Transkription

Frauenzimmer Gesprechspiele, so bey Ehr- und Tugendliebenden Gesellschaften ... beliebet und geübet werden mögen : Benebens einer Zugabe bestehend in XXV Fragen aus der Naturkündigung und Tugend- oder Sittenlehre
Harsdoerffer, Georg Philipp
[Inhaltsverzeichnis]
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Geſpraechſpiele Achter und Letzter Theil: in welchem die ſpielartige Verſtanduebung vollſtaendig behandelt wird: Benebens einer Zugabe beſtehend in XXV Fragen. aus der Naturkuendigung und Tugend=oder Sittenlehre/ gefertigt durch Ein Mitglied der Hochloeblichen Fruchtbringen= den Geſellſchaft. Nuernberg/ Gedrukkt ben Wolfgang Endeern/ Im Jahr 1649.
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Dem Durchleuchtigen/ Hochgebornen Fuerſten und Herrn/ Herrn CHRISTIAN Fuerſten zu Anhalt/ Graven zu Aſcanien und Ballenſtat/ Herrn zu Zerbſt und Bernburg/ etc. unter der Hochloeblichen Fruchtbringen= den Geſellſchaft Dem Unveraenderlichen Seinem gnaedigen Fuerſten und Herrn.
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Zuſchrift.
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UNter denen Stukken/ welche die Menſchen von de??? Thieren unterſcheiden/ ſind vornemlich/ der Ve??? ſtand und die Rede: In andern Sachen/ Eſſe??? Trinken/ Schlaffen/ Angedenken/ und was zu E??? haltung des Weſens nohtwendig/ ſind ſie einander faſt zu vergle??? chen; in dem Verſtaendniß aber/ dem Kennzeichen der unſterbliche??? Seele/ dem Spiegel der Goettlichen Allwiſſenheit/ dem Werkzeug??? Himmliſcher Betrachtungen/ ſind wir Menſchen den unvernuen??? tigen und dummen Thieren ſo weit ueberlegen/ als unſre deutlich??? Reden ihren brummenden und unvernemlichen Geplerr vorzu??? ziehen.
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Wie man nun zu behuff der bloeden Augen kuenſtlich=geſchliffne Brillenglaeſer/ und den ſchwachen Ohren zu helffen beſondre Roeh= ren gebrauchet; alſo haben auch die innerliche Sinne gewiſſe Werkzeuge/ welche zu ihrer vollſtaendigen Richtigkeit moeglichſte Befoerderung leiſten/ und daher ſind ſo mancherley Lehrarten erfun= den worden/ der bloeden Jugend Unverſtand mit vielen Wiſſen= ſchaften zu beſchoenen maſſen Plato und andre die Unwiſſenheit fuer eine innerliche Ungeſtalte gehalten haben/ und ſolche zu ſchmukken und zu ſchminken emſigſt bemuehet geweſen.Unter vielen Lehrarten iſt fuer die nutzlichſte und anſtaendigſte erachtet worden die jenige/ welche in Geſpraechen beſtehet: Weil der Verſtand dardurch alles Zwangs fuergeſchriebener Lehren entbun= den/ ſich in ſeiner eingeſchaffnen Freyheit befindet nachzuſinnen/ ſei= ne Gedanken zu eroeffnen/ fuer weſendes zu betrachten/ und gleich [ID00014] ſam zu einem Richter aufgeworffen wird/ der unterredenden Mei= nungen zu entſcheiden/ eines oder des andern angehoerten Urſachen beyzufallen/ oder die daraus entſtandene Zweiffel/ aus uns ange= borner Begierde zu lernen/ beyzubringen/ und zu eroertern. Ich will nicht ſagen von der Lieblichkeit der Stimme/ den hoeflichen Geber= den/ den Verwendungen der Augen/ den Bewegungen der Lippen/ der Behandlung der Haende/ etc. Welches alles ſo viel lebendiger be= redet/ als der tode Buchſtaben/ ſondern daß der vielfaeltige Nutzen der Geſpraeche in allen Wiſſenſchaften daher abzunehmen/ weil ſol= che von den aelteſten und auch von den neuſten Scribenten beharrlich gebrauchet worden/ wie zu ſehen in Platone, Luciano, Xenophonte, Cı- cerone, &c. Bembo, Speron Speroni, Taſſo, Eraſmo, Bargagali, Guazzo aux Conferences de Paris, &c. und vielen andern.Dieſem haben wir den Fuß/ wiewol mit gantz ungleichen Schrit [ID00015] ten/ doch wolmeinend nachgeſetzet/ und zu Verſtand=und Red= uebung/ welches beedes den Menſchen allein eigenthumlich angehoe= ret/ wie geſagt/ dreyhundert Geſpraeche Spielweis verfaſſet/ und nach dem Gebrauch der Italiaener/ Frantzoſen und Spanier in acht Theile gerichtet/ mit unſren Erfindungen vermehret/ und nun/ durch Verleihung Gottlicher Gnaden/ hiermit zu Ende gebracht/ und iedesmals mit abſonderlichen angefuegten Werklein beſchloſſen.Weil aber E. Fuerſtl. Gn. dieſe geringe Arbeit gnaedigſt beliebet/ mich zu deroſelben Fortſetzung ermahnet/ und ihre hohe Gewogen= heit mir auf viel Wege bezeuget/ habe/ zu Beglauben ſchuldiger Dankwilligkeit/ E. Fuerſtl. Gnaden/ ich derſelben dieſen letzten und vollſtaendigſten Theil zuzueignen nicht unterlaſſen ſollen. E. F. Gn. geruhen die Schwelle dieſes Werks/ mit dero hohem Namen/ gnaedigſt zu verehren/ und geſchehen zu laſſen/ daß an deroſelben un [ID00016] veraenderlichen Cypreſſbaum die buntſpielenden Boenlein ſich auf= ſchlingen/ und ihre geringe Frucht unter ſo hohem Schatten= thron erheben moegen. Der guetige und getreue GOTT erhalte E. F. Gn. und deroſelben Angehoerige bey allem Fuerſtlichem Wol= ergehen/ zu deſſen vaetterlicher Beſchirmung befihlet ſichE. F. G.in UnterthaenigkeitDienſtſchuldigſter KnechtG. P. H.Der Spielende.
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Uber den Unveraenderlichen Cypreſzbaum.
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DEr Trauerbaum Cypreß bleibt ſtetig weiſſlich gruen/ weil ſein erhitzter Saft gleicht oehl und Terpentin/ oeeßwegen er der Kaelt’ im Winter widerſtehet; und ſeinen zarten Aſt faſt Flammenweis erhoehet.
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So grunt und gruenet ſtets/ der Unveraendert heiſt: das Fried=und Freudenoehl bekraeftet ſeinen Geiſt/ daß er gleich einer Flamm ſich an den Himmel ſchwinget/ und auch zu Zeit der Noht viel Tugendfruechte bringet. Als dort des Krieges Brand ſein Schloß hatt’ angefeurt/ das alte Berenburg/ und niemand nicht geſteurt der hochgeſtiegnen Flamm/ hat er mit Job/ dem Frommen/ geſagt: GOTT/ der es giebt/ der hat es auch genommen/ ſein heilighoher Nam ſey ewig hehrgepreiſt/ der uns zu dieſer Zeit der Suenden Straffe weiſt; Ich weiß/ daß alles komt von meines GOttes Willen/ der mich auch nach dem Leid mit Freuden kan erfuellen.
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Wer nun in ſolchem Fall gantz unveraendert bleibt/ hat dieſes Namens Ruhm. Der Geiſt des Troſtes treibt die Hoffnung in Gedult/ darvon * der Fuerſt geſchrieben/(* Von Be= harrlichkeit d’ Auserwehlte ̅ .) und mit ſtandhafter That erwieſen/ daß Gott lieben uns ſtaerk’ in der Gefahr. Ein rechter Chriſtian/ ein rechter Fuerſtenſinn/ der ſich nicht aendern kan; gleichwie der Leichcypreß. GOTT woll ihn lang erhalten/ und ſelbſt nach ſeinem Wunſch vergnueget laſſen alten!
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Folgen Etliche Ehrgedichte vornemer Herren und Freunde.
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I. Auf den VIII. Theil der guldnen Geſpraechſpiele.
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ES hat die Alte Welt gebaut nur Sieben Wunder/ Daran viel tauſend Mann viel lange Jahr gemacht: Hier iſt das Achte Buch ſchon derer/ die ietzunder Vor Wunder Teutſcher Welt ein ieder Kluger acht/ Vom Spielenden allein in wenig Zeit geſchrieben! All jener Mueh’ und Pracht fraß die Vergaenglichkeit
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In mehr als kurtzer Friſt/ die/ die kan nichts betrueben/ Ihr/ und Ihrs Meiſters Ruhm waert mit der Zeiten Zeit.(Wien den 3. Jenner 1649.) Dem Herrn Spielenden zur Bezeu= gung dienſtgieriger Gewogenheit beygeſetzet von demUngluekkſeeligen.

II.
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OB Mars den Degen zukkt/ mit Brand und Eiſen raſet/ Das Feld mit Eiſenhut/ und Schwertelkraut begraſet/ Und Teutſchland machet wueſt: noch blueet ſeine Sprach Ihr Wachsthum/ Pracht und Ruhm/ gibt keiner fremden nach. Es hat der feſte Fleiß/ das Suchen und Nachſinnen/ Das unverdroſſene Thun/ das růſtige Beginnen/ Sie wachſend ſchon gemacht/ die vielgekoernte Frucht Ward zur Genoſſenheit vergeblich nicht geſucht.
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Die Sprach iſt nun ergaentzt/ befreyt von ihrem Schaume/ Gekroent mit reicher Bluet/ erhoben auch im Traume/ Durch Ubungsnutz gemehrt/ Ihr hocherhabner Schein Spielt ſich in manches Buch/ mit ſchoenen Worten ein. Diß letzte/ Edler Herr/ iſt Euer klugen Sinnen/ Ein kluges Meiſterſtukk. Itzt/ da die Pierinnen Das Degenſpiel verjagt/ da Mars mit teutſcher Erd Faſt gar den Garaus ſpielt/ laeſt blinken Spies und Schwert/ Nehmt Ihr den Spielſtab her/ zu Spielgelarten Haenden Und koennt ein ſolches Spiel erſinnen und vollenden/ Das alle Welt ergetzt. Wo Teutſchland reden kan/ Darzu weiſt Euer Fleiß die langgewuenſchte Bahn. Und das iſt nicht genug. Ihr trichtert auch der Jugend Die teutſche Reimkunſt in: die Spiele ſind voll Tugend. Ein neuen Spielaufzug/ der Arten mancherley/ Laſſt ſchauen auf dem Platz/ und bringt das End herbey.
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O Adel/ deſſen Witz gebunden nur in Leder! O Buch/ aus welchem redt ein Adeliche Feder! So legt das gute Buch ſich bey dem Degen hin/ So ziert Verſtand den Stand/ O hocherleuchter Sinn. Spielt fort/ Herr Spielender/ die Bonen werden riechen/ Und Euers Ruhmes Ruch ſoll alle Welt durchkriechen. Nachdem Ihr ausgeſpielt/ thut Euren Schauplatz auf Und weiſt uns Eure Witz in wolgebahntem Lauf. Fahrt fort/ im Fall nach uns noch eine Welt wird werden/ Sol Eures Lobes Ruff verewigt ſeyn auf Erden. Mit dieſer Hoffnung ſich/ Herr/ Euch zu Ehren ſpeiſt Eur Dienſtergebner Knecht/ ſo lang er iſt und heiſt.Zu Dienſtſchuldigem Gefallen aus treu=teutſchem Hertzen ſendet dieſes aus Lueneburg am 2. Tage des Auguſtmonds im 1648. Jahr.Joachimus Pipenburg.
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III.
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WIr haben unſern Mund der Barbarey entwendet/ Dich Teutſchland habe ̅ wir nun endlich zahm gemacht Verwundre dich Natur/ die gantze Welt verpfaendet Jetzt ihre Wiſſenſchaft der rauhen Mitternacht. Der rauhen Mitternacht/ ſo weit die Teutſchen Graentzen Sich um den Belt beziehn. Der Cimber weiß ich viel/ Und trotzet Rom hinweg. Bey allen Schaeferdaentzen Verſucht man nach der Luſt ein redend Meiſterſpiel. Trotz Sparta/ Trotz Athen/ Trotz/ daß ihr was gewonnen/ Trotz Rom/ Paris/ Madrit/ Trotz/ daß ihr etwas wiſſt/ Dem meine Teutſchen nicht ſeithero nachgeſonnen/ Trotz/ daß euch mehr als uns bekant und wiſſend iſt. Hier ſuche dich/ Athen/ du wirſt dich ſehn und finden. Was Frankreich/ Spanien und Welſchland ſchoenes hegt/
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Das darff ſich Nuerenberg zu forſchen unterwinden: Da wird die gantze Welt verkaufft und ausgelegt. Die gantze Wiſſenſchaft/ die allerklůgſten Reden Der Vorwelt werden ietzt den Teutſchen feil gemacht: Harsdoerffer hat ſieuns mit Schertz=und Spielefeden Aus dieſer Unterwelt zum Teutſchen Nutz gebracht. Er bringt noch immer mehr/ und macht ſich an die Sternen/ Und beut den Teutſchen nur nicht gar den Himmel feil. Es muß ihm alle Welt recht Hochteutſch reden lernen/ Da ſucht ietzt Griechenland und Rom ihr Muttertheil. Wolher nun/ Tacitus/ beſchreibenun die Sitten/ Die Teutſchland ueblich hat. Wir haben in der Zucht Und in der Redlichkeit euch Welſchen vorgeſchritten/ Jetzt weiſen wir euch auch der Sprache Nutz und Frucht. Die Teutſchen Gracien ſind euren nachgegangen/ Jetzt gehn ſie ihnen vor/ und ſtimmen lieblich ein:
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Und haette ſich der Krieg nicht bey uns angefangen/ Die Teutſchen ſolten wol der Welſchen Meiſter ſeyn. Dir aber ſchoenes Volk/ du Teutſches Frauenzimmer/ Befehlich dieſes Buch. Wirffdeinen Amadies Zur Cloacinen hin. Denn ietzt gefaellt uns nimmer Das Schand=und Laſterthun/ die Wolluſt aus Paries Es wird dich dieſes mehr/ als tauſend andre/ lehren/ Begehrſt du Wiſſenſchaft? Sie geht dir ſpielend ein: Beredſamkeit? Sie laeſt ſich auch daraus vermehren. Du muſt/ du ſchoenes Volk/ dardurch noch ſchoener ſeyn.Seinem hochgeehrten Herrn Sendete es aus LeipzigCaſpar Ziegle???
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IV.
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1.
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DEr gewuenſchte Tag bricht an Jetzt in dieſen Jammerzeiten Da noch moeglich einer kan Seinen Geiſt und Sinne leiten In die groeſſte Wiſſenſchaft; Obſchon eine Kriegeskraft Iſt mit der Welt behaft.

2.
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Kan der Krieg nicht mueſſig ſeyn/ Weil die Bůcher in dem Lande Brechen ſelbſt ihr Hals und Bein; Mag wol dieſes eine Schande/
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Schand’/ und Schande ſeyn genand! Kluge haben ihre Hand Viel anders angewand.

3.
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Was iſt heßlich und was ſchoen/ Kan die Stimme bald verrahten: Was man machet fůr Getoen/ Solcherley ſind auch die Thaten. Wer kenſch/ ſchoen/ und lieblich ſpricht/ Gibt dem Hoerer gnug Bericht/ Er haſſe Tugend nicht.

4.
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Alſo wer die Feder netzt Und ein leeres Blat bemahlet/ Der hat ie frey aufgeſetzt/ Was aus ſeinem Hertzen ſtrahlet.
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Gute Schriften zeigen an/ Wie ein Kluger einen Mann Von ferne ſehen kan.

5.
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Wer beſchrieben eine Kunſt Und wol wil| der Teutſchen Zungen/ Dem iſt es mit Huld und Gunſt Aller Orten wol gelungen: Spielet er nur auf Papier: Siht man doch gelehrte Zier Zu Nůrenberg und hier!

6.
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Gott ſey unſer Gunſt und Wacht/ In den letzten bittren Tagen/ Der wird wol der Teutſchen Macht Geben manches Kunſtbehagen.
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Iſt ſchon weg das viele Geld/ Und der Maenner Kraft gefaellt: Bleibt doch noch teutſch die Welt!Aus Dienſtfertigem GemueteJohannes Burchardus Strau??? von Gifhorn.
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An den Spielliebenden Leſer.
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NUn hat das Spiel ein End’/ indem ich ausgeſonnen dreyhundert Kunſtgeſpraech’. Hoer/ Leſer/ wer verſpielt? Haſt du nun in dem Spiel/ was dir beliebt/ gewonnen/(Küngreimen.) (dahin auch meine Můh’ in dieſem Spiel gezielt) acht’ ich fuer Spielgewinn/ wann mir die Zeit zerronnen: Weil ich in dieſem Spiel nie hab Verdruß gefuehlt. Es zehlet mancher wol Spuehlflekken in der Sonnen/ der dort/ und in dem Spiel halbůberſichtig ſchielt. Das Gluekk gleicht in dem Spiel eim Weib/ das liebt die Kuehnen und die Verzagten haſſt. Ich hab das Spiel gewagt/ ob mir das Spielergluekk/ moecht ueberſehend dienen. Kein Spiel iſt dem zu hoch/ der ſtehet in der Naehen/ und wagt nichts in das Spiel/ weil er iſt zu verzagt. Spiel du dreyhundert Spiel’/ ohn alles Uberſehen!
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An den Leſer.
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Wer der Kunſt nicht iſt bericht/urtheil von den Uhren nicht.
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Vorrede.
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ES ſind etliche der Meinung/ es ſeye viel beſſer eine Sa=(Zum Zwekk.) che allein kunſtgruendig erkundigen/ als vielen Wiſſen= ſchaf???n zugleich Stuekksweis obliegen. Andre aber wollen von allen Sachen zu reden wiſſen/ und doch keine meiſterlich unterſuchen. Fuer die erſte Meinung ſtreiten folgende Urſachen:(Daß man ſich auf eine Sache bege= ben ſol.) 2. Die Wiſſenſchaften ſind Gueter des Verſtands/ und Schae= tze deß Geiſts. Wie aber die Gluekkſeligkeit des Reichthums nicht in dem Beſitz/ ſondern in rechtmaeſſigem Gebrauch deſſelben beſtehet/ alſo iſt auch nicht genug viel wiſſen/ ſondern man muß ſolche Wiſ [ID00034] ſenſchaft wuerklich zu Nutzen bringen. Dieſes kan der/ welcher einer Sache allein obgelegen/ viel beſſer leiſte ̅ / als ein andrer/ der viel/ aber ( CCLX. §. 34) nichts vollkommen erlernet hat; daher dann eine groſſe Verwirrung in der Gedechtniß entſtehet/ und kan unſer Verſtand unterſchiedli= che Dinge zugleich nicht begreiffen/ wie auch unſer Aug mehr nicht/ als eine Sache eigentlich anſchauen kan.3. Wann man die kurtze Zeit unſers Lebens/ und die Vielheit der Sachen/ in welchen wir zu ſtudiren haben/ bedenken/ ſo haben wir ſchwerlich Zeit einem allein/ darzu uns die Natur gewidmet/ ab= zuwarten. Daher wil der uebertreffliche Engliſche Cantzler Verula= mius/ daß man von jedem Geſchoepfe ein abſonderliches Buch ſchrei= ben ſol/ als von dem Saltz/ von dem Schwefel/ von den Kohlen/ etc. dann/ ſagt er/ in dem wir alles wiſſen wollen/ ſo wiſſen wir nichts [ID00035] vollkommen. Wie ein Fluß/ der unterſchiedliche Armen hat oder ſchlankende Umwege gehet/ niemals ſo geſchwind lauft/ als der ſo gleich gerad fortflieſſet.4. Viel/ welche wider ihre Neigung zu einer Kopfarbeit genoeh= tiget werden (dann mit der Handarbeit hat es eine andre Bewant= niß/) richten mit groſſem Fleiß/ nichts/ oder gar wenig aus: und daher ſagt man/ daß dieſer zu der Poeterey/ jener zu der Mahlerey oder Muſic geboren worden. Wie aber kein Menſch niemals mit allen Gaben zugleich von der Natur verſehen; alſo iſt er auch nur zu ei= ner Sache allein geſchikkt/ und wann er von Jugend auf in ſelber unterrichtet wird/ kan er gewißlich zu hoechſter Trefflichkeit gelange ̅ . Die aber alles zugleich zu wiſſen trachten/ thun wie jener/ der dem Pferdsſchweiff auf einmal wolte ausreiſſen.
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(Daß man ſich auf viel Sachen zu= gleich bege= ben ſol.) 5. Welche aber der Meinung ſind/ daß man viel Sachen zu= gleich/ wo nicht vollkoemlich/ jedoch ſattſam erlernen koenne/ fuehre??? nachgehende Urſachen. Nichts iſt in der Welt/ daß nicht vielfael= tige Nutzen haben ſolte/ ſolche nun mueſſen auch auf vielfaeltige Wei= ſe erkundiget werden. Was iſt aber fuer eine Wiſſenſchaft/ welche nit mit vieler andern Gemeinſchaft verbunde ̅ ? Iſt deßwege ̅ vonnoeh= te ̅ / daßman alle/ nach ordentlicher Lehrart faſſe/ und zu Sin ̅ e bringe.6. Des Menſchen Verſtand iſt ein Feuer/ das von einem Holtz allein nicht lang brennen mag: er iſt ein unſterblicher Geiſt/ der ſich in dieſer hinfallenden Eitelkeit nicht erſaettigen kan/ und gleichſam geſetzet iſt/ die groſſen Wunder Gottes/ und ſich ſelbſten zu erkundi= ( CCXC.) gen. Wer wil dann ſo hohem Vermoegen Einhalt thun/ als der ſol= ches in ſich nicht erkennt. Es iſt auch die Zeit des Lebens nicht zu [ID00037] kurtz/ wann ſie nicht durch unnuetze Arbeit ſchaendlich abgekuertzet/ und der Tod durch unordentliches Leben beſchleuniget wird. Wo= her kommt doch die uns eingeſchaffne Begierd alles zu wiſſen/ wan ̅ man ſich mit einer Sache allein ſol abſpeiſen laſſen; welches nicht allein verdrueſſlich/ ſondern auch wenig vortraeglich ſeyn wuerde: Maſſenkeine Wiſſenſchaft iſt/ ſo alle andre vnter ſich begreifft/ ſondern ſie werden unterſchieden/ vnd nach ihrer Behandlung abge= ſondert.7. Man ſehe an die Wiſſenſchaft vieler Sprachen: Sie iſt erſt= lich den Apoſteln gegeben worden/ zu Ausbreitung des Worts GOttes/ und iſt noch heut zu Tage allen Lehrern und Predigern hochnoehtig. Solte man nun ſagen: Dieſer kan Ebreiſch/ darum kan er nicht Syriſch oder Arabiſch lernen: Dieſer kan Lateiniſch/ dar [ID00038] um kan er nicht Italiaeniſch/ oder Spaniſch lerne ̅ : Im widrigen fol= get vielmehr/ weil er die Haubtſprache redet oder verſtehet/ wird er zu Beſitz der andern ſo viel leichter gelangen koennen. Solche Be= ſchaffenheit hat es auch mit allen Wiſſenſchaften.8. Der Entſcheid dieſer Frage beruhet erſtlich in derſelben ei= (Was Wiſ= ſen ſeye.) gentlichen Verſtand/ und dann in Unterſcheidung der Menſchen Geiſter. Wann durch das Wort Wiſſenſchaft verſtanden wird/ die grundmaeſſige Erkundigung einer Sache/ iſt beſſer alles oder viel/ als eines allein wiſſen. Wan ̅ aber dardurch nur ein Vorgeſchmakk/ und obenhines Lernen verſtanden wird/ ſo iſt beſſer eine Sache allein ( Den An= fangs Buch ſtab.) wol/ als viel uebel wiſſen. Ein Schuß in das Schwartze/ iſt beſſer dann zwantzig/ die weit darvon gehen. Eine Wiſſenſchaft/ ſo die Wahrheit lehret/ iſt beſſer/ als hundert/ ſo von der Wahrheit abfueh [ID00039] ren. Wie man nun allen unnoehtigen Uberfluß vermeiden und den nechſten Weg zu allerhand Belernung angehen moege/ laſſen wir an ſeinem Ort beruhen.9. Ferners/ wie aller Menſchen Geſtalt und Geberden unter=(Unterſchied der Menſche ̅ ) ſchieden; alſo ſind auch ihre Geiſter. Es ſind etliche/ welche ſich mit den wunderſchoenen Angeſichten/ ſo leichtlich alle Hertzen gewin ̅ en/ vergleichen/ und ſolchen ſcheinet auch nichts unmueglich/ ſondern ſie faſſen/ ohne Muehe/ alles was ſie unternemen. Etliche ſind mit= telmaeſſiger Geſtalt/ welche zu dem gemeinen Gebrauch faſt taugli= cher: erlernen viel durch beharrlichen Fleiß/ bleiben aber ſtetig in den Lehrjahren/ und laſſen ſich nie begnuegen mit dem/ was ſie wiſſen. Etliche aber ſind gantz ungeſtalte Geiſter/ welche ſchwerlich ſo faeh= ig/ daß ſie erken ̅ en/ was zu ihrer Erhaltung dienet/ und ſolche mueſſen ſich meiſtentheils/ mit der Handarbeit nehren.
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(Unterſcheid deß Vorha= bens.) 10. Es iſt auch zu betrachten der Zwekk/ welchen ihm einer oder der ander geſtekkt/ und nach ſolchem hat er das Abſehen zu richten. Wer aus Noht/ ſich auf eine Haubtwiſſenſchaft begibt/ muß ſeine ̅ Fleiß anderſt anwenden/ als der/ welcher zum Luſt ſtudiret/ was ihm beliebt/ und begierig iſt von allen fremden Sachen einen Bericht zu haben/ und ſolchen andern mitzutheilen/ wie in dieſem und vorherge= henden Buechern der Geſpraechſpiele etlichermaſſen zu erſehen.(Eitelkeit der Ehr= ſucht.) 11. Welche nun unter den Leſern erſtbeſagter Spiele darfuer halten/ ſelber Verfaſſer ſuche dardurch beharrlichen Nachruhm/ be= truegen ſich in falſchgefaſſtem Wahn. Er hat die Eitelkeit ſolches Ehrbeginnes ſattſam erlernet/ und weiß wol/ daß in dieſer Sterblich= keit nichts unſterbliches zu erwerben. Wie ſolte ſich der ſchnoede Menſch deſſen ruehmen/ das nicht ſein iſt/ in dem er alles und ſonder [ID00041] lich die Gaben deß Gemuets urſpruenglich von GOtt empfangen. Die Nichtigkeit ſolcher Ehrengedaechtniß beruhet in vielerley Mei= nungen/ und bey denen/ ſo mehrmals am wenigſten wiſſen. Was iſt aber deß Menſchen Namen? ein fluechtiger Laut/ der mit dem leichte ̅ Luft dahinfaehret.12. Wie ſol doch dieſer Schatten die Augen unſers bloeden Ver= ſtands verblenden? was hilfft es unſre Seelen/ ob ſie nach genom ̅ e= nem Abſchied von der Welt/ an derſelben falſchen Ehre Theil habe ̅ / oder nicht? dardurch kan die ewige Hoellenmarter noch erleichtert/ noch die ewige Himmelsfreude vermehret werden. Viel werden in ſolchem Ehrendurſt bezecht/ daß ſie ihres Verſtands nicht maechtig/ und darinnen zu Spotte werden.13. Noch weniger iſt deß Spielenden Vorſatz mit dieſen Spiele ̅ groſſes Gelt zu gewinnen/ weil er gleichſam mit ſich ſelbſten ſpielet/ [ID00042] und ſeinen Luſt mit groſſer Bemuehung erkauffen muß. Wer weiß/ in was Unwuerden zu dieſen Kriegszeiten bishero alle Friedenskuenſt geweſen/ wird leichtlich glauben/ daß mit Buecherſchreiben gar wenig zu verdienen/ und mehr darbey zu verliehren/ als zu gewinnen.(Abſehen der Geſpraech= ſpiele.) 14. Schlueßlich gehet das Abſehen der Geſpraechſpiele auf des Leſers beliebten Nutzen/ in dem ihm aus fremden Sprachen mitge= theilt wird/ was zuvor ihm unwiſſend/ und mit loeblicher Verſtand= uebung zu Werk gebracht werden kan. Jedoch wird niemand zu die= ſen Spielen genoehtiget: wer nicht Luſt darzu hat/ traegt vielleicht zu ſtraeflicher Zeitvertreibung mehr Belieben/ dem wir auch ſo wenig/ als er uns/ einzureden haben.15. In dieſem letzten Theile dikkerwaehnter Spiele iſt wieder ho= let/ was in den vorhergehenden gehandelt worden/ maſſen alles und [ID00043] jedes hierunter ordentlich wiederum beruehret/ und mit mehr neuen Spielen erklaeret/ daß alſo dieſer einige Theil ein kurtzer Begriff al= ler andern/ und ein gnugſamer Unterricht dieſer Geſpraecharten ſeyn kan: Maſſen wir auch ein ordentliches Haubtregiſter ueber alle VIII. Theile zu Ende angefueget/ und verhoffentlich keine Spiel= art/ welche in Geſpraechen beſtehet/ und in Welſchland/ Frank= reich oder Hiſpanien gebraeuchlich/ uebergangen/ ſondern ſelbe mit vie= len neuen Erfindungen vermehret haben. Weil auch die CCC. Spie= le hiemit geendet/ und zu derſelben Vorraht L. froeliche und L. trau= rige Geſchichte in unſren groſſen Schauplaetzen † beſchrieben/ legen(† Amphithe atris.) wir die Feder nieder/ und verhoffen etliche/ wo nicht alle treuteuſche Leſer zu vergnuegen/ derer Gewogenheit wir uns befehlen/ und zu aller angeneme Dienſtleiſtung euſſerſten Vermoegens verbinden.
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Perſonen/ Welche in dieſen Geſpraechſpielen unter= redend eingefuehret werden.
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Veſpaſian/ ein alter verſtaendiger Hofmann.Angelica/ eine adeliche Jungfrau.Reymund/ ein gereiſter Hofjunker.Caſſandra/ eine adeliche Jungfrau.Degenwert/ ein gelehrter Soldat.Julia/ eine kluge Matron.Mehrer Bericht von Verfaſſung dieſes Werkleins iſt zu Ende zu finden.
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Geſpraechſpiele achter und letzter(Cum DEO.) Theil.(CCLXXVI.) Julia/ Reymund/ Angelica/ Degenwert/ Caſſan= dra/ Veſpaſian.
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Julia.
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ES hat mich Herr Reymund mit gegenwaertigen ſechs=(Mit Ehren.) geſchnittnen Glaeſern verehret/ deſſwegen ich nicht unterlaſſen ſollen mit dieſer geringen Mahlzeit meinen dankbaren Wille ̅ nechſt Erbietung aller Ehrgebuehrlichen Erwiederung/ zu bezeugen/ und ihn im Namen der Ge [2] ſellſchaft freundlichſt zu erſuchen/ daß er geruhen wolle derſelben Sinnbilder Verſtaendniß zu erklaeren.2. R. Das Geſchenk iſt noch danckens noch gedenkens werth; und weil ich daſſelbe/ mit Willfahrung beſchehenen Anheiſchens/ beliebet machen ſol/ iſt zu wiſſen/ daß die Sinnbilder alle auf die Urſachen/ den Anfang/ Fort= und Ausgang des Kriegs/ gerichtet ſind.3. J. Als nemlich ein trauriges Denkzeichen unſrer Jammerzeit/ wel= che wir/ bey der Froelichkeit nicht aus den Augen zuſetzen haben.4. R. Das I. Glas zielet auf die Urſachen des Krieges in den drey folgenden Sinnbildern.

1. Rhinocerot oder Naſhorn.
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Der Gerechten Sache Bild Iſt verhuellt mit meinem Schild;
|| [3]
Der ſich mir entgegen ſetzet/ Wird von meinem Grimm verletzet/ Sonſt ruh’ ich im Schutz der Waffen.

2. Der Loew und Hund.
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Mein ſtetsdapfre Heldenmut Stammet von der Ahnen Blut/ Ich ſuch Ehr bey meines gleichen/ Kan auch wol dem Schwachen weichen. Wann ſie mich nur laſſen ſchlaffen.

3. Der Igel.
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Wie das wilde Stachelſchwein/ Stetig pflegt bewehrt zu ſeyn; Alſo wird ſich ſelbſten ſchlagen/ Der die Frommen wil verjagen. Laß ſie/ wilſt du dich nicht ſtraffen.
|| [4]
IPer arma quieſcome haudimpunè laceſſis.repellere fas eſt.
|| [5]
II.Arma arma canenda!Hinc hinc primordia belli!Reboant furialia turmis.
|| [6]
5. V. Eines rechtmaeſſigen Kriegs Urſach iſt die Vertheidigung und Beleidigung/ als in welchem der Gegner gleichſam von der Natur ſelbſten beſchirmet/ nichts ausrichten und ihm ſelbſten Schaden zufuegen wird.6. R. Das II. Glas bildet des Kriegs Anfang.

1. Die Trompeten.
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Taratantara blaſen Alarmen! alarmen! die Waffen erwarmen/ Weh Reich und Armen/ ohn alles Erbarmen!

2. Trommel.
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Es jaget die Haſen Des Truemmelein Schlagen: Die Feigen und Zagen Die Waffen nicht tragen/ entfliehen und klagen.
|| [7]

3. Heerpaucke.
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Mit wuerblendem Raſen Die Kriege beginnen: Soldaten entrinnen/ Viel wenig gewinnen: Weil Mittel zerrinnen.7. D. Und dieſes iſt des Krieges Anfang/ wann nemlich die Soldaten zu werben in die Trompeten geſtoſſen/ und die Trommel geruehret wird/ deu= tend dahin/ daß mit neuen Werbungen ſchwer aufzukommen.8. R. Auf dem III. Glas ıſt

1. Ein bloſer Degen.
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Iſt der Degen Ehren wegen In gerechtem Grimm entbrand/ Thut er Proben/ die zu loben.
|| [8]
III.Juſtâ furibundus in ira.Tenuis, ſed fortiter urget.Superata prudentiaferro.
|| [9]
IV.Scintilla hinc excitat ignem.Securus non tutus eris.Vallum atꝙſepulchra fodenda.
|| [10]

2. Die Picke.
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Auf den Waehlen/ Schantzen/ Pfaelen/ Schuetz’ ich manche Leut und Land: Schwache Waffen/ Nutzen ſchaffen.

3. Der Regimentſtab.
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In den Kriegen/ Schlagen/ Siegen. Weichet alles dem Verſtand. Der vor Jahren/ Viel erfahren.9. V. Dieſe Sinnbilder handlen von Zugehoer des Kriegs/ nemlich den Waffen/ und dem Verſtand ſelbe zu handhaben.10. R. Ferners folget

1. Eine Zuendrute.
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Die Fuenklein werden Flammen/ und brechen endlich aus. Sie lohen hoch zuſammen/ und reiſſen Hauß zu Hauß.
|| [11]
Die Glut war erſtlich klein.

2. Der Schantzkorb.
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Hier liegt der Tod verdecket: Zu nicht erwarter Zeit/ Wird ſelber aufgewekket/ durch faule Sicherheit. Wer kan verſichert ſeyn!

3. Ein Grabſcheid.
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Was ſonſt die Aecker bauen/ in guldner Friedensruh/ Das muß die Erd zerhauen/ und wieder ſcharren zu. Die Graeber ohne Stein.11. D. Dieſe Sinnbilder handlen von deß Kriegs Fortgang; wie es zu= zugehen pflegt.12. R.
|| [12]
V.Haec fulmina terrae.Procul hinc incendia tranſfert.Mortis compendia pendo.
|| [13]
VI.Aut mors, Aut vita decora.In hoc Victoria certa.Siſtat Pax alma trophaea.
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1. Ein groſſes Stuekk.
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Der Menſchen Donnerknallen. Des hellen Blitzes Schein/ der Hagel/ Keule/ Schloſſen/ Von Goettern ſonſt entſproſſen/ nun bey den Helden ſeyn.

2. Der Moerſner.
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Von ferne Haeuſer fallen. Durch unſers Pulvers Macht: Was lange Mueh geheget/ faſt ſonder Muehe erleget/ der Feuermoerſner kracht.

3. Die Muſqueten.
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Der Tod eilet zu uns allen. Durch fluegelſchnelles Bley/ die als Soldaten leben/ Sind der Gefahr ergeben/ und niemals Sorgenfrey.
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13. J. Ich hab jederzeit gehoert/ daß es in dem Kriege alſo zugehe/ und das Schwert bald dieſen/ bald jenen freſſe.14. R. Das VI. Glas handelt von des Krieges Ende.

1. Der Todenkopf und ein Helm mit dem Lorbeerkrantz.
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Es gehe/ wie es will/ die Tugend iſt mein Ziel; Der Krieg der Ehrenbahn/ da ich geſchrieben an: Tod oder ehrlichlich leben.

2. Der Schild.
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Ich trau in aller Noht/ dem HERREN Zebaoth: Er iſt mein Schild und Hort/ Es iſt mein Los und Wort: GOtt wird uns Siege geben.
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3. Die Siegsſeule mit der Feinde Raub.
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Was hilfft ſo lange Zeit/ der Raub und Moerderſtreit? Nach oft erlangtem Sieg/ folgt bald erneuter Krieg: Sieg ſol nach Frieden ſtreben.15. A. Ach daß uns doch endlich ſo oftbeſeufftzte Einigkeit und Ruhe= zeit gedeyete! Es iſt aber leider mehr zu wuenſchen/ als zu hoffen.16. C. Unter vielen andern Urſachen/ acht ich nicht fuer die geringſte die Fahrlaeſſigkeit in dem lieben Gebet/ in dem wir wollen/ GOTT ſoll uns er= hoeren/ und wir hoeren uns ſelbſten nicht/ wann wir mit dem Mun= de reden/ und zugleich vielen fluechtigen Gedan= ken Gehoer geben.
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Degenwert.
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DAs Gebet iſt ein Geſpraech des Menſchen mit GOTT/ welches als der Pfeil unſrer Zungen durch die Wolken dringet.2. C. Das Gebet iſt der Werckzeug aller Heiligkeit.3. R. Das Gebet iſt die Seele unſrer Gedanken.4. A. Das Gebet iſt die Sicherheit unſers Gewiſſens.5. V. Es iſt die Staercke der Schwachen.6. J. Der Zehrpfennig auf dieſer Lebensraiſe.7. D. Es iſt die Zier der Chriſten.8. C. Die Verſehnung der Suenden.9. R. Die Threnenquelle der Bußfertigen.10. A. Die Nahrung der Gottesfurcht.11. V. Die Erleuchtung deß Geiſtes.12. J. Das Gebet iſt die Freude der Traurigkeit.
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13. D. Solcherley Lobnamen des lieben Gebets koenten noch viel beyge= (Drex. in Rhe- tor. coeleſt.) bracht werden: weil aber gantze Buecher von der Eigenſchaft und Wuerckung des Gebets zu leſen/ wil ıch nur dieſes beyſetzen/ daß die Juden das Gebet vor= (Druſ. ad N. T.) und nach Tiſch fuer der vornemſten Erfindung eine/ Moſe zugeſchrieben. Die Art mit ausgeſtrekkten Haenden und Armen zu beten/ iſt ſonders Zweiffel von (2. Moſe 17. Pſal. 47. und 142.) Moſe abgeſehen worden/ und ſagt auch David daher/ er habe ſeine Haende nicht ausgeſtrekkt zu andern Goettern. Es iſt auch ſolche Weiſe zu beten von den Chriſten angenommen worde ̅ / weil dardurch gleichſam ein Creutz einge= bildet wird/ in welchen Zeichen die Chriſten obſiegen ſollen. Wann man aber die Haende zuſammen faltet/ bedeutet es/ daß man ſich gleichſam fuer GOTT (Matth. 22.) gebunden und aller Suenden ſchuldig giebet; wie jener Knecht/ den der Koenig in ewige Gefaengniß werffen laſſen. Es iſt auch die es denckwuerdig/ daß dıe (Hiervon iſt zu leſen Roma Sotterranea del Boſic. f. 633.) Chriſten ???n der erſten Kirchen von Oſtern an/ bis uem Pfingſten mit geneigten Haubt/ ſtehend zu beten pflegten/ in Erinnerung der Auferſtehung unſers Er= loeſers.
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14 C. Hierbey fragt ſichs: Ob man auch in dem Schlaff beten koenne?15. J. Weil zu dem Beten eine hertzbruenſtige Andacht erfordert wird/ iſt dieſe Frage/ ſonder allen Zweiffel mit Nein zu beantworten.16. D. Wir koennen im Gebet unſre Gedanken wachend nicht beyſam ̅ en ???alten/ zu geſchweigen/ daß wir es in dem Schlaff thun ſolten/ da wir derſelben ???icht maechtig.17. A. So wenig ich traumen kan/ was ich will; ſo wenig kan ich in dem Schlaff reden/ oder beten/ was ich will.18. R. Ein Menſch/ der ſeinen Sinn gaentzlich GOTT ergeben/ und mit ???emſelben mehr/ als mit den Menſchen zu reden pflegt/ kan gar wol auch von ???olchem heiligen Geſpraech traumen/ und das/ was ihm anligt/ ſo wol ſchlaf= ???end/ als wachend GOtt vortragen: allermaſſen vermutlich/ der Hoechſte habe ???icht nur mit den H. Propheten im Traum geredet; ſondern ſie auch wideruem ???it ihm/ und uem Erklaerung der Geſichte und Abwendung der angedrohten [20] Straffe eiferigſt angeflehet. Daher ſtehet bey dem Propheten Joel/ daß die (Joel 2/5.) Alten im Newen Teſtament werden Traeume/ und die Juenglinge Ge= ſichter haben/ welche etwas deutlicher und hoeher zu achten/ als ???ene. Ein (1. Koenig. 4/7.) Exempel haben wir an Salomo/ der von GOtt Weiſheit erbetten im Traum.19. V. Der grundguetige GOTT vergnuegt ſich in unſrer Unvollkom= menheit mit dem Willen wann wir in dem Gebet einſchlaffen/ mit dem Vor= ſatz ſelbes fortzuſetzen/ ſo hoeret GOTT auch die Rede unſrer Gedanken/ und nimt ſolchen Willen/ als geſchehen auß Gnaden an. Dem heiligen Geiſt iſt dieſes leicht/ und wie boeſe Leut von geſchehenen Dingen im Schlaff vielmals zu reden pflegen; alſo koennen auch wol die Frommen ihre Andachten ſchlaf= fend vollfuehren.20. J. Wie treffen aber die Glaeſer und das Gebet zuſammen/ von wel= chen beeden bishero iſt Meldung geſchehen.21. A. Die Vergleichung wird faſt ſchwer fallen.22. R. Der Inhalt der Sinnbilder/ welcher auf den Glaeſlein geſchnitte ̅ / [21] hat veranlaſſt von den Urſachen des Kriegs zu gedenken/ und unter ſolche auch die Fahrlaeſſigkeit in dem Gebet zu zehlen. Es ſolte ſich aber noch eine Gleich= niß zwiſchen beeden finden/ wann wir betrachten/ daß wir Menſchen Staub und Aſchen/ welcher durch das Feuer der Auferſtehung gelaeutert/ und durch ???in bruenſtiges Gebet| gleichſam verklaeret/ und den Engeln etlicher maſſen gleich werden/ deren Geiſt durchleuchtiger/ als kein Glas oder Edelgeſtein.23. J. Solcher Geſtalt bringen die Herren und Jungfrauen das beſte Geruecht/ welches iſt ein gutes Geſpraech/ ſelbſt mit ſich und hab ich Urſach die ſchlechte Bewirtung mit der Eile zu entſchuldigen/ maſſen ich ihre Ankunft ſo lang nicht vor gewuſt/ als ſich die Sybaritin auf die Hochzeiten vorberei=(Eſther 2. v. 12.) ???et/ nemlich 12. Monden/ wie die Koenigin Eſther.24. V. Ob zwar etliche Scribenten hiervon Meldung thun/ kan ich doch nich glauben/ daß ſie ein gantzes Jahr ſich auf die Freudenmahle/ Gaſt= ungen und Hochzeiten gezieret haben ſolten. Zu Saeuberung des Leibs haben ſie ſo lange Zeit nicht vonnoehten gehabt/ noch wenig zu ſtoltzer Beklei [22] dung; geſtalt inzwiſchen beedes veraendert/ und veraltet. Geſetzt aber/ de??? were alſo: haetten jede Hochzeitere ein Jahr auf jhre Gaeſte warten ſollen? oder haetten alle Hochzeiten durch das gantze Jahr/ auch ſo lang hernach angeſtellt werden mueſſen?25. C. Vermutlich iſt/ daß ſolches nicht von gemeiner Leute/ ſondern Fuerſten und Herren Hochzeiten zu verſtehen.26. D. Viel vermutlicher aber iſt/ daß nichteben ein Jahr/ ſondern eine unbenamte lange Zeit hierdurch beſchrieben worden.27. A. Es ſolte ſo unthunlich fallen ein gantzes Jahr ueber auf eine Gaſt= ung zurichten/ als ſich ſolche Zeit ueber auf einen Dantz zieren. Wann die Schoenheit von einem ordentlichen Leben/ und guter Koſt entſtehen ſol/ kan man/ in wenig Monat en/ ſowol ab=als zunemen28. R. Vielleicht 2 haben die Sybaritin ſo lang ſtudiret/ was ſie bey der= gleichen Begaengniſſen ſagen ſolten: Weil/ wie gedacht/ das Geſpraech das be= ſte Geruecht.
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29. J. Demſelben ſetze ich bey treuhertzigen guten Willen.30. D. Das beſte Geruecht iſt ein guter Trunck Wein/ der uns auch alhier nicht ermangelt. Der Wein wird ſowol an dem Geruch/ daher vielleicht das Woertlein Geruecht herkommet als an der Farb vnd Geſchmakk erkannt: Ge= ſtalt keine Speiſe ſo gut und wolgeſchmakk iſt/ welche uebel ruechet.31. C. Das Getrank wird eigentlich kein Geruecht genennet; ſo wenig als das Geſpraech/ oder der guenſtige Wille der Gaſtgeberin: ſondern ich halte fuer das beſte Geruecht/ das jenige/ ſo eine ̅ wolſchmekket; maſſen einer gerne ſueß/ der andre gerne ſaur iſſet/ daß alſo die Guete der Koſt/ wie viel andre Sa= ???hen/ in der Menſchen eitlem Wahn beſtehet.32. V. Das beſte Geruecht/ iſt ein gutes Geruecht/ und guten Nachruhm ???aben/ welcher deswegen einer guten Salben verglichen wird/ die ihren Ge=(Spruechw. 13.) ???uch weit ausbreitet/ und auch die entfernte beluſtiget. Schlekkerbiſſlein eſſen/ ???ſt mehrmals der| Geſundheit nachtheilig; durch Tugend und Verſtand Ehr ???nd Lob erwerben/ kan auch unſern Nachkommen nutzen.
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33. A. Wie die Speiſe den Mund/ die bunten Farben das Aug/ alſo vergnueget die Muſic das Gehoer/ und koente auch ſolche fuer das niedlichſte Ge= (Grot. de ve- rıt. Relig. Chriſt. f. 116.) ruecht angegeben werden. Der Menſchen ſchwacher Verſtand/ erhellet ab= ſonderlich auch aus dem/ daß ſie ſich in den geringſten Sachen nicht verglei= ( CCXCI. § 16.) chen koennen: Jeder will es beſſer wiſſen/ und vermeint ſeinen Verſtand/ durch Unterdrukkung andrer Meinung zu erhebe ̅ . Im Ende iſt unſer Wahn Rich= ter/ und das ſchoen/ und gut/ was uns beliebet.34. R. Die Jungfrau erinnert mich an die Reden/ welche dem Sieg= (Octav. Picco- lomini Marggrafen zu Amalſi.) hafften zu Ehren von dreyen adelichen Weibsperſonen zu Siena in Italien gehalten worden. Die erſte hat mit vielen feinen Urſachen behaubtet/ daß ſchoen nicht ſchoen ſey/ ſondern/ daß ſchoen ſey/ was uns wolgefalle. Die zweyte hat folgenden Tags mit dergleichen Rede erhaerten wollen/ daß ſchoen ſey/ was wuerklich ſchoen ſey/ und nicht das/ was dieſem oder jenem beliebe. Dıe dritte aber hat nachgehends dieſen Ausſpruch hoere ̅ laſſen: Daß zwar ſchoen ſey/ was mit wuerklicher Schoenheit begabt/ aber es ſey noch viel ſchoener/ was zugleich uns wolgefalle.
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Caſſandra.
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SOlche Fragen und Aufgaben dienen auch zu den Geſpraech ſpie= len/ welche wir bishero geuebt/ und nun/ nach einer gewiſſen Lehr= art/ wiederholen wollen.2. D. Bevor wir bedeuten Weg antretten/ werden die Geſpraechſpiele gegen andern Spielen zu halten ſeyn/ und zwar gegen Gewinnſuechtigen Kar= ten und Wuerffelſpielen/ in welchen das blinde Gluekk einen beraubet/ den an=(Hiervon ıſt zu leſen die XXVI Erzehlung des groſſen Schanplatzes lehrreicher Geſchichte.) dern beſchenket/ keinen bereichert; ſondern die beſten Freunde mehrmals zu Todfeinde ̅ machet; und eine Mutter iſt ſowol des Geitzes als des Verſchwen= dens. Daher der Alten Sprichwort entſtanden: Ein junger Spieler ein alter Betler. Da hingegen das Geſpraech Lieb=und Freundſchaft/ darzu alle Men= ſchen erſchaffen/ ſtifftet/ und fortpflantzet. In den Gluekksſpielen blendet der Geitz den Verſtand/ in den Geſpraechſpielen wird ſelber eroeffnet.
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3. A. Etliche Spiele werden zugleich durch Kunſt und Gluekk gefuehret als das Lurtſchen/ Primiren und dergleichen/ und ſind eine Ergetzung derer ſo von andern Beſchefftigungen ermuedet; Deßwegen ſie nicht hoch an= zugehen/ daß darbey nicht viel zu verlieren noch zu gewinnen. Solche Spiele ſind ueber Eſſen und bey Gaſtereyen nicht zu gebrauchen/ wie die Geſpraech= ſpiele/ ſo allein in Worten beſtehen/ und zu aller Zeit/ und an allen Orten belie= bet und geuebet werden koennen.4. R. Andre Spiele dienen zu uebungen deß Leibs/ maſſen ſolche nicht ( CCLXXI § 8.) weniger zu der Geſundheit erfoerdert wird/ als der Schlaff und die Nahrung. Solche kan man denen ueberlaſſen/ die zu Verſtanduebung keine Neigung tra= gen. Es haben aber etliche Geſpraechſpiele auch in dem Spatzirengehe ̅ / welches (CLXXXVIII.) die gemachlichſte Leibsuebung iſt/ jhre Zeit und Gelegenheit.5. A. Etliche ſind Kunſtſpiele/ welche dem Gluekk nicht untergeben ſind/ (* Guſtav. Si- lenus zu Ende des Schach= ſpiels.) als das Schachſpiel/ das Zahlkampf * und Dam ̅ ſpiel. Ihre Beluſtıgung er= muedet das Haubt/ ohn allen Nutzen/ deswegen ſie in den Jeſuiter ſchulen [27] verbotten ſind: Da hingegen die Geſpraechſpiele den Verſtand ausſchaerffen/ zu allerhand Belernung dienen/ gute Silben befoerdern/ und uns die anweſen= de Geſellſchaft eigentlich erkennen machen/ dann es heiſt doch: Redeſt du/ ſo ſehe ich dich.6. V. Wann man nun die Geſpraechſpiele gegen das Saeitenſpiel halten wolte/ wuerde auch ſolches in dem freyen Lufft ſchnell verrauſchendes Getoen oftgenennter Spiele beharrlichen Unterrichtung weıt zurukkelaſſen; Wiewol auch die Muſic ein Theil des Geſpraeches ſeyn kan/ wie wir zu unterſchiedliche ̅ mahlen gehoeret haben.(Von andern mehr Spiele ̅ iſt zu leſen die Zugabe deß vierten Theils der Geſpraech= ſpiele.) 7. J. Es werden aber alhier ſolche Spiele verſtanden/ welche allein/ oder doch meinſten Theils in Geſpraechen und Worten beſtehen/ daß daher nicht zu ziehen die Baurenſpiele in den Rokkenſtuben/ welche durch ſchlagen/ lauffen und ſpringen veruebet werden. Noch die Spiele der Kinder/ welche der Rede/ ſo von richtigem Verſtand herruehret/ noch nicht naechtig.8. D. Aber doch haben auch die Kinder etliche Spiele/ welche den Ge [28] ſpraech ſpielen gleichen/ als das ſingen vnd pfeiffe ̅ gegeneinander/ von welchem die Schrift ſagt: Die Kindlein ſitzen an dem Markt/ und ruffen ıhre ̅ (Matth 11. v. 16/17.) Geſellen/ und ſprechen: Wir haben euch gepfiffen/ und ihr woltet nicht dantzen/ wir haben euch geklagt/ vnd ihr woltet nicht wei= nen etc. Zu etlichen Spıelen ſagen die Kinder gewiſſe Wort/ und gebrauchen gewiſſe Geberden darzu/ als angegluetes Holtz/ Saltz/ Rechenpfen ̅ ing und der= gleichen/ welcher Rabaleis gedenket/ und zu erzehlen verdrueſſlich fallen.9. C. Es pflegen auch die Knaben einander gemeine Raehtſel aufzu= geben/ oder etliche Woerter/ welche ſchwer nacheinander auszuſprechen/ oder zu fragen ob die Zahl eines Dıngs grad oder vngrad?10. R. Nichts iſt der Menſchen Verſtand gemaeſſer/ als die Ordnung/ welcher Grund und Weſen in den Zahlen begriffen. Wo die Zeichen der Roe= miſchen und gemeinen Zahlen herkommen/ iſt anderwerts gedacht worden/ (2 Poetiſcher Trichterın der VIII Stund § 7/8/9.) un ̅ ſind die Gelehrte ̅ hierin ̅ en nit einig. Die Zahlen an und fuer ſich ſelbſte ̅ haben keine Krafft/ als: Tauſent iſt eine groſſe/ doch ohnmaechtige Zahl: Tauſent Man ̅ aber kan viel außrichten.
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11. A. In dem Buch der Weiſheit wird auch den Zahlen fuer ſich viel(Cap. 11. v. 22.) zugeſchrieben/ und wird vermeldet/ daß GOtt alles geordnet mit Maß/ Zahl und Gewicht. Es kan aber noch Meſſen noch Abwaegen ohne Zah= len beſchehen/ daß alſo dieſes gantze Weldgebaeu in Zahlen beſtehet/ das iſt in gewiſſer Wunderordnung/ welche ſowol in himmliſchen/ als irdiſchen Ge= ſchoepfen zu beobachten.12. V. Der Zahlen ſind viererley Arten. I. die Zahl der Poeten und Sin= ger/ welche ſo viel durch ihre liebliche Zuſammenſtimmung vermag/ daß die Heyden dem Orpheo/ vermittelſt ſeiner Leyren/ die Aufferwekkung ſeiner Eu= ridice zugeſchrieben/ anderer Sachen zu geſchweigen. Es beglaubet auch die H. Schrift/ daß der Koenig David mit ſeiner Harffen Kunſtklang den boeſen Geiſt vom Saul getrieben; Wiewol etliche Juden ſchreiben/ es ſey nicht der Muſic; ſondern dem Heiligen Namen GOttes/ der auf ſeiner Harffen ge= graben geweſen/ ſolche Wuerkung zuzueignen. II. Diezweyte Zahl iſt na= tuerlich/ und findet ſich in ordenlicher Zu=und Abnehmung/ Hitz/ und [30] Kaelte etc. Wachſthum aller Sachen/ wiewol uns ſolche vielmals unbe= kant. III. Die dritte Zahl beſtehet in des Menſchen Vernunft/ und iſt kein Thier in dieſer Welt ſolche zu faſſen und zu erlernen faehig. IV. Iſt auch ein geheime Zahlart/ auf welchen die Rabbinen ſondere Lehren ſetzen. Insgemein aber iſt die ungleiche/ oder ungerade Zahl hochgeachtet und wird vollkommen/ und maennlich; wie die gerade unvollkommen/ und weiblich ge= nennet. Der Menſch wird in dem ungeraden Monat/ nemlich in dem ſieben= den oder neunte ̅ geboren; in dem ſechſten oder achten bleibt er nicht bey Leben: und daher iſt das drey vnd ſechtzigſte Jahr/ als das neunmal ſiebende/ wie auch alle andere Stuffenjahre/ ſehr gefaehrlich. Die aertzte ordnen die Pillule in vn= (Diſputat hac de re egregiè Illuſtris Sal- maſius.) gleicher Zahl. Dıe aendrungen der Krankheite ̅ begebe ̅ ſich in ungleichen Tage ̅ / vom Anfang der Krankheit zu rechnen und wan ̅ ſich ein ſonderliche aenderung in gleichen Tagen ereignet/ ſo hat die Geneſung keinen Beſtand.13. R. Es wird des Menſchen Verſtand nicht ſonder Urſach mit de ̅ Zahlen verglichen; maſſen keine Zahl ſo groß/ welche nicht ſolte koen ̅ en vermeh [31] ret werden und keiner ſo gelehrt/ daß er nicht ſolte ein mehrers zu lernen habe ̅ . Ich erinnere mich auch unterſchiedlicher Geſpraechſpiele von der Zahlen/ wel= che hieher zu wiederholen/ als man giebt eine Zahl und nennet alles/ was ſelbe(Geſpraech= ſpiele.) begreifft/ * oder theilt die Zahle ̅ unter die Anweſende * oder vervielfaeltigt die Zah=(* VI.) ???en * oder vermeldet/ wie offt unter der groſſen Zahl die minder begriffen * und(* LVII.) dergleichen Spiele mehr/ ſo nach Belieben koennen erfunden werden.(* LIII.) 14. D. Daß die Alten mit den Haenden und an den Fıngern zu zehle ̅ pfle=(* LIX.) ???en/ iſt gewiß/ wie aber/ iſt noch nicht verglichen. Etliche behaubten/ daß die(CLXXVII.) ???ncke Hand die einſchichtigen/ die rechte Hand die doppelten Zahlen bemerket ???abe; was aber unter der Helfft/ ſey zu vorhergehender Zahl gerechnet worde ̅ / ???ndwas ueber die Helfft/ zu nachfolgender/ als: fuer 21/22/23/24/25 haben ſie ???eſetzet 20 fuer 26/27/28/29 haben ſie geſetzet 30. Dieſe Art zu zehle ̅ gebrauche ̅ ???ie Ebreer in jhren Zeitbuechern. Die Veraenderung der Hand mit jhrer Zahl= ???eutung verhaelt ſi???ch alſo.
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Das 0 macht gleichſam die Zahlen uemwenden/ und wie ein Rad mit ſich ſelb= (Die VIII. Stund deß Poetiſchen Trichters. Job. 9. v. 3.) ſten uemlauffe ̅ / und gleichſam wieder anfangen. Was in der rechten Hand 1/ iſt in der lincke ̅ Hand 1000. Dahin hat Job gezielt/ wann er ſagt: Hat Gott luſt mit dem Menſchen zu hadern oder zu rechnen/ ſo kan er jhm auf 1000/ mit der linken nicht 1 an der rechten antworten.15. J. Warzu dienen aber ſolche Handzahlen/ und Buchſtaben?16. R. Zu einer ſtummen Rede/ indem man alle Buchſtaben deuten kan/ und dan ̅ zu einer Bilderſchrift/ einem etwas geheimes zu verſtehen zu ge= ben/ als/ wann ein Mahlersjung unter andern Handriſſen dieſen aus oder in eine Feſtung braechte. Wer wolte mutmaſſen/ daß hierunter eine Schrift verborgen?17. J. Es iſt wol ausgeſonnen. Ich hab auch durch die Rechenkunſt wunderliche Aufgaben und Fragen eroerten hoere ̅ / als: Es iſt eine Stlege ̅ / die hat 100. Stuffen/ auf der erſten ſitzet 1 Taube/ auf der zweyten 2/ auf der dritten 3/ auf der vierten 4/ und ſo fort an. Nun fragt ſichs/ wie viel Tauben in allen auf der Stiegen geſeſſen?
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18. D. Weil die Stuffen von 1 auf 100 gleich/ muß man 100 mit 50 als der Helfft multipliciren/ oder vielfaeltigen/ ſo wird herauskommen 5050. Wann aber die Frage alſo aufgegeben wird/ daß auf der erſten Stuffen oder Staffel 1/ auf der zweyten 2/ auf derdritten 4/ auf der vierten 8 Tauben geſeſ= ſen etc. die Zahl der Tauben wird in allen ſeyn 4 3 2 1 316/970/427/892/693/413/227/181/113/344. das iſt dreymal hun= dert un ̅ ſechzehen tauſentmal tauſentmal tauſentmal tauſentmal tauſent/ neun= hundert und ſiebentzig tauſentmal tauſentmal tauſentmal tauſentmal tauſent/ vierhundert und ſiebenzwantzig tauſentmal tauſentmal tauſentmal tauſent/ achthundert und zwey und neuntzig tauſentmal tauſentmal tauſentmal tau= ſent/ ſechshundert drey und neuntzig tauſentmal tauſentmal tauſent/ vierhun= dert und dreyzehen tauſentmal tauſent/ zweyhundert ſieben und zwantzig tau= ſent/ hundert ein und achtzigmaltauſent/ hundert und dreyzehen tauſent/ drey= hundert vier und viertzig Tauben.19. C. Es iſt keine Stadt ſo groß/ noch kein Land ſo reich/ welches dieſen Tauben allen ein Obdach und Nahrung ſolte verſchaffen koennen.
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20. V. Dieſe Fortſetzung gleichmaeſſiger Zahlen iſt die geringſte und ſolte(Proportionis progreſſio.) mit der ungleichen Zahlſteigerung 1/ 3/ 9/ 18/ 36 etc. viel hoeher lauffen.21. D. Man pflegt auch durch die Rechenkunſt zu errahten/ wie viel ei= ner Geld in dem Beutel hat?22. R. Wann man die Eigenſchaft der Zahlen weiß/ kan man dieſe und alle dergleichen Fragen leichtlich aufloeſen. Die Eigenſchaft der dritten Zahle iſt dieſe/ daß iedesmals in dem multipliciren oder vervielfaeltigen heraus= kommet 3/ oder 6/ oder 9. wann man nun ſagt man ſoll von der unbekanten Zahl 9 wegthun/ ſo bleibt 0/3 oder 6. Geſetzt nun/ es weren 8. Groſchen in dem Beutel/ ich laſſe es mit 3 multipliciren/ ſo werden 24/ von dieſem thut man 2 mal 9/ verbleibt 6. nun frage ich ferner/ ob gerad oder ungerad ueberig? Sagt man mir gerad/ ſo iſt die Zahl 8/ ſagt man ungerad/ ſo iſt die Zahl 7/ dann 6 kan man nicht mehr darvon ziehen.23. J. Ich hab auch hoeren ausrechnen/ welcher unter etlichen verdaech= tigen Perſonen dieſes/ oder jenes entwendet habe?
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24. V. Der Fall verhaelt ſich alſo: Etliche Knechte haben bey einem Rechenmeiſter gedienet/ und hat derſelbe ̅ einer eine ̅ Ducaten geſtolen/ welches ſein guter Freund weiß/ hat aber verſproche ̅ ıhn nit zu vermelde ̅ . Der Rechen= meiſter laeſſt beſagte Knechte fuer ſich kommen/ und ſtellet ſie in eine Ordnung und bittet beſagten Freund/ die Zahl/ nach welcher der Dieb zu ſtehen gekom= men/ zu duppliren/ und 5 darzuzuſetzen und mit 5 multipliciren/ die erſte Zahl wegzuwerffen/ und noch 2 von der letzten Zahl/ ſo wird er wiſſen/ wo der Dieb ſtehet. Zum Exempel geſetzt der Knechte were ̅ 9 und der neunte wer der Dieb. So werden aus zweymal 9/ 18/ und 5 darzu 23. Dieſes mit 5 multiplicirt/ thut 115/ darvon die letzte Zahl 5/ verbleibt 11/ und 2 von 11/ verbleibt 9.25. J. Was iſt aber der Grund dieſer Rechnung?26. V. Solcher beſtehet in der Eigenſchaft der 5 Zahl. Dann jede gerade (Productum) Zahl mit 5 multipliciret/ hat zu der Auskunft * ein 0: Weil ſolche die Helft von 10. jede ungerade Zahl mit 5 multiplicirt/ wird ungerad. Ein anders Exem= pel: Es ſey die ſechſte Zahl des Diebs zu errahten/ 2 mal 6 iſt 12. mit 5 multi [39] plicirt thut 60 un ̅ 5. darzu 65. die letzte Zahl darvon bleibt 6. Iſt aber die Zahl(P. Bettinus in Apiar.) ungerad/ als zuvor 9/ ſo muß man 2 darvonthun.27. A. Unter ſolchen Aufgaben ſcheinet die folgende ſehr ſchwer ſeyn. 41. Perſonen/ Maenner/ Weiber und Kinder verzehren 40. Groſchen/ ein jeder Mann zahlt 4 Groſchen/ eıne jede Frau 3/ und jedes Kind 4 Kreutzer. Nun fragt ſichs: Wie viel der Maenner/ Weiber und Kinder geweſen?28. D. Dieſes iſt gar zu ſchwer. Man pflegt auch zu fragen/ ob man den(Chriſtoph. Clavii Arith- metica Pra- ctica f. 258. Schwenter in der Mathe= matiſchen Er= quikkſtund. Priſſac aux queſtions militaires.) Sand an dem Meer zehle ̅ koen ̅ e? Wie viel Koernlein ein Malter Korn mache ̅ ? Ob mehr Haare/ oder mehr Augen in der Welt? Ob die Menſchen alle auf dem Umbkreiß der Erden ſtehen koennen/ wann ſie von den Toden erwekket werden/ und einem jeden 4. gevierte Schuhe eingeraumet wuerden? Wie viel der Menſchen das Jahr ueber Stein/ oder Staub von den abgenuetzte ̅ Muehl= ſteinen/ mit dem lieben Brod hineineſſen?29. R. Hieher gehoert auch das Spiel von den Wuerffeln/ welch es/ wie das Schach=und Dammſpiel/ mit lebendigen Auge ̅ geſpielet wird. Man ſagt [40] den 12 darzu gewehlten Perſonen/ 6 Jungfrauen und 6 Jungengeſellen die Zahlen der Augen heimlich in das Ohr/ und laeſſet alsdann die dreyzehende un ̅ vierzehende Perſonen/ welche gleichfals von beeden Geſchlechten/ wehlen/ zwey unter den zwoelffen herauszuleſen; Welches nun die wenigſten Augen errahten/ giebt dem Anfaenger und Richter des Spiels ein Pfand. Etliche wollen dergleichen mit der Karten thun/ es muß aber in gar groſſer Geſell= ſchaft beſchehen/ daß jedes ein Blat haben kan.30. J. Es iſt nunmehr genug/ und ueberflueſſig von der Zahlen geredt; Wir erwarten vom H. Veſpaſian ein neues Spiel/ weil ihm der Spielſtab eingehaendiget wird.

