ ſolſt du mir ſolches zum Geztuͤgnuß wider zuſtellen. [364] Vber das/ gib ich dir mein HERZ zum Hauß der Zuflucht/ daß wann du auß di= ſem Leben abſcheyden wuͤrdeſt/ an keinem andern Orth auffgenommen werdeſt. Als ſie nun diſe Gaab empfangen/ trug ſie ein groſſe Lieb und ehrentbietung gegen dem (Bloſ. in ap- pend. ad Mon. Spir. c. 14.) Herrn Jeſu. Als aber die Stund herzu nahete/ in der ſie auß diſer Welt hinſchey= den ſolte/ hat ſie Jeſus der Herꝛ der hoͤch= ſten Mayeſtaͤt mit dem Liecht ſeiner Gott= heit gantz erleuchtet/ mit ſuͤſſer und freuͤnd= licher Stimm und diſen Worten geladen: (Matt??? 5. 24.) Komb du Gebenedeyte meines Vat- ters/ beſitze das Reich/ welches diꝛ von Anbegin der Welt zuber???itet iſt. Alsdann hat ſie der Herꝛ der allerfuͤr= trefflichſten Schanckung erinnert/ in wel= cher er ihr vor etlich Jahren (als gemel= te Wort in der H. Meß geſungen wor- den) ſein HERZ zum Pfand der Liebe ge= ſchencket hatte. So ward nun ſelbige ſee= lige Seel in das allerſuͤſſeſte HERZ Jeſu hinein gelaſſen/ der ewigen Glory/ und himmliſchen Freuden ſeeliglich zuge= fellet. Sehr verwunderlich iſt/ was wir (Raimund. Cap. l. 2. in vita c 16. ap. Sur.) von der heiligen Catharina von Senis leſen. Diſe war auff einen Tag mit der Wunden der Liebe Chriſti deß Herrn [365] ihres Braͤutigams verwundet/ begehrte inbruͤnſtig von jhme/ daß er von ihr das HERZ und eygnen Willen mit Wurtzel herauß nehme/ auff daß ſie jhme in allen Dingen ohne alles Widerſtreben gehor= ſam waͤre. Da erſchine jhr under dem Gebett Chriſtus im Geſicht/ als thaͤte er ihr lincke Seyten auff/ nehme dz HERZ herauß/ und ſchiede darvon. Als der Beichtvatter wenig auff diſes hielte/ und vermeinte ſie were nit recht bey Sinnen/ nim wahr/ als er auff ein Tag auß der Capellen der Kirchen herauß gehen wolte/ erſchine ihm Chriſtus mit groſſem Licht/ in der Hand tragend ein rotes und herꝛ= liches HERZ/ nahet ſich hinzu/ leget ſelbt= ges in die lincke Seyten der Jungfrau= en/ ſprechende: Sihe mein Tochter/ da haͤſtu fuͤr dein HERZ mein HERZ/ beſchloſſe die Seyie ̅ und ſchiede darvon. Daß man aber nit vermeinet/ diß were ein lautere Phantaſey/ iſt am ſelbt= gen Ohrt die Maſe ̅ verblibe ̅ und von jhre ̅ Geſellin offt geſehen worden. Was ſie aber durch diſe wunderbarliche Verwechß= lung geß HERZENS erlangt/ iſt eine ̅ jeglichen leichtlich zugedencken. Seytema= len ď Erſchaffer aller Dinge ̅ / hette nit auff [366] diſe ſo wunderbarliche weiß jhr HERZ alſo lang bey ſich behalten woͤllen/ es were dan ̅ daß er ſie mit jnbruͤnſtiger Liebe/ und Vberfluß aller Gnaden erfuͤllet. Diſer Sachen iſt gemelte heilige Jungfrau die gewiſeſte Zeugin/ welche ein unglaubli= chen Inbrunſt der Liebe in jhrem HER= ZEN empfande/ daß ſie gaͤntzlich ſpreche/ es were in ihrer Seelen ein ſo groſſe Er= neuerung der Reinigkeit und Demut/ daß ſie vermeinet/ ſie were wider zu dem Alter (Cantiprat. l. 2. c. 6. vitæ eius.) der vier oder fuͤnff Jahren kommen. Die Goͤttliche Guͤte hat nit ein faſt ungleiche Gnad der Liebe erwiſen der heiligen Lut= garden: als er ihr/ wie einer andern Eſt= her/ Gewalt geben zubegehren was ſie wolte/ antwortet ſie: Herꝛ/ ich will dein HERZ/ und der Herꝛ ſprach: Viel mehr will ich auch dein HERZ. Sie antwortet: Herr/ laß es alſo geſchehen/ doch mit di= ſem geding/ daß du die Liebe deines HER= ZENS/ meinem HERZEN alſo at- temperireſt; und ich mein HERZ zu jeder Zeit mit deiner Beſchirmung ſicher in dir beſitze. Da iſt nun von ſelbigem Tag an gleichſam ein verwechßlung der HER= ZEN geſchehe ̅ / oder vil mehr die vereini= gung deß erſchaffne ̅ un ̅ unerſchaffnen Gei= ſtes/ ď ſie beſchuͤtzet un ̅ bewaret dz ſie weder
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CORDIS ILLVMINATIO. Illuminabuntur CORDA ueſtra E???di. 2 Luxde luce Detis, cœci lux vnica mundi, CORDE graues tenebras diſcute luce tuâ.

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die Verſuchung deß Fleiſches/ ja ſo gar auch kein unflaͤttiger Gedancken ihr Ge= muͤth einen eintzigen Augenblick betruͤbet.

Die II. Lection.

CORDIS ILLUMINATIO.

Erleuchtung deß HER- ZENS.


Euere HERZEN ſollen erleuͤchtet werden. Eccl. 2. 10. BETRACHTE ERST= LICH/ wie nichts erbaͤrmlicheꝛs/ oď ungluͤck ſeeligers ſey/ als ein ver finſtertes HERZ/ welches von dem Goͤtt= lichen Liecht gantz und gar außgeſchloſſen iſt. Dan ̅ ď in der Finſternuß wandelt/(Ioan. 1???, 35.) weiß nit wohin er gehet/ und daꝛum fallet er in tauſenterley Gefahren. Sinte= mal er gleichſam in ſtaͤter unauffhoͤrlicher Nacht/ und gar dicke ̅ Verfinſterung wan= delt/ darin er die Sonne der Gerechtigkeit und das Liecht der Warheit vergebentlich ſuchet; dan ̅ dz Liecht hat kein Gemeinſchafft(2. Cor. 14. Aug. Soli- loq. c. 31.) mit der Finſternuß. Deßwegen der H. Au= guſtinus gar billich auffſchreyet: Wehe/ [368] wehe meiner finſternus/ in der ich gelegen bin! wehe/ wehe der Blindheit/ darin ich das Licht deß Himmels nie ſehen kundte! Wehe/ wehe meiner vorgehenden Vn= wiſſenheit/ in der ich dich Herr nit er= kandte! Die Gefahr aber/ in welche die Seel durch diſe finſternus faͤllt/ hat ď Pſal= (Pſ. 103. 20.) miſt gar wol beſchriben/ da er alſo zu Gott redet: Du machſt finſternus/ dz nacht werde: in der rege ̅ ſich alle Thier. Die junge Loͤwen/ die da bruͤllen nach dem (Lib. 17. Moral. c. 37.) Raub un ̅ jhre Speiß ſuche ̅ von Gott. Welches Gregorius alſo außleget: Der Herr macht finſternus/ wan ̅ er die Suͤn den gerichtlich verguͤltet/ un ̅ das Licht ſei= ner Verſtaͤndnuß entzihet. Vnd es wird Nacht/ weil daß Gemuͤt der boͤſen verblen= det wird von den Irꝛthum ̅ en jhrer Vn= wiſſenheit. Darin ſich alle Thier regen/ wann die boͤſe Geiſter/ die unď dem Schat= ten deß Betrugs verborgen ligen/ als dann ſich regen/ in dem ſie jhre Boßheiten in der verꝛuchten HERZEN erfuͤllen. Darinn auch die junge Loͤwen bruͤllen/ wann die dinſtbare Geiſter der boͤſen/ aber doch hochanſehlichen gewalthaber/ mit ver- drießlichen Verſuchungen ſich mercken laſ= ſen/ welche doch von GOtt die Speiß be [369] gehren. Weil ſie nemlich die Seelen nit fangen koͤnnen/ es ſey dann/ daß es ihnen durch das Gerechte Vrtheil Gottes ver= gundt werde. Wer ſolte/ nun ſich b diſen gꝛauſamen Thieren nit entſetzen/ ſonder= lich in der Finſternuß? Wer ſolte ihme nit foͤrchten/ daß er nit etwan von ihnen zerꝛiſſen und gefreſſen werde? Wer wolte nit trachten nach dem wahren Licht/ wel= ches einen jeden Menſchen erleuͤchtet der(Ioan. 1. 7.) auff diſe Welt kombt? Dann ſo ſelbiges auffgehet/ machen ſich alle dieſelbe Thier wider in ihre Hoͤlen/ wie am gemelten Ohrt ď Koͤnigliche Prophet darauff ſetzet: Wan ̅ aber die Sonn auffgehet/ ve???= ſamlen ſie ſich wider zu ihren Hoͤlen/ und lege ̅ ſich in ihre Wohnung. So gehet dann der Menſch auß an ſeine Arbeit/ und zu ſeinem Werck und Geſchaͤfft. Dann ſo das Licht der War= heit das verfinſterte HERZ erleuchtet/ werden alle unzimliche Beairligkeiten ver= triben/ nnd der erleuchte Menſch gehet zu ſeiner Arbeit/ das iſt zu Erhaltung der Goͤttlichen Gebotten/ und Befleiſung der Tugend; denen er ohne das Licht Gottes(Auguſt. lib. de Nat.) nit abwarten kan. Dann wie Auguſtinus ſpricht/ Gleich wie das leiblich Aug wel [370] ches (ex grat. c. 16) ſonſten gantz geſund und unverletzt iſt/ aber nit ſehen kan ohne das Liecht: alſo auch der Menſch/ ſo vollkommenlich ge= rechtfertiget iſt/ kan nit recht leben/ er habe dann Hilff von dem ewigen Liecht der Ge- (Auguſt. in medit. c. 18.) rechtigkeit. Bette derohalben mit geſagie ̅ Auguſtino: O Schein der Glory deß Vatters/ der du ſitzeſt vber Cherubim/ und ſchaueſt den Abgrund: du Liecht dir War= helt/ du erleuchtendes Liecht/ du unauff- hoͤrliches Liecht/ in welches die Engel be= gehren zuſehen. Sihe mein HERZ iſt vor dir; vertreibe deſſen Finſternus/ daß es mit der Klarheit deiner Liebe vollkomner vber= ſchuͤttet werde. (Gen. 1. 1.) BETRACHTE fuͤrs ANDER Als im Anfang GOtt Himmel un ̅ Erden erſchuffe/ war es finſter auff ď Tieffe/ und GOtt hat geſproche ̅ : Es werde Liecht/ und das Liecht iſt worden. Auff unſerm HERZENligen auch dicke Finſternuͤſſen der Vnwiſſenheit (2. Cor. 4. 6.) und der Suͤnden/ darinn wir verbleiben muͤſſen/ wo nit Gott/ der da hieß das Licht auß der Finſternuß herfuͤr leuchten/ in unſern HERZEN erſchine zu Erleuch= tung ď Erkandnuß der Klarheit GOttes. Seufftze derhalben nach diſem Liecht und [371] ſprich: Erſcheine dene ̅ / die da ſi tzen in(Luc. 1. 79.) der Finſternuß und Schatten deß Todts/ und richte unſere Fuͤſſe auff den Wege deß Fridens. Hoͤre wie(Auguſt. So- liloq. c. 3.) manigfaltig Auguſtinus das Goͤttliche Liecht auruffe: O unſichtbares Liecht/ dem alle tieffe deß menſchlichen HER= ZENS ſichtbar iſt! Sihe/ es iſt Finſter= nuß auff der Tieffe meines Gemuͤts/ du biſt das Licht. Sihe/ es iſt ein nuͤbliche Fin= ſterung auff dem Waſſer meines HER= ZENS/ du biſt die Warheit. O Wort/(Ioan. 1.) durch welches alles gemacht worde ̅ / und ohn welches nichts gemacht iſt! O Wort/ welches iſt vor alle ̅ / und vor welche ̅ nichts war! O Wort/ dz alles ſchaffet/ ohn wel= ches alle Ding nichts ſeynd! O Wort/ wel= ches alles regiret/ ohn welches alle Ding nichts ſeynd. O Wort/ welches im Anfang ſagte: Es werde das Licht/ un ̅ das Licht iſt worden. Spricht auch zu mir: Es werde das Licht/ und ſey das Licht/ und ich ſehe das Licht und erkenne das/ was nit das Licht iſt/ und das Licht werde zur Fin= ſternuß geſetzt. Vnd alſo ohn dein Licht/ iſt kein Warheit. Es iſt da Irꝛthum/ es iſt da Eytelkeit/ es iſt kein Beſcheidenheit/ es iſtda Verwirꝛung: Es iſt da Vnwiſ [372] ſenheit/ und kein erkantnuß: es iſt da die Blindheit/ und kein Sehen: es iſt da Vn= wegſame/ und kein Weg. es iſt da der Tod/ und nit das Leben. Wehe mir Armſeeligen der ſo offt verblendet worden; dann du biſt (Cap. 4.) das Liecht/ und ich bin ohn dich; Herꝛ ſprich das Wort/ es werde das Liecht/ da= mit ich das Liecht ſehe/ und vermeyde die Finſternuß; daß ich ſehe den Weg/ und vermeyde den Abweg; daß ich ſehe die War heit/ und vermeyde die etelkeit; daß ich ſehe (Pſ. 26. 1. Id. ſolil. c. 12.) das Leben/ und vermeyde den Tod. erſchei= ne Herꝛ/ mein Liecht/ mein erkeuchtung/ und Heyl: fuͤr wem ſoll ich mich foͤrchten? es ſeynd Schatten der Finſternuß/ mit de= nen ich bedecket wird in ď Tieffe diſes ver= (Cant. 2. 17.) finſterten Kaͤrckers/ darinn ich darnider li= ge/ biß es Tag werde/ und die Schatten (Pſ. 28. 4.) welchen/ und es werde das Liecht am Fir= mament deiner Macht. Die Stimm deß Herrn gehe mit groſſer Herrligkeit/ und ſpreche: es werde das Liecht/ und die Fin= ſternuß welchen ab/ daß man das Trocken ſehe. es laſſe die erden auffgehen gruͤn Graß und Kraut/ daß ſich beſame/ und bringe gute Frucht der Gerechtigkeit/ und deß Reichs Gottes. BETRACHTE zum Dritten/ [373] Wie GOtt vor Zeiten gebotten hab/ daß(Num. 8. 2.) in ſeiner H. Wohnung/ gegen Mittag= waͤrts ein guͤldener Leuchter/ der ſiben Am= peln hette/ auffgericht wurde. Diſer Taber= nackel/ welcher ein Figur deß Tempels oď Kirchen war/ bedeutet die Seel eines gerechten Menſchen; dann wie der Apo= ſtel ſpricht: Ihr ſeyd der Tempel Got=(1. Cor. 3. 16.) tes/ und der Geiſt Gottes wohnet in euch. Was bedtuͤtet aber diſer Leüchter/ den man in diſer geiſtlichen H. Wohnung unſers HERZENS auff???ichten ſoll/ anders/ als das Licht/ durch welches dz Ge= muͤt deß Menſchen vo ̅ H. Geiſt erleuͤchtet wird? Die Lichter aber/ welche auff dem Leuͤchter brennen/ bedeuten die Lichter/ von denen der Herr geſprochen hat: Euere Lenden ſollen ſeyn umbguͤr=(Luc. 12. 35.) tet/ und brennende Lichter in euern Haͤnden. Haͤre aber Originem/ wie er(Origen ho ̅ . 9. in Exod.) gar zierlich de ̅ Leuͤchter deß HERZENS außleget: Ein jeglicher Chriſt/ ſpricht er/ ſoll wiſſen/ dz er ein Leuͤchter mit de ̅ Licht in der H. Wohnung ſetzen muͤſſe/ daß er allzeit brennende Lichter habe/ und ſeine Lenden umgürtet ſeyen/ und er ſey/ gleich wie ein Knecht/ der auff ſeinen Herꝛn wartet/ wann er von der Hochzeit komme. [374] Diſen Leuchter aber ſoll man gegen Mit= tagwerts richten/ damit er gegen Mitter- nacht ſehe. Dann mit brenendem Liecht/ das iſt/ mit wachtbaren HERZEN/ ſoll er allzeit gegen Mittnacht ſehen/ und auff den jenigen mercken/ der von Mitternacht iſt. Sintemahln alles Vngluͤck entzuͤndet (Ierem. 1. 14.) ſich uͤber die Innwohner ď gantzen erden: So muß derohalben/ der wachtbar/ ſorg= faͤltig/ und innbruͤnſtig ſeyn will/ allzeit Achtung geben auff die Argliſtigkeit deß Teuffels/ und ſtets ſehen/ wo die Verſu- chung herkomme/ und der Feind einbre= chen werde Auff daß du aber diß/ O Seel/ ſehen koͤndeſt/ bitte Gott deinen erleucheer/ daß er diß Liecht in deinem HERZEN entzuͤnde; und ſpricht mit dem Propheten: (Pſ. 17. 29.) Dann du eꝛleuchteſt meinen Leuchteꝛ (Auguſt. So- liloq. c. 34.) Herꝛ mein Gott erleuͤchte mein Fin- ſternuß. Vnd mit dem H. Auguſtino: O Liecht/ dz allzeit leuͤchtet/ und nie verfinſtert wirſt/ erleuͤchte mich. Ich bitte/ nim hin die Squammen der alten Dunckele/ durch den Straal deiner erleuchtung O Glantz darein niemand kommen kan/ auff daß ich mich/ und dich ſehe. Wehe den blinden Augen/ die dich nit ſehen/ O Sonn/ die Himmel und erden erleuͤchtet! Wehe [375] den truͤben tunckeln Augen/ welche dich nit ſehen moͤgen! Wehe den abweichenden Augen/ damit ſie die Warheit nit ſehen! Wehe denen die ſich nit abwenden/ damit ſie ſehen die eytelkeit! Sintemahln die Augen/ welche der Finſternuß gewohnet haben/ koͤnnen die Straalen der hoͤchſten Warheit nit anſchauen; ſo moͤgen auch die in Finſternuß wohnen/ das Liecht nit ſchaͤtzen oder hoch achten. Sie ſehen die Finſternuß/ ſie lieben die Finſternuß/ ſie approbiren die Finſternuͤß; ſie gehen von der Finſternuß in die Finſternuß/ und wiſ= ſen nit wo ſie fallen. Armſeelige Leuch/ wel= che nit wiſſen/ was ſie verlieren; ja noch armſeeliger ſeynd/ welche wiſſen/ was ſie verlteren: welche mit offnen Augen fallen/ und fleigen lebendig in die Hoͤll hinunder. BETRACHTE zum Vierdten/ die groſſe Gutthat/ welche Gott deinem HERZEN mittheilet/ indem eꝛs erleuch= tet. Dann erſtlich macht er es Liecht und glaͤntzend. Hernach erloͤßt er es von aller Forcht und Schrecken. Das erſte hat Jeſaias erklaͤret/ da er geſprochen: Dein(Iſa. 58. 10.) Liecht wird in der Finſternuß auff= gehen/ und dein Tnnckel wird wie der Mittag. Der HErꝛ wird dir [376] ewig Ruhe geben/ und dein Seel mit (Pſ. 26. 1.) hellem Liecht erfuͤllen. Das ander aber bekennet David/ da er ſpricht: Der Herꝛ iſt mein Liecht und mein Hayl: Fuͤr wem ſoll ich mich foͤrchten? Dann weꝛ ſoll ſich foͤrchten/ wann er Gott den erleu= ter bey ſich gegenwaͤrtig hat/ der ihme das Liecht vortraͤgt/ damit er alle Gefahr ver= meyde? Chryſoſtomus erklaͤret diſe beyde (Chryſ. hom. ad ad pop. Antioch.) Gutthaten/ da er ſpricht: Die Welt iſt nit ſo liecht und hell wann vie Sonn auff= gehet/ als hell und liecht die Seel wird/ wann ſie die Gnad vom Geiſt empfa= het. erlerne nun fleiſſiger die Natur der Sachen. Wann es auff der Welt Nacht iſt/ und von der Finſternuß alles dunckel worden/ iſt offt geſchehen/ daß einer ein Stricklein angeſehen hat für ein Schlan= gen/ oder ſo ein Freuͤnd zu ihme genahet/ und er ihn als ein Feind geſtohen; ſo er etwas rauſchen hoͤren/ zitterend worden iſt; ſo es aber Tag waͤre/ geſchehe nichts ſolches/ ſondern es ſcheinet alles/ wie es an ihme ſelber iſt. Solches geſchicht auch in unſerer Seel. Demnach die Genad kom= men/ und die Finſternuß auß dem Gemuͤt vertriben hat/ lernen wir die Warheit/ und verachten die Ding/ welche wir zuvor [377] gefoͤrchtet haben: dann wir foͤrchten auch nit mehr den Todt/ und lernen fleiſſig auß diſer H. Vnderweiſung/ daß der Tod kein Tod ſey/ ſondern ein Schlaff/ und zeit= liche entſchlaffung; foͤrchten auch weder Armuht/ noch Kranckheit/ noch etwas an= ders dergleichen/ wiſſende/ daß wir zu ei= nem beſſeren Leben kommen/ welches von aller Vngleichheit frey iſt. So dir nun in ď Finſternuß dz Liecht deß HERZENS auffgangen biß Gott deinem Herꝛn danck= bar/ und ſprich: Sihe ich ein Sohn deiner Magd/ biege das Genick meines HER= ZENS durch den Glauben/ undeꝛ den Fuͤeſſen deiner Mayeſtaͤt/ danckſagende/ daß du dich gewuͤrdiget haſt mich zu er= leuchten. Nim wahr/ ich ſihe nun/ ich ſage danck: nim wahr/ ich ſihe das Liecht deß Himmels es erſcheinet den Augen meines Gemuͤhts der Straal von oben herab von dem Angeſicht deines Liechts und erfreuet alle meine Gebein. Ach daß es in mir voll= kom ̅ en wurde! Ich bitte O Vrſprung deß Liechts/ mehre das in mir erſcheiner! Ich bitte/ laß es auß dir ſich erwelteren/ und außbreiten! BETRACHTE zum FVNF= TEN/ Wie es nit genug ſey/ daß Gott dz Liecht auf de ̅ Leuchter deß HERZENS [378] anzuͤnde: ſondern man muͤſſe auch fleiſſig Fuͤrſehung thun/ daß es nit etwan erloͤ= ſche. Sintemaln ein jegliches boͤſes Werck (8. Theſ. 5. 19 Chryſoſt. hom. 11. in 1 Ep. ad Theſ. c. 5.) diſes Liecht außloͤſchet. Dahero als S. Paulus geſprochen: Den Geiſt loͤſchet nit auß: leget es Chryſoſtomus alſo auß: Den Geiſt loͤſchet nit auß/ das iſt/ die Gaab deß Geiſtes. ein unreines Leben loͤſchet auß den Geiſt. Dann gleichwie/ ſo einer in ein brennende Ampel Waſſer guͤſ= ſe/ oder Staub ſtreuͦet/ oder allein das Oel herauß nehme/ der wurde das Liecht auß= loͤſchen: Alſo hat es auch ein Geſtalt mit der Gaab deß heiligen Geiſtes. So du wurdeſt irrdiſche Ding/ oder Sorgfaͤltig= keit der zergaͤnglichen Dingen einſtreuen/ wurdeſt du den Geiſt außloͤſchen. Oder auch/ ſo du nichts dergleichen thun wur= deſt/ aber anderſtwoher ein ſtarcke Ver= ſuchung/ gleich wie ein Wind/ einreiſſen wurde/ und der Flammen nit ſtarck genug ſeyn/ oder wenig Oel haben wuͤrde/ oder ſo du das Loch oder Thuͤr nit zuthun wuͤrdeſt/ wird alles miteinander zugrund gehen. Die Loͤcher in uns ſeynd die Augen/ und Ohren. Laß nit durch diſe hinein den Blaßt der Boßheit/ ſonſten wird er das Liecht außloͤſchen: ſondern vermach die Loͤ= cher mit der Forcht Gottes. Der Mund
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CORDIS TABVLA LEGIS. Dabo legem meam in uiſceribus eo= rū, et in CORDE eorū ſcribam eā Jere. 3???. Scribo nouam: tene??? nunc CORDIS in ???quore legē Cum vetus in duris ſit mihi ſcripta petris.

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iſt ein Thuͤr/ beſchließ es. es wird auch das Liecht außgeloͤſcht/ ſo es am Oel mangelt: Wann wir nit Barmhertzigkeit erzeigen/ wird der Geiſt außgeloͤſcht. Seytemahln das Liecht deß H. Geiſtes in uns von der Barmhertzigkeit Gottes angezuͤndet wiꝛd. So laßt uns nun das breunende Liecht behutſam verwahren= als Kinď deß Liechts wandlen: Dann die Frucht deß Liechts(Edheſ. 8. 9.) ſtehet in aller Guͤtigkeit und Gerech= tigkeit und Warheit;

Die III. Lection.

COR TABULA LEGIS.

Das HERZ iſt ein Taffel deß Geſaͤtzes.


Mein Geſatz werd ich ihnen in ihr jnnerlich Gemuͤth gebe ̅ / und wills ihnen in ihr HERZ hinein ſchrei- ben. Ier. 31 33. BETRACHTE ERST= LICH/ Wie Gott nit woͤlle/ daß jme dz auffgeopfferte HERZ leer bleibe: ſonď ſelbiges brauche wie ein Papier ſein Gſatz darin ſchreibe/ un ̅ diß iſt die gnad [380] (Deut. 9. 10.) deß neuen Teſtaments. Dann als er vor Zeiten das alte Geſatz in ſteinerne Taffeln mit ſeinem Finger geſchriben/ hat er ver= heiſſen/ er wolle ſelbiges im Neuen Teſta= ment einſchreiben in die HERZEN der Glaubigen; dann alſo redet er bey dem (Ier. 31 33.) Jeremia: Das wird der Bund ſeyn/ den ich/ ſpricht der Herꝛ/ in nachge= hender Zeit mit dem Hauß Iſrael machen werd/ nemlich: Mein Geſatz werd ich ihnen in ihr inneꝛlich Ge- muͤth geben/ und wills ihnen in ihr HERZ hinein ſchreiben. Nun aber diſe einſchreibung deß Geſatzes in das HERZ gehet zu durch den hetligen Geiſt/ wie Auguſtinus ſpricht: Was ſeynd dann (Lib. de ſpir. & lit. c. 21.) die Satzungen Gottes/ von Gott ſelber eingeſchriben in die HERZEN/ als die (???uc. 11. 20.) Gegenwart deß heiligen Geiſtes/ welcher iſt ď Finger Gottes? ſo diſer nun zugegen/ wird die Liebe Gottes außgegoſſen in un= (Rom 13. 10.) ſere HERZEN/ welche iſt deß Geſatzes erfüllung/ und das end deß Gebetts. (1. Tim 1. 5.) Auß diſem Grund heiſſet der H. Paulus die Corinthier/ und in ihnen alle Glaubige (2. Cor. 3. 3.) ein Brif Chriſti Die ihr offenbahr worden ſeyd/ ſpricht er/ daß ihr ein [381] Brif Chriſti ſeydt/ durch unſeren Dinſt zubereit/ und nit mit Dinten geſchriben/ ſondern mit de ̅ Geiſt deß lebendigen Gottes/ nit in ſteinernen Taffeln/ ſonďn in fieiſchern Taffeln der HERZEN. So du nun auch be= gehreſt/ ein Brif Chriſti zu ſeyn/ und wilſt die Gnad deß neuen Teſtaments em= pfange ̅ / hereite dein HERZ/ diſe Schrifft zuempfahen. Zu diſem wird nun erſtlich erfordert/ daß es ſey gleich wie ein ſaubers Papier/ welches mit keiner Mackel der Sonden beſudelt ſey. Laß nit hinweg von(Ambroſ. in Pſ. 118 o- cton. 14.) deinem HERZEN das Geſatz Gottes/ und das Geſatz der Suͤnden darein heffte ̅ . Schreibe nit in deinen Sinnen die Be= luſtbarkeiten der Suͤnden; und die Gebott Gottes woͤlleſt nit außloͤſchen. Mach dein HERZ nit nach Brauch ď weltliche ̅ Leuͤ= ten/ zu einer Mappen der Weltbeſchrei= bung/ darinn die gantze Welt/ mit ihren Koͤnigreichen/ Landſchafften/ un ̅ Staͤtten abgemahlet ſeye; ſondern mach es zu eine ̅ reinen ſauberen Papier/ darauff man ̅ das(Deut. 10. 1.) Geſatz Gottes ſchreiben koͤnde. Fuͤrs anď gleich wie vor Zeiten Gott gewoͤlt hat/ daß man ſteinerne Taffelen ſolte außhauen/ [382] darein er das Geſatz mit einem Finger ſchreiben ſolte: alſo auch ſoll dein HERZ gantz glatt und leicht ſeyn/ daß gantz und gar kein Vngleichheit die Schrifft Gottes verhindere. Darum muß mans mit dem Hobel der mortification ſtets abhoblen/ damit es das Geſatz der Genade ̅ un ̅ Liebe empfangen koͤnde. Zum dritten muß das HERZ lind ſeyn wie dz Wachs; ſeytemahlen in einer waͤchſinen Schreib= tafel kan man nichts mit dem Zeiger ein= ſchreiben/ es ſey dann das Wachs lind/ und laß ſich treiben: alſo erfordert der H. Paulus die Taffelen eines fleiſchlichen HERZENS/ das iſt/ welches nit hart ſey wie ein Stein; ſondern zart/ ſo ſich bie= gen und zihen laſſe. So nun das HERZ etwas erharten wiꝛd/ befleiſſe dich ſelbiges durch die Liebe zuerweichen/ und zerſchmel= tzen/ daß man darein das Geſatz Gottes (Auguſt. Meditat. cap. 36.) ſchreibe. Wann dein HERZ alſo zuberei- tet iſt/ ruffe deſſelben Schreiber mit Au= guſtino alſo an; Herꝛ GOtt/ ſchreibe mit deine ̅ Finger in mein HERZ die liebliche Gedaͤchtnus keines hoͤnigſüſſe ̅ Namens/ welche durch keine Vergeſſenheit außge= loͤſcht werde. Schreibe in die Taffeln mei= nes HERZENS deine ̅ Wille ̅ / und dei= ne Rechtfertigung; auff dz ich dich Herꝛn [383] unendlicher Suͤſſigkeit/ und deine Gebott allzeit und allenthalben vor meinen Auge ̅ habe. BETRACHTE fuͤrs A NDER/ Warum GOtt woͤlle/ daß man das Ge- ſatz ins HERZ ſchreibe/ auff dz es auffge= halten werde in der Arch/ wie die Taffeln Moyſis; oder im Tabernackel/ wie das Deuteronomium ꝛ dann daſelbſten ver=(Deut. 10. 2. 1. Reg. 10. 25) gißt mans: Daher die Kinder Iſrael an diſe Buͤcher nit mehr gedacht/ ja haben vermeint ſie weren verlohren worden/ biß daß der Hohe Prieſter Helcias under der Regierung Joſiæ/ dieſelbe im Tempel(4. Reg. 22. 8) gefunden hat. So iſt es auch nit genug/ daß man das Geſatz an die Kleider ſchrei= be/ wie die Phariſeer theten/ welche breite Denckzettel/ und groſſe Saͤum an ihre(Matth. 23. 5. Prov. 73.) Kleider machten. Es iſt gleichfahls nit genug/ daß mans binde an die Finger/ und gleich wie ein Zeichen in der Hand/ oder vor den Augen trage/ oder auff die Thuͤren ſchreibe: Dann diſe Ding ſeynd allein aͤuſſerliche Behelff ď Gedaͤchtnuß. Es ſoll auch das Geſatz Gottes nit allein in den Ohren ſeyn; dann der Teuffel kans ihnen benemen/ und verhindern/ daß es nit hinein dringe. Es ſoll auch nit allein mit dem Verſtand und der Gedaͤchtnuß [384] auffbehalten werden. dann ders alſo be= (???. Cor. 8. 1. Ber. ſer. 5. de Advent.) haͤlt/ dem ſagt der Apoſtel/ wie Bernardus bezeuͤgt: Das wiſſen blaͤſet auff. So loͤſchet auch die Vergeſſenheit gar leichtlich auß die Gedaͤchtnus. Alſo muß man das Ge= ſatz Gottes allein in das HERZ ſchreibe ̅ / und darin auffbehalten. Wann ſoll aber darfür gehalten werden/ daß Gott ſolches in das HERZ ſchreibe? wan ̅ er dem Wil= len Gottſelige Anmutungen/ Wolge= fallen/ Antreibungen/ Willfaͤhrigkeit/ und letzlich die Liebe eingieſſet; damit der Will ſage: Herꝛ gib was du ſchaffeſt/ und ſchaff was du wilſt. Seytemahlen diſes iſt die groͤſte Gutthat GOttes gegen uns/ (Ambr. in Pſ. 118 octon. 14.) welches wir groß achten/ und mit danck barem Gemuͤth bedencken ſollen. Alſo thate der heilige Ambroſtus/ da er ſprach: Wahrlich iſt ein ewiger Teſtirer/ welcher ſein Geſatz in unſere HERZEN hefftet/ und in die Sinn ſchreibet; daß wir nichts anderſt koͤnnen gedencken/ als die Gebott Gottes; nichts anders ſollen empfinde ̅ / als die Wort Gottes. Er hat geben die Gnad/ die Natur reformirt/ ihme zugemuͤt gefuͤhrt/ der ſonſten nichts pflegt zuvergeſ= ſen; die Gedaͤchtnuß meiner Suͤnden hin= weggenommen/ und mir das Geſatz ſei= ner Gebotten geben.
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BETRACHTe zum Dritten die exempel der jenigen/ welche das Ge= ſatz Gottes in ihr HERZ geſetzt haben. Der erſte ſey Chriſtus der Herꝛ/ welcher im Pſalmen zu Gott dem Vatter ſpricht: Im Anfang deß Buchs iſt von mir(pſ, 39. 8.) geſchriben/ zuthun deinen Willen/ mein Gott hab ich Luſt/ und dein Ge= ſatz iſt mitten in meine ̅ HERZEN.(Heb. 10. 5.) Welche Wort der H. Paulus alſo auß= leget; und hat es den Verſtand/ wie er ha= be gantz gern angenommen den Schluß deß Vatters/ wegen der erloͤſung deß menſchlichen Geſchlechts durch den Tod/ auch ſolches ſo innbruͤnſtig begehrt/ daß er ſelbiges Geſatz nit nur ſchlechtlich ins HERZ/ ſonďn mitten in ſein HERZ ge=(Luc. 2. 19.) ſetzet habe. Das ander exempel iſt von der heiligſten Jungfrauen Maria/ welche alle Wort und Geheimnuſſen jres Sohns behielt/ und erwegt oď uͤberſchlug ſie in ih= rem HERZEN. Das dritte/ vom Da=(Pſ 118. 11.) vid/ da er ſpricht: Ich hab deine Reden in meinem HERZEN verborgen/ auff daß ich nit wider dich ſuͤndige. Item: Ich will erforſchen deine Ge [386] ſetz/ und wils halten von gantzem mei nem HERZEN Dann es nirgends beſſer/ als im HERZEN auffbehalten wird/ auch das HERZ ſelber bewahret: darum ſolle man lieber laſſen das HERZ hinweg nehmen/ als das Geſatz deß Herrn vom HERZEN. Dann diſes iſt ein ſtete Vbung der Gerechten/ das Geſatz Gottes im HERZEN haben; daher komts/ daß alle ihre Wort und Werck dem Geſetz (Pſ. 36. 30.) Gottes gleichfoͤrmig ſeynd. Welches der Pſalmiſt bezeuͤget/ da er ſpricht: Der Mund deß Gerechten gehet mit Weißheit um/ und ſein Zung redet vom Gericht. Wilſt wiſſen/ wo diſes her= (Matt. 1???. 34.) komme? Weil das Geſaͤtz ſeines Gottes iſt in ſeinem HERZEN: Dan ̅ auß Voͤl= le deß HERZENS redet ďMund daher ſtelt er ſeine Wort fuͤr ſichtig nach (Pſ. 111. 6.) dem Geſatz Gottes/ und ruͤſtet ſeine Rede mit Gericht. So muͤſſen wir uns nun ſon= derlich befleiſſen/ damit das Geſatz Gottes in unſern HERZEN geſchriben ſey. BETRACHTE zum VIER= DEN/ wie die Chriſte ̅ vor Zeite ̅ im brauch gehabt haben/ etliche Wort deß evangelii an Halß zuhaͤngen/ an ſtatt einer præſer [387] vativ: durch welches bedeutet war/ wie das heilige evangelium Chriſti muͤſſe un= ſerm HERZEN eingetruckt ſeyn: Alſo(Brev. Rom.) ſingt die Chriſtliche Kirch von der heiligen Jungfrauen und Martyrin Chriſti Cæ= cilia in ihrem Ambt: Diſe glorwuͤrdige Jungfrau truge allzeit das evangelium Chriſti auff ihre ̅ HERZEN. So ſpricht(Baron. ??? C. 232.) auch der Cardinal Baronius/ daß man ſinde; wie auch andere dergleichen gethan haben: und ſo wir glauben geben den Ge= ſchichten deß heiligen Apoſtels Andreæ/ wird erſcheinen/ daß ſolches ſchon zu der Apoſtel Zeiten gebraͤuchlich geweſen ſey??? Heilig und Gottſeelig iſt geweſen diſer Brauch der Voreltern/ es kaͤme dann dar zu ein Aberglaub/ dar durch er geſchwaͤ= chet werde. Deſſen thut meltung Chryſo= ſtomus/ ſprechende: Siheſt du nit/ wie die(Hom. 19. in Matth.) Welber und kleine Kinder fuͤr ein groſſe Bewahrung die evangelia an Halß haͤn= gen/ und allenthalben mit herum tragen wohin ſie gehen? Solches iſt auch im brauch geweſen zu Zeiten deß H. Gregorii.(Greg. l. 12. Epiſt. 7.) welcher Theodolindæ der Longobarder Koͤnigin/ als ſie das Knaͤblein Adalwal= dum geboren haͤtte/ für ein Schanckung geſchickt ein Halsgehaͤng/ nemlich ein Creutz mit dem Holtz deß H. Creutzes deß [388] Herꝛn/ und ein Lection deß H Evangelii in ein Perſtan???che Th???cam eingeſchloſſen. So gehet auch diſer B???auch ???och bey den (Chryſoſt. loc. cit.) Chriſten im ſchwang; dahero Chryſoſto= mus ermahnet/ man ſoll das Evangeliu ̅ im HERZEN beſchreiben: Du beſchrei= be die Gebott un ̅ Satzungen deß Evangelij im Gemuͤt; da braucht man weder Gold noch Silber/ oder Gelt/ das Buch einzu= kauffen: allein habt ihr vonnoͤthen den Willen/ und den Aff???ct einer wachtbaren Seel/ ſo wirſtu das Evangelium ſichereꝛ haben/ wann du es nit aͤußerlich/ ſondern in deiner Seelen auffbehalteſt. Gleicher weiß Auguſtinus/ als er ruͤhmet den Brauch das Evangeliu ̅ wiď die Schmer= tzen deß Haupts zugebrauchen/ beflicht er/ (Tract. 7. in Joann.) man ſolls auch zum HERZEN haben. So dir das Haupt wehe thut/ loben wir/ wann du das Evangelium= Buch zum Kopfhebeſt/ und lauffeſt nit um ein Bund umb. Dann die Schwacheit der Men= ſchen iſt dahin gerahten/ und alſo ſoll man die Menſchen beweynen/ welche den Buͤn= den nachlauffen/ daß wir uns er freuen/ wann wir ſehen einen Menſchen mit dem Fieber und Schmertzen behafftet im Beth ligen/ und ſein Hoffnung anderſtwo nit hinſetzen/ als daß er das Evangelium [389] zum Haupt lege: nit daß es darum ge= macht ſey/ ſondeꝛn weil das evangelium den Buͤnden fuͤrgezogen werde. So mans nun zum Haupt legt/ damit das Kopff= wehe nachlaſſ???; ſoll mans nit vilmehr zum HERZEN legen/ damit es von Suͤn= den geſund werde? So thue mans der= halben. Was ſoll man thun???man lege es zum HERZEN damit da??? HERZ ge= ſund werde. BETRACHTE zum FVNF= TEN. wz das Geſatz Gottes wircke/ wan ̅ es im HERZEN liget: dann es erhaͤlt den Menſchen vor der Sünd; daher ſprach David: Ich hab deine Reden in mei-(Pſ. 118. 11.) nem HERZEN verborge ̅ . Warum aber das? auff daß ich nit wider dich ſuͤn= dige. Vnd in einem andern Pſalmen: Das Geſetz ſeines Gottes iſt in ſeine ̅ (Pſ. 36. 31.) HERZEN/ un ̅ ſeine Tritt werden ihm nit undergetretten. Das iſt/ ſeine Fuͤß werden nit ſchwancke ̅ / nit ſchlipffern. Dz Wort Gottes im HERZEN ſpricht Auguſtinus/ erloͤfet vom Strick. Das(aug. in Pſal. 36.) Wort Gott???s im HERZEN/ erloͤſet ???o ̅ boͤſen Weg. Das Wort Gottes im HER ZEN/ erloͤſet vom Fall. Der jenige iſt mit dir/ deſſen Wort von dir nit welchet. Was [390] leydet aber der jenige Vbels im HER= ZEN/ den Gott bewahret? Gleich wie der= halben Gott befohlen/ man ſoll die Taffeln deß Geſatzes legen in ein Arch/ oder Tru= hen/ welche allenthalben mit Gold uͤberzo= gen: alſo laßt uns auch das evangeliſche Geſatz/ als ein gantz koſtbarlichen Schatz in die Arch unſers HERZENS/ welche vom Gold der Goͤttlichen Liebe ſcheinen ſoll/ legen und einſchlieſſen.

Die IV. Lection. CORDIS ARATIO.

Ackerung deß HER- ZENS.


Ich will mich zu euch wenden/ und euch anſehen/ daß ihr gebauet und geſaͤet werdet Ezech. 36. 9. BETRACHTE ERST= LICH/ Dein HERZ ſey ein er= den oď Acker deß him ̅ liſchen Ban= mans/ darein er das Weitzenkoͤrnlein ſaͤen woͤlle. Damit nun diſer Acker den Samen anneme/ muß man ihn zuvor mit de ̅ Pflug umackern. Was wird aber der myſliſche Pflug unſers HERZENS anďs ſeyn/ als das jenige/ was auß dem Holtz deß hei= ligen Creutzes/ und Speer/ welches die
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ARATIO CORDIS. Conuertar ad uos, et arabimini et accipietis ſementem. Ezech. 36. 9 Cordis agru ̅ Crucis ein tu??? proſeindataratru ̅ , Cui verbi inſpergas ſemina Sponſe, tui.

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hochheilige Seyten Chriſti durchflochen(Lib. 1. de Cruce c. 9.) hat/ zuſamen gepackt wird? Dann Juſtus Lipſius hat vermerckt/ wie der Pflug die Figur deß Creutzes andeuͤte; welches er(Max. Taur. de Cruce Dom ho ̅ . 2.) mit dem Gezeuͤgnuß Maximi Taurinen- ſis beſtaͤttiget/ der ſpricht: Gleich wie ein guter Bauman/ wann er ſich ruͤſtet die erden umzuackern/ underſtehet er ſich ſolches durch das Zeichen deß Creutzes zuthun. Dan ̅ ſo er allen gehoͤrig??? Werck= zeuͤg zu einem Pflug zuſam ̅ en fuͤget/ ma= chet er die Gleichheit der Figur deß Creu= tzes. Seytemahlen die zuſamenfuͤgung ſelber/ iſt ein Vergleichung deß HErꝛn(Juſti???. Apol. 2.) Leydens. Vnd der heilige Juſtinus Mar= tyrer ſpricht: Betrachtet alle Ding/ die auff der Welt ſeynd/ ob ſie ohne diß Creutz= zeichen geregieret werden/ oder ſich koͤnden brauchen laſſen. Die erden wird ohn diß nit geachert. Daher nun leichtlich abzu= nemen/ was Ackern im geiſtlichen Ver= ſtand bedeuͤte. Dann ſo wir dem heiligen(Beda c. 41. in Luc. c. 9.) ehrwuͤrdigen Bedæ glauben geben/ ſo iſt das ackern nichts anders/ als gleichſam mit einem Inſtrument der Bereuung/ dem Holtz/ oder eiſen deß Herꝛn Leydens die Haͤrte ſeines HERZENS abſtoſſen/ und zu herfürbringung der Fruͤchten guter Wercken eroͤffnen. Welches Hugo Car [392] dinalis (Card in Luc. 9.) etwz weitlaͤuftigers außgelegt hat: Die Hand an Pflug legen/ iſt durch die Bereuung/ und Gedaͤchtnuß deß Herꝛn Leydens/ das HERZ uͤberackern. Am Pflug iſt das Holtz/ daran ſich helt der jenige/ welcher ackern will; und wider ein anders Holtz/ daran man das Pflug= eiſen hefftet. So verſtehet man nun durch das Holtz/ daran ſich der Ackerman helt/ die Zerknirſchung oder Bereuung deß HERZENS: durch das Pflugeiſen welches die erde ̅ zerthe???et/ wird verſtande ̅ die Gedaͤchtnuß deß He??? Leydens/ wel= che gleichſam deß Menſchen HERZ zer= ſchneidet. Seytemahlen niemand kan ein ſo hartes oder ſteines HER Zhaben/ deſſe ̅ HERZ nit erweiche die Gedaͤchtnuß deß Leydens deß Herꝛn. Sonderlich aber ſoll der Menſch ſelbiges in der Gedaͤchtßnuß haben/ dan ̅ wann man ein ſo ??? Gut= that zur Gedaͤchtnuß fuͤhret/ wird das Ge= muͤt zur Liebe deß Gutthaͤters deſto mehr entzündet. So lege nun/ O mein Seel das bittere Leyden Chriſti deß Herꝛn uͤber dein HERZ/ und ſolches nit nur obe ̅ hin/ oder leicht fertiger weiß; ſondern betrachte darinn alſo/ dz es dein HERZ ???ff durch= tringe/ daſſelbe zerkairſche/ und darinn vil Furchen mache.
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BETRACHTe fuͤrs Ander/ Daß esnicht genug ſey/ daß du mit dem HER= ZEN das Leyden Chriſti betrachteſt/ ſo du dich nicht auch zur wuͤrcklichen V= bung kehreſt/ und ſelbigen als vil moͤglich mit den Wercken ſelber nach folgeſt. Dan ̅ (Gant. 8. 6.) diß iſt/ welches der Braͤutigam von der glaubigen Seel erfordert/ da er ſpricht: Setz mich wie ein Sigel auff dein HERZ/ und wie ein Sigel auff dei- nen Arm. Gleich als waͤre es nit genug/ daß wir CHriſtum Jeſum/ der fuͤr uns gelitten hat/ im HERZEN/ gleich als ein eingeiꝛucktes Sigel herum tragen; ſon= dern hat noch darzu gewoͤlt/ daß wir eben denſelben auf unſern Armen eintruck ???en: welches wir alsdann thun/ wann wir alle unſere Werck/ Sitten und Wandel dem Leben Chriſti gleichfoͤrmig machen. So will nun unſer Heyland/ ſpricht Theodo= retus/ daß wir ihn an ſtatt eines Sigels(Theod. in catena.) in unſern Betrachtungen/ und Wercken haben; und ſein Kennzeichen in allen un= ſern Worten und We???cken eintrucken. Welches auch Gott ſelber andeuͤtten woͤl= len/ da er zu Moyſi geſprochen: Sihe und machs nach dem Fuͤrbild/ das dir auff dem Berg angezeigt iſt. [394] (Exod. 25. 4???) Dann er ſpricht nicht allein/ ſihe/ ſondern ſihe nnd machs: durch welches wir ermahnet werden/ daß wir nit allein be= trachten ſollen das fuͦrtreffliche Fuͤrbild der Gedult/ welches uns auff dem Berg Calvariæ gezeigt iſt: ſondern wir ſollen auch darnach unſere Werck richten und anſtellen. Wie ſollen wir derhalben in wuͤrckliche Vbung ziehen diſen Pflug deß H. Creutzes/ damit wir mit ſeinem Pflugeiſe ̅ die erde ̅ unſers HERZENS durchſchneiden? Wann wir nemlich uns befleiſſen nach dem exempel??? deß ge= ereutzigten Herꝛn Chriſti/ alle Schmer- tzen/ Pein und Widerwertigkeit/ welche uns in diſem Leben entweders von Gott zugeſchickt/ oder von den Menſchen zuge= fuͤgt werden; gedultig zuleyden und zu= (Chryſ. hom. 4. ad popu- lum An- tioch.) uͤbertragen. Diſes hat gelehret der heili= ge Chryſoſtomus/ da er allo ſchreibet: Gleich wie der jenige/ welcher mit dem Pflug die erden oͤffnet/ den Saͤmen ein ſichere Verwahrung bereitet/ damit ſie nit auff de ̅ Boden herauß bleibe ̅ / ſondern in dieerden hinein kom ̅ en/ und tieff einwuͤrtz= len: alſo muͤſſen wir auch thun; an ſtatt deß Pflugs/ Truͤbſal leyden/ und die Tieffe deß HERZENS damit zerꝛeiſe ̅ / [395] dann zu diſem ermahnet uns auch der(Joël. 2. 13.) Prophetida er ſpricht: zerreiſſet euere HERZEN/ und nit e???ere Kleyder. So laſſet uns nun die HERZEN zer= reiſſen/ auff daß ſo etwan ein betrügliches Kraut oder boͤſer Gedancken darinn iſt/ mit der Wurtzel herauß geriſſen/ und ein reine erden für die Gottſeelige Samen zugeruͤſtet werde. BETRACHTE zum Dritten/ Wie alsdann auch dz HERZ geiſtlicher Weiß werde geackert/ wann es mit dem Pflugeiſen der mortification zerriſſen werde. Dann nichts iſt/ welches die erden unſers HERZENS ſo tauglich macht den Samen der Goͤttlichen einſprechun= gen zuempfangen/ als die Vbung der rech= te ̅ mortifi???ation oder Abhaltnng. Seyte= mahln diſe alle ſchaͤdliche Kraͤuter/ Diſtel und Doͤrner auß dem Acker unſers HER ZENS/ mit der Wurtzel herauß nimt. So iſt nun die mortification der Pflug das HERZ der Acker/ die Ochſen oď Thier welche den Pflug ziehen/ iſt die Seel ſel- ber; welche ihr HERZ zerknirſchen/ zer- ſchneyden und die Erdklotzen zertheilen ſol= le. Villeicht aber wurdeſt du dich verwun= dern/ und mit S. Bernardo ſprechen:(Bern. ſer. 1.) [396] (ſuper Pſ. Qui habitat Pſ. 48. 13. 31.) Seynd wir dann Beſtien/ oder unver= nuͤnfftiges Viehe! ja freylich. Dann der Menſch/ ſo er in Wuͤrden war/ hat ers nit verſtanden (oder in obacht genommen) iſt dem unvernuͤnfftigen Viehe veꝛgleicht/ nnd iſt ihnen gleich worden. Warum ſoll man ihme dann nit auch viehiſche Arbeit aufftragen/ der ſich ihnen durch die Suͤnd gleich gemacht hat? Der jenige verdienet viehiſche Arbeit/ (Paul. Epiſt. 4. ad Seren.) ſpricht S. Paulinus/ welcher ſich deß Liechts der Vernunfft beraubet/ und ſich zum Bauch knecht/ gleich wie das Viehe/ macht. Darum/ O mein Seel/ entztehe dich nit von dieſem Pflug/ fl???he nit die Arbeit zu ackern; ſondern ſprich vil mehr (Pſ. 72. 23.) mit dem Propheten: Wie ein Thier bin ich bey dir worden/ und ich bin ſtets bey dir. Wilſt aber/ daß man dir ein baar Ochſen zueygne/ die diſen Pflug zie= hen? ſpanne ein dein Verſtand/ und Wil= len; und verrichte darmit die mortifica- tion. Dann es iſt nit genug/ daß mans durch den Verſtand erkenne/ was man durch die mortification abſchneyden ſoll; es mache ſich dann auch der Will auff/ dieſelbe in das Werck zuſtellen. Wer [397] wird aber diſer geiſtliche Ackerman ſeyn/ als Chriſtus Jeſus/ d???e Liebe unſers HERZENS? er wird den Pflug he= ben/ die Thier leiten/ da??? Pflugeiſen in die erden trucken/ die nachlaſſende traͤge Ochſen mit der Geißel der Forcht Gottes auffmunteren. Dann wir arbeiten gleich als ſtarck wir woͤllen/ ſo wir ohn Chriſto ſeynd/ werden wir in der Vbung der mor- tification/ gar nichts zunemen. Er iſt unſer Fuͤrbild/ der die Weiß deꝛ gantzen mortification in ſeinem Leben uns fuͤr= gebildet hat; er iſt unſer Zthl und end/ nach dem wir diſe unſere We???ck richten ſollen; er muß auch ſeyn diſe Liebe/ durch welche wir zu diſem angereitzet und ange= triben werden. So diſer uns beyſtehet/ wird die Ackerung unſers HERZENS gar gluͤckſelig fortgehen. So muß man nun ihn bitten/ daß er ſich nit widere diſes(Auguſt. in Med. c. 36.) Ambt zuvertretten/ welches Auguſtinus gethan/ da er alſo gebetten: Ich bitte/ lege die Hand deiner Guͤtigkeit an mich/ und nimb von mir hinweg/ was den Augen deiner Guͤte mißfaͤllt an mir. O Herr/ vor dir iſt/ was an mir geſund und kranck iſt: Ich bitte/ erhalte die jenige/ und heyle diſe. Dann ſo du wuͤrdeſt in deinem Acker/ meine ̅ HERZEN/ ſaͤen einen guten Sa [398] men/ iſt vonnoͤthen/ daß du mit der Hand deiner Guͤte zuvor herauß reiſſeſt die Doͤrner meiner Suͤnden. BETRACHTE zum VIERD= TEN/ wie es nit genug ſey zu eine ̅ wolge= bauten Acker/ daß man nur ein-oder zweymahl den Pflug daruͤber führe/ oder etlich wenig Schrunden darinn mache/ ſondern muß gantz und gar als groß er iſt/ uͤberackert/ und ein Biſing an den andern gemacht werden. So iſt es abermahl nit genug/ daß es nur in einem oder andern Jahr geſchehe; ſondern man muß jaͤhrlich den Pflug wider brauchen/ wann man in ???eglichen Jahr ſaͤen will. Auß diſem aber lernen wir/ daß man nit nur ein kleine Zeit mit der mortification zubringen ſoll; ſondern man muͤſſe biß zum end deß Le= bens darinn verharꝛe ̅ . Welches Chriſtus uns mit ſeine ̅ exempel gelehret hat/ der nit vor vom Creutz herunder ſteigen woͤllen/ ehe daß er geſtorben/ ob ſchon die Juden (Marc. 15. 23.) ſchreyen: Ach deß Chriſts/ und deß Koͤnigs von Iſrael: er ſteige nun von dem Creutz/ auff daß wirs ſehen und (???. ſer. 1. ??? dic Pa- ſch???) glauben. Alſo auch wir/ ſpricht Bern= hardus/ die wir diſen gantze ̅ Tag gemacht und erloͤſet worden ſeynd/ ſollen nit abla??? [399] ſen Buß zuthun; ſollen nit nachlaſſen unſer Creutz zutragen/ daran verharꝛen/ wie er verharret iſt/ biß daß der Geiſt ſpre=(Apoc. 14. 13) che/ wir ſollen ruhen von unſern Arbeiten. Wir ſollen niemand kein Gehoͤr geben/ weder Fleiſch noch Blut/ oder eintzigem Geiſt/ der rahtet/ wir ſollen vom Creutz herab ſteigen. Wir ſollen am Creutz ver= harren/ daran erſterben: nit durch unſer Leichtfertigkeit/ ſondern mit anderer Haͤn= den herab genom ̅ en werden. So muͤſſen wir nun durch unſer gantzes Leben in der geiſtlichen Ackerung verbleiben/ dann es(Exod. 23. 12.) ſtehet geſchriben: Sechs Tag ſolt du dein Arbeit thun/ aber deß ſibenden Tags ſolt du feyren. Die ſechs Tag be= deuͤten die gantze Zeit diſes Lebens/ der ſibende Tag aber deß Sabbats und der Ruhe/ die Zeit des künfftigen Lebens. Mein Seel/ warum verhoffeſt du dann zuruhen vor dem Sabbat? Warum laſ= ſeſt du ab von der Arbeit/ ſo doch die ſechs Tag noch nit fuͤruͤber? Darum veꝛharre in der Ackerung der mortification/ und ziehe die Hand nit ab/ welche du einmahl an den Pflug gelegt haſt: Seytemahlen/ wer ſein Hand an den Pflug legt/(Luc. 9. 6???.) und ſihet zuruͤck/ ď iſt nicht geſchickt zum Reich Gottes.
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BETRACHTe zum ???VNTeN/ wie nothwendig ſey diſe Vberackerung deß HERZENS: welches du von Sa= (Prov. 20. 4.) lomon lernen kanſt/ da er ſpricht: Vmb der Kaͤlte willen will der Faul nit (Salon.) pfluͤgen/ ſo muß er im Som ̅ er bettle ̅ . Welches Salonius alſo außleget; Der Faul bedeutet hie den jenigen/ welcher auß Faulkeit/ und wegen diſer Welt Wider= wertigkeit (welche durch die Kaͤlte verſtan= den wird) in dem Dienſt Gottes under= laſſet zuarbeiten; darum ̅ wird er im künff- tigen Gericht GOttes bettlen; dann er wird keine gute Werck haben/ fuͤr welche (Gal. 6. 8.) er die Seeligkeit verdiene: dann was der Menſch ſaͤet/ das wird er ernden/ oder (Matth. 25. 8.) einſchneyden. Solches iſt den Thorichten Jungfrauen widerfahren/ welche/ als ihnen das Oel entrunnen/ zu den klugen Jungfrauen geſprochen haben: Gebet uns von euerm Oel. Du ſprichſt aber/ warum wird der Juͤngſte Tag/ und das Reich Gottes dem Sommer verglichen? Weil alsdann alles Gewoͤlck unſerer Traurigkeit vergehen/ und der Tag jenes Lebens von der Klarheit der ewigen Sonnen ſcheinen wird. Hugo Cardi- nalis leget es ein wenig anderſt auß/ da er [401] ſpricht: Ein Mann/ der an der Liebe er kal=(HugoCard.) tet/ und den Acker ſeines HERZENS mit der Buß nit pfluͤgen noch mit guten Wercken anſaͤen will: der wird nun im Sommer bettlen. Nemlich wann der Todt herzunahet/ die Kranckheit und die Hitz deß. Flebers uͤberhand nimt/ wird er begehren die Zeit der Buß; aber ſie wird ihme nit gegeben werden. Da wird er ſchreyen: Ach verziehet nur biß morgen; und das gemeine Lied der Sterbenden mit klaͤglicher Stimm erſchallen laſſen:
Ach daß GOtt widerbraͤcht mir fein
Die Jahr ſo ſchon fuͤruͤber ſeyn! er wird wol ſchreyen/ und heulen/ aber vergebenlich: dann es wird ihm nit gege= ben werden. Diſes ſoll dich nun zur ſteten Arbeit deß Pflugs ſteiff auffmuntern; vil mehr aber dir Hoffnung der Frucht deß ewigen Lebens. Dann wie der heilige Paulus ſpricht: Der da Pfluͤget/ ſoll(1. Cor. 9. 10.) pfluͤgen in Hoffnung/ daß er der Frucht theilhafftig werde. So mus man nun das geiſtliche pflügen/ welches wie wir gelehret/ iſt die mortification, angreiffen auff die weiß/ wie der Eccleſia [402] ſticus (Eccl. 6. 19.) mahnet/ daß man zur Weißheit kommen muͤſſe. Tritt zu ihr/ wie eine??? der acker vnnd ſaͤet/ vnnd wart mit Gedult auff ihre gute Fruͤchte. We= nig wirſt du dich in ihrer Arbeit be= muͤhen/ aber bald von ihrer Fꝛucht und Gewaͤchs eſſen.

Die V. Lection. SEMINATIO IN COR.

Beſaͤung deß HERZENS.


