Latholiſche
Lob-Reden
über
Chriſti Auferſtehung,
Himmelfahrt, die
H. Pfingſten und
Feſt deꝛ allerheiligſten
Dre???faltigkeit.
|| [ID00005]
Hoͤchſterbaulich=Catholiſche
Lob=Reden/
Uber die
Siegreiche Auferſtehung/
Und
Triumphirliche
Himmelfahrt Jeſu Chriſti.
Ferner
uͤber die hoͤchſtnutzliche
Sendung des H. Geiſtes/
Oder das
Heilige Pfingſt=Feſt/
Und dann endlich uͤber das unerforſchliche Geheimnus
Der
Allerheiligſten Dreyfaltigkeit.
Mit wohlerſonnenen Emblematen oder Sinn=Bildern/
erbaulichen Lehren/ nachdruͤcklichen Gleichniſſen/ trefflichen Alle=
gorien/ und heilſamen Spruͤchen aus H. Schrifft und denen H. Vaͤttern
allenthalben ausgezieret/ allen ſowol Geiſt=als Weltlichen/ abſonder=
lich denen Hn. Predigern ſehr nutzlich.
Von dem weyland Hochwuͤrdigſten Biſchof zu Tortona
Hn. Paulo Areſio/
Und nunmehr aus dem Italiaͤniſchen/ nach dem wahren Sinn
und Meinung des H. Autoris/ in unſere Teutſche Mutter=Sprach
uͤberſetzt von
Johann Michael Fux von Hertnau.
APPROBATIO
SUmma Cordis voluptate, & mentis at-
tentione perlegi, & diligenter recogno-
vi librum, cui titulus eſt, DELLE SA-
CRE IMPRESSE DI MONSIG. ARE-
SI VESCOVO DE TORTONA LIBRO
QUARTO, & nihil in eo aut fidei Decretis, aut
Chriſtianis moribus repugnans reperi. Sed
plurima, ex quibus Chriſtianæ fidei ſplendor
commendetur, moresque in melius commu-
tetur, & tanquam opus Regium admirabili
Patrum eruditione, præeleganti ſtylo, & ſin-
gulari perfectum ingenio, dignum, ut typis
mandetur, omniumque Studioſorum teratur
manibus, & linguis celebretur cenſeo. Et licet
inter fratres ſuos tempore poſterior, eruditione
tamen, & Majeſtate eos omnes ante cellit.
Ideò, ut imprimatur, facultatem concedo. In
[ID00008]
quorum fidem &c. Dat. in S. Officio Terdonæ
die ſeptima Julii 1629.Fr. JOAN. VINCENT. REGHETIA de Tabia Inquiſitor Terdonæ Viſum pro Excellentiſſimo Senatu.
DANIEL BASSUS Vice-Generalis Saccus &c.
|| [ID00009]
Andaͤchtig=GOtt=ergebener Leſer!
DIe Geiſt=eifferige Predigen uͤber das
Heilige Oſter= und Himmelfahrts=
Feſt JEſu Chriſti/ nach ſeinem vol=
lenden biterſchmerzlichen Leyden und
Sterben/ wie auch uͤber die hoͤchſt=heilſame
Sendung des Heiligen Geiſtes/ und das tief=
ſte Geheimnis der Hochheiligen Dreyfaltig=
keit/ von dem Hochwuͤrdig=und Hochgelehrten
D. Paulo Areſio &c. &c. in Italiaͤniſcher Spra=
che ehedeſſen gehalten/ werden ihm hiermit
zu ſeiner nuͤtzlichſten Seelen=Erbauung/ in
Teutſcher Sprache mitgetheilet/ und zwar
als ein Vortrab vieler andern/ welche kuͤnff=
tig ebenfalls/ mit GOttes Beyhuͤlffe/ folgen
werden/ ſonderlich diejenigen/ welche zu Eh [ID00010] ren
der ſeeligſten Jungfrauen und GOttes=
Gebaͤhrerin Mariaͤ/ von dem gedachten Hn.
Autore jenesmahls in erwaͤhnter Sprache
ſind ans Liecht gegeben worden. Selbige
ſind nunmehr und allbereit ins Teutſche uͤ=
berſetzet unter der Preſſe/ und werden in kur=
tzem/ wie gemeldet/ mit ihren zierlich und wol=
erſonnenen Emblematibus oder Sinn=Bildern
zum Vorſchein kommen. Die erbauliche
Lehren/ nachdruͤckliche Gleichniſſen/ heylſame
Spruͤche aus Heiliger Schrifft Altes und
Neues Teſtaments/ und denen Heiligen Vaͤt=
tern/ werden dem GOtt=liebenden Leſer ver=
hoffentlich hoͤchſt=annehmlich ſeyn/ als wel=
che zum dienlichen Zweck trefflich appliciret
ſind. Er bediene ſich dieſes Werckleins zu
ſeinem Seelen=Nutzen/ der Gnade. GOt=
tes getreulichſt empfohlen.
|| [(1)]
Siluerunt Fluctus.
1. DEr natuͤrlichen O???ung der Elementen nach/ ſollte billich
das Waſſer ober der Erden ſeyn/ die liebreiche Vorſichtig [2] keit
GOttes aber hat zu guten der Menſchen und Thieren geord=
net/ daß es ſeinem Recht weichend/ einen groſſen Theil der Erden/
nicht allein unbedeckt gelaſſen/ ſondern auch/ als ob es mit ſelber
ſchertzete/ bald da/ bald dort einen Theil der Erden bedecket/ maſſen
man bald auf der Erden einen groſſen See/ und in dem Meer groſ=
ſe Inslen; auf der Erden groſſe Fluͤß/ in dem Meer groſſe Vorge=
buͤrg; auf der Erden Bruͤnnen/ und in Mitte des Meers groſſe
Stein=Felſen ſihet.2. Weswegen man ſich dann nicht unbillig verwundert/ daß
ſolche Stein=Felſen den wuͤttenden Meer=Wellen widerſtehen/ und
unbeweglich ſeyn koͤnnen? Maſſen/ wann nur ein kleiner Waſ=
ſer=Tropffen auf einen Stein faͤllet/ derſelbe durch das oͤfftere Fal=
len ausgehohlt wird/ wie ſollte dann ein Felſen in Mitte des
Meers/ der ſtets von denen ungeſtuͤmmen Wellen geſchlagen wird/
nicht weichen/ und kleiner werden? Hat dann das Waſſer/ ſo von
der Hoͤhe kommt/ mehr Krafft/ als dasjenige/ das von der Seiten
anfallet? Oder hat ein kleiner Regen=Tropffen mehr durchdrin=
gende Krafft/ als eine Meer=Wellen/ ſo von der Seiten/ und nach
der Breite ſchlaget? Oder aber mercket man es nicht/ daß dieſe
Meer=Felſen ſich vermindern/ weilen ſie dem Meer gleich ſehen/
oder aber weilen man in einer groſſen Materi deren Verminde=
rung nicht wahrnimmet? Die Meer Felſen aber ſeynd von einer
ſolchen Materi/ und ſolcher Geſtalt formiret/ daß ſie die Wellen
zerſchneiden/ und ihnen allen ihren Gewalt benehmen.3. Es ſeye ihm nun/ wie ihm wolle/ ſo iſt es doch nicht ohne
Wunder/ und demjenigen ſehr gleich/ was der Koͤnigliche Prophet
David in ſeinem 135. Pſalm geſungen: Firmavit terram ſuper
aquas: Welche Wort vielen viel Nachdenckens/ und ein ſehr ſel=
tzame Sach zu glauben verurſachet haben/ daß nemlichen unter
der Erden Waſſer ſeye/ auf dem die Erde ſtehe: Dann wann
dieſes wahr waͤre/ ſo waͤre es ein ſtetes Miracul/ weilen die Erden/
als ein ſchwehres Element ober dem Waſſer/ ſo ein ringeres Ele=
ment iſt/ ſtuͤnde.Von etlichen ſchwimmend??? und beweglichen Inſeln lieſet man
bey Plinio dem Juͤngern in Epiſtola ad Gallum lib. ult. die ſich
[3]
auf dem Vandimoniſchen See in Toſcana befinden/ welcher
See heutiges Tags nach Leandri Alberti Meldung/ Baſſanello
genennet wird: Welches aber fuͤr kein Miracul zu halten/ ſondern
der natuͤrlichen Vernunfft zuzuſchreiben iſt/ weilen die Erden ſel=
biger Inslen ſehr flach/ porros, duͤnn/ und ring iſt/ dahero ſie auch
deſto leichter auf dem Waſſer/ wie ein duͤnn geſchlagenes Blech/
ſchwimmen koͤnnen.4. Aber ſihet man dann nicht/ wann man in die Erden gra=
bet/ daß darunter Waſſer iſt? Darauf ich aber antworte/ daß
man nicht aller Orten/ wo man graͤbet/ Waſſer finde/ und wann
man ſchon eines findet/ ſolches darumen nicht herkomme/ daß die
Erden auf dem Waſſer ſtehe/ ſondern durch verborgene Adern/
und Weeg von denen nechſtgelegenen Fluͤſſen/ herflieſſe: Dahero
etliche das Woͤrtlein ſuper, alſo auslegen/ und ſagen/ daß die Er=
den/ wiewohlen ſie nach der Ordnung der Natur/ unter dem Waſſer
ſeyn ſolle/ GOtt gleichwohlen gewollet habe/ daß ſie zu Nutzen der
Menſchen hoͤher als das Waſſer ſeye.5. Andere aber ſagen viel beſſer/ daß das Woͤrtlein ſuper
nichts anders bedeute/ als juxta, gleichwie es gar offt in der Heil.
Schrifft gebrauchet wird/ als wie in dem 136. Pſalm: Super flu-
mina Babylonis illic ſedimus, maſſen es unmoͤglich waͤre/
daß man auf einem flieſſenden Waſſer ſitzen koͤnte/ ſondern dar=
neben.6. Es koͤnte aber einer fragen/ warum hat dann GOtt ge=
wollet/ daß Stein=Felſen im Meer ſeyen/ welche vielmehr Scha=
den/ als Nutzen zu bringen ſcheinen? Wie dann einer unter den=
jenigen iſt/ der ſich in dem Sicilianiſchen Meer/ Namens Scylla
befindet/ worvon das Sprichwort entſprungen iſt:Incidit in Scyllam, qui vult vitare Carybdin.Welche Carybdis kein Felſen/ wie etliche geglaubet haben/ ſon= dern ein Wirbel/ in welchen/ wann die Schiff hinein kommen/ ver= ſchlucket werden/ weswegen dann/ wann ſich die Schiffer von die= ſem gefaͤhrlichen Ort/ oder Carybdi entfernet halten wollen/ ſie an die Stein=Felſen Scyllæ getragen werden/ und Schiffbruch leiden.
|| [4]
Zu was Ziel und Ende hat dann GOtt dieſe Stein=Felſen ins
Meer geſetzet? Vielleicht den Hochmuth der Menſchen zu unter=
drucken/ und ihr Vermeſſenheit in Zaum zu halten? Weilen ſie mit
der Herꝛſchung uͤber die Erden nicht zu frieden/ auch uͤber das
Meer zu gebieten verlangen? Oder vielleicht mit dieſer Raritaͤt
des Waſſers/ und der Erden die Welt zu zieren? Oder zu einem
Zeichen ſeiner unuͤberwindlichen Macht? Oder zu einer Sicher=
heit wider die Meer=Rauber? Oder zu einer Zuflucht der Schiff=
bruͤchigen? Oder zu einem Zeichen fuͤr die Schiffenden? Oder zu
einem Schutz wider die Unthier des Meers?7. Joannes Leo erzehlet in ſeiner Africaniſchen Beſchreibung/
daß unweit der Stadt Meſſa zum oͤfftern auf dem Meer Ufer tod=
te Wallfiſche geſunden werden/ weilen in ſelbiger Gegend ein Tem=
pel ſtehet/ ſo von lauter Fiſchbainen aufgebauet iſt/ dero Innwoh=
ner vorgeben/ daß/ wie der Wallfiſch den H. Jonam verſchlucket/
er ſelben wiederum auf dieſes Meer Ufer heraus geworffen/ und
daß GOtt dieſem Tempel die Krafft gegeben habe/ daß alle Wall=
fiſch/ ſo allda vorbey ſchwimmen/ des Todes ſterben muͤſſen. Es
hat aber ein gewiſſer Jud den Tod dieſer Wallfiſch einer andern
Urſach zugeſchrieben/ daß nemlichen ungefehr zwey Meil Weegs
weit von dieſer Stadt/ im Meer ſich etliche groſſe/ und ſpitzige
Stein=Felſen befinden/ an welchen/ wann die Wallfiſch durch die
Ungeſtuͤmme des Meers hinangeworffen werden/ leichtlich zu todt
geſtoſſen werden.8. Oder vielleicht ſchließlichen weilen GOtt gewollet/ daß in
allen Sachen auf der Welt/ das Gute mit dem Boͤſen/ die Luſtbar=
keii mit der Traurigkeit/ und Suͤſſes mit Sauer vermiſcht ſeyn
ſolle; und gleichwie auf denen Reiſen zu Land/ Stein und Graͤ=
ben gefunden werden/ alſo findet man auch in dem Meer Felſen/
Suͤmpffe/ und Wirbel: Es ſeynd dahero die Felſen ihrer Natur
halber keines Weegs zu loben/ ſondern werden bloß allein dieſer
Urſachen halber geprieſen/ daß man ſie fuͤr ein Symbolum eines
beſtaͤndigen Gemuͤths nimmet.9. Wir haben in unſerem Emblemate dieſe Worte geſetzet:
Siluerunt fluctus, ſo aus dem 106. Pſalm genommen worden/
[5]
worinnen dieſes Wort zu beobachten iſt/ ſiluerunt, welches nicht
allein mit einer ſchoͤnen metaphora anzeiget/ daß nicht allein das
Ungewitter aufgehoͤret/ ſondern auch daß die Meer=Wellen von
der Haͤrte des Stein=Felſens uͤberwunden worden/ weilen das
Woͤrtlein ſilere, in der Heiligen Schrifft dieſe Krafft hat; gleich=
wie es aus demjenigen abzunehmen iſt/ welches im erſten Buch
der Machabaͤer Cap. 1. von dem Alexandro Macedone geſaget
wird: Quod ſiluit terra in conſpectu ejus: Nemlichen/ daß ſie
ſich fuͤr uͤberwunden/ und unterworffen ergeben habe.Es ſchicket ſich dahero zum Vorhaben unſers Emblematis
gar wohl/ daß gleichwie ein Stein=Felſen in Mitte des Meers zu=
weilen von den ungeſtuͤmmen Meer=Wellen bedeckt wird/ derſel=
be gleichwohlen/ wann das Ungewitter vorbey/ und ſich der Him=
mel ausgeheitert hat/ wiederum ſeinen Kopff hervor ſtrecket/ um
ſelben die Fiſch wiederum luſtig herum ſchwimmen/ die Voͤgelein
lieblich herum ſingen/ und die Sonne mit ihren glaͤntzenden
Strahlen wiederum beſcheinet/ und ein ſanfftes Windlein herum
waͤhet.10. Alſo auch/ wann ſchon unſer Erloͤſer in dem ungeſtuͤm=
men Meer ſeines bittern Leidens/ von den Wellen der Schmertzen
gleichſam ertruncken iſt/ gleichwie Er durch den Mund des Heiligen
Propheten am 68. Pſalm mit dieſen Worten bekennet: Veni in
altitudinem maris, & tempeſtas demerſit me: Und ander=
waͤrtig: Omnes fluctus tuos induxiſti ſuper me: In Erwe=
gung/ weilen von denen Wolcken unſerer Schulden/ der Himmel
der Vaͤtterlichen Guͤtigkeit GOttes alſo bedecket geweſen war/ daß
Er mit dieſen Worten ausgeſchryen hat: DEUS meus, DEUS
meus, ut quid dereliquiſti me? Und weilen die Wind des
Teuffliſchen Gewalts/ die Hertzen der gottloſen Juden/ wider un=
ſern Erloͤſer beweget hatten/ gleichwie er ſelbſten Lucaͤ am 22. 53.
geſprochen hat: Hæc eſt hora veſtra, & poteſtas tenebra-
rum. So hat aber dieſes Ungewitter nicht lang gewaͤhret/ maſ=
ſen der Himmel des ewigen Vatters/ durch das Schlacht=Opffer
ſeines Eingebohrnen Sohns/ wiederum verſoͤhnet/ und ausgehai=
tert/ die Wind der boͤſen Geiſter vergangen/ die Wellen der
[6]
Schmertzen wiederum geſtillet/ und unſer Erloͤſer wiederum auf=
erſtehend glorwuͤrdiger/ und ſchoͤner als zuvor erſchienen iſt: Da=
hero ſeine Juͤnger/ die zuvor gantz forchtſam/ und traurig geweſen
waren/ gleichwie Fiſch wiederum um ihm froͤlich herum geſtan=
den: Die Seelen der HH. Vaͤtter als wie Voͤgel ſein Lob geſun=
gen/ und als wie ein liebliches Luͤfftl ein/ die Engliſchen Geiſter ihn
umgeben haben.11. Es moͤchte aber einem vielleicht ſeltzam vorkommen/ daß
das eingefleiſchte Wort/ ſo zum Heil des Menſchlichen Ge=
ſchlechts auf die Welt kommen iſt/ einem Meer=Felſen verglichen
werde/ welcher ſonſten ein Urſach der Schiff bruͤch zu ſeyn pfleget.
Es iſt aber dieſe Gleichnus gleichwolen ſo ungleich nicht: Dann
wann der Meer=Felſen ein Stein iſt/ ſo iſt auch Chriſtus ein hoͤchſt
harter Stein=Felſen geweſen: Wann der Meer=Felſen ſtets im
Meer iſt/ ſo iſt auch unſer Erloͤſer/ da Er auf der Welt gewandelt/
im ſteten Leiden geweſen. Wann der Meer=Felſen ſteiff/ und un=
uͤberwindlich iſt/ ſo iſt auch Chriſtus ſteiffer/ und ſtaͤrcker geweſen/
als ein Felſen geweſen: Und wann der Meer=Felſen ein Zeichen
fuͤr die Schiffenden/ und vielen ein Urſach des Schiff bruchs/ und
andern ein Urſach des Heils iſt/ alſo iſt auch Lucaͤ am 2. 34. Zu
Chriſto unſerm Erloͤſer geſaget worden: Poſitus eſt hic in ſi-
gnum, & ruinam, & in reſurrectionem multorum.12. Es iſt aber zu wiſſen/ daß zweyerley Gattungen der Meer=
Felſen ſeynd/ etliche/ die von dem Waſſer gantz bedecket ſeynd/ wel=
che/ weilen ſie von denen Schiffenden nicht geſehen werden/ ſehr ge=
faͤhrlich ſeynd/ von welchen die Schiffer zu entſchuldigen ſeynd/
wann ſie daran ſcheittern; etliche ſeynd/ ſo aus dem Meer hervor
ſtehen/ und dieſe/ weilen ſie geſehen werden/ verurſachen dem Schif=
fer kein Gefahr/ welche/ wann ſie daran ſcheitern/ ihnen ſelbſt die
Schuld beymeſſen muͤſſen. Und von dieſer andern Gattung der
Meer=Felſen iſt einer geweſen/ unſer Erloͤſer/ dann weilen Er an
dem Stamm des H. Creutzes erhoͤhet/ und mit unendlichen Mira=
culn von ſeinem Himmliſchen Vatter glorificiret war/ kan ſich kei=
ner entſchuldigen/ daß er nicht von ihme eine Erkantnus gehohlet
habe/ und dahero iſt Er niemand ein Urſach ſeines Verderbens/
[7]
und Schiff bruchs wann er ſich nicht ſelbſten naͤrriſcher Weis wi=
der ihn aufleinet/ und ſich daran zerſtoſſet.13. Daß hernach die Auferſtehung unſers Erloͤſers durch das
Erſcheinen auſſer dem Waſſer bedeutet werde/ nimmt man aus de=
nenjenigen Worten unſers Erloͤſers ſelbſten ab/ die er zu den Kin=
dern Zebedaͤi geſprochen hat/ da er von ſeinem Leiden alſo geredet:
Poteſtis bibere calicem, quem ego bibiturus ſum? Et ba-
ptiſmo, quo ego baptizor baptizari? Warum nennet er aber
ſein Leiden einen Tauff? Iſt dann vielleicht ſelbes ein gemeine
Abwaſchung geweſen? Ich koͤnte ſagen/ das ſeine Lieb/ die er zu
uns getragen/ ſo inbruͤnſtig/ und das Verlangen/ daß er fuͤr uns zu
leiden gehabt/ ſo groß geweſen war/ daß er ſein bitterſtes Leiden
nur allezeit mit ſuͤſſen Worten genennet hat; wie er denn ſolches
nur einen Kelch nennt/ da hingegen ſelber der Koͤnigl. Prophet Da=
vid einen ungeſtuͤmmen Bach heiſſet: De torrente in via bibit
Pſalm 109. 7. Er ſolches einen freywilligen Gang nennet/ Ego
vado: Hingegen aber der H. Evangeliſt Joannes am 8. 21. von
ihm gemeldet hat: Daß er/ als wie ein Schaaf zu der Fleiſchbanck
ſolle gefuͤhret werden: Sicut ovis, quæ ad occiſionem duce-
tur, & quaſi agnus coram tondente obmuteſcet, & non
aperiet os ſuum.14. Oder aber/ daß er auf ſolche Weiſe ſein groſſes Verlangen
fuͤr uns zu leiden/ habe andeuten wollen/ oder aber daß er ein Abſe=
hen gehabt auf die Vielheit des Bluts/ das er vergieſſen muſte/ ſo
ihn von den Fuͤſſen biß auf das Haupt bedecken muſte/ oder aber
daß er vielleicht ein Abſehen auf die Schmertzen gehabt; dann
gleichwie einer/ der ſich badet/ kein eintziges Glied ungenetzt laͤſſet/
alſo war auch an unſerem Erloͤſer kein eintziges Glied/ das nicht mit
Schmertzen behafftet war. Jenes aber/ was zu unſerem Vorha=
ben beſſer dienet/ iſt dieſes/ was der H. Joannes Chryſoſtomus
Sermone de petitione filiorum Zebedæi, mit dieſen Worten
gemeldet hat: Ut enim, qui baptizantur ex aqua multa cum
facilitate aſcendunt ab aquarum natura nihil impediti, ſic
& ille, cùm in mortem deſcendiſſet, multa cum facilitate
aſcendit.
|| [8]
15. Weilen man dann durch die Auferſtehung unſers Erloͤſers/
den ewigen Vatter verſoͤhnet zu ſeyn erkennet/ und ſich die Wellen
der Goͤttlichen Gerechtigkeit geleget/ und das Maul denen Hoͤlli=
ſchen Winden verſchloſſen worden/ als haben ſich billiger maſſen
alle Creaturen zu erfreuen/ und mit der Heiligen Kirch zu ſingen:
Hæc eſt dies, quam fecit Dominus, exultemus, & lætemur
in ea Pſalm 227.Aber warum ſagt die heilige Kirch/ daß dieſer von dem HErꝛn
ſeye gemacht worden? Seynd dann nicht auch die andern von
ihm gemachet? Hat dann nicht der Koͤnigliche Prophet am 73.
Pſalm zu ihn alſo geſaget? Tuus eſt dies, & tua eſt nox, tu fa-
bricatus es auroram, & Solem: Oder/ iſt dann dieſer Tag nicht
von der Bewegung des Himmels/ gleichwie die andern verurſa=
chet worden? Hat dann nicht ſein geliebter Juͤnger/ der heilige
Joannes Evangeliſt/ gemeldet: Quod ſine ipſo factum eſt ni-
hil? Warum ſollen dann nicht alle Taͤg von ihm gemacht ſeyn
worden? Ob zwar dieſes alles wahr/ ſo iſt doch zu glauben/ daß
man nicht ohne Geheimnus von dieſem Tag ſonderbar ſage/ daß
ſelben der HErꝛ gemachet habe/ und daß dieſer Tag von den andern
mehr privilegirt ſeye.16. Und fuͤrwahr geduncket mich in Erſchaffung der Welt ei=
ne merckwuͤrdige Sach zu ſeyn/ daß gemeldet wird/ daß GOtt das
Liecht den Himmel/ die Erden/ und alle andere Ding erſchaffen ha=
be/ wann aber von denen Taͤgen eine Meldung geſchicht/ nicht ge=
ſaget werde/ daß GOtt ſelbe gemachet habe/ noch auch andern be=
ſohlen habe/ ſelbe zu machen/ ſondern es wird/ als wann ſie von ih=
nen ſelbſten gebohren worden waͤren/ Gen. 1. 1. alſo gemeldet: Fa-
ctum eſt veſpere, & mane dies unus, factum eſt veſpere, &
mane dies ſecundus, was will dann dieſes bedeuten? Seynd
dann die Taͤg nicht auch von GOtt gemachet worden? Ich koͤnte
ſolches nicht abſolutè ſagen/ weilen der natuͤrliche Tag/ von wel=
chem man alldort redet/ aus der Finſternus/ und aus dem Liecht/:
aus der Nacht/ und aus dem artificial-Tag gemachet iſt/ dahero
dann geſaget wird/ factum eſt veſpere & mane, maſſen GOtt
die Finſternus/ die ein lautere privation iſt/ nicht gemachet hat/ da
[9]
wir doch hingegen leſen/ daß GOTT geſaget habe: Fiat
Lux, und nicht fiant tenebræ, quæ tembræ jam e-
rant ſuper faciem abyſſi. Weilen dann alle dieſe Taͤg
aus dem Liecht/ und aus der Finſternus gemacht waren/ und
von dieſer in dem erſten Tag mit dieſen Worten Meldung ge=
ſchicht/ als kan man nicht ſagen/ daß dieſe Taͤge GOTT gema=
chet habe/ ſondern man nur folglich zu ſprechen habe/ daß dieſer
Tag derjenige ſeye/ quam fecit Dominus, nemlichen/
ein Tag/ der von aller Finſternus/ und Nacht gantz frey/ gantz
liecht/ und klar iſt. Wie dann der Heilige Joannes Chryſo-
ſtomus ſerm. 74. uͤber dieſe Wort des Heiligen Matthaͤi:
Veſpere autem Sabbathi, quæ luceſcit in prima
Sabbathi, gar ſchoͤn alſo gemeldet: Hæc neſcit dies ſæ-
culi, hoc non habet mundi uſus, veſpere finit non
inchoat diem; tenebreſcit veſper non luceſcit,
non in auroram vertitur, quia lucis ortum igno-
rat, veſper mater noctis, parturit diem, mutat or-
dinem, dum agnoſcit authorem: Alſo hat/ nach Mel=
dung dieſes Heiligen dieſer Tag noch Finſternus/ weder Nacht/
noch Abend gehabt/ quia non fuit dies ſæculi, weilen
er kein ordinari Tag geweſen war/ ſondern er iſt ein Tag gewe=
ſen/ den GOTT ſelbſt gemachet hat/ weswegen dann nicht
unbillig gemeldet wird: Hæc dies, quam fecit Do-
minus.17. Die Heilige Kirch begehet zwar viel andere Taͤg feyer=
lich/ als nemlichen den Geburts Tag JESU Chriſti/ ſeine
Beſchneidung/ die Epiphaniam, ſeine Auffarth/ und andere
mehr/ in allen aber/ ob ſie ſchon ſehr hell und liecht ſeynd/ ſo fin [10] det
man doch eine Finſternus einer Traurigkeit/ eines Mitley=
dens/ und eines Schmertzens: An dem Geburts=Tag leydet
das JESUS Kindlein Kaͤlte/ und weinet; am Tag der Be=
ſchneidung vergieſſet es Blut; in der Epiphani beſtuͤrtzet ſich
der Koͤnig Herodes/ und verfolget JESUM/ und an dem
Auffarths=Tag/ werden die Apoſteln verlaſſen/ und verbleiben
ungetroͤſtet: Dieſer Tag aber iſt gantz Freudenreich/ gantz
klar/ ohne einige Finſternus der Traurigkeit und Schmertzen/
dahero dann von ihm allein geſaget wird: Hæc dies, quam
fecit Dominus, exultemus, & lætemur in ea. Pſ.
117. 24. Und nicht allein wir/ ſondern auch alle andere Creatu=
ren/ die nicht Freunde GOttes ſeynd/ ſollen ſich in dieſem Tag
hoͤchſtens erfreuen/ und zwar dieſer Urſachen halber/ weilen al=
le andere Taͤg/ in Betrachtung dieſelben von der Sonnen for=
miret ſeynd/ und mit der Bewegung des erſten mobilis ihre
influxus uͤber den Temperiſchen Himmel nicht erſtrecken/
noch auch ihr Liecht in die Hoͤlliſche Finſternus: Dleſer Tag
aber/ weilen er von GOTT formiret iſt/ der alle Sachen be=
greiffet/ breitet in alle Creaturen ſeine glaͤntzende/ und angeneh=
me Strahlen aus.17. Was nun jene/ die Engeln anlanget/ wer wollte zweiff=
len daß nicht ihre Freude an dieſem Tag uͤber die maſſen hoͤchſt
groß geweſen war? Sie haben bey der Geburt unſers Erloͤ=
ſers/ und ihres Koͤnigs/ mit hoͤchſtem Frohlocken das Gloria
in excelſis geſungen/ aber was iſt die Auferſtehung anderſt/
als eine neue/ und mehr Glorreiche Geburt deſſelben? Filius
meus es Tu, Ego hodie genui Te, hat der ewige
Vatter zu ſeinem gebenedeyten Sohn geſaget Pſalm 12. 7. Wel [11] che
Wort der Heilige Paulus von dem Tag der Auferſtehung
verſtanden hat.18. Und wann ihr den Leib zu wiſſen verlanget/ woraus
er gebohren werde ſo ſihe das Grab/ welches CHriſtus Mat=
thaͤi am 12. 40. mit dieſen Worten dem Bauch verglichen hat:
Sicut fuit Jonas in ventre cæti tribus diebus, &
tribus noctibus, ita erit filius hominis in corde
terræ: Und gleichwie der Leib ſeiner gebenedeyten Mutter
vor der Geburt/ in der Geburt/ und nach der Geburt ein
Jungfrau geweſen iſt/ alſo iſt auch das Grab/ worein CHri=
ſtus geleget worden/ neu/ und unberuͤhret geweſen/ und kan
man ſagen/ daß es vor der Auferſtehung ein Jungfrau gewe=
ſen/ weilen in ſelbiges noch niemand hinein geleget worden war:
In der Auferſtehung/ weilen CHRISTUS heraus gekom=
men ohne deſſen Eroͤffnung: Und nach der Auferſtehung/
weilen in ſelbiges nach CHriſto kein anderer Leib mehr hinein
gelegt worden. In ſepulchro ejus ſaget der Heilige
Hieronymus adverſus Jovin: Nec antea quis,
nec poſtea poſitus eſt. Desgleichen hat es in dieſer
Geburth an der turbation der Mutter nicht gemangelt:
Quia terræ motus factus eſt magnus, Lucæ am
23. 53. Noch auch an dem Miracul/ daß es ohne Schmertzen
iſt abgangen: Dann ſolutis doloribus inferni, hat der
Heilige Petrus geſaget/ war es nicht vonnoͤthen geweſen/ daß
man das Kind von der Erden haͤtte aufgehoben/ quia DEUS
exaltavit illum: Noch auch jemand vonnoͤthen/ der ihm einen
Namen gabe/ quia ipſemet dedit illi nomen, quod
eſt ſuper omne nomen, noch auch an ihren Windeln/
[12]
weilen ſie von Liecht waren/ amictus lumine ſicut veſti-
mento: Noch auch einer ſeinem Alter geziemenden Speis wei=
len der Heilige Prophet Iſaias am 7. v. 15. geſaget: Ecce Vir-
go concipiet, & pariet filium, butyrum, & mel
comedet: Und CHriſtus hat nach ſeiner Auferſtehung Hoͤ=
nig geeſſen/ welches Er ſonſt niemals bey ſeinen Leb=Zeiten ge=
than zu haben geleſen wird: Und ſchluͤßlichen empfanget in
Mutter Leib das Kind das Leben/ und wird lebendig gebohren/
und alſo hat auch CHRISTUS in dem Grab das Leben
bekommen/ und iſt lebendig aus demſelben hervor gekom=
men.19. Und nicht allein lebendig/ ſondern auch Glorreich/ und
unſterblich: Wie dann der Heilige Auguſtinus ſerm. 133.
de tempore die Geburt des Grabs/ der Geburt des Muͤt=
terlichen Leibs vorziehet/ weilen von dieſer der Menſch ſterblich/
von jener aber unſterblich heraus kommet: glorioſior, ſaget
er/ eſt iſta, quàm illa Nativitas, illa enim corpus
mortale genuit, hæc edidit immortale: poſt il-
lam nativitatem ad inferos deſcendit, poſt hanc
remeavit ad cælos. Welches der Heilige Petrus Chry=
ſologus mit dieſen Worten beſtaͤttet: Si divinum eſt, quod
ex Virgine naſcitur Chriſtus, quantò divinius eſt,
quod à mortuis reſurgit: Gleichwie nun/ wann einem
Kayſer oder Koͤnig/ ein Kind gebohren wird/ in dem gantzen
Koͤnigreich groſſe Freuden=Feſt gehalten werden/ warum ſollen
dann nicht in der gantzen Welt bey einer ſo Glorreichen Geburt
des Eingebohrnen Sohns GOTTES von jederman Freu=
den=Feſt angeſtellt werden/ und vorderiſt von denen Die [13] nern
ſeines Himmliſchen Hoffs/ welche die Heiligen Engeln
ſeynd?20. Was will ich desgleichen von der Frolockung der Heil.