Veſpaſian.
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HIerauß koente man Gelegenheit nehmen/ von der Poeterey und Muſic zu reden/ als welche beede in gewiſſen Sylben=und Ton= zahlen beſtehen. Weil aber hiervon bereits Meldung geſchehen/ [41] wenden wir uns zu Fortſetzung der ofternanten Geſpraechſpiele. Frage des= wegen: Was zu denſelben erfodert werde?2. A. Erſtlich wird ein Anfaenger vonnoehten ſeyn/ deſſen Verſtand/ und reines Gehirn Herrn Veſpaſian gleichet. Dann/ obwol ſchwer ſcheinet/ ja ſeltner iſt als der Vogel Phoenix/ etwas in Geſellſchaft anzufangen/ das allen und jeden gefalle/ maſſen ein jeder ſeines Sinnes iſt! So kan doch bey den meinſten und vernuenftigſten in der Geſellſchaft Ehr eingelegt werden/ wann des Anfangs Vortrag zu erfreulichen Nutzen gerichtet wird.3. R. Es ſoll aber nicht allein der Anfaenger der Geſpraechſpiele/ guten Verſtand/ ſondern allerley Sachen Wiſſenſchaft haben/ und weil die Spie= le reyenweis herumgehen/ iſt ſolches von allen/ oder ja den meınſten Spielge= noſſen zu verſtehen indem ſie entweder lehre ̅ / oder zu lernen begierig ſeyn ſollen.4. J. Nechſt dieſem wird auch erfordert eine natuerliche Faehigkeit/ al= les leichtlich zufaſſen/ zu verſtehen und zu beantworten. Mit denen/ welche ſolche Beſchaffenheit nicht haben/ kan man ſich gedulten/ und zudem Anfang [42] mit leichten Spielen/ ueben; Dardurch ſie nach uud nach ſich in die ſchwe= ren werden ſchikken lernen.5. D. Es gehoeren zu dieſen allen gute Sitten/ und hoefliche Geberden/ welche gleichſam ſchoene Brunnen ſind/ aus denen das Waſſer hellen Ver= ſtandes hervorflieſſet. Fuer die Sauer=und Trauerkoepf dienet ſo edle Zeitvertrei= bung gantz nicht/ weil es ihrer Gemuetsneigung entgegen/ und ſich uebel befin= den/ wan ̅ andern wol iſt ja/ vom Guten alle Zeit das Boeſe zu rede ̅ gewont ſind.6. C. Ferners iſt als eine Zugehoer viel beſagter Geſpraeche der Spielſtab; bemerkend den Vhrheber und Gebieter des Spiels/ und wiewol zu Zeiten nur ein neuer hoeltzner Kochloeffel gebraucht wird/ ſo iſt er doch gleichſam ein Koe= niglicher Richterſtab/ der die Fehler nach Verbrechung beſtraffet.7. V. Ich erin ̅ ere mich hierbey/ daß ich von dem Spielſtab ein Geſpraech= ſpiele aufgeben hoeren/ ſolcher Geſtalt: Wir gebrauchten an ſtat deſſelben einen Kochloeffel (wie erſt gedacht) der nun oben rund iſt/ und einen langen Stihl hat. Hieraus ſtellte man an eine Umfrage: Was doch alles rund were? [43] Wer nun an ſeinem Ort nichts zu benennen wuſte/ war ſchuldig ein Spiel= pfande zu geben.8. C. Dieſes Spiel iſt leicht/ und koente lang getrieben werden: Rund iſt die vollkom ̅ enſte Figur/ und hat den groeſten Begriff. Alle Bewegungen des Himmels beſchehen durch die uemdrehung in eine Rundung/ und des Men= ſchen Gebluet/ ſol auch dergleichen Umlauff haben. Zur Probe/ ſage ich:(Vid. Prime- roſius & Har- vaeus de cir- culatione ſanguinis.) Rund iſt der Tiſch.9. D. Rund iſt das Glas.10. J. Rund iſt der Teller.11. R. Rund iſt das Saltzfaß.12. A. Rund iſt die Schueſſel.13. V. Rund iſt das Weinfaß.14. C. Rund iſt die Paſteten.15. D. Rund iſt die Gabel.16. J. Rund iſt der Apfel.
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17. R. Rund iſt der Baum/ auf welchem er iſt gewachſen.18. A. Rund iſt der Axtſtihl/ welche den Baumen faellet/ uem das Bren ̅ = holtz in die Kuchen zu ſchaffen.19. V. So koente man auch frage ̅ / |von allen Sachen/ welche lang oder (* XIII, 33.) laenglich ſeyn; Wie auch von allen Farben */ und kan man zu ſolchen Spielen/ durch Betrachtung gegenwaertiger Dinge/ leichtlich veranlaſt werden. Was die Alten fuer Geſpraeche ueber Tiſche gefuehret iſt/ hieher nicht zu wiederholen/ (* CIII. CIV) und bey Simſon Raehtſel/ * ſowol als Darii Frage * von dem Staerkſten (* CV. CVI.) Umſtaendigen beygebracht worden. Es ſcheinet das Geſpraech die erſte und aeltſte Lehr art; als in welchem man unterſchiedliche Meinungen anfuehren/ (Plato in So- crat.) Antwort und Gegenantwort anhoeren/ und allen Zweiffel eroertern kan.20. C. Alſo iſt auch ein Geſpraechſpiel/ wenn man man ſein Gutdachten zu einer Sache ſaget?21. D. Ja: So ferne ſelbe Sache etwas erfreuliches betrifft/ und zu= gleich auch nutzen kan. Auf dem Rahthaus/ und dem Markt redet man [45] von wichtigen Geſchaefften; ueber Tiſche ſol man allen Sorgenlaſt abbuer= den/ und die Speiſen gleichſam mit froelichem Geſpraeche wuertzen/ allermaſſen hıerzu die Artzte vermahnen/ und bejahen/ daß eine froeliche Mahlzeit viel beſ= ſer gedeye/ als eine traurige.22. J. Man ſihet auch/ daß die froeliche ̅ Leute beſſer zunehme ̅ '/ als die trauri= gen/ ſo duerr/ und hager zu ſeyn pflegen: Doch trifft e ̅ s nicht allezeit ein/ und iſt ein froeliches Gemuet eine Gabe des Hoechſten.23. R. Unſre Geſpaechſpiele ſind von den Italianern * abgeſehen/ wel=(* CXV, 12, 13.) chen auch die Frantzoſen * nachgeahmet/ und iſt ſolche Verſtanduebung auch(La Maiſon des jeux, im- primés à Pa- ris 1643.) an vielen Teutſchen Fuerſtenhoefen/ mit ſondrem Behagen/ eingefuehret wor= den/ es iſt auch keines in fremder Sprache zu leſe ̅ / welches wir nicht angefuehret.

Angelica.
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ICh will von der Geſpraechſpiele Abtheilung fragen/ und von der loeblicher Geſellſchaft deswegen Bericht erbitten.2. R. Die Geſpraechſpiele theilen ſich/ wie faſt alle andre [46] (Comoen. in Panſoph. prodomo.) Sachen * in drey Theile/ in leichte/ ſo kein Nachdencken erheiſche ̅ / in ſchwe= re/ welche in gewiſſe Wiſſenſchaften einlauffen und mittelmaeſſige Spiele/ welche nach Beſchaffenheit der Spielenden/ Theils ſchwer Theils leicht ſind.3. J. Sie koennen auch getheilet werden in Fragen oder Aufgaben und Erzehlungen.4. D. Die Geſpraechſpiele beſtehe ̅ entweder in Worten oder in Wer= (* XLIV. IX.) ken * und Geberden; oder in beeden zugleich.5. C. Die Geſpraechſpiele ſchertzen/ oder lehren/ oder verrichten bee= des/ mit ſonderlicher Art.6. V. Dieſe Abtheilungen ſind einander nicht zuwider/ und werden nicht nur von ihrem Inhalt/ ſondern auch von der Art zu ſpielen benamt: da= (* CCXXXIII. CCXXXIX. CCLXXIII.) her entſtanden die Reyenfragen/ * Reyengemaehle/ * Reyenerzeh= lungen * etc.(* CCLXVII.) 7. A. Wir wollen dann von den leichſten Spielen den Anfang machen/ (* CCXLVIII.) und ſelbe kuertzlich durchgehen.
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8. R. Gleichwie die Kinder alle Belernung von den Buchſtaben begin= nen mueſſen; Alſo mueſſen wir auch von ſelben anfangen. Hiervon were nun eine lange Vorrede zu machen: Von dem Woertlein Buchſtab/ alſo benamt/ dieweil die Staebe von dem Buchbaeume ̅ Anfangs mit gewiſſen Zeiche ̅ / (wel=(Diſquïs. Phi- lolog. Germ. II, 11.) che die Niederlaender Lettern nen ̅ en) bemerket worde ̅ : Von der Alten Teutſchen Schriffte ̅ : Wer die Buchſtaben erfunde ̅ : Von der Drukkerey: * daß die Jude ̅ (* CXCVII.) von der Rechten gege ̅ der Lincken ſchreibe ̅ / weil ſie vom Aufgang gege ̅ Nieder= gang Anfangs gewandert: Ob das Wort Letter Teutſch? Dieſes alles wol=(Cl. Ravius Orthograph: f. 3.) len wir uebergehen/ und die Spiele/ ſo von den Buchſtaben hergenommen wer= den/ anmelden. Das erſte iſt/ wann man die Namensbuchſtaben einer Perſon(Diſquis. Phil- lolog. Germ. VI. 12.) austheilet/ daß zu deroſelben Lob oder Schande/ ein jeder in der Geſellſchaft/ nachdemſelben ein Wort zu ſagen/ ſchuldig wird. Zu mehrerem Verſtand wollen wir ſetzen den Namen der Jungfrau Caſſandra/ und obwol neun Buchſtaben in demſelben zu zehlen/ ſo ſind doch etliche/ als das ſ und a ge= doppelt/ welche fuer einfach zu rechnen/ dergeſtalt daß ich nach dem c ſage/ ſie ſey Chriſtlich.
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9. J. Nach dem a Adelich.10. D. Sittſam.11. C. Weil das a ſchon dar iſt/ ſo nimme ich folgenden Buchſtaben/ und nenne mich Nachbarlich.12. V. Sie iſt Demuetig.13. A. Und Reich.14. R. Weil man das Spiel leicht fuehre ̅ / ſo kan man jeden einen Buch= ſtaben wehlen laſſen; wil man es ſchwerer machen/ ſo muß man Gleichniſſe ſuchen/ welche ſich von ſolchen Buchſtaben anfangen/ deren keiner zweymahl kommen ſol. Alſo ſage ich/ die Jungfrau Caſſandra gleiche einem Camel/ (C) welches ſich zwar willig mit Schertzworten belaſſen/ aber nicht ueberlade ̅ laeſſet.15. J. Ihr Verſtand gleichet einem guten Akker/ der allezeit gute (a) Fruechte bringet.16. D. Ihr Angeſicht gleichet einem Schauplatz/ den man mit Ver= wunderung betrachtet.
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17. C. Ich vergleiche mich einer Nachtigall/ welche in ihrem Keffig/(n) ???ch will ſagen/ mit vielen unverdientem Lob/ umfangen/ ſich froelich erweiſet/ wiewol ich ſonſten eine ſchoene Hand zum Singen/ und eine ſchoene Stimme zum Schreiben hab.18. V. Ich vergleiche die Jungfrau Caſſandra mit einem Dattel=(d) ???aum/ der ſtetig gruenet und bluehet.19. A. Ich vergleiche der Jungfrau Caſſandra Schoenheit mit einem(ra.) Regenbogen/ der mit vielen bunten Farben gezieret iſt; aber kurtze Zeit ge= ???ehen wird.20. R. Alſo kan man die leichte Spiele/ zu mehrerer Beluſtigung/ ſchwerer machen/ indem nemlich nicht nur ein Wort; Sondern ein guter Einfall muß beygebracht werden.21. A. Wie man allerley Fragen nach dem A/ B/ C/ beantworten ſol/ ???ſt gedacht worden zu ander Zeit *(* XXIII.) 22. V. Alſo giebt man auch eine Frage auf/ und laeſſet dieſelbe nach [50] ausgetheilten Buchſtaben beantworten: Es muß aber die Frage von einem (* XXIII, 26 XXIV.) gemeinen Dinge ſeyn/ damit alle viel darvon zu ſagen wiſſen/ als/ von der Lie= be/ vom Wein/ vom Waſſer/ von Tugenden und Laſtern * etc.23. C. Wir haben auch vor dieſem gewieſſe Buchſtaben bedingt/ ſelbe in (* LXIX.) dem Anfang/ oder zu Ende der Woerter zu beobachten *.(* LXVIII.) 24. D. Kein Spiel * iſt/ meines erachtens/ von dem Buchſtaben ſchwe= rer/ als/ wann man in Erzehlung eines kurtzen Gedichts/ einen Buchſtaben auslaſſen muß/ wie dann geſchehen kan ohne das M/ L/ und R. Man findet gantze Predigten/ in welchen dieſer Buchſtaben einer ausgelaſſen.25. J. Dieſes Spiels kan ich mich nicht mehr erinnern. Der Herr laſſe in Erzehlung einer Geſchichte den Buchſtabenm aus/ zu hoeren ob es thunlich.26. D. Unſre Sprache iſt ſo Wortreich/ daß es wol ſeyn kan. Ich will die Geſchichte nennen.

Die Stattuhren.
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Sinnewald ein Graf an eines Hertzogen in Welſchland Hof/ [51] war wegen Verraehterey angeklagt/ und durch des Henckers Hand zu ſterben/ verurtheilt/ ſeine Freunde/ deren viel und in groſſen Ehrenſtellen/ flehenten den Hertzog an/ daß er Sinnebald das Leben ſchenken ſolte. Als ſie aber abſchlaegliche Antwort erhalten/ erkauffen ſie alle Torner und Thuerhueter in der Statt/ daß ſie auf angeſetztem Gerichtstag/ die Vhren etliche Stunde zu rukke gehal= ten. Als nun der Hertzog/ nach der Zeit ſeiner Schlaguhr/ verhofft/ es wuerde die Stund ſeines Tods bereit verfloſſen ſeyn/ hat er verſprochen/ Sinnebald das Leben zu ſchenken/ welches den ̅ ſo bald von ſeinen Freunden in die Gefaengniß gebracht/ und er von ſeinen Banden erloeſet worden.Ich will nicht hoffen/ daß ein m in dieſer Geſchichte gehoeret worden.27. R. Ich will in folgender Erzehlung den Buchſtaben lauslaſſen.

Die ſueſſe Beſtraffung.
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Ein Marggraf benant Briſac hat in Savoyen das Frantzoe [52] ſiſche Heer gefuehret/ und unter andern tapfern Thaten einen ſtar= ken Ort in Montferrat angegriffen. Als nun die Mauren nach und nach durch die Stuekke niedergeworfen wurde/ gebote er/ daß niemand zu ſtuermen anfienge/ es were dann ein gewiſſes Zeichen/ mit der Trompeten/ gegeben. Boiſſy ein tapferer Kriegsmann er= wartet beſagtes Zeichen nicht/ ſondern iſt der erſte auf der Mau= ren/ dem dann andre nachgeſtiegen/ und die Statt erobert. Der Marggraf Briſac nimmt Boiſſy in Verhafft/ und nachdem die meinſten Obriſten fuer ihn gebeten/ wird er nicht nur aus der Ge= faengniß und angedrohter Todesgefahr errettet/ ſondern wegen (Benebens ei= nem Pferd/ und darzuge= hoeriger Aus= ſtaffierung.) ſeiner Ritterthat mit einer Ketten von 200 Kronen wehrt fuer dem gantzen Kriegsheer beſchenket/ mit dieſem Anhang/ daß die Tapferkeit ohne Gehorſam/ zu ſchaenden und zu ſtraffen/ ja ein unbeſonnenes thieriſches Raſen ſey/ das vernuenftigen Menſchen nicht gezieme.
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28. V. Das R ſolte noch ſchwerer auszulaſſen ſeyn Ein Edelman ̅ hatte gegen Liebesluſt die Neapolitaniſche Muentz eingewechſelt: als man nun ſeine Schaede ̅ mit viele ̅ Salbe ̅ un ̅ unflaetige ̅ Tuechlein beleget/ ſagte jema ̅ d mit lachen= de ̅ Munde: dein Feind iſt inwendig/ un ̅ du waffneſt dich auswendig.29. J. Dieſer letzte Buchſtab Riſt gewißlich am ſchwerſten auszulaſſe ̅ .30. A. Das vorbeſagte Spiel von den Buchſtaben/ hab ich noch auf ei= ne andre Weiſe fuehren ſehen/ daß man nemlich den Buchſtaben erſtlich weh= len und dem Anfaenger des Spiels heimlich ſagen mueſſen: in welchem Fall ihrer etliche einen Buchſtaben erkieſet/ und hernach ſo viel mehr Pfand/ durch Wiederholung bereitvorkommener Woerter/ zu reichen ſchuldig worden.31. C. Man giebt auch auf jeden Buchſtaben zwey Woertlein zu ſage ̅ : eines zum Lob/ das ander zur Schande einer gewiſſen Perſon.32. D. Man kan auch von den Endbuchſtaben einer Erzehlung/ eine andre Geſchichte leichtlich anfangen. Und ſolches iſt gleichsfals in aller= hand Denkſpruechen/ Reimen und Spruechwoertern zu Werke zu richten.
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Julia.
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AVs den Buchſtaben fuegen ſich die Sylben/ von welchen nit weniger Spiele zu erſinne ̅ / und zwar koen ̅ en erſt beſagte Sprueche/ Spruechwoerter/ Erzehlungen und Gleichniſſe von der Sylben/ wie vor von den Buchſtaben oder den gantzen Woertern anfan= gen/ mit welcher der erſte ſeine Rede endet.2. D. Mit den Spruechen wollen wir es verſuchen.3. J. Ohne die Demut/ ſind alle Tugenden Laſter.4. D. Laſter wird billich alſo von dem Laſt genennet/ weil die Menſchen dardurch ueberlaſtet/ und gleichſam in die Hoelle ge= drukket werden.5. C. Wer den undankbaren wolthut/ thut ihm ſelbſten uebel; dann ſich gar wenig Feinde mit Gutthaetigkeit bezwingen laſſen.6. V. Laſſen ſich die boeſen mit guten Worten nicht gewinnen! [55] ſo mueſſen ſie den verdienten Straffen weichen; maſſen die Straff der Untugend/ und die Belohnung der Tugenden die Grund= feſten ſind/ aller wolbeſtellten Regimenter.7. A. Erbarmen und Mitleiden haben mit ſeinem arme ̅ Nech= ſten/ iſt des Menſchen Natur viel gemaeſſer/ als ergrimmen/ und gleich einem wilden Thiere raſen.(Senec, Poſt tot ex- antlatos la- bores, tan- dem miſera ſuccurrit co- gitatio, tan- tum in titu- lum ſepulchti laborâſſe.) 8. R. Endlich kommt der Tod/ der von uns nichts ueberig laeſſet/ als etliche Wort auf unſrem Grabſtein/ welche alle Sorg/ Muehe und Arbeit unſers Lebens belohnen ſollen.9. J. Solcher Geſtalt koente man dieſes Spiel noch lang treiben. Es geben auch die Vor=und Nachſylben feine Gedanke ̅ / und kan auf jede viel gebracht werden.10. D. Es ſey die Vorſylben an/ zu dieſer ſol jedes drey Zeitwoerter ſe= tzen/ als: anbauen/ anbiegen/ anbinden.11. C. Anbieten/ anbringen/ anbetteln.
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12. V. Anbilden/ anblaſen/ anbraeunen.13. A. Anbrechen/ anbrůhen/ angedenken.14. R. Andrehen/ andrukken andrauen.15. J. Andingen/ andichten/ anetzen.16. D. Anererben/ anfangen/ anfaſſen.17. C. Anfallen/ anfaerben/ anfalben.18. V. Anfaeſſeln/ anfeinden/ anfeuchten.19. A. Anfliegen/ anflokken/ anfuellen.20. R. Anfreunden/ anfuegen/ anfuehren.(H. Schottel. Sprachkunſt/ Bl. 486) 21. J. Anfahren/ angeben/ angehen und ſind dieſer Woerter noch eine faſt unzahliche Zahl/ welche wir dieſesmals uebergehen/ und uns wenden zu den Nachſylben/ welche auch Haubtendungen genennet werden. Der= ſelben ſind nun 21/ und wollen wir nur eine herauswehlen/ nemlich die Syl= ben bar und gleichsfals etlichen Woertern beyſetzen.22. D. Achtbar/ Dienſtbar/ Ehrbar.
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23. C. Fehlbar/ fruchtbar/ gangbar.24. V. Gaſtbar/ daher unſer Tauffnam Caſpar. Gueltbar/ klagbar.25. A. Kauffbar/ kundbar/ lehenbar.26. R. Mannbar/ mangelbar/ mittelbar.27. J. Nutzbar/ offenbar/ ruchbar. etc.28. D. Hiervon iſt voelliger Bericht zu leſen in des wolverdienten Su=(Am 306. und folgenden Blaettern.) chenden Teutſcher Sprachkunſt.29. J. Unter die Spiele von den Sylben koennen auch die jenige gerech= net werden/ welche aus der Poeterey entſtehen/ welcher Grund in Richtigkeit der wolgeſetzten Sylben beſtehet.30. D. Von den Reimſylben * giebt es ein ſolches Spiel/ daß man aus(* XXV.) ſolchen alle Reimwoerter finde. Es ſey zur Probe/ die Sylbe and/ und wir ſollen alle Reimwoertlein mit einem Verſlein anbringen.31. C. Wie dann?
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32. D. Euch binnt der Tugenddand.33. C. Was nennet man vergannt?34. V. Das Pfand in meiner Hand.35. A. Mir iſt es zuerkant.36. R. Ich liebe dieſes Land.37. J. Wie iſt es dann genannt?38. D. Es heiſt der Pegnitzrand.39. C. Und fuehret Kies und Sand.40. V. Hoert doch den Woerterthand.41. A. Wie/ widerhallt die Wand?42. R. Die Reimwort ſind geſpannt.43. J. Wo bleibt das Woertlein Brand? Solcher Geſtalt kan man mit allen Reimſylben verfahren/ und wan ̅ man ſolche gefunden/ ſo wird der Reimſchluß leichtlich aus der Feder flueſſen.44. V. Weil unſre Sprache wortreicher als keine andre/ ſo muß ſie auch [59] viel Reimwoerter haben/ welche den Vers lieblich und wolklingender mache ̅ .45. R. Nachdem Frantzoeſiſchen koente man auch faſt dergleichen Spıel(Pay on petit corbillon, qu’ y met on?) aufgeben/ mit der Frage: Ich hab ein kleines Koerblein oder wie der Meiſner ſagt/ Koerbigen/ was legt ihr drein?46. J. Den Edlen Stein.47. D. Ein Bluemelein.48. C. Ein Naegelein.49. V. Viel Helffenbein.50. A. Mein Huendelein.51. R. Ich hab ein Koerblein/ legt darein.52. J. Ein Schlueſſelein.53. D. Ein fettes Schwein.54. C. Nicht viel Latein.55. V. Den Augenſchein.56. A. Ein Engelein.
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57. R. Der Korb iſt klein; es kan nicht ſeyn: nichts geht hinein etc. Die= ſes gehoert unter der Kinder Geſpraechſpiele.

Veſpaſian.
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WIe aus den Buchſtaben die Sylben/ alſo werden aus der Syl= ben die Woerter zuſammengefueget. Solche Zuſammenfue= gung wird die Doppelung oder Doplung genennet/ doplen iſt nichts anders als zweyfachen/ oder zweifaeltig machen; Da= her nennet man einen Dopler/ der das Spielgelt oft duplirt/ un ̅ in Gewinn oder Verluſt ueberſetzet. Und das Sprichwort ſagt: wer im fin= ſtern doppelt/ der verleuret die Wuerffel.2. A. Was Doppeltaffet/ und Doppelroſen? Benonien iſt jederman bekant. D. Luther nennet dieſe Woerter verzwillingt.3. R. Ein anders Sprichwort ſagt alſo: Klugheit ohne Nutz/ iſt doppelte Thorheit.
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4. J. Die Suende vertheidigen iſt doppelt ſuendigen.5. D. Bald geben iſt doppelt geben.6. C. Es erarnen ſelten viel Doppelzung und Doppelſpiel.7. V. Wil man nun die Woerter verdopplen/ ſo muß man eines zum Grund ſetzen/ welches ſagt/ was ein Ding iſt; Und das zweyte ſelbem vor= fuegen/ welches bemerket/ wie ein Ding beſchaffen ſey. Zum Exempel ſey e= ben das Wort/ ſo mehrmals fuer eine gantze Rede gebrauchet wird: Dieſem ſollen andre Woerter vorgefueget werden/ als: Affterwort/ Ambtswort/ Andachtswort.8. Angſtwort/ Beichtwort/ Betwort.9. R. Bindwort/ oder Bundswort/ Bittwort/ oder Blau= derwort.10. J. Blendwort/ Bulwort/ Dadelwort.11. D. Dankwort/ Denkwort/ Dienſtwort.
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12. C. Donnerwort/ Doppelwort/ Ehrwort.13. V. Eiferwort/ Endwort/ Fabelwort.14. A. Das Fedwort oder Abſagwort/ Flikkwort/ Fluchwort???15. R. Forſchwort/ Fragwort/ Freudenwort.16. J. Frevelwort/ Fuegwort/ Furchtwort.17. D. Gedultwort/ Gegenwort/ Gnadenwort.18. C. Gedichtwort/ Greuelwort/ Grundwort.19. V Grußwort/ Gunſtwort/ Haderwort.20. A. Haubtwort/ Heilwort/ Hilffwort.21. R. Hofwort/ ſo zu Hof ueblich ſind/ und dem Weywaſſer gleich??? (LaCourtoiſie eſt L’eau be- nite à la cour) mit welchem man die kommenden/ und abſcheidenden beſpruetzet. Jam??? merwort/ Klagwort.22. J. Kraftwort/ Kunſtwort/ Klaffwort.23. D. Laſtwort/ Lehrwort/ Liſtwort.24. C. Lobwort/ Luegenwort/ Luſtwort.
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25. V. Machtwort/ Marterwort/ Mittelwort.26. A. Das Nachwort/ Narrenwort/ Neidwort.27. R. Nohtwort/ Pfundwort/ Plauderwort.28. J. Poetenwort Probwort/ Qualwort.29. C. Rahtwort/ Raehtſelwort/ Reimwort.30. D. Rettwort/ Richterwort/ Schamwort.31. V. Schandwort/ Schattenwort/ Scheidwort.32. A. Scheinwort/ Schertzwort/ Schifferwort.33. R. Schimpfwort/ Schirmwort/ Schraubenwort.34. J. Scheltwort/ Schulwort/ Siegwort.35. C. Spielwort/ Spottwort/ Stammwort.36. D. Straffwort/ Streitwort/ Tauffwort.37. V. Theilwort/ Tittelwort/ Trutzwort/ Wunder/ wort Zahl= ???ort/ Zeitwort etc. und dieſer ſind noch mehr/ welche wir/ wegen belieb= ???r Kuertze/ auslaſſen wollen. Wann wir nun auch das oft gedoppelte Wort ???yfuegig gebrauchen wolle ̅ / ſo kan man ſagen Wortgebet/ Wortdanck/ Vortdienſt ohne Werke.
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38. A. Wortehre/ Worteifer/ Wortfrevel.39. R. Wortgedichte ohne Poetiſchen Inhalt/ Wortklang/ Wortlehr.(Analogiaver- borum.) 40. J. Wortglied/ Wortraehtſel/ Wortrecht.41. C. Wortgepraeng/ Woerterkrieg/ Wortſpiel.42. D. Wortſtraff/ Wortart/ Wortgefecht.43. V. Wortfertig/ Wortfuehrer/ Wortdeuter etc.44. A. Solten wir auch etliche ausgelaſſeu haben?45. V. Sehr viel/ als: Centnerwort/ Vorwort/ Sprichwort??? Schmertzwort/ Hertzwort/ Drauwort/ Nebenwort/ Nenn??? wort/ Beywort/ Stichwort/ Schlußwort/ Seufftzwort/ un??? wer wolte die faſt unzaehliche Menge zuſammenbringen? Aus beſagter Prob??? aber erhellet ſattſam/ wie Wortreich unſre Teutſche Sprache ſey/ und da??? ihr hierinnen keine andre Zunge in allen nachſprechen koenne.(* CLXVII. CXLVI.) 46. R. Hierunter gehoeren die Letterwaechſel/ * wie auch die Wort??? (* CCLXXV.) grifflein *
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47. D. Man koente auch hier rechnen die Beobachtung gewiſſer Woerter ???n den Erzehlungen. *(* LXVI.) 48. J. Solcher Geſtalt dienten auch zu den Spielen von den Woertern ???ie Reyenfragen/ wann man ein Wort benant/ und auf ſolches Wort eine ge= ???iſſe Frage verabfaſſet.48. J. Die Frau ſage das Wort/ ſo ſoll es an der Frage nicht ermanglen.49. J. Das Wort ſol ſeyn trauren oder Leid tragen.50. V. Hiervon frage ich: Warum man ſowol in der weiſſen/ als ſchwartzen Farbe/ welche doch einander entgegen geſetzet werden/ Leid trage?51. J. Die ſchwartze Farbe bedeutet die traurige Todesnacht; Die weiſ= ???e Reinlichkeit und Keuſchheit; beedes zuſammen deutet eine ſolche Traurig= ???eit/ welche von reinem Hertzen herruehret/ und kein Abſehen hat auf des ver= ???orbenen Hinterlaſſenſchafft.52. D. Die Koenige tragen in Violfarb Leid/ die Syrer in Himmelblauer [66] Farbe/ zu bedeuten/ daß ſie ihren verſtorbenen den Himmel wuenſchen: iſt a??? ſo nicht nur die ſchwartze Farbe zu der Traurigkeit gewidmet/ ſondern auch a??? dre/ nach der Voelker beliebten Wahn.53. C. Alle Sinne beluſtigen ſich in angenemer uebung: Weil aber da??? Aug in der pechſchwartzen Finſterniß nicht ſehen kan/ und ſolcher Geſtalt ſein??? Fuertrefflıchkeit gleichſam vernichtet wird/ folget daraus eine Traurigkeit de??? Gemuets; Wie im Gegenſatz durch allzu hohe Klarheit und den Glantz de??? Liechts das Aug verdunkelt und betruebet werden kan.54. R. Jener hat in ſeinem Schild kein Bild gefuehret/ weil er keines ge??? (* XI. § 11.) funden/ welches ſeinen Schmertzen ſattſam ausbilden/ * und zu verſtehe ̅ gebe??? koennen: Alſo iſt die ſchwartze und weiſſe Farb eine Tafel ohne Bildniß/ we??? ches doch beede unſre Sinne im traurigen Zuſtande darnider liegen machen.55. A. Weil das Grab mit ſchwartzer Erden bedekket wırd/ iſt die ſchwar??? tze Farbe den Todten zugeignet; und weil ſie in leinen Gewand eingehuelle??? ſo kan beedes wol eine Deutung haben/ ob zwar ſonſten ſolche Farben eina??? ander entgegen geſetzet werden.
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56. V. Die Egyptier trauren in gelben Kleidungen/ weil alles/ was gilbt/(* CCLXI. 9.) ???erderben wil; * Alſo iſt der Tod das Ende zeitlicher Hoffnung. Schwartz iſt ???er Kohlen Farb/ bedeutend/ daß das Liecht unſers Leibs ausgeleſchet. Der ???ypreß iſt gruenlichſchwartz/ und ſein Saft kan auch ſchwartz faerben; wird a= ???er vielleicht auch zu den Graebern gebraucht weil ſeine abgebrochene Aeſte nie= ??? als wieder wachſen.57. J. Alſo koente dieſes Spiel lange Zeit gefuehret werden/ und gehoeren ???uch hieher die zergliederten Maehren * und Sprichwoerter * ſo von einem(* CCXXII.) ???aubtwort entſtehen.(* CCXXI.) 58. D. Von den Sprichwoertern iſt Eingangs Meldung geſchehen/ in= ???m faſt ein jedliches ein Sprichwort vom dopplen beygebracht. Von den ???Naehren aber wollen wir hoeren/ wan ̅ wir zu den Erzehlungen kommen/ und ???nte man ſolcher Geſtalt auch hieher ziehen das Reyengemaehl/ * weil gleichs=(* CCLXVII.) ???ls gewieſſe Woerter darzu benennet werden.59. V. Ich uebergieb den Spielſtab/ und verhoffe nun dieſes Ambts Er= ???digung.
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60. J. Die Jungfrau Angelica wird nun einen andern Vortrag thun.

Angelica.
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DIeweil man nicht nur mit Worten/ ſondern auch mit Geberden ſeine Gemuetsmeinung kan zu verſtehen geben; Ja vielmals ver= (Grotowitz in der Geſchicht= ſeulen 2 Ekke am 5. Blat. Epiſt es mo- rales d’Urfé.) rahten die Augen/ und roten Wangen/ was man in Hertzen ver= borgen traegt/ und mit dem Munde ableugnet.2. R. Als Momus ein Fenſter in des Menſchen Bruſt ha= ben wollen/ hat man ihm geantwortet/ daß die Rede were/ durch welche man das Hertz ſehen koenne. Nachdem er aber verſetzt: es were ein falſches Glas/ und die Rede ein betrueglicher Dolmetſcher; Hat er zur Antworterhalten/ daß ſolches nicht GOttes; ſondern der boeſen Menſchen Schuld/ welche d??? Warheit vorſetzlich/ wider ihr Gewiſſen/ hintertreiben/ und unterbrechen.3. A. Von den Geberden nun/ hab ich ein Spiel aufgeben hoeren/ welches man der ſtummen Antwort nennen koente.
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4. R. Wie dann?5. A. Einer in der Geſellſchaft muß alle Fragen durch Geberden/ und Deutungen beantworten/ und der ihn gefragt/ muß ueber die Deutung eine Auslegung machen.6. D. Daß man mit Deutung viel zu verſtehen geben kan/ iſt auſſer allem Zweiffel/ daß man aber alles und jedes dardurch ſolte ausdrukken koennen/ iſt ſo ſchwer als unmueglich. Doch erinnere ich mich/ daß ich geleſen/ wie zween Stumme durch Deuten einander nicht verſtehen koennen/ weil ſie nicht aus ei= nem Lande; Ein andrer Stumme aber/ ſo die Geberde ̅ dieſer zweyen wuſt/ hat(Confer. t. 3. f. 598.) beeden fuer einen Dolmetſcher gedienet.7. A. Der Herr leiſte eine Prob/ und beantworte unſre Fragen/ mit Deu= ten und Geberden.8. D. Nachdem die Frage iſt/ nachdem wird die Antwort fallen.9. A. Warvon leben wir Menſchen?10. R. Er nimmt Speis und Trank in die Haende/ und darmit iſt die [70] Jungfrau beantwortet; Weil er hierdurch genugſam zu verſtehen gibt/ daß nie mand ohne Eſſen und Trinken lang leben kan.11. C. Welches iſt DAs groeſte Ungluekk?12. R. Schaut da/ er weiſt den leeren Beutel/ anzudeuten daß die Armut (Tutti iguai ſono buoni col pane.) das groeſte unter allen Ubeln/ nach der Italianer Sprichwort: Alles Ungluekk ſey gut/ wann man Brod darzu zu eſſen hat.13. J. Was iſt das End unſrer Spiele?14. R. Herr Degenwert thut die Augen zu und ſchleuſſt die Haende zu= ſammen/ zu bedeuten/ daß wir/ nach Vollendung unſrer Spiele/ werden ſchlaf= fen gehen.15. V. Was ſtehet den Teutſchen wol an?16. J. Wann ich recht verſtehe/ ſo bemerket er mit Neigung und Schitt [71] lung des Haubts ja/ und nein/ welches beedes die Kennzeichen der Teut= ſchen Redlichkeit ſeyn ſollen.17. R. Was iſt das beſte in des Menſchen Leben?18. V. Mit den gleichſam zu ſam ̅ engefaltne ̅ Haenden/ un ̅ gebognen Knie ̅ / wird das Gebet bedeutet/ welches fuer der Chriſten beſte Arbeit billig gehalten wird.19. D. Alſo koente man noch viel andre Fragen aufgeben/ und iſt dieſe Sprache allen Voelkern gemein weil ſie von der Natur eingegeben wird/ und gebrauchen ſich derſelben auch die Indianer/ wenn ſie mit fremden kauffen un ̅ verkauffen. Wer die Deutkunſt * der Geberden recht verſtehet/ wird des Mo=(* CLXXV.) mi Fenſterlein/ (deſſen vorgedacht worden) nicht von noehten haben/ ſondern eines jeden Hertz leichtlich aus den Augen und Geberden erſehen koennen.20. R. Wie die Werke ſicherer ſind/ als die Wort/ alſo ſind die Geber= den gewiſſere Kennzeichen/ als die Rede: Woher nun ſolche kommen/ iſt zu andrer Zeit * Meldung beſchehen/ und ſind ſelbe von den Werken/ ſo gewiſ=(* CCLXXIII.) [72] (* IX.) ſe Deutungen haben */ zu vnterſcheiden. Als wann dort jener Koenig die Ma= henhaubter mit ſeinem Stab zu Boden geſchlagen/ zu bedeuten/ daß man die jenigen/ ſo ſich der Koeniglichen Gewalt anmaſſen/ mueſſe aus dem Weg raumen; hat er durch die gekroenten Mahenhaubter ſeine Meinung beſſer aus= gedrukkt/ als durch keine andre Blum/ oder Erdgewaechs/ weil vermutlich die Blum der Kaiſerskron den Roemern nicht bekant geweſen. GOtt erfordert auch die euſſerlichen Geberden von uns/ indem wir ihn lieben ſollen von gan= tzem Hertzen/ mit ungefaelſchtem Willen/ von gantzer Seele/ mit allem (Luc. 10. 27. Edoard Her bert de Veri- tate.) Verſtand/ von allen Kraefften/ mit euſſerlichen Geberden/ ſo zu dem GOt= tesdienſt erfordert werden.21. V. Man lieſet auch von einem Freuden=oder vielmehr Trauerſpiele/ welches allein in wuerklicher Behandlung/ ohne Reden beſtanden: damit a= ber die Perſonen erkannt werden moechten/ hat jede ihren Namen auf den Rukken geſchrieben vorgewieſen.22. J. Der Herr erzehle unbeſchwert den gantzen Verlauf.
|| [73]
23. V. Zu Augſpurg wurde Kaiſer Karl dieſes Namens dem fuenften ein ſolches Schauſpiel von gantz unbewuſten Perſonen vorgeſtellt. Eraſinus von Roterdam/ und Philip Melanchthon ſchuerten ein Feuer/ daſſelbe blaeſet Martin Luther auf/ daß es hel= le Flammen von ſich giebt. Der Pabſt will das Feuer leſchen/ geuſt aber an ſtat des Waſſers Oehl darein/ daß die Flammen ueber= hand nehmen. Endlich kommt darzu der Kaiſer/ ſchlaegt mit dem Schwert darein/ zerſtreut den Brand/ daß ſolcher viel Ort zu= gleich anfeuret/ und zu Grund zu richten andraeuet. Die Deutung iſt ohne Erklaerung zuverſtehen.24. A. Dieſes ſind Werke/ und keine angeborne Geberden/ von welchen wir reden. Zu andrer Zeit haben wir von dem Haubt und der Hand/ aus der Deutkunſt gehandelt; jetzt wollen wir fortfahren.25. R. Nach der Ordnung folget von der Bruſt zu reden/ welcher Theil des Leibs zwiſchen der Gurgel=und den Magen lieget/ beſtehend in ſtar [74] ken Beinen/ zu Beſchuetzung des Hertzens. Dieſe Bruſt iſt der Thron und Koe= nigliche Sitz der Seele/ daher auch das Wort Bruſt fuer das Hertz/ und des (* Pſ. 73, 7.) Menſchen Willen gebraucht wird. Die Schrift * ſagt/ von den Gottloſen/ daß ſie ſich brueſten wie die fetten Waenſte/ und wird auch das Zeit= wort ſich brueſten/ fuer ſtoltziren/ ſich aufblehen und hoch hervorthun/ ge= braucht: vielleicht darum weil der Menſch allein eine breite Bruſt/ und alle Thiere ſchmalbrueſtig ſind/ damit ſie auf den vorderſten Fueſſen unverhindert (* Galen. de partib. animal. l. 4. c. 10.) fortgehen koennen * Eine groſſe Bruſt haben/ und die Hand oft darauf legen/ bemerket ſtarke und behertzte Leute.26. C. Auf die Bruſt ſchlagen iſt der zornigen Geberd/ und bedeutet/ (Luc. 16.) daß man behertzt das Leben daran wagen wil. Es bedeutet auch Reu und Leid wegen begangener Miſſethaten.27. D. Man pflegt oft das Wort Buſen zu gebrauchen fuer das Kleid ueber der Bruſt/ daher man auch einen Meerbuſen nennet/ wo das Meer einen Hafen oder Anfurt ſchleuſſt. Weil wir nun an unſer Hertz ziehen/ was uns [75] anliegt/ pflegt man zu ſagen/ er hat es in dem Buſen/ das iſt in dem Her= tzen unter den Geren oder Wambs. *(* Hinc lati- norum inſi- nuare. Phil. Carol. de Luctu publ.) 28. J. Die Haende in der Seiten oder Hueffte legen bedeutet Schmertzen und Traurigkeıt.29. V. Es iſt auch nicht wenig aus dem Gehen abzunehmen. Bedacht= ſame Leute haben ſittſame Geberden/ und gehen langſam/ mit kurtzen Schrit= ten; Unbedachtſame/ und leichtſinnige lauffen mit groſſen Schritten. Wel= che ungleiche Schritte fuehren/ haben viel Gedanken in dem Haubt/ und tret= ten auch zu Zeiten wieder zurukke.30. A. Einem/ mit Ehren zu melden/ die Fueſſe waſchen/ bedeutet groſſe Demut und Dıenſtleiſtung. Den Staub von den Schuhen abſchuetteln/ be= deutet/ daß man mit denſelben keine Gemeinſchaft haben wil.31. R. Es ſind auch die Alten ſo aberglaubig geweſen/ daß ſie ein boeſes Anzeiche ̅ gehalten/ wann ſie den rechten Fuß/ zu Anfang einer Reiſe/ nicht vor= geſetzet/ oder den linken Schuh am erſten angelegt haben.
|| [76]
32. C. Die umguerdten Lenden bedeuten die Keuſchheit/ und Bezaeumung boeſer Begierden.33. D. Darum muſſte ̅ die Iſraeliten ihr Oſterlamm eſſen/ mit geguerten Lenden/ zu bedeuten/ daß das geiſtliche/ ohne fleiſchliche Gedanken zu verrichte ̅ .34. J. Sich aufſteuren/ bedeutet Sicherheit/ deren Bildniß gemahlet wird in Geſtalt einer Frauen/ die ſich mit der rechten Hand auf ein Seulgeſtell ſteuret: darueber lieſet man mit groſſe ̅ Buchſtabe ̅ : Dieſer Zeiten Sicherheit.