Das Wort iſt außgeſaͤet in das HERZ. Matth. 13. 19. BETRACHTE ERTE= LICH/ zu was fuͤr einem end du erſchaffen ſeyeſt? W??? du thueſt? Wohin du geheſt? Warum du in diſe (Joan. 15. 16.) Welt geſetzt ſeyeſt? Warumdu lebeſt Wilſt du diß wiſſe ̅ / hoͤre die Warheit ſelber: Ich hab euch geſetzt/ daß ihr hin gehet/ un ̅ Fꝛucht bringt/ und eueꝛ Frucht bleibe. Wir alle ſeynd Baͤum/ gepflantzt in dem Luſtgarten deß himmliſchen Ackermans/ daß wir Frucht bringen zu gelegner Zeit.
|| [ID00470]

SEMINATLO IN COR Verbum ſeminatu ̅ eſt in corde Natt. ??? Semina iam terr??? manda diuine colone: Ne noſtri, ſterilis, ſie tibi cordis age??? 25

|| [ID00471]
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Aber ein jeglicher Baum/ der nit gute(Matth. 3. 10.) Frucht bringt/ wird abgehauen und ins Feuer geworffen werden: Dann die Axt iſt ſchon den Baͤumen an die Wur- tzel geſetzt. Darum ſoll all unſers HER= ZENS fleiß und ſorg dahin geſtellt ſein/ daß wir Frucht bringen: niemandt kan Frucht bringe ̅ / er habe dan ̅ zuvor in ihme derſelbe ̅ Samen. Woher aber kan ď arme Menſch ſolchen bekommen/ der von ihme ſelber nichts hat? Da ſolle ̅ wir dz HERZ nit fallen laſſen/ noch verzweifflen. Der(Pſ 144. 15.) Herr iſt gu???tig/ welcher ein jegliches Thier erfüllet mit dem Segen/ der wird ſelber den Samen außſaͤen. Dann ſihe/ es gieng auß ein Saͤeman ̅ zuͤ ſaͤen ſei-(Luc. ???. 5.) nen Samen. Wer iſt aber diſer Saͤe= mann? Chriſtus der Herr; von welchem Beda: Es gieng auß ein Saͤemann zu ſaͤen/ ſintemal der Herꝛ von der Scho???ßdeß(Peda in ???u- cam.) Vatters außgangen in die Welt kom ̅ en/ und das Wort der Warheit geſaͤet hat. So iſt nun Chriſtus der Saͤemann/ der Samen iſt das Wort GOttes/ der Acker unſer HERZ. wofern der Samen nit in(Barrad. to ̅ . 2. li. 9. c. 2.) die erde geworffen wird/ bringt er kein Frucht. Wirff a???ß de ̅ Waitzen in de ̅ Lufft/ ins Waſſer/ oď Feuer/ wirſt du kein Frucht darvon bringen: Gleicher weiß das Wort [404] GOttes/ wo es nit in das HERZ faͤlt/ wird es nichts nutzen. So das angehoͤrte Wort allein in die Ohren/ oder das ge= ſchribne Wort allein in die Augen faͤlt/ was ſoll es nutzen? diß wird aber gleich ſo vil ſeyn/ als wann man in das Waſſer/ oder in Lufft ſaͤen wolte. Gleich wie die Erden ſo mitten in der Welt ligt/ de ̅ Sa= men auffabet: Alſo das HERZ/ welches mitten im Menſchen ligt/ ſoll das Wort GOttes auffangen/ erhalten/ und zu nu??? bringen. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ was dein HERZ fuͤr Beſchaffenheite ̅ ha= ben muͤſſe/ damit es de ̅ Samen ???pfange/ und nachmahlen Frucht bring??? Dann wie auß der Gleichnuß Chriſti offenbar iſt werden drey Theil deß Samens verlohre ̅ / und wird allein einer erhalte ̅ ; zwar nit auß (Chryſoſt. hom. 49. in Matth. Luc. 8.) Schuld deß Semans/ ſpricht Chryſoſto- mus/ ſondern der erden/ die den Samen empfahet: das iſt/ wegen der widerſtreben= den Seelen. Dann ein Theil deß Sa= mens fiel an de ̅ Weg/ und ward zer- trette ̅ / und die Voͤgel under de ̅ Him- mel fraſſens auff. Der ander theilfiel auf ein Felß/ und da es auff ging/ ver [405] dorret es/ darum daß es nicht Feuch- ???igkeit haͤtte. Der dritte fiel mitten under die Doͤrneꝛ/ und die Doͤrner giengen mit auff und erſticketens. Der vierde Theil fiel in ein gute Er- den/ und gieng auff/ und trug hunďt= faͤltige Frucht. Welches Chriſtus der Herꝛ ſelber alſo außleget: Die an dem Wege ſeynd/ das ſeynd die es hoͤren/ darnach komt ď Teuffel und nimt dz Wort von ihren HERZEN/ auff daß ſie nit glaube ̅ / und ſeelig werden.(Staplet. in ???om. Sexa- geſ.) Dann welche neben dem gemeinen Weg wandlen/ leyden vil Außſchweiffungen deß Gemuͤhts/ gleichwie vil und mancher= ley Ding von ihnen geſehen werden Man ſoll aber in Anhoͤrung deß Worts Gottes ruhig im Gemuͤht und auffmerckſam ſeyn; damit ſo du auch nur einen Augen= blick außſchweiffeſt/ anderſt thuſt/ anderſt gedenckeſt/ der Teuffel ſelbiges nit gaͤhlin= g???n hinweg nehme/ und ande Gedancken eingebe. Dann gleich wie/ ſo der Samen hinlaͤſſig außgeworffen/ und nachmahlen nit mit erden bedeckt wiꝛd/ ihn die Voͤgel deß Luffts auffreiſſen: alſo wann man das Wort GOTTes hinlaͤſſig annimt/ [406] nit zu Gemuͤht fuͤhret/ ſondern ſchlaͤfferig anhoͤret/ und alſo von uns veracht wird/ freſſen es die Teuffel auff; dann ſie erfreuen (Chryſ. in c. 13. Matth. hom. 45.) ſich ſehr/ und haben einen groſſen Luſt ob unſerem Verachten. Darum/ wie Chryſo= ſtomus ſpricht/ damit wir nichts ſolches leyden/ muͤſſen wir mit groſſem Fleiß/ Großmütigkeit/ und ſteter Gedaͤchtnuß den Samen bedecken. (Matth. 13. 20) BETRACHTE zum DRIT= TEN wie der Samen/ welcher auff ein Felß gefallen/ bedeuͤte die jenige/ welche das Wort hoͤren/ und daſſelb bald auffne= men mit Freuden/ aber er hat nicht Wur= tzeln in ihnen/ ſondeꝛn er iſt wetteꝛwendiſch/ wann ſich Truͤbſahl und Verfolgung er= hebt um deß Worts willen/ ſo aͤrgern ſie ſich balde. Dann ſo das Wort Gottes nit durch tringet biß auf den Gru ̅ d deß HER= ZENS/ und tieff einwurtzlet/ bringt es kein Frucht; ob es gleich ſchon obenhin das Gemuͤht etwas beweget/ und den Anhoͤ= renden beluſtiget. Dann wie ſolt es ohne die Wurtzel wachſen koͤnnen? Diſe Z???it= ling aber/ welche allein ein Zeitlang glau= (Epheſ. 3. 17.) ben/ haben kein Wurtzel; weil ſie nit durch die Liebe eingewurtzelt un ̅ gegruͤndet ſeynd/ und Chriſtus wohnet nit in ihren HER- ZEN durch den Glauben. Darum [407] gleichwie wann es regnet/ die Stein auſ= ſen zwar naß werden/ jnnwendig aber tru= cken und hart verbleiben: Alſo die harte HERZEN nehmen den Regen deß Goͤt= chen Worts mit freuden auff/ innen aber bleiben ſie duͤrr und trucken/ in dem die boͤſe Gewonheit den Zugang der Gnaden mit Gewalt verhindert. BETRACHTE zum Vierden/ wie der Samen/ der uuder die Doͤrner geſaͤet(Matth. 1???. 22) iſt/ bedeuͤte die jenige/ die da hoͤren das Wort Gottes/ aber die Sorg diſer Welt/ und Betrug deß reichthums er- ſteckt das Wort/ und wird unfruchtbar. Dann diſe drey Stuck erſtecken das Wort Gottes/ wann es ſchon innerlich in die HERZEN empfangen worden/ und ein hefftige Bereuung darauf gefolgt iſt; alſo zwar daß es anfangen zu fruchten/ und die fuͤ???genom ̅ ne Beſſerung zu wuͤrcken/ dan- noch gleich im Anfang deß Zunehmens/ gleich wie ein wachßendes Kaͤutlein un= der truckt??? außgetilgt/ und (gleichſam ein Laſt darauff lege) erſteckt werde. Derhal= ben ſoll man Fleiß ankehren/ daß unſer HERZ nit ſey gleich wie ein gemeine Straß/ daraufď Samen von den fuͤrüber= gehenden zertrette ̅ werde: Daß es auch nit ſey ſteinern oď hart/ daß es den Samen nit [408] empfange: Daß es nit ſey umzaͤunet mit Doͤrnern der Reicht humen/ Wolluͤſten/ und Sorgen/ daß alſo der Samen deß Worts Gottes erſteckt werde. Darum muß man die Thuͤren deß HERZENS zuſchlieſſen/ daß es nit offen verbleibe: das HERZ ſelber mit dem Feur der Andacht erweichen/ wider alle haͤrte: die Diſtel und Doͤrner außreutten/ damit ſie nit den auf= wachßenden Samen undertrucken; ſon= dern werde ein gute Erden/ unnd bringe Frucht. Hie iſt aber zumercken/ daß in di= ſer Gleichnuß der Mangel an den Fruͤch??? ten nit zugeſchriben werde ď groſſen Dür= re/ Regen/ Sonnen/ Kaͤlte/ Hagelwetter/ oder Wind; ſonďn die gantze Schuld wird auff die Erden ſelber gelegt. Daß nun in uns das Wort Gottes unfruchtbar iſt/ geſchicht nit darum/ daß Mangel ſey an Goͤttlicher Lehr/ die innerlich underweiſet/ oder an der Gnad Gottes/ oder an Be= (Matth. 5 45.) feuchtung deß H. Geiſtes; ſonď??? auß unſer Schulden. Dann jener/ welcher ſein Son= nen auffgehen laſt uͤber Gute und Boͤſe/ hette ſeiner erden mehr nit thun koͤnnen/ (Oſe. 13. 9.) als er gethan hat: Darum verderbeſt dich ſelbſt mein Seel/ aber dein Hilff ſtehet al= lein bey mir. BETRAEHTE zum Fuͤnfften/ [409] wie die jenige von Chriſto ein gute erden(Luc. 8. 15.) genennet werden/ ſo das Wort hoͤren/ und behalten in einem guten un ̅ beſten HER= ZEN/ und bringen Frucht in Gedult. ein gute erden iſt das HERZ/ welches von(Salmer. t. 7. tract. 5.) weltlichen Anmuthungen leer und frey iſt: Sintemal alsbald wir vom Gemuͤht hin= weg nehmen die Laſter/ welche wir auß ei= gner Schuld begangen haben; und allein laſſen bleiben das/ was gar wol von dem guten Erſchaffer gemacht iſt/ von ſtund an bringt der gute Samen Frucht in uns. Weil aber das Fleiſch geluͤflet wider den Geiſt/ und under beeden ein ſtaͤter Krieg(Gal. 5. 17.) iſt/ hat man vonnoͤthen groſſer Gedult/ un ̅ muß ſteiff im Streit verharren/ und deß= wegen hat er geſagt/ daß man Frucht brin= ge in Gedult. Widerum ſpricht er an ei=(Luc. 21. 19.) nem andern Orth: In euer Gedult werdet ihr beſitzen euere Seelen. Dann ohne die Gedult verhartet man nicht: ſo wir aber nit v???rhar???eten???den wir die Seeligkeit nit ve???hoffen: Seyte=(Matt. 24. 13.) maln/ welcher biß ans End verharret/ der wird ſeelig werden. Damit aber diſe gute Erden von dem Samen F???u???t bringe/ mus man das Wort Gottes be= halten/ und nit geſta???ten/ daß es zu einem [410] Ohr ein und zum andern außgehe; ſonďn wie die reine Thier/ welche widerkeuen/ muß man die Krafft deß Worts Gottes im Gemuͤht widerholen/ und mit Fleiß be= (pſ. 118. 11.) dencken. Darum die jenige/ welche mit dem David in threm HERZEN verber= gen die Wort Gottes/ und mit der hei= (Lnc. 2. 19.) ligſten Jungfrauen Maria dieſelbe behal- ten/ und in ihre ̅ HERZEN erwegen/ die ſeynd jene gute Erden/ welche zu ihrer Zeit uͤber fluͤſſ???ge Frucht bringet. Ich will den himmliſchen Bauman bitten??? daß er mein HERZ zu einer ſolchen erden mache. Dann ob es ſchon ſo hart als ein Stein iſt/ ſo kan doch Gott auch auß Steinen Abra= (Matth. 3. 9. Ezech. 36. 35) hams Kinder erwecken. So es auch mit Diſtel un ̅ Dornen erfuͤllt waͤre/ ſo kan doch mit der Gnad Gottes jene ungebaute er= den znm Luſtgarten werden.

Die VI. Lection. CORDIS IRRIGATIO.

Befuͤchtgu???g deß HER- ZENS.


Ich will meinen Pflantzgarten waͤſ??? ſern. Eccl. 24. 42. BETRACHTE Erſtlich/ Wie es ???gnug ſey daß man ein
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CORDIS IRRIGATIO. Rigabo hortum meum Plantationum. Ecc. 24. 42 Telluri clauſum, c??? lo patet implue rorem. cordis hoc vario florc vireſcet hum???.

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guten Samen in die erden außgeſaͤet ha= be/ wann nit der Regen darauff komt/ o= der ehe mit Waſſer befeuͤchtet werde. Sey= temahln Chriſtus bezeuͤget/ der auffge=(Luc. 8. 15.) hende Samen ſey verdorret/ weil er nit Feuͤchtigkeit haͤtte. Darum beklagte ſich(Ioſ. 15. 19.) Axa/ daß man ihr einen Mittaͤgigen und dürren Boden geben haͤtte/ darvon ſie we= gen Mangels an F???üchtigkeit/ gar keine oder wenig Fruͤchten haben wurde: darum begehret ſie mit Seuͤfftzen/ daß ihr auch ein gewaͤſſerter darzu geben wurde. Gleich= fahls wann ſchon unſer HERZ den Sa= men deß Worts Gottes empfahet/ wann es nicht mit der Gnaden Gottes befeuͤch= tet wird/ iſt es gleich wie ein erden ohn(Lorin. in Pſ. 142.) Waſſer/ wie David ſprach; das iſt/ wie ein duͤrrer Acker/ der von langwuͤriger Sonnen außgebraͤnt/ und da???um gleich= ſam mit auffgeſperrtem Mund/ vor groſ= ſem Durſt/ alſo zureden/ begehret/ und erwartet von GOTT ſelber einen Regen/ daß er Frucht bringen/ mit Blumen ge= zierd/ un ̅ Kraͤutern bekleydet werden koͤn= de. Das Waſſer aber/ mit dem man das Gaͤrtlein deß HERZENS waͤſſern muß/ iſt die Gnad deß H. Geiſtes/ wie es Gregorius außleget/ uͦber die Wort Jobs:(Lib. 10. Mo- Pſal. c. 6.) Wann er das Waſſer verſchließt/ [412] ſo wirdts alles duͤrꝛ: und wann ers außleſſet/ ſo kehret er das Land umb. Durch das Waſſer; ſpricht er/ wird ver= ſtanden die Gnad deß heiligen Geiſtes/ wie Johannes ſpricht: Wer an mich (Joan. 7. 38. ???) glaubt (wie die Schrifft ſagt) von deß Leib werden flieſſen Fluͤß deß le- bendigen Waſſers. Das ſagt er aber von dem Geiſt/ welchen empfahen ſolten die/ die an ihn glaubten. Wann er das Waſſer verſchließt/ ſo wirds alles duͤrre; dann ſo die Gnad deß heiligen Gei???es vom Gemuͤht deß Zuhoͤrers entzo= gen wird/ von ſtundan wird der Verſtand duͤrꝛ/ welcher ſich ſchon durch die Hoff- nung anſehen ließ als gruͤnett er in dem (Ser 2. in Nat. Dom.) Zuhoͤrer. Dergleichen Bernhardus: Die neue pflantzen haben ſonderlich von= noͤhten die Waͤſſerung/ ſonſten werden ſie weniger wachſen/ oder wegen der Duͤrꝛe gantz zu grund gehen. So muß nun ein jeglicher/ der den Samen der guten F???uͤchten außgeſaͤet hat/ ſuchen die Waſ??? ſer der Andacht/ auff daß der Garten deß guten Wandels durch den Brunnen der Gnaden befeuͤchtet/ nit duͤrꝛ werde/ ſonďn durch ſtetes Gruͤnen zunehme.
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BETRACHTE fuͤrs ANDER wie die Heyden vorzeiten dem Jovi Pluvio(Strabo. li. 15.) oder Abgott deß Regens/ g???opffert haben/ wann ſie nemlich gern Regen gehabt hetten/ welchen auch die Indianer deßwe= gen verehret haben/ wie Strabo bezeugt. Tertullianus thut auch meldung von eine ̅ (???ertull. A- pol. n. 40.) Opffer/ das dem Jupiter geopffert ward/ den Regen herauß zulocken in groſſer Duͤrre. Vns aber will gebuͤhren/ daß wir GOTT den Gnadenbrunnen/ welcher ein Vatter deß Regens/ und ein Zeu- ger deꝛ Tautropffen in der Schrifft(Job 38. 28.) genennet wird/ anruffen und bltten/ daß er ſeinem erbe abgeſonderten willigen Regen in unſer HERZ herunder laſſe/ damit unſer erbe ihr Frucht gebe. Die(Pſ. 67. 10.) Seel ſoll das duͤrre Gaͤrtlein ihres HER= ZENS/ ſp; icht Paſchaſius Radbertus/ wel ches iſt wie ein erde ſo gantz nnd gar ohne Waſſer/ vor dem Herꝛn außbreiten/ damit ers mitſeinem Regen befeuchte/ welcher befohlen hat/ daß vom duͤrꝛen Felſen das Waſſer heꝛab flieſſe ̅ ſoll. Derhalbe ̅ will ich(Pſ. 142. 6.) mit de ̅ ???Prophete ̅ ſchreye ̅ : Ich breite mei- ne Haͤnd zu dir auß/ mein Seel iſt voꝛ dir/ wie ein Erd ohn Waſſer. Regne uͤber mich/ ſpricht Auguſtinus/ damit ich [414] (Auguſt in Pſ. 141. 6. Pſ. 84 13.) gute Fruͤcht bringe. Dann der HErꝛ wird den Segen geben/ auff daß un??? ſer Erd ſein Frucht und Gewaͤchs gebe. Herꝛ/ mich kan wol nach dir duͤr= ſten/ aber ich kan mich ſelber nit befeuͤcht= en/ darum duͤrſtet mein Seel nach dem lebendigen GOtt/ wann werde ich hinein (Pſ. 41. 3.) kommen/ als wann er kommen wird? Mein Seel duͤrſtet nach dem leben- digen Gott/ dann mein Seel iſt vor dir wie ein erd ohn Waſſer. Das Meer iſt voll/ uͤberlaufft/ iſt uͤberfluͤſſig/ gibt Waͤl= len/ iſt aber bitter: das Waſſer ward abge= ſondert/ da ſahe man mein Duͤrꝛe trockne Seel; befeuͤchte oder waͤſſere ſie/ dann ſie iſt vor dir wie ein Erd ohne Waſſer. Herꝛ erhoͤre mich bald/ dann was iſt diß fuͤr ein auffſchieben/ wann mich alſo duͤrſtet/ mei- nen Durſt noch mehr zuentzuͤnden? Du ſchubeſt auff den Regen/ damit ich ihn hinein ſupfet/ und nit abſchluge/ was du einflieſſen lieſſeſt. So du es darum ver ſchubeſt/ ſo gib mirs jetzt: weil mein Seel vor dir iſt wie ein erd ohn Waſſer. Kom O Brun ̅ deß lebendige ̅ Waſſers/ un ̅ waͤſ= ſere die ga ̅ tze erde ̅ meines HERZENS: mit deine ̅ überfluͤſſige ̅ Thau mach frucht= bar mein innerliches Hertz/ ſo von lang [415] wuͤriger Duͤrꝛt gantz auß getrocknet iſt! BETRACHTE zum DRIT= TEN dz Gott ſehr gütig und gnaͤdig ſey/ daß er diß Gebett erhoͤre. Dan ̅ er iſt/ der de ̅ (Pſ. 146. ???.) Himmel mit Wolcken bedeckt/ und bereitet Regen auff Erden. Ja er hat ſelber verſprochen/ er woͤlle diß Ambt vertretten/ da er geſprochen: Ich die(Eccl. 24. 4.) Weißheit hab außgegoſſen die Fluͤß/ und Floß hin wie ein geſchwind groß Waſſer/ wie der Fluß Dyorix/ und wie ein Teich bin ich außgefloſſen auß dem Luſtgarte ̅ . Ich hab geſagt/ ich will meinen Pflantzgarten waͤſ= ſeren/ und traͤncken die Frucht meiner Wiſe. Diß ſtaͤrcket unſer Hoffnung gar kraͤfftig. Dann wer ſolte ſorgen/ daß ſeine ̅ trockne ̅ HERZEN an waſſer manglen ſolte/ wann er hoͤret/ daß der Pflantzet ſeines Gartens ſey wie ein geſchwindes groſſes Waſſer/ wie ein Fluß und Teich? Damit aber niemand zweiffele am Wille ̅ diſes Waſſer außzugieſſen/ bekent er fuͤr ſich ſelber/ er woͤlle nit allein ???en Garten waͤſſern/ ſondern auch mit uͤberfluͤſſigem Waſſer traͤncken. Als faſt nun mein HERZ duͤr??? trocken/ und ohne Waſſer [416] (???ob. 14. 7.) ſeyn wird/ will ich auff dich hoffen/ O HErꝛ! Dann ein Baum hat Hoff??? nung; Wann er ſchon außgehauen iſt/ ſo gruͤnet er wiď/ un ̅ ſeine Schuͤß- lein ſchiſſen auff. Wan ̅ ſein Wurtzel in der Erden veraltet/ un ̅ ſein Stam ̅ in dem Staub erſtirbt/ ſo gruͤnet er doch wider vo ̅ Geruch deß Waſſers/ und waͤchßt daher/ als der auffs erſt gepflantzet ward. Warum ſolſt dann (Pſ 50. 2. ???er. 31. 12. Cant. 2. 1.) du Herꝛ mir nit auch nach der Vile deiner erbaͤꝛmnus verleyhen/ daß mein Scel ſey wie ein gewaͤſſerter Garten/ der von dir dem Leben digen Bro???nnen reichlich begoſ= ſen iſt/ der ſie mache herfuͤrbringen Lilien und Roſen im Thal? BETRACHTE zum BIERD- TEN/ gleich wie jener Acker reichlich Frucht bringt/ ď ſich der Waͤſſeꝛung gleich= foͤrmig erzeigt: alſo gehet Pein/ Verflu= chung/ und Vngluͤck uͤber ihn/ wann er (Hebt. 6. 7.) nach vilem Regnen kein Frucht bringt. Seytemahlen der Apoſtel ſpricht: Die Erd/ die den Regen trincket/ der offt uͤber ſie kombt/ und bequeme Kraut traͤgt denen/ die ſie bauen/ em [417] pfahet Segen vo ̅ Gott. Welche aber Dorn und Diſteln traͤgt/ die iſt ver- worffen/ und dem Fluch nahe/ wel- cher Ende ſeyn wird die Verbren= nung. Mit Forcht und vilem Zittern/ ſpricht Chryſoſtomus laßt uns das Wort(Hom 10. in Epiſt. ad Heb.) Gottes hoͤren/ diſes Trohen kombt nicht her von Paulo/ oder einem Menſchen/ ſondern ſeynd Wort deß heiligen Geiſtes/ und Chriſtt/ der in ihme redet. Gar un= ſeelig iſt die Seel/ welche gleich wie die Berg Gelboe verflucht wird/ darauff(2. Reg. 1. 21.) weder das Tau/ noch der Regen der Goͤtt= lichen Gnaden herunder ſteiget. Noch(2. Cor. 6. 1. Heb. 10. 29. Heb. 12. 15.) ungluͤckſeliger iſt die jenige Seel/ welche die Gnad Gottes vergebenlich empfahet/ vnd derſelben nit mitwircket/ ſondern den Geiſt der Gnaden ſchaͤndet. Darum ſol= len wir zum hoͤchſten Fleiß ankehren/ da= mit die Gnad Gottes in uns nit leer ſey; und gute achtung geben/ daß nit jemand Gottes Gnade verſaume. Weil uns nit ſie (wie ſich ihre vil beklagen) ſondern wir ſie verſaumen. Dann wir laſſen uns ver= nem ̅ en/ bißweilen verſprechen wirs auch/ als wolten wir gar vil leyd???/ wann der regen der Gnaden Gottes/ de ̅ Garte ̅ un= ſeꝛs HERZEN Swaͤſſeꝛte. Daß wiꝛ abeꝛ [418] nichts thun/ komt nicht daher/ daß uns die Gnad mang???; ſondern daß wir ſie ver= ſaumen/ und uns nit befleiſſen/ ihr mitzu= wuͤrcken.

Die VII. Lection. CORDIS FLORES.

Deß HERZENS Blumen.


Mein Geliebter iſt hinab gangen in ſeinen Garten/ daß er Lilien ſamle. Cant. 6. 1. BETRACHTE ERST= LICH/ Wie ď Baumann ſonď= lich diſer Vrſachen halber den Gar ten pflantze/ die erde pflüge/ den Samen außſaͤe/ die Samen und pflantzen waͤſſere/ damit er noch einmahl ihrer Fruͤchten ge= nieſſe/ oder durch die liebliche Blumen be= luſtiget werde. Dann welcher pflantzet (1. Cor. 9. 7.) ein Weingarten/ ſpricht ď Apoſtel/ und iſſet nit von ſeiner Frucht? Warum vermeinſt du aber/ O glaubige Seel/ daß dein Geliebter/ als der Baumann oder A= ckermann/ das Wort GOttes in dein HERZ außgeſaͤet/ und den Regen ſeiner
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CORDIS FLORES. Dilectus meus deſcendit in hor= tum ſuum, ut lilia colligat. Cant. 6. Hęc tibi, nata tuo de ſemine, conſecro Sponſe Lilia, et his patrium floribus addo ſolu ̅ .

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Gnaden reichlich daruͤber außgoſſen/ auch vilerley Arbeit daran gelegt habe; als allein daß es Blumen und Fruͤcht braͤchte? Spricht er nit ſelber; Ich bin hinab in(Cant. 6. 10.) Nußgarten gangen/ zuſchauen die Fruͤcht am Thal/ zuſchauen ob der Weinſtock bluͤe/ ſo die Granataͤpffel gruͤnen? Auch die Braut ſelber bekent(Cant. 4. 12.) ſich für ein verſchloßnen Garten/ deſſen Gewaͤchs iſt wie ein Luſtgarten von Gra= nataͤpfflen/ mit edlen Fruͤchten/ ladet den Braͤutigam gantz lieblich/ ſprechend: Mein Gelibter kom ̅ in ſeinen Gar-(Cant. ??? 1.) ten/ und eſſe die Fruͤcht ſeiner edlen Aepflen. Sie iſt auch ihrer Bittgewehret worden/ dann ſie die geſchwinde Ankunfft ihres Giliebten/ und was er im Garten gethan habe/ ruͤhmet mit groſſe ̅ Frolocke ̅ : Mein Geliebter iſt hinab gangen(Cant. 6. ???.) in ſeinen Garten/ zu dem Wuͤrtz- gaͤrtlein/ daß er ſich weide under den Gaͤrten/ und Lilien ſamle. Seyte= mahlen er liebet die Gaͤrten und Blume ̅ / welcher auff der bluͤenden Erden zu Na- zareth hat woͤllen empfangen werden/ wel= cher auff dem Oelberg ſeinem brauch nach(Luc. 12. 3???.) bettete/ und ſein Leyden im Garten ange [420] fangen hat/ der im Garten hat begraben (Joan. 19. 41. Joan. 20 14 Prov. 8. ???1.) werden woͤllen/ und in Geſtalt eines Gaͤrt= ners ſeiner geliebten Magdalena erſchi= nen iſt. Diß iſt der jenige/ welcher bezeuͤget hat/ ſein Wolleben bey den Menſchen= Kindern; er begehrt/ dz ihre HERZEN/ (1. Cor. 3. 7.) zu Blumengaͤrten werden/ damit er ſein Wolluſt darinn habt. Dahero iſt ers wel- cher diſe Gaͤrten pflantzet/ waͤſſert/ und dz Gewaͤchs gibt/ darum ̅ en ihme billig alles einzuſamlen darvon gebuͤhret: BETRACHTE fuͤrs ANDER/ was der Braͤutigam im Garten deines HERZENSſuche/ was er darinn thue. Solches hat erzehlet die Sulamitis/ wel= (Cant. 6. 1.) che wol umb ihres Geliebten Geheimnuͤſ= ſen weißt/ da ſie ſpricht: Ihr Geliebter ſey hinab gangen zu den Würtzgaͤrtlein/ daß er ſich walde under den Gaͤtten/ und Lilien breche. So ſucht nun der blumete Braͤu= (Cant. 2. 1.) tigam Blumen und roſen/ der da weidet under den Lilgen und roſen. Vnd warum ̅ ſoll er nit roſen ſuchen/ der da ſelber iſt ein Feldblum/ und roſen im Thal? Weil dann gleich und gleich ſich gern geſellen/ begehret er kein andere Braut/ als die ſel= ber auch ein Lilie oder roſen ſey. Alſo (Gant. 2. 2. Cap. ???. 24.) ſpricht er: Wie ein Lilge under den Doͤrnern/ alſo iſt mein Freuͤndin [321] under den Toͤchtern. Dann der All= maͤchtige Gott (wie im 4. Bu???. e???ræ ſte= het (ha??? ihme auß allen B???men der erden ein Lilgen erwehlt. D???ß aber iſt die ein= tzige T???ube/ und geliebte Geſpons deß wahren Salomonis. Nun aber betrachte jetzunder die Lilgen ſelber nach der Lehr(bernard. ſer. 70. in Cant.) Bernhardt: Man muß/ ſpricht er/ diſe Mahlzeit under den Lilgen/ im Geiſt ſu= chen; dann es ein laͤcherliches Ding waͤre/ wann man von leiblichen Dingen ver= muhten ſelte. Ja wir müſſen die geiſtliche(Pſ, 44. 5.) Lilgen ſelber er weiſen. Welches ſeynd dan ̅ dieſelbe Lilgen/ darinn die Schoͤnheit ihrer Zierde? Fahr hin/ ſpricht er/ und her= ſche; um der Warheit/ Sanfft= muͤtigkeit/ und Gerechtigkeit willen. Lilgen/ ſeyn Lilgen/ welche auß der Erden herkommen/ auff der erden ſcheinen/ un= der den Blumen der erden erhoͤhet ſeynd/ wol riechen uͤber den Geruch der Gewuͤrtze ̅ . So iſt nun der Braͤutigam under diſen Lilgen? und anß diſen ſchoͤn und wolgeſtal= tet. Die Warheit iſt ein ſehr gute Lilgen/ ſcheinbar an weiſſer Farb/ fuͤrtrefflich am Geruch/ deren Geruch den Glauben ſtaͤr= cket/ und die Scheinbarkeit den Verſtand erleuchtet. Die Sanfftmuͤtigkeit iſt auch [422] ein Lilien/ welche hat die weiſſe Farb der Vnſchuld/ nnd der Geruch der Hoffnung. Daß aber die Gerechtigkeit ein Lilien ſey/ gedencket an die Schrifft; daß der Gerecht (Matth. 6. 30.) wird auffſchieſſen wie ein Lilie/ und ewi= glich vor dem Herꝛn gruͤnen. Diſes iſt nit die jenige Lilit/ welche heuͤte iſt/ und mor= gen in Ofen geworffen wird: diſe wird (Pſ. 111. 7.) ewig gruͤnen. Vnd ſie wird vor dem Herꝛn gruͤnen/ in deſſen ewiger Gedaͤcht= nus der Herꝛ ſeyn wird. Es ſeynd noch vil andere Lilien b???ym Braͤutigam auſſer diſer: uud wer will ſie alle erzehlen? ???m= lich als vil Tugenden/ ſo vil ſeynd Lilien. Vnd villeicht hat er ſich deßwegen ſelber ein Lilien genennet/ weil er gantz wohnet under den Lilien; und alle ſeine Ding ſeynd lauter Lilien: Die Empfaͤngnuß/ Geburt/ Wandel/ Rede ̅ / Wunderzeiche ̅ / Sacrament/ Leyden und Sterbe ̅ / Auffer= ſtehung/ Himmelfahrt. Was iſt auß diſen nit weiß/ und riechet nit gar lieblich? BETRACHTE zum DRIT= TEN/ wie die Seel auß der Lilien ſelber zulernen habe/ mit was fuͤr Tugendt ſie gezieret ſeyn muͤſſe/ damit ſie de ̅ him ̅ liſchen Braͤutigam gefalle. Jene aͤuſſerliche und innerliche weiſſe Farb/ welche an den Lilien erſcheinet/ bedeuttet die unbeſteckte [423] Reinigkeit deß Leibs und der Seelen. Wann du die Lilien beruͤhreſt/ verlieren ſie ihre Zier und Ehr: Die Zier der Keuſch=(Delrio in Florid. Ma- rian. P???ma) heit wird gleichfa???s durch jegliches Be= ruͤhren/ ja durch den geꝛingſten Gedancken verdunckelt. Die Weiſſe der Lilien iſt ſon= derlich in den Blaͤttern/ durch welches wir underwiſen werde ̅ / daß man nit allein die Keüſchheit deß HERZENS/ ſonďn auch der Zunge ̅ und ďWorte ̅ erhalten ſoll. Daß aber gemelte Blaͤtter von unde ̅ auff uͤberſich auffſteigen und ſich wie ein Be- cher oben fein leiß kruͤmmen: bedeuͤtet/ daß man durch die Andacht das Gemuͤt gen Himmel erheben/ nichts deſto wenigeꝛ aber durch die Liebe gegen den Naͤchſten biegen muͤſſe???denen man/ ſo es vonnoͤthe ̅ iſt/ Werck der Barmhertzigkeit erztigen(Bern. ſer. 70 in Cant.) ſoll. Vber das mercke/ ſpricht Bernardus/ wie mitten auß diſer Blumen gleichſam guldene Ruͤtlein herfuͤr gehen/ welche mit der ſchneeweiſſen Blumen ringweiß um= geben ſeynd. Selbiges Gold aber/ welches gleichſam an ſechs Faͤdenlein haͤnget/ be= deuͤttet die brennende Liebe/ welche mitten in unſerm HERZEN ſcheine ̅ muß. Ohn diß Gold/ gilt das Silber der Keuͤſchheit nit vil. Der Himmel iſt feil/ aber wird nun durchs klare Gold erkaufft. Die [424] Keuſchheitohn die Liebe/ iſt wie ein Ampel ohn Oel; ſo es dir an diſem mangelt/ wirſt du mit dem thorichten Jungfrauen von der Hochzeit außgeſchloſſen werden; und (Matt. 25. 10.) hoͤren muͤſſen: Die Thuͤr iſt verſchloſ- ſen/ ich kenn euch nit: Die ſchoͤne gruͤne Stauden/ iſt das Scepter einer ſteiffen und ſtandhafften Hoffnung. Die rauhe und gleichſam v???faͤltig eingewickelte Wurtzel er mahnet uns zu??? fl???ſſigen Be= wahrung deß HERZENS und der (Pſ. 140. ???.) Zungen: auff daß wir ſetze ̅ an die Thuͤr un= ſerer Lefftzen ein Thuͤr drum her/ und ein ſleiſiges auffmercke ̅ haben auff alle Sinn. Der harte gerad auffgerichte Stengel an der Lilge ̅ lehret die Staͤrcke und Verharꝛ= ligkeit im guten Fürnemen/ damit wir ſteiff verharꝛen ohn alle Vmbigung in dem/ was wir recht und wol berathſchlagt haben: Die innere B???aͤtter ſeynd lind am anruͤren/ und bedeuͤten die Sanfftmuͤtig- keit/ und fr???uͤndliche Anſprach. Daß aber die??? ſo der Wurtz???l naͤher ſeynd??? groͤſſer/ die hoͤhere aber kleiner ſcheinen; iſt ein An= zeigen/ daß unſere gute Werck/ welche erſt auß der Wurtzel deß HERZENS herauß ſchieſſen/ anfaͤnglich den Menſche ̅ groß fuͤr kommen; je mehr aber einer in der Tugendt zunimbt/ und je naͤher er zum [425] Himmel komt/ je mehr nehme er bey ihme ſelber ab/ und geduncke ſich gar ſchlecht und veraͤchtlich. Ein jegliche Seel/ welche alle diſe Tugenden haben wird/ die wird war= hafftig ein Lilge ſeyn/ und geziert herein(Pſal. 44. 10.) prangen/ in lautter koͤſtlichem guld enen Gewand/ und mbgeben mit mannigfalti= gem Kleyd der Tugenden; alſo daß auch Salomon in aller ſeiner Herrligkeit nicht(Luc. 18. 27. Bern. ſer. 70 in Cant.) iſt gekleidet geweſen/ als diſe. Ach wie wol wird es mit mir ſtehen/ wann ich einmahl von diſem boͤſen Vn???aut der Suͤnden und Laſter ſo vil an meiner erden außreuͤt= ten/ und zu Fruchten bringen koͤn ̅ en wuͤrde/ daß ich zum wenigſten ein eintzige ſolche Lilgen herfuͤr bringe: auff daß ſich etwan auch ſovil wuͤrdige/ bey mir zuweiden/ der jenige/ der under den Roſen und Lilien weidet. BETRACHTE zum VIER= DEN/ und erwige die ermanung deß H. Bernhardi: Der halben du/ der diſes liſeſt(Bern. ſer. 71. in Cant.) und hoͤreſt/ b???fleiß dich/ zuhaben bey dir Lilgen/ ſo du begthreſt daß diſer Inwoh= ner der Lilgen in dir wohne. Ein ſittliche Auffrichtigkeit/ als die welſte Farb und Geruch der Sachen ſelber ſollen bez???uͤgen deine Wer???/ B???fl???ſſung und Beg???de. Die Sitten haben auch ihre Farben und [426] Geruch Dann auch in den Geiſtern iſt die Farb und der Geruch nit ein Ding/ ſo wol als an den Leibern. Deßwegen ſoll das Ge= wiſſen von der Farb/ und das Geſchrey oder Ruff von dem Geruch rathſchlagen. Nun die Meynung deß HERZENS/ und das Vrtheil deß Gewiſſens g??? dei= nem Werck die Farb. Die Suͤnd und La= ſterſeynd ſchwartz/ die Tugend iſt weiß: den Vnderſchied under diſen beyden weiß dz (1. Tim. 1. 5.) Gewiſſen zugeben. Was nun auß einem reinen HERZEN und gutem Gewiſſen herkomt/ iſt weiß/ un ̅ iſt die Tugend. Wan ̅ aber erſt das gute Lob und ruff da???zu komt/ iſts auch ein Lilien; als welchem weder an der Farb noch Geruch der Lilien mang???t. Weil derhalbender Braͤutigam auch die Tugend iſt/ hat er ſein Wolgefallen an den Tugende ̅ : weil er widerum ein Lilien/ woh- net ??? gar gern under den Lilien: Weil er auch weiß/ hat er ein Beluſti= gung an weiſſen Din= gen.
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CORDIS CVSTODIA Omni cuſtodiâ ſerua cor tuum. Prow 5. Quam bene concluſum vigil hic cor protegit hon??? Poſtricto munit, quem timor en ſe, Dei,

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Die VIII. Lection. CORDIS CUSTODIA.

Verwahrung deß HER- ZENS.


Behuͤt dein HERZ mit allem Fleiß dann darauß gehet das Leben. Prov. 4. 23. BETRACHTE Erſtlich/ Das menſchliche HERZ ſey der allerkoſtbarlichſte Schatz/ der uns von der Guͤte Gottes gſchenckt worden/ daher ſprach Chriſtus der Herꝛ. Ein gu???(Matth. 12. 3???) ter Menſch bringt Guts her fuͤr auß ſeinem guten Schatz deß HER- ZENS. Wir habe ̅ aber ſolchen Schatz(2. Cor. 4. 7.) in irrdiſchen Gefaͤſſen unſers Leibs/ wel= chen der hoͤchſte Poſſirer auß einem erdkio= tzen gemacht hat. Je koͤſtlicher nun diſer Schatz iſt/ je mit mehr groͤſſerer Sorg und Fleiß muß man ihn behalten. Der je=(Greg. hom. 11. in Evang.) nige will beraubet ſeyn (ſpricht Gregorius) welcher den Schatz offentlich uͤber Feld traͤgt/ oder ihn nit an einem genugſam ſicheren Orth verwahret. Gleich wie man aber koſtvarliche Sachen in einer Truhen [428] zuverſperren pflegt/ alſo auch muß man unſer HERZ in ein Truhen legen/ damit es nit zerriſſen werde. Vnd zwar das Orth wo die Natur das HERZ hingeordnet/ wird von den Ae???tzten e??? Truhen ge= nennet: dann alſo nennen ſie den gantzen Theil zwiſchen dem Ingeweid herum. Was aber diſes fuͤr ein Truhen ſey/ erklaͤ= (Remig.) ret Remigius gar ſchoͤn: Der ein reines HERZ erhaͤlt/ iſt ſeelig; deſſelben Reinig= keit aber/ muß man alſo erhalten/ gleich wie ein Jungfran ihre Zierd und zarte Schleyer in ein Truͤhlein leget/ daß ſie nit bemacklet werden: alſo verbirgt die Seel ihr HERZ in einem reinen Gewiſ= ſen/ daß es nit von den Flecken der Suͤn= den bemacklet werde. So iſt nun das reine Gewiſſen dem HERZEN an ſtatt der Truhen/ welche bedeuͤtet werden kan durch das linde und fleiffe Haͤutlein/ welches (Hippoc. lib. de Corde.) das HERZ bedecket/ und dz Vor HERZ oder die Bruſt genennet wird. Diſer Sack iſt ſtets voller waͤſſeriger Feüchtig= keit/ welche dahin angeſehen/ damit das HERZ/ welches ſich ſtets bewegt wie ei= ner der ſchwim ̅ et/ fein leiß/ und ohne Muͤhe odeꝛ Abmuͤdung ſich bewegen koͤnne/ auff daß es nit verletzt werde/ wann es an der Seiten/ oder Bruſt a???ſt???ſſe. Nit anderſt [429] wird unſer HERZ gantz ſanfft undlieblich(Salaz. in c. 3. Prov. 8.) bewegen/ wann es von einem guten Ge= wiſſen allenthalben umbgeben iſt. Wann aber das Vor=HERZ deß Gewiſſens/ durch Hinwegnemung deß ſuͤſſen Humors oder Fruͤchtigkeit/ durch die Schuld man= gelhafft worden/ wird das HERZ gar hefftig gepeiniget. So wird nun das HERZ durch ein gutes Gewiſſen innge= halten und verwahret: darum muß man(2. Cor. 1. 12.) Fleiß ankehre ̅ / dz wir ein gutes Zeuͤgnuß unſers Gewiſſens haben. Villeicht aber wird es nit unnuͤtzlich ſeyn/ daß wir diſen koͤſtlichen Schatz unſers HERZENS/ dem ſo vil Dieb nachſtellen/ bey einem ge= treuͤen Huͤter und Beſchuͤtzer hinderlegen/ der ihn treulich auffbehalte. Was koͤnnen aber wir fuͤr ein beſſeren haben/ als unſern Heyland/ welcher ein Bewahrer der(Iob. 7. 20. Pſ. 126. 1.) Menſchen genennet wirdt? Dann wo nit der Herꝛ diſen Schatz verwahret/ wa- chet vergebenlich der jenige/ welcher ihn(2. Tim. 1. 12.) huͤtet. Du Herꝛ aber kanſt mein hinder= gelegtes Gut bewahreu/ welches ich bey(Claud. A- quav. in Pſ. 118. apoc. 3. 7.) dir hinderlegt hab. Behalte bey dir den Schluͤſſel meines HERZENS/ auff dz nit ein anderer auffſchlieſſe ̅ / und de ̅ Schatz ſtehlen koͤnde. Dann du biſt der Schlüſſel Davids/ der zuſchließ???/ und niemand thut [430] auff. Verſigle es mit deinem Ring und Bitſchier/ auff das es nit jemand auffbre= (Gen. 4???. 22.) chen doͤrffe: Verwahre du ſelber den Theil welchen du mit deinem Schwerdt und (Matt. 12. 29) Bogen auß der Hand der Am ̅ oniter ge- nommen haſt. Dann du allein haſt den Fuͤrſten der Welt gebunden/ und ſeinen Haußraht geraubet. BETRAEHTE fuͤrs ANDER/ unſer HErꝛ ſey wie ein Luſtgarten/ darinn (Prov. 8. 31.) der Braͤutigam unſerer Seelen ſeinen Wolluſt und Ruhe bat. Dann ſein Wol= leben iſt bey de ̅ Menſchen Kindern zuſeyn. Wann diſer Garten mit dem Samen guter Gedancken geſaͤet iſt/ bringt er Blumen der Erbarkeit und Tugendt/ darauß herfuͤr wachſen/ Frücht der guten Wercken. Wie aber diſer müſſe beſchaf= (Cant. 4. 12.) fen ſeyn/ beſchreibet der Braͤutigam im Hohenlied/ in dem er die Braut nennet ein verſchloßnen Garten/ ein ver- ſigelten Brunnen. Dann der Garten (Ambr. lib. 10. Epiſt. 82.) unſers HERZENS/ muß wider die Anſtoͤß diſer Welt (wie Ambroſius ſchrei= bet) mit den Zaun der Goͤttlichen Ver= wahrung umgeben/ und mit keinen welt= lichen Anfechtungen verwuͤrret werden. Derhalben ſoll diſer Garte ̅ mit dem Zaun ma ̅ cherley Tugenden/ als Demut/ Keuſch [431] heit/ Stillſchweigen/ erbarkeit/ und an= dern umgeben ſeyn/ damit er nemlich nit offen ſtehe zum Raub/ ſondern ſoll vor den Dieben verſpert ſeyn/ ſchmecken nach dem Rebenſtock/ Oelbaum/ Roſenſtock; auff daß am rebenſtock der Gottesdienſt/ am Oelbaum der Feiden/ am roſenſtock die Schambarkeit der heiligen Jungfrau=(Ambro???. li. 1. de Virgin.) ſchafft einwurtzle/ wie= melter Ambro= ſius ſpricht. So bedarff diſer Garten nit allein deß Zauns/ ſondern man muß auch alle Thuͤren fleiſſig verſchlieſſen/ daß nit auff einer Seiten die kleine Fuͤchß hin ein(Cant. 2 15. Pſ. 29. 14.) ſchleichen koͤnnen/ oder das ſonderbar wild Thier ihn zerwuͤele und abnage. Nun diſe Thuͤren ſeynd die eingaͤng unſerer Sin- nen/ welche man fleiſſig beſchlieſſen ſoll/ damit nit der Todt dardurch hineinſchlei= che. Zu ſolchem ermahnet uns der weiſe(Eccl. 28. 2???.) Mann/ da er ſpricht: Verzaͤune deine Ohren mit Doͤrnen/ un ̅ hoͤre kein boͤ- ſe Zungen/ und mach deinem Mund Thuͤren/ und deinen Ohren Schloß.(Armbr. lib. 3. de Virg.) Der Braͤutigam/ ſpricht Ambroſius/ will daß die Thuͤr verſchloſſen ſey/ wann er an= klopffet: Der Mund iſt unſer Thür; man ſolls faſt Chriſto allein eroͤffnen: auch nit ver auffthun/ ehe das Wort Gottes an [432] klopffet. Was haſt du mit andern zuſchaf= (1. Cor. 14. 34.) fen? Rede und converſiere allein mit Chriſto: dann ſo die Weiber in der Kir= chen ſchweigen ſollen/ wie vil weniger ge- buͤhret ſich/ daß die Thuͤr der Jungfrau= en offen ſtehen? es ſchleicht bald einer hinein/ der nach der reinigkeit ſtellet/ gar bald entfaͤlt ein Wort/ das du gern wider wolt eſt hinein ſchluͤcken. So die eva ihr Thür hette verſchloſſen/ wurde Adam auch nicht betrogen worden ſeyn: ſie wurde auch auff der Schlange ̅ Frag nit geantwortet haben; der Todt iſt durch das Fenſter/ das (I???rem. 9. 21.) iſt/ durch die Thür C???æ hinein gangen: der Todt gehet hinein durch dein Thuͤr/ ſo du falſch/ vnſchambar/ vnnd vnflaͤtige Ding redeſt; Letzlich auch/ ſo du redeſt/ wo du nit ſolteſt. BETRACHTE zum DRIT TEN/ daß dein HERZ nit ein gemeiner oder jeglicher Garten ſey/ ſondern jener be= (Gen. 2. 8.) ruͤmbte Luſt garten oder Paradeiß/ welche ̅ Gott der Herꝛ vo ̅ Anfang gepflantzet/ un ̅ ſonderlich wol hat verwahret woͤllen ſeyn. Dann als unſere erſte Eltern das Gebott uͤbertretten und hinauß getriben worden/ (Gen, 3. 24.) hat er ein Cherub darfuͤr gelaͤgert mit eine ̅ glaͤntzenden Feurigen zu beyden ſeiten ſchneidigen Schwerdt/ ď maͤnniglich vom [433] Eingang deſſelben abtreibe. So du der=(Mac. ho ̅ . 37. Marc. Erem li. de Parad.) halben (ſpricht der heilige Macarius/ un ̅ Marcus Eremita) hoͤren wuͤrdeſt/ wie die Schrifft erzehlet die Ding/ ſo das Para= deiß antreffen/ widerum vom Adam/ von ď Schlangen/ lege alle Anmutungen hin= weg/ wende das Gemüth zu deinem HERZEN/ ſo wirſt du daſelbſte ̅ ein Pa= radeiß finden. Dann als vil unſere erſte Eltern im Paradeiß beluſtiget worden ſeynd/ noch hunder???mahl ſo vil werde ̅ wir im geiſtlich en Paradeiß beluſtiget/ in deme uns die Gnad GOttes warhafftig und ſtets troͤſtet. Darum ſollen wir auch zum hoͤchſten begehren das Gebott ſelber zu= halten: auff daß wir im Wort deß Herꝛn verbleiben/ jetzunder und im kuͤnfftigem Leben der Wolluͤſten deß Geiſtes genieſ= ſen. Dann als Adam von dem Baum der Wiſſenſchafft verkoſteſt/ und vertrieben war: alſo die/ ſo weltlichen Dingen nach- hengen/ koͤnnen nit verbleiben im Wort(Jacob. 4. 4.) Chriſti/ wie geſchriben ſtehet: Wer der Welt Freund ſeyn will/ der wird(Prov. 4. 23.) Gottes Feind ſeyn. Darum be???cht die Schrifft einem jeglichen Menſchen ſein HERZ mit allem Fleiß zubehuͤten: auff daß er das Wort darinn erhalt als [434] das Paradeiß/ genieſſe der Gnaden/ nit hoͤre die Schlangen/ welche ſich innerlich (Gen. 3. 24.) einwickelt/ und rahtet was zum Wolluſt dienlich. Wer wird aber diſe Feind= ſelige Schlangen vom Garten deß HER= ZENS außſchlieſſen? Herꝛ/ laß ſtelle ̅ für meine Augen das glaͤntzende feurige zu beyden ſeiten ſchneidige Schwerdt; nem= lich die Forcht deß Herꝛn; die Forcht der hoͤlliſchen Peinen/ deren Gedaͤchtnuß den Garten deß HERZEN Sverwahre. Oder/ das ich noch veſter begehre/ O ge= liebter meiner Begirde ̅ / du ſelbeꝛ wuͤrdige dich zubeſchuͤtzen den Garten deiner Ruhe/ und vertreibe gar weit von ihme die wilde (Cant. 2. 15.) Thier: die ihme nachſtellen! O Gott mei= nes HERZENS/ verjage die nachſtel= lende Schlangen/ den bruͤllenden Loͤwen/ den reiſſenden Wolff/ das wuͤlende wilde Schwein/ die verwuͤſtende kleine Fuͤchß/ (Cant. 3. 7.) ja vertreibe gar weit alle Nachſtellungen deß Feinds.! Vm das bluͤmete Beth Salomonis ſtehen herum ſechtzig Starcken auß den Allerſtaͤrckſten in Iſrael: Sie halten alle Schwerter/ und ſeynd ſehr wol geſchickt zuſtreit- ten: ein jeglicher hat ſein Schwerdt an ſeiner Huͤfft/ um naͤchtlicher [435] Forcht willen. Aber an ſtatt jener ſech= tzig ſtarcker Maͤnner/ biſtu mir eintzig un ̅ (Pſ. 143. 2.) alleinig genug mein GOtt/ mein Barm= hertzigkeit/ und mein Zuflucht/ mein er halter und mein Erꝛetter. Derhalben ſtehe auff/ mein Beſchirmer/ daß deine Feind zerſtreuet werden/ und die mich haſſen/(Pſ. 67. 2.) vor dir fliehen. Alſo bitte ich durch alle deine erbarmnuß/ laß meine ̅ HERZEN geſchehen; damit ich mit froͤlichem Ge= muͤth meinem Obſiger ein Liedlein ſinge/(Exod. 15. 6.) und ſpreche: HErꝛ/ dein rechte Hand iſt großmaͤchtig in der Staͤrcke: Herꝛ dein ꝛechte Hand hat den Feind er- ſchlagen/ und mit deiner groſſe ̅ Her- ligkeit haſt du deine Widerwertige abgeſetzt. BETRACHTE zum VIERD=(Pſ. 90. 1.) TEN/ in was groſſe ̅ Friden und Ruhe der Garten/ und das Schloß deß HER= ZENS ſtehe/ welches under ď Hand deß Allerhoͤchſte ̅ wohnet/ un ̅ under de ̅ Schirm deß Allmaͤchtigen GOttes vom Himmel bleibt. Die Menſchen diſer Welt pflegen(Bern. ſer. 46 ex paruis.) zuſprechen/ ſpricht Bernhardus/ es ver= wahret eingntes Schloß der jenige/ wel- cher ſeinen Leib verwahret; Ich aber nit alſo: ſondern ein ſchlechten Miſt huͤtet/ der [436] (Gal. 6. 8.) ſeinen Leib huͤtet. Dann wer auff das Fleiſch ſaͤet/ der wird vom Fleiſch das Verderben ernden. Deßwegen ſoll man vil mehr das Schloß der Seelen verhuͤten und verwahren/ weil von dem= ſelben das Le ̅ ben herkombt. Diſes Schloß aber ſtehet ins Feindes Land/ wird allent= halben angefochten und beſtritten/ da- rumen muß man es mit allem Fleiß/ das iſt/ unden/ oben/ hinden und fornen/ an der rechten und lincken Seyten behuͤten und verwahꝛen. Derhalben verſchlieſſe die Thuͤren deines HERZENS mit de ̅ rigel der Forcht und der Liebe Gottes/ ſo du wilſt deinen Hoff im Friden beſitzen.

Die IX. Lection. CORDIS PRO TE CTIO.

Beſchirmung deß HER- ZENS.


Du haſt ihnen gegeben deine Arbeit zu ̅ HERZEN Schilt. Thre. 3. 65. (Job. 7. 1.) DEß Menſchen Leben auff Erden iſt ein Streit. Wir ſeynd allenthalben mit Feinden
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CORDIS PROTECTIO. Dediſticis ſcutu ̅ cordis labore ̅ tuu ̅ ; thre. 5 Ægide cor tanti mea lux defende laboris, Quem pro corde tuus ferre coegit amor.

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umgeben/ welche nit auffhoͤren unſer HERZ zubeſtreiten. Dan ̅ was iſt unſer(Theod. ſer. 3. dc provid.) HERZ anders/ als der fuͤrtreffliche Theil deß Menſchlichen Leibs/ welches wie ein Koͤnig/ alle Glider deß gantzen Leibs zure= giren hat? Vnſer HERZ iſt das Schloß deß Allmaͤchtigen Koͤnigs/ welches uns mit allem Fleiß zubewahren von ihme uͤ- bergeben worden. Nun aber diſes Caſtell oder Schloß umlaͤgern gar vil Feind. Anff einer ſeiten faͤrtiget die Welt/ mit ihren Schuͤtzen Pfeil der eytelkeit/ damit zuſchieſſen im Dunckeln die/ ſo auffrichtig ſeynd von HERZEN. Auff der andern(Pſ. 10. 3.) ſeiten/ macht das ſchmeichlende Fleiſch ſeine Wort gelinder dan ̅ Oele/ und ſeynd doch ſcharpffe Pfeile. Widerum auff ei=(Pſ. 54. 22.) ner ſeiten wirfft der boͤſe Feind feurige Geſchoß/ und underlaßt nichts/ damit er(Epheſ. 6. 26.) das HERZ verwunde. Haben nit auch die Gottloſen das Schwert außgezogen/ und ihren Bogen außgeſpannet/ daß ſie faͤllen den Elenden und Armen/ und um=(Pſ. 36. 14.) bringen die/ ſo eines auffrichtigen HER= ZENS ſeynd? Wer wird aber das ſchwache krancke HERZ vor ſo vile ̅ Fein= den erꝛetten? Wer wird es beſchirmen vor(pſ. 90. 5.) dem grauen deß Nachts/ vor dem Pfeil der deß Tags fleuhet/ vor dem Geſchaͤffr/ [438] das im finſtern wandelt/ vo: dem Anlauff und mittaͤgigem Teuffel? Seytemahln unſer HERZ bey Nachts und bey Tags offentlich und ohn Vnderlaß beſtritten wird/ daß billich ein jeglicher arbeiten ſoll wie ein guter Ritter Chriſti/ und ſein HERZ mit einem ſtarcken Wahl umge- (2. Tim. 1. 1. Auguſt. in Pſal. 99.) ben/ damit die Feind keinen einfall thun moͤgen. Wir alle/ ſpricht Auguſtinus woͤl= len bewahrte HERZEN haben/ damit kein boͤſe Anfechtu ̅ g hinein gehe. Wer weiß aber/ wo ſie hinein kom ̅ en? Wiꝛ ſtreiten taͤg lich in unſerm eintzigen HERZEN. ein eintziger Menſch kaͤmpfft und ringet in ſei= nem HERZEN mit vilen. Ob nun aber gleichwol vil der Feinden ſeynd/ ď Kampff (2 Eſdr. 4. 20 pſ. 17. 3.) ſtarck und der Streit taͤglich iſt; ſoll man dannoch nit verzweifflen. Der HERR wird fuͤr uns ſtreiten. er iſt unſer Ver= wahrer/ und ein Horn unſers Heyls; er iſt der erloͤſer unſers HERZENS. BETRACHTE FERNER/ wie er das fleiſchlich HERZ unſers Leibs be= wahret hab/ damit du darauß lerneſt/ wie er nit werde Mangel erſcheine ̅ laſſen an de ̅ fuͤꝛnemſte ̅ ſtuck deines HERZENS dz iſt/ dem Gemuͤt und innerlichen HER= ZEN. Von diſem hoͤre Chryſoſtomu ̅ gar trefflich reden: Weil das HERZ/ ſpricht [439] er/ das fuͤrnehmſte auß unſern Glidern iſt/ und die Staͤrcke unſers gantzen Lebens an ihme ligt/ ſo es auch nur ein wenig ge= ſchlagen/ und getroffen wird/ den Tod verurſacht/ hat es Gott mit ſtarcken und ſteiffen Beinern allenthalben umgeben/ vornen mit erhebter Bruſt/ und hinden mit einem ſtarcken Rucken verwahret. Weil es aber ſtets ſpringt/ auch im Zorn und andern dergleichen Bewegnuſſen zit= teret/ damit es ſich nit an die umherligende harte Bein ſtoſſe/ zerknirſche/ und Schmeꝛ= tzen leide/ hat er vil Haͤutlein herumber außgeſpannt/ und die Blaͤtter/ gleich als ein lindes Bethlein underlegt/ damit es ohne Verletzung ſpringen/ und ſich bewe= gen koͤnne/ doch nichts ſchaͤdliches leide. Bißher Chryſoſtomus. So begibe dich nun unerſchrocken zu diſem/ ď das Fleiſch deines HERZENS allenthalben be= ſchirmet hat/ ruffe ihn an wideꝛ alle feindli= che Anſpruͤng/ und ſprich: Schau Gott(Pſ. 83. 10.) unſer Beſchirmer/ und kom meinen HERZEN zuhilff. Herꝛ/ ſtreitte wider meine Beſtreitter. Ergreiff den(Pſ. 34. 2.) Haꝛniſch und Schilt/ und mach dich auff mir zuhelffen. BETRACHTE WEITER/ [440] wie deinem HERZEN ein vilfaltiger Schilt von GOTt deine ̅ Beſchirmer er- theilt werde. Dann erſtlich die Goͤttliche Gnad ein Schilt/ den man nit durchdrin= ge ̅ kan/ welcher dz HERZ ſicher macht/ (Heb. 13. 9.) wiď alle Nachſtellunge ̅ der Feinde ̅ . Daher ſpricht der Apoſtel: Das beſte iſt/ daß man das HERZ ſterckt mit der Gnade. Nach= mahle ̅ ertheilt uns auch dz Gebett eine ̅ ſtar= cken Schilt/ durch welches wir Hilff von Gott begehren/ und ſo er uͤber uns erzuͤrnet (Sap. 18. 21.) iſt/ ihn darmit verſoͤhnen. Wie von Aaron geſchriben ſtehet: Der unbeklaͤglich Mann thet ſich hin zu zubitten fuͤr dz Volck: nahm herfuͤr ſeines Am???ts Schilt und Gewehr/ nemblich das Gebett/ und durch das Raͤuchern wendet er fuͤꝛ das Gebett/ das ſtellet ſich dem Zorn entgegen/ und ſchuff alſo End ď groſſe ̅ Noth und Jam ̅ er. Nicht weniger als mit einem Schilt/ wird (Sap. 5. 20.) das HERZ vo ̅ Wort Gottes beſchirmet: Dann das feurige Wort Gottes iſt e???n (Matth. 4. 4.) Schilt aller deren/ die auff ihn hoffen. Alſo hat Chriſtus mit dem Schilt der heiligen (Epheſ. 6. 16.) Schrifft die Pfeil deß Teuffels abgetribe ̅ . Diſem iſt gar aͤhnlich ď Schile deß Glau= bens; mit welche ̅ / wie der H. Paulus ſagt/ [441] wir koͤnnen außloͤſchen alle feurige Pfeile(Pſ. 38. 6.) des allerſchalckhafftigiſten. Jedoch weil gantz titel ſeynd alle Menſchen die da le= ben/ und wir einen gar ſtarcken Wider= ſacher haben/ den Vatter der Luͤge ̅ ; welcher durch die Luͤgen unſer erſten Eltern betro=(Joan. 8. 44.) gen/ und doch ſelber in der Warheit nit beſtendig bliben iſt/ hat man auch vonnoͤ= then den Schilt der Warheit/ von dem der Plalmiſt ſagt: Sein Warheit wird(Pſ. 90. 5.) dich mit einem Schilt umgeben. Was iſt aber diß fuͤr ein Schilt? der jeni= ge/ welcher darum in die Welt iſt kom ̅ en/ daß er der Warheit Zeugnuß gebe/ der(Joan. 18. 37. Joan. 1. 14.) ſelber voll der Gnaden und Warheit; welcher auch von ihme ſelber gantz war= hafftig geſagt hat: Ich bin der Weg/(Joan. 14. 6.) die Warheit/ und das Leben. Es beſchirmet un ̅ umgibet unſer HERZ/ auff daß er uns allenthalben bereit und verſchloſſen finde/ auch alle eingaͤng un= ſers Sinns mit dem Schilt der Werheit bedeckt werden. Erwige aber da mit Fleiß/ wie Chriſtus ď Herꝛ ein Schilt unſers HERZENS geweſen ſye. er hat zwar kein Vnfrid mit Gott dem Vatter niemahlen gehabt/ und dannoch ſchreyet er im Pſalmen: Deine(Pſ. 37. 3.) [442] (1. Pet. 2. 22.) Pfeil ſtecken in mir. Woher iſt aber ſol= ches widerfahren dem/ der nie kein Suͤnd (Bellarm. Conc. 5. in Pſ. 90.) gethan/ noch ſeinen Vatter einmahl belei= diget hat? Nemlich daher; weil der Sohn Gottes ſeinen Vatter wider uns gewaff= net geſehen hat/ wie auch der Bogen ſchon geſpannt/ und die Pfeil bereit/ dz Schwert gewetzet und außgezogen waͤrt; auff der andern Seiten aber hat er geſehen/ wie wir alle ungewaffnet waͤren/ und weder mit Kraͤfften/ noch Verſtand die Pfeil deß Goͤttlichen Zorns vermeyden koͤnnen: Was iſt geſchehen? er ward bewegt mit Barmhertzigkeit/ ſtellet ſich mitten zwiſche ̅ Gott und uns; und/ gleich waͤre er unſer Schilt geweſen/ hat er alle Streich/ alle Wunden/ alle Pfeil/ welche von Gott wi= der uns gericht waren/ in ſeinem Leib em= (Iſa. 53. 5.) pfangen: Er iſt von unſer Boßheit wegen verwundet/ und umb unſer groſſen Suͤnden willen zerknirſchet und zerſchlagen worden. Was haͤtte er aber mehr thun koͤnnen/ als daß er ſich zu einem Schilt deines HERZENS machet/ damit er geſchlagen und geſtoſſen wurde/ und du hinder ſeinem Rucken ſi- cher bleibeſt? Mein Seel/ liebe/ und wi= dergilte diſem deinem Beſchirmer; deme [443] du mit dem David billich ſingeſt: Der Herꝛ iſt mein Felß/ un ̅ meine Staͤr- cke (oder Feſte) und mein Erloͤſeꝛ. Gott(2. Reg. 22. 2.) iſt mein ſtarcker Verwahrer/ ich will auff ihn vertrauen/ mein Schilt/ un ̅ Horn meines Heyls/ mein Schutz und mein Zuflucht/ mein Heyland/ von meiner Vngerechtigkeit wirſt du mir heiffen. BETRACHTE FERNER/ daß nit allein Chriſtus/ ſo gelitten/ unſer Schild ſey; ſondern auch ſein Leyden/ Ba= ckenſtreich/ Geiſſeln/ Wunden/ Creutz/ und alle ſeine Schmertzen ſeyn ein Be= ſchirmung unſers HERZENS; von dem verſtanden werden kan der Spruch deß Propheten: Du wirſt ihme geben(Thren. 3 65) dein Arbeit zu ̅ HERZEN=Schilt. Welches gleich alſo vil iſt/ als ſpraͤche er: Du heiliger Chriſte/ wirſt den Menſchen(Hector. Pin- tus in Thren) geben deine Arbeit/ welche du von ihrent= wegen auf dich nehmen wirſt/ daß ſie ihnen ſey zum Schilt/ mit welchem ſie in ihren Anfechtungen beſch???met werden. Dein Leyden wird ihre Beſchirmung ſeyn; dein Arbeit wird ihr Schild ſeyn. Dann in der Arbeit/ und in den Wunden unſers [444] Herrn Jeſu Chriſti/ iſt unſer Artzney be= (Auguſt. in Man. c. 2.) griffen. Laßt uns glauben geben Auguſti= no/ der es erfahren hat/ und ſpricht: Wann mich ein unflaͤtiger Gedancken anficht/ nim ich mein Zuflucht zu den Wunden Chriſti. Wann mich mein Fleiſch truckt/ aufferſtehe ich durch die Ge= daͤchtnuß der Wunden meines Herrns. Wann der Teuffel mir nachſtellt/ flihe ich zu der Barmhertzigkeit meines Herrn/ und er weicht von mir ab. So die Inn= brunſt der Geilheit meine Glider beweget/ wird ſie außgeloͤſcht durch die Gedaͤcht= nuß der Wunden unſers Herrens deß Sohns Gottes In allen meinen Wider= wertigkeiten habe ich keine ſo kraͤfftige Artz= ney funden/ als die Wunden Chriſti. In denſelben ſchlaffe ich ri???ig/ und ruhe un= erſchrocken. Da wird ich ſicher ſingen: Ich will dich erheben Herꝛ/ dann du haſt (Pſ. 29. 2.) mich auffgenommen/ und enthalten/ und laſſeſt meine Feind ſich nit uͤber mich freu= en. Ob ſich wider mich ein Heer legt/ ſoll (Pſ. 26. 3.) ſich doch mein HERZ nit foͤrchten: Ob ſich ein Streit wider mich erhube/ will ich mich daꝛauf verlaſſen. Gantz billich hat auf diſen Schilt ſein Vertrauen das Heer Chriſti/ das außerwoͤhlte Volck/ auff wel= ches gar recht gedeutet wird die Satzung
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CORDIS SCALÆ Aſcenſiones in corde ſuo diſpohit Pſal. 83 Vin! ſcalis dilecta poli conſcendere ſedes, Hic prius in proprio conſtru??? corde grad,

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Moyſis: Seelig biſtu Iſrael. Wer(Deut. 31 22) iſt dir gleich? O du Volck/ daß du durch den Herꝛn ſeelig wirſt/ der dei- ner Hilff Schilt/ und das Schwerd deiner Heꝛꝛligkeit iſt. Deine Feind werden dich verleugnen/ aber d??? wirſt auff ihre Haͤlß mit Fuͤſſen tret= ten.