Heil. Apoſteln melden? Dieſe war ſo groß/ daß es ſchier gar
aus der Maß geweſen iſt dann woher iſt es kommen/ daß die
Apoſteln ſo hart die Auferſtehung Chriſti geglaubt haben? Viel=
leicht von der Unglaubigkeit? Nein/ ſondern von der uͤberfluͤſ=
ſigen Freude/ dann als ſie CHriſtum auferſtanden geſehen/
hat die allzugroſſe Freude verurſachet/ daß ſie es anfaͤnglich
nicht haben glauben wollen/ adhuc non credentibus:
Man koͤnnte aber ſagen/ dieſes war eine Wuͤrckung einer Un=
glaubigkeit; fuͤrwar nein! ſondern es iſt eine Wuͤrckung einer
uͤberfluͤſſigen Frolockung/ adhuc non credentibus, &
mirantibus illis præ gaudio, wird Lucaͤ am 24. 4. ge=
meldet.21. Mit einem Wort/ alle Geſchoͤpffe haben ſich/ meines
Erachtens/ auf ihre Weis an dieſem Tag erfreuet/ und offent=
lich ſo viel es ihnen moͤglich war/ ſich frolockend erzeiget: Heu=
tiges Tags glaube ich/ ſeye der Himmel mehr hell/ und lieblich
ohne einzige Wolcken erſchienen/ und hat das ſchwartze Trauer=
Kleid/ mit welchem Er drey Taͤg/ quando tenebræ per
univerſam terram factæ ſunt Matth. am 27. bede=
cket war/ ab und ſein Himmel=blaues mit Gold ſchimmerendes
Kleid angezogen: Heutiges Tags/ glaube ich/ erzeiget ſich das
Meer mehr ſtill und friedſam/ als andere mal. Heutiges
Tags/ ſage ich/ waͤhet der Lufft viel lieblicher/ flieſſen die Fluͤſſe
viel angenehmer/ ſingen die Voͤgel lieblicher/ riechen die Blu=
men viel ſchoͤner/ hupffen und ſpringen alle die Thier viel fro [14] lockender/
und ſcheinen die Felder und Wieſen viel gruͤner als
andere mal: In Summa/ heutiges Tags erzeiget ſich alles
viel lieblicher/ viel froͤlicher/ und angenehmer/ als andere
mahl.22. Aber was will ich von dem edleſten Planeten der Son=
nen ſagen/ ſo das rechte Aug der Welt/ der Vice=Koͤnig der
andern Urſachen/ der Brunnen des Liechts/ und die Schoͤnheit
der gantzen Welt iſt? Siehet man dann nicht/ daß ſie heuti=
ges Tags viel ſchoͤner erſcheinet? Gleichwie ein Koͤniglicher
Braͤutigam/ der von ſeinem Pallaſt von Gold/ und Kleino=
dien gantz ſchimmerend herunter pranget? Heut verlanget die
Nacht ſelbſt dieſes allgemeine Freuden=Feſt zu begehen/ und
weilen ſie ſich allein an Finſternus reich befindet/ erinneret ſie
ſich/ daß ſie drey Taͤg zuvor von dem Tag drey Stuck ſchwar=
tzes Tuch entlehnt habe/ den Koͤnig des Himmels/ und der Er=
den zum Grab zu bekleiden/ als begehret ſie hingegen von ihm
drey Stuck Tuch von Gold/ und Liecht die Glorreiche Aufer=
ſtehung eben dieſes Himmliſchen Koͤniges zu bekleiden: Und
alſo iſt wie Petrus Chryſologus ſerm. 82. meldet/ die
Sonn eher um drey Stunden/ als ſonſten aufgangen/ die
Nacht zu erleuchten: Sol, ſaget er mit ſeiner gewoͤhnlichen
Wohlredenheit/ qui præter horam, ut Domino com-
pateretur, abſceſſerat, claritate cùm reſurgeret
Dominus ante tempus occurrit, & qui, ut ſuo
commoveretur auctori, ipſam meridianam ſuam
claritatem mortificaverat, ut reſurgeret auctori
ſuo, evictis tenebris antelucanus erupit, & qui
ante noctem fugerat, nunc ipſe noctem præve [15] nit
fugaturus, ut reddat luci nox horas, quas ter-
ror dominicæ paſſionis invaſerat.23. Und wann man ſchon von einem Geſchoͤpff zweifflen
wollte/ daß es ſich nicht am heutigen Tag erfreuen thaͤte/ ſo koͤn=
te man ſolches von keinem andern/ als von dem Element der
Erden glauben/ die kurtz zuvor zum allerreichiſten war/ indem
ſie in ihrem Buſen einen ſo koͤſtlichen Schatz/ als wie der aller=
heiligiſte Leib CHriſti war/ verſchloſſen gehabt/ und vielleicht
auch das koͤſtliche Kleinod ſeiner Seelen/ am heutigen Tag aber
leyder beraubet verblieben iſt. Aber hoͤre/ wie dieſem Zweif=
fel der Heilige Evangeliſt Matthaͤus am 28. verſ. 2. begegnet/
der die Zeichen der andern Geſchoͤpffen/ als unzweiffelbar vor=
bey gehend/ von dieſem allein mit dieſen Worten Meldung thut/
terræ motus factus eſt magnus: Gleich ob ſie vor
Freuden einen Sprung auf gethan haͤtte/ ihren eignen Nutzen
der Ehr ihres HErꝛn/ und dem allgemeinen Menſchlichen Ge=
ſchlecht zu Guten nachſetzend: O Tag/ mehr Freuden und Fro=
lockens wuͤrdig als alle andere Taͤg/ fuͤr alle Creaturen/ ſo wohl
himmliſche/ als irrdiſche/ vernuͤnfftige und unvernuͤnfftige/
ſichtbare und unſichtbare/ Engliſche und Menſchliche. In den
andern Taͤgen/ an welchen der Himmel lachet/ und frohlocket/
iſt es ein Zeichen/ daß die Erden trauret/ quia gaudium eſt
in cœlo ſuper uno peccatore pœnitentiam a-
gente: Und wann die Erden frohlocket/ und lachet/ ſo trau=
ret hingegen der Himmel/ wegen der Unbilden/ ſo ſeinem Er=
ſchaffer angethan worden. Heut aber iſt ein Feſt=Tag fuͤr den
Himmel/ und fuͤr die Erden/ und ein hoͤchſt=Glorreicher Tag
fuͤr alle Creaturen/ wie dann die Heilige Kirch alſo ſaget:
[16]
In reſurrectione tua, Chriſte! cœli & terra læ-
tentur.Ein Symbolum dieſer Freud iſt geweſen diejenige Sal=
ben/ ſo die Heil. Frauen/ nach Meldung des Heiligen Prophe=
ten am 44. Pſalm bereitet haben: Propterea unxit te
Deus tuus oleo lætitiæ, und iſt zu beobachten/ daß dieſe
Heil. Frauen dieſe Salben nicht gekauffet haben/ ſich ſelbſt
darmit zu ſalben/ ſondern JESUM: Emerunt aroma-
ta, ut ungerent JEſum, meldet der Heilige Evangeliſt
Marcus am 16. Und wir ſollen uns erfreuen/ nicht darumen/
daß die Faſten ein End genommen/ (dann dieſes waͤre/ ein Sal=
ben zu haben/ ſein eignes Fleiſch darmit zu ſalben) ſondern
daß unſer Erloͤſer Glorreich und triumphirend iſt auferſtan=
den/ dann dieſes iſt ein Salben zu haben/ ihn darmit zu ſalben.
Wer ſiehet dann nicht/ daß wir nicht genugſame Urſache haben/
uns derentwillen zu erfreuen? dann erſtlich/ wann wir die Glo=
ri betrachten/ die in der Anſchauung der Goͤttlichen Eſſenz
beſtehet/ ſo iſt ſelbe niemals der Seelen unſers Erloͤſers von dem
erſten Augenblick ſeiner Empfaͤngnus abgangen/ und iſt alle=
zeit ſo groß geweſen/ daß ſie nicht haͤtte (wann wir von der
intenſion reden) groͤſſer ſeyn koͤnnen/ wann wir aber von
der extenſion reden wollen/ ſo koͤnnen wir ſagen/ daß ſie ge=
wachſen ſeye/ wenigſt ihren Wuͤrckungen nach/ dann wo ſie zu=
vor in ihr Traurigkeit/ und Schmertzen gelitten/ und nicht in
den andern Theil/ und den Leib kommen iſt/ hat ſie/ nach Ver=
jagung alles widrigens/ allein alle potenzen, und Sinnen un=
ſers Erloͤſers beherꝛſchet: Was aber hernach die accidental
Glori/ und Hertzens=Freud unſers Erloͤſers betrifft/ ſo kan
[17]
man nicht genugſamb ausſprechen/ wie groß dieſelbe gewe=
ſen iſt/ weilen von ſelber unſere Erloͤſung hervor gequellet/
der ewige Vatter verſoͤhnet/ die Porten des Paradeiſes eroͤff=
net/ der Tod/ der Teuffel/ und die Hoͤll uͤberwunden/ die
Seelen der Alt=Vaͤtter erloͤſet/ die Prophezeyhungen erfuͤl=
let/ und alle Sachen unter ſeinen Gewalt gebracht worden
ſeynd.24. Die Freude ſeines Hertzens/ ſage ich/ war ſo groß/
daß es gleichſam nicht hat faſſen koͤnnen/ und ſelbe aus Uber=
fluß ſeinen Freunden communiciren muͤſſen/ welches
meines Gedunckens Er uns in ſchoͤner Gleichnus des guten
Hirtens bedeutet hat/ der ſein verlohrnes Schaaf mit ſolcher
Sorgfaͤltigkeit geſuchet hat: Unter den Hirten wird CHRI=
STUS unſer Erloͤſer verſtanden/ unter dem Schaaf/ der
Menſch/ unter der Muͤhe und Arbeit/ mit welcher der Hirt das
verlohrne Schaaf geſuchet/ das bittere Leyden JESU CHri=
ſti/ und unter der Freude/ die der Hirt wegen deſſen Findung
gefuͤhlet/ CHriſti Zufriedenheit/ das Menſchliche Geſchlecht er=
loͤſet zu haben/ dasjenige aber/ was ſich zu meinem Vorhaben
ſchicket/ iſt dieſes/ daß dieſer gute Hirt ſo guͤtig gewſen/ daß
es wohl ſcheinet/ daß Er von Koͤniglichem Gebluͤth gebohren
worden ſeye: Maſſen/ wann man von Schmertzen/ Muͤhe/
und Arbeit handlet/ Er einen andern zu Hilff geruffen/ ſon=
dern Er allein hat die Muͤhe und Schmertzen uͤber ſich ge=
genommen: Nachdem Er aber ſolches wiederum gefunden/
hat Er gewollet/ daß auch ſeine Freunde ſeiner Freude theil=
hafftig wuͤrden. Congratulamini, ſagte Er/ Lucaͤ am
15. & congaudete mecum, quia inveni ovem,
[18]
quam perdideram: Aber warum iſt Er allein zu Er=
tragung der Schmertzen/ und ſuchet zu denen Freuden geſel=
len? Vielleicht damit Er ſich uns fuͤr einen warhafften Freund
erzeigte/ der die Schmertzen allein fuͤr ſich behaltet/ und die
Freuden auch ſeinem Freunden communiciret? Fuͤrwahr
ja/ dann wiewohlen der Schmertzen des Leydens JESU Chri=
ſti hoͤchſt= ſchmertzlichſt geweſen war/ ſo hat Er doch ſolchen
gantz allein getragen/ und niemand zu Hilff geruffen; die Groͤſ=
ſe ſeiner Freude aber war ſo uͤberfluͤſſig/ daß Er dieſelbe kaum
allein ertragen kunte/ dahero Er auch andern zu Huͤlff geruffen/
alſo ſprechend: Congratulamini mecum, congau-
dete mecum, als wann Er ſagen thaͤte/ kommet/ kommet
alle/ und helffet mir dieſer Freude zu genieſſen/ und mir dieſen ſo
ſchweren Laſt tragen.26. Was will ich hernach von ſeiner Herꝛſchung ſagen/ die
ihm uͤber Himmel/ und Erden gegeben worden? Dahero dasje=
nige nicht ohne Geheimnis geweſen iſt/ welches der Heil. Evan=
geliſt Lucas am 20. geſaget hat: Daß die Weiber den Stein
von dem Grab hinweg gewaͤltzet geſehen??? und zu was fuͤr einem
Ende? Damit man ſehen koͤnte/ daß unſer Erloͤſer auferſtan=
den war? Fuͤrwahr ja: Ich ſage aber auch zu einem Zeichen/
daß ſein Herꝛſchung kein Ende haͤtte/ maſſen ein alter Brauch
war/ daß man an den Graͤntzen der Herꝛſchafft groſſe Steine
geſetzet/ zu einer Scheidung der Herꝛſchafft/ welche/ wann die
Herrſchafften unter einen Herꝛn kommen/ man wiederum
hinweg nimmet. Nun ſchiene vor der Auferſtehung/ daß
ſich unſers Erloͤſers Reich geendiget haͤtte/ und daß ſolches
[19]
allein im Juden=Lande florirte/ auch alles das andere dem Teu=
fel unterworffen waͤre; Der Tod prætendirte/ daß er
auch eine groſſe Herꝛſchafft in der Welt haͤtte: Die Suͤnde
herrſchete uͤber die Adams=Kinder/ alſo/ daß das Reich
CHRISTI von vielen Graͤntzen eingeſchraͤncket zu ſeyn
ſchiene: Nach der Auferſtehung aber/ ſublatus eſt lapis,
iſt aller Graͤntz=Stein hinweg genommen worden/ und kan
Chriſtus warhafftig ſagen: Data eſt mihi omnis pote-
ſtas in cœlo, & in terra.27. Wahr iſt es zwar wohl/ daß Chriſtus vor der Auferſte=
hung eben dieſen Gewalt und Herrſchung gehabt habe/ man
kan aber ſagen/ daß ſelbe auf eine gewiſſe Weis gleichſam ſe-
queſtrirt war: Ich erklaͤre ſolches mit einem Exempel/ und
ſage: Es iſt ein reicher Herr ein groſſe Summa Gelds ſchul=
dig/ was thut der Glaubiger/ daß er bald bezahlt werde? Er
machet/ daß ihm ſeine Einkuͤnfften ſequeſtrirt werden/ biß er
ihn bezahlet/ ſo bald der Glaubiger zu Frieden glſtellet iſt/ ſo
bald genieſſet der Schuldner wiederum frey ſeine Einkuͤnfften:
alſo iſt es auch kein Zweiffel/ daß CHRISTUS nicht allezeit
von Natur der allerreicheſte von natur geweſen/ Er hat ſich
aber fuͤr uns zu einem Schuldner gemachet/ und hat unſere
Suͤnden uͤber ſich genommen/ dahero ihm/ damit Er bezahlen
koͤnte/ ein guter Theil ſeiner Reichthumen/ als die Glori ſeines
Leibs/ und der accidental-Zufriedenheit der Seelen ſe-
queſtrirt worden/ biß Er die Schuld fuͤr uns bezahlet hat=
te/ welche/ nachdem Ers fuͤr ſein bitteres Leiden und Sterben
bezahlet/ ihme wiederum ſeine Reichthumen ſeynd reſtituirt
worden/ weswegen Er dann Urſach gehabt hat/ zu ſeinem
[20]
Vatter alſo zu ſagen: Tu es, qui reſtitues hæredita-
tem meam mihi. Pſ. 15. v. 5.28. Nicht weniger Geheimnus=wuͤrdig iſt jenes/ was
der Heilige Evangeliſt Marcus am 16. mit dieſen Worten mel=
det: Viderunt revolutum lapidem: Dann wann es
kein Geheimniß geweſen waͤre/ warum haͤtte der Engel Ur=
ſach gehabt/ ſelben hinweg zu waltzen/ und von ſolchem der Ev=
angeliſt Meldung zu thun? Es iſt dahero der Stein dieſer Ur=
ſachen halber hinweg gewaltzet worden/ weilen CHRI=
STUS/ der ein warhaffter Stein=Felſen iſt/ den Stand ver=
aͤndert hat/ und von einem aͤuſſerſten zu dem andern kommen
iſt: Von dieſem myſtiſchen Stein hat der Heilige Prophet
Zacharias homil. 3. 8. Meldung gethan/ daß auf ſelben ſie=
ben Augen waren: ſuper lapidem iſtum ſeptem o-
culi ſunt; In welchem ſieben Vortrefflichkeiten koͤnnen
ſymboliſiret werden/ die Er in ſeiner Auferſtehung gehabt
hat/ und welchen eben ſo viel andere Peinen entgegen geſetzet
ſeynd/ die Er bey ſeinem bittern Leiden und Sterben gelitten
hat: Dann erſtlich war ſein allerheiligſter Leib voll der
Schmertzen: Deſideravimus eum virum dororum
Iſaiæ am 12. Sed lapis revolutus eſt in reſurre-
ctione, weilen Er unſterblich/ und gantz glorwuͤrdig worden
iſt: Zweytens war in ſeinem Leyden ſeine Seel gantz trau=
rig/ triſtis eſt anima mea usque ad mortem, Mat-
thæi am 26. Sed lapis in reſurrectione revolutus
eſt, welche Auferſtehung voll der Freuden war: Drittens iſt
bey ſeinem Leyden/ ſein Heiliger Nahme verachtet worden:
Tanquam ad latronem exiſtis cum gladiis, &
[21]
fuſtibus comprehendere me, Matthaͤi am 14. Sed
lapis in reſurrectione revolutus eſt, quia dedit
illi DEUS nomen, quod eſt ſuper omne nomen:
Vierdtens/ iſt er in ſeinem Leyden uͤber alle Menſchen ernie=
driget worden/ deſideravimus eum noviſſimum,
Pſalm 2. verſ. 9. Sed lapis revolutus eſt, und iſt nicht
allein uͤber alle Menſchen/ ſondern auch uͤber alle Engeln ein
Fuͤrſt und HERR worden. Fuͤnfftens/ iſt Er in ſeinem Ley=
den/ als wie ein Schuldiger unſchuldiger Weiſe verurtheilet
worden/ & cum iniquis reputatus eſt, Marci am 14.
Sed lapis in reſurrectione revolutus eſt, indem Er
zu einem allgemeinen Richter uͤber die gantze Welt beſtellt wor=
den. Sechſtens iſt Er in ſeinem Leyden ſeiner Kleider berau=
bet worden: Diviſerunt ſibi veſtimenta mea, & ſu-
per veſtem meam miſerunt Sortem, Matth. am
27. Sed lapis revolutus eſt in reſurrectione, zuma=
len Er ein HERR uͤber Himmel und Erden worden iſt: Da-
ta eſt mihi poteſtas in cœlo, & in terra. Sieben=
dens/ iſt Er gantz abſcheulich/ und ausſaͤtzig in ſeinem Leyden er=
ſchienen: Non eſt ſpecies ei, neque decor: ſed lapis
revolutus eſt in reſurrectione, und nicht allein hat Er
ſeine natuͤrliche Schoͤnheit/ die uͤber die maſſen groß war/ ſon=
dern auch die uͤbernatuͤrliche wiederum uͤberkommen/ die un=
vergleichlich noch groͤſſer war/ und auf dieſe ſcheinet/ daß der
Koͤnigliche Prophet ſein Aug gehabt habe/ indem er am 44.
Pſalm geſungen hat: Accingere gladio tuo ſuper fe-
mur tuum potentiſſime ſpecie tuâ intende
proſperè procede, & regna.
|| [22]
29. Da CHRISTUS der HERR als ein Menſch
auf der Welt gewandert war kan man ſagen daß er mit ſeinen
Feinden geſtritten/ aber mit dem Schwerdt in der Scheiden/
als wann er ſchertzete/ dieſelbe zwar ſchlagend/ aber nicht toͤd=
tend: Bey den Tod aber hat er das Schwerdt ausgezogen/ in=
dem er die Seel von dem Leib abgeſonderet/ und dazumahlen
hat er ſeine Feinde umgebracht. Bey ſeiner Auferſtehung her=
nach/ hat er das Schwerdt wiederum eingeſtecket/ und ſich mit
ſelben umguͤrtet/ zum Zeichen/ daß er ſich von ſelben nicht mehr
abzuſondern haͤtte; Und weilen er zu Uberwindung der Welt
nicht mehr des Schwerdts vonnoͤthen hatte/ ſondern wohl der
Schoͤnheit/ die Voͤlcker durch Lieb an ſich zu ziehen/ und nicht
mit Gewalt: Welchem meines Gedunckens der Prophet al-
ludirt zu haben ſcheinet/ indem er in ſeinem zwey und neun=
tzigſten Pſalm alſo ſinget: Dominus regnavit, deco-
rem indutus eſt, indutus eſt Dominus fortitu-
dinem, & præcinxit ſe. Er hat ſich nicht allein mit
Schoͤnheit/ und Staͤrcke bekleidet/ ſondern ſich auch umb=
guͤrtet/ dann wann wir ein Kleid anziehen/ ſelbes nicht lang
anzuhaben/ ſo thun wir ſolches nicht viel binden/ und umguͤr=
ten/ wann wir aber ſolches lang anhaben wollen/ alsdann
thun wir es ſtarck umb die Lenden binden: Und nicht an=
derſt ſcheinet/ daß der Koͤnigliche Prophet David ſagen wol=
te: Der HERR hat ſich mit ſeiner unſichtbarlichen Schoͤn=
heit/ in der Menſchwerdung bekleidet/ aber nicht umguͤr=
tet/ weilen Er dieſes Kleid bey ſeinem Tod ablegen muſte:
Bey der Auferſtehung aber hat Er ſich umbguͤrtet/ zum Zei [23] chen/
daß Er ſolches nicht mehr ablegen wuͤrde/ welchem
der Heilige Epiphanius lib. 2. contra hæreſes zu
alludiren ſcheinet/ gleichwie der P. Diego de Baeza
lib. 5. §. 1. mit dieſen Worten anmercket: Quemadmo-
dum enim is, qui ſuper lumbos præcinctis eſt,
adſtringit indumentum ad lumbos ſuperfluam
ſpeciem firmans, ſic primum decorem propter
indumentum in carne, deinde fortitudinem in-
duit, ubi reſurrexit ex mortuis non amplius ad
paſſionem humanitas ipſius venit.30. Nun aber von dem hinweg gewaltzten Stein zu den
Meer=Felſen zu kehren: Wann ein Meer=Felſen gefunden
wird/ der bey ungeſtuͤmmen Meer die Wall=Fiſch verletzet/
und toͤdtet/ ſo hat unſer Erloͤſer in dem Ungewitter ſeines
Leydens/ zwey groſſe Wall=Fiſch getoͤdtet/ nemlichen/ den
Tod/ und den Teuffel: Den Wall=Fiſch Tod/ der uns alle
verſchluckte/ und den Wall=Fiſch Teuffel/ der uͤber dieſes
groſſe Meer der Welt herrſchete. Nun ſeynd dieſe zwey
Wall=Fiſch nicht allein von CHRISTO unſerem Er=
loͤſer uͤberwunden/ ſondern auch ihres Gewalts beraubet/
und vor ſeinem Triumph??? Wagen angefeſſelt/ gefuͤhret wor=
den: Gleichwie der Heilige Prophet Habacuc cap. 3.
verf. 5. gemeldet: Ante faciem ejus ibit mors &
egredietur diabolus ante faciem ejus. Aber was ſoll
dieſes bedeuten/ daß der Tod/ und der Teuffel CHRISTO
vorgangen ſeynd? Seynd ſie vielleicht vornehmer als Er?
Nichts weniger als dieſes: Dann ſie gehen dieſer Urſachen
halber voran/ weilen vor dieſem der Brauch geweſen/ daß
[24]
man die Uberwundene vor dem Triumph=Wagen des Uber=
winders gebundner daher gefuͤhret hat. Man moͤchte aber
ſagen/ warumb er ſie als Uberwundene nicht getoͤdtet habe?
Welchen falls er uns von einer groſſen Gefahr erlediget haͤt=
te? Worauf ich aber antworte/ daß ebenfalls vor Alters der
Brauch geweſen war/ daß man zu groͤſſerer Glori des
Triumphs/ die uͤberwundene Feinde lebendig biß zu demjenigen
Ort behalten habe/ biß man auf den offentlichen Platz kom=
men iſt/ allwo man ſie hernach/ wie Joſephus Flavius lib.
7. cap. 24. meldet/ getoͤdtet hat: Und auf ſolche Weiſe hat
es CHRISTUS mit dem Teuffel gemachet/ Er hat ſie nicht
gaͤntzlich getoͤdtet/ weilen ſich ſein Triumph noch nicht geendi=
get hat/ ſondern wann er am Juͤngſten Tag triumphirlich in
Himmel wird aufſteigen/ tunc præcipitabit mortem
in ſempiternum, tunc infernus, nemlichen der Teuf=
fel/ & mors mittentur in ſtagnum ignis. Iſaiæ
am 25.31. Aber was? Wir haben uns doch gleichwohlen indeſ=
ſen vor ihnen zu fuͤrchten? Nichts weniger als dieſes/ wann
wir nur CHRISTO nachfolgen? Wann du aber aus Hof=
farth CHRISTO vorangehen willſt/ und ihme aus Ver=
achtung den Rucken zeigen/ ſo werden der Teuffel/ und der
Tod/ die vor CHRISTO gehen/ uͤber dich Gewalt haben/
wann du aber ihm demuͤthig nachfolgen wirſt ſo haſt du dich im
geringſten etwas zu foͤrchten/ ſondern CHRISTUS ſelbſt
wird dir zu einem Schild dienen: Wie wir dann deſſen ein ſchoͤ=
nes Exempel in dem Heiligen Petro ſehen/ dieſer wollte eins=
mals als gar zu freymuͤthig dem Tod entgegen gehen/ und Chri [25] ſto
vor/ oder wenigiſt ſelben gleich gehen alſo ſprechend: Si
oportuerit me mori tecum, non te negabo,
Matth. am 26. Was iſt ihm aber begegnet/ er iſt von der Forcht
dieſes Wall Fiſchs uͤberwunden worden/ und iſt in die Haͤnd
des Teuffels gefallen dahero nachdem ihn Chriſtus nach ſeiner
Auferſtehung wiederum angetroffen/ hat er zu ihm geſprochen:
Sequere me, ſignificans, quâ morte eſſet clarifi-
caturus Deum, als wann er ſagen wollte: Du haſt an=
faͤnglich mit mir ſterben wollen/ aber es war noch nicht Zeit/
weilen du mir vorgehen wollteſt/ und der Tod war zu ſtarck/
nun aber komme nach mir/ und foͤrchte dich nicht vor dem Tod/
weilen ich ihn gebundner/ und unbewaffneter vor mir fuͤhre/
& habeo claves mortis & inferni Apocalypſis 1.
verſ. 18. und zum Zeichen des Sieges/ und daß ich die Hoͤll
verſchloſſen habe/ habe ich die Schluͤſſel des Todes/ und der
Hoͤllen mit mir getragen.32. Und nicht unbilliger Weis/ ſaget der Heilige Petrus
Chryſologus/ ſeynd der Tod/ und die Hoͤll alles ihres Gewalts
beraubet worden/ weilen ſie ſelben wider ihren HErꝛn/ und Rich=
ter zu gebrauchen ſich unterſtanden haben: Addicitur mors
(ſpricht er) ſerm 74. quæ in reos tendens incurrit
in judicem, dominata ſervis exarſit in Dominum,
ſæviens in homines proſiluit in Deum, meritò er-
go perit, lex Tartari, remota ſunt infernijura, po-
teſtas mortis ablata eſt.Wir haben dahero nicht unbillich groſſe Urſach/ uns hoͤch=
ſtens zu erfreuen wegen der Glori/ und Sieg/ die unſer Er=
loͤſer heutiges Tags von ſeinen Feinden erobert/ nicht allein we [26] gen
der Lieb/ die wir ihm ſchuldig ſeynd/ ſondern auch wegen
des Nutzens/ der uns hier aus entſprungen iſt/ in Erwegung/
ſeine Auferſtehung ein Urſach und Exemplar der Unſrigen iſt/
und ſeine Siege uns Kraͤfften geben haben/ alle unſere Feinde
zu uͤberwinden. Wir wollen uns dahero im HErꝛn erfreuen/
und auf alle Weis trachten/ daß wir ſeiner Glorreichen Auf=
erſtehung nachfolgen/ von unſern Suͤnden abſtehen/ und auch
dapffer unſeren von Ihm allbereit uͤberwundenen Feinden
widerſtreben moͤgen. Amen.
|| [27]
Quis ſcrutabitur viam?
1. UNter vielen Sachen/ die man in dem Adler/ der Voͤ=
geln Koͤnig/ verwundert/ iſt eine unter den vornehm=
ſten ſein Flug/ welchen er ſo hoch fuͤhret/ daß er weder
von einem andern Vogel/ noch auch von des Menſchen Aug
[28]
kan erreichet werden: Und weilen er vor dem Donnerſchlag/
welcher in der zweyten region und Reſier des Luffts gebohren
wird/ ſicher iſt haben die Alten/ wie Plinius lib. 10. cap. 3.
bezeuget/ gemeldet/ daß der Adler allein unter den Voͤglen/ von
dem Donner richt getroffen werde/ und haben die Poëten ge=
dichtet/ daß er des Jupiters Waffentraͤger ſehe/ und ihm die
Donnerkeul trage.Dieſes aber/ wie Ælianus meldet/ iſt nicht von allen Ad=
lern zu verſtehen/ ſondern von denjenigen allein/ die ſich mit
Gras und mit Fleiſch ſpeiſen/ und alſo denen andern Voͤgeln kein
Gewalt anthun.2. Desgleichen iſt des Adlers Flug uͤber aus ſchnell/ dahero
dem Fluß Nilo/ wegen ſeiner groſſen Schnelle/ der Titel eines
Adlers gegeben worden/ gleichwie Pierius lib. 19. meldet: Mit
dieſer ſeiner Schnelligkeit faͤnget der Adler Gaͤmbſen/ Haſen/
Hirſchen/ und auch Voͤgel/ und unter andern/ wie Plinius lib.
10. cap. 3. anreget/ iſt ihm ſehr angenehm zuzuſehen/ wann er
die Waſſer=Voͤgel faͤnget/ die ſich ſtets in das Waſſer eindun=
cken/ biß ſie vor Mattigkeit gefangen werden.3. Uber alles aber iſt des Adlers Flug ſehr wunderbarlich/
den er in die Hoͤhe fuͤhret/ dann er flieget nicht als wie die andere
Voͤgel mit Raͤdelmachung/ ſondern gantz gerad in die Hoͤhe/
dahero der Adler bey allen Voͤlckern fuͤr ein Zeichen der Gluͤck=
ſeeligkeit iſt gehalten worden.4. Deßgleichen iſt der Adler auch zuweilen fuͤr ein Sym-
bolum und Zeichen der Rauberey genommen worden welche
Raubereyen aber/ ſo von denen Adlern beſchehen ſeynd/ denen
Menſchen ein Urſach/ oder Anzeigen ihrer Gluͤckſeeligkeit gewe [29] ſen
ſeynd gleichwie diejenige merckwuͤrdig iſt/ die ſich mit Rho=
dope/ einer beruͤhmten Huren/ zugetragen hatte: Dann als ſich
dieſe in einem Baͤchlein badete/ und ihre ausgezogene Kleider
ihren Maͤgden zu verwahren geben hatte/ hat denſelben ein Ad=
ler einen ihrigen ſchoͤnen Strumpff unverſehens hinweg ge=
raubet/ und ſelben in die Schoß des Egyptiſchen Koͤniges
Pſamminiti fallen laſſen/ da derſelbe in ſeinem Koͤniglichen
Thron auf offentlichem Platz denen Voͤlckern das Recht ſpra=
che/ welcher/ nachdem er dieſen Strumpff nicht ohne Verwun=
derung betrachtet befohlen jeniges Weibsbild zu ſuchen/ dem ſel=
biger zugehoͤrte: Da Rhodope/ die ihres gleichen in der Schoͤn=
heit nicht hatte/ gefunden worden/ hat er ſelbe fuͤr ſeine Braut
erkieſen und zu einer Koͤnigin in Egypten auserwaͤhlet. Des=
gleichen hat ein Adler Tarquinio, da er nach Rom gereiſet/
ſeinen Hut geraubet/ und hat ihm ſelben wiederum auf ſein
Haupt fallen laſſen/ woraus ſein Hausfrau/ Namens Tana-
quil abgenommen/ daß er einsmahls zum Koͤniglichen Thron
wuͤrde erhoben werden/ wie es dann auch hernach geſchehen iſt.
Nicht minder hat dem Cæſari Auguſto, da er noch ein Pri=
vat=Perſon geweſen war/ und vier Meil=Weegs von Rom auf
der Straſſen gen Neapel zu Mittag geeſſen hatte/ ein Adler das
Brod aus der Hand geraubet/ und nachdem er darmit eine gute
Weil in die Hoͤhe geflogen/ ſich wiederum in die Niedern bege=
ben und ihm ſelbes wiederum ſaͤnfftiglich zugeſtellet/ welches
ſeines kuͤnfftigen Kayſerthums ein Vorzeichen war. Des=
gleichen hat ein Adler dem Diadumeno, einem Sohn des
Macrini, den Hut von dem Haupt hinweg genommen/ und ei=
ner Koͤniglichen Bildnus aufgeſetzet ſo ein Anzeigen ſeines kuͤnf [30] tigen
Gluͤcks geweſen iſt: Und ein nicht minderes Vorzeichen
ſeines Gluͤcks hat ein Adler Aureliano angedeutet/ da er von
einem Adler/ als er noch in der Fatſchen eingewickelt war/ ge=
raubet/ und ohne eintzigen Schaden/ auf einen Altar/ ſo der Hei=
ligen Capellen gantz nahend war/ geſetzet worden.5. Gleichermaſſen ſaget man/ daß ein Adler die Helenam
von dem Tod errettet habe/ dann als die Lacedaͤmonier wegen
eingeriſſener Peſtilentziſcher Sucht das Oraculum oder Ab=
gott um Rath und Hilff angeruffen/ haben ſie von demſelben zur
Antwort bekommen/ daß das Ubel nachlaſſen wuͤrde/ wann ſie
jaͤhrlichen ein edle Jungfrau fuͤr ein Schlacht=Opffer aufopffe=
ren wuͤrden. Als ſie nun ſolches verrichten wollten/ und das
Loß auf die Helenam gefallen/ und dieſelbe zum Schlachten
gefuͤhret worden war/ da iſt unverſehens ein Adler von der Hoͤhe
herunter geflogen kommen/ und hat dem Prieſter das Meſſer
aus der Hand genommen/ und ſelbes auf ein Kuͤhe=Kalb fallen
laſſen/ welches an ſtatt ihrer/ und fuͤrtershin kein Jungfrau
mehr geſchlachtet worden.5. Salomon/ welcher der allerreicheſte/ und weiſſeſte Koͤ=
nig in der gantzen Welt geweſen war/ und der Creaturen/ und
Steinen Eigenſchafften erkennet/ und alle zweiffelhaffte Wort/
und Reden auszulegen gewuſt hat/ bekennet ſelbſten/ daß ihm
drey Sachen ſehr ſchwehr zu ergreiffen vorkaͤmen/ und die
vierdte gantz und gar nicht faſſen koͤnte/ und hat an das erſte
Ort den Flug des Adlers geſetzet. Tria, ſaget er in den Sprich=
woͤrtern am 30. cap. ſunt mihi difficilia, & quartum
penitus ignoro: Drey Dinge ſind mir ſchwehr/ und
das vierdte iſt mir gantz unbewuſt. Nemlichen den Flug
[31]
des Adlers in der Lufft/ den Gang der Schlangen auf dem
Stein=Felſen/ und den Weeg des Schiffs in Mitte des Meers/
und endlichen das Leben des Menſchens/ da er noch jung iſt;
und fuͤrwahr ſeynd dieſe Sachen hart zu errathen/ und zwar
erſtlich/ daß der Adler/ der ſo groß/ und ſchwer iſt/ ſo hoch fliegen
koͤnne? Wie die Schlangen/ die keine Fuͤſſe haben/ auf den glatten
Stein=Felſen kriechen? Drittens/ wie das Schiff das nur von
Holtz gemachet iſt/ denen grauſamen Meer Wellen widerſtehen
koͤnne? Und endlichen/ wie ein unbeſtaͤndiger Juͤngling/ der
auf jedem Wind der Beredungen zu bewegen iſt/ gerathen wer=
de? Ich glaube aber gleichwohlen/ daß der Koͤnig Salomon
mit dem Aug ſeiner Weisheit weiters geſehen habe/ unangeſe=
hen in gedachten vier Sachen eine ſcheinende Beſchwerde zu fin=
den war: Dann wer weiß nicht/ wann ſchon der Adler groß
von Leib iſt/ daß er auch mit groſſen Federn verſehen ſeye? Wer
weiß nicht??? wann ſchon die Schlang keine Fuͤſſe hat/ ſie gleich=
wohlen einen ſchluͤpfferigen Leib habe/ wormit ſie leicht kriechen
kan? Wer weiß nicht/ wann ſchon das Schiff von zerbrechli=
chen Holtz zuſammen gemachet iſt/ gleichwohlen mit groſſer
Kunſt gewendet wird? Und endlichen/ wer weiß nicht/ wann
ſchon des Juͤnglings kuͤnfftiges Leben und Wandel kan erra=
then werden/ daß man nicht viel Zeichen/ und Muthmaſſungen
ſeines kuͤnfftigen Lebens abnehmen koͤnne?7. Es iſt aber zu glauben/ daß andere Ding geweſen ſeynd/
ſo dem Koͤnig Salomon ſchwehr zu erforſchen vorkommen ſeynd/
die unter dieſen Symbolis verdunckelter Weis begriffen wa=
ren durch welche/ nach Meynung des Heiligen Gregorii, des
Heiligen Bedæ, und anderer Heiligen mehr/ vier Haupt=Ge [32] heimnuſſen
des Lebens unſers Erloͤſers verſtanden werden/ als
nemlichen/ durch den Flug des Adlers ſeine wunderbarliche
Himmelfahrt: durch den Gang der Schlangen auf dem Stein=
Felſen/ ſeine glorwuͤrdige Auferſtehung aus dem ſteinern Grab:
Durch das Schiff in Mitte des Meers/ Chriſtus ſelbſt in Mit=
te des Meers ſeines allerbitterſten Leydens: und durch das Le=
ben und Ausgang des Menſchens in ſeiner Jugend/ Chriſti rei=
neſte Empfaͤngnus in dem Leib ſeiner Jungfraͤulichen Mutter/
lauter Sachen/ nicht allein hoͤchſtens zu verwundern/ ſondern
auch nicht vollkommentlich von Engliſchem/ und noch vielweni=
ger von menſchlichem Verſtand zubegreiffen; und unangeſehen
man nicht laugnen kan/ daß dieſe/ und alle andere Geheimnuſſen
des Lebens Chriſti wunderthaͤtig ſeynd/ ſo gibt doch die Heilige
Kirch die von dem Heiligen Geiſt erleuchtet iſt/ keiner andern
Geheimnus den Titel Wunderbarlich/ als der Auffarth Chri=
ſti/ alſo ſprechend: Per admirabilem aſcenſionem
tuam, durch deine Verwunders=wuͤrdige Auffahrt.8. Es moͤchte aber einer fragen/ warum unter allen Ge=
heimnuſſen des Lebens/ des Leydens/ und der Auferſtehung
Chriſti/ bevorab der Auffarth dieſer Titel Wunderbarlich zu=
geeignet werde? Hat man ſich vielleicht zu verwundern/ daß der
Burger wiederum in ſein Vatterland/ der Fluß in das Meer/
und das Feuer zu ſeiner ſphæra kehre? CHriſti Vatterland
aber iſt der Himmel: Primus homo (nemlich der Adam)
de terra terrenus, ſecundus homo de cœlo cœle-
ſtis: Der erſte Menſch von der Erden iſt irꝛdiſch/ der
ander Menſch vom Himmel iſt himmliſch. Was iſt es
dann fuͤr ein Wunder/ daß Er nach verrichter Wanderſchafft
[33]
wiederum nach Haus kehre? Vom Paradeiß iſt er als wie ein
Fluß aus dem Meer herkommen: Ego ſicut fluvius do-
rix exivi de paradiſo, wird im Buch Syrachs am 24. ge=
meldet: Ich bin wie ein uͤberſchwenglicher Ausfluß aus
einem Waſſerſtrom/ ja ich bin als aus dem Fluß gelei=
tet/ und bin aus dem Paradeiß hergangen/ wie ein aus=
gefuhrter Waſſer=Lauff. Warum ſolle man ſich dann ver=
wundern/ daß Er wiederumb zuruck kehre? Er iſt ein Feuer/
Deus noſter ignis conſumens eſt. Unſer GOtt iſt
ein verzehrend Feuer. 5. B. Moyſ. cap. 4. verſ. 24. Und ſein
ſphæra und Aufenthalt iſt in dem himmliſchen Jeruſalem/
cujus ignis eſt in Syon, & caminus in Jeruſalem,
deſſen Feuer iſt in Syon/ und ſeine Heerd in Jeruſalem.