Reymund.
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LAſſt uns hieher wiederholen/ was zuvor bey Abtheilung der Ge= ſpraechſpiele vergeſſen worden/ daß nemlich dieſelben entweder (* CCLXXIV.) gebunden/ oder ungebunden. Die gebunden Spiele hand= (* XVI. CCXL.) len von einer gewiſſen Sache/ als wenn man von der Ehre/ * von der Schoenheit/ * von Geſpenſten * und dergleiche ̅ etwas (* CCLXXII.) zu fragen oder zu ſagen verbunde ̅ iſt: die ungebundne ̅ aber laſſen jeden frey fuer [77] ???ubringen/ was ihm in den Sinn kommet; als da iſt das Spiel von den Ge=(* I. 1) ???onheite ̅ */ gewiſſen Reyenfragen * Gleichniſſen */ Sprichwoertern*(* CCLXV. CCLXXIII.) ???nd vielen andern. Die Beſcheidenheit nun ſich dieſer oder jener zu bedienen/(* V, VII, VIII.) ???ehret das Ort/ die Zeit und die anweſenden Perſonen.(* XXXVIII.) 2. C. Ich errinnere mich/ daß gedacht worden/ man ſol die ſchweren Spie= ???e vor der Malzeit/ die leichten nach der Malzeit anbringen.3. D. Ich ſetze noch eine Abtheilung der Geſpraechſpiele darzu/ daß et= ???iche unter Frauenzimmer/ etliche nur unter Mannsperſonen zu ge= ???rauchen. Den Anfang der Geſpraechſpiele und derſelben Erfindungen/ ha= ???en wir dem Italianiſchen Frauenvolk zu danken/ denen ſie zu Ehren erſon= ???en worden und iſt gewiſſlich die Verſtanduebung ihnen ſo nohtwendig/ als ???en Mannsperſonen; maſſen ihnen obliegt das Haushalten zu fuehren/ die Kinder zu erziehen/ Knecht und Maegd zu regiren/ etc.4. J. Ob man wol dieſes nicht eben durch die Geſpraechſpiele zu erlernen/ ſo ſchaerfft ſich doch der Verſtand dardurch/ daß er zu allem Thun und Verrichtung faehiger und tauglicher wird.
|| [78]
5. V. In Frankreich und Italien weiß alles Jungfervolk von de??? Schoenheit/ von dem Reichthum/ von der Keuſchheit/ und Tugend ſ??? ſchikklich zu reden/ weil ſie dergleichen Stuekke der Sittenlehre aus den Bue??? chern ihrer Mutterſprache erlernet haben. Warum ſolte ſolches unſrem Teut??? ſchen Frauenzim ̅ er unmueglich fallen? Viel thue ̅ es ihnen bereit bey uns nach???6. A. Iſt eine Sache/ daraus man des Menſchen Verſtand erſehen kan/ ſo iſt es die Rede/ der Probſtein unſers Geiſtes. Daher Socrates zu eine??? (* Apul. l. 1. Flor.) Juengling ſol geſagt haben: Rede/ daß ich dich ſehe. * Aus den Geber??? den iſt zwar viel abzunehmen/ wann ſolche nicht nach der Hofart geſchminket??? und verfaelſchet ſind: Aus den Geſpraechen aber laeſſet ſich noch viel ein richtigers Urtheil faſſen/ indem man bald hoeret/ ob dieſes wol/ oder uebel angefuehr??? und beantwortet wird.7. R. Von dieſer Spieluebung Lob und Nutzen/ haben wir zu andre??? Zeit Meldung gethan; Nun wollen wir fortfahren. Es ſind viererley Arte??? und Weiſe/ durch welche man ſich kan verſtehen machen. Die erſte iſt die??? [79] Rede/ beſtehend in vernemlichen/ und verſtaendigen Worten derjenigen die ???agen und darauf antworten. Die andre Weiſe iſt die Schrift/ welche gleich= ???m eine ſtumme Rede iſt/ und vermittelſt der von alters her beliebten und be= ???nten Buchſtaben unſre Wort ausbildet. Die dritte Weiſe ſind die Geber= ???en und Werke/ von welchen in vorgehendem Spiele gehandelt worden/ und ???tze ich noch darzu die Geſchichte Joas welcher auf Eliſa Befehl gegen Mor=(2. Koenig 13/ 16/17/18.) ???en mit dem Bogen geſchoſſen/ und auf die Erden geſchlagen/ zu bedeuten/ ???aß er die Syrer/ als Morgenvoelker/ dreymals ueberwinden werde. Vier= ???ns iſt das Gemaehl/ welches ſowol ſeinen Verſtand und artige/ Sinndeu= ???ng/ als vorbeſagter Rede Schrift und Geberden.???. V. Wie nun zwiſchen dem Gemaehl und den Geberden eine ſolche Ver= ???andſchaft iſt/ als zwiſchen der Schrift und der Rede; (maſſen jene behar= ???t/ dieſe dahinfahren) alſo iſt auch zwiſchen den Werken/ und natuerlichen ???emaehlen eine groſſe Gleichheit. Von den Werken/ welche eine Deutung ha= ???en/ ıſt erſt gedacht worden/ durch die natuerlichen Gemaehle aber verſtehe [80] ich ein Gewaechs/ welches ſowol fuer ſich/ als gemahlt ſeinen Sinnverſtan??? wuerket. Zum Exempel koennen ſeyn die Mahenkoerner/ welche der Koenig D??? rius dem groſſem Alexander geſendet/ zu bedeuten/ ſo viel unzaehliches Kriegs volk wolle er wider ihm aufbringen/ als der Koernlein in dem gekroenten Mahe??? haubt. Alexander hingegen/ hat ihn eine geringe Anzahl Pfefferkoerner zu??? Antwort geſchikkt/ bedeutend; daß er wenig/ aber ſtarke Soldaten habe/ welch??? ſich fuer ſeiner Menge nicht entſetzen.9. D. Es haben auch ſolche Beſchenkungen zu Zeiten zweiffelhaffte/ un??? (Paſchal. in Legat ex He- rod. l. 4.) gantzwidrige Auslegungen. Darius ſendete den Scythen fuenf Pfeile??? einen Froſch/ eine Maus/ und einen Vogel/ ſie vermeinten/ daß er ihnen di??? Waffen/ als von Furcht ueberwunden/ darreichte/ und ſich mit den ſeinen ver??? krichen wolle/ wie die Froeſche/ Maeuſe/ oder darvonfliegen wie die Voegel??? Ein weiſer Mann unter jhnen legte dieſe Beſchenkung alſo aus: Werdet ih??? euch nicht verkriechen wie die Froeſche/ und Maeuſe/ ſo will ich euch mit den Pfei??? len verjagen.
|| [81]
10. J. Ich erinnere mich hierbey/ daß ich geleſen */ man koenne aus der=(* In dem An hang des VI Theils am 66 Blat.) ???ichen wuerklichen Gemaehlen eine ſondre Art von Sinnbildern anbringen.???. R. Weil das/ was Geiſt und Leben hat/ angenehmer/ als das Tode ???emaehl (wiewol ſolches zu Zeiten von guter Hand ſchoener geſtaltet wird) ???kan man auch in Fuerſtlichen Zimmern ueber allerhand Saidenſpiele/ Bil= ??? und Geretſchaften ſchikkliche Uberſchriften machen.???. A. Dergleichen wollen wir gerne hoeren.???. R. Geſetzt/ ich fuende in einem Ort vier Lauten oder Geigen: die I. were ???ht beſaidet und gantz neu von Holtz: dieſe vergleiche ich fueglich mit der un= ???ichten Kindheit/ und ſchreibe darueber dieſe Wort:ICh bin bereit/
???unter dieſe Verſlein:
|| [82]
Ich bin bereit zu allen Sachen/ zu ſpringen/ ſingen/ weinen/ lachen/ die Laute ſonder Saidenband weiſt Unſchuld/ Kindheit/ Unverſtand.II. Eine Laute mit Theils aufgezogenen Saiden/ welche aber alle noch nich??? geſtimmt und angeſtrengt/ hiermit wird verglichen die Knabſchaft/ und ka??? die Obſchrift heiſſen:NAch dieſer Zeit/
Die Unterſchrıft alſo: Daß mich ſo manche Saiden kleiden/ mich auch nicht wenig machen leiden/ erweiſt/ wie nach der Knaben Zeit/ ſich ihr Verſtand macht bald bereit.
|| [83]
???I. Die dritte Laute iſt zwar bezogen/ hat aber keine Baß=oder Grundſaide/ zu ???deuten/ daß die Juenglingſchaft wol geartet/ aber niemals bey voelligem und ???undrichtigen Urtheil/ wie die Obſchrift bemerket.MIt Grund beſaidt.
???er beſaidet. Dieſes iſt folgender Geſtalt erklaeret. Mein Zwekk iſt zwar angeſtrenget/ und der Saidenklang bezwaenget; Aber es gebricht der Grund/ aller Stimmen Meiſterbund.???. Die vierte Laute iſt nun voellig bezogen/ und nach der Muſic geſtimmet/ ???nerkend das maennliche Alter mit dieſer Beyſchrift:
|| [84]
IV Freud und Leid.
In den ſtarken Maennerjahren/ muß man Freud und Leid erfahren/ GOttesfurcht und Tugendziel/ iſt das Kunſtbeliebſte Spiel.Iſt alſo dieſes Stimmwerk Lauten ein vierſtaendiges Sinnbild/ nach beſagte??? Obſchriften:
Ich bin bereit/ nach dieſer Zeit/ mit Grund beſaidt/ zu Freud und Leid.
|| [85]
14. D. Man lieſet/ daß eines Teutſchen Fuerſten Geſandter in dem Zeug= haus zu Venetig/ auf befragen/ wie es ihm gefalle/ ſoll geantwortet haben/ ſein Gnaediger Fuerſt und Herr habe etliche Choerelauten machen laſſen/ nach dem ſie aber gefertiget/ habe er ſo viel Lauteniſten in dem gantzen Land nicht finden koen= nen/ welche auf allen zugleich geſpielet haetten; verſtehend/ daß es nıcht genug viel Waffen haben; ſondern man mueſſe auch Leute trachten/ ſo ſelbe gebrauche ̅ / und fuehren.15. V. Uber ein Harffe/ welche in gantzen ungleichen Saiden beſtehet/ koente man ſchreibenDIeſes:
Ungleicher Gleichheit Klang/ verſueſſet das Geſang/
|| [86]
Das Abſehen kan gerichtet ſeyn/ auf ein wolbeſtelltes Regiment/ welches in ho= hen/ kleine ̅ und mittel Stands Perſonen beſtehet/ doch mueſſen dieſe Saiden alle noch zu wenig/ noch zu viel angeſtrenget werden.16. J. Alſo koente man auch im Gegenſatz/ ein uebelbeſtelltes Regiment ausbilden/ durch eine Harffen/ deren Saiden nicht angeſpannt.17. A. Durch zwo gleichgeſtimmte Geigen verſtehet man den gluekkſeligen (* In dem Anhang des VII Th. der Geſpraechſp. bald Anfa ̅ gs Blat 429.) Eheſtand. *18. C. Man koente auch ueber eine Orgel ſchreiben:DUrch Kunſt und Muehedann ſie eines Gelehrten Kunſt und Ungelehrten Muehe bedarff/ wie dann alles durch ſein widriges erhellet/ und das weiſſe nechſt dem ſchwartzen weiſſer/ wie auch das ſchwartze ſchwaertzer ſcheinet.
|| [78]
19. R. Viel dergleichen Obſchriften koente man auch ueber andre Geret= ſchaften erſinnen/ und iſt dieſe Art der Sinnbilder ſehr fein. Man hat eine ſondre Art Lampen/ welcher Liecht indem Umdrehen nicht erleſchen kan/ un ̅ ſind ſolche ein Bild eines beſtaendigen Glaubens/ mit dem Spruch:LAſſet euer Liecht leuchten fuer den Leuten.20. V. Man kan auch von natuerlichen Figuren/ wie erſt beſagte von kuenſtlichen Sachen Erfindungen hernehmen. Als ob eines Papageys Keffig hab ich dieſe Wort geleſen:
ICh hab Koſt/ und bin geehrt/ rede/ was man gernehoert/ wie mein Herr mich hat gelehrt/
|| [88]
Iſt alſo ein Papagey ein Bild eines Schmarotzers und Schmeichlers/ der uem das Brod dienet.21. A. Die Lerche hingegen iſt ein Sinnbild der Freyheit/ oder gluekkſeligen Gefaengniß. Wann ſie verhalten werden/ ſo ſingen ſie zu ungewonter Zeit/ und viel lieblicher als ſonſten. Es kan eine Deutung haben/ auf betruebte/ die bruen= ſtiger beten in Angſt und Noehten/ als wann es ihnen wol ergehet: ſolcher Mei= nung koente man uem ein ſolches Lerchenhaeuſlein ſchreiben.
ES wird in der ſtillen Nacht: mein Geſang Kunſtſuß gemacht.22. C. Hieher gehoert auch die Spielfrage: Was ſchreibt ihr mir uem (* Bey Ra= balais. Pſ. 121.) das Bett? *23. D. Den Spruch Davids: Sıhe/ der Huetter Iſrael ſchlaefft [89] noch ſchlummert nicht: oder: Ich ſchlaffe/ aber mein Hertz wachet.(Hohel. 5/2) 24. J. Oder: Ich liege und ſchlaffe gantz mit Frieden/ aber der(Pſal. 4/9.) HErr hilfft mir.25. V. Oder: Wann ich im Finſtern ſitze/ ſo iſt doch der HERR(Pſal. 27/1.) mein Liecht/ und mein Heil.26. A. Oder: Wann ich zu Mitternacht erwache/ ſo denke ich/(Pſal. 63/7.) mein GOTT/ an dich.27. R. Oder: Viel/ ſo unter der Erden ſchlaffen liegen/ werden(Daniel. 12/2.) aufwachen; etliche zum ewigen Leben/ etliche zu ewiger Schmach und Schande.28. C. Einem Faulen koente man dieſe Wort an das Bett ſchreiben: Ja/(Sprichwoer 6. 10. 11.) ſchlaff noch ein wenig/ ſchlummer einwenig/ ſchlage die Haende in= einander ein wenig/ daß du ſchlaffeſt/ ſo wird dich die Armut ueberei= ???en wie ein Fußgaenger/ und der Mangel wie ein Gewapneter.
|| [90]
Zu folgendem Spruch/ koente man auch leichtlich ein ſchoenes Gemaehl erfinden/ (Cap. 2. v. 7.) wann dorten indem Hohenlied Salomonis ſtehet: Ich beſchwere euch ihr Toechter Jeruſalem/ bey den Rehen/ oder bey den Hinden auf dem Felde/ daß ihr meine Freundin nicht aufwekket/ noch reget/ bis daß (Pſal. 17. v. 8.) ihrſelbſt gefaellet/ oder den Spruch Davıds: Behůte mich wie ein Aug= apfel im Auge.(Im Ton: Woldem der weit von ho= hen Dingen.) 29. R. Uber dieſen Spruch/ habe ich folgendes Abendlied verfaſſt:

1.
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ACh HERR/ behuete meine Seele/ behuete meinen bloeden Geiſt/ weil ich mich mit viel Sorgen quaele/ wann auch die Nacht zur Ruhe weiſt/ Ach treuer GOtt und HErr verſchaff/ auf daß ich in dir ſicher ſchlaff’.

2.
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Es iſt im Angeſicht zu ſchauen deß Auges Apfel ueberdekkt;
|| [91]
So will ich deinem Fittig trauen/ daß er ob mir ſey ausgeſtrekkt. du biſt der Hueter Iſrael/ der Schutz und Schirmer meiner Seel.

3.
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Das Aug iſt blind/ ohn Liecht und Sonne/ und iſt/ gleich den Cryſtallen/ rein: du Heydenliecht und Hertzenwonne/ giebſt meiner Seelen allen Schein. Ob mich die Nacht verfinſtert hier/ ſo ſchau’ ich doch/ O GOtt/ nach dir.

4.
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Weil ich hier in dem Tunklen ſchwebe/ in Angſt und Truebſal fort und fort/ ſo gieb/ daß ich ohn Suende lebe/ rein/ heilig/ und nach deinem Wort;
|| [92]
Bis du mich aus der Nacht der Welt fuehrſt in der Sternenliechtes Feld.30. D. Vorbeſagte Fragen kan man auch von den Grabſchriften aufge= ben/ von welchen wir zu andrer Zeit geredet. Wann etliche Sachen zuſam= men gehoeren/ muß man die Obſchriften allezeit miteinander Reimweis verbin= den. Als Feder/ Dinten und Papier ſind drey zuſammen gehoerige Sachen und koennen folgende Obſchriften haben:Ich nutze dir und ſchade mir.
|| [93]
Durch mich die Zier bleibt fuer und fuer:Was koennt doch ihr/ ohn das Papier?Man koente dieſe wuerkliche Sinnbilder nennen/ und wann es Thiere ſind/ wie ???orgedacht/ moechte man ſie lebendige Gemaehle heiſſen; allermaſſen auch die [94] Verthanung in den Freudenſpielen ſind; wann man nemlich alle Perſonen/ als Bilder/ unbewegt ſtehen laſſet.31. V. Es iſt ſonderlich eines Poeten Ambt/ ſeine Kunſt bey den Gemaehle??? anzubringen/ und erinnere ich mich/ was ich unter einer Tafel/ auf welche??? ein Glas Wein mit Eiß/ und in Zukker eingemachte Blumen/ kuenſt??? lichſt gemahlt geweſen/ geleſen. Meines Behalts ſind es dieſe/ oder ja dergleiche??? Verſe geweſen:
ALs der Fruehling ſich beklagt/ daß der kalte Winter kom ̅ e ̅ / und der holden Blumen Zier aus den Gaerten wegge= nommen: hat der Winter ſich beſchwert/ dz die warme Lentze ̅ zeit ihm auch gleichsfals ausgezogen ſein mit Eiß ge= frohrnes Kleid. dieſes hoert die Wolluſt an/ ſprechend unterlaſſt das Streiten/ ich gieb in dem Sommer Eiß/ und die Blum zu Winters= zeit.
|| [95]
Schaut hier Kunſt und Fleißgeding/ daß ſie mit geſamter Hand geben/ was die Jahreszeit machet ſonſt zu ſchnoedem Tand.Hier wird der Fruehling oder Winter und die Wolluſt/ als Perſonen gebil= ???et/ welches mir jederzeit ſehr wolgefallen.2. D. An einem Brunnen hab ich dieſes geleſen:
ICh gleich’ einem guten Freund/ dem noch Raht/ noch That gebricht/ und es allzeit gut gemeint. Schau in mir dein beflekktes Angeſicht: waſch dich hier. Das Gewiſſen treuget nicht/ wirſt du ſolchem Spiegel trauen/ kanſt du dein Gebrechen ſchauen.Dieſe Art der Obſchriften gleichet etlicher maſſen den Sinnbildern/ und iſt der [96] Unterſcheid/ daß die Figur ſelbſtſtaendig/ die Beyſchrift aber etwas laenger und d. utlicher/ als ſonſt eine halbe Reimzeile.33. R. Alſo koente man aufgeben ueber ein uehrlein/ ein Kunſtfuendiges (* Epigram- ma H. Schot= tels Reim= kunſt 305. Blat.) Reimgedicht * zu fertigen.34. R. Die Vhr vergleichet ſich mit einem Menſchen/ deſſen Mund und Hertz uebereinſtimmet/ wie der Zeiger mit dem Eingericht.
SOl die wahre Redlichkeit/ Wort und Werk zu gleicher Zeit feſtbeſtehen; muß der Zeiger und das Rad/ noch zu fruee noch zu ſpat richtig gehen; wer beobacht Maß und Ziel/ thut den Sachen nie zu viel.35. C. Uber ein par Ohrengehaeng von Perlen ſolte die Erfindung ſchwerer fallen.
|| [97]
36. D. Den Knechten hat man vor Zeiten die Ohren zu durch boren pflegen(Vide Sam- buc. in Embl.) ???nd ſie mit einem Pfrimen an die Hausthier zu hefften/ daß ſie dardurch ???ngedenk verbleiben ſollen/ die Zeıt ihres Lebens nicht von ihres Herrn Hauſe zu ???eichen. Solte man nun etliche Reimlein ueber ſolche Ohrgehaenge ſetzen/ wel= ???er ſich die Heyde ̅ gebraucht/ und ihre Goetzenbilder daran gehaengt, ſo koenten ſie ???lgendes Inhalts ſeyn.(Wiederkehr)
1 Die Reimenperlen lehren 2 daß man niemals ſol hoeren/ 3 wann falſche Leute ſchweren; 4 der Frommen Wort verkehren/ 5 der Tugendruhm verzehren/ 6 und alle Laſter mehren. 6 Zier pflegt den Stoltz zu mehren 5 den Reichthum zu verzehren/ 4 die Freyheit zu verkehren.
|| [98]
3 wie Zaubrer zu beſchweren/ 2 wann man nicht an wil hoeren/ 1 Geſetz/ und gute Lehren.37. J. Koente man nicht auch ein Gedicht aufgeben/ und zu demſelben ei??? Gemaehl erfinden?(* XI.) 38. V. Ja wol/ gleicher Geſtalt von den Sinnbildern * geſpielet wird. Zu??? Exempel ſetze ich folgendes Gedicht/ und bitte ein Gemaehl darzu anzugeben.
Der Traum iſt ein Poet/ der gleich dem Mahler dichtet/ und unſer Sorgenbild geſtaltet und vernichtet. Es iſt ein Spiegelglas in manches Stuekk zerſtukkt/ und was vergangen iſt/ in das Gedaechtniß drukkt/ verformet und verſtellt/ der Traum zeigt gleiches Weſen/ mit dem was man zuvor bedacht hat/ und geleſen. Der Tod/ der Schrekkengaſt/ des Schlaffes Bruderman??? hat naechten meıne Ruh’ (in ſchwankem Zweiffelwahn
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verunruht/ Ich erſchrakk’/ als ich ſah ohne Lippen ſein holes Angeſicht und der Gebeine Krippen. Er trug in ſeiner Hand den ſchnellen Moerderpfeil/ an dem/ gleich einer Wag/ war auf dem rechten Theil des groſſen Himmels Rund/ und an der linken Spitzen ſah’ ich der Hoellenflamm die gantze Welterhitzen. Er ſprach: Nun eile dir eines von beeden zu wehlen! du ſiheſt den Himmel und Erden hier hangen: das Freuen und Reuen der ewigen Seelen. Noch keiner iſt iemals dem Sterben entgangen. dieewige Freud/ und ewige Ruh/ das ewige Leid/ beſtehet in dieſem ſchnellfluechtigem Nu! Ich wachebald/ und ſchaue hin und her/ ob dieſer Greuelmann nechſt meinem Bette wer?
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Nein/ nein es iſt ein Traum/ der lehret klueglich leben/ und ſich dem hoechſten GOtt von gantzer Seel ergeben. der Menſch/ der Erden Menſch/ faellt leider bald dahin. Es ſchreit die Todten Zunft: du wirſt auch/ was ich bin.39. A. Das letzte iſt ein gemeines Sinnbild/ nemlich/ ein Todenkopf mit die= ſen Worten:Du wirſt auch/ was ich bin.(Quod es, fui: quod ſum, eris.) 40. R. Hieher koente man mahlen das Bildniß des Traums/ aus der Bild= kunſt.41. C. Wie dann?42. R. Man mahlet einen ſehr leibigen Mann unter einem ſchwartzen Zelt [101] ſchlaffend/ vor deſſen Angeſicht hangt ein verbrochner Spiegel/ zu ſeinen Fueſ= ſen kreucht ein Ratz/ ob ihm ſchwebe ̅ etliche Flaedermaeuſſe/ un ̅ ein Horn mit Dampf gehet aus ſeinem Munde/ zu bezeugen/ daß der Schlaff von den aufſteigenden Daempfen herkomme.43. C. Hieraus koente man auch bilden eine Hand/ ohne Fleiſch und Haut/ wie man den Tod zu mahlen pflegt/ mit einem Wurffpfeil/ und auf demſelbigen die Himmels=und Erdenkugel mit dieſer Obſchrift:(Ab hoc pun- cto pendet AEternitas.) In dieſem ſchnellfluechtigen Nu!44. D. Man koente auch das gantze Gedicht mahlen und nechſtbeſagten Bilde des Traums den Tod beſchriebener maſſen ſtehend bilden.45. J. Es mueſſte aber/ meines erachtens/ nit eben das Bildniß des Traums ſeyn/ ſondern einer andern ſchlaffenden Perſon. Oder man mahlt den Tod mit einer Maſque/ und einem Purpurmantel angethan/ wie er Himmel und Erden (* XXVIII.) vorweiſet/ und haetten wir anlaß von Traeumen * zu reden/ welcher Spiele und Erzehlung nicht wenig beluſtigen/ wann ſie ſonderlich Lehrreich ausgedichtet werden.
|| [102]
46. V. Hieraus erhellet ſattſam/ wie das Gemaehl und das Gedicht mitein= ander verbruedert iſt/ und daß beedes zu den Geſpraechſpielen auf vıelerley weiſe dienen kan.47. R. Damit ſolches noch mehr erhelle/ wollen wir dergleichen Gemaehl auf eine Hochzeit oder Verloebniß erfinden/ und Theils mit ihren Uberſchriften/ Theils mit Unterſchriften/ oder Erklaerungsreimlein auszieren.48. C. Der Herr ſage die Gemaehle/ ſo wollen wir alsdann ſehen/ ob ſie ſich zu Hochzeitfeſten ſchikken oder nicht.49. R. Das erſte Gemaehl ſol ſeyn/ zwey Kindlein/ deren das eine auf der Lauten ſpielet/ das ander darein ſinget.50. C. Dieſes zielet ſonderszweiffel auf die gleichgearte Liebe der Verlobten/ welcher Wille ̅ und Hertzen einſtim ̅ ig/ und ſonder Mißlaut genen ̅ et werde ̅ moegen.51 R.
MIt der Holden Lauten Klang und Geſang wird vereinter Ton gebunden/ gleich der Lieb’
|| [103]
in vertrauter Hertzen Trieb/ ſo das Wollen gleich verbunden. Einigkeit/ bleib bey beeden allezeit!52. C. Die Uberſchrift koente ſeyn/ der verlobten Einigkeit.53. R. Ferner mahle ich ein EIndlein mit einem Spiegel vor dem Angeſicht.54. D. Die Deutung kan gezogen werden auf die Beſtaendigkeit der Ehegat= ten in Gluekk und Ungluekk; maſſen das Gluekk uns mehrmals leichter von dem Tu= gendwege wendig machet/ als das Ungluekk.55. R.
Mit weinendem Weinen/ mit lachendem Lachen beſtaendig erſcheinen in traurigen Sachen/
|| [104]
kan ehlıches Leben verſůſſen und geben etc.Der fernere Wunſch kan/ nach Beſchaffenheit der Perſonen/ leichtlich ange= fueget werden.56. J. Den Erfundenen iſt ein mehrers leicht beyzuſetzen.57. R.
NIcht ohne Urſach haben die Alten die Freunde und Verehlichte mit zweyen Muehlſteinen verglichen/ wel= cher keiner ohn den andern dienen/ beede zugleich mah= len und Nahrung ſchaffen koennen.58. J. Iſt alſo die Muehl oder das Mahlwerk eine Bildung der Haeuſlichkeit und Geſparſamkeit.
Wie der Muehlen Oberſtein mit dem untern mahlet rein/ daß darvon die Menſchen leben: Alſo gehets ins gemein/ wann die Ehleut’ haeuſlich ſeyn/
|| [105]
koennen ſie in Freuden ſchweben/ und in Kaeſten hinterlaſſen darvon Beutel vollzufaſſen.59. V Der Herr gebe mir auch ein ſolches Gemaehl auszulegen.60. R. ICh giebe dem Herrn zu vergleichen eine Fiſchreuſten mit dem Eheſtand.61. V. Das iſt leicht.
Der Fiſch wallt in der ſchnellen Flut/ und faengt ſich in der Weydenrut/(Darvon die Reuſten geflochten werden)
daraus er nicht mehr kan entfliehen: So leitet der verliebten Glut und reitzet manches junges Blut/
|| [106]
daß ſie ſich nicht der Eh entziehen/ als durch den Tod/ die letzte Noht/62. R. So kan man es verſtehen von einer vngluekklichen Ehe.63. V. MAn pflegt auch mit der Ehe zu vergleichen die Palmen= baeume/ welche Maennliches und Weibliches Ge= ſchlechts/ ohne einander nicht Frucht tragen/ und von fernen Orten zuſammengeſetzet werden mueſſen.64. D. Hierbey koente man ſolche Verſlein ſchreiben:
Wie die ſueſſe Palmen frucht gleiche Zweig’ und Staemmer ſucht/ wann ſie nutzbar ſollen werden: Alſo part ſich gleich und gleich/ Am Verſtand und mittlem Reich/ Frucht zu bringen auf der Erden.65. V. Wir wolten gerne von den dreyſtaendigen Sinnbildern hoeren.
|| [107]
66. R. Ich bitte auch meine dreyſtaendige Sinnbilder ueber die XII. Mona??? anzuhoeren.67. J. Willig und gerne.68. R. Den Jenner/ das Eyſ=oder Wintermonat bilde ich durch nachfol= gende drey Gemaehle/ deren dasI. Ein Par Schrittſchuhe:Gefriert die Flut.II. Eine Kohlpfannen:So ſuch die Glut/III. Eine Flaſche mit Wein/ Koeſten und ein Glaß:Nechſt Traubenblut.Als mit welchem die innerliche Hitze zu kalter Wetterszeit erhalten werden kan.
|| [108]
I. Januarius.Terra eſt glacıalis & unda,Nunc ignis frigora pellit.refoventur pectora Bacho.
|| [109]
Dieſem folgt der Hornung/ vom Aufhoere ̅ der Kaelte alſo genennet/ das zweyte Mo??? nat des Jahrs/ gebildet durch ſolche Sachen/ welche darinnen zu geſchehen pfle??? gen/ als da iſt in der Mummerey lauffen/ deßwegen mahle ich:I. Einen Schoenbart oder Larffen/ von der Italianer ſchoenen ſilbern Baertlein??? vielleicht alſo benamt:Die Fatzennacht/ oder Faſtennacht/II. Karten/ Wuerffel/ Bretſpiel:Des Spielens achtIII. Hering und etliche Faſtenſpeiſen:und Faſten macht.
|| [110]
II. Februarius.???arvâ laudamur inani.Alea jacta placet.gulam jeiunia penſant.
|| [111]
Das dritte Monat iſt der Maertz oder der Lentzenmongt oder Fruehlings=oder Fuel= linmonat genennet. Weil nun deſſen Vorbot iſt die Schwalbe/ mahle ichI. Ein Schwalbenneſt:Die Schwalbe ſchwiert. Dieſes Wortſchwieren haben die Alten Teutſchen ohne Zweiffel von ihrer Stimme abgemerket.II. Die Mertzenbluemlein:Der Lentz gebuehrt.III. Die ſueſſen Weſtwinde/ welche dieſe Zeit das Erdreich eroeffnen:Der Weſt regiert.
|| [112]
III. Martius.???rgutat hirundo.Ver florum gloriaridet.Zephyrus novaregnapatravit.
|| [113]
Beſagtem folgt der April/ welchen Kaiſer Karl der Groſſe genennet den Oſtermo= nat/ die Bauren nennen ihn Kaelber= und Kuehemonat. Zu dieſer Zeit ſtaerke??? ſich die Sonne/ deßwegen mahle ichI. Die aufgehende Sonne:Der Sonnen Stral/II. Die Schlueſſelbluemlein und Narciſſen/ ſo zu der Lentzenzeit herfuer ſproſſen???Und Fruehlings mahl/III. Ein Blumfeld mit ſeiner bunten Zier.Bringt Blumenwahl.
|| [114]
IV. Aprilis.???unc formoſiſſimus annus.Pratarenatavirent.Florum numeroſa propago.
|| [115]
Der May kan von de ̅ Graßmeyen alſo genen ̅ et werden/ ſonſt Wunne=oder Won??? nemonat geheiſſen/ bey den Alten wird er Pfingſtmonat benamet. Solchen zu??? bilden mahle ich:I. Einen Buſch Mayenblumen:Der Mayenblumen Ruch/II. Allerhand Sommervoegel:Der Sommervoegel Flug/III. Einen geſtuertzten Pflug/ oder deſſelben Schar in einer Hand/ weil all??? Sinnbilder eine Gleichſtaendigkeit haben ſollen:Folgt dem ermuedten Pflug.
|| [911]
V. Majus.Olte faciantr epente naſum.Volucrum foecunda creatrix.Munc gaudent arvalabore.
|| [117]
Der Brachmonat/ oder Sommermonat/ wird auch Weid=und Wachsmonat genennet/ weil die Weid und Wieſen in ihre Vollkommenheit wachſen/ und das Feld brachet oder zu der Winterſaat gebracht oder gebrochen wird. Dieſes Mo= nat bilde ich durch drey Schaefer:I. Durch einen/ der weidet oder akkert:Es bracht das Feld.II. Der zweyte huetet der Schafe:Die Herde ſchellt.III. Der dritte liegt in dem Schatten:Im Schattenzelt/Welches die dikken Aeſte einer groſſen Eiche zuſammenfuegen.
|| [118]
VI. Junius.Nunc terra quieſcit.Reſonat campana gregalis.Placet Umbra Menalcae.
|| [119]
Das Heumonat/ Fliegen=oder Hundsmonat/ von dem Hundsſtern genennet/ kan fueglich gebildet werden durch die Immen oder Biene/ mahle deßwegen:Einen Immenſtokk mit ſeinem Wifftig:Wer gleiches thut/Und in ſeinem Beruf fleiſſig arbeitet wie die Biene.II. Wie die Biene aus der Blumen den Saft ſammlen:Mit ſolchem Mut.III. Einen Bienſchwarm/ der Theils an den Baeumen ſich angelegt/ Theil??? noch herumbſchwaermet:Hegt gute Brut.Weil die Biene bey guten Jahren zwey=und dreymal zu ſchwaermen pflegen.
|| [120]
VII. Julius.Labor omnibus unus.Conſtans Concordia firmat.Induſtria felix.
|| [121]
Der Auguſt=oder Erndmonat/ wird auch Sammelmonat genennet/ weil man die= ſe Zeit ueber einſammlet/ und einfuehret/ darvon das gantze Jahr ueber Menſchen und Viehe ernehret werden muß. Solchen zu bilden mahle ich:I. Ein Feld voll reiffen Korns:Die Erndefreud.II. Eine Garbe Korn mit der Sichel:Bemerkt die Zeit.III. Ein Grab mit einem Todenkopf:Der Sterblichkeit.Gleichwie das reiffe Korn zu der Erndezeit gefaellet wird; alſo nimmet der Tod uns Menſchen zu der reiffen Zeit unſers Lebens dahin.
|| [122]
VIII. Auguſtus.Frugum uberrima mesſis.Periturâ paſcimur eſcâ.Inſtant convivia mortis.
|| [123]
Das Herbſtmonat oder Hirſchmonat kan fueglich gebildet werden/ nach ſeinen Eigenſchaften/ als:I. Von den Baeumen fallen die falben Blaetter.Es faellt das Laub.II. Pflegt es viel zu regnen.Es naſſt der Staub.III. Regiren allerley Kranckheiten/ und ſterben ſowol Alte als Junge dahin.Der (Tod) holt den Raub.Gebildet durch den Leichenſtein/ die Vhr und die Senſen/ Scepter und Kro= ne/ welcher dieſer Gaſt nicht verſchonet.
|| [124]
IX. September.Temporis exuviae.Impendent coelıtus imbres.Mors imminet annis.
|| [125]
Der Weinmonat/ Ochſen=oder Viehmonat wird gebildet durch die Geretſchaft ſo zu beſagter Zeit gewohnlich iſt. Mahle alſo:I. Einen Weinſtock:Es kan der Reben.II. Eine Weinbutten:Den Menſchen geben.III. Einen Tiſch mit einer Flaſchen und einem Weinglas:Ein Freudenleben.Maſſen der Wein/ nach Ausſpruch des Weiſen Manns/ des Menſchen Her??? erfreuet/ und alle Sorgen ueberwindet.
|| [126]
X. Octobris.???aetamur JacchoHinc gaudia vitae.Vivamus amici!
|| [127]
Der Wintermonat iſt gleichs Falls gebildet nach ſeiner Beſchaffenheit/ und zwarI. Weiſet das Gemaehl Holtz und Hauen:Nun kommt die kalte Zeit.II. Die Winterkleider und einen Schlitten etc.Man ſucht das Winterkleid.III. Eine Schuette Stroh mit Drueſcheln:Und driſchet das Getreid.Was den Reichen der Ofen und das Feuer leiſtet/ das bringt den Armen die Ubung und Leibsarbeit/ welche auch viel geſunder/ als die warmen Stuben.
|| [128]
XI. Novembris.Ligna levant frigus.Leniunt hiemalia vestes.Parit tritura calorem.
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Der Chriſtmonat iſt nun letzlich und kuertzlich auch zu bilden/ dergeſtalt/ daß ich mahleI. Ein| Licht mit Nadeln abgezeichnet:Jetzt laengert ſich die Nacht.II. Ein geſtochnes Schwein:Es wird das Schwein geſchlacht.III. Eine Lampe/ an welcher das zweyſtirniche Haubt Jani:Halt ſtetig gute Wacht.Dieſes ſind alſo die dreyſtaendıgen Sin ̅ bilder der XII. Monat/ auf Glaeſer/ Scha??? len/ Teller oder auch in Gemaehl zu gebrauchen.
|| [130]
XII. Decembris.???angu ̅ et vigilantia brumae.Det Saturnalia porcus.Bifrontis lumina Jani.
|| [131]

Caſſandra.
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DIe oftermeldte Geſpraech ſpiele ſolle ̅ von lieblichen und angene= me ̅ Sachen hergenom ̅ en werden/ maſſen das Woertlein Spiel nur von ſolchen Haendlen die uns beluſtige ̅ gebraucht| wird. Es iſt aber nichts ſchoeners un ̅ behaeglichers als die Blumen/ dere ̅ (§ 31.) in vorigem Spiel * Herr Veſpaſian gedacht. Weıl man nun ſolche nicht alle zu einer Zeit haben kan/ Geſtalt faſt jede ihr gewiſſes Monat hat/ ſo mag man/ nach vorigen Erfindungen der Blumwerk von Atlaß und Taffet gemacht zu Sinnbilderngebrauchen.2. R. Man kan auch einen Aufzug von den Blumen bringen/ und ſie als Nymphen ſingend und dantzend auf den Schauplatz fuehren.3. C. Der Herr fahre fort/ mit ſolchem Blumenaufzug.4. R. Der Titul ſol ſeyn/ wie erſt gedacht:
|| [ID00177]
|| [133]

Der Blumen Aufzug. Vorredner. Der Frueling.
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1.
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Der froſtige Winter iſt endlich entwichen: der ſchmeltzende Schnee iſt ſchleinig auf Raſen und Waſen verſchlichen. Es gruenet der Klee; Dort wallet in Wellen derrueſtige Maſt/ und fuehret der Schiffe gefluegelten Laſt/ in offener See.

2.
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Die Turteltaub laeſſet ſich wiederumb hoeren/ in munterer Lufft.
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Des Feigenbaums aeſtige Knotten ſich mehren: der Gegenhal rufft. Die Nachtigal krauſelt und ſauſelt ihr Lied/ ſie wuenſchet den hulden und guldenen Fried: es toenet die Grufft.

3.
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Die Felder und Waelder ſich wieder erneuen/ in ietziger Zeit: Die Hirten der Herden zu hueten ſich freuen Saphirener Weid. Es kommen die Blumen und Kraeutlein herfuer/ ſie weiſen hochpreiſlich buntfaerbige Zier/ in ruechendem Kleid.

4.
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Es werden die Baeume von neuem bekroenet/ mit Blůten und Laub;
|| [135]
Es leben die Reben von Regen beſchoenet/ nach threnendem Raub. Es prachtet zu Morgens das perlene Tauen/ befeuchtet die Matten/ befruchtet die Auen/ und leſchet den Staub.

5.
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Mir folget ſo mancherley Blůmelein Art/ ſo mancherley Thier’ auf Erden/ im Waſſer und Lufften ſich part. Erwartet alhier der Blumen/ ſo kommen zu dantzen und ſpringen/ geſtaltet als Nymphen/ zu klingen und ſingen/ mit lieblichſter Zier!

6.
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Ihr ſterblichen Menſchen erlernet hierbey: daß Hoheit und Macht/
|| [136]
wie Blumen/ mit Falben und Fallen gedey’ in eitelem Pracht. Wir gruenen und grunen auf hieſiger Erden/ und mueſſen auch endlich zu Erderich werden/ in ewiger Nacht.5. A. Dieſe Nymphe wird nun mit einem gruenen und mit allerhand ???unten Blumen eingewirktem Rock bekleidet/ und mit dergleichen Krantz ge= ???roenet ſeyn.6. R. Nachdem man viel oder wenig Unkoſten aufwenden wil/ ???ach dem kan man die Perſonen auskleiden. Nun folgen die vornemſten ???Blumen/ und zwar erſtlich folget der Veiel/ oder die Violien. Die Nymphe ???t angethan mit einer weiſſen fluegende ̅ Kleidung/ darauf hinundwieder kleine ???iolbluemlein geſprengt. Ihr Kraentzlein iſt von beſagten Blumen gemacht.7. J. Sonders Zweiffel fuehrt dieſe Blum den Reyen/ weil ſie/ mit be= ???agtem Lentzen/ die erſte/ oder ja der erſten und vornemſten eine iſt.
|| [137]
8. R. Wann ich das Veielbluemlein recht betrachte/ ſo finde ich/ daß es fueglich mit der Demut kan verglichen werden. Jenes iſt das erſte vn= ter den Blumen/ dieſe die erſte/ und gleichſam der Grund aller andern Tugen= den. Der Veiel waechſt an kleinen niedrigen/ und auf der Erden liegenden Staeudlein/ in dem Schatten/ und gibt einen lieblichen Geruch/ als die Kaei= ſerskron/ oder ſtoltze Tulipan/ welche in dem Sonnenſchein herlich prangen/ aber niemand nutzen. Die Demut ſihet nicht hoch anzukommen/ dienet aber mehr/ als der Ehrgeitz/ und Hofpracht. Der Veiel kuehlet in hitzigen Kranck= heiten; Die Demut beſaenftiget die vergallten und zornigen Hertzen. In ſol= cher Betrachtung kan vor beſagte Nymphe folgende Verſlein ſingen:

Der Veiel.
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1.
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Bald der graue Winter weicht und der Silberſchnee verſchleicht in den trieflenden Auen/
|| [138]
laß ich auf den falben Matten/ nechſt der Zaeun=und Heckenſchatten meine Bluemelein ſchauen.

2.
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Purpurbraun iſt mein Gewand/ gruen und Gold der Blaetlein Band/ voll hertzkuelendem Safft: In den neuen Hirtenkraentzen ſihet man Violjen glaentzen/ mit vielruechender Krafft.

3.
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Wer die Veielblum betracht/ nimt der Demut Bild in acht/ mit viel trefflichen Gaben: Die nun auf der Erden liegen/ ſich in Doernenſchatten ſchmiegen/ werden endlich erhaben.
|| [139]
9. V. Alſo ſollen auch andere Blumen ihre Lieder und Deutung ha= ben. Es bedunckt mich aber/ man koente ſowol zu der Kleidung/ als dem Krantz/ noch andere Mertzenblumen gebrauchen/ iedoch/ daß der Veiel die vornemſte ſeye.10. R. Hierinne will ich mich gerne vergleichen. Die zweyte Nym= phe ſol in ihre Bekleidung allerley Roſen eingewirket haben/ deren eine groſ= ſe Anzahl/ und von allerhand Farben bey 15. Arten gezehlet worden. Durch dieſe Roſen wird gebildet die Freundlichkeit/ und Schamhaftigkeit/ und wird verglichen mit keuſcher Liebe/ wegen der Doerner/ welche gleichſam Pfeile ſind/ und dann wegen des gelben Haubts/ und der weißlich roten Fluegel. Da= hin zielet folgendes Reimgeſang.

Die Roſen.
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1.
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Bald die Morgenrote lacht und der Berge Spitzen guldet/
|| [140]
iſt der Roſenkopf erwacht/ der frueperlnem Tauenhuldet. Seine Doernerwaffen retten was geachtet buntlich prachtet/ in den Buxumſchantzten Staetten.

2.
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Wie man ſonſt den Knaben mahlet/ ſo das Venuskind genennet/ deſſen Haubt mit Gold beſtralet/ deſſen Pfeil die Hertzen brennet/ deſſen Fluegel Blaetlein gleichen: alſo leben/ alſo ſchweben/ Roſen/ welche roetlich bleichen.
|| [141]

3.
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Aller Tugend Hofefarben ſollen uns die Roſen weiſen/ Zucht bereichert/ welche darben/ und macht andre Gaben preiſen. Scham und Keuſchheit ziert die Jugend/ ſo vor allen Gott gefallen/ und ſie lieben nechſt der Tugend.11. A. Dieſes wird von den roten Rofen allein zu verſtehen ſeyn/ welches die lieblichſten/ und ſchoenſten; maſſen; die weiſſen wenig Kraft/ die gel= ben aber in der Artzney nicht dienen.12. C. Die meinſten Roſen ſind rot oder roetlich/ als die Zukkerroſen/ Sineſerroſen/ Monatroſen/ Hundertblaetterroſen/ Damaſcenerroeſlein etc. ie hoeher ihre Farbe/ ie ſtaercker iſt ihr Geruch; je rauher der Knopf/ ie kraeftiger iſt [142] ???er Safft. Bevor die Zeit ihre Schoenheit zeitiget/ ſind ſie in einem grasgruenen Knoten verborgen; brechen alsdann mit Fleiſchfarben Spitzlein hervor; eroeff= ???en ſich durch der Sonnen Hitz/ und zeigen/ an ſaffrangelben Zaeſerlein/ klei= ???e/ gleichgefaerbte langlichte Knoepflein.13. R. Die drıtte Nymphe iſt angethan mit einem gruenen Rokke/ auf ???elchem weiſſe Liljen gleıchſam eingeſaet. Unter die Liljen wird auch gezehlet ???ie Kaiſerskron/ und deswegen genennet die Koeniglilie.(Lilium Re- gium.) 14. J. Ich erinner mich/ daß dieſe Blum zu einem ſchoenen Sinnbild ???dienet*/ mit der Obſchrift:(* LXXV.) NIemand der Geruch behagt.Zu bedeuten die muehſame Sorgfaeltigkeit hoher Ehren und Wuerden.
|| [143]
15. R. Und ſchicket ſich dieſes vielmehr/ weil/ die Kaiſerskron in ieden Blaetlein/ gleichſam ein weiſſes/ und mit ſueſſem Safft gefuelltes Perlein weiſet/ aus welchem etliche Troepflein zu threnen pflegen/ wann ſolche nicht (* Salubri do- cumento Ferarius in Flora. f. 143. ſcatere lacri- mis coronas) von dem Honigvoelcklein ausgenommen werden.* Dahin zu deuten/ daß auch die hoechſten Wuerden nicht ohne Threnen und Truebſal/ deswegen man auch beyſchreiben koenteNIcht ohne Threnen.(ïdem f. 462.) 16. D. Es werden auch die Tulipanen unter die Liljen gerechnet/ wie auch andere Glokkenblumen. Wann man an die Liljenzwifel in roten Wein haengt/ oder ein wenig Zinober darein thut/ ſo werden die Blumen roet= lich weiß/ und kan man ſolches auch mit andern Blumen zuwegenbrıngen.
|| [144]
17. R. Die Liljen=Nymphe ſoll folgendes Liedlein hoeren laſſen.

1.
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Gott hat mein Kleid geſtikket/ ohn mein Sorgen: mit Silber mich beglůkket ſpat und morgen/ die Lilje Sceptergleich geſtaltet/ hoch ůber alle Blumen waltet mit Pracht beſchmuekket.

2.
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Der weiſe Koenig Salomon den Liljen weicht; ſein hoher Thron und Koenigskron/ ſich mir nicht gleicht: Weil ihn der Weiber Luſt verfuehret/ iſt er nicht/ wie ich bin gezieret/ weiß/ rein und ſchoen.
|| [145]

3.
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Der in erhabnen Wuerden lebet und iſt beflekkt/ in deſſen Hertz und Munde ſchwebt was ihn erſtekkt: Die aber reine Geiſter haben/ in denen ſind des Hoechſten Gaben bald aufgewekkt.18. A. Hier wird unter andern geſehen/ auf die Form der Liljen/ wel= che einem Scepter gleichet/ wegen ihres gruenen und mit glatten Spitzblaettern nach=und nach angeſetzten Stengels. Die Blum iſt erſtlich gruenlich/ und rautenlaenglich/ wird aber in der Zeitigung ſelber weiß und mit glaentzenden Fae= den unterzogen.19. R. Nun folgen die Naegelein oder Nelken/ alſo benamet von der Gleıchniß/ welche ſie von den Naegeln haben maſſen ihre breite Blaetter ſich [146] ???it der Blatten/ der Stiel aber mit der Spitzen vereinbaret. Dieſer ſind nun weyerley: Etliche werden von Samen geſaeet/ und Feldnaegelein genennet: Et= ???che werden von den Pflantzen und Sproſſen gezogen. Der Naegelein Far= ???en und Arten ſind beſtaendig in jaehrlicher Unbeſtaendigkeit; iedoch ſind aller Blaetlein/ wie eine Segen/ zerkerbet/ und haben in der Mitte gleichſam etliche Silberhaare. Die Blumentauffer nennen die vornemſten alſo: Alançon, Brueſſler/ braungeſprengte/ Coelniſche/ Engliſche/ Eſelmaul/ Fa- ???ars, kleine Frankfurter falſch Ziprioten/ Fraeulein/ Grandſignor, Großfrankfurter/ Großpurpur/ Kaeiſerin/ Kleinpurpur/ Koe= ???igskragen/ Hylo, Hollaender/ Luettiger/ Leibfarb in weiß/ Maend= ???ein/ Metzer/ Naſſauer/ Orangebaldiers, Princeſſin oder Roſen/ ???olniſche Muetze/ rote/ dikke/ Straßburger/ Schwitzer/ Ziprio= ???en/ und noch vielmehr/ welche mir nicht beyfallen.20. J. Wan ̅ man unter den Samen Zibet oder Biſam menget/ oder ???ch den Samen ueber Winter darbey liegen laeſſet; ſo wird die Blum wolrue= ???ender.
|| [147]
21. R. Dieſer Nymphe Bekleidung iſt gleich den andern mit beſagter Blum eingewirket/ und kan ihr Lied folgendes Inhalts ſeyn.

1.
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Die Nelken ſind ſchamriret/ mit Farben buntgezieret/ geflammet/ weißgemenget/ betueppelt/ eingeſprenget/ ſie bringen gleichen Samen/ mit ſeltnen wunder Namen.

2.
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So iſt der Menſchen Sinnen/ Gedenken und Beginnen/ auf manche Weis geſtaltet/ das gleich den Blumen altet;
|| [148]
Daß ſchwerlich zwen zu nennen/ ſo nicht die Sinne trennen.

3.
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Die Nelken ſind uemwunden/ den Pfaelen angebunden/ auf daß ſie ſchoener bluehen/ und friſche Pflantzen zihen: So muß der Menſchen Sinnen durch Zucht die Frucht gewinnen.22. C. Hieher gehoert das Sinnbild/ wiewol in einer gantz andern Neinung.DAs Band erhaelt die Zier.
|| [149]
23. R. Nachdem dieſe 5. Nymphe oder Halbgoettine ihre Lieder vo??? lendet/ dantzen ſie einen Spieldantz mit artlichen Verwechſlungen/ ſchli??? len endlich einen Reyen/ und ſingen folgendes zuſammen.

1.
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Komm Suedenwind geſchwind! bekuß das Lentzenkind. Die Blumen mancher Arten dein in den Garten warten. Komm ſůſſer Sudenwind!

2.
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Trief Regen Wolcken ab/ und lab uns mit der Himmels gab:
|| [150]
Du kanſt die Blumen nehren/ ernehren und v???rmehren/ trief Regen Wolcken ab!

3.
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Gewuerme ſonder Zahl im Thal/ ver ſchon uns allzumal. bis daß wir fallen mueſſen/ dann moecht ihr wol genieſſen der Blumen ohne Zahl.Will man die erſten drey Zeile den Frueling ſingen laſſen/ ſo koennen die ???ndern zuſammenſtimmen/ und zugleich ihre Tritte nach dem Ton richten. ???ieſes ſingende Dantzſpiel ſolte mit groſſer Lieblichkeit durch ſchoene und der ???uſic erfahrne Knaben vorgeſtellet werden/ und kan ein ieder Dantzmeiſter ???chtlich zwiſchen den Liedern andere Figuren erſinden.
|| [151]
24. A. Von den Blumen kan man viel Geſpraechſpiele aufgeben/ un= ter welchen das gemeinſte iſt/ daß man fraget: Was gebt ihr mir fůr Blumen zu meinem Krantze? da dann alle Blumen/ iedoch keine ohne Fehler/ zweymal/ benennet werden ſoll.25. D. Alſo koente man auch die Blumen beſchreiben/ als zum Exem= (Plin l. 21. c. 23) pel ſey das Bluemlein Anemoneroeſlein/ von welchen die Poeten dichten/ daß es von Adonitis Blut erwachſen/ als er von einem Schwein geſchlagen wor= den. Etliche ſchreiben/ daß es von den Threnen Veneris/ ſo ſie wegen Adoni= dis Todsfall vergoſſen/ entſproſſen: Andere ſehen auf den Urſprung des Grie= chiſchen Namens/ und nennen ſie dıe Windesblum/ weil ſie von dem Winde eroefnet/ und/ wann ſelber verueber/ wieder geſchloſſen wird.26. J. Es ſind dreyerley Arten dieſer Roeſlein. Das erſte gewinnt kleine zerſpaltene Blaetlein/ ſein Stengel iſt duenn/ traegt purpurfarbe Blumen/ ſo groß/ als der wilde Magſamen/ haben in der Mitte ein klein ſchwartzes Koepf= lein. Die Wurtzel iſt ſo groß als eine Olive mit vielen Zaſeln. Die zweite Art hat tiefere zerſchnittene/ und groeſſere Blaetter/ bringt purpurweiſſe Roſen/ die [152] Wurtzel iſt kurtz. Die dritte Art kleidet ſich mit Blaettern/ wie der Hanenfuß/ ???at einen duennen und runden Stengel/ darauf wachſen weiſſe Blumen/ faſt ???n der Roſen Groeſſe/ mit fuenf Blaetlein beſetzt/ welche zu Zeit mit rot unter= ???niſcht ſind. Man findet auch noch andere mit purpurfarben und goldgelben Blumen.27. V. Man hat blaue/ gruene und gelbe Anemone wie auch Aſchenfar=(Ferarius d. l. f. 176.) ???e/ eingeſprengte und drey und mehrfaerbige.28. A. Es iſt noch eine Art dieſer Roeſlein/ der Koenig/ oder die ???choenſte unter allen genannt/ welche gleichſam mit einem ſchwartzen und pur= ???ur eıngefaſten Seidenem Kleid angethan/ faſt ſo groſſe Blaetter hat/ als die ???ulipan/ ſo bisweilen von auſſen gruen/ und bunt eingeſprenget ſind.29. R. Der Samen von dieſen Bluemlein wird wider den Stein/ ???it welchem er eine Gleichheit hat/ gebraucht.30. C. Es gibt auch wilde Anemone/ rotlichte und bleichgelbe Bluem= ???in tragende/ und werden insgemein genennet Feldroeſlein. Unter dieſe Ar= ???n zehlen etliche die Kuchenſchelle.
|| [153]
31. D. Die Anemone Wurtzel/ welche einer Olivie gleichet/ muß man drey Tage vor dem Neumond/ in dem Herbſtmonat ſtekken: die andern/ wann es einen ſpaten Herbſt gibt/ in dem Weinmonat/ oder wol gar zu An= fang des Wintermonats.32. J. Dieſe Roeſlein mueſſen in Scherben gehalten werden.33. V. In einem wol verweſenen Erdrig/ daß der boeſe Geruch von der Dungung nicht geſpuehret wird.34. A. Sie werden ſo tief in die Erden geſtekket/ als etwan zween Finger dikk ſind.35. R. Das Regenwaſſer/ oder Brunnenwaſſer/ welches von der Sonnen zuvor erwaermet worden/ iſt zu Begieſſung dieſer Blumen am dienſt= lichſten.36. C. Die Winterſonne iſt den Anemoneroeſlein am dienſtlichſten/ doch mueſſen ſie vor dem gar zu harten Winter und rauhen Luft verwahret werden.
|| [154]
37. D. Es haben mehr als zweyhundert von den Blumen geſchrie= ???n/ daß hiervon genugſame Nachrichtung zu finden/ und ſind die letzten/ wie ???uch in andern Wiſſenſchaften/ die beſten/ weil ſie geleſen/ was andre darvon ???aben/ und aus eigner Erfahrung nicht wenig beygeſetzet.(Ferarius in Flora c. 2. f. 12.) 38. J. Ich muß hieher widerholen/ was wir bey juengſtem Spatzir= ???ng/ aus vorgedachtem/ und ietztgeuebtem Spiele fuer ein Geſpraech gefuehret. ??? Wir waren in einem von der Natur/ und dem Fleiß hoechſtaus geziertem ???arten. Ich fragte/ was man wol koente an die Thuer ſchreiben? Mein Gefert ???twortetmir dieſe Wort:Hier hegt die Frau Natur ihr Kunſt verbundnes Weſen: Du ſolſt es mit dem Aug/ nicht mit den Haenden/ leſen.49. V. Das zweydeutige Wort leſen zieret dieſen Reimſchluß/ dann ???s Aug die Schrift/ (welche auch dem Bilde zugeſchrieben wird) liſet/ wie ???e Hand die Blumen auflieſet/ oder einſamlet.
|| [155]
41. J. Ein andrer ſagte/ man ſolte ueber das Grabſcheid/ den eiſern Re= chen und dergleichen/ Gartengeraetlein ſchreiben:RAſten macht roſten.42. A. Dieſes hat eine ſeine Deutung auf den lobwuerdigen Fleiß und ſchaendlichen Mueſſiggang.43. J. Ein anderer wolte dieſes verbeſſern mit folgenden Worten:Mueh und Arbeit den Glantz bereit.44. R. Wann man nemlich das Eiſen in der Feldarbeit fleiſſig ge= brauchet/ ſo wird es glaentzend: Solches hat erſtgedachte Deutung.
|| [156]
45. J. Wir ſahen/ ferners einen Sprengkrug/ die Blumgewaechſe zu begieſſen hierueber wurde folgendes angegeben:MIt Maß zu rechter Stund: Zu viel iſt ungeſund.46. R. Dann gleichwie der Magen des Menſchen das ueberflueſſige Getrank nicht verdeyen kan; alſo werden auch die Blumen/ mit zu vielem Be= ???ieſſen ueberſchwemmet/ daß ſie ausroſten.47. J. Uber eine Seegen/ Meſſer/ Baſt/ Peltzwax/ und andern Impfzeug wurde dieſes zu ſchreiben vorgeſchlagen:Die verwundte Rinden machet Fruechte finden.
|| [157]
Ein andrer wolte dieſes alſo verbeſſern:NAch Schmertzenleid folgt Hertzenfreud.48. C. Dieſer Wechſel hat das Sprichwort aufgebracht/ wann wir ſagen: Gluekk und Ungluekk ſind einander zur Ehe gegeben.49. J. Ferners kamen wir zu dem Wurtzſcherben und Blumfeldern/ in welche fremde Gewaechſe mit den gemeinen Blumen untermenget. Hier= ueber/ ſagte einer/ koente man billig ſchreiben:Was ſelten/ muß gelten.Der andre ſagte:Die Neurung macht Teurung.50. V. Nach viel dergleichen ſelbſtaendigen Sinnbildern wurde fol= gendes Gedicht erzehlet:
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Die Kunſt/ ſagte er/ hatte ſich mit dem Fleiß verbunden/ des Blumwerks Meiſterſtukk auf dem gruenen Schauplatz der Gaerten vorzuſtellen. Die bee= den Weibsperſonen/ machten ihrem Gebrauch nach/ nicht wenig ruhmraehti= ???ges Geſchwaetz/ welcher maſſen ſie die Natur bezwungen/ beſieget/ und ihnen ???unterthaenig gemacht/ ja viel ſeltenes/ ueber der Erden natuerliches Vermoe= ???gen/ ausgewirket haette ̅ . Die Natur/ ein alte Koenigin/ mit Majeſtaetiſchem An= ???geſicht/ hat ihr Mißfallen mit Erroeten verbergen wollen/ und doch endlich/ ???weilen ihr die Verachtung unertraeglich/ hat ſie auf ihre Saftreiche Brueſte ???gewieſen/ und zu ſich genommen die Verwandlung der Jahrszeiten/ ???benebens dem Morgen/ dem Mittag und dem Abend. Die kuehne Kunſt ???wolte der Natur und ihren Geferten nicht weichen/ ſondern forderte ſie aus ???uf einen Zweykampf oder eıne Meiſterprob: Ergreifft ſo bald das Haeplein/ ???oder krumme Meſſer/ ſchneidet von einem Roſenſtokk drey Augen/ und ???fropfet darein drey andere Roſenzweiglein/ welche aufgewachſen und weyfaerbige Blumen gebracht. Die Natur ſchluge mit ihrem Stab auf die Erden/ und bringt ſo bald hervor einen unbekanten Baumen/ mit vielfarbigen [ID00204] [160] ???unten Roſen: befihlt auch inzwiſchen den Jahrs und Tagszeiten alle Huelffe ???em Kunſtgewaechſe zu entziehen/ welches ſobald geſchehen/ daß die ge= ???mpften aeſtlein bald gefalbet/ verdorret/ und verdorben. Die Kunſt erſtaunte/ ???er Fleiß wolte ſich mit der Natur verſoehnen/ und bande einen andern Krantz von Blumen/ ueberreichte ſelben/ der obſiegenden Natur/ mit ſo vielen ???hoenen Worten/ daß zu zweifflen/ ob dieſelben oder die Blumen mehrers ???ob der Lieblichkeit verdienet.52. V. Dieſes kan leichtlich gemahlet und fuer Augen geſtellet werden.53. C. Ich gebe hiemit den Spialſtab von mir/ wiewol dieſes Ge= ???praech durch mich nur angefangen/ von der gantzen Geſellſchaft aber voll= ???uehret worden.
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Degenwert.
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WIr haben bishero von den lebendige ̅ / und ſelbſtaendigen Bildern geredet. Die lebendigen Bilder nenne ich die Perſonen/ welche gleichſam das vollkommene Gemaehl iſt; maſſen dem natuerliche ̅ ??? Mahlwerck die Bewegung/ dem Spiegelbild aber/ welches die Bewegung auch geſtaltet/ die Rede gebricht: alles drey findet ſich in den Perſonen der Schauſpiele/ welche als Nymphen mit Blumen be= kleidet/ dantzend/ und ſingend aufgefuehret worden. Das ſelbſtaendige Gemaehl aber meine ich alles andre/ was zu der Sinnbilder Figuren wirklich dienet/ wie gedacht worden von derſelben unterſchiedenen Ob=und Beyſchriften.2. J. Wie ſonſten der Mahler der Natur Schuler iſt/ indem er??? von ihr ſeine Kunſt erſtudiren muß; alſo bedienet ſich der Poet der Natur??? ſelbſten/ und/ in Ermanglung derſelben Geretſchaft/ des Gemaehls.3. D. Bevor ich nun ein mehrers hiervon anfuehre/ muß ich gedenken/ daß auch kein Bild/ ſondern die ſchwartze oder weiſſe Farbe an ſtatt eines [162] Bildes ſeyn kan/ wie jener auf einem ſchwartz ſammetem Schilde dieſe Wort gefuehret:Kein Gemaehl den Schmertzen bildet.4. V. Hieher koente gezogen werden/ die ungemahlte Tafel/* verglichen(* XI. § 10.) ???mit einem Knaben/ durch die Beyſchrift.OB und wie man wil.oder:Zu Boeſem und Guten bereit.5. A. Man koente es auch auf die Hoffnung eines ungluekkſeligen deu= ???en/ alſo:Gluekk kan alles bald geſtalten.
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6. D. Vorbeſagten ſchwartzen Schilds hab ich mich erinnert/ als ich unlangſt/ in einer gantzen finſtern Nacht/ nicht ſchlaffen koennen/ und fol= gendes Irrgedicht aufgeſetzet.7. R. Dieſe Reimart ſchikket ſich ſehr wol zu der Nacht. Wir wol= lens gerne hoeren.