Die X. Lection. CORDIS SCALA.

Deß HERZENS Leitter.


Er hat Auffſteigungen in ſeinem HERZEN bere???et. Pſalm. 83. 6. ES iſt nicht ohngefehr oder ſon= derbahre vernuͤnfftige Vrſach ge ſchehen/ daß man in jenem hoch= anſehlichen Tepel Salomonis auff fuͤnff-(Greg. Præ- fat. in 6. Pſ. Pœnit.) zehen Staffeln hinauff ſtige; dann wie es der heilige Gregorius betrachtet: Salo= mon ein Erforſcher himmliſcher Heim= lichkeiten/ und ein Gefaͤß der Goͤttlichen Weißheit/ hat alſo den von Haͤnden ge= machten Tempel angeſtelt/ damit durch denſelben ein anderer bedeuttet wurde/ [446] welcher nit mit Haͤnden gemacht iſt/ auff daß man auß dem zerſtoͤrliche ̅ Gabaͤu eines irꝛdiſchen Hauß/ die unzerſtoͤrliche Schoͤne deß himmliſchen Tempels einbil= den konde. Dann in jenem Tempel/ wel= cher auß lebendigen Steinen im Himmel gebauet iſt/ kombt man nit durch einen ???bnen weiten Weg/ oder mit leiblichen Schritten/ ſondern durch den Glauben/ (Pſ. 83. 6.) und die Liebe. Daher ſpricht der Prophet: Seelig iſt der Menſch/ der Hilff von dir hat/ er hat Auffſteigung in ſeinem HERZEN bereit. Er hat geſagt/ es ſeyn Auffſteigungen in deß ſeligen Men- ſchen HERZEN bereit: zeigt auch an/ woher wir auffſteigen muͤſſen/ da er ſpricht: Im Thal der Traͤhnen. Im ſelbigen beweinen wir die Verdamnuß unſers elends/ und unzehlbare vil Verdrießlig= keiten der menſchlichen Gebrechligkeiten. Diß iſt das Thal/ auß welchem die heilige Maͤnner außzugehen mit Anmutunge deß Gemuͤts ſich ohn underlaß in Bereit= ſchafft halten/ und begehren hinauff zu= (1. Cor. 2. 9.) ſteigen zu jenem unaußſprechlichen Gut/ und der unerſchaͤtzlichen Freud/ welche (Ser. 126. de ???iverſ.) kein Aug geſehen/ kein Ohr gehoͤret/ die nie in keines Menſchen HERZ geſtigen iſt. Was aber ins menſchen HERZ nie [447] geſtigen iſt/ ſpricht Auguſtinus/ dorthin ſoll das menſchliche HERZ auffſteigen. Laßt uns das HERZ daſelbſten haben/ ſo weꝛden wir nicht vergebentlich hoͤren: Surſum Corda; das iſt/ Erhebt eure HERZEN. Laßt uns im Thal der Traͤ= nen Auffſteigung bereiten/ auff daß wir kommen auff den Berg der Freuden. Wie wenig/ O Herꝛ Iesu/ woͤllen wir dir nach- gehen/ ſpricht Bernardus/ ſo doch nie=(Bern. ſer. 21. in Cant. Pſ. 15. 11.) mand iſt/ der nicht begehre zu dir zukom ̅ en/ und diß alle ̅ bewuſt iſt/ daß zu deiner Rech= ten ſey Luſt und Freud ewiglich! Darum woͤllen dich alle genieſſen/ aber dir nicht nachfolgen; ſie woͤllen mit dir regiren/ aber nit mit dir Leyden. Sie begehren die letzte Ding der Gerechte ̅ aber nit die erſte. Sie kehren nit Fleiß an zuſuchen/ den ſie doch begehren zufinden; ſie begehren ihn zuerlangen/ aber nit ihme nach zu folgen. Wilſt du derhalben kommen mein Seel in dem Berg deß Herꝛn/ zum Tabernackel Gottes/ zum Tempel der nit von Menſche ̅ Haͤnden gemacht; muſt du nit müſſig ſtehen/ ſondern Staffelweiß auffſteigen. Dan ̅ man an die Spitz nit hinauff kombt/(Gen. 28. 1???.) als allein uͤber die Staffeln. Zu dem ober= ſten Theil der Leiter/ welche Jacob im Schlaff geſehen/ kombt man nit durchs [448] Fliegen/ ſondern durchs Auffſteigen. es (2. Cor. 4. 16) wird keiner gaͤhlingen der hoͤchſte; ſondern allgemach gleichſam uͤber die Staffeln kombt man zur Vollkommenheit. Dann unſer innerlicher Menſch wird von Tag zu Tag erneuert. Als lang du derhalben lebeſt in diſem Thal der Thraͤnen/ in diſem (Auguſt. in Pſ 12 2.) muͤhelichen und arbeitſamlichen Leben/ muſt du ein geiſtliche Leiter auffrichten/ Kirchen-Staffel hauen/ Auffſteigung im HERZEN bereiten. Was iſt aber/ ſpricht Auguſtinus/ im HERZEN auff= ſteigen? In Gott zunemen Gleich wie ein jeglicher ď abnimbt/ ſteigt nit ab/ ſondern faͤllt gar darnider; alſo ein jeglicher der zu= nimbt/ ſteigt auff. BETRACHTE nun was diſes fuͤr (Caſſiod.) Staffel oder Auffſteigungen ſeyn/ auff welchen man zu GOtt kombt/ die wir im HERZEN auffrichten muͤſſen. Caſſio= dorus ſpricht/ man ſteige ſo vil Staffel auff/ als vil einer faſt er durch die Hilff Gottes uͤberwindet/ ſo vil überſchreitte er Staffel/ als von vilen Laſtern er loß wer= de; und als vil er im Thal der Traͤnen/ (Philip. 3. 13.) durch demuͤtige Buß=gnugthuu ̅ g herun= der ſteige. Auß welchem folget/ das einer auch taͤglich in den Tugendten auffſteigen und zunehmen/ ſich zu dem/ das dafornen [449] iſt/ ſtrecken/ und was dahinden iſt/ vergeſſen ſolte. Vnd diſer Verſtand wird auß dem Pſalmen ſelber abgenommen. Dann als David erklaͤret/ was man fuͤꝛ Auffſteigung im HERZEN zubereiten ſoll/ ſpricht er:(Pſ. 83. 7.) Sie werden von einer Tugend zur andern gehen. Die Boͤſen ſteigen(Pſ. 73. 23.) zwar auch auff/ dann die Hoffart deiner Feinde/ die dich haſſe ̅ / O Herꝛ/ ſteiget(2. Tim. 3. 13.) immerdar auff. Die boͤſe Menſchen auch und Verfuͤhriſche fahren fort zum aͤrgſten. Aber diß Auffſteigen iſt anders nichts/ als lauter Abſteigen/ auff daß ſich wol auff ſie reimen kan/ was der Pſalmiſt(Pſ. 72. 18. & Pſ. 106. 26.) geſagt: Du faͤlleſt ſie zu Boden/ wan ſie erhoͤhet wurden. Vnd abermahl: So fahren ſie gen Himmel/ und fahren in Abgrund: ihr Seel verging in Vnfall verzagt. Dann je hoͤher ſie auffſteigen durch Erhebung der Hoffart/ und Zunemen der Boßheit; deſto mehr fahren ſie hinunder in die Hoͤllen; und die Seel/ welche unendlich im guten feißt war/ vergehet im Vnfall verzagt. So BETRACHTE nun/ wie man diſe Auffſteigung oder Staffel der Tuge ̅ = den ins HERZ ſetzen muͤſſe; nit in die [450] Haͤnd/ nit in die Fuͤß/ nit in andere Gli= der deß Leibs. Seytemahlen die aͤuſſer= liche Werck/ ob ſie ſchon einen gut ſeyn geduͤncken (wie wir ſchon etlich mahl ge= ſagt haben) ſo gefallen ſie doch Gott nicht/ wann ſie nit innerlich vo ̅ HERZEN her= (1. Reg. 16. 7.) auß gehen: Dann Gott ſihet an das HERZ. Darum ſoll man inbrünſtigt und ſterffe Werck der Tugenden wircken/ die auß innerlicher Anmutung deß HER ZENS her kommen/ ſo wir mit ernſt zu= nemen und auffſteigen woͤllen. So irren ſich nun die jenige/ und ſteigen warhafftig ab/ welche die Auffſteigungen zwar bereit- ten/ aber nit in ihrem HERZEN; ſeyte= mahlen ſie dieſelbe in einem frembden ſetzen/ in dem ſie die/ Werck der Tugendie ̅ (Matth. 6. 5.) darumen uͤben/ damit ſie von den Men- ſchen geſehen/ und von ihnen hoch geach= tet werden. Was iſt diß anders/ als ſein Auffſteigung nit im HERZEN/ ſon= dern in der Menſchen Mund und Mei= nung bereiten? So du derhalben/ mein Seel/ ernſtlich begehreſt auffzuſteigen/ und die Staffel in ein rechte Ordnung zurichten/ muſt du am erſten Orth die Demut anſetze ̅ . Gleich wie ď jenige/ welcher in ſeine ̅ HERZEN [451] geſprochen/ Ich will in Himmel hin-(Iſa. 14. 13.) auff ſteigen/ in die Hoͤll geſtuͤrtzet wor= den iſt: alſo der in einem gedemuͤtigten HERZEN/ durch die Gnad und Bey= ſtand Gottes/ ſein Auffſteigung bereitet/ der wird warhafftig erhoͤhet. Dann Gott(Pſ. 112. 6.) der die demuͤtige Ding anſihet/ der ver=(Pſ. 50. 19.) achtet nicht ein zeꝛknirſchtes und gedemuͤ- tigtes HERZ. Wie aber die Demuth dz HERZ uͤber ſich erhebe/ leget der heilige Auguſtinus gar ſchoͤn auß: Es iſt gar gut/ daß man das HERZ uͤber ſich hebe/(Auguſt. lib. 14. de Civ. Dei c. 13.) aber nit zu ſich ſelber/ welches ein Hoffarth iſt; ſondern zum Herꝛn/ welches iſt ein Gehorſam; den allein die Demuͤtigen haben koͤnnen. So iſt derhalben etwas/ ſo ein Demuth iſt/ und das HERZ uͤberſich erhebet; und iſt widrum ein Hochmuth/ welcher das HERZ underſicht rucket. Di= ſes gedüncket zwar das Widerſpil ſeyn/ daß der Hnchmuth under ſich/ und die De= muth überſich ziehen ſoll. Aber die gottſe= lige Demuth macht underthaͤnig dem O= bern; nichts aber iſt hoͤher als Gott: und deßwegen erhoͤhet die Demuth/ welche Gott underwuͤrffig macht. Der Hoch= muth aber/ der in der Suͤnde iſt/ eben in dem/ daß er ſich nit under werffen will/ und abfaͤlt von de ̅ jenigen/ uͤber welchen nichts [452] (Pſ. 72. 18.) hoͤhers iſt/ auß diſem wirdts deſto nidri= ger ſeyn/ und geſchicht/ was geſchriben ſtehet: Du faͤlleſt ſie zu Boden/ wann ſie erhoͤhet worden. So ſteiget nun vergebenlich uͤberſich/ der nit anfangt von der Demuth/ und durch dieſelbe in ihme ſelber zuvor abſteiget. Diſe weiß auffzuſtei= gen hat gelehret der Lehrmeiſter der wah= (Epheſ. 4. 10.) ren Demuth/ deß Allerhoͤchſten Sohn; von dem wir leſen: Der hinunder/ oder hinab gefahren iſt/ der iſt derſelb/ der auffgefahren iſt. Er mußte uns (Ser. 4. de aſcenſ. Dom.) zeigen den Weg der Auffſteigung/ wie Bernardus bezeuget: damit wir nit deß unrechten Fuͤhres/ ja Verfuͤhrers Fuß= ſtapffen oder Rath nach folgeten. Weil er derhalben nit hoͤher kunte auffſteigen/ iſt der Allerhoͤchſte herunder geſtigen/ und hat durch ſein herabſteigen uns ein ſuͤſſes und heilſames Auffſteigen bereitet. Er iſt herunder geſtigen von dem Berg deß Gewalts/ und ward mit Schwachheit (1. Cor. 1. 21.) deß Fleiſches umgeben; er iſt herunder ge= ſtigen vom Berg der Weißheit/ weil es Gott wol geflle durch die Thorheit ď Pre= digt ſelig zumachen die Glaubigen. Dann was gedunckt einen ſchwacher ſeyn/ als ein zartes Leiblein und die Glider eines [453] Kindts? Was erſcheinet ungeſchickters als ein kleiner Knab/ der nichts weiß/ als um der Mutter Bruͤſt? Wer iſt unver= moͤglicher als der jenige/ deſſen Glider alle mit Naͤgeln angeheſſtet/ und alle Bein gezehlet worden? Wer iſt unk luger als der jenige/ welcher ſein Seel in den Todt ge= geben; und bezahlet hat/ dz er nicht geraubt gehabt? Siheſt du/ wie vil er herunder ge= ſtigen/ w???e faſt er von ſeinem Gewalt/ un ̅ (Pſ. 68. 5.) Weißheit ſich ſelber entaͤuſſert hat? er hat aber den Berg der Guͤte nit hoͤher auffſteigen/ noch ſein Liebe k???er andeuͤt= ten koͤnnen. Wolan nun/ du meine deß auffſteigens begierige Seel/ ſo du auß dem Thal der Traͤhnen/ in das Paradeiß aller Wolluͤſten auffzuſteigen begehreſt/ folge nach den Fußſtapffen deines dir vorge=(Cant. 1. 4.) henden Oberſten/ lauffe im Geruch ſeiner Salben/ der warhafftig von HERZEN(Pſ 83. 8.) demuͤtig geweſen iſt. Gehe von einer Tugend zur andern; biß daß der GOtt(Cant. 8 5.) aller Goͤtter zu Sion geſehen werde. Gehe fort/ ſprich ich/ nnd ſteige herauff von der Wüſten/ dich auff deinen Geliebten leh= nend. Seytemahlen ſo du dich auff dich(Oſee. 13. 9.) ſelber lehneſt/ wirſtu fallen: dann du verderbeſt dich ſelber/ aber dein Hilff ſtehet allein in Gott. Item/ verflucht iſt der [454] Menſch/ der ſich auff Menſchen ver= (Pſ. 90. 1.) laͤſt/ und Fleiſch fuͤr ſein Arm haͤlt. So wohne nun under der Hand deß Al= lerhoͤchſten/ und bleibe under dem Schirm deß Allmaͤchtigen GOttes von Himmel. (Pſ. 83 6.) Seelig iſt der Menſch der Hilff von ihm hat. Dann der Geſatzgeber wird den Segen geben/ und der den Rath zum Auffſteigen mitgetheilt/ der wird auch die Hilff darzu geben; und den der ſich auff ihn lehnet/ in das Reich ſeines Vatters ein= fuͤhren.

Die XI. Lection. CORDIS DILATATIO.


Außbreitung oder Erweite= rung deß HERZENS.
Ich bin geloffen den Weg deiner Gebott/ da du mein HERZ auß= gebreitet haſt. Pſ. 118. 32. BETRACHTE wie diſes gegen= waͤrtige Leben/ in diſem Elend/ nichts anders ſeye/ als ein Weg zum ewigen Leben; ſey auch der geiſtliche Rennplatz/ den wir gar geſchwind auß=???
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CORDIS DILATATIO. Viam mandatorum cucurri, cum di= lataſti cor meum. pſal. 118. Qua ̅ volupe eſt quod amare pr??? cor duxit amaru ̅ , Anguſtam. lato currere corde viam.

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???lauffen; und ein Weg zum himmliſchen Jeruſalem/ nach dem wir ſtets wandein muͤſſen. Wie vil aber welchen ab von di= ſem Weg? wie vil ſchlagen diſen Renn=(Pſ. 106. 4.) platz ab? Wie vil ſeynd/ die irꝛ gehen in der Wuͤſten im duͤrren Land/ und finden keinen Weg zur Statt/ da man innen wohnet? Wie offt gehen wir gar wenig fort auff dem Weg GOttes? Wie offt ſte= hen wir ſtill? Wie offt werden wir muͤd/ laſſen gantz und gar ab vom Wandeln un ̅ ligen darnider zubode ̅ ? Die Kinder Adams(Eccleſ. 10. 15) ſeynd warlich armſelig und erbaͤrmlich/ welche ̅ die Arbeit der Narung ſauer wird/ die nit wiſſen in die Statt zu gehen. Wo= her kombt aber diſe Armſeligkeit? Daher/(Pſ. 118 25.) weil unſer Seel am bode ̅ klebt/ ja klebt an diſe ̅ Staub und erden; nemlich dem Leib/(Sap. 9. 11.) der ſterblich iſt/ und die Seel beſchweret. Dann/ wie Bernardus ſpricht/ es ſey ein(S. Bern ſer. 21. in Cant.) Seel ſo groſſer Vollkommenheit als ſie wolle/ als lang ſie in diſem ſterblichen Leib/ und im Kercker diſer verkehrten Welt ein- geſchloſſen iſt/ gebunden mit Nothwen= digkeiten/ geplaget von Laſtern/ muß ſie noth wendig leiſer und fauler auffſteigen zur Betrachtung hoher Ding: und ſtehet ihr nit frey dem Braͤutigam nachzufolgen wohin ergehe. Daher kom???t jene klaͤgliche [456] Stimm: Ich unſeliger Menſch/ wer (Apoc. 14. 4. Rom. 7. 24.) wird mich doch erloͤſen von dem Leibe diſes Todtes? So iſt noch ein andere Vrſach; weil unſer Seel ſchlaͤfferig iſt fuͤr Verdruß/ und gantz abgemuͤthet wor= (Pſ. 118 2???. Ser. 22. in Cant.) den. Dann es ſeynd etliche (ſpricht nechſt= gemelter Bernardus) welche in geiſtlichen Vbungen muͤd und verdroſſen/ kalt und lau worden/ gleichſam am Geiſt abnemen/ den Weg deß Herꝛn in Traurigkeit wandeln/ zu allem/ was ihnen aufferlegt wird/ gehen mit duͤrren verdroßnen HERZEN. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ Gleich wie diß Vbel herkombt auß der Kaͤlte/ Traurigkeit/ und Aengſtigung deß HERZENS: alſo ſey die beſte Artzney darfuͤr die Außbreitung deß HER= (Lorin. in Pſ. 4.) ZENS/ das iſt/ die Freud im H Geiſt. Dan ̅ natuͤrlicher weiß darvon zureden/ de ̅ Traurigen wird das HERZ zuſamen ge= truckt und eng zuſamen gezogen/ auch mit ſchaͤdlicher Feuchtigung uͤber falle ̅ : de ̅ Froͤ- lichen wird das Gebluͤt zerſtreuet/ und gleichſam die Oerter deß HERZENS erweitert/ und es außgebreitet. Welches andeutet die Roͤte deß gantzen Mundts an den Lachenden; und die Bleiche an den [457] jenigen/ die entgegen betruͤbet ſeynd: weil ſich das Gebluͤt beym HERZEN ver- ſamlet. Daher Auguſtinus den jenigen Spruch: In der Truͤbſeligkeit haſtu mir(Pſ 4. 1.) weiter raum gemacht: alſo außleget: Du haſt mich don der Aengſtigung ď Traurig= keit/ in die Breite der Freuden gefuͤhrt. So nun das HERZ außgebreitet iſt/ laufft man den Weg der Gebotten Gottes mit unaußſprechlicher Freud. Diß bezeuget David/ der es erfahren/ und ſpricht: Ich bin geloffen den Weg deiner(Pſ. 118. 32.) Gebott/ da du mein HERZ außge. breitet haſt. Dann er kunde den Weg(In illum lo- cum) nit lauffen/ ſpricht Ambroſius wann ſein HERZ geaͤnſtiget wurde. Diſes wider= faͤhrt uns auch: dann wann unſer Seel ſchlaͤfferig iſt vor Traurigkeit/ ſitzen wir faul un ̅ d verdroſſe ̅ darnider/ und nit allein lauffen wir nicht/ ſondern muͤſſen auch ge= zogen werden. Welches Bernardus gar wol ſeinem Brauch nach außleget: Da= rumen iſt vonnoͤten/ daß ich herauß gezoge ̅ (Serm. 21. in Cant.) werde/ weil allgemach in uns das Feuer deiner Liebe erkaltet/ und koͤnnen vor diſer Kaͤlte jetzt nit lauffen wie Naͤchten und Vorgeſtern. Nachmahlen aber werden wir lauffen/ wann du uns wider kommen(pſ. 50. 14.) [458] laßt die Freud deines Heyls/ wann ein beſſere Vermiſchung der Gnaden wider= kommen/ die Sonn der Gerechtigkeit er= warmen/ un ̅ die Wolcken ď Verſuchung vergehen wird/ welche ſelbige ein Zeitlang (Can. 1 3.) veꝛdecket hatte/ und durch ein liebliches Lü???lein anfangen die Salben zerſchmel= tzen/ die Gewuͤrtz flieſſen/ und ihren G???uch von ſich geben werden. Alßdann werden wir ſelbigem Geruch nachlauffen. So du nun frageſt/ wie diſe Außbreitung deß HERZENS geſcheh???? Wie diſe geiſt= liche Freud in unſere HERZEN von (Ser. 32 in Cant.) GOTt geſchickt werde? Hoͤre gemelten Bernaꝛdum: So ſich etwas ſolches zu= trage ̅ ſolte (nemlich der Verdruß ob den Weg) ſo ſich der Herꝛ erbarme ̅ und ſich zu uns naͤhern wird auff dem Weg/ de ̅ wir wandeln/ und anfahet zureden vom Him= mel/ als der vom Himmel iſt/ auch etwas gunemliches zuſingen von den Liederen Sion/ auch erzehlen von der Statt Got= tes/ und vom Friden der Statt: ſag ???cheuch; er wird ſeyn der ſchlaͤfferigen Seel an ſtatt eines Feuers/ und der faulen traͤgen ein froͤliche Erzehlung/ alſo daß er ver= treibe allen Verdruß von dem Gemuͤth deß Zuhoͤrers/ auch die Muͤdigkeit von dem Leib. Geduͤnckt dich/ daß was anders [459] leyde/ oder begehre jener/ der da ſpricht: Mein Seel iſt ſchlaͤfferig worde ̅ fuͤr(Pſ. 118. 28.) Verdruß/ ſtaͤrck mich in deine ̅ Worte ̅ Vnd da er ſolches erhalten/ wird er nit(Ibid. v. 97.) ſchreyen: Wie hab ich dein Geſetz ſo lieb/ de ̅ gantzen Tag denck ich daran. Derohalben die Bedenckung/ und die Be= girde deß himmliſchen Vatterlandts/ er-(Tract 4 in epiſt. loan.) weitert oder außbreitet das HERZ; wel= ches Auguſtinus auff diſe weiß außleget: Die Begirde/ iſt die Schoß unſers HER= ZENS. Was wir aber begehren/ dz ſehe ̅ wir noch nit/ ſondern durch die Begirde werden wir deſſelben gefaͤhig: auff daß wir erfuͤllet werden/ wann kommen wird das wir ſehen ſolle ̅ : Gleich wie ſo du ein Schoß außfuͤllen wolteſt/ und weiſt wie groß das ſey/ ſo dir geben wird; außbreiteſt du die Schoß deß Sacks/ oder eines andern Dings: Du weiſt wie vil du hinein thun wilſt/ und ſo du ſiheſt/ daß die Schoß eng iſt/ machſt du ſie weiter durch das außdeh= nen. Alſo iſt vonnoͤthen/ daß unſer Seel(Tract. 34 in Joan. 1. Cor. 1. 9.) ihr Begirde außbreite/ und mit einer ge= faͤſſigern Schoß begehre zubegreiffen das/ was kein Aug geſehen/ kein Ohr gehoͤret/ noch in eines Menſchen HERZ auffgeſti= gen iſt. Wann diſe Begirde das HERZ [460] außbreitet/ wandelt der Gerecht auff dem (Prov. 4. 12.) Weg der Gerechtigkeit/ daß/ wenn er darauff gehet/ ſeine Gaͤng ihm nicht ſauer oder eng werden/ und wann er lauffet/ er ſich nit anſtoſſe. Seytemahlen die Anfan= genden kriechen auff dem Boden/ die Zu= nemenden wandlen/ die Vollkomne (Iſa. 40. 31.) lauffen; ja ſie fligen wie die Adler/ und werden nit muͤd. Wer wird uns geben (Pſ. 118. 32.) ein breites HERZ wie es Salomon ge= habt hat/ gleich wie der Sand am Meer/ auff daß wir ohn alle Verhinderung den Weg der Gebotten GOttes lauffen moͤgen? Zum DRITTEN ſoll man da be= (Matth 7. 14) trachten und erwegen mehr ein Gottſelige als fürwitzige Frag: Weil der Weg eng iſt/ der zum Lebe ̅ einfuͤhret/ warum David hie ſage/ das HERZ ſey außgebreitet/ un ̅ nit vil mehr/ der Weg ſelber/ welcher ſolte (Pſ. 30 9.) erweittert ſeyn/ wie er an einem andern Orth ſpricht: Du haſt meine Fuͤß (Hilar. in Pſ. 118.) geſetzt auff weiten raum? Der hetlige Hilarius gibt Antwort: Diß ſey ein auß= gebreites HERZ/ darinn dz Geheim nuß deß Vatters und Sohns ſitzet: in welchem der H. Geiſt durch weite Wohnung auß- gebreitet wird. So habe auch David nit [461] ehe koͤnnen den Weg Gottes lauffen/ biß daß er zu einer wuͤrdigen un ̅ weiten Woh= nung Gottes worden/ dergleichen hat Ambroſius: Sihe endlich die Weite: Der Weg wirdt enger/ dz HERZ weiter/ da= mit es die Wohnung deß Vatters/ und deß Sohns/ vnd deß H. Geiſtes ertragen moͤge: Damit nit etwan komme dz Wort Gottes/ vnd anklopffe/ und ſo es ſihet die Enge deß HERZENS/ darin ̅ nit woh= nen woͤlle. So verwundert ſich auch der(Bern. ſer. 27. in Cant.) H. Bernardus ob diſer ſo groſſen Weit= laͤufftigkeit deß HERZENS/ vn ̅ ſchrey= et auff: Owie groß iſt jene Breite der See- len! wie groß ſeynd auch jhre Verdienſt/ in dem ſie würdig erfunden wirdt die Goͤttli= che Gegenwart in ſich zu empfahen/ und iſt genugſam ſelbige zufaſſen! Ja ſie hat auch ſo weit Raum/ und Spatziergaͤng fuͤr die hoͤchſte Mayeſtaͤt: Dann Gott ſpricht:(2. Cor. 6. 16) Ich will in ihnen wohnen/ und in ihnen wandeln. Wie breit iſt aber der(Rom. 5. 5.) Orth/ darinn GOTt wandelt? In diſer breite wird außgegoſſen die Liebe GOttes in unſere HERZEN durch den H. Geiſt/ welcher uns geben iſt. Laßt uns derhalben(Aug. l. 1. Con feſſ. c. 5.) zu GOTt ſprechen: Das Hauß unſers HERZEN iſt eng; breite es auß/ damit [462] du darein kom ̅ eſt. Es iſt baufaͤllig/ beſſere es auß. Die ander Frag kan hie ſeyn; wie man den Weg der Gebotten Gottes lauffe mit außgebreitem HERZEN/ weil er vil wider wertiges und Traurigkeit in ſich hat. Dann wir müſſen durch vil Truͤbſal ein= gehen in das Reich GOttes Auff diſes kan man auff vilerley weiß antworten; un ̅ erweiſen wie das HERZ auch in Truͤb= ſal außgebreitet werde. Dann erſtlich/ (2. Cor. 4. 8.) durch außbreitung deß HERZENS/ mittheilet GOtt die Gnad der Großmuͤ= tigkeit/ durch welche alles Vngluͤck dapffer uͤbertragen/ und die Trübſal leyden/ nit geaͤngſtiget werde ̅ . Alſo lehren Dydiinus/ (Pſ. 1. 4.) Chryſoſtomus/ und Euthymius uͤber den Spruch deß Pſalmen: In der Truͤbſe= ligkeit haſtu miꝛ weite ̅ raumgemacht Fuͤrs ander: Es hat ein weiters un ̅ freyers Feld/ ſpricht Chriſoſtomus/ der jenige/ welchen die Truͤbſeligkeit noͤtiget/ ſich von unflaͤtiger Liebe abzuziehen/ mit der er ver= bunden und geplaget war/ weil es gluͤcklich daher ginge. Gleich wie der jenige/ wel= cher das Fieber hat/ wann er deß Wolluſts pfleget/ groͤſſere ſchmertzen empfindet; ſo er ſich aber darvon enthaltet/ die leibliche [463] Geſundheit erlanget. Zum dritten/ wann der Gerecht/ gleich wie ein geſchlagens Gold/ mit dem Ham ̅ er der Truͤbſeligkeit geſchl???gen/ zu mehren Blechen außgethei- let/ und zu einem gefaͤſſigen Geſchirr wird; die Gaben GOttes zuempfahen. Daher hat Chriſtus von Panlo dem außer woͤhlte ̅ (Actor. 9. 15.) Geſchirr geſprochen: Ich will ihm zei= gen/ wie vil er ley den muß um mei= ne??? Namens willen. Zum vierden/ je mehr ein Goteſeliger Menſch geaͤngſtiget wird dem Fleiſch nach/ deſto mehr wird er außgebreittet im Geiſt. Dann er iſt gleich wie ein Palmbaum; welcher am undern theil eng iſt/ am obern aber ſich weit auß=(Pſ. 91. 13.) breittet. Daher iſt der Spruch: Der Ge= recht wird gruͤnen wie ein Palmen-(Matth 7. 13.) baum. Zum fünfften/ Eng und ſchmal iſt der Weg/ der zum Leben fuͤhret: Aber die Oerter der Liebe ſeynd gar breit/ und froͤlich und ihr Geſatz wird genennt/(pſ. 118. 96.) ein ſehr breit Gebott. Dann mit demſelbe ̅ begreiffen wir alle ding/ wir uͤberſteigen die Creaturn/ wir hangen an dem groſſen GOet. Der Tempel ſo de ̅ Ezechiel gezeigt(Exech. 40.) worden/ war am obern Theil weiter und breiter: dann wie Hieronymus lehret/ [464] was under ſich gehet/ iſt allzeit heller/ durch das Faſten/ Maͤſſigkeit im Leben/ und Bußwercken/ und biß wir allgemach zum hoͤchſten auffſteigen (gleichſam durch jene Staffel) wird uns ein weiterer und breit= ter weg eroͤffnet/ und erfuͤllet was geſchri= (Pſ. 4. 1) ben ſtehet: In der Truͤbſeligkeit haſt du mir weiten Raum gemacht.

DIE FUNFTE CLASSIS.

Vollkommenheit deß HER- ZENS/ und Vereinigung mit CHRISTO.

NAch den Blumen/ Fruͤch- ten/ und froͤhlicher Einle= ſung der Trauben/ muͤſſen wir einmahl de ̅ Wein ſelber verkoſte ̅ . Wie uͤberfluͤſſig aber ď Gottgeliebte Salomon ſelbige ̅ ſeiner geliebte ̅ Su- lamitin vergund/ ſinget ſie ſelber fro??? lockendt/ in deme ſie ſich geruͤhmet/ daß ihr nit nur ein oder zween Becheꝛ voll dargebotte ̅ ; ſondern daß ſie gantz [465] und gar in den Weinkeller ſelber ein- gelaſſen worden ſey: Der Koͤnig hat(Cant. 2. 4.) mich eingefuͤrt in den Weinkeller. Wz iſt aber diſes fuͤr ein Weinkeller/ als ebe ̅ der Weg der Vereinigung der vollkomnen Menſchen/ darinn mit dem Moſt der Goͤttlichen Liebe getraͤnckt werden diſe/
Die froͤlich trinck??? ſich Geiſts voll/
Vnd dannoch bleiben nuͤchter woll? Das aber die Liebe ſolcher Wein ſey/ welcher in dem Weinkelleꝛ Gottes(Rom. 5. 5.) getruncken wird/ bezeuͤget die Braut ſelber/ da ſie darzu ſetzt: Die Liebe hat er in mir geordnet. Vnd diß iſt dieheil- ſame Lehr in diſer Claß/ das aller= lieblichſte Tranck diſes Kellers. Dan ̅ hie wird erſtlich gelehret/ wie die Liebe Gottes außgegoſſen werde in unſere HERZEN/ durch de ̅ H. Geiſt/ der darin ̅ wohnet. Wie durch die Lie- beunſer HERZ mit dm Sigill deß Geliebte ̅ gezeichnet und verſigelt ſey. Was thut aber der H. Geiſt nit/ wan ̅ [466] er in ď Seel wohnet? Das HERZ ver wundet er mit ſeinen Pfeilen/ zuͤn- det es an mit ſeinem Feuer/ daß ſie ge (Cant. 2. 9.) trungen wird auffzuſchreyen. er qui= cket mich mit Blumen/ und umſtecket mich mit Aepffeln; dann ich bin kranck vor Liebe. Oder wie die ſibentzig Dol. metſcher leſen; Ich bin mit Liebe ver= wundet: Gleich wie aber die Ver- wundten und Krancken/ kaum an et- was anders/ als an ihren Schmertze ̅ gedencken koͤnnen/ alſo daß ihne ̅ auch im Schlaff darvon traumet; alſo (Cant. 5. 2.) ſpricht auch die Braut: Ich ſalaff/ aber mein HERZ wacht. Alſo wird ihr auch die Weil zulang/ daß ſie ſtets nach ihrem Geliebten ſeuffzet/ und weil ſie mit dem Leib nit kan/ erhebt ſie ihr HERZ uͤberſich/ wo ihr Ge- liebter weydet/ wo er liget am Mit= tag. Daru ̅ begehret ſie anders nichts/ als daß ſie mit ihrem Geliebten eins werde; auff daß/ da ſie funden den ihr Seel liebet/ ſie in halte/ und nit vo ̅ ihr laſſe; ſonďn beyde ſtets einander lieb-???
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CORDIS INHABITATIO. Miſit Deus ſpiritum fily ſui in corda noſtra. ad galat. 4. Spiritus, ô mea lux, cordis, tuꝰ, incolat æde ̅ , Sponſe vt amort tuo, mi??? redameris ama ̅ s.

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???haben/ welches jene Stimmen anzei=(Cant. 3. 16.) gen: Mein Geliebter iſt mein/ und ich bin ſein. Mein Geliebter iſt mein/ und er haͤlt ſich auch zu mir. So iſt nun letz= lich diſes der Inhalt deß Begehren/ daß ſie in ihrem Geliebten ruhe/ er ſein Lincke under ihꝛen Halß lege/ und mit ſeiner Rechte ̅ ſie umfange. Wan ̅ ſie nu ̅ alſo ruhet/ ſoll ſie keine auß den Toͤchtern von Jeruſalem auffwecke ̅ / oder wachend machen/ biß ſie ſelber will. So laßt uns nun diſe gar liebli- che un ̅ ſuͤſſe Lectionen/ der Ordnung nach durchlauffen.

Die XII. Lection. CORDIS HABITATIO.

Einwohnung deß HER- ZENS.


Gott hat geſand ſeinen Geiſt in un= ſere HERZEN. Gal. 4. 6. BETRACHTE ERSTLICh die unendliche Liebe Gottes gegen(Prov. 8. 31.) dem menſchlichen Geſchlecht/ deſſe ̅ [468] Wolleben alſo faſt iſt/ ſeyn bey den Men= ſchen=Kindern/ daß er ſich auch nit ſcheu- het zu thnen zukommen/ in ihnen zuwoh= (Joan. 14. 23.) nen/ und Wohnung bey ihnen zumachen. Nun aber/ ob ſchon diſe Inwohnung in unſern HERZEN/ von alle ̅ dreyen Per= ſonen der Hochheiligſten Dreyfaltigkeit beſchihet/ ſo wird ſie doch am aller meiſten dem H Geiſt zugeeignet/ welcher die Liebe/ (Rom. 5. 5.) und Güte genennet wird; alſo ſpricht ďhei= lige Paulus: Die Liebe Gottes iſtauß- goſſe ̅ in unſere ̅ HERZEN/ durch den H. Geiſt/ wolcher uns geben iſt. Gleich wie aber der H. Geiſt vom Vatter un ̅ Sohn außgehet: alſo wird auch geſagt er werde von beden geſand. Dann Chri= (Joan. 14. 26) ſtus ſpricht: Ich will euch ſenden vom Vatter den Geiſt der Warheit. So (Gal. 4. 6.) wird auch geſagt/ der Vatter ſende ihn/ wie der Apoſtel ſpricht: GOTT (der Vat= ter) hat geſand ſeinen Geiſt in unſere HERZEN. Erwige nun/ und verwun= dere dich ob der wunderbarlichen Barm= (Ser. 1. de Pent.) hertzigkeit GOttes gegen uns Menſchen. Es iſt wahrlich ein unaußſprechliche Wuͤrdigung der Goͤttlichen Liebe gegen uns; ſpricht Guarꝛicus. Es war dem Vatter wenig/ daß er den Sohn dargebe ̅ / [469] damit er den knecht erloͤſeti ſo er nit auch den heiligen Geiſt mittheilet/ auff das er den Knecht zu einem Sohn anwuͤnſchet. Er hat den Sohn geben zum Koſten und Werth der erloͤſung/ er hat den Geiſt ge= ben zur Freyheit der Anwuͤnſchung: letz= lich behaͤlt er ſich gantz und gar zum Erb= theil fuͤr die Anwuͤnſchung. O ein GOtt (ſo man anderſt alſo reden darff) der auß Beguͤrde deß Menſchen an ſich ſelber gar zufreygebig! Solt der nit gar zufreygebig ſeyn/ welcher nit allein das ſeinig/ ſondern auch ſich ſelber dargeben/ damit er den Menſchen widerbraͤchte un ̅ betaͤme/ ſowol mit ihme ſelber/ als den menſchen ſelber? Soll er nit überauß freygebig ſeyn/ als(Rom. 8. 23.) welcher/ gleich wie er ſeinen Eingebohrnen Sohn nit verſchonet/ ſondern ihn fuͤr uns alle dargeben: alſo auch ſo gar deß H. Get= ſtes (alſo zureden) nit verſchonet/ ſondern auff wunďbarliche Freygebigkeit ihn uͤber alles Fleiſch hat außgoſſen? Was? daß diſer ???uͤſſe Geiſt der Seelen ſich nit ſcheu= het das irrdiſche Hauß unſers Fleiſches zubewohnen? Was iſt diſes aber fuͤr ein Wuͤrde/ die Gegenwart Gottes in der Herberg deß HERZENS zuhaben? BETRACHTE fuͤrs ANDER/ man müſſe zuruͤſten und ziehren diſe [470] (Hom. 30. ſuper Evan.) Wohnung deß HERZENS/ darinn man einen ſolchen Gaſt empfangen ſoll. Gewißlich/ ſpricht Gregorius/ wan ̅ in un- ſer Hauß ein reicher und fuͤrnehmer Gaſt kommen ſolt/ wird eylends das gantze Hauß geſaͤubert werden/ daß nicht villeicht etwas waͤre/ welches den Augen deß an= kommenden Freunds mißfallen moͤchte: Deßwegen ſoll auch den Wuſt deß boͤſen Wercks hinweg raumen der jenige/ wel= (Sap. 1. 4.) cher Gott die Wonu ̅ g deß HERZENS zubereiten will: Dann in ein boͤß wil= lige Seel gehet die Weißheit nit/ und wohnet nit in dem Leib/ welcher der Suͤnd underworffen iſt. Dann der heilige Geiſt/ von dem alle Weißheit und Lehre kompt/ hat ein Vnwillen und fleucht von denen/ die allein gleiſ ſen; und entzeucht ſich von denen Gedancken/ die ohn Verſtand ſeynd. (In. c. 63. Iſaiæ.) Das iſt/ wie Hieronymus bezeuget: er wird von thorechten Gedancken abwei= chen. Durch diſe Wort wird nun ange= deuͤtet/ wie der heilige Geiſt/ und ewige Weißheit nit wohne bey weltlichen Men= ſchen ob ſie ſich ſchon in ihren Augen klug ſeyn geduncken; ob ſie ſchon fuͤr ſichtige/ [471] und hohe Gedanck en der Welt nach im HERZEN ſchoͤpffen/ welche aber vor Gottnichts anďs ſeynd als Thorheit un ̅ fal ſche Vnſinnigkeit. Dann diſer Welt(1. Cor. 3. 19.) Weißheit/ iſt Thorheit bey GOTt. Der heilige Geiſt aber iſt under den klu=(Pro v. 8. 2.) gen Gedancken. Daher ſprach Chriſtus(Joan. 14. 17.) der Herꝛ/ Der Vatter werde geben den Geiſt der Warheit/ welchen die Welt nit kann empfangen: dann ſie ſihet ihnnicht/ und kennet ihn nicht. Alſo aber hat er ge= ſagt. daß die Welt den heiligen Geiſt nit koͤnde empfangen/ ſpricht Auguſtinus/ wie(Tract. 74. in Joan. Rom. 8. 7.) auch geſagt iſt: fleiſchlich geſinnet ſeyn/ iſt ein Feindſchafft wider Gott/ ſeytemahl es dem Geſetz Gottes nicht underthan iſt/ dann es vermags auch nicht: gleich als ſo wir auch ſprechen/ die Vngerechtigkeit kan nicht gerecht ſeyn. Dann hie nennet er die Welt/ dardurch die Liebhaber der Welt anzudeuͦtten/ welche Liebe nit vom Vatter iſt: und darumen der Liebe diſer Welt/ von welcher wegen wir uns befleiſen/ daß ſie in uns gemindert und verzehret werde/ iſt zuw???der die Liebe Gottes/ welche auß=(Rom. 5. 5.) gegoſſe ̅ wird in unſere ̅ HERZEN durch den H. Geiſt. Alſo Auguſtinus. Der H.(Lib 5. Mo- ral. c. 19.) Gregorius gibt noch ein andere Vrſach: [472] Gleich wie der H. Geiſt unſichtbar iſt alſo entzuͤndet er einen jeglichen/ den er erfuͤllet/ zu unſichtbaren Dingen. Weil auch die weltliche HERZEN allein die ſichtbare Ding lieb haben/ alſo hat die Weſt ihn nit empfangen/ weil ſie ſich nit erhebt die unſichtbare Ding zulieben. Dannje wel= ter ſich die weltliche Gemuͤter aͤuſſerlich durch die Begirde außbreitten/ je enger machen ſie die Schoß deß Gemuͤts ihn zuempfangen. Derhalben ſoll man die Klugheit deß Fleiſches verachten/ die Weißheit der Welt hinlegen; ia die gantze Welt verlaſſen/ auff dz wir ein Woh- nung deß H. Geiſtes werden moͤgen: Ja Gott ſelber muß man auch anruffen (ohn deſſen Gnad der Menſch nichts iſt) dz uns beyſtehe die Gnad deß H. Geiſtes/ die un= ſere HERZEN ihr zur Wohnung ma= che/ un ̅ alle ſchaͤdliche Laſter darauß treibe. (Auguſt. So- liloq. c. 25.) Wo iſt dein Wolleben im Menſchen O H. Geiſt? Wo haſtu deiner Mayeſtaͤtt in mir ein wuͤrdige Wohnung zubereit/ darein du geheſt/ und dein Beluſtigung darinn habeſt? Dann dir gebuͤhret ein reine Wohnung/ O reinigende Macht/ die du allein von reinen HERZEN geſe= hen/ und empfangen werden kanſt. Wo iſt aber ein ſo reiner Tempel im Menſchen/ [473] daß er empfange dich/ der du die Welt re- giereſt? Wer will einen rein machen/ der von unreinem Samen empfangen iſt/ dann du der du allein rein biſt? Wer kan von einem Vnreinen gereiniget werden? Dann auch nach dem Geſatz (welches du unſeren Vaͤttern geben haſt im Feur/ das den Berg verbrend/ nnd im Wolcken der das finſtere Waſſer bedecket hat) Was ein unreiner Menſch anrühren wird/ das ſoll unrein ſeyn. Wir alle aber ſeynd wie ein Tuch einer Monatſuͤchtigen/ kommen her von einem zerſtoͤrlichen und unreinen erd klotzen/ und tragen an unſern Stirnen den Schand flecken unſerer Vnreinigkeit/ die wir nit verbergen koͤnnen/ ſonderlich dir/ der du alles fiheſt. Deßwegen koͤnnen wir nit rein ſeyn/ dann du/ der allein rein biſt/ reinigeſt uns. So komme nun von(Auguſt. Me- dit. c. 9.) Himmel herab/ kom H. Geiſt/ du beſter Troͤſter/ du ſuͤſſer Gaſt der Seelen; mach dich mit groſſer Macht in das inneꝛſte mei= nes HERZENS/ un ̅ durch deine Inn= wohnung erfreue alle finſtere Winckel meines verwuͤſten Hauſes/ mit dem Glantz deines Liechts; und durch deine Beſu= chung mach fruchtbar mit deinem uͤber= fluͤſſigen Thau/ was durch langwuͤrige Duͤrre außgedorret iſt. Dann ich glaube/ [474] daß wo du innwohneſt/ daſelbſten macheſt du ein Wohnung dem Vatter/ und dem Sohn. Seelig iſt der jenige/ der wuͤrdig iſt dich zum Gaſt zuhaben/ ſeytemahln durch dich der Vatter un ̅ Sohn bey ihme Woh= nung machen wird. BETRACHTE fürs Dritte/ wie der heilige Geiſt auff gar underſchidliche Weiß in die HERZEN der Glaubigen (Hom. 3 in Evang.) einſchleiche. Dan ̅ (wie Gregorius ſpricht) in etlicher HERZEN kombt er un ̅ macht doch nit Wohnung: Weil ſie durch Be- reuung zwar ein Auffſehen auff GOTT empfangen/ aber zur Zeit der Verſuchung vergeſſen was ſie bereuet hatten: und alſo begehen ſie die Suͤnden wider/ gleich als hetten ſie dieſelbe gar nicht beweynet. Der nun Gott warhafftig liebet/ der ſeine Ge= bott helt/ in deſſelben HERZEN kombt der Herꝛ/ und macht Wohnug bey ihm: dann die Liebe der Gottheit durchtringt ihn alſo/ daß er von diſer Liebe/ auch zur Zeit der Verſuchung/ nit abwelchet. Der= halben ſollen wir mit groſſer Sorgfaͤltig= keit Fuͤrſehung thun/ damit wir diſen H. Geiſt im HERZEN empfange ̅ un ̅ fleiſig darinn behanen: auff daß wir ihn nit mit einer eintzigen Suͤnd (darvor uns Gott behuͤte) betruͤben; und alſo von der [475] Wohnung unſers HERZENS auß= treiben. BETRACHTE zum VIERD= TEN. welches ſeyn die Zeichen ď Inwoh= nung geß H. Geiſtes. Diſe leget gar wol auß Gregorius: Dz die Seel im Leib woh=(In Moral.) ne/ probiren die lebendige Sinn oder em= pfindlichkeit deß Leibs: daß der Geiſt in der Seel wohne probiert das geiſtliche Le= ben. Jenes wird er ken ̅ t auß dem Geſicht und Gehoͤr; diſes auß der Liebe/ Demuth/ und andern Tugendten/ ſonderlich den jenige ̅ / welche als Früchten deß H. Geiſtes S. Paulus auff diſe Weiß erzehlet: Die Lieb/ Freud/ Frid/ Gedult/ Mil-(Gal. 5. 28.) tigkeit/ Guͤtigkeit/ Langmuͤtigkeit/ Sanfftmuͤtigkeit/ Glaub/ Meſſig- keit/ Abbruch/ Keuſchheit. Die Nutz= barkeiten aber deß in unſern HERZEN inwohnenden H. Geiſtes legt der heilige(Serm de Pent.) Bernardus alſo auß: Weil wiꝛ ein Gebott empfange ̅ / daß wir vo ̅ Boͤſe ̅ abweiche ̅ / und das Gute thun ſollen; ſihe wie der Geiſt in beeden unſerer Schwachheit helffe. Dann damit wir vom Boͤſen aͤbweichen/ wi???ckt es in uns drey Ding: Die Bereuung/ das flehentliche Bitten/ und die Verzey= hung. Seytemahlen der Anfang ſich zu [476] Gott widerzukehren/ iſt die Buß/ welche ohne Zweiffel nit unſer/ ſondern GOttes Geiſt/ wircket. Solle ein erfrorner/ der zum Feur kommen/ und warm worden iſt/ erſt zweiffeln ob die Waͤrme vom Feur herkommen/ die er ohne daſſelbe nit haͤtte haben koͤnnen? Alſo auch ſoll einer/ der zu= vor in der Boßheit erkaltet und erſtarret war/ aber nachmalen durch den eyffer der Buß angezuͤndet worde ̅ / gar nit zweiffeln/ daß ihme ein anderer Geiſt zu theil worden ſey/ ď den Seinen ſtraffe und richte. Fuͤrs ander/ weil nichts nutzet Reu und Leyd tragen fuͤr die Schuld/ ſo du nit bitteſt um Verzeyhung; ſo wuͤrcket der Geiſt ſolches auch/ welcher mit unaußſprechliche ̅ Seuff= tzen fuͤr uns bittet. Zum dritten/ der Gnad gibt/ daß wir bitten/ der mittheilet auch dz was wiꝛ begehren und bitten: Vnd gleich= wie er in uns/ fuͤr uns bittet; alſo verzeyhet er die Sünden im Vatter/ mit dem Vat- ter ſelber/ unſer Fuͤrſprecher zum Vatter in unſern HERZEN/ unſer HERZ im HERZEN deß Vatters. Was wircket nun der gute Geiſt in uus/ das Gute zuthun? Wahrlich/ er mah= net an/ beweget und lehret. er mahnet an die Gedaͤchtnuß/ lehret die Vernunft/ beweget den Willen: Der Gedaͤchtnuß gibt [477] er ein vil gute Ding in heiligen Gedan= cken/ und treibet alſo ab unſeꝛ Faulkeit und Nachlaͤſſigkeit. Darumen alſo offt du ein ſolche gute einſprechu ̅ g in deinem HER= ZEN empfindeſt/ gib GOtt die Ehr/ und erzeige Ehrerbietung dem H. Geiſt/ deſſen Stimm in deinen Ohren erſchallet. Weil aber vil ermahnet werden guts zuthun/ aber gar nit wiſſen was zuthun ſey/ ſo nit auff ein neues die Gnad deß H. Geiſtes ihnen beyſtehe/ und die Gedancken ſo er einblaſet/ ins Werck richten lehret/ wird die Gnad Gottes leer in uns ſeyn. Wie(Jac. 4. 16.) ſo? Der da weiß Guts zuthun/ und thuts nicht/ dem iſt die Gnad Suͤnd. Deßwe= gen iſt von noͤthen/ daß man nit allein er= mahnet und gelehret/ ſondern auch bewe= get/ und zum Guten geneigt werde/ nem=(Rom. 8. 26.) lich von jenem Geiſt/ ď unſerer Schwach= heit htifft/ und durch welchen in unſeren(Rom. 5. 5.) HERZEN außgoſſen wird die Liebe/ welche iſt der gute Will. So will ich nun GOtt bitten/ daß er in mir erneuere einen rechten Geiſt/ und ſeinen H. Geiſt nit von mir nehme; Sondern vil mehr mit dem(Pſ. 50. 12.) fuͤrnemlich maͤchtigen Geiſt enthalte und befeſtige mich der Vatter der Geiſtern/ damit ich im Geiſt wandele/ und die Luͤſte ̅ deß Fleiſches nit vollbringe.(Gal. 316.)
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Die XIII. Lection.

CORDIS OBSIGNATIO.

Verſieglung deß HER- ZENS.


Setz mich wie ein Sigill auff dein GERZ. Cant. 8. 6. WErcke/ O Gottgelibte Seel/ wie dein Braͤutigam ſelber dir das Gebott zulieben fuͤrſchreibe/ und von dir begehre/ daß du ſtets an ihn geden= ckeſt/ auch niemahlen ſeyn Gedaͤchtnuß (Cant. 8. 6.) hinlegeſt. Selbiges Gebott hat er im Ho- henlied mit diſen Worten geſetzt: Setz mich wie ein Sigill auff dein HERZ. Weil diſe nun vilfaͤltige Außlegung ha= ben/ geben ſie dir uͤberfluͤſſige/ Matery der Betracheung und Vnderweiſung an die Hand. Dan ̅ ERSTLICH BETRACH= TE/ wie diß Sigill verflanden un ̅ genom= men werde für das Inſtrument/ deſſen wiꝛ uns gebrauchen zum verſiglen/ oď Betſchi= ren/ und bey den Alten ein Betſchier- Ring genen ̅ t war. Sie pflegte ̅ aber in den Ringen außzutrucken die Bildnuſſen der
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OBSIGNATIO CORDIS. Pone me, ut ſignaculum ſu= per COR tuum. Cant. 8. Quod gerit inſcriptum Cor Patris Epiſtola, verbu ̅ , Sponſa, tibi dius, molle, ſigillat amor.

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jenigen/ die ihnen am allerliebſten waren/ und dieſelbe zutragen am Finger derlincke ̅ Hand/ welcher der nechſte iſt an dem klei= neſten: ſeytemahl an diſem Finger endet ſich ein Aederlein/ welches vom HER- ZEN herfuͤr gehet; wann man nun den Ring daran ſtecket/ wird das HERZ gleichſam mit einer Kron geehret/ und zumahl bedeuttet das jenige/ wie uns der jenige am nechſten beym HERZEN ſey/ mit deſſen Bildnus daß Blaͤttlein am Ring gezieret iſt; in diſem Verſtand re= det der Herꝛ/ als er andeuͤtten woͤllen/ wie ihme Zorobabel lieb waͤre/ da er ſprache: Ich will dich Zorobabel meinen(Aggæi. 2. 22) Knecht annem ̅ e ̅ / und will dich wie ein Zeichen geben/ dann ich hab dich außerwoͤhlt. Vnd bey dem Jeremia ſpricht der Herꝛ: Als wahr ich leb/ wan ̅ (Jer. 2. 24.) gleich Jechonias der Bitſchier Ring an meiner Hand waͤre/ ſo will ich ihn(Gisler. in Cant. 6. 8.) doch abziehen. Diſem Verſtand nach erfordert dein Gelibter diß von dir/ O Seel: Du ſolt mich alſo lieb und ſchon haben/ als lieb den Menſchen ſeynd ihre eigne Sigel; und ſolt mich alſo in deinem HERZEN tragen/ als man einen Bet [480] ſchter Ring am Finger traͤgt/ welchen nie= mand ſoll darvo ̅ herab nemen. BETRAEHTE fuͤrs ANDER/ wie man mit diſen Ringe ̅ pflege die Brieff zu verfiglen und betſchiren: daher wir in der Schrifft offtermahls leſen/ daß im (3. Reg. 21 8.) Namen Achabs/ oder Aſſvert Brieff auß= geſchriben worden/ welche mit deſſelben Koͤnigs Ring verbitſchiert geweſen: da= mit daß/ was darinn begriffen war/ fuͤr geheim und kraͤfftig gehalten wurde: (Eſther. 3. 3.) Darum erfordert der Braͤutigam in di= ſem Verſtand/ daß die Seel ſeyn ſoll ein lebendiger Briff darinn das Wort deß Vatters mit dem Finger Gottes/ welcher der heilige Geiſt iſt/ geſchriben ſtehe; daß auch derſelbe Briff mit deß Braͤutigams Sigill verbitſchiret ſey; nemlich daß in daß HERZ/ als in ein lindes Wachs die Bildnuß deß Geliebten eingetruckt/ und daher erkendt werde/ von wem diſer Briff geſchriben worden ſey. So werden auch mit dem Ring ver= bitſchiert die jenige Ding/ welche wir woͤl= (Dan. 6. 16.) len fleiſſig verwahret haben: alſo ſpricht die Schrifft: Wie der Koͤnig Dartus ließ den Dantel in die Loͤwen Grub werffen/ da ward ein Stein gebracht/ der ward uͤber der Gruben Loch gelegt/ den verfigelt [481] der Koͤnig mit ſeinem eygenen Ring/ und mit ſeiner Herꝛn Sigill/ damit an Daniel(Lib. 3 Pæ- dag. 9. cap. 2) kein Muthwill gebraucht wurde. So ſchꝛet= bet auch Clemens Alexandrinus/ daß zu diſem Gebrauch die Maͤnner pflegten ihren Braͤuten einen guldenen Ring zu= geben/ zwar nit fuͤr eine Zierde/ ſondern daß ſie die jenige Ding verfigelten/ welche im Hauß wol ſolten verwahret werde ̅ / dar= rumen daß die Sorg das Hauß zuver= wahren ihnen zugehoͤret. So erfordert nun der Braͤutigam durch diſe Wort die Verwahrung deß HERZENS. Dan ̅ das HERZ iſt ein Kiſten der him ̅ liſchen Schaͤtzen/ darinn die Gnad/ Liebe/ Weiß= heit/ und der heilige Geiſt ſelber außgoſſen wird/ und innwohnet. Weil aber nichts unbeſtaͤndigers iſt als dz HERZ/ bedarff es einer ſehr groſſen Verwahrung/ darum(Cant. 8. 6.) ſpricht der Braͤutigam: Setz mich wie ein Sigill auf dein HERZ/ auff daß ich das ſelber verwahre/ ſambt allem/ was du darinnen haſt; damit das die Feind nit doͤrffen beruͤhren/ was ſie mit einem ſolchen Sigill verwahret ſehen. Deßwe-(L. 12. Mor. c. 4.) gen (ſpricht Gregorius) ſetzt man ein Sigill auff die Sachen/ damit ſie nit fuͤr= ſetzlicher weiß geraubet werden. So wirdt nun deß Braͤutigams Sigill auff das [482] HERZ geſetzt/ wann das Geheimnuß ſeines Glanbens in der Verwahrung un= ſers Gedanckens eingetruckt wird; auff daß jener ungetreue Knecht/ nemlich unſer Widerſacher/ nit doͤrffe durch Verſu- chung hinein dringen/ weil er ſihet/ daß die HERZEN mit dem Glauben verſigelt ſeynd. BETRACHTE zum DRIT= TEN dz etliche Voͤlcker em brauch habe ̅ / ihnen der Geliebte ̅ Zeichen auffzutrucke ̅ / entweders auff das HERZ/ oder auff die Arm: damit ſie ſelbige gleichwol Abwe= ſende/ dannoch gegenwertig haben/ und ſie ihnen kein Vergeſſenheit auß dem HERZEN nehme. Alſo muͤſſen wir den Braͤutigam im HERZEN tragen/ und gleichſam darein graben; auff daß wir (Gal. 6. 17.) mit Paulo ſprechen koͤnnen: Dann ich trage die Mahlzeichen deß HErꝛn Jeſu an meinem Leibe; das iſt/ ich (Lud. de Pont. in Cantic.) bin ein leibeygner Knecht Chriſti/ ein Soldat/ und ſein innbruͤnſtiger Liebhaber: und darumen trag ich ſeine Mahlzeichen an meinem Leib angebrennt/ oder einge= graben/ daß maͤnniglich innerlich und aͤuſ- ſerlich wiſſe; daß ich mit dem HERZEN un ̅ Werck/ jetzunder nit mein/ ſo ̅ der Chriſti [483] ſey: und daß er als der Gecrentzlgte in mir lebe/ dann ich bin mit Chriſto ans Creutz gehefftet/ und trage um allezeit das(Gal. 2. 19.) das S???erben deß Herꝛn Jeſu in mei= nem Leibe/ auff das auch das Leben(2. Cor. 4. 10.) deß Herꝛn Jeſu an meinem Leibe of- fenbahr werde. Gleich wie man nun(Apo. 13. 16.) ſagt/ daß die Knecht deß Antichriſts wer= den das Zeichen deß Thiers haben an ihreꝛ rechten Hand/ oder an ihren Stirnen: Alſo ſollen die mit Chriſto vermaͤhlte See= len/ das Zeichen deß lebendigen GOttes/ nit allein an der Stirnen/ oder an de ̅ Haͤn= den/ oder andern Glidern deß Leibs/ ſon= dern innerlich im HERZEN tragen/ dz/ gleichwie wir getragen haben das(1 Cor ???1. 47.) Bilde deß jrrdiſchen/ alſo ſollen wir auch tragen dz Bilde deß him ̅ liſchen. Gar wol hat Ambroſius auff diſen Ver=(Lib. de Iſaac. c. 8.) ſtand geredt: Chriſtus iſt ein Sigill oder Zeichen an der Stirne/ iſt auch ein Sigill im HERZEN. An der Stirne ̅ / daß wir allzeit betennen; ein Zeichen am Arm/ daß(Cant. 6.) wir allzeit wuͤrcken. Derhalben ſoll ſein Bildnuß ſcheine ̅ in unſerer Bekandnuß/ ſoll ſcheinen in der Liebe/ ſoll ſcheinen in den Wercken und Thaten/ auff daß ſein [484] gantze Geſtalt in uns außgetruckt werde/ als wie üm ̅ er moͤglich ſeyn kan. BETRACHTE zum BIERD= TEN/ wie unſer HERZ ſeyn müſſe wie ein Pfen ̅ ig deß hoͤchſte ̅ Koͤnigs/ ď mit ſei= ner Bildnuß gezeichnet ſey. Vnſer Heyla ̅ d will (ſpricht Theodoretus) daß wir ihn für ein Sigill haben in unſern Betrachtun- gen und Wercken und ſein Zeichen ſo wol den Worten/ als Wercken eintrucken. Dann alſo werden ſie Koͤnigiſche/ nit fal= ſche Muͤntzen ſeyn/ als welche mit deß Koͤnigs Bildnuß gezeichnet werden. Gleich wie nun die Pfenning ihr Guͤltbar= keit haben von deß Koͤnigs Bildnuß: alſo haben die Werck und Gedancken/ welche vom HERZEN herkommen/ ihr Ver- dienſt allein von Chriſto; und als vil ein HERZ gleichfoͤrmig iſt ſeinem HER= (Pſ. 4. 7.) ZEN/ deſſe ̅ Bildnuß es traͤgt; alſo faſt annemlich wird es Gott ſeyn. Erkenne du auch O Seel/ daß du ein Groſchen Gottes ſeyeſt/ geſigelt mit dem Liecht ſeines Ange- ſichts; und deßwege ̅ ſeyeſt du nit deinerſel= ber eyge ̅ / ſondern deſſen/ welches du Bild= nuß und Vberſchrifft trageſt. Seytemah= (Matth. 22. 21.) le ̅ / als der Herꝛ deß Keyſers Pfenning ge= ſehen/ ſprach er: So gebet nun dem [485] Keyſer was deß Keyſers iſt/ un ̅ Gott was Gottes iſt: durch welches er ſo vil ſagen woͤllen/ wie es Auguſtinus außle-(In Pſal. 4.) get: Gleich wie der Keyſer von euch be= gehret die Eintruckung ſeiner Bildnuß/ alſo auch Gott: daß gleich wie ihme der Pfenning geben wird/ alſo Gott die Seel/ welche mit dem Liecht ſeines Angeſichts(Li. 1. de Virg) erleuchtet und bezeichnet iſt. Nit unbillig ermahnet uns der H. Ambroſius; daß wir uns befleiſen diſe Bildnuß ſauber und(Epheſ. 4. 30) ſcheinbarlich zuerhalten. Der Apoſtel/ ſpricht er/ ſagt/ wir ſein im Geiſt bezeich= net: weil wir haben deß Vatters Bildnuß im Sohn/ und das Zeichen deß Sohns haben wir im Geiſt. So wir nun durch diſe Dreyfaltigkeit bezeichnet ſeynd/ ſollen wir fleiſſg verhüten/ damit nicht dz Pfand/ welches wir in unſern HERZEN em/ pfangen haben/ entweder die Leichtfertig- keit der Sitten/ oder Betrug eines Ehe= bruchs oder Faͤlſchung auffloͤſe. Weil aber vergebenlich arbeiten/ die das HERZ be= wahren/ ſo es der Herꝛ nit bewahret: dero= wege ̅ muß man Gott deß HERZENS bitten/ daß er ſich wuͤrdige deſſen Glantz(Aug. in Pſal. 66.) un ̅ Schoͤne zuerhalte ̅ . O Herꝛ laß leuͤchten dein Angeſicht uͤber uns Du haſt uns dein [468] Angeſicht eingetruckt/ uns nach deiner Bildinuß und ebenbild erſchaffe ̅ / zu deine ̅ Pfenning gemacht/ dein Bildnuß aber ſoll nit in der Finſtere verbiewen. Sende den Staal deiner Weißheit/ daß er vnſer Finſternuß abtreibe/ und in uns dein Bildnuß ſcheine. BETRACHTE zum FVNF= TEN die Wuͤrckung diſer Vbung: diſe ſtehet in ſteter Gedaͤchtnuß der Ge= gegenwart Gottes/ die in unſern HER= ZEN iſt/ un ̅ gleichſam als in ſeine ̅ Tempel darinnen wohnet. Dann der Tempel (1. Cor 3. 17 in Reg. fuſè diſp.) Gottes iſt heilig/ ſpricht der Apoſtel/ der ſeydt ihr. Diſe Vbung ruͤhmt der heilige Baſilius: Mann ſol ſtets Fleis an= kehren/ daß wir wegen unnachlaͤſſiger nn ̅ reiner Gedaͤchtnus/ den Gedancken von Gott in unſern HERZEN eingetruckt haben/ un ̅ ſolchen als ein unaußloͤſchliches (Epiſt. 1.) Zeichen herum tragen. Vnd abermahl: Diß iſt aber die Innwonung GOttes/ daß man den innerlich reſidirenden Gott mit der Gedaͤchtnus begreiffe; dann auff ſolche weiß werden wir ein Tempel Got= tes/ wann die Gedaͤchtnuß nit durch welt= liche Sorge ̅ betruͤbet/ noch der Verſtandt durch vnfuͤrſehene Betruͤbnuſſen verwuͤr [487] ret wird: aber diſen Dingen allen entflie= het ein Menſch/ ď mit der Liebe Gottes be= gabet/ und ſein Zuflucht zu Gott nimt. Vo ̅ diſer Vbung handlen andere weitlaͤufftt= ger. Die Nutzbaꝛkeit iſt gleichwol mancheꝛ= ley/ aber die fuͤrnemſte iſt die Freud im H. Geiſt/ mit welcher uͤber fluͤſſig begoſſe ̅ wer- den die jenige/ welche die Gedaͤchinnß Gottes tieff in ihr HERZ trucken. Diſ???s bezeuget David/ der es erfahren hat/ da er(Pſal. 76. 4.) ſpricht: Ich hab an Gott gedacht/ und bin erfreuet worden. Item ſtehet(2. Mach. 15. 26.) geſchriben/ wie Indas Machabæus/ und die Seinen mit der Hand zwar darein ſchlugen/ im HERZEN aber den Herꝛn anrufften/ und ſchlugen darnider nit minď dann fuͤnff und dreiſſig tauſendt Mann; dann ſie mit der gegenwertigen Huͤlffe Gottes uͤberauß wol getroͤſtet waren. Ob diſe ſchon mit groſſem Heer der grauſame ̅ Feinden umbgeben waren/ ſo erfreueten ſie doch ſich/ und frolockten allein ab der Gedaͤchtnuß der gegenwertigen Huͤlffe Gottes.