Was ſolle es dann fuͤr ein Wunder ſeyn/ daß Er alldorten auf=
ſteige? Ja ſo gar/ weilen Er ein Prieſter geweſen wae. Tu
es Sacerdos ſecundùm ordinem Melchiſedec, du
biſt ein Prieſter nach der Ordnung Melchiſedechs; war=
um ſolle er nicht in das ſanctum ſanctorum, oder Allerhei=
ligſte des empyriſchen oder feurigen Himmels hinein gedoͤrfft
haben? Wann Er ein Glorwuͤrdiger Obſieger uͤber alle ſeine
Feinde geweſen iſt/ exſpolians poteſtates & principa-
tus in ſemet ipſo, Pſalm 109. Der die Herꝛ=
ſchafften beraubet/ und uͤber die Fuͤrſtenthuͤmer trium=
phiret aus ſich ſelbſt. Warum ſollte Er nicht in das hohe
Capitolium des himmliſchen Paradeyſes hinauf geſtiegen
ſeyn? Wann Er ein gekroͤnter Loͤw des Himmels war; Data
eſt mihi omnis poteſtas in cœlo & in terra: Mir
iſt aller Gewalt gegeben/ im Himmel und auf Erden/
[34]
Matth. am 28. Warum ſollte Er nicht alldort poſſeſs und
Beſitzung genommen haben? Wann Er die wahre und hoͤchſte
Sonne geweſen iſt. Ego ſum lux mundi: Ich bin das
Liecht der Welt/ Joan. am 8. Warumb ſollte er nicht voll=
kommentlich ſeinen Lauff vollendet haben? Und weilen er vom
hoͤchſten Himmel ausgangen iſt/ warum ſollte Er nicht wieder=
um zu ſelbigen gekehret ſeyn: à ſummo cœlo egreſſio
ejus, & occurſus ejus usque ad ſummum ejus:
ſein Ausgang iſt vom aͤuſſerſten Ende des Himmels/
und ſein Lauff gehet wiederum biß zu ſeinem aͤuſſerſten
Ende. Pſalm 18. Wann Er das ungeſtuͤmme Meer ſeines
bittern Leydens durchſchiffet iſt: Veni in altitudinem
maris, & tempeſtas demerſit me. Ich bin in die
Tieffe des Meers kommen/ und das Ungewitter hat
mich verſencket. Pſalm 68. Warum ſollte Er nicht zum Port
der ewigen Gluͤckſeeligkeit angelanget ſeyn? Nach Sage desjeni=
gen/ was Lucaͤ am 24. geſchrieben ſtehet: Oportuit pati
Chriſtum, & ita intrare in gloriam ſuam. Chri=
ſtus muſte leyden/ und alſo zu ſeiner Herꝛlichkeit ein=
gehen.9. Nichts deſtoweniger ſo nennet man doch die Auffarth
Chriſti nicht unbilliger Weis Wunderbarlich/ weilen wir in
ſelber/ auf was fuͤr eine Weis wir ſie immer betrachten wollen/
allezeit etwas wundeꝛbarliches finden weꝛden/ alſo daß wir nit al=
lein mit dem Salomon via aquilæ in cœlo nobis eſt diffi-
cilis, der Weeg des Adlers am Himmel iſt uns ſchwehr/ ſondern
auch mit dem gedultigen Job ſprechen koͤnnen: Quis pote-
rit ſcrutari vias ejus? Wer wird deſſen Weeg finden/ wer
[35]
die Hoheir erforſchen/ wer die Geſchwindigkeit abmeſſen/ wer
die motiven ergreiffen/ und wer die andern Umſtaͤnd ausle=
gen koͤnnen? Quis ſcrutabitur? Wer wirds erforſchen/
ſage ich? Dann wer haͤtte ihm jemals einbilden koͤnnen/ daß die=
jenige Natur/ zu welcher geſagt worden: Pulvis es, & in
pulverem reverteris, Gen. am 3. Sollte nicht allein uͤber
die Himmeln/ und Engeln ſondern auch zu der rechten Hand des
ewigen Vatters geſetzet werden? Wer haͤts geglaubet/ daß dieje=
nige Natur/ die uͤber alle andere erniedriget geweſen/ ſollte ſo
hoch erhoben ſeyn worden? Alſo daß ſie/ wie der Heilige Hie=
ronymus meldet/ altius aſcendere non poſſit, nicht
hoͤher hat ſteigen koͤnnen? Was wuͤrde der Philoſophus ſagen/
wann er hoͤren thaͤte daß ein vermiſchter Leib/ welchem/ wegen
des prædominii oder Vorzugs/ ſo die Erden in ſelbem hat/
das centrum oder Mittel=Punct/ zuſtaͤndig iſt/ nicht allein
uͤber alle Himmeln erhoben worden ſeye/ ſondern auch all=
dort/ als in ſeiner eignen Wohnung/ ſitze/ darinnen ewiglich zu
ſitzen.Und nicht allein die Philoſophi, ſondern auch die Got=
tesgelehrten finden in dieſer Geheimnus viel Wunderwuͤrdige
Sachen/ dann weilen in Chriſto zwey Naturen ſeynd nemli=
chen/ die Goͤttliche und Menſchliche jenige/ vermittelſt der Er
dem Vatter gleich iſt/ und dieſe vermittelſt welcher Er demſel=
ben minder iſt/ als finden ſie bey allen beyden ein ſcheinbare
Widerſtrebung in dieſer Geheimnus/ das bey denen andern Ge=
heimnuſſen unſers Erloͤſers nicht/ als allein in der Auffarth
iſt: Dann als Er gebohren worden/ wie Er gefaſtet/ und wie
Er geſtorben iſt/ ſo hat Er ſolches gethan/ oder gelitten/ als ein
[36]
Menſch; und da er die Blinden ſehend/ die Krummen gerad
gemachet/ die Suͤnden nachgelaſſen/ und den Heiligen Geiſt mit=
getheilet hat/ hat Er ſolches als GOtt gethan. Was wollen
wir aber von der Auffarth ſagen/ daß Er als GOtt aufſteige?
Aber iſt dann nicht GOtt an allen Orthen? Wie kan Er dann
in Himmel fahren/ als wann er nicht droben waͤre? Vielleicht
als wie ein Menſch? Aber dem Vatter auf der Rechten zu ſi=
tzen welches bedeutet/ daß Er eine Gleichheit mit ihm habe/ wie
kan ihm ſolches/ als einem Menſchen zuſtehen? Einen gleichen
Zweiffel hat unſer Erloͤſer vor dieſem denen Phariſaͤern und
Schrifftgelehrten proponiret/ zu ihnen alſo ſprechend: Quid
vobis videtur dè Chriſto, cujus filius eſt? Was
duͤncket euch von Chriſto? wes Sohn iſt er? Matth. 12.
Worauf ſie alle geantwortet: Ein Sohn Davids/ aber warum/
verſetzet ihnen Chriſtus wiederum/ nennet ihn David einen
HErꝛn/ und ſaget/ daß er zur rechten Hand ſeines Vatters ſitze?
Darauf ſie ihm nichts mehr haben antworten koͤnnen.Weiters/ wie kan geſagt werden/ daß Chriſtus zur Rech=
ten Hand ſeines Vatters ſitze/ da doch dieſer keinen Leib hat? Und
weilen er ein lauterer Geiſt iſt/ ſo hat er auch weder rechte noch
lincke Hand/ ſondern iſt in allen Orten/ nach Meldung des aller=
weiſeſten Trismegiſti, der alſo ſpricht: Deus circulus
eſt, cujus centrum eſt ubique, & circumferentia
nusquam. GOtt iſt ein Circul oder Kreiß/ deſſen Mittel=
Punct allenthalben/ und der Umbfang nirgend zu finden. Und
wann wir uns in ihm eine rechte und lincke Hand einbilden thaͤ=
ten/ wie ſitzet dann der Sohn zur Rechten ſeines Vatters? Gibt
man dann nicht die Rechte Hand dem Wuͤrdigern? Und wer
[37]
ſolle ſagen doͤrffen/ daß der Sohn wuͤrdiger als der Vatter
ſeye?Ebenfalls iſt auch dasjenige/ was man vom Sitzen ſaget/
nicht ohne difficultaͤt/ erſtlichen/ weilen es demjenigen wider=
ſtrebet/ was der Heilige Stephanus geſehen hat/ der ihn ſtehend/
und nicht ſitzend geſehen hat/ maſſen ein glorwuͤrdiger Leib
nicht muͤd werden kan/ und alſo des Sitzens nicht vonnoͤthen
hat.10. Es ſitze nun Chriſtus entweders zu der Rechten des
Vatters als GOTT/ oder als Menſch/ wann Er als GOtt/ ſo
faͤnget er anjetzo nicht an/ ſondern iſt ab æterno, von Ewig=
keit/ wann Er als Menſch ſitzet ſo iſt es eine klare Sach/ daß Er
minder als der Vatter iſt/ und dahero kan man nicht ſagen/ daß
Er auf der Rechten ſitze. O was fuͤr ein hoher Flug unſers
Koͤniglichen Adlers! wir muͤſſen aber doch gleichwohlen nicht
verzweifflen/ maſſen der Weiſe in Spruͤchw. am 30. geſaget:
Tria ſunt mihi intellectu difficilia: Drey Ding
ſind mir ſchwehr zu verſtehen.11. Was nun die erſte Frag anlanget/ ſo frage ich: ob Chri=
ſtus zu der Rechten des Vatters als GOtt/ oder als Menſch ſi=
tze? Worauf ich antworte/ daß Er alldort zugleich als GOtt/
und Menſch ſeye; durch welche wunderbarliche Vereinigung
wir ſagen koͤnnen daß GOtt/ der unveraͤnderlich iſt/ in Himmel
fahre/ und daß der Menſch/ welcher minder/ als der ewige Vat=
ter iſt/ zur Rechten ſitze/ aber wie? Es wird dieſes Wunder durch
einen ſchoͤnen Zufall ausgeleget/ welcher/ wie Alciatus erzeh=
let/ ſich zwiſchen einen Blinden und Krummen zugetragen/
dann als ſich dieſe beyde nechſt einem Fluß befanden/ und ihnen
[38]
unmoͤglich vorkame/ daruͤber zukommen/ haben ſie ſich endlichen
nach langer Berathſchlagung/ entſchloſſen/ daß der Blinde den
krummen Sehenden auf die Achſeln nehmen und der Krumme
dem Blinden den Weeg durch den Strand zeigen ſolle/ und alſo
einer den Laſt truͤge/ und der andere den Weeg wieſe/ und alſo ei=
ner dem andern ein abgewechſelte Hilff leiſtete. Ein gleiche Sach
hat ſich in der Geheimnus der Auffarth Chriſti begeben/ dann
in Chriſto waren zwey Naturen/ ein Goͤttliche und ein menſch=
liche. Die Goͤttliche hat nicht gehen koͤnnen/ nicht zwar daß ſie
krumm/ ſondern weilen ſie unermeßlich war an allen Orten/
und unveraͤnderlich: Ego Deus, & non mutor, & cœ-
lum & terram ego impleo: Ich bin der HErꝛ und
aͤndere mich nicht und ich erfuͤlle Him
̅
el und Erde. Mal. 3.
Die menſchliche Natur hatte fuͤr ſich ſelbſt keine Augen/ GOtt
zu ſehen/ vielweniger zu ſeiner Rechten zu ſitzen: Quia non
videbit me homo & vivet: Kein Menſch wird mich
ſehen und leben. Was iſt dann geſchehen? O wunderſame
Vereinigung in einem eintzigen compoſito, ſo zugleich GOtt
und Menſch geweſen iſt! und auf ſolche Weis beweget ſich GOtt
in Himmel fahrend/ und der Menſch ſitzet zu der Rechten des
ewigen Vatters.11. Und nicht allein ſitzet er zur Rechten ſondern es iſt ihm
auch aller Gewalt des Goͤttlichen Urtheils gegeben/ quia pa-
ter omne judicium dedit filio. Der Vatter hat alles
Gericht dem Sohn uͤbergeben. Joan. am 5. Und die Hei=
lige Kirch/ nachdem ſie geſaget: ſedet ad dextram DEI
patris. Er ſitzet zur Rechten GOttes des Vatters/
verſetzet gerad darauf/ inde venturus eſt judicare vivos
[39]
& mortuos. Von dannen Er kommen wird zu richten
die Lebendigen und die Todten. Dieſes iſt zwar wohl wahr/
daß Er als ein guͤtiger Adler wider die Jungen ſich nicht grau=
ſam erzeigen wird/ die nach der Vernunfft als Menſchen wer=
den gelebet haben/ aber wohl wider diejenigen/ die/ als unver=
nuͤnfftige Thiere/ all ihr Thun und Laſſen auf das irꝛdiſche We=
ſen geſetzet haben: Dahero im Buch der Weisheit am 5. Cap.
gemeldet wird: Pugnabit pro eo orbis terrarum
contra inſenſatos. Der Erden Kreiß wird mit ihm
ſtreiten wider die Unwitzigen. Dasjenige aber hernach/ was
von der Rechten Hand des Vatters geſaget wird/ muß man
nicht materialiter, oder wie es an ſich ſelbſten lautet/ ſon=
dern metaphoricè, oder verbluͤmter und figuͤrlicher Weiſe
verſtehen/ nemlichen daß er das wuͤrdigere Ort in Himmel habe/
und in der Glori/ und in dem Namen gleich ſeye. Aber/ iſt dann
nicht die rechte Hand die wuͤrdigere? Worauf ich antworte/
daß bey denen Alten unterſchiedliche Braͤuch geweſen ſeyen.
Es ſeye aber dißfalls/ was es wolle/ ſo lieſet man doch in der
Heiligen Schrifft/ daß der Sohn GOttes bald zu der Rechten
ſeines Vatters/ und der Vatter bald zu der Rechten des Sohns
ſeye. Gleichwie es in dem 109. Pſalm Davids zu vernehmen
iſt/ da Er alſo ſpricht: Dixit Dominus Domino meo,
fede à dextris meis: Der HErꝛ hat zu meinem HErꝛn
geſagt ſetze dich zu meiner Rechten Hand. Und bald dar=
auf in eben dieſem Pſalm verſetzet/ daß der Vatter auf der Rech=
ten ſeines Sohns ſeye. Dominus à dextris tuis. Uns
dardurch anzuzeigen/ daß zwiſchen ihnen der geringſte Unter=
ſchied in der Wuͤrdigkeit ſeyn/ wie dann gar ſchoͤn der Heilige
[40]
Petrus Chryſologus ſerm. 58. geſaget: Sic à dextris
ſedet filius, ut pater non ſedeat à ſiniſtris, unica &
ſingularis eſt divina poſſeſſio, ubi ſuperna virtus
nil ſiniſtrum recipit. Der Sohn ſitzet alſo zur Rech=
ten/ daß der Vatter nicht zur ???incken ſitze/ die Goͤttliche
Beſitzung iſt einig und ſonderbar wo die hoͤhere Krafft
und Macht nichts linckes an ſich nimmt.13. Desgleichen iſt der Situs, der ihm im Sitzen geben
wird/ nicht ohne metaphora zu verſtehen; nemlichen ſo viel
die Authoritaͤt/ das Reich/ und Ruhe betrifft: Dann da er von
dem H. Stephano iſt ſtehend geſehen worden/ hat er ſich in ei=
nem Actu erzeigen wollen ihm zu helffen/ und fuͤr ihn zu kaͤmpf=
fen. Dahero man ſagen kan/ daß Er fuͤr die Seeligen ſitze/ und
fuͤr uns ſtehe: Sedere eſt, ſagt der Heil. Pabſt Gregorius
hom. in Evang. judicantis eſt, ſtantis verò pu-
gnantis, & propterea Stephanus ſtantem vidit,
quem adjutorem habuit, quia ut iſte in terra per-
ſecutorum infidelitatem vinceret, pro illo de cœ-
lo illius gratiâ pugnavit. Das Sitzen wird Chriſto
als Richter zugeeignet/ das Stehen aber kommt Ihm
als einem Streiter zu/ und deswegen hat der Heil. Ste=
phanus ihm ſtehend geſehen/ weil er ihn zum Helffer ge=
habt/ ja weil Chriſtus vor Stephanum vom Himmel
gekaͤmpffet/ damit Stephanus auf Erden die unglau=
bigen Verfolger uͤberwinden moͤgte.Wann mich aber ein Vorwitziger fragte/ ob unſer Erloͤſer
im Himmel ſitze oder ſtehe? So antworte ich daß er des Sitzens
nicht vonnoͤthen habe/ weilen er durch das Stehen nicht muͤde
[41]
wird/ und daß es in ſeiner Willkuͤhr ſtehe, ob er ſitze oder ſcehe/
probierlicher aber ſeye/ daß er ſtehe/ weilen die glorwuͤrdige Lei=
ber keine Ruhe/ oder Sitzens vonnoͤthen haben: Dieſem aber
nachzuforſchen/ iſt gar eine vorwitzige Sach/ und waͤre beſſer
mit dem Heiligen Job zu ſagen: Quis ſcrutabitur vias
ejus? Wer wird ſeine Weege erforſchen? Und der H. Au=
guſtinus ſagt lib. de fide, & ſymb. cap. 6. Quomodo in
cœlo ſit corpus Domini cùm curioſiſſimum, & ſu-
pervacaneum eſt quærere, tantummodò in cœlo
eſſe credendum eſt: Wie des HErꝛn Leib im Himmel
ſey/ iſt ein allzuſorgfaͤltige und uͤberfluͤſſige Frage/ man
muß einig und allein glauben/ daß er im Himmel ſeye.
Und dieſes iſt/ was den terminum ſeiner Auff arth betrifft.14. Was wollen wir aber ſagen von der Weis ſeines Auf=
fahrens? Iſt Er durch ſeine eigene Krafft aufgefahren/ oder iſt
Er hinauf getragen worden? Wann Er durch ſeine eigne Krafft
iſt aufgefahren/ wie kan dann geſaget werden: Quòd fere-
batur in cœlum, & quod aſſumptus eſt in cœlum:
Daß Er in den Himmel getragen/ und daß Er in den
Himmel aufgenommen werden? Und wie kan von der Kirch
geſungen werden: Aſcendit in cœlum: Er iſt aufgefah=
ren gen Himmel wann er durch eigne Krafft wie iſt er dann ſo
ſchwehr/ daß er die Erde beruͤhret/ und die Fußſtapffen einge=
druckter laͤſſet/ allwo er geſianden iſt? Und wann er getragen
worden wo iſt dann die Leichte/ und agilitaͤt/ als ein eigne Gab
der glorwuͤrdigen Leiber? Fuͤrs Ander/ hat er im Auffahren eine
Verhinderniß gefunden/ wie kan dann ſein Auffart ein Triumph
genennet werden? Und wann Er den freyen Paßgehabt hat/
[42]
warum iſt es vonnoͤthen daß von ſeinen Bedienten geſagt werde:
Attollite Principes portas veſtras, & introibit
Rex gloriæ: Ihr Fuͤrſten hebet auf eure Thoren/ und
erhebet euch ihr ewige Pforten/ ſo wird der Koͤnig der
Ehren hinein gehen/ Pſ. 23. Oder aber hat er einen Furrier
gehabt/ der voran gegangen/ und ihm den Weeg gezeiget/ als wie
bey denen irrdiſchen Koͤnigen zu geſchehen pfleget? oder aber iſt
er ſelbſt der erſte geweſen/ den andern den Weeg zu weiſen? wann
ihm jemand voran gegangen/ wie kan dann der Koͤnigliche Pro=
phet David in ſeinem 67. Pſalm ſagen: Iter facite ei, qui
aſcendit ſuper occaſum: Machet ihme eine raume
Bahn/ der uͤber den Niedergang auffaͤhret. Und wann
jemand iſt/ der wie als ein Furrier vorangehet/ und den Weeg
machet/ warum ſaget dann der Heilige Prophet Michaͤas am
20. daß Er aufgefahren ſeye/ denen andern den Weeg zu wei=
ſen/ aſcendit enim pandens iter ante eos? Und wann
ein anderer vor ihm gehet ihm den Weeg zu machen/ ſo iſt auch
ein anderer vor ihm in Himmel gefahren/ und wann er andern
den Weeg bahnet/ ſo kan auch ein anderer hinauf kommen.15. Aber auf was fuͤr einer Seiten des Himmels iſt er hin=
ein gegangen? Auf der Seiten des Orients? Aber wie ſaget dann
der Koͤnigliche Prophet in ſeinem 67. Pſalm: Iter facite ei,
qui aſcendit ſuper occaſum? Machet ihm eine rau=
me Bahn/ der uͤber den Niedergang auffaͤhret. Oder auf
der Seiten des Niedergangs? Aber wie kann dann im 34. Pſal.
geſaget werden: Aſcendit ſuper cœlos cœlorum ad
Orientem: Er iſt aufgefahren uͤber der Himmel Him=
mel gegen Aufgang. Oder iſt Er in einem Augenblick hinauf
[43]
gefahren/ warum iſt Er dann von denen Apoſteln geſehen wor=
den/ da er aufgefahren? Cùm intuerentur in cœlum
euntem illum, da ſie Ihn ſahen gen Himmel fahren/
ſaget der Heilige Text: Wann Er gantz langſam aufgefahren/
wer hat dann ſeinen Flug aufgehalten/ da er doch eine unendliche
Krafft gehabt? Wann er gantz geſchwind iſt aufgefahren/ wie
iſt ſolches der Majeſtaͤt eines Triumphs geziemend? Wann Er
gantz langſam aufgefahren/ wie iſt ſolches der agilitaͤt und
Hurtigkeit eines glorwuͤrdigen Leibs proportionirt? Wann
Er geſchwind/ wie hat ſolches die Lieb/ ſo er zu ſeiner allerwerthe=
ſten Mutter/ und ſeinen lieben Juͤngern getragen/ zugelaſſen?
Wann Er langſam/ wie hat ſolches die Lieb die Er gegen ſeinen
ewigen Vatter gehabt/ erdulten koͤnnen? Nun ſiehe dann/ ob
dann die Auffarth Chriſti/ nicht gantz wunderbarlich/ und
ſchwehr zu verſtehen ſeye.16. Aber man werffe mir nicht vor/ daß die Engeln denen
Apoſteln/ umb daß ſie ſich wegen ſeiner Himmelfahrt verwun=
derten/ ſolches mit dieſen Worten verwieſen haben: Quid hîc
ſtatis aſpicientes in cœlum: Was ſtehet ihr/ und ſe=
het gen Himmel? Actor. 1. v. 11. Welches die Heilige Kirch
in dieſem ſenſu und Meynung verſtanden hat/ mit Vermel=
dung dieſer anderer Wort: Viri Galilæi, quid admira-
mini aſpicientes in cœlum? Ihr Maͤnner aus Gali=
laͤa/ was verwundert ihr euch und ſehet gen Himmel?
Man werffe mir dieſes/ ſage ich/ nicht vor/ weilen die Engeln
ſelbſten/ die ſolches geſaget/ ſich dißfalls verwundert haben/
gleichwie Iſaias am 63. Cap. bezeuget/ alſo ſprechend: Quis eſt
iſte, quivenit de Edom tinctis veſtibus de Boſra?
[44]
Wer iſt dieſer/ der von Edom kommt mit den gefaͤrbten
Kleidern von Boſra? Welche Wort/ wie der Heil. Hierony=
mus/ und der H. Beda melden/ die Engeln ſelbſten ausgeſpro=
chen/ die ſich uͤber die Himmelfahrt Chriſti verwundert haben.
Aber warum haben ſie dann ſolches denen Apoſteln verwieſen?
Vielleicht haben ſie zu ihnen alſo geſaget: Ihr Apoſteln/ die ihr
in der Schul Chriſti auferzogen worden/ wiſſet von den Goͤttli=
chen Geheimnuſſen mehr als wir/ ihr ſollet euch dahero deswegen
nicht verwundern: Oder aber haben ſich die Engeln uͤber die Zei=
chen ſeines ſchmertzhafften Leydens verwundert/ wie ſie dann
dieſe Wort geſprochen haben: Tinctis veſtibus de Boſra:
Mit den gefaͤrbten Kleidern von Boſra; gleich ob ſie zu
denen Apoſteln geſaget haͤtten: Verwundert ihr euch/ daß Er
in Himmel fahre? Verwundert euch vielmehr/ daß er herunter
geſtiegen ſeye/ verwundert euch uͤber die Glori/ in welcher Er
zur Rechten ſeines himmliſchen Vatters ſitzet? Verwundert euch
vielmehr uͤber die Lieb/ die ihn von Himmel herunter gezogen
hat/ verwundert euch nicht daß er in Begleitung der Engeln
den poſſeſſ ſeines Reichs nehme? Sondern verwundert euch
vielmehr/ daß er zwiſchen zweyen Moͤrder ans Creutz genagelt
worden. Von welcher Meynung ſich der Heilige Hierony=
mus in act. Apoſt. nicht abſondert/ indem er alſo ſpricht:
Multò magis admirandum eſt videre eum de cœ-
lo deſcendentem, quàm èterris in cœlum aſcen-
dentem: Vielmehr iſt ſich zu verwundern/ ihn zu ſehen
vom Himmel herab kommen/ als von der Erden gen
Himmel fahren; Oder vielleicht haben die Engel denen Apo=
ſteln verwieſen/ daß ſie ſich in dieſer Verwunderung ſo lang auf [45] halten
und nicht zu mehr fruchtba???en Gedancken ſchreiten/ wie
ſie dann zu ihnen alſo geſaget haben? quid hic ſtatis? Was
ſtehet ihr hie? Was haltet ihr euch ſo lang auf/ warum ſchrei=
tet ihr nicht weiter? Warum trachtet ihr ihm nicht auch nach=
zufolgen.17. Wann aber gefragt wird/ ob er durch eigne Krafft in den
Himmel gefahren/ oder aber von andern hinauf getragen wor=
den? So antwortet der Heil. Pabſt Gregorius hierauf alſo:
Redemptor noſter non angelis ſublevatus legitur,
quiais, qui feceratomnia, nimirum ſuper omnia
ſua virtute ferebatur. Man lieſet nicht von unſerem
Erloͤſer/ daß er von den Engeln erhoben worden/ weil
nemlich derjenige/ der alles gemachet/ uͤber alles durch
ſeine ſelbſteigene Krafft getragen wurde. Das iſt: Er
iſt auf keinem Wagen/ als wie Elias hinauf gefahren/ nicht von
denen Engeln hinauf gefuͤhret als wie Enoch/ ſondern durch eig=
ne Krafft.Die Heyden/ welche die Goͤtzen/ ſo von ihren Haͤnden ge=
machet worden/ angebetet/ haben ſolche billig auf Waͤgen gefuͤh=
ret/ und gedichtet/ daß ſie von unterſchiedlichen Thieren gefuͤh=
ret worden. Saturnus von Schlangen/ Jupiter von Adlern/
Bacchus von Tygerthieren Neptunus von Delphinen/ die Son=
ne von Pferden/ Juno von Pfauen/ und die Venus von Tau=
ben: GOTT aber haͤtte ſich noch vieler fuͤrnehmern Fuͤhrern
und Traͤgern bedienen koͤnnen/ nemlichen/ der Engliſchen Gei=
ſtern/ der Cherubinen und Seraphinen/ Er hat aber ſolches nicht
thun wollen/ damit ſeine Allmacht deſto beſſer erſchiene.18. Es koͤnnte aber jemand ſagen/ er haͤtte ſich dieſer bedie [46] nen
koͤnnen zu einer groͤſſern Glori/ gleichwie bey denen Roͤ=
mern vor dieſem desjenigen Triumph fuͤr vornehmer iſt gehalten
worden/ der auf einem Triumph=Wagen in der Stadt gefuͤhret
worden/ als der in ſelbe triumphirend zu Fuß eingangen war.
Julius Caͤſar iſt in dem Triumph Wagen von Elephanten ge=
zogen worden: Marcus Antonnius von Loͤwen: Aurelianus von
Hirſchen/ und insgemein die Triumphirende von Pferden. Wor=
auf ich aber antworte/ daß die Majeſtaͤt des triumphirenden
Chriſti ſo groß geweſen ware/ daß er eines ſolchen aͤuſſerlichen
Pomps nicht vonnoͤthen/ und daß gleichwohlen viel tauſend
Millionen Engeln ihn begleitet hatten/ wiewohlen er von ihnen
nicht getragen worden: gleichwie gar ſchoͤn der H. Bernar-
dus ſerm. z. mit dieſen Worten meldet: Angelico co-
mitatus obſequio, non tamen fultus auxilio:
Durch der Engel Dienſt begleitet/ nicht aber durch ih=
re Hilffe untergeſtuͤtzet. Aber wie kan dann geſaget werden/
ferebatur? Er iſt getragen worden/ das iſt wahr/ aber von ſich
ſelbſt; und wie kan dann geſagt werden aſſumptus eſt? Er
iſt aufgenommen worden/ in Betrachtung der Menſchlichen
Natur die von der Goͤttlichen erhoben worden? Weilen aber die=
ſe in einer Perſon vereiniget ſeynd/ kan man wohl ſagen/ daß ſie
von ſich ſelbſt/ und nicht von andern ſeye getragen worden: Und
nicht allein iſt das eingefleiſchte Wort als GOtt/ ſondern auch
als Menſch glorwuͤrdig in Himmel gefahren/ gleichwie der H.
Thomas 3. p. q. 57. art. 3. ad 1. mit dieſen Worten bezeuget:
Chriſtus aſcendit in cœlum propria virtute, pri-
mò quidem virtute divinà, ſecundò virtute ani-
mæ glorificatæ moventis corpus, prout vult.
[47]
Chriſtus iſt aus eigner Krafft gen Himmel gefahren/
erſtlich zwar durch Goͤttliche Krafft/ fuͤrs ander durch
Krafft der verklaͤrten Seele/ welche den Leib bewegt/
wie ſie ſelbſt gewollt.19. Aber warumb ſeynd ſeine Fußſtapffen auf der Erden
eingedruckter verblieben? Hat er vielleicht von der Erden einen
Schwung in die Hoͤhe genommen als wie einer/ der in die Hoͤhe
ſpringet? Fuͤrwahr nein/ dann ſein heiliger Leib hat die Gab
der agilitaͤt und Leichtigkeit gehabt/ ſo dieſer aͤuſſerlichen Hilff
nicht vonnoͤthen hatte. Aber iſt dann nicht ein Zeichen der Leich=
tigkeit ſeinen Fußſtapffen in der Erden eingedruckt zu laſſen?
Wie iſt dann unſer Erloͤſer ſo ſchwehr/ daß ihn kaum die Erden
ertragen kan und in dieſelbe ſincke/ und anderer Seits ſo leicht/
daß er uͤber die Sternen hinauf flieget? Vielleicht hat er uns dar=
durch anzeigen wollen/ daß er zugleich die Schwehre und Leich=
tigkeit nemlichen die Strengheit und Barmhertzigkeit halte/
jenige mit denen Welt=Menſchen zu gebrauchen/ und dieſe mit
denjenigen/ die ſich von der Erden mit Eiffer erheben? Oder viel=
leicht laͤſſet er ſeine Fußſtapffen dieſer Urſachen halber in der Er=
den eingedruckt/ darmit zu verſtehen zu geben/ daß es noth=
wendig ſeye/ die Welt/ und alle irꝛdiſche Sachen mit Fuͤſſen zu
tretten/ der den in Himmel=fahrenden Chriſtum nachfolgen
will? Oder laͤſſet er ſeine Fußſtapffen in der Erden eingedru=
cket/ weilen er von allen will erkennet ſeyn?Eleichwie der Loͤw/ damit er nicht von denen Jaͤgern ge=
ſpuͤhret werde/ mit dem Schweiff ſein gemachte Spuhr wie=
derum vermachet/ alſo hat auch unſer Erloͤſer/ da er auf der
Welt geweſen/ mit ſeiner Demuth/ und Schwachheit ſeines
[48]
Fleiſches die Fußſtapffen ſeiner Gottheit bedecket/ und verbor=
gen/ und zwar/ daß er nicht gefangen/ ſondern daß er gebunden/
und gecreutziget werden ſolte/ dan
̅
ſonſten ſi Dominum glo-
riæ cognoviſſent, nunquam crucifixiſſent: Wo
ſie den HErꝛn der Herꝛlichkeit erkennet haͤtten/ ſo haͤt=
ten ſie ihn niemals gecreutziget. Rom. 1. v. 2. Anjetzo aber
war es Zeit/ daß er von der gantzen Welt erkennet wuͤrde/ und
alſo hat er ſeine Fußſtapffen hinterlaſſen.20. Oder vielleicht/ weilen er an eben dieſem Ort geſaget
hat: Data eſt mihi poteſtas in cœlo, & in terra:
Mir iſt aller Gewalt gegeben im Himmel und auf Er=
den. Matth am 28. Und man die Beſitzung mit denen Fuͤſſen zu
nehmen pflege/ nach laut desjenigen Spruchs: Poſſeſſio eſt
pedum poſitio, die Beſitzung iſt eine Setzung der Fuͤſ=
ſe/ und Er zum Zeichen/ daß Er den poſſeſſ der Zeit genom=
men habe/ ſeine Fußſtapffen in deſſen hoͤchſten Theil eingedruckt
laſſe? Oder vielleicht hat er gewollt/ daß die Gedaͤchtnus ſeiner
Glorwuͤrdigen Himmelfahrt ewig in unſern Hertzen einge=
druckt verbleibe.Weiters/ gleichwie eine Sach die mit einer andern zuſam=
men gefuͤget vereiniget iſt/ hart wiederum darvon zu ſondern
iſt/ daß ſie nicht einen Theil hinterlaſſe/ oder daß ſie nicht einen
Theil von der andern Sach mit ſich nehme/ alſo iſt auch unſer
Erloͤſer mit uns durch die Lieb ſo ſcarck vereiniget geweſen/ daß
Er uns nicht allein/ da Er von uns geſchieden/ ſein Hertz ge=
laſſen/ indem Er Matth. am 28. geſagt: Ecce ego vobis-
cum ſum usque ad conſummationem mundi:
Siehe ich bin bey euch alle Tage biß zum Ende der Welt.