Vorbildung der Ewigkeit.
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8. D.(Das II. An= dachtsgemael.)
DEr Mond=und Sternen Liecht/ nun gebricht. Pechſchwartze Nacht/ ich ſehe dich/ un ̅ ſehe nicht/ Dein Bild iſt ohne Bild/ in Schatten eingehuellt. Der Schlaff/ die Todsgeſtalt/ laeſt uns zuzeiten wa= (chen und machet uns im Traum bald weinen/ ſelten lachen/ nachdem der Tag vollbracht.
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O Tod/ gewiſſer Tod/ du ligſt uns an der Seiten/ ???du kanſt durch Schmertzensangſt zu Freud und Leiden leiten! wann ich die Nacht betracht/ ???die dueſterblinde Nacht/ die nichts/ und alles weiß/ ???hn Anfang/ Mittel/ End/ ohn alles Ziel und Zahl. Hier lern/ ich dieſes Mahl/ was ewıg ewig ewig heiſt. ???er holden Farben Unterſcheid/ den ſonſt die liebe Sonne gibt/ ???ſt durch die dueſtre Nacht geendet und betruebt. Was vor geweſen iſt im Weſen dieſer Zeit/ pfeilt ſchnell verweſen hin/ in dieſer Eitelkeit. ???Setz hundert/ tauſend Jahr’/ es iſt nicht viel: ???tz tauſend tauſend Jahr O langes ueber langes Ziel.1
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Noch iſt es keine Stund der Ewigkeit/ die ſtetig ſtets beharrt zu aller Zeiten Zeiten Zeit. Ach Gott nach dieſer Nacht erhellt die Sonne wieder/ die ausgeruhten Augenlieder/ beſtellen ihres Dienſtes Wacht: Wann aber nach dem Tod geendt/ was enden kan/ ſo faengt ſich/ ſonder End/ des Anfangs Anfang an. Einſchweres Donnerwort/ das ewig ewig heiſt. Die Freud=und Trauernacht hat mir zu Sinn gebracht den Tod durch ſueſſe Ruh/ das Leben durch die Wacht. Der Gott der Ewigkeit/ ſey ewig hoch gepreiſt!9. C. Es ſind feine Gedanken.10. D. Eine Haubtregel iſt/ daß man Geſpraechſpiele von lieblichen/ und erfreulichen Sachen/ welche in allen Kuenſten und Wiſſenſchaften be= findlich/ hernehmen ſol. Unter dieſen iſt die Mahlerey der vortrefflichſten [166] ???nd lobwuerdigſten eine, daß wir Urſachen gehabt viel Geſpraechſpiele darvon ???ufzugeben.11. J. Alſo kan man einer Sache vielmals gedenken/ aber iedes= ???als andere Betrachtungen darueber haben; wann ſonderlich ſelbe ſo weit= ???ufftig iſt/ als die Mahlerey.12. D. Es iſt unter andern gedacht worden*/ daß zu einem vollkom ̅ e=(* CCI. Iunıus de Pi- ctura vete- rum.) ???en Gemaehl fuenferley erfordert werde.I. Den Inhalt eines Gemaehls zu erfinden/ das iſt die Erfindung des(*CCIV. iſt ein mehrers darvon zu le= ſen in de ̅ zwey= ten Theil des Poetiſchen Trichters.) Gemaehls ſelbſten.II. Der Umriß nach richtigem Ebenmaß.III. Die Farben/ Liecht und Schatten/ Schwartz und Weiß behoerig ???ufzutragen.IV. Die Erregung des Gemuets auszudrucken.(* CCLIII.) V. Alles in ſchoener Ordnung aufzumahlen.(* XI. LI. LIII. CLXV, CLXXI. CCXLIX. CCLVI.) Die erſte belangend/ haben wir darvon geredt in der Dicht=und Bild= ???unſt*/ wie auch ın der Sinnbildkunſt* zu unterſchiedlichen Malen.
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13. V. Die Erfindung der Gemaehle kan getheilet werden in weſent= liche und erdichte Bildungen. Die weſentlichen Bildungen koennen herge= nommen werden von allem dem/ was uns zu Geſicht kommet/ welchem der Penſel von eines gute ̅ Meiſters Hand gefuehret/ nachahmt/ und mit natuerlich= ſten Farben geſtaltet. Dıe erdichten Gemaehle aber werden entweder gar nicht in der Natur gefunden/ als da ſind die Bildungen der Tugenden/ Laſtern und andrer Eıgenſchaften/ der groteſken und abenteurlichen Mahleriſchen Ein= faelle/ welcher ſich auch der Poet bedienet: oder es werden ſolche Gemaehl von den vergangenen oder zukuenfftigen Geſchichten/ welche wir nicht vor Augen haben koennen/ hergenommen. Es erweiſet aber der Mahler vielmehr Kunſt in dieſen letzten als den erſten: gleichwie hoeher zu achten iſt/ einen Brief erſtlich aufſetzen/ und ſeine Gedanken wollautend zu verabfaſſen/ als einen ſolchen Brief abſchreiben.(* XVII.) 14. A. Hieher gehoeret unſer Spiel von des Mahlers Eigenſchaf= (* CLXX.) ten* und der Bildereyen*.
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15. R. Man kan auch das Gemaehl theilen in das/ welches eine ver= ???orgene Deutung hat/ als da ſind die Sinnbilder/ Bilderſchriften/ Abbildun= ???en der Gedichte und in das Gemaehl/ welches Geſchichte vorſtellet/ ohne ver= ???orgneen Verſtand.16. C. Hieher gehoeren unſere Reimgemaehl/* welche mir vor an=(* CCLXVII.) ???ern wolgefallen.17. D. Belangend II. den Umriß und das richtige Ebenmaß La Pro- ???ortion eſt, Laplus divineactionde??? entendement der Bilder/ iſt auch ???on demſelben Meldung beſchehen*/ und iſt aus den Reißbuechern zu erſe=(* CCLIII.) ???en/ wie die Laenge des Angeſichts der Grund iſt der gantzen Geſtalt. Die Be= ???egungen des Leibs nach Kunſtgruendiger Verkuertzung vorzuſtellen gehoert ???gentlich zu der Sehkunſt.18. J. Wie das Aug beſchaffen/ und die Sehung geſcheh/ eiſt gleichs=(* CLXXXIII, CCLIX.) ???als gemeldet worden*.19. V. Hieher gehoeret auch die Frage*: Ob das Geſicht der edelſte(* LXXII.) ???ter den euſſerlichen Sinnen?
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20. D. Mit kurtzem wollen wir gedenken der Sehkunſt/ welche heut??? zu Tage die Mahler beſſer ſtudiren ſolten.21. A. Muß man ein ſondre Kunſt erlernen/ um zu ſehen? der gute Au= gen hat/ bedarf keiner Kunſt darzu.22. D. Durch die Sehkunſt wird verſtanden der richtige Grund= riß aller Sachen/ wie ſie uns zu Geſicht kommen/ durch und in den Glaeſern geſehen werden daher gehoeret die Wiſſenſchaft von den Brillen und andern Glaeſern/ durch welche wir ſehen/ und von den Spiegeln/ in welche wir ſehen/ deren viel und mancherley Arten/ daß ausfuehrlich darvon zu reden viel Tage zu kurtz ſeyn wuerden. Der Spiegel iſt das Meiſterſtukk der Kunſt/ und ueber= trifft das vortrefflichſte Gemaehl: ja ich will ſagen/ daß der Spiegel/ verſtehe nicht nur die flachen/ ſondern die bauchigten un ̅ Holſpiegel kuenſtliche Wun= de werke leiſten koennen/ welche Unverſtaendige fuer Zauberſtuekklein aus= ſchreyen.23. R. Eines nur zu gedenken/ daraus die Eigenſchaft der Seh= kunſt in etwas erhelle/ neme ich ein Kartenblat/ ſtich mit einem Hefftlein die??? [ID00215] [171] Figur einer Roſen darein/ beuge das Kartenblat und ſtelle ein Liecht darhin= der: So bald wird die Roſe in einer andern Geſtalt/ als ſie bezeichnet iſt/ erſchei= nen/ und zwar ſolcher Maſſen/ wie alle Sachen/ in der Perſpectiv ſollen auf= geriſſen werden.Hieraus erſcheinet/ wie in den bauchigen/ oder wann man das gebogne Kartenblaetlein uemwendet/ wie in den Holfpiegeln die Verformung/ und Miß= ſtellung der Figuren/ aus den Liecht=und Augenſtralen entſtehe.24. C. Dieſe Sachen ſind uns viel zu hoch und zu ſchwer/ aber dieſes iſt mir wiſſend/ daß man die Goetter allezeit groeſſer als andre Menſchen mah= len ſol/ wie ſie auch ſolcher Geſtalt von den Poeten beſchrıeben werden.25. R. Die Tafeln muß man an ihr rechtes Liecht/ oder an rechten Tag ſtellen/ ſonſt kan man ſie nicht recht ſehen/ wann das Liecht wider den ge= mahlten Schatten ſtralet.(* XIII. * LXI.) 26. D. Von den Farben*/ Liecht und Schatten*/ welche Kundi= gung das III. Stuck eines Mahlers iſt/ haben wir auch Geſpraechſpiele ange= fuehrt/ und hat die Kunſt auch hierinnen ihre gruendliche Richtigkeit. Die [172] ???ohe Farb iſt eine Art des Liechts/ wie die tunkle eine Art des Schattens. Das ???Aug beluſtiget ſich in Anſchauung vieler Farben/ und betruebt ſich in beharr= ???cher Anſehung einer Farbe/ welches wir beobachten/ wann wir den weiſſen ???Schnee auf dem Felde/ oder die Finſterniß eines Kellers oder Gefaengniß an= ???chauen mueſſen. 27. J. Die Bedeutung der Farben kommt in den Geſpraechſpielen ???ft zu dienen/ und werde ich hierbey eingedenk/ daß in dem Spiel von den ???Kraentzen eıne Jungfrau/ an Statt der Blumen gelbe und gruene Zwifel ge=(Guochi Se- neſi. f. 221.) ???en wollen zu bedeuten/ daß die Hoffnung/ durch die gruene Farbe bedeutet/ ???un anfange zu falben/ welches wie die Zwıfel und Knoblach viel Threnen ???erurſachen werden. Ein andrer hat es auf die gruene/ friſche und doch reiffe Scharffſinnigkeit gezogen. 28. V. Man muß in dieſen Deutungen nicht zu weit gehen/ ſonſt ???an man auch ein Gelaechter dardurch verurſachen. Unter andern mag man ???iner Sprache/ Vollkommenheit aus Benamung der Farben erkennen/ und ???ſt unſre teutſche Zunge hierinnen abſonderlich fertig. Wir ſagen vom Un [173] terſcheid der Mahler Farben/ daß ſie haben Bleyweiß/ Schiferweiß/ Milch= weiß/ Graulichweiß/ Glaßweiß/ Rotweiß/ nachdem man die Farben miſchet. 29. A. Schwartz/ als Kuehnſchwartz/ Kohlſchwartz/ Beinſchwartz/ das von Helffenbein gebrennt wird/ Pechſchwartz/ Rusſchwartz. 30. R. Die hohen Farben ſind Mini/ Zinober/ Laſur/ Berg= gruen/ Tirneſel/ Rotbraun/ Indig/ und die liechte Purpurfarb/ Meng/ Zinober/ Schafroetel/ Florentiner Lakk/ Kugellakk. Werden ſolche Farben unvermiſcht aufgetragen/ ſo ſetzen die Mahler darzu das Woertlein Satt/ als Sattrot/ Sattgruen/ etc. 31. C. Es iſt Bleichrot/ Blutrot/ Tunkelrot/ Fuchsrot/ Liechtrot/ Feuerrot/ Purpurrot/ Carmafinrot/ aber alle gemiſchte Farben. 32. D. Gelb iſt Okkergelb/ Obergelb/ Umbra, Colniſche Erde/ Bley= gelb/ Beergelb/ Rauſchgelb/ aurum pigmentum, Schuettgelb. 33. J. Gruen: Berggruen/ Schifergruen/ Saftgruen/ Gruenſpan.
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34. V. Blau: Laſur/ Oltra marin, Bergblau/ Waſſerſchmalten/ Bergaſchen etc. 35. A. Dıe gemiſchten Farben werden benamet nach ihrer Gleich= ???niß/ als: Muſketfarb/ Rehfarb/ Oliviefarb/ Fleiſchfarb/ etc. 36. R. Obwol das Aug ein unbetrueglicher Zeug ſeyn ſoll/ ſo truegen doch die Farben; maſſen gruen und Blau bey dem Liecht nicht wol zu unter= ſcheiden/ un ̅ ſcheinen widerum anderſt bey Tag/ anderſt bey der Demmerung/ wenn ſich Tag und Nacht ſcheidet. Die ſchoenſten Farben zeiget der Regen= ???ogen/ und iſt doch nichts als etliche Gegenſtralen der Sonnen/ in waſſerigen Wolken. Der Taubenhals weiſet viel ſcheinbare Farben/ welche wirklich ???nicht zu finden/ wie auch das faule Holtz im Finſtern. 37. C. Daraus wil der Herr ſchlieſſen/ die Farben weren ein bloſſer Schein. Nun iſt nichts in der Welt ohne Form und Farbe. 38. D. Zu dem Sehen wird dreyerley erfordert. 1. Die Sache/ welche man ſehen ſol. 2. Das Aug/ als der Werkzeug des Sehens. 3. Der erleuchte Luft oder das durchſichtige Glas. Wann dieſe drey wol beſchaffen/ [175] ſo ſehen wir die Farben/ wie ſie ſind. Iſt aber die Sache welche wir ſehen ſol= len/ weiter von uns/ als unſrer Augen Stralen reichen/ oder der Luft nueblich und dueſter/ ſo wird auch das ſonſt wolſtehende Aug leichtlich betrogen. IIII. Sol der Mahler die Bewegung und Erregung des Gemuets ausbilden/ ſo viel ſelbe ſich in dem Angeſicht/ oder durch die Geberden ſehen laeſſt/ und hie= (IX. CLXXV. CCLXXXIII.) her gehoert widerum die Deutkunſt*/ von welcher vor gedacht worden. 39. J. Wir haben auch zu anderer Zeit von der Frage geredet: (* CCLXXIII. * XLIX. CCLVIII.) Woher die guten oder boeſen Geberden entſtehen*? Widerum von der Hoeflichkeit*/ welche das Weywaſſer bey Hof genennet wird/ da= mit die kommenden und weggehenden beſprenget werden/ und gleichet den (* XXXIII.) Geberden das Spiel vom Glimpf und Schimpf*. 40. V. Die Augen ſind gleichſam die Spiegel unſers Hertzens/ und beglauben in Freude und Leide unſre Gemuetsneigung. Albrecht Duerers Stuekke ſind alle an dem linken Aug zu erkennen. Andere pflegen ein Ange= ſicht/ ohne Augen zu bilden/ uem zu ſehen/ ob es erkantlich/ und zu letzt mahlen ſie die Augen/ als die endliche Vollkommenheit des Gemaehls.
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41. A. Die Veraenderung des Gemuets veraendert die Farbe des An= ???eſichts/ und muß ſolches mit den natuerlichen/ lieblichen/ oder harten Farben ???unſtmaeſſig untermahlet werden. Daher kom ̅ t es daß die Gemaehle da/ ſtehen/ ???ls wann ſie lebten: fragt man ſie/ ſo ſcheinet/ als wolten ſie vor Schamhaftig= ???it nicht antworten. 42. R. Es ſind vornemlich dreyerley/ in welchen die Mahler der Natur Schuler ſind/ als in den Thıeren/ Landſchaften/ und Vorſtellung der ???edichte. Sie mahlen ein Roß/ daß ernſtlich ſchnauffet ſpringet/ wieret nach ???m Mutterpferd/ ſchreyet/ ſchlaegt/ beiſt/ ergrimmt/ die Ohren ſpitzet/ mit dem Nunde ſchaumet/ etc. 43. C. Es iſt zu verwundern daß dieſes Pferd nicht von der Tafel ???sreiſt. 44. R. Der Loew hae ein tapferes Anſehen/ iſt mit langer Moehn ge= ???ret/ ſchmeichet mıt dem Schwantz/ tobt/ bruellt/ ergrimmt/ und laufftuns ???ch.
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45. C. Der Herr mahlet ihn/ daß wir uns vor einem ſolchen Thier fuerchten ſollen. 46. R. Der Hunde Eigenſchaften/ ſind nach ihren vielfaeltigen Arten zubetrachten/ und hat jener die unangeneme Dankbarkeit artlich gebil= det durch einen Hund/ den ſein Herr aus dem Waſſer zeucht.
Der Waſſerhund im Strom hat ſich faſt mued geſchwommen und iſt hier ſchnauffend/ matt und naß an Strand gekommen. Es ziehet ihn ſein Herr an ſchroffen Uferſand/ der Hund ſpringt an ihm auf und ſudelt ſein Gewand. Der iſt kein Biedermann und recht ein Hund zu ſchelten/ der eine gute That mit Boeſem wil vergelten. Den Dieb/ den du erbittſt/ daß er des Strangs befreyt/ der kommet in dein Haus/ ſtielt dir zur Dankbarkeit.
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Aber wieder auf das vorige zu kommen/ ſo muß ein Mahler eigentlich zu bilden wiſſen alle und iede Thiere in der Luft/ auf der Erden/ in dem Waſſer/ und unter der Erden/ nach allen ihren Arten/ Bewegungen/ mit ihrer Zuge= hoer natuerlichen Farben. Wer dieſes kan/ bleibt ein Mahler wann er gleich ſich in andern Sachen nicht uebet. In den Landſchaften hat es auch ſeine ſondere Anmerkungen/ indem man die Tages=oder Nachtsluft/ kunſtrichtig vorſtel= let/ den Unterſcheid der Baumen/ Sonnenſchein/ Nebel/ Donner/ Blitz/ Windwuerbel/ die Jahrzeit/ Feuerbrunſten auf dem Meer und Lande/ ſo eigent= lıch bildet/ als es die Natur vorweiſet/ und fuer unſern Augen ſcheinet. Und wer dieſes leiſt???t/ kan in der Mahlerey den Namen eines Meiſters wuerdig??? fuehren. Das dritte Stuck wird aus beeden erſten zuſammengeſetzt/ nemlich die??? Mahlerey der Geſchichte/ und des Menſchen abſonderlich/ welches/ als das??? letzte und vollkommenſte Geſchoepf die groeſte Muehe verurſacht/ weil/ wie vor??? gedacht/ die Regungen ſeines Gemuets zugleich mueſſen erkennet werden.
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47. J. Hieraus koente man das Spiel von der Beſchreibung ???aufgeben/ wann nemlich ein iedes in der Geſellſchaft eine Eigenſchaft des ???vorgegebenen Thiers oder Bilds vorbringet. Es kan dieſes Spiel auch die Be= ???trachtung* genennet werden.(* CCLXVI.) 48. R. Der V. Theil iſt nach gehends die gute Ordnung des Gemaehls/ daß man iedes auf ſeinen Grund nach der Sehkunſt verjuengert/ richtet und ???ordnet/ auch alles ſchikklich und ungezwungen ein bringt. 49. V. Man machet einen Unterſcheid zwiſchen einem Kunſtſtukk/ ???und einem Meiſterſtukk: Ein Kunſtſtukk iſt/ das von keinem andern abgeſe= ???hen/ ſondern von dem Mahler ſelbſt erfunden worden: Ein Meiſterſtukk aber ???wird genennt/ was aus einem oder mehr Gemaehlen abgemerket/ nach gema= ???het/ und meiſterlich zu Werke gebracht worden. 50. A. Insgemein habe ich hoeren ſagen/ daß des Mahlers und Bau= ???meiſters Lehrjahre waeren/ weil er lebet.
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51. R. Daher vergleichet man die erſten Gedanken mit der Jugend/ die andern mit dem Alter/ und ſihet man erſt die Fehler ſowol in dem Gemaehl/ als in dem Bauen/ wann das Werk vollendet. 52. C. Worzu nutzetaber ſonderlich die Mahlerey? Ein Gemaehl hilfft noch fuer Hunger/ noch fuer Durſt/ noch fuer Hitz/ noch fuer Froſt/ noch zum Schutz/ noch zum Trutz; ſondern iſt eine Zier/ und Beluſtigung der Augen/ welcher man in kurtzer Zeit muede wird: ja wann wir ein Gemaehl vielmals ſe= hen/ ſo ekkelt uns darvor; maſſen aller Menſchen Sinn neugierig/ und einer Sache bald ueberdrueſſig wird. 53. D. Die ſchoene Geſtalt dieſer Welt beluſtiget vielmals ohne Nu= (Verul. de augm. ſci- ent.) tzen/ und iſt unter vielen dieſer Nutz darbey/ daß das Gemaehl die hinfallende??? Geſtalt aller ſichtbaren Sachen erhalten/ und unſre Gedanken zu dieſes oder jenes Betrachtung gleichſam verbinden/ und in Wiedergedaechtniß bringen koennen; Deßwegen man dann Bilder der Heiligen in die Kirchen ſtellet/ unſre??? Sinne von weltlichen Haendlen wendig zu machen/ und zu himmliſchen Sa??? chen anzuhalten. Die Chriſten nach der Apoſtel Zeiten haben ueber hunder??? [182] Jahre kein ander Bild in ihren Kirchen gehabt/ als unſern Seligmacher in Geſtalt des guten Hirten; nachmals hat man die Maerterer gemahlt/ zu Erin=(Roma ſub- terrane a.) ???nerung ihrer Standhaftigkeit/ und zur Nachfolge ihrer Tugenden. Heut zu Tage iſt ın dieſem/ wie auch vielen andern Stukken der Mißbrauch faſt groeſ= ???ſer/ als der rechte Gebrauch. 54. J. Was jener von der Schoenheit geſagt/ als er gefragt worden: Waruem man das liebe/ was ſchoen ſey: nemlich/ es ſey eine Frage eines Blin= ???den; das moechte man wol auch von der Mahlerey ſagen/ daß der vor blind zu ???achten ohn Augen und Verſtand/ dem dıeſe ſchoenſte Kunſt unter allen andern Kuenſten nicht beliebete. Wann man aber fragen ſolte; ob in dem Gemaehl der ???angewendte Fleiß/ oder erwieſene Kunſtverſtand hoeher zu achten? wird es ein ???ieder mit dem letzten halten/ wiewol beedes wol bey ſam ̅ enſtehet/ und zur Voll= ???kommenheit erheiſchen werden. 55. V. Man beſchuldiget auch die Mahler nicht ohne Grund/ daß ???ſie benebens den Bildhauern die Abgoetterey befuerdert/ wie dann in den Pro= ???pheten zu leſen/ daß die Iſraeliten heydniſche Bilder in ihre Buecher gemahlt: [183] Dann obwol die Poeten zum Theil in ihren Gedichten/ die Erfinder ſolcher Bilder koennen genennet werden/ ſo haben ſie doch darunter die Wirkung na= tuerlicher Sachen verſtanden/ welche ſie von langen Jahren abgemerket/ und nicht gemein machen wollen: hieraus nun ſind ihre Fabeln herkommen/ wie bekant. Durch den Saturnum haben ſie verſtanden die Zeit/ deſſen Kinder ſind die Jahre/ Monaten/ Tage und Stunde/ welche er verſchlingt. Der Ju= piter bedeutet mit ſeinen Donnerkeulen die obere Luft/ in welcher ſich die Luft= (* Meteora Ceſare Ripa in proemio| della Icono- logia.) zeichen* ereignen/ etc. Man kan alſo mit den Bildern zu verſtehen geben/ alles/ was man ſonſt mit Worten ausdrukket/ und ſind derſelben eigentlich zweyerley: Etliche bejahen/ oder verneinen eine Sache/ und hierunter gehoeren die Sinnbilder/ welcher Meinung in einer halben darbey geſchriebenen Reim= zeil beſtehet/ und keine menſchliche Figur leidet/ ſondern eine Gleichmß von na= tuerlichen oder kuenſtlichen Sachen hernimmet/ wie zu unterſchiedlich Malen umſtaendig gedacht worden. Die andre Art haben wir in der Bildkunſt ange= fuehrt/ und ſind alle menſchliche Figuren/ die Tugenden/ Laſter oder andere Ei= genſchaften des Gemuets zu bedeuten/ ohne Bejahung oder Verneinung einer [184] Sache/ und gleich wie man aus des Menſchen Angeſicht/ Kleidung und Ge= ???ſellſchaft ein Urtheil faellet/ was er in dem Hertzen habe; alſo kan man auch ???aus euſſerlicher Geſtalt eines Bilds abnehmen/ was man dardurch verſte= ???hen wil. 56. A. Was iſt aber des Bilds Geſellſchaft? 57. V. Hierunter wird verſtanden der Thier Gewaechs oder die Ge= ???etſchaft ſo ſolchem Bilde beygefueget wird. Die Geberden ſind die Stel= ???ung*.(* CCLIV. § 1.) 58. R. Zwiſchen dieſen zweyen ſind noch etliche andere Arten et= ???was auszubilden/ als erſtlich die Sinnbilder/ welche Kindlein haben/ und in ???eren Thun die Deutung beſtehet/ und ſonderlich zu den geiſtlichen Gemaeh= ???n gebraucht werden. Etliche Sinnbilder haben kein Gleichniß zu ihrem Grunde/ wirken aber ihre Ausbıldung ſchikklichſt/ und ſind deßwegen auch ???ebraeuchlich. Ein ſolches iſt geweſen Kaiſer Karls des fuenften/ welcher die Seulen Herculis gefuehret/ und die Waag mit dem Crucifix juengſtverſtorbe= ???er Kaiſerl. Majeſtaet/ Hoechſtloeblichen Angedaechtniß. Heinrichs des III. Koe [185] nigs in Frankreich und Poln drey Kronen/ mit der Obſchrift: Die dritt iſt in der Hoehe oder in dem Himmel. Dieſe Art der Sinnbilder dienet ſon= derlich einen Spruch auszubilden. 59. A Der Herr gebe ein Exempel. 60. R. Das Buchſtabenſchloeſſlein/ von welchem wir vor dieſem ge= (* XII § 6.) ſagt*/ wie auch der Anker mit der Himmels=und Weltkugel*. Alſo kan man (* H. Dil= herrns Gar= tenbuechlein.) zu dem Spruch Klaglied. 3. v. 23. Die Barmhertzigkeit Gottes iſt alle Morgen neu/ die aufgehende Sonne/ und einen Regenbogen mahlen. 61. D. Oder auch zu eben dieſem Gemaehl ſchreiben: Trauret (Das III. An= dachtsgemaet.) nicht wie jene/ die keine Hoffnung haben. Hierbey koente man ſolche??? Gedanken verabfaſſen.
NUn die heitre Sommerszeit uns reitzt einſten zu ſpa= (giren/ wann der Sonnen Purpurpferd Abends lange Schat= (ten fuehren. und ſich ſtuertzen in das Meer.
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Ihr mit Gold uemſtraltes Haubt gleichet roten Feuerflammen/ ???die das Spiegelhelle Blut faſſ’t in einem Ring zuſammen; es nacht bald der Sternen Heer. ???ch verziehe ſchoenes Liecht/ waruem eilſt du zu verlaſſen ???ieſes Frucht=erfuellte Feld/ und fleugſt auf der Wellen Straſſen? dir folgt nun die Schattennacht/ ???elche voller Angſt und Furcht uns ein Bild des Todes weiſet/ ???elche mit der Trauerfarb ueber Berg und Thaeler reiſet/ und die Sorgen ſchlaffen macht. Indem ſah’ ich in der Luft den Opalenfarben Bogen/ ???urch der Wolken Threnentrifft/ in dem Himmel aufgezogen/ mir zu zeugen Gottes Treu/ ???elche ſich zur Zeit verhuellt/ aber niemals untergehet/ ???ndern nach der trueben Nacht wieder ob uns allenſtehet/ und iſt gleich der Sonnen neu.
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Darum ſchrekkt mich billich nicht/ des pechſchwartzen Todes (Schatten/ Weil hier meines Glaubens Schein/ wird erleuchte ̅ und erſtatte ̅ die Sonn der Gerechtigkeit/ wann der juengſte Tag anbricht/ und ich freudig werde kommen zu der Engel hohem Chor/ zu der groſſen Zahl der Frommen/ dorten in der Ewigkeit. 62. R. Dieſes Gedicht haelt in ſich unterſchiedene Gleichniſſe/ und kan zwar wol ſtehen/ aber unter vorbeſagte Anmerkung nicht gezogen werden. (* CXXIX. CLXXIX.) 63. R. Es gehoert auch hieher die Heroldskunſt*/ welche den Po= eten zu guten Gedanken veranlaeſſt/ wie auch die Bilderſchrift/ wann eine Sa= che halb gemahlet/ und halb geſchrieben wir/ dergleichen Schertz jener erfun= den/ der durch den Fiſch Barben/ und einen halben Batzen/ den Namen Barbra zu verſtehen geben wollen. Und ein andrer hat ſeiner vermeinteu Liebſten ein Pleyweiß zugeſendet/ zu bedeuten/ ſie ſol weiß und verſtaendig (* CLXVI.) bleiben. Aber von dieſem haben wir auch zu andern Zeiten bereit geredet*.
|| [188]
64. J. Faſt laecherlich iſt/ daß einer gemahlet einen Aal/ Mohs ???der Gemoes und den Buchſtaben N. was er gemeint/ iſt ſchwerlich/ ohne ???Dolmetſcher/ zu erſinnen. 65. A. Was denn F. Julia? 66. J. Er hat gebeten uem Almoſen/ und ſich geſcheut ſolches zu ???agen. 67. D. Hieher gehoeren auch die Raehtſelbilder/ welche keine Ob= ???hrift haben und unterſchiedliche Deutungen leiden/ daß man raten muß/ ???as der Erfinder da durch verſtanden. 68. C. Solche werden ſonders Zweiffel zu Ubung des Verſtands ???orgegeben/ wie dem Herrn zu ſagen belieben wird. 69. D. Ein ſolches Raeht ſelbild kan ſeyn DIe Schlange.
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Nun iſt auf einer ieden Figur Stellung/ und Wirkung zu ſehen/ hat die??? (AnnuaSol in quo contun- dir tempora ferpens.) Schlange die Spitzen des Schwantzes in dem Rachen/ ſo bedeutet es die Zeit/ welche in ſich ſelbſten heruemlauft/ oder auch die Ewigkeit/ welche iſt eine unendliche ſtetsdantzende Zeit. 70. C. Wann die Schlange zwiſchen zweyen Felſen die Haut ab= ſtreifft/ ſo bedeutet ſie die Erneurung. 71. R. Man liſet/ daß die Schlangen von des Menſchen Speichel zerborſten/ dieweil dieſes Thier kalter und trokkner/ der Menſch aber warmer (Vt ſerpens hominis quae tacta ſalivis Dısperit, ac ſeſe maden- do conficit ipſa. Lucret.) und feuchter Natur iſt: Hieraus koente man eine Deutung ziehen/ daß durch geringe Kraeſten groſſe Macht verrichtet werden koente. 72. A. Insgemein iſt die Schlange eine Bıldung der Klugheit/ wie die Tauben der Einfalt. Daruem mahlet man einen Loewen/ uem wel= ches Hals eine Schlange gewikkelt/ zu bedeuten/ daß die Staerke durch Klug= heit ſolle regirt werden. 73. V. Die Schlangen/ welche Hercules in der Wiegen ſol zerriſſen [190] ???haben/ bedeutet groſſe Thaten junger Koenige/ oder daß die Heldentugend ei= ???en ruehmlichen Anfang habe/ und in demſelben vollkommen ſey. 74. J. Es ſolle ̅ auch die Soldaten Schlangen in ihren Schildern ge= ???fuehret haben/ zu bedeuten die Klugheıt/ Geſchwindigkeit und Staerke. 75. D. Daher hat Meiland eine Schlangen in dem Wappen/ von ???einem Schild/ welchen ihrer Hertzogen einer einem Saraceniſchen Solda= ???en abgenommen. 76. J. In der H. Schrift wird der Satan die alte liſtige Schlan= ???ge/ und der alte Drach genennt. 77. V. Es wird auch unſer Erloeſer verglichen mit der Schlange/ ???welche Moſe an dem Kreutz erhoehet hat/ ſolche Schlange iſt von Kupfer ge=(Johan. 3.) ???macht geweſen/ welches von dem Roſt nicht angegriffen wird/ und durch das Feuer zu einem Gleichniß gemacht den Schlangen/ von welchen der Gift ent= ???ſtanden. 78. A. Ich hab von etlichen Geſchlechten ſagen hoeren/ fuer welchen ???die Schlangen fliehen/ und probiren ſie dardurch die Keuſchheit ihrer Weiber/(Pſilli apud Plutarchum.) [191] wann ſie den Kindern Schlangen beylegen/ zu ſehen/ ob ſie vor ihnen weichen. (Ex bono ma lum, vel ſalutem ex inimicis no- ſtris.) Aus den Schlangen wird auch treffliche Artzney wider den Gift gemacht/ und kan ſolchergeſtalt dahingedeutet werden/ daß man ſol aus dem Boeſen Gutes lernen. (Sunt, qui cu ̅ clauſo putre- facta eſt ſpi- na ſepulch- ro, Mutari credant hu- manas an- gue medul- las.) 79. R. Aus des Menſchen Mark in den Beinen ſollen Schlangen werden/ wie Plinius und Ovidius wil und ſolchergeſtalt koente es auf erſtbe= ſagte Meinung gezogen werden. 80. C. Ich uebergiebe hiemit den Spielſtab.

Julia.
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MEil bishero von der Mahlerey geredet worden: betrachte ich ferners/ daß ſie nichts anders/ als eine Gleichniß deſſen/ das wir ſehen/ und gibt doch weder durch die Sinnbilder/ und in ande= re Wege ſo vielen Gleichniſſen Anlaß. Gewißlich iſt eine Zu= ſammenſtimmung aller Sachen in dieſem gantzen Erdkreiß/ und vergleichet ſich/ der ſichtbare Himmel mit der Erden/ der [192] Menſch mit der gantzen Welt: daher jener recht geſagt/ daß Gleichniſſe erfin= ???n ein Anzeigen einer verſtaendigen Betrachtung ſeye. 2. C. Von den Gleichniſſen haben wir unterſchiedliche feine Spie= ???gefuehrt*/ und dieſelbe getheilt in gebundene und angebundene Gleich=(* V. VII. VIII.) ???ſſe: doch wollen wir hiervon gerne ein mehrers anhoeren. 3. D. Die Poetiſche Gleichniß ſol nicht von ferne her geſuchet wer= ???n; ſondern zu der Sache ſchikklichſt flieſſen: In den Geſpraech ſpielen aber ???n man gantz widrige Haendel vergleichen/ und erfreulichſt auf die Bahn ???ngen. Wie jener Frantzos*ſagt: ſind die Perlen nicht hoch geacht/ und die(Balzac aux Epiſtres.) ???iamanten in ſchatzbarem Werth? Waruem beſchuldiget man mich dann/ ???ß ich meine. Gleichniſſe von ferne hole? waruem ſol das/ was weit her geho= ???/ und ſelten iſt/ in Unwuerden verwerflich werden? 4. J. Man verwundert ſich nicht ueber einen zerlumpten Bettler; ???uffet aber ſein von guter Hand gemachtes Bildniß teurer/ als ihn ſelb= ???.
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5. V. Das Gleichniß iſt der Stab unſers blinden Verſtands: Was??? wir nicht nennen koennen/ beſchreiben/ und finden wir gleichſam/ durch die??? (Sforza Pal- lavicino nell’ arte dello ſtile. c. 7. n. 2. & 3.) Vereınparung mit dem/ ſo es aehnlich iſt/ und wird unſer Sinn beluſtiget/ wan ̅ er durch ſolches Mittel faſſet/ was er ſonſten nicht verſtehen kan. 6. A. Das Gleichniß iſt das Glas/ durch welches der Wein oder??? ſonſten koeſtlicher Saft (ich will ſagen alle Lehre) heller und lieblicher ſcheinet. 7. R. Es beſtehet ferners die Vergleichung in einem oder mehr??? Stukken. In einem Stukk/ dieſes Begriffs: Wenn dir von einem Menſchenuebels wiederfaehrt/ ſolſt du ſelben nichthaſſen/ und an= feinden; weil ſolches von GOtt durch ihn geſchicht/ ſonſten thuſt du/ wie der Hund/ der den Stein beiſſet/ ſo ihn doch nicht verletzen koennen/ ohn deſſen Hand/ der ihn geworffen. 8. C. Es iſt nicht daran gelegen/ welcher Degen/ ſon= dern welche Hand/ ſo den Degen gefuehret/ den Todſchlag began= gen.
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9. D. Ein Soldat/ der ſterben ſol/ verzeihet dem Henker ???der ſeinen Spiesgeſellen/ die ihn tod ſchieſſen/ ſchreiet aber ???ber des Richters Ungerechtigkeit/ und ſeiner Anklaeger Falſch= ???eit. 10. J. Wann die Artzney bitter/ ſo kan ich dem Apothe= ???er keine Schuld geben/ ſondern dem Artzt/ der ſie verordnet hat: ???Maſſen uns ja nichts/ wider Gottes Willen/ begegnet. 11. V. Vielleicht iſt die Schuld dein/ und haſt du dir ???lbſten durch unordentliches Leben ſolche Artzney nohtwen= ???g gemacht. Vielleicht biſt du vor Hoffart geſchwollen/ haſt ???e Waſſerſucht des Geitzes/ oder die fallende Sucht der Un= ???eſtaendigkeit/ oder das hitzige Fieber der Luſtſeuche/ oder die ???Schwindſucht des Neids/ oder die Schlafſucht der Faulheit/ ???der hat dich die Unſinnigkeit des Zorns beſeſſen.
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12. A. Wann ein Kranker nichtheilſame/ ſondern nu??? wolgeſchmakke Traenklein gebrauchen wil/ ſo wird er ſchwerlich??? geneſen. 13. R. Dieſer Exempel ſind nun genug/ und ſind die letzten auf fol??? gende Art gerichtet/ in welchen des Leibs Krankheit/ mit den Gebrechen des Gemuets und derſelben Heilung vereinpart wird. Damit ſolches aber noch??? deutlicher werde/ wollen wir des Menſchen Verſtand mit dem Geld verglei??? chen/ alſo: Was der Verſtand des ſterblichen Menſchen fuer eine??? unſterbliche Gabeſey/ erhellet aus deſſelben Verluſt. Was fuer??? elende Leute ſind doch die Unſinnigen? Es were ihnen beſſer de??? Tod/ als das Leben: Solcher geſtalt iſt auch das Gold und??? Gelds Wuerdigkeit/ aus deſſelben Verluſt zu erlernen; die aus??? Mangel Golds kein Silber haben/ ſind arme und elende/ ver= lachte und verachte Leute/ denen der Tod mehrmals beſſer/ als dieſes bejammerte Leben.
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14. C. Deſſen Verſtand gulden iſt/ fuerchtet ſich nit vor dem Probirſtein des Geſpraechs/ ſondern freuet ſich ſeine Guete zu er= weiſen. 15. D. Wie an den guldnen Muentzen das Bild und Uber= ſchrift von Tage zu Tage zierlicher gemachet wird/ der Halt aber an Schrot und Korn abnimmet; Alſo werden die Menſchen ???klueger und liſtiger/ mit Verluſt der innerlichen Tugenden/ Red= ???ichkeit und teutſchen Treue. 16. J. Das Gold wird hochgeſchaetzet/ weil es in dem Feuer nicht abnimmt/ wie andre Metallen: Des Menſchen Verſtand iſt hochzuachten/ wann er in dem Ofen des Trůbſals in ſeinem Weſen beharret. 17. V. Das Goldſtukk wird erkennt durch das Gewicht/ und nicht durch den Klang/ wie andre ſilberne Muentzen: Alſo erken ̅ et man des Menſchen Verſtand nicht durch viel Schwae= tzen/ ſondern durch Wolreden.
|| [197]
18. A. Wie das Gold nach dem Gepraege gewuerdiget wird: alſo ſchaetzet man des Menſchen Verſtand nach dem euſ= ſerlichen Anſehen. 19. R. Ferners ſind dreyerley Arten der Gleichniſſen. I. Das Lehr= (* CCLVIII. LXIV.) gedicht/ wann in vielen Stukken das Gleichniß fortgeſetzet wird/ davon wir uemſtaendig geredet*/ hierbey iſt zu merken/ daß nicht alle Lehrgedichte ſich in ( die An= dachtsgemaeh= le des VI. und VII. Theils/ wie auch den II. Theil des Poetiſchen Trichters. Das IV. An= dachtsgemaehl) gebundener Rede fueglich faſſen laſſen. Eines wollen wir hierbey ſetzen:

Des Verſtands und Willens Verſuchung von den fuenf euſſerlichen Sinnen.

Der Verſtand und Wille des Menſchen.


Meine Perle/ die mich zieret/ iſt von ueberhohem Wehrt/ und wird nun von meinen Bruedern durch Geſchenk und Wort (begehrt.
|| [ID00243]
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Das Geſicht.


Ich der aller beſte Mahler ehre dich mit meiner Kunſt/ wann du mir die Perle ſchenkeſt/ zu Beglaubung deiner Gunſt.

Das Gehoer.


Ich will dir/ O liebe Schweſter/ mit der holden Saitenklang abverdienen deine Perle/ hoer! erhoer auch mein Geſang!

Der Geſchmakk.


Liebe Schweſter/ meine Gabe/ ſol ſeyn hoenigſueſſer Moſt/ wann du mir die Perle ſchenkeſt/ gib’ ich dar zu gute Koſt.

Der Geruch.


Ich will dir/ O ſchoenſte Schweſter/ halten/ was ich dirgeredt und dir fůr die Perle geben/ Myrrhen/ Biſam/ Muſk/ Zibeth.
|| [200]

Die Fuehlung/ oder das Anruehren.


Fuer die Perle/ holde Schweſter/ fuehr ich dir viel Buhler zu/ ???ein Hertz findet in der Liebe ſtetsvergnuegte Friedensruh.

Der Verſtand.


Weichet ferne/ ſchnoede Brueder/ die Geſchenke bringen Spott: Meine Perle meinen Willen/ ſchenk ich meinem lieben Gott. Was nun unter des Poeten Redners Lehrgedichten fuer ein Unterſcheid ???machen/ iſt anderwerts zu leſen*.(* Poetiſchen Triechters II. Theil am 55. Blat.) 20. J. Mıt dergleichen Exempeln koennen wir Ungelehrte nicht ???ortkommen. 21. D. Folgender Spruch Pauli gibt mir Anlaß zu einem Lehr= ???edicht: Ich weiß/ ſagt der Apoſtel*/ an wen ich glaube/ (und wem ich(2. Tim. 1/12.) ???ertraue) und bin gewiß/ daß er kan mir meine Beylage bewah= ???en (daß ſie mir niemand entwenden kan) bis an jenem Tag. Ich mahle [201] ein Kind mit einem irdnen Spartopf/ welches ob den Klang/ des darinnen verborgenen Gelds/ Belieben traegt/ und ſetze hinzu folgende Erklaerung:
ICh war ein zartes Kind/ als meiner Mutter Lieb’/ und meines Vaters Huld/ aus frohem Hertzenstrieb/ oft mit geringem Geld mich pflegten zu begaben/ als einen frommen Knaben. Mein Geitz hatt’/ ohne Liſt/ den Nechſten nicht gefaehrt/ doch/ mehr ich Heller hatt’/ ie mehr ich ihr begehrt/ und ſammelt’ einen Schatz/ von gar geringer Wuerde mit groſſer Geldsbegierde. ( den er= ſten Buchſtabe ̅ dieſes Ge= dichts.) Ich hatt’ in meiner Hand’ ein irdenen Spartopf/ der oben einen Ritz/ in ſeinem runden Kopf/ dem hab ich nach und nach die Beylag’ anvertrauet/ und ſie nicht mehr geſchauet.
|| [202]
Ich hoerte hoechſt erfreut erklingen/ was ich hatt’ und nicht beſehen kunt’: Ich hie|te manchen Raht/ und zehlt in meinem Sinn/ wie viel im Topf verborgen verſichert aller Sorgen. Ach daß ich ſehen moecht! wann wird die Stunde ſeyn? daß ich das Erdgefaes zerbrech’ auf einem Stein/ zu ſchauen/ was ich trag’/ ach Schatz! ach Hertzensleben/ du kanſt viel Freude geben! Ich redet’ als ein Kind/ nun weil ich bin ein Mann/ den ſolcher Kindertand nicht mehr gefallen kan/ verlaſſ’ ich ſolche Weiſ’ und hab in mir erkennet/ das/ was man Glauben nennet. Ich weiß/ an wen ich glaub’/ ich weiß und bingewiß/ ich glaub’/ und dieſer Glaub iſt ewig mein Genieß.
|| [203]
Gott/ Gott wird meinen Schatz/ und Beylag wol bewahren/ biß wir von hinnen fahren/ Ja/ bis an jenen Tag. Inzwiſchen bleibt die Lehr/ von ſo beſagtem Gut/ die ich behaeglich hoer’/ und hier nicht ſchauen kan/ gleich vielen Unterpfanden/ gewiß in Hertz und Handen. Ach wann/ wann kommt die Zeit/ daß das/ was irdiſch heiſſt, zerbricht und dieſer Leib ſich von der Seele reiſſt/ dann werden wir geſchwind das hoechſte Gut erſehen/ und enden alles Flehen. 22. A. Hierinnen iſt nun eine Gleichniß und eine feine Fuegniß ge= dichtet. 23. V. Wie ſolte aber der Titel ſeyn?
|| [204]
24. D. Der Titel muß auf die Lehre gerichtet werde ̅ / dahin das Ge= ???icht zielet/ und koente man wol darueber ſetzen: Der glaubigen Seele Verlangen nach dem Himmliſchen. 25. R. II. Wie nun die erſte Art der Gleichniſſen von Geſchichten her= ???efuehret/ als entſtehet die zweyte Art von den Geſchichten/ als zum Exempel/ ???ann ich ſage: Niemand kan die eitle Ehre genugſam verhůten/ ſo ???enig als Jephte verwehren koennen/ daß ihm ſeine Tochter/ ???ach erlangtem Sieg/ nicht mit Paukken und Reyenentgegen ???ekommen: daß ſie aber das Siegs=und Freudenlied nicht an= ???kimmet/ hat er durch ihren Tod verhindern koennen: Alſo kom= ???et uns/ nach erhaltenem Sieg/ wider unſere boeſe Begierden/ ???ie eitle Ehre entgegen/ und beginnet unſer Lob zu ſingen/ wel= ???hewir als unſer Kind lieben/ und doch/ nach gethanenem Ge= ???uebde/ Gott ueber alles zu lieben/ billig toeden ſolten.
|| [205]
(C. 19. . 1.) 26. C. Ein Arbeiter/ ſagt Sirach/ der ſich gern vollſaufft??? wird nicht reich/ und wer ein Geringes nicht zu Raht haelt/ de??? nimmt fuer und fuer ab: Alſo ſind die nicht Ehrenreich zu nen ̅ en??? welche ſich taeglich mit uebermaeſſiger Ehre anfuellen/ und nich??? erſaettigen koennen/ bis man ihnen den Mund mit Erdenfůllet??? wie man zu reden pflegt. Ja die eitle Ehre iſt auch nach den??? Tod in den Leichtpredigten/ Grabgedichten und Gedaechtniß??? ſeulen lebendig. 27. D. Die Omeis iſt ein kleines Thierlein/ beiſſet aber al??? le Koernlein ihres Vorrats an/ daß ſie nicht auswachſen: Di??? Ehre/ welche wir gering achten/ und uns als einen gebuehren??? den Lohn unſrer Arbeit zueignen/ vernachtheilt alle unſere Ga??? ben und Thaten/ daß ſie nicht auswachſen/ und Fruecht??? bringen. 28. J. Die Ehrſuechtigen gleiche ̅ denen/ welche/ auf reichen Schiffen??? in dem Meerhafen Schiffbruch leiden.
|| [206]
29. V. Daruem ſagt unſer Heiland/ daß/ wann wir alles gethan ???ben/ ſagen ſollen: Wir ſind unnuetze Knechte/ die ihren HErrn gebuehrende ???chuldigkeit nicht voellig erwieſen haben/ wie ihre Pflichte ausweiſen. 30. A. Hieher zielet auch das Gleichniß/ von den Arbeitern in dem ???einberge/ welche ſich geruehmt/ daß ſie des Tages Hitz und Laſt getragen/ ???nd mehr Lohns haben wolten*/ von welchen billich geſagt wird/ daß ſie ihren(Matth. 6. . 16.) ???hn dahin haben an ſelbſtgeſuchtem Ruhm. 31. R. Alſo ſtellet III. man die Vergleichung an zwiſchen groſſen ???nd kleinen/ oder kleinen und groſſen Sachen etc. Wie auch in gantz widrigen ???aendeln/ wann ich alſo ſetze: Wie dorten der verfluchte Feigen=(Marc. 11. v. 13.) ???aum verdorret/ weil er unter ſeine ̅ ſtoltzen Blaetrern keine Frucht ???etragen: alſo werden im Gegenſtand geſegnet werden alle die/ welche ???ruechte bringen der Demut und Gedulte. Wegen eines verbottnen Baumes ???rucht weren vielleicht unſre erſte Eltern/ mit allen ihren Nachkommen/ ſo ???rt nicht geſtraft worden/ wann ſie nicht hierinnen der gefallnen Engel Suen= ??? begangen/ und aus eitler Ehre Gott gleich ſeyn wollen.
|| [207]
32. D. Hieher gehoeren der Poeten Luſtgedichte/ welche wir nen= nen: Reimdich Bundſchuh/ weil vielleicht der Alten Schuhe mit Rie= men gebunden/ und nach des Fuſſes Groeſſe geguertet worden/ die Frantzoſen nennen es den Haanen auf dem Eſel/ weil ſich uebel ſchikket/ daß ein Haan auf einem Eſel reiten ſol. Eine Prob ſey folgendes Gedicht:

1.

((Scheuſſtiche Schoenheit.))
Dintenweiſſes Angeſicht eurer roten Augen Liecht gleicht der Nacht/ wann ſie von dem Mond erleuchtet/ und mit trueben Wolken feuchtet/ was die Sonne trokken macht.

2.


Es glaentzt wie ein Ofenſtein/ und wie eines Muellers Schwein/ euer Mund:
|| [208]
ja die Naſe/ nechſt den Wangen/ gleicht der Schorſteinfegers Stangen/ auf des Herds verbrenntem Grund.

3.


Einer laengſt gebachnen Birn gleichen eur gefaltne Stirn/ euer Leib iſt ſo fett und dikk geweſen wie ein alter ſtumpfer Beſen. Schaut/ das wunderſchoene Weib! 33. V. Hierbey muß auch nicht vergeſſen werden der Raehtſel/ wel= cher Aufgaben bey den Alten ſehr gebraeuchlich/ und fuer der Weiſheit vortreff=(Job. 13. Sprichw. 1. Ezech. 17. Habac. 2. 3. Koen. 10.) lichſte Stukk gehalten worden; daher wir leſen/ daß die Koenigin aus Reich Arabia dem weiſen Koenig Salomon mit Raehtſeln verſucht/ welche er ıhr be= ???ueglich aufgeloeſet. Es ſind aber derſelben vornemlich zweyerley: Die erſte [209] Art beſtehet in einer verbluemten und tunklen Gleichniſſe: die andre in einer ſol= chen verborgnen Beſchreibung. Von den erſten iſt folgendes: (Der Haan.)
Sagt doch/ iſt dieſer Kauffmannswaar/ der einen| Bartha??? ohne Haar/ traegt eine Kron ohn Koenigreich/ und iſt auch keinem Prieſter??? gleich; hat einen Sporn/ iſt nie geritten/ und keinen Sattel nicht be= ſchritten. Er ſpuehrt die Zeit in ſeinem Leib/ er zeugt Kinder/ ohn ein Weib Er ſpeiſetviel/ und iſt kein Koch. Ihr kennt ihn alle/ nennt ihn doch? Hie wird der Haan mit unterſchiedlichen Sachen verglichen/ und ha??? er nicht ein Weib/ aber viel Hennen/ welche Eyr legen und bruten: dieſelber??? ſpeiſet er/ wann er ein Koernlein findet/ und leidet zuzeiten Hunger andere zu??? nehren. 34. R. Meine Raehtſel ſo viel ſchwererſeyn/ und iſt auch dieſer Art.
|| [210]

(Ein Anker.)


???ein Pfeil dringt durch das Meer/ den Wind zu ueberwinden/ ???nd halte/ was ich hab/ wann ich kan Erden finden. Schwerlich ſolte man errahten/ daß hierdurch ein Anker verſtanden wird/ ???nn ich es nicht ohne verdrieſſliche Umſtaende ſage. 35. V. Die folgende Raehtſele ſind tunkele Beſchreibungen.

(Ein Grabſtein.)


???ch bin ein groſſer Stein/ trag’ eines Menſchen Namen/ ???d bringe nach dem Tod/ des Lebens beſten Samen. Nemlich ein ruehmliches Angedenken/ aus welchem die Tugend bey den ???achkomme ̅ erwaechſt. Es gehoert die erſte Reimzeil zu dieſer zweyten Raehtſel= ??? die nachgehende aber zu der erſten wegen des Gleichniß.

(Ein Seildantzer.)