Nun folgen etliche Exempel/ die daher gehoͤren.

ES hat mich fuͤr gut angeſehen diſe Betrachtung mit etlichen [488] exempeln zuziehꝛen/ durch welche die Goͤtt= liche Guͤtigkeit wunderbarlicher Weiß erwiſen/ wie annemlich es ihr ſey/ durch die Gottſelige Gedaͤchtnuß im menſchlichen (B. Thomas ſecutus A- don. in Mar- tyr.) HERZEN zu wohnen. DAS ERSTE ſoll ſeyn/ welches deꝛ engliſche Doctor auff diſe Weiß erzehlet: Der heilige Ignatius hat den Nahmen Chriſti alſo ſehr lieb gehabt/ daß/ als Tra= janus ihme zuſprache/ den Namen Chriſti zuverlaugnen/ gab er ihme zur Antwort: daß man denſelben jme von ſeinem Mund nit nemmen koͤnne; da er ihme aber tro= het/ das Haupt abzuhauen/ und alſo Chriſtum von ſeinem Mund zunemmen/ ſprach er: So du mir ihn ſchon vom Mu ̅ d nemmen ſolteſt/ wirſt du mir doch ihn nie= mahls von HERZEN nem ̅ en koͤnnen. Dann ich hab diſen Namen im HER= ZEN geſchribe ̅ / und darum kan ich vo ̅ ſei= ner Anruffung nit nachlaſen. Als diß Tra= janus hoͤret/ und probieren wolte/ hat er de ̅ Diener Gottes das Haupt abſchlagen/ un ̅ das HERZ herauß ziehen heiſſen/ und iſt befunden worden/ daß es den Namen Jeſu in ſich hatte mit guldenen Buchſta- ben geſchriben. Weil er diſen Namen wie ein Sigill auff ſein HERZ geſetzt hatte.
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DERGLEICHEN ſchreibe auch Ludovicus Granatenſis von der ſeeligen Margarita de Caſtello: Als diſe gar offt(Conc. 3 de Nativ. Do ̅ . n 3.) in Betrachtung deß Geheimnuß der Ge= burt unſers Hertzens ſich uͤbet/ und ein groſſen Wolluſt darab empfunde/ da nach dem Abſterben ihr Ingeweyd auß dem Leib herauß gezogen/ und das HERZ darvon abgeſchnitten wurde/ iſt nit ohn groſſes Wunderzeichen ein ſchoͤnes groſ= ſes Edels Perlein herauß gangen: darinn/ gleich wie in einer Tafel/ die Bildnuß der Geburt Chriſti außgegraben war/ und dieſelbe Jungfrau daſelbſten mit gebog= nen Knyen vor der Krippen deß Herrn geſtellt. Welches Perlein noch auff heuti= gen Tag inď Sacriſtey bey S. Dominico (in deſſen dritten Orden ſie Profeß gethan hatte) auffbehalten wird. EIN ANDERS EXEMPEL(Lib. 15. de ſig Eccl. c. 3. t. 2.) erzehlet Thomas Bozius/ und bezeuget/ er hab geſehen den Leichnam der Jungfrau= en Claræ de Monte Falco, ſamt ihrem HERZEN/ darinn gegraben war Chri= ſtus am Creutz hangende/ die Geißlen mit denen er geſchlagen war/ auß ſelbigem Fleiſch; die Saͤul/ daran er gebunden/ ſamt allen Inſtrumenten/ die ſein Leyden fuͤr= ſte lien.
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(Li. 1. Apum c. 11 p. 8.) CANTIPRATANVS bringt noch ein andeꝛs herbey/ und ſpricht: Ich hab von einem Martyrer/ nit lang vor diſer Zeit/ warhafftig erzehlen hoͤren: Als diſer gefangen ward/ und einem Heydniſchen Torannen dienet/ er jhn gleich wol ehrlich tractiret/ der Martyrer aber traurig her= nach ginge/ verwundert ſich der Tyrann und fraget die Vrſach der Traurigkeit/ warum er nit auch mit andern Dienern froͤlich waͤre? Der Martyrer ſprach: Ich b??? mit andern gleichwol froͤlich; gehe aber allzeit traurig daher/ weil ich an dem Todt meines Gottes gedencke/ und die Mahl= zeichen ſeines Leydens ſtets in meinem HERZEN trage. Alßb ald der Tyrann diß hoͤret/ ward er hefftig erzuͤrnet; und ſprach: Ich will probire ̅ un ̅ erfahren/ obs wahr ſey was du geſagt haſt. Vo ̅ ſtun dan befalch er deß Martyrers Bruſt zueroͤff= nen/ das HERZ heraus nehmen/ und mit einem Meſſer mitten durchſchneiden. Alßbaldward ein wunderbahrliches Ding mit groſſer Verwunderung diſes Tyran= neus und der ſeinen geſehen; w???il wie ein Sigill der eine Theil deß HERZENS deß ??? c???eutzigten Chriſti Bildnuß habende gefunden war. Da nun der Tyrann ſol ch??? geſehen/ ward er a???ald glaubig/ und
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CORDIS VVLNERATIO Tete ndit arcum ſuum, et poſuit me quaſi ſignum ad ſagittam, Thre ̅ . 3. Mille COR hoc validis, mea luxtran???fige ſagittis, Pharmaca ſunt tua quę vulnera dextra facit.

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hat mit allen ſeinen Leutheu den heiligen Tanff empfangen. Gott hat einer Gottſeligen Perſon of=(Inſinuat- diuin pict. 1. cap. 4.) fenhahret/ wie groſſe Lieb er truge gegen S. Gertrnd von Eißleben/ S. Benedicts Ordens; dann er ihr under andern ge= ſagt: Du kanſt mich nirgend gewuͤnſchter und fuͤglicher finden/ als entweders im H. Sacrament deß Altars; oder in diſer meiner Geliebten HERZ und Seel. Der=(Lib. 1. grat ſpir. cap. 41.) gleichen liſet man auch von ihrer Schwe= ſter S. Mechtild welche geſehen hat/ wie Chriſtus der Herr in ihre ̅ HERZEN/ gleich wie in einem ſchoͤnen Weingar= ten/ ſpatzieren ginge.

Die XIV Lection. CORDIS VVLNERATIO.

Verwundung deß HER- ZENS.


Er hat ſeinen Bogen geſpannet/ un ̅ mich dem Pfeil zu eim Zihl geſetzt Thren. 3 12. JEner ſchoͤne wolgeſtallte vor den(Pſal 44. 3. 1. Pet. 1 12) Menſchenkindern/ in deſſen An= geſicht die Engel begehren zuſehe ̅ / [492] hat ein Luſt dz reich unſers HERZENS einzunehmen; in dem er begehret uns durch die Liebe zubeſchuͤtzen/ einer mit uns zu werden/ und ein rechter emmanuel/ das iſt: GOtt mit uns zu ſeyn. Mit was für Waffen aber nimt er diß Reich (Pſ. 44. 5.) ein? nemlich mit denen/ von welchen Da= vid zu ihme ſpricht: In deiner Zier- de und Schoͤnheit mache dich auff/ fahr hin gluͤckſeelig und herꝛſche. Als ſpraͤche er: Jene groſſe Zierde und Schoͤnhelt/ ſeynd die Waffen/ mit denen der feidſame Koͤnig ſich auffmacht/ oder fortfaͤhrt in dem Sig/ gluͤckſeeliglich hin= faͤhrt/ nach Koͤniglichem Brauch trium= phierlich auff das Roß oder Heerwagen ſitzet; und glorwuͤrdiglich herrſchet. Dann (Coloſſ. 1. 15.) er iſt das ebenbild deß unſichtbaren Got= tes/ der erſtgeborn vor allen Creaturen/ er hat in allen Dingen den Vorgang. Dann es iſt das Wolgefallen geweſen/ daß in ihm alle Schoͤnheit wohnen ſolt/ deßwegen er nit unbillich zweymal Schoͤn (Cant. 1. 15.) genennt wird von der Geliebten Sulami- te, da ſie ſpricht: Sihe mein Ge???iebter du biſt Schoͤn und Lieblich. So iſts nun die Goͤttliche Schoͤnheit/ welche unſe= re HERZEN zaͤhmet/ un ̅ ihr underwuͤrf [493] ſig macht/ damit er gantz lieblich in ihnen(In Reg. fuſ. q. 2.) herrſchen koͤndte. Welches der groſſe Ba- ſilius gar ſchoͤn erklaͤret: Weil uns gebot= ten iſt/ daß wir GOtt lieben ſollen/ gleich von anfang unſers Vrſprungs bekom ̅ en wir ein Krafft/ dardurch wir angeeriben werden ihn von uns ſelber zu lieben; dann wir von Natur begierig ſeynd und trachte ̅ nach ſchoͤnen Dingen. Was iſt aber ver= wunderlicher als die Goͤttliche Schoͤnheit? welche annemlichere erkandnuß kan er= dacht werden/ als die Mayeſtaͤtt GOttes? Was fuͤr ein Begirde kan einer bey ihme ſelber erdencken/ dergleichen iſt die jenige/ welche der von allen Suͤnden gereinigten Seelen/ alſo haͤfftig und unerleydenlich Goͤttlicher weiß eingepflantzet wird? Daß(Cant. 2. 5.) ſie warhafftig ſprechen koͤndte: Ich bin fuͤr Lieb kranck. Item: Ich bin ver= wundet mit der Liebe. Diß ſeynd gantz un= erklaͤrliche und unaußſprechliche Lichtſtra= len/ welche auß dem ſcheinbarliche ̅ Brun- nen der Goͤttlichen Schoͤnheit herauß ſchimmeren und ſcheine ̅ . Auß diſer Schoͤ= ne/ gleich als auß einem Koͤcher kommen herauß jene Pfeil/ von welchen David: Scharpff ſeynd deine Pfeil/ ſie wer-(Pſ. 44. 79) den falle ̅ in die HERZEN ď Feind [494] deß Koͤnigs. Dann unſer Koͤnig iſt auß= gangen mit dem Bogen und Cron/ damit er ihme die Voͤlcker underthaͤnig machet und uͤbe rwuͤnde; er hat aber uͤberwunden mit den Pfeilen/ die er geſchoſſen hat in die HERZEN der Feind deß Koͤnigs. Dann die er als ein Feind gefunden/ die (Prou. 27. 6.) hat er mit Pfeilen der Liebe durchſchoſſen/ und jhme zu Freunde ̅ gemacht. Diß ſeynd die Wunden deß Liebhabers/ welche/ wie Salomon bezeuget/ beſſer ſeynd/ dann das betruͤglich kuͤſſen deß Haſſers. BETRAEHTE fuͤrs ANDER/ wie an diſem Orth der Pfeil und der Schuͤtz ein ding ſey: Dann der Pfeil iſt (Ioan 4. 16) die Lieb/ der Schuͤtz iſt GOtt: GOtt aber iſt die Lieb. Wer GOtt liebet/ dem bleibt di= ſer Pfeil im HERZEN ſtecken/ und der Schuͤtz folget nach de ̅ Pfeil/ und bleibe ̅ bey= (Ibid.) de bey dem Liebhaber. Dann der bleibt in ď Liebe/ der in GOtt bleibt/ und (orat. 4. in Cant.) GOtt in jhme. Hoͤre aber wie Nyſſenus diß gar zierlich außlege: der Schütz/ ſpricht er/ welcher diſen Pfeil ſchieſſet/ iſt die Liebe ſelber: und daß GOtt die Liebe ſey/ ler= nen wir auß H. Schrifft/ welcher zwar den Außerwoͤhlten Pfeil/ nemliche ̅ den Ein= gebohrnen Gottes Sohn/ zuſaͤndet denen/ [495] welche Setlig werden; die ſchaͤrffe deß Spitzes ſalbet er mit dem dreyfachen Geiſt deß Lebens/ auff daß er den jenigen den er ſchieſſet/ ſambt den Pfeil und Schuͤ???en/ zuſame ̅ binde. So ſihet nun die auff Goͤtt= lichen Staffeln in die hoͤhe erhebte Seel/ die ſuͤſſe der Liebe/ als einen Pfeil in ihr ſelber/ mit dem ſie verwundt worden iſt. O wie ein fuͤrtreffliche Wunden! O ein ſuͤſſe verwundung/ durch welche das Leben hinein tringet/ und durch die Zertheilung ſelber ihr ein Thor und Thuͤr eroͤffnet;(Hom. 2. in. Cant.) Wie ſchoͤn iſt/ ſpricht Origenes/ wie zier- lich/ von der Liebe verwundet werde ̅ ! Einer iſt vo ̅ fleiſchlicher Liebe verwundet/ ein anderer von jrꝛdiſchen Begterden: Du entbloͤſſe deine Glieder/ underwuͤrffe dich dem ſchoͤnen Pfeil; dann GOtt iſt der Schutz. Hoͤre was die Schrifft ſage von diſem Pfeil; ja das noch verwunderlicher(Iſal. 41. 2.) iſt/ hoͤre was der Pfeil ſelber rede: Er hat mich zu eim außerwoͤhlten Pfeil gemacht/ und mich in ſeinem Koͤcher verborgen/ und zu mir geſagt: Du biſt mein Knecht. Verſtehe was ď Pfeil ſage/ und wie er von GOtt anße: woͤhlet ſey. Wie ein Seelig ding iſts/ mit diſem Pfeil verwundet ſeyn?
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BETRACHTE zum DRIT= TEN/ wie nothwendig es ſey/ damit das (4 Reg. 13. 17) HERZ mit diſem Pfeil durch ſchoſſe ̅ wer= de. Dan ̅ das iſt ein Pfeil deß Heyls vom Herrn. Weil auch diſer Pfeil Jeſumde ̅ Schuͤtzen ſelber mitbringt/ bringt er auch (In Pſ. 37.) das rechte Heyl. Diſe Wunden/ ſpricht Auguſtinus/ reicht zum Heyl; und der mit diſer Wunden nit verwundet iſt/ wird zu rechter Geſundheit nit gereichen koͤnnen. (Lib 6. Moral. cap. 14.) Diſes leget Gregorius noch mehr auß/ da er ſpricht: Vnſere HERZEN ſeynd uͤbel auff/ wan ̅ ſie ſo gar nit von der Liebe Got= tes verwundet ſeynd/ wann ſie die müh= ſeligkeit ihrer Pilgerfahrt nit empfinden/ wann ſie gege ̅ der Schwachheit deß Naͤch= ſten kein Mitleyden tragen. Sie werden aber verwundet/ damit ſie geſund werden; dann Gott verwundet die unempfindliche Gemuͤther mit den Pfeilen ſeiner Liebe/ und macht ſie alsbald empfindlich durch (Cant. 2. 5.) die Hitz der Liebe. Daher ſpricht auch die Braut: Ich bin verwundet mit Liebe. Sintemaln die ſchwache/ krancke Seel/ die in dem Stand diſes Elends durch blinde Sicherheit darnider lag/ ſahe Gott nicht/ noch begehrte ihn zu ſehen: Alsbald ſie aber mit den Pfeilen ſeiner Liebe ge= troffen/ ward ſie innerlich durch gottſelige [497] Anmutung verwundet/ brennet vor Beguͤrde der Beſchauligkeit/ und wird auff wunderbarliche weiß von der Wun= den lebendig gemacht/ ſo ſie doch zuvor todt lag an der Seeligkeit. Derhalben/ du Goͤttlicher Schutz/ durchſch leſſe mein HERZ/ mit ſo heylſamen/ und kraͤfftigen Pfeilen/ damit es von deiner Liebe und Beg erde kranck werde. BETRACHTE zum VIERD= TEN/ die Wuͤrckung diſer Gottſeeligen Schieſſung. Gleich wie das Leben ſambt dem Blut außgehet/ wann ein Pfeil un= ſer HERZ durchringet. Alſo wann einge= het die Liebe und ď Pfeil der Liebe Gottes/ gehet die eygen Lieb von uns auß. Diſes bezeüget die verwunde Braut/ da ſie nit nur einmahl ſpricht: Ich bin von Liebe(Cant. 2. 5.) kranck. Als ſpreche ſie: Der außerwoͤhl= te Pfeil mit welchem mich mein Geliebter verwundet hat/ iſt feuerig/ macht Hitz und Kranckheit/ ein ſeb haffte Schwachheit/ in dem ihme ſelder einer abſilrbt/ damit er Chriſto lebe. Dann (wie Guilielmus(Apud Del- rio. in ??? 2. Cant.) Abbt gar wol ſag:) durch die Kranckheit wird verflan??? das Abnehmen ſeiner ſelber zuſi???. Als vil einer zunimbt in der Liebe GOttes/ und jenaͤher einer GOtt zunahet; alſo faſt nunbt er ab in ſeiner [498] Liebe und deſto ferner wird er von ihme ſelber abgeſondert: Darum je ſtaͤrcker ei= ner in Gott wird/ deſto ſchwaͤcher iſt er in thme ſelber; je mehr einer Gott liebet/ je (Hom. 15. in. Ezech.) mehr verachtet er ſich ſelber. Noch ande= ꝛc. Wuͤrckungen leget Gregorius auß/ und ſpricht: ein Gemuͤth/ welches ſchon al= ſo beſchaffen/ nimt keinen Troſt an von dl= ſer Welt; ſondern nach der/ die ſie liebet/ ſeuffzet ſie von HERZEN/ iſt eyferig/ un ̅ wird geaͤngſtiget: das Heyl ſeines Leibs ſelber wird ihr ſchlecht/ weil ſie mit ď Wun= den der Liebe durchflochen iſt. Boͤß aber iſt das Heyl deß HERZENS/ welches um den Schmertzen diſer Wunden nichts weiß. Wann es aber anfangt in himmli= ſchen Begirden erſeufftzen und die Wun= den der Liebezuempfinden/ wird die Seel von der Wunden geſund/ welche zuvor in der Geſundheit kranck war. BETRACHTE zum Fuͤnfften/ wie diſe heylſame Wirckungen in den Heili= gen erſcheinen/ deren HERZEN die Liebe Gottes durch trungen hat/ von wel= (Quæſt. 2. in Reg fuſ.) chen Baſtlius; Wann die Schoͤnheit Gottes einen auß den heiligen Maͤnnern eingenommen hat/ lieſſe ſie ein unleyden= liche Begierde in ihren Gemuͤteren: als welche/ weil ſie ob diſem Leben Verdruß [499] hatten/ dergleichen St immen hoͤren zu= laſſen pflegten: Wehe mir/ daß ſich(Pſ. 119. 5.) mein Hiebleiben und Walfahrt ver- laͤngert hat! Item: Wann werd ich(Pſ. 41 3.) hinein kom ̅ en/ und erſcheine ̅ fuͤr Got- tes Angeſicht? Abermahl: Es iſt beſſer(Phil 1. 23.) ſterben/ und bey Chriſto zuſeyn.(Pſ. 41. 3.) Widerum: Mein Seel duͤrſtet nach dem ſtarcken lebendigen GOTT. Item: HErꝛ/ nun laſſeſt du deinen(Luc. 2. 29.) Diener in Friden fahren. Dann ſie ob diſem Leben als einem ſchwaͤren Kaͤr= cker ein hefftiges Abſcheuen trngen/ alſo ſchwaͤrlich waren zubewegen die jenige/ deren Gemüter die Liebe Gottes einge=(Pſ. 119. 4. Epiſt. 140. ad Princ.) nommen hatte. Sihe diß ſeynd die ſpitzige Pfeil deß gewaltigen. Mit diſen Pfeilen/ ſpricht Hieronymus/ ward Cleophas ſambt ſeinem Geſellen auff dem Weg(Luc. 24. 32.) verwundet/ und ſprach: Ward nit unſer HERZ in uns brennend? Vnd an einem andern Orth leſen wir: Wie die(Pſ. 126. 4.) Pfeile in der Hand deß Gewaltigen/ alſo ſeynd die Kinder ď Außgeſchuͤt- telten. Mit diſen Pfeilen ward die gantze Welt verwundet und gefangen. Mitdiſen [500] (Luc. 7. 37.) Pfeilen ward Magdalena verwundet/ un ̅ lieffe zu Chriſto/ der im Hauß deß Phart= ſeers zu Tiſch ſaſſe/ daß ſie Verzeyhung ď Suͤnden erlanget. Wie faſt ſie aber mit der Liebe verwundet ware/ erklaͤrten leicht= (Brev. Rom.) lich die aͤuſſerliche Werck/ die ſie thate/ wie die Kirch ſinget:
Sie lieff mit groſſer Lieb ver= wundt/
Die Fuͤß zuſalben ſie begundt/
Mit Thraͤnen ſelbe waſchen that/
Mit den Haarlocken truͤcknet hat. Sie ward auch an ihrer Hoffnung nit be= trogen; dann die/ ſo kranck darkommen war/ hat geſund widerk???drt. Der heilige (???b. 8. Conf. c. 8.) Auguſtinus ward auch mit diſen Pfeilen getroffen/ als er von ihme ſelber ſprach: Ich tobete heylſamlich/ und ſtarbe leben= diglich; als wol weſſende/ wie boͤß ich waͤre/ aber nit wußte/ was noch Guts auß mir werden ſolte. Ich ergrimmet im Geiſt/ un ̅ ward gantz un wuͤ???rich; daß ich mit dir mein Gott mich nit vereygnigte/ ſo doch alle meine Gebein ſchryen/ ich ſolte (lib. 9. Conf. c. 2.) dahin gehen. Du durchſchoſſeſt unſer HERZ mit deiner Liebe: und wir tru= gen deine in ̅ erlich hinein geſchoßne Wort; [501] und die exempel deiner Diener/ welche du auß finſterem Liechte/ und auß Ver= ſtorbnen lebendig gemacht hatteſt. In der Schoß unſerer Gedancken brenneten ſie/ und verzehreten die groſſe Schwaͤrmuͤtig= keit/ damit wir nit underſich fi???len/ und entzündeten uns gar ſtarck. Diß iſt aber ſehr verwunderlich/ was in dergleichen(Libera lib. 1. c. 11. cjus vitæ.) Sachen der heiligen Jungfrauen The- reſæ widerfahren: Sie ſahe an ihrer lin= cken Seiten einen Engel in menſchlicher Geſtalt ſtehen/ welchen die heilige Mutter wegen ſeines wunderbarlichen Glantzes/ auß den Seraphinern zuſeyn glaubet. Diſer warffe mit der Hand einen guldene ̅ Pfeil/ der anſtatt deß Spitzes mit Flam= men verwahret war; und als er diſen/ wie es ſich anſehen ließ/ in ihrem HERZEN ſteckenden Pfeil herauß zohe/ verm???net ſie man zoge ihꝛ die Vorbruſt mit heꝛauß und ward ihr HERZ mit ſehr groſſer Inn= brunſt der Goͤttlichen Liebe gantz und gar entzuͤndet. Schon lang darvor hat die H. Gertrud eben diſe Gutthat der Liebe von(Lib. 2. in ſin. divin. piet. c. 5.) Gott empfangen; dann wie ſie ſelber er= zehlet/ hatte ſie ein Perſon dahin verbun= den/ daß ſie taͤglich vor einer Crucifix. Bildnuß diſe Wort ſpraͤche: Durch dein verwundes HERZ/ durchſt ich ???O liebſter [502] Herꝛ ihr HERZ mit den Pfeilen deiner Liebe; alſo faſt/ daß es nichts irꝛdiſches be= halten koͤnnet ſondern werde vo ̅ der Krafft deiner Gottheit allein inngehalten. Durch deren Gebett/ glaubt ſie kraͤfftig erlanget zuhaben/ was ihr nachmahlen begegnet iſt. An einem Sontag empfande ſie ſich zum HERZEN Chriſti deß Herꝛn zuge= nahet ſeyn/ und ſolches ſo wol durch Ein= gieſſung der innerlichen Gnaden/ als Erzeigung eines ſichtbarlichen Zeichens in einer Cruc fix Bildnuß. Dann es ge= duͤncket ſie wie ein Sonnenſtraal auß der Wunden der gerechten Seiten der Cru= cifix Bildtnuß ſpitzig wie ein Pfeil herauß gienge/ der jhr Anmutung liebkoſend an= reitzet. Es war aber noch nit alſo genug ge= than der libenden Braut/ biß daß auff einen andern Tag Chriſtus der Herꝛ bey ihr ſtunde/ und gleichſam unverſehens ein Wunden in ihr HERZ ſtach/ mit di= ſen Worten: Allda ſoll zuſamen flieſſen die Geſchwulſt aller deiner Anmutungen. (Lib. 5. Inſi- nuat. piet. c. 27.) Auff ein andere Zeit als ein Bruder in der Capell prediget/ und under anderm ſagte: Die Liebe iſt ein guldener Pfeil/ was der Menſch mit ſolchem ſchleſſet/ das nimt er ihme gleichſam fuͤr eygen ein: derohalben iſt thorechtig ď jenige Menſch/ [503] welcher ſein Liebe mit irꝛdiſchen Dingen beladet/ und verabſaumet die himmliſche. Auff diſe Woꝛt/ ward die heilige Gertrud entzuͤndet/ und ſprach zum Herꝛn: Ach daß ich diſen Pfeil hette! ich wolte ohn allen Verzug dich eintzigen Geliebten meiner Seelen durchſchieſſen/ damit ich dich all= zeit behielte. Als ſie diß ſprache/ ſahe ſie den HErꝛn ein guldinen Pfeil gegen ihr halten/ und ſprechen: Du wolteſt mich verwunden/ wan ̅ du einen guldinen Pfeil hetteſt; weil ich nun einen ſolchen hab/ ſo will ich dich durchſchieſſen/ alſo faſt/ daß du nimmermehr zu deiner vorigen Ge= ſundheit kommen ſolſt. Gemelter Pfeil war dreyfach gekruͤmmet/ am erſte ̅ mittel/ und underſten Theil. Durch welches zu= verſtehen geben wird die dreyfache Krafft der Liebe/ welche ſie in der Seelen durch Verwundung macht. Dann ſo die erſte Gegenbiegung die Seel durchtringet/ wird ſie verwundet auff diſe weiß/ dz es ihr gleich wie ainem Krancken/ alle zergaͤng= liche Ding ungeſchmach macht; alſo faſt/ daß ſie hinfuͤran in keinen dergleichen Dingen beluſtiget oder getroͤſtet werden mag. Die ander aber macht die Seel gleich wie einen der das Fieber hat (wel- cher vor groſſem Schmertzen mit hoͤchſter [504] Vngedult der Artzney begehret) mit auß der weiß ungedultiger Begterde innbrün= ſtig/ ſich an GOtt zuheben: Weil es ihr gantz und gar unmoͤglich fuͤrkomt/ ſich ohn ihn einigerley Weiß zuerholen. Die dritte aber bringt die Seel zu ſolchen uner= ſchaͤtzlichen Dingen/ daß kein anďe Gleich= nuß geben werden mag/ als daß ſie die Seel gleichſam vom Leib abſondert/ und lieblich eintauche in ſuͤſſen Baͤchen ď Gott= heit. Eben der gleichen Gnaden iſt auch theil- (Lib. 2. grat. ſpir. c 20.) hafftig geweſen S. Gertruden leibliche Schweſter Mechttldts/ welche mitten von dem Creutz ein guldene ̅ wolge??? tzten Pfeil herauß ſpringen ſahe/ der ihr HERZ/ teb- lich duꝛchſtochen. In dem aber ihꝛ HERZ verwundet war/ hat ſie den Geitebten ihrer Seelen alſo hoͤren reden: M??? Geltebte/ die ga ̅ tze Subſtantz diſer Welt iſt nit g???ug= ſam ein eintzige Seel zubelnſtigen/ deren hoͤchſte Glory in dem geſtehet/ daß ſie Pein und Truͤbſal leyde. (Aug. in Me- dit. c. 9.) Ach Herꝛ Gott/ wer gibt mir/ daß ich mit diſen deinen Heiligen heylſam ver= wundet werden moͤge! Ich bitt dich Herꝛ/ verwunde mit dem Pfeil deiner Liebe das heimliche deß innerlichen Menſchens; durchtringe mit heylſamen Pſeilen/ und
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CORDIS INFL???MATIO. Conculcauit COR meum intra me, et in meditatione mea exardeſet ignis. Ps. 38 Perge Amor et ſuccende mei penetralia cordis Viuat vt in patrio, ceu Salamandra, rogo.

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entzuͤnde das Marck der laben Lungen/ und durch dein Liebe verzehre alles inner= liche ſo wol deß Gemuͤhts als deß Leibs. Setz mich dem Pfeil zum Z???l/ und ſchlage(Thren. 3. 12.) an den harte ̅ Felſe ̅ meines HERZENS mit dem Gottſeligen und ſtarcken Spitz deiner Liebe; und mit deiner gewaltigen Krafft durchtringe biß auff das underſte hinab/ auff daß ich beweine/ und kranck werde vor Begierde deiner Liebe und Schoͤnheit; welche du mir zeigen wirſt alsdann/ wann dein Herꝛligkeit erſcheinen wird.

Die XV. Lection. CORDIS INFLAMMATIO.

Entzuͤndung deß HER- ZENS.


Mein HERZ iſt erwarmet in mei- nem Leib/ und Feur iſt angangen durch mein Betrachten. Pſ. 38 4. BETRACHTE Erſtlich/ wie ď Liebha???er unſers HERZENS/ unſer Gott/ ein freſſig und ver-(Deut. 9. 3.) zehrendes Feur iſt: dann er frißt auff die Suͤnd/ verzehret das alte Leben/ und [506] erneuert den gantzen Menſchen. Darum begehret er auch innbruͤnſtige/ brennende und feurige HERZEN/ damit er ſich mit ihnen vereinige. Seytemahln allein die jenige Ding vereiniget werden koͤnnen/ die etwas einander gleich ſeynd. Weil abeꝛ der Menſchen HERZEN hart gefrorn und ſehr faſt erkaltet/ auch gar fern von Gott waren/ iſt der eingeborne Sohn Gottes deß Vatters geſand worden/ der Menſchen HERZEN zubereiten/ damit ſie ſich mit ihrem erſchaffer vereinige ̅ koͤn- nen. Diſes bezeuget Chriſtus ſelber/ da er (Luc. 12. 49.) ſpricht: Ich bin kommen zuſenden ein Feur auff Eꝛden/ und was will ich anďs/ dann daß es angezuͤndet weꝛde? Diſe erden iſt unſer HERZ: dann gleich wie das kalte und underſte element der erden/ mitten in der Welt zuſam ̅ en kugelt iſt; alſo iſt das menſchliche HERZ mitten im Leib geſtelt/ die erden libende/ und (Hom. 30. in Evang.) irrdiſche Ding wiſſende. Die jrrdiſche HERZEN/ ſpricht Gregorins/ werden die erden genen ̅ et/ und weil ſie allzeit in ih= nen nidrige Gedancken ſamlen/ werden ſie von den boͤſen Geiſtern zertretten. Der Herꝛ aber ſchicket das Feur auff Erden/ wann er durch Anblaſen deß H. Geiſtes die ſleiſchliche HERZEN entzuͤndet. Die [507] erden brinnt auch/ wann das fleiſchliche HERZ/ welches wegen ſeiner boͤſen Ge= luͤſten kalt iſt/ die Begierligkeit diſer Welt verlaͤßt/ und in der Liebe Gottes entzuͤndet(in Pſ. 181.) wird. Von diſem Feur ſpricht gar ſchoͤn Ambroſius: der Herꝛ hat im neuen Te= ſtament das Feur außgeſprengt/ welches die heimliche Anmutungen der Gemuͤh= ter mit der Brunſt Goͤttlicher erkantnuß entzuͤndet; den Rauch deß Glaubens/ und der Andacht raͤucheret; die Begierde der Tugend anzuͤndet. Mit diſem Feur war(Thren. 1. 13.) entzuͤndet Jeremias/ da er ſprach: Es ward ein flammendes Feur in mei= nen Gebeinen. Mit diſem Feur himm= liſcher Geſpraͤchen waren entzuͤndet Cleo- phas/ und der ander Juͤnger/ da ſie mit dem Herrn von Jeruſalem biß in das Caſtell giengen/ und ſprachen: War(Luc. 24. 32.) nit unſer HERZ gantz entzuͤndet in uns/ da er uns erklaͤret die Schriffte ̅ Wilſt du auch mit diſem Goͤttlichen Feur entzündet werden? ruffe an den/ wel= chers allein geben kan/ und ſchrey mit de= muͤtiger Stimm mit der Kirchen: Kom ̅ heiliger Geiſt/ eꝛfuͤlle die HER(Miſſal. Ro ̅ .) ZEN deiner Glaubigen/ und zuͤnde an in ihnen das Feur deiner Liebe.
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BETRACHTE fürs ANDER/ wie vor Zeiten der Hohe Prieſter Aaron ???it habe doͤrffen eingehen inn die heilige Wohnung/ ehe daß er zuvor das Rauch= faß genommen/ von den Altar=Kolen ???ingefuͤllt/ und das angezuͤnde Rauch- werck auffgeopffert haͤtte. Was bedeutet aber diß anders/ als daß man unſere HERZEN/ als guldene Rauch faͤſſer mit dem Feur deß heiligen Geiſtes einfulle ̅ / das Rauchwerck von allerley Tugenden/ und Gebetten darauff legen/ und alſo un= ſere Begierden zur Seeligkeit der himm= liſchen Verheiſſungen außbreiten ſolle? Was es aber fuͤr ein groſſe Suͤnd ſey das Rauchfaß unſers HERZENS mit fremdem Feur einfuͤllen/ haben die Soͤhn Aarons/ Nadab und Abiu durch ein er- (Lovit. 10. 1.) ſchroͤckliches exempel erwiſen. Als diſe fremdes Feur fuͤr den Herrn in ihren Rauchfaͤſſen brachten/ da fuhr ein Feur auß von dem Herrn/ und verzehret ſie/ daß ſie ſturben. Diſes frembde Feur iſt ein jegliche Begieꝛligkeit/ welche dem heiligen Feur/ das iſt/ der Liebe zuwider iſt. Dann die Liebe iſt ein Feur ſo von Himmel kom- men/ und der Seelen von Gott eingoſſen iſt; aber fremb des Feur iſt/ wann die Seel brinnet vor Zorn/ Geitz/ Geilheit/ ſpricht [509] Radolphus. Sentemahlen diſe Ding der(Radulph. in Levit.) Seeleu nit Gott/ ſondern das Fleiſch/ oď der Teuffel eingibt. Dan ̅ / wie Bernardus(Serm. 2. in Purif. B. M. V.) ſpricht/ es hat auch unſer Widerſacher (als ein verkehrter Nachfolger der Goͤtt= lichen Wercken) ſein Feuer/ das Feuer fleiſ???licher Begierden; das Feuer deß Neids und Ehrgeitzes; welches der Hey= land nit kommen in uns anzuzuͤnden/ ſon= dern außzuloͤſchen. Letzlich ſo ſich jemand underſtedet diſes frembde Feuer im Goͤtt= lichen Opffer auffzuopfferen/ wurde er in ſeiner Boßheit ſterben/ ob ſchon Aaron ſein Vatter waͤre. Der guͤtigſte GOtt woͤlle verhuͤten/ daß diſes frembde Feuer in uns nit angezuͤndet werde; ſondern vil mehr das Fener ſeiner Liebe in unſern HERZE Nentzuͤnde ̅ . Suͤffeſter Chriſte/ guͤtigſter Jeſu/ du Liebe/ mein GOtt/ entzuͤnde mich/ gantz und gar mit deinem Feur/ mit deiner Liebe/ deiner Süſſe und Lieblichkeit/ deiner Frolockung/ Wolluſts und Begterde; auff das ich gantz voll der Suͤſſe deiner Liebe/ gantz mit der Famme deiner Liebe entzuͤndet/ dich meinen GOtt liebe von gantzem meinem HERZEN/ dich allzeit un ̅ allenthalbe ̅ habe im HER= ZEN/ im Mund/ un ̅ vor meine ̅ Augent alſo daß in mir kein Orth fuͤr die doͤſe Liebe gefunden werde.
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BETRACHTE zum DRIT= TEN/ wie GOtt vor Zeiten gebotte ̅ hab/ (Levit. 6. 12.) daß das Feuer auff ſeinem Altar brennen/ der Prieſter erhalten/ und alle Morgen Holtz zulegen ſoll. Diſes Gebott liget gar ſchoͤn auff unſer Fuͤrnehmen auß ď heilige (Lib. 27. Mo ral. c. 7.) Gregorius: Der Altar Gottes/ ſpricht er/ iſt unſer HERZ: darauff/ wie befohlen iſt/ ſoll das Feuer allzeit brennen: dann es iſt von ̅ oͤten/ daß man vom ſelben die Flam- men der Liebe zum HErꝛn ohn underlaß anzuͤnde. Der Prieſter/ ſo das Holtz zu= legt/ iſt ein jeglicher Glaubiger/ welcher die Exempel der Vaͤtter/ oder die Gebott deß Herꝛn zulegen muß zu Erweckung der Liebe/ damit in ihme die Flammen deꝛ Liebe nit abnehmen. Solches muß auch ge= ſchehen am Morgen/ dann der Morgen iſt der erſte Theil deß Tags: ein jeglicher glaubiger Chriſt/ ſoll die Gedancken deß zeitlichen Lebens hinlegen/ und am aller= erſten gedencken/ auff was weiß er die Liebe entzuͤnden moͤge. Von diſem Feuer ſpricht der Herr an gemeldtem Orth: Diß ſoll ein ewig Feuer ſeyn/ und nimmer ver- loͤſchen auff dem Altar. Seytemahlen die Liebe nie von unſern HERZEN ſeyn ſoll/ welche/ ſo fern wirs ſelber nit auß loͤſchen/ in alle Ewigkeit wehren ſoll; ob [511] gleich die Weiſſagungen ein ende neh=(1. Cor. 13. 8.) men/ oder die Zungen auffhoͤren/ oder die Kunſt vergehen wurde/ ſo verfaͤllet doch die Liebe nimmer. So verhuͤtete nun/ mein Seel/ damit du diſes ewige Feur nit auß= loͤſcheſt; auff daß du nit in die ewige Fin= ſternuß geſtoſſen werdeſt. Diſes Feur aber/ wie gemelter Gregorius ſpricht/ er=(Ubi ſuprà) loͤſcht in unſern HERZEN gar bald/ wann es nicht auffs baͤldeſt durch die e= xempel der H. Vaͤtter/ und Gezeugunß deß Herrn wieder auffgeblaſen wird. Mein Stel/ nimme dich nun um dieſes Prieſterliche Ambt an; erhalte diſes Feur ein Zeitlang/ und lege Taͤglich am Mor= gens fruͤhe zu auff den Altar/ bißweilen das Holtz vom Creutz deß Herrn/ bißwet= len die Matery der Gutthaten Gottes: damit darauff die Flamm der Goͤttlichen Liebe anbrinne: dann ein vollkommener(In Levit.) Mann/ ſpricht Radulphus/ ſoll bey der gantzen Nacht der Welt und diſes Lebens/ die Flammen ſeines Feners/ das iſt/ der Liebe und deß eyffers ſcheinbarlich erhal= ten/ auff daß/ wann der rechte Morgen (der ewigen Glory) anbrechen wird/ es under der Gegenwart Gottes ewig ſchei= ne. Derohalben/ O Herr/ entzuͤnde mein HERZ/ entzünde mein Gemuͤt mit jene ̅ [512] deinem Feuer/ welches du auff Erden ge= ſandt/ und gewoͤlt haſt/ daß es hefftig brenne/ auff daß ich dir das Opffer deß betruͤbten Geiſtes/ und zerknirſchten HERZENS mit Vergieſſung der Zaͤh= (Ibid. ??? ???.) ren taͤglich auffopffere. Suͤſſer Chriſte/ gü= tiger Jeſu/ er fülle mein HERZ allzeit mit deiner u???außloͤſchlichen Liebe/ mit ſteter Gedaͤchtnuß alſo/ daß ich wie ein brenne ̅ de Flamme/ gantz brenne in ſuͤſſe deiner Liebe; welche auch vil Waſſer nie in mir auß= loͤſchen moͤgen. BETRACHTE zum VIER= TEN die mancherley Eigenſchafften deß Feuers/ darauß du leichtlich erkenne ̅ wir= deſt/ ob in das Rauchfaß und auff den Al= tar deines HERZENS dz Feuer Goͤtt- (Lib. de cæ- leſt Hie- rarch c. ???) licher Liebe eingelegt ſey. Der heilige Dio= nyſius Areopagita erzehlet gar vil/ auß denen wir nur etliche wenige herſetze ̅ woͤlle ̅ . Dann erſtlich/ weil es gantz liecht iſt/ ſo bleibt es doch an ihme ſelber verborgen und unbekand/ wann manihme kein Ma= tery gibt/ daran es ſein Gewalt/ Krafft/ und Ambt erzeigen kan: Alſo auch das Feuer der Goͤttlichen Liebe erſcheinet nur in einer wolgeordneten Seel/ auff daß die Menſchen ſehen/ und preyſen den Vatter/ der im Himmel iſt/ als den Vrſprung diſes [513] Feuers. Fuͤrs ander/ das Feuer uͤberwin-(Matth. 5. 6.) det alle Ding/ und die jenige/ welche es einnimbt/ ziehet es under ſein Ambt. Die Liebe entzuͤndet auch die HERZEN/ und macht ſie liecht und brenneild. Be- trachte das Eyſen/ was iſt harters? was iſt kaͤlters als daſſelbe? dannoch/ ſo es das Feuer annimbt/ wird es nit allein lind/ und feurig; ſondern kan auch andere Ding anzuͤnden. Eben daſſelbe kan die Liebe wircken in einem harten und kalten HERZEN. Zum dritte ̅ / ſo wol dz Feuer/ als die Liebe/ mittheilet ihr Gemeinſchafft allen den jenige ̅ / die ſich zu ihnen machen: Dann ſo
Die Flam ̅ der Liebe brennen thut/
Die Brunſt die nechſten anzuͤndt gut. Dannoch empfindet es kein Schaden oď Mangel weder am Liecht/ noch Hitz/ die es andern mitgetheilet hat. Zum vierdten/ das Feuer erneuert alle Ding mit lebend= machender Waͤrme/ erleuͤchtet mit offent= lichen ſcheinbaren Stralen/ kan nit ge- halten noch vermiſcht werden: Die Goͤtt= liche Liebe erneuert das HERZ/ erleüchtet das Gemuͤth/ wird doch nit under die irꝛdiſche Affecten vermiſcht. Zu ̅ fuͤnfften/ das Feuer begehret allzeit uͤberſich/ und [514] kan mit keinem Gewalt underſich getruckt werden: alſo die jenige/ welche die Liebe (Col. 3. 1.) Gottes beruͤhret hat/ trachten nach dem/ was droben iſt/ ſuchen was droben iſt/ un ̅ ſo ſie gleich mit dem Leib auff erden ver= hefftet/ wandeln ſie doch mit dem HER= ZEN im Him ̅ el. Zum ſechsten/ das Feur erzeiget den Gewalt ſeiner Macht/ an einer jeden Matery/ die es annimbt/ iſt kraͤfftig/ gewaltig/ allen unſichtbarer weiß gegenwertig. Wie wol aber reimen ſich diſe Ding auff die Liebe? ſeytemal die Liebe (1. Cor. 13. 4.) iſt gedultig und freundlich/ eyffert oder neydet nit/ die Liebe ſchalcket nit/ oder handelt nichts unbillichs. Sie blaͤſet ſich nit auff/ iſt nit ehrgeitzig/ ſucht nit das ihre/ laßt ſich nit erbittern/ gedenckt nichts arges/ und erzeiget mit den Wercken ſel= ber/ was ſie in dem HERZEN der Men= ſchen wuͤrcket. Zum ſibenden/ ſo man das Feur verwahrloſet und verſaumet/ ſiht man nicht daß es Feur ſey; wann mans aber auffruͤhret/ wird es als bald zu eineꝛ leuͤchtenden Flammen auffgeweckt: was iſt diſes anders/ als wan ̅ mandie Guttha= ten GOttes under die Geheimnuſſen un= ſers Glaubens/ welche ein Matery und dz Holtz ſeynd diſes Feurs/ nit reibet? ſo mans nit reibet/ oder durch ſtete Betrach=???
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CORDIS VIGILIA. Ego dormio et cor meu ̅ uigilat. Cant 5. Te vigil exquirit cor dum ſoperoccupat arcus. Nec ſine te noctu, nec potis eßé die.

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???tung und hefftige Begierden uͤbet/ erſchei= net die Flamme diſes Feurs gar nit. De= rohalben O mein Gott/ du Feur/ welches(Auguſt. ſo- liloq. 34.) allzeit brennet/ und niemahl erloͤſchet/ an= zuͤnde mich/ O Liecht/ welches allzeit leuͤch= tet/ und niemahl finſter wird/ erleuͤchte mich! ach daß ich halt von dir brennend wurde! O heiliges Feur/ wie lieblich bren= neſt dü/ wie heimlich ſcheineſt/ wie begier= lich brenneſt! Wehe den jenigen/ die nit von dir brennen! Wehe denen/ welche von dir nit erleuchtet werden!

Die XVI. Lection. CORDIS VIGILIA.

Wachtbarkeit deß HER- ZENS.


Ich ſchlaffe/ und mein HERZ wa- chet. Cant. 5. 2. BETRACHTEO glaubige Seel was die Liebe Gottes wuͤꝛcke in den jenigen HERZEN/ welche ſie einmal eingenommen hat: nemlich dieſes/ daß auch/ weil ſie ſchlaffen/ dannoch ihr Gemuͤth von den leiblichen Banden auff= geloͤßt/ frey ledig ſey/ und mit den gewohn [516] lichen Gedancken umzugehen nit under= (Hom. 10 de pœnit.) laſſe. Dann/ wie Chryſoſtomus ſpricht/ die Seel pflegt auch im Schlaff durch die Phantaſey zuſehen/ was ſie beym Tag gedencket. Solches bezeuͤget die Gottge= liebte Braut/ da ſie im hochzeitlichen Lied alſo ſinget: Ich ſchlaffe/ und mein (Cant. 5. 2.) HERZ wachet. Welches Juſtus Or- gelitanus alſo außleget: Ich ruhe von weltlichen Beluſtigungen/ in dem die Sin ̅ gleichſam entſchlaffen ſeynd; aber ich be- gehre die zukuͤnfftige/ und ſuche die ewige Ding; alſo ſchlaffe ich/ alſo wache ich. Diſen Schlaff der Braut/ und das Wa= chen deß HERZENS/ legen die heilige Vaͤtter nit auff ein weiß auß/ es reimen ſich aber alle gar wol auff die Vnderwet= ſung deß HERZENS. BETRACHTE ďhalbe ̅ Erſtlich/ wie da verſtanden werde ďjenig Schlaff/ in dem der gerechte Menſch ſchlaffet we= (Epi. 21. ad Aniſium. I. 3. Epiſt.) gen der Laſter/ und fleiſchlichen Begirden; wachet aber in den Tugendten. Seyte= mahlen ein Schlaff der Heiligen iſt/ ſpricht Ambroſins/ der von allen Wolluͤſten deß Leibs feyret und muͤſſig ſtehet/ der Seelen Ruhe von aller Verwirꝛung un ̅ Betruͤb= nuß deß Gemuͤths bringende; daß gleich [517] ſam were ſie von deß Leibs Banden auff= geloͤßt/ es ſich er hebe/ un ̅ Chriſto anhange. Deßwegen ermahnet uns gemelter heilige(In exhort. ad Virg.) Biſchoff an einem andern Orth; Wann Chriſtus kommen wird/ ſoll er dich wa- chend finden/ daß du bereyt ſeyeſt; dein Fleiſch ſoll ſchlaffen/ der Glaub wachen; die Geluͤſten deß Leibs ſollen ſchlaffen/ die Fuͤrſichtigkeit deß HERZENS wa= chen; deine Gilder ſollen ſchmecken nach de ̅ Creutz und Grab Chriſti/ daß ihnen der Schlaff kein Hitz mache/ keine Bewegnuß erwecke. Die Seel iſts ſelber/ welche ſich Chriſto eroͤffnet/ welche keine Daͤmpff deß Fleiſches plagen. BETRACHTE fürs ANDER/ wie der H. Auguſtinus durch der Braut Schlaff verſtehe das Auffhoͤren von aͤuſ= ſerlichen Wercken/ die ſonſten auch gut und zulaͤſſig ſeynd/ von denen ſie ſich ent= haltet/ damit das Gemüth der innerlichen(Tract. 57. in Joan.) Weißheit oblige; welches er gar zierlich alſo außleget: Die Warheit/ ſpricht er/ wird ſicherer gehoͤret/ als geprediget; es iſt kaum ohn/ daß nicht etwan bey einem Menſchen ein hochmuͤtiger Gedancken einſchleiche/ durch welche ̅ ohne zweiffel die Fuͤß beſudelt werden. Vnd bald hernach: Darum hat die heilige Chriſtliche Kirch [518] ein Wolgefallen ob denen/ welche geꝛn und demuͤhtig zuhoͤren/ und ein ruͤhiges Leben in ſüſſen und bey/ ſamen Vbungen fuͤhꝛen/ und ſpricht: Ich ſchlaffe/ un ̅ mein HERZ wachet. Was iſt das? als/ ich ruhe alſo/ daß ich hoͤre; mein Muͤſſiggang iſt nit angeſe= hen/ die Faulkeit zuerhalten/ ſondern die Weißheit zulernen. Ich ſchlaffe/ und mein HERZ wachet; Ich fleiſſe mich/ und er= (Pſ 45. 11.) kenne/ daß du Gott biſt/ dann die Weißheit ſchreibe ich zur Zeit der Ruhe/ und der von aͤuſſerlicher Arbeit und Wuͤrckung Feyr hat/ der wird Weißheit empfangen. Ich (Eccl. 38. 25.) ſchlaffe und mein HERZ wachet; ich ru= he von geſchaͤfftigen Wercken/ und mein Gemuͤht gibt ſich auff Goͤttliche Anmu= tungen. BETRACHTE zum Dritten/ wie ſich mit diſer S. Auguſtini Außiegung gar ſchoͤn vergleiche die jenige/ welche den Schlaff erklaͤret durch die Ruhe von aͤuſ= ſerlichen Wercken Marthæ; durch die (Luc. 10. 42.) Wachtbarkeit deß HERZENS aber/ verſtehet ſie den beſſeren Theil Mariæ/ die Befleiſſung deß Gebets: in welchem Ver= ſtand S. Petrus mahnet: Wachet im (1. Pet. 4. 17.) Gebett. Ja den Petrum ſelber/ und die mit ihme ſchlaffende Apoſtel ermahnet [519] Chriſtus der Herr: Habt ihr nicht ein(Matth. 26. 40.) Stundt mit mir wachen koͤnnen? Wachet/ und bettet; auff daß ihr nit eingehet in Verſuchung. Dardurch er klar zuverſtehen geben/ daß er den Apo= ſtein jene Wacht befelche/ welche nit allein mit leibliche ̅ Augen/ ſondern mit dem Ge= muͤth geſchicht. Darum ſpricht der H. Cy=(In Orat. Domin.) prianus: Vnder dem Gebett frem???de/ umſchweiffende Gedancken haben/ ſey wa= chen mit den Augen und mit dem HER= ZEN ſchlaffen: Weil ein Chriſt ſoll/ auch wann er mit den Augen ſchlaffet/ mit dem HERZEN wachen/ wie geſchriben ſtehet under der Perſon der Kirchen/ welche im Hohen=Lied alſo redet: Ich ſchlaffe/ un ̅ (Cant. 5 2.) mein HERZ wachet. Darum erma= net uns der Apoſtel mit Sorg un ̅ Fleiß/ da er ſpricht: Haltet an an dem Gebett/ und wachet in demſelben; dardurch(Col. 4. 2.) anzudeuͤtten/ daß die jenige/ welche Gott ſihet im Gebett wachen/ von ihme erhalte ̅ koͤnnen/ was ſie von ihme begehren. So derhalben dumein Seel/ dich in das Gebett begeben wilſt/ gehe hin in dein Schlaff= kammer/ ſprich zu dem Leib und den Sin= nen/ ſambt allen irrdiſchen Sorgen und Gedancken: Bleibet darauſſen bey der [520] Thür/ und ruhet/ daſelbſten biß ich bette/ und mein HERZ ſoll vor dem HErrn wachen: Dann das auffmerckſame Gebett/ laßt ein reines HERZ nit ſchlaffen. Ja auch die Betrachtung deß HERZENS/ welche vor dem An= geſicht Gottes geſchicht/ laßt die Augen (Pſal 131.) deß Gemuͤths nit ſchlaffen/ noch die Au- genliecht deß HERZENS zufallen im Schlaff. Dann wie Climacus bezeuͤget: Die Seel/ welche das Wort deß Herrn (Grat. 19. ad fin. Hom. ad Ju- lit.) taͤglich ohne Vnderlaß betrachtet/ pflegt auch im Schlaff darinn zuverharren. Der Schlaff ſelber (ſpricht Baſilius) ſoll gleichſam ein Gottſelige Betrachtung ſeyn: dann dit Phaniaſeyen welche uns im Schlaff fuͤrkommen/ entſpringen me= rertheils auß den Gedancken oder Ge= ſchaͤfften/ mit denen du bey Tags umgan= gen biſt. Dann als lang wir leben/ iſt vonnoͤthen/ daß uns im Schlaff fuͤrkom= me/ was unſere Werck und Vbungen bey Tags geweſen ſeynd. Auff diſe Weiß zwar kanſt du unauffhoͤrlig und ohn Vnderlaß betten. Ein ſolchen Schlaff hat gehabt die heiligſte Jungfrau und Gottes Gebaͤrerin Maria; von welcher (Lib. 2. de Virgin.) der heilige Ambroſius alſo redet: Sie hat nit ehe begehren zuſchlaffen/ als es von [521] noͤthen geweſen iſt. Dannoch als der Leib ſchlieffe/ wachet das Gemuͤth/ welches offt im Schlaff widerholet was es geleſen; oď was im Schlaff underlaſſen morden/ das treibet es fort/ oder was geordnet worden dz würckt es/ oď verkuͤndet was zuthun ſey. BETRACHTE zum VIERD= TEN/ daß die H. Vaͤtter da ein hoͤhere Wacht deß HERZENS verſtehe ̅ / wel= che durch die Beſchauung geſchicht/ wann die Sinn deß Leibs entſchlaffen ſeynd. Gregorius der Bapſt ſpricht. In dem die(In Cant.) heilige Maͤnner alle irꝛdiſche Ding verach= ten/ der Welt Getuͤmmel gantz und gar fliehen/ den Muͤſſiggang auff dem Weg Gottes annemen/ thun ſie ſolches nit daru ̅ daß ſie der Faulkeit abwarten; ſondern ar= beiten innerlich/ und befleiſſen ſich im HERZEN anzuſehen/ was das ſey/ da= rum ſie erſchaffen worden ſeynd. Dann ſie ſchlaffen nit darum/ daß ſie muͤſſig ſeye ̅ / ſondern ruhen von den zergaͤngliche ̅ Din= gen deßwegen/ daß ſie deſto freyeꝛ die ewige betrachten. Gregorius Nyſſenus hat diſen Schlaff und Wachen der Beſchauung(Hom. 10. in Cant.) gar ſchoͤn außgeleget: Der Schlaff iſt ein Ebenbild deß Todts; dann durch den Schlaff hoͤret auff alle Wuͤrckung der Sinnen in den Leibern/ ja die gantze Auß [522] breitung deß Leibs ſelber laßt nach/ und wird im Menſchen die Vergeſſenheit der Sorgen gleichſam eingefuͤhrt/ die Forcht gedaͤmpfft ď Zorn gelindert/ und die Em= pſindlichkeit alles Vbels abgeſchnitten. Daher lernen wir/ daß die jentge/ welche ſich ruͤhmet/ daß ſie mit dem Leib ſchlaffe/ und mit dem Gemüth wache/ ſey uͤberſich ſelber erhoͤhet worden. Dann warhafftig in dem jenigen/ in welchem das Gemüth allein lebet/ und der von keiner Empfind= lichkeit betruͤbet iſt/ wird die leiblich Na= tur gleichſam durch ein Schlaff gewogen/ und das Geſicht warhafftig durch ein Ruhe entſchlaͤffet. Alßdann iſt nemlich das Aug der Seelen frey und auffgeloͤßt; un ̅ laßt ſich mit Vnderſchid zihen. Schau= et allein an die Ding/ welche hoͤher ſeynd als die ſichtbarliche: alßdann iſt das Gehoͤr gleichſam todt und abgeſtorben/ als welches ſein Wuͤrckung verlohren hat/ das Gemuͤth aber beladet ſich mit Dinge ̅ / welche die Vernunfft weit uͤbertreffen. Dann andere Sinn/ welche der Natur der unvernuͤnfftigen Thieren etwas aͤhn= lichersſeynd/ doͤrffen ſie nit vermeldet wer= den. Seytemahlen hie alßdann gleichwie ein ſtinckender Toden. Coͤrper weit vom Gemuͤht abweichen/ als da iſt der Geruch/ [523] welcher ſcharff riechet/ und der Geſchmack ſo dem Fraß dienet/ über diſe auch das Beruͤhren/ welches villeicht die Natur nur von der Blinden wegen erſchaffen hat/ daß ſie greiffen moͤgen/ was ſie nit ſe- hen koͤnnen. So nun diſe alle gleichſam in einem Schlaff ruhen/ iſt die Wuͤrckung deß HERZENS rein/ un ̅ die Vernunft ſihet überſich/ in dem ſie kein beweglicher Sinn irr macht. Diſer Vrſachen halber als offt ſich die Seel allein durch die Be= ſchauung deß wahren Guts beluſtiget/ ſchlaffet ſie uͤber alle Wolluͤſten: und durch entlaſſung aller leiblicher Bewegung/ em= pfahet ſie die Offenbahrung GOttes mit bloſſem und reinem Gemuͤth/ gleichſam als durch ein Goͤttliches Wachen. Bißher(Epiſt. 60. ad Aniſium.) Nyſſenus. Deſſen letzte Wort von Offen= bahrung der Geheimnuſſen/ beſtaͤttiget Ambroſius/ da er ſpricht: Diſem nach hat der heilige Jacob die Goͤttliche Geheim= nuſſen im Schlaff geſehen/ welche er wa= chend nit geſehen: Wie die H. Engel vom Himmel durch den Lufft auff die er= den herunder ſtiegen/ der Herꝛ herab ſahe/ und die Beſitzung deſſelbigen Lands ver= heiſſe: ſo hat er nun in kurtzem Traum ???chlaffend erlangt das/ was er nachmah= ???en mit groſſer Muͤhe und Arbeit bekom [524] men (Pſ. 4. 9.) hat. Seelig iſt gewißlich die jenige Seel/ welche im Friden mit ihnen ſchlaffet (Pſ. 138. 11. Job. 7. 13.) und ruhet! der die Nacht ihr Liecht wird ſeyn zu ihren Luͤſten. Wie billig wird diſe ſprechen koͤnnen: Mein Beth ſoll mich troͤſten/ mein Laͤger ſoll mirs (Pſ. 15. 11.) leicht mache ̅ / wann ich mit mir ſelbs rede. Seelig iſt die Braut/ welche ſich befleiſſet/ und ſihet/ wie ſuͤß der Herr ſey; deſſe??? Braͤutigam ſelber verbietet/ daß (Cant. 3. 5.) man ſie nit auffwecke und ſpricht: Ich beſchwoͤre euch Toͤchter Jeruſalem/ bey den Rehen und bey den Hinden auff dem Feld/ daß ihr meinee Freun= din nit auffwecket/ noch wachtbar machet/ biß daß es ihr ſelber gefaͤllt. Achwer gibt mir alſo durch diſen ſuͤſſen Schlaff zuentſchlaffen/ alſo mit dem (Luc. 12 37.) HERZEN zuwachen/ auff daß wann ď Herr kombt/ er mich wachend finde: und mit den klugen Jungfrauen zu der Hochzeit ein= fuͤhre!
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CORDIS VOLATVS. Quæ ſurſum ſunt quæritæ, quæ ſurſum ſunt ſapite. Collſs. 3. Quis mihi Chaonij, geminas dabit alitis alas. Pertæſum terre queis cor ad astra volct.