[49]
Und hat mit ſich unſere Hertzen in Himmel getragen/ alldorthin
unſern Schatz ſetzend/ quia ubi theſaurus veſter eſt, ibi
& cor veſtrum erit: Weil/ wo euer Schatz iſt/ da
wird auch euer Hertz ſeyn/ Matth. am 6. ſondern auch in=
dem Er die Erden ausgegrabner gelaſſen/ uns ein Zeichen geben
wollen/ daß er ein Zeichen davon getragen habe: Und weilen Er
uns ſeine H. Fuͤß nicht hat laſſen wollen/ hat Er gewollt/ daß
wenigſt ſeine Fußſtapffen bey uns verbleiben.21. Aber hat er auf dieſer Reis im Himmel keinen Anſtoß
gehabt? Hat Er bey der Himmels-Porten anklopffen/ und ſo
lang warten muͤſſen/ biß ſie ihm eroͤffnet worden? Fuͤrwar nein/
dann Er hat ſchon alle ſeine Feinde und Beſchwehrnuſſen uͤber=
wunden/ und war ſchon zu einem HErꝛn Himmels/ und der Er=
den erklaͤret. Aber warumb beſchreibet dann der Koͤnigliche
Prophet ihn in Himmel fahrend/ mit einem Trompeten=Schall/
ſo ein Zeichen des Kriegs iſt? Aſcendit Dominus in vo-
ce tubæ: Der HErꝛ faͤhret auf mit Poſaunen=Schall.
Und ſaget/ daß wol zweymal von ſeinen Furieren zu denen Thor=
waͤrthern des Himmels geſaget worden: Attollite portas
Principes veſtras? Ihr Fuͤrſten hebet auf eure Tho=
ren? Worauf ich antworte/ daß bey denen Triumphen/ zuwei=
len auch Schlachten ſeynd vorgeſtellet worden/ nicht zwar daß
man zu Streiten vonnoͤthen haͤtte/ ſondern zum Zeichen der
Freuden/ und zur Gedaͤchtnus des erober ten Sieges. Und
nicht anderſt ſtellet uns der Koͤnigliche Prophet David in die=
ſer Glorreichen Himmelfahrt Chriſti Schlachten/ und Heer=
paucken/ Anſtoͤß/ und Kriegs=Sachen vor/ nicht darum/ daß wir
glauben ſollen/ daß ſich warhafftig dieſe Sachen dabey zugetra [50] gen
haben/ ſondern damit wir uns/ uͤber den von unſrem Erloͤſer
erhaltenen Sieg erfreuen ſollen/ und nicht anderſt iſt jenes zu
verſtehen/ was erſtgedachter Heil. Prophet in ſeinem 67. Pſalm
ſaget: Iter facite ei, qui aſcendit: Machet ihm eine
Bahn/ der auffaͤhret/ nicht daß Er ſolches vonnoͤthen habe/
ſondern uns die Vielheit der Engeln/ und der Heiligen vorzuſtel=
len/ die ihn begleitet hatten/ gleichwie bey einem Koͤniglichen Ein=
zug zu geſchehen pfleget.22. Wir koͤnnen aber wohl hingegen ohne metaphora
oder verbluͤmte Rede jenes verſtehen/ was erſtgedachter Koͤnig=
liche Prophet am 34. Pſalm gemeldet hat: Quod Domi-
nus aſcenderit ad Orientem: Daß der HErꝛ auf=
gefahren gegen Aufgang; weilen unter jenigem Theil des
Himmels der Oelberg iſt/ von dem er iſt aufgefaͤhren. Aber
warum ſaget eben gedachter Prophet/ daß er zum Niedergang
aufgefahren ſeye: Iter facite ei, qui aſcendit ſuper
occaſum? Machet ihm eine raume Bahn/ der uͤber
den Niedergang auffaͤhret? Worauf ich antworte/ daß in
dieſem Ort qui aſcendit, der auffaͤhret/ eben ſo viel iſt/ als
qui equitat, qui calcat, das iſt/ der reitet und den Nie=
dergang trittet/ nemlichen/ daß er den Tod (wie etliche wollen)
uͤberwunden/ und mit Fuͤſſen getretten habe/ oder/ dem Buch=
ſtaben gleichformiger/ der zum Aufgang auffahrend/ den Nieder=
gang unter ſeine Fuͤß gebracht hat.Aber was wollen wir von der Geſchwindigkeit ſeiner Auf=
farth melden? Worauf ich antworte/ daß ſeine Himmelfahrt an=
faͤnglich/ und ſo lang er von denen Heiligen Apoſteln hat koͤnnen
geſehen werden/ etwas langſam geweſen war/ nicht zwar aus
[51]
Mangel der Krafft/ ſondern zum Troſt ſeiner Juͤnger/ die ihm
ſtets nachgeſehen: Videntibus illis, ſagt der H Bernar-
dus ſerm. 3. de aſcenſione, eſt elevatus in cœlum,
& deſiderantibus oculis ſecuti ſunt gradientem:
Er iſt in Angeſicht ihrer aufgehaben worden/ und ſie
haben ihm alſo ſteigend mit ſehnlichen Augen nachge=
folget. Er ſaget nicht volantem, fliegend/ ſondern ſtei=
gend/ uns dardurch anzuzeigen/ daß Er anfaͤnglich ganz langſam
aufgefahren/ ſeine uͤbrige Auffarth aber mit wunderſamer Ge=
ſchwindigkeit geſchehen ſeye/ unangeſehen von der Erden biß zu
den hoͤchſten Himmel ein unglaubliche Weite iſt: Unſer Erloͤ=
ſer aber hat im Hinauffahren kein Jahr/ keine Wochen/ kein Tag/
noch auch keine Stund zugebracht. Daß Er keinen Tag zuge=
bracht habe/ wird mit dieſem bewieſen/ indem die Heil Kirch eben
an jenigem Tag ſeine Himmelfahrt haͤlt an welchem Er ſich von
der Erden hinweg begeben hat. Ich ſage noch mehr/ und ſpre=
che/ daß Er auch keine Stund zugebracht habe/ dann kurtz dar=
auf/ nachdem Er aus denen Augen der Apoſteln verſchwunden
iſt/ ſeynd zwey Engel kommen/ die alſo zu ihnen geſprochen:
Was verwundert ihr euch in den Himmel aufſchauend? Dieſer
JEſus/ den ihr jetzt in Himmel habt fahren ſehen/ wird auf ein
neues kommen/ die Welt zu urtheilen: Und wie ſie dieſes geſagt
haben/ war CHriſtus ſchon im Himmel angelangt geweſen/ und
haben geſagt: Qui aſſumptus eſt in cœlum, der auf=
genommen iſt in den Himmel Actor. 1. Alſo hat er inner=
halb einer ſehr kurtzen Zeit/ und gleichſam in einem Augen
blick/ dieſe ſehr weite Fahrt von der Erden in den Himmel ge=
machet.
|| [52]
24. O was fuͤr eine wunderbarliche Geſchwindigkeit! viel
ſchwehrer zu erforſchen als den Lauff des Fluſſes Nili/ und da=
hero iſt es kein Wunder/ daß die H. Apoſteln/ gleichwie der Pro-
metheus ohne Hertz verblieben/ und gleichſam auſſer ſich ſelbſt
kommen ſeynd. Es iſt kein Wunder/ daß jenige Voͤgel/ die ſo
lange Zeit am Ort des Fegfeuers geweſen ſeynd/ nach Meldung
Zach. 9. 11. Eduxiſti vinctos de lacu, du haſt deine
Gefangene aus der Gruben gelaſſen; auch ein Raub dieſes
Adlers verblieben ſeynd/ nach Sag was der Koͤnigliche Pro=
phet geſagt: Aſcendens in altum captivam duxit
captivitatem: Indem Er in die Hoͤhe gefahren/ hat er
die Gefaͤngnis gefangen gefuͤhret. Und ſeynd zugleich mit
denen Gaͤmbsgeiſſen/ und Hirſchen der H. Engeln gegangen/
von welchen Cant. 2. Adjuro vos per capreas, cer-
vosque camporum. Ich beſchwoͤre euch bey den Re=
hen und bey den Hirſchen auf dem Felde/ Meldung be=
ſchicht.25. Was wollen wir aber von der Geraͤde des Flugs ſagen?
Die Gleichheit des Adlers machet uns glauben/ daß Er gantz ge=
rad in Himmel gefahren ſeye/ gleichwie uns dieſe Geheimnus die
H. Kirch abgemahlter vorſtellet welches doch nicht ohne groſſes
Wunder geweſen iſt/ weilen ſonſt insgemein derjenige/ der von
ſeinen lieben Freunden ſeinen Abſchied nimmet/ ſich immerzu
umbſiehet.26. Aber hat dann nicht CHriſtus unſer Erloͤſer die Welt
hoͤchſtens geliebet? Fuͤrwahr ja dann ſonſten wuͤrde er nicht fuͤr
ſie geſtorben ſeyn. Hatte er dann nicht liebe Pfand auf der Er=
den/ nemlichen/ ſeine H. Apoſteln/ ſeine andaͤchtige Frauen/ die
[53]
ihm biß zum Creutz nachgefolget? Und ſeine elgne Allergebe=
nedeyteſte Mutter? Wie kan er dann alſo gerad ohne Umſchau=
en in Himmel fahren? Wie kan er ſie dann alſo verlaſſen? Iſt
dann nicht die Lieb ein ſo maͤchtiges Gewicht/ ſo die Perſonen zu
ſeinen geliebten objecto, und Gegenwurff ziehet? Nach Sag
des H. Auguſtini, der alſo meldet: Amor meus, pon-
dus meum, ipſe feror, quocunque feror: Meine
Liebe iſt mein Gewicht und Laſt/ ich werde getragen/
wohin ich auch getragen werde. Wann dann die Lieb/ die
Chriſtus zu ſeiner Familia getragen/ unermaͤßlich war/ wie
hat es ihn dann nicht in die Niedern zu ſehen gemachet? Oder/
wann ihm die Lieb/ ſo er zu ſeinem himmliſchen Vatter gehabt/
in die Hoͤhe getragen/ wie hat es moͤglich ſeyn koͤnnen/ daß die=
ſe zwey contrarietaͤten oder widerige Dinge/ nicht verurſa=
chet hatten/ bald in die Niedere/ und bald in die Hoͤhe zu ſehen?
Der Donner=Keil ſteiget nicht gerad/ ſondern Schlangen=weis
herunter/ deſſen Urſach dieſe iſt/ weilen er von einem ſchwehren
Stein/ und von einem leichten Feuer zuſammen gemachet iſt/
von einem Stein/ der ihn in die Niedern ziehet/ und von einem
Feuer/ das ihn in die Hoͤhe ziehet/ wie faͤhret dann Chriſtus/ der
die Lieb gegen den Menſchen hat und die ihn als wie ein ſchweh=
rer Stein in die Niedern gezogen/ und die Lieb des Vatters/ die
ihn als ein leichtes Feuer in die Hoͤhe getragen/ ſo gerad in Him=
mel ohne eintziges hinter ſich ſchauen? Fuͤrwahr ein groſſes Wun=
der! Aber quis poterit ſcrutari vias ejus? Wer kan
ſeine Weege erforſchen?27. Wir wollen aber zu unſerer Seelen mehr nutzbaren Sa=
chen ſchreiten/ nemlichen zu denen Urſachen/ warum unſer Erloͤ [54] ſer
in Himmel gefahren? Was wollen wir dann ſagen? Ob er
hinauf gefahren ſeye/ die Freude des himmliſchen Vatterlands
zu vermehren/ oder die Glori und Seeligkeit ſeiner ſelbſten zu er=
hoͤhen und ſeinen Vatter wegen der empfangenen Glori zu ver=
ehren? Oder daß er ſelbſt wegen der eroberten Victorien vereh=
ret wurde? Den poſſeſſ oder Beſitz ſeines Reichs zu nehmen/
oder in ſelbem uns Wohnungen zu bereiten/ den Himmel mit irꝛ=
diſchen Guͤtern zu bereichern/ oder Reichthum von Himmel her=
unter auf die Erden zu ſchicken? Sich von denen Menſchen zu
entfernen/ oder ſelbe mit ſich ins Paradeis zu ziehen? Dieſe und
noch mehr andere Urſachen koͤnten von der Himmelfahrt unſers
Erloͤſers angezogen werden/ wir wollen aber in Kuͤrtze anfaͤng=
lich ſagen/ daß CHriſtus durch ſein Ankunfft in Himmel eine
groſſe Freud gemachet/ und ein neue Glori und Schoͤnheit dem=
ſelben zugebracht habe/ dann wann man wegen Bekehrung eines
Suͤnders im himmliſchen Vatterland ein groſſes Feſt haͤlt/
was wird dann nicht fuͤr ein Freude geweſen ſeyn/ wie der Hei=
lige aller Heiligen alldort angelanget iſt/ von deſſen alleiniger Ge=
genwart ſie mehr Glori/ und Zufriedenheit empfangen/ als von
allen andern zugleich? Wann man wegen der Zuruckkunfft des
verlohrnen Sohns in dem Hausſeines frommen Vatters ein ſo
groſſes Freuden=Feſt angeſtellet hat: Was fuͤr ein unausſprech=
liche Freud wird dann nicht geweſen ſeyn/ wegen der Zuruck=
kunfft dieſes aller gehorſamſten/ und Glorwuͤrdigſten Sohns/
der nicht als ein Bettler/ und nackend/ und bloß/ ſondern mit
Sieges=Kraͤntzen beladen/ zuruck kommen? Wann die Engeln/
als CHriſtus in einem ſchlechten Stall auf der Welt gebohren
worden/ mit Singen/ und Muſiciren ein uͤberaus groſſe Freude
[55]
erzeiget haben was fuͤr ein Freuden Feſt werden ſie nicht gehal=
ten haben/ da Chriſtus Siegreich im Himmel wiederum ankom=
men iſt/ zu der Rechten Hand ſeines Vatters zu ſitzen? Wann die
Arch des Alten Teſtaments mit ſolchen Freuden in dem irꝛdi=
ſchen Jeruſalem iſt empfangen worden/ daß man aller Orten
nichts anders als Jubiliren gehoͤret/ mit was fuͤr einem Jubel
wird dann nicht die wahre/ und myſtiſche Arch der Menſchheit
Chriſti in himmliſchen Jeruſalem empfangen worden ſeyn/ de=
ro die alte nur ein Figur und Schatten war.28. Es iſt dahero keines Weegs zu zweifflen/ daß dieſe Him=
melfahrt nicht zu groſſer Glori unſers Erloͤſers gereichet ſeye/
maſſen vermittelſt derſelben er uͤber alle Choͤr der Engeln erhoͤ=
het/ zu einen HErrn der gantzen Welt/ zu einen Austheiler aller
Himmliſchen Gnaden und Gaben erklaͤret/ in den Beſitz ſeines
Reichs geſetzet/ fuͤr den groͤſten Monarchen aller Creaturen er=
kennet/ und zu der Rechten Hand ſeines ewigen Vatters geſe=
tzet worden. Daß es aber nicht auch zu Nutzen ſeiner Heil Kirch
geweſen ſeye/ (ob man zwar im erſten Anblick das Widerſpiel
zu erſcheinen vermeinte) ſolle man desgleichen keines Weegs
zweifflen/ weilen er ſelbſten Joan. am 16. geſaget hat: Expe-
dit vobis, ut ego vadam, es iſt euch nutz/ daß ich hin=
gehe/ bey welchem ſehr viel Sachen koͤnten beygebracht werden/
ich aber will bloß allein dieſes melden/ daß gleich wie der fliegen=
de Adler bey den Alten ein Zeichen der Gluͤckſeligkeit geweſen
iſt/ alſo auch wir von niemand andern ein groͤſſere Gluͤckſee=
ligkeit zu hoffen haben/ als von dem in Himmel fahrenden
CHriſto.
|| [56]
29. Die Aſtrologi bezeugen/ daß von dem Planeten/ der
in der Geburt des Kinds aufſteigend iſt/ der gantze gluͤckſelige
Lauff ſeines Lebens hange: Was aber dieſe immer Gutes von
ihrem aufſteigenden Planeten prophezeyen ſo iſt doch dieſes al=
les nichts/ in Vergleichung jenigen Gutes/ ſo wir von unſerem
Aufſteigenden empfangen/ welcher der eingefleiſchte GOTT
iſt/ und der uns dieſer Gluͤckſeeligkeit vergewiſſern wollen/ indem
Er vor ſeiner Himmelfarth das Geſetz des Tauffs promulgi-
ret hat/ ſo unſre wahre Geburt iſt/ durch welche wir Kinder
GOttes worden ſeynd/ und worvon im H. Joanne am 3. ge=
ſchrieben ſtehet: Oportet vos naſci denuò: Ihr muſ=
ſet von neuem gebohren werden; Aber warum hat er mit
promulgirung und Verkuͤndigung des Zuſatzes dieſes Sa=
craments biß zu ſeiner Himmelfahrt gewartet? Iſt es dann nit
das erſte Sacrament/ iſt es dann nicht das allernothwendigſte?
Warum hat er dann mit deſſen Promulgirung biß auf die
Letzte gewartet? Ich wuͤſte fuͤr dißmahl nicht beſſer hierauf zu
antworten/ als daß/ weilen unſer Geburt geiſtlich war/ und Er
der Aufſteigende dieſer unſrer Geburt ſeyn wollte/ Er mit Fleiß
mit deſſen promulgirung biß zu ſeiner Auffarth habe war=
ten wollen: Quia cùm hæc dixiſſet: Euntes præ-
dicate Evangelium omni creaturæ, baptizantes
eos in nomine Patris, & Filii, & Spiritus Sancti,
ſubitò elevatus eſt: Dann als Er dieſes geſagt hat=
te: Gehet hin und lehret alle Voͤlcker/ und tauffet ſie
im Namen des Vatters/ und des Sohns/ und des
Heiligen Geiſtes/ ward Er ploͤtzlich aufgehaben. O
wie gluͤckſelig iſt dann nicht unſer Geburt!
|| [57]
30. Es iſt aber hiebey zu mercken/ daß nach Meldung etli=
cher Aſtrologorum etliche Planeten eines guten Einfluſſes
ſeynd/ als wie der Jupiter/ die Venus/ und die Sonne: Und et=
liche eines boͤſen Einfluſſes/ als wie der Saturnus/ und der
Mars: und etliche indifferent, und unveraͤnderlich ſeynd/
als der Mercurius/ und der Mond: Aber viel beſſer ſagen et=
liche/ daß alle Planeten, die boͤs genennet werden/ indifferen-
ter und ohne Unterſchied in ſich ſelbſt ein gute influenz und
Einfluß haben/ und ein Urſach/ vielen Gutens ſeyn koͤnnen/
gleichwie die guten Planeten ein Urſach boͤſſer Einfluͤß ſeyn
moͤgen: Wir wollen aber in Kuͤrtze die hauptſaͤchlichen Gut=
thaten betrachten/ die uns die Aſtrologi von dem guten Plane=
ten verſprechen/ welche wir alle von unſerm wahren aufſteigen=
den JEſu Chriſto verurſachet finden werden.Was ſagen dann die Aſtrologi von dem erſten Planeten
Saturno? alſo/ wann ein Kind in Aufſteigung dieſes Planetens
gebohren wird/ ſelbes lang und geſund leben/ und in allen ſeinem
Thun und Laſſen gravitaͤtiſch/ beſtaͤndig/ und unveraͤnderlich
ſeyn werde/ und dieſes darum/ weilen dieſer Stern der allerlang=
ſambſte in ſeiner Bewegung/ und auch der allerhoͤchſte iſt. Aber
was hat dieſes mit den Wuͤrckungen unſers Aufſteigenden zu
thun? Er gibt uns nit allein ein langes/ ſondern auch ein ewiges
Leben/ Er machet uns nicht allein beſtaͤndig/ ſondern auch un=
uͤberwindlich/ nicht allein nicht unveraͤnderlich/ ſondern auch
Seiner eintzigen Paſſion unterwuͤrffig; deſſen ein Zeugnus
dasjenige iſt/ was Matth am 16. geſchrieben ſtehet: Qui cre-
diderit, wer glaubet & baptizatus fuerit (das iſt/ der
[58]
unter dieſem Auſſteigenden wird gebohren werden) ſalvus erit,
der ſoll und wird ſeelig werden.31. Der unter dem aufſteigenden Jupiter gebohren wird/ den
haltet man ebenfalls fuͤr gluͤckſeelig/ dann Jupiter wird von dem
Woͤrtlein juvrae, helffen/ genommen; Und haltet alle ſchaͤdliche
Sachen beyſeits: Aber viel beſſer wendet unſer Aufſteigender alle
ſchaͤdliche Sachen ab/ und veraͤndert ſelbe in Gutes/ maſſen der H.
Paulus Rom. 8. 18. geſaget: Diligentibus Deum omnia coo-
perantur in bonum: Dann denjenigen/ die GOtt lieben/ alle
Dinge zum Guten mitwuͤrcken.Wann einer im Mars wird gebohren werden/ ſo wird er
ſtarck/ tapffer/ unuͤberwindlich ſeyn/ und uͤber alle ſeine Feinde
ſiegen: Dieſes aber ſeynd lauter Gedicht/ aber dieſes hingegen die
Warheit/ daß wir in Krafft unſers Aufſteigenden alle unſere Fein=
de/ auch die hoͤlliſche/ uͤberwinden werden/ welches er uns ſelbſt
Matthaͤi am 16. verſprochen: In nomine meo dæmonia eji-
cient. In meinem Namen werden ſie Teuffel austreiben.Unter allen Planeten aber pfleget die Sonne zum mehriſten
guͤnſtig/ und aufſteigend zu ſeyn/ aber man erwartet umbſonſten
ſolches von dieſer materialiſchen Sonnen/ ſondern wird von unſe=
rer warhafften Sonnen der Gerechtigkeit erhalten/ maſſen wir al=
le zu ihm ſagen koͤnnen: Feciſti nos Deo noſtro regnum & ſa-
cerdotes, & regnabimus ſuper terram: Du haſt uns unſerm
GOtt zum Reich und zu Prieſtern gemacht/ und wir werden auf
Erden regieren Offenb. St. Joannis c. 5. Welches die Juͤnger
des HErrn verſtanden zu haben ſcheinet/ zu welchen er ſelbſt geſa=
get/ daß ſie von dem H. Geiſt nach wenig Tagen ſollten getauffet
werden/ indem ſie ihn gefraget haben/ wann ſein Reich kommen
wuͤrde? Igitur, ſaget der H. Lucas in den Geſchichten der Apoſtel
c. 1. qui convenerant, interrogabant eum, ſi in tempore hoc
reſtitues regnum Iſrael? Die nun zuſammen kommen waren/
fragten ihn/ und ſprachen: HErr/ wirſt du zu der Zeit das Reich
dem Iſrael wieder aufrichten? Worbey dasjenige Woͤrtlein igi-
tur zu mercken iſt. Aber wie nimmt man von dieſen geſagten Sa [59] chen
dieſe Frag ab? Zu was Ende redet man von der Zeit/ wann
es mit ihnen verſprochen worden? Fuͤrwahr ja/ weilen ſie verſtan=
den haben/ daß in demjenigen Woͤrtlein baptizabimini, ihr ſollet
getauffet werden/ als in einer Geburth/ in welcher die Sonne auf=
ſteigend iſt/ das Verſprechen deß Reichs eingeſchloſſen war/ und
dahero haben ſie gefraget/ wann ſolches geſchehen werde? Wel=
ches desgleichen der H. Ludwig/ Koͤnig in Franckreich/ gar wohl ver=
ſtanden hat/ indem er geſaget/ daß er eine groͤſſere Wuͤrde empfan=
gen habe/ da er getauffet worden/ als wie er gekroͤnet worden.38. Nicht weniger werden viel gefunden/ die verlangen geliebt
zu werden/ und dahero wann es in ihrem Willkuͤhr ſtuͤnde/ ſie ihnen
fuͤr ihren Aſcendenten den Planeten Venus erwaͤhlten. Dieſe Lieb
aber/ die man von dieſem Planeten erwartet/ iſt offtermals mehr
ſchaͤdlich als nutzlich: Die wahre Lieb aber iſt diejenige/ die uns von
unſerem Aufſteigenden gegeben wird/ der dieſer Urſachen halber in
den Himmelfaͤhret/ damit er uns die Lieb ſchicke. Joan. am 16. al=
ſo ſprechend: Siego non abiero, paraclytus non veniet ad vos:
So ich nicht hingehen werde/ ſo wird der Troͤſter nicht zu euch
kommen.Was verlanget ihr dannweiters/ O ihr Menſchen? Vielleicht
Weis=und Wohlredenheit? mit welcher man ſaget/ daß derjenige
begabt ſeye/ der den Mercurium zum Aſcendenten odeꝛ aufſteigende
̅
Zeichen hat? Dieſes aber ſeynd lauter Unwarheiten: Unſer Auf=
ſteigender gibt uns allein die wahre Weis=und Wolredenheit/ wie
er Marci am 16. gemeldet hat: Linguis loquentur novis: Sie
werden mit neuen Zungen reden.Schluͤßlichen hat man es fuͤr ein gutes Zeichen/ wann man
den Mond guͤnſtig hat/ dann weilen dieſer die Oberherrſchung uͤber
die Feuchtigkeiten hat/ von deren Contemperation unſere Geſund=
heit hanget/ haltet man darfuͤr/ daß er viel zu unſerer Geſund=oder
Kranck heit cooperiren koͤnne. Aber was fuͤr eine groͤſſere Krafft
koͤnnen wir fuͤr die Kranckheit verlangen/ als diejenige/ die uns
unſer Aufſteigender mit dieſen Worten verſprichet: Supra ægros
manum imponent, & benè habebunt, auf die Krancken wer [60] den
ſie die Haͤnde legen/ ſo wirds beſſer mtt ihnen werden. Sie
werden nicht allein von ſich ſelbſt/ ſondern auch von andern mit
Auflegung der Haͤnde alle Kranckheiten vertreiben koͤnnen/ der
ſich ſeiner aus ſeinen eigenen Schuld nicht unfaͤhig machet/ wel=
ches von denjenigen nicht kan geſaget werden/ die ſeiner Aufferſte=
hnng nicht nachfolgen/ und zugleich mit ihm auf den Oelberg ſtei=
gen/ wider den Rath deß Apoſtels/ der zu uns ſaget: Si conſur=
rexiſtis cum Chriſto, quæ ſurſum ſunt quærite: So ihr mit
Chriſto auferſtanden ſeyd/ ſo ſuchet/ was droben iſt/ in der Epiſtel
an die Coloſſ. c. 3.35. Wir muͤſſen von unſern Schulden und Suͤnden nicht
allein abſtehen/ ſondern auch mit Chriſto auferſtehen/ dann auch
diejenige/ die mit ihm auferſtanden ſeynd/ ſeynd dem Tod nicht
mehr unterworffen geweſen/ und wir muͤſſen die Suͤnd ſolcher Ge=
ſtalt meiden/ daß wir ſie nicht mehr uͤber uns herrſchen laſſen; her=
nach muͤſſen wir auf den Oelberg ſteigen/ allwo das Leiden unſers
Erloͤſers angefangen hat/ das iſt/ ſo viel es moͤglich/ ſich von denen
irrdiſchen Sachen erheben/ und unſerer Seits thun/ ſo viel uns
moͤglich iſt. Und weilen wir in Himmel fahren koͤnnen/ ſollen wir
aufs wenigſt auf einen Berg ſteigen/ und nicht in einem Thal war=
ten/ biß der HErr kommt/ uns mit ſich zu fuͤhren/ weilen man keine
Miraculen begehren ſolle/ allwo ſie nicht vonnoͤthen ſeynd/ und
endlichen gern etwas um ſeiner Lieb willen leiden/ dann wann wir
auf dem Oelberg Geſellen ſeines Leidens ſeyn werden/ ſo werden
wir auch Geſellen ſeiner Auffarth werden/ dann Si compatimur,
& conglorificabimur: So wir mit ihme leiden/ ſo werden wir
auch mit ihm zur Herrlichkeit erhaben werden. Und wann wir
uns von dieſem Adler das Hertz werden nehmen laſſen/ ſo werden
wir ein gluͤckſeeliges Wahrzeichen haben/ Beſitzer deß Himmel=
reichs zn werden. Amen.
|| [61]
Serenum erit.
1. EIn ſchoͤne fuͤrwahr/ und bequeme/ aber auch kecke/ und
gefaͤhrliche Sach/ war die Erfindung des Schiffes ge=
weſen mit welchem man auf dem ungezaͤmten Meer
vermittelſt eines kleinen Steuer=Ruders fahren kan/ allwohin
[62]
man verlanget: Wer aber deſſen erſter Erfinder geweſen ſeye/
ſeynd die Scribenten nicht allerdings gleicher Meynung. Die
Candianer ſagen/ daß es Neptunus geweſen ſeye/ dahero
ihn etliche fuͤr einen GOtt des Meers ausgeruffen: Tertul-
lianus meldet de corona militis, daß Minerva deſſen er=
ſte Erfinderin waͤre. Es iſt aber nicht glaublich/ daß ein Weibs=
bild ſo keck geweſen waͤre. Clemens Alexandrinus giebt
dieſe Ehr dem Atlanti und andere Scribenten andern gleichwie
nach der Laͤnge Lilius Gregorius Giraldus in ſeinem Buch
de Navigatione cap. 1. und Polidorus Virgilius c. 6.
lib. 3. darvon ſchreiben.2. Ich aber/ meines Erachtens/ glaube/ daß vor Erbauung
der Arch Noe weder die Schiff=Kunſt/ noch auch der Gebrauch
der Schiff erfunden geweſen ſeye/ maſſen die Menſchen das
Schifffahren/ und das Schiffmachen erſt von dem Noe erlernet
haben/ die denen erfundenen Sachen hernach leichtlich diejenige
Form und Bequemlichkeit haben hinzuſetzen koͤnnen/ die man
noch heutiges Tags in denen Schiffen ſihet/ ſo vor dieſem um ein
merckliches groͤſſer als die jetzigen waren/ gleichwie von einem
Atheneus lib. 5. cap. 6. Meldung thut/ welches Ptolo-
mæus Philopater, Koͤnig in Egypten/ hat machen laſſen/
welches viertzig Ruder=Baͤnck gehabt/ und 280, Ellenbogen
lang/ und beym Eingang 38. breit/ und 40. Ellenbogen hoch ge=
weſen war: Es hatte/ meldet er/ 4. Steuer=Ruder/ deren je=
des 30. Ellenbogen und die groͤſten Ruder 38. Ellenbogen hat=
te. Es hatte 12. tavolati/ deren ein jeder 600. Ellenbogen
hatte/ faſſete mehr als 3000. Perſohnen/ und 400. Ruder Knech=
te/ neben einer groſſen Anzahl Proviant und Waffen: Auf dem
[63]
hintern und vordern Theil/ ſahe man allerhand Thier/ nicht klei=
ner als 12. Ellenbogen/ und war kein eintziges Ort/ das nicht mit
von Feur gemachten Mahlerey/ und mit Wintergruͤn/ und
Wein Blaͤttern gezieret war/ und aller Orten war ein groſſe
Anzahl Waffen zu ſehen.Damit aber der Fluß Nilus dem Meer nicht neidig waͤre/
hat erſtgemeldter Koͤnig Ptolomæus ein anderes/ ſo nicht
kleiner/ als das erſte geweſen machen laſſen/ welches einen hal=
ben Roß Lauff lang/ und weit breiter als 30. und ein wenig nie=
derer/ als 50. Ellenbogen geweſen war: auf 3. Seiten des Schiffs
herum waren Spatzier=Gaͤng und ſo groſſe Zimmer darinnen/
daß in etlichen zwantzig Better ſtehen kunten/ will geſchweigen
der Saͤulen/ der Bildnuſſen/ und anderer Zierrathen von Helf=
fenbein/ und Gold/ die alle zu beſchreiben und zu erzehlen zu ver=
drießlich fallen wuͤrde.3. Es ſcheinet aber/ daß mit dieſem Egyptiſchen Koͤnig in
Erbauung beruͤhmter Schiffen/ der Sicilianiſche Koͤnig Hiero
geſtritten habe/ welcher den Kunſtreichen Archimedem
zu einem Baumeiſter gebrauchet/ und ein ſo groſſes Schiff/ wie
gedachter Atheneus lib. 5. cap. 7. meldet/ von einer ſolchen
Anzahl Holtz hat bauen laſſen/ ſo zu Erbauung 60. triremen
oder Ruder Baͤncke genug geweſen waͤre. Dieſes Schiff hatte
20. Ruder=Baͤnck/ und in deſſen Mitte waren von einer Seiten
zu der andern 4. Cænacula, in jedem deren 30. Better ſtehen
kunten/ neben denen andern Zimmern/ die zum Gebrauch der
Schiffer verordnet waren. Ober dem Schiff waren Spatzier=
Gaͤng/ wie auch Gaͤrten mit allerhand Blum=und Kraͤuterwerk
verſehen, die man auch waͤſſern kunte: Deßgleichen waren auch
[64]
Schulen Tempeln/ Baͤder/ Pferd=Staͤll/ Fiſchweyher/ Thiere
in denen Winckeln/ und Mitte des Schiffs/ und alles das jenige
vorhanden/ was in einem vornehmen Luſt Haus/ oder reichen
Stadt zu finden iſt/ welches Schiff der Koͤnig Hiero mit aller=
hand Proviant angefuͤllter nach Egypten/ allwo dazumalen eine
groſſe Theurung war/ geſchicket/ und vorgemeldten Koͤnig Pto-
lomæo Philopatori verehret hat/ wie auch gedachtem
Archimedi, der zu Lob dieſes Schiffes/ ein Epigramma
gemachet/ 600. Metzen Getreyd biß nach Athen zu einer Ver=
ehrung/ auf eignen Unkoſten hat fuͤhren laſſen.4. Nicht zwar ſo groß/ aber vielleicht nicht minder praͤch=
tig/ und luſtbar war das Schiff der Koͤnigin Cleopatraͤ/ mit dem
ſie auf den Nilum fahrend/ den M. Antonium beſuchet hat/
dann wie Plutarchus meldet/ war dieſes Schiff gantz ver=
guldet/ die Seyl aus Purpur/ und die Ruder aus Silber/ und
etliche ſchoͤne Jungfrauen/ die/ als wie die Nereides, oder
Waſſer=Goͤttinnen aufzogen/ leiteten theils das Schiff/ und
theils richteten die Seyler/ und die Koͤnigin Cleopatra ruhete
unter einem vergulden Himmel/ als wie ein andere Venus/ mit
kleinen Liebs=Kindlein umgeben.Es hat aber zu unſern Zeiten auch an dergleichen Pracht
der Schiffen nit ermangelt/ maſſen an Reichthum und Koſtbar=
keit nicht viel minder jenige Galeeren geweſen war/ in welcher
der Groß Hertzog zu Toſcana/ die Koͤnigin Mariam/ ihrem
Gemahl/ dem Henrico Koͤnig in Franckreich geſchicket hat/ von
welcher Petrus Matthæi ſchreibet/ daß es 60. Schritt lang/
30. Ruder Baͤnck gehabt/ und von auſſen her gantz verguldet ge=
weſen ſeye/ der aͤuſſere Theil dieſer Galeeren war mit Perlen [65] Mutter/
Eben=Holtz/ Helffenbein/ und Lazurſtein ausſtaffiret/
ſie war mit 20. groſſen eiſernen Reiffen bedecket/ die uͤbereinan=
der giengen daran die ſchoͤnſten und koͤſtlichſten Teppich aufge=
ſpannt waren/ mit einer groſſen Anzahl Perlen/ und hoͤchſt=
ſchaͤtzbaren Steinen gezieret: Die Fenſter waren um und um
von Cryſtall/ und die Fuͤrhaͤng/ und die Kammern mit guld=
nen Moh und Brocad ausſpalliret/ man ſahe aller Orten in de=
nen Kammern Gilgen von Diamanten/ Kugeln von Rubinen/
und Saphier/ und deßgleichen Rubinen und Diamantene
Creutz.5. Es wird aber keinem eintzigen Schiff an Glori (ob zwar
an Reichthum) dasjenige Namens Victoria oder Sieg/ wei=
chen/ mit welchem Ferdinandus Magellanus, die Welt
innerhalb drey Jahren umfahren hat/ und welches eben ſowohl
wuͤrdig waͤre/ zu einer ewigen Gedaͤchtnus aufzubehalten/ als
des Theſei das ſeinige/ ſo von denen Athenienſern, biß zu
Zeiten des Koͤnigs Demetrii, iſt reparirt/ und erhalten wor=
den/ und welches alle Jahr zu Ablegung eines gewiſſen Geluͤbds
in die Inſul Delos iſt abgeſchicket/ und alldort durch die Hand
eines Prieſters des Apollinis iſt gekroͤnt worden/ und in waͤh=
render Abweſenheit deſſen niemand zu Athen hat offentlich doͤrf=
fen hingerichtet werden.6. Und obſchon dieſes Schiff/ der Sieg oder Victori ge=
nannt/ nit in den Himmel verſetzet/ ſo iſt es doch in die Acade-
mien verſetzet/ und der Sonnen verglichen worden/ mit Hin=
zuſetzung dieſes Sinn Spruchs: Æmula ſolis, weilen auch
dieſes die Welt/ gleichwie die Sonne umbgeben hat.Es iſt aber zu mercken/ daß das Meer eintzigen reſpect,
[66]
oder Abſehen auf die Fuͤrtrefflichkeit/ Schoͤnheit Glori/ oder
Reichthum des Schiffes nicht habe/ dann wann es ſich gleich
zuweilen gegen denen Schiffenden guͤnſtig erzeiget/ ſo geſchicht
es doch vielmahl/ daß es ſich gegen dieſelbe gantz wild erweiſet/
und ſie zu verſchlucken drohet.7. Wann ſich die Schiffenden in dieſer groſſen Gefahr ſte=
hen ſehen/ ſo haben ſie kein gewiſſers Zeichen ihres Heils/ als ein
doppeltes Liecht/ oder Feur/ ſo ſich auf dem Maſtbaum ſehen laͤſ=
ſet/ auf deſſen Erſcheinung/ als wann es ein himmliſcher GOtt
waͤre/ ſich wiederum das erzuͤrnte Meer leget/ und ſtill wird:
Eine Wuͤrckung/ ſo denen Heyden ſo wunderſeltzam vorkom=
men/ daß ſie es einer wunderbarlichen Gottheit zugeſchrieben/
und geſaget haben/ daß dieſe zwey Liechter/ zwey guͤnſtige Goͤt=
ter waren Caſtor und Pollux genannt: Der eine ein Zaͤh=
mer der Pferd/ und der andere ein vortrefflicher Ringer: Hin=
gegen aber/ wann ein Liecht allein erſchiene
̅
iſt/ haben ſie es fuͤr ein
boͤſes Zeichen gehalten/ vorgebend/ daß es die Helena waͤre/ wel=
che dieſer zweyen Schweſter geweſen/ und von wegen welcher
ſo viel Krieg entſtanden/ und die Stadt Troja zerſtoͤret worden:
Graves. ſaget Plinius l. 2. c. 87. von dieſen Liechtern mel=
dend: Cùm ſolitariæ venére mergentesq́ue navi-
gia, & ſi in carinæ ima deciderint, exurentes: ge-
minæ verò ſalutares, & proſperi curſus præ-
nunciæ, quarum adventu fugari diram illam,
ac minacem, appellatamque Helenam ferunt,
& ob id Polluc, & Caſtori id Numen aſſignant.