???ein Fuß ruehrt keinen Boden an/ weil er in Luften gehet; ??? iſt nicht Fuſſesbreit/ darauf er lauft und ſtehet.
|| [211]
36. D. Es iſt auch die dritte Art der Raehtſel nicht zu vergeſſen/ wel= che von einer gewiſſen Begebenheit hergenommen worden/ wie wir in dem Spiel von den Raehtſelerzehlungen ausfuendig gemacht. Dergleichen iſt/ was jene Jungfer ihrem Vater zu rahten gegeben:
Mein Vatter gebt mir doch/ was ich noch nie gehabt/ und ihr nicht haben koent/ ſo bin ich wol begabt. Sie wolte einen Mannn haben/ den er nicht hatte/ aberwol geben kon= te. Folgendes iſt noch viel ſchwerer!
Ich hab meiner Mutter Mann in dem Jungferſtand geſaeugt= und bin eine Tochter des/ der mich vormals hat erzeugt. Es zielet dieſer Raehtſel auf jener Roemerin Geſchichte/ welche ihren Vat= ter in dem Gefaengniß geſaeuget. Folgendes iſt noch ſchwerer:
Mein Vater kommt von meiner Mutter Schoß; ſie toedet ihn/ auf daß ſie ihn ernehre/ und ſich die Schaar all meiner Brůder mehre/ Ach unſer Kleid haelt manchen harten Stoß.
|| [212]
Das Korn/ als der Vater der Aehren/ muß in der Erden/ ſeiner Mut= ???er/ verfaulen und getoedet werden/ damit der Koernlein viel erwachſen/ welche durch die Dreſcher ihres Kleids beraubet werden. 37. R. So viel kuertzlich von den alten Spielen/ welche alle die Gleich= ???iß betreffen. Ein neues aber koente folgender Maſſen gefuehret werden/ daß ???an alle aufgegebene Fragen und Reden/ durch eine Gleichniß/ beantworte/ ???ller Maſſen etliche weiſe Leute ſolches ſollen gethan haben. 38. J. Wol/ ich frage; ob man ſich ſelbſt/ wegen erlangter Kunſt/ ???oben darf? 39. R. Es hatte einer eine reiche Ernd eingebracht/ und ſelbe her= ???ach mit Feuer angezuendet/ und verderbet. Alſo ſol man noch Freunde/ noch ???ie geringſten Feinde/ noch ſich ſelbſt verachten. 40. C. Wer einen Funken laeſſet brennen/ der muß ſich her= ???ach fuer der Flamme fuerchten/ wiewol zu beklagen/ daß einem ???den die Ehre nicht ertheilet wird/ welcher er wehrt iſt.
|| [213]
41. D. Man traegt die ſchoenſten Ringe an der linken Hand. Der grobe Poevel laeſſet ihm nicht ſagen noch predigen; er iſt nicht faehig die Warheit zu erkennen/ wann man ihm ſelbe gleich fuer die Au= gen leget. 42. J. Man kan keinen Nagel durch den harten Mar= mol ſchlagen. Hingegen iſt unter Verſtaendigen das Laſter des Neids nicht ſelten/ ob man wol ſagt/ daß ſolcher ein Kennzeichen der Tugend ſeye. 43. R. Man wuerffenach keine ̅ Baumen/ auf welchem kei= ne Fruechte zu finden. Manneidet keinen ohne Urſach/ und iſt beſſer ge= neidet/ als erbarmet; beſſer ein geringer Stand mit Ehre/ als ein hoher Stand mit Gefahr und Verachtung. 44. A. Es iſt beſſer eine Ameis ſeyn/ ſo mit Fůſſen getret= ten/ aber nicht zertretten wird; als ein Wolff/ demiedermann den Tod wuenſchet/ und drauet. Wiewol man ſagt/ daß das Kraeutlein Gedult nicht aller Orten waechſt.
|| [214]
45. R. Das Goldkom ̅ t zwar aus der Erden/ aber nicht ???ne iede Erden hat Gold in ſich. Alſo ſtehet es auch ın den Gedichten ???erlich/ wann man die Gleichniſſe haeuffen kan. Zum Exempel: ???der Hofmann wird mit Fug ein Spiegelglas benamt/ ???eil er in allem Thun nach ſeinem Herren ahmt/ der Kriegsmann iſt ein Hacht/ des Frevelraubs befliſſen/ der Hausmann iſt ein Bien/ die Nahrung zu verſůſſen. ???er Schiffer iſt ein Fiſch/ der ſich im Meer ernehrt/ ???er Kauffmann iſt ein Fahn/ der mit dem Wind ſich kehrt. Was iſt dann der Regent? ein Aug/ das wird betruebet; Ein Nagel in der Wand/ der ſeinen Laſt beliebet.46. D. Es iſt auch nicht zu vergeſſen/ daß man auf eine gewiſſe ge= ???nwaertige Perſon etliche Gleichniſſe zu ſuchen pflegt. Alſo vergleichte jener ???ne Liebſte mit dem Engel Lucıfer/ ſagend/ daß ſie/ wie er/ durch Stoltz und ???ochmut gefallen.
|| [215]
47. V. Von den Weıbern ins geſamt ſagt man: Sie ſind ein Para= dis der Augen/ ein Fegfeur des Beutels und ein Hoelle der Gedanken.48. J. Eine Jungfrau hatte/ nach ausgeſtandener groſſen Krank= heit/ einen ſehr boeſen Mann geheuratet/ und ſich deswegen verglichen einem Schaf/ das dem Wolff entloffen/ aber dem Metzler in die Haende gefallen.49. R. Es hatte ein ſchwartze Jungfrau ein gantz ſilberweiſſe Be= kleidung von Atlaß angezogen: Dieſe vergleichte einer mit einer Mukken/ wel= che in die Milch gefallen.50. A. Jener hatte ein ſtattliches Kleid angezogen/ und ſein Haubt mit vielen wolruechende ̅ Pulvern beſtreut/ die uebelruechende Krankheit/ mit wel= cher er behafftet/ zu verbergen: von dieſem ſagte eine verſtaendige Jungfrau; ob man auch ein Aas in Roſenwaſſer ſchwimmen ſehen?51. C. Einer wurde gefragt/ von wem doch die Fuerſichtigkeit zu erlernen? Der andre antwortete: von den Blinden/ die niemals den ei= nen Fuß fortſetzen/ ſie ſeyn dann des erſten verſichert.
|| [216]
52. R. Hieher gehoeren auch die Lehrgedichte und Fabeln/ mit ???elchen wir mehrmals eine Frage artig beantworten/ oder ſich durch ſo ſinn= ???eiche Erfindungen hoeflich entſchuldigen kan. Hierbey erinnere ich mich ei= ???er Geſchichte/ welche ſich zu unſer Vaetter Zeiten begeben. Der Koenig in ???E. hatte eine Geſandſchaft nach B. abgefertiget/ ſich mit dem Koenig ??? H. wegen wichtiger Strittigkeiten zu vergleichen; Als aber der E. Geſande ???nverrichter Sachen zu rukke kommen/ hat er ſolche Beſchimpfung dem H. ???Geſanden ernſtlich vorgehalten/ und ſeine Erklaerung darueber begehrt. Nach ???ebuehrender Ehrerbietung/ hat der Geſande folgende Fabel erzehlet. Der ???oew/ ſagte er/ fragte das einfaeltige Schaeflein: ob er ſo einen uebelruechenden ???Odem haette/ wie andere Thiere von ihm ſagten: Auf Bejahung des Schafs/ ???at er es ſo bald zerriſſen. Ferners fragte er den Wolff/ welcher geantwortet/ ???aß es bey weitem nicht ſo hefftig/ ſondern des Loewen Odem ein wenig uebel ???uechte/ aber nicht ſo ſehr/ als das Schaf geſagt haette. Dieſen Ausſpruch muſte ???er Wolff auch mit dem Leben bezahlen. Es fragte der Loew auch nach folgends ???en Fuchſen/ welchem erſterzehlter Verlauff nicht unwiſſend war. Das liſti [217] ge Fuechſlein ſagte daß er die Schnuppen oder Strauchen/ und gantz nicht rue= che ̅ koenne. Alſo wolte der Geſande ſagen/ gedenke ich keinen Ausſpruch zu ma= chen/ damit ich noch meinen Koenig/ noch E. Majeſtaet beleidige. Daher ein??? Sprichwort entſtanden/ wann einer mit der Rede nicht heraus wil; daß man ſagt/ er hat die Schnuppen.53. V. Viel dergleichen koenten beygebracht werden/ wie gedacht: Noch ein Exempel aber muß ich/ bevor wir dieſe Spiele von den Gleichniſſen ſchlieſſen/ von derſelben Fortſtellung/ erwehnen. Die Seele wird mit der groſ= ſen und kleinen Welt/ in folgenden Stukken/ verglichen.(A. Perez cer- ca la fin de ſus cartas, à ſu hija Gre- goria.) I. Iſt die Sonne: GOtt. Der Mond: die Chriſtliche Kirchen. Die Sterne ober der Erden: die Heiligen und Seeligen. Die Sterne unter??? der Erden: die Frommen in dieſem Leben.II. Das Feuer: iſt die Liebe Gottes. Der Luft: die Seufftzer der Gott= ſeligen. Das Waſſer: ihre Bußthrenen. Die Erden: ihre Demut/ welche aller andrer Tugenden Fruechte bringet.
|| [218]
III. Die Sinne des Geiſts/ (wann alſo zu reden erlaubt iſt) das Ge= ???cht: der Verſtand. Das Gehoer: der Glaub. Der Geruch: das Gebet. ???er Geſchmakk: die Gedaechtniß der Wolthaten Gottes. Die Fuehlung/ ???der das Anrůhren: die Chriſtliche Liebe.IV. Das Hertz iſt die Hofnung auf die Barmhertzigkeit Gottes. Die ???unge ſind unſere Gedanken/ welche nach ihrer Sprach mit Gott reden.V. Die zween Winkelſterne* ſind der Himmel oder ewige Freude/(Poli.) ???nd die Hoelle oder ewige Qual.54. D. Etliche theilen alle Gleichniſſe in erklaerende/ und beweiſende.(Sforza Palla- vicinı nell’ arte dello ſtile f. 74.) ???ie erklaerenden ſind/ welche einer Sache Eigenſchaft eigentlich ausbilden/ als ???ann dort der Poet die Erſtaunung und raſende Geberden der verlaſſnen ???irne vergleichet einer Bacchiſchen Weibsperſon/ welche in Marmol gehau= ???/ daß ſie unbeweglich und doch zugleich mit erhabnen Haenden und eroeffen= ???m Munde geſchauet wird. Die beweiſende Gleichniſſen ſind dieſe/ welche ???em groben Poevel gleichſam ein Ding fuer Augen mahlen; als wann dorten [219] Menenius Agrippa das Gleichniß von dem Stattregiment/ und dem menſch= lichen Leibe gegeben/ und dardurch die Aufruhr geſtillet. Es iſt eine falſche Gleichniß/ wann man durch die Vernennung etliche Woerter mit einbringet/ als: wann der Lufft truebe Wolken fuehret/ ſo entzuenden ſich die Donnerkeule: alſo wann die Betruebten weinen/ pflegen ſie der Gewaltigen Zorn zu verurſa= chen. Es ſind aber die Regentroepflein keine Threnen der Wolken/ wie der Hagel oder Donner kein Stimm des Himmels. Solche Gleichniſſen haben keinen Nachdrukk.55. R. Man kan auch die Gleichniſſe/ welche eine groſſe Verwand= ſchaft mit den Exemplen haben/ auf eine Fragerichten/ alſo: Es hatte einer zwo Behauſung/ in der einen war er geboren/ und erzogen/ war auch die ſchoen= ſte und bequemſte/ er wolte aber/ aus Ehrgeitz/ in einem andern Hauſe woh= nen/ das er von einem Fremden erkauft/ ob ihm gleich ſelbiges nicht anſtaen= dig. Nun frage ich/ ob dieſer verſtaendig gethan?56. J. Ich ſage nein darzu.
|| [220]
57. V. Alſo ſind die jenigen/ welche/ zu Veracht ihrer Mutterſpra= ???he/ eine fremde/ deren ſie nicht wol maechtig reden/ und ſie oft nicht wol verſte= ???en machen koennen. Weil man ſagt eine Sprache beſitzen/ mag dieſe Gleich= ???iß noch gelten/ ob wol der Grund eine Vernennung iſt.

Veſpaſian.
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ES hat Frau Julia* die Geſpraechſpiele abgetheilt in Fragen(* CCXXC. § 3.) und Erzehlungen; von beeden iſt zufaelliger Weiſe gedacht worden. Mein Spiel aber ſol von den Erzehlungen/ als aus welchen die Fragen entſtehen/ umſtaendig Bericht auf der Reyen oder Wechſelweis erſtatten.2. A. Es koennen nach oder aus den Fragen und Aufgaben gleich= ??? wol Erzehlungen der Geſchichte oder Gedichte beygebracht werden: aller= ???aſſen bey den Geſchichtfragen/ a Raehtſelerzehlunge ̅ b un ̅ Fragge=(aCCXXXIV. b CCXXXV. cCCXXXVI.) ???ichten c dargethan worden.
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3. J. Alſo haben wir auch mit den Sprichwoertern verfahren/ und eine Geſchicht/ die ſich zu einem Sprichwort ſchikket/ erzehlet: oder aus (d CCXXI.) der Erzehlung viel Sprichwoerter geſammelt. d(e CCXX.) 4. D. Solchergeſtalt haben wir auch mit den Lehren/ e die aus einer Erzehlung koennen gezogen werden/ gethan.(f CCXXII.) 5. C. Mir haben die zergliederten Erzehlungen f ſonderlich wol??? gefallen.(g CCXXIII.) 6. R. Dahin gehoeren auch die Reyenerzehlunge ̅ / g und Rey= (h CCLXVII.) engemaehle/ h von welchen vor gedacht worden.7. A. Die gemeinſte Art der Erzehlung iſt/ daß man von einer Tu= gend oder eines Laſters Eigenſchaft unterſchiedliche Geſchichte hoeren laeſſt/ (i CCLXXIV. k CCLXXII. l CCLXVIII.) wie von der Ehre/ i Geſpenſtern/ k und andern Sachen l geſchehen.8. V. Von Anlaſſung bedingter Buchſtaben haben wir zu vor m geſagt.(m CCLXXX. § 36.) 9. J. Von Beobachtung gewiſſer Woerter iſt auch andermahls n (n LXVI.) Meldung beſchehen.
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10. D. Wie aus vielen Geſchichten eine zu Tapetzereien zu weh= ???en/ a erinnere ich mich noch beſter Maſſen.(a LXV.) 11. C. Wie in einer vollen Kuchen leichtlich eine Mahlzeit kan zu= ???ereitet werden; alſo kan der/ ſo viel weiß/ leichtlich eine Gelegenheit ſeiner Erzehlung finden/ maſſen zuvor bey den Gleichniſſen b beſchehen.(b CCLXXX (VII. § 50.) 12. R. Hierbey finden auch ihre Stelle die Schaefergedichte/ und ???ie Herleſung gantzer Freudenſpiele/ als der Seelewig/ c Vernunft=und(c CCXV.) Redkunſte/ etc. wie auch allerhand Aufzuege/ von den Tugend=Sternen/ d(d CCXIII.) Eitelkeit der Welt/ e Vorſtellung der Verleumdung/ f der Auf=(e CXXX.) ???ug zu Roß/ g der Blumen und vieler andrer Haendel Wir wollen aber(f CXXXV.) ???erne hoeren/ was H. Veſpaſian fuer eine neue Art der Erzehlung anfuehren(g CCLI.) ???ird.13. V. Aus folgender meiner Erzehlung ſol Fr. Julia bemerken die Lehren.H. Degenwert die Sinnbilder.???ungf. Caſſandra die Sprichwoerter.H. Reymund die Raehtſel.
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Jungf. Angelica ſol die Redarten/ welche ihr etwan gefallen/ bemerken/ oder eine Gleichniß anfuegen.14. J. Nun wir wiſſen/ was wir thun ſollen/ erwarten |nur Be= richt/ ob ſolches alles nach vollendter Geſchicht/ oder zwiſchen derſelben Erzeh= lung beygetragen werden muß.15. V. Damit ich nicht zu einer beharrlichen Rede verbunden ſeye/ bitte ich erſtbeſagte ihre Anmerkungen einzuſchalten. Der Tıtel meiner Er= zehlung ſol ſeyn aus dem Spaniſchen.

Die Beſtraffung des Neids.
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(Perez de Montalvan Novella III.) In Sevilla/ der Haubtſtatt in Andaluzia/ hatte ein Graf??? zween Soehne/ Namens Kriegerich/ un ̅ Sigismund hinterlaſſen. Kriegerich der aeltſte un ̅ erſtgeborne erlebte/ mit wuerklicher Be= ſitzung der Grafſchaft/ eine |Herrlichkeit ůber ſeinen juengern Brudern/ welcher ihm doch an Verſtand/ Tapferkeit/ und allen Tugenden weit ueberlegen war. Der Neid/ ſo durch des Nechſten [224] bertreffliche Gaben erwekket wird/ wandelte ſich in einen Ty= ???anniſchen Hochmut/ und hielte der aeltere ſeinen juengern Bru= ???er faſt knechtiſch und veraechtlich/ da er doch ſonſten wegen ???einer Freundlichkeit von iedermann lieb und wehrt geachtet ???urde.16. J. Der Neidhart haſſet und verachtet iederman ̅ : die geringern/ ???eil ſie nicht ſeines Gleichen ſind: die hoehern/ weil er befuerchtet/ ſie moechten ???n demuetigen; und die ſeines Stands ſind/ verlachet er/ weil er ſich beſorget/ ???e uebertreffen ihn: deswegen lebet ein Neidiſcher in ſtetswachſamen Sor= ???en.17. V. Dieſes iſt alſo die Lehr von des Neids Eigenſchaft. Ich fah= ??? in der Erzehlung fort.Wegen dieſer Verachtung entſchleuſſt ſich der junge Graf ???inem reichen Fraeulein aufzuwarten/ und/ durch verhoffte Ver= ???aehlung mit derſelben/ ſich aus ſeines Brudern Gewaltſamkeit ???u winden.
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18. D. Dieſes kan etlicher Maſſen gebildet werde ̅ durch ein Stukk Wild/ welches von dem Jaeger und den Hunden/ in das Garn zu fliehen/ ge= noetiget wird. Man vergleicht auch ſolche Begebenheıt eınem Fiſch/ der aus der Pfannen in das Feuer ſpringt/ die Obſchrift koente ſeyn.

UBel aerger.
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19. V. Sterina/ eines reichen Freyherrns einige Tochter/ welcher benebens ſeiner anſehlichen Gueter ein groſſes Gewerb in Indie ̅ fuehrte/ war der Zwekk ſeiner Liebe/ dahin Sigismunds Hofnung das erſte Abſehen richtete.20. C. Nach dem Sprichwort nennet man ſolche Jungfrauen dop= pelt ſchoen/ in dem Angeſicht/ und in der Geldtruen.
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21. V. Seine Liebe gab er ihr bey allen Gelegenheiten ???it den Augen zu verſtehen/ erkauffte aber eine unter ihren Die= ???erin/ ſeine Gedanken zu dolmetſchen/ und die ihm das Lob zu ???orechen nicht unterlaſſen. Damit aber ſeine Neigung erfreu= ???ich zu Werke geſetzet werden moechte/ gibt er ſolche ſeinem H. ???Grudern zu verſtehen/ als ohne welches Vorwiſſen/ und Huelf= ???ietung ſolches nicht werkſtellig gemachet werden moegen. Si= ???ismund bittliches Suchen laeſſet ihm der falſche Kriegerich mit ???Vorten gefallen/ befuerchtet aber/ aus vorbeſagter Neidſucht/ ???ein juengerer Bruder doerffte ſich unterſtehe ̅ / mit ſo groſſen Mit= ???eln/ welche er dieſer Geſtalt erheuraten wuerde/ ihn aus der Graf= ???chaft zu verjagen/ und ſich ſeiner Unterthanen/ bey welche er ???lle Gewogenheit gege ̅ ihm verſpuehrte/ bemaechtigen: verſpricht ???erwegen Fuchsſchwaentzeriſcher Weiſe/ ihm allen Beyſtand zu ???iſten/ und die Werbungfoerderlichſt anzubringen.
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22. R. Nun hoeret hierauf DIe Raehtſel.
Wann die Glut iſt viel zu ſchwach/ holt man Waſſer aus dem Bach/ und geuſt ſelbes in die Flammen/ welche dardurch nach und nach ſchlagen ueberhoch zuſammen.23. V. Die Gleichniß iſt hergenommen von den Schmieden wel= che das glueende Eiſen mit Waſſer zu erhitzen pflegen/ und vergleicht ſich zu??? gegenwaertiger Fuegniß/ indem ein Bruder durch des andern Vertrauen und Wolmeinen die aergſte Feindſchaft und Falſcheit verdienet.
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Kriegerich gehet zwar zu Sterina Vater/ bringt aber ſei= ???e Werbung fuer ſich ſelbſten an/ der Hofnung/ ſolches Fraeulein ???fuer ſich zu erlangen. Inzwiſchen man andersſeits Bedenkzeit ???immet/ finden ſich beede Brueder Abends fuer des Fraeuleins Thuer/ und zwar Sigismund am erſten/ welcher fuer Kriegerich ???ngeſehen/ und auf Sterina/ auf gut Beheiſſung ihres Vaters/ ???it Worten freundlichſt empfahen wird/ die er auch mit ange= ???emer Hoeflichkeit erwiedert. In dem ſtoeſſet ſein Bruder auf ???hn/ mit bloſſem Gewehr und etlichen Dienern/ dem dann Si= ???ismund weichen mueſſen; maſſen er die Abrede mit dem Fraeu= ???in genommen/ ſich eben ům ſelbe Stunde alldar zu finden. Nachdem nun Sterina vermerket/ daß ſie ſich in der Perſon ge= ???ret/ klaget ſie ſehr ueber die Vermeſſenheit ſeines Bruders/ mit ???Gitt/ ihm alle Hofnung wegen ihrer zu benehmen/ als welche ???ome zu einem Ehegemahl/ und ſonſt keinem andern von dem ???aedigen Himmel beſcheret ſeye.
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24. A. Die wollueſtige Liebe iſt gleich der Jael/ ſie verbirgt/ die zu ihr fliehen/ gibt ihnen Milch zu trinken/ und wann ſie dan ̅ ſicher ſchlaffen/ ſchlaegt ſie ihnen den Nagel durch das Haubt/ und toedet ſie.25. V. Sigismund hoeret ſolches alles von ferne/ und nachdem ſein H. Bruder ſeine Verloebniß mit Sterina ruchtbar werden laeſſt/ auch die Verlaubniß erlanget/ ſie můndlich anzu= ſprechen/ hoeret Sterina/ daß| es dieſer Stoltze nicht iſt/ welches Hoeflichkeit ſie geſtern mit beweglichſter Hertzensfreude ange= hoert: faengt auch von der Stunde an Kriegerich zu haſſen/ und erbittet von ihrem H. Vatern eine geraume Denkzeit/ ſich wegen ſolcher Verloebniß zu entſchlieſſen.26. J. Der Stoltze iſt Gott und Menſchen ein Greuel. Alle ande= re Laſter wollen verborgen ſeyn/ dieſes aber brueſtet ſich hervor/ und verdienet aller Verſtaendigen Haß; wann ſonderlich ſolcher Stoltz auf falſchen Wahn gegruendet iſt/ und auf Reichthum und Ehre pochet/ von welchen beeden [230] ???it Fug kan geſagt werden/ was jener ueber das Feuer und das Waſſer ge= ???chrieben/ daß ſie nemlich gute Knechte/ aber boeſe Herren.27. V. Sigismund ſihet/ daß er ſeinem H. Brudern hier= ???nnen nicht begegnen/ und die Falſchheit hintertreiben kan/ iſt ???eswegen bedacht/ ſich nach Hof zu begeben/ zuvor aber von Sterina Urlaub zu nehmen/ bey welcher Begebenheit Sigis= ???unds hoefliche Sitten/ Verſtand und Beſcheidenheit/ dem ???Fraeulein dergeſtalt beliebet/ daß ſie ſolche Kriegerichs groben ???Unverſtand/ und Baeuriſchen Stoltz weit vorgezogen/ ihn auch ???eine Raiſe/ auf etliche Tage zu verzoegern/ gebeten. Sigis= ???und erkuehnt ſich ſeinem Bruder ſeinen unbruederlichen Be= ???rug/ und ſchaendliche Falſchheit zu verheben/ und zwar eben/ ???ls er ihme bey F. Sterina Hauſe begegnet/ da ſie alle ihre Wort ernemen und anhoeren koennen. Kriegerich entbloedet ſich zu ſei= ???er Entſchuldigung zu ſagen/ er liebe Sterina wegen ihres ???Gelds/ und můſſe ſolches die ſchoenſte Schoenheit ſeyn/ welche ???lles andre hintrage.
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28. D. Solches kan gebildet werden durch die Sonne/ als das allerſchoenſte Geſchoepf in dieſem Weltbau/ und durch eine fruchtbare Regen= wolken/ welcher Feuchte ſich mit dem Reichthum vergleichen laeſſet/ und kan noch der Regen ohne die Sonne/ noch die Sonne ohne den Regen kommen/ ſchreibe deswegen darueber:KEines Ohne das ander.29. V. Wiewol dieſes dem Fraeulein gefallen/ iſt leicht= lich zu erachten. Kurtz zu ſagen/ ſie wendete ihr Hertz von dem aeltſten zu dem juengſten Bruder. Erkuehnte ſich deswegen dem reiſfaertigen Liebſten ein Brieflein nach zuſenden/ ihn/ vor ſeinem Wegreiſen/ noch einmal anzuſprechen. Sigismund verwun [232] ???erte ſich hoechlich ůber dieſe Bottſchaft/ und ob er wol gezwun= ???gen/ ſeine Reiſe/ wegen ſeines Bruders/ und der gantzen Freund= ???chaft/ fortzuſtellen/ hat er doch nicht unterlaſſen/ ſich zu Fuß ???wideruem zurukke zu machen/ und Nachts bey Sterina Fenſter ???gehorſamlich einzuſtellen/ und fernern Befehl anzuhoeren.30. C. Nach dem bekanten Sprichwort: Wer ein Ding kan ???ſelbſt thun/ den betreugt kein Bott. Oder: Herr Selbſt thut es/ Befehlenthuts halb/ Bitten thut nichts.31. V. Sigismund wird von Sterina an ſeiner Geſtalt ???nd Gang leichtlich von ferne erkannt/ und indem er auf einer Seite der Gaſſen dahergehet/ kommet ihm auf der andern Sei= ???en ſein Bruder entgegen/ daß ſie beede unferne von der beſagten Jungfer Haus aufeinanderſtoſſen. Kriegerich/ auß Neid und Eifer erhitzt/ entbloeſſet den Degen/ weil er beobachtet/ daß die= ???er/ welchen er nichtkennet/ das Haus/ mit unverwendten Au= ???en/ angeſchauet. Sigismund ſtellet ſich zur Gegenwehr/ und [233] weil Sterina befoerchtet/ er moechte durch ſeines Gegentheils Diener uebermannet werden/ eilet ſie in die Gaſſen hinab/ beede voneinander zu bringen.32. R. Sie ſolte vielleicht gedacht haben wie jene/ daß der Streit??? mit Gold und nicht mit dem Eiſen auszufechten. Daher nehme ich Anlaß zu??? folgender Raehſel:
Wie heiſſt die ſchoenſte Waag/ die leichtlich wird gebeugt/ und nach dem Goldgewicht das Hertz und Armen neigt.33. V. Wie wol Sterina nicht auf groſſes Gut geſehen/ ſo kan doch von viel Frauenzimmer geſagt werden/ daß ſie ihre Liebe nach der Freyer ſchoe= nen Gaben richten/ und ſich zu dem neigen/ welcher in ihre Haende/ als in??? Waagſchalen/ am ſchwerſten Gold leget.Inzwiſchen nun das Geſchrey und Getuemmel in der Gaſſen zunimmt/ erwacht Sterina Vater/ und bildet ihm faſt ein/ es můſſe vielleicht ein Dieb in oder vor ſeinem Hauſe ſeyn/ ſtehet [234] ???deswegen auf/ und ſihet/ daß die Hausthuer nicht verrigelt/ des= ???wegen ſperret er zu/ und ſchleuſt alſo ſeine Tochrer unwiſſend ???aus dem Hauſe/ welche inzwiſchen den neidiſchen und ſtoltzen Kriegeriſch mit Worten alſo abgewieſen/ daß er in Zorn dar= ???von gangen und Sterina mit vielen uugebuehtlichen Worten ???erachtet.34. A. Daruem vergleicht man den Haß/ welcher der Lıebe nachfol=(Speron Spe- roni nel Dı- alog. della geloſia.) ???et/ den ſtaerkſten Eſſig/ der von dem beſten Wein gemacht wird. Man ſagt ???uch/ ein Nagel verſchlegt den andern/ wie eine Lieb die andre vertreibt.35. V. Sterina und Sigismund ůbernachten bey Lean= ???er/ nehmen auch Morgens ihren Weg aus der Statt/ und wer= ???en durch Briefe ihre Verſuehnung bey dem Vater/ welcher zwar ???rſtlich in ihre Verehlichung keineswegs willigen wollen: Dem= ???ach aber Kriegerich/ aus Traurigkeit/ Neid und Unwillen er= ???rankt/ und bald hernach Todes verblichen/ hat ihn ſein Bruder/ ???egen der nahen Geſipſchaft/ wie rechtlich geerbet/ ſeine Graf [235] ſchaft/ Titel und vermeinte Liebſte/ auf endliches Einwilligen ihres Vaters/ erlangt/ uud lange Zeit mit allem Wolergehen er= freulich genoſſen.36. J. Die Haubtlehr iſt/ daß der Neid/ mit Falſchheit und Stoltz verbruedert/ einen ſcheinbaren Anfang/ aber im Ende ſchaedlichen und ſchaend= lichen Ausgang gewinne/ und/ wie man zu ſagen pflegt/ ſein ſelbſt Stiefmutter ſey. Gott hat allen viel/ wo nicht an Gluekks=iedoch an Leibsguetern gegeben/ keinem aber genug. Wer kan ſeiner Wolthaetigkeit Einhalt thun? was mir Gott giebt/ kan mir S. Peter nicht nehmen/ es neide mich mein Nach bar oder nicht.37. C. Dieſes Laſter des Neids iſt bey Jungen und Alten ſehr ge= mein/ und ſagt hiervon recht jener Poet:(Froſchmaeuſ= ler.)
Wann der Neid brennte wie Feuer/ ſo wer das Holtz nicht ſo teuer.
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38. R. Man kan die Erzehlungen auch viel leichter zu Geſpraech= ???ielen machen/ wann man iedem frey laeſſet/ etwas ſchikkliches darzwiſchen zu ???gen. Wir wollen auch hierinnen eine Probe thun.39. A. Der Herr erſtatte den Raht mit der That.

Die entdekkte Verleumdung.
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ZU Avignon in Frankreich hatte eine Adeliche Wit=(Belley l. 2. des. eve- nem. V.) tib/ welche wir Delphinam nennen wollen/ eine Recht= fertigung verlohren. Weil ſie aber vermeint/ daß ihr zu kurtz geſchehe ̅ / hat ſiedie Sache weiters geſucht/ und ein anders bey dem Obergericht zu Rom (deſ= ???n Bottmaeſſigkeit beſagte Statt unterworffen) auszubringen ???nternommen. Mit dieſem Vorſatz macht ſie ſich mit etlichen ???ienern und Maegden auf/ und ſchiffte nach Genua/ von dar ih= ???e Raiſe nach Rom fortzuſtellen. Inzwiſchen ſie Gelegenheit [237] erwartet mit etlichen Kaufleuten zu Schiffe zu gehen/ ſpatzie= ret ſie in der ſehr ſchoenen Statt heruem/ betrachtet die koſtba= ren Gebaeue/ und unfruchtbaren Berge: Es kame ihr beedes fremd fuer/ zu dem daß ihr Speiß und Trankſchlecht/ aber ſehr teuer aufgetragen wurde.40. V. Der Orten iſt wahr/ was man von Midas lieſet: daß die nach Geld hungert/ in ihrem Reichthum uebel leben.41. R. Delphina wird ueber den Verzug der Schiffer unluſtig/ und weil ſie ihren Zorn wider ſo grobe ungehaltene Leute nicht ausſchuetten dorfte/ zankt ſie taeglich mit ihren Be= dienten/ wie die boeſen alten Weiber zu thun pflegen.(Sprichwoert. 17. und c. 20. v. 3.) 42. A. Wer Luſt zu zanken hat/ der kan leicht eın Kunkel von Ha= der anlegen/ und wer an Zank und Streit Gefallen hat/ der beluſtiget ſich mit Suenden/ und iſt ein Narr. Ja wer Zank anſtifftet/ der iſt fuer Gott ein Greuel. (Spr. 6. v. 26.) Der ſich vom Zanken nehret/ arbeitet in des Teuffels Werkſtatt.
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43. R. Delphina hatte unter ihren Dienerin eine mit Na= ???en Martha/ froeliches/ freyes/ doch ehrliches Gemuets/ wie die ???rantzoeſinnen alle zu ſeynpflegen. Dieſe junge Dirne hatte in ih= ???m Haubt zu wenig Gehirn/ und zu viel Zungen. Als ſie nun ???re Frau/ ohne/ oder doch mit geringen Urſachen/ hart anfuhre/ ???mangelt ihr die Gedult/ ſolche Reden mit Stillſchweigen an= ???hoeren; laeſſet ſich deswegen mit unzimlichen Gegenworten ???ernehmen/ daß Delphina in dem Grimm entbrand/ einen ???tokk ergreifft/ ihr mit Schlaegen das Maul zu ſtopffen. Mar= ???a wil ihrer Frauen das Holtz aus den Haenden winden/ und ???rletzt ſie damit in dem Angeſicht/ darůber dann Delphina ???ch mehr entrueſtet/ daß Martha ſich endlich mit der Flucht ret= ???n/ und verkrichen mueſſen.44. C. Die Schoenheit iſt eine ſo reiche Gabe der Natur/ daß wir/(Geſpraechſpiel CCXL.) ??? es moeglich/ auch derſelben in dem Tod nicht wolten beraubet ſeyn/ zu ge [239] ſchweigen/ daß uus das Alter ſolcher Eitelkeit gaentzlich befreyen koente. W??? wol alte Weiber ſich befleiſſigen ſolten/ nicht ſchoen/ ſondern fromm zu ſeyn.45. R. Delphina/ welche ſich die Zeit ihres Lebens be??? muehet angenem zu ſeyn/ muſte ein Pflaſter in dem Angeſicht tr??? gen/ und ſich beſorgen/ daß ein Wundmahl zu ihrem beharrlich??? Nachtheil hinterbleiben moechte. Indem ſie nun die lang erwa??? te Gelegenheit zu Vollziehung ihrer Raiſe erlangt/ laeſſet ſie/ au??? Rach/ die Martham hinterſich/ ohne Bezahlung ihres Lohns??? und Verſchaffung nohtwendiger Mittel/ wiederům in Frank??? reich ueberzuſetzen.46. D. Die Straffé iſt dem Verbrechen nicht gemaeß/ und w??? dem Knecht ſeinen Lohn verhaelt/ deſſen Suende ſchreyet zu Gott.47. R. Der Wirt/ welcher nichts an ſich/ das eine ̅ Men??? ſchen aehnlich/ als das Angeſicht/ ſtoeſſt Martham aus dem Hau??? ſe/ weil er ſahe/ daß ſie ohne Geld ware/ und ſorgte wenig/ wie e??? ihr ergehen moechte. Der boeſe Feind/ ſo dieſer armen Magd??? [240] ???achgetrachtet/ ſie in ſeine Fallſtrikke zu bringen/ wolte ſie auf ???anche Weiſe gefaehren/ wie folgen wird.48. V. Wer in Welchſland geweſen/ oder von den Sitten dieſer ???oelker geleſen/ kan leichtlich errahten/ daß dieſe Martha ſicherer unter wilden ???ieren/ als unter dieſer Sodomitiſchen Jugend leben koennen.49. R. Martha war ohne Geld/ ohne Freunde/ ohne Zunge ???r Elend zu klagen und zu ſagen/ weil ſie der Sprache nicht kuen= ???g; wird aber doch in den Spital gewieſen/ da ſie/ wegen ihrer Ge= ???ndheit/ nicht konte eingenommen werden. Sie war in ſo viel ???oeſſerer Gefahr/ in ſo viel groeſſerer Achtbarkeit die Ehre/ als das ???eben ſeyn ſol. Gott aber/ der fromme Gemueter erkennet/ und ſie in ???oehten nicht verlaeſſet/ regierte die Gemueter/ der Spitalpfleger/ ???ß ſie dieſe Martham zu einer alten arme ̅ Wittib in dıe Koſt ding= ???/ in Hoffnung/ ſie mit ſicherer Gelegenheit wideruem in Frank= ???ch zu ſenden.
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50. J. Daher ſingen wir: Wer Gott vertraut/ hat wol gebaut/ de??? wil er nicht verlaſſen.51. R. Etliche von den Juenglingen hatten dieſe ſchwartz??? braune Frantzoeſin/ mit bruenſtiger Liebesneigung/ in den Kirche??? und auf den Straſſen betrachtet/ und weil Martha in Frantzoeſi= ſcher Freyheit| auferzogen worden/ hat ſie iedermann freundlich??? angeſehen/ ohne einige boeſe Gedanken/ als welcher die Gebraeuch??? des Landes gantz unbekant waren.52. C. Man ſagtin dem Sprichwort/ daß dem Kind weh nach dem/??? was man ihm verwehret. Man kan in der Freyheit frommer ſeyn/ als in dem??? Zwang der Einſamkeit. Wann aber das Gemuet boeß/ ſo wird noch eines noch??? das andere helffen.53. R. Martha und ihre Hausmutter/ werden durch de??? Goldregen/ fuer welchem kein Dach ſtark genug iſt/ betriefet/ und??? lieget ihr die alte in den Ohren/ ſie ſolte es machen/ wie die Tochte??? Acriſa. Einestheıls ſetzten ihr zu die Doerner der Armut/ anders??? [242] ???eils der Reichthum=und Wolluſtkuetzel/ un ̅ ſie unterlieſſe nit Gott Beſtaendigkeit in ſolchen Noehten anzuſchreyen/ welcher ſie auch ??? ihrem Vorſatz geſtaerket/ daß ſie entſchloſſen lieber mit Ehren ???ſterben/ als in Schanden zu leben/ und bereuete mit vielen Thre= ???n/ daß ſie ihrer alten Wirtin verfuehriſchen Liebkoſen zuge= ???ret.54. A. Gewiß iſt/ daß uns alle gute Gedanken von Gott eingegeben ???rden/ und daß wir ohn ſo heiligen Beyſtand nicht die geringſte Anfechtung ???erwinden koenten.55. R. Martha/ nachdem ſie inſtaendig von ihrer Wirtin ???r Ungebuehr gereitzet wird/ laufft ſie wiederům zu den Spital= ???legern/ und bittet/ ſo gut ſie mochte/ ihr anderwerts eine Frey= ???tt zu retten ihrer Ehre/ zu bedeuten. Ungefehr fande ̅ ſich eben zu ???biger Zeit zween alte Frantzoeſiſche Pilgram aus Burgund/ das ???ruehmte Armenhaus zu beſehe ̅ / welche ihr/ gleichſam als Schutz= ???gel zugeſendet worden/ wie dorten Raphael dem Tobia. Dieſe [243] ſpricht Martha in ihrer Sprache mit Ehrerbietungen an/ und klaget diegroſſe Gefahr/ in welcher ſie dieſes Orts ſchwebe ̅ mueſſte Sie verheiſſen ihr alle Sicherheit/ und bringen ſie in ein Nonnen= kloſter/ biß ſie mit ihr in Frankreich abſchiffen wuerden.56. V. Dieſe Geſellſchafterin haette ihre Andacht ſollen verdaechtig??? machen/ und mueſſen ſie ſich aus ſonderm Eifer darzu verſtanden haben.57. R. Unter vielen/ die Martha nachgeſtanden/ ſind zween von Adel geweſen Stilico und Perille/ welche die Schand fuer ihren Ehrentitel gehalten und ſich gerůhmt/ deſſen ſich an= dere ſcheuen. Dieſe beede hatten vergebens viel Geld aufgewen= det/ ihr boeſes Vorhaben in das Werk zu ſetzen/ und als ſie verſtan= den/ wie ihnen der Raub entfaehret worden/ ſtellen ſie die alte Kuplerin an/ daß ſie die vorbeſagten Geiſtliche bey dem Richter beklagt/ daß ſie Martham entfůhret/ mit angehaengter Bitt/ ihnen nachzuſetzen/ welches ſo bald verwilliget worden.
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57. A. Hieraus erhellet/ daß der Satan/ auch unter dem Schein ???er Gerechtigkeıt/ der Unſchuld nachſtellet/ und wann man vermeint ſicher zu ???yn/ mehrmals die Gefahr am nechſten iſt.58. R. Stilico und Perille waffnen ſich/ ſpringen auf ???n Jagſchiff/ und ereilen die Pilgram mit Martha/ weiſen dem Schiffer Oberkeitlichen Befehl vor/ daß er beſagte verdaechti= ???e Perſonen/ wideruem zurukk nach Genua/ verabfolgen laſſen ???lte/ welches auch ungeweigert beſchehen. Sie beratſchlagen ???e Geiſtliche zu erwuergen/ und mit Martha ihren Willen zu ???ollbringen/ in dem ſie aber dieſer Sache Gefahr ueberlegen/ ???hret ſie ein ſchneller Wind wideruem nach Genua/ da ſie dann ???e Pilgram dem Ertzbiſchoff/ zu gebůhrlicher Abſtraffung/ ſtel= ???n/ Martham aber zu der erſten Wirtin/ in die Herberge/ brin= ???n/ der Hoffnung ihrer Liebe/ und aufgewendten Unkoſten zu ???nieſſen. Unterwegs ſchreyet Martha uem Huelffe und bittet/ ???re Ehre von dieſen Moerderbuben zu retten/ aber vergebens; [245] Niemand verſtunde ihre Wort/ als ein Goldſchmied/ Marx ge= nannt/ welcher ungefehr zugelauffen/ und den gantzen Handel von ihr vernommen/ und ſolchen dem Volk/ in Italiaeniſcher Sprache/ eroeffnet. Martha bittet/ man ſol ſie in das Gefaengniß/ oder zu ihren letzten Kloſterſchweſtern und ja nicht zu der erſten Kuplerin fuehren/ welches dann auch auf Zuſchreyen des zuge= lauffenen Poevels geſchehen mueſſen.60. C. Vielleicht were dieſer Marthae Tugend/ und der Pilg= ram Wolthat/ ohne dieſes Ungluekk nicht offenbar worden/ und die Ubel= thaeter ungeſtrafft verblieben; maſſen dergleichen Unfall mehrmals fuer eine Wolthat Gottes zu rechnen.61. R. Martha wird fuer den Richter gefuehrt/ und be= glaubet ihre Unſchuld durch unterſchiedliche Beweißthum/ ſo wol/ als die beeden Geiſtlichen fuer dem Ertzbiſchoff/ der ſie mit groſſer Hoeflichkeit wieder von ſich gelaſſen. Kurtz zu ſagen: [246] Stilico und Perille werden verurtheilet/ der Martha 1000. Sil= ???erkronen zur Ausſteuer zu bezahlen/ uud der Kuplerin wird die Statt verwieſen.62. D. Da heiſt es wol: Thurecht/ und laß GOtt ſorgen. Dieſe beede werden in Schanden beſtanden ſeyn/ wie dort die alten Suſan= ???ae=Maenner/ derer Verleumdung auf ſo wunderliche Weiſe auch entdekket ???orden. GOttes Hand iſt nicht verkuertzt/ er kan thun ueber unſere Ge= ???anken/ und ſeiner Allmacht iſt kein Ding unmoeglich/ wann wir ihm nur ver= ???auen.63. R. Der Goldſchmied Marx machet ſich mit ſeinem ???antzen Haushalten auf/ und begleitet die nunmehr bereicherte Martham in Frankreich. Beede Pilgram aber nahmen ihren ???eg zu Fuß nacher Burgund. Als Martha wieder in ihr Vater= ???nd gelangt/ hat ſie bald hernach eine ehrliche Heurat bekom= ???en/ und ihr Leben wol und gluekklich vollendet.
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64. J. Dieſe wahre Geſchichte ſolte ein Spiegel ſeyn allen Jung= frauen/ daß ſie ja nicht verſchertzten/ was ſie die Zeit ihres Lebens nicht wieder= uem erlangen moegen/ und ſich verhalten wie Martha/ wann ſie wollen/ daß es ihnen wol ergehen ſoll.65. V. Von den Spitalpflegern und Pilgramen iſt auch zu lernen die Wolthaetigkeit in ſolchen Werken/ welche ſehr gefaehrlich ſind/ und daß durch ein gutes Gewiſſen alle Noht zu ueberwinden.66. A. Wann auch von den Boeſen Gutes zu lernen/ ſo iſt von der Kuplerin abzuſehen/ daß kein Verbrechen ungeſtraft verbleibet/ es ſey ueber kurtz oder lang.67. R. An dem Richter haben wir ein Exempel/ daß auch unter Boeſen und Gottloſen noch fromme Obrigkeiten/ die den Verlaſſenen helffen??? und den Armen Recht ſprechen.68. C. Delphina hat ihren Zorn durch ein Schandmal bueſſen mueſſen.69. R. Es iſt auch nicht darbey verblieben/ ſondern ſie [248] ???ſt unverrichter Sachen wieder von Rom zurukke kom ̅ en/ und ???at die Zeit ihres Lebens Martham wegen ihres Gluekkes ge= ???eidet/ welcher Neid fuer ſich eine Krankheit des Gemuets iſt.70. D. Man kan auch die Erzehlungen dergeſtalt anfuehren/ daß ???an viel Sprichwoerter darzwiſchen mit einmenget/ und endlich uemfragt/ ???as fuer ein Titel darueber zu ſchreiben. Wir wollen einen Verſuch thun.71. J. Wir erwarten/ daß uns der Herr vorgehe: Zu der Nachfol= ??? ſind wir bereit.72. D. Aus bemeldter Urſache/ uebergehe ich den Titel meiner Ge= ???hicht.Es iſt eine Frage: Ob die Liebe oder die Freundſchaft ſtaer= ???r ſey?| Jonathans Freundſchaft gegen David warſtaerker/ als ???e Liebe zur Koeniglichen Krone. Alexander gab ſeinem ???eund Apelle dem beruehmten Mahler Compaspe, welche er ge= ???ebt/ und gebrauche ich mich dieſer Exempel wie die Stein [249] ſchneider des Demantspulvers/ meine folgende Erzehlung darmit zu erklaeren.Kerembald ein Edelmann aus Lotringen hielte ſich auf in Flandern/ an dem Hof des Ertzhertzogen Alberts/ un ̅ verban= deſich durch eine unaufloeſſliche Tugendfreundſchaft mit Fran= ein einem Edelmann ans Champegne.73. J. Die Freundſchaft findet/ oder machet eine Gleichheit.74. D. Kerembald war fuer ſich reich/ und mit hohen Kriegsdienſten verſehen: Francin war ein ſchlechter Edelman ̅ / und der jůngſte unter ſeinen Bruedern/ daher er auch ſeine Nei= gung gerichtet/ auf eine reiche Burgerstochter zu Brůgg/ wel= che unter den haeſſlichen des Landes die ſchoenſte und begueterſte war/ und zugleich auch die ſtoeltzte.75. V. Die Herberg iſt von auſſen ſchoen/ aber der Wirt ein Baur. In einem ſchoengebundenen und mit Gold bezierten Buch/ kan doch viel Boe= ſes ſtehen. Die Hoffart ziert ein Weib/ wie eine Baerenhaut.
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76. D. Herembald war von der J. Tubergin unterſchied= ???ich abgewieſen worde ̅ / und muſſſte erfahren/ daß ſeine Beſtaen= ???digkeit faſt ohne Hoffnung/ iedoch nicht ohne ſeines getreuen Freundes Francins Raht/ als welcher/ wegen ſeiner Hoeflich= ???eit/ guten Sitten/ und lieblichen Geſtalt angenemer/ als kein ???ndrer/ der gedachter Jungfer aufgewartet.77. A. Jedermann iſt ſonſten ſein beſter und naehſter Freund:78. D. Francinwuſte Herembolds hohe Ankunft/ Aemter/ Anſehen/ Reichthum und Tapferkeit herauszuſtreichen/ und ???erſtunde/ daß er mehr Ehre einlegen wuerde/ wann er nicht an= ???ern/ ſondern ihm ſelbſten/ das Wort ſprechen wuerde/ durch wel= ???hes er aber ſeinen Freund nicht beleidigen wollen.79. C. Sonſten ſagt man/ der Eigennutz trennt die beſte Freund= ???haft.80. D. Francin verſtehet nach und nach von der J. Tu= ???ergin/ daß er und kein anderer geliebet werde/ und ſtande er auf [251] der Freundſchaft/ und der Liebe Scheidſtraſſen/ bis endlich die Freundſchaft Uberhand erhalten/ und die Treue der Liebe obge= legen. Wie ſol ich/ ſagte er bey ſich ſelbſten/ meinem Freunde ſeine Liebſte nehmen/ der mir ſeine Liebe aus getreuem Hertzen eroeff= net hat? Ich wůrde unſere Tugendfreundſchaft in eine Laſter= feindſchaft wandeln/ und wenig Segen darbeyhaben. Wie/ ſagte er aus andern Bewegungen/ ſoll ich mein Gluekk mit Fueſſen wegſtoſſen? ich beraube ihn nicht deren/ welche ſich mir ergiebt willig/ und ohne mein Begehren. Ich kank iner Untreue be= ſchuldiget werden/ weil ich meines Freunds Liebe niemals zu hintertreiben/ ſondern vielmehr zu befuerdern getrachtet. Das Gluekk hat ſeine Zeit/ wer es einmals verſaumt/ kan es nicht mehr ereilen. Endlich ſchleuſſt er: Ich will lieber ungluekkſelig als falſch und untreu erfunden werden.81. R. Ein ſo guter Freund iſt ein ſeltnes Wildbret.82. D. Mit dieſem Endſchluß eroeffnet er ſeinem Freund der [252] Jungfer Liebe gegen ſein Perſon/ und bittet die Mittel/ wie ſol= ???e von ihm/ nach ſeinem Wunſch/ zu wenden.83. V. Was man Freunden Guts thut/ iſt unverlohren.84. D. Hermenbald gefaellt dieſe Aufrichtigkeit ſehr wol/ ???edanket ſich der groſſen Freundſchaft/ und bittet uem derſelben ???ortſetzung. Die Jungfer bringet bey ihren Freunden ihre vor= ???abende Verehlichung mit Francin an/ welche ihr vielmehr zu ???ermenbald/ wegen ſeiner groſſen Mittel/ und Ehrendienſte/ ???ahten. Sie beharrt aber ihre gefaſſte Neigung/ und verhoffet ???armit durch zudrukken.85. A. Wer ihm nicht laeſſt rahten/ dem iſt nicht zu helffen. Wer ???ermeint/ er habe genug Liechts in ſeiner Latern/ der gehet ueber und ueber.86. D. Nachdem nun Hermenbald merket/ daß er keine ???unſt bey J. Tubergin erlanget/ haelt er den Unterhaendler fuer ???erdaechtig/ und vermeinet/ daß Francin ihme mehr hinderlich ???ls foerderlich ſeye. Francin entſchleuſſt ſich/ ſolchen falſchen [253] Wahn/ mit ſeiner Abweſenheit/ zu widerlegen/ und verraiſt nach Brůſſel. Tubergin aber wil Hermenbald ſo wenig hoeren/ als zu= vor; ja haelt ihn/ nach Francins Abweſen/ viel veraechtlicher.87. R. Der beiſſt in eine Nuß durch einen Sakk/ der bult/ was ihm nicht werden mag.88. D. Tubergin ſchreibt zu unterſchiedlich Malen an Francin/ daß ſie nunmehr die Einwilligung ihrer Freunde wege ̅ bewuſter Ehehandlung zwiſchen ihnen erhalte ̅ ; er ſolte wieder= kommen/ und ſelbe vollziehen/ etc. Dieſe Briefe ſendet Francin a??? ſeinen vertrauten Freund Hermenbald/ benebens einer offnen Beantwortung an die Jungfer; Daraus ſeine Aufrichtigkeit??? und ungefaelſchte Freundſchaft zu beglauben.89. C. Man ſagt/ dasiſt ein rechter Freund/ der vorn freundlich/ und hinterrukks getreu iſt.90. D. Nachdem nun die Tubergin durch Schreiben ſo wenig/ als Hermenbald bey ihr můndlich ausrichtet/ verkleide??? [254] ??? ſich/ benebens einer alten Frauen/ ſo ſie von Jugend auf erzo= ???n/ und kommt nach Brueſſel perſoenlich zu erkundigen/ was ſie ???rch Schreiben nicht auswuerken koennen. Hermenbald eilet ???ch auch aldar einzufinden/ und weil er noch nicht anderſt glau= ???n wollen/ als daß er von Francin verachtet und betrogen wuer= ???/ fordert er ihn/ mit vielen Schmaehworten/ die Sache mit der ???lingen auszufechren.91. J. Die Wolken/ welche die Sonne in die Hoehe ziehet/ vertun= ??? ihren Schein. Wer den Angel einſchlukkt/ der folgt/ wo er hingezogen ???d.92. D. Tuberginkonte ſolches nicht unwiſſend ſeyn/ laufft ???swegen auf den Platz ihres Zweykampfs/ und bezeuget in bee= ??? Gegenwart/ daß Francin ſich als ein hoechſtgetreuer Freund ???eignem Nachtheil/ gegen Hermenbald/ verhalten/ und wie ſie/ ??? ſein bewegliches Zuſprechen/ entſchloſſen/ ihre Liebe von ihm ???/ und aufſeine Perſon zu wenden.
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93. V. Ein Freund/ der einem nichts gibt/ und ein Feind/ der einem nichts nimmet/ iſt einer faſt ſo gut als der ander: Jenes hat man ſich nichts zu getroeſten/ und vor dieſem nichts zu beſorgen.94. D. Es iſt nicht auszuſprechen/ mit was Freuden Her= menbald dieſes angehoeret/ und zu was Dankleiſtung er ſich gegen dem getreuen Francin verpflichtet. Sie kehren eiligſt nach Bruegg/ vollziehen diß Hochzeitliche Feſt/ und belohnet Hermen= bald dieſes Freundſtukk/ ſo ihm Francin geleiſtet/ mit ſeiner Schweſter/ welche er ihm mit einer reichen Ausſteuer vermaehlet. Nun frage ich/ wie dieſer Erzehlung Titel zu verfaſſen?95. J. Man koente darueber ſchreiben: Der getreue Freund.96. V. Oder: Der Freundſchaft Belohnung.97. A. Oder: Die Liebeskrieg und Freundſchaftſieg.98. C. Oder: Die beſtaendige Treue. Oder der unbeſtaendi= ge Weiberſinn.
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Angelica.
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JEh halte darvor/ daß beſtaendig nach der Erzehlung der Ge= ſchichte ſich nit uebel fuege das Geſpraechſpiel von den Geſchicht= reden/ welcher wir zu andrer Zeit Erwehnung gethan. Weil mir(CLXIX. CCLXX.) aber obliegt dergleichen anzufangen/ will ich des erſten Men= ſchen Adams Geſchichte erzehlen/ und die darzugehoerige ̅ Reden von der Geſellſchaft erwarten.2. V. Dieſes ſol der Jungfer leicht/ uns aber faſt ſchwer fallen.3. A. Nachdem der Allmaechtige dieſen ſchoene ̅ Weltbau aus nichts([Philo in vi- ta Moſis.]) ???ſchaffen/ hat ſolcher groſſen Vollkommenheit eine Stimme ermangelt/ wel= ???e ihn auf der Erden/ wie die Engel in dem Himmel/ lobte/ deswegen ſagte ???r HErr: Laſſet uns Menſchen machen/ ein Bild/ das uns/ der ???ochheiligen Dreyeinigkeit/ gleich ſey/ welche Gleichheit noch etlicher Maſ= ??? erſcheinet in des Menſche ̅ Verſtand/ Wıllen und Gedaechtniß/ in wel= ???en dreyen er von allen andern Geſchoepfen unterſchieden iſt. Nach dieſem [257] machte GOtt den Menſchen aus dem Erdenkloß/ (wie ein Doepfer aus Don ein irden Gefaeß) und bließ ihm einen lebendigen Odem in ſeine Naſen.4. V. Ach GOtt! ſind wir Menſchen zu Gottes heiligem Ebenbild erſchaffen waruem beflekken wir dann ſolches mit unheiligem Wandel? Sol= ches ſichtbarliche Ebenbild hat mit ſich gebracht die Herrſchaft ueber alle und iede Geſchoepfe/ und die Knechtſchaft allein gegen Gott. Die Erde/ aus wel= cher der erſte Menſch genommen/ warrot/ vielleicht zu bezeugen die bruenſtige Lieb/ die er GOtt in tiefſter Unterthaenigkeit zu erweiſen ſchuldig/ oder/ daß dem nechſten Gebieter/ nach Goettlicher Majeſtaet/ der Koenigliche/ herr= lichſte Purpur angekleidet wuerde. Das Goettliche Werk der Erſchaffung iſt durch den Menſchen/ den Einſchluß aller Wunder/ beſchloſſen worden. Al= les/ was dieſem Erdenmann vonnoehten war/ hatte er/ durch GOttes Gnade/ von der Erden begnuegig erhalten/ damit er ein mehrers zu verlangen nicht Urſach nehmen ſolte.
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5. A. Und Gottſetzte den Menſchen in dem Paradisgar= ???/ welchen er gepflantzet hat/ und ſprach: Du ſolt eſſen (nach Be= ???en) von den Fruechten allerley Baeume im Garten/ aber von ???m Baume des Erkaentniß Gutes und Boeſes ſolt du nicht eſſen/ ???nn welches Tages du darvon iſſeſt/ wirſt du des Todes ſter= ???n.6. R. Damit der Menſch kein Ankunftsrecht in dem Paradis vor= ???uetzen koente/ iſt er aus Vaetterlichen Gnaden des Hoechſten dahingeſetzet/ und ???ht darinnen geboren worden. Gewiß/ iſt er nicht in folgende Wort ausge= ???chen/ ſo hat er doch dergleichen Gedanken gehabt. Hoechſtmaechtig= ??? HErr und Heiliger Gott/ getreuer Vatter: Ich bin zu ge=(1. Moſ. 32.) ???g aller deiner groſſen Barmhertzigkeiten/ die du an mir/ der ich ???aub und Aſchen bin/ gethan haſt. Deine Haende haben mich(Job. 10. v. 8.) ???rbeitet/ und gemacht alles/ was ich uem und uem bin. Alles haſt ???unter meine Fueſſe gethan/ und mich zum Herrn gemacht ueber(Pſalm 8.) ???ner Haende Werke. Ich ſehe die Himmel deiner Finger Werk/ [259] den Mond/ und die Sterne/ die du bereitet haſt Wie herrlich iſt dein Nam/ O HErr/ in allen Landen! Alle Fruechte ſind in meiner Hand/ und iſt nichts verwehret meinen Lippen/ auſſer dieſem Bau= men des Erkantniß Gutes und Boeſes/ meinen ſchuldigen Gehor= ſam gegen Gott zu erweiſen/ indem ich aller ſeiner Guete reichlich genieſſe/ und voellig erkenne/ das Boeſe zu meiden/ billich Urſach nehmen ſol. Meine Seele erhebt den HERRN/ und mein Geiſt freuet ſich Gottes meines Heilandes! Ich ehre mit Stillſchwei= gen/ und Verwunderung deine ůbergroſſe Wunderthaten/ die du mich in allen Geſchoepfen voellig haſt erkennen laſſen. Mein Dan= ken und Loben iſt viel zu gering/ deiner Wol=und Wunderthaten Erkantniß auszureden. Wormit ſoll ich dir vergelten alles das Gute/ ſo du an mir gethan haſt/ was ich bin/ das iſt deine Gabe??? Was ich hab/ habe ich von dir meinem HErrn vnd Schoepfer??? empfangen. Meine Herrſchaft/ welche mir deine Milde ueber alle Geſchoepfe gnaedigſt anvertraut/ mache ich billich zu deiner [260] Knechtſchaft/ und ergiebe mich dir. Du Gott wirſt nicht ver= ???chten/ den du zu deine ̅ Ebenbild erſchaffen/ und weil ich bin/ wie ???u gewolt/ ſo verleihe mir/ daß ich verbleibe/ wie dubefohle ̅ haſt.7. A. Hierauf hat Gott Adam zu verſtehen geben/ wie Herr Degen= ???ert ſagen wird.8. D. Weil vermutlich iſt/ Gott habe ein gnaediges Wolgefallen ge= ???abt ueber des erſten Menſchen Stand der Unſchuld/ wird er ſonders Zweif= ???el ſein Gebet erhoeret haben/ und ihn nachgehenden Inhalts verſtaendiget. Adam/ meine Freude iſt zuwohnen in deinem Hertze/ und iſt dein ???ngezwungener Wille der vollkommenſte Theil deiner Voll= ???ommenheit. Dir ſtehen zu Gebot die Voegel unter dem Himmel/ ???ie Fiſche im Meer/ und alles/ was im Meer gehet/ Schafe und ???chſen allzumahl/ darzu auch die wilden Thiere/ deren aller Namen du nach ihren dir bewuſten Eigenſchaften nennen/ und ???ir ſie dardurch verbinden ſolt. Ich erheiſche fuer dieſes alles ???ichts anders/ als ein gehorſames Hertz/ welches mich ueber alles [261] liebe und ehre/ wie du ueber alles herrſcheſt und regireſt. Laß dich ja nicht geluſten die verbottne Fruechte zu koſten/ dann welches Tages du darvon eſſen wirſt/ muſt du des Todes ſterben.9. A. Alſo hat Gott dem Adam/ Adam aber allen Thieren ihre Na= men gegeben/ weil er Gott/ wie die Thiere/ ihm verbunden geweſen. Er hat ſie genen ̅ et nach ihrrer Art/ nach ſeinem weiſen Verſtaendniß/ welches ihm alle Entſchuldigung hernach begangene ̅ Ungehorſams aus dem Weg geraumet/ indem er keine Unwiſſenheit vorſchuetzen koennen. Aber weiters: GOtt der HErr ſprach: Es iſt nicht gut/ daß der Menſch allein ſey/ ich will ihm eine Gehuelffin machen/ die uem ihn ſey. Da ließ GOtt der HErr einen tieffen (uebernatuerlichen) Schlaf fallen auf den Menſchen/ und er entſchlief: und nam ſeiner Rieben eine/ und ſchloß die Staette zu mit Fleiſch/ und bauet ein Weib aus der Riebe/ etc.10. J. Alſo werden die Weiber noch heut zu Tage der Maenner Gehuelffinne/ in dieſem Leben. Und obwol Gott der HErr zu Vermehrung [262] ???es menſchlichen Geſchlechts dem Adam viel Weiber geben koennen/ ſo hat ???r ihm doch nur eine zugeſellen wollen/ ohne welche ihm das Paradis kein Pa= ???adis; maſſen ſie auch in ſolchem Luſtgarten/ und Adam auſſer demſelben er= ???chaffen worden/ zu bedeuten/ daß ſich ein ieder mit ſeinem Ehegemahle ſol ???ergnuegen laſſen/ und weıl ſie aus dem Riebe ſeines Leibs genommen/ ſie ???och fuer das Haubt/ noch fuer ſeine Fußſchaemel/ ſondern fuer ſein Hertz hal= ???n ſol.11. V. Gott hat Eva erſchaffen/ als Adam in einem tieffen Schlaf ???eruhet/ welche die Unruhe ſeines gantzen Lebens worden. Vielleicht haette er ???e wachend nicht angenommen/ weil er durch den Prophetiſchen Geiſt/ mit ???em er begabt geweſen/ vorwiſſen koennen/ was groſſes Unheil dem menſch= ???chen Geſchlecht daraus erwachſen ſolte: und dieſes deutet vielleicht auch die ???nke Seite/ aus welcher Riebe ſie genommen worden/ daß er nicht Urſach ???abe die anzubeten/ oder wegen ihrer angenehmen Schoenheit als eine Goettin ??? ehren/ welche ein Theil ſeines Leibes geweſen. Jedoch will ich glauben/ ???aß er in ſolche Wort gegen ihr herausgebrochen: Liebſter Theil meines [263] Hertzens/ Bein von meinen Beinen/ und Fleiſch von meinem Flei= ſche/ Seel von meiner Seele. Ich wolte mehr ſagen/ wann ich mit Worten verfaſſen koente die groſſe Liebe/ welche meinem Her= tzen eingedrukket iſt. Ich will dich lieben/ loben und dir dienen/ bis ich wieder zu Erden werde/ darvon ich genommen bin/ und du ſolſt dich Maennin heiſſen/ weil wir nicht zwey/ ſondern ein Fleiſch ſind und einen Willen haben ſollen: doch ſol unſer Will dem Schoepfer aller dieſer Wolthaten untergeben ſeyn/ daß wir des verbottnen Baumens Fruechte nicht koſten/ bey Verluſt aller dieſer mehr als irdiſcher Wollueſte. Unſre Glieder folgen unſrem Willen/ das Aug ſihet/ wohin wir wollen/ die Hand reicht/ der Fuß gehet nach unſrem Belieben: Warům ſollen wir nicht auch ſchuldige Folge leiſten dem Willen GOttes/ deſſen Geſchoepfe wir und alle unſre Glieder ſind. Wann auch unſre Nachkom= men ſich von uns abſondern/ und ſich unſerm Willen entziehen ſolten/ werde ̅ ſie ſich doch Gottes Gebot nicht entbrechen koen ̅ en.
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12. A. Ungeacht ſolches Verbots/ hat ſich das Weib von der Schlangen/ und der Mann von dem Weibe verfuehren laſſen. Ungehorſam ???ſt der Suende Vater/ und ein Sohn der Straffe. Was man dem Kind weh= ???et/ ſagt man in dem Sprichwort/ das wil es haben.13. R. Der Satan hat ſich der klugen Schlangen Geſtalt ge= ???raucht/ die Einfalt zu betruegen/ und zwar/ wann den Mahlern zu glauben/ ???at ſolche Schlang ein Weiberangeſicht gehabt/ und indem ſich Eva von ih= ???em Mann entfernet/ und den verbottenen Baumen mit ſeinen lieblichen ???ruechten betrachtet/ hat die Schlange ſie ungefehr ſolches Inhalts ange= ???det:Uberſchoenes Weib/ du Freude aller der Augen/ die dich an= ???hauen/ welcher zu Gefallen dieſer Garten grunet/ die Voegelein ???ngen/ die ſanften Weſtwinde mit deinen guldenen Haaren ſpie= ???n/ du biſt die letzte und vollkommenſte Glůkkſeligkeit dieſes ???uſtorts. Ich bitte dich/ lo??? mir dieſen Zweiffel auf: Waruem hat [265] Gott dir und deinem Manne dieſes Baumes Frucht verbotten/ welche doch die geringſten Thiere genieſſen moegen/ und dieſem Geſetze nicht unterworffen ſind?Das Weib hat nach Beſagen der H. Schrift geantwortet/ als ſie viel= leicht ein ſolches Angeſicht/ welches dem ihren |gegleicht/ geſehen/ und geſagt:Alles in dieſem Luſtgarten iſt uns zu koſten verlaubt/ auſſer dieſem Baume in der Mitte/ welches Frucht uns GOtt anzu= ruehren/ und zu verſuchen verbotten hat/ mit Bedrauung des ewigen Todes. Alles Verlangen kan die Todesfurcht zurukke treiben. Nein ich entfliehe dem ſůſſen Gifft/ ob mir ſelber gleich beliebet.GOtt der HERR hat allein das Eſſen verbotten/ Adam/ welchem die Schwachheit des Weibs/ und ihr unziemliches Geluſte ̅ nicht unwiſſend/ ver= beut ihr auch das Anruehren/ damit ſie die Gelegenheit zu ſuendigen vermeiden ſolte. Was die Hand niedliches und angenemes betaſtet/ das beruehret auch [266] ???r Mund. Daher der boeſe Feind Urſach genommen ſie ferners zu ver= ???chen.Fuerchte dich nicht/ O einfaeltiges Weiblein/ mit nichten ſolt ??? und dein Mann des Todes ſterben; ſondern vielmehr GOtt ???eich/ ewig leben/ und ihr werdet ſolchem blinden Gehorſam ???cht mehr untergeben ſeyn/ ſondern wie Er mit eroeffnente ̅ Au= ???n des Verſtandes/ erkennen und zu unterſcheiden wiſſen das ???ute von dem Boeſen/ darvon dieſer Baum den Namen traegt= ???etrachte doch dieſen luſtigen Schattenthron/ dieſe liebliche ???ucht/ welche mit ihrer Schoenheit ihre verborgene Guete be= ???aubet.14. A. Ob nun wol dieſer Luegengeiſt der leichtglaubigen Eva nichts ??? Falſchheit vorgeſagt/ indem er Gottes Wort widerſprochen/ ihn als einen ???diſchen Menſchen beſchrieben/ und daß die Frucht eine gantz ander Mei= ???ng/ als Gott geſagt haette; ſo hat ſie ſich doch von dem Satan und ihren ???gierden bereden laſſen/ daß ſie die verbottne Frucht zu koſten ſich erkuehnet.
|| [267]
15. C. Sie haette ſagen koennen: Wann die Goettliche Warheit falſch/ und ſeine Guete voll Neides/ wıe aus deinen Worten zu ſchlıeſſen/ war= uem iſſeſt du nicht von der Frucht/ welche du mir einzuſchwatzen vermeinſt? Waruem wirſt du nicht Gott gleich? Alsdann will ich folgen/ und deiner Rede Glauben zuſtellen.16. A. Das elende Weib glaubte alles/ und hat der Satan durch den Tod entweder verſtanden/ daß ſie der Seelen nach/ oder nicht alſobalden ſterben wuerde. Durch Eroeffnung der Augen/ daß ſie ihres verſchuldten Elends eintraechtig werden ſolten/ und daß ſie ſolten das Gute und Boeſe durch eigne Erfahrung erkennen. Kurtz zu ſagen: Sie koſtet die Frucht/ ſo ſie klug machen ſolte: Ruffet ihren Mann und beredet ihn zu gleichem Ver= brechen/ indem er verſprochner Gluekkſeligkeit theilhafftig zu werden vermeint. Der Eigennutz laeſſet ſich noch mit natuerlichen/ noch geiſtlichen Geſetzen ver= binden.17. D. Was kan man abſchlagen/ was ſo von lieber Hand her= kommet? Eva hatte von der Frucht geeſſen/ und bliebe lebendig/ und obwol [268] ???aublich/ daß Adam in das Begehren erſtlich nicht willilligen wollen/ ſo hat ??? ſich doch durch des Weibs Seufftzen und Threnen/ als den ſtaerkſten Waſ= ??? dieſes Geſchlechtes/ ueberwinden laſſen/ wie dorten Samſon von der Deli= ??? welcher Untreu ihm doch wol bekant war. Und im Ende/ was kan die Lie= ??? nicht? Er glaubte/ daß ihn GOtt vielmehr mit der angedrauten Straffe ???rekken/ als belegen wollen/ und haelt fuer eine genugſame Entſchuldigung/ ???ß er ſeiner Gehuelffin hierinnen zu Willen ſeyn mueſſen/ welcher lieben Wor= ??? er nicht widerſprechen moegen. Ach/ ein Weib kan zuwegenbringen/ was ???h der Satan nicht unterſtehen darf. Adam hatte kaum einen Biſſen von ??? ueberreichten Frucht gekoſtet/ ſihe/ bald kommt die vielzuſpate Reue/ aller ???uenden ſchneller Nachtrab.18. A. Und ſie wurden/ durch ihre boeſe That gewar/ daß ſie GOt= ???s Gebot uebertretten/ und daß ſie entbloeſſet/ und unbekleidet waren; Sie fuehl= ??? ſo bald boeſe Lueſte/ nach dem ihnen der Satan das Kleid der Heiligkeit liſtig ???sgezogen.
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19. J. Dann wurden ſie gewar des Satans Trug/ der Suenden Laſt/ und der bald erfolgten harten Beſtraffung jaemmerlichen Urſachen. Der Menſch iſt allezeit blind/ wann er ſuendiget/ und macht ihn die Reue viel zu ſpat ſeine Fehler ſehen und erkennen. Das Gewiſſen klagt ihn an/ und ver= dammt ihn. Sie waren gleich den einfaeltigen Kindern/ welche ſich nicht ſcheuen unbekleidet heruemzulauffen/ biß ſie mit zuwachſenden Jahren die boe= ſe Liebsbegierden fuehlen: oder wie wir das Angeſicht und unſere Haende nicht verbergen/ wann ſie rein un ̅ unbeſudelt ſind. Das Weib hat nicht beobachtet/ daß ſie nakket/ bis ſie Adam zu Ungehorſam gegen Gott verleitet gehabt/ weil (Schanplatz trauriger Ge= ſehichte LXXXIV.) Gott mehr ſtraffet den/ der zu ſuendigen Urſach giebet/ als den/ der aus Unbe= dacht irret. Vor dem Fall konte unſre erſte Eltern noch die Natur/ noch die Kunſtarbeit bekleiden:: Nicht jene/ weil ſie noch Hitz/ noch Froſt unterworffe ̅ / wie die unvernuenftigen Thiere: Nicht die Kunſt/ weil ſolche ohne Muehe und Arbeit nicht ſeyn kan/ welcherley ihre Gluekkſeligkeit nicht zulieſſe. Sie waren den Engelein gleich/ bekleidet mit den Gnaden des Hoechſten.
|| [270]
20. A. Und ſie machten ihnen Schuertze aus zuſammen= ???flochtenen Feigenblaettern/ ihre Leiber/ aber nicht die Suende zu ???dekken/ welche die Furcht zu geben/ und den Verſtand hinwegzunehmen ???eget.21. V. Das Feigenblat ſol/ wie der Lorbeer Laub/ vor dem Donner= ???lag befreyen koennen. Adam/ als der erſte und trefflichſte Naturkuendiger/ ???t vielleicht ſich vor Gottes Zornſtraffen mit den Feigen ſichern wollen.22. A. Ferners hoerten ſie die Stimme des ergrimmten ???ottes/ der im Garten gienge/ da der Tag kuele worden.23. R. Wann Gott die Suende ſtraffen wil/ ſo eilet er nicht/ ſondern ???etlangſam/ und verdammet niemand unangehoerter Sachen. Die zu ???adengehende Abendſonne erinnerte Adam ſeines zuvor gnaedigen Gottes ???gnade/ und der annahenden Straffe/ deswegen er ſich dann unter die ???ueſche verkrochen/ daß ihn derſelben aeſte vertheidigen/ oder ja mit den ſchatti= ??? Blaettern verbergen ſolten/ und ſuchte alſo Schutz bey den Baumen/ weil ??? einer von denſelben ſuendigen machen. O groſſe Blindheit! Adam konte [271] dem allwiſſenden/ und zornigen GOtt nicht entfliehen/ und ſuchet ſich zu ver??? verbergen.24. A. Gott der HErr rieff Adam/ und ſprach: Wo biſt??? du? Dieſes war die Vaterſtimme/ welche dem verlornen Sohn nachfragte ??? Die Hirtenſtimme/ welche das verlohrne Schaf ſuchte; Und die Richters??? ſtimme/ welche den Verbrecher fuer Gerichte forderte.25. C. Ich verſtehe/ als wann Gott haette ſagen wollen: Adam??? wo hat dich dein Ungehorſam hingetrieben? waruem entziehſt??? du dich meine ̅ Angeſicht? Haſt du nun deine Glůkkſeligkeit und??? dich ſelbſten verlohren? Wo iſt der Fried deines Gewiſſens/ di??? Ruhe deines Hertzens/ die Sicherheit deiner Seele/ die Hoffnung??? deines Gehorſams/ und die Fruechte deiner Vollkommenheit ??? welche dir die Schlange verſprochen hat? deine Suend hat dich??? von meinem Angeſicht abgeſondert/ Adam/ wo biſt du? di??? ruffe ich/ der du der letzte geſuendiget: nicht deinem Weib/ wel [272] ???es fuer Angſt/ und angeborner Bloedigkeit noch mehr freveln ???oechte; nicht der Schlange/ welche die That unverſchaemt ???ugnen koente.26. A. Adam beklagte ſeine Bloeſſe/ und nicht die begangene Miſſe= ???t/ wie wir Menſchen uns mehr uem den Leib/ als uem die Seele zu bekuem ̅ ern ???egen. Er fuerchtet ſich nakket/ aber nicht ungehorſam zu erſcheinen/ und noch ???hr die Warheit zu bekennen/ welche die Baume und Bueſche in ſeinem Ge= ???ſſen nicht verbergen koente.27. D. Wie vorſichtig und bedachtſam verfaehret GOtt der HErr ??? dem richterlichen Ausſpruch! Adam muß fuer Gericht erſcheinen/ ſein ???erbrechen erkennen und bekennen/ ſeine Verantwartung ablegen/ und letz= ??? der Straffe gewaertig ſeyn. Zu einem ſondern Beyſpiel allen Richtern/ daß ???ſich ja nicht uebereilen ſolle ̅ / in Verdammung der Schuldigen. Wie hat ſich ???r Adam verantwortet? Vielleicht hat er folgendes Inhalts ſeine Ausrede ???gebracht: Ich hab geſuendiget/ O gerechter und gnaediger Gott/ ???och ohne Suende/ indem meine Sůnde von der Sůnde mei [273] ner Gehuelffin/ die du mir zugeſellet/ herkommen. Wer kan der Schoenheit Bitte abſchlagen? ihre Wort ſind meine Gebote/ und mein Verſtand kan nicht Stand halten/ ſobald er ihr Begehren verſtehet. Ihre Hand hat mir die Frucht dargereicht/ und zu= gleich mein Hertz zu ihrem Gehorſam hingenommen. Wer kan deines angenemſten Geſchoepfe Anheiſchen etwas abſchlagen ??? Ich hab mich verſchuldet/ doch bin ich unſchuldig/ weil die Schuld nicht von mir hergekom ̅ en/ und mich meine Schuldig= keit aus den Augen ſetzen/ ja in ihre Suende mit meiner Nachfol= ge einwilligen machen. Kurtz zu ſagen/ ich hab dem Mund??? meines Weibs/ welches mir deine Hand zugefůhret/ gehorſamt??? ja gehorſamen mueſſen.28. A. Dieſes iſt die Eigenſchaft der Suende/ daß man noch darz??? Recht haben wil/ und andre/ ſich zu entſchuetten/ anklaget. Adam wolte ſei??? Verbrechen von ſich auf ſeine Gehuelffin/ oder Stiffterin des Ubels/ und vo??? ihr auf Gott legen/ durch welches frevle Beginnen er ſich noch mehr verſuend??? [274] ???t. Er hatte Theil an dem Verbrechen/ wolte aber nicht gerne Theil haben an ???r Straffe. Als nun Gott auch das Weib hierueber beſprochen/ faellt ſie ihrem ???choepfer in die Rede und ſagt/ wie wir hoeren werden.29. J. Der Schlangen Liſt hat meine Einfalt betrogen. ???ch hab nicht vermeint/ daß ſo groſſe Verſprechen/ ſo angeneh= ???e Wort/ und ſo liebliche Reden mir zu Schaden gereichen ſol= ???n. Ich hab nicht glauben koennen/ daß auch in dem Paradis ???r Betrug/ und die Unwarheit ſolteſtatt finden. Gerechter ???ott/ laß dieſe Schlange/ als die erſte Urſacherin unſrer beeden ???uende/ deinen Zornfuehlen/ und nicht uns.30. A. Hieraus erhellet des Hoechſten grundloſe Barmhertzigkeit/ ???em er ſo guetig den Adam/ und dıe Evam vorgefordert/ ihnen ihre vorbe= ???te Fehler zu erkennen geben/ und ihre Entſchuldigung angehoeret/ die ???chlange aber und der Satan/ welche ſich durch Ubermut/ Neid und be= ???rliche Boſheit alles Erbarmens unwuerdig gemacht/ ungehoert verſtoſſen. ???am und Evahatte dieſem verfuehriſchen Thiere mehr geglaubt/ als GOtt/ [275] und muſſten deswegen ein hartes Urtheil anhoeren/ welches doch gegen de??? Schlangen/ als dem Werkzeuge der Suenden/ gnaedig ſcheinet.31. V. Solches berichtet die H. Schrift uemſtaendig/ indem GOt??? ausgeſprochen: Weil du Schlang die Suende geſtifftet/ mein Ge??? bot uebertretten/ mein Geſchoepf und Ebenbild beflekket/ zu Un??? gehorſam angereitzt/ ſoſolt du verflucht ſeyn/ fuer allem Viehe??? und fůr allen Thieren auf Erden. Du ſolt dir ein Laſt werden??? und von nun an auf deinen Brueſte ̅ und Bauche gehen/ und dei??? Leben von der gleich dir verfluchten Erden nehren. Ich wil??? Feindſchaft ſetzen zwiſchen dir/ (dem Teuffel) der du die Schlan??? ge zu Verfůhrung des Menſchen mißbrauchet haſt/ und de??? Weibe/ welchs du argliſtig verfuehret haſt/ und zwiſchen deinen??? Saamen/ alle die auf deiner Seiten und in deinem Reiche die??? nen/ und ihrem Saamen/ der in der Fůlle der Zeit aus ihre ̅ Nach??? kommen ſolgeboren werden/ derſelbe wird dir den Kopfzerkni??? ſchen/ und dein Reich verſtoeren/ und du wirſt ihn in die Ferſe??? [276] ???kechen/ und wieder alle ſeine Angehoerige euſſerſtem Vermoegens ???vueten und toben.32. A. Die Mittel der Suende werden zum Werkzeug der Straf= ???en. Die Schlange hat ſich erhaben/ und auf dem Baume das Weib ver= ???uehrt/ und wird nun auf die Erde niedergeſchlagen. Welche ſie mit freund= ???ch=falſchen Worten betrueglich verleitet/ die wird ihre beharrliche Feindin. Weil dem erſten Menſchen die Geiſter noch unbekant/ wurde der Schlan= ???en/ un ̅ nicht des Geiſtes/ welcher ſie beſeelet/ gedacht. Es wurd aber durch die Stuertzung der Schlangen der Stoltz des Satans zu Boden geſchlagen/ und ???r Neid/ welcher dem erſten Menſchen die Gluekkſeligkeit mißgoennet/ mit ???egenfeindſchaft geſtraffet. Von der Schlange wendet ſich GOtt zu der ???va.33. R. Und du/ ſagte Gott zu dem Weib/ weil du der Schlan= ???en mehr Glauben gegeben als mir/ deinen Luſten mehr nach= ???ehaengt/ als meinen Geboten/ deine Suende gehaeuffet/ indem ??? deinen Ehemann verleitet/ ſo will ich auch vemehren deine [277] Schmertzen/ in Vermehrung des menſchlichen Geſchlechts. Mit Todesaengſten ſolt du deinen Kindern das Leben geben/ du ſolt deinen Willen/ der dich ſuendigen machen/ deines Man= nes Willen unterwerffen/ er ſol dein Herr/ und du ſeine Knech= tin ſeyn.34. A. Dreyrley Suenden verdienten dreyrley Beſtraffung: Die Beluſtigung des Munds/ den Schmertzen des Leibs, der Unglaub/ die Viel= faeltigkeit der Geburtſchmertzen; die ſtoltzen Begierden GOtt gleich zu ſeyn/ die Dienſtbarkeit und Unterthaenigkeit. Viel Kinder haben iſt zwar Gottes Se= gen/ aber dem Weib verurſacht es viel Schmertzen/ nicht allein in der Geburt/ und daraus entſtehenden Krankheiten/ welcher ſie in dem Stand der Un= ſchuld ueberhoben geweſen; ſondern wegen der ungehorſamen und Gottloſen Kinder/ welche ihren Eltern viel Hertzenleid machen/ daß alſo dieſe Gluekkſe= ligkeit mit Fug ungluekkſelig kan genennet werden/ und daß die Straffe mi??? Gnaden gemaeſſiget ſey. Darauf wendete ſich Gott zu Adam/ als dem letzter Verbrecher der Zeite/ und der Straffe nach; entweder/ daß er ihn auch nach??? [278] ???einem Fall geliebet/ oder daß er in Beſtraffung des Weibs auch leiden mueſ= ???en/ und weil derſelben Frucht und Erwartung ein Theil der Straffe iſt.35. C. Zu Adam ſagte Gott: Dieweil du deinem Weibe ???mehr als mir gehorſamthaſt/ ſol der Akker verflucht ſeyn/ ſamt ???einer Arbeit/ mit welcher du kuemmer lich im Schweiß deines Angeſichts dein Leben erhalten wirſt/ Dorn und Diſteln ſoler ???ir trage ̅ / und du ſolt das Kraut auf dem Felde/ gleich den Thie= ???en/ genieſſen/ und nicht mehr die Paradisfruechte/ bis daß du ???ider Erden und Staub werdeſt/ daraus ich dich erſchaffen ???abe.36. A. Alſo begnaediget Gott/ indem er ſtraffet: Er ſtraffet die Er= ???en/ weil Adam geſuendiget hatte/ und ſol ſich ſeine Straffe mit dem zeitlichen ???od endigen. Wie unſre erſte Eltern hierueber erſtaunt/ iſt leichtlich zu erach= ???n. Sie konten nicht uem Gnade bitten/ welche ihnen doch Gott erwieſen/ in= ???em er ſie bekleidet mit Roekken von Fellen/ ſie zu erinnern des Kleids der Ge=(Eſ. 62. v. 1???.) ???chtigkeit/ welches ihnen der Meſſias anziehen ſolte/ oder ſie hierdurch des To [279] des zu erinnern/ und zugleich vor der Kaelte/ des Landes auſſer dem Paradis zu ſchutzen/ etc.37. D. Wie ſich Adam ueber ſeinen Zuſtand beklagt/ haben wir zu andrer Zeit vernommen*.(* CCLXX. § 21.) 38. J. Alſo kan man faſt von allen geiſtlichen und weltlichen Ge= ſchichten Reden dichten/ oder die bekanten weitlaufftiger ausfuehren/ und iſt dieſe Art der Geſpraechſpiele unter mehr beredten Leuten wol zu hoeren/ und ge= wiſſlich nicht ohne Nutzen.39. V. In den Schaefergedichten ſind dergleichen viel zu finden/ und|koennen derſelben noch mehr erdacht werden/ wie wir dann aus vorigen Erzehlungen die Geſchichtreden faſt aller Perſonen beybringen koenten. Hie= her gehoeren auch die Gedichte/ in welchen die Poeten Perſonen aus der H. Schrıft einfuehren/ und ıhre Rede ausbilden. Zum Exempel ſey
|| [280]