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Die XVII. Lection. CORDIS VOLATVS.

Deß HERZENS Flug/ oder fliegen.


Suchet was droben iſt/ ſeyt deß ge- ſinnet/ und trachtet nach dem was droben iſt. Coloſ. 3. 1. SO lang wie in diſem Leib(2. Cor. 5. 6.) ſeynd/ ſo Wallen wir (als Pilgerin) von dem HErꝛn. Ach leider! wir vertribne Kinder Euæ/ irꝛende und umſchweiffende in diſem Thal der Thraͤnen/ ſeynd an keinem Orth be= ſtaͤndig/ ſondern gar fern vo ̅ Vatterland: Denn/ wir haben hie kein bleibende(Hebr. 13. 14.) ſtatt/ ſonďn wir ſuche ̅ die zukuͤnfftige. Was iſt aber diß für ein Statt anders/(Gal. 4. 26.) als das Jeruſalem/ das droben iſt/ unſere Mutter? In dieſelbe iſt hinauff geſtigen/ der vom Himmel herunder geſtigen iſt ein Mitler zwiſchen GOtt und den Menſche ̅ /(1. Tim. 2. 5.) nemlich der Menſch Jeſus Chriſtus; auff daß er uns auch lehret dorthinauff zuſtei= gen. Sintemal/ wohin die ehr deß Haupts [526] (Leo ſerm. de aſcenſ.) vorgangen iſt/ dahin wird auch beruffen die Hoffnu ̅ g deß Leibs. So laßt uns nun die Augen deß HERZENS frey erhebe ̅ (Idem ſer. 2.) in die Hoͤhe/ darin Chriſtus iſt. Die irr= diſche Begirden ſollen nit undertrucken die Gemuͤther ſo hinauff beruffen ſeynd; die zergaͤngliche Ding ſollen nit auffhalte ̅ / die zum ewigen außerwoͤhlet ſeynd; die betruͤgliche Wolluͤſt ſollen nit verhindern die/ ſo eingangen ſeynd den Weg ď War= (Bernard. in Cant.) heit/ unſer HERZ ſoll nit anders ſeyn als das Angeſicht; wir ſollen nit haben das Angeſicht uͤberſich/ und das HERZ un= derſich; wir ſollen nit auffrecht am Leib ſte= hen/ und mit dem HERZEN auff der Erden kriechen: Weil wir Pilger ſeynd auff dem Weg/ ſollen wir unſer HERZ auffheben gen Him ̅ el/ auff das wir nach= folgen dem/ welcher ſagt: Aber unſer (Phil. 3. 20.) Wandel iſt im Himmel. Derohalben uͤberſich mit dem HERZEN/ uͤber ſich mit den Gedancken/ uͤber ſich mit der Liebe/ uͤber ſich mit der Hoffnung/ damit ſie nit (Auguſt. in Pſ. 85.) faule. So du gearbeitet/ geſchnitten/ und auß getroſchen haſt/ ſucheſt du ein Ort für dein Getreidt/ und ſucheſt kein Orth (Idem ſet. 50 de temp.) deinem HERZEN deine ̅ Schatz? Sihe/ GOtt der Herr gibt dir einen Rath fuͤr dein HERZ: Wo dein Schatz iſt/ [527] ſpricht er/ daſelbſten wird auch dein HERZ ſein. Erhebe dein HERZ gen= Himmel/ damit es nit auff Erden faule. Es iſt der Rath deß jenigen/ der dich will ſeelig machen/ nit verderben. Mein Seel/ folge nach diſem Rath; und weil du fleheſt auff Erden/ er hebe dein HERZ gen Him= mel. Wilſt wiſſen wie? daß du nemlich Gott liebeſt. Dan ̅ wie Gregorius ſpricht/(Lib. 6. Mo- ral. c. 17.) die machina deß HERZENS/ iſt der Gewalt der Liebe/ welche das HERZ uͤberſich erhebt/ in dem ſie es auß der Welt herauß zeuͤcht. BETRACHTE aber/ wie diſe Er= hebung deß HERZENS/ welche durch die Liebe geſchicht/ durch die Figur deß HERZENS ſelber und ſeiner Beſchaf= fenheiten uns angedeuͤttet werde. Dann erſtlich iſt bekandtlich/ wie das HERZ gleich als ein Pyramis/ daran das breitte uͤberſich gen Him ̅ el/ der Spitz auff die er= den ſehe. Was bedeuttet aber diß anders/ als daß wir mit dem HERZEN/ das iſt/ mit der Liebe un ̅ Anmutung gen Him= mel ſehen; die erden aber/ und ???ꝛdiſche Ding/ allein mit den Puncten beruͤhren ſollen? Die Sonneblum hat den Namen daher/ dieweil ſie ſich mit der Sonnen um= wendet/ ihre Blaͤtter gegen ihr kehret/ und [528] ihrem Lauff nachfolget; die Wurtzel aber veraͤndert ſie nie/ ſondern laſſets alleweil in der erden ſtecken. Alſo laßt es ſich anſe= hen/ als wann gar vil der Sonnen der Gerechtigkeit/ Chriſto unſerm Gott/ nach= folgeten; aber allein mit den Blaͤtteꝛn/ un ̅ dem aͤuſſerlichen Schein nach/ ſo ſie doch die Wurtzel/ und Meynung deß HER= ZENS in der erden ſteckend haben. ent= gegen die ſchwaͤre Daͤmpff/ welche durch Krafft der Sonnen von der erden herauß gezogen werden/ begehren uͤberſich/ gleich= ſam ſuchen ſie die Sonnen/ verſamlen ſich zuſamen/ weꝛden zu liechten Wolcken/ und fliegen ihr nach: Alſo muͤſſen wir unſer HERZ von den irꝛdiſchen Affecten erhe= ben/ Chriſtum mit gantzer Intention und Meynung ſuchen/ auff daß wir liechte Wolcken werden/ von welchem Iſaias (Iſa. 60. 8.) ſprache: Wer ſeynd die jenige/ die da fliegen wie die Wolcken? BETRACHTE nachmahlen/ wie das HERZ ſehr warm ſey/ darauß dann die Ringe oder Leichte folget; darum be- gehrt es auch uͤberſich bewegt zuwerden: daher geſchicht/ daß der breittere und di= ckere Theil daran dz obere Orth einnimbt. Durch welches angedeuͤttet wird/ wie die Liebe GOttes in unſere HERZEN auß [529] goſſen ſey/ das HERZ zu den obern Din= gen außbreitte/ und gleichſam Fluͤgel an= haͤnge/ durch welche es in die Hoͤhe gen Himmel er hebt werde. Derohalben das HERZ/ welches von der Liebe Gottes brennet/ begehrt gerad uͤberſich gen Him= mel: Welches aber nit liebet/ noch trachtet(Coloſſ. 3. 2.) nach den Dingen/ welche droben ſeynd/ nei= get ſich underſich/ und ſtecket im Kott: wel= ches alles daher kombt/ daß es kalt; und weil die Boßheit uͤberhand genom ̅ en/ die Liebe erkaltet iſt/ daher dann das HERZ ſchwaͤr wird/ und wegen ſeines Laſts un= derſich begehret. Die Armſeeligkeit deſſen/ der alſo beſchaffen/ iſt gewißlich groß: Dann er hat ein umgekehrtes HERZ/ am obern Theil ſpitzig/ am undern breit: den Himmel beruͤhrt es kaum mit einem eintzigen Pünetlein/ zu den undern Din= gen aber iſt es gar zu weit außgoſſen. So thut dann jener wider die Natur/ der mit dem HERZEN an der erden hanget/ welches zu den himmliſchen Dingen gebo= ren un ̅ geordnet iſt. O haͤtte mein HERZ(Pſ. 54. 7.) Fluͤgel wie ein Tauben/ daß ich fluͤge und etwan ruhet? ich wolte fliegen in das obere/ ja himmliſche Vatterland/ darinn Ruhe und hoͤchſter Fride iſt: Auff diſer erde aber hat das HERZ kein Ruhe/ ſonvern es [530] (Ecclaſ. 1. 17. Auguſt. Me dit. c. 27.) iſt allhie nichts als Arbeit/ und Muͤhe deß HERZENS. So gib miꝛ nun/ O Gott meines HERZENS/ dahin mit allem Fleiß und Begierde zutrachten/ wohin/ wie wir glauben/ du auffgeſtigen biſt/ auff daß ich zwar in diſer gegenwaͤrtigen Arm= ſeeligkeit allein mit dem Leib gehalten wer= de/ bey dir aber allzeit ſey mit Gedancken und Begierde; auff daß mein HERZ da= ſelbſten ſey/ wo du biſt mein unerſchaͤtzli= (Pſ. 25. 8.) cher/ gantz lieblicher Schatz/ nach dem ich trachte. Ich bitt/ O Herꝛ/ laß meinen Geiſt Fluͤgel an ſich nehmen/ fliegen/ und nit muͤd werden; laß ihn fliegen und gelan= gen zur Zierde deines Hauſes/ und an das Orth/ da deine ehre wohnet. Mein Gott/ laß in dir mein HERZ ruhen. Ich bitte/ gib mir Fluͤgel der Beſchauung/ die ich anlege/ und zu dir uͤberſich fliege; und weil alles/ was linck iſt/ und erſich liegt/ halte mein HERZ/ damit es nit hinab in das finſtere Thal falle; damit nit der erden Schatte darzwiſchen kom/ und es von dir der wahren Sonnen der Gerechtigkeit abgeſoͤndert/ und durch Vberziehung deß finſtern Nebels verhindert werde/ in die Hoͤhe zuſehen. Deßwegen trachte ich uͤber= ſich nach den Freuden deß Fridens/ und gantz luſtigen Stand deß Liechts. Halte
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CORDIS VNIO. Dabo eis COR unum. Ezech. u. Vnimes animę, conoordia viuite corda Vnus qu???eis velle; et nolle dat vnus amor.

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mein HERZ mit deiner Hand/ dann ohn dich wird es nit in die Hoͤhe geriſſen. Dort= hin eyle ich/ wo der hoͤchſte Frid herrſchet/ und die ſtete Ruhe ſchwebet. Halte und re= giere meinen Geiſt/ und nim ihn an nach deinem Willen/ daß es durch dein Leittuug auffſteige in jenes überfluͤſſige Land/ da du Iſrael in ewigkeit wendeſt/ mit dem Futter der Warheit.

Die XVIII. Lection. CORDIS UNIO.

Vereinigung deß HER- ZENS.


Ich will ihnen ſem???tlich ein HERZ geben. Ezech. 11. 19. BETRACHTE Erſtlich/ wie under den herrlichen und gantz fuͤrtrefflichen Guͤnſten und Gna= den/ welche der Braͤutigam unſerer See= len/ feiner Geliebten erzeiget/ faſt die fuͤr= nehmſte ſey/ daß er durch die Liebe mit un= ſerm HERZEN gantz innerlich verbun= den/ und gleichſam gar vereiniget werde. Dann die Liebe verbindet die HERZEN mit einem gar engen Band; ſeytemahln/ [532] (Lib. 8. de Trinit.) wie Auguſtinus ſpricht/ iſt ſie gleich wie ein Band/ mit welchem zwey Ding zuſa= men gebunden werden/ nemlich der Lieb= haber/ und das/ was geliebet wird. Diß iſt/ was S. Dionyſius von S. Paulo (Dionyſ.) erzehlet: Die Liebe/ ſpricht er/ hat die Krafft/ die Sachen undereinander zuver= einigen: und gibt nit zu/ daß der jenige/ der liebet/ ſeiner ſelber Herꝛ ſey/ ſondern wird verkehrt oder verſtellt in die geliebte Sach; darum ſprach jener groſſe Liebha= ber: Ich lebe jetzt nit ich/ es lebet a= aber in mir Chriſtus. Damit aber die Schrifft erklaͤre/ wie eng diß Band ſey. mit welchem die HERZEN der Liebha= ber mit einander verbunden werden/ ver= gleichet ſie es der Vereynigung/ durch wel= che die Sachen mit einem Leim aneinan= der vereiniget werden. Alſo da ſie erklaͤren will die Liebe/ mit der er Sichem Dinam die Tochter Jacobs lieb gewan ̅ / ſpricht ſie: (Gen 34. 3.) Vnd ſein HERZ hieng an ſie. Conglutinata; gleichſam angeleimbt. Vnd von GOTT ſelber ſpricht Moyſes: (Deut. 10. 15.) Sihe/ die Himmel/ und aller Himmeln Himmel/ und die Erden/ und alles was drinnen iſt/ das iſt deß Herꝛn deines Got- tes. Noch hat er ſich allein mit deinen Vaͤttern befreund/ daß er ſie liebet/ und [533] hat ihren Samen erwehlet nach ihnen. Alſo wird auch von jenen zweyen groſſen Liebhabern geleſen: Die Seel Jonathæ(1. Reg. 18. 1.) verband ſich mit der Seele Davids/ und Jonathas gewann ihn lieb/ wie ſein eygen Seele. Mit welchen Worten bedeuͤttet wird/ daß jent Seelen gleichſam als mit dem Leim der Liebe aneinander gar hart verbunden und vereyniget geweſen ſeyn.(Sup. Dio ̅ . c. 7. de Ang. Hier.) Dann diß iſt die Natur der Liebe/ welche Hugo de S. Victore gar ſchoͤn außleget: Ein rechte Lieb/ ſpricht er/ leydet kein Mit= tel zwiſchen ſich/ das nit Gott iſt: ſondern ohne Mittel begehret ſie ſeiner/ und deß= wegen hat ſie kein Ruhe/ biß das ſie alle Ding uͤberſchreittet/ und zum Geliebten/ ja in ihn ſelber komme. Darum ſetzt er darzu: Die Liebe fortſetzet ihr innbruͤnſti= ges Begehren/ und kan nit nachlaſſen/ biß daß ſie zum Geliebten kombt/ naͤhert ſich zum Geliebten als vil ihr moͤglich; un ̅ deſto mehr begehret ſie in ihn zugehen/ bey ihm zuſeyn/ ja ſo gar nahe zuſeyn/ daß wo es moͤglich waͤre/ wolte ſie eben das jenige begehren/ was er iſt. Dan ̅ nichts geſchwin= ders/ nichts ſchaͤrpffers/ nichts ſubttlers/ oder das baͤlder durchtringet/ iſt/ als die Lieb: dann ſie von Natur nit kan ruhig ſeyn/ biß daß ſie Natuͤrlicher weiß/ deß Ge [534] liebten Krafft/ Tieffe/ und gantzes We= ſen/ als vil moͤglich/ durchtrungen hat: Wie faſt frolocket aber jene groſſe Lieb= (B. Thereſ. in Cant.) haberin Gottes S. Thereſa/ welche mit Stricken der Liebe gegen Gott gantz ver= bunden war/ da ſie alſo ſange.
Der groſſen Liebe Gottes Band/
Die mich verbunde ̅ / wie bekandt/
Dieſelbe zeigen an garfrey/
Das GOtt meins Gwalts Ge= fangner ſey.
GOtt gefangen/ mein HERZ aber ſey
Durch ſelbe Band nun worden frey.
In dem ich nun gefangen ſich/
Den lebendigen Gott durch mich/
Vor Schmertze ̅ ich deß todesbin/
Ich ſtirb/ weil ich nit fahre hin/
In groſſer Hoffnung ich betracht
Ein hoͤhers Lebn/ nach dem ich tracht. BETRACHTE fürs ANDER/ wie diſe Vereynigung ď HERZEN von etlichen alſo außgelegt werde/ gleich als wann auß zwo. Seelen nur eine wurde. [535] Alſo ſprach Auguſtinus: Die Freuͤnd/ un ̅ (Lib. 4. Conſ. c. 8.) jenige/ die einander liebhaben/ binden durch die Zeichen/ welche vom HER= ZEN der Liehabenden herauß gehe ̅ / durch den Mund/ durch die Zungen/ durch die Augen/ und andere vil annemliche Be= wegungen/ die Gemühter gleichſam zu= ſammen/ und machen auß zweyen eins.(Chriſt Fons. l. de amore. cap 7.) Daher tauget dz Gedicht Platonis. Vulca= nus begegnete vorzeiten zweyen gar lieben Freuͤnden: als er ihnen vil und groſſe Zeichen der Freuͤndſchafft erzeiget/ hieß er ſie etwas begehren/ ſonderlich was ihne ̅ in ſeiner Werckſtatt am boͤſten gefallen moͤchte. Als ſie nun ſolche Gelegenhiit nit auß den Haͤnden laſſen wolten/ baten ſie ihn gantz demütig (weil er der Goͤtter Schmid war/ und mit ſeiner Kunſt und Werckzeuͤg wz er wolte/ unſchwaͤr richten kunde) er ſolte ſie zuſamen ſchmeltzen/ und einen auß zweyen machen: damit ſie alſo das Zihl ihrer Liebe erlangten/ welches iſt die Vereynigung der Seelen und deß Leibs. Die Menſchen koͤnnen de ̅ Wunſch diſer Liebhaber nit erfuͤllen: der Menſchen Schoͤpffer aber pflegt ſolches den heyli= gen Seelen auff ein geiſtliche weiß mit= zutheilen. Seytemahlen/ wie man liſet/ hat Chriſtus nit nur einmahl ſein [536] (Lib. 1. grat. Spir. c. 1. c. 42. & lib. 2. c. 14.) HERZ dem HERZEN ď H. Mechtild einverleibt: Dann als diſe H. Jungfrau nach der Communion Gott danck geſagt/ un ̅ vil mit ihme gered hat/ hat ſie gedunckt/ wie Chriſtus der Herr ihr HERZ neh= me/ außſchuͤtte/ ſchmeltze/ und in ſein Goͤtt= liches HERZ außtrucke/ alſo/ daß auß (Lib. 3. c. 27.) ſelben zweyen HERZEN eins wurde/ un ̅ ſprach zu ihr. Mein Geltebte/ diß allein hab ich gewoͤlt und begehrt/ daß der Menſchen HERZEN durch eyfrige Begirde ̅ alſo mit mir vereyniget wurden/ daß ſie ſelber nichts auß eygnem Willen begehren/ ſon= dern alle ihre Begirden nach meinem HERZEN richten: nit anders/ als wan ̅ zween Wind zumahl wehen/ dannoch nur einen Lufft treiben. Nun mit dem Gedicht Platonis kombt noch naͤher uͤbereins/ was (In append monil. ſpit.) Gott warhafftig mit der H. Gertrud ge= wuͤrcket/ von welcher Bloſius erzehlet/ wie der Herr von diſer ſeiner Braut zu einer Perſon geſagt habe: Ich bin gantz ihr/ und hab ſie durch die Liebe mit mir ſchon unzertraͤnnlich vereyniget/ gleich wie Silber und Gold durchs Feur in ein Metall zuſamen geſchuͤttet werden. Wie ſelig iſt die Seel/ welche ihrem Geliebten alſo anhanget! Wie ſuͤß die Vereyni= gung/ durch welche die Geliebte ihren [537] Braͤutigam gar ſteiff helt/ noch hinweg laſſet/ ſondern gleichſam in ihn verkehrt wird! Naztanzenus erklaͤret ſolche Ver=(Orat. 21.) eynigung durch ſchoͤne Gleichnuſſen: Gleichwie/ ſpricht er/ ein kleiner Waſſer= Tropff/ ſo under vil Wein goſſen wird/ gleichſam an ihm ſelber für gar verzehrt geachtet wird/ in dem er den Geruch und die Farb deß Weins an ſich nimbt; gleich wie auch ein gluͤendes Eyſen/ dem Feur gantz aͤhnlich wird/ und die alte Geſtalt gantz ablegt; gleich wie auch ď Lufft durch der Sonnen Glantz erleuͤchtet/ in gemelte Klarheit deß Liechts transformiert wird/ alſo daß er nit nur erleuchtet/ ſondern ein Liecht ſelber zuſeyn geduncket: alſo auch wird vonnoͤthen ſeyn/ daß als dann (das iſt/ zur Zeit/ in der die Seel mit Gott in- nerlich vereyniget wird) alle menſchliche Anmutungen inden Heyligen auff ein un= außſprechliche weiß an ir ſelber zerſchmel= tzen/ und in den Willen Gottes gantz und gar anßgoſſen werden. BETRACHTE zum DRIT= TEN/ wie die Liebe nit allein ď liebhaben= den Seelen vereynige/ un ̅ zuſamenſchmel= tze; ſondern auß einem das ander mache: Seytemahlen der Liebhaber gleichſam in den Geliebten transformiert/ und ver [538] ſtaltet (In Can. Ioan) wird. So du die Erden liebeſt/ ſpricht Auguſtinus/ wirſt du zur Erden werden; wirſt du den Himmel lieben/ wirſtu ein Him ̅ el ſeyn; ja ich darff auch ſagen/ liebeſt du GOtt/ kanſt du auch zu Gott werden. Ja diß hat auch der Pro= (Oſe. 9. 10.) phet angedeuͤttet/ da er geſprochen: Sie ſeynd eben ſo verwuͤrfflich worde ̅ / als die Ding/ welche ſie habe ̅ lieb gehabt; gleich als wolte er ſagen/ der Liebhaber werde verkehrt in das Ding/ welches er liebet. Diſer Vrſachen halber/ wird bey dem Ariſtotele/ ein Freünd der ander Ich (In Com- ment. ad Platon.) genennt. Marſilius Ficinus ſpricht/ die Liebe ſey ein Spiegel deß Freuͤndts/ darin ̅ er ſein rechte Bildtnuß und Contrafet be= ſpieglen koͤnne: und ſo die Lieb von beyden ſeyten gleich iſt/ ſey auch die Wuͤrckung dergleichen. Iſt derhalben zuſehen/ zu was fuͤr einem Zihl die Begirden unſers HERZENS gehen ſollen; dann ſo die= ſelbige gegen GOtt ſich leiten/ werde ̅ wir mit Gott vereyniget/ und der Goͤttlichen Natur theilhafftig. Vnd kan zwar nichts würdigers/ nichts fuͤrtrefflichers erdacht werden/ als diſes. Was iſt diß fuͤr ein adeliches Ding/ was iſt diß fuͤr ein Wuͤr= digkeit/ mit Gott veryniget ſeyn? Dann [539] wer dem Herrn anhanget/ der iſt ein(1. Cor. 6. 17.) Geiſt in ihm. BETRACHTE zum VIERD= TEN/ diſe Vereynigung und Verwand= lung ſey nit natuͤrlich/ ſondern geiſtlich; dann es wird nit die Natur eines Dings in ein andere verkehrt/ ſondern es werden veraͤndert die HERZEN/ Aff???/ Be=(Ludov. Gra nat. de perf. amor. Dei c. 1.) girden/ und das gantze Leben. Alſo ein Mutter/ welche den Sohn innbruͤnſtig lieb hat/ vergißt ihrer ſelber/ und thut das jenige/ was ſie weiß ihme nutz zuſeyn; weynet mit den Weynenden/ lachet mit de ̅ Lachenden/ iſt kranck mit de ̅ Schwache ̅ / all ihr Sorg und Gedancken ſtehen in ihm/ und fuͤr ihm: alſo zwar/ gleich wie ein Schatten allem dem nachfolget/ was der Leib thut; alſo auch/ wann wir ſehen kunten jene zwey HERZEN/ wurden wir ſehen/ das eines wie das ander were/ und was in einem ſich verenderte/ daſſelbe auch im andern verkehret wurde. Derhal- ben die Seel/ welche GOtt alſo lieb hat/ wird in ihn transformiert/ daß ſie will was er will; und was Gott mißfaͤllet das mißfaͤllet auch der Seelen; was er liebet oder haſſet/ das liebet und haſſet ſie auch; hat kein Auffſehen auff ſich ſelber/ ſondern allein auff Gott/ und ſein Glory. Der [540] halben in allem/ und durch alle Ding/
Was Gott gefaͤllt/ daſſelb ſie will/
Was Gott mißfaͤllt/ da ſchweigt ſie ſtill. Demnach nun der eygne Will in den Willen Gottes veraͤndert iſt/ alsbald ver= kehrt ſich auch das Leben/ und alle Werck/ welche darvon herkommen. Dann gleich wie wann man einen Aſt vom Baum ab= hauet/ und ein Zweiglein darauff beltzet/ die Fruͤchten/ welche außdem ſelben Zwtig herauß wachſen/ ſeynd nit der Natur/ deren geweſen der abgehaute Aſt/ ſondern deß darauff gebeltzten Zweigs: alſo wann deß Menſchen Will abgeſchnitten/ und der Willen GOttes eingepflantzet iſt/ ſchmecken die Fruͤchten der Worten/ Wercken und Gedancken welche darvon herauß kommen/ nit mehr nach dem alten Willen deß Menſchen/ ſondern nach dem neuen Gottes. So du nun O mein Seel erkennen wilſt/ ob dein HERZ mit dem HERZEN deines Geliebten vereyniget ſey/ ſo gib acht/ ob es liebe/ was er lieb hat; und haſſe/ was ihme zuwider iſt; und in allen Dingen mit ſeinem Willen über= eins ſtimme. BETRACHTE zum Fuͤnften/ [541] weil kein Vereinigung gemacht werden(Ludovic. Granat. de perf. amor. Dei c. 10.) kan/ als under gleichen Dingen (ſintemal das Waſſer weder mit Feur/ noch mit Oel; noch das Eyſen mit Kreyden vereiniget werden kan/ weil diſe D???g gar ungleich ſeynd (ſo muß das HERZ/ welches mit GOtt vereiniget werden ſoll/ ein Verglet= chung gegen ihm haben; je groͤſſer nun die= ſelbe ſeyn wird/ je voll kommener wird auch die Vereinigung mit GOtt ſeyn. Ploti- nus Philoſophus aber hat drey eygen= ſchafften an GOtt vermercket/ welche ein Menſch haben muß/ ſo er mit GOtt ver= einiget zuwerden begehrt: Dann GOtt iſt einer/ der Hoͤchſte/ und Gutt. Der nun mit dem Guten vereiniget/ und ihme gleich werden will/ muß ſich von allem boͤ= ſen enthalten; der dem Hoͤchſten aͤhnlich ſeyn will/ muß alle undere Ding verach= ten; der dem eintzigen gefallen will/ muß die Vile Verlaſſen. An welchem Orth/ er mit wenig Worte ̅ drey Staffel fuͤrſchreibt welche zu diſer Vereinigung nothwendig ſeynd. Der erſte und nothwendigſte iſt/ ſich von allen boͤſen Dingen enthalten: das iſt von allen Sünden. Der ander/ und vollkomnere/ ſich enteuͤſſeren von allen un- deren/ ſchlechten und verworffnen Dinge ̅ ; ob ſie ſchon nit boͤß ſeynd: als da iſt/ welt [542] lichen Geſchaͤfften/ Handthierungen/ nnd Kauffmanſchafften abwarthen; dann ob ſchon diſes nit unzimbliche oder unzu= laͤſſige Ding ſeynd; ſo ſeynd es doch ge= ringe/ verworffne/ und eines Dieners Gottes nicht werthe Vbungen: es ſey dann/ das entweder der Gehorſam/ oder Liebe ein anders erforderen. Der dritte iſt der vollkomneſte/ nemlich ſich enthal= ten von der vile der Geſchaͤfften: ob ſie ſchon nit boͤß/ oder ſchlecht ſeynd; ſondern Gut; wann ſie aber uͤberfluͤſſig/ das iſt/ wan ̅ die Geſchaͤfft mehr und groͤſſer ſeynd/ als daß ſie die Schwach heit unſers Geiſts und Leibs ertragen koͤnde. Wilſt du nun/ Gott geliebte Seel/ mit dem Guten ver= (Pſ. 36. 27.) einiget werden? Stehe ab vom boͤſen/ und fleuch die Suͤnd als fuͤr einer Schlangen. (Eccl. 21. 2. Col. 3. 1.) Wilſt mit dem Hoͤchſten vereiniget wer= den? So ſuche was droben iſt/ laß dir ſchmecken/ und trachte nach dem was dro= ben iſt/ nit nach dem das auff er den iſt. Wilſt einem eintzigen anhangen? Be= (Luc. 10. 4???.) kuͤmmere dich nicht mit vil Dingen/ deine (Eccl. 11. 10.) Haͤndel und Werck auch/ ſollen nit in vile ̅ und mancherley Dingen ſtehen; ſonďn be= gehre nur eines/ ſuch einen/ merck auff ei= nen/ der auch auff dich mercket/ der eintzige Geliebte deines HERZENS; auff daß
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CORDIS QVIE S. conuertere anima mea, in requiem tuam, Pſal. 114. 7. Mobile cor nullâ potis requieſcere ſede, Vnus ei centrum, nam Deus vna quies.

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du zu ihme ſprechen moͤgeſt: Mein Ge=(Cant. 2. 16. Ibid. 7. 10.) liebter iſt mein/ und ich bin ſeyn. Item Mein Geliebter iſt mein/ und er haͤlt ſich auch zu mir.

Die XIX. Lection. CORDIS QUIES.

Die Ruhe deß HER- ZENS.


Kehr dich wider mein Seel zu deiner Ruhe. Pſ. 114. 7. BETRACHTE ERST= LICH/ wie alle Ding welche von Gott dem Allmaͤchtigen erſchaffe ̅ ſeynd/ ein gewiſes Ort und Zihl haben/ da= rinn ſie/ als in ihrem centro und end/ ver= bleiben und ruhen. Gott hat den Himmel erſchaffen/ und mit engeln erfuͤllet. er hat geſchaffen die erden/ und ſie mit Thieren/ Gewuͤrm/ Viehe/ Fruͤchten und Pflan= tzen angefuͤllet. er hat geſchaffen das Meer/ und mit Fiſchen erfuͤllee. Was iſt nun fuͤr ein eigens Orth uͤberig fuͤr den Menſchen? Oder was wird GOtt dem Menſchen geben/ darinn er ruhen moͤge? [544] Alle Oerter ſeynd ſchon vor eingenom= men. Das Eiement deß Feuers kunde dem Menſchen nit leichtlich taugen/ als welcher dem Leib nach zerſtoͤrlich/ und der Seel nach mit mancherley Begierden durch die Suͤnd/ mehr als gnug entzuͤndet iſt. Weil dann nichts uͤberig war auß= zutheilen/ hat Gott ſich ſelber dem Men- (Pſ. 15. 5.) ſchen geben/ Gott allein hat deß Menſchen er btheil ſeyn woͤllen. Der HErꝛ iſt (Pſ. 141. 6. In Man. c. 25.) mein Erbtheil; und mein Theil im Land der Lebendigen. Daher als lang der Menſch auff der Pilgerfahrt vom Herrn iſt/ iſt ſein HERZ gantz unruͤhig/ wie Auguſtinus bezeuͤget. Das menſch= liche HERZ/ ſpricht er welches nit ſteiff iſt in Begierde der ewigkeit/ kan nie be= ſtaͤndig ſeyn: ſondern iſt gantz umweltzig/ faͤhrt von einem in das ander/ ſuchet Ruhe/ wo keine iſt. In diſen zergaͤnglichen Dingen aber/ darinn ſeine Affect und An- muhtungen gefangen gehalten werden/ kan es kein Ruhe finden; dann es iſt einer ſo groſſen Wuͤrdigkeit/ daß ihme kein Gut/ als allein das hoͤchſte Gut erklecken kan. In dem es aber von diſem Gut erlaͤngert/ wird es durch vil Ding außgeſpraͤngt/ und ſlieſſet auß in mancherley Narren [545] theien. Ob dieſem beklaget ſich der heilige(in Med. c. 9.) Bernhardus gar hefftig. Mein HERZ eitteles/ außſchweiſſendes/ unbeſtaͤndiges HERZ/ in dem es ſeines eygenen Wil= lens iſt/ und deß Goͤttlichen Rahes Man= gel hat/ mag es an ihme ſelber nit beſtehen??? ſondern iſt gantz beweglich/ umſchweiffet/ und laufft hin und her/ durch unzahlbare/ unendlich vil Ding. Vnd in dem es in un= derſchidlichen Dingen Ruhe ſuchet/ fin= det es doch keine; ſondern iſt armſeelig in ď Muͤhe und verbleibt doch leer an der Ru- he. Die Vrſach deſſen gibt Auguſtinus/ da(Lib. 1. Conſ. c. 1.) er ſpricht: Weil du uns/ Herꝛ zu dir erſchaf fen haſt; iſt unſer HERZ um uͤhig/ biß es in dir ruhet. BETRACHTE fuͤrs ANDER/ wie du ſolleſt allen Fleiß dahin ſtellen/ da= mit du alle Ding verlaſſeſt/ dein HERZ wider zu GOTt kehreſt/ in welchem allein die ruhe der Seelen gefunden werden kan. Daher billich der Prophet mahnet: Machet euch auff/ nnd ziehet hin/(Mich. 2. 10. Eccl. 1. 14.) dann ihr habt da kein Ruhe; Dann alles wz under ď Son ̅ en geſchicht/ iſt Arbeit Muͤhe und Jammer deß HERZENS. Daher wird beym Jeſaia das HERZ deß(Iſa. 57. 20.) Gottloſen/ der GOtt nit ſuchet/ genennt [546] ein wuͤte ̅ d Meer dz nit ſtill mag ſeyn. Dann unſer HERZ wird in diſem Leib/ gleich als in einem Kercker/ an Ketten ge= (Staplet. Dom. 12. poſt Pent.) fangen gehalten/ darum kan es gar nit darinn ruhen. Ein Voͤgelein in einem Koͤfig eingeſchloſſen/ wann es ſchon mit dem beſten Gaͤß uͤberfluͤſſig erhalten wird/ iſt es doch nit ruͤhig/ ſondern ſpringt ſtets hin und wider/ und ſuchet wie es außkom= men moͤchte; alſo daß es vil lieber drauſ= ſen mit ſchlechten Kraͤuttern/ als im Koͤfig mit dem beſten Gaͤß erhalten werden wol= te: Alſo die Seel/ ſo in dem Kercker deß Leibs eingeſchloſſen iſt/ ob ſie ſchon ihren falſchen Begirligkeiten ſtarcken Platz gibt/ ſo findet ſie doch kein Ruhe und Er- ſaͤttigung/ als in Gott allein. So laßt uns (Gen. 8. 9.) nun zu Gott naͤhern/ laßt uns eylen ein= zugehen in die Ruhe deß Herrn. Als die Taub außgelaſſen ward auß der Arch Noe/ ſie aber nit fand/ wo ihr Fuß ruhet/ hat ſie wider zu ihm in die Arch gekehret. Vnſer HERZ kan gantz un ̅ gar kein ruhe finden/ in ď groſſe ̅ Waſſer flut/ mit welcher diſe Welt allenthalben uͤberſchwemmet iſt; derhalben ſoll ſie widerkehren zum Noe/ deſſen Namen ein Ruhe bedeutet: ſoll wider kehren zu Gott/ von dem ſie außgan= gen iſt/ ſeytemahln GOtt iſt die Zuflucht [547] und Ruhe unſerer Seelen. Hoͤre wie Chriſtus zur Ruhe lade: Kombt zu mir(Matth. 11. 2???) alle/ die ihr mit Muͤhe und Arbeit be= laden ſeyt/ un ̅ ich will euch erquicken. Nehmet mein Joch auff euch/ ſo wer= det ihr euern Seelen Ruhe finden. Hoͤre wie auch der Diener Chriſti uns ſtarck zuſpreche: Schlagt in euer HERZ(Aug. lib. 4. Conf. c. 12.) ihr groſſe Vbertretter/ und hebet euch zu dem jenigen/ welcher das HERZ gemacht hat. Stehet bey ihm/ und ihr werdet be= ſtaͤndig ſeyn/ ruhet in ihm/ ſo werdet ihr ruͤhig ſeyn. Wo lauffet ihr hin auff die rauhe Weg? Wo gehet ihr hin? Das Gut/ welches ihr liebet/ kombt von ihme her: als vil es aber ſeinethalben iſt/ iſt es gut und lieblig. Es wird aber billich bitter ſeyn/ weil unbillich geliebt wird/ was von ihme herkombt/ wann man ihn hindan ſetzet. Wie lang woͤllet ihr noch ſchwaͤre un ̅ harte Weg wandlen? Es iſt kein Ruhe da/ wo ihr ſie ſuchet. Suchet was ihr ſu= chet/ es iſt aber nit da/ wo ihrs ſuchet. Ihr ſuchet ein ſeliges Leben im Land deß Todts/ es iſt nit daſelbſten. Wie kan da ein ſeliges Leben ſeyn/ wo kein Leben iſt? Der nun alſo ſtarck mahnet man ſoll das Leben und die Ruhe ſuchen/ ſoll uns lehren/ welches [548] (Idem Man. c. 29.) ſey die rechte Ruhe deß HERZENS. Warlich diß iſt die rechte ruhe deß HER= ZENS/ ſpricht er/ wann alles durch die Begirde an die Liebe GOttes gehencket wird: und man ſonſten nichts anders be= gehrt; ſondeꝛn ſich in dem/ was es nunhat/ durch ein gluͤckſelige Suͤſſe beinſtiget/ und durch die Beluſtigung erfreuet. So es aber durch ein eytele Gedancken oder bela= dung der Geſchaͤfften darvon ein wenig abgezogen wird/ eylet es auff das baͤldeſt dahin widerzukehre ̅ / und helt für dz elend/ ſich anderſtwo/ als daſelbſten/ auffhalten. (Idem Soli- loq. c. 13.) Diß weiß ich aber/ Herr mein Gott/ daß wo ich ohne dich bin/ mir uͤbel iſt ohne dich/ nit allein auſſer mir/ ſondern auch in mir; weil mich aller Vberfluß/ der nit mein Gott iſt/ ein lautere Armuth ſeyn geduͤnckt. (Pſ. 16. 1???.) Ich werde ſatt weꝛden/ wann dein Herꝛligkeit erſcheinen wird. BETRACHTE zum DRIT= TEN/ mit was fuͤr groſſer Begirde die heilige Maͤn ̅ er nach diſer ruhe deß HER= ZENS getrachtet habe ̅ / wie hart ſie ſich beklagt/ daß ſie noch in de ̅ Kercker deß Leibs verſchloſſe ̅ an jener ruhe verhindert wer= (Pſ. 119. 5.) den: Hoͤre wie David ſeuͤffze: Wehe mir/ daß ich mein Hiebleiben und Wal [549] fahrt verlaͤngert hat/ ich muß wohne ̅ under den Burgern Cedar. Meine(Pſ. 141. 8.) Seel hat lang muͤſſen da wohnen. Item? Fuͤhr mein Seel auß dem Kercker/ daß ich lobe deinen Namen.(Pſ. 41. 2.) Vnd widerum; Wie der Hiꝛſch be- gehꝛt der Waſſerbrunne ̅ / alſo begehrt mein Seel/ O GOTT/ zu dir. Als ſpreche er: O Brunn des Lebens/ du(Aug Soli- loq. c. 35.) Ader der lebendigen Waͤſſer/ wann werd ich kommen zu den Waſſern deiner Suͤſſe/ von dem wuͤſten/ ungebaanten/ dürren und duͤrſtigen Land/ daß ich ſchaue dein Macht und Ehre und ſaͤttige meine ̅ Du???ſt von den Waſſern deiner Barmhertzigkeit? Herr mich duͤrſtet/ du biſt der Brunn deß Lebens/ ſaͤttige mich; Herr mich duͤrſtet(Pſ. 62. 2.) nachdem lebendigen GOtt. Es duͤrſtet mein Seel nach dir/ mein Fleiſch ver(Pſ. 41. 3.) langet ſehr nach der. Ach wann werd ich hinein kommen/ und erſcheinen(Pſ. 54. 7.) fuͤr Gottes Angeſicht? O hette ich Fluͤgel wie Tauben/ daß ich fluͤge/(Med. c. 27.) und etwa ruhet! Mir iſt nichts ſo ſuͤß und lieblich/ ſpricht Auguſtinus/ als bey meinem Herrn zu ſeyn: Ich bitte dich/ gib [550] mit Fluͤgel/ mit welchen ich uͤber ſich zu dir hinauff fliege. Nit mit ſchlechteren Begir= den branne das außerwehlte Geſchirꝛ (Phil. 1. 25.) S. Paulus/ welcher ſchreibt/ es lige ihme hart an/ in dem er begehre zuſterben/ und bey Chriſto zuſeyn. Anderſtwo ſchreyet er auff: Ich unſeliger Menſch/ wer (Rom. 7. 24.) wird mich doch erloͤſen von dem Leibe diſes Todts? Warum begehret er aber erloͤſet zuwerden/ als weil er ſeuͤfftzet nach dem Vatterland/ un ̅ Ruhe ſeines HER- ZENS? Wer ſolte nit gleichfals mit diſe ̅ hochheiligen Maͤnnern ſeuffzen und Be= girdt haben nach Gott ihrem End un ̅ Zihl (Hector Pint. in cap. 23. Ezech.) ihrer Seelen? Dann ſo die Voͤgel de ̅ Lufft ſuchen/ die Fiſch das Waſſer/ das Feur auff Erden das elementariſche Feur (deſ= ſen Orth iſt zwiſchen dem Lufft/ un ̅ Mon ̅ ) ſo dann letztlich alle Ding ihr Orth ſuche ̅ / und dahin trachten; warum ſollen wir nit Gott ſuchen/ der unſer Ruhe und hoͤch= ſtes Guth iſt? So die Fluͤß mit groſſem Gewalt dem Meer zulauffen/ dann wie Salomon ſpricht/ ſie von dem Meer auß= (Eccl. 1. 7.) gehen; warum ſollen wir nit GOtt mit allem Fleiß lieben/ nach ihme ſeufftzen und trachten/ als jenem groſſen Meer der Goͤttlichen Guͤte/ davon wir außgangen ſeynd?
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BETRACHTE zum VIER= DEN/ wie groß ſey die Frewd deß HER ZENS/ welches im hoͤchſten Gut ruhet/(Pſ. 35. 9.) und voll wird von der Feißtigkeit deß Hauſes Gottes! Was für einen Wolluſt empfindet diejenige Seel/ welche/ nach de ̅ ſie in allem Ruhe geſucht/ in dem erbtheil deß Herꝛn bleibet? Dz me ̅ ſchliche HERZ/(Eccl. 24. 11. Man. c. 35.) ſpricht Auguſtinus/ iſt ein arms beduͤrff= tiges HERZ ???ein HERZ/ welches Jam= mer und Truͤbſal erfahren hat/ ja mit Armſeligkeiten uͤberfallen iſt: wie faſt wurdeſt dich freuen/ ſo du an diſem al- lem uͤberfluͤſſig reich wereſt? Ich frage deine hinderſte und innerlichſte/ ob ſie ihr Freud faſſen koͤnnen/ wegen ihrer ſo groſ= ſen Seeligkeit. Sintemahln in diſer See= ligkeit findet der Menſch/ den/ wechen ſein Seel lieb hat. Nach langwiriger Pilger= fahrt findet er die Statt der Wonung; nach der Schiffart/ das Geſtatt; nach dem Elend/ das Vatterland; nach der Arbeit deß Tags/ das Ruhebettlein/ nach der Arbeit/ den Lohn; nach dem Streit/ die Kron. Das Ephe??? umfanget den Baum daran es ſich helt/ und in die hoͤhe ſteiget/ mit unzehlbaren vil Aeſten/ als mit Aermen; weil es von ihm ſeyn Vollkom= menheit und Auffrichtung empfanget. [552] O mein Geliebter/ du Freud und Seelig= keit meines HERZENS/ wer gibt mir/ daß ich dich ſinde/ in dir ruhe/ dich ergreiffe/ und mich auff dich leine/ und (Pſ. 72. 28.) in ewigkeit nit entlaſſe! Dann es iſt gut/ daß ich mich an dich hebe. So nun mein Seel faul und traͤg iſt/ auch in Anſehen ei= ner ſolchen Guͤte ſich nit bewegen laſt/ zibe mich nach dir/ O Magnet meines HER= (Au???. Med c. 35. Cant. 1. 8.) ZENS/ daß ſie gantz fꝛey lauffe nach dem Geruch deiner Salben/ auch mit deinem Beyſtand komme biß zum Anſehen deiner Schoͤne/ und daſelbſten alß bald kraͤffti= glich ſatt werde. O Herꝛ/ ich bin geſchaffen dich anzuſchauen/ und ich hab noch nit ge= than das/ von welches wegen du mich ge= macht haſt/ Sey mir gnaͤdig und erhoͤre (Pſ. 26 8.) mich. Mein HERZ hat zu dir geſagt dich ſuchet mein Angeſicht/ HErr/ (Anſelm in Proſol. c. 1.) ich will dein Angeſicht ſuchen. ey nun O Herꝛ mein GOtt lehre mein HERZ/ wo vnnd wie es dich ſuchen ſoll? wo und wie es dich ſinde? Wo und wie es in dir ruhen moͤge? Dann di??? biſt das Mit= tel puͤn???tlein meiner Seelen/ du biſt die erſaͤttigung meiner Begterlichkeit/ Du biſt der gantze In ̅ halt alles meines Wuͤn= ſchen/ und Begehrens/ Du biſt die Voll= ziehung aller Begierden.
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Der Seeligen die Ruhe du biſt/(Boëth. l. 3. Metro. 9.)
Anſchauen dich/ das recht Zihl iſt/
Der Anfang/ Herrſcher/ Fuͤhrer bhend.
Der Weg/ der Steg/ und auch das End. ENDE DES DRITTEN BUCHS.
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DER HERZENSCHUHL DAS VIERTE BUCH.

Vbung deß HERZENS in dem Leyden Chriſti.

Vorred.

Von Nutzbarkeit zubetrachten das Leyden unſers Herrn Jeſu Chriſti.


Mein Geliebter iſt mir ein Buͤſchel Myrrhen/ es wird zwiſchen mei- nen Bruͤſten ligen; Cant. 1. 13. WIr haben durch Hilff und Beyſtand Goͤtt= licher Gnaden die dreytaͤgige Reiß voll= bracht; un ̅ dz HERZ welches vormahlen von Gott abgewendet war/ durch die Straſſen deß dryfache ̅ geiſt= lichen Wegs/ zu der gluͤckſeligſten Ver- eynigung mit dem guͤtigſten Braͤutigam der Seelen gebracht: alſo zwar/ daß es ſich [555] anſehen laſſen moͤchte es waͤre nichts mehr uͦberig zu der vollbrachten Vollkomme ̅ = heit diſer Schul: Nun aber/ weil under allen gottſeligen Vbungen nichts iſt/ daß ein HERZ kraͤfftiger von Sünden ab= wende/ zu allen Tugenden hefftiger treibe/ und mit den Flammen der Goͤttlichen Liebe innbruͤnſtiger entzuͦnde/ als die embſige Betrachtung deß bitterſten Ley= dens unſers Herrn Jeſu Chriſti; iſt es gantz nutzbar/ ja gleichſam nothwen= dig/ daß darinn unſer HERZ ſich offtermahlen uͦbe/ und mit hoͤchſtem Fleiß ſich darauff gebe. Dann es iſt ge=(Orig in c. ??? ad Rom.) wiß (wie Origenes ſagt) daß wo das Abſterben Chriſti im Gemuͤth herum getragen wird/ kan kein Suͤnd herꝛſchen. Seytemahlen die Krafft deß Creutzes Chriſti ſo groß iſt/ daß wo es fuͤr Au= gen geſtellet/ und im Gemuͤth treulich auffbehalten wird/ da kan kein Beguͤr= ligkeit/ kein Geylheit/ kein Grimm/ kein Neyd uͤberwinden; ſondern von ſtundan wird durch deſſen Gegenwarth das gantze Heer der Suͤnden und deß Flei- ſches verjagt. Bißher Origenes. Diſem ſtimmet bey der honigſuͤſſe Bernardus/(Bern. ſer in Fer. 4. poſt Pent.) ſprechende: Dein wunderbarliches Ley= den/ Herr Jeſu/ welches unſerer aller [556] Leyden vertreiben/ iſt gnaͤdig wordenallen unſern Miſſethaten/ und laßt ſich nie= mahlen unkraͤfftig ſinden wider alles un= ſer Anligen. Dann was iſt ſo toͤdlich/ welches nit durch deinen Todt geheylet werde? Wer will aber jetzunder erklaͤren/ wie vil und wie herꝛliche Tugendten im heiligen Leyden deß Herrn erſcheinen? Seytemahlen ob ſchon unſer Heyland in ſeinem gantzen Leben ſich einen Meiſter aller Tugendten erzeiget/ hat er dochſolche weit vollkomner/ und fuͤrtrefflicher in ſei= nem Todt der gantzen Welt fuͤr Augen geſtelt. Die ſchoͤne weiſſe Lilien ſcheinet nit ſo faſt herfuͤr under den Doͤrnern/ als die allerſchoͤneſte Tugendten Chriſti mit= ten under der allerſchaͤrffeſten Peynen ???euͤchten. Daher der Apoſtel gar wol ge- (1. Pet. 2. 21.) ſprochen: Chriſtus hat fuͤr uns gelit- ten/ und euch ein Fuͤrbild gelaſſe ̅ / daß ihr ſolt nach folgenſeine ̅ Fußſtapffen. Seytemahl das gantze Leyden Chriſti nichts anders geweſen iſt/ als ein Schul der Tugendten/ in welcher (daß ich deß (Aug. Tract. 119. in Joan.) heiligen Auguſtini Wort brauche) das Holtz/ daran die Glider deß Leydenden ge= befftet waren/ ein Stul deß lehrenden Meiſters geweſen. Was ſoll ich aber ſa [557] gen von der Goͤttlichen Liebe/ weil da nit nur allein Funcken oder Flammen berauß ſpringen/ ſondern ein groſſer brennender(Be???. loc. cit.) Offen entzuͤndet geſehen wird? Werwol= te ſich aber nit mit Bernardo verwundern uͤber die uͤberſchwenckliche Liebe Gottes/ welche Chriſtus in ſtinem Leyden erzeiget? Durch ſein groſſe Lieb/ mit der uns(Epheſ. 2. 4.) Gott geliebet hat/ damit der Knecht erloͤ= ſet wurde/ hat weder der Vatter dem Sohn/ noch der Sohn ihme ſelbes ver= ſchonet. Wahrlich ein groſſe Liebe/ als welche die Maß uͦberſchreittet/ die Weiß(Joan. 15. 13.) uͤbertrifft/ ja alle Ding uͤberſteiget. Nie= mandt hat ein groͤſſere Lieb/ ſpꝛicht er/ als daß einer ſein Seel dargebe fuͤr ſeine Freuͤnd. O Herr/ du haſt noch ein groͤſſere gehabt/ dann du dein Seel(Rom. 5. 10.) auch fuͤr die Feind dargeben haſt. Dann da wir noch Feind waren/ ſeynd wir durch deinen Todt zumahl mit dir/ und dem Vatter verſoͤnet worden. Wo kan nun ein Lieb gefunden werden/ welche diſer gleich ſey? Es ſtürbe kaum einer fuͤr einen(Rom. ???. 7.) Gerechten/ du haſt fuͤr die Gottloſen gelit= ten; biſt geſtorben um unſerer Suͤnden willen/ ď du kommen biſt die Sünder um= ſonſten zurechtfertigen; die Knecht zu [558] Bruͤdern machen; die Gefangne zu Mit= erben; die Außlaͤnder zu Koͤnigen. Diſe ſo groſſe Liebe iſt wol wuͤrdig/ daß deren Betrachtung das Gemuͤth alſo annehme/ die gantze Seel ihr eygen mache/ daß ſie das Laſter deß Fürwitzes gantz und gar vertreibe. Bißher Bernardus. Wegen (Tr. de Miſſa.) diſer ſo fuͤrtrefflichen Nutzbarkeit/ wie auch Albertus Magnus bezeüget/ iſt die einfaͤltige Gedaͤchtnuß oder Betrachtung deß Leydens Chriſti hoͤher zuhalten/ als alle Freytag faſten/ oď ſich diſciplinieren/ oder taͤglich den gantzen Pſalter betten. Daher billig mit dem Ohr deß HER= ZENS anzunehmen iſt jene zwar kurtze/ (Lib. de ???. Virg. c. ??? 4.) aber ſehr gute Ermahnnng deß H. Au- guſtini an die Jungfrauen: Der jenige ſoll euch gantz und gar im HERZEN angehefftet ſeyn/ welcher fuͤr euch am Creutz gehefftet geweſen. Diſes hat gethan die liebende/ und vom Himmliſchen Braͤutigam geliebte Seel/ die da ſprache: (Gant. 1. 13.) Mein Geliebter iſt mir ein Puͤſchel Myrꝛhen/ es wird zwiſchen meinen Bruͤſten bleiben. Das iſt/ mein Braͤuti= gam iſt mir wegen der ſchaͤrpffe deß Lei= dens/ und Bitterkeit des Todts/ wie ein Myrrhenpuͤſchel/ d???n ich mitten in mei [559] nem HERZEN tragen will/ damit ich durch ſeinen Geruch erluſtiget werde. Wie vernuͤnfftiglich aber mahnet da Bernar= dus! Du auch/ ſo du vernuͤnfftig biſt/ wirſt der Braut Fuͤrſichtigkeit nach folgen/ und diſen ſo liebe ̅ Myrrhenpüſchel/ vom haubt= ſtuck deiner Bruſt kein Stund hinweg laſ= ſen; alle jene bittere Ding/ die er fuͤr dich gelitten hat/ allzeit in deiner Gedaͤchtnuß behalten/ und durch ſtaͤtte Betrachtung erwegen/ auff daß du auch ſprechen koͤn= neſt: Mein Geliebter iſt mir ein Puͤſchel Myrthen/ es wird zwi= ſchen meinen Bruͦſten bleiben. Da= mit er diſes recht perſuadire/ ſetzet er(Ibide???) ein exempel von ihme ſelber darzu. Ich ſelber auch/ ſpricht er/ liebe Bruͤder/ von Anfang meines geiſtlichen Wandels/ hab mich beſliſſen/ zur Haͤuffung meiner Ver= dienſten/ die (wie ich wol wißte) mir ab= giengen/ mir diſen Puͤſchel zuſammen zu= binden und zwiſchen meine Bruͤſt znlegen/ als welcher auß allen Aengſtigung=und Bitterkeiten meines Herrn zuſam ̅ en ge= loͤſet waͤre. erſtlich zwar in ſeinen kindliche ̅ Noͤthen/ darnach der Bemühung/ die er auß geſtanden mit Predige ̅ / Muͤdigkeit im herum lauffen/ wachen im Gebett/ Ver [560] ſuchungen im Faſten/ der mitleydenlichen Zaͤhren/ Nachſtellungen in dem reden/ letz= lich der Gefahren in den falſchen Bruͤ???n/ Schmachreden/ Speichel/ Backenſtreich/ Verſpottungen/ Auffrupffen der Naͤgel/ und anderer dergleichen Dingen/ die zum Heyl unſers Geſchlechts der evangeliſche Wald gantz haͤuffig herfuͤr gebracht hat. Dieſes zubetrachten hab ich fuͤr ein Weiß= heit gehalten/ und darinn mir die Vollk???= menheit der Gerechtigkeit/ die voͤllige Wiſ- ſenheit/ die Reichthumen deß Heyis/ den Vber fluß der Verdienſten beſtellt und fuͤr= geſetzt. Auß diſen iſt mir bißweilen herkom- men das Tranck der Bitterkeit/ widerum die liebliche Salbung deß Troſts. Deßwe= gen hab ich diſe Ding im Mund gar offt/ wie ihr wol wiſt: im HERZEN aber all= zeit/ wie es Gott weiß: in meinen Schreibe ̅ (1. Cor. 2, 2.) hin und und her/ wie es am Tag iſt: Diſes iſt entzwiſche ̅ mein hoͤhere Philoſophy/ Je= ſum den gecreutzigten wiſſen. Diſen ſo giliebten Puͤſchel ſamlet euch auch zuſa= men ihr Geliebteſte; diſen trucket ein in euer HERZ/ mit diſem bewahret euer Bruſt/ daß er auch zwiſchen ewern Bruͤ= ſten verbleibe. Bißher Bernhardus gantz lieblich nach ſeinem Brauch. Auff daß ???ir nun diſes ſo heiligen Vatters ermah [561] nungen gehorcheten/ haben wir in diſem letzten Buch die fuͤrnembſte Geheimnuſ= ſen und Waffen deß Herrn Leydens dem HERZEN zubetrachten fuͤrſtellenwoͤlle ̅ / auff daß dieſelbe an einem Myrrhen= Buͤſchelein zuſamen gebunden/ mitten zwiſchen der Bruſt/ das iſt/ mitten in das HERZ gelegt werden moͤchten. Damit aber/ (welches hie ſonderlich in acht ge= nommen werden ſoll) die Anmutung deſto innbruͤnſtiger wurde/ haben wir die Art ei= nes einſamen Geſpraͤchs gebraucht: Weil wir gaͤntzlicher Ho???nung/ diſes wurde den Leſern/ und Juͤngern diſer Schul am annehmlichſten ſeyn. Darumen kombt zu diſem Tiſch/ und eſſet/ und werdet truncken ihr Geliebteſten. Eſſet(Pſ. 103. 16) hie am Creutz das gebackne Brodt/ wel= ches das HERZ deß Menſchen ſtaͤrcket.(Ibid. v. 15) Trincket von der Torckel/ welche euer Ge= liebter getretten hat/ den Wein/ welcher deß Menſchen HERZ froͤlich macht. Taͤglich lernet ein Lection auß diſem(Hic in Epiſt. ad Euſtach.) Buch/ taͤglich nehmet ein Broͤcklein darvon; nit daß ihr diſes alsbald ver ſchluͤndet/ ſondern fein langſam keuet hin und her im Mund herum laſſet/ auff daß ihr die Suͦſſe empfinden moͤget. Hoͤret letzlich was einem jeden auß euch der [562] (Lib 6. Mor. c. 6.) groſſe Roͤmiſche Papſt Gregorius ſagt: Trage ein Mitleyden mit unſerm Heyland Jeſu/ hab die Gedaͤchtnuß ſeines Leydens und der Wunden/ in deinem HERZEN der gewiſen Zuverſicht/ daß du im künffti= gen Leben ein Mitgefell ſeiner Troͤ???ung werden ſolleſt/ ſo du in diſem ein Geſell der Truͤbſaal ſeyn wuͤrdeſt: dann er denen/ die fuͤr ihn Gottſeeliglich trauren/ ſein Glory nit abſchlagen wird; der auch der ſchmertz= (Ioan. 20. 15.) hafften Magdalenæ/ als ſie ihn ſuchet/ ſein Aufferſtehung nit hat verborgen ſeyn laſ= ſen woͤllen.

DIE SECHSTE CLASSIS.

Pilgerfart deß HERZENS mit dem leydenden Chriſto.

(Luc. 14. 50.) ???E ſpoͤttlicher de ̅ Juͤngern die Flucht geweſen/ alſo traurig war ſie auch Chri= ſto/ da alle Apoſtel ihn ver- laſſen/ demnach er von den Juden ergriffen war/ und ſchaͤndlich dar von geflohen ſeynd. Nun aber diſe Ver [563] laſſung hat unſerm Heyland ein ſo groſſen Schmertzen gemacht/ daß er ſich deßwegen nit nur einmahl in H. Schrifft beklagt hat. Meine Verwan=(Job. 19. 13) ten/ ſpricht er beym Job/ ſeynd von mir gewichen wie die Frembden. Aber-(Job. 6. 15) mahl: Meine Bruͤder gehen vor mir uͤber wie ein Bach/ wie die Waſſerſtroͤm in den Thalen ſchnell fuͤruͤber ſileſſen Vnd beym Pſalmiſten: Die mir nahe(Pſ. 37. 13) waren/ ſtunden fern von mir. Entge- gen aber haben ein herrliches Lob ver=(Matt. 27. 55.) dienet jene Weiber/ welche JEſu biß von Galilea nachgefolget/ und ihme das Gleit geben haben/ als er das Creutz truge/ heuleten und weynete ̅ uͤber ihn/ deren Zaͤhre ̅ auch dem Her= ren Chriſto nit unangenem geweſen ſeynd Diſe Gottſelige Fraue ̅ ſolle ̅ in diſer SECHSTEN CLASS Vnderſchuhlmeiſterin ſeyn/ un ̅ mit ihre ̅ exempel die glaubige Seel lehre ̅ / daß ſie vo ̅ gantze ̅ HCRZEN ihrem Geliebten nachfolge/ nit allein biß zu der Hochzeit in Cana Galilææ/ da [564] auß Waſſer guter Wein gemacht worden; oder in die Wuͤſte/ du er (Matth. 17. 4) das Brodt gemehret hat; oder auff den Berg Thabor/ da Petrum gut (Idem. 26. 4.) zuſeyn geduͤncket; oder biß in Garten Gethſemani/ darinn jener ſchlieffe: ſondern gar biß auff den Berg Cal- variæ ſelber. Dann den Menſchen ein groſſe Ehr iſt/ mit Gott wandeln/ (2 Reg. 15. 30) Chriſto nach folgen/ un ̅ in ſeine Fuß- ſtapffen tretten. Als ď Koͤnig David der Verfolgung ſeines Sohns ent= wiche/ mit bloſſen Fuͤſſen den Oel- berg hinauffſtige/ und ſein Elend mit heiſſen Zaͤhren/ und klaͤglichem Außſehen beweynet/ heuͤlend und klagend/ folget ihme dz gantze Volck nach/ gleichfals weynende: Mein Seel/ folge du auch nach deinem Ge= liebten/ wie er vom Juͤnger verkaufft/ uͤber den Bach Cedron in Garten Gethſemani eingehet/ folge nach de ̅ Gebundnen/ wie er durch die Gaſſe ̅ grauſamblich gezogen wird/ ſolge ihme nach fuͤr underſchidliche Rich [565] terſtul/ ja bißin das Richthauß Pi- lati/ darinn er gantz grauſamlich ge- geißlet/ mit Doͤrnen gekroͤnet/ und endtlich gar zum Todt verurtheilet wird. Gehe mit ihme als er mit dem Creutz beladen iſt biß auff dem Berg Calvariæ; allda ſolſt du mit ihme dich und dein HERZ ereutzigen/ da= mit du mit dem Apoſtelſprechen koͤn(Gal. 2. 19) deſt: Ich bin mit Chriſto gecreutziget/ Vnd: Mir iſt die Welt gecreutziget/(Ibidem 6. 14) und ich der Welt. Dann diß iſt die heylſame Pilgerfahrt/ welche dich die Lectiones diſer Claſſen lehren wer- den; die iſt ein Treu/ welche ď Braut Chriſti wol anſtehet/ daß ſie de ̅ Lam ̅ nachfolge/ wohin es gehe. So folge(Apoc. 14. 4.) ihm nun keck und dapffer nach/ dann (wie dein Braͤutigam ſpricht) Wer(Ioan. 8. 12.) mir nach folget/ der wird nit wandeln in Finſternuß/ ſondern wird haben das Liecht deß Lebens.
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Die I. Lection.