Wann dieſe Liechter einzlich erſcheinen/ ſo ſind ſie den
Schiffen ſehr beſchwehrlich/ und zeigen ihnen den Un [67] tergang
an/ fallen ſie einzlich in das unterſte des Schiff=
Bodens/ ſo bedeutens eine Entzuͤndung. Beyde zu=
gleich aber verkuͤndigen ſie gluͤcklichen Lauff und Fort=
gang/ wie man dann vorgiebt/ daß bey ihrer beyder
Hervorkunfft die grauſame und hefftig drohende ſo ge=
nannte Helena fluͤchtig gemachet und deßwegen eignen
ſie dem Caſtor und Pollux eine Gottheit zu.Deßgleichen thut Diodorus Siculus l. 4. ſuarum
hiſtoriarum darvon Meldung/ und erzehlet/ daß als Or-
pheus mit denen Argonauten geſchiffet/ und von einem Un=
gewitter uͤberfallen worden ſeye/ habe er ein Geluͤbd gethan/
und die Goͤtter um Hilff angeruffen/ auf welches 2. Liechter er=
ſchienen/ ſo fuͤr den Caſtor und Pollux ſeyen gehalten worden/
und das Meer ſtill worden ſeye. Und wiewohlen die Heyden ſehr
betrogen worden/ daß ſie dieſen Liechtern den Goͤttlichen Na=
men zugeeignet/ ſo kan man doch gleichwohlen nicht laugnen/
daß ſie dem Feuer gar weislich/ ſo ein Urſach des Schiffbruchs
iſt/ den Namen eines ſchoͤnen Weibsbilds geben haben/ die eben=
falls ein Urſach iſt/ daß die Juͤnglingen Schiffbruch leyden.8. Die heutige Schiffende haben ebenfalls dieſe erſcheinen=
de Liechter fuͤr ein gluͤckliches Zeichen des ſchoͤnen Wetters/ und
nennen es S. Ermo: Ich weiß aber nicht/ ob dieſer Unter=
ſchied der Erſcheinung eines/ oder zweyer Liechter auch bey ihnen
approbirt ſeye? Es ſeynd aber dieſe Feuer/ oder Liechter nichts
anders als exhalationes oder Ausdaͤmpffungen/ von dieſer
untern region und Refier/ die in den Lufft aufſteigend/ ſich an=
zuͤnden/ alſo kan man dißfalls keine eigentliche Urſach anzeigen/
daß ſie des ſchoͤnen Wetters ein Vorzeichen ſeyen/ und vielwe ni [68] ger/
daß/ wann eines allein erſcheinet/ einen kuͤnfftigen Schiff=
bruch bedeuten ſolle/ welchen Unterſchied der Erſcheinung etliche
zulaſſen/ und ſagen/ daß/ es erſcheine eines/ oder beydes mitein=
ander/ es allezeit ein Anzeigen eines ſchoͤnen Wetters ſeye/ und
beſtaͤttigen/ daß ſolches herkomme/ daß weilen dieſe Liechter gantz
leicht ſich deßwegen auf dem Schiff aufhalten/ ein Zeichen iſt/
daß der Wind nachgelaſſen/ und folglich daß das Ungewitter
aufhoͤren werde.Es ſeye ihm aber wie ihm wolle/ ſo kan man doch nicht laug=
nen/ daß uns durch dieſe zwey feurige Liechter das Geheimnus
der Ankunfft des Heiligen Geiſtes uͤber die Heil. Apoſteln/ und
andern Juͤnger/ die im Gaſtmahl verſammlet waren/ nicht
vorgeſtellt werde/ dann alldort war die Kirch verſammlet gewe=
ſen die einen auf dem ungeſtuͤmmen Meer ſeglenden Schiff ver=
glichen wird/ welches man hauptſaͤchlich ſagen koͤnnte/ wegen der
zu ſelbiger Zeit wider die H. Kirch veruͤbenden Verfolgungen:
Da aber der Heil. Geiſt in Geſtalt eines zertheilten Feuers
kommen/ und ober ihren Haͤuptern geſtanden iſt/ iſt es ein Zei=
chen und Urſach/ einer uͤberaus gluͤcklichen Schiffarth ge=
weſen.9. Und daß durch das Schiff die Kirch bedeutet werde/ iſt
es ein ſo gemeine und alte Sache/ daß man die materialiſche
Kirchen in Form eines Schiffes gebauet hat/ und zwar erſtlich
dieſer Urſachen halber/ daß gleichwie niemand ohne Schiff auf
dem Meer ohne Gefahr deß Ertrinckens reiſen kan/ alſo iſt auſſer
der Kirch kein Heil/ ſondern die ewige Verdammnus zu erwar=
ten: Zweytens leydet das Schiff keine Zertheilung/ und wann
es zerſpalten iſt/ ſo iſt es nicht allein nichts mehr nutz/ ſondern
[69]
auch/ wann es nur ein einziges Loch hat/ ſo verſincket es: alſo
laͤſſet auch die Kirch keine Zerſpaltung zu/ und verliehret man al=
les/ wann man nur in einem einzigen Puncten des Glaubens
diſcrepant und unterſchieden iſt. Drittens/ gleichwie das
Schiff von dem Wind beweget/ und nicht von eignen Fuͤſſen/
als wie die Thier getragen/ noch auch von Sclaven/ als wie die
Galeren durch den Gewalt der Ruder regieret wird: alſo wird
auch die Kirch durch die Gunſt deß H. Geiſtes beweget/ und ge=
regieret/ und nicht als wie die weltlichen Herꝛſchafften/ durch die
Affecten deß Sinns. Vierdtens/ iſt das Schiff tauſenderley
Gefahren deß Meers unterworffen: Und zu tauſenderley Ver=
folgungen iſt deßgleichen die H. Kirch verordnet. Fuͤnfftens/
wird das Schiff von einem eintzigen Steuermann allein gelei=
tet: Und deßgleichen wird nur ein eintziger hoͤchſter Prieſter/
oder Papſt/ als aller Haupt/ in der Kirch gefunden. Sech=
ſtens iſt das Schiff unter ſich gantz geſchloſſen in der Hoͤhe aber
gantz eroͤffnet/ wider den Gebrauch der Haͤuſer/ die uͤber ſich mit
einem Dach bedecket ſeynd/ aber unter ſich/ ſeynd ſie imme-
diatè und unmittelbar auf der Erden: Und nicht anderſt be=
trachtet die Kirch dieſe irꝛdiſche Sachen/ und verachtet es/ und
trachtet nach dem Himmel/ wider die Gewohnheit der weltlichen
Herꝛſchafften/ die zu ihrem Ziel/ und Ende haben die Erden ru=
hig zu beſitzen/ und nichts nach dem Himmel fragen. Siebendens
bleiben die vornehmſten unter den Schiffenden/ in dem hintern
Theil des Schiffes/ und ſitzet alldort der Steuermann: Und
deßgleichen je vornehmer einer in der Kirch iſt/ je mehr ſolle er
ſich demuͤthigen/ wie dann der Papſt ſelbſt ſich an das unterſte
Ort ſetzet/ und ſich einen Diener der Dienern GOttes nennet.
[70]
Schließlichen iſt das Schiff in der Mitte weit/ und vorn und
hinten eng: Und deßgleichen hat die Kirch anfaͤnglich viel
Verfolgungen gelitten/ und wird deren noch viel zu Ende/ daß
iſt/ zu Zeiten deß Anti=Chriſts leyden/ in der Mitte aber/ allw???
wir uns anjetzo befinden/ genieſſet es einen guten Frieden.10. Die Erforderungen/ oder conditiones, die ein gu=
tes Schiff haben ſolle/ werden vom Seneca, Epiſtola 76.
lib. 10. mit dieſen Worten beſchrieben: Navis bona di-
citur non, quæ pretioſis coloribus picta eſt, nec
cui argenteum, aut aureum roſtrum, nec cujus
tutela ebore cælata eſt, nec quæ fiſcis, ac opibus
regiis preſſa eſt, ſed ſtabilis, ac firma, & junctur
aquam claudentibus ſpiſſa ad ferendum incur-
ſum maris ſolida gubernaculo parens, velox,
ac conſentiens vento: Ein gutes Schiff wird die=
ſes genennet/ nicht welches koſtbarlich bemahlet iſt/
oder welches einen ſilbernen oder guͤldenen Schnabel
hat/ noch deſſen Schutz=Wehre mit Elffenbein einge=
legt/ noch welches mit Koͤniglichen Guͤtern und Reich=
thuͤmern angefuͤllet iſt/ ſondern welches dauerhafft/
feſt/ wohl und ſteiff zuſammen gefuͤget/ den hefftigen
Anlauff des Meers ausdauren kan/ ſich wohl regie=
ren laͤſſet/ ſchnell fortlauffet/ und ſich nach dem Wind
richtet. Und ein ſolches beſtaͤndiges Schiff iſt die Kirch:
Quia porta inferi non prævalebunt adverſus
eam: Weil die Pforten der Hoͤllen ſie nicht uͤberwaͤl=
tigen ſollen/ Matth am 16. Wohl in ſeinen Theilen zuſammen
gefuͤget/ durch die Lieb/ und wohl wider die Mißbraͤuch vieler
[71]
Geſetz und Ordnungen bewaffnet/ die Verfolgungen ſtarck
und gedultig zu ertragen: Dem Steuermann/ ſo der Papſt iſt/
gehorſam im Weeg der Tugend/ von der Erden zum Himmel
geſchwind/ und endlichen dem Wind des Heil. Geiſtes einſtim=
mend. Noch kuͤrtzer/ aber nicht weniger ſchoͤn erklaͤret der
H. Baſilius cap. 2. Iſaiæ, was fuͤr Schiff am mehreſten
zu loben ſeyen/ und die zum geſchwindeſten auf dem Meer gehen/
und welche zum beſten Waſſer=haͤltig ſeynd: Quæ mare,
ſaget er/ permeant naves, non item moram tra-
hunt in eo, neque immerguntur undarum æſtu,
undique commendabiles ſunt: Und hat uns deßglei=
chen die Muͤhe genommen/ dieſe Bedingnuſſen der Seelen zu
appliciren/ alſo ſprechend: Et qui in carne quidem
degunt, non etiam militantes ſecundum car-
nem calcantes hujus vitæ æſtuoſos fluctus, &
undis ipſis ſuperiores effecti faciunt operatio-
nes in aquis multis. Welche zwar im Fleiſch leben/
aber nicht nach dem Fleiſch ſtreiten/ ſondern die unge=
ſtuͤmmen Wellen dieſes Lebens untertretten/ und denen
Wogen uͤberlegen/ groſſe Wercke in vielen Waſſern
verrichten.11. Dahero/ gleichwie es dem Schiff keine Schand iſt/ wann
es von dem Wind hin und her getrieben/ von denen Wellen ge=
ſchlagen/ bald in die Hoͤhe geſchicket/ und bald in den tieffeſten
Abgrund des Meers geworffen wird/ wohl aber wann es unter=
und Waſſer einlaſſet: alſo iſt es auch der Kirch/ oder Chriſtlichen
Seelen keine Schand oder Schad wann es von der Welt ver=
folget/ oder bedranget wird/ wohl aber/ wann es in ſein Hertz
[72]
einr weltliche/ eytle Sache einlaſſet/ welches uns durch das
Exempel der Arch Noe der H. Alcimus lib. 8. diluvio,
mit dieſen zwey Reimen gelehret hat alſo ſingend:Sed ſic cedamus, fluxum ne ſentiat in- tus,
Peccatumve trahat mens inpenetrabilis ullum.
Laſſet alſo uns entweichen/ daß nicht innerlich em= pfind/
Das undurchdringlich Gemuͤthe/ einen Einfluß ſchwehrer Suͤnd.Mit einem Wort/ was fuͤr ein Ding des Schiffes kan dann der Kirch abgehen/ wann es den Baum deß Glaubens/ den Ancker der Hoffnung/ die Seyler der Lieb/ die antennes oder Vor= derſeegel deß Creutzes/ die Seegeln der guten Begierden/ den Steuerruder der prudenz oder Klugheit und der Betrachtung die Naͤgel der mortification, das Proviant der Sacramen= ten/ die Saburam, oder Sand un ̅ Kies der Gedaͤchtnus des To= des das Pech der Demuth/ die Ruder der guten Werck/ den hindern Theil deß Schiffes/ des geiſtlichen Stands/ den vor= dern Theil der Weltliche/ das mittlere Theil deß Schiffs der Religioſus hat? O was fuͤr ein wunderwuͤrdiges Schiff! von welchem bey dem Heil. Marco cap. 4. alſo gemeldet wird: Quòd erat navis in medio maris: Daß das Schiff mitten auf den Meer war. Ein Schiff/ ſo viel beſſer die Welt umgeben hat/ als dasjenige ſo Victoria genennet wor= den/ maſſen ſelbiges auf ſeiner Reis viel Schiffer verlohren/ [73] da hingegen die H. Kirch ſtets neue uͤberkommet: Ein viel groͤſ= ſeres Schiff/ als des Koͤnigs Hierons/ und des Koͤnigs Ptolo- mæi geweſen iſt/ und welches gleichwohlen viel leichter/ als der Kunſtreiche Archimedes gethan/ von Chriſto iſt bewegt/ und geleitet worden: In Summa/ ein Schiff/ das nicht er= dichter Weis/ als wie der Argonauten das ihrige/ warhafftig in Himmel wird verſetzet werden/ und die Sternen mit Fuͤſſen tretten wird.12. Nun ſchiene/ daß dieſes Schiff nach Chriſti Himmel= fahrt/ als eines/ das ohne den vornehmſten Schiffmeiſter ver= blieben/ und von vielen widerwaͤrtigen Winden angefochten worden iſt/ von den Wellen verſchlucket werden wuͤrde/ es kame ihm aber vom Himmel eine Hilff/ ſo der Heil. Geiſt in Geſtalt eines Feuers und Winds/ geweſen iſt: In Geſtalt eines Feuers/ die Finſternuß darmit zu vertreiben/ und den Himmel auszu= heitern: Und mit einem Wind dardurch ſeine Seegel aufzu= blaſen/ und daſſelbe in den Port des ewigen Lebens zu fuͤhren: Es koͤnnte fuͤrwahr dieſem hin und her bewegten Schiff/ mit keinem wunderbarlichern/ liebreichern/ und mehr Geheimnus= vollen Fund geholffen werden/ dahero dann ſcheinet/ daß (auf unſere Weis zu verſtehen) alle drey Goͤttliche Perſonen darzu geholffen haben: Der Vatter mit ſeiner Macht/ ſelbes wun= derwuͤrdig zu machen: Der Sohn mit der Weisheit/ ſelbes Ge= heimnus=wuͤrdig: Und der Heilige Geiſt mit ſeiner Guͤtigkeit/ daſſelbe liebreich zu machen.Aber was ſihet man Wunder=wuͤrdiges in dieſem Tag der Ankunfft deß H. Geiſtes/ das nicht auſſer den gewoͤhnlichen Lauff der Sachen iſt? ſihet man dann nicht lauter wunder [74] wuͤrdige Sachen? Der Wind/ der ſonſten Waſſer und Regen/ zu bringen pfleget/ bringet Feuer. Das Feuer das ſonſten von Natur in die Hoͤhe zu ſteigen pfleget/ ſteiget herunter und ſetzet ſich uͤber die Haͤupter der Menſchen nieder/ und thut ſelbe doch gleichwohlen nicht verbrennen. Die Zung/ die ſonſt gantz feucht iſt/ ſihet man allda gantz angeflammet/ und wider die Ord= nung der Glieder ober dem Haupt. Die Menſchen/ die nie= mals aus ihrem Vatterland kommen ſeynd/ hoͤret man in al= len Sprachen der Welt reden: Forchtſame/ und ungelehrte Leut werden Prediger/ und uͤberweiſen die Gelehrten: Wer wollte ſich dann deßwegen nicht verwundern?13. Wann die Umſtaͤnd/ und die Blaͤtter/ alſo zu ſagen/ ſo groſſes Wunder bey uns verurſachen/ was wird dann nicht die Subſtanz, und Frucht ſelbſt thun? Das erſte Wun= der/ das ſich in dieſem bezeuget/ iſt/ daß/ nachdem uns GOTT ſo viel geſchencket/ daß es ſchiene/ daß er alle ſei= ne Schaͤtz erſchoͤpffet haͤtte/ Er noch neue Erfindungen ge= funden habe/ uns noch groͤſſere zu geben: Die Menſchen wiſ= ſen zwar auch Erfindungen zu erfinden/ nicht zwar zum Ge= ben/ ſondern zu Nehmen/ und zum Verſagen/ ſie ſtellen ſich arm/ und verlaugnen dasjenige/ was man an ſie begehret/ und ſuchen tauſenderley Entſchuldigungen/ gleichwie An- tigonus, Koͤnig in Macedonien/ mit einem Cinico ge= than/ dem/ als er von ihm ein talent, zur Schenckung be= gehret/ er geantwortet/ daß es ſich nicht gezieme/ daß ein Ci- nicus ſo viel begehre/ worauf ihm der Cinicus wiederumb verſetzet: ſo ſchencke mir dann einen Zehner/ worauf ihm der [75] Koͤnig wiederum zur Antwort geben: Es ſtehe ſeiner Majeſtaͤt nicht wol an/ ſo wenig zu ſchencken.Nun ſehe man/ was die Fuͤrſten fuͤr Findte ſuchen/ ſich im Geben zu entſchuldigen/ und wie ſie gleich einem ein Gnad verwilligen/ ſo muß doch ſelbe/ durch ſo vieler Miniſter Haͤn= de gehen/ daß ſelbe endlich gantz verhindert wird: GOTT aber findet wunderbarliche Findten/ nicht zwar zum Verſa= gen/ ſondern zum Schencken/ weßwegen dann der Heilige Iſaias am zwoͤlfften Capitel/ alſo zu melden/ Urſach genom= men: Notas facite in populis adinventiones e- jus: Machet ſeine Anſchlaͤge unter den Voͤlckern be= kandt. Und wann du ſchon vermeinſt/ daß Er alle ſeine Schaͤ= tze erſchoͤpffet habe/ ſo findet Er doch neue Findt/ mit welchen Er durch ſeine Guͤtigkeit uns zu Hilff kommet/ alſo/ daß man von ihm wohl ſagen kan/ daß Er ſich vervielfaͤltige/ und unterſchiedliche Perſonen an ſich nehme/ nicht zum Empfan= gen/ gleichwie die Menſchen thun/ ſondern zum Geben/ und Gnaden auszutheilen/ welches eben dasjenige iſt/ was der Prophet Iſaias am 55. von ihm gemeldet hat: Multus eſt ad ignoſcendum: Er verzeyhet reichlich. Da Er die Welt erſchaffen hat/ vermeinte man/ daß er uns alles ge= ben haͤtte/ dann alles hat Er zu unſern Dienſten erſchaffen/ nach Meldung des Heiligen Koͤnigs Davids/ der im achten Pfalm alſo geſungen: Omnia ſubjecta ſub pedibus ejus: Alle Dinge haſt du unter ſeine Fuͤſſe geworf= fen. Und gleichwohlen hat Er hernach gefunden/ uns mit groͤſſern Gnaden zu begaben. Man wuſte nicht/ daß Er ei= nen Sohn haͤtte/ und ſelben hat er uns auf die beſte und moͤg [76] lichſte Weis/ mittelſt der hypoſtatiſchen Vereinigung ge= geben/ vermittelſt welchens uns alles geben worden. Quo- modo non cum illo, ſagte der Heilige Paulus ad Rom. 8. verſ. 32. Omnia nobis donavit? Wie ſollte Er uns nicht alles mit ihm geſchencket haben? Es ſchiene/ daß Er arm wurde/ uns reich zu machen/ propter nos enim egenus factus eſt, ut nos illius inopiâ ditaremur: Dann um unſert willen iſt er duͤrfftig wor= den/ daß wir durch ſeinen Mangel reich wuͤrden. Aber ſihe/ wann es ſchon ſcheinet/ daß Er uns nichts zu geben habe/ ſo findet Er doch tauſenderley Weiſen/ uns neue Schenckungen zu geben/ ja ſo gar ſeinen Eingebohrnen Sohn ſelbſt hat Er uns gegeben in ſeiner eignen Subſtanz, und giebet uns ihn auch auf unterſchiedliche andere Weiſen/ bald zu einem Werth/ bald zu einem Meiſter/ bald zu einem Exempel/ und bald zu einer Be= lohnung/ ja ſo gar zu einer Speiß und Tranck/ und was koͤnte man dann mehrers von ihm erwarten?15. Und ſihe doch gleichwohlen einen neuen Fund/ wor= durch uns der Heilige Geiſt die dritte Perſon der Heiligen Drey= faltigkeit unter einer ſichtbarlichen Gleichnus eines Feuers geben wird/ aber vielleicht mit dieſem hypotaſtiſcher Weis vereiniget/ als wie das Wort mit der Menſchlichen Natur? Fuͤrwahr nein/ weilen man nicht ſagen kan: Spiritus ignis factus eſt: Der Geiſt iſt Feuer worden; Gleichwie geſaget wird: Verbum caro factum eſt: Das Wort iſt Fleiſch worden/ ſondern wohl Spiritus San- ctus in igne apparuit: Der Heilige Geiſt iſt im Feuer erſchienen. Aber waͤre es dann nicht eine groͤſſere [77] Gab geweſen/ daß Er ſich hypoſtatiſcher oder weſentlicher Weis mit ihm vereiniget haͤtte? Noch auch dieſes/ erſtlich/ weilen es ein ungeziemes war/ daß Er ſich mit einer unver= nuͤnfftigen Creatur vereinigte; Fuͤrs andere/ weilen Er ge= wollet/ daß dieſes Privilegium eigentlich dem Menſchen zu= ſtunde/ Er ſolches denen Engeln nicht verlaubet: Nun- quam apprehendit Angelos: Er hat nirgends die Engel angenommen/ Hebr. 2. verſ. 16. Wie ſolle es dann einem unempfindlichen Element zugelaſſen werden/ daß die= ſes mehrer/ als der Menſch ſeyn/ und von dem Menſchen ſoll= te angebettet werden? Alſo damit Er ſein Privilegium mit dem Menſchen behaupte/ thut Er ſich mit dem Feuer nicht hypotaſtiſcher Weis vereinigen? Auf was fuͤr eine Weiſe thut Er ſich dann uns ſchencken? Hat Er dann nicht eine glei= che Natur mit dem Sohn? Und weilen uns dieſer geſchencket worden/ haben wir ihm dann nicht auch gleicher maſſen? Die= ſes iſt wahr/ aber er wird uns allda auf eine neue Weis geben/ als wie ein Brunn und Anfang der Heiligkeit/ der Gnad/ und der Lieb.15. Die Natur hat die Weibs=Bilder mit zwey Bruͤſten verſehen/ und wann ſchon in beyden ein gleiche Milch zu finden iſt/ ſo pfleget doch die Mutter dem Kind bald eine/ und bald die andere zu geben: Auf gleiche Weis kan man ſagen/ daß der ewige Vatter zwey Bruͤſt habe/ nemlichen den Sohn/ und den Heiligen Geiſt/ und wiewohlen in beyden eine gleiche Na= tur und Eſſenz zu finden/ ſo hat Er ſich doch gleichwohlen nicht befriediget/ eine uns gegeben zu haben/ in der Menſch [78] werdung ???ondern er gibt uns auch die andern an dieſem Heiligen Pfingſt Sonntag.16. Von einem gewiſſen Menſchen/ Namens Diopete, ſchreibet Athenæus, daß derſelbe von einer Bruſt Wein/ und von der andern Milch habe heraus drucken koͤnnen: Auf glei= che Weis hat es GOTT mit uns gemachet; Dann wann ihr Milch wollet ſo ſehet das eingefleiſchte Wort/ O was fuͤr ein ſuͤſſe/ und angenehme Milch/ dahero als Er gebohren wor= den/ hat der Heilige Prophet Joël am 3. c. geſaget: In illa die ſtillabunt montes dulcedinem, & colles fluent lac, & mel: An demſelbigen Tage werden die Berge mit Suͤſſigkeit triefen/ und die Buͤhel mit Milch flieſſen. Verlanget ihr die Bruſt des Weins? Se= het den Heiligen Geiſt/ den allerkoͤſtlichſten Wein/ der froͤlich machet/ und der wunderbarliche Krafft giebet/ dahero es kein Wunder iſt/ daß die Apoſteln von den Umbſtehenden fuͤr voll gehalten worden. O wunderbarliche Bruͤſt! Von welchen der Heilige Prophet Iſaias am 55. alſo geſprochen: Omnes ſitientes venite ad aquas, & qui non habetis ar- gentum, properate, & emite vinum, & lac: Alle/ die ihr durſtig ſeyd/ kommet zu den Waſſer/ und die ihr kein Geld habt/ eilet herzu/ kauffet und eſſet: Kommet her/ und kauffet Wein und Milch. Er laͤdet ſie anfaͤnglich zum Waſſer ein/ weilen unter der metapho- ra des Waſſers beyde verſprochen worden. Der Sohn mit dieſen Worten: Rorate cœli deſuper, & nubes pluant juſtum: Thauet ihr Himmel von oben her= ab/ und die Wolcken regnen den Gerechten/ Iſaiæ am [79] fuͤnf und viertzigſten cap. Der Heilige Geiſt mit dieſen Wor= ten: Effundam ſuper vos aquam mundam, & mundabimini: Ich will reines Waſſer uͤber euch ausſchuͤtten/ ihr ſollt gereinigt werden/ Ezechielis am 36. Und alle beyde unter eben dieſer metaphora, dann was die Natur antrifft/ ſeynd ſie beyde ein Ding/ wann ſie aber hernach unter der metaphora der Milch/ und des Weins/ wegen der unterſchiedlichen Wuͤrckungen die ſie in uns verurſachen/ erklaͤret werden/ werden ſie uns in eben dieſer me- taphora vorgeſtellet.17. Dann ein ſchoͤner Unterſchied iſt zwiſchen der Weis/ mit der die Milch formiret/ und communicirt wird/ und zwiſchen denjenigen wormit der Wein gemachet/ und com- municirt wird: Wie wird aber die Milch formiret? Die Natur wuͤrcket heimlich in der Bruſt des Weibs=Bilds/ wie wird es aber communiciret? Ebenfalls verborgner Weis von denen Bruͤſten zu dem Mund des Kinds/ alſo daß es nicht geſehen wird. Wie wird aber der Wein gemachet? Auf ein gantz andere Weis/ dann zur Zeit deß Weinleſens hoͤret man nichts anders als ſingen und luſtig ſeyn/ als Tretten und Preſ= ſen/ daher der Heilige Jeremias 2. 5. 30. nicht umbſonſt alſo gemeldet: Eleuſina quaſi calcantium concinetur: Es wird ein Lied wie von Kaͤlter=Trettern angeſtim= met werden. Aber wie trincket man hernach den Wein? Offentlich in Cryſtallinen Glaͤſern bey denen Mahlzeiten/ unter den Trompeten=Schall/ Heerpaucken/ und Stucklo= ſung/ und ſihe/ wie haͤtte uns von GOtt die Weis beſſer koͤnnen vorgeſtellt werden/ die Er gehalten/ in Communicirung [80] dieſer zwey Perſohnen? Wie iſt das Goͤttliche Wort Fleiſch worden? Wie iſt es auf die Welt kommen? Verborgener Weis/ wie die Milch: Dum medium ſilentium te- nerent omnia, & nox in ſuo curſu medium iter haberet: Da alle Dinge ſtill und ruhig waren/ und die Nacht in ihrem Lauff zum halben Theil fuͤr uͤber war/ im Buch der Weisheit am 18. Ohne eintziges Getoͤs/ alſo/ daß es der Teuffel ſelbſt nicht wahrgenommen hat. Hin= gegen aber wie iſt der Heilige Geiſt geben worden? Offent= lich/ in Gegenwart vieler mit einem groſſen Getuͤmmel und Getoͤs/ alſo/ daß es ſchiene/ daß man im Himmel die Stuck loͤ= ſete: Factus eſt repentè de cœlo ſonus tanquam advenientis Spiritus vehementis: Es geſchahe in der Eil ein Brauſen vom Himmel/ als wenn ein ge= waltiger Wind heran kaͤme. In der Apoſtel Geſchicht am andern Capitel. Und dieſes koͤnnen wir noch weiter uͤber die obgemeldten Urſachen ſagen/ daß CHRISTUS als wie ein Vogelfanger kommen ſeye/ mit einer Sanfftmuͤthigkeit/ die Seelen zu fangen/ der Heilige Geiſt aber als wie ein Kriegs= Held/ zu ſtreiten/ und die Welt zu unterwerffen.18. Das Wunder dieſes Funds nimmet noch weiter zu/ daß es nemlich ein Gab/ und Raub zugleich ſeye/ welche zwey Sachen ſcheinen/ daß ſie nicht beyeinander ſtehen koͤnnen/ dann wer mir etwas ſchencket/ der giebt mir das Seinige/ der mir aber etwas raubet/ der nimmet mir das Meinige: Der mir aber etwas ſchencket/ der machet mich reicher/ der mir etwas nimmet/ der machet mich aͤrmer/ wie koͤnnen [81] dann dieſe zwey Ding beyeinander ſtehen? Ein gantz wunder= barliche Erfindung unſers GOTTES/ iſt fuͤrwahr gewe= ſen eine Sach zu finden/ die zugleich eine Schenckung und Raub geweſen iſt. Eine Schenckung/ ſo raubet/ und ein Raub ſo ſchencket: Eine Schenckung/ ſo arm machet/ und ein Raub/ ſo bereichert: Eine Schenckung/ ſo uns das Unſe= rige nimmet/ und ein Raub/ der uns das andere ſchencket/ al= ſo hat es GOTT ſelbſten durch zwey Seinige tromben er= klaͤret/ die/ wiewohl ſie zwey waren/ gleichwohlen nur von ei= nem Mund ſeynd geblaſen worden: Der erſte iſt der Koͤnig David geweſen/ der in ſeinem ſieben und ſechtzigſten Pſalm alſo geſungen: Aſcendiſti in altum, accepiſti do- na in hominibus: Du biſt hinauf gefahren in die Hoͤhe/ haſt Gaben empfangen in den Menſchen; Und ſiehe/ wie Er eine Gab iſt/ und ein Raub: Weilen Er un= ſern Geiſt nimmet: Auferes Spiritum eorum, & defi- cient: Du wirſt ihren Geiſt hinweg nehmen/ und ſie werden verſchmachten/ Epheſ. am vierdten Capitel. Eine Gabe/ weilen Er uns das Seinige giebet/ dabo vobis cor carneum: Ich will euch ein fleiſchern Hertz geben. Ein Raub/ weilen Er zu ſich alle unſere Affecten ziehet. Cùm exaltatus fuero, omnia traham ad me ip- ſum: Wann Ich werde erhoͤhet werden/ ſo will Ich alles zu mir ziehen/ Joannis am eilfften Capitel. Eine Gab/ weilen Er herunter ſteiget bey uns zu wohnen: Ad eum veniemus, & manſionem apud eum facie- mus: Wir werden zu ihm kommen/ und eine Woh= nung bey ihm machen/ Joan. am vierzehenden Capit. verſ. [82] drey und zwantzig. Ein Raub/ weilen Er ſich mit unſerem Leib weidet: Si quis aperuerit, cœnabo cum eo: So jemand meine Stimme hoͤren wird/ und mir die Thuͤr aufthun/ ſo will ich zu denſelbigen hinein ge= hen/ und zu Nacht mit ihm eſſen/ in der Offenbahrung Sanct Joannis am dritten Capitel verſ. zwantzig. Eine Gab/ weilen Er machet/ daß wir uns von dem Seinigen ſpeiſen/ & ipſe mecum: Die andern Gaben/ ſo uns GOTT mit= theilet/ ſeynd eigentlich kein Raub/ weilen ſie nicht infal- libiliter das Hertz/ und die Menſchliche Lieb zu ſich ziehen. O wie viel Gaben der Natur hat uns GOTT nicht mitge= theilet? Den Verſtand/ den freyen Willen und die Geſund= heit: Wie viel Gaben der Reichthumen/ der Bequemlich= keit/ und der Ehren/ die wir doch als undanckbare Diener mit keinem eintzigen Dienſt wiederum vergelten? Dieſe Gab des Heiligen Geiſtes aber iſt unfehlbar ein Raub/ weilen es allezeit das Hertz raubet/ man kan ihn nicht empfangen/ daß man nicht GOTT liebe/ daß man ihm nicht danckbar ſeye/ und daß Er nicht uͤber uns HERR werde. Die Menſchli= che Lieb hat zwar auch einen groſſen Gewalt zu rauben/ quia magnes amoris amor: Weil die Liebe ein Mag= net der Liebe iſt. Aber nicht ohnfehlbar/ weilen nicht alle= zeit der geliebet wird/ der hingegen liebet: Der Heilige Geiſt aber/ der eine Goͤttliche Lieb iſt/ raubet unfehlbar die Her= tzen/ und machet/ daß der Geliebte hinwiederum liebe: Sie= he nun/ wo dann dieſe Erfindung wunderbarlicher ſeyn koͤnte?19. Aber nicht minder liebreich iſt Er geweſen: Erſt [83] lich/ weilen Er eine Gab/ und keine Bezahlung geweſen iſt. Einer/ der zahlet/ der wird aus Schuldigkeit darzu gehalten/ der aber ſchencket/ der wird aus Lieb darzu bewogen/ dahero dieſer Name niemand beſſer zuſtehet/ als dem Heiligen Geiſt; Die andere ſeynd nur accidentaliſche und zufaͤllige Ga= ben/ weilen ſie Gaben/ und Belohnungen ſeyn koͤnnen. Wann man einem ein Pferd ſchencket/ kan man ſolches wiederumb verkauffen/ der Heilige Geiſt aber iſt eſſentialiter, we= ſentlicher Weiſe/ eine Gab/ ſo weder gekaufft/ noch verkaufft werden kan. Pecunia tua tecum ſit in perditio- nem, quia exiſtimaſti donum DEI pecunia poſ- ſideri: Dein Geld muͤſſe mit dir zur Verdammnus fahren/ dieweil du gemeinet haſt/ daß die Gabe GOTTES durch Geld zu erlangen ſey/ in den Ge= ſchichten der Apoſtel am achten Capitel verſ. zwantzig. Er iſt die vornehmſte/ und groͤſte Gab/ die man geben kan/ wei??? len Er die Liebe iſt. Beneficium ſagt Seneca lib. 1. cap. 6. non in eo, quod fit, aut datur, conſi- ſtit, ſed in ipſo dantis aut facientis animo: Die Wolthat b???