DEr Mariae Magdalenae(Im Ton: Habt ihr nit hoeren klagen.) Abſag der Welt.
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1.
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Ich muß/ ich muß dich laſſen/ dich eitel ſchnoede Welt: Dufuehrſt auf breiter Straſſen hin zu der Hoellen Feld. Bisher war ich verblendet/ nun hat mich Chriſti Wort in einem Nu gewendet von ſo gefehrtem Ort.
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2.
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Was ich zuvor geliebet/ mit Wolluſt=vollem Sinn/ ietzt mein Gemuet betruebet. Ich reiſſe von mir hin die Perlen/ Gold und Ringe/ Ach dieſer Augen Fluß/ der Threnen Perlen bringe/ als Zeugen meiner Buß.

3.
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Hinweg ihr guldnen Spangen/ hinweg/ O Kleiderpracht! der Buler Liebsverlangen wird nun von mir verlacht. Fort werd’ ich einſam leben/ mit warer Buß und Reu:
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Gott hab ich mich ergeben/ des Guete taeglich neu.

4.
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Ihr oed’ und wueſte Waelder/ ihr Hoelen allzumahl/ ihr unbeſamte Felder/ ihr Thiere ſonder Zahl/ bey euch werd ich nun wohnen/ ertheilt mir Aufenthalt; Mein ſolt ihr nicht verſchonen/ mit Mangel und Gewalt.

5.
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Ich will nicht mehr gedenken der vorgepflognen Luſt/ daß mich nicht mehr bekraenken der Sůnd=und Laſterwuſt.
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Dem Ubel zu entfliehen/ entflieh’ ich aus der Welt/ und bůß/ aufmeinen Knien/ (* Der Ort/ wo Magdalena ſol Buß getha ̅ haben/ wird in Frankreich bey Marſilien auf eine ̅ Ber= ge gewieſen.) in dieſem Felſenzelt*.40. A. Genug von dieſem. Wir wollen hoeren/ was H. Reymund anfangen wird.

Reymund.
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WIe nun aus den Geſchichten gewiſſe Reden erfunden werden/ alſo mag man aus denſelben Fragen ziehen/ und kan hierdurch faſt ein jedes Geſpraechſpiel gefaſſet werden; maſſen auch die Er= fahrung zu Beantwortung der Frage/ was dieſem/ oder jenem begegnet/ dienen mag. Man kan aber von ieder Sache folgen= de Fragen aufgeben:
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??? Ob es ſeye???? Was es ſeye????I. Wie es ſeye????. Worzu es dienlich ſey????. Wordurch es ſeye?V. Wo es ſeye?([Baron Her- bert de veri- tate.]) VII. Wann es ſeye?VIII. Woher es komme?IX. Zu was Ende es ſeye?X. Was demſelben zu entgegen ſeye?Nach dieſen Fragen kan man von allen Sachen reden/ die man auch ſon= ???n nicht verſtehet.2. C. Dieſes kan durch ein Exempel deutlicher erklaeret werden.3. R. Wir wollen ein ſolches wehlen/ welches zu nach gehenden Sa= ???en dienen ſol. Ich ſetze dieſe Frage: Ob des Menſchen Verſtand un= ???dliche Wirkung leiſten koenne/ oder ob ſolche ſich nur auf ge= ???ſſe Handlungen erſtrekken?4. C. Wir wollen den Herrn hiervon reden hoeren/ und uns vorge= ???ter Fragen darbey erinnern.
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5. R. Daß der Menſch einen Verſtand habe/ und daß derſelbige in ihm wuerke/ iſt aus eines ieden ſelbſt eigner Pruefung unlaugbar. Hier iſt??? aber die Frage/ wie weit ſich ſolche Wuerkungen erſtrekken?(I.) 6. C. Dieſes iſt die erſte Frage|: Ob es ſeye?7. R. Die Wuerkungen des Verſtandes ſind mancherley: Nichts??? iſt unter der Sonnen/ das der Menſch nicht erforſchen/ durchdenken/ unterſu??? chen/ in dem Gedaechtniß behalten/ und darvon reden kan.(II.) 8. D. Dieſes zielt auf die andre Frage: Was es ſeye?9. R. Von dieſen Wuerkunge ̅ fragt ſichs: Ob ſie unendlich/ unerme??? ſen und unbeſchrenkt ſind? Wann einer ueber die gantze Welt herrſchte/ koent??? man mit Fug ſagen/ daß ſein Reich unendlich/ unermaeſſlich/ und unbeſchrenk??? were; in Gegenhalt andrer Koenigreiche/ deren Grentzen bekant ſind: Alſo ka??? man des Menſchen Verſtandswuerkungen wol unendlich nennen/ weil ſie??? von dem Mittelziel der Erden/ ſich bis an den weitſchweiffigen Himmel er??? ſtrekken/ und er vermittels ſeines Gedaechtniß in einem Augenblikk an alle Or??? der Welt/ in alle vergangene Zeit/ und in das/ was nicht iſt/ und vielleicht nicht??? [286] ???erden wird/ ſehen kan; wann er/ mit denen hierzugehoerigen Wiſſenſchaften/ ???rſehen iſt/ welcher er vonnoehten hat/ und er ſeinem Schoepfer etlicher Maſ= ???n nachahmen ſol.10. J. Hier hoeren wir; Wie es ſeye beſchaffen mit ſolche ̅ Wuerkungen?(III.) 11. R. Geſetzt nun/ es habe ein Menſch alles erlernet/ was er lernen ???n/ ſo wird doch ſein Verſtand nicht raumlich angefuellet wie ein Gefaeß/ daß ???nicht noch ein mehrers ſolte faſſen koennen. Ein Prediger kan nach vielen ???redigten noch ferners predigen. Ein Artzt kan vielmehr heilen/ als er die ???eit ſeines Lebens geheilet hat. Keiner kan ſoviel Zahlen ſchreıben/ daß man ???cht noch vielmehr|darzu ſolte ſetzen koennen. Und ſo iſt es mit allen|andern ???hren beſchaffen.12. V. Dieſes gehoert zu der Frag: Worzu es dienlich ſey?(IV.) 13. R. Es iſt auch meine Meinung/ zu behaubten aus dem Un= ???rſcheid der euſſerlichen und innerlichen Sinne: Jene ermueden ſich in ihrer ???Wuerkung; als das Aug im Sehen/ das Ohr im Hoeren/ die Hand im Fuehlen/ ???e Zunge im Koſten/ und der Geruch ım Ruechen/ wann es auch das allernied [287] lichſte auf der gantzen Welt iſt: Die innerliche Sinne aber werden vollkom= men/ durch ihre Wuerkungen/ und ie mehr man wiſſen wil; weil die Wiſſen= ſchaft gleichſam von ihrem Weſen abgeſondert/ und in einer ſinnigen Bil= dung beſtehet/ welche in das weiche Gehirn/ als in ein Wax/ eingedrukket wird. Der Werkzeug kan wol veralten und Schaden leiden/ aber nicht der Ver= ſtand. Das Ohr wird muede zu hoeren/ aber nicht der Geiſt.(V.) 14. A. Dieſes zielet auf die Frage: Wordurch?15. R. Daß nun die Wuerkungen des Verſtandes unendlich/ erhel= let ferners aus den Goettlichen und H. Verrichtungen/ in welchen der Menſch??? ſeinen Schoepfer/ der unendlich iſt/ erkennen lernet/ ja ſich erſtrekket in die Be= trachtung der Ewigkeit/ und des unendlichen und Goettlichen Weſens/ daher auch unſer Verſtand etlicher Maſſen das Ebenbild Goettlicher Allmacht erken= nen kan/ und wuerde ihm die Begierd viel zu wiſſen nicht eingeſchaffen ſeyn/ wann er ohnmaechtig were ſolche zu erlangen; ja der Verſtand ſetzet ſich ueber das unendliche/ indem er darvon urtheilet/ und es von allem endlichen un= terſcheidet.
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16. C. Dieſes gehet auf die Frage: Wo?(VI.) 17. R. Solche Wuerkungen des Verſtands ſind zu allen Zeiten in ??? Vollkommenheit/ welche ſeinem Weſen gemaeß kommen.18. D. Dieſes zielet auf die Frage: Wann?(VII.) 19. R. Der Stiffter ſolcher Verſtaendniß in der ſterblichen See= ???iſt der unſterbliche Gott/ Schoepfer Himmels und der Erden.20. J. Hier iſt beantwortet die Frage: Woher?(VIII.) 21. R. Die Endurſache ſo hoher Gaben ıſt die Erkaentniß GOt= ???/ durch ſeine Werke/ und dann unſer ſelbſten/ und unſers zeitlichen und ???igen Wolergehens.22. V. Dieſes ſihet auf die Frage: Zu was Ende?(IX.) 23. R. Endlich kan dıeſes alles aus dem Gegenſatz klaerer be= ???chtet werden/ wann mann ſiehet einen Menſchen/ der ſeiner Vernunft be= ???bet iſt. Ach/ was Jammer und Elendlin was erbaermlichen Zuſtand fin= ??? ſich ein ſolcher? wie ungehalten faehret er/ und wie ſchaedlich und ſchaendlich alles ſein Thun? und dieſes iſt der Gegenſatz.(X.)
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24. A. Dieſes alles iſt vernemlich/ und ſo deutlich/ daß hier wide??? nichts zu ſagen.25. C. Wir wollen den andern Theil auch hoeren.26. D. Es hat ietzterzehlte Meinung einen feinen Schein/ aber kei??? nen Grund. Des Menſchen Verſtand/ Geiſt und Seele iſt mit ſeinem Leib??? ſo verbunden/ daß beedes nur einen Menſchen machet und nicht anderſt/ als??? durch und mit ſeinen gewiſſen Werkzeugen/ wuerken kan. Ein Blinder ka??? nicht erkennen/ daß die liebe Sonne ſeye/ und einer/ der Hirnwund iſt/ wird ſ??? bald den Verſtand miſſen/ und aberreden. Ein Alter wird wiederuem zu einen??? Kind/ weil ſeine Kraeften des Verſtands mit dem Leibe abnehmen.27. J. Hier wird vorige Meinung widerlegt/ aus der Vten Frag??? (V.) Wordurch?28. D. Iſt nun des Menſchen Verſtand mit ſeine ̅ Leibe beſchrenk??? und hat auſſer ſolchem keine Wuerkung in dieſem Leben/ was fragen wir dann ob ſolche unendlich und unermaeßlich?
|| [290]
29. A. Dieſes iſt aus der dritten Frage Wie/ oder aus der ſechſten(III.) ???age/ Wo ſolche Wuerkung beſchehen/ hergenommen.(VI.) 30. D. Unſer Verſtand iſt in dieſer Schwachheit ein unvollkom= ???ne Abbildung ſeines Schoepfers/ welcher allein unendlich iſt/ und ſich nicht ???greiffen laeſſet/ als durch den Glauben/ und eine gewiſſe Zuverſicht deſſen/ ???s wir nicht ſehen/ und doch glauben. Der Koenig kan mehr thun als ſein ???ildniß. Was erſchaffen iſt/ das kan nicht unendlich ſeyn.31. C. Hieraus fleuſt die achte Frage/ Woher?(VIII.) 32. D. Alle Wiſſenſchaften ſind nicht auf eine Zeit erfunden wor= was einen Anfang hat/ iſt nicht unendlich/ und iſt daher zu ſchlieſſen/ daß ſo ???l Wiſſenſchaften nicht unendlich/ weil ſie ihre Erfinder haben.33. J. Dieſes belanget die ſiebende Frage/ Wann?(VII.) 34. D. Was iſt aber das/ was wir wiſſen? ein nichts/ und nichtiger ???die Nichtigkeit ſelbſten; daher entſtehet auch die beharrliche Begierde zu ler= ???n/ und ein mehrers zu wiſſen: Es iſt aber noch weit gefehlet: Viel wiſſen ???llen/ und viel wiſſen. Der Engel/ welcher Gott hat gleich ſeyn wollen/ iſt ih [291] me deswegen nicht gleich geweſen/ und dieſer Will iſt ein gewiſſes Kennzei= chen unſrer Unwiſſenheit.(III.) 35. V. Dieſes gehoert wiederuem zu der dritten Frage: Wie?36. D. Das Gehirn iſt wol mit einem Wax verglichen/ aber es iſt??? nicht unendlich/ ſondern mit einer harten Schalen (weil es des Menſchen herr= lichſten Theil verwahret) eıngeſchloſſen: Ein Bild drukket das andre aus/ oder laeſſet deſſelben gar geringe Merkmahle/ was wir heute lernen/ das vergeſſen wir nach und nach/ wann wir unſre Gedaechtniß mit neuen Sachen taeglichs anfuellen.(V.) 37. A. Dieſes gehoeret zu der fuenften Frage: Wordurch?38. C. Nun wollen wir den Ausſpruch hoeren.39. V. Welche des Menſchen Verſtand einen gevollmaechtigen Re= genten in einer Statt verglichen/ haben meines Erachtens feine Gedanken ge??? habt. Seine Schildwachten und Soldaten ſind die euſſerlichen Sinne/ wel= che fleiſſige Aufſicht haben und alles Widrige abhalten ſollen. Daher ſihe??? [292] ???an/ daß ein Kind mit zuwach ſenden Leibskraeften verſtaendig wird/ und mit ???erſelben Abnehmen/ das kindiſche Alter wieder annahet. Dieſer Regent hat ???iel und alles in ſeiner Statt zu befehlen/ ſo weit er nemlich durch ſeine Unter= ???anen allerhand Anſtellung machen kan. Auſſer ſeinem Gebiet aber iſt man ???m keiner Herrſchaft geſtaendig/ wanngleich iemand von ſeinen Leuten dahin ???erraiſen/ und gute Nachrichtung hinterbringen ſolte. Alſo ſage ich/ daß al= ???s/ was der Menſch weiß/ das belanget endliche Sachen/ und iſt das unend= ???ch/ darzu man nichts nicht ſetzen kan/ oder die Urſachen erkennen mag/ mit ???em Glauben zu ergreiffen; Der Glaub aber wird der Wiſſenſchaft entgegen ???eſetzt. Wie der Apoſtel ſagt zun Rom. 10. v. 17.((Das VII. An dachtsgemael))

Der Glaub kommet aus dem Gehoer.
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Daß die Kinder und keine Verſtaendige zu ſehen begehren/ was man ???auben ſol/ und deswegen vor unſern Augen unſichtbar ſeyn muß/ denn es ???nſten keines Glaubens vonnoehten.
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Lehrgedicht.
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IN den grůnlichfalben Matten/ unter einer Eichen Schatten/ hat ein freyer Wandersmann ſeine Laute hingeleget/ weil er von dem Schlaf erreget/ Mund und Augen zugethan. Auf nechſt bey gelegnen Auen weidet’ in dem kuehlen Tauen/ ein darob erſtaunter Knab: Als er nun nichts mehr vernommen/ ließ er dort den Hirtenſtab/ und iſt naeher hingekommen.
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Er kniet bey der Laute nider/ die zuvor ſo holde Lieder und den wunderreinen Klang/ dieſen Knaben zu bethoeren/ durch den ſtrengen Seidenſtrang/ in den Lufften laſſen hoeren. Er wolt dem Gehoer nicht trauen/ und mit ſeinen Augenſchauen/ wie des ſtummen Holtzes Stern koente ſonder Sinn und Leben/ (wolt er ſelbſten ſehen gern) So beliebte Stimme geben? Als er nun nicht moegenſehen/ und nicht wuſt/ wie es geſchehen/ ruehret er die Seiden an:
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bald die Laute murmlend klagte und das/ was der Knab gethan/ ihrem rechten Herrn ſagte. Sind nicht in des Holtzes Kruemmen aller Voegel zarte Stimmen/ die ich hier noch nicht geſchaut/ aber mit dem Ohr vernommen/ daß der wunderſueſſe Laut iſt aus dieſem Holtz gekommen? Wie kan aus des Bauches Klufften etwas toenen in den Lufften? Sag mir lieber Wandersmann/ Sag mir/ wie doch mag geſchehen/ das ich hab gehoeret an: was ich doch nicht moegen ſehen?
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Knab/ du muſt den Ohren trauen/ was du hoerſt/ komt nicht zu ſchauen: dich vergnuege das Gehoer. Man muß ſeinen Sinn betauben/ und der Gnadenreichen Lehr/ indes Hoechſten Worte glauben.38. J. Dieſes gehet auf die zehende Frage.39. R. Es iſt hier zu betrachten/ daß nicht alle Fragen zu den Ge= ???raech ſpielen dienen; ſondern allein ſolche/ welche/ ohne groſſes Nachdenken/ ???oegen gefaſſet werden/ und iſt ſich hierinnen nach Beſchaffenheit der Geſell= ???aft zu richten. Etliche lauffen in die Haubtwiſſenſchaften ein/ und ſind ſehr ???wer/ auch mehrmals ohne gruendliche Erkundigung vieler Sache ̅ nicht zu ???rſtehen/ als etwann aus der Naturkuendigung: Ob man eine ſtetswaeh= ???nde Bewegung zuwegen koenne bringen? Eeliche haben ſolche ???it Gewichten/ mit dem Waſſer/ mit der Luft/ mit dem Magnet geſucht/ und [297] etlicher Maſſen auf dem Papier gefunden/ iedoch nicht ohne Widerlegung??? Eine ſolche Frage ſchreibet unter den Gelehrten von der Vierung des Cir= kels/ welche etliche durch den Durchſchnitt in 10. Theil getheilet gefunden zu haben vermeinen/ daß die zween Boegen ſich mit den vier Ekken auswechſeln/ und dem Halt nach gleichen.
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Dergleichen ſchwere Fragen ſind nun dieſes Orts nicht/ und billich von ??? Geſpraechſpielen abzuſondern/ und vielmehr ſolche Fragen beyzubringen/ ???lche ſonſt in gemeinen Geſpraechſpielen nicht vorkommen/ und zu welchen ??? jeder ſeine Meinung ſagen kan.
|| [289]