BAINEUM CORDIS EX SUDORE SANGUINEO.

Deß HERZENS Bad auß dem blutigen Schweiß.


Man hat mit groſſer Muͤhe daruͤ- ber geſchwitzt/ und iſt doch deß Roſts nit vil abgangen. Ezech. 24. 12. MEin Seel/ merck auff die Stim ̅ deines Geliebten/ wie er dich in (Cant. 5. 1.) ſeinen Luſtgarten einladet: Kom ̅ mein Schweſter/ liebe Braut in meinen Garten/ ich hab meine Myrrhen/ ſamt meinen Wur- (Iudith. 12. 12) tzen abgeſchnitten. Die gute Tochter woͤlle ſich nit ſchaͤmen zukommen in den Luſtgarten ihres Geliebten/ daß ſie von (Gen. 3. 7.) ihme geehret werde. Dann weil dein erſter Vatter im Luſtgarten oder Paradeyß ge= (Cant. 8. 5.) ſuͤndiget/ da auch under dem Apffelbaum deine Mutter iſt verderbt worden/ und geſchwaͤcht/ die dich geboren hat: Dein Braͤutigam iſt in einen andern Garten
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BALNEVM CORDIS, EX SVDORE SANGVINEO. Multo labore ſud atum eſt, et non ex= iuitde eâ nimia rubigo eius. Ezech. 24. Baln???, ſanguine Sponsi ſudore cruore, cor ægrum hic tibi quæ da???par???iſus, adi.

|| [ID00665]
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gangen/ damit er die Suͤnd deiner Vor= elteren/ ſo auch dir angebohren iſt/ buͤſſet und außtilget; auſſ daß/ woher der Tode entſprungen/ daher das Leben aufferſtun= de. Im Garten iſt der erſte Vatter durch(Miſſale Ro- man.) Verkoſtung der verbottnen Speiß in ein toͤdtliche Kranckheit gefallen: der ander Adam kombt in Garten/ daß er die ver- giffte Feuͤchtigkeit/ welche der vorige darm ̅ geſogen hatte/ durch den Schweiß auß= tribe;
Vnd dannher die Artzneye macht/(Breviar. Ro ̅ . ex Fortuna- to.)
Von dannen der Feind Schaden bracht. Gehe auch du beſudelte Seel/ in den Gar= ten deines Braͤutigams/ welcher mit ſei= nem blutigen Schweiß befeuͤchtet worde ̅ / damit du abwaͤſcheſt dein HERZ von der(Jer. 4. 14. Dan. 13. 11.) Boßheit. Die fromme Suſanna ging auff ein Zeit auch in ihren Garten/ daß ſie ſich wuſche; ſie war aber von den Vnkeu= ſchen alten erdappet/ in groſſe aͤngſtigung/ ja in ſchwaͤre Gefahr deß Lebens ſelber ge= bracht. So du aber in den Garten deines Braͤutigams dich zuwaſchen geheſt/ wir= deſt du in kein Gefahr kommen/ ſondern vil mehr von deiner Miſſethat gewaſchen/ und weiſſer als der Schnee werde ̅ . Gleich [568] wie (pſ. 50. 8. Gen 2. 6.) in jenem alten Paradeyß ein Brunn auffſtige von der erden/ welcher das gan= tze erdreich beftuͤchtet; alſo auch in diſem nenen Luſtgarten deines Geliebten/ ent= ſpringet von ſeinem heiligen Leib ein Brun ̅ deß Lebens/ daß er befeuchte die ebne der (Joël. 5. 18. Hier. in Joel) erden deines HERZENS. Diſes iſt ď jenige Brun ̅ / welcher auß gehet vom Hauß deß Herrn/ befeuͤchtet den Bach der Doͤr= nen. Ein blutiger Brunn/ ſprich ich/ flieſ= ſet her fuͤr vo ̅ deß Herrn Leib daß er die Doͤr= ner unſers HERZENS; die Suͤnden und Laſter/ welche keine Frucht der Ge= rechtigkeit hetten/ zum neuen Acker deß Herren verkehrt/ und unſere Truckne be- feuͤchte mit überfluͤſſigen Waſſern/ damit wir/ an ſtatt der Diſteln un Doͤrnen/ aller ley Blumen der Tugenden herfuͤr braͤch= ten die Liebe der Keuͤſch heit/ und Roſen der Schambarkeit und Jungfrauſchafft her= auß wuchſen: damit in der Erden unſers HERZENS erſcheinen Blumen der Roſen/ die mit der Farb deß vergoßnen (Zach. 13. 1.) Bluts gruͤneten. Liebe Braut/ diß iſt ď offne Brun ̅ deß Hauß Davids/ und deren die zu Jeruſalem wohnen/ zu Abwaſchung deß Suͤnders und der Monatſuͤch [569] tigen. Darum waſche dich allda/ ſo wirſt du gereiniget werden. Gebenedeyet ſey= eſt du Hrrꝛ mein Gott/ der du mit dem Schweiß deines Angeſichts meinen un- reinen HERZEN ein Bad zubereitet haſt. Du O Blut-Braͤutigam haſt mir ein gar koſtbarliches Bad angemacht/ welches von deinem Blut warm/ mit Zu= gieſſung deiner Zaͤhren vermiſcht un ̅ tem= periert worden iſt. Daß nun Keyſer Con=(Surius Tom. 6. in vita S. Sil- veſtri cap. 5.) ſtantinus auß himmliſchen Rhat/ das grauſame Bad/ ſo ihme auß unſchuldiger Kinder Blut den Außſatz darmit zuhey= len gerahten worden iſt/ underlaſſen/ hat ſeinen Weg. Ich aber will mein HERZ im Bad deines allerunſchuldigſte ̅ Bluts/ ſo in deinem Garten zubereitet worden/ abwaſchen und im Blut deß Lambs weiß machen. Mein kranckes HERZ iſt gantz ſchwach; es wird aber geſund werden/ wann es in diſem Bad deiner Zaͤhren/ deß Schweiß und Bluts ſchwimmen mag. Dann wahrlich diſes vergoßne Blut deß(Auguſt. Tract. 15. in Ioan.) Artztes/ iſt ein Artzney worden deß Vnver= nuͤnfftigen; und dein Schwachheit/ O Herr Jeſu/ iſt unſer Staͤrcke worden! Dein Staͤrcke hat uns erſchaffen/ die Schwachheit erquicket. Dein Staͤrcke hat gemacht/ daß wurde/ was nit geweſen; [570] die Schwachheit hat gemacht/ damit das/ was ſchon ware/ nit zu grund ginge. Dan ̅ als mein HERZ die Suͤnd wie dz Waſ= ſer hinein getruncken hat/ und darvon in die Waſſerſucht/ Guͤchtbruch und man= cherley Kranckheiten gefallen war/ biſt du (Matth. 4. 23.) O him ̅ liſcher Artzt/ der alle Schwachheit und Kranckheit heylet/ mit Barmhertzig= keit bewegt worden/ haſt unſere Kranck= heiten auff dich genommen/ und unſere Schmertzen getragen. Haſt an der alle (Iſa 53. 4.) Krafft der Artzneyen/ dere ̅ mein HERZ beduͤrfftig war/ erfahren; und alſo/ da ich die ſchaͤndliche Feuchtigkeite ̅ herauß ſchwi= tzen ſolte/ haſt du für mich Blut geſchwi= (luc. 22. 44.) tzet/ du haſt dein heiliges Blut durch alle Aderen herauß fliſſen laſſen/ du haſt das Purgiertraͤncklein der Gallen und deß Eſſigs fuͤr mich eingenommen/ daß du mich geſund machteſt. Wehe euch/ ihr alle meine grauſambſte Suͤnden/ denen nit genug geweſen iſt/ daß ihr die Menſchen beleydiget habt/ wann ihr nit auch mei= (Iſa. 7. 13.) nen GOtt beleydiget hettet! Lob un ̅ Danck ſey dir Herr JEſu/ daß du meinem unbe= ſchnittnen HERZEN in deinem Blut zumahl ein Bad und Abwaſchung zube= reittet haſt. Ich bitte laß dir gefallen/ daß du mich im ſelben abwaſcheſt/ und mein [571] ſchwaches HERZ geſund macheſt. Laß es durch die Hitz einer ſolchen Liebe zer= ſchmeltzen. Dann ſo der harte Demant durch das Bockblut lind wird/ wie ſoll nit die Haͤrte meines HERZENS wie ein Wachs lind werden durch Beruͤhrung deß Bluts deß unbeſleckten Laͤmleins? O He???ꝛ ſaͤuberediß HERZ mit der Laug dei- nes Bluts/ und reinige es von aller Be= fleckung/ Roſt/ und Vnflat. Laß mir nit widerfahren/ daß du von meinem un= danckbaren HERZEN die alte Klag wi= derholen muͤſſeſt: Man hat mit groſſer(Ezech. 24??? 12. 13.) Muͤhe daruͤber geſchwitzt/ und iſt doch deß Roſts nit vil abgangen. Dein Vnreinigkeit iſt ſo gar verhaͤrtet/ daß du nit biſt gereiniget worden/ da ich(Pſ. 50. 13.) dich hab woͤllen reinigen. Darum Herr waſch mich wol von meiner Miſſethat/ und reinige mich von meinen Sünden. Darum will ich embſig bitten:
Dich O Richter der HER=(Breviar. Roman.) ZEN grecht/
Daß du wegnehmeſt alls un- recht/
Deß HERZENS Vnflat waſchen ab/
|| [572]

Vnd mittheilſt mir der Gnaden Gab.
All Laſter zuvertreiben/
Deinwill ich allzeit bleiben/ (Miſſalë Roman.)
O Herr waſche in deinem Blut.
Waſche diß unflaͤtige HERZ/
Befeuͤchte diſes truckne HERZ/
Heyle diſes verwunde HERZ/
Biege du diſes harte HERZ/
Erwaͤrme diſes kalte HERZ/
Regiere diß abweichend HERZ.

Die II. Lection.

VINCVLVM CORDIS EX FVNIBVS CHRISTI.

Deß HERZENS Band auß den Stricken Ehriſti.


Ich will ſie mit Adams Struͤcklein/ und mit Baͤnden der Liebe zu mir ziehen Oſeæ 11. 4. O Guͤtiger Jeſu/ mein Seel hat Begirde dir nach zu folgen/ wohin du geheſt; aber leyder! der Gott= loſen Strick haben mich umfan=???
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VINCVLVM CORDIS EX FVNIBVS CHRISTI. Traham e os in funiculis Adam, et in uinculis charitatis. Oseæ. u. Crimina, te, duro, fateor, mea, fune ligarunt, Dulcior, astringat cor tibi, funis amor.

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???gen/ un ̅ mit ſeynd ſchwere Feſſel angelegt/(Pſ. 188. 61. Thren. 3. 7. Iſa. 5. 8.) daß ich nit herein gehen mag. Ich hab/ ley= der! das unrecht gezogen mit T???ug. Stri- cken/ und die Suͤnde mit Wagen=Seylen fort geſtreckt. Ich kan auch wol mit Ma=(2 Paral. 36.) naſſe ſagen: Ich lig gefang zn und ge- kruͤmbt in eyſenen Baͤnden/ alſo/ daß ich mein Haupt nit uͤberꝛ ſich hebe ̅ kan/ und hab kein Erquickung oder Troſt.(Prou. 5. 22.) Alſo fangen ſeine Miſſethat den Gottlo= ſen/ und er wird mit den Stricken ſeiner Suͤnde gehalten. Der halben weil ich alſo gebunde ̅ un ̅ verſtricket; kan ich nit lauffen/ ja auch ſo gar nit wandeln nach den Füß= tritten deiner Füſſen. Ich melde aber di= ſes mein Anligen und Kranckheit keinem Vnwiſſenden. Dann meine Vnvoll-(Pſ. 138. 16.) kommenheiten haben geſehen deine Augen. Iſt ihm nit alſo/ O Herr Jeſu!(Thre. 4. 20.) du unſers Mundts Athem biſt gefangen worden um unſere Sünd willen/ zu wel= chem wir ſagten: Wir werden under deinem Schatten Leben. Wegen meiner Haͤnd/ welche die Suͤnd gewuͤrckt haben/ biſt du den ſuͤndigen Haͤnden übergeben worden: und weil mein erſter Vatter A= dam ſeine Haͤnd gar zu frey außgeſtreckt hat gegen dem verbottnen Baum/ ſeynd [574] (Pſ. 118. 101.) meine Haͤnd gebunden worden: Weil ich auch meinen Fuͤſſen nit alle boͤſe Weg ge= wehret hab/ deßwegen ſeynd deine Fuͤß in Feſſel geſetzt worden. So weißt du dann (2. Reg. 3. 34.) O Herr wol/ daß ich wenig tauglich bin deinen Weg zulauffen. Mein HERZ/ welches du in feuriger Natur/ und gantz und gar beweglich erſchaffen haſt/ iſt mit groſſer Faulkeit verwundet/ ligt an einer ſchweren Ketten gebunden/ kan alſo fuͤr ſich ſelber nit hingehen an das Orth/ nach dem ſie ein ſo groſſes Verlangen traͤgt. Was ſoll ich dann thun? O du Begirde meines HERZENS/ Ich bitte dich durch die Strick nnd Bande/ mit welche ̅ du von meinetwegen haſt gebunden werde ̅ woͤllen/ binde mein HERZ an dir an/ un ̅ ziehe es nach dir; erſtlich zwar biß ans Creutz/ nach mahlen aber auch brß gen (Joan. 12. 32.) Himmel. Dann du haſt geſprochen: Wann ich erhoͤhet werde/ ſo werde (1. Reg. 25. 33 Luc. 1. 38.) ich alle Ding zu mir ziehen. Gelobet ſey die Red meines Herrn! Mir geſchehe nach deinem Wort/ O du ewiges Wort. (Oſee. 11. 4.) Ziehe mich zu dir/ der du am Creutz fuͤr mich erhoͤhet worden biſt; Ziehe mich mit Adams Struͤcklein/ und mir Baͤnden der Liebe. Dann die Band deiner Schmer [575] tzen/ ſeynd uns Band der Liebe worden; mit denen du uns an dich bindeſt. Seyte= mahl die Lieb ein gehaͤb es Struͤcklein iſt;(Gilb. in Ca ̅ t. hom. 19.) die Liebe ziehet anmütig/ in der allein das Anreden ſo vil iſt als Anreitzen; nichts iſt gehaͤbers/ nichts ziehet feſter als dz Band der Liebe. Darumen will ich mit deiner(Cant. 1.) Braut ſagen: Zeuͤch mich dir nach/ ſo lauffen wir in dem Geruch deiner Salben. Ich bin muͤd/ und ſchwach; verlaß mich nit/ ſondern zeuͤch mich dir nach/ auff daß ich nit anfange anderen Liebhabern nachtrachten/ auch nit lauf= fe gleichſam dem ungewiſſen nach. Zeuͤch(Bern. ſer. 21. in Cant.) mich gleichſam wider meinen Willen/ auff daß du mich willig macheſt: Zeuch mich Faulen/ damit du mich lauffen ma= cheſt. Du/ O Herꝛ/ zwar biſt froͤlich gewe= ſen wie ein Held zulauffen den Weg un=(Pſ. 18. 6.) ſers Heyls; wer wird mir aber geben/ daß ich ohne Forcht auß der Hand meiner Feinden erlediget/ dir nachlauffe/ und fol= ge? Dann ſo ich dir nit nach folge/ werde ich dich nimmermehr erhaſchen und erlan=(Luc. 174.) gen moͤgen. Deßwegen ziehe mich dir nach/ ziehe mein HERZ mit dem Band der Vollkom ̅ enheit/ daß es dir nachfolge/ und angebunden werde.
|| [576]
(Eccleſ. 4. 22) Wie glorwuͤrdig aber ſeynd in einem HERZEN diſe deine Band/ diſe deine Strick/ welche hart zerriſſen werden moͤgen! Ich kann billich von ihnen mit (Pſ. 15 6.) David frolockend ſingen: Die Loͤſung= ſtrick ſeynd mir gefallen auffs lieb- lichſt und koͤſtlichſt. Ich will auch von ihne ̅ ſagen dz/ was vo ̅ ď Weißheit geſchri= (Eccl. 6. 30.) ben ſtehet: Mir werden deine Baͤnd zu einem ſtarcken Schirm/ und deine Halßeyſen zu eine ̅ Ehrenkleyd. Dan ̅ Zierd deß Lebens iſt mit ihnen/ und deine Baͤnd/ ſeynd Baͤnd deß Heyls. Wie gern will ich nun meine Fuͤß in deine Band ſchlagen/ und mein HERZ will ich binden laſſen mit den Banden dtiner ſuͤſ= (Phil. 1. 13.) ſeſten Liebe! Wer werd mir geben/ daß ich mit Paulo mich ruͤhmen koͤndein mei= nen Banden/ unnd genennet werde ein Gebundner JEſu Ehriſti/ wel= cher ſich deßhalben erfreuet/ daß ſeine Band ruchtbar worden ſeynd in Chriſto/ auff allen Gerichtshaͤuſern/ und bey den (Chriſ hom. 8. in Epiſt. ad Epheſ.) andern allen. Dann gebunden ſeyn von deinetwegen Herꝛ Jeſu/ iſt weit fuͤrtreff= licher/ als ein Apoſtel/ Lehrer/ oder Evan= geliſt ſeyn. Diß iſt ein groſſe Würdigkeit/ [577] ja hoͤher als alle Koͤnigreich und Aembter/ welcher Chriſtum indruͤnſtig liebet/ der erwoͤhlet ihme vilmehr die Band von Chriſti wegen zutragen/ als im Himmel zuwohnen: Weil kein Kron/ ob ſie ſchon mit Edlen Steinen geziret/ das Haupt alſo zieret als wie ein eyſene Ketten/ wel= che von Chriſti wegen getragen wird. So nun alſo glorwuͤrdig iſt von Chriſti wegen gebunden werden/ was wird ſeyn/ mit Chriſto angebunden und verſtricket wer=(Pſ. 72. 22.) den? Mir iſt gewißlich gut/ daß ich mich an Gott halte/ von den Bande ̅ der Suͤnde ̅ auffgeloͤſet/ mit Banden der ewigen Liebe angebunden werde an mein Liebe/ die fuͦr mich angebunden/ verſtricket und gecreu= tziget worden iſt. O Herr Jeſu/ ich bitte/ mir geſchehe alſo/ dann wer ſoll fliehen deine Band/ welche auffloͤſen und nit an= anbinden? Deine Band/ ſeynd Band(Ambr. lib. 3. Epiſt. 25.) der Liebe; wir werden glorwürdiger von denen angebunden/ als von andern auff=(Hieron. E- piſt. 127.) geloͤſet. Deine Band ſeynd frey willig/ un ̅ werden zum umfahen: der auch mit di- ſen gebunden wird/ mag ſprechen:(Cant. 8. 3.) Sein Lincke iſt unď meinem Haupt/ und ſein rechte wird mich umfahen. Ich bitte/ laß mich diſe Band genieſſen/ O du mein Liebe/ und verknipffe mein [578] HERZ mit deinem HERZEN/ auff daß ich mit dir ein Ge???ſt werde/ und auß deꝛ jenigen Zahl ſeyn moͤge/ von denen dein (Iſa. 45. 14.) Prophet geſprochen hat: Sie werden dir nach gehen/ un ̅ in Fuͤßbaͤndern wand- len/ vor dir niderfallen/ und dich an- betten.

Die III. Lection.

FULCRUM CORDIS CHRI- STI COLUMNA.

Die Saͤul Chriſti iſt ein Auf= enthaltung deß HERZENS.


Staͤrcketeure HERZEN. Jacob. 5. 2. ACh wie unbeſtaͤndia und wanckel= (Iſa. 57. 20.) muͤtig iſt unſer HERZ? Gleich wie das ungeſtümme Meer/ kan (Job. 14. 2.) es nie rühig ſeyn/ ſondern wird hin und her gewehet/ und bleibt nie in einem (Bern. de in- ter. domo. c. 64.) Stand. Ich kan nit genugſam erwegen und ſchaͤtzen; was doch ſeyn moͤge diſe ſo manigfaltig hin und her Waltzung der Gedancken meines HERZENS/ wie auch diſe ſo unruͤhige un ̅ unverdroßne Ge=???
|| [ID00680]

FVLCRVM CORDIS. CHRISTI COLVMNA. Confirmate corda ueſtra. Jacob. 5 Non florcs, non poma, meum cor debile poſcit, Fulciet hęc tua me, Chriſte, colunna ſatis.

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|| [579]
???ſchwindigkeit/ welche macht/ daß ſie ſo vil/ ſo mancherley ja unendliche Ding durch lauffe. Dann ich kan zu keiner Stund ja augenblicklich ruhen; ſondern mit wun= derbarlicher Geſchwindigkeit durchgehe in unendliche Ocrter und Vmlauff der Zeiten. Ich kunde leichter die Sonnen=(Cap. 62.) Staͤublein zehlen/ als die Bewegungen meines HERZENS. Die Geſchwin= digkeit der Thiere ̅ und der Voͤglen kan mit meinen Bewegungen nit verglichen wer= den. Meine Beguͤrligkeiten haben weder Maß noch Zihl/ welche unzehlbar vil Formen deiner Geſchoͤpff durchlauffen. Die Gedaͤncken meines HERZENS(Job. 17. 11.) kan ich nit zuſam ̅ en hefften/ dann ſie ſeynd ſehr faſt zertrenner peynige ̅ mein HERZ/ und reiſſen es zu underſchidlichen Din= gen. Wer wird mir geben/ O du mein er= wuͤnſchte Ruhe/ daß mein Vngeſtümme zum ſchoͤnen Wetter veraͤndert/ und alle(Pſ. 106. 29.) deſſen Waͤllen geſtillet werden! Wolte Gott/ O Herr/ daß du diſem verwuͤrꝛten Meer entgegen ſetzteſt dein Saͤul zum Zihl/ und ſprecheſt: Bißher ſolſt du(Ioh. 38. 11.) kommen/ und nit weiter fuͤrgehen/ hie ſolſt du zerſtoſſen deine ſtoltze Wellen! O Herr/ ich kan die Vnbe [580] ſtaͤndigkeit (Iſa. 7. 2.) meines HERZENS nit gnugſam beklagen/ welches alſo bebet/ wie die Baͤume im Wald bewegt werden vo ̅ Wind. Es wird auch hin und wider ge= wehet wie ein Schiff im Meer. O Herr/ biß du der Ancker diſes Schiffleins/ und bindt es an deine ſteiffe und feſte Saͤul/ an welche du von meinetwegen angebunden worden biſt/ daß es nit mehr von eine ̅ jeg= (Epheſ. 4. 14.) lichen Wind hin und her gewehet werde??? O Herr ich empfinde wol/ wie ſchwach un ̅ kranck mein HERZ ſey/ vor Forcht wan= ckende/ gar offt darnider geworffen werde (Pſ. 54. 9.) von der Kleinmütigkeit deß Geiſts/ und dem Wetter/ ja offt gar verzage und ver= zweiffele! Ich weiß zwaꝛ nit/ ob mich nit auch deſſen ermahne die Figur und Ge- ſtalt meines HERZENS ſelber: Dann oben her iſt es breit/ unden her ſpitzig/ alſo daß es auff keinem Puncten ſtehen kan/ es werde dann gehalten/ oder angebun= (Pſ. 17. 3.) den. Deßwegen O Herr/ mein Fefle/ mein Zuſlucht/ ich bitte dich/ und erſluͤtze meinem ſchlipfferigen HERZEN dein (Eccl. 27. 4.) Saͤul/ welche mich ſteiff halte. Dan ̅ ſo du dein Hand nit anlegeſt/ wird dz Hauß mei= nes HERZENS bald geſtürtzet werde ̅ . (Proſper. in ſent.) Seytemahl die Allmacht deß Schoͤpffers/ welcher alles helt/ iſt ein Vrſach/ daß [581] alle Crea turen beſtehen und bleiben. Der= halben O Herꝛ/ ſtaͤrcke mein HERZ/ und auffhalte mich/ befeſte ſeine Saͤulen/ daß es nit falle! Jene deine geliebte Braut/ O fridſa= meꝛ Koͤnig/ als ſie in Ohnmacht deß HER ZENS lag/ auffſchrye ſie: Erquickt(Can. 2. 5.) mich mit Blume ̅ / un ̅ umſtecket mich mit Aepfſlen/ dann ich bin kranck fuͤr Liebe. Ich aber an ſtatt jener ſchlecker= hafften Labungen/ außerwoͤhle mir dein allerſtaͤrck???ſte Saͤul/ welche deine Arm umfangen haben/ und wie ich glaub/ daß du daran gebunden worden ſeyeſt/ nit daß du von ihr ein Staͤrckung empfingeſt/ ſondern daß du als der Staͤrcker ſie under= ſtuͤtzeſt. In diſer Saͤul will ich hoffen/ durch diſe will ich auffenthalten werden/(Pſ. 26. 3.) und wird mir die Saͤul ein Ruhe ſeyn. So halte ich mich nit nur an einen Mar= melſtein/ in deme ich mein HERZ mit diſer Saͤul underſtuͤtze; ſondern an dich ſelber mein Staͤrcke. Dann ich ſondere dich nit ab von jener Saͤulen/ an welche du von meiner Liebe wegen haſt angebun= den werden woͤllen. Mein Gott/ vor wel-(Iob. 26. 11.) chem die Saͤulen deß Himmels zit= teren/ nnd ſich entſetzen. So biſt du(Pſ. 70. 3.) [582] nun ſelber mein Saͤul und Feſte/ der du alle Ding traͤgſt mit dem Wort deiner (Hebr. 1. 3.) Krafft. Soll uun mein ſchwaches HERZ ſich auff dich legen/ auff daß es wandie durch die Weg diſes Lebens/ und allge= mach auffſteige von der Wuͤſte/ und ich (Cant. 8. 5. Jud. 1. 13.) mich mit deiner Braut leine auff meinen Geliebten. Es kommen gleich die brauſen= de Wind/ es erhebe ſich das Vngewitter/ es ſteigen auff die wilde Waͤllen deß Meers/ ſoll mein HERZ ſteiff ſtehen/ als welches mit diſer ſehr ſteiffen Saͤul un= derſtn ̅ tzet iſt: Ob ſich wider mich ein heeꝛ legt/ ſoll ſich doch mein HERZ (pſ. 26. 6.) nit foͤrchten: Ob ſich ein Streit wi= der mich erhube/ will ich mich dar- auff verlaſſen. Wer gibt mir/ O mein Geliebter/ daß ich mit dir an die Saͤul ge= bunden werde/ und dich umfange/ und alſo gebunden ſtaͤrcker werde/ als auffge= loͤſet! Iſt ihme nit alſo/ ein Weinflock als lang er den Rebſtecken/ daran er gebunden iſt/ mit ſeinen geſchoſſen umfanget/ wird er vom ſelben auffgehalten? Alſo auch ein jeglicher/ der ſich auff dich leinet/ wird ſteiff und beſtaͤndig verbleiben/ und nit mehr wancken/ weil geſchriben ſtehet: (Pſ. 111. 7.) Sein HERZ iſt geſtaͤrcket/ un ̅ wird
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STIMVLꝰ CORDIS CHRLIN FLAGELA Virga in dorſo eius, qui indiget corde Prou. ??? Ceßat iners, ceſſant tua cum vigilare flagella: Coge, Amor, inuitum cor meliora ſequi.

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nicht umgeſtoſſen/ biß er verachtet ſeine Feinde. Darumen woͤlleſt mit der Gnad das HERZ ſtaͤꝛcken/ du welcheꝛ(Hebr. 13. 9. Miſſal. Ro- man.) biſt ein ſonderbahrer Beſchirmer und Zu- flucht der menſchlichen Gebraͤchlichkeit/ und verleyhe/ daß ich/ der ohne dich nit ge= ſtehe ̅ mag/ durch die Saͤul deines Leydens geſterckt/ in deinem Glauben ſtand hafft/ und in deiner Liebe allzeit beſtaͤndig erfun= den werde.

Die IV. Lection.

STIMULUS CORDIS CHRISTI FLAGELLA.

Die Geißlen Chriſti/ ſeynd Stachei deß HERZENS.


Auff den Rucken deß Narren (oder deſſen/ der am HERZEN Man gel leydet) gehoͤrt ein Ruten. Prov 10. 13. MEin HERZ hat ſich in mir er= ſchuͤttet/ und iſt hefftig betruͤbet worden/ in dem ich betrachte/ wie du milteſtes Laͤmmlein/ gantz nackend und bloß an die Saͤulen grau [584] ſamlich gebunden/ mit Geißlen haͤrti- glich geſchlagen und zerfleiſchet wurdeſt. O Herꝛ/ wer haͤtte geglaubt/ daß die Miſ= ſethat der Menſchen Kindern/ welche du erſchaffen haſt ſo weit kommen ſolte/ daß die Suͤnder auff deß erſch affers Rucken ſchmiden und ihre Boßheit lang ziehen (Pſ. 128. 3. Jer 2. 12. Iſa. 33. 7. Idem 47. 2.) ſolten! O ihr Himmel/ ver wundert euch/ erſchrecket/ und ihr ſeine Porten erſchrecket ſehr uͤber ſolche! Ihr en- gel deß Fridens weynet/ und alle Land und Leuth heulet: dann der jenige/ von welchem (Pſ. 90. 10.) geſchriben ſtehet: Kein Geiſel wird zu deiner Huͤtten ſich nahen: der wird jetzunder nit nur mit einer/ ſondern unzahl (pſ. 45. 5.) baren Geißlen umbgeben/ die Goͤttliche Bruſt und Wohnung/ welche der Hoͤchſte geheiliget/ wird mit der gottlsſen Hand der Soͤldner zerriſſen. Sanfftmuͤtigſter Jeſu/ jene reiſſende Hund/ welche dich (Pſ. 21. 17. Job. 16 15.) umgeben/ haben dir ein Wunden auff die ander gehauen/ kein erba???mnuß mit dir gehabt/ mit keinem Blut ſich erſaͤttigen laſſen/ ſondern uͤber den Schmertzen dei= (Pſ. 68. 27.) ner Wunden noch mehr gemacht. es iſt ſich aber noch weit mehr zuverwundern/ daß unſere HERZEN von ſolchem Spe ciackel nit bewegt werden/ welche gewiß [585] glauben/ daß du von der Suͤnd wegen dei=(Iſa. 53. 8.) nes Volcks geſchlagen ſeyeſt/ und die Straff auff dir lige/ auff daß wir Friden haͤtten. es iſt zwar gar billich/ daß ein Knecht/ der ſeines Herrn Willen weiß/(Luc. 12. 47.) und nit thut/ mit vilen Streichen geſchla= gen werde; daß aber du eingeborner Got= tes Sohn/ deſſen Speiß war/ daß du the= teſt den Willen deines Vatters/ den gan=(Ioan. 4. 3. Pſ. 72. 14. Pſ. 68. 5.) tzen Tag gegeißlet wurdeſt/ auff daß du be= zahleſt/ daß du nit geraubt haſt/ iſt gantz unbillich und wider alle Vernunfft. Nun aber diß war ď Rhat deines ewigen Vat= ters/ daß wir durch deine Wunden geſund wurden. Wir hatten geirret allſamen/(Iſa. 35. 5.) wie die Schaff/ ein jeder hatte ſich in ſeinen Weg abgekehrt; aber der Vat= rer der Barmhertzigkeit hat all unſere Miſ= ſethaten auff dich gelegt/ und darumen biſt du von Gott geplagt und gemindert/ von unſer Boßheit wegen verwund/ und um unſeꝛ groſſen Suͤnden wille ̅ zeꝛknirſcht und zerſchlagen worden. Dir ſey Lob und Danck Herꝛ Jeſu/ der du von wegen der Laſter unſers HERZENS/ zuleyden die Geißlen bereit geweſt/ uud den Zorn deines Vatters durch deine Streich ge=(Pſ. 37. 11.) miltert haſt.
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Nun aber/ O mein Seel/ kehre wider in dein HERZ/ und ſihe/ was du hie zu= lernen und deinem HERZEN zuthun habeſt! Dan ̅ ſo du ein Kindliches HERZ haſt/ ſolleſt du dich nit wehren gegen der (Prov. 3. 11.) Geiſel/ dann Gott redet ſeine Kinder alſo an: Mein Kind/ verwirff die Zucht deß HErrn nit/ und ſey nicht unge- dultig uͤber ſeine Straff/ dann wel= chen der HErꝛ lieb hat/ den zuͤch- tiget er; er geiſſelt aber einen jegli- chen Sohn/ den er auffnimbt. So iſt (Hebr. 12. 6. Aug. in Pſ. 31) nun die Zuͤchtigung ein Kennzeichen ei= nes Sohns Gottes. Solleſt derhalben nit hoffen/ daß du werdeſt ohn ein Geiſſel ſeyn/ dann du woͤlleſt von dem Erbthell außgeſchloſſen ſeyn: Dann es iſt kein Kind ohne Zuͤchtigung/ auch der Ein= gebohrne Sohn Gottes/ ob er ſchon ohn Suͤnd/ iſt er doch nit ohne Geiſſel gewe= ſen. Mein Seel vernimme ferner/ wie der Apoſtel deine ̅ HERZEN zuſpreche/ nnd mercke wie er die Geiſſeln als ein Kennzeichen der Kinder Gottes ruͤhme: (Heb. 12. 7.) Gott erzeiget ſich euch als den Kin- dern. Dann wo iſt ein Sohn/ den der Vatter nit zuͤchtige? Seyt ihr aber [587] ohn Zuͤchtigung/ welcher ſie dochalle theilhafftig worden ſeynd/ ſo ſeyt ihr Baſtarten/ und nit Eheliche Kinder. So laß nun/ O Herr/ die Straff hauffe ̅ = weiß uͤber mich kommen/ auff daß ich das Erbtheil deiner Kinder empfangen/ und(Rom. 8. 29.) gleichfoͤrmig de ̅ Ebenbild deines Sohns/ der fuͤr mich gegeißlet worden/ werden moͤge. Was nutzet aber meine ̅ HERZEN/ oder was iſts noth ſelbiges zugeißlen? zwaꝛ(Rom 3. 2.) vil durch alle maß. Erſtlich zwar/ damit durch freywillige Caſteyung/ und Aeng= ſtigung deß HERZENS/ die durch ſel= biges begangne Suͤnden außtilgt/ und es alſo von der Geiſſel ewiger Verdamnus erloͤſet werde. Dann darumen laſſeſt du O Herr/ dein Geiſſel uͤber uns Suͤnder kommen/ auff daß du barmhertziglich verſchoneſt; dann alſo haſt du von deß Davids Nachkoͤmlingen geſprochen:(Pſ. 88. 32.) So ſie meine Satzungen entheilige ̅ / und meine Gebott nit halten: So will ich ihr Vbertrettung mit der Ruten heimſuchen/ und mit Schlaͤ= gen ihre Miſſethat. Aber mein Barmhertzigkeit/ will ich nit von [588] ihm thun/ und will ihm nit ſchaden in meiner Warheit. So kommt nun auß lauter deiner Guͤtigkeit her/ daß du (2. Reg. 7. 14) die jenige/ ſo Boͤſes thun/ mit Menſchen= Ruten/ und mit der Menſchen??? Kinder Schlaͤgen ſtraffeſt. Wehe aber den jenigen (Pſ. 72. 5.) welche nicht mit andern Menſchen ge= plagt werden; dann ſie nachmalen mit den Teuffeln geſtrafft und gepeyntget werden muͤſſen; der gleichen ſeynd die jenige Gott= (Iob. 21. 2.) loſen/ von welchen Job ſpricht; Ihre Haͤuſer haben Friden/ und ſeynd ſi- cher/ und Gottes Ruten iſt nit uͤber ihnen. Was aber für ein Ruten ſie noch zugewarten haben/ erklaͤret er gleich dar= auff/ ſprechend: Sie haben gute Tag/ und in einem Augenblick fahren ſie zur Hoͤllen hinunder. Derhal= ben O Herꝛ/ zuͤchtige mich mit Menſchen= Ruten/ und verwirffe mich nit ewiglich. Weil auch mein langſames/ faules und traͤges HERZ einer Beitſchen und Stachels bedarff/ durch welche es auffge= weckt werde zu lauffen den Weg deiner (Pſ. 118 32. Prov. 26. 3) Gebotten. Dem Roß ein Geiſſel/ ſprach der weiſe Mann/ und dem Eſel ein Zaum/ und dem Narren ein Ru [589] ten auff den Rucken. Mein HERZ widerſtrebet gleich wie ein widerſpenſtiges Roß/ derhalben bedarff es ein Geiſſel und Sporen. Es iſt faul wie ein Eſel/ und ge= het nit fort es werde dann gegeiſſelt: Es iſt thoͤricht/ und weiß den Weg der Fuͤr= ſichtigkeit nit/ gehet auch denfelben nit/ es werde dann mit Ruten darzu getriben. Derhalben O Herr halt es ſtets under(Eccl. 30, 1.) der Ruten/ auff daß es nicht in der Thor= heit zu grund gehe. Mein HERZ iſt wie ein Tribel oder Topff/ es kan nit auff dem Spitz ſtehen/ oder bewegt werden/ es wer= de dann durch die Geißlen getriben: Weil es nemlich dich alſo wenig liebet/ ſo we= nig dir nachlauffet/ alſo daß es anderſt nicht als durch Truͤbſal und Geißlen getri= ben werden kan dein Angeſicht zuſuchen; weil es auß der jenigen Zahliſt/ von de= nen der Koͤnigliche Prophet geſprochen:(Pſal. 15. 4.) Ihrer Schwachheit oder ihres Vn- gluͤcks iſt vil worden/ darnach eyleten ſie. Derhalben O Herꝛ/ will ich frolocke ̅ in deinen Geiſſeln/ welche mein HERZ treiben zum beſſern/ ja zu dir dem Aller= beſten. Was ſtecket aber noch Gutes in diſen Geiſſelen? ſie unterweiſen nemlich das [590] (Prov. 22. 15.) unvernuͤnfftige HERZ/ und geben ihme Witz. Seytemahl Thorheit ſteckt dem Kind im HERZEN/ abeꝛ die ruth der Straff wird ſie fern von ihm trei- ben/ wie der weiſe Mann ſpricht/ welcher abermahl an einem andern Orth ſagt: (Ibid. 29. 15) Ruth und Straff gibt Weißheit; Item: Ruth gehoͤrt auff deß Narꝛen Rucken. Wie vil thoͤrichte/ traͤge/ ja Leuth ohne Vernunfft/ ſeynd witzig worde ̅ / demnach ſie von HERZEN geſtraffet worde ̅ ſeynd? Solches bezeuͤget Ephraim/ ſo gefangen hingefuͤhret war/ ſprechende: (Ierem 31. 18.) Du haſt mich gezuͤchtiget/ und ich bin gezuͤchtiget worden wie ein un??? (Eccl 23 2.) gezaͤmbtes Kalb. Wer wird mir nun ſetzen in meinen Gedancken die Geiſelen/ und in mein HERZ die Lehr der Weißheit/ daß mein Vn- wiſſenheit nit groͤſſer werd/ und meine Vbelthat der Verſaumnus (Eccl 23 1.) zunehme/ und meine Suͤnd uͤber- hand nehmen? O HErr Vatter/ und Herrſcher meines Lebens/ ich bitte dich demuͤtig durch deinen eingeborne ̅ Sohn/ der fuͤr mich gegeißlet worden/ du woͤlleſt
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SEPIMENTVM CORDIS CORONA SPINEA. Sepiam uiam tuam ſpinis. Oſeæ. 2 Ne careat tua ſpina roſis, cor concolor armet, Horto arcet ſtygias, ſeps diadema feras.

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die Geißlen deines Zorns/ die ich fuͤr mei=(Miſſale Ro- man.) ne Suͤnd verdiene/ ab wenden: und ich will die Geißlen der Widerwertigkeit von dei= ner vaͤtterlichen Hand gedultig annehmen auff daß ich durch dieſelbe underwiſen/ ler= ne wandlen/ wie dein Sohn gewandelt iſt; und die Anwünſchung der Kinder Gottes zuempfangen wuͤrdig werde.

Die V. Lection.

SEPIMENTUM CORDIS, CORONA SPINEA.

Die doͤrne Cron/ iſt ein Vm= Zaͤunung deß HERZENS.


Ich will deinen Weg mit Dorn ver= flechten. Oſeæ. 2. 6. ALlerguͤtigſter Herꝛ/ deſſen Wolle=(Prov 8. 31.) den iſt ſein bey den Menſchen Kin= dern/ du haſt gewoͤlt/ daß mein HERZ ſey ein Luſtgarten und Para= deyß/ den du himmliſcher Gaͤrtner ſel= ber gepflantzet/ und mit deinen Gnaden= Waſſ???rn befeuͤchtet haſt/ auff daß ich einer waͤre auß der Zahl der jenigen/ von welchen dein Prophet geſprochen hat: [592] (Ierem. 31. 6.) Ihꝛ Seel wird eben wie ein gewaͤſ- ſerter Garten ſeyn. Diſen geiſtlichen Garten aber/ O himmliſcher Braͤutigam/ beſucheſt du offt/ und geheſt darein entwe= (Gen. 3. 8.) ders zuſpatzieren/ wann der Tag kuͤhl iſt nach Mittag/ oder daß du betrachteſt/ was ihm abgehe an ſeinem Bau/ und ſeheſt/ ob der Weinſtock bluͤet/ und die Bluͤe Frucht bracht habe; ob die Granat= (Cant 7. 12. Cant. 6. 1.) Aepffelbaͤum außgeſchlagen ſeynd. Ja du geheſt auch hinab in Garten/ zü den Wurtzgaͤrtlin/ daß du dich weydeſt under (Cant. 5. 1.) den Garten/ nnd Roſen brecheſt/ auch eſſeſt die Frucht deiner edlen Aepfflen. Weil du nun ſo groſſe Sorg traͤgſt fuͤr de ̅ Garten meines HERZENS/ und ihn alſo offt beſucheſt/ muß ich ernſtlich Fleiß ankehren/ daß er gaͤntzlich alſo beſchaffen ſey/ wie dein Seel begehrt. Was haſtu nun aber under andern von deinem Gar= ten geſprochen/ als du dein eintzige Taube ruͤhmeſt? Du biſt ein verſchloßner Gaꝛte ̅ / mein Schweſter/ liebe Braut/ (Cant. 4. 12) ein verſchloßner Garten; Du haſt abeꝛ das Wort zweymahl außgeſprochen/ an= zudeuͤtten/ daß unſer HERZ zweyerley Bewahrung beduͤrffe: dann ein Zaun iſt ihme nit genugſam. So muß ich nun [593] ſonderlich Fleiß ankehren/ daß ich einen Zaun um meinen Garten mache/ damit nit villeicht ihn das Wilde Schwein zer=(Pſ. 79. 14.) wuͤle/ oder das ſonderlich Wild Thier ihn abnage. Man muß auch Sorg tragen(Ca ̅ t. 2. 15.) wege ̅ der kleinen Fuͤchß welche den Wein=(Pſ. 79. 13.) garten verderben/ weil auch die Mauren zerbrochen/ beraubet ihn alles/ das fuͤr uͤber gehet? So iſt nun alſo vil daran gelegen/ daß der Garten wol verſchloſſen/ und mit einem Zaun umbgeben ſey; Dann wo(Eccl. 36. 27.) kein Zaun iſt/ da caubet man das(Iſa. 58. 12.) Guth. Auff daß ich derhalben ein Zaun= macher werde/ wo ſoll ich mi??? Matery dar= zu ſamlen! Wo will ich finden eine ̅ Bu= ſchen oder Dornhecken/ und Zweig die ſich ſlechten laſſen/ darauß ich mir diſen(Cant. 3. 11.) Zaun flechte? O fridſame??? Koͤnig/ laß mich darzu brauchen die doͤrne Kion mit welcher dich gekroͤnet hat die gottloſe Mut= ter/ die Synagog/ am Tag der Freuden deines HERZENS/ und der Vermaͤh= lung mit meiner Seelen. Dan ̅ unſer Er= den/ die du mit dem Schweiß deines An= geſichts befeuͤchtet/ hat die Doͤrner und Diſteln gebracht. Du Herr aber/ biſt worden wie ein Baumann/ welcher den Acker deß faulen menſchen/ den die Doͤrn(Ierem 14. 8.) und Neſſel erfuͤllt hatten/ auß geraumbt [594] (Prov. ???4. 30) haſt/ darum haſt du mit den Blaͤttern dei= nes Weingartens und mit den Achern deines Ackers (wie die Bauers Leuth zur Zeit deß Schnitts zuthun pflegen) gekroͤnt werden woͤllen: (Sedul. l. 4. carm.)
Nemlich alsdan empfangen haſt
All unſer boͤſen Doͤrner Laſt. (Tertul. de coro mil.) Darum biſt du mit Doͤrnen gekroͤnt wor= den/ auff daß du die Doͤrner unſers HER ZENS außreutteſt/ und die Spitz der Sünden durch das Leyden deines Haupts verſtopffeſt. So muß nun diſe Doͤrne Kron der Zaun meines HERZENS ſeyn/ wel= cher es leichtlich beſchuͤtzen wird vor dem einfall der wilden Thieren. So kroͤne ̅ ſich un ̅ etliche mit Roſen/ ich will zu ehren mei nes fuͤꝛ mich mit Doͤrnengek???oͤnte ̅ Haupts meine ̅ HERZEN ein Doͤrne Kron um= (Job 30. 7.) flechten/ in diſem will ich mich freuen/ und ein Luſt haben under den Dornbuſchen (Cant. 22.) zuſeyn: Allda/ gleich wie die Lilien under den Doͤrnen/ ſoll mein HERZ vor den Haͤnden der Zepffenden und Rupffenden frey verbleiben. Der Dorn bewahret die Roſen/ die Doͤrner ſollen bewahren den Garten meines HERZENS wiď alle Widerfacher. Dann diſe Cronhaͤlt ab [595] das Nachſtellen der Feinden/ bewahret(Clem. Alex. l. 2. pæd. c. 8.) aber die jenige/ welche beyſamen in der Kirchen ſeynd: Diſe Kron iſt ein Blum der jenigen/ welche geglaubt haben an den/ der glor???ficiert worden; ſticht aber und zuͤchtiget/ die nit geglaubt haben. Ich will nun billich ein Zaun deß HERZENS auß detüen Doͤrnen zuſamen flechten. Iſt dan ̅ uit dz dein Rath/ O lieblichſter Braͤu= tigam! Haſt nit durch den Mund deß wei= ſen Mans geſprochen: Vmzaͤune deine Ohren mit Dornen? Dann ſo die Oh=(Eccl. 28. 28.) ren/ Augen/ und andere Gefaͤß der Sin= nen/ gleichſam Porte ̅ deß HERZENS ſeynd/ durch welche alle empfindliche Ding in das HERZ hinein gehen/ befilchſt du gantz wol/ daß wo fern wir unſer HERZ bewahret haben woͤllen/ wir deſſelbe ̅ Thu= ren mit Doͤrnen vermachen/ und unſern Garte ̅ allenthalbe ̅ mit Doͤrnen umzaͤune ̅ . Du haſt mir nun auch ein andere Gut that in deine ̅ Doͤrne ̅ vorſehen/ O dugelieb= ſter Braͤutigam meines HERZENS! Dann als du ſaheſt die vilfaltige Außtret= tung meines HERZENS/ wie offtauch es lauffe zu einem andern Mann/ haſt du durch deine ̅ Propheten geſprochen: Sihe/(Oſc. 2. 6. 7.) ich will deinen Weg mit Dorn ver [596] flechten/ und ein Wand darfuͤr ma= chen/ daß ſie ihren Steig nit mehr finden wird? und ſprechen: Ich will widerum zu meinem vorigen Mann kehren/ bey dem es mir baß/ dann je- tzund/ erging. Seytemahl die Dorn der Truͤbſalen/ welche du offt ſchickeſt/ in dem du barmhertziglich grauſam biſt/ ver= ſchliſſen unſere HERZEN alſo/ daß ſie nit koͤnnen hinkomme ̅ / wo ſie woͤllen/ ſon= dern kehren wider zu ihrem vorige ̅ Man ̅ . (Pſ. 77. 34.) Gleich wie vor Zeiten die Iſraeliter/ wan ̅ du ſie erſchlugeſt/ ſuchten ſie dich/ und keh- reten wider/ und kamen fuͤr zu dir. Ja auch dein Doͤrne Kron/ O Herr/ und die Betrachtung der Schmertzen/ welche ſie (Cant. 1. 6.) dir gemacht hat/ wird den Weg meines HERZENS mit Doͤrnen umflechten/ damit es nit außlauffe/ und hin und her gehe nach den Herden ſeiner Geſellen/ daß es nit nachfolge den Beluſtigungen und Eytelkeiten der Sinnen; ſondern verbleibe in deinem Garten bey dir/ und werde theilhafftig deiner Doͤrner und Peinen. So will ich nun mit deiner auß= erwoͤhlten Braut Catharina von Senis/ außerwoͤhlen die doͤrne Kron fuͤr die gul= dine/ damit mein HERZ umgeben/ und
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PICTVRA CORDIS EX SINDONE VERONICÆ EXPRESSA. Signatu ̅ eſt ſuꝑnos lumen uultus tui Domine, dediſti lætitiam in CORDE meo. Pſal. 4. Inſpice prototypon, tenfige in ſindone CORDIS. Dilecti faciem ſpinea pingat acus.

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groſſe Sorg tragen/ daß ich nit under dem mit Doͤrnen gekroͤntem Haupt ein zaͤrt= linges Glid ſey. Ich bitte Herꝛ/ laß bewah= ren mein HERZ mit der doͤrnenen Cron deines Haupts/ daß ich mitten durch das Stechen der Truͤbſalen/ zu der unver- ſchwenglichen Cron der Glory einmahl gelangen moͤge. Amen.

Die VI. Lection.

PICTURA CORDIS EX SINDONE VERONICÆ EX- PRESSA.

Außmahlung deß HER- ZENS auß Veronicæ Schweiß- tuch genommen.


O Herꝛ/ es iſt geſigelt uͤber uns das Liecht deines Angeſichts/ du haſt Freud in mein HERZ geben. Pſ. 4. 7. OHerr wie gluͤckſelig iſt gewe= ſen Veronica/ wegen deiner ſon= derbaren Schanckung; welche als du under dem ſchwaͤren Laſt deß Creu= tzes ſeüfftzeſt/ und vor groſſer Muͤdigkeit gleichſam gantz und gar darnider lageſt/ [598] das Schweißtuch darbotte/ mit dem du dein gebenedeytes Angeſicht/ ſo mit Blut un ̅ Schweiß beſprengt war/ abtruckneſte. Sie hat aber empfangen ein Denckzeichen aller Ehren wuͤrdig; ſeytemahl jener Schleyr/ der dir an dein Hochwuͤrdiges Angeſicht gehebt war/ hat die lebendige Bildnuß darin ̅ behalten/ zu groſſ???m Troſt ihres gottſeligen Gemuͤths. Ich hab auch (Pſ. 44. 3.) offt begehrt/ O Wolgeſtalter fuͤr alle Menſchen Kinder/ daß jenes dein ſo wol= geſtaltes/ und voller Genaden Angeſicht/ darein die Engel begehren zuſchauen/ ein- (1 Petr. 1. 12.) getꝛuckt wuꝛde in mein HERZ/ als in ein lindes Wachs/ auff daß ſie dein Bildnus ewig auffbehlelte. Wie offt hab ich gewuͤn= ſchet/ daß die lebendige Abbildnuß deines aller durchleuͤchtigſten Angeſichts mit (Job. 19. 24.) eine ̅ Meiſſel in den Felſen meines HER= ZENS außgehauen wurde! O Herr/ du weißt wie offt ich begehret hab/ daß die Naͤgel/ welche deine Baͤnd/ ſo den Him ̅ el gemacht haben und die ſeligſte Fuß durch= graben/ mir fuͤr einen Grabſtichel wurden/ mit dem ich dich gar tiff außgrabe ̅ / un ̅ ein= ???eche ̅ moͤchte in dem Blech meines HER= ZENS! Ach wie offt hat mein HERZ (Pſ. 26. 9.) zu dir geſagt: Dich ſuchet mein Ange [599] ſicht/ Herꝛ/ ich will dein Angeſicht ſuchen. Wende dein Angeſicht nicht ab von mir! Wie offt hab ich geſprochen: Zei=(Cant. 2. 4. Pſ 45. 13.) ge mir dein Angeſicht/ und die Schoͤne deines Antlitz/ welches anbetten alle Rei= chen im Volck! Hab aber bißher nit ſo ſe= lig ſeyn moͤgen. Was ſoll ich nun thun/ oder was fuͤr ein Raht ſoll fuͤrnehmen mein HERZ/ welches gantz begierig iſt nach deiner ſchoͤnen Geſtalt? O Herr/ was ſoll ich thun/ auff daß ich genieſſe der Gleichnuß und Bildnuß deines Angeſichts? Ich weiß was ich thun will: die Liebe iſt gar ſpitzfuͤndig/ ich will mich underſtehen zu= vollziehen/ was ſie mir angeben wird: Ich will mir ein viereckigte Rahm von dem Holtz deines Creutzes machen/ und mein HERZ gleich wie ein zarte Leinwath darauff außſpan ̅ en mit den Stricken/ mit welchen du/ mein Freyheit/ angebunden geweſen biſt/ alſo glat/ daß kein Falten/ odeꝛ Runtzel darinn ſey/ darein die Bildnuß deines Angeſichts formiret werde. Was aber fuͤr ein kunſtreicher Mahler Apelles/ Zeuxis/ oder Parrhaſius wird mir diſe mit lebendigen Farben entwerffen/ und diſe lineamenta, welche in der Veronica Schweßtuch eingetruckt ſeynd/ kein kunſt [600] lich nachmachen? Ich ſelber will da/ weil kein anderer vorhanden/ einen Mahler vertrerten/ und das Angeſicht meines (Pſ. 83. 10.) Chriſti im Schweißtuch anſchauen/ und ſelbiges als gut ich kan in meinem HER= ZEN entwerffen. Wo iſt aber die Nadel? Wo iſt die zarte Leinwath? Wo ſeynd die Faden von allerley Farben? Herꝛ verzeyhe mir die Liebe weiß von keiner ehrerbie= tung/ treibet die Scham auß; alle diſe Ding will ich von deinem Leyden nehmen. Das Haupt/ welches die engel verehren/ aber (leider!) mit Dorne ̅ gekroͤnet iſt/ wird mir biſe Ding alle darbieten. An ſtatt eineꝛ Nadel/ ſoll mir ſeyn ein Dorn auß deiner Cron/ welche mit deinein Blut gefaͤ???bt iſt/ als offt ſolche das Geweb meines HERZENS ſtechen wird/ ſoll es als- bald mit dem roſenfarben Blut gefaͤrbet werde ̅ / bedaꝛff auch keiner zarten Leinwath nit ſondern will die außgerauffte Haar auß deinem heiligen Haupt und Ehrwuͤꝛ= digen Bart zuſamen wuͤ???cken. So nun ſolches Geweb nit gnugſam vermenget (Cant. 5. 10.) zuſeyn auſſehen moͤchte/ will ich/ mit deine ̅ Zaͤhren/ O Chriſte/ die zuvile Roͤte vermi= ſchen; damit ich nemlich meinen Ge= liebten weiß und roth mahle. Wer will aber an diſen ſo ein außbuͤndige Schoͤne [601] begehren/ weil das Original Vorbild(Iſa. 53. 2.) ſelber weder Geſtalt noch Schoͤne gehabt; weil ſein Angeſicht gleichſam verborgen und verworffen geweſen/ der als ein Auß- ſaͤtziger gehalten fuͤr den/ welchen Gott(Pſ. 21. 6.) hab als ein Suͤnder geplagt und geni= dert/ ein Wurm und kein Menſch/ ein Sport der Leuth/ und Verachtung deß Volcks? So woͤlle nun niemand in mei= nem Nazaræer uͤbrige Weiſſe erfordern/ welche nit beſſer entworffen werden koͤn= n???n/ als in der Cron/ mit der ihn ſein Mut= ter gekroͤnet hat. Niemand woͤlle von(Cant. 3. 11. Cant. 5. 12.) meiner Hand jene Tauben-Augen welche gleichſam mit Milch gewaſchen wol den/ erworten/ weil mans entwerffen müſſen/ wie ſie die Zaͤhren vergieſſen/ und das Blut reichlich herunder flieſſet. es ſey nun diſes Gemaͤhl beſchaffen wie es woͤlle/ ſo iſt es gantz tauglich und annehmlich meinem HERZEN; Darumen will ich wit Freuden und Frolockung ſprechen:(Pſ. 4. 7.) O Herꝛ/ es iſt geſigelt uͤber mich das Liecht deines Angeſtchts: Ohn zweiffel mit groſſem Nutz; dann darum ̅ en haſt du Freud in meine ̅ HERZEN gebe ̅ . Dann was kan ſüſſer? was kan froͤlicher ſeyn/ als in ſeine ̅ HERZEN tragen die Bildnus deß Sohns Gottes? So iſt es [602] auch gar fuͤglich/ daß er mit keiner Nadel in das HERZ genehet werde; daß es alſo nit nur obenhin daran hange/ ſondern das HERZ allenthalben durchtringe/ und an beyden Seiten den blutigen Bꝛaͤutiga ̅ abgemahlet fuͤrſtelle ̅ . Ein gemaͤld/ welches mit der Feder oder Penſel gemahlet wird/ gehet bald ab: Was in ein Blech geſtoch???n iſt/ kan man mit Leim vertilgen: die hoch= erhebte außgegrabne Buſtaben/ kan man außkratzen: das Wachs/ ſo lind gemacht/ oder darein ein neues Zeichen getruckt wird/ verliret die Geſtalt/ ſo zuvor da= rein getruckt worden. Mein Gemaͤld aber kan nit außgetilgt werden; muß verblei= ben/ als lang das HERZ bleibet/ kan we= der geſchnitten/ noch außge???ratzt wer- den/ es werde dan das HERZ zum theil zerriſſen. Deßwegen ſoll in meine ̅ HER= (Cant. 1. 12.) ZEN dz Angrſicht meiner Liebe verbleibe ̅ : Mein Geliebter iſt mir ein Myrꝛhe ̅ - Buͤſchel/ er wird zwiſchen meinen Bruͤſten/ mitten in meinem HER= ZCN verbleiben. O Herr Jeſu/ alſo (Pſ. 30. 17.) geſchehe es! Erleuͤchte dein Angeſicht uͤbeꝛ das HERZ deines Knechts/ mach Woh= nungen darin ̅ / verlaß es auch nicht biß daß (1. Cor. 3. 18.) ich dich ſehe mit auffgedecktem Angeſicht;
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COR PHIALA CHRISTD SITIENTI Dabo tibi poculu ̅ ex vino condito. Cant. 8. Reſpue quę ludę genus offert pocula fellis Compuncti cordis ſed bibe ſponſe ineru ̅

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und du mich durch dein gebenedeytes An=(Pſ. 25. 11.) geſicht mit Freuden ewiglich erfuͤlleſt.

Die VII. Lection.

COR PHIALA CHRISTO SITIENTI.

Das HERZ iſt ein Trinckge= ſchirꝛ deß duͤrſtigen Chriſti.