ſtehet nicht in dem/ was geſchicht oder ge= geben wird/ ſondern in dem Gemuͤth des/ der da giebt oder mittheilet. Und der liebet/ der giebet ſich ſelbſt/ quia als wie Dionyſius Areopogita meldet/ amor amantes ſuos eſſe ſinit: Weil die Liebe laͤſ= ſet die Liebhaber die ihrigen ſeyn.20. Und nicht allein wird uns dieſe koͤſtliche Gab/ ohne Verdienſt gegeben/ ſondern auch mit vielen Verdienſten/ dann weilen die Welt mit ſeinem Sohn uͤbel gehandelt hat/ ſo haͤtte [84] ſie billiger Maſſen ſollen geſtrafft werden/ es hatte aber GOTT gleichwohlen den Heiligen Geiſt geſchicket/ und wer wollte ſich nicht uͤber eine ſo groſſe Lieb verwundern? Spiri- tus Domini ferebatur ſuper aquas: Der Geiſt GOTTES ſchwebete uͤber den Waſſern/ wird in dem erſten Buch am erſten Capitel gemeldet: Die Waſſer waren dunckel/ kotig/ und unfruchtbar/ und gleichwohlen gienge der Geiſt des HERRN/ ober demſelben zum Zeichen/ daß/ wiewohlen wir unwuͤrdig waren/ ſo unterlaſſet doch gleich= wohlen dieſer liebreiche Geiſt nicht uns zu begnaden. Was will ich von dem Uberfluß melden/ mit dem Er uns gegeben iſt? Ihr habt verſtanden/ daß Er uns im Waſſer verſpro= chen worden/ und hernach kommet Er uns im Feuer? Was will dieſes bedeuten? Effundam ſuper vos aquam mundam, & baptizabimini Spiritu Sancto: Ich will rein Waſſer uͤber euch ausgieſſen/ und ihr ſollet mit dem Heiligen Geiſt getauffet werden. Bey dem Propheten Ezechiel am ſechs und dreyſſigſten Capitel. Allda wird Er uns im Waſſer verſprochen: Apparuerunt illis lin- guæ diſpertitæ linguæ tanquam ignis: Es lieſſen ſich von ihnen wie feurige zertheilte Zungen ſehen. In der Ap. Geſchicht am andern Capitel verſ. 5. Und allda wird Er uns im Feuer geſchicket: Vielleicht/ weilen Er uns als wie das Waſſer waͤſchet/ und erfriſchet? Fuͤrwahr ja/ ſondern auch weil Er in groſſem Uberfluß gegeben wird. Wann man ein Ge= ſchirr mit einem Safft nimmt/ giebet man acht/ daß das Ge= ſchirr nicht uͤbergehet/ wann es aber nur ein Waſſer iſt/ ſo ach= tet man es nicht/ wann es gleich uͤbergehet. Als wie ein Waſ [85] ſer wird der Heilige Geiſt geben/ und dahero ſeditque ſuper ſingulos eorum: Setzte Er ſich auf einen jeglichen unter ihnen/ in der Apoſtel Geſchicht am andern Capitel verſ. drey. Er hat ſie nicht allein innerlich erfuͤllet/ repleti ſunt omnes Spiritu Sancto: Sie wurden alle mit dem Heiligen Geiſt erfuͤllet/ ſondern Er hat ſich auch aͤuſſerlich uͤber ſie ergoſſen/ ſedit ſuper ſingulos eorum: Er ſetzte ſich auf einen jeglichen unter ihnen.21. Aber/ wann der Heilige Geiſt mit Lieb gegeben wird/ warumb laͤſſet ſich GOTT ſo ſehr bitten/ der gern gibet/ der gibet geſchwind: Wann dann der Heilige Geiſt ein ſo unend= lich liebreiche Gab iſt/ warumb iſt Er dann nicht alſobald ge= ſchicket worden/ ſo bald unſer Erloͤſer im Himmel angelanget iſt? Warumb hat man noch zehen Taͤg darmit verweilet/ gleich ob man im Zweiffel ſtuͤnde/ ob ſelber ſolle geſendet wer= den?Man verwundert ſich noch mehr/ daß CHRISTUS der HERR ſelbſt derjenige geweſen/ welcher das Hertz der Apoſteln beweget hat/ ihn zu begehren/ und das Hertz des ewi= gen Vatters/ ihn zu verwilligen. Wann demjenigen/ der das Memorial an ſtatt unſer uͤberreichet/ wiederumb zu ſeinen Haͤnden gelangte/ wuͤrde er ſolches bald expediren: In die= ſem Fall hat der Heilige Geiſt ſowohl eins als das andere ver= richtet/ gleichwie gar ſchoͤn der Heilige Bernardus ſerm. 3. mit dieſen Worten meldet: In die Pentecoſtes, ſicut in nobis interpellat pro nobis, ita & in patre de- licta donat, cum ipſo patre advocatus noſter ad patrem in cordibus noſtris Dominus noſter in [86] corde Patris: Am Tage der Pfingſten/ wie Er in uns/ vor uns bittet/ alſo ſchencket Er uns im Vatter unſere Ubertrettungen/ mit dem Vatter ſelbſt iſt Er unſer Ad???ocat und Fuͤrſprecher bey dem Vatter in un= ſern Hertzen/ unſer HERR in dem Hertzen des Vat= ters. Wann Ihm dann zugleich das Begehren/ und das Er= hoͤren zuſtaͤndig iſt/ warum erhoͤret Er dann nicht gleich alſo??? bald ſeine eigne Begehren? Iſt es vielleicht ein Begehren/ das nicht ſehr nothwendig war? Iſt es vielleicht bloß allein cere- moni halber geſchehen? Fuͤrwahr nein/ ſondern es iſt kein eintziges Ding/ ſo die Heilige Kirch mit groͤſſerer Inſtaͤndig= keit/ und mit groͤſſern Eifer begehret hat?22. Aber habt ihr dann nicht beobachtet die Weiſe/ mit welcher der Heilige Geiſt begehret wird? Allezeit in modo imperativo, oder Gebietungs=Weis/ veni ſancte Spi- ritus, veni Pater pauperum, veni dator mune- rum! &c. Komm Heiliger Geiſt! komm du Vatter der Armen! komm du Geber aller Gaben! Mit denen andern Perſohnen der Heiligen Dreyfaltigkeit/ brauchet man mehrern Theils andere modos zu bitten: Als/ quæſu- mus Domine, Te rogamus, audi nos: HERR! wir flehen und bitten dich/ hoͤre und erhoͤre uns! War= umb brauchet dann die Heilige Kirch mit dem Heiligen Geiſt/ allezeit den modum Imperativum? Ich koͤnnte ſagen/ weilen man ihn bittet/ als einen Liebenden: Den Vatter bit= tet man/ als einen Monarchen der gantzen Welt/ den Sohn/ als einen Fuͤrſten und HERRN: Den Heiligen Geiſt aber/ als einen liebreichen Freund: Die Lieb aber ſetzet alle Maje [87] ſtaͤt beyſeits/ und machet den Liebenden keck/ dahero bittet die Heilige Kirch in Krafft der Lieb den Heiligen Geiſt/ gleich= ſam Beſehls=weis: Deßgleichen brauchet ſie dieſe Weis zu bit= ten/ wegen deſſen groſſer Nothdurfft.23. Letzlichen/ braucht man dieſe Weis zu begehren/ wegen des groſſen Eyvers/ mit dem er begehret wird/ wann jemand in Le= bens=Gefahr ſtehet/ begehret er Hilff/ nicht mit ſchoͤnen und zierlichen Worten/ ſondern ſchreyet uͤberlaut/ auch ſo ſtarck als er kan: Lauffet/ lauffet/ kommet mir zu Huͤlff! Alſo begeh= ret die Kirch den Heiligen Geiſt mit ſolchem Eyfer/ daß ſie alle Ceremonien und zierliche Reden beyſeits laͤſſet/ und mit heller Stimm ausſchreyet: Veni Sancte Spiritus! &c. Komm Heiliger Geiſt! Wann Er dann mit einem Eyfer begehret wird/ warumb wird dann die expedition und Abſendung ſo lang verſchoben? Man koͤnnte hier auf auf vielerley Weiſen antworten/ das aber/ was ſich zu unſerm Vorhaben ſchicket/ iſt dieſes/ damit nemlichen/ die Apo= ſteln und alle andere wuͤſten/ wie importirlich und vor= trefflich dieſe Gab/ waͤre. Die Heilige Apoſteln haben einen groſſen Verluſt gelitten/ wie ihr Vatter/ Meiſter/ Hirt und Troͤſter von ihnen geſchieden iſt.24. Es iſt ihnen zwar vom Himmel Feuer geſchicket wor= den/ aber wer weiß nicht/ daß die Abweſenheit der Sonnen uͤbel belohnet werde/ die mit ihren leuchtenden Strahlen die gantze Welt mit lebend=und geiſtreicher Hitz erfuͤllet/ mit dem Feuer/ das allein an Hitz fruchtbar iſt/ und alles verzehret? Was iſt aber durch die Ankunfft deß Heiligen Geiſtes/ denen Apoſteln gegeben worden? Ein leuchtendes Feuer: Apparu [88] erunt illis diſpertitiæ linguæ tanquam ignis: Es lieſſen ſich von ihnen wie feurige zertheilte Zungen ſehen; In der Apoſtel Geſchichten am andern Capitel verſ. 3. Was iſt ihnen aber genommen worden? Die wahre Sonne der Gerechtigkeit: Quam diu ſum in mundi lux ſum mundi: So lang ich in der Welt bin/ ſo bin ich das Liecht der Welt. Sagte Er ſelbſt Joannis am neundten Capitel verſ. 9. Wer weiß nicht/ daß jeniger Tauſch ſchmertzhafft faͤllet/ wann man ein lebendige und ge= liebte Perſon um einen ihrigen Brief vertauſchet? Was iſt aber denen Apoſteln an dem Heiligen Pfingſt=Sonntag ge= geben worden? Ein Brief/ ſo vom Himmel geſchicket worden/ und mit guldenen Buchſtaben/ ja ſo gar von dem Heiligen Geiſt geſchrieben geweſen war/ nach laut deßjenigen/ was der Heilige Apoſtel Paulus in der andern Epiſtel an die Corinthier am dritten Capitel geſaget hat: Scripta non atramen- to, ſed ſpiritu DEI vivi: Ein Send=Brief CHRI= STI geſchrieben nicht mit Dinten/ ſondern mit dem Geiſt deß lebendigen GOTTES. Weſſen aber ſeynd die Heilige Apoſteln beraubet worden? Fuͤrwahr der real lebendigen Gegenwart ihres liebreicheſten HERRN/ nach Meldung deßjenigen/ das Er Joannis am achten Capitel ge= ſaget hat: Ego vado, quæretis me, & non invenie- tis: Ich gehe hinweg/ und ihr werdet mich ſuchen/ und nicht finden. Wer weiß nicht/ daß einer/ der deß Milch= Trinckens/ und deß Honig Eſſens gewohnet iſt/ ſich nicht an ſtatt deſſen mit dem bloſſen Waſſer wird befriedigen laſſen? Aber was hat man in dieſem Tag denen Apoſteln geben? Das [89] allerklareſte Waſſer/ worvon unſer Erloͤſer Joannis am ſieben= den Capitel alſo gemeldet. Qui crediderit in me ſicut dicit Scriptura, flumina fluent de ventre ejus aquæ vivæ: Wer an mich glaubet/ wie die Schrifft ſaget/ aus deſſelben Leibe werden Stroͤme des leben= digen Waſſers flieſſen. Worauf Er weiters ſpricht: Quòd hoc dixit de Spiritu, quem accepturi e- rant credentes in eum: Daß Er das geſagt von dem Geiſt/ den diejenigen empfahen ſollten/ die an ihn glauben wuͤrden. Aber was iſt ihnen genommen worden? Zweiffels ohne jeniger HERR/ aus deſſen Mund Milch und Honig gefloſſen iſt/ gleichwie die Braut geſungen hat: Mel & lac ſub lingua ejus: Hoͤnig und Milch iſt unſer ſeiner Zungen. Im HohenLied Salomonis am vierdten Ca= pitel verſ 11.Weilen ihnen nun dieſer Tauſch/ mit Empfahung des Hei= ligen Geiſtes gegen den Verluſt ihres HERRN und Mei= ſters/ nicht gleichguͤltig zu ſeyn gedunckete/ als hat ihnen der HERR den Heiligen Geiſt nicht gleich geſchicket/ ſondern hat gewollet/ daß ſie zehen Tag auf ihn gewartet/ und mit groſſen Seufftzen begehret/ gleich ob der Himmel nicht befriediget waͤ= re/ einen ſo groſſen Schatz/ als wie die Menſchwerdung CHri= ſti/ empfangen zu haben/ und in Zweiffel ſtunde/ ob Er zum Tauſch den Heiligen Geiſt auf die Erden ſchicken ſollte??? und wie= wohlen im Conſiſtorio der Heiligen Dreyfaltigkeit unſer Erloͤſer ſeine Verdienſte/ und bitteres Leyden und Sterben vorgeſtellet hat/ ſo iſt doch nicht gleich geſchloſſen worden daß man ſeiner verlaſſenen und Troſtloſen Familiæ die verſpro [90] chene Gab des Heiligen Geiſtes ſchicken wolle. Alſo vortrefflich/ und heilig war Er/ Er war zwar ein Feuer/ aber kein zerſtoͤr= und irrdiſch/ ſondern lebendig machend und himmliſch. Er war zwar ein Brief/ aber von dem liebenden Schreiber ſelb= ſten uͤberreichet/ er war ein Waſſer/ aber von demjenigen Brunn des Lebens/ von dem der Koͤnigliche Prophet David am funfzehenden Pſalm alſo gemeldet: Apud te eſt fons vitæ: Bey dir iſt der Brunn und die Quelle des Le= bens. Damit nun wegen leichter Empfangung/ dieſe Gab wenig geachtet wuͤrde/ hat GOTT gewollt/ daß/ nachdem die Apoſteln alle ihre Sachen verlaſſen CHRISTUS unſer Er= loͤſer ſein koͤſtliches Blut vergoſſen/ und ſeinen ewigen Vatter aufgeopffert hatte/ ſie gleichwohlen nicht glauben/ daß ihnen ſelber aus Schuld der Gerechtigkeit ſolle geben werden/ ſon= dern wohl daß ſie ihn mit Seufftzen begehren/ und nach deſſen Empfahung ſelben in hoͤchſten Ehren halten ſollen.26. Gleichwie man nun von der Vortrefflichkeit der Gab billiger Weis die Groͤſſe der Lieb abnimmet/ weilen die Gab des Heiligen Geiſtes von einem unſchaͤtzbaren Werth geweſen war/ alſo iſt auch zu ſchlieſſen/ daß die Lieb unermaͤßlich muͤſſe gewe= ſen ſeyn/ und folglich uͤberaus liebreich dieſe Erfindung/ und hingegen derjenige gantz undanckbar/ der ſich nicht gegen ihm danckbar erzeiget/ und desgleichen derjenige gantz blind/ der ſie nicht fuͤr allerſeits voll der Geheimnus haͤlt/ maſſen ein feuri= ge Zung/ die heutiges Tags ob dem Haupt der Apoſteln er= ſchienen iſt/ vonnoͤthen waͤre/ ihre Geheimnuſſen auszulegen/ von welchen aber wir nur allein von etlichen wenigen eine kur= tze Anregung thun wollen.
|| [91]
27. Und zwar erſtlich duncket mich ein Betrachtungs=
wuͤrdige Sach zu ſeyn/ daß GOTT vor dieſem auf ein viel
andere Weiſe ſeinem Propheten Eliaͤ erſchienen ſeye/ als denen
Apoſteln in dem Gaſt=Saal/ zu denſelben iſt geſaget worden:
Non in Spiritu Dominus, non in commotione
Dominus, non in igne Dominus: Der HERR
war nicht im Wind/ der HERR war nicht in der
Bewegung/ der HERR war nicht im Feuer. Da
aber hingegen koͤnnen wir ſagen: In Spiritu Dominus,
in commotione Dominus: Der HERR iſt im
Wind/ der HERR iſt in der Bewegung. Was aber iſt
deſſen die Urſach? Vielleicht/ weilen Elias die Ankunfft der andern
Perſon der H. Dreyfaltigkeit erwartet hatte/ die mit groͤſter
Demuth und Sanfftmuth kommen/ dum medium ſilen-
tium tenerent omnia: Da alles mitten im Still=
ſchweigen begriffen war/ und dahero iſt es in einem Sibilo
oder Sauſſen eines lieblichen Windleins oder ſanfften Lufft vor=
geſtellet worden: Am Pfingſt=Sonntag aber iſt die dritte
Perſon der allerheiligſten Dreyfaltigkeit kommen/ die uns in
dem Wind vorgeſtellet wird/ dem der Nam des Geiſtes zuſte=
het/ und in dem Feuer/ ſo ein Zeichen der Lieb iſt/ und in der
Bewegung/ ſo ihr vermittelſt der Zerknirſchung den Weeg zu=
bereitet/ und auf die Welt kommen iſt/ nicht in einem Winckel
des Judenlands verborgen zu liegen/ ſondern ſich glorreich in
allen Enden der Welt auszubreiten.28. Oder wollen wir ſagen/ daß GOTT ein Abſehen auf
die unterſchiedliche Zeiten gehabt habe? Und weilen Elias zur
Zeit des alten Geſetzes geweſen iſt/ in welchem die Verkuͤndig [92] ung
ſeines Namens nicht vonnoͤthen war/ unter die Voͤlcker
auszubreiten/ ſondern allein in Judaͤa zu verbleiben/ als erſchei=
net er in einem kleinen und ſanfften Windlein/ denen Apoſteln
aber/ die Prediger des Evangelii waren/ laͤſt er ſich mit Ver=
wunderung aller Voͤlcker/ und Bewegung im Feuer/ und mit
Wind ſehen. Wann uns vielleicht nicht beliebete zu ſagen/
daß Er ſich dem Eliaͤ gezeiget/ als wie ein Bruͤderliche Cor-
rection ſeyn ſolle/ nemlichen/ als wie ein leiſer Wiſpler/ we=
gen der Stille und Annehmlichkeit/ und denen Apoſteln/ als
wie eine offentliche Predig/ nemlichen mit einer gewaltigen
Stimm/ mit einer groſſen Bewegung des Leibs/ und des Gei=
ſtes/ und mit einem groſſen Eyfer des Eyfers begleitet: Oder
vielleicht/ daß uns der HERR habe anzeigen wollen/ den Un=
terſchied des Lebens eines Einſiedels; als wie zu ſelbiger Zeit
Elias war in einer Wuͤſte/ und des Lebens der Praͤlaten/ die
in denen Staͤdten wohnen/ als wie zu ſelbiger Zeit die Apoſteln
waren/ weilen dem erſtern die Ruhe/ das Gebet und Demuth
zuſtehet/ durch das leiſe Windlein vorgeſtellet: Dem letzten a=
ber der Eyfer/ die Wachtbarkeit/ und die Muͤhe/ ſo in dem
ſtarcken Wind/ Bewegung/ und in dem Feuer vorgeſtellet
worden.29. Dahero gar wohl geſaget worden/ factus eſt re-
pentè de cœlo ſonus: Es geſchahe in der Eil ein
Brauſen vom Himmel/ in der Apoſtel Geſchicht am andern
Capitel verſ. 2. Dann gleichwie einer/ der ſeiner Liebſten eine
Muſic machen laͤſſet/ zuvor ein Getoͤs machet/ dieſelbe vom
Schlaff aufzuwecken/ alſo iſt auch ein gaͤhlinger Schall vom
Himmel/ als eines ſtarcken gewaltigen Winds/ herunter geſtie [93] gen/
der die Apoſteln/ die gleichſam in einer tieffen Betrach=
tung eingeſchlaͤffert waren/ beweget/ und aufgewecket/ der lieb=
lichen Muſic zuzuhoͤren/ die ihnen jenige feurige Zungen in ih=
rem Hertzen verurſachet hatte: Tanquam advenientis
Spiritus vehementis: Als eines ankommenden heff=
tigen Windes Gen. 2. Und dieſes uͤber die ſchon angefuͤhr=
te Urſachen/ weilen er kommen war/ uns viel ein koͤſtlicher=
und wuͤrdigeres Leben zu geben/ als dasjenige/ das der Menſch
empfanget/ da ihn GOTT inſpiravit in faciem ejus
Spiraculum vitæ: In ſein Angeſicht eingeblaſen
den Lebens= Hauch oder Blaſer. Dann eben derjenige
Blaſer war das Zeichen des Heiligen Geiſtes/ nach Meldung
des Heiligen Cyrilli Alexandrini lib. de ador. in Spi-
ritu, & veritate: Spiraculum vitæ, den Hauch
des Lebens/ das iſt/ ſaget er/ Inſpirato Spiritu San-
cto, ipſe enim eſt Spiritus vitæ: Durch die Ein=
blaſung des Heiligen Geiſtes/ dann er iſt der Geiſt des
Lebens. Den Adam aber hat GOTT ein ſterbliches Le=
ben gegeben/ der den Leib lebend machte/ und nicht lang waͤh=
ren muſte/ und natuͤrlich war/ und dahero iſt es ein kleiner
Blaſer: Da aber wird der Seelen das Leben gegeben/ ſo in
Ewigkeit waͤhren thut/ und welches was Goͤttliches in ſich
hat/ und dahero iſt det Blaſer groͤſſer: Tanquam adve-
nientis Spiritus vehementis: Als eines ankom=
menden hefftigen Winds. Dann wann der Wind den
Lufft vereiniget/ die Wolcken traget/ den Regen verurſachet/
Thier erfriſchet/ die Erden zertheilet/ und die Schiff in Port
fuͤhret/ wer weiß nicht/ daß dieſer Goͤttliche Geiſt die Ge [94] muͤther
vereiniget die Prediger ſchicket/ die Zeichen giebet/ die
Hitz der Begierlichkeit kuͤhlet/ die Feuchtigkeit der fleiſchlichen
Sinnlichkeit zertheilet/ und uns endlichen in den Port des ewi=
gens Lebens fuͤhret.30. Aber noch vielmehr Geheimnus=wuͤrdig iſt die Con-
junction, die man allda ſiehet mit der Zungen/ und mit dem
Feuer zu haben. Mit der Zungen/ weilen dieſe allein nicht
genug iſt/ die Stimm zu formiren/ ſondern auch der Athem
nothwendiger Weis darzu vonnoͤthen iſt/ der von den innern
Theilen/ als wie ein Wind geſchicket iſt/ dahero damit die Zun=
gen der Apoſteln gantz und gar himmliſch waͤren/ ſchickete ih=
nen GOTT vom Himmel nicht allein Zungen/ ſondern auch
Wind: Und nicht minder conjungiret ſich Geheimnus=
wuͤrdig der Wind mit dem Feuer/ weilen ſich dieſes mit Hilff
deſſelben viel leichter entzuͤndet/ und ſich in unterſchiedliche Ort
ausbreitet: Indem nun GOTT denen Apoſteln Wind und
Feuer ſchicket/ iſt es ſo viel geweſen/ als wann er zu ihnen geſa=
get haͤtte: O ihr Apoſteln! glaubet nicht/ daß dieſes Feuer fuͤr
euch allein geſchicket worden: Ich will/ daß es durch die gan=
tze Welt ausgebreitet werde/ und dahero ſende ich zugleich den
Wind/ der es weiter trage/ und will/ daß ihr es in der gantzen
Welt anzuͤndet.31. Des Heiligen Geiſtes ſchoͤnſt= und allereigentlichſtes
Sinn=Bild iſt das Feuer/ und koͤnnte man daruͤber ein gantzes
Buch machen/ damit ich mich aber dißfalls nicht zulang auf=
halte/ will ich bloß allein ſagen/ daß der Heilige Geiſt ein Feu=
er ſeye/ weilen Er ein Lieb iſt/ und weilen Er/ als wie ein Feu [95] er
gleichet/ vereinbahret/ und transformiret: Er verglei=
chet/ weilen Er die fleiſchliche Menſchen ſpirituales, geiſt=
lich machet: Vos qui ſpirituales eſtis: Ihr die ihr
geiſtlich ſeyd/ in der Epiſtel an die Epheſer am ſechſten Capitel.
Er vereiniget die Seel mit GOtt. Qui adhæret DEO
unus Spiritus eſt: Welcher GOTT anhanget/ iſt
ein Geiſt mit Ihm/ zum Corinthern am ſechſten Capitel/
und transformiret dieſelbe in GOTT ſelbſten: Ego dixi
Dii eſtis: Ich habe geſagt/ ihr ſeyd Goͤtter/ in dem ſech=
ſten Pſalm. Dieſe und andere mehr Eigenſchafften des Feu=
ers beyſeits laſſend/ will ich bloß allein ſagen/ daß der Heilige
Geiſt in Geſtalt eines Feuers erſcheine/ zum Zeichen/ daß Er
komme uns gluͤckſelig/ und groß zu machen/ weilen das Feu=
er je und allezeit ein Zeichen der Frolockung und Koͤniglichen
Wuͤrde geweſen iſt/ wie es ihnen dann nicht allein die Koͤnig in
Perſien/ ſondern auch die Roͤmiſchen Kayſer haben vortragen
laſſen/ und fuͤr die groͤſte Zierde gehalten haben: Alſo iſt die
Erſcheinung des Feuers ober denen Haͤuptern der Apoſteln/
gleichſam eine Erklaͤrung zu Kayſern/ und Monarchen der Welt
geweſen.32. Man moͤchte aber vielleicht fragen/ warumb dieſes
Feuer in Geſtalt zerſpaltner Zungen kommen ſeye/ weilen
man in der Apoſtel Geſchicht am andern Capitel lieſet: Ap-
paruerunt illis diſpertitæ linguæ tanquam ig-
nis: Es lieſen ſich vor ihnen wie frurige zertheilte
Zungen ſehen. Hatte vielleicht die Welt der Zungen von=
noͤthen gehabt? Es iſt kein groͤſſerer Uberfluß in der Welt/
[96]
als an Zungen/ die aber zuweilen ſehr uͤbel gebraucht wer=
den: Dahero im hundert und neun und dreyſſigſten Pſalm
alſo gemeldet wird: Vir linguarum non dirigetur in
terra: Einem geſchwaͤtzigen Mann wirds nicht wohl
gehen auf Erden. Der Heilige Geiſt aber iſt doch gleich=
wohlen gar Geheimnus=wuͤrdig in Zungen=Geſtalt kommen/
weilen der guten und himmliſchen Zungen/ ein groſſer Mangel
iſt. Zweytens/ weilen dieſer Goͤttliche Geiſt als wie ein Zun=
gen redet/ und fuͤr uns bittet: Ipſe Spiritus poſtulat
pro nobis gemitibus inenarrabilibus: Der Geiſt
ſelbſt begehret fuͤr uns mit unausſprechlichen Seuff=
tzen/ in der Epiſtel an die Roͤmer am achten Capitel verſ.
ſechs und zwantzig gemeldet. Er redet auch vermittelſt der
Prediger/ dahero unſer Erloͤſer bey dem Matthaͤo am zehen=
den Capitel zu denen Apoſteln alſo geſprochen: Non enim
vos eſtis, qui loquimini, ſed Spiritus Patris
mei, qui loquitur in vobis: Dann ihr ſeyds nicht/
die ihr redet/ ſondern der Geiſt meines Vatters/
der in euch redet. Er ſelbſt redet/ als ein Zung GOT=
TES zu unſern Hertzen/ gleichwie Joannis am vierzehen=
den Capitel geſchrieben ſtehet: Spiritus paraclitus do-
cebit vos omnia, quæcunque dixero vobis: Der
Troͤſter/ der Heilige Geiſt/ wird euch alles lehren/
was ich ench ſagen werde. Er iſt desgleichen derjenige/
der uns die Sachen GOTTES zu verlaſſen giebet: Auris
verba dijudicat, & fames comedentis ſapo-
rem: Das Ohr unterſcheidet die Wort/ und der
[97]
Mund des Eſſenden den Geſchmack. Job am zwoͤlfften
Capitel.Es iſt zu mercken/ daß im Alten Teſtament/ aus einer
abſonderlichen groſſen Gnad/ dem Propheten Iſaiaͤ mit bren=
nenden Kohlen die Lefftzen ſeynd beruͤhret worden/ denen Apo=
ſteln aber ſeynd nicht allein vom Feuer die Lefftzen und Zun=
gen beruͤhret/ ſondern iſt ihnen auch ein gantz feurige Zung ge=
ſchencket worden. Seynd dann vielleicht die Zungen der A=
poſteln mehr unrein/ als des Iſaiaͤ geweſen? Maſſen dieſe zu
reinigen ein eintzige Beruͤhrung des Feuers genug geweſen/
und dieſelbe zu reinigen vonnoͤthen geweſen/ daß ſie in lauter
Feuer verwandelt wurden? Fuͤrwahr nein/ ſondern GOTT
hat uns dardurch anzeigen wollen/ daß die Verrichtung/ zu
welcher die Apoſteln geſchicket worden/ viel wichtiger geweſen/
als diejenige/ zu welcher die alten Propheten geſendet wor=
den/ dann gleich wie ein Soldat/ der mit einem in einen
particular-Kampff tretten muß/ ſeine Waffen durchſihet/
und ſcharff machen laͤſſet/ wann er aber mit einem maͤchtigen
Feind/ fuͤr das Heil und Ehr ſeines Fuͤrſtens ſtreiten muß/ iſt
er mit ſeinigen Waffen nicht zu Frieden/ ſondern laͤſt ſich mit
den beſten aus der Fuͤrſtlichen Ruͤſt=Kammer verſehen: Alſo
iſt dem Iſaiaͤ/ der mit dem Fuͤrſten ſtreiten muͤſſen/ ſchon
genug geweſen/ daß das Schwerdt ſeiner Zungen mit einer
brennenden Kohlen beruͤhret wurde/ denen Apoſteln aber/ die
ins Feld wider den Fuͤrſten dieſer Welt/ fuͤr die Ehr ihres Koͤ=
nigs zu ſtreiten/ ziehen muſten/ ſeynd die allerglaͤntzendeſte
Schwerdter aus der Ruͤſt=Kammer des Himmels geſchicket
[98]
worden/ & apparuerunt illis linguæ diſpertitæ, lin-
guæ tanquam ignis: Es lieſſen ſich von ihnen wie
feurige zertheilte Zungen ſehen/ in der Apoſtel Geſchicht
am 2. cap. v. 3.34. Warumb aber ſeynd die Zungen zertheilter erſchie=
nen? Waͤre dann nicht eine gantze Zung tauglicher zum Re=
den geweſen? Iſt dann nicht der Heilige Geiſt ein Lieb/ deſſen
Eigenſchafft iſt/ zuſammen zu fuͤgen/ und zu vereinigen? Iſt
er dann nicht kommen/ die Zungen zu vereinigen/ die vor die=
ſem in Erbauung des Babyloniſchen Thurns zertheilet wor=
den? Iſt dann Er nicht allein? Warumb dann nicht viel=
mehr in vereinigten/ als zertheilten Zungen? Worauf etliche
antworten/ daß dieſe Zungen diſpertitæ, zertheilet/ nem=
lichen oder geloͤſet geweſen ſeyen/ als wie ein Menſchliche
Zung/ die auch zweyfach kan genennet werden/ weilen ſie
auch unterſchiedliche Thon formiren kan/ welches aber eine
violente Auslegung iſt. Andere ſagen/ daß das Woͤrtlein
diſpertitæ, volubilis, oder geſchwind bedeute/ auf die
Weis wie man ſaget/ daß die Schlangen eine dreyſpitzige Zun=
ge haben/ aus Urſachen/ weilen ſie dieſelbe ſo geſchwind bewe=
get/ daß ſie dreyfach zu ſeyn ſcheinet: Dieſes aber ſcheinet
dem Heiligen Text zu wider/ allwo geſaget wird/ ſeditque
ſuper ſingulos eorum, iſt geſeſſen auf einem jeden un=
ter ihnen: Alſo ſeynd die Zungen nicht aus Urſach der Be=
wegung zertheilt/ oder zweyfach erſchienen/ ſondern weilen
ſie warhafftig zweyfach waren/ nemlichen/ ein jede in ſich
ſelbſt zerſpalten/ oder unter ihnen zertheilet: Und welches
[99]
nicht ohne Geheimnus geweſen war/ uns dardurch zu bedeu=
ten/ daß Er nicht eine Sprach allein/ denen Apoſteln habe
lehren wollen ſondern unterſchiedliche/ oder vielleicht daß Er
ſie von der Welt habe theilen wollen/ nach Meldung desjeni=
gen Spruchs des Erloͤſers/ der bey dem Matthaͤi am zehen=
den Capitel alſo geſprochen: Non veni pacem mitte-
re in terram, ſed gladium, veni enim ſeparare
filium à patre &c. Ich bin nicht kommen den Frie=
den zu ſenden auf Erden/ ſondern das Schwerdt/
dann ich bin kommen/ den Sohn abzuſondern vom
Vatter ꝛc. Und nach Sage desjenigen Spruchs Jeremiaͤ
am 15. Capitel/ der alſo lautet: Si ſeparaveris pretio-
ſum à vili, quaſi os meum eris: Wann du die Gu=
te??? vom Boͤſen abſonderſt/ ſo ſollt du ſeyn wie mein
Mund. Oder weilen gleichwie der Geiſt von zweyen Per=
ſonen herkommet/ nemlichen/ von dem Vatter/ und dem
Sohn/ alſo iſt Er auch kommen/ zweyerley Lieben in unſern
Hertzen hervor zu bringen/ GOTTES/ und des Nechſtens/
oder vielleicht/ daß er nicht allein die Seel mit Goͤttlicher Lieb
habe anflammen wollen/ ſondern auch das Fleiſch keuſch und
rein zu machen/ und nicht allein ſelbe mit einer feurigen Zung
zu verſehen/ GOTT mit Gebet zu verehren/ ſondern auch
aͤuſſerlich/ damit ſie feurige Wort denen Leuten vorbraͤchten;
und endlichen damit wir nicht gaͤntzlich unſeres Sinn=Bilds
vergeſſen/ ſo als ein doppeltes Feuer/ welches denen Schiffen=
den erſcheinet/ denen Apoſteln ein Zeichen/ und ein Urſach ei=
ner gluͤcklichen Schiffarth iſt: Dahero in dem Spruch un [100] ſers
Sinn Bilds geſaget wird: Serenum erit: Es wird
ein ſchoͤn Wetter ſeyn/ ſo aus dem Evangelio Matthaͤi
am ſechzehenden Capitel genommen worden/ allwo CHRI=
STUS denen Juden verweiſet/ daß ſie die Zeichen des Him=
mels/ aber nicht diejenigen ſeiner Ankunfft erkennten/ und
daß/ wann zu Abends rubicundum eſt cœlum, ſere-
num erit: Der Himmel roth iſt/ ſo wird ſchoͤn Wet=
ter ſeyn. Alſo gebrauchet ſich CHRISTUS der meteo-
rologiſchen Lehr/ und deroſelben Zeichen/ und nicht anderſt
haben wir in unſerem Sinn=Bild gethan.35. Es koͤnnte aber einer ſagen/ wie kan die Kirch eines
ſchoͤnen Wetters genieſſen/ wann es ſo viel Verfolgungen
gelitten/ wann die Apoſteln gemartert worden/ und die
gantze Welt wider das kleine Schifflein der erſten Kirch/ zuſam=
men geſchwohren zu haben ſchiene? Worauf ich antworte/
daß nicht geſaget wird: Mare tranquillum erit, ſed
cœlum ſerenum erit: Das Meer iſt ſtill/ ſondern
der Himmel wird heiter ſenn. Maſſen es zum oͤfftern
geſchiehet/ daß unangeſehen der Himmel ausgeheitert iſt/
gleichwohlen das von dem vergangenen Regen=Wetter be=
wegte Meer noch nicht ſtill worden/ und von neuen Winden/
ſo den Himmel ausgeheitert haben/ beweget wird: Auf glei=
che Weis hatte/ nach Ankunfft deß Heiligen Geiſtes/ die Kirch
das Meer zuwider/ nach Meldung des Davidiſchen Spruchs/
der am zwey und neuntzigſten Pſalm alſo lautet: Mira-
biles elationes maris: Wunderbarlich ſind die er=
habene Wellen des Meers. Es iſt aber fuͤr ſelbe der
[101]
Himmel heiter geweſen/ weilen ſie GOTT zum favor ge=
habt/ unangeſehen ihr die Unglaubigen einen grauſamen
Krieg ankuͤndeten. Oder wir wollen viel beſſer ſagen daß die
Verfolgungen/ ſo die Kirch gelitten/ fuͤr ſie guͤnſtige Wind
geweſen ſeynd/ weilen ſie/ vermittelſt derſelben/ vielmehr ge=
wachſen: Und viel geſchwinder zum Port des ewigen Le=
bens gelanget iſt: Dahero die Heiligen geſaget: Per mul-
tas tribulationes oportet nos intrare in re-
gnum DEI: Wir muͤſſen durch viel Truͤbſahl in
das Reich GOTTES hinein gehen. In der Apo=
ſtel Geſchicht am vierzehenden Capitel verſ. zwey und
zwantzigſten. Als wann er die Schiffenden anfriſchen thaͤ=
te/ zu ihnen alſo ſprechend: Foͤrchtet euch nicht/ und ſeyd
unverzagt/ wann ihr gleich von denen ſauſen=und brauſen=
den Winden und Wellen unſer Schifflein werdet hin und her
geworffen ſehen/ dann dieſes ſeynd eben diejenige Wind/ die
uns zum Port fuͤhren/ und die unſere Schiffarth viel ge=
ſchwinder wird von ſtatten gehen machen und dieſes alles iſt viel
gleichfoͤrmiger dem Zeichen desjenigen Feuers/ ſo uͤber den
Haͤuptern der H. Apoſteln erſchienen iſt.36. Und weilen in dem Feuer ein Liecht/ und ein Hitz
iſt/ jenes/ weilen es die Augen erluſtiget/ und dieſes weilen
es das Beruͤhren peiniget/ als haben die Heyden geglau=
bet/ daß das Feuer ein Zeichen der Ehr/ und Wuͤrde ſeye/
zu welcher aber man durch Muͤhe/ und Widerwaͤrtigkeiten
gelangen muß: Welches gar wohl Virgilius verſtehend/
alſo geſungen: Dann als die Lavinia, neben ihrem Vat [102] ter
bey den Opffer geſtanden/ hat ihr unverſehens das Feuer
ihre Haar ergriffen/ welches ihr zwar einen groſſen
Ruhm gemachet/ dem Volck aber einen groſſen Krieg an=
gedeutet/ worvon des Virgilii ſelbſt eigene Worte alſo lau=
ten:Præterea caſtis adolet dum altaria flam- mis,
Et juxta genitorem adſtat Lavinia Vir- go,
Viſa (nefas) longi comprendere crinibus i- gnem,
Namque fore illuſtrem fama fatisque ca- nebant,
Ipſam, ſed populo magnum portendere bel- lum.