Caſſandra.
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ALſo werden ſolche Geſpraechſpiele von den Umfragen auf der Reyen der herumſitzenden genennt Reyenfragen/ und ſind der= ſelben zweyerley; wann entweder von einer Frage allem nach der Reyen geredet wird/ oder daß ein iedes an ſeinem Orte eine ab= ſonderliche Frage aufgiebet. Nach der erſten Arte frage ich: Welches das groeſſte Laſter/ un ̅ die vortrefflichſte Tugend ſeye? Meine Meinung will ich zuletzt ſagen.2. D. Dieſe zwo Fragen haugen billich aneinander/ dan ̅ wann uns eines Theils das groeſſts Laſter bekant iſt/ ſo werden wir im Gegenhalt auch die trefflichſte Tugend wiſſen. Es iſt aber hier die Frage nicht von den geiſtlichen Tugenden/ wel= chewir/ durch GOttes Gnade/ in guten Werken ſehen laſſen/ und ſolcher Geſtalt wůrde auserzweiffel der ruchloſe Unglaube ̅ ??? das groeſſte Laſter heiſſen. Das groeſſte Laſter eines Solda [300] ???ens iſt die Zagheit im Streit/ und die Kleinmuetigkeit in der Ge= ???ahr; Hingegen iſtſeine trefflichſte Tugend die Tapferkeit/ wel= ???he aus einem Grosmuetigen Hertzen herkommet. Die Tugend ???ines Kaufmanns iſt redlich handlen// und ſein Laſter die Leute ???etruegen/ ueberſetzen und vervortheilen. Eines Regenten Tu= ???end iſt die Gerechtigkeit und Weiſheit/ ſein Laſter die Unge= ???echtigkeit/ und der Unverſtand. Alſo nennet man einen guten ???Mann/ der die Frau laeſſet mache ̅ / was ſie wil; und eine boeſe Frau/ ???ie ſtetig zanket. Einen frommen Sohn/ der gehorſam iſt/ und ???nen boeſen Knecht/ der ihm von ſeines Herrn Vermoegen viel ???chenket.3. J. Dieſes iſt an ſeinem Ort richtig: Ich verſtehe aber ???ie Frage von den Tugenden und Laſtern insgemein/ und achte ???r das groeſſte Laſter die Trunkenheit/ aus welcher faſtalle andere ???aſter entſtehen/ als da iſt Mueſſiggang/ Unkeuſchheit/ Fluchen/ ???n unordentliches Leben/ Diebſtal/ Betrug/ etc. den Verlag zu [301] ſolchem Ubel zu erlangen. Dieſes Laſter iſt allen Staenden ge= mein/ und deswegen ſo viel aergerlicher/ weil der geringen Fehler??? durch der groſſen Exempel gut geheiſſen/ und gerechtfertiget??? wird. Hingegen iſt die Maeſſigkeit die Hofmeiſterin alter andern Tu= genden/ und dem Leib und der Geſundheit am vortraeglichſten; Maſſen uns die Krankheiten in allem Thun laeſſig und|untuech= tig machen.4. V. Die Wort und Werke ſollen in gleichen Waag= ſchalen liegen/ damit nicht eines Ab=des andern Auf=und Zuneh= men ſeye; Daher ihr viel wůnſchen/ daß doch die Sitten ſelbſt re= den moechten/ nnd nicht aus den ſtummen Werken/ deren Abſe= hen und Endurſachen meinſten Theils verborgen/ zu erlernen ſeyn moechten.Solcher Maſſen wuerde die Gerechtigkeit einen weit andern Aufzug machen/ als mit dem Schwert/ der Waage und dem Band fuer den Augen. Dieſe Koenigliche Tugend begreifft alle [302] andre in ſich/ wie im Gegenſatz die Ungerechtigkeit alle Laſter mit ???ich bringet. Dieſer gieb ich deswegen den Vorzug/ und indem ???wir richten ſollen/ welcher Tugend ſolche Ehre gebuehret/ beken= ???en wir ſtillſchweigend/ daß die Gerechtigkeit vor allen andern ???u beobachten/ und ihr dieſe Ubertreflichkeit zu zuurtheilen. Alſo ???erſtehet auch die H. Schrift unter dem Titel des Gerechten ei= ???en mit allen Tugenden begabten Mann. Die Gerechtigkeit ???uchet nicht das ihrige/ ſondern des Nechſten Nutzen/ daher ſie ???ergliche ̅ wird mit dem Achtekke*/ welche an allen Orten gleich(* Cubo.) ???ollkommen/ und wie der geſuudſte Menſch iſt/ deſſen Feuchtig= ???eit und Hitze in gleichſter Ebenmaß; alſo iſt der beſte Zuſtand des Gemůts die rechte Mittelgleichheit in allen Sachen.5. A. Das aeltſte Laſter iſt auch auſſer allem Zweiffel das groeſſte/ ſolches iſt der Stoltz und Ehrgeitz/ der die in Gerechtigkeit und Heiligkeit erſchaffene Engel ſuendigen machen/ und unſre er= ???te Eltern aus dem Paradeis verjagt. Dieſes Laſter iſt nicht al [303] lein das groeſſte/ ſondern auch das verfaſſte/ welches die taegliche Erfahrung beglaubet; dann wann wir ſehen einen Geitzhals/ einen Dieb/ einen Moerder/ ſo ſind wir ihm nicht ſo abhaeſſig/ als wann wir einen ſtoltzen Eſel ſehen daherprachten/ der ſich ſelb= ſten in ſeinem Narrnwahn hoch haelt/ und von iedermann ver= ſpottet wird. Hingegen iſt die Demut und Freundlichkeit GOtt und Menſchen angenehm/ beliebt und gelobet/ ja die Grundfeſte aller und ieder Tugenden/ ohne welche ſie nicht beſtehen/ oder ja in ihrem Ehrenthron nicht erhaben ſind.6. R. Es iſt ein Unterſchied zu machen unter dem Laſter und Boſheit/ aus welcher ienes herkommet. Das Laſter iſt eine Fertigkeit und beharrliche Gewonheit des Unrechts/ die Boſ= heit aber erweiſet ſich in einem Verbrechen allein. Wann man nun ſagt von dem groſſen Laſter/ ſo mueſſen alle andere dargegen gehalten werden/ alſo iſt ein kleines Pferd groeſſer/ als ein groſſer [304] Hund/ und der Kirchenraub iſt eine groeſſere Sůnde/ als etwann ???in gemeiner Diebſtal.Wie nun dieſe die gefaehrlichſte Krankheit iſt/ welche mit ???efftigen Zufaellen den Tod befoerdert/ und iſt gefaehrlicher mit ei= ???er Nadel das Hertz verwunden/ als einem ein gantzes Glied ???b nehmen: alſo iſt auch die Unwiſſenheit/ und der Unverſtand das groeſſte Laſter/ weil hierdurch das Hertz und das Gehirn/ ???elcher wegen der Menſch vernuenfftig genennet wird/ verle= ???en/ und keinen Tugenden nicht Raum laſſen. Hingegen aber ???ſt die Weiſheit und Wiſſenſchaft/ ohne welche alle Tugenden ih= ???en Namen verlieren/ deswegen ſie auch mit dem Saltz vergli= ???hen werden/ dardurch alle andere Gaben zu erhalten/ und an= genehm ſind. Ohne Weiſheit wird die Gerechtigkeit eine Wů= ???erey und Tyranney/ und die Maeſſigkeit iſt mehr Schad/ als Nutz. Dieſe regieret und beherrſchet alles Lob/ und iſt nicht nur ???uf etwas gewiſſes gerichtet/ ſondern wann der Verſtand einem [305] ieden das Seine zutheilet/ ſo|nennet man ſolches die Gerech= tigkeit/ wann er die Begierden im Zaum haelt/ ſo heiſſt es Maeſſig??? kein; wann er in der Gefahr den Mut nicht ſinken laeſſet/ ſo nen= net man ſolches die Großmuetigkeit. Daher haben die Alten di??? Weiſheit mit einem Auge gebildet/ zu bedeuten/ daß dieſe Tu??? gen alle andere ſo weit uebertreffe/ als das Aug die andern Glie??? der des Leibs.7. C. Wann ein Herr nach ſeinem Sitz und nach ſeine??? Wohnung zu achten iſt/ ſo iſt erſtbeſagte Weiſheit die trefflich??? ſte Tugend/ als welche ihren Sitz in dem Haubt/ dem vortreff??? lichſten Gliede/ hat. Wann man aber anſihet den Nutzen/ un??? das gemeine Leben/ ſo iſt der Verſtand/ und die hoechſte Weiſhe??? nicht ſchetzbar/ als indem ſie ihren Nechſten dienet/ welches be??? ſchicht in der Tugendfreundſchaft/ und thaetlicher Liebe des Neben??? chriſtens. In dieſer Tugend kan man nicht zu weit kommen??? und den Sachen zuviel thun/ wie in allen andern. Es giebt abe??? [306] ??? wenig Tugendfreunde/ daß man in allen Geſchichte ̅ kaumlich ???hen par findet/ und wird hier nit verſtanden die Liebsneigung/ ???der die Freundſchaft/ welche auf de ̅ Nutzen/ oder Beluſten ihr ???bſehen richtet; ſondern eine ſolche ſeltne Freundſchaft/ die ihr ???lbſte ̅ ſchadet/ andern zu nutzen und zu dienen. Welche uns glei= ???en in den Geberden/ Sitten und Sin ̅ e/ die liebe ̅ wir und erwek= ???en dardurch eine ſo ſtarke Gegenliebe/ daß ſolche Freunde ein ???ertz und einen Willen haben/ und wie ein laſterhafter Menſch ???in ſelbſtſchaedlicher Feind iſt/ alſo iſt ein tugendſamer ſein ſelbſt ???eſter Freund. Es iſt aber der Freundſchaft dreyerley. I. Geiſtlich/ ???nd nach ſolcher ſind wir alle miteinander als Chriſten befreun= ???et/ und zu williger Gegendienſtleiſtung verpflichtet. II. Na= ???rlich/ und ſolche Freundſchaft iſt zwiſchen Eltern und Kin= ???rn/ zwiſchen Bruedern und Schweſtern/ zwiſchen Mann und Weib. III. Iſt die Tugendfreundſchaft/ von welcher wir re [307] den/ ſo ihrer zween/ gleichſam mit einer guldnen Ketten ver= bindet.8. R. Was bisanhero geſagt worden/ kan ein abſonder??? liches Geſpraechſpiel ſeyn/ und betitult werden das Beſte und Boe??? ſte/ weil es von der trefflichſten Tugend/ und dem aergſten Laſte??? handelt. Wie nun dieſes des Gemuets Wolſtand betrifft/ ſo ſo??? meine Frage von des Leibs Geſundheit handeln: Welches nemlich??? die zutraeglichſte und nutzlichſte Ubung des Leibs ſeye?((Die nutzlich= ſie Ubung.)) 9. J. Ich halte es mit dem Spatzirengehen/ als welches de??? natuerlichſten Bewegungen am naehſten kommen/ und das Mit??? tel halten zwiſchen den gar zu ſtarken/ und gar zu ſchwache??? Ubungen des Leibs. Mankan geſchwind und langſam gehen??? ruhen/ wann man wil/ un ̅ der Magen wird dardurch geſtaerkt/ de??? Odem erleichtert/ die boeſen Feuchtigkeiten verzehrt/ das Gemue??? erfriſcht/ und die Traurigkeit/ welche iſt eine Krankheit des Ge??? muets/ gehindert oder gemindert.
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10. V. Eine mir anſtaendige Ubung iſt das Reiten/ dar= ???urch wir weniger Arbeit als in dem Gehen haben/ und werden ???och alle Glieder des Leibs dar durch bewegt. Dieſe Ubung ???t noch zu ſtark/ noch zu ſchwach/ die Maeſſigung ſtehet in meiner ???ande/ und iſt doch das Pferd ein edles Heldenthier/ das dem Menſchen vor allen beliebet.11. A. Mir beliebet das Fahren/ und iſt nicht beſſer gehen/ ???ls wann man das Roß am Zuegel mitfuehret/ oder daß die Kut= ???hen hernachfolget.12. D. Was die Bewegung in der Luft/ Waſſer un ̅ Feuer ???erurſachet/ das thut ſie auch an und in unſern Leibern: nemlich ???ie erhaelt/ erwaermt/ nehrt und mehrt unſere Kraeften/ da hingegen ???ie boeſe Feuchtigkeit/ den Stein und andere Krankheiten/ oder ???m wenigſten Faulheit und Traegheit verurſacht/ dahero nach= ???ehends allerhand Unheil entſtehet. Dieſe nohtwendige Ubung ???un des Leibs ſol geſchehen vor der Mahlzeit/ wan ̅ ſich der Leib [309] ſeiner natuerlichen Buerde entladen: Sonſten ſammelt man/ nach der Mahlzeit/ durch die Verhinderung einer guten Daeuung/ den Saamen vieler ſchweren Krankheiten. Es iſt aber/ meines Er= meſſens/ kein luſtigere und nutzlichere Ubung/ als das Pallſpiel/ Wann man/ ſo bald man můd zu werden beginnt/ aufhoeret/ und der Sache nicht zu vielthut.13. C. Es iſt auch eine Ubung des Leibs/ wann man??? ſchreiet und ſinget/ weil dadurch die Bruſt erleichtert/ die Waerme??? erhal en/ und das Hirn gereiniget wird.14. D. Ich halte/ daß in aufgegebener Frage ein Unter= ſcheid der Perſonen zu machen/ indem die nutzlichſte Ubung ei= nes ieden Handarbeit kan genennet werden. Der Weinhaekker hat ſeine beſte Ubung mit der Karſch. Der Bauer ůbet ſich am nutz??? lichſten mit dem Pflug. Der Fiſcher uebet ſich in dem Fiſchen/ etc??? dardurch erwekken ſie den Hunger/ kommen ermůdet nach Hau= ſe/ und ſchlaffen wol bis an den Morgen. Es iſt auch darauf z??? [310] ???hen/ zu welcher Ubung man ſich von Jugend auf angewehnt/ ???nd welche der Zuſtand unſrer Kraeften ertragen kan; maſſen ei= ???em Lungenſůchtigen das Lauffen/ und einem Hinkenden das Spatzirengehen nicht wolbekommen ſolte.15. J. Nun mich der Reyen betrift/ will ich fragen: wo=(Der Wahn.) ???er doch ſo gar unterſchiedene Meinungen faſt mallen Sachen entſtehen daß ???an ſich in wenigſtem vergleichen kan?16. V. Die Frage hat ſonders Zweiffel verurſacht die un= ???rſchiedlichen Stimmen/ welche bis anhero in vorweſenden Geſpraechen gefallen. Gewiß iſt/ daß man ſich ſelten kan verglei= ???en/ in was Handlungen viel begriffen; und iſt ſolches der ???enſchlichen Gebrechlichkeit zuzuſchreiben/ daß ſie das Gute ???cht erſehen koennen/ oder nicht annehmen wollen.17. A. Ich halte/ die Urſache komme her von den unter= ???hiedenen Altern: Ein Kind urtheilt anderſt/ als ein Juengling; ??? Juengling hat einen weit andern Sinn/ als ein Mann/ und [311] ein Mann heget andere Gedanken/ als ein Weib/ etc. Iſt ſich alſo nicht zu verwundern/ wann man ſich nicht vergleichen/ und den beſten Urſachen nachgehen kan/ weil die Wahl ſo auf unglei= che Menſchen faellet/ und ſich mit zuwachſenden Jahren aendert.18. R. Man findet ſchwerlich zwey gleiche Angeſichter/ Augen/ Stimmen/ Geberden/ etc. Wie ſolten wir uns dann nach dem Innerlichen in allen Sachen vergleichen/ wann wir von Gott euſſerlich ſo ungleich erſchaffen worden. Nach demman ein Bild anſchauet/ nach dem ſcheint es: nachdem unſre euſſerli= che Sinne etwas vortragen/ nach dem urtheilet unſer Verſtand/ nachdem ſelber wenig oder mehr vollkommen iſt. Der Wein iſt zwar Wein/ und bleibt Wein; Wann er aber in unterſchiedliche Gefaeſſe geſchuettet wird/ nimmter derſelben Geſchmakk an ſich Geſetzt ihrer viel hoeren eine gelehrte Predigt: der Bauer urtheilt darvon mit Verwunderung/ weil er es nicht verſtanden: der Stu= dent hat Urſachen gefunden an etlichen Stukken/ ſo darinnen [312] ???orkommen/ zu zweiffeln: Der Burger wird mit Verdruß zuge= ???oert haben/ weil es ſeinem Verſtand nicht gemaeß/ und es iſt doch ???ine Predigt/ aber unterſchiedlichen Zuhoerern zu beurtheilen/ ???orgetragen.19. C. Die Engel in dem Him ̅ el ſind allezeit gleiches Wil= ???ns/ aber nicht die Menſchen auf Erden; weil jene alles thun ???ach der Ehre GOttes/ dieſe nach ihrem eignen Belieben/ oder Beluſten richten.20. D. Wann man dieſer Sache recht nach ſinnet/ findet ???ch/ daß etliche Spaltungen der Meinunge ̅ in dem Thun/ etliche ??? den Betrachtungen beſtehen. Das Thun richtet ſich nach ???er Leibsbeſchaffenheit des Menſchen/ indem ein Melancholi= ???her Trauerkopftieber auf der Erden/ als auf dem Meer wird ???andlen/ lieber ſtudiren/ als einen Soldaten geben/ oder ja ſeinen ???eind lieber mit Liſt/ als mit Gewalt ueberwinden wollen. Der ???allreiche wird lieber in allem das Wiederſpiel thun/ und ſein [313] Leben dollkuehn dahin wagen. Der Blutreiche wird ſich zu nichts verſtehen wollen/ als wo man Luſt darbey findet; und der Feucht= ling wird in allen Sachen laeſſig ſeyn. In Betrachtungen aber na= tuerlicher Urſachen/ werden ſich dieſe alle leichter vergleichen koen= nen/ als ihren natuerlichen Neigungen zu widerſprechen. Wann aber eine Sache nicht augenſcheinlich zu erweiſen/ wird einer und der andre zweiffeln/ und aus Ehrgeitz eine neue Meinung und andre Urſachen ſuchen. Daher entſtehen die Spaltungen in Glaubensſachen/ daß auch keine Vereinigung zu hoffen: Wiewol man auch eine uebernatuerliche Urſache dem Satan/ als dem al= ten Friedenſtoerer/ zumeſſen kan.21. J. Es were ſich mehr zu verwundern/ wann alle Menſchen einer Meinung weren/ als daß ſie faſt alle unterſchied= liches Sinnes ſind; weil von allen Sachen ſo mancherley Urſa [314] ???hen koen ̅ en erfunden und gegeben werden: Dieſen Urſachen pflich= ???en etliche bey/ etliche ergreiffen andere/ indem nemlich alles Wiſ= ???en der Menſchen unvollkommenes Stukkwerk iſt; wann man ???ber eine Sache endlich ausfindig machen kan/ ſo wird der Bey= ???all aller Verſtaendigen erfolgen. Zum Exempel: Wir ſehen ie= ???and von Ferne zu uns eilen/ einer ſagt/ es iſt dieſer/ der andre/ es ???ſt jener: der dritte hat ein ſchaerffet es Geſicht/ und erkennet ihn ???m erſten; nahet er iemehr und mehr zu uns/ ſo geben wir ihm ???Beyfall/ da wir doch Anfangs unterſchiedliche Meinungen ge= ???abt/ nachdem die entfernte Perſon einem ieden zu Geſichte ???ommen.22. V. Dieſe Urſachen alle koennen zugleich gelten/ und ???auffen einander nicht zuwider/ ſondern nebeneinander zu gleiche ̅ Ende/ und ſchlieſſlicher Eroerterung/ der aufgegebenen Frage. [315] Weil nun die Ordnung an mir/ will ich dieſes zu eroertern bitten: Waruem der Menſchen boeſe Begierde ſtaerker/ als ihr guter Verſtand? oder: Waruem wir uns durch unſre Neigungen/ und nicht durch verſtaendige Ur= ſachen regiren laſſen?23. A. Die Frage iſt leichtlich zu beantworten: weil nem= lich unſre Natur durch den Suendenfall ſo verderbet/ daß unſer Dichten und Trachten boeß iſt von Jugend auf.24. R. Indem wir aber wiſſen/ was boeß iſt/ ſo ſolten wir verſtehen/ daß wir GOtt dardurch erzuernen/ und uns ſelbſt vor ewigem Schaden ſeyn/ oder wie die Schrift redet/ die vorſaetzli= che Suende nicht herrſchen laſſen in unſern ſterblichen Leibern. Es (* Appetitus naturalis.) ſind aber der Begierden dreyerley: I. Die natuerliche*/ welche in dem Wachsthum aller Kraeu er und Steine ſich befindet/ indem ſie aus der Erden den Nahrungsſaft an ſich ziehen/ wie der Mag [316] ???r das Eiſen/ oder die naſſe Erden den Regen. Dieſe Begierde ???ergleichet ſich mit den Begierde ̅ eines ſchlaffenden Menſchen/ der ???ne Traum/ Wıllen und Wiſſen ruhet. II. Die andre Begierd iſt ???m Menſchen und Thieren gemein/ un ̅ belanget nit nur ihre Er=(Appetitus ſenſitıvus.) ???ltung/ ſondern auch ihre Beluſtigung des Leibs. III. Die Begierd ???ird vernuenftig genennet/ und iſt der Wille des Menſchen/ wel=(Appetitus rationalis.) ???er nach Eckantniß des Guten und Boeſen/ jenes wehlen und die= ??? meiden ſol. Hieraus entſtehet nun die Frage: Waruem der Ver= ???and/ als der Herr und Regent/ ſeiner Diener boeſlichen Begierden ???horſame? Ich halte darvor/ daß dieſer Diener ſo viel Geſchrey ???d Tumult errege/ daß er ſeines Herrn Stimm nicht hoeren/ noch ???eniger derſelben gehorchen koen ̅ e/ bis das Ubel vollbracht/ da dan ̅ ??? Zeiten das Gewiſſen aufwacht/ und die Beſchaffenheit der ???el getroffenen Wahlerhellet.
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25. C. Ich vermeine/ daß aufgegegebene Frage zu be= antworten/ aus dem falſchen Schein und den unterſchiedenen Sinnen der Menſchen. Ein ieder hat ſeine Gedanken und Urſa= chen/ nach welchen er ſich richtet/ und haelt das fuer gut und an= nemlich/ was andre fuer boeß und unverwerfflich achten. Alſo haelt ein Dieb den Raub fuer eine billiche Sache/ weil der Reich??? thum uebel ausgetheilet/ und er ohne Ungerechtigkeit nicht ſo??? Hunger ſterben; welches er fuer das groeſte Ubelſchaetzer. So??? geht es faſt mit allen Suenden/ wann man ſie begehet/ ſo ſetzet ma??? alle Furcht der Straffen aus den Augen/ und laeſſet ſich eine Sue??? ſigkeit betruegen/ auf welche ewige Bitterkeit erfolgt.26. D. Es iſt nichts billichers/ als daß der Beſſere de??? Boeſen beherrſche/ und das Vollkommene das Unvollkommene??? Alſo herrſchet der Menſch ueber die Thiere/ und der Verſtaendig??? [318] ???e unter ihnen ſolte die Unverſtaendigen regiren/ daher etliche zu ???enen von der Natur gewidmet ſind/ und iſt auch unter den Die= ???ern ein groſſer Unterſcheid. Der Mann iſt der Frauen Haubt/ ???e Frau hat den Kindern zu befehlen/ etc. Weil nun die wolluſtige ???egierden ſo viel unwuerdiger und unvollkommener/ als die Thie= ??? ſind gegen den Menſchen/ und die Einbildung gegen den Ver= ??? und/ nach hoechſtweiſer Verordnung der Natur; ſo ſolte jene ge= ???rſamen/ und dieſebefehlen/ als welcher aller Erkantniß faehig ???. Weil wir aber mehr fleiſchlich als geiſtlich geſinnet ſind/ laſſen ???ir uns durch die euſſerlichen Reitzungen verleiten/ und gehor= ???en den boeſen Geſetzen/ welche wir in unſern Gliedern finden/ ??? denen denn die Welt und der Satan den Weg eroeffnen/ deſſſen ???nde man erkennen und betrachten ſolte.27. J. Viel erkennen die Schoenheit der Tugend/ und lie [319] ben doch das Laſter/ weil ſie nemlich aus Rach/ Zorn/ Geitz/ etc. ſo verblendet ſind/ daß ſie aus Unbedacht thun/ was ſie unterlaſ= ſen ſolten. Viel bezwingen auch alle boeſe Begierden/ und faſten/ wann ſie hungert/ wachen/ wann ſie ſchlaefert/ und enthalten ſich auch der zulaeſſigen Wolluſt.28. V. Vielmals veteinigen ſich auch die Begierden mit dem Verſtand/ wann nemlich ſolche zu Erhaltung des Leibs nohtwendig dienen: nicht zwar gezwungen/ wie ein Knecht ſei= nem Herrn mit Furcht gehorſamt/ ſondern willig/ wie die Unter= thanen ihrem Fuerſten/ weil ſie erkennen/ daß ihnen ſolches Gebot??? vertraeglich und nutzlich.29. A. Die Frage iſt nun an mir/ und ſol ſelbe alſo beſchaffen ſeyn/ daß unterſchiedene Meinungen/ und derſelbe ̅ Urſachen moe [320] ???e ̅ gegeben werden. Waruem iſt doch kein Mtnſch mit ſeinem Zuſtand zu= ???ieden.30. R. Wann nichts Beſtaendiges in dieſer Welt iſt/ ſon= ???ern alles durch die Bewegung erhalten werden muß/ ſo iſt der ???enſch/ welcher der vortrefflichſten Theile einer/ und der Sinn/ ???s das uebertrefflichſte in dem Menſchen/ wegen wandelbarer ???eſchaffenheit nicht zu ſchaenden. Alles/ was irdiſch iſt/ kan uns ???cht vernuegen/ deswege ̅ ſtreben wir nach dem zukuenfftigen/ und ???ie ein verſchlukkter Biſſen keinen Geſchmakk mehr hat; alſo ver= ???uegt uns nit/ was wir beſitzen/ ſondern verlangen/ was wir nit ???aben. Ein Jaeger hat ſeinen Luſt in dem Jagen/ ie mehr er faengt/ ???mehr er fangen wil. Ein Kranker findet ſeine Ruhe/ wann er ???ch im Bette|von einem Orte zum andern heruem wirfft/ und wir ???ingen unſer Leben zu mit wandelbaren Verlangen/ und Hoffen.
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31. C. Daher hat jener geſagt/ daß niemand uengluekkli= cher ſeye/ als welcher nichts hoffe/ oder verlange. Es ſind aber ſehr viel/ welche ſagen/ wann ſie haetten/ was ſie verlohren/ ſo wol= ten ſie ſich gerne vergnuegen laſſen; oder wann ſie Gott bey gegen= waertigem Zuſtand erhalten wolte: In beeden weiſen ſie/ daß ſie zwar mit dem Gegenwaertigen zufrieden/ aber doch nicht ohne Hoffnung und Verlangen ſeyn. Iſt alſo ein Unterſcheid/ zwiſchen der Hoffnung des Zukuenfftigen/ und Beharrung des Gegenwaer= tigen: Jenes verlangen alle/ mit dieſem aber ſind wenig zufrieden.32. D. Weil allem Guten etwas Boeſes beygefueget/ ver= langen wir auch in erwuenſchtem Zuſtande/ daß wir ſolches ent= hoben/ oder nicht zu beſorgen haben moechten. Geſetzt nun/ es haette einer aller Welt Reichthum/ Ehre/ Gueter des Verſtands/ des Leibs/ des Gluekks/ wie Salomon gehabt; ſo wird er doch in [322] ???eſitzung ſo vieler Eitelkeiren ſeinen Sinn nicht erſaettigen/ ???d ſich ohne Hoffen und Verlangen finden. Die Urſach iſt ???enſchlicher Schwachheit oder Unwiſſenheit zuzuſchreiben/ ???aß alle Menſchen ein gantz ungerechtes Urtheil von ihnen ſelb= ???en faellen.33. J. Weil aber kein ſo gluekkſeliger Menſch zu finden/ der ???les nach Wunſch beſitzet/ ſo iſt ſich nicht zu verwundern/ wann ???ir verlang???n/ was wir haben koenten. Ein hungeriger Soldat ???iſchet erſtlich Brod/ alsdann Waſſer: bald/ ſo wil er zur Mahl= ???it Bratens/ Wein und Bier/ und denn bar Geld haben. Wir ???enſchen pflegen alle auf kuenfftige Zeiten zu ſorgen/ und deswe= ???en koennen wir nicht zufrieden ſeyn mit Gegenwaertigem. Wer ???eld hat/ gedenket es wol anzulegen: wer keines hat/ trachtet ???arnach.
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34. V. Es iſt auch der Neid nicht die geringſte Urſach/ indem wir uns wuenſchen/ was andre haben/ und wann wir es haetten/ ſo were unſer Verlangen dardurch nicht vergnueget/ weil andre mehr haben.35. A. Wie uns die beſte Speiſe/ wann ſie taeglich genoſſen wird/ einen Ekkel verurſachet/ und wie wir noch ſtetig ſitzen/ noch liegen/ noch ſehen koennen/ alſo wolten wir auch gern unſern Zu= ſtand vielmals wechſlen. Zudem ſind wir Menſchen ſo wandelba= ren Sinns/ daß wir faſt lieber einen boeſen als zweiffelhaften Zu= ſtand haben wollen: Wie aber alles Gegenwaertige im Zweiffel ſchwebet/ und das Zukommende ein Raehtſel iſt/ ſo die Zeit aufloe= ſet/ ſo trauen wir/ und hoffen eines Beſſern/ obgleich das Boeſere erfolget. Des Menſchen Sinn kan ſoviel nicht faſſen und erler= nen/ daß er nicht noch viel ein mehrers zu wiſſen begehren ſolt: [324] ???es Menſchen Wille kan ſo viel nicht erlangen/ daß er nicht mehr ???ollen und wuenſchen wuerde.36. R. Ich frage: Waruem man die Undankbaren nicht am Le= ???n ſtraffe?37. J. Weil es ein ſo gemeines Laſter/ daß man nicht Blut= ???ichter genug ſolte haben koennen. Wir ſind alle undankbar gegen Gott/ und wann wir nicht mehr Wolthaten ausſeiner Gaden= ???and empfahen ſolten/ als wir verdienen und wuerdig ſeyn/ ſo ſol= ???n wir nicht einen Tag zu leben haben.38. V. Die Wolthat ſol ıhr eigner Lohn ſeyn/ wie eine and= ???e Tugend/ und koennen wir ſolche unſren Nechſten aus Schul= ???igkeit nicht wieder anfordern; weil wir alles/ was wir geben/ von Gott empfangen/ der ſeine Sonne laeſſet aufgehen ueber Fromme ???nd Boeſe. Sind wir nun ſchuldig und gehalten andern wolzu= ???un/ ſo koennen wir niemand eines Undanks/ aber wol einer Un= ???oeflichkeit beſchuldigen.
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39. A. Wann das ein Uundank zu nennen/ bald man die Wolthat nicht erwiedert/ ſo ſind alle/ welche aus Armut ſolcher vonnoehten haben/ und die Wiederſtattung nicht vermoegen/ fuer undankbar zu ſchelten. Wer wolte aber die Armen an dem Leben ſtraffen/ daß ſie nicht reich ſind/ noch werden koennen?40. R. Die Dankbarkeit beruhet in dem Willen/ und kan ſolcher alle Wolthat wiedergeben. Es iſt aber keine Wolthat zu nennen/ welche gezwungen beſchiehet/ oder welche groſſe Beloh= nung verhoffet/ oder erheiſchet/ oder welche der Wolthaeter be= reuet; ſondern einen froelichen Geber hat GOtt lieb/ der dem Sae= mann gleichet/ welcher ohne Zeugen ſeinen Samen ausſehet/ und der Erndezeit mit Gedult erwartet. Zur Dankbarkeit iſt keine Zei??? beſtimmt.41. C. Wann man die Undankbaren mit vielfaeltigen Wol??? thaten zur Dankbarkeit vermoegen ſol/ wie ein Lehrmeiſter ſeine??? unverſtaendigen Schuler/ oder ein Vater ſein ungeratnes Kind??? [326] ??? iſt gewißlich ſolche Mißerkantniß nicht an dem Leben zu ſtraf= ???en/ als welche mit zuwachſendem Verſtand kan geaendert wer= ???en.42. D. Unter dem Undank eines vernuenftigen Menſchen ???nd viel Laſter begriffen/ als die Gottloſigkeit; Dann wie wil der GOtt fuer ſeıne Wolthat danken/ den er nicht ſihet/ wann er dem ???cht danket/ von deſſen milder Hand er ſo viel Gutes empfaehet; ???ie Boſheit/ der Haß/ der Geitz/ und handelte inſolcher auch wider ???in Gewiſſen. Wie nun die Belohnung des Guten/ und Beſtraf= ???ung des Boeſen die zwo Grundſeulen ſind der Gerechtigkeit/ halte ???h an meine ̅ Ort nochmals darfuer/ man ſolte einen Undankbaren/ ???leich einem Laeſterer/ nach Beſchaffenheit ſeines Undanks/ mit of= ???ntlichen Schanden/ wo nicht an dem Leben ſtraffen; allermaſ= ???n Gott drauet/ daß das Ungluekk von dem Hauſe des Undankba= ???n nicht weichen ſol.43. C. Nun ſind die ſechs Reyenfragen geendet.
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Oegenwert.
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OB wir wol bereit von den Erzehlungen geredet/ ſo will ich doch ſelbe dergeſtalt fortzuſetzen bitten/ daß iedem ſol obliegen eine kurtze Geſchichte/ welche ſich zu ſeiner Frage ſchikket/ beyzu= bringen.2. J. Dieſe Gelegenheit zu den Erzehlungen iſt/ meines Behalts/ noch nicht vorkommen/ und koennen die Fragen aus den Geſchichten genom??? men/ wie die Geſchichte hinwiederuem nach den Fragen gerichtet werden.3. D. Meine Frage iſt geweſen von dem Undank/ und ſol deswe??? gen die Geſchichte dieſen Titel tragen:Bereuung der Undankbarkeit.MAn lieſet von der Dankbarkeit eines Loewens/ eines Adlers/ eines Hunds un ̅ andrer unvernuenftige ̅ Thie??? re/ daß der Undank billich bey allen verhaſſt/ und di??? mit dieſem Laſter beflekkt/ mit Fug aus guten Ge??? [328] ???ellſchaften/ ja Gemeinſchaft aller Menſchen vertrieben/ oder ???ndern zum Beyſpiel beſtraffet werden ſolten; wie in folgender Geſchichte ruehmlich beſchehen.Nicoſtrat/ ein Frantzoeſiſcher Edelmann zu Zeiten Koenig Hein=(Belley aux Recits Hiſto riques f. 50) ???ichs des dritten dieſes Namens/ war zugleich der Liebhaber ???nd Geliebter zweyer Jungfrauen/ welche ihme an Stamm und ???ermoegen faſt gleich/ an Schoenheit aber gantz ungleich waren. Man ſagt/ daß zweyerley Magnet/ der weiſſe/ welcher das Eiſen ???on ſich treibet/ und der ſchwartze/ welcher es an ſich ziehet. Dieſes konte man ſagen von der weiſſen Darinde und ſchwartz= ???raunen Arthenice: Jene wurde von Nicoſtrat geliebet/ dieſe lieb= ???e ihn/ ſonder Gegenhulde. Darinde Schoenheit gleichte der Blu= ???en/ welche durch ihren Geruch mehr als ein Bienlein an ſich ???iehen/ und unter ſolchen war Othokar ein Edelmann von ſehr ???eblichem Angeſicht. Nicoſtratforderte dieſen aus Eiferſucht ???uf den Platz/ und/ obwol der andre mehr Ehren=als Feindſchaft [329] wege ̅ erſchiene/ ſo wolte doch das blinde Glůkk dem dollkuehnen Nicoſtrat ſo wol/ oder beſſer zu ſagen/ ſo ůbel/ daß er ſeinen Ge= gentheil blutdurſtig erwuergete/ und wegen dieſer That von dem Koenig zum Schwert verurtheilt wurde. Alle Vorbitte war uem= ſonſt/ und des Koenigs Zorn war ein Bott des Todes. Artheni= ce wirfet ſich demůtigſt zu des Koenigs Fueſſen/ bittet uem Nico= ſtrats Leben/ mit ſo flehentliche ̅ Worten/ daß alle Anweſende be= kennen muſten/ Weıberthrenen weren eine Hertzruehrende Wol= redenheit/ welcher man mueſſte gewonnen geben. Kurtz zu ſa= gen/ Nicoſtrat wird das Leben/ und der Arthenice Bitten zu ei= nem Ehemann geſchenket. Nachdem dieſer Undankbare aus der Gefaengniß entkommen/ ſucht er Entſchuldigung und Ver= zoegerung das Ehegeliebt zu vollfuehren/ beharret aber inzwi= ſchen der Darinde aufzuwarten/ welche mehr Abſchen vor ihm/ des Othokars Moerder hatte/ als niemals. Dieſes Verfahren be= leidiget Arthenice dergeſtalt/ daß ſie ſich an ſolchen Orten ueber [330] ???hn beklaget/ daß ſeine groſſe Undankbarkeit dem Koenig wider= ???m zu Ohren kommet; Maſſen ſolches Laſter/ wie gedacht/ ſehr ???erhaſſt iſt/ und den Koenig bewogen/ ſeine eingewandte Gnade ???iederuem zurukke zu nehmen/ als welcher er ſich durch Un= ???ankbarkeit verluſtiget/ und ihm nach vorergangenem Urtheil ???on dem Leben zum Tod hinrichten laſſen.4. J. Meine Frage iſt geweſen/ Warům ſich die Menſchen ???gar wenig Sachen vergleichen/ und in den meinſten ſtrittig ???nd? Nun nenne ich nach ſolcher meine Erzehlung:Die liebe Einfalt.IN der Welt iſt nichts/ das allen gefalle ̅ kan/ und ver= gleicht man geſammte Beliebung dem Phoenix/ und dem Goldmachen/ darvon man viel Worte hoe= ren/ aber in der That nichts ſehen/ noch weiſen kan. Wie eines Dinges viel Urſachen ſeyn koennen/ alſo [331] forſchet einer dieſe/ der andre jene/ und haelt ein jeder ſein Wort fuer das beſte. Es hat ſich zugetragen/ daß man von Adamsfall zu reden kommen: Waruem er doch in den Apfel gebiſſen/ und dar= durch das gantze menſchliche Geſchlecht in die Suende geſtůr= tzet? Einer ſagte/ er haette es gethan aus Ehrgeitz/ der Hoffnung Gott gleich zu werden. Der andre ſagte: daß er dem Weib nichts abſchlagen koennen/ und haette ſich von ihr verfuehren laſ= ſen. Der dritte ſagte/ daß ſolches aus Begierde zur Wiſſenſchaft beſchehen. Ich halte ſicher darvor/ verſetzte eine ſehr einfaeltige Jungfrau/ daß Adam deswege ̅ in den Apfel gebiſſen/ weil er kein Meſſer in dem Paradeis gehabt.5. V. Meine Frage iſt geweſen von der Wuerkung boeſer Be= gierden. Hierbey erinnere ich mich/ daß einer erzehlet/ wie er ge= ſehen/ daß wann ſeinem Vater ein Glut aufdie Hand gefallen/ er niemals verſtattet/ daß man ihm ſolche weggethan. Wir er= ſtaunten ob der Rede/ und fragten/ ob er dann die Hand verbren [332] ???en laſſen? Ach nein ſagte er/ ſondern er hat die Glut ſobald ſelb= ???en von ſich geworffen/ und nicht erwartet/ bis ein andrer zuge= ???nget. Die boeſen Begierden ſind glueende Kohlen/ welche wir/ ſonder ???drer Erinnerung/ von uns werffen ſollen.6. A. Meine Frage iſt geweſen: Waruem niemand mit ſeinem ???ſtand zufrieden? Hierbey werde ich eingedenk eines Bukklichten oder ???oegerigen/ der gehoert/ daß GOtt alles inhoechſter Vollkommen= ???it erſchaffen. Dieſe Meinung zu widerlegen/ darfman nur ???ch anſehen/ ſprach der Buenteltrager/ dann ich ja nicht weiß/ ???arům ich bukklicht bin/ und ob mir recht wiederfahren. Darauf ???rte er die Antwort/ daß auch ſein Hoger in hoechſter Vollkom= ???enheit/ und habe er nicht Urſach ueber einigen Mangel zu kla= ???n. Weil er aber nicht wiſſe/ waruem er bukklicht ſeye/ ſo wolle er ???ihm ſagen/ nemlich uem die Schultern/ und koenne ihm bey ſol= ???er Krůmme kein ander Recht wiederfahren. Ein andrer Spa= ???cher Herr truge dergleichen Vollkommenheit auf dem Ruk [333] ken. Es begabe ſich/ daß einer ſeiner Unterthanen deswegen ein ſcharffes Schertzwort hoeren lieſſe/ und nachdem er gefangen/ befůrchten muſſte/ ſein Herr lieſſe ihm das Maul mit dem Strang ſtopffen; weil er aber viel Kinder erzeugt/ hat ſein Weib ſein Le= ben erbetten/ daß ihm der Herr verziehen/ und als er ihn loß gelaſ= ſen/ verwieſen/ er ſolte ſich dergleichen ſtraeflichen Beſchimpfung enthalteu/ und wann er nicht mit Weib und Kindern beladen/ derentwegen er ſich ſein erbarme/ ſo haette er ſterben mueſſen/ etc. Der Unterthan antwortet/ daß auch gleicher Weiſe die gantze Welt Erbarmen und Mitleiden mit ihm habe/ weil auch er mi??? einer ſchweren Laſt beladen/ und ſich derſelben nicht entbůrde??? koenne. Hierueber iſt der Herr ergrimmt/ und hat ihn zu beſagte??? Straffe dem Henker untergeben.7. R. Meine Frage iſt geweſen von der nutzlichſten Ubung de??? Leibs/ hierzu ſchikket ſich folgende laecherliche Begebenheit. Es hatte ſich??? einer in Ehliche Verloebniß eingelaſſen mit einer hinkende ̅ Jung??? [334] ???er: als man ihn nun damit ſchimpfte/ ſagte er/ daß er ſie noch auf ???er Jagt/ noch zum Wettlauffe ̅ gebrauchte. Inde ̅ man ihn aber ???laube ̅ machte/ ſie haette ein hoeltzern Bein/ laufft er in der Hoch= ???eiterin Haus/ und wil den Kauff wieder aufſagen/ als ihm aber ???uf ſein unbeſcheidenes Anhalten die entbloeſten Fueſſe der Jung= ???er gewieſen worden/ gabe er ſich zufrieden. Zu Nachts fiel ???hm bey/ daß man ihm von deren hoeltzern Bein/ und nicht von ???en hoeltzern Fueſſen geſagt; laufft deswegen vor Tags wieder hin/ ??? wiſſen/ ob die Jungfer nicht ein hoeltzern Bein habe/ ungeacht ???vor eingenommenen Augenſcheins/ etc.8. C. Meine Frage iſt von den Laſtern und Tugenden geweſen/ un= ???r welchen die Maeſſigkeit vor allen andern gelobt/ die Trunkenheit aber ge= ???hendet worden. Dieſem fuege ich nach folgende Fabel/ und derſelben ein ???rzu ſchikkliche Begebenheit: Der Zipperlein und die Spinnehaben ???iteinander eine Raiſe angetretten/ wiewol mit gantz ungleiche ̅ ???chritten; Maſſen die Spinne leicht und mit langen Beinen [335] geſchwind; der Zipperlein ſchwer/ und mit ſeinen Krukken lang= ſam fortkommen. Dieſe beede kamen zu eines reichen Edelman ̅ s Dorf. Die Spinne nimmet ihre Einkehr in dem Schloß/ der Zipperlein bey einem armen Tagloehner/ der auf dem Strohe ru= hete/ und als er dieſes Gaſts in ſeinem Bein gewahr wurde/ fien= ge er an zu lauffen/ zu dreſchen und zu arbeiten/ bis der Zipperlein/ welcher dergleichen nicht gewohnt/ ſeine ̅ Weg weiter nahme. Die Spinne wurde gleichfalls uebel gehalten/ und hatte ihre reinliche Tapetzerey ſo bald nicht angezettelt/ daß ſie nicht gleich verſtoe= ret und verjaget wurde. Unterwegs kommen dieſe Raiſgeferte??? wideruem zuſammen/ und beklagen/ wie uebel ſie empfangen wor??? der. Es vermeldete aber der Zipperlein/ daß er in ſeinem Nacht= laeger viel Spinnen in guter Ruhe weben und ſchweben ſehen Die Spinne hingegen ſagte/ daß ſie in des Edelmanns Hauſe gu= te Speiſen/ Trank/ und Laegerbette geſehen/ und wurden raehtig??? ihre Einkehr miteinander zu wechſeln; wie dann auch erfolgt??? [336] ???ß der Zipperlein bey den Edelleuten/ die Spin ̅ e bey den Bau= ???n eingekehrt/ da jener ſehr niedlich gehalten/ dieſe aber ohne ???urcht ihrem Geſpinſt abwarten koennen. Nun folget die Geſchichte. ???delbert einer von Adel hatte von ſeinen Eltern reiche Mittel ???erbet/ ſeine Jugend in allen Wollůſten und Uppigkeiten zuzu= ???ingen/ bis das weiſſe Brod verzehrt/ nach der Frantzoſen ???prichwort/ und er des ſchwartzen nicht genug haben konte. ???Nachdem ihm nun die beſagte Krankheit/ als eine Tochter ??? Unmaeſſigkeit/ ſchmertzlich heimgeſucht/ bereuter zu ſpat den ???angel ſeiner Gueter/ welche er mit Uberfluß durchgebracht. ???ie die/ ſo mit Threnenſaeen/ mit Freuden ernden; Alſo mueſſen ???ch im Gegenſtande die jenigen Threnen ernden/ welche mit ???euden ſaeen. Nachdem ihn nun ermeldte Gliederkrankheit ei= ??? Zeitlang verlaſſen/ faengt er ein nuechternes und maeſſiges Leben ???/ begiebt ſich in den Krieg/ erdultet Hunger/ Durſt und Arbeit/ [337] und komt dardurch zugroſſen und hohen Ehren/ daß er ſein Weib und Kind/ welche er nicht ohne Duerfftigkeit zu Hauſe/ in welches die Spinnen inzwiſchen eingezogen/ gelaſſen/ ſeinem Stande gemaeß ernehret/ und ſeine mit Pfandſchaft behaffte Gueter wiederuem frey gemachet. Dieſer Krakheit Artzney iſt die Arbeit. Wie das flueſſende Waſſer gute Fiſche nehret; ſo hegt das ſtehende und faule Ottern und Schlangen. Man wird ſelten ei= nen arbeitſamen Bauersmann finden/ der an dem Zipperlein darnieder lieget/ daher er der Reichen Krankheit und die Straf= fe der Liebe/ des Zorns und Wollebens billich genennet wird.9. D. Solchergeſtalt dienen die Erzehlungen zu den Geſpraechſpie= len auf manche Art/ und wollen wir die zergliederten Maehre hieher wiederho= len/ als welche vor allen andern der Geſellſchaft beliebet.10. J. Ich gieb den Palmbaum.11. V. Ich eine Flammſeule oder Piramidem.12. A. Ich einen Tiſch mit Speis und Trank.
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13. R. Ich eine brennende Lampe.14. C. Und ich ein par Schuhe.15. D. Nun muß alles dieſes in meine Erzehlung eingebracht werde ̅ .AN den Flueſſen wachſen die vielfruchtbringenden Palmenbaumen/ welche mit den Frommen ver= ???ichen werden/ weil ihre Blaettter nicht verwelken/ ſondern ???ch von ihrer oehligten Feuchtigkeit in dem grunenden ???inter erhalten werden.BEy ſolchen findet man in Egypten hohe Flamm [339] ſeulen/ welche der Koenige Grabmahle ſind/ und in denſel= ben hangen allerhand.CRyſtalline Lampen/ deren Feuer niemals ver= liſchet. Als ich dieſes geleſen/ hab ich mich darbey der fluechtigen Eitelkeit und eiteln Fluechtigkeit dieſes nich= tigen Weltweſens erinnert/(Iob. 7. 6.) DAß unſer Leben dahinfaehret wie eines Webers Spulen/ und/ wann wir es am wenigſten er= warten/ abreiſſt/ oder nach dem Sprichwort:
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EIner ein par Schuhe mehr/ als der andre zer= reiſſt/ wie aus folgender Geſchichte erhelle ̅ wird.16. Hierzu mueſſen wir nun neue Sachen ſteuren. Ich giebe eine Zue= ???inerin.17. V. Schlatten oder Pinſen/ welche an den Flueſſen wachſen.18. A. Mir faellet nichts bey/ als was ich ſehe/ nemlich zwo Haende.19. R. Einen Irrgarten.20. C. Ein Schnekkenhaus.(D.) FInhulda eine ſchoene Zuegeinerin/ wurde in ihrer Kindheit entfuehret/ und nach den [341] Sitten dieſes betrueglichen Geſindleins auferzoge ̅ . Nach= dem ſie kaum zu Mannbarem Alter gelanget/ fuegte ſich/ daß ein Edelmann/ aus dem Koenigreich Algarbe/ ſeinen Vormund ermordet/ und ſich unter dieſe Zuegeinerrotte??? begeben/ der Hoffnung verdienter Abfiraffung zu entflie= hen. Kurtz zu ſagen/ dieſe verbinden ſich ehlich und ehrlich/ als welche ob ihrer Geſellſchaft Dieberey und??? Truegerey kein Belieben truegen. Bleichwie die Pin??? (Flectimur, non frangi- mur undıs.) ſen oder Schlatten von dem Winde bewegt??? aber nicht gebrochen werden; alſo wurden dief??? mit Hand und Treue verpflichte Ehegatten z??? alle ̅ Laſtern geleitet/ aber nicht verleitet: Maſſe??? [342] ???er Algarber einen guten Zehrpfenning/ den andern ???unwiſſend/ bey ſich hatte/ und Gelegenheit erwartete/ ???ich von dieſem Lumpenvolk abzuſondern. Jener hat ???nicht ohne Urſachen des Menſchen Leben ???mit einem Irrgarten verglichen/ welches Aus= ???gang d’ Tod allen weiſen koente. Solches hat die= ???er verſtellte Zuegeiner auch erfahren/ und hat nach kurtzer ???Zeit dieſes Zeitliche geſegnet/ und ſeiner Finhulda ein klei= ???es Toechterlein Olivia genannt/ ſamt einem Beutel mit ???undert Kronen/ hinterlaſſen. Kurtze Zeit hernach befande ???ich dieſe Zuegeinerin krank/ theils aus Betruebniß/ theils [343] aus Ungemach ſo wilde ̅ Lebens: Maſſen ſolche Leute ihre Zeltlein wie die Schnekken ihre KLeine Haeuſer mit ſich tragen.22. J. Wie es weiter ergangen/ verlangt uns zu hoeren. Ferners gie= be ich eine Cryſtalline Kugel.23. V. Allerhand Blumen.24. A. Einen Baumen.25. R. Schlangen.26. C. Ein Schuſtersmaeß. Ich will gerne ſehen/ ob dieſes ſich ſo??? wol in die Erzehlung wird einflechten laſſen/ als das vorhergehende.27. D. Als nun Finhulda erkrankt/ fuegte ſich/ daß ſie in einem Marktflekken zurukke bliebe/ welcher einer Adeli [344] chen Wittib zuſtaendig/ die ſich ueber ſie erbarmete/ und ???us Chriſtlicher Liebe/ (die in der Wolthaetig= ???eit wie die Liebe Sonne in einer Cryſtallenen Ku= ???el erhellet/) ihr und ihrem Toechterlein Olivia ???lle Nohtdurfft verſchaffte. So bald nun dieſe Kranke ???uehlte/ daß ihre letzte Lebensfriſt ſich nahete/ vertraute ſie ???hrer Wolthaeterin vorbeſagte ̅ Beutel mit den 100. Gold= ???ukken/ und ihre Tochter: bittend beedes in ihre Verwah= ???u ̅ g zu nehme ̅ / un ̅ dieſes Pflaentzlein mit vielmoe= ???ender Vorſorge/ gleich der lieben Son ̅ e Muetterlich ???u hegen/ und aufzuziehen erzehlend zu= gleich/ [345] wie es ihr ergangen/ inwas gluekklichem Eheſtand ſie ge= lebt/ und daß dieſer Oelzweig ein noch ueberiges Sproeſſlein von de ̅ Nneulich zu Boden gefallenen Stam ̅ en ihres Ge= ſchlechts. Die edle Frau er= freuet ſich ueber ſolchem Anvertrauen/ und nachdem dieſe??? Finhulda Chriſtlich entſchlaffen/ hat ſie ihr Toechterlein zu??? ihren Dienſte ̅ gebraucht/ un ̅ mit fleiſſiger Unterweiſung/ nicht ſonder groſſes Wolgefallen/ auferzogen. Weil nun??? Olivia/ wegen ihrer Beſcheidenheit/ und andern guten??? Sitten bey ihrer Frauen in Gunſten/ kan ſolche Tugend Ohne den Schlangengifftigen Neid nicht lang verbleiben. Alles Unheil wurde dieſer Zue [346] ???einer in beygemeſſen/ und/ zu Beglaubung ſolcher Ver= ???eumdung/ miſchten ſie allerhand Wurtzeln/ Pergamene ???Zettel/ mit unbekanten Buchſtaben/ unter ihr Geretlein/ ???nd was in dem gantzen Dorffe verlohren wurde/ deswe= ???en machten ſie Oliviam verdaechtig. Die edle Frau wil ???ieſem allen keinen Glauben geben/ und entſchuldigte ihre ???Unſchuld/ mit der Anklaegere Verweiß. Was begibt ſich? ???Leon der Sohn im Haus verliebte ſich in Oliviam/ und ???b er wol vermeint/ es were dieſe Dirne leichtlich ???u gewin ̅ en/ ſo hat er doch das Maeß nit Recht ge= ???ommen/ und nicht allein abſchlaegige antwort [347] erlanget/ ſondern Olivia hat ſein unzimliches Beginnen ihrer Frauen angemeldet.28. J. Biß anhero laeſſet ſich alles hoeren. Weiters giebe ich einen Loewen.29. V. Ich Feuer.30. A. Ich giebe Roſen.31. R. Eine Wildniß.32. C. Ein Weinfaß.33. D. Als nun Leon von ſeiner Frau Mutter mit ei= ner ſcharffen Laugen gezwagen worden/ und ernoch mit??? der Schlangen Liſt/ noch mit des Loewens Staerke ſein Verlangen zu Werke richten konte/ wandelt er die Liebe in Haß/ und verbrennt/ wie [348] ???ner gemahlet/ die Lummen Liebespfeile in dem ???Feuer ſeiner Begierden. Weil ihn nun Olivia ???erachtet/ wil er nicht ſonder Rache von Hauſe raiſen; ???ndern erſihet die Gelegenheit/ unvermerkter Weiſe/ aus ???iner Frau Mutter Schatzkaſten der Olivia hundert Goldſtukke heraus zu nehmen/ und hundert Unverwelkte Roſenblaetlein an die Stelle zu legen. Das Geld verzehret er zu Paris mit Freuden. Nachdem nun Leon ſeinen Abſchied auf etliche Wochen ???enommen/ giebt ſeine Mutter der Olivia Urlaub/ damit [349] ihrem Sohne/ wann er wiederkommet/ alle Gelegenheit??? Ubels zu thun aus dem Wege geraumet wuerde: als ſie??? aber den Beutel mit dem Gelde einhaendigen wil/ und an??? Statt des Goldes friſche Roſenblaetter findet/ glaubet ſie??? feſtiglich/ daß Olivia von ihrer Mutter in der??? Wildniß die Zauberey von Jugend auf erlernet/ un ̅ ??? daß alles/ was ſie zuvor Ubels ſagen hoeren??? wahr ſey mueſſe: ſtoeſſet ſie deswegen aus dem Hauſe/ und??? bereuet die uebelangelegte Wolthaten. Leon/ nach??? de ̅ er wie der neue Wein Zeitlich vergueret/ komme??? wider anheims/ erkrankt aber ſo bald/ und beken??? [350] ???et das Unrecht/ welches er an Olivia gethan. Indem ???ber die Krankheit von Tag zu Tage zunimmet/ verſchafft ???/ daß man von ſeiner Hinterlaſſenſchaft der Olivia/ die ???us ſonderer Schikkung| ſich von dem Orte nicht entfer= ???et hatte/ das entwendte Geld doppelt wieder erſtatten ſol= ???/ welches ihr Ehr und eine gute Heuratzuwege ̅ gebracht.34. R. Dieſe Art der Erzehlung iſt gewiſſlich unter die ???hwere ̅ und ſinnreichen Geſpraechſpiele zu zehlen/ die leichter zu ???ſen/ als anzubringen. Doch kan man das Gedicht auf Gemaehle ???chten/ oder frey laſſen/ wie zu andrer Zeit Meldung geſchehen.35. J. Wiefein ſchikket ſich alles auf den Eingang/ von der Nichtigkeit und Fluechtigkeit des menſchlichen Lebens/ welches ???it Elend/ Bitterkeit und Sueſſigkeit vermiſcht/ wie dieſe edle [351] Frau an Olivia Mutter geſehen/ und durch den fruezeitigen To??? ihres Sohns erfahren hat.36. V. Solches iſt auch zu merken bey dem Abſterben de??? Olivia Vater; und gefaellet mir die Haubtlehre/ daß GOtt di??? Unſchuld an den Tag bringt/ und die Meuchelliſtige Klugheit??? wo nicht mit zeitlicher/ je doch mit ewiger Straffe beleget; ma??? ſen allhier Leon beſchehen.