Ich will dich traͤncken mit gemachte ̅ Wein. Cant. 8. 2.QIEſu/ Liebhaber der Menſchen/ es iſt ſehr faſt verwunderlich ge= weſen/ daß du/ bey dem iſt der(Pſ. 35. 10.) Brunn deß Lebens/ und das ſpringende Waſſer in das ewige Leben/ als du auff dem Weg muͤd worden/ auff dem Brun= nen ſitzend zu dem Samarlt aniſchen(Joan. 4. 7.) Fraͤulein geſprochen haſt: Gib mir zu trincken. Ob welchem Begehren ſie ſich auch ſelber nit wenig verwunderte. Nun aber/ ſo war noch weit ſchwaͤrer/ und ver- wunderlicher jener Durſt/ welchen du zur Zeit deines Leydens gelitten; ich will auch nit daran zweiffeln/ die Engel ſelber haben ſich darob verwundert/ ob welche ̅ du auch allein am Creutz dich beklaget/ und ſchon(Joan. 19. 2.) [604] ſo lange Zeit darvor beym Koͤniglichen Prophete ̅ alſo klaͤglich beweinet haſt/ ſpre- (Cartag. ho ̅ ??? 7. de Paſſ. lib. 11.) chende: Meine Kraͤffte ̅ ſeynd verdor= ret wie ein Scherb/ und mein Zung klebt an meinem Rachen. O Herr/ was iſt diß/ daß du/ der allem Fleiſch zu trincken gibſt/ ſelber Durſt leydeſt? und (Jud. 55. 19.) haſt niemand der dein außgedorꝛte Zun= gen erquicke? Als den Samſon dürſtet/ haſt du ihm ein Trinckwaſſer auß dem Kuͤnbein deß Eſels geben. Es durſtet den (Gen. 21. 19.) hingeworffnen Knaben Iſmael in der Wuͤſten/ und der Engel hat ſeiner Mut- ter Agaꝛ einen Waſſerbrunnen entdecket. (Num 20. 11. 3. Reg. 17. 3.) Es duͤrſtet etwann das wide???ſpenſtige Judiſche Volck/ und der Felſen hat ihnen uͤbe??? fluͤſſig Waſſer ertheilt. Damit Elias nit durſt ſturbe/ ward ihmt befohlen an Bach Carith zugehen/ und darauß zu= trincken. Aber dem Herrn aller Herrn wird ein kuͤler Trunck Waſſers abgeſchla= gen. Dann jenes Tranck/ welches der (Matt. 10. 42) frembte Weinſtock die Synagog der Ju= den/ ſeinem Pflantzer darbtet/ iſt kein Tranck/ ſondern ein Peyn: Von welchem wir hoͤren wolle ̅ dein uͤberhoͤnig ſüſſe Red. (Pſ. 18. 11. Cant. 2. 14.) Laß auch dein Stimm in meinen Ohren erſchallen/ und außlege mir/ [605] O mein Geliebter/ jenen Wein/ welchen(Pſ. 68. 22.) man dir vor deinem Todt gebracht hat. Sie gaben mir Gallen zur Speiſe/ ſprichſt du/ und trenckten mich mit Eſſig da mich duͤrſtet. Die Gottloſe(Thren. 3. 15.) Synagog hatmich mit Bitterkeit erſaͤtti- get/ und mit Wermuth getraͤnckt. Diſe Grauſamkeit wird gemehret/ daß auch ich dir auß meinem bittern HERZEN taͤg= lich darbiette Wein mit Galle ̅ vermiſchet/(Matt 27. 34) in deme ich die gute Werck mit boͤſer Mey= nung faͤlſche und verderbe. Was gibe ich aber dir auß dem Weingarten/ den dein Hand gepflantzet hat/ als fuͤr Weinbeer/ Gallb???er/ und die allerbitterſte Trauben?(Deut. 32. 32. Pſ. 4 8. Deut. 32. 33.) Du haſt mein HERZ befeſtiget mit der Frucht deß Getreidts/ deß Weins/ und deß Oels; aber an deß ſtatt/ hab ich dir leider darbotten Drachengall/ und unheylſam Schlangengifft O Herꝛ/ mich ſchmertzet diſe mein ſo groſſe Vn= danckbarkeit; wünſche auch und begehre/ daß hinfüran mein HERZ in einen auß= erwoͤhlten Weinſtock verkehrt/ und zu ei= ne ̅ guldin Geſchirr/ daß mit Liebe ſcheinet/ werde; darauß ich dir geben koͤnde den allerbeſten Wein/ der meinem Gelieb-(Cant. 7. 9.) ten werth iſt zu trincken/ und ſeinen [606] Leffzen und Zaͤhnen zu widerkeuen. Damir ich aber ſolches auß dem Keller meines HERZENS herfuͤrbringe/ iſt vonnoͤthen/ daß ich zuvor erkenne/ was daſſelbe ſey/ nach de ̅ dich alſo faſt duͤrſtet. Seytemahl dein Durſt iſt unſer Heyl/ unſer erloͤſung/ die Bekehrung unſerer Seelen: Welcher dich weit feſter/ als die leibliche Marter peyniget. Herr/ mein (Pſ. 59. 5.) Gott/ wer wird mir geben/ daß ich diſen deinen Durſt ſtillen/ und dich trancke ̅ moͤ= ge mit dem Wein der Bereuung/ der her= fliſſet auß der Torckel meines zerknirſchie ̅ HERZENS! Es ſtehet geſchriben: (prov 31. 6. 7) Gebt ſtarck getraͤnck den Traurige ̅ / und den Wein/ denen die betruͤbten HERZENS ſeynd/ daß ſie trin- cken un ̅ ihres Armuths vergeſſe ̅ / und ihres Vugluͤcks nit mehr gedencken. Ach Herr/ wie wol ſolt es ſich ſchicken/ daß man dir in ſo groſſer Traurigkeit und Bitterkeit der Seelen/ diſe Gutthat wi= derfahren ließ/ welche auch denen nit ab= geſchlagen wird/ die zum Todt verur. theilet ſeynd! der du gleich von Anfangdei= ner Geburt diſen inbrünſtigen Durſt allzeit gehabt; und ſolchen in der Letzten Stund deines Abſterbens ſonderlich of [607] fenbahr gemacht haſt/ damit dein ſonders fürtreffliche Lieb gegen uns kundbar wur= de. Wer aber ſolte ſo wild ſeyn/ O liebrei= cheſter Braͤutigam meiner Seelen/ der dich hoͤret mit heyſerer und halb abgeſtorb=(Ioan. 18. 28.) ner Stimm ſpraͤchen: Mich duͤrſtet; und er nit milt werde/ und zerſchmeltze/ daß er gantz und gar zum Tranck werde/ und ſtille den Durſt diſer von Liebe ge= fangnen deiner Seelen? Wer wolte nit wuͤnſchen und begehren zuerquicken jenen Mund/ welcher die Wort deß ewigen Le= bens außgeſprochen/ und jenige feurige Reden/ welche durchtringen biß daß ſie zerſchneyden Seel und Geiſt/ alſo offt(Heb. 4. 13.) außgeſtoſſen hat/ ob es ihn ſchon groſſe Muͤhe und Arbeit koſten ſolte? David(2 Reg 23. 15) begehret in ſeinem Durſt ein Waſſer auß der Ciſtern zu Bethlehem/ und die drey ſtaͤrckeſte Maͤnner trugen durch das Ge= laͤger der Philiſteer/ und brachten das ge= ſchoͤpf???te Waſſer zum Koͤnig: und ich ſol= te nit mitten durch den Hauffen meiner Feinden lauffen/ ja durch tauſenierley Gefahren meiner Seelen/ daß ich ſchoͤpffe das Waſſer/ zue??? q???icken meinen Gelieb= ten? Dann ich foͤrchte/ er moͤchte noch ein=(Matth. 25. 3???) mahl zn mir ſagen: Mich hat geduͤrſtet/ und du haſt mir nicht zutrincken geben. [608] Wolte Gott/ O Herr du eintziger Troſt meiner Seelen/ daß du mein HERZ zer- riſſeſt/ un ̅ machteſt herauß flieſſen Brun= (Pſ. 109. 7.) nen und Baͤchlein mitten darinnen/ daß du vom Bach am Weeg trinckeſt/ ehe daß du dein Leben durch den Todt beſchluͤſſeſt. Wann ich durch die Gutthat deiner Gna= den were wie dein geliebte Sulamitis/ wolte ich zwar in diſem deinem hefftigen (Cant. 8.) Durſt dich traͤncken mit gemachte ̅ Wein/ und mit dem Moſt meiner Granataͤpffel. Ich ſey nun beſchaffen wie ich woͤll/ auff= opffere ich dir mein HERZ/ daß du dar= (Ioa. Ieſu Maria. in Theol. myſt) auß trinckeſt mein Liebe/ die ſich befleiſſet dir den Durſt zuloͤſchen. Ich bitt/ trincke herꝛ/ trincke mein zerſchmoltzenes HERZ welches begehret in dein HERZ gegoſſe ̅ / und mit deiner innerlichen Liebe vermiſcht zuwerden. Ich bitte/ t???incke geſchwind/ und verſchluͤnde meine Begirden/ und un= zehlbare gute Bißlein/ die ich dir vo ̅ grund meines HERZENS herfuͤr bringe: und ich will meines Koͤnigs Mahlzeit halten/ ein ſolche Mahlzeit/ daran die ſorgfaͤltige Liebe den Vorſitz hat/ und mit Vmbwechßlung der Becheren zuzechen pflegt. Was rede ich aber/ O du ſuͤſſeſter Gott meines HERZENS? Wz fuͤr ein erkuͤhlung zuruͤſte ich dir durch eines ein=???
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COMPVNCTIO CORDIS CLAVO TIMORIS DEI Confortauit eùm clauis ut non moueretur. Iſaiæ. 41. Hoc mihi cor ſancti clauo transfige timoris, Pro me qui clauis in cruce fixus eras.

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???zigen HERZENS Zerſchmeltzung/ durch welche als einen Waſſertropffen/ dein unaußloͤſchlicher Durſt nur mehr an= gezuͤndet wird? Wolte Gott/ O zarteſter Braͤutigam meineꝛ Seelen/ ich koͤnte alle menſchliche HERZEN zerſchmeltzen/ auff daß mit diſem ſuͤſſeſten Tranck dein Durſt geloͤſchet wurde! Aber/ wie ich ſihe/ weil kein ſo groſſer Trunck vorhande ̅ / muſt du vor Durſt ſterben. O Durſt! O ſtete Brunſt! brenne mich/ damit ich ſatt werde vom lebendigen Brunnen/ welcher ent- ſpringt im luſtigen Paradeyß aller Wol= luͤſten/ und befeuchtet die Statt Gottes.

Die VIII. Lection.

COMPUNCTIO CORDIS CLAVO TIMORIS DEI.

Die Anhefftung deß HER- ZENS mit dem Nagel der Forcht Gottes.


Er hat ihn mit Naͤgeln beſtaͤttiget/ daß er nit bewegt werd. Iſai. 41. 7.WEin Gott/ es duͤrſtet mein Seel(Pſ. 62. 3.) nach diꝛ/ mein HERZ verlanget ſehr nach dir: Dann ich hab mit [610] (Luc 1. 78.) groſſer Beguͤrde begehrt dir nach zufolgen/ und mit dir vereiniget zu werden; darume ̅ hab ich dich gebetten durch dein hertzliche Barmhertzigkeit/ daß du mich wolleſt nach dir zihen mit Adams Stricken/ un ̅ Ban= (Pſee 11. 4.) den der Liebe/ und mich an dich binden. Aber durch mein Vnvertraulichkeit hab (Jer 5. 5.) ich das Joch zerbrochen/ und die Seil zer= riſſen/ und mein HERZ iſt hinde??? ſich gewichen. Wie wilſt du nun mich weiteꝛ an dich binden/ daß ich nit mehr von dir (Rom. ???. 39) welche? Die Band moͤgen zerbrochen un ̅ die Sirick zerriſſen werden/ oder zerfaule ̅ ; aber die Naͤgel haffte ̅ ſtaͤrcker und haͤrter. Deßwegen/ O Herr/ anhaͤffte mich an dich m ̅ it deinen Naͤgeln/ daß gar nichts ſey/ welches mich von deine??? Liebe abſoͤn= (Iſa. 41. 7) dere/ ſondern daß jenige von mir geſagt werden moͤge: Er hat ihn mit Naͤgeln angehefftet/ daß er nicht bewegt wur= de. Du Bꝛaͤu???igam meiner Seelen/ haſt erſtlich zwar mit Stricken gezogen und außgeſpant/ hernach aber am Creutz mit Naͤgeln ang???hefftet werden woͤllen/ wel= che deine Haͤnd durchgraben und durchbo= (Rom. 8. 29.) ret haben. Was woͤllen wir aber ſagen/ daß diſes bedeutte/ als daß du deine Auß= erwoͤhlten/ welche du voꝛgeſehen haſt/ daß [611] ſie gleichfoͤrmig ſeyn ſolten deinem Eben= bild/ durch diſe Staffel zu der Seligkeit bringen wolteſt? Dann erſtlich ziheſt du ſie zu dir mit Stricken/ uachmahlen auch(Bern. ſer. de ̅ trip. vine.) heffteſt du ſie ſtaͤrcker an mit Naͤgeln. Der jenige iſt dir/ O Seligmacher/ mit einem Strick angebunden/ der mit einer heffti= gen Verſuchung geplagt wird/ aber ihme ſelber für Augen ſtellet das Anſehen der Erbarkeit/ die Gedaͤchtnuß der Verheiſ= ſung/ und ſich entzwiſche ̅ mit diſem Strick inhelt/ daß nit das Fuͤrnehmen gaͤntzlich abgeriſſe ̅ werde. Es iſt fuͤrwahr ein hartes und verdrißliches Band/ aber gar gefaͤhr= lich/ und das nit lang halten kan. Seyte= mahl die Strick verfaulen/ und wir ver- geſſen oder zerreiſſen gar bald das Band der Schambarkeit. Es iſt wider ein ande= rer/ welcher mit Naͤgeln an den Herrn der Mayeſtatt angehefftet wird/ den die Forcht Gottes bindet/ der ſich nit entſetzt vor dem Angeſicht der Menſchen/ ſondern ob der Gedaͤchtnus der Hoͤlliſchen Peyne ̅ : Diſer zwar foͤrchtet ſich nit zu ſuͤndigen/ aber zubrennen. Dannoch wird diſer ſtaͤr= cker und harter eingetruckt als der erſte/ dann weil jener ſchwancket in dem Fur= nehmen/ ſo verliret doch diſer ſein Fuͤr= nehmen nicht. Darumen durch ſ???ch [612] (Pſ. 118. 220) mein Fleiſch mit deiner Forcht; den Nagel deiner Forcht tringe durch mein HERZ/ damit ich zum wenigſten dich alſo liebe. Auff daß ich aber noch außtru= ckenlicher die Begirde meines HER= ZENS meine ̅ Geliebte ̅ erklaͤre/ bitte ich daß geſchehe in mir/ was geſchehen iſt in dir von meinet und meines Heyls wegen. Was iſt aber daſſelbe? Hoͤre du zu Je= (Zach. 3. 8. 9.) ſu Hoher Prieſter/ du un ̅ deine Freuͤn- de die vor dir wohnen. Hat nit dein him ̅ liſcher Vatter von dir geſagt: Sihe/ diß iſt der Stein/ den ich vor Jeſum gelegt hab/ und auff demſelbige ̅ eini- gen Stein werden ſiben Augen ſte- hen? Sihe/ ich will ihn außhauen/ ſpricht der Herr Sabaoth/ und will die Suͤnde deſſelbigen Landts an ei- (Hieron. & Rup. in c. 3. Zach.) nem Tag hinweg thun. Du ſelber Herr Jeſu/ biſt unſer Stein der hoͤchſte/ außerwoͤhlte Eckſtein/ gegründet in der Feſte/ darinn die ſiben Gaben deß heiligen Geiſtes/ als ſiben Augen/ geruhet haben. Diſen Stein hat Gott der Vatter durch die Haͤnd der Juden außgehauen/ daß er auff einen Tag deines Leydens/ die Sünde deß Landts hinweg nehme. Ey mein Ge [613] liebter/ nach diſem Ebenbild außhaue auch in meine ̅ HZENEN dein Forcht. Biß du der Steinmetz; der Nagel deines Creutzes ſoll ſeyn das Stemmeyſen; der(Ierem. 13. 29) Hammer das Wort Gottes (dann deine Wort ſeynd wie ein Hammer/ der die Fel- ſen zerſchlaͤgt) der Stein mein HERZ. In diſem nun/ O Goͤttlicher Steinmetz/ einhaue gar tieff dein Forcht/ damit mich ſelbige von ſchaͤdlichen Dingen abforde= re/ und mein HERZ an dich heffte. Sey- mahl die Forcht Gottes treibt auß(F. ecl. 1. 27.) die Suͤnd. So durchſtiche nun mit Naͤgeln/ und zerſtoͤre die Entzuͤndung der Sünden/ es ſterbe in meinem Fleiſch al- le Wolluſt der Suͤnden: die an dz Creutz geheffte Beg???rligkett der Geluͤſten ſoll kein(Ambr in Pſ. 118.) Freyheit haben zuſündigen. Dann es iſt ein geiſtlicher Nagel/ welcher am Creutz deß Herrn diſes Fleiſch anheffte. So nun diſes Fleiſch die Naͤgel der Forcht Gottes nit haben woͤllen/ wird ohnezweif= fel geſprochen: Mein Geiſt wird in(Gen. 6. 3.) diſen Menſchen nit verbleiben/ dann ſie ſeynd Fleiſch. So ſie derhalben nit werden gehefftet an das Creutz/ und von der Forcht deß Herrn mit Naͤgeln durch= ſtochen werden/ wird in ihnen der Geiſt [614] Gottes nit verbleiben. So durchſtiche nun mein HERZ mit deiner Forcht/ auff daß ich dein Abtoͤdung/ O Herr Jeſu/ in meinem HERZEN ſtets trage.Aber ſo wol die Forcht deß Herrn/ als der Nagel deß Creutzes/ der ſie bedeuttet/ (Ambr. de o- bitu Theod.) ſoll mir ſeyn fuͤr ein Beſchirmung und Zaum. Dann alſo leſen wir/ wie Helena deß Conſtantini Mutter/ die Naͤgel deines Creutzes erfunden/ O Herꝛ/ und den einen in den Zaum/ den andern in deß Keyſers Kron eingeſchloſſen habe. Diſes iſt kein Vermeſſenheit/ ſondern Gottſeligkeit ge= weſen; weil es zu Ehren unſerer erloͤſung geſchehen. Der Nagel ſtehet gar recht auff dem Haupt/ daß wo die Sinnligkeit iſt/ daſelbſte ̅ ſey auch die Beſchirmung. Auff dem Haupt die Kron/ in den Haͤnden der Zuͤgel; die Kron iſt vom Creutz/ daß der Glaub leuchte; der Zaum vom Creutz/ daß der Gewalt leitte und regire. In welchem die Weiſſagung Zachariæ erfuͤllet worde ̅ : (Zach. 14. 20 Ita exponu ̅ t Greg. Tur. de glor. M??? t. c. 8. Niceph.) Es werde ̅ auch zu der Zeit die Span- gen und Gezierde an den Zaͤumen ď Pferdte dem HERRN heilig ſeyn. Warum ſoll heilig ſeyn was auff dem Zaum iſt/ als daß es den Hochmuth der Keyſer ſolle zaͤmen/ und auß dem heiligen [615] Geiſt ſpraͤche: Seyt nit wie die Pferd(l. 8. c. 29. Cy- rill. Ambr. Lyran. in Pſ. 31.) und Mauleſel; ſondern zaͤum ſie mit Zaum und Gebiß? Der Nagel deiner Forcht/ O Herꝛ ſey meinem HERZEN ein Helm deß Heyls/ und Zaum der mich innhalte vom Fall der Goͤttloſigkeit/ und abziehe von den ſchaͤdlichen Vbertrettun= gen.Du haſt mir auch noch ein andere gantz annehmliche Gutthat durch den Nagel deines Creutzes mitgetheylet. Dan ̅ auß diſem Nagel kan ich einen Schluͤſſel machen/ mit welchem ich den Himmel auffſchlieſſen kan. Seytemahln der auff=(Bern. ſer. 61. in Cant.) ſchlieſſende Schluͤſſel iſt mir zu einem durchtringenden Nagel worden/ daß ich den Willen deß Herrn ſehen moͤge. War= um ſoll ich nicht durch das Loch hinein ſe= hen? es ſchreyet der Nagel/ es ſchreyet die Wunden/ das Gott warhafftig in Chri= ſto ſey/ der ihme die Welt verſoͤhnet habe. Herꝛ/ das eyſen hat dein Seel durchtrun=(pſ. 104. 18. Hebr. 4. 15.) gen/ und dein HERZ hat ſich genahet/ daß du jetzunď auch mit meiner Schwach= heit ein Mitleyden haben koͤndeſt. Die Heimlichkeit deß HERZENS ſtehet offen/ durch die Loͤcher deß Leibs ſtehet offen das groſſe Geheimnuß der Gottſe= ligkeit/ es ſtehet offen die hertzliche Barm(Luc. 1. 78.) [616] hertzigkeit unſers Gottes/ durch welche uns beſucht hat der Oriens auß der Hoͤhe. So laß nun mich/ O Herꝛ/ mit diſem auß (Pſ. 30. 3.) deinem Nagel geſchmideten Schluͤſſel/ ein= gehen in das feſte Orth/ und in das Hauß der Zuflucht deiner hochheiligſten Wun= den: daß du mich daſelbſten verbergeſt fuͤr (Pſ. 30. 21.) Beleydigung (oder Zerſtoͤrungen) ď Men= ſchen/ fuͤr der groſſen Forcht und fuͤr dem (Pſ. 54. 9.) Wetter. Mein Liebe/ verleyhe mir diſes/ der du mit der Feder deiner Naͤgeln/ und der Dinten deines Bluts mich auff deine Haͤnd geſchriben haſt/ liſe daſelbſten dein (Iſa. 49. 16.) Schrifft/ und mach ſeelig mich/ das Weꝛck deiner Haͤnden.

Die VII. Claſſis.

Gleichfoͤrmigmachung deß HERZENS mit dem Creutz und Gecreutzigten.

(1. Cor. 1. 23.) DAs Creutz Chriſti und der ge- creutzigte Chriſtus iſt zwar den Juden ein Aergernuß/ und den Griechen ein Thorheit; De= nen aber/ die beruffen und außer woͤh= let ſeynd/ ein Gottes Krafft/ und [617] die Weißheit Gottes/ die Gerech- tigkeit/ Heiligung und Erloͤſung. Deßwegen haben die vom Herren Erloͤßten/ all ihr Ehr und Glory ins Creutz (welches zuvor ein veraͤcht liches Holtz geweſen) geſetzt. Daher(Gal. 6. 14.) der Apoſtel Paulus geſchriben: es ſey fern von mir/ daß ich mich ruͤhme/ dan ̅ allein in dem Creutz unſers Herrn Jeſu(Brev. Rom.) Chriſti: Diſes hat der H. Andreas mit Verehrung alſo gegruͤſſet: Ge= gruͤßt ſeyeſt du Creutz/ welches durch den Leib Chriſti geweyhet/ und mit ſeinen Glidern als guten Berlein gezieret biſt. O du gutes Creutz/ welches die Zierd und Schoͤne von deß Herꝛn Glidern empfangen/ nim mich hin von den Menſchen/ und uͤbergib mich meinem Meiſter/ auff daß mich durch dich auffnehme/ der mich durch dich erloͤſet hat! Diß iſt der jenige Baum/ von welchem die Braut ſagt: Wie ein Apffelbaum under(Cant. 2. 3.) den wilden Baͤumen/ alſo iſt mein Ge= liebter under den Soͤhnen: Ich bin geſeſ [618] ſen under dem Schatten deß ich begehr/ und ſein Frucht iſt meiner Keblen ſuͤß. (Cant. 1. 15. Cant. 3. 9.) Das Creutz iſt das gebluͤmet Bett unſers Nazaræers. Diß iſt der Saal Salomonis vom Hoitz auß Libano/ deſſen Sitz gulden/ ď Fuͤrhang Pur- pur das Mittel mit Liebe gepflaſtert/ um der Toͤchter willen zu Jeruſa= lem. Das Creutz Chriſti iſt die letzte Claß in unſer Schul/ und der hoͤchſte Gipffel der HERZEN-Schul. So komt nun ihr Toͤchter Sion/ ge- het in diſe Claß/ und ſehet wo euer Geliebter weyde/ wo er ruhe im Mit- tag. Pflantzet diſen Baum deß Creu- (Cant. 1. 6.) tzes/ auß dem Berg Golgotha in den Acker euers HERZENS/ un ̅ ein- weyhet euer gantzes HERZ dem triumphierlichen Titul deß Herrn. Wann euch geliebt mit der Liebe ver= wundet zuwerden/ wird jene Lantzen/ welche die Seyten deß herꝛn eroͤffnet hat/ euer HERZ mit der Liebe ver- wunden. So euch der Durſt plaget/ wird euch allhie zutrincken geben wer [619] den von gemachtem Wein/ und Moſt der Granataͤpffel/ welcher auß(Cant. 8. 2.) der Toꝛckel deß Creutzes herauß fliſ- ſet. Wann ihr forchtſame Tauben ein Freyhung ſuchet/ moͤget jhr allhie nuͤſten in den Felßloͤchern/ in den(Cant. 2. 14. Jacob. 1. 23.) Steinritzen; Es mangelt hie auch nit am Spiegel/ darinn ihr euer leiblich Angeſicht beſchauen moͤget; Seyte- mahln jene gantz koſtbarliche fuͤnff Wunden Chriſti/ ſeynd gleich ſo vil Spiegel/ welche klarer ſeynd als alles Glaß und Silber/ darinnen ihr die Mackelen euers HERZENS leichtlich beſchauen moͤget. So jꝛ biß=(Cant. 1. 6.) her nach den Herden der Geſellen hin und her gangen/ aber jetzunder Ruhe ſuchet/ ſo ſuchet ſie nit auſſer deß Ge- liebten; ſonďn leget euer HERZ zu(Ioan. 9. 41.) ihme in das neue Grab/ darinn er be- graben woꝛden. Daſelbſten ruhet mit ihm gantz ſuͤß und lieblich/ wo euch niemands aufferwecken wird/ biß er ſelber will. Vnd diſes ſeynd die Lectio= nen/ welche in diſer letzten Claß auß- gelegt werden.
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Die IX. Lection.

CORDIS IN CRUCE EXPANSIO.

Die Außſpan ̅ ung deß HER- ZENS am Creutz.


Suchet ihn in Einfaltigkeit deß HERZENS. Sap. 1. 1.(Cant. 3. 1.) ICh ſuchte deß Nachts in mei- nem Bett den mein Seel lie- bet. Ich ſuchte ihn/ aber ich fand ihn nit. Dann wie wolte ich dich funden haben im Bett der Ruhe und mei= (Luc. 2. 44.) ner Sinnlichkeit/ der du drey gantzer Tag geſucht worden von deiner heiligſten Mut= ter/ und keuſcheſtem Braͤutigam Joſeph/ under den Befreunden und Bekanten/ aber gar nit gefunden worden biſt? So will ich nun auffſtehen/ und in der Statt (Cant. 1. 6.) umgehen auff den Gaſſen und Straſſen/ und ſuchen den mein Seel liebet. Letzlich aber nach langem und fleiſſigem Suchen fand ich wo du ruheſt/ wo du ligeſt im Mit= tag deiner Liebe. Ich funde aber dich in einem ſehr ungelegnen Bett diß harten Creuͤtzes. In einem eyſern Bett/ ſo ich
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CORDIS IN CRVCE EXPANSIO. In ſimplicitate cordis quœrite illu ̅ . Sap. 1. In cruce, ne rugoſa fores, ???expanſus obliui: Sponſa tuum tendas cor, ſit vt abſplicâ.

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die Naͤgel anſihe; in einem doͤrnin/ was das Hauptkuͤſſen/ betreffen thut/ aber wege ̅ deß Creutzes in einem huͤltzin. O fridſa= mer Kaͤnig/ du ligeſt hie im koſtlichen(Cant. 8. 9.) Saal Salomonis/ der gemacht vom Holtz auß Libano/ dann das Ereutz allein uͤber= trifft an der Hoͤhe alle Cederbaͤum/ daran das Leben der Welt gehangen/ deſſen Fuͤrhang Purpurn/ ja mit deinem heilige ̅ Blut gefaͤrbet worden/ das Mittel aber mit Liebe gepflaſtert/ um der Toͤchter wil= len zu Jeruſalem: Seytemahl du ſelber brenneſt mit Liebe/ haſt das Mittel deß Creutzes angenomme ̅ / und ziheſt die glau= bige Seel zu dir. Ob ſchon diß Bettlein hart/ und die Ligerſtatt abſcheulich/ weil aber du dein Haupt und Leib darauff legeſt/ kan ich billich ſprechen: Das ſuͤſ= ſe Holtz das ſuͤſſe Beth/ tragen ein ſuͤſſe Burde; und wird diſer ſchmaͤhliche/ und vor Zeiten verfluchter Baum/ durch dich/
Ein ſchoͤner Baum durchſchein=(Brev. Rom.) bar gantz/
Von Koͤnigliche ̅ Purpur glantz/(Cant. 1. 15.) Gar ſchoͤn hat die Braut geſprochen: Vnſer Bettlein iſt blumet. Dann wie ſoll es nit geblumet ſeyn/ weil nichts [622] (Cant. 2. 1.) anders darinn ruhet als die Feldblum und Lilie oder Roſen im Thal? darauff (Iſa. 11. 1.) ſchlaffet die Blum von der Wurtzel Jeſſe/ ſie gruͤnet von roſenfarben Blut/ un ̅ richet lieblichen Geruch. Iſt es nit ein geblu= mets Beth welches ein ſolche Vberſchrifft hat: Jeſus Nazarenus, das iſt der bluͤ= ende/ oder geblumete von aller manig= falt aller Tugenden? Diſes aber iſt/ was am allermeiſten an diſem Bethlein ge= fallen ſoll/ daß es Vnſer/ das iſt/ dir und mir gemein genent wird/ weil es nemlich mich diſes lehret/ daß ich die Ge= meinſchafft deines Creutzes nit flihen/ (Rom 6. 6.) noch eintziges abſcheuen dar obtragen ſoll. Sin ̅ temahl es von noͤthen iſt/ daß auch (Rom. 8. 17.) der alte Menſch mit Chriſto gecreutziget werde/ damit der Neue aufferſtehe: Es iſt von noͤthen daß er mitleyde/ wann er mit regiren und herſchen will; Man (???alat, 5. 24.) muß daß unbeſchnittne HERZ/ und w??? derſpenſtige Fleiſch creutzigen: Welche nun Chriſti ſeynd/ die haben ihr Fleiſch gecreutziget ſambt den Laſtern (Ioan. 18. 29.) und boͤſen Begirden. Was hat aber der alte Menſch geſündiget? Was fuͤr ein Klag fuͤhret ihr wider ſein HERZ? was hat es boͤſes gethan? Der Gottloß hat [623] Gott gereutzet/ dan ̅ er hat geſprochen(Pſ. 10. 13.) in ſeinem HERZEN/ er frage nit darnach Sein HERZ ſamlet ihm nur Vnrecht. Ja hat letzlich in ſeinem HER-(Pſ 40. 7. Pſ. 13. 1. Matt. 26. 66) ZEN geſagt/ es iſt kein Gott. Was gedunckt euch? er hat Gott gelaͤſtert: er ſoll gecreutziget werden: Hinweg/ hinweg mit dem/ Creuͤtzige ihn. O Herꝛ/ gerecht iſt dein Vrtheil; diß HERZ ſoll man ga ̅ tz und gar creutzigen/ damit es der Welt abſterbe/ und die Welt ihme: daß ich mit dem Apoſtel Paulo ſpraͤchen moͤge: Mir iſt die Welt gecreutziget/ und ich(Gal. 6. 14.) der Welt. Nim derhalben hin/ O Herꝛ/ mein HERZ/ und creutzige es mit dir/ heffte es an mit den Naͤgeln deiner Forcht/ damit alle ſeine Begierden nit der Begir= ligkeit dienen/ ſondern der Abtoͤdtung an=(Caſſ. lib 4. c. 35.) gehefftet verbleiben. Vnd gleichwie der jenige ſo an Galgen deß Creutzes gehefft wird/ jetzt nit die gegenwertige Ding be= trachtet/ noch an ſeine Anmuͤtu ̅ g gedenckt/ nit ſorg traͤgt wegen deß morgigen Tags/ ſonď weil es noch in ihn ſchnauffe ̅ kan/ laſt es ſich geduncken es ſey allen Elementen abgeſtorben/ ſchickt das Anſchauen ſeines HERZENS vor an dz Orth/ dahin es noch hoffet zukom ̅ e ̅ : Alſo verſchaffe O Herꝛ/ [624] daß ich auch mit deiner Forcht gecreutzi- get/ nit allein den fleiſchlichen Laſtern/ ſon= dern auch den Elementen ſelber abgeſtor= ſey/ damit ich daſelbſten dz Aug deß HER= ZENS angehefftet hab/ dahin ich ver= hoffe mit dir durch dz Creutz zukom ̅ e ̅ . Noch ein ander Lehꝛ gibt dein Creutzigüng mei= nem HERZEN ein; dann du einfalti= (Prov. 3. Sap. 1. 1.) ger von Natur/ begehreſt die einfalt deß HERZENS: un ̅ daru ̅ iſt dein Sprach mit dem Einfaͤltigen. Darum werden wiꝛ auch ermahnet/ dich in einfaͤltigkeit deß HERZENS zuſuchen. Das iſt/ nichts (Bern. ſer. 2. ad Fratres.) anders wie dich/ nichts anders als dich/ nichts anders nach dir. Entgegen aber abmahnet uns dein Schrifft von zweyfa= (Eccl. 1. 36.) chen HERZEN/ ſprechend: Biß nicht unglaubig der Forcht Gottes/ und (Iac. 1. 6.) kom zu ihm nicht mit zweyfaltigem HERZEN. Dan ̅ ein Mann eines zweyfaltigen Gemuͤths/ iſt unſtet in allen ſeinen Wegen. Warum aber un= beſtaͤndig? Weil er nem ̅ blich nit hat den Ancker ſeiner Hoffnung/ mit welchem deß Menſchen HERZ angehefftet wird/ da= mit es nit hin und wider/ wie ein Schiff/ ſo vom Wind hin und her gewehet wird/ getribe ̅ werde. Was muß man nun thun/ [625] damit wir die Falten/ und Schlüpffwin= ckel deß ma ̅ ???gfaltige ̅ HERZENS auß= legen und glatt machen? O Herr! du haſt uns diſes gelernet/ als du am Crentz auß= geſpant geweſen biſt. Dann damit du dir ein glorwuͤrdige Kirchen machteſt/ welche weder Mackel noch Runtzel hette/ haſt du(Epheſ. 5. 27.) dich ſelber fuͤr ſie dargeben. Damit du ſie von aller Mackel reinigeſt/ haſt du dein Blut vergoſſen zu ihrer Abwaſchung: daß du ihre Runtzel außtilgeſt/ biſt du am Creutz außgedenet/ und außgebreitet wor= den; und zwar alſo/ daß ſich alle deine Ge=(Pſ. 21. 15.) bein zertren ̅ et haben/ und dein HERZ wurde in deinen Leib wie zerſchmoltzen Wachs. O Herr/ ſie haben deine Haͤnd/ un ̅ deine Fuͤß durchgraben; damit auch nit ein eintziger Falt in deinem Leib verblibe/ haben ſie es alſo außgeſpant/ daß ſie alle deine Gebein zehleten. Alſo vil hat dich gekoſtet/ daß du die Runtzle ̅ deiner geliebte ̅ Braut außeinander zoheſt! O Herr! wer wird mir geben/ daß mein HERZ zu dir ans Creutz gehefftet/ und allenthalbe ̅ auß- geſpant werde? damit nit ein eintziger Falt oder Runtzel darinn bleibe; daß ich nem- lich ein reine un ̅ einfache Meynung inalle ̅ Dinge ̅ habe/ durch welche ich dir allem dem Geliebten meines HERZENS/ [626] begehre zufallen/ und das jenige ſpreche: (Cant. 2. 16. Pſal. 11. 3. pſ. 61. 5.) Mein Geliebter iſt mein/ und ich bin ſein. Es mißfallen dir die jenige/ welche mit doppelten HERZEN reden/ mit de ̅ Mund loben ſie/ aber inwendig im HER= ZEN fluchen ſie und haben boͤſes im ihre ̅ (Pſ. 27. 3.) HERZEN. So gar die Menſchen= Kin= der haſſen/ die ſo eines zwyfachen HER= (Plut. de Iſide, & Oſiride.) ZENS ſeynd. Daher auch als die Welt= weiſe ̅ vermerckt/ wie die Frucht deß Perſich baums die Geſtalt eines HERZENS repræſentire/ die Blaͤtter aber die Gleich= nuß einer Zungen/ gewoͤlt haben/ daß durch ſolches bedeuͤttet werde/ dz die Zung und das HERZ deß Menſchen mitein= ander uͤbereinſtimmen ſollen; und nit ein anders mit der Zungen außgeſprochen/ ein anders im HERZEN gedacht wer= (Eccli. 3. 28.) den ſolle. Dan ̅ ein HERZ das zween Weg gehet/ dem wirdts nicht wol außgehen; und das boͤß HERZ wird (1. Paral. 29. 27.) drinnen geaͤrgert werden. Ich weiß mein Gott/ daß du dz HERZpruͤffeſt; un ̅ Einfaltigkeit iſt dir angenehm/ darum ̅ auß einfaltige ̅ HERZEN dargib ich dir freywillig mich ſelber gantz zu creutzigen/ un ̅ von alle ̅ Falten außzudenen/ damit ich mit einfaltigem HERZEN dir eintzigen
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CRVCIS IN CORDE PLANTATIO. Plantatio Domino adglorificandu ̅ . Iſaiæ. 61. Dulceprecor tenero cordi crutis inſere lignum, Fœcundâ creſcet nobilis arbor hume.

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einfachen Gott gefallen moͤge. O Herꝛ! mir gefaͤlt dein Creutz/ welches m???ch dir gleichfoͤrmig mache; darum will ich mit deinem heiligen Apoſtel Andrea ſpraͤchen: O gutes Creutz! welches von den Gli=(Breu. Rom.) dern deß Herrn gezieret worden/ du biſt lang begehret/ ſorgfaͤltig geliebet/ ohn un= derlaß geſuchet/ und nun einmahl dem be= guͤꝛenden Gemüth zubereittet: ich kom ̅ ſicher und froͤlich zu dir/ daß auch du mich frolockend auffnehmeſt: nim mich hin von den Menſchen und uͤber gib mich meinem Meiſter; daß er mich durch dich auffnehme/ der mich durch dich erloͤſet hat.

Die X Lection.

CRVCIS IN CORDE PLANTATIO.

Pflantzung deß Creutzes im HERZEN.


Ein Pflantzen deß Herꝛn/ dardurch er geſpeißt werden ſoll. Ieſa. 61. 3.WEin Ge???bter komme in ſeinen(Cant. 5. 1.) Garten/ zwar nit daß er Ltiten oder Roſen ???amie/ und eſſe die [628] Frucht ſeiner edlen: Aepffeln ſondern daß er als ein Bau/ und Ackerman/ widerum pflantze den Garten oder Parad???iß der Wolluſt/ wie er ihn von Anfang gepflan= tzet batte. Ich hab die erde ̅ meines HER= (Gen. 2. 8. Iſa. 5. 2.) ZENS gereiniget von den Diſteln und Doͤrnen/ die Stein außgeraumet/ und mit der Hauen der Buß undergraben. Was (Iſa. 17. 10. Pſ. 107. 2.) iſt nun überig/ O himmliſcher Gaͤrtner/ als daß du kommeſt/ und ein getreue Pflantzung pflantzeſt! Mein HERZ iſt bereit/ O Gott/ mein HERZ iſt bereit! Die Zeit der Pflantzung iſt vor= handen: kom ̅ und pflantze deinen Garten/ nim den Baum deß Lebens vo ̅ dem Berg Calvariæ/ und ſteck ihn in die Erden mei= nes HERZENS. Vnſer Erden kan gewißlich mit keiner edleren Pflantzen gruͤnen/ unſer Garten kan mit keinem edleren Holtz geziret werden. Seytemahln
Getreues Creutz/ dein edler Nam
Geziret iſt vor allem Stamm/
Kein Weid bringt ſolches Holtz herfuͤr/
Dem ſolche Zweig/ und Frucht gebuͤhr.(Liv. lib. 1.) Ob es ſchon vor Zeiten geweſen ein ver= achter Stand/ das allerſchmaͤhlichſte [629] Holtz/ ein unſeliger Baum; nach dem aber das Heyl der Welt daran gehenckt ward/ iſt ihme alle Schand und Schmach ent= nommen worde ̅ / und wie Sybilla geweiſ= ſaget/
Ein ſelig Holtz iſt gantz und gar/(Syb apud 50. zom. li. 2. c. 1)
Daran Gott ſelbſt ge ̅ hange ̅ war.Dann der Koͤnig uͤber alle Koͤnig/ hat mit Beruͤhrung ſeiner Glider diſe ̅ Holtz Z???er und Ehr gebracht. So iſt nun diß der all???ꝛ edleſte Baum/ ſo am aller ſtattlichſten Orth meines Luſtgartens gepflantzet wer= den ſoll. Ein Baum der Granataͤpffeln/ daran die ſchoͤne/ lieblich=roßlichte Frucht hanget/ mit Koͤniglicher Kron gezieret:(Eccl. 24. 19. Ibid. 50. 11.) Diß iſt der Cederbaum auff dem Berg Libano/ und die erhoͤhte Palmen in Ca= deß. Wie ein Oelbaum/ der ſein F???ucht herfuͤr truckt/ und wie ein Cypreß/ der in der Hoͤhe auffwachſet. Wie zierlich und lieblich iſt diſer Baum/ welcher nichts toͤdliches an ihme hat/ ſondern alle Froͤlich= keit! Dann das Holtz deß Creutzes gruͤnet(Bern. ſerm. de S. Andr.) allezeit mit dem Leben/ bringt Frucht der Luſtbarkeit/ tropffet das Oel der Froͤlich= keit/ ſchwitzet den Balſam der geiſtlichen Gnaden: iſt kein wilder Baum/ ſonder ein(Prov. 3. 18.) Baum deß Lebens allen die ihn ergreif [630] fen. es iſt ein Oelbaum/ der flieſſet mit der Feißte deß geſalbten Meſſiæ/ und mit in= (Cant. 1. 2. Ioan. 1. 16.) nerlicher Barmhertzigkeit; dann ſein Na me iſt ein außgeſchuͤtte Salb/ von deſſen Voͤlle haben wir alle genommen. (Can 1. 13.) Das Creutz iſt ein Weingarte zu engad= di/ der nns den Trauben Cypri bringt/ darvon wir den Wein der Zerknirſchung trincken moͤgen. Das Creutz iſt der wuͤr= digſte Baum der allzeit gruͤnet. Was iſt dann wunder/ wan ̅ ich mir diſen eintzigen ſo ſchoͤnen und fruchtbaren Baum außer= woͤhle/ der vor alle ̅ andern in mein HERZ geſteckt werden ſoll/ weil er alle andere an Vberfluͤſſigkeit der Fruͤchten uͤbertriffet? Ich begehre/ O mein Geliebter! daß du zu underſt in Grundt meines HER ZENS ſteckeſt de ̅ Baum deß gebenedeyte ̅ Creutzes/ damit er darin ̅ einwurtzle/ wachſe (Gal. 2. 20.) und gruͤne; auff daß ich lebe/ aber jetzt nit ich/ ſondern der gecreutzigte Chriſtus in (Pſal. 1. 3.) mir. So nun diſer Baum begehret ge= pflantzt zuwerden an den Waſſerbaͤchen/ daß er Frucht bringe zu ſeiner Zeit; will ich zu ſeiner Wurtzel uͤberfluͤſſige Zaͤhre ̅ gieſſe ̅ ; mit denen ich die neue Pflantzung befeuch= ten will: es wird mir auch nit an Waſſer manglen koͤnnen; dann ſo das Creutz mir ins HERZ geſteckt wird/ auß Liebe der je [631] nigen Liebe/ die daran fuͤr mich gecreutzigt worden/ wird mein bereuiges HERZ ein Brunnen der Zaͤhren herfür bringen/ die bey Tag und Nacht auß meinen Au=(Pſ. 118 136.) gen gehen werden. Warum ſolte ich aber diß nit verhoffen/ durch Beruͤhrung diſes heylſamen Holtzes/ weil die duͤrre Ruten Moyſis auß dem harten Felſen ein flieſ-(Exod. 17. 6.) ſende??? Brunnen herauß gelocket hat?Von was für eines Nutzes aber be= gehre ich/ daß diſer Baum alſo in meine ̅ Garten gepflantzet werde? als daß ich mit der Braut reden moͤge: Ich bin geſeſſen(Cant. 2. 3.) under dem Schatten deß/ den ich be gehr/ und die Frucht iſt meiner Ke= len ſuͤß. Ich begehr ein Erquickung und Labung/ ein Erquickung vom Schatten/(Pſ. 90. 4.) daß du mich mit deinen Achſlen uͤberſchat= teſt/ du ſuͤſſeſte Frucht diſes Baums/ von(Thren. 4. 20.) dem wir ſagen: Wir woͤllen under dei nem Schatten leben. Der Natha- nael wird under dem Feigenbaum geſehe ̅ / David hoffet auff den Schatten deiner Fluͤgel/ Zachæus ſteiget auff den wilden(Ambr. in Pſ. 118. Pſal. 16. 8. Luc. 19 5.) Feigenbaum/ daß er dich/ mein Geliebter/ ſehe. Ich aber ſitze under diſem Baum/ an welchem du deine Haͤnd außgeſpannet haſt/ damit du die gantze Welt uͤberſchat [632] teſt: ich ſitze/ ſprich ich/ daß ich mit Bede= ckung deines Creutzes von der Welt Boß- heit/ und Hitz deß Leibes beſchützet und be= ſchirmet werde. Dann welche die Geilheit angebrent hat/ dieſelbe erfriſchet dein Creutz/ O Herr Jeſu! darauff du dich (Aug. Med. c. 37.) geleinet haſt/ damit du unſere Suͤnden auff dich nehmeſt. O Herr/ laß mein HERZ under den Schatte ̅ deiner Fluͤgel flihe ̅ vor der Hitz ď Gedancke ̅ diſer Welt/ daß ich under deiner Kuͤhlung verborgen (Pſ. 4. 9. Cant. 2. 3.) ſinge und ſprech: Ich will im Friden mit ihnen ſchlaffen und ruhen! Diſer Baum wird mir auch ein Labung geben/ deſſen Frucht meiner Kelen ſuͤß iſt. An dere Baͤum im Wald/ ob ſie ſchon ein (Bern ſerm. 48. in Cant.) Schatten zur Erquickung haben; ſo gebe ̅ ſie doch kein Labung zum Lebe ̅ ; noch ewige Frucht der Seligkeit: ſeytemahl nur ein (1. Tim. 2. 5. Pſ 34. 3. Orig hom. 1. in Cant.) Anfaͤnger deß Lebens iſt/ es iſt ein Mitler zwiſchen Gott und dem Menſchen/ nem= lich der Menſch Jeſus Chriſtus/ der zu ſeiner Braut ſpricht: Ich bin dein Heyl. Diß iſt die annehmliche/ und ſuͤſſe Frucht deß Lebens/ welche die Vnſterblichkeit mit= theilet. O Herr! gib mir diſe Frucht/ mit= theile diſe ſüſſe Frucht meine ̅ HERZEN; ſie iſt hoch/ erhebe die Begirden; ſie iſt ge=???
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DEDICATIO CORDIS TITVLOCRVCIS Titulus Domini iuxta termmu ̅ altaris erit in ???ignum et in teſtimoniu ̅ Domino exerecituu ̅ . Hoc titulo, tibi Christe cor hoc. dico. conſecro totu ̅ Nolo quod eſse meum, ſi queat eſse tuu ̅ .

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???benedeyet/ heiligt den Dienſt; ſie verfaulet nit/ reinige den Affect; ſie iſt ſuͤß/ erfreue das HERZ; auff daß es allein beluſtiget werde in dir/ der du die fuͤrnehmſte Frucht biſt/ welche ſolches kan erſaͤttigen in Ewig= keit.

Die XI. Lection. DEDICATIO CORDIS TI- TULO CRUCIS.

Einweyhu ̅ g deß HERZENS durch den Titul deß Creutzes.


Es wird ein Altar/ und ein Titul an ihre Marck dem Herrn auffgericht/ der wird dem Herrn Sabaoth ein Zeichen und ein Zeug ſeyn. ???eſai. 19. 19.BErrachte/ O mein Seel! wie dein Braͤutigam nit woͤlle/ daß ihme nur auff ein Weiß das HERZ dargeben werde. Dann er will/ daß es ihme um das Himmelreich ver= kaufft werde; er will daß es ihme umſon- ſten geſchenckt werde; er will/ daß es ihme auffgeopffeꝛt werde fuͤr ein Danckſagung/ darum daß er ſich ſeibſt dargeben fuͤr uns [634] zu einem Fridopffer und Sündopffer/ (Epheſ. 5. 2.) Gott zu einem ſuͤſſen Geruch. Er begehrt auch/ daß ihme ein Tempel (darinn er wohne) in deinem HERZEN gebauet werde; er begehrt auch ein Altar zuſeyn/ darauff ihme geiſtliche Opffer geopffert werden. Mein Seel/ folge dem Begehren deines Braͤutigams/ und einweyhe thme diſen Tempel; heillge ihme diſen geweyhe= ten Altar. Wie aber/ und mit was für Worten wirſt du diſe Kirchweyhung vollbringe ̅ ? Gewißlich mit keinem andern als den jenigen/ welche Pilatus dem ge= (Ioan 19. 19.) kroͤnten Haupt deiner Liebe fuͤr eine ̅ Titel auffgeſetzt. Dann ſo man die Martyrer und erſten Chriſten Kirchen Titel genen ̅ et hat; warum ſolte es ſich nit ſchicken/ daß man mie dem Titel deß Herrn Cr???utzes (Gen. 28. 18.) den geiſtliche ̅ Tempel deß HERZENS dem Herrn einweyhe? Da Jacob dem Herrn ein Altar bawen wolt/ richtet er den Stein auff zu einem Zeichen oder Titul: Richte du auch de ̅ Titul deines Ge= liebte ̅ auff uͤber de ̅ Altarſtein deines HER ZENS/ daß es auch Bethel/ das iſt/ ein Hauß Gottes werde.Die Aberglaubige Athenienſer hatten (Act. 17. 33.) uͤber ihren Altar ein ſolche Vberſchrifft ge= macht/ de ̅ VNBERANTEN GOTt. [635] Ich aber nit alſo ſondern ich will ſprechen: Ich gehoͤre dem Herrn zu; und mit meiner(Iſai. 44. 5. Pſ. 75. 2.) Hand ſchreiben/ DEM HERREN/ Dem Gott/ ſprich ich/ ſo in Judea bekant: den auch mein HERZ kennet. Dem Er= kenner/ und Erſchaffer meines HER- ZENS/ will ich zu Ehren w???ben den Altar meines HERZENS. Als Da-(Pſ. 44. 1.) vids HERZ herauß ſtteſſe ein gutes Wort/ thate er ſeine Werck dem Koͤ???(1. Tim. 1. 17.) nig zu Ehren: dir aber dem unſterblichen und unſichtbaren Koͤnig/ dem Gott mei= nes HERZENS/ thue ich nit allein zu Ehren meine Werck; ſondern auch den Vrſprung der Werck ſelber/ mein(Matth. 15. 19.) HERZ/ darauß entſpringen meine Ge= dancken/ mein Lob. Dir Jeſu von Naza= reth/ dem Koͤnig der Juden/ weyhe ich zu Ehren den Altar meines HERZENS ewiglich: Dan ̅ das gantze HERZ gehoͤrt dir zu auß ſo vilen Vrſachen/ als vil diſer dein Titul Wort in ſich helt. Dann dir/ O Jeſu Hayland! gehoͤret zu dz HERZ/ von deſſen Heyls willen du am Creutz haſt ſterben woͤllen. So bin ich nun dein/ mach(Pſ. 118. 94.) mich ſelig und hilff mir/ den du mit einem ſo groſſe ̅ Werth erloͤſet haſt; hilff mir ab von den Laſteren/ und von mir ſelber/ das ich nit mein/ ſondern dein ſeyn moͤge. Dem bluͤhenden Braͤutigam von Nazareth/ [636] der Blumen von der Wurtzel Jeſſe/ die am Baum deß Creutzes ſchoͤn gruͤnet/ dargib ich freywillig das blumende Beth- lein meines HERZENS/ dz von ihm (Cant. 6. 1.) ſelber zugerichtet/ und gebanet iſt: daßwan ̅ auß ſeinen Gaben Roſen oder Lilten vor= handen/ er ſelbige abbreche; weil er auch am Cre???tz von meiner Liebe wege ̅ krauck/ als vil moͤglich mit meinen Blumen un= (Cant. 2. 5. Cant. 2. 1.) derſtuͤtzet werde. Du aber/ O Najarent/ du Feldblum/ und Thal Roſen/ befeuͤchte diſen. Garten mit deinem koſtbarlichen Blut/ auff daß die Blumen ſich wide- (Pſ. 2. 6.) rum ſehen laſſen in unſerm Land. Dem Koͤnig/ welcher geſetzt worden uͤber den heiligen Berg Sion/ der gantz glorwuͤr= dig am Holtz geherſchet hat/ daran er ge= (Rom. 6. 12.) hangen/ damit er ihme bekaͤme das Reich meines HERZENS/ und die Suͤnd nit darinn herſchet; Dem Koͤnig meines HERZENS und meiner gecreutzigten (Matth. 6. 10) Liebe opffere und ergibe ich mein HERZ! auff daß ſein Reich darein kom ̅ e/ und er da= rinnen als im zugeruͤfle ̅ Thron ſeiner Ma= jeſtaͤt ſitze. Darum
O Chriſte hoͤchſter Koͤnig mein/Beſitzdu unſer HERZEN ſein: (Pſ 118. 133.) Biß du mein Koͤnig und mein Herr; [637] Laß kein Vnrecht uͤber uns herſchen. Den Koͤnig der Juden/ der uͤber die Juden her= ſchet/ nit dem Buchſtaben/ ſondern dem Geiſt nach deren HERZEN durch die(2. Cor. 3. 6.) geiſtliche Beſchneydung beſchnitten ſeynd/ auffopffere ich mein HERZ zu eine ̅ ewi= gen Opffer/ du wirſt genent ein Koͤnig der Juden/ das iſt/ der Bekennenden/ ent=(Pſ. 118. 7.) weders ihre Suͤnd/ oder dein Lob. Deß= wegen will ich dir auch mit auffrichtigem HERZEN bekennen alle meine Miſſe= thaten und Vbertrettunge ̅ meines HER= ZENS/ auff daß mir ſolche Bekandtnuß zur Seligkeit gereiche. Du Herr Jeſu/(Rom. 10 10. Phil. 2. 11.) biſt auch würdig/ daß ein jegliches HERZ und jede Zung bekenne die Glory deines Namens: Ich auch will dir dancken von meine ̅ gantze ̅ HERZEN/ und deine ̅ Na= men ſtets lobe ̅ / mich auch deiner nit ſchaͤ=(Pſ. 137 1. Eccleſ. 51. 1.) men vor den Koͤnige ̅ un ̅ Fuͤrſte ̅ der Welt; auff daß/ ſo ich dich bekendt haben werde vor de ̅ Menſchen/ du mich auch bekenneſt(Matth. 17. 21) vor dem Vatter der in Himmlen iſt.Sihe O Herr! dz HERZ/ welches ich dir auß ſo vilen Vrſachen ſchuldig bin/ zu= eygne ich dir mit ewigem Affect und An= mutung. Ich bitte/ erkenne die Vber= ſchrifft diſes Alters/ darinn der Titul dei [638] nes Creutzes geſchriben ſtehet/ und nim ̅ e ihn dir fuͤr eygen/ damit er nit profantert oder geſchaͤndet/ noch frembden Goͤtteren zugeeygnet werde. Ich habs mit meiner Hand bezeichnet/ un ̅ die Poſſeß oder Be= ſitzung diſes Altars dir zugeſchriben: ob ſchon das Fleiſch ſich widerſetzet/ die Welt darwider ſchreyet/ der Tenffel ſolchen wi= (Joan. 19. 21.) derſpricht; Was ich geſchriben hab/ das hab ich geſchriben. Ich will die Vberſchrifft/ ſo ich auffgeſetzt hab/ nit wi= der abnehmen/ noch ſelbige veraͤnderen oď (Feſtus, verb. tit. & Varro li. 6. de ling. Lat.) falſchen. Ja diſer Titel ſoll mir an ſtatt ei= ner ſtarcken Veſtung und Bewahrung ſeyn: ſeytemahl Titulus ſo vil als tutulus, von tuendo oder beſchützen heereichet oder genennt worden. Es ſoll mer ſeyn ein ſtar- cker Thurn vor dem Felud; damit ſo er auß der Vberſchrifft deß Titels ſehe ̅ wird/ in weſſen Gewalt ſolcher Orth ſey/ dem er uͤberſchriben iſt/ er weit hin weg darvon fli= he/ als der weiß/ daß ſich die niemand wi= derſetzen kan.(In Pſ. 21. in Expoſit 2.) Dann alſo (wie Auguſtinus bezeuget) damit nit etwa ̅ ein Gewaltiger das Hauß eines angreiſſe/ ſetzet er daſelbſten den T??? tel eines Gewa???gen; auff daß/ wann man de ̅ Titel itſet man ſich o??? dem Gewalt [639] und Macht deß Namens entſetze/ und von der Handanlegung enthalte. So auch ein Maͤchtiger ſein Titel findet/ ſpricht er ſol- che Sach mit recht an/ und ſagt: Ich hab meinen Titel auff geſetzt/ die Sach gehoͤret mir zu. Alſo auch Chriſte Jeſu/ die wir deinen Tauff haben/ loͤſchen die Titel nit auß; ſondern erkennen die Titel unſers Koͤnigs/ unſers Keyſers. Was ſagen wir aber? O du armſeliges Hauß! der jenige ſoll dich beſitzen deſſen Titel du haſt: Du haſt Chriſti Titel/ ſey nit ein Beſitzung deß Teuffels. Derhalben ſoll die Beſitzung meines HERZENS dein ſeyn/ O Herꝛ(I. Ne quis C. vt nemo priu. Am- broſ. Ep. 33. ad Marcell.) Jeſu! als welche mie deinem Titel gezieret iſt/ und ſey mir an ſtatt der Koͤniglichen Fahnen (wie es Inſtinianus nennet) un ̅ Koͤniglichen Fuͤr haͤngen (wie Ambroſius darvon redet) oder an ſtatt der Salva Guardia dein Titel/ welcher das Hauß meines HERZENS wider das An= fallen der Feinden und Widerſacher be= wahre.Derohatben O Herr??? erkenne diſe Schrifft/ und beſchuͤtz??? dein Creatur; es geſchehe in mir geiſtlicher weiß/ was bey dem Jeſaia geſchriben ſtehet: Es wird(Iſa. 19. 19.) ein Altar/ und ein Titul an ihre [640] Marck dem HErrn auffgericht/ der wird dem HErrn Sabaoth ein Zei= chen und ein Zeug ſeyn. Alſo ſoll nun der Titul meines Herrn geſetzt ſeyn/ uͤber dem Titul meines HERZENS/ zum Zeichen und Zeugen dem Herꝛn Sabaoth: daß er mich nemlich durch ſein Creutz und Leyden erloͤſet; und darum ſoll er mich auß diſem Titul fur den Seinen erkennen/ ich ſoll auch vo ̅ andern fuͤr einen Erloͤßten Jeſu Chriſti/ und ein ewiger Leibeigner Diener meines Koͤnigs/ mit ſeinem glor= wuͤrdigen Titul bezeichneter/ erkennt wer= den.

Die XII. Lection. APERTIO CORDIS LAN- CEA LONGINI.

Die Eroͤffnung deß HER- ZENS mit dem Speer Longini.


Ich bin verwundet von der Liebe. Cant. 2. 5.Suͤſſeſter Liebhaber meines HER= ZENS/ ich begehr nit allein mit deiner Forcht/ ſondern auch mit deiner Liebe durchſtochen werden: Sinte=???
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APERTIO CORDIS, LANCEÂ LON GINI. Vulnerata charitate ego ſum. Cant. 2. COR, pia, tranſadigat diuini vulnera amoris Lancea, que Jeſu tincta cruore rubet.

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???mahl dich nit die Forcht/ ſondern die Liebe am Creütz gehalten hat. Dann du vil mehꝛ mit meiner Libe/ als mit den eyſeꝛn Naͤgeln ans Creuͤtz gehaͤfftet wareſt. Solt dero= halben nit beſſer ſeyn dir mit der Liebe als(1. Joan. 4. 18.) Forcht zugethan ſeyn? Dann die Forcht hat Peyn/ aber die vollkommne Liebe treibt die Forcht auß. Du Herꝛ aber/(Epheſ. 2. 4.) wie Reich biſtu in Barmhertzigkeit und er- baͤrmnuſſen/ der du in deinem Leyde ̅ nichts haſt laſſen abgehen/ was einiger Weiß haͤt koͤnnen zu unſerm Heyl dienen! Dann die Waſfen deines Leydens/ ſeynd Inſtru= menta unſerer Vollkommenheit worden. Seitemal deine Siꝛick ziehe ̅ unſeꝛ HERZ zu dir/ dem Saͤul underhaͤlt das HERZ die Geißlen wecken es auff/ die Cron be= wahrets/ die Naͤgel durchſtechen das HERZ mit deiner Forcht. Was iſt nun uͤbrig/ als daß auch dz Speer das HERZ mit Liebe verwunde? Dann nach dem du ſchon geſtorben wareſt/ hat einer auß(Joan. 19. 34. Born. ſerm. Sig Mag. Luc. 2. 35.) den Soͤldnern dein heiligſte Seyten eroͤffnet/ und zwar hat die grauſame Lan= tzen dein Seel nit beruͤhret; aber die Seel deiner Mutter hat ſie ohne zweiffel durch= trungen. Dein Seel Herꝛ/ war jetzun= der nicht mehr da/ aber deiner Mutter [642] kunde nit abgeſoͤndert werden. So hat nun deꝛ Haup???mann Long???nus deinen Leib nnd nit die Seel; aber der Mutter Seel (Brev. Rom.) und nit den Leib/ mit dem grauſamen Spitz der Lantzen verwundet. Ach wie wolte ich wuͤnſchen daß bey geſundem Leib du mit demſelben Speer mein Seel durch= ſtecheſt/ und mein HERZ mit dem Spitz deiner Liebe heylſam verwundeſt! Dann diſe Lantzen vermag mein kaltes HERZ mit dem Feur demer Liebe zuentuͤnden. Sintemal demnach es in den helſſen Ofen deines vor Lieb brin ̅ enden HERZENS eingangen/ iſt es vom ſelben Feur gantz ent zuͤndet und eyferig herauß gangen. Diſes Eyſen iſt nit mehr kalt/ nach dem es mit de???ein heiligen Blut befeuchtet worden: der Spieß iſt lieblich/ welchen die Purpur meines Geliebten bekleidet/ das Blut ab= waſchet/ und die Lieb feurig machet. Deß- wegen durchſtiche mein B???uſt und??? (Bonavent. in Stim.) HERZ mit diſer Lantzen; durchſtiche ſuͤſ= ſeſter Herꝛ Jeſu! das Marck und innerſte meiner Seelen/ mit der ſüſſeſten und heyk= ſamſten Wunden deiner Liebe/ durch wah= re Apoſtoliſche heiligſte Liebe/ daß mein Seel ſchwach werde und zerſchmeltze al= lein auß deiner Liebe und Begierde. Ich [643] begehre mir billich die Wunden/ weil du(Iſa. 53. 3.) von unſer Miſſethat willen verwundet worden biſt: ich begehre mit deiner Liebe verwundet zuwerden/ der du auß meiner Liebe weit ſtaͤrcker als mit dem Spitz der Lantzen ve???wundet biſt. Daher du auch geſprochen: Du haſt wir das HERZ(Cant. 4. 9.) verwundet/ mein Schweſter/ liebe Braut/ das HERZ haſt du mir ver- wundet mit deiner Augen einem/ und mit einem Haar deines Halß. So biſt du nun von mir verwundet worden/ mein Lieb/ mach mir entgegen ein Wunde ̅ der Liebe. Seytemahl mein HERZ nit(Greg. 1. 6. Moral. c. 14.) recht geſund iſt/ wann es nit von deiner Liebe verwundet wirdt; ſo es aber mit den Pfeilen der Liebe geſchoſſen iſt/ wirdt es innerlich verwuͤndet mit dem Affect der Andacht/ bren ̅ et mit der Beglerde der Be= ſchaulichkeit: wird auch wunderbarlicher weiß von der Wunden lebendig gemacht/ welche zuvor todt gelegen war an der Se= ligkeit. Diſen Wunden auffopfferte ich mich/ halte mich auch fuͤr gluͤckſelig/ daß ich ſolte mit diſer Lantzen verwundet wer= ???en. Seytemahl diſes Wunden ſeyndt(Ambr. in Pſ. 118. Prov. 27. 6.) welche dem Kuſſen fuͤrgezogen werden: Die Wunden deß Liebhabers ſeynd [644] beſſer/ dann daß betrieglich Kuſſen deß Haſſers Derhalben O Herr! ver= wunde mein HERZ/ daß ich mit der (Cant. 2.) Braut ſprechen moͤge: Ich bin von der Liebe verwundet. Ach/ ach! mein herr/ (Bonau. in Stim. p. 1. c. 2.) warum haſtu mich erſchaffen/ wann ich nit mit dir vereyniget ſeyn ſoll? Warum ̅ bin ich nit mit dir verwundet? fuͤr mich/ O Herr! fuͤr mich biſt du verwundet/ nit für dich; und du traͤgſt die Wunden/ nit ich. Was iſt diß? Ich ſolte den Wunden underworffen ſeyn/ und nit du: dann ich bin der jenige/ der geſündiget/ der daß Boͤß und Vnrecht gethan hat; du aber/ un= ſchuldiges Laͤmblein/ was haſt gehan? Ich bitte wende diſe Wunden gegen mir/ und meines Vatters Hauß. O Herr gib uns wider unſere Wunden heim/ damit nit du Vnſchuldiger fuͤr ſchuldig angeſe- hen werdeſt/ in dem du frembde Wunden behalteſt: oder auff das wenigſte verwun= de unſꝛe HERZEN mit diꝛ. Sihe ich will ſterben/ ſo du mein Gemuͤth nit verwun= deſt. Ich trag ein Abſcheuen/ ſo ich ſihe/ daß mein HERZ nit verwundet iſt/ ſo ich doch ſihe dich Heyland alſo fuͤr mich aller= ſchlechteſten an das Creutz gehefftet. Dar= rum ̅ en Herr Jeſu/ entweders verwunde [645] mich ſam bt dir/ oder aber gib mir Erlaub= nus/ mit dem materialiſchen Schwerdt durch geſtochen zu werden. Dan ̅ / O Herr!(Cap. 3.) ich mag nit leben ohne Wunden/ w???ich dich verwundet ſihe. O Herꝛ/ warumb gibſt mir nit was ich begehre? So ich dich verletzet hab/ verwunde mein HERZ we= gen der Gerechtigkeit. So ich dir gedienet hab/ begehre ich jetzunder die Wunden fuͤr ein Lohn. O Gerꝛ/ wo iſt dein Guͤtigkeit? Wo iſt dein unendtliche Barmhertzigkeit? Warumb biſt du mir grauſam worden/ der du allzeit ſo genaͤdig geweſen biſt? Warumb biſt du mir bitter worden/ der du allzeit ſuͤß und guͤtig geweſen biſt? Wa= rumb biſt du gegen mir geitzig worden/ der du allzeit freyg???dig grweſen? O Herr ich begehr von dir weder die Sonnen oder die Sternen; ſondern die Wun= den. Was iſt diſes/ daß du wegen diſer Wunden ſo geltzig biſt? O Herꝛ nimb mir entweders das zeitliche Leben/ oder ver=(Auguſt in Medit. c. 37.) wunde mein HERZ. Dan ̅ es iſt mir ſpoͤt. lich/ meinen Herꝛn Jeſum verwundet zu= ſehen; und ich der aller ſchlechſte Knecht ſoll leer außgehen. Ich bitte dich durch jene deine heylſame Wunden/ welche du ge= litten haſt am Creutz umb unſers Heyls willen/ darauß das koſtbarliche Blut ge [546] floſſen/ durch welches wir erloͤſet worden: Verwunde diſe mein ſuͤndige Seel/ von derer wegen du auch haſt ſterben woͤllen. Verwunde ſie/ mit dem feurigen und ge= (???eb. 4. 12.) waltigen Pfeil deiner überfluͤſſigen Liebe. Dann das Wort Gottes iſt lebendig und Kraͤfftig/ und ſchaͤrpffer dann kein zweyſchneidig Schwerd. Du biſt ď auß erleßne Pfeſl/ und ſehr ſcharpffe Schwerd/ welcher den harten Schilt deß menſchlichen HERZENS mit deiner Macht durcheringen magſt: Durchſtiche mein HERZ mit dem Pfeil deiner Liebe/ (Cant. 2. 5.) daß zu dir mein Seel ſpraͤche: Ich bin von deiner Liebe verwundet: Alſo daß auß der Wunden deiner Liebe ſelber uͤberflüſ= ſige Zaͤhren flieſſen bey Tag und bey Nacht.
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MVS TVM CORDIS E TORCVLARI CRVCLS. Vinum lætificet COR hominis. Ps. ??? ta En Cypri premitur botrus. COR exc???pegra De torculari. quę crue??? vina fluunt.