Das iſt:
Indem Lavinie andaͤchtig dorten ſte= het/
Als Jungfer/ beym Altar/ an ihres Vat= ters Seit/
|| [103]
Seht! eben dazumahls/ und zu derſelben Zeit/
Die Opffer=Flamme/ die nun Himmel=auf= werts gehet/
Ergreiffet ihre Haar; wordurch ward angedeut/
Daß ſie werd groſſe Ehr und hohen Ruhm erlangen/
Und lauter Gluͤck und Gunſt ohnfehlbarlich empfangen/
Das Volck im Gegentheil ein groſſes Krie= ges=Leyd.Und nicht ungleich/ aber mit groͤſſerer Warheit/ koͤnnen wir ſagen/ daß/ als die Kirch noch jung in dem Gaſt=Saal ein Bet=Opffer GOTT angeſtellet/ iſt ihr Haupt feurig angezuͤndet/ und glaͤntzend wegen der Ankunfft des Heiligen Geiſtes/ in Geſtalt eines Feuers/ ober denen Haͤuptern der Apoſteln erſchienen/ welches ein Zeichen geweſen iſt/ daß ſie auch glaubwuͤrdig/ und groß werden wuͤrde/ aber nicht ohne Muͤhe/ und Verfolgungen: Es ſollen uns dahero die Widerwaͤrtigkeiten/ und Verfolgungen nicht abſchrecken: [104] Dann weilen wir den Heiligen Geiſt zum Gehuͤlffen haben/ werden uns ſelbe zu uͤbertragen/ leichtlich vorkommen/ und wird uns ſolches zu unſerer groͤſſern Glori/ und Gluͤck= ſeeiigkeit gereichen. Amen. Amen.
|| [105]
Id Ipſum Invicem.
1. GLeichwie unter allen Sinnen das Geſicht der vornehm=
ſte iſt/ alſo erhaͤlt unter allen kunſtreichen Sachen billiger
Maſſen der Spiegel den Preiß/ maſſen man unter dem
Aug/ und dem Spiegel ein ſo groſſe Gleichnus und Proportion
ſiehet/ daß nicht unbillig kan geſagt werden/ daß das Aug nichts
[106]
anders/ als ein lebendiger Spiegel/ und hingegen der Spiegel
nichts anders als ein Aug ohne Seel ſeye: Der Spiegel/ ſage ich/
iſt ein Aug nicht allein/ weilen der Hineinſchauende ſeine Bildnus
ſelbſt darinnen ſiehet/ ſondern auch/ weilen man deſſen Beſitzers
Gemuͤth und Hertz dardurch erforſchen kan: Der Spiegel/ ſage
ich/ iſt ein Aug/ weilen er/ als wie ein Aug die Bildnuͤſſen und Ge=
ſtalten deß Objecti empfahet; dem Aug ſelbſt iſt er/ als ein getreuer
Freund/ und als ein vorſichtiger Diener: Als ein Freund machet
er/ daß das Aug ſich ſelbſt erkennt/ und thut ihm alle ſeine Fehler/
und Maͤngel getreu entdecken/ ſo ihm niemand anderer zu thun
getrauete. Als ein Diener fuͤrſtellet er ihm viel Sachen/ die ihm
ſonſt verborgen waͤren. Er hat aber doch gleichwolen vonnoͤthen/
daß er zuvor erleuchtet ſeye/ wie dann der Pythagoras ſeinen Lehr=
Juͤngern befohlen/ daß ſie ſich bey ſcheinender Sonn im Spiegel
ſchauen ſollen/ und nicht bey einer Lampen/ wormit er/ nach Mel=
dung Cœlii Rhodigini lib. 19. cap. 13. andeuten wollen/ daß wir
uns mit denen gelehrteſten Leuten vergleichen ſollen/ unſere geringe
Wiſſenſchafft dardurch erkennen zu lernen: Und ich/ meines Theils
ſage/ daß wir uns deß himmliſchen Liechts und nicht der Mei=
nungen der Menſchen gebrauchen ſollen/ damit wir uns ſelbſt er=
kennen.2. Und nicht allein/ ſage/ ich/ dienet der Spiegel dem Aug deß
Leibs/ ſondern auch dem Aug deß Gemuͤths/ ſo der Verſtand iſt/
dem viel Sachen verborgen blieben/ wann er kein Liecht von dem
Spiegel empfienge/ dann wie waͤre er in Erkanntnus jeniger Bild=
nuͤſſen (die von den Philoſophis Species intentionales genen=
net werden) kommen ſeyn/ wann nicht der Spiegel geweſen waͤre/
durch welchen man ſie ſo klar erkennet? Wie waͤre er ſonſt zu der
Erforſch=und Verſtehung der materialiſchen Objecten gelanget/
als vermittelſt deß Spiegels? Wie viel ſchoͤner Fragen gibt nicht
der Spiegel Materi an die Hand? Dann es iſt unter denen Philo-
ſophis eine Frag/ ob ein Agens ſeine Krafft wieder ein Objectum,
das ihm in allem gleich iſt/ brauchen koͤnne? Worauf man insge=
mein von Nein antwortet.
|| [107]
3. Man ſiehet aber gleichwolen/ daß unter gleichen Spiegeln
eine Action eines gegen dem andern gegeben werde/ gleichwie es
in unſerem Emblemate oder Sinnbild ſcheinet/ in welchem drey
Spiegel in einem Triangel vorgeſtellt werden/ ſolcher Geſtalt ge=
geneinander geſetzet/ daß deren ein jeder in denen zweyen andern ge=
ſehen wird/ und dasjenige/ was von einem vorgeſtellet iſt/ ebenfalls
auch von denen andern repræſentiret wird/ dahero wir zu einem
Sinnſpruch hinzugeſetzet haben: Id ipſum in vicem: Eines gegen
dem andern; nemlichen daß einer von dem andern eben jenige Bild=
nuſſen reciprocè empfanget/ und einer dem andern ſelbign reci-
procè giebet/ welche Erfahrnus uns Anlaß gegeben hat/ daß wir
in unſeren Philoſophiſchen Fragen jenige Regul nicht abſolutè
oder ſchlechter Dings zugelaſſen haben/ quod ſimile non agat in
ſimile, daß gleich und gleich nicht gegeneinander handele/ ſondern
ſelbe zu denjenigen agentien gereſtungiret/ die als wie Feind mit
verletzenden und toͤdtlichen Waffen ſtreiten/ und von denen abge=
ſondert/ ſo als wie Freund mit Friedens=Inſtrummenten kommen/
und die keinen Schaden zufuͤgen/ gleichwie die Spieglen ſeynd/
und alle andere corpora luminoſa inter ſe, oder unter ſich ſelbſt
leuchtende Coͤrper.4. Dann von dem Spiegel ſelbſt kan man abnehmen/ wie die=
jenige Regul zu verſtehen ſeye/ die alſo lautet/ quod idem non
poſſit agere in ſe ipſum, daß ein Ding wider ſich ſelbſt nicht han=
deln koͤnne/ weilen/ vermittelſt des Spiegels/ das Aug ſich nicht al=
lein ſelbſt ſiehet/ ſondern auch dardurch das Liecht fortificirt/ ge=
ſtaͤrcket und groͤſſer gemacht wird/ in Erwegung/ weilen allda eine
Reflexion mit unterlauffet/ die vermittelſt einer friedſamen/ und
keiner ſtreitenden Qualitaͤt gemachet worden/ alſo empfangen dieſe
und andere ſo wol Theolog=als Philoſophiſche Fragen nicht eine
kleine Hilff von dem Spiegel.5. Es iſt dahero der Spiegel ein uͤberaus vortreffliches In=
ſtrument/ und wuͤrde noch in groͤſſern Ehren gehalten werden/
wann nicht deren ein ſo groſſe Anzahl gefunden und gemachet wuͤr=
den/ deren Materi/ was die Kunſt anlanget/ wie Polidorus Vir [108] gilius
cap. 20. lib. 2. meldet/ Silber/ Eiſen/ Bley/ Criſtall/ Glaß/
und viel andere untereinander vermiſchte Materien ſeynd: Was
aber die Natur betrifft/ die Stein und Edelgeſtein/ und gleichſam
alle Liquores oder fluͤſſige Dinge/ jedoch mit groſſem Unterſchied/
dann nach Meldung deß Authoris der Philoſophiſchen Marga-
ritæ, ſo vorſtellet das Oel die Bildnus deſſen/ der hinein ſiehet/
ſchoͤn und lieblich/ hingegen aber das Blut/ ob es ſchon das aller=
reinſte war/ dunckel/ und bleich/ welches letztere daher kommen kan/
weilen das Blut entweder mehr arm an dem Liechte/ oder mehr reich
an der Farb iſt/ weßwegen die Geſtalt deſſen/ der hinein ſiehet/ ver=
dunckelt verbleibt.6. Unter allen Liquoribus oder fluͤſſigen Dingen aber thut
keiner ſo natuͤrlich/ und klar repræſentiren oder vorſtellen/ als das
Waſſer/ von welchem man noch ein anderes Wunder verſpuͤret/
nemlichen/ daß unangeſehen es mit groſſer Schnelle in das Meer
lauffet/ gleichwolen die Geſtalt/ die man in ihm ſiehet/ unbeweglich
bleibet.7. Nun iſt dann dieſe Geſtalt und Bildnus nicht ein Acci-
dens oder zufaͤlliges Ding? Und folgen dann nicht alle andere ac-
cidentien ihrem ſubjecto nach/ warum dann (indem ſich das
Waſſer beweget) bewegete ſich nicht auch die Bildnus/ die als ein
accidens ſich an ihm ſteiffet? Wann du mir ſageſt/ daß die Bild=
nus deſſen accidens nicht ſeye/ wie koͤnnte ich dann ſagen/ daß/
wann das Waſſer hinweg rinnt/ ſich auch die Bildnus verliere?
Nun dieſe difficultaͤt oder ſchwehre Sache vollkommentlich aus=
zulegen/ waͤre vonnoͤthen/ ſich voͤllig in die Philoſophiſche Sachen
zu begeben/ welches aber diß Orts nicht geziemend iſt/ wollen aber
jedoch aufs kuͤrtzeſte in etwas dieſe Urſach durchforſchen.8. Nun iſt zu wiſſen/ daß zweyerley Gattungen der acciden-
tien oder zufaͤlligen Dinge ſeyen/ eine/ die/ ſo bald ſie producirt
oder hervorgebracht ſeynd/ nicht mehr von der Urſach/ die ſie vor=
gebracht hat/ hangen/ als wie da ſeynd/ die Hitz/ die Farb/ der Ge=
ſchkma/ und dergleichen/ und dieſe thun ſich zugleich mit dem ſubje-
cto entweder aufhalten/ oder darvon weichen: Die andere Gattung
[109]
deꝛ accidentien iſt/ von welchem nit allein die production odeꝛ Heꝛ=
vorbringung/ ſondern auch die Conſervation odeꝛ Eꝛhaltung han=
get/ gleichwie das Liecht iſt/ dann wann die Sonne oder ein anderes
erleuchtendes Corpus ſich entfernet/ oder hinweg weichet/ von dem
es dependiret oder abhaͤngig iſt/ ſo verſchwindet es alſobald/ und
verlieret ſich/ desgleichen ſeynd jenige Bildniſſen/ daß wir uns ſelb=
ſten in dem Waſſer ſehen/ und gleichwol mit Waſſer nit hinweg wei=
chen: Du wirſt aber vielleicht ſagen/ ſo muͤſſen dann dieſe Bildniſſen
entweder von ſich ſelbſt ſtehen/ und von alem ſubjecto unabhaͤngig
ſeyn/ oder muͤſſen von einem ſubjecto zu dem andern wan=
deln/ nemlichen von dem vorgehenden zu dem nachfolgenden/ wel=
che beyde Sachen der wahren Philoſophiæ ſehr widerſtreben; wor=
auf ich aber antworte/ daß keines aus dieſen inconventientien
folge/ weilen jene nicht eben diejenige Bildnuͤſſen ſeynd/ die ſich in
dem folgenden Waſſer ſeuffen/ mit denen jenigen/ die in dem vorge=
henden Waſſer geweſen waren/ ſondern andere Neugebohrne denen
vorigen aber gantz gleich.9. Es moͤchte aber vielleicht jemand ſagen/ warum bewegt
ſich dann in dem Spiegel die Bildnus/ wann man den Spiegel
hinweg traͤget? warum dann nicht auch im Waſſer/ das hinweg
flieſſet? Iſt dann unter denen Bildnuͤſſen/ die man im Spiegel ſie=
het/ und unter denjenigen die man im Waſſer ſiehet/ ein Unter=
ſchied? Fuͤrwahr nein! Es ſcheinet aber doch/ daß ſich das Bild=
nus im Spiegel bewege/ weilen es zugleich mit dem Spiegel pflegt
bewegt zu werden/ wann ſchon dem Geſicht/ das darein ſchauet/
und in das Ort/ von welchem der Spiegel beweget worden/ kein an=
derer Spiegel nachfolget/ als wie in dem Waſſer geſchicht. Wei=
len wir aber von dem Spiegel/ und dem Waſſer Sprach halten/
ſo kan ich nicht unterlaſſen zu melden/ daß man vermittelſt dieſer
beyden um Mittag=Zeit einen Stern im Himmel ſehen koͤnne/ nem=
lichen/ wann man einen Spiegel in ein Waſſer leget grad gegen der
Sonnen/ und gegen den Himmel gekehret/ es iſt aber dasjenige kein
wahrer Stern/ den man ſiehet/ ſondern es iſt die Bildnus der Son=
nen/ die im Himmel von dem Spiegel reflectiret wird/ und wegen
der ſo weiten diſtanz oder Entfernung ſo klein erſcheinet.
|| [110]
10. Eine Wuͤrckung der teuffliſchen Kunſt aber ware dasjeni=
ge/ welches man vermittelſt eines Spiegels ſahe/ den in denjenigen
Brunnen hinunter gelaſſen worden/ welcher vor dem Tempel der
Goͤtt in Cereris in Achaja ſtunde/ dann wann man wiſſen woll=
te/ ob ein Krancker ſterben wuͤrde/ hat man einen Spiegel an einer
Schnur in das Waſſer nur ſo tieff hinunter gelaſſen/ daß er kaum
bedeckt wurde/ und man opfferte beynebens gedachter Goͤttin Ge=
beter und Rauchwerck auf/ als man aber hernach in dem Spiegel
die Bildnus deß Krancken beſichtiget/ ſahe man darinnen/ ob es ſich
mit dem Krancken zur Beſſerung/ oder zum Sterben ſchickete/ und
dieſes Oraculum hielte man fuͤr das allergroͤſſeſte. Deßgleichen
wann man/ nach etlicher Meynung/ Buchſtaben mit Blut auf ei-
nen Spiegel ſchreibet/ der gegen dem Mond gekehret iſt/ ſo ſolle man
ſelbe in dem Mond ſehen.11. Dieſes iſt zwar wohl wahr/ daß vermittelſt deß Spiegels
unſere Gedancken biß in den Himmel fliegen koͤnnen/ die Goͤttliche
Sachen zu betrachten/ und es ſcheinet/ daß ſie ohne Spiegel dahin
nicht ſteigen koͤnnen/ weilen der H. Apoſtel Paulus 1. Cor. 13. ge=
ſaget hat: Videmus nunc perſpeculum in ænigmate: Wir
ſehen jetzt durch einen Spiegel in einem Raͤtzel.12. Und erſtlich wird uns Chriſtus/ nach Meldung deß Heil.
Gregorii hom. 7. in Evang. im Spiegel vorgeſtellet/ mit dem er
eine uͤberaus groſſe Gleichnus und Proportion hat. Dann gleich=
wie ein Spiegel zwey Seiten hat/ ein liechte/ ſchoͤne und durch=
ſcheinende/ als wie das Glaß und Criſtall iſt/ alſo hat auch Chri=
ſtus unſer Erloͤſer zwey Naturen: Eine Goͤttliche/ die als wie ein
Criſtall gantz leuchtend/ und alſo zu ſagen/ durchſcheinend iſt/ daß
ſich in ſelbiger das menſchliche Geſicht nicht endigen kan. Die an=
dere iſt die Menſchliche/ die/ als wie ein Bley/ ſchwehr/ und fuͤr ſich
ſelbſt dunckel iſt/ welche mit dem Criſtall der Goͤttlichen conjun=
girte machet/ daß wir ihn anſchauen/ und die hoͤchſten Geheim=
nuͤſſen darinnen erkennen koͤnnen. Dieſen Spiegel hat uns der H.
Joannes vorgeſtellet/ indem er geſaget: Vetbum caro factum
eſt, & vidimus gloriam ejus. Das Wort iſt Fleiſch wor [111] den/
und wir haben ſeine Herꝛlichkeit geſehen. Verbum:
das Wort: ſiehe das Criſtall; Caro factum eſt, iſt Fleiſch wor=
den: ſiehe das Bley hinter ſich geſetzet; & vidimus, und wir haben
geſehen; Und ſiehe denjenigen ſichtbar/ den man anfaͤnglich nicht
hat ſehen koͤnnen/ und von dieſem Spiegel kan der H. Apoſtel in der
obangeregten Authoritaͤt verſtanden werden: Videmus nunc
per ſpeculum in ænigmate: Wir ſehen jetzt durch einen Spie=
gel in einem Raͤtzel; und fuͤrwahr wir koͤnnten keinen beſſern Spie=
gel haben/ uns ſelbſten und GOtt zu erkennen/ als dieſen; dann in
dieſem ſehen wir die Abſcheulichkeiten unſerer Schulden/ zur Reini=
nung deren ein ſo koͤſtliches Bad gemachet worden/ als wie da war
das Blut Chriſti unſers Erloͤſers. In dieſem ſehen wir zugleich die
Vortrefflichkeit unſerer Seelen/ zu Erloͤſung er ſich gewuͤrdiget hat
vom Himmel auf die Erden herunter zu ſteigen/ will geſchweigen
der himmliſchen und goͤttlichen Gnaden/ die wir/ vermittelſt dieſes
Spiegels/ uͤberkommen haben/ und noch viel anderer Sachen
mehr/ die alle zu erzehlen unmoͤglich waͤren/ unter welchen doch ich
eine zu verſchweigen nicht umgehen kan/ nemlich die Erkanntnus
der H. Dreyfaltigkeit eine hoͤchſte und unausſprechliche Geheim=
nus/ die auch kein Engliſcher Verſtand ergruͤnden kan.13. Es hatte aber dieſe durch natuͤrliche Sachen nicht moͤgen
erkennet werden/ dann weilen dieſe Wuͤrckungen GOttes ſeynd/
(ſo viel als er ein einiger GOtt) als haben ſie in deſſen Erkanntnus
kommen koͤnnen/ ſo viel als er dreyfach iſt: Und gleichwie wir/
wann man eine ſchoͤne Muſic hoͤret/ ſchlieſſen koͤnnen/ daß derjeni=
ge/ der aufmachet/ ein erfahrner Meiſter ſeye/ koͤnnen aber gleich=
wolen durch ſein Aufſpielen nicht abnehmen/ ob er einen Vatter/
einen Sohn/ oder Bruder habe/ alſo/ ſage ich/ koͤnnen wir aus der
wunderbarlichen Harmonie/ die man in der Regierung der Welt er=
faͤhret/ wohl argumentiren/ daß ein erſter Anfang alldort ſeye: Ein
GOtt/ und ein Beweger/ der mit unendlicher Macht/ und Weis=
heit begabet iſt: Daß aber dieſer GOtt einen Sohn habe/ und drey=
fach in der Perſon ſeye/ das koͤnnen wir daraus nicht abnehmen/
maſſen er die Welt regiret/ als ein Einiger/ und nicht als ein Drey [112] facher/
in Erwegung alle euſſerliche Wuͤrckungen unzertheilter von
allen drey Perſonen herkommen/ ſo viel als ſie in GOtt ſeynd.14. Und unangeſehen GOtt im alten Teſtament dieſe hoͤchſte
Geheimnus denen Menſchen haͤtte offenbaren koͤnnen/ ſo hat er
doch ſolches nicht offentlich thun wollen/ entweder weilen vielleicht
ihr Verſtand ein ſo groſſes Geheimnus noch nicht faſſen koͤnnte/
oder aber weilen ſie zu der Abgoͤtterey und Anbetung vieler Goͤtter
ſehr geneigt waren/ oder aber/ weilen es die Zaͤrtigkeit der Goͤttli=
chen Lieb gegen uns noch nicht zulieſſe: Dann gleichwie ein Braͤu=
tigam/ der ſeine Braut inbruͤnſtig liebet/ will/ daß dieſelbe aller ſei=
ner Sachen eine Frau ſeye/ ſo behaͤlt er doch eine Beſchanckung biß
auf eine gewiſſe Zeit auf/ und will nicht/ daß ſie ſolches zuvor wiſſe/
daß er ein ſolche Sach beſitze/ damit ſie nicht glaube/ daß er eine
Sach haͤtte/ dero er ſie nicht zu einer Frauen gemacht haͤtte/ alſo
auch/ weilen GOtt die menſchliche Natur uͤber alle Weis geliebet/
und gewollet/ daß ſie eine Herrin aller ſeiner Reichthumen waͤre/ ſo
hat er doch aus wuͤrdigſtem Abſehen biß auf die letzten Zeiten ihr ſei=
nen eigenen Sohn zu guten aufbehalten/ und ſolches zuvor nicht
offenbaren wollen/ damit ſie nicht vermeinte/ daß er ihr etwas
aus allzuweniger Lieb verhalten haͤtte.15. Es iſt dahero biß zu den gluͤckſeeligen Zeiten deß Evangelii
die Offenbarung/ daß drey goͤttliche Perſonen ſeyen/ und daß ſelbe
auf wunderbarliche Weis zu genieſſen waͤre/ verſchoben worden/
weilen man ſelbe vollkommentlich zu genieſſen ohne Erkanntnus/
und dieſelbe ohne deroſelben Beſitzung nicht wohl erkennen kunte/
und dahero hat der H. Gregorius Thavmaturgus, da er unſer lie=
be Frau gelobet/ zu ihr alſo geſprochen: Per te, O beata Deipa-
ra! ſuper ſubſtantialis Trinitas mundo innotuit, durch dich/
O ſeelige Gottesgebaͤhrerin! iſt die uͤberweſentliche
Drey=Einigkeit der Welt kundt worden/ in Erwegung
man durch ſie den in ihrem H. Leib Menſch=wordenen Sohn erken=
net hat/ und vermittelſt deß Sohns die andere zwey Goͤttliche Per=
ſonen; dahero da uns der H. Prophet Iſaias cap. 6. und der Heil.
Joannes Apocal. am 4. den gelobten Herrn mit dem Geheimnus [113] wuͤrdigen
Triſagio, oder dreymal Heiligen/ entweder von denen
Seraphinen/ oder von den H. Thieren vormahlen/ ſo vorſtellen ſie
uns ſelben auf einem hohen Thron ſitzend/ auf welchem die allerſee=
ligſte Mutter GOttes abgebildet iſt/ dann weilen in ihr GOtt ru=
het/ und ſeine Herberg hat/ iſt uns dardurch dieſes allerhoͤchſte Ge=
heimnus geoffenbaret worden.16. Warumb aber ſich GOtt in dieſer Zeit der Gnad fuͤr drey=
fach habe offenbaren wollen/ und nicht in dem alten Teſtament/ er=
innere ich mich noch einer andern denckwuͤrdigen Urſach/ daß nem=
lichen ſelbigesmal eine Zeit der Forcht/ der Dienſtbarkeit/ und der
Straffen geweſen war/ und ſich einen HErꝛn der Heerſchaaren
hat nennen laſſen/ anitzo aber eine Zeit der Lieb/ und Gnad zu der
Barmhertzigkeit verordnet/ und dahero wird GOtt ein Vatter der
Barmhertzigkeit genennet. Aber wer weiß nicht/ daß GOtt ſich
vielmehr der Guͤtigkeit als der Schaͤrpffe gebrauche? Mehr zur
Barmhertzigkeit/ als zur Rach geneigt ſeye? Mehr geliebt/ als ge=
forchten zu werden liebe? Alſo iſt es ſich nicht zu verwundern/ in=
dem man von Strengheit/ und Straffen handlet/ daß er nicht
dreyfach/ ſondern nur einfach erſcheinen will/ damit wir nicht mit
dreyfachen Straffen beladen wuͤrden: Wann man aber von
Barmhertzigkeit/ und Gnaden handlet/ alsdann gibt er ſich drey=
fach zu erkennen/ weilen er will/ daß die Gnaden dreyfach ſeyn ſol=
len/ welchen Gedancken der H. Iſaias angezeigt zu haben ſcheinet/
indem er am 55. Capit. geſprochen: Multus eſt ad ignoſcendum,
er verzeyhet reichlich; als wann er haͤtte ſagen wollen: Zum
Straffen iſt er alleinig/ zum Verzeyhen aber vervielfaͤltiget er
ſich/ damit er Gelegenheit habe/ oͤffters zu verzeyhen. Wer ſihet
dann nicht/ was fuͤr eine ſchoͤne Gelegenheit uns die Geheimnus
der H. Dreyfaltigkeit Verzeyhung zu ſuchen/ und ſelbe zu erhalten
an die Hand gebe? Dann eine Perſon allein allezeit zu uͤberlauffen
nimmet einem das Hertz/ die alte Gnad das andere mal zu erhal=
ten/ da man aber die Perſonen abwechslet/ getrauet man ſich e [114] hender
auf ein Neues anzuhalten/ dahero/ wann wir heutiges
Tags um Verzeyhung beym Vatter anhalten/ lauffen wir mor=
gigen Tags den Sohn an/ und ein andersmal wenden wir uns
zu dem Heiligen Geiſt: Bald bitten wir den Vatter um die Lie=
be ſeines Sohns/ bald den Sohn um die Lieb/ die er zu ſei=
nem Vatter traͤget/ und bald den Heiligen Geiſt um beyder
Liebe willen/ und alſo iſt das Geheimnus der Heiligen Drey=
faltigkeit eine dreyfache Pforten/ durch welche die Goͤttlichen
Gnaden zu uns kommen.17. Es ſage dahero der Heilige Iſaias nicht mehr Verè tu
es Deus abſconditus: Fuͤrwahr du biſt ein verborgener
GOtt! Weilen er genug offenbar worden. Es ſpreche der
Heilige David am 64. Pſalm nicht mehr: Te decet ſilentium
Deus in Sion: GOtt dir gebuͤhtet eine Stelle in Sion!
Weilen er allein will offenbar ſeyn. Harpocrates (das iſt/ der
Abgott deß Stillſchweigens) iſt nicht mehr uͤber den Kirch=Thuͤ=
ren zu ſehen: Man ſage nicht mehr mit dem Koͤniglichen Pro=
pheten am 17. Pſalm. Poſuit Deus tenebras latibulum ſuum,
der HERR ſetzte Finſternis/ ſich zu verbergen. Man
verbiete niemand mehr in das Sanctum Sanctorum oder das
Allerheiligſte zu gehen/ allwo dieſes allerhoͤchſte Geheimnus herr=
lich figurirt geweſen war.18. Der alte Tempel Salomonis war mehr mit Geheim=
nus=wuͤrdigen Sachen/ als mit Regeln der Bau=Kunſt gebauet/
und in drey Theil abgetheilet: Ein Theil wurde das Atrium
oder Vorhof genennet/ in welchen jederman hinein gehen doͤrffte.
Das andere wurde das Sanctum oder das Heilige geheiſſen/ wor=
ein allein die Prieſter gelaſſen wurden/ und das dritte nennete
man das Sanctum Sanctorum das Allerheiligſte/ in welches
allein der hoͤchſte ſeinen Fuß ſetzen dorffte/ und in welchem drey
Grad der Erkanntnus abgebildet waren/ ſo man von GOTT
haben kan. Erſtlich als ein Urheber der Natur/ und als ein Er [115] ſchaffer
und Regierer aller Sachen: Und weilen zu dieſer Er=
kanntnus auch die heydniſche Philoſophi gelangen koͤnnen/ nach
Sag desjenigen/ was der Heilige Paulus zu den Roͤmern c. 1.
verſ. 19. gemeldet. Quod notum eſt Dei, manifeſtum eſt illis,
das von GOTT kuͤndig iſt/ iſt ihnen offenbar. Als iſt er
billich durch das Atrium oder den Vorhof abgebildet/ in welches
alle hinein gehen kunden. Der andere Grad iſt/ denſelben als einen
Wuͤrcker der Miraculen/ als einen Heiligmacher der Seelen/ als
einen Geber deß Geſetzes/ als einen Ausloͤſcher der Schuld/ und
als einen Verſprecher der ewigen Belohnung/ und zu dieſem Grad
haben die Philoſophi mit ihrem natuͤrlichen Liecht nicht gelangen
koͤnnen/ ſondern bloß allein die Juͤdiſchen Prieſter durch die Of=
fenbarungen/ die ihnen GOTT gethan/ und dahero iſt er in dem
Sancto oder im Heiligen vorgeſtellet worden/ allwohin nicht al=
lein hinein zu gehen verlaubet war/ weilen dieſes Ort bloß allein fuͤr
die Prieſter gewidmet war. Der dritte Grad iſt GOTT zu er=
kennen/ als einen Urheber der hypoſtatiſchen Einigkeit/ und al=
ſo einfolglich Dreyfach in der Perſon/ und Einig in der Weſen=
heit/ und dieſe Erkanntnus iſt dem Juͤdiſchen Volck nicht zugelaſ=
ſen geweſen/ ſondern iſt uns Chriſten aufbehalten worden/ und
dahero iſt es in dem Sancto Sanctorum im Allerheiligſten ab=
gebildet geweſen/ allwo der hoͤchſte Pabſt allein/ der eine Figur
CHRISTI/ und deß gantzen Chriſtlichen Volcks iſt/ hinein=
gangen iſt.19. Und eben in dieſem Ort war eine uͤberaus ſchoͤne Figur
der allerheiligſten Dreyfaltigkeit/ nemlichen die Arch des Teſta=
ments/ die drey Sachen in ſich begrieffe (lieget wenig daran ob es
darinnen/ oder herum waren) die Ruthen Aarons/ die Tafeln deß
Geſetzes/ und ein Geſchirr mit Himmel=Brods/ wordurch dieſe
unausſprechliche Geheimnus nicht beſſer haͤtte figurirt werden
koͤnnen: Dann es war nur ein Arch oder Kaſten/ und ſihe ein goͤtt=
liche Eſſenz, die drey Vollkommenheiten in ſich haltet: Die Ru=
ten/ ein Zeichen der Macht/ und ſiehe die Perſon deß Vatters. Die
[116]
Taffeln deß Geſetzes/ die von der goͤttlichen Weisheit dicrirt wor=
den/ und ſiehe den Sohn/ die Weisheit deß Vatters/ und das ſuͤſſe
Himmel Brod/ und ſiehe den Heiligen Geiſt eine lautere Guͤte/
Lieb und Suͤſſigkeit. Deßgleichen iſt zu mercken/ daß/ wann der
hoͤchſte Prieſter in den Tempel hinein gehen wollte/ derſelbe drey
Sachen bey ſich haben muſte: Einen Weyrauch/ oder rauchen=
des Thimiama. Ein Gloͤcklein an dem Saum ſeiner Kleidung/
und Granataͤpffel zwiſchen denen Gloͤcklein/ welche auch wir/
wann wir dieſes hoͤchſte Geheimnus betrachten/ trage
̅
ſollen. Das
rauchende Thimiama iſt der fides inevidens, der unſichtbare
Glaub/ dann wir muͤſſen uns nicht einbilden/ daß wir ſolche hoͤch=
ſte und unausſprechliche Geheimnus klar erkennen und begreif=
fen koͤnnen/ ſondern uns befriedigen/ ſelbe in dem duncklen Rauch
deß Glaubens zu ſehen: Gloͤcklein wegen deß Sohns Lob und
Danck/ ſo wir ihm zu thun ſchuldig ſeynd: Und Granataͤpffel
einer eifrigen Lieb/ damit auch wir das Ternarium unſerer Po-
tenzen zu Ehren der drey Goͤttlichen Perſonen anwenden koͤnnen/
ihnen dem Verſtand mit dem Glauben/ die Gedaͤchtnus mit dem
Lob/ und den Willen mit der Lieb aufopfferend.20. Welche Erkanntnus uns der Heilige Prophet Iſaias
mit dieſen Worten am 55. verſprochen hat: Omnes ſitientes
venite ad aquas: Kommet zum Waſſer alle/ die ihr dur=
ſtig ſeyd; und bald darauf: Venite, emite vinum, & lac,
kommet her/ und kauffet Wein und Milch: Durch welche
Liquores, ſo den Durſt benehmen/ er die Erkanntnus GOttes
verſtehet/ nach welchem unſeren Verſtand ſehr duͤrſtet: Weßwe=
gen dann dieſer Text nach dem Chaldaͤiſchen alſo ausgeleget wird:
Heus omnis, qui vult diſcere veniat, & diſcat: Diſcite abs-
que pretio, & absque pecunia doctrinam meliorem vino,
& lacte: Hoͤret doch/ ein jedermann/ der will lernen/
der komme und lerne: Lernet ohne Koſten und ohne
Geld die Lehre/ welche beſſer iſt/ als Wein und Milch.