Julia.
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ES iſt bereit zuvor gemeldet worden/ daß ein Unterſcheid zu m??? chen/ zwiſchen den Reyen=oder Zweiffelfragen/ und den Stref??? fragen: jene leiden unterſchiedliche Eroerterungen; dieſe aber b??? ſtehen nur in zweyen Meinungen/ und werden dergeſtalt in de??? Geſpraechſpielen gebraucht/ daß man wehlet einen Richter/ d??? ſol H. Veſpaſian ſeyn/ zween Rahtgebe/ zu welche ſich beede Jungfrauen ve??? ſtehen werde ̅ / und dann die zween ſtreitende Theile/ H. Reymund/ und H. D??? [352] ???nwert/ in Ausfuehrung dieſer Frage: Ob ein langes/ oder kurtzes Le= ???n zu wůnſchen?2. R. Dieſe Frage hanget noch an vorerzehlter Geſchichte/ und will ich ???eine Meinung kuertzlich vermelden.ES iſt nichts erſchreklichers und unangenemers/ als der Tod/ und nichts leblichers und behaeglichers als das Leben; daher ſihet man/ daß allen Geſchoepfen die Erhaltung ihres Weſens angeboren/ und den unver= ſtaendigen Thieren ſo viel Verſtand gegeben worden/ ???s ihnen zu Nehrung und Mehrung ihrer Geſchlechte vonnoeh= ???n iſt. Ein jedliches Kraeutlein/ ein jedes Koernlein/ ein jedes ???luemlein ziehet ſoviel Erdenſaft an ſich/ als zu ſeinem Wachs= ???um erfordert wird/ und laeſſet ſich ſolches nicht uebel verglei= ???en mit der Liebe/ welche ein ieder Menſch ihm ſelbſten zu tra= ???n und zu erweiſen ſchuldig iſt/ daher ſagt die Schrift: Wer hat ???als ſein eigen Fleiſch gehaſſet? er nehret es/ und wartet ſein. Warům? [353] weil ihm ſein Leben lieb iſt/ und welcher es verachtet/ oder ſol??? ches durch ſeine eigene Moerdershandabkůrtzet/ der iſt elende??? als ein dummes Thier; und auſſer allem Zweiffel des ewigen To??? des wehrt. Solche natuerliche Neigung zu leben iſt dem Men??? ſchen/ alsde ̅ aller edelſten Geſchoepf/ ſo vielkraeftiger eingeſchaf??? fen/ ſo viel mehr an ihm als an andern Thieren gelegen iſt/ und ſ??? viel ſchmertzlicher ſeine Seele von dem Leibe ſcheidet/ und ſich ſein Weſen allein in irdiſches und himmliſches abſondert. Lan??? leben bildet ihm etlicher Maſſen vor die Ewigkeit ſeines Ge??? ſtes/ der aller Vollkommenheit faehig iſt/ welche er ohne lang??? Zeit/ und vielmuehſame Erfahrung aller Wiſſenſchaften nicht e??? halten/ und dardurch andern zu einem Beyſpiel und Tugendſpi??? gel dienen kan. Geſetzt nun/ es were ein kurtzes Leben zu wue??? ſchen. Was haetten wir der Aertzte vonnoehten/ deren Raht unſ??? Leben verlaengern ſol? Waruem iſt zu einem Gnadenlohn lange??? Leben verſprochen worden denen/ welche Vater und Mutt??? [354] ???hren? So wuerde dem Ubelthaeter der Tod keine Straffe/ ſondern ???ne Belohnung ſeyn. Unter den Baumen werden die Palmen/ ???Eichen und Erlen hochgehalten/ weil ſie alt werden/ wie unter ???en Menſchen die grauen Haeubter. Unter den Thieren ſind Ad= ???r/ Elephanten/ Hirſchen und der Phoenix fuer wuerdiger zu ach= ???n/ als die Mukken oder Heuſchrekken/ welche nicht alten/ und ???eine Jaehrung erreichen. Schlieſſe deswegen/ daß ein langes ???eben/ welches doch gegen der Ewigkeit und der vielnutzlichen Kunſt| Erlernung ſehr kurtz iſt/ dem ftůhzeitigen Tod weit vor= ???ziehen.3. J. Die Meinung iſt wol angefuehrt.4. D. Wie alle Menſchen durch natůrliche Reitzung lang ???u leben begierig/ ſo ſolten ſie doch als verſtaendig vielmehr das ???Ende ihres Elends/ als deſſelbe ̅ Verzoegerung/ erwuenſchen. Wan ̅ ???e kurtze Thorheit/ und die wenigſten Suendenfehler viele ̅ vorzu= ???ehen/ ſo haben wir ja die Mittel derſelben nicht zu wuenſchen/ [355] wie ein Waſſerſuechtiger die Urſach ſeiner Krankheit. Solches??? haben ihrer viel unter den Heyden erkennet/ und ihnen des Le= bens Ungemach aus Großmuetigkeit abgekůrtzet/ daher Seneca (Mors opti- mum Natu- ??? inventu ̅ .) den Tod der Natur vortraeglichſte Erfindung nennet/ und Job??? den Tag ſeiner Geburt verflucht/ weil der Menſch muß ſtetig im??? Streit leben/ und ſeine Zeit iſt/ wie eine Tagloehnerszeit. Wer??? wolte/ ja wer ſolte dann nicht die Siegszeit/ und den Ruhabend??? wuenſchen? Wir beſitzen ja hier nichts/ was mit der ewigen Freu= de zu vergleichen: alle Gueter ſind falſch/ betrueglich und mit vie= len boeſen Zufaellen verbunden/ daher jener Weiſe Urſach genom= men zu ſage ̅ : daß kein Menſch vor ſeinem Tod gluekkſelig zuprei??? ſen. Alle Weltgeſchoepfe mißbraucht der Menſche ̅ ſeinen Eitel??? keiten/ und were vielen beſſer/ daß ſie mit Judas nie geboren wo??? den/ oder daß ihnen ein Muehlſtein in dem tieffen Meer den To??? braecht/ als daß ſie in ihren Suenden beharren/ und ewig verder??? ben. Unſer Leben fangen wir mit Threnen an/ vollfuehren es mi??? [356] Sorgen und Ungemach/ enden es mit Schmertzen und Betrůb= ???iß. Darum hat GOtt der HERR den Enoch aus ſondern ???naden hinweggenommen/ wie auch Eliam auf einem feurigen ???agengen Himmel holen laſſen/ damit ſie von der Gottloſen Menſchen Gemeinſchaft abgeſondert wuerden/ und der H. Apo= el Paulus ſchreibt/ daß er Luſt habe abzuſcheiden. Wann wir ???ſern natůrlichen Neigungen wollen Raum geben/ ſo werden ???ir ein Leben fuehren/ wie das unvernuenftige Viehe; da hingegen ???ir leben ſollen wie die reinen Geiſter/ die lieben Engel/ wel= ???en die Seelen in jenem Leben werden gleich ſeyn. Wen ſolte ???n nicht verlangen nach ſolcher Vollkommenheit und auſſer ???m Leibe/ der unſrer Seelen Gefaengſchaft iſt/ zu leben? Wer ???lte in dem Elend nicht wuenſchen/ bald in ſein Vatterland zu ???mmen. Wenn unſer Leben koeſtlich geweſen iſt/ ſo iſt es Muehe ???d Arbeit geweſen; ja/ die Wiſſenſchaft/ wegen welcher wir ???ng zu leben wuenſchen ſolten/ iſt nicht der geringſte Antheil ſol [357] ſolcher Arbeit/ und iſt doch nichts Neues unter der Sonnen. Die alten Geſchichte werden durch neue Perſonen aufgefůhrt. Was aber die Tugend anbelangt/ ſo ſind wir derſelben in der unſchul= digen Kindheit am allernaehſten/ maſſen die Laſter ſich mit den zuwach ſenden Jahren mehren.5. J. Bevor nun Herr Veſpafian das Urtheil faellet/ wird er der be??? den Jungfrauen Bedencken hoeren.6. A. Die Frage iſt: Ob ein langes oder kurtzes Leben zu wuenſchen ſey??? Weil das Wuenſchen unſre Tage noch abkuertzen noch verzoeger??? kan/ iſt dieſe Frage faſt ůberflueſſig. Viel leben/ die ihnen To??? wuenſchen/ dergeſtalt/ daß ſie gerne wolten geſtorben ſeyn/ abe??? nicht ſterben: Vielſterben hingegen/ wie jener auf ſein Gra??? (S. Pança mu- ???rte contra ſu volendad.) ſchreiben laſſen: Wider ihren Willen. Wann aber ja eines z??? wuenſchen auferlegt wůrde/ ſolten die Frommen den Tod/ die B??? ſen das Leben wuenſchen.7. C. Es iſt die Frage nicht/ was dieſe oder jene wůnſche??? [358] ???oechten/ ſondern was ſie wůnſchen ſolten. Den Boeſen iſt der ???od zuwuenſchen/ damit ſie durch ihr boeſes Leben kein verfluch= ???s Ergerniß geben; daher jener Gott gebeten/ er ſolte der Sol= ???ten Wůnſche ̅ laſſen wahr werden/ ſo wuerde der Fried bald er= ???lgen: Den Frommen iſt gleichsfals der Tod zu wuenſchen/ da= ???it ſie zu dieſen letzten Zeiten/ in welchen/ wo es moeglich were/ ???ch die Auserwehlten in Gefahr kaemen/ nicht verfuehrt wer= ???.8. J. Nun folgt der Ausſpruch.9. V. Die Frage hat einen doppelten Verſtand: I. Ob andern ein ???tzes oder langes Leben zu wuenſchen? I. Ob ein ieder ihm ſelbſt hohes Alter/ ???er fruezeitigen Tod anwuenſchen ſol? Nach der erſten Meinung iſt auſſer al= ??? Zweiffel/ daß frommen/ und der Welt nutzlichen Leuten langes Leben/ den ???en Tyrannen und ſchaedlichen Menſchen der Tod mit gutem Gewiſſen ???ne gewuenſchet werden Nach der andern Meinung iſt auch auſſer Zweif= ???/ daß ihm keiner aus Ungedult in Creutz und Leiden den Tod wuenſchen/ [359] ſondern denſelben/ nach dem Willen GOttes/ in Glauben erwarten ſol. Es finden ſich aber ſehr viel/ die ihnen wegen eines geringen Unfalls den Tod unbedaechtig wuenſchen/ und wann ihr Wunſch ſolte wahr werden/ wuerden ſie das Wort mit jener Holtztragerin in der Fabel bald wider zurukke nemen. Daß aber ein Chriſtliches Hertz/ aus ſehnlichem Verlangen nach dem Ewi??? gen/ ſeines Lebens Ende wuenſchet/ iſt/ meines Erachtens/ GOtt nicht miß= faellig.10. J. Dieſer Streitfrage ſol folgen eine andre. Weil in dieſem Leben de??? groeſſte Schatz iſt ein guter Freund: umfrage ich/ nach erſtgeuebter Spielar??? zu beantworten/ Ob einer fůr ſeinen Freund das Leben laſſen koenne???11. R. Weil ıch die Wahl/ das Ja/ oder Nein zu verfechten/ wil ich erſtlich eine rechte Tugendfreund ſchafft beſchreiben/ und alsdann meine??? Schluß/ mit dem Jawort/ ausfindig machen.Die Freundſchaft iſt eine Verbindung zweyer frommen gleich gewillten Gemueter/ wie Leib und Seel miteinander verknuepfe ſind. Ich ſage zweyer Frommen/ dann unter den Boeſen kan wo [360] ???ine Gemeinſchaft/ aber keine Freundſchaft ſeyn; maſſen unſer Will ſich zu der Tugend/ wie unſer Verſtand zu der Warheit ???ichten ſol. Wir lieben uns mehr/ als andre/ und nach uns die/ ???elche uns gleichen/ an Sitten/ Alter/ Verſtand/ Geſchikklich= ???eit/ etc. Es iſt aber dieſe Freundſchaft von der Liebe/ ſo zwiſchen Mann und Weib iſt zu unterſcheiden/ und findet nicht Statt/ als ???nter den Tugendliebenden/ deren ſehr wenig ſind. Ich rede von ???ner vollkommenen Freundſchaft/ welche unter zweyen beſtaen= ???iger/ als unter dreyen/ und wird ſolche auch unterſchieden von ???er Kundſchaft derer/ von welcher wir Ehr oder Gewinn hof= ???en: dergleichen Abſehen iſt der Lůgenfreundſchaft gantz zuwi= ???er/ und tragen die Geitzhaelſe und Ehrſuechtigen ihre groſſe ???einde in ihren Hertzen. Es wird auch hierdurch nicht gemeint ???ie Verwand=und Geſippſchaft/ welche eine natuerliche Liebe ???nd Freundſchaft iſt zwiſchen gantz ungleichen Perſonen; als ???em Vater und dem Sohn/ dem aeltern und juengern Bruder/ etc. [361] Die Tugendfreundſchaft iſt die loeblichſte Wolluſt in dieſem Le= ben/ die Hueterin der Gemeinſchaft unter den Menſchen/ die (Archytas Ta- rentinus.) Troeſt=und Helfferin in den Noehten/ und die Theilhaberin un= ſrer geheimſten Gedancken. Daher ſagte jener/ daß wenn einer i??? den Himmel ſteigen/ und die Schoenheit der Sonnen/ und alle??? Sterne betrachten koente/ ſo wuerde er keine Freude darob haben??? wann er nicht einen Freund haette/ welchen er ſolches alles erzeh??? len koente. Es iſt eine Gluekkſeligkeit/ andre ſeiner Glůkkſeligkei??? theilhafftig machen: In dem Ungluekk aber bey ſeinem Freund bis in den Tod beſtaendig aushalten.Ein Freund iſt unſers Leibs ein Theil/ und der andre Ich/ wel??? cher unſer aller Nechſter iſt/ den wir lieben ſollen/ als uns ſelb ſten: Wann wir nun das Leben/ wegen unſrer Ehre/ in Gefah ſetzen koennen/ ſo wird auch zulaeſſig ſeyn/ ſolches fuer ſeinen Freun??? de zu thun die Liebe/ mit welcher wir zu ſelbſten hoefeln und der Haß/ mit welchem wir andrer Tugenden anfeinden/ ſo [362] ???rch die Sittenlehre aufgehoben werden/ welches geſchihet/ ???ann wir unſre Neigung von uns voellig ab=und auf unſern ver= ???auten Freund wenden. Es iſt ruehmlich/ ſein Leben fuer das ???atterland laſſen: Das Vatterland aber iſt uns wegen unſrer ???reunde lieb und wehrt; weil wir nirgentwo mehr Freunde/ als ???y uns; und in der Fremde die meinſten Feinde finden. Die Tu= ???ndfreundſchaft iſt noch auf gewinnſuechtigen Nutzen/ noch ???fueppiſchen Beluſten gerichtet; ſondern zielet auf die Ehre/ ???elche wir durch Darbietung des Lebens erlangen koennen/ ???dem wir den beſten Theil unſrer ſelbſten/ nemlich den getreuen ???e und/ bey Leben erhalten. Wir wollen aber unſren Erloeſer/ ???s den vollkommenſten Freund/ betrachten; hat er nicht ſein Le= ???n gelaſſen/ aus bruenſtiger Bruderliebe/ fuer uns ſuendige Men= ???en. Wo iſt uns aber ſolche Nachfolge verboten? Ein Freund/ ???ie er zuvor beſchrieben worden/ kan nichts abſchlagen ſeinem ???eund. Iſt er nun bey ihm/ in nicht mut willig=geſuchter Ge [363] fahr/ ſo wird er ſchuldig Leib und Leben aufzuſetzen/ wie David und Jonathan/ Pithias und Damon/ Achtlles und Patrocles/ und wenn es vonnoehten/ fuer ihn auch zu ſterben. Wer Gefahr/ ohne redliche Urſache/ liebet/ der wird darinnen umkommen; Wen aber die Gefahr betrifft/ Freundſchaft wegen/ der ſol ſich großmuetig erweiſen und den Ausgang GOtt heimſtellen: Er wird es wol machen/ daß die Anfechtung eingutes End gewin= (Rom. 8.) nen/ und alles denen/ die Ihn lieben/ zum Beſten kehren muß.12. J. Nun wollen wir den andern Theil auch hoeren.13. D. Die vollkommene Freundſchaft iſt ſo wenig zu finden/ als der vollkommene Chriſt/ oder der vollkommener Redner/ oder einige Vollkommenheit bey uns unvollkommenen Men= ſchen. Die Natur und die Kunſt ſind bemůhet/ uns in unſerm Zuſtand zu erhalten/ aber niemals uns um das Leben zu bringen. Kein Menſch kan mit gutem Gewiſſen/ ohne dringende Noht/ in den Tod gehen/ er ſeye dann angezogen mit der Kraft aus der [364] ???oehe/ wie die Maertrer; oder von Sinnen und dem Glauben ???ommen/ wie die Verzweiffelten. Das Leben iſt der Grund al= ???r andrer Tugenden/ ein Geſchenk Gottes/ das wir uns noch ???eben noch nemen koennen; ſondern mueſſen erwarten/ bis es der ???bfordert/ welcher es uns aus Gnaden gegebe ̅ hat. Die Freund= ???haft/ das hoechſte Gut unſres zeitlichen Lebens/ wuerde das ???gſte Ubel werden/ wenn ſie uns zum Tod verbinden ſolte: und ???as iſt doch meinem Freund mit meinem Tod bedienet? kan ???h ihm/ wider GOttes Willen dardurch ſein Leben friſten? ???it dem Leben faellet alles/ was wir Menſchen wehrt haben/ ???hin/ Geſundheit/ Staercke/ Schoenheit/ Reichthum/ Freund= ???haft/ etc. gleichwie mit den Baumen/ welcher ausgewurtzelt ???ird/ alle aeſte und Zweige zu Bodenfallen. Wann die Liebe ???s Nechſten wol geordnet ſeyn ſol/ ſo faengt ſie nicht von an= ???er/ ſondern von ihrer Wolthaetigkeit an. Unſer Vatterland ???greifft nicht nur einen Freund/ von welches Treue hier gere [365] det wird/ ſondern Glauben und Gewiſſen/ Weib und Kind/ Haus und Hof/ welches wir mit Lebensgefahr zu verfechten ſchuldig und pflichtig ſind: daß aber einer ſol ſchuldig ſeyn/ we= gen ſeines Freundes Lumpenhandel/ wider einen gantz Unbe= kanden einen Zweykampf/ derin geiſtlichen und weltlichen Ge= ſetzen ſtrafbar iſt/ anzutretten/ und Ehre zu ſuchen in einer ſo ſchaendlichen Sache/ das wird niemand mit guten Urſachen beglauben koennen. Geſetzt/ ich ſehe ein groſſes Stukk/ oder ein Kugel von einem Rohr auf meinen Freund daherrauſchen/ ſolte ich ſchuldig ſeyn mich in den Schuß zu ſtellen? Oder/ ich ſchwimme in einen Schiffbruch auf einem Bret/ und mein Freund begehrt auch darauf/ in Hoffnung ſein Leben zu retten/ ſol ich ſchuldig ſeyn/ wegen ſeiner zu erſauffen? Nein/ keine ſolche Freunde findet man dieſer Zeit. Schlieſſe deßwegen/ daß ein Freund ſchuldig iſt/ beſten Vermoegens ſeinen Freund von der Gefahr abzumahnen: wenn er ſich nicht wil warnen laſſen/ [366] ???ſt er nicht ſchuldig/ ihm beyzuſtehen; ſondern kan ſich der Ge= fahr mit gutem Gewiſſen entziehen/ und iſt nicht ſchuldig/ ſein Leben/ fuer ſeinen Freund zu laſſen.14. A. Dieſer Meinung bin auch ich/ daß ſich die Freundſchaft nicht ???rſtrecke bis in den Tod.15. C. Eine Freundſchaft/ welche ſich endet/ und nicht beharret wie die(Amicitia, quae finire poteſt, non eſt Amicitia, Senec.) Schuldgebuehr etlicher Verbindniß/ iſt keine Freundſchaft zu nennen.16. V. Es iſt zu unterſcheiden die Gefahr/ in welcher ſich zween getreue Freunde befinden: betrifft ſolche ſie beede/ ſo kan der eine mit gutem Gewiſſen ???icht entlauffen/ ſein Leben zu retten/ und den andern in dem Stiche laſſen; ???ondern iſt ſchuldig Leib und Leben bey ihm aufzuſetzen. Wenn aber der eine/ ???hne wichtige Urſach/ die Gefahr ſuchet/ ſo uebertritt er das Tugendziel/ und ???richt alſo das Geſetz wahrer Freundſchaft/ von welchem die Frage aufgege= ???en worden.17. J. Aller guten Dinge mueſſen drey ſeyn. Ich frage ferners: Ob ???ichter dem Schmertzen/ oder der Wolluſt zu widerſtehen. War [367] um ich dieſe drey Fragen aufgebe/ wird hernach zu hoeren ſeyn/ und iſt dieſe letz= te nicht mit Ja/ oder Nein zu beantworten.18. R. Es wird erſtlich zu betrachten ſeyn der Schmertz und dann die Wolluſt. Durch den Schmertzen verſtehen wir kein Anligen/ Betruebniß/ oder Sorgenangſt des Gemůts; ſon= dern den Schmertzen des Leibs/ und zwar den allergroeſten und empfindlichſten; von welchen die Alten geſagt/ daß auſſer ſol= chen alles andre/ was den Menſchen anficht/ in dem Wahn be= ſtehe/ un ̅ daß dieſer allein ein weſentliches Ubel ſeye/ und hierin= nen haben die Thiere etlicher Maſſen einen Vorzug/ welche ſich mit Sorgen nicht belaeſtigen/ ſondern mit jenem Schwein die Kleyen ruhig freſſen/ indem alles Schiffvolk in groeſſter Gefah??? des Schifbruchs/ zwiſchen den Felſen/ daherſchweben/ abe??? doch/ nach dem die Kleyen ein Ende/ gluekklich in den Hafen ein??? lauffen. Hingegen wollen wir auch die Wolluſt in ihre Uber??? trefflichkeit ſetzen/ und ein ſolches Leben dardurch verſtehen??? [368] ???elches nach allem Wunſch deſſen/ der es beſitzet/ nechſt Be= ???uſtigung des Gemůts/ die Hůlle und Fůlle hat. Wenn nun Schmertz/ als ein Ubel/ die Wolluſt aber/ als etwas Gutes/ be= ???rachtet wird/ iſt auſſer allem Zweiffel/ daß wir ſo groſſes Ab= ???cheu vor jenem/ als Neigung zu dieſem tragen werden. Beedes ???ndet ſich aber mehrmals beyſammen/ und in einem krancken Leib erſcheint ein freudiger Geiſt; Mancher hingegen iſt wol ???uf und Traurens voll. Daher dichtet jener Griechiſche Poet/ ???aß zwey Gefaeſſe weren/ das eine voll bittern/ das andre voll ???ſſen Getranks/ dieſe beede miſche Jupiter untereinander/ ???nd traenke die Menſchen darmit. Wenn man nun den Schmer= ???en und die Wolluſt auf eine gleiche Wage legen koente/ wuerde ???ewiß der Schmertz viel ſchwerer ſeyn/ weil er das Weſen des Menſchen verderbet/ als die Wolluſt/ welche ihn zu erhalten ???heinet. Viel ſind vor Traurigkeit/ viel in leiblichen Schmertzen ???eſtorben: aber wenig werden/ aus ůbermaeſſiger Freude/ die [369] Welt geſegnet haben. Der Schmertz machet viel den Tod/ als deſſelben Ende/ verlangen: Die Freude machet den Menſchen ſein ſelbſt vergeſſen. Wenn man von dieſen beeden redet/ als von einem Fluß/ der nicht aus ſeinem Geſtatte weichet/ ſo iſt der Schmertz ſo viel empfindlicher und laenger daurend/ als die ſchnelle Wolluſt. Seneca ſagt/ daß die Tapferkeit eines Helden anch auf dem Krankenbette zu erſehen; ſonderlich aber auf dem Sterbplatz/ da wir mit den allerhefftigſten Schmer= tzen ſtreiten mueſſen/ indeme das oftſtarke Hertz zu brechen ver= weilet. Dieſe Schmertzen ſind eine Straffe der Suenden/ und noetigen viel zur Froemmigkeit/ da hingegen das Wolleben zu allen Laſtern verleitet. Schlieſſe alſo/ daß der Schmertz de??? Gewaeltiger unſers Verſtands; die Wolluſt hingegen eine Lieb koſende Betruegerin/ welcher Bitten leichter zu widerſtreben/ als dem beharrlichen Gewalt.
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19. D. Daß die Wolluſt viel ſtaerker/ als der Schmertz/ er= ???ellet daraus/ weil ſo gar wenig derſelben widerſtehen moegen. ???avid und Salomon haben ſich von den fleiſchlichen Begier= ???en ueberwaeltigen laſſen/ welche doch viel Schmertzen ueber= ???inden/ und ſagt jener Kirchenlehrer recht/ daß es ſo ein groſ= ???s Wunder/ daß Joſeph ſeine fleiſchliche Begierden bezwun= ???en/ als/ daß die drey Maenner in dem Feuerofen unverſehret ???eblieben. Jovius erzehlet/ daß zu unſrer Vaeter Zeit Papſt Leo ???er zehende vor Freuden geſtorben/ als er gehoert/ Meiland ???ere eingenommen worden. Sinas/ des Tůrkiſchen Schiff= ???eers Fuehrer/ iſt vor Freuden geſtorben/ als er ſeinen Sohn/ wel= ???en er todt vermeint/ widerum gefunden. In den Schmer= ???en troeſtet uns die Hoffnung; in der Wolluſt werden unſere ???inne gantz bezaubert/ daß wir unbedachtſam verfahren/ und GOtt und aller Erbarkeit darbey vergeſſen. Daher erzehlet ???an von einem Wanderer/ daß das boeſe und gute Wetter eine [371] Wette gethan/ welches ihm den Mantel nemen koenne: Als das boeſe Wetter ihn mit Froſt und Regen ůberfallen/ hat er den Mantel um ſich gehůllt/ und an ſich gezogen: als ihn aber de??? Sonnenſchein erhitzt/ und abgemattet/ hat er ſich zu ruhen ni= dergeſetzet/ und den Mantel fallen laſſen. Es iſt auch meıne??? Meinung das alte Sprichwort/ welches ſaget/ daß ſtarke Bei= ne ſeyn můſſen/ welche gute Tage ertragen ſollen. Der weiſe Ariſtoteles hat die Eigenſchaft der Wolluſt wol betrachtet??? als er geſchrieben/ man ſolle nicht ihr Angeſicht/ ſondern ıhre??? Rukken anſchauen; ſie ſey gleich den Pſyllen/ welche die Men??? ſchen durch das Lob bezauberen. Schlieſſlich wie die offene??? Feinde nicht ſo gefaehrlich/ als die heimlichen/ ſage ich noch mal/ daß der Schmertz viel ſchwaecher und weniger gefaehrlich als die ſchmeichlende Wolluſt.20. A. Es were gut/ daß man keines durch Erfahrung prue??? fen ſolte: Doch wann ja eines ſol dem andern vordrukken/ ſ??? [372] ???ermeine ich/ daß es der Schmertz ſeye/ welcher den Menſchen ???r Straffe von GOtt auferlegt wird; da hingegen GOtt der ???ueſtling vergiſſet/ bis ſie ihres Verderbens zu ſpat eintraechtig ???erden.21. C. Der Wolluſt folget der Schmertzen/ aber auf den ???chmertzen folget ſelten die Wolluſt. Wider den Schmer= ???en gebraucht man Artzneyen/ und ſelbe werden durch den ???chlaf unterbroche ̅ / es ſind auch die allerempfindlichſten nicht ???ngwaehrig: Wider die Wolluſt aber bedient man ſich ſelten ???uter Vermahnung/ un ̅ ſieget dieſe Verfuehrerin faſt iedesmals ??? unſrer Schwachheit; deſſwege ̅ man ſie wol hinausſchlieſſen ???n/ wann ſie aber einmal eingelaſſen wird/ ſo hat ſie gewon ̅ en.22. J. Hieraus mag man die Perſone ̅ unterſcheiden: Ein tapf= ???r Mann wird ſich durch ueppiſche Wolluſt nicht ueberwinden ???ſſen/ wie ein Weltlingjener: kan die Schmertzen großmuetig er= ???agen/ welche dieſer fuer unleidlich ausſchreien wird. Zu [373] dem kommet die Auferziehung/ daß etliche hart gehalten/ Hun= ger/ Durſt/ Hitz/ Froſt gewehnen/ da hingegen andre zaertlich von Jugend auf gehalten werden. Hier iſt nun leichtlich zu er= achten/ welcher den Schmertzen/ und welcher den Wollueſten obſigen moechte. Uber dieſes iſt auch des Leibs Beſchaffenheit zu gedenken/ welche keinen geringen Unterſcheid in dergleichen Neigungen machet.

Veſpaſian.
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ES iſt von des Menſchen Leben/ von der Freundſchaft/ von de??? Schmertzen und Wollueſten gehandelt worden. Solte ma??? hierueber drey Andachtsgemaehle ausdichten koennen?2. R. Uber die Frage von der Freundſchaft oder Liebe Go??? tes hab ich unlangſt ein Gedicht zu Papir geſetzet/ welches ich ableſen/ und der loeblichen Geſellſchaft Gutachten darueber vernemen will.
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Hohelied 2/16. und 7/10.Mein Freund iſt mein/ und ich bin ſein: Mein Freund iſt((VII. An= dachtsge= maehl.)) ???ein/ und er haelt/ (oder wendet) ſich auch zu mir.Durch die Perſonbildung des Monds/ welcher hier redend ein= ???efuehret wird/ wird bedeutet/ daß es den Seelen gefaehrlich/ wann ſie ???re Liebe/ welche ſie GOtt und dem Himmliſchen ſchuldig/ der Er= ???en zuwenden.
ICh bin nicht ſonder Liecht/ wann ich verdueſtert ſcheine/ ich bin nicht ſonder Lieb’/ obgleich die Wolken weine/ ſo ſchwebet unter mir: Ich hab mein Angeſicht der Sonnen zugekehret/ ???ie meiner Stralen Glantz ernehret und vermehret/ als meines Liechtes Zier.
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Dir ſchnoedes Erdenland will ich nicht mehr gefallen/ mit dir/ O Suendenmeer/ will ich nicht laenger wallen. Schau doch mein Angeſicht/ das ich/ mit vollem Schein/ dir neulichſt zugewendet/ iſt nun mit ſchwachem Blikk/ der Sichel gleich geblendet/ und weiſet wenig Lıecht. Vor hab ich meine Kraft dich/ Erden/ machen pruefen/ ich hab auf Kraut und Gras die Fruechte laſſen triefen/ ſo alles Wachsthum haegt. Nun hab ich meine Lieb der Sonnen Glantz ergeben/ ich will allein nach ihr/ und ihren Stralen ſtreben/ die meine Lieb’ erregt. Hinweg/ O Erdengunſt/ O Dunſt/ du pflegſt zu ſteigen benebelt Wolken an/ du ſolſt mich nimmer neigen von meinem Bruderfreund/
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???er mit und neben mir des Meeres Bruſt geſogen/ ???in bin ich/ er iſt mein/ mir iſt mit Lieb gewogen/ der mich nun gantz beſcheint.3. J. Kurtz und gut/ ja weit nach ſinniger/ als man Anfangs meinet.4. D. Von dem kurtzen und langen Leben/ deſſen Zehrpfennig die Hoff= ???ung und Gedult iſt/ will ich leſen/ was mir unlangſt bey gefallen. Das Ge= ???aehliſt ein Kindlein/ welches einen Feuerſtein an einen Anker (die Abbildung ???r Hoffnung) ſchlaeget.??? Rom. 13. v. 4. Durch Gedult Hoffnung haben.((IIX. An= dachtsge= maehl.)) Daß der Menſch ueber dieſes Lebens harten Zuſtand ſich nicht klagen/ ſondern gedultig auf das Ewige hoffen ſol.
WAs traurſt du meine Seel’ und klagſt ob viele ̅ Plagen/ machſt dir gekraenktes Zagen: Iſt alle Hoffnung aus? iſt alle Lieb erſtikkt? iſt alle Flammdahin? fang deinen ſchwachen Sinn! ???au ob mit einem Bild dich die Natur erquikkt.
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Der Winter feſtet alls/ die Erd iſt Felſenhart/ das Waſſer Spiegelart: doch wird der frohe Lentz mit Wunder unter Winden den milden Erdenſtaub mit friſchem Gras und Laub begruenen/ und der Bach die ſchlanken Weg entbinden. Der Stein/ der Kieſelſtein/ der rauh und Eiſenkalt/ iſt ſchroff und ungeſtalt/ haelt in ſich eine Glut und Flamme/ welche hitzet/ die durch den harten Stahl/ mit Schlaegen ohne Zahl/ der ſchnellen Funken Glantz beharrlich von ihm blitzet. Ich wurde von dem Meer geworffen an den Strand/ erfroren auf dem Sand/ ohn Hofnung/ ohne Feuer/ auf nicht bewohnten Wegen/
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ohn aller Menſchen Troſt/ erkaltet von dem Froſt/ ???muedet von dem Meer/ durchfeuchtet von dem Regen. ???as Wetter heitert ſich: den Schwefelſtriemen Stein/ ergrief’ ich gantz allein/ ???nd ſchluge lang und viel an meines Ankers Spitzen/ bis daß ich eine Glut/ mit hertzerfreutem Mut/ ???h ein geduertes Holtz/ in ſchnellem Nu/ erhitzen. ???ie Hoffnung und Gedult heilt uns in groſſer Noht/ haelt bey uns in dem Tod. ???nd wann es manchmal ſcheint/ all’ Huelffe ſey verlohren/ laeſſt Gott den Gnadenſchein gleich hier aus kalten Stein ???ellen/ daß uns dunkt/ wir ſeyen neugebohren.
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5. D. Ich will meine Gedanken von der geiſtlichen Wolluſt auch hoere??? laſſen. Das Gemaehl iſt ein Kindlein/ welches einen Ballon aufblaeſſet.Rom. 5. v. 6.((IX. Andachts gemaehl.)) Die Liebe GOttes iſt ausgegoſſen (daß wir ſie reichlich fuehlen) durch den H. Geiſt/ welcher uns gegeben iſt.Daß der Gottliebenden Seelen Wuenſchen ſeye mit GOtt ge??? ſaettiget zu werden/ als in dem ſie lebet und iſt.(Hohelied 1.)
CY gedenke mit Verwundern/ warum der Verliebt ſaget: Meine Schoene/ meine Liebſte/ kueſſe mich doch mit den Kuß deiner Honigſueſſen Lippen! Nichts mir in der Welt behaget ueber Mund und Hertzens ſchluß.
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???ol/ ſie lebet durch ſein Leben/ wird von ſeinem Geiſt beſeelet/ ???er Geiſt zwir vereinten Munde/ bindet gleich gewillten Sinn/ ??? welchen keine boeſe Lueſte/ und die Sůndbegierde quaelet: ſie ſind nicht mehr zwey forthin. ???ie lag in dem Roſengarten/ als die Winterzeit vergangen/ ???s die zarten Mayenblumen und der Reben Aug erneut/ ??? als der Feigenbaume Knoten friſchen Saft und Kraft em= pfangen/ und der Felder Welt erfreut. ???tehet auf ihr Weſtenwindelkom ̅ t durch wehet meinen Garten/ ??? und entweicht ihr Norden ſtůrmer/ kueſſet die Granaten= frucht/ ???ſet mich auf eure Sůſſe nicht mehr mit Verlangen warten/ weil euch meine Liebe ſucht! ???ſo wuenſchte dieſe Schoene mit gantz Engelreinem Hertzen/ ???indem ſie des Himmesl Milde fůhlte mit ſanftſtillem Luft/
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welcher ihre Bitt vergnueget/ und ermiltert ihre Schmertzen/ durch den holden Nardentuft. Sie war vor in Lieb’ erkranket/ nunmehr iſt ſie gantz geneſen/ Weil ſie nach viellangem Wuenſchen iſt des heilgen Geiſte voll. Nunmehr iſt ſie gantz erfreuet/ die zuvor betruebt geweſen/ weiß nicht/ was ſie wuenſchen ſol. Ich erſehe/ ſonder Wunder/ was die Schoene hat bewogen/ Daß ſie brůnſtig ſtets verlangt ihres Liebſten holden Kuß/ Wie der leere Lederballen/ ohne Luft/ iſt eingeſchmogen/ und entgeiſtert liegen muß: Alſo kleben unſre Seelen auf der elendvollen Erden/ bis des HErren hehre Liebe/ durch den Troſt erfreuten Geiſt ob=und in uns alte Schlaeuche reich wird ausgegoſſen werden der uns |eine Gnade weiſt.
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???arum weil wir ſind verſtoſſen/ als des Glůkkes groſſe Ballen/ wird uns auch der ſtete Jammer endlich treiben hinden an; ???ie wir iedermann mißfallen/ werden unſerm Gott gefallen/ deſſen Geiſt uns helffen kan. ???lch daß doch zu meinem Hertzen GOttes Antlitz wer gerichtet und daß ich mit ihm erſaettigt/ mit ihm voellig werd vereint. Ohne dieſes Geiſtes Leben bin ich tod und hingerichtet/ ja mir ſelbſt mein aergſter Feind.6. V. Folgendes hab ich in einer Krankheit ausgedichtet/ wann es der ???eſellſchaft gefaellig/ will ich es ableſen.7. A. Es iſt leıchter zu hoeren/ als dergleichen Erfindungen nachzu= ???achen.8. V. Der Spruch ſtehet Job 12. v. 12.Meine Tage ſind vergangen/ meine Anſchlaege ſind zertren ̅ et/((X. Andachts= gemaehl.)) ???ie mein Hertz beſeſſen haben/ und haben aus dem Tage Nacht ???emacht/ und ich hoffe nach der Finſterniß das Liecht zu ſehen.
|| [383]
Wann an einem ausgeloſchenen Liecht noch ein Fuenklein klim??? met/ kan es leichtlich von darobſchwebender Flamme wiederum an??? gebrennet werden. Warum ſolte dann der Menſch an der Goettl??? chen Liebe Chriſti/ (der ein Liecht zu erleuchten die Heyden in d??? Welt kommen) verzweiffeln?

Todenlied.
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1.
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WAnn ich gedenke/ daß der Tag vergangen mit der Sorgenplag’/ und mein’ Anſchlaege gantz zertren ̅ et/ ſo ſag’ ich; wer hat mich beſeſſen/ ja ůbernachtet und vergeſſen/ wer iſt/ der nun mein Hoffen kennet? wer ſiht das Leid/ ſo Mark und Bein durch brennet?
|| [384]

2.
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Mein Lebenslauf iſt nun dahin/ es naht des Todes Anbeginn/ die Finſterniß hat mich umgeben: die Threnenflut hat ausgeleſchet/ ſo ſtetig meine Wangen waeſchet/ der Augen Liechtſamt meinem Leben/ ihr Sterne laſſt ob mir die Silberſtralen ſchweben.

3.
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So mancher Schmertzen ueber Laſt/ hat meines Leibes Kraft gefaſt/ und weilt mich langſam hinzurichten. Ach Tod/ eil doch/ indem du flieheſt/ und deines Pfeiles Schuß verzieheſt/ wilt du mich gleich dem Weitzen ſichten? ſol mit dem Leib die Seel in Ungedult vernichten?
|| [385]

4.
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HERR du biſt ueber mich ergrimmt/ ſchau/ daß in meinem Hertze glimmt ein Dacht und Fuenklein von den Flam ̅ en/ das ich bisher erhalten hab: Nunſpuehr’ ich wol von obenab ein Liecht nicht von der Erdenſtammen/ das den erloeſchten Geiſt entzuendt und haelt zuſam ̅ e???

5.
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Ob ich/ GOTT/ Erd/ und Aſchen bin/ wirffſt du mich doch nicht von dir hin/ wann ich den Glauben kan erhalten: du leſcht nicht aus den kleinen Dacht/ den dir mein Hertz hat hiergebracht. Du wolleſt gnaedig ob mir halten/ daß meine Lieb zu dir moeg nimmermehr erkalten!
|| [386]
9. R. Aus dem Spruch Pauli/ an Titum 2. v. 13.Wir ſollen warten auf die ſeelige Hoffnung/ und die Erſchei=((XI Andachts gemaehl.)) ???ng der Herrlichkeit des groſſen Gottes vom Himmel/ etc.???e ich zum Gemaehl ein Lauffſchiff/ welches wider den Strom gezogen wird/ ??? fuege an folgende

Erklaerung.
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DAs reichbeladne Schiff wird an dem Sail gezogen mit ůberlaſter Sohm/ auch mehrmals wider Strom/ es faehrt durch krumme Weg’/ und mancher Bruekken Bogen: ???ch kan des Windes Trieb auch dienen zu den Sachen/ wann durch das Wellenfeld hin in die neue Welt ???ſchiffen/ wůrde man des Sails und Pferdes lachen.
|| [387]
(Occidens.) Dortwo das Aug der Welt entſchlaefft in fernem Lande ruht ob dem Flutenvolk die blaue Himmelswolk. Ein Schiff/ der Schachtel gleich/ ſchwebt ſonder Anker Bande??? Das ſchwache Fiechtenhaus verworffen von den Winden/ ein Pall des Ungeluekks erwartet des Geſchikks/ Bey Steuer/ Segel/ Maſt iſt keine Huelff zu finden. Der Hafen und das Land ſind leider laengſt entſchwommen/ wer darauf hoffen wil/ iſt ferne von dem Ziel und wird nach ſeinem Tod erſt an das Ufer kommen. Was iſt der Schiffer Troſt/ wann ſie in Noehten ſtehen? ſie hoffen/ daß geſchwind ein langerwuenſchter Win??? durch Gottes milde Gnad/ entſtehe von den Hoehen.
|| [388]
???hr Menſchen lernet hier/ auf wen ſich zu verlaſſen/ wann wir in Noehten ſind: nicht auf den Erdenwind/ ???er uns treibt von dem Strand/ und auf der Wellenſtraſſen. ???er Schiffer iſt die Seel/ das Schiff des Leibes Krippen/ das in den Threnen ſchwebt/ und in Gefahre bebt/ ???ann ſie mehrmals genaht des Schmertzens Felſenklippen. ???as Hoffnung haben wir? wo kan man Troſt erlangen? nicht von dem Erdenland/ nicht von der Inſel Strand: ???om Himmel mueſſen wir die beſte Hůlff empfangen. ???er ſueſſe Sudenwind/ der ſanffte Geiſt der Gnaden/ wendt alls zu gutem End’ und wer das in ſich kennt/ ???m wird des Satans Sturm nur zeitlich koennen ſchaden.
|| [389]
10. D. In der H. Schrift iſt eine ſchoene Poetiſche Beſchreibung de??? menſchlichen Leibs/ und des herannahenden Todes/ welches ich mich erinne??? durch beruehrte Gleichniß von dem Schiffe und des Leibs.11. C. Der Herr leſe es ab/ dann ich wol ſihe/ daß er ſolches Gedicht b??? reit verabfaſſt.12. D. Der Prediger Salomon ſetzet in ſeinem zwoelfften Capitel hie??? von eine

Erinnerung des Tods an die Lebendigen.
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DEr du noch die grůnen Jahr’ in dem Lentzen dein??? lebeſt in der Sicherheit/ (Ze??? denk an deinen lieben GOtt/ der dich Menſchen h??? erſchaffen nicht mit wilder Thiere Waffe??? ſondern voller Freundlichkeit/ Er hat dir die Seele geben/ welche dort wird ewig leben.
|| [390]
???enk/ ach denk an deinen Gott! eh die boeſen Martertag’/ Angſt und ſchwere Jammerplag ???aehen/ welche nimmmer nicht deinem kranken Sinn gefallen/ ſchau die ſchnellen Stunden wallen und es kommt die ſpate Klag: ???eh mir armen ſchwachen Alten/ wer mag meine Tage halten: ???enk/ ach denk an deinen Gott/ eh die Sonne/ der Verſtand und der Mond des Willens Thand/ ???/ ſo mancher Sternen Flamm/ das Gedaechtniß und Ge= danken gantz verfinſtert dueſter ſchwanken/ nechſt des ſchwachen Magens Band. ???ann der Duenſte Wolken ſteigen/ und der Flueſſe Regen neigen. ???enk/ ach denk an deinen Gott/ eh die Hueter in dem Hauß deine Sinne/ ſetzen aus
|| [391]
und erzittern ſonder Krafft/ eh die marmolſteinen Seulen/ Haend’ und Fůſſ’ ohnmaechtig eilen ſich zu kruemmen/ wie ein Strauß/ und die Zaehn in kleinen Zahlen/ mueſſig/ oder wenig mahlen. Denk/ ach denk an deinen GOtt/ wann der Fenſter helles Liecht und der Augen Glantz gebricht/ wann des Mundes rote Thuer wird geſchloſſen auf den Gaſſen/ und gehemmt die Muellerſtraſſen/ daß die Stimm’ erklinget nicht/ und die Rede wird erzwungen mit faſt ausgematter Zungen. Ach gedenk an deinen Gott/ wann der Vogel Morgens frue dich wekkt aus des Schlaffes Ruh’ und die Toechter des Geſangs mit vor ungewohntem Summe??? Ohren goellen/ ſtetig brummen/ und der Schwindel ſchlaegt darzu/ (beugen??? daß du nicht mehr hoch kanſt ſteigen/ und dich muſt zur Er???
|| [392]
???ch/ gedenk an deinen Gott/ wann dein Haar graut gleich dem Schaum wie die Blůt vom Mandelbaum. ???an ̅ die Stuetzen deines Leibs mit de ̅ ſchweren Bauch belaſtet/ der ſo lange Zeit gemaſtet/ wie der Heueſchrekken Gaum. ???ann dein Sinn im Trauren ſtehet/ und dir aller Luſt ver= gehet. ???ch/ gedenk an deinen Gott/ eh die Ader in dem Rukk reiſſt als Strikk’ in manche Stukk ???d das Mark die Silberquell’ in dem letzten Nu veraechtzet und der Blaſen Eimer laechtzet/ vor des Magens Rade drukk/ ???in Laut muß als Staub zerfallen/ und dein Geiſt zum Hoech= ſten wallen.
|| [393]
Denk/ gedenk an deinen Gott/ wan ̅ du ſihſt ein Todenhaubt/ welches Haar’ und Haut beraubt: Kanſt du wiſſen/ weß es ſey? kanſt du an der Stirne leſen/ wer ſein Traeger ſey geweſen/ (Calve quis fu- iſti?) nun der Leichnam liegt zerſtaubt? Nach dem Tod ſo werden gleichen arme Leute reichen Leichen???13. V. Dieſes kan vielmehr eine Poetiſche Beſchreibung des ſterbliche Menſchen/ als ein Andachts gemaehl ſeyn.14. R. Ich will noch eines hoeren laſſen.(c. 2. v. 1. (XII. An= dachtsge= maehl.) Der Prophet Habacuc ſagt alſo: Sihe/ ich ſtehe auf meiner Hut??? und trette auf meine Feſte.Hier zu mahle ich ein Kind/ welches unter einem Anker ſtehe??? deſſen Aug ob ſeinem Haubte ſchwebet/ und ſetze darzu folgend??? Ausfuehrung.
|| [394]

???teh doch/ der du deinen Weg geheſt in dem Mueſſiggang! ???eh doch auf dem ſchmalen Steg/ und hoer dieſes Beichtgeſang. Mich haelt hier die Hoffnung auf/ die ſol hemmen deinen Lauf. ???ch war auch vor dieſer Zeit/ in der Jugend frechen Bluet/ ???eich der Winde Fluechtigkeit/ in dem eitlen Thun bemueht/ wie der Spreuer Halmeſchwebt/ hab ich leider auch gelebt. ???un/ nun ſteh ich endlich faſt/ und erwuenſche/ daß auch du/ ???/ der argen Welte Gaſt/ ſtelleſt dich in gleiche Ruh’. Auf der Hoffnung Himmelsplan weicht der ſchnoeden Erden Wahn.
|| [395]
(Auguſt. in Confesſ. Domine non cognovi te in vanitate ju- ventutis meae) Ach/ daß ich ſo manches Jahr/ ohne dich getreuer GOtt/ hab verlohren/ in Gefahr der beliebten Suendenrott! Ach! ich war von DIR getrennt/ weil ich DICH nicht recht erkennt! Aber DU/ der DU die Welt haſt ın deiner Gnadenhand/ der du dieſes Himmels Feld/ und der wilden Wellen Band/ ja der gantzen Erden Kreis haeltſt und traegſt zu deinem Preis: hieltſt auch hertzlich ueber mir/ und ob meinem Haab und Gut??? DU hieltſt mich ja fuer und fůr unter deiner Vaterrut/ daß ich nicht gefallen bin in verkehrten Suendenſinn. Deine Rechte hielt auch mich/ der ich als ein ſchwaches Kin??? bin gelauffen hinterſich/ wie das unbejochte Rind/ daß ich auf dem Irreweg nicht verfehlt der Tugendſteg’.
|| [396]
???uf mir unbekante Bahn haſt du meinen Fuß geſtellt/ ???aß ich nun beſtehenkan in der Hut/ die dir gefaellt: Da die ſchoene Hoffnungskron giebt des Glaubens Gnadenlohn. ???ann dir/ Weltling/ nicht beliebt dieſe Kron und ſie verachſt/ ??? haſt du dich ſelbſt betrůbt/ der du nach der Hoellen trachſt: So geh/ geh nur immmer fort/ von dem auserwehlten Ort. ???ieſer Treue Trauering iſt der Hoffnung ſchwerer Laſt/ ???er dich dunket ſo gering/ hat mir Haubt und Hertz umfaſſt/ daß ich mit GOTT ſicher ſteh’/ ob die Welt gleich untergeh’. ???oer/ der Ring iſt ſonder End’ als das Pfand der Ewigkeit; Er iſt mir hier zugewendt und troeſt mich in allem Leid: Er kroent meiner Seelen Haubt/ wann der Tod das Leben raubt.
|| [397]

Angelica.
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ES iſt unter andern auch Meldung beſchehen von Schertz= un??? Hofreden/ und wie ſolche unter gewieſe Titel zu verfaſſen/ ange??? wieſen worden: Weil wir aber in Wiederholung und Ergae??? tzung aller Spiele begriffen/ wird nicht aus dem Wege ſey??? auch vor denſelben Erinnerung zu thun/ und zwar erſtlich z??? fragen: Ob die Schertzreden zulaeſſig oder nicht?2. R. Die Meinung/ welche wir Menſchen haben zu der Freundlichke??? und dem Lachen/ iſt eine Urſache der Liebe/ und der Freude/ welches beede??? das Labſal dieſes elenden Lebens kan genennet werden. Das Lachen iſt de??? Menſchen erkantliche Eigenſchaft/ ſo ihn von allen unverſtaendigen Thiere??? unterſcheidet/ und welche kein Belieben darzu tragen/ ſind unholde Sa??? ertoepfe/ neidiſche Sonderlinge/ welche in allen Geſellſchaften uebel angeſ??? hen/ und ihren einſamen Gedanken mehr nachhangen/ als Verſtaendigen vo??? traeglich iſt/ welche hingegen einen erfreulichen Schertz verſtehen/ einen laeche??? [398] ???chen Poſſen/ ſondern Ergerniß ſagen und hoeren koennen/ werden von ieder= ???an geliebt und gelobt.3. J. Solches iſt zwar angenem/ aber nicht einem ieden wolſtaendig. ???in Gaukkler und Taſchenſpieler machet zwar die Geſellſchaft lachen einieder ???er/ der es im nachthun wolte ſolte billich verlachet werde ̅ . Iſt alſo der Schertz ???tweder in den Worten/ oder in de ̅ Werken/ oder in allen beeden zugleich. In ???n Worten beſtehet der Schertz/ wann ſolche entweder gantz einfaeltig/ oder ???en Inhalt artig verbergen/ oder ſinnreicher unerwarter Erfindung/ etc. ???e Theils iſt gedacht worden: In den Werken/ wann die Perſonen laecherlich ???fziehen in Kleidung und Geberden. Wann einer wolte auf ein Pferd ſtei= ???/ und were des Reitens ſo unerfahren/ daß er auf der andern Seiten wieder ???unterflele/ ſo wuerde man ſeiner lachen: wann er aber ſich zu tod fiele/ von ???m Pferde getretten oder geſchleifft wuerde/ oder ſich ſonſten verwundete/ ſo ???rde man nicht lachen/ ſondern Mitleiden mit ihm haben/ welches Mit= ???en der Freude Gegenſpiel genennet wird. Solte er ſich aber nicht beſchaedi= ??? haben/ wie man erſt vermeint/ ſo wuerde man wieder zu lachen anfangen/ [399] weil uns unſre Neigung mehr darzu traegt/ als zu weinen und traurig ſey??? Solche Beſchaffenheit hat es auch mit den Worten/ wann wir hoeren/ da??? eine Gefahr obhanden/ welche den betrifft/ von welchem man redet/ ſo iſt e??? nicht laecherlich/ wann aber der Ausgang gluekklich/ ſo erfreuet uns ſolche??? und verurſachet angefuegter Schertz ein Gelaechter.4. V. Weil ſehr ſchwer iſt/ in den Schertzen Maß und Ziel zu halte??? wollen ſich ihrer viel nicht an die Anweſenden/ ſondern Abweſenden richte??? Nach groben und groſſen Schwaenken wirfft man gerne um. Wie aber z??? der Muſic/ Mahlerey/ Poeterey und allen Kuenſten/ die in ſeltener Verunr??? higung der Gedanken beſtehen/ die Leute geboren mueſſen werden; alſo bedu??? ket mich/ daß auch die Fertigkeit zu ſchertzen eine ſondere Gabe/ welche nic??? allen gemein/ und mehrmals bey geringen Leuten zu verwundern iſt. V??? ſind gantz ohne Saltz und Froelichkeit/ rechte Trauer= und Sauertoepfe/ die m??? niemand reden/ will geſchweigen/ Schertzwort wechſlen moegen. Viel hing??? (Nen ſine ſale ſed inſulſ???.) gen thun der Sache zu viel/ und wann ſie eine Stocherrede in dem Munde h??? ben/ ſo iſt es ihnen eine glueende Kolen/ die ſie nicht auf der Zungen leiden koe??? [400] ???n. Die Tugend aber zwiſchen ſolchen Abwegen wird von den Lateinern ge= ???nnet Urbanitas, von uns Teutſchen Sittigkeit/ Hoeflichkeit/ Leutſeligkeit/ gu= ??? und freundlicher Geſellſchaft ſeyn/ etc. und gebrauchen ſich ſolcher die Red= ???r/ wenn ſie ihren Zuhoerern mehrere Aufmerkung verurſachen/ oder eine Ge= ???nrede zu verantworten unterlaſſen wollen.5. C. Es reimt ſich auf das Woertlein Schertzen Schmertzen/ vıel=(Facetiae ex vero trahen- tes, acrem ſui memoriam relinquunt. Tac.) ???cht/ weil ſolche nicht ſonder Schmertzen abgehen/ und ein rachgieriges ??? achdenken hinterlaſſen/ wann ſelbe wahr/ oder wahr werden koennen. Ab= ???ſende aber zu ſchertzen/ hat eine groſſe Gemeinſchaft mit dem Affterreden/ ???d Verleumden.6. D. Wann einer befuerchtet/ daß er mit einer Sache geſchertzet wer=(Senec. eripi- enda & prae- ripienda eſt alteri joci ju- cunditas.) ???n wil/ iſt eine Kunſt/ demſelben vorzukommen/ und gleichſam des Scher= ???s Sueſſigkeit aus dem Mund zu nemen. Manchem iſt dieſes laecherlich/ ???anchem eın anders/ und iſt noch niemand erfunden worden/ deſſen Reden ???en wolgefallen moegen. Unter vielen iſt meines Bedunkens die Einfalt [401] eine Urſacherin des Gelaechters/ als welche niemand beleidiget/ und faſt ie??? den beluſtiget.7. A. Der Herr giebt mir Anlaß aufzugeben/ daß ein iedes dieſer Geſell??? ſchaft/ ſol ſchuldig ſeyn eines Einfaeltigen Rede oder That zu erzehlen.8. R. Esbeklagte ſich einer/ er koenne nicht auf den Pla??? ſehen/ weil eine Seule/ ſo nicht ferne von ſeinem Fenſter/ ſol??? ches verhinderte. Darauf gab ihm ein andrer den Raht: E??? ſolte das Fenſter laſſen zumauren/ ſo werde ihn die Seule a??? dem Ausſehen nicht mehr hindern.9. J. Faſt ſolcher geſtalt beklagte ſich ein Bauersmann??? daß ihme die Maulwuerffe auf ſeinen Wieſen groſſen Schade??? thaeten. Dem gab einer den Raht/ er ſolte die Wieſen pflaſter??? laſſen.10. V. Einem Viſcayner gabe ſein Herr einen Zettel/ auf wel??? chem geſchrieben/ wie er das Rephun in der Kuchen zurichte??? ſolte. Esbegab ſich aber/ daß die Katz das Rephun darvon??? [402] ???uge; als ſie nun auf dem Dach ſolches verzehren/ und es/ auf ???in inſtaendiges Bitten/ nicht widergeben wolte/ ſagte er: du ???aſt gleichwol den Zettel nicht/ nach welches Ordnung man ???eſen Vogel zurichtenſol.11. C. Ein Schweitzeriſcher Geſandter wurde von dem Abt ??? S. Gallen gefragt: Ob ſeine Hausfrau wol auf? Wieviel er ???inder/ etc. Nach Beantwortung dieſer Fragen/ wolte der Ge= ???dte deßgleichen thun|/ und fragte widerum/ wie ſich des ???errn Abts Gemahlin gehabe/ wieviel er Kinder/ ob ſie alle ???oß/ etc.12. D. Dergleichen Urtheil hat auch ein Schweitzeriſcher ???eſandter gefaellt/ als er zum Richter eines Turniers zu Mei= ???d von Grafen von Fuentes aufgeworffen worden/ und man ???n geſagt: daß der Ritter N. die Lantze gebrochen/ und er ???antwortet: hat er die Lantze zerbrochen/ ſo muß er ſie zahlen.
|| [403]
13. A. Ein Schwab trug ein Bokksfell zu dem Schneide??? er ſolte ihm Hirſchlederne Hoſen daraus machen. Eben ſo??? cher ſaeete Nadeln aus/ der Hoffnung/ es ſolten eiſerne Zaunſtek??? ken daraus wachſen/ etc.14. R. Alſo ſolte man unter die Titel der Schertzreden auch dieſen vo??? der Einfalt ſetzen/ und darunter alle dergleichen Begebenheiten ſchreiben.15. A. Ich erinnere mich/ daß wir von den Hofreden/ und wie dieſelb??? unter gewiſſe Titel zu richten/ zu andrer Zeit angehoeret.

Reymund.
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MEin Spiel ſol ſeyn vom Lob des Unbelobten; der geſta??? daß iedes eine Sache benennen fol/ deren Lob die andern a??? der Reyen zu erzehlen ſollen ſchuldig ſeyn.2. J. Wann es nur eine bekante Sache iſt/ daß wir d??? von wiſſen.3. R. Es ſol meine Aufgabe ſeyn das Lobder zuvor unbelobten Feige???
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4. J. Die Feigenblaetter haben unſern erſten Eltern zu einer((Lob der Feigen.) 1. Moſ. 3.) ???ekleidung gedienet/ weil ſie vielleicht an keinem Baumen ſo ???eite Blaetter geſehen/ ihre Bloeſſe zu bedekken.5. V. Die Pflaſter von Feigen haben den Koenig Hiſkiam ge=(P. Zachias in quaeſt. Medi- co-legal p. 3. Eſaiae 38.) ???ilet/ weil ſelber Kraft die Geſchwere lindert/ und die Drueſe er= ???eichet; daher man ſihet/ daß Gott auch durch die Artzney mit= ???bar Wunder thut/ indem er zu geſchwinder Geneſung ſeinen ???egen giebt.6. C. Der Feigenbaum iſt ein Anzeigung des Friedens/ als(1. B. Koen. 4/25.) ???ter welchem man zu ſo guldner Zeit in ſicherer Ruhe ſitzen/ ???d froelich lebenkan.7. D. Die Heyden haben ihre Goetzen allein von dem Feigen= ???ltz gemacht/ weil ſie ſolches hoeher/ als kein anders gehalten.8. A. Die Feigenbaeume ſchlagen leichtlich an/ bekleiben ???der Můhe/ und iſt |ſeine reiffe Frucht ſůſſer als Honigund [405] Zukker; ja ſie iſt lauter Mark/ Kraft und Saft/ daher auch i??? Welſchland die Voegelein welche darvon eſſen/ ein ſehr gutes Fleiſch haben.9. R. Der Feigen Frucht iſt gleich einer Flaſchen/ und bedeu??? tet vielleicht/ daß darzu ein guter Wein gehoere/ welcher de ̅ Ma??? gen widerum erwaerme/ wann er durch die Feigen erkaeltet wor??? den; maſſen Boeſes mit Boeſem zu vertreiben/ wie das Sprichwor??? lautet/ oder vielmehr das Kalte mit dem Warmen zu maeſſıge???10. J. Weil ſolche Sachen ſollen gelobt werden/ welche zuvor unbe??? ((Lob des Durſts.)) lobt und deren Lob weit herzuholen/ ſo will ich aufgeben den Durſt nach ſe??? nen Eigenſchaften/ als der Maenner groeſſtem Feind zu ruehmen.11. V. Der Durſt iſt eine Anzeigung der Geſundheit/ un??? wird mancher Gold und Silber haben/ darbey noch eſſen noc??? trinken moegen.12. C. Wer ſich durſtig zu Betteleget/ ſtehet geſund und oh??? ne Schuld wieder auf.
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13. D. Wie die Liebe in dem Verlangen der Schoenheit be= ???ehet/ und durch den Beſitzer gemindert wird; alſo beſtehet der ???urſt in dem Verlangen zutrinken/ und wird durch ſolches er= ???ttıget. Es iſt aber viel vortraeglicher gar nit/ als zuviel trinken.14. A. Man moechte ſagen/ daß Trinken beſſer ſey/ als Durſt ???iden: Was iſt aber/ das das Trinken beliebt macht/ als eben der ???urſt; und iſt daher abzunemen/ daß die jenigen/ welche oh= ???e Durſt/ und wieder ihr Beliebe ̅ trinken mueſſen/ viel lieber den ???urſt/ als zuviel Wein ertragen wolten. Iſt alſo das Trinken we= ???ens des Durſts zu loben/ wie das Eſſen wegen des Hungers.15. R. Die Natur hat das Waſſer allen frey gelaſſen/ den ???urſt zu leſchen; hat aber nicht allen die Speiſe freygegeben/ den ???unger zu ſtillen. Vielleicht deswegen/ weil der Durſt des ???enſchen erſtes Anligen iſt/ daher die Kinder von den Mutter= ???ůſten trinken/ bevor ſie einiger Speiſſe genieſſen koennen. Als ???ner alte Teutſche an dem Fieber erkranket/ und groſſen Durſt [407] liede/ agte ſein Artzt/ er wolte ihm wol des Durſts abhelffen: E??? aber antwortet/ er ſolte ihm nur des Fiebers abhelffen/ fůr de??? Durſt wiſſe er ihm ſchon eine Artzney zu verſchaffen. Wie dem??? Blinden von der Farbe traumet; alſo traumet den Durſtigen??? wie ſie mit groſſer Begierde trinken/ daher dorten der Poe??? ſagte:
Bald des Tages Liecht verfloſſen/ und die uebermuedte Nacht meiner Augen Ruh geſchloſſen/ laß ich Gott nicht aus der Acht:Dann mir traumet fuer und fuer/ gleich ob nechſt an meiner Thů??? Iſraelis Bruennleinflieſſen/ und mir meinen Durſt verſueſſen/ etc.Iſt alſo ein Durſt zu loben/ ſo iſt es der Seelendurſt nach dem Himm??? liſchen.16. V. Ich giebe auf den Tod zu loben.
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17. C. Der Tod iſt ein End dieſes elenden Lebens/ und hingegen ein An=((Lob des Todes.)) ???g der ewigen Seligkeit.18. D. Der Tod iſt der Menſchen Dot/ der ſie gleichſam aus der H. ???uff erhoben/ und von dem erſten Tag des Lebens zu dem letzten verſehen.19. A. Der Tod iſt ein gleicher und gerechter Richter/ der kein Anſehen ??? Perſon hat/ wes Stands und Alters ſie auch ſeyn moegen.20. R. Jene Frantzoeſiſche Jungfrau Genovefa hat den Tod/ aus Ver= ???gen bey Chriſto zu ſeyn/ ihren Braeutigam genennet/ deswegen ſie alſo re= ???d eingefuehrt werden kan.
???erweilſt du trauter Tod/ verweilſt du liebes Leben? ???ilſt du nicht deiner Braut/ was du verſprochen/ geben? Die Krankheit und der Schmertz iſt nun mein Hochzeit= kleid/ und du/ mein Braeutigam/ haſt mich noch nicht gefreyt. ???h brenn’ in Feuer=Lieb/ ich brenn’ und keine Fluten ???ſcht in meinem Leib ſo heiſſe Liebesgluten:
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An Kraeften bin ich ſchwach/ und in der Liebe ſtark/ die Flamme zehrt in mir und dringt bis auf das Mark. Du haſt/ O wehrter Schatz/ ſchon laengſt um mich geworben/ durch meiner Mutter Mund/ bey Adam/ der verſtorben. Die hochverbottne Frucht war meine Morgengab’ und dieſes Heuratgut der Menſchen Sůndenhab. O ſchoener Schattenmann/ du/ du biſt meine Sonne! O dueſtres Leichenliecht/ du/ du biſt meine Wonne! Wann/ ach wann giebſt du doch mir den verlangten Kuß??? Wann/ ach wann bringſt du mir der Wolluſt Uberfluß. Schau/ deine Jungfrau Braut hat ſich dir gantz ergeben/ und hat in reiner Zucht/ und Ehre wollen leben/ von keinem Mann beruehrt. Der Todengraeber Schar hat zu dem Hochzeitbett’ erkieſt die Leichenbaar/ ja ſie vor langer Zeit beſtreuet mit Cypreſſen/ und du mein Braeutigam/ du/ du haſt mein vergeſſen/
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O Nacht! O letzte Stund! O Angſt! O Todenſchweiß! Ihr ſeyd mein Hochzeitpracht/ ihr folget Ordnungsweis. ???o leuchten zu dem Dantz die gelben Leichenkertzen/ ???d meines Haubtes Schmukk iſt meines Hertzens Schmertzen. Sind die Verliebten bleich in ihrem Angeſicht; ich bin es gleicher Weis/ und meiner Augen Liecht ???thrent der Wangen Zier. Die Lippen vor Korallen ???d weiß und eingeſchrumt/ die Haend’ als Schnee verfallen. Man hoert das Leichenlied/ es folgt der Glokken Klang/ das iſt bey dieſem Feſt das frohe Brautgeſang. ???hr Toechter Solymae/ hoert doch/ was mich betruebet! ???ch wart’ auf meinen Freund/ den meine Seele liebet/ ich ſucht’ ihn bey der Nacht/ in meinem Threnenbett’/ und fand’ ihn leider nicht. Er hat mit einer Kett’ ???feſſelt dieſe Welt. Er reit auf falben Pferden/ ???yt mit der Senſen ab die Voelker von der Erden/
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Er ſcheuſſt mit ſeinem Pfeil den Edlen und den Knecht/ Ihm ſtehet zu Gebot das Mann=und Weibsgeſchlecht. Ach lieber Menſchenfeind/ mein Freund und mein Verlangen! Komm doch/ mich deine Braut und Liebſte zu umfangen. Dir Blinden bin ich ſchoen/ dir Dauben wol beſchwaetzt/ dein Haar entbloeſſtes Haubt iſt von mir hoch geſchaetzt. Komm doch und fuehre mich/ komm/ komm ohn ferner Weilen/ laß mich dein Erdenhaus in dieſem Nu ereilen: dein Haus von Helffenbein ſtillt der Gebeine Pein. Nun Tod ich ſchaue dich/ es muß geſtorben ſeyn! Du nimmſt mich bey der Hand’/ ich folge voller Freuden/ ich jauchtze/ daß ich ietztſol von der Welte ſcheiden. Es endet alle Qual/ es endet alle Noht/ wol mir/ weil meine Lieb’ iſt ſtaerker als der Tod.21. J. Dieſe Erfindung iſt ſehr ſchoen/ und wird darinnen der ſonſt a??? ſcheuliche Tod genugſam herausgeſtrichen. Der Tod an ſich ſelbſten iſt eine??? [412] ???en Frommen erfreulich/ aber die Angſt und Furcht des Todes iſt das/ was ???an das boeſe Stuendlein heiſſt/ welches in einem Augenblikk endet/ indem ???mlich Seel und Leib getrennet werden muß.22. V. Seneca hat den Tod der Natur beſte Erfindung genennet/ weil ???mlich die alten Leute ein gantz unertraegliches Leben fuehren wuerden/ wann ??? gar nicht ſterben ſolten.23. C. Ich bitte die Unhoeflichkeit zu loben.((Lob der Un= hoeflichkeit.)) 24. D. Die Hoeflichkeit iſt die gruendliche Urſach alles Un= ???eils. Adam hat die verbottene Frucht von der lieben Hand ſei= ???er Eva nicht wollen ausſchlagen/ und hat alſo aus Hoeflichkeit ???le ſeine Nachkommen in endliches Verderben geſetzet.25. A. Wieviel haben aus Hoeflichkeit ſich mit Geſundheit= ???uenken in Krankheit/ und um das Leben gebracht?26. R. Deßwegen hat unſer Erloeſer die Unhoeflichkeit be= ???hlen/ wann er geſagt/ ſie ſollen den Staub von ihren Fueſſen(Luc. 10. v. 4.) ???ſchuetteln/ und unterwegs niemand grueſſen.
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27. J. Die Hoeflichkeit iſt ein Feſſelband der Knechtſchaft/ inden??? man eſſen/ trinken und ſchlaffen muß/ nicht wann man will/ ſondern wan??? es andern gefaellet.28. V. Die Hoeflichkeit verurſachet/ daß einem Fuerſten die Warhe??? nie zu Ohren kommet/ und daß Land und Leute deßwegen uebel regiret we??? den/ und alſo iſt die Hoeflichkeit eine Feindin der Warheit/ und eine Freund??? der Unwarheit.29. C. Die Unhoeflichkeit ſchuetzet die Keuſchheit/ die Hoeflichkeit ſetz??? ((Lob der Un= geſtalte.)|) ſie in endliche Gefahr.30. D. Ich giebe zu loben die Unge ſtalte des Leibs/ oder die Heſ??? lichkeit.31. A. Ungeſtalt iſt eine Urſacherin der Keuſchheit.32. R. Ein anders iſt ungeſtalt/ ein anders heſſlich und abſcheulich ſey??? Wer ſo viel Schoenheit hat/ daß man ihn nicht ſcheutzlich nennen kan/ iſt u??? ter den Mannsperſonen ſchoen genug: Eine Jungfrau aber/ die ſo ſchoen/ a??? ein kranker Spanier/ kan zu einer Artzney fuer die Liebe dienen.
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33. J. Die ungeſtalten Jungfrauen ſind in ihrer Verachtung ſicher/ ??? ſchoenen aber vieler Gefahr unterworffen.34. V. Es iſt gewiß/ daß auch die allerſchoenſten in dem Tod ungeſtalt ???den mueſſen; welche es zuvor ſind/ haben Urſach ſich darbey ihrer Sterb= ???keit zu erinnern.35. C. Wann die ſchoenſte Schoenheit in dem Gemuet beſtehet/ ſo kan ???he ſowol in einem ungeſtalten als wolgeſtalten Leibe wohnen.36. D. Ungeſtalt iſt eine Urſach der Demut/ wie die Schoenheit zu ???oltz und Hochmut veranlaeſſt.37. A. Weil Herrn Degenwerts Aufgabe mich etlicher Maſſen betrof= ???/ will ich mich an ihn mit dem Lob der Trunkenheit raechen.((Lob der Trun kenheit