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Die XIII. Lection. MUSTUM CORDIS E TOR- CULARI CRUCIS.

Deß HERZENS Moſt auß der Torckel deß Creutzes.


Der Wein erfreuet deß Menſchen HERZ. Pſ. 103 15.WIe ſo gut iſt GOtt Iſrael/(Pſ. 72. 1.) denen/ die da auffꝛichtig von HERZEN. ſeynd! Dann wasthuſt du mit der Seelen/ die dich liebet die alles in dir hat/ und welcher du alles biſt? So ſie begehret von der Wunden hey zu werden/ biſt du ein Artzt: ſo ſie mit hitzigem F??? behafftet/ biſt du ein Brun ̅ : ſo ſie mit Miſſetdat behafftet/ biſt du die Gerechtigkeit: ſo ſie der Hilff beduͤrfftig/ biſt du die Krafft: Foͤrchtet ſie den Tod/ biſt du das Leben: Fliehet ſie die Finſter= nuß/ biſt du das Liecht: So ſie zweiffel= hafftig iſt/ biſt du die Warheit: Foͤrchtet ſie das Verderben/ biſt du das Heyl: Be= gehrt ſie gen Himmel/ biſt du der Weg: Hungert ſie/ biſt du die Speiß: Duͤrſtet ſie/ biſt du das Tranck. Sie ſollen dir dan(Pſ. 106. 8.) [648] cken umb deine Barmhertzigkeit/ die du uͤberfluͤſſig gethan an den Menſchen=Kin= dern. Dann du haſt ihnen geben Getreid/ und Wein/ welcher von dir erſchaffen worden zu der Luſtbarkeit. Wein zur (Ecel. 31. 36.) Notturfft getruncken/ erfreuet Seel und HERZ. Es iſt aber wol zuerbar= men/ daß die Menſchen diſe deine gute Gaab alſo uͤbel mißbrauchen/ dermaſſen/ daß ihnen dein Gutthat zu Gifft wirdt. Seytemahl der Wein/ welcher gewach= ſen iſt die HERZEN froͤlich zumachen/ (Oſee. 4. 11.) nimbt das HERZ hinweg/ und hat vil außgetilgt; daß dein Apoſtel nit unbillich (Rom. 14. 21.) geſprochen: Es iſt gut kein Wein trin- cken. Nun aber haſt du Herr Gott viel einen koͤſtlichern Wein unſeren Seelen (Zach. 9. 17. Ioan. 15. 1.) auffbehalten; zwar einen ſehr koͤſtlichen Wein/ einen Wein/ der Jungfrauen zeuget/ der vom Jungfraͤulichen Fleiſch herauß flieſſet/ und von jenem Rebſtock/ welchen der himmliſche Baumann dein (Cant. 1. 14.) Vatter gepflantzet hat. Mein Geliebter iſt mir ein Drauben Cypri in dem Weingarten zu Engaddi. Dann du/ mein Geliebter/ biſt gleich wie ein Draub in dem Weingarten Engaddi/ der von den [649] benachtbarten Gewürtz. Fruͤchten garlieb= lich ſchmecket/ an der Preß deß Creutzes außgepreßt/ der du unſer Verſoͤhnung worden biſt/ und bringeſt uns im Kelch deß hochwuͤrdigſten Sacraments den Wein/ welcher deß Menſchen HERZ(Pſ. 105. 15.) erfreuet. Diß iſt der Tranck von gemach- tem Wein/ und der Moſt von Granat= aͤpffelen. Du biſt der Draube auß dem(Cant. ???. 2.) gelobten Land/ welchen zween Außſpaͤher(Num. 13. 24) an einer Stangen zu den Kmdern Iſrael getragen haben. Dann wer iſt ſonſten der Draube am Holtzhangende/ als mein Liebe ans Creutz gehefftet? Diſer Draube deß geiſtlichen Wimmats/ welcher zur(Aug. ſer. 100 de Temp.) Zeit deines Leydens/ mit der Preß deß Creutzes außgetruckt worden/ mittheylet den Glaubigen den Wein der Freuden. Alßdann haſt du die Kelter allein getret= ten/ daß alſo das Blut auff deine Kleider(Iſa. 63. 2.) geſprengt/ und alles dein Gewand beſu= delt worden. Alſo vil hats dich O Herr! gekoſtet/ daß du der durſligen Braut den Wein deß heiligſten Bluts herauß tru=(Gen. 49. 11.) ckeſt. Alsdan ̅ haſt du dein Kleid im Wein gewaſchen/ und dein Mantel in Weinbeeꝛ=(Orig. in Ge ̅ . hom. 17 E- pheſ. 5 16.) Blut. Diſes Kleid iſt dein Kirch/ die du dir in deinem Blut gereiniget haſt/ wel= che kein Mackel oder Runtzel hat. Da aber [650] geſagt wird vom Weinbeer=Blut/ was kan fuͤr ein anderer Wein als das Blut (Cypr. Ep iſt. 63. Matt. 26. 28.) im Kelch deß Herꝛn angedeuttet werden? Diſes Weinbeer???Blut aber haſt du nit allein zur Verzeyhung der Sünden; ſon= dern haſts auch fuͤr ein ſuͤſies Tranck dei= ner Kirchen hinder laſſen. Haſt dann nit ſelber mit deinem heiligen und gebenedey= (Joan. 6. 55.) ten Mund geſprochen: Mein Blut iſt warhafftig ein Tranck: Vnd der wein Blut trincket/ bleibt in mir/ und ich in ihm? So iſt auch deiner Liebe nit genug geweſen/ diſes allein zu hinder= laſſen/ ſondern ladeſt uns auch gantz lieb= lich zu ̅ trincke ̅ . Seynd diß nit deine Wort: (Joan. 7. 36. Iſa. 55. 1.) So einen duͤrſtet/ der kom ̅ zu mir/ und trincke? O ihr alle/ die duͤrſtig ſeyt/ kommet zu den Waſſern/ und ihr welche kein Gelt habt/ kommet/ lauf- fet und eſſet. Lieber kommet doch/ un ̅ kauffet ohn Gelt und Werth/ Wein und Milch. Wie ſuͤß ſeynd diſe deine (Prov. 9. 5.) Wort dem Weiſen! Kompt/ eſſet mein Brodt/ und trincket den Wein/ den ich euch gemiſchet hab. Verlaßt das ???lich Weſen/ ſo werdet ihr leben/ [651] und gehet auff den Weg deß Ver= ſtandts. Was iſt ſuͤſſer/ was iſt beluſt= barlicher/ als diſe d???ne gantz guͤtige Ein= ladung/ O liebſter Braͤutigam? Ja du underſteheſt dich auch deß Ambts eines Verkoſters/ in de ̅ du zuvor verſuchet haſt den Kelch/ zu dem du ladeſt; dann ich er= kenne dein Stimm: Ich hab meines(Cant. 5. 1.) Hoͤnigſeyms ſampt meinem Honig geſſen: Ich hab meines Weinsſampt meiner Milch getruncke ̅ Eſſet meine Lieben/ und trincket meine Freuͤnd/ und werdet truncken ihr Allerliebſte ̅ ! Was kundt weiter darzu gethan/ oder er= dacht werden? Ach Herr/ wie hoch begeh= reſt du dich ſelber uns mitzutheilen! Wie inbrünſtig wilſt/ daß
Wir uns mit Freuden trincken(Brev. Rom.) voll/
Im Geiſt/ doch nuͤchter bleiben wol!Sintemahl ein gutes Ding iſt umb die(Ambr. ſer. 13. in Pſ. ???18.) Trunckenheit/ welche das Gemüth ver= zuckt macht zu guten und luſtigen Din= gen/ daß wann es der Sorgen vergeſſen/ mitdem Wein der Luſtbarkeit froͤlich ge= macht werde. Von diſem Wein ſeynd [652] truncken worden deine ſehr liebe Geſpon= ſen/ S. Catharina von Senis/ und S. (Cant. 2. 4.) Lutgardis: Welche du guͤtigſter Koͤnig eingefuͤhrt haſt in dein Weinkeller/ und haſt ſie getrenckt mit Wein der von der al= lerheiligſten Wunden deiner Seyten ge- (???ur. in vita) floſſen. Dann als jene ein ſonderbahre mortification verꝛichtet/ durch welche ſie den Teuffel und ihr eigne Natur uͤber= wunden/ haſt du ſie zu der Wunden dei= ner Seyten gehebt/ und durch unauß= ſprechliches Tranck alſo erquicket/ daß ſie nachmahlen die Speiß nit gnieſſen koͤn ̅ en. (Cantipr l. 1. vitæ S. Lut- gard.) Diſer aber biſt du begegnet am Creutz han gende aller blutig/ haſt auch den Arm vom Creutz gethan/ ſie umbfange ̅ ihren Mund an die Wunden deiner Seyten gehebt: Daher ſie ein ſolche Lieblichkeit empfange ̅ / daß ſie in dem Dienſt Gottes allzeit ſtaͤr= cker und munterer worden. Daher auch ď Speichel auß ihrem Mund die Suͤſſig= keit deß Honigs uͤbertroffen: Vnd war diß kein Wunder/ weil ihr HERZ das Ho= nig deiner Gottheit/ und die Milch der Menſchheit kewet. Ach das mir geben wurd/ da/ was du ihne ̅ ſichtbarlich erthei- let haſt/ du daſſelbig auch unſichtbarlicher weiß meine ̅ HERZEN ertheileſt? Sihe/ Herr ich komme zu dir/ angereuͤtzet durch [653] dein Ladung/ und diſer Heyligen Geſpon= ſen Exempel: ich bitte/ fuͤhre mich in deine Keller/ anff daß ich ſchoͤpffe von de ̅ Bruͤn= nen deß Heylandts den Moſt der Geiſt=(Iſa. 12 3. Eſther. 1. 7.) lichen Wolluͤſten/ und trincke den Wein/ der Koͤniglicher Großmaͤchtigkeit gebuͤh= ret/ und auß deiner Torckel herſlieſſet. Ach Herr wuͤrdige mich daß ich ſelbigen auf- fange in dem reineſten Geſchuͤrꝛ meines HERZENS/ und mein durſtige Seel erquicke! Dan ̅ Wie der Hirſch begehrt(Pſ. 41. 1.) der Waſſerbrunnen/ alſo begehrt mein Seel/ GOtt/ zu dir. Mein Seel duͤrſtet nach dem ſtarcken le- bendigen GOtt/ ach wenn werd ich hinein kommen/ und erſcheinen fuͤr Gottes Angeſicht? Wann werde ich finden das Tranck meiner Seelen/ die wie ein Hafen vom Durſt außdürret! O Brun ̅ deß Lebens! Ader der lebendigen Waſſer/(Aug. Soli- loq. c. 35. Pſ. 62. 3.) wann werde ich kommen zu den Waſſern deiner ſuͤſſe/ von dem Wuͤſten ungeban= ten/ duͤrren und durſtigen Landt/ da kein Waſſer iſt; auff daß ich auß den Waſſern deiner Barmhertzigkeit meinen Durſt loͤ= ſche? O Herr! mich dürſtet/ du biſt der Brun ̅ deß Lebens/ erſaͤttige mich. O Herr mich duͤrſtet nach dir de ̅ lebendigen Gott! [654] O Herr! mich duͤrſlei nach dem allerlau- terſten Drquben-Blut. Ach Herr mach (Deut. 32. 14. Pſ, 22. 5.) mich truncken/ auff daß mein Seel zu dir ſpreche: Mein Trinckgeſchuͤrr/ mit dem du mich trincken macheſt/ wie iſt es ſo herꝛlich (Cyprian. E- piſt. 63.) und uͤberauß koͤſtlich! Dann dein Blut macht die Trunckende alſo truncken/ daß es ſie nuͤchter machet/ und das Gemuͤth zur geiſtlichen Weißheit bringet; damit von dem weltlichen Geſchmack/ ein jegli= cher ſich zum Verſtandt Gottes begebe. Gleich wie auch durch diſen gemeinen Wein das Gemuͤth auffgeloͤſet/ und alle Traurigkeit hingelegt wirdt: Alſo auch durch das getrunckne Blut deß Herrn/ und heylſamen Becher/ ſoll man die Ge- daͤchtnuß deß alten Me???ſchen hinlegen/ auch den alten weltlichen Wandel ver= geſſen/ und das traurige betruͤbte HERZ durch Goͤttliche Nachlaſſung erfreuet werde ̅ . So erfreue nun d???er Wein mein HERZ/ damit es nit mehr an ſein Schmertze ̅ gedenckt/ wie geſchriben ſtehet: (Prov. 31. 6.) Gebt ſtar??? Getraͤnck de ̅ Traurige ̅ / un ̅ de ̅ Wein die eines betruͤbte ̅ HCR ZENS ſeynd/ daß ſie trincken/ und ihres Armuths vergrffen/ und ihres Vngluͤcks nit mehr gedencken. So [655] nun mein HERZ verkoſten wird/ wie fuͤß(Sap. 12. 1.) der Herꝛ iſt/ ſoll ſich mein Geiſt erfreuen in Gott meinem Heyland.(Luc. 1. 47.) Vber das begehre ich noch/ daß diſes heylſame Getranck mein HERZ von al= ler Suͤnd reinige. Dann ſo das Blut der Ochſen/ und der Boͤcke/ und der Kaͤlber(Heb. 9. 13.) Aſchen beſprenget die Vnreinen heiliget zu der leiblichen Reinigkeit: Wie vil mehr wird das Blut deß Herrn JEſu unſer Gewiſſen reinigen von den todten Wei=(Apoc. 22. 13.) cken/ zu dienen dem lebendigen Gott? So ſeynd nun ſelig/ die da waſchen ihre See= len in dem Blut deß Laͤmmleins/ auff daß ihr Macht ſey an dem Hoͤltz deß Lebens??? So bitt ich nun dich/
Herꝛ Jeſu guter Pelican/
Abwaſche mich Vnreinen dann(Ex. D Tho???)
Mit deim Blut deſſen Tropff allein
Von Suͤnd der Welt kan ma= chen rein.
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Die XIV. Lection. ASYLUM CORDIS IN LATERE VULNERATO.

Deß HERZENS Freyhung und Zuflucht in der verwun??? den Seyten.


Thue wie die Tauben/ die da niſten in den hohen Loͤchern. Hier. 48. 28.ZV dir Herr/ erhebe ich mein Seel/ (Pſ. 24. 1.) und ſchreye alle Tag: Sey mir ein beſchirmender Gott/ und ein Hauß (Pſ. 30. 3.) zur Zuflucht/ daß du mir helffeſt. So aber ich dich ſihe am Creutz auß geſpant/ daſelbſt biſt du Herr unſer Zuflucht worden. Sintemain in der Wunden deiner durch= (Pſ. 89. 1.) ſtochnen Seyten war die Thuͤr eroͤffnet/ durch welche wir eingehen koͤnnen in das (pſ. 83. 4.) Hauß der Zuflucht: daſelbſten/ Herꝛ/ hat ihm der Spatz ein Hauß funden/ und die Turteltaub ihr Neſt/ da ſie ihre Jungen hinlegt: du wuͤrdigeſt dich auch nit allein uns in dieſe Freyhung und Zuflucht deiner Seyten hinein zulaſſen; ſondern ladeſt uns noch darzu gantz lieblich/ ſprechende: (Cant. 2. 23.) Stehe auff mein Freundin/ mach
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AZYLVM CORDIS IN LATERE VVLNERATO. Esto quaſi Columba nidificans in ſummo ore foraminis. Jerem 48. ??? Fas lateris thalala latitare, et amoris azylo. Et cor cum Domini iungere cordeme???

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dich her zu/ und komm: Mein ſchoͤ- ne komm her/ mein Taub in den Felß= loͤchern/ in den Steinritzen. Vnnd durch den Pꝛopheten: O jhr ein wohner(Jerem. 48. 28.) Moab/ verlaſſet die Staͤtt/ und woh??? net in den Felſen/ und thuet wie die Tauben die da niſien in den hohen(Pſal. 118. 103.) Loͤchern. Herr wie ſuͤß iſt die Redt meinem Rachen? Bißher heulete ich im(Pſal 83. 6.) Thal der Traͤhnen/ an dem Orth/ das du mir geſetzt haſt/ da bereitet ich mir Auff= ſteigung in meine ̅ HERZEN/ un ̅ ſprach:(Pſal. 54. 7.) O hette ich Fluͤgel wie Tauben/ daß ich fluͤge und etwas ruhet? Jetzt aber O du mein erwuͤnſchte Ruhe/ ſprichſt du:(Cant 2. 13.) Komm her/ mein Taub/ in den Felßloͤchern/ in den Steinritzen; und(Ier. 4. 288) thue wie die Taub/ die da niſtet in de ̅ hohen Loͤchern. Vnd was ſeynd diß für Felßloͤcher??? als die Wunden deiner Haͤnd(Greg. in Cant.) und Füß/ O Herr? und was iſt diß fuͤr ein Steinritz/ als die Wunden der Sey=(Bernard. ler. 61. in Cant.) ten/ welche mit dem Speer gemacht wor= den? Wie ein ſichere/ ja???eiffe Sicherheit und Ruhe haben die ſchwache und Kran= cken in des Heylandts Wunden? Die [658] (Pſ. 103. 18. 1. Cor. 10. 4.) Stein=Klufft ſeynd der I???eln Zuflucht/ der Felß aber iſt Chriſtus/ die Taub be= ſchuͤtzet ſich in dem Felſen; und fihet den Reiger oder Arweyh unerſchrocke ̅ herum ̅ fliegen; es wuͤtet die Welt/ das Fleiſch und der Teuffel durch ſeine Nachſtellun= (Matth. 7. 24.) gen/ und ich falle nit/ dann ich bin gegruͤn= det auff einem ſteiffen Felſen.Derhalben du mein Seel/ ſo du noch biſt auß der Zahl der jungen Toͤchtern/ die du hin und her folgeſt den Fußſtapf= fen deiner Geſellen/ und ſtaͤrtzeſt noch von (Cant. 1. 6.) den Spitzen der Suͤnden; nim dein Zu- flucht zu diſem Felſen. So du nun aber gar fuͤr einem Schlaffgenoſſen oder An= (Prov. 30. 26.) fangenden auffgenommen biſt/ thue wie ein Koͤniglein/ ſo zwar ein ſchwach Block iſt/ aber ſein Hauß in den Felſen legt. Wann du aber den Stand der Koͤniglin (Iob. 39. 28.) oder Zunemmenden erreichet haſt; mach dein Neſt in der Hoͤhe wie ein Adler/ und bleib in diſem Felſen. So du aber durch Erbarmnuß deß Braͤutigams gewuͤrdi= get/ und zur Wuͤrde einer eintzigen Taube ̅ erhebt biſt/ niſte in den hohen Loͤcheren/ (Jer. 48. 28.) nim ein die Steinritzen. Dann da wirſt du Hoͤnig auß den Felſen ſaugen/ und (Deutr. 32. 13.) Oele auß den harten Steinen. Mein Seel/ gehe hinein in den Felſen/ verbirge [659] dich darinnen; ſintemahl du nirgend(Iſa. 2. 10.) auſſerhalb Ruhe finden/ dir auch nirgend ander flwo beſſer ſeyn wirdSeelig biſt du/ H. Johannes/ dem auß(Breu. Rom.) Freyheit ſonderbahreꝛ Liebe vergund wor- den/ am Nachtmahl auff der Bruſt deß Herꝛn zuligen/ und die Fuͤß deß Evan= gelij von dem heiligen Brun ̅ en deß Herꝛn Bruſt vberfluͤſſig zutrincken: Daher es kommen/ daß du hoͤher als andere auff= ſchreyeſt/ und der Weit herauß ſtoſſeſt das Wort/ welches von Anfang bey GOTT(Ioan. 1.) war. O ſeeliges Speer Longini/ mit dem die heilige Seyten auffgethan/ und deß(Ioan. 19. 34.) Herꝛn Blut geſchoͤpffet worden! Ich mißgoͤnne diſem harten und kalten Eyſen diſe ſo groſſe Ehr.Wolte Gott/ daß die Liebe/ als ein kunſt= reicher Schmid/ diſes HERZ zu ̅ Spter ſchmidet/ damit es in die Seyten deß Her= ren geſtoͤchen wurde. Sintemahl auch die Natur ſelberdz HERZ dreyeckig ge= macht/ und wie einen dreyeckigen Spitz geſchaͤrffet hat. Darumb ſoll diſes auff ein Spieß geſteckt in deß Herrn Bruſt lauffen und den Geliebten mit der Wun= den der Liebe verwunden. Ach mein ge= ereutzigte Liebe vergun ̅ mir diß wan ̅ mein HERZ einmahl ſolte in die allerſuͤ??? [660] Wohnung der Liebe eingelaſſen werden??? wirdt es ſich nit ſo bald wider darauß laſ= ſen; auch nit wie deß Soͤldners Speer nach gemachter Wunden herauß gehen/ ſondern wirdt ewig wohnen und ſterben woͤllen in diſer purpurfarben Schlafſ kam= mer der Liebe/ und roſenfarben Bethlein ihres Braͤutigams.(Ioan. 20. 27.) O ſehr faſt gluͤckhaffter Thoma/ der vom Herꝛn geladen/ die Hand in diſe Wunden der hochheiligen Seyten gelegt haſt! Mein Seel/ dir iſt ſolches auch ver= gundt zuthun: ſintemahln Longinus die Thuͤr geoͤffnet hat/ durch welche du einge= hen kanſt. So gehe nun hin zu dem Gott deines HERZENS/ zu dem HER= ZEN deines Gottes/ darinn du dir ein Tabernackel/ Wohnu ̅ g und Behauſung macheſt. Allhie vereinige dein HERZ mit dem HERZEN deiner Liebe/ nit einen Finger oder Hand; ſonder ſchlieſſe das HERZ in diſe offne Schlaffkam ̅ er deines (Gen. 8. 6.) Geliebten. Nim wahr/ das Fenſter der heylſammen Archen ſtehet offen/ vergeben= lich ſchweiffeſt du um mit den Raben/ vergeblich reiſſeſt du dich um die ſtincken= de Todtencoͤrper der Welt: Gehe hin= ein zum Noe in die Arch/ damit du in der groſſen Waſſerflut erhalten werdeſt/ und [661] ſprich: Diß iſt mein Ruhe ewiglich:(Pſ. 131. 14.) Hie will ich wohnen/ dann ich hab ſie(Sur. in vita.) außerwoͤhlt. Alda wohnete der ſeelige Elzearius ein Graff zu Ariano/ demnach er lang auß geweſen/ und ſein Gemahlin einen Diener zu ihm ſande; gab er ſchrifft= lich Antwort: Ich bin dem Leib nach friſch und geſund; ſo du aber mich begehreſt zu= ſuchen/ ſuch mich in der Wunden ď Sey= ten Chriſti; daſelbſten wohne ich/ da wirſt du mich finden/ aber anderſtwo vergebent= lich ſuchen. Diß wird auch hinfuͤro mei- nes HERZENS Wohnung ſeyn: ſo ich durch diſe Thuͤr eingehe/ werde ich die Weyde finden/ wie auch das Brod/ ſo(Ioan 10. 9.) in dem Ofen meiner Liebe gebacken. Da iſt der Weinkeller/ der uͤberfluͤſſig Moſt(Cant. 8. 2.) von Granataͤpffeln hat: Da iſt die Apo= teck der heylſamen Artzneyen/ die alle(Matth. 9. 35.) Schwachheit und Sucht heylet. O Herꝛ/ diſe Wunden iſt ein Friſche/ und Erqui= ckung aller Angefochtnen/ ein Statt der Zuflucht aller der jenigen die flihen von dem Angeſicht deß Zorn GOttes in die Freyhung deiner Barmhertzigkeit; die(Act 3. 2.) guldene Porten/ vor welcher ſitzen die ſuͤn= dige Bettler/ und warten auff das Almo= ſen der vilfaͤltigen Barmhertzigkeit Got= tes. Diſe Wunden iſt die Seyten. Thuͤr [662] am Tempel/ und Porten gegen dem Auff= gang/ auſſer welcher kein Eingang zum (Ezech. 48. 10. Ruper. in c. 16. l. 3. Reg.) ewige ̅ Lebe ̅ iſt/ noch ein andere Thuͤr/ durch welche man eingehe/ daß man ſtehen koͤn ̅ e vor GOtt. Bey diſer Porten/ in diſem Tempel/ und Heiligthu ̅ bey diſer Bunds= Archen will ich anbetten/ und den Namen deß Herrn ſtets loben. Ach wie aut und lieblich iſt wohnen in diſem HERZEN? (Bern ſer. 20 de Paſſ. Do ̅ .) Guͤtiger Jeſu/ dein HERZ iſt ein guter Schatz/ ein gutes Perlein/ welches wir fin= den/ ſo wir de ̅ Acker deines HERZENS durchgraben! Wer wolte diſes Perlein hinwerffen? vil mehr will ich alles geben/ alle Gedancken und Affect deß Gemuͤhts (Pſ. 54. 23.) vertauſchen/ und ſolches mir erkauffen/ al= les mein Anligen auff das HERZ mei= nes Herrn Jeſu werffen/ daſſel= be wird mich ohn allen Be= trug verſorgen.
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SPECVLVM CORDLS IN QVINQVE VVLNERIBVS Inſpice et fac ſacundum Exemplar quod tibi in monte monſtratu ̅ eſt. Exod. 25. Pro ſpeculo cordiſ, cor aſpice dulcis jeſu, Imprimet hoc cordi, vulnera viua, tuo.

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Die XV. Lection. SPECULUM CORDIS IN QUINQUE VULNERIBUS.

Deß HERZENS Spiegel in den fuͤnff Wunden.


Sihe/ und machs nach dem Fuͤrbild/ das dir auf dem Berg gezeiget iſt. Exod. 25. 40.WEin Seel/ was erfodert von dir dein Geliebter/ der wolgeſtalt(pſ 44. 3.) vor allen Menſchen Kindern/ anders/ als daß du nach ſeinem Ebenbild und Gleichnuß auffgebutzt/ dich ſonderlich befleiſſ eſt mit deiner ſchoͤnen Geſtalt ihme zugefallen? Auff daß du a= ber ſolches fuͤglich thun koͤnneſt/ iſt von= ???oͤhten daß du dein natuͤrliches Angeſicht(Jac. 1. 23.) in einem Spiegel beſeheſt; damit du dar. auß deine Mackel erkenneſt/ auch wie ſchaͤndlich und unflaͤtig du ſeyeſt/ beſe- heſt/ dich ſelber außziheſt und auffbutz eſt/ daß du einer Braut gleich ſeheſt/ die wohl werth ſey deß jenigen/ ob deſſe ̅ Schoͤne ſich Sonn und Mond verwundern. Nun aber wer wird dir ein kunſtreichen wol po [664] lierten Spiegel leihen/ darinn du dich wol erſpieglen und beſehen moͤgeſt? Diſes wird thun dein Braͤutigam/ der dir fuͤr alles (Sap. 7. 26.) iſt: Dann er iſt ein Glantz deß ewi- gen Liechts/ und ein unbemackleter Spiegel der Goͤttlichen Mayeſtaͤt/ und ein Bild ſeiner Guͤte. Chriſtus der Herꝛ iſt warhafftig ein Spiegel Got= tes deß Vatters/ nit allein als ein Sohn Gottes/ welcher den Glantz der Gottheit und Bildnuß deß Vatters repræſentiert; ſondern auch als ein Menſch laßt er die Straalen deß Goͤttlichen Scheins durch das aller reineſte und ſcheinbarlich ſte Glaß ſeiner heiligſten Menſch heit gegen uns er= (Laur. Iuſt. in faſc. a- mor c. 2. Id. lib. de hu mil c. 21. Baſil. conſt. Mon. c. 5.) ſcheinen. Herꝛ Jeſu/ du biſt der fuͤrtreff= lichſte Spiegel/ der gar kein Bemacklung der Vnvollkommenheit/ oder Vnart der Tugend hat! Seitemaln in dir ein Gott= gleichfoͤrmige Geſtalt erſcheinet. Du biſt das Buch deß Lebens/ ein rechtes erem= plar und ebenbild/ ein Spiegel der Voll= kommenheit/ ein Form recht zuleben/ durch ſcheinender Weg/ Meiſterſchafft der Geiſtlichkeit/ und ein Richtſch nur al= ler Tugenden. Du unſer Heyland/ aller deren/ die Gottſeelig leben woͤllen/ ein Spiegel der Tugend/ und gleichſam ein [665] rechtes Gemaͤld/ baſt in dir ſelber ein rechte Abbildnuß fuͤrgeſtelt; daher alle/ auß An= ſchauung deiner Lineamenten (ein jegli- cher/ was ihme tauget) ein exempel ihres(Leo ſer. 1. de jejun.) Lebens nehmen ſolten. Dann ſo ich ge- treulich und vernuͤnfftiglich den Vrſp???u ̅ g meiner erſchaffung betrachte/ ſo befinde ich gewißlich/ wie der Menſch darumen nach dem Ebenbild Gottes erſchaffen ſey/ daß er ſeinem Schoͤpffer nach folgen ſoll: So hab auch unſer Geſchlecht diſe Wuͤrde daß in uns/ gleich als in einem Spiegel erſcheine die Geſtalt der Gottheit/ zu der wir durch dein Gnad wider gebracht wer= den. Sintemahl ich Herꝛ/ erkennt/ daß alle deine Werck/ unſer Vnderweiſung; und dein gantzes Leben ein Spiegel unſers Le= bens ſey: aber doch erkenne ich/ daß mir in deinen hochheiligen fuͤnff Wunden der allerklareſte/ und edleſte Spiegel fuͤrge= ſtelt iſt. ein fuͤnffacher Spiegel/ ſprich ich/ der mit den Loͤchern deiner Wunden außgehoͤlert/ und nit allein mich mir fuͤr- ſtelt und repræſentiert (wie die ebne und gleiche Spiegel zuthun pflegen) ſonďn die Stralen auff einem Puncten zuſammen ſamlet/ auch die Hitz gegen der fuͤrgeſtelten Matery herauß laſſet/ und ſelbige gar offt entzuͤndet. Alſo ſagt man/ hab Archimedes [666] von Syracuſis der Feind Schiff mit ei- nem gehoͤlertem Brennſpigel angezuͤndet. Warum ſollen nit auch die holen Spiegel deiner Wunden in meinem HERZEN (Luc. 12. 49.) anzuͤnden das Feur/ welches du auff er= den zuſenden kommen biſt/ und gewoͤlt haſt/ daß es hefftig brennen ſoll? Solches haſt du geleiſtet deiner geliebteſten Braut S. Gertrudi; dann als ſie dein Guͤte alſo (Inſin. divin. piet. li. 2 c. 4) bate: Barmhertzigſter Herꝛ! ſchreibe deine Wunden in mein HERZ mit deinem koſtbarlichen Blut/ damit ich darinn leſe/ zugleich deine Schmertzen und Liebe/ auch die Gedaͤchtnuß deiner Wunden ſtets in dem Geheimnuß meines HERZENS verbleibe. Dann als ſie mit diſen Dingen umgienge/ hat ſie in ihrem HERZEN empfunden/ wie die hochwuͤrdige Mahlzei= chen der hochheiligen Wunden gleichſam an leiblichen Oertern eingetruckt weren/ mit denen du die Wunden ihrer Seelen geheilet/ und den Becher der ſüſſen Liebe dargebotten haſt. Wer ſoll aber gnugſam erzehlen koͤnnen/ was für ein groſſes Feur der Liebe du mit den Seralen deiner Wun= den in ihrem HERZEN angezündet ha= (Iſa. 59. 1.) beſt? Herꝛ/ dein Hand iſt noch nit abge= kuͤrtzet; thue auch diſe Barmhertzigkeit mit deinem Knecht/ ſo du nit die koͤſtliche Klei [667] noder deiner Wunden/ zum wenigſten die heylſame Gedaͤchtnuß derſelben/ und den Schmertzen deß Mitleydens meinem HERZEN eintruck eſt/ damit die Hitz deiner Liebe von dem Spiegel deiner Wu ̅ = den/ gleichwie ein Straal her auß gelaſſen/ und meinem HERZEN reflectiert/ uͤberfluͤſſig angezuͤndet werde.Damit ich aber nun dem Spiegel ſelber mich entgegen ſtelle/ und anſehe den An= heber und Vollender deß Glaubens Je=(Hebr. 12 2.) ſum/ ſihe ich/ wie mir in demſelben ein rich= tige Regul und Weiß zu Leben fürgeſchri= ben werde. Seytemahl in diſen durch= borten/ fuͤr mich am Creutz außgeſpanten Haͤnden/ ſihe ich klaͤrlichals in einem Spi= gel/ was ich mit den Haͤnden wuͤrcken; in den Fuͤſſen/ wohin ich gehen; im HER= ZEN/ was ich gedencken und begehren ſolle. Darinn erlerne ich die Fürſichtig= keit der Heyligen/ welche iſt/ mich ſelber/ wie auch dich erkennen. Deine Haͤnd/(Cant. 5. 14 Pſ. 143. 3) welche ſeynd wie gewunden Gold voller Hyacinthen/ lehren meine Haͤnde ſtreite ̅ / und meine Finger kriegen. Sie ſeynds/ die mich under weiſen die Krieg deß Herꝛn(1. Reg 18. 17.) zu fuͤhren/ wid er die Welt/ das Fleiſch un ̅ Blut.Gantz billich/ O Herr! formiere ich [668] mir einen Spiegel in den Wunden deiner Haͤnde; daſelbſten ſihe ich mich beſchriben. (Iſa. 49. 16.) Wer iſt aber der Schreiber? Dein Liebe/ Herꝛ Jeſu. Was fuͤr ein Feder? Die Naͤ= gel. Mit was fuͤr einer Dinten? Deinem koſtbarlichen Blut. Auff was fur ein Papyer? In deinen Haͤnden/ denen das Creutz an ſtat deß Tiſchs geweſen/ darauff du mich mit den Buchſtaben ewiger Liebe/ ſo ewig wehren ſollen/ geſchriben haſt. Was erfordern aber diſe Bnchstaben von (Cant. 5. 5.) mir anders/ als daß auch meine Haͤnd tropffen mit Myrꝛhen der Abtoͤhung/ und meine Finger voll ſeynd außerleſner Myrꝛ= hen?So hab ich auch fuͤr meine Fuͤß einen (Epheſ. 6. 15.) Spiegel gefunden an den Füſſen/ welche ſo offt von meinetwegen bereit und ge- ruͤſt geweſen zum evangelion deß Fridens. Gewißlich ein ſchoͤn glantzend Spiegel ſeynd die Füß meines Herren/ die mit den (Luc. 7. 38.) Zaͤhren Magdalenæ gewaſchen/ mit ih= ren Haaren getruͤcknet/ und geſalbet wor= (luc. 10. 30.) den. Bey diſen ſchoͤnen Füſſen/ will ich mit ihr ſitzen/ damit lch daſelbſt Burmher= tzigkeit finde/ und das Heyl vom Herrn ſchoͤpffe. Diſe Fuͤß werden wie ein Richt= (Prov. 8. 35.) ſch nur meine Fuͤß leiten auff den Weg deß Fridens/ und ewigen Heylß. HErr/ [669] diſen Fuͤſſen will ich nach folgen/ und(luc. 1. 79.) daran nicht jrꝛen; ſondern den rechten Weeg gehen: ſintemahl mich ſelbe in das Hauß meines Geliebten fuͤhren wer- den.So mangelt es meinem HERZEN auch nit am Spigel/ welcher in der ge= oͤffneten Seyten meines Heylandts er= ſcheiner. Dann was ich in meinem HER= ZEN gedencken ſoll/ finde ich in diſem HERZEN geſchrieben Sintemahl dein HERZ iſt ein Regel und Richtſchnur deꝛ Menſchlichen HERZEN/ welche nach deinem HERZEN gerichtet ſeyn ſollen.(Pſ. 69. 7.) So will ich mich nun zu einem hohen HERZEN nahe ̅ zum HERZEN mei= nes HErrn/ und ſeine Vollkommen heit beſchauen/ damit ich ſie mit Beyſtandt ſeiner Gnaden in mein HERZ bringe. Dein HERZ/ O GOtt meines HER= ZEN iſt Rein geweſen von Menſchlicher Beluſtigung/ un ̅ Liebe der zeitliche ̅ Dinge ̅ / von Beguͤrd zugefalle ̅ un ̅ unrechter Mey= nung/ von unnuͤtzen gedancken/ vberfluͤſ= ſigen Sorge ̅ / Aengſtigung Vngedult/ un ̅ einem Willen. O Herꝛ Lieb haber unſerer HERZEN/ diſe Ding gieſſe in das HERZ deines Knechts/ auff daß ſein HERZ vollkommen mit dir ſey. [670] Sintemahl du ein wolgefallen an denen haſt/ deren HERZ nach deinem HER= ZEN iſt. Haſt du dann nit alſo geredt: (1. Reg. 2. 35.) Ich will mir einen treuen Prieſter erwecken/ der ſoll thun/ wie es in mei- ne ̅ HERZEN un ̅ meiner Seel iſt? (Actor. 13. 12.) Vnnd vom David: Ich hab ſunden David den Sohn Jeſſe/ ein Mann nach meine ̅ HERZEN ď wird thu ̅ allen meinen Willen? Mein Herr/ ſeynd dir dann die Menſchen/ welche nach deine ̅ HERZEN ſeynd/ alſo Lieb/ daß du under allen Adams Kindern mit fleiß ei= nen ſolchen ſucheſt/ vnnd nach dem du jhn funden/ gleichſam mit frolocken auff= ſchreyeſt: Ich hab funden ein Mann nach meine ̅ HERZEN? Wzmachſt du aber mit ſolchem dir alſo gleichen Men= ſchen/ dem nach du jhn funden? Gewißlich wie ich vermeine/ daß jenig/ was wir le= ſen von Jehn dem Koͤnig der Iſraeliten/ das er gethan habe mit Jonadab dem ſtarcken Helden/ den er gen Samariam geſchickt hat/ das Geſchl???t deß Gottloſen Koͤnigs Achabs außzutilgen. Dann als (4. Reg. 10. 15.) jhm Jonadab begegnet/ fraget jhn Jehu: Iſt dein HERZ richtig/ wie mein [671] HERZ mit deinem HERZEN ??? Jo ̅ adab ſprach: Ja. Iſts alſo ſprach er/ ſo gib mir deine Hand. Vnnd er gab jhm ſeine Hand. Vnd er ließ jhn(Gabr. Inchi. conc. de mund cor- dis.) zu jhm auff den Wagen ſitzen/ und fuͤhret ihn gen Samariam. Was be= deuͤttet aber das anders/ als daß du/ Gott meines HERZENS (der wahre Jehu) mit de ̅ Kleyd unſerer ſterblichkeit angetha ̅ / kommen ſeyeſt in Samarien diſer Welt/ auff daß du deß Teuffels geſchlecht (durch Achabs Stammen bedeutete) gantz unď gar außtilgeſt/ und die Abaoͤttiſche Baals= diener zu todt ſchlugeſt? Demnach du a= ber Jonadab (einen willigen und dir ſehr= geliebten Man ̅ ) gefunden/ frageſt du ihn/ ob ſein HERZ richtig ſey mit deinem HERZEN; un ̅ ſo du hoͤreſt/ daß es alſo ſey/ gibſt du ihm die Hand deiner Goͤttli= chen Gnaden/ un ̅ hebeſt jhn auff de ̅ trium= phierlichen Wage ̅ deines heiligſten Creu= tzes/ fahteſt mit jhm fort/ zerſtoͤreſt das(Hebr. 2. 14.) Reich der Sünden/ und führeſt letzlich den Obſiger mit dir in das Himmliſche Jeru= ſalem. Diſes iſt nemlich der Verdienſt eines Manns/ der mit dir eines Gemuͤts un ̅ HERZENS iſt. Deroh???ben nun O Herꝛ! ſetz mich neben dein HERZ/ daß ich [672] (Pſal. 118 132.) darein ſchaue/ und nach deſſelben Eben= bild mein HERZ richtig mache. Sihe du auch gegen mir und ſey mir gnaͤdig/ Herꝛ und laß in mein HERZ f???urige Stralen gehen auß dem Bren ̅ ſpigel deines HER= ZENS/ welche daſſelbe anzuͤnden/ vnd gleich foͤrmig machen deine ̅ heilige ̅ HER= ZEN. Ich b???te/ laß mich mit auffgedeck= (2. Cor. 3. 18) tem Angeſicht die Glory deß Herꝛe ̅ HER= ZENS ſehen/ auff daß ich verwandelt werde in daſſelbige Bild/ von einer Klar= (2. Cor. 4. 10.) heit zu der andern; damit ich das Sterben JEſu in meinem Leib und HERZEN umtrage/ auff daß auch ſein Leben an mei= nem ſterblichen Leib offenbahr werde.

Die XVI. Lection. THALAMVS CORDIS IN CHRISTI SEPVLCHRO.

Deß HERZEN, Schlaff= kammer in dem Grab Chriſti.


Wir ſeynd mit Chriſto begraben. Rom. 6. 4.(Thren. 3. 6) ISt dan ̅ mein Liecht ins Tunckel geſetzt/ als die da e??? todt ſeynd? Ligt dan ̅ das Lebe ̅ Todt im Grab?
|| [ID00800]

THALAMVS CORDIS IN CHRISTI SEPVLCHRO. Conſepulti ſumus cum Chriſto. R??? 6. Corcordis vitę meœ quo vita ſepulchro, Conditur, hoc vita ̅ , et cor quo claudo meu???

|| [ID00801]
|| [673]
Iſt der Erchaffer Himmels und der Er= den in einem Holl begraben? Ligt und ru= het dann in diſem ſteinernen Bethlin die von Nazareth blumete Liebe meiner See= len? Was wirſt du mein Seel thun? Wilſt du von dannen welchen? Die Lieb laſts nicht zu. Wilſt du verbleiben? Die Wacht der Soldaten verbiet es. Sihe/ umb dz B???th Salomonis her ſtehen ſech-(Cant. 3. 7.) tzig Starcke/ auß den aller ſtaͤꝛckeſten in Iſrael: Sie halten alle Schwaͤr- ter/ und ſeynd ſehr wol geſchickt zu ſtreite ̅ : ein jeglicher hat ſein Schwerd an ſeiner Huͤfſt. Was wirſt du unbe= waffnet thun/ wan ̅ du mit ſo vilen gewaff= neten Soldaten umbgeben biſt? Wie wilſt du umb Gottes willen/ alſo erſchrocken zu diſem Bethlin auch von ferren hinzu krie= chen? Mein Seel/ foͤrchte dir dannoch nit/ fliehe nit darvon/ bleib da mit Magdalena/ die
Verhart mit groſſer Lieb veꝛwu ̅ d/(Brev. Rom.)
Vom Grab iſts gleichſam gar verſchlund/
Der Kriegsknecht trutz ſie foͤrch= tet nit/Die Lieb vertreibt die forcht darmit [674] Solſt dann du veꝛlaſſen deinen Geliebten/ das Leben deines Lebens/ und dz HERZ deines HERZENS? Wohin wilſtu nun lauffen o???n das Leben/ ohn die Seel/ ohn dz HERZ? Ach Herꝛ/ ich welche nit (Matth. 6. 21.) von dir. Wo mein Schatz iſt/ da ſoll auch mein HERZ ſeyn. Daru ̅ ſchlieſſe ich mein HERZ in dein Grab ein/ auff daß es mit deinem HERZEN vereiniget bleibe. Die (Plut. lib. de funeral.) Alten pflegten in die/ Graͤbnuſſen der Be= freunden die Figur eines HERZENS einzuhauen/ durch diſes Zeichen anzudente ̅ daß ſie nit allein den Lebendige ̅ lieb gehabt/ ſondern auch den Toden noch lieben und in ihrem HERZEN eingraben haben. Mir aber ſoll es nit gnug ſeyn/ das HERZ an= madlen oď ins Grab hauen; ſonďn mein lebendiges HERZ ſelber lege ich in dein Grab/ O du mein Leben! Dann ob du Herꝛ (Pſ. 30. 13.) ſchon geſtorben biſt/ ſo biſt du doch nit ab= geſtorben von meinem HERZEN/ dar= inn die Gedaͤchtnuß deines Abſterbens le= bet/ und will nit auſſer deinem Grab leben. Ich bitt dich/ laß mein HERZ ď Welt un ̅ Sünden abgeſtorben/ un ̅ mit dir begraben ſeyn auch dir allein Leben. Es ſoll mich be= ſchuͤtzen und bewahren/ auff daß dein Grab ſey ein Bewahru ̅ g meines HERZENS vor dem Angeſicht deß Feinds/ und [675] Anlauff der Feinden. So begehre ich diſe Gemeinſchafft deines gantz glor wuͤrdigen Grabs nit gar umb ſonſten; ſonďn ich hab dein koſtbarliches Blut/ das fuͤr mich am(Matth. 27. 7) Creutz vergoſſen/ ſo ich darfuͤr auffopffere. Dann ſo du gewoͤlt haſt/ daß man den Werth deines Bluts fuͤr eines Haͤffners Acker außlegen ſolte/ zur Begraͤbnuß der Pilger/ warum ſoll nit auch von dir/ mei- ne ̅ HERZEN welches noch ein Frembd ling vor dir iſt/ durch den Verdienſt dei= nes Bluts ein Ruhe und Begraͤbnuß ver= ordnet werde ̅ ? Wiꝛ woͤllen aber von unſreꝛ geiſtlichen Begraͤbnuß deinen H. Ambro= ſium hoͤren alſo reden: Darumen wird(Serm. 51.) den Pilgram Chriſti ein Begraͤbnuß verſprochen/ damit der jenige/ welcher ſich von den fleiſchlichen Laſtern/ als ein Pil= gram un ̅ Frembdling enthalten ďſelbe ſoll die Ruhe Chriſti verdienen. Wir ſeynd Pilgram auff diſer Welt/ und uns iſt duꝛch den werth deß Bluts Chriſti ein Begraͤb= nuß erkaufft: dann wir ſeynd mit ihm be= graben durch den Tauff in den Todt. So(Rom. 6. 4.) iſt nun ď Tauff Chriſti unſer Begraͤbnuß/ in dem wir den Suͤnden abſterben/ und be= graben werden; und durch Reſolvierung deß Gewiſſens deß alten Menſchens werde ̅ wir zur andern Geburt/ zur newen Kind [170] heit gebracht. es iſt gar ein groſſe Gnad diſer Begraͤbnuß/ welche auch durch den Tod den Suͤlider reiniget/ und den Ster= benden zumahl lebendig machet. Alſo nun bin ich Herr/ nach diſes H. Manns Mey= nung/ mit dir durch den Tauff begraben; weil ich aber (leyder) nachmahlen durch das boͤſe Leben wider lebendig worden/ be= gehre ich widerum mit dir zuſteꝛben/ mit dir lebendig zu werden: und darumen lege ich mein HERZ in dein Grab/ damit es daſelbſten mit dir ſterbe/ mit dir begraben werde/ und bey dir verbleibe.So du Herr aber aufferſteheſt/ will ich nit/ daß mein HERZ im Grab verbleibe; ſondern zugleich mit dir aufferſtehe/ und mit dir in einem neuen Lebe ̅ wandle. Mein Liebe/ du wirſt mir dz geben/ weil du durch deinen Apoſtel geſprochen: So wir ihm (Rom. 6. 5.) ſeynd eingepflantzt durch die Gleich- nuß deß Tods/ ſollen wir auch billich mit eingepflantzt werden durch die Gleichnuß der Aufferſtehung. Sey= (Ioan. 12. 24.) temahln du Herr biſt das Weitzenkoͤrnlin: ſo es in die erden deß Grabs faͤllt/ und ab= ſtirbt/ begehret mein HERZ mit ihme ge- pflantzet/ abzuſterben/ nnd begraben zuweꝛ= den; auff daß/ ſo du wider aufferſteheſt/ die [677] newe Frucht deines Samens mit auffer= ſtehe. Haſt du nit auch diſer Vrſachen we= gen im Garten begraben werden woͤllen/(Ioan. 19. 41. Pſ. 27. 7. Ambroſ. ſer. 54.) damit daſelbſten dein Fleiſch/ gleich wie ein Baum gepflantzet/ wider grünet vnd bluͤet? Es hat wider gebluͤet/ demnach durch die Juden die Blumen deß Leibs ab= geſchnitten/ es wider lebendig auß dem Grab durch die Glo???y der Aufferſtehung gegruͤnet/ vnd gleich wie ein Bluͤm zu= gleich den Geruch vnd Schoͤne der Vn=(Pſ. 27. 7.) ſterblichkeit allen Menſchen angewehet hat. Vnd warum ſoll ich diß nit verhoffe ̅ / O Herꝛ/ von Beruͤhrung deines H.(1. Reg 2. 6. Tob. 13. 2.) Leibs; der du toͤdteſt/ vnd das Leben gibſt: fuͤhreſt ins Grab (oder in die Hoͤlle) vnd wider herauß? Dann ſo der Leichnam(4 Reg. 13. 12.) deß begrabne ̅ Eliſæi/ einen Todten auffer= wecken kundte/ warum ſolle mich nit zur Erneurung deß Lebens auffer wecken koͤnnen den Leib/ der du biſt ein Anfaͤnger alles Lebens? Guͤtigſter Jeſu/ verleyhe mir diſes/ der du es allein ka ̅ ſt/ durch dein H. Begraͤbnuß/ und wunder barl??? Auff= er ſtehung. Villeicht aber/ gleich wie ich wuͤnſche un ̅ begehre/ dz mein HERZ mit dir werde begraben/ alſo bege??? zu= gleich/ daß dir auß meine ̅ HERZEN ein geiſtliches Grab gemachet werde: damit [678] du nit nur im HERZEN der Erden ruheſt/ ſondern auch in der Erden meines (pſ. 56. 8.) HERZENS. Mein HERZ in bereit/ Gott/ mein HERZ iſt beꝛett? aber von deiner Gnad zubereit. Kom ̅ Herꝛ Jeſu/ ruhe fein lind im HER= ZEN deines Knechts. Nun aͤber/ wie daſſelbige ſeyn ſoll/ gibt mir dein Grab Vn???ichtung/ welches nun mir zum Denckzeichen worden/ dann mein Ge= muͤht mahnet es an/ vnnd bewegts/ daß es nach ſeiner Bildnuß dir ein Woh= nung deß HERZENS zubereite Weil ich aber weiß/ daß wo nit/ du Herr/ diſes (Pſ. 126. 1.) Hauß dir baweſt/ vergeblich alle ar= beiten/ die daran bawen: Bitt ich dich (Pſ. 50. 12.) demuͤtig/ erneure in mir einen rechten Geiſt/ vertreibe die alte Vnreinigkeit/ vnd verleyhe mir ein newes HERZ fuͤr (Cant. 4. 2.) dein Begraͤbnuß. Daſſelb ſoll ſeyn (wie ein verſchloßner Garten) mit wolſchme. ckenden Blumen der Tugenden gezie- (Marc. 15. 46.) ret/ es ſoll in ein Feiſen außgehawe ̅ / durch Beſtandthaffeigkeit deß unverenderlichen Fuͤrnemmens ſteiff ſeyn. Es ſoll ſeyn nahe bey dem Berg Caluariæ/ auff das du ga ̅ tz mir ins HERZ gehefftet werdeſt/ der du gantz fuͤr mich ans Creutz gehefftet [679] worden. Letzlich ſoll es frembd ſeyn von aller Vnreinigkeit deß Fleiſches und deß Geiſts. In diß Grab aber/ will ich dich legen mit den geiſtlichen Armen der Be= gierden/ demnach du mit der Myrꝛhen der Abtoͤdtung geſalbet/ in die Leinwath eines gar reinen Gewiſſens eingewickelt von mir worden; damit ich auch mit deiner Braut ſprechen koͤnde: Mein Geliebter iſt mir ein Myrrhen=Buͤſchelein es wirdt(Cant. 1. 11.) zwiſchen weinen Bruͤſten bleiben. Herr/ verbleibe mitten in meinem HERZEN/ welches du mit ewiger Liebe geliebet haſt: daſelbſten lige/ und ruhe/ biß daß der Tag(Cant. 4. 6.) deiner Aufferſtehung anbreche. Damit aber nit etwas mir diſen Schatz abnehme/ oder ſtehle/ ſihe ich/ daß man ein groſſen Stein fuͤr die Grabthuͤr weltzen muß. Da-(Mar??? 15. 46.) rumb Herr verſchlieſſe die Thuͤr meines HERZENS/ un ̅ Sinnen; auff daß nit kardurch die Dieb und Moͤrder hinein ſchleichen/ welche mich deß Geliebten mei= nes HERZENS berauben Sondern ſetzt auch darzu fuͤr Huͤter und Wachter/ deine heilige Engel/ welche alle Nachſtellu ̅ = gen deß Feinds von ihme weit abtreiben/(Brev. Rom) und dein Grab im Friden bewahren ſollen. Ach Herr ich bitte dich aber mahl laß auff diſe Weiß mein HERZ zu deinem glor [680] wuͤrdigen und herrlichen Grab werden/ auff daß du Koͤnig der ehren/ und Herr (???a. 11. 10.) der Kraͤfften/ daſſelbe heiligeſt mit Tugen= ???n ziereſt/ und macheſt/ daß es dich faſſe/ jetzt/ und ewiglich.AMEN.ENDE DES VIERTEN BUCHS.Es freue ſich das HERZ Deren/ die den HERREN foͤrchten. Pſ. 104 3.
|| [ID00810]

Regiſter.

Oder kurtzer Begriff aller Lectionen diſer gantzen

HERZEN-SCHUHL.

Das Eꝛſte Buch.


Ein vorlauffende Einfuͤhrung zu der Lehr deß Hertzens.

Die 1. Lection.


Inhalt diſer Schuhlen. fol. 1.
Die 2. Lection. Vrſach unſers Fuͤꝛneh- mens. 7
Die 3. Lect. Was durch den Namen deß He???tzens bedeutet werde. 13
Die 4. Lect. Was ſey der fuͤrn ̅ emſte Theil deß Hertzens. 20
Die 5. Lect. Was fuͤr ein Lehr oder Ord= nung in der Schuhl deß Hertzens ge= halten werden ſolle. 26
Die 6. Lect. Von andern Kuͤnſten/ welche in diſer Schuh/ außgelegt werden. 36
Die 7. Lect. Von dem Lehr meiſter und Juͤnger in der Schuhl deß Hertzens. 42
Die 8. Lect. Wie ſuͤß und ???blich der Lehr. meiſter in die Hertzen Schuh/ lade. 48
Di/ 9 Lect. Von der Weiß zulehren deren
|| [ID00811]
ſich der Lehrmeiſter in der Schuhl deß Hertzens gebrauche. 55
Die 10. Lect. Von dem Ampt eines Juͤn= gers/ der in die Schuhl deß Hertzens ge= hen will. 65
Die 11 Lect. Etliche Ermahnungen/ wel= che dem Juͤnger in ď Schuhl deß Her- tzens geben werden. 73
Die 12. Lect. Die Privilegia und Freyhei= ten der Hertzen Schuhl. 78
Die 13 Lect. Inhalt deß gantze ̅ Wercks. 88
Die 14. Lect Ein kurtzer Begriff und Ver= faſſung der Hertzen Suhl/ ſambt derſel= ben Außtheilung. 104

Das ander Buch.

Die I. Classis.


Deß abgewendten Hertzens Bekehrung und Leittung zu Gott 116.
Die 1. Lect Deß Hertzens Flucht. 120.
Die 2. Lect. Die Eytelkeit deß Hertze ̅ s. 129.
Die 3. Lect. Beſchwaͤrde deß Hertze ̅ s. 139.
Die 4. Lect. Der Geitz Deß Hertzens. 152.
Die 5 Lect. die Haͤrte deß Hertzens. 162.
Die 6 Lect. Zertheilung deß Hertze ̅ s. 172.
Die 7. Lect. Die Vnerſaͤtligkeit deß Her- tzens. 183.

Die II. Classis.


Deß Hertzens Widerkehrung und Reini= guug. 192.
|| [ID00812]

Die 8. Lection Widerkehrung deß Her= tzens. 195
Die 9. Lection. Auſchuͤttung deſt Her- tzens. 209
Die 10. Lect. Die Beſchneydung deß Her= tzens. 218
Die 11. Lect. Zerknirſchung oder Be= rewung deß Hertzens. 228
Die 12. Lect. Demuͤtigung deß Hertzens. 240???
Die 13. Lect. Erweychung deß Hertzens. 252.
Die 14. Lect. Reynigu ̅ g deß Hertze ̅ s. 263

Die III. Classis.


Auffopfferung vnd Erforſchung deß Her= tzens. 275
Die 15. Lect. Verehrung deß Hertzens. 279
Ein Form vnd Weiß GOtt das Hertz. auffzuopfferen. 290.
Die 16. Lect. Deß Hertzens Opffer, 292.
Die 17. Lect. Abwegung deß Hertzens= 303..
Die 18. Lect. Deß Hertzens Prob. 315.
Die 19. Lect. Ergruͤndung deß Hertzens. 327.
Die 20 ??? Lection. Auffrichtigkeit deß Her= tzen 337.
|| [ID00813]

Das dr??? Buch.

Die IV. Classis.


Erleuchtung deß Hertzens und geiſtli= chen auffnemmens. 251
Die 1. Lect. Erneurung deß Hertzens 354.
Die 2. Lect. Erleuchtung deß Hertzens 367.
Die 3. Lect. Das Hertz iſt ein Taffel deß Geſetzes. 379.
Die 4 Lect. Ackerung deß Hertzens. 390
Die 5. Lect. Beſaͤhung deß Hertzens 402.
Die 6. Lect. Befeuchtigung deß Hertzens. 410.
Die 7. Lect. Deß Hertzens Blumen. 418.
Die 8. Lect. Verwahrung deß Heitzens. 427.
Die 9. Lect. Beſchirmung deß Hertzens. 436.
Die 10. Lect. Deß Hertzens Leitter. 445.
Die 11. Lect. Außbreitung oder Erwe???e rung deß Hertzens. 454.

Die V. Classis.


Vollkommenheit deß Hertzens/ und Vereinigung mit Chriſto. 464
Die 12. Lect. Einwohnung deß Hertzens. 467.
|| [ID00814]

Die 13. Lect. Verſiglung deß Hertzens 478.
Die 14. Lect. Verwundung deß Heꝛtzens 491.
Die 15. Lect. Entzündung deß Hertzens 505.
Die 16. Lect. Wachtbarkeit deß Hertzens. 515.
Die 17. Lect. Deß Hertzens Flug oder Fliegen. 523
Die 18. Lect. Vereinigung deß Hertzens. 531.
Die 19. Lect. Die Ruhe deß Hertzens. 545

Das vierde Buch.


Von Vbung deß Hertzens in dem Leyden Chriſti. Vorred. 554

Die VI. Classis.


Pilgerfahrt deß Hertzens mit dem leyden= den Chriſto. 562
Die 1. Lect. Deß Hertzens Bad auß dem blutigen Schweiß. 566
Die 2. Lect. Deß Hertzens Band auß den Stricken Chriſti. 572
Sie 3 Lect. Die Saͤul Chriſti iſt ein Auff= enthaltung deß Hertzens. 578
Die 4. Lect. Die Geißlen Chriſti/ ſeynd Stachel deß Hertzens. 583
Die 5. Lect. Die doͤrne Kron iſt ein Vm= zaͤunung deß Hertzens. 591
|| [ID00815]

Die 6. Lect. Von Außmahlung deß Her= tzens auß Veronicæ Schweißtuch ge- nommen. 597
Die 7. Lect Das Hertz iſt ein Trinck geſchirr deß durſtigen Chriſti. 603
Die 8. Lect. die Anhefftung deß Hertzens mit dem Nagel der Forcht Gottes. 609

Die VII. Classis.


Gleichfoͤrmigmachung deß Hertzen mit dem Creutz und Gecreutzigten. 616
Die 9. Lect. die Auß pannung deß Hertzens am Creutz. 620
Die 10. Lect. Pflantzung deß Creutzes im Heꝛtzen. 627
Die 11. Lect. Einweyhung deß Hertzens durch den Titel deß Creutzes. 633
Die 12. Lect. die Eroͤffnung deß Hertzens mit dem Speer Longint. 640
Die 13. Lect. deß Hertzens Moſt auß der Torckel deß Creutzes. 647.
Die 14. Lect. deß Hertzens Freyhung und Zuflucht in ď verwunden Seyten. 656
Die 15. Lect. deß Hertzens Spiegel in den fuͤnff Wunden. 663
Die 16. Lect. deß Hertzens Schlaffkammer in dem Grab Chriſti. 672ENDE.
|| [ID00816]
Gedruckt zu Ingolſtabt/ In der Ederiſchen Truckerey/ Durch Johann Oſtermeyer. Anno M DC. LXIII.
|| [ID00817]
|| [ID00818]
|| [ID00819]
|| [ID00820]


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