[117]
Aber warum vergleichet er ſie anfaͤnglich mit dem Waſſer/ und
nachmals erſt mit dem Wein und Milch? Uns/ meines Ge=
dunckens/ dieſe drey Grad der Erkanntnus zu zeigen/ die wir kurtz
zuvor ausgelegt haben: In dem Waſſer die Erkanntnus deß na=
tuͤrlichen GOTTES; in dem Wein eben die Erkanntnus GOt=
tes ſelbſten als einen Urheber der Gnad: Und in der Milch die
Erkanntnus deß eingefleiſchten Worts/ und der allerheiligſten
Dreyfaltigkeit: Das Waſſer iſt allen Geſchoͤpffen gemein/ ja ſo
gar auch denen unvernuͤnfftigen Thieren: Und die Erkanntnus
GOttes als ein Urheber der Natur iſt auch denen Heyden parti-
cipirt worden/ die ſonſten gleich als unvernuͤnfftige Thier gele=
bet haben: Den Wein hernach aber gibt man nicht denen unver=
nuͤnfftigen Thieren/ verſaget aber auch ſelbigen nicht denen Die=
nern: Und dem Juͤdiſchen Volck/ dem der Geiſt der Dienſtbar=
keit gegeben worden/ iſt uͤberfluͤſſig geben worden die Erkanntnus
GOttes als ein Urheber der Gnad: Die Milch gibt man nie=
mand andern als denen Kindern/ und dieſe Erkanntnus der aller=
heiligſten Dreyfaltigkeit iſt dem Chriſtlichen Volck aufbehalten
worden/ als dem allerliebſten Sohn. Das Waſſer/ ſagen die
Philoſophi, gibt kein eintzige Nahrung/ und die natuͤrliche Er=
kanntnus GOttes iſt von keinem Verdienſt/ weilen man es ver=
mittelſt deß Vernunffts abnimmet/ und man es durch die natuͤr=
liche Kraͤfften erobert. Der Wein gibt zwar eine Nahrung/ aber
ein wenige/ ſo nicht genug iſt einen Menſchen beym Leben zu er=
halten: Und die andere Erkanntnus GOTTES/ weilen es uͤber=
natuͤrlich iſt/ iſt zwar verdienſtlich/ aber nicht genug zum ewi=
gen Heil/ maſſen erfordert wird/ daß man entweder implicitè
oder explicitè an Chriſtum glaube.21. Die Milch gibt die allerbeſte Nahrung/ und iſt allein ge=
nug den Menſchen zu erhalten: Und in dem Glauben der Aller=
heiligſten Dreyfaltigkeit wird begriffen/ was nothwendig zu
glauben iſt/ das ewige Heyl zu erlangen: Dahero das einge=
fleiſchte Wort Joannis am 17. geſaget: Hæc eſt vita æterna,
[118]
ut cognoſcant te Deum, & quem miſiſti JEſum Chriſtum:
Das iſt das ewige Leben/ daß ſie dich den wahren
GOTT allein erkennen/ und den du geſaudt haſt/
JEſum CHriſtum. Fuͤrwahr ein wunderbarliche und koͤſt=
lich Milch/ mehr den jungen und einfaͤltigen Kindern/ als denen
erwachſenen Menſchen proportionirt/ weilen CHriſtus der
HERR zu ſeinem ewigen Vatter ſelbſten Matthaͤi am 11. v. 25.
geſaget: Abſcondiſti hæc â ſapientibus & prudentibus, &
revelaſti ea parvulis, du haß diß vor den Weiſen und
Verſtaͤndigen verborgen/ und den Kleinen offenbahret.
Ein Milch/ darnach die Himmliſche Braut ſo ſehr geduͤrſtet hat/
indem ſie im Hohenlied Salomonis cap. 1. alſo geſungen: Oſcu-
letur me oſculo oris ſui, quia meliora ſunt ubera tua vino,
Er kuͤſſe mich mit dem Kuß ſeines Mundes/ dann deine
Bruͤſte ſind beſſer dann Wein. Durch welchen Kuß ſie
nicht verſtanden hat die hypoſtatiſche Vereinigung allein (dann
dieſe iſt einer ſonderbaren Natur verlaubet worden) ſondern auch
die Lehr/ ſo/ wie das ewige Wort auf die Welt kommen/ lehren ſol=
te: Dahero der Heilige Bernardus ſerm. 2. in Cant. gar wohl
geſprochen: Cujus utique ſermo, cujus & efficax oſculum
mihi eſt: Deſſen Rede mir nemlich ein kraͤfftiger Kuß
iſt. Und das Hebraͤiſche Woͤrtlein/ ſo mit dem oſculetur uͤber=
einſtimmet/ bedeutet nicht allein das Kuͤſſen/ ſondern auch das
Lehren/ dahero im andern Pſalm/ allwo wir leſen/ apprehen-
dite diſciplinam, Nehmet die Zuͤchtigung an/ leſen andere oſcu-
lamini filium, kuͤſſet den Sohn/ das iſt/ den Lehrenden.22. Von dem Mund deß Braͤutigams aber hat der Heilige
Joannes in der Offenbahrung Joannis cap. 13. ein ſchneidendes
Schwerdt hervor gehen geſehen/ wer wuͤrde ſich dann getrauen/
ſich hinzu zu naͤheren/ ſelben zu kuͤſſen? Was fuͤr ein zarte Jung=
frau wuͤrde ſo keck ſeyn/ ſich zu ſeinem Mund zu naͤhern? ſondern
[119]
dieſe vielmehr verlanget von ihrem Liebſten gekuͤſſet zu werden/
welches nichts anders/ als ſein Goͤttliches Wort iſt: Vivus e-
nim eſt ſermo Dei ſagte der Heilige Apoſtel c. 6. verſ. 18. Epheſ.
& efficax, & penetrabilior omni gladio ancipiti &c. Das
Wort GOttes iſt lebendig und kraͤfftig/ und dringet
ſtaͤrcker durch/ denn ein zweyſchneidig Schwerdt:
Alſo iſt das Wort CHriſti zugleich ein Kuß und ein Schwerdt:
Ein Kuß wegen der Freundlichkeit/ und ein Schwerdt wegen der
Efficacia und Krafft/ quia attingit fortiter, & diſponit ſua-
viter, weil es ſtarck eindringet/ und lieblich anordnet Heb. 4. verſ.
12. Ein Kuß wegen der Belohnung/ die es verſpricht/ und ein
Schwerdt/ mit dem es trohet: Ein Kuß/ durch welchen die
Seel mit GOTT vereiniget wird: Ein Schwerdt/ weilen es
von allen erſchaffenen Sachen abgeſondert iſt: Ein Kuß/ weilen
es durch die Lieb zu ſich ziehet: Ein Schwerdt/ weilen es mit ei=
ner Heiligen Forcht beſtaͤttiget: Ein Kuß/ weilen es mit einer
Suͤſſigkeit empfunden wird: Ein Schwerdt/ weilen es ſich in de=
nen aͤuſſerlichen Sinnen nicht aufhaltet/ ſondern zum Hertzen
dringet: Ein Kuß/ weilen es zu Frieden rathet: Ein Schwerdt/
weilen zu der Mortification einladet; mit einem Wort/ ein Kuß
fuͤr diejenigen/ die es beobachten/ und ein Schwerdt fuͤr diejenigen
die ihm nicht gehorchen: Aber/ warum hat dann die Braut dieſen
Kuß ſo hoch verlanget? Worauf geantwortet wird: Quia me-
liora ſunt ubera tua vino, weil deine Bruͤſte beſſer ſind
denn Wein. Weilen die Milch der Erkanntnus der allerhei=
ligſten Dreyfaltigkeit verlanget hat/ ſo beſſer als der Wein iſt/
nemlichen als die alleinige und abſolute Erkanntnus GOttes/
die man/ als wie einen Wein ſammlen kan/ als von Weinreben/
die von ihm gepflantzet worden ſeynd/ von ſeinen Wuͤrckungen/
da man hingegen dieſe Milch nicht anderwaͤrtig/ als von ſeiner
Bruſt empfangen kan.23. Wir haben gemeldet/ daß dieſe drey Grad der Goͤttli [120] lichen
Erkanntnus durch die drey Theil deß Tempels Salomonis
ſeyen vorgebildet worden/ welches vor uns der Heilige Gregorius
Nazianzenus oratione 12. mit dieſen Worten angedeutet hat:
Tota Trinitas in unitate collecta adoranda: Sola in ſancta
ſanctorum penetrans, res autem omnes conditas foris re-
linquens, alias primo velo, alias ſecundo intercluſas, atque
diremptas, primo nimirum cœleſtes, & angelicas, & à
Deitate, altero verò naturam noſtram à cœleſtibus. Die
gantze Heilige Dreyfaltigteit in die Einigkeit verſamm=
let ſoll man anbeten: Sie allein dringet in das Aller=
heiligſte/ laͤſſt aber alle geſchaffne Dinge herauſſen/
einige in dem erſten/ die andern im andern Vorhang
verſchloſſen und entſchieden; im erſten nemlich die himm=
liſchen und Engliſchen von der Gottheit/ im andern
aber unſere Natur von den himmliſchen Dingen.24. Nun will ich einen ſchoͤnen Unterſchied der Liechter hin=
zuſetzen/ ſo unter dieſen Theilen deß Tempels zu finden war/ dann
das Atrium oder der Vorhof/ ſo unbedeckt war/ bekame das
Liecht von der Sonne: Das Sanctum oder Heilige hatte einen
Leuchter mit ſieben Liechtern/ der ſelbiges beleuchtete: Und in das
Sanctum Sanctorum oder Allerheiligſte aber ſchiene kein Sonn
hinein/ und war auch kein Leuchter darinnen zu finden: Wie?
war dann kein Liecht darinnen zu finden? Ich wuͤſte fuͤrwahr
nicht/ was ihm fuͤr ein eigentliches Liecht koͤnte zugeeignet wer=
den/ als vielleicht ein ſolches Liecht/ was gewiſſe Stein gaben/
die der hoͤchſte Prieſter an der Bruſt truge/ aus deſſen Glantz/
wie Joſephus lib. 5. Antiq. Jud. cap. 5. meldet/ man die Goͤtt=
liche Oracula abnahme/ welches alles ſich gar wohl zu unſerem
Vorhaben ſchicket/ worvon wir Meldung gethan: Dann mit
dem natuͤrlichen Liecht kan man den erſten Grad der Goͤttlichen
Erkanntnus erobern: Und ſiehe das Atrium oder den Vorbof
[121]
natuͤrlicher Weis von der Sonnen erleuchtet: Von der Heili=
gen Schrifft hanget der andere Grad der Goͤttlichen Erkannt=
nus/ und ſiehe das andere Ort Sanctum oder das Heilige ge=
nennet/ welches der Leuchter/ ſo von dem Prieſter angezuͤndet
wird/ erleuchtet: Fuͤrwahr ein ſchoͤnes Symbolum deß alten
Geſetzes nach dem Wort des Fuͤrſtens der Apoſtelen deß Hei=
ligen Petri/ der andern Epiſtel am 1. Capitel verſ. 19. alſo ſpricht:
Habemus propheticum ſermonem, cui benefacitis atten-
dentes tanquam lucernæ lucenti in caliginoſo loco. Wir
haben ein feſtes Prophetiſches Wort/ und ihr thut
wohl/ daß ihr darauf acht habt/ als auf ein Liecht/
das in einem tunckeln Ort leuchtet. Die Erkanntnus
der Allerheiligſten Dreyfaltigkeit aber koͤnnen wir von niemand
andern abnehmen/ als von GOTT/ und CHRISTUS un=
ſer Erloͤſer iſt derjenige/ der kommen iſt/ uns ſelbe zu offenbaren/
und ſiehe das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligſte/ daß von
denen Steinen/ die der hoͤchſte Prieſter an der Bruſt traͤget/
erleuchtet wird.25. Weilen wir dann durch die abſonderliche Gnad CHri=
ſti in das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligſte/ ſeynd einge=
fuͤhrt worden/ koͤnnen wir nicht unbillich ſagen/ daß wir mit
dem Heiligen Apoſtel biß in den dritten Himmel ſeynd erhoben
worden: Dieſes iſt Fuͤrwahr wahr/ Was von dem Leuchter
deß Sancti leichtlich eine dunckele Liechte durch den Fuͤrharg in
das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligſte/ hat durchdringen
koͤnnen/ und vielleicht auch von der Sonnen per obliquum
eine Liechte vermittelſt des Fenſters empfangen/ dann in der
Heiligen Schrifft deß Alten Teſtaments wird man an vielen
Orten finden/ daß das Geheimnus der Allerheiligſten Dreyfal=
tigkeit dunckel angezeigt wird.26. In dem erſten Buch Moyſis am 1. Capitel wird ge=
meldet: In principio creavit DEUS cœlum & terram; Im
[122]
Anfang hat GOTT Himmel und Erden geſchaffen.
Woraus abzunehmen iſt/ daß in dem Hebraͤiſchen das Wort
DEUS pluralis iſt/ nemlichen Elohim: Aber wie vereiniget
es ſich dann mit dem ſingulari? Uns dardurch anzuzeigen/ daß in
GOTT ſo wohl Einfaͤltigkeit/ als Vielfaͤltigkeit ſeye: Ein Sin-
gularitaͤt oder Einfaͤltigkeit in der Weſenheit/ und ein Plurali-
taͤt oder Dreyfaltigkeit in der Perſon: Und gleichwie allda der
Nahm Pluralis, und das verbum ſingularis iſt/ alſo findet
man hingegen hernach/ daß das Nomen ſingularis numeri iſt/
und das verbum pluralis in dieſen Worten: Dixit verò DEUS
faciamus hominem ad imaginem, & ſimilitudinem no-
ſtram: GOTT der HERR aber ſprach: Laſſet uns
Menſchen machen/ nach unſerm Bild und Gleichnus;
Uns vielleicht dardurch anzuzeigen/ daß die gantze Vollkom=
menheit der Goͤttlichen Perſonen in der Weſenheit beſtehe/ und
die unendliche Vollkommenheit der Weſenheit denen Perſonen
communicirt und mitgetheilet werde.25. Nit minder hat Paſchaſius der Diaconus libr. 1. Ca-
pit. 5. das Geheimnus der Heiligen Dreyfaltigkeit ob dieſen
Worten abgenommen: In principio creavit DEUS cœlum &
terram, & Spiritus DEI ferebatur ſuper aquas. Im
Anfang hat GOTT Himmel und Erden erſchaffen/
und der Geiſt GOTTES ſchwebete uͤber dem Waſ=
ſer. Alſo ſprechend: Pater auctor aqu a rum principium,
ſuperfuſus aquis Spiritus Sanctus: Der Vatter ein Ur=
heber der Waſſer/ iſt der Anfang/ der uͤber die Waſ=
ſer ausgegoſſen/ iſt der Heilige Geiſt. Und ob dieſen
Worten: Faciamus hominem ad imaginem, & ſimilitudi-
nem noſtram, laſſet uns Menſchen machen nach un=
ſerm Bild und Gleichnis/ nimmet der Heilige Chryſo-
ſtomus das Geheimnus der allerheiligſten Dreyfaltigkeit ab/
[123]
da er lib. 3. de Trinitate alſo ſpricht: Vide, oro, teſti-
monia ſanctæ & conſubſtantialis Trinitatis,
dicit igitur DEUS, & Pater Deo Filio, & DEO
Spiritui Sancto: faciamus hominem ſecundùm
imaginem noſtram, & non dixit, meam & ve-
ſtram, neque meam, & tuam &c. Ey Lieber!
Siehe doch die Zeugniſſen der heiligen und gleich we=
ſentlichen Dreyfaltigkeit; Es ſagt derohalben GOtt/
und der Vatter zu GOTT dem Sohn/ und zu GOtt
dem Heiligen Geiſt/ laſſet uns Menſchen machen/
nach unſerm Bild/ und ſagt nicht: Nach meinem
und eurem/ noch nach meinem und deinem ꝛc. Aber
vielleicht noch klaͤrer iſt dieſes Geheimnus dem Patriar=
chen Abraham gezeiget worden/ der in dem Thal Mambre
3. Engeln geſehen/ und zu denen er doch gleichwolen nur in nu-
mero ſingulari alſo geredet hat: Domine ſi inveni gratiam
in oculis tuis, ne tranſeas ſervum tuum, im erſten Buch
Moyſis am 18. Capitel verſ. 3. HERR! hab ich Gnade
in deinen Augen gefunden/ ſo gehe nicht vor deinem
Knecht uͤber. Aber warum hat er ſich dieſer Weis zu re=
den gebrauchet? Hat er vielleicht nur einen zu beherbergen im
Sinn gehabt? Oder ſeynd ihm vielleicht/ als einem freygebigen
Herrn/ viel fuͤr einem vorkommen? Fuͤrwahr Nein: Er hat wol
erkennet/ daß jenige drey Engeln die drey Goͤttlichen Perſonen
vorbildeten/ Weßwegen er ſie dann angebetet: Loquar ad Do-
minum meum, cum ſim pulvis & cinis, ich will zu mei=
nem HErrn reden/ ob ich gleich Staub und Aſchen
bin. Und wiſſend/ daß die drey Goͤttlichen Perſonen eine
gleiche Weſenheit haben/ und ein einiger GOTT ſeye/ als hat
[124]
er mit ihnen in numero ſingulari geredet/ gleichwie die Heilige
Kirch in ſeinem Reſponſorio ſaget: Tres vidit, & unum a-
doravit, drey hat er geſehen/ und einen angebetet. Es
moͤchte aber einer fragen/ warum dann nur zwey Engeln zu
dem Loth kommen? Worauf mit dem Auguſtino geantwortet
wird/ daß allein zwey abgeſchickte Perſonen ſeyen/ weilen die
erſte/ als die von keiner andern herkommt/ nicht geſchicket wird/
und dieſe Englen ſagten/ daß ſie zu dem Loth geſchicket worden.
Dominus miſit nos, ut perdamus illos, der HERR hat
uns geſandt/ ſie zu verderben. In dem erſten Buch Moy=
ſis am 19. verſ. 13.28. Nicht weniger klar/ wiewohlen nur in bloſſen Worten
iſt eben dieſes allerheiligſte Geheimnus dem Moyſi geoffenbaret
worden/ und abſonderlich in jenigen Geheimnus=vollen Wort
Jehova, worvon GOtt zu Moyſe gemeldet: Nomen meum
Jehova non indicavi eis, meinen Namen Jehova hab
ich ihnen nicht angezeiget. Welcher Nahm von denen Heb=
raͤern fuͤr unausſprechlich gehalten/ und wegen ſeiner Vortreff=
lichkeit Tetragramaton genennet worden: Nemlichen von vier
Buchſtaben. Warumb aber unausſprechlich? Weilen man
ihn vielleicht nicht ausſprechen kunte/ oder vielleicht ſolches zu=
thun nicht erlaubet war? Es wird ſo wohl eine als die andere
Urſach von unterſchiedlichen Authoribus beygebracht. Es ſchei=
net aber ſeltzam zu ſeyn/ daß man dieſen Nam nicht haͤtte ſollen
ausſprechen koͤnnen/ weilen er auch von Moyſe iſt ausgeſpro=
chen worden/ und die Buchſtaben/ von welchen er zuſammen
geſetzet iſt/ keinen eintzigen Widerſtand haben/ daß er nicht
koͤnte ausgeſprochen werden/ daß man dieſen Nam auch nicht
ausſprechen doͤrffte/ iſt nicht glaublich/ weilen man nirgends
in der Heiligen Schrifft finden wird/ daß es verbotten ſeye:
Und weilen es nicht allein verlaubet/ ſondern auch lobwuͤrdig
war mit GOtt zu ſprechen/ als ſcheinet es auch nicht/ daß die [125] ſer
Nahm auszuſprechen/ wenigſten von dem hoͤchſten Prieſter
verbotten/ und da man in dem Gebet begriffen war.29. Es gefaͤllet mir nicht wenig jenes/ was der P. Al-
caſar uͤber die Apocalypſin meldet/ nemlichen/ daß die=
ſes Wort Jehova von vier Buchſtaben zuſammen geſetzet ſeye/
die ein Anfang anderer vier Wort ſeynd/ auf gleiche Weiſe
wie bey denen Roͤmern dieſe vier Buchſtaben S. P. Q. R.
Senatus Populus Que Romanus, der Rath und Roͤ=
miſches Volck.30. Aber/ was ſeynd dieſe fuͤr Wort/ die von vier Buch=
ſtaben angefangen werden! Nach Meldung erſtgedachten
Patris Alcaſars ſeynd es dieſe: Erit, eſt, & fuit, Er
wird ſeyn/ iſt/ und iſt geweſen/ welchen Worten der Hei=
lige Joannes Apocalyp. cap. 1. verſ. 4. mit dieſen
Worten beyſtimmet: Gratia vobis & pax ab eo, qui
eſt, qui erat, & qui venturus eſt: Gnade ſey mit
euch/ und Friede von dem/ der da iſt/ und der da war/
und der da kommen wird/ in welchem das Geheimnus
der Allerheiligſten Dreyeinigkeit vorgebildet wird: Dann
gleichwie in dieſer ein gleiche Weſenheit in den drey Perſonen
iſt/ alſo iſt in jenigem Wort ein alleiniges Wort (Sein) in drey
Tempora unterſchieden/ und gleichwie jenige drey Perſo=
nen aufs genauiſt miteinander verbunden ſeynd/ alſo iſt allda
die particula conjunctiva Et: Aber was fuͤr eine Per=
ſon wird uns in einem indem dieſer Temporum bedeutet?
Deß Vatters jeden Woͤrtlein Erit: Er wird ſeyn. Deß
Sohns in dem Woͤrtlein Eſt: Er iſt/ und deß Heiligen
[126]
Geiſtes in dem Woͤrtlein Fuit: Er iſt geweſen/ nach der
Ordnung der Wort/ und der Goͤttlichen Perſonen: War???
um aber dieſer Unterſchied der Temporum? Seynd dann
nicht alle drey Perſonen ewig ohne Anfang/ und ohne End?
Es iſt zwar dieſes wol wahr ſo eignet man doch ohne Urſach
das Futurum, das Zukuͤnfftige dem Vatter/ das Præ-
ſens, das Gegenwaͤrtige/ dem Sohn/ und das Præteritum,
das Vergangene dem Heiligen Geiſt zu/ vermittelſt welch er
man dem Vatter ſelbſt die Macht/ dem Sohn die Weisheit/
und dem Heiligen Geiſt die Guͤtigkeit zueignet/ damit nemlich
von uns aller Argwohn einer zu widern Unvollkommenheit hin=
weg genommen wuͤrde.32. Dann der Vatter wird durch einen alten Mann vor=
gebildet/ damit du aber nicht glaubeſt/ daß er als ein alter
Mann ſchwach waͤre/ eignet man ihm den Titul eines Maͤch=
tigen zu. Den Sohn bildet man als einen Juͤngling vor/
damit du aber nicht vermeinteſt/ daß er als ein Juͤngliag nicht
weis waͤre/ eignet man ihm die Weisheit zu; und weilen/
wann man von Geiſtern reden hoͤret/ uns eine Forcht ankom=
met/ und nicht glaublich/ daß zwiſchen denen Geiſtern und
Menſchen eine Freundſchafft ſeyn koͤnne/ als wird dem Hei=
ligen Geiſt die Gutthaͤtigkeit und Lieb zugeeignet. Nun aus
gleicher Urſach/ weilen man von dem Vatter nicht argwoͤh=
nen kunte/ daß er nicht geweſen waͤre/ aber vielmehr/ wei=
len er einen Sohn haͤtte/ dieſer ihm ſuccediren oder folgen
ſollte/ als ſaget man von ihm nicht/ daß er geweſen/ ſon=
dern daß er ſeyn wird/ und von dem Sohn hingegen nicht/
[127]
daß er ſeyn wird/ ſondern daß er ſeye: Und von dem Heili=
gen Geiſt/ von welchem man als von der dritten Perſon nicht
argwohnen ſolle/ daß er nach denen andern geweſen. Es
moͤchte aber einer ſagen/ warum hat dann der Heilige Jo=
annes dieſe Ordnung veraͤndert/ und geſaget: Ab eo, qui
eſt, qui erat, & qui venturus eſt, von dem/ der da iſt/
und der da war/ und der da kommen wird? Worauf ich
alſo antworte/ daß/ allwo in dem alten Geſetz GOTT als
ein Vatter iſt erkennt worden/ man von der erſten Perſon
auf eine gewiſſe Weis ſagen kan/ daß ſie mehr als die andere
Perſon erkannt war/ alſo hingegen da GOTT der Sohn
Menſch worden iſt/ iſt er von uns mehr erkannt worden/
und ſeynd wir durch ihn in Erkanntnus der andern Perſonen
kommen/ und dahero iſt in dem alten Geſetz nicht unbillich
von dem Wort Erit, ſo die erſte Perſon/ und in dem neuen
von dem Wort Eſt, ſo die andere Perſon bedeutet/ angefan=
gen worden.33. Es koͤnnten zwar noch mehr Authoritaͤten zu Be=
kraͤfftigung dieſer Warheit/ beygebracht werden/ die wir aber
um der lieben Kuͤrtze willen unterlaſſen/ und den Leſer zu
denen Scholaſticis, die von dieſer Materi weitlaͤufftig han=
dlen/ ſchicken wollen. Es moͤchte aber einer ſagen/ daß
die Offenbarung dieſes hoͤchſten Geheimnus groſſe Verwir=
rung= und Aergernuͤſſen in der Kirchen GOTTES verurſa=
chet habe/ maſſen/ um weilen es der menſchliche Verſtand
nicht faſſen koͤnnen/ viel dieſes Geheimnus verlaugnet ha=
ben/ als da waren Arius und Sabellius, die erbaͤrmli [128] cher
Weis die Heilige Kirch zerriſſen haben/ dahero ver
meinten etliche/ daß es beſſer geweſen waͤre/ dieſes unre
gruͤndliche Geheimnus zu verſchweigen/ als zu offenbaren/
worauf ich aber alſo antworte/ daß keines Weegs ſolches zu
thun geziemend war/ weilen ſolchen falls das Gute von dem
Boͤſen waͤre uͤberwunden worden/ wider die Wort des hei=
ligen Pauli an die Roͤmer am 12. Capitel. Noli vinci
à malo, ſed vince in bono malum: Laß dich das
Boͤſe nicht uͤberwinden/ ſondern uͤberwinde du das
Boͤſe mit Gutem. Und wann dieſes zugelaſſen wuͤrde/ ſo
waͤre es GOTT die Hand bieten/ daß er uns kein eintzige
Gutthat erwieſe/ weilen von allen die Boͤſen durch dero Miß=
brauchung viel Ubles heraus ziehen.34. Fuͤrs andere ſage ich/ daß durch die Offenbarung
dieſes allerheiligſten Geheimnus mehr Gutes/ als Boͤſes ent=
ſprungen ſeye: weilen uns erſtlichen die Menſchwerdung deß
Goͤttlichen Worts ein Urſach vielen Gutes geweſen iſt/ ſo
man ohne offentliche Erkanntnus der Heiligen Dreyfaltig=
keit nicht wohl verſtehen kan: Ferner/ weilen die Offenba=
rung dieſes Geheimnus uns ein groſſe Erkanntnus der goͤtt=
lichen Majeſtaͤt und dero Eigenſchafft verurſachet hat. Drit=
tens iſt unſer Glaub dardurch mehr verdienſtlich worden/ und
vierdtens hat GOTT von denen Ketzereyen ſelbſt einen groſ=
ſen Nutzen heraus zuziehen gewuſt/ dardurch ſeine wahre Die=
ner zu probiren.35. Ich ſchreite noch weiter/ und ſage/ daß dieſes hei=
lige Geheimnus keines Weegs ein Urſach geben zu denen Ke [129] zereyen/
ſondern vielmehr ihr Schuld gemindert habe/ ſie
hat/ ſprich ich/ keine eintzige Urſach zu denen Ketzereyen
geben/ dann wann wird deren Anfang und Urſprung er=
kundigen wollen/ ſo werden wir finden/ daß deren Urſach
nicht die Unwiſſenheit deß Verſtands/ ſondern die Boßheit
deß Willens geweſen ſeye/ nicht die Beſchwehrlichkeit/ die
Geheimnuͤſſen deß Glaubens zu glauben/ ſondern die Leicht=
ſinnigkeit/ und ſich ſeinen eigenen Gemuͤths=Neigungen ge=
fangen zu geben: Wie dann der H. Hieron. gar ſchoͤn geſaget:
Quòd hæreſes ad ſua principia revocaſſe, refu-
taſſe ſit, daß die Ketzereyen aus ihrem Anfang herholen/
ſo viel ſey/ als dieſelben widerlegen. Dann einer hat eine
Ketzerey angefangen aus Ehrgeitz/ weilen er die verlangte
Wuͤrde nicht uͤberkommen hat/ als Arius: Andere aus Neid/
als wie Tertullianus und Novatus: Dieſer aus Eigen=
nutzigkeit/ als wie Lutherus: Jener aus Geilheit/ als
wie die Gnoſtici, und Henricus VIII. Koͤnig in Enge=
land/ die ſich nicht allein wider das Geheimnus der Heiligen
Dreyfaltigkeit/ ſondern auch wider alle andere Articuln deß
Glaubens gewaffnet/ und die groͤſte Thorheiten der Welt
geſchrieben haben. Und ob ſchon das Geheimnus der Heili=
gen Dreyfaltigkeit zu glauben waͤre verordnet worden/ ſo
wuͤrde es doch an Ketzereyen nicht ermanglet haben/ dann
gleichwie die Ketzer dieſes verlaugnet haben/ ſo haͤtten ſie
auch ein gleiches mit einem andern gethan/ alſo kan man
viel ehender ſagen/ daß von dieſem Geheimnus die Schuld
der Ketzereyen vielmehr ſeyen vermindert als verurſachet wor [130] den/
dann ein kleinere Schuld iſt/ ein Geheimnus zu verlaugnen/
das unſern Verſtand uͤbertrifft/ als ein anderes/ das leicht und
klar zu verſtehen iſt.37. Es iſt dahero fuͤr alle ein ſehr groſſe Gutthat geweſen/
ſolches hoͤchſte Geheimnus zu offenbaren/ gegen welchen nicht
allein die Ketzer/ die dieſes Geheimnus verlaugnen/ ſondern auch
die Glaubigen ſich gantz undanckbar erzeigen/ indem ſie mit den
alten Heiden einſtimmend/ und den Ciceronem nachfolgend
ſich nicht ſchaͤmen/ GOtt in numero plurali mit dieſen
Worten zu nennen: Si Diis placet: Diis approbanti-
bus &c. So es den Goͤttern gefaͤllig! Mit Beliebung
der Goͤtter/ mehr der Ciceroniſchen Zierlichkeit/ als dem Chriſt=
lichen Geſetz nachſtrebend.38. Es hatte fuͤrwahr Plato gezeiget/ daß er von der Ei=
nigkeit GOttes mehr gehalten/ da er in ſeiner letzten Epiſtel/ die
er an Dionyſium geſchrieben/ allezeit in ſeinem Brieff mit
dem Namen GOttes in numero ſingulari angefangen/
wann er von warhafften Sachen geſchrieben hat/ wann er aber
den Namen der Goͤtter in plurali geſetzet/ alsdann hat er
Schertz=Sachen geſchrieben: Quoniam ſaget er/ multi
petunt à me, ut ſcribam, quos haud facile eſt a-
pertè repellere, ſeriæ Epiſtolæ initium eſt Deus,
at verò Dii ejus, quæ minus ſeria eſt. Dieweil viel
von mir begehren/ daß ich ſchreiben ſolle/ welche ich nicht
ſo leichtlich und offentlich abweiſen kan/ ſo iſt zu wiſſen/
daß/ wann ich ernſtlich ſchreibe/ ſo mache ich den Anfang
von GOtt; wann ich aber nicht ernſtlich ſchreibe/ ſoͤ ma [131] che
ich den Anfang von den Goͤttern. Und deſſen glaube
ich/ habe ſich Plato zu einem Kennzeichen gebrauchet/ und vor=
deriſt in denen Vorbittſchreiben/ Dionyſio dardurch erkennen
zu geben/ daß/ wiewolen er gezwungen war/ viel zu recom-
mendiren/ er gleichwolen nicht alle von Hertzen recom-
mendiret habe: Damit aber Dionyſius wuͤſte/ welche die
rechten recommendationen waͤren/ hat er ſich vorangereg=
ten Kennzeichens gebrauchet; deſſen ſich noch etliche heutiges
Tags zu bedienen pflegen: Woraus dann Euſebius l. 11. de
præparatione Evangelica pag. 312. und Theodore-
tus in lib. de curandis græcorum affectionibus
ſchluͤſſen/ daß Plato warhafftig geglaubet habe/ daß nur ein ei=
niger GOtt waͤre.38. Es ſollen ſich dahero die Chriſten ſchaͤmen mehr Goͤtter
zu nennen/ weilen dieſer auch heydniſcher Philoſophus nicht
fuͤr gut gehalten hat/ die Goͤtter in numero plurali zu nen=
nen/ wann er von wahr= und ernſthafften Sachen geredet hat/
wie dann etliche der Meynung ſeynd/ daß Plato die Dreyfal=
tigkeit der Perſonen GOttes erkennet habe/ maſſen der Heil.
Aug. l. 3. Confeſſ. c. 6. ſelbſten beſtaͤttiget/ daß er gleich=
ſam das gantze erſte Capitel des H. Joannis biß auf die Worte:
Verbum caro factum eſt, das Wort iſt Fleiſch worden/
in deß Platonis Buͤchern/ aber in unterſchiedlichen Orten
geleſen habe. Es ſeye ihm aber wie ihm wolle/ ſo iſt doch gewiß/
daß man eine Perſon ohne denen andern vollſtaͤndig erkennen
kan/ dann gleichwie man in einem Spiegel den andern der gerad
uͤber ſtehet/ vernimmet/ alſo ſcheinen in einer Perſon die andern/
nach Meldung deßjenigen/ was Joannis am 14 geſchrieben ſte [132] het:
Qui vidit me, videt & patrem meum: Wer
mich ſiehet der ſiehet auch den Vatter.39. Wahr iſt es/ daß alle andere Sachen in dem Spiegel
der goͤttlichen Weſenheit deßgleichen ſcheinen/ aber auf ein ande=
re Weis von derjenigen/ die ſie in ſich ſelbſten ſeynd/ dann ſie
ſeynd ſelbſten materialiſch und zerbrechlich/ in der goͤttlichen We=
ſenheit aber haben ſie ein immaterialiſch und unveraͤnderliches
Weſen/ derjenigen Weſenheit gleich/ die die Bildnuͤſſen deß Spie=
gels haben/ nach Meldung derjenigen Wort/ ſo Joan. 1. v. 4. zu
leſen ſeynd: Quod factum eſt, in ipſo vita erat: Was
gemacht iſt: In ihm war das Leben. Das iſt/ es hat in ihm
ſchon dasjenige gelebet/ was hernach worden iſt.40. Deßgleichen koͤnnen die erſchaffene Sachen ein Spie=
gel der goͤttlichen Weſenheit genennet werden: Quia inviſi-
bilia Dei per ea, quæ facta ſunt, intellecta conſpi-
ciuntur; dann was unſichtbar an ihm iſt/ das wird/ von Er=
ſchaffung der Welt her/ durch die erſchaffene Dinge erkannt und
angeſchauet. Roͤm. 1. v. 20. Sie koͤnnen uns aber nicht/ wie wir
geſagt haben/ die Heil. Dreyfaltigkeit vorſtellen/ wiewohlen ſie
uns Gleichnuͤſſen geben/ deren wir uns zu gebrauchen pflegen/
ſelbe zu verſtehen: Wir wollen dahero dieſes allerheiligſte Ge=
heimnus der H. Dreyfaltigkeit ſteiff auf der Erden glauben/ und
ſelbe inbruͤnſtig lieben/ damit wir deren Allmacht dieſelbe im
Himmel klar ſehen/ und genieſſen moͤgen.
AMEN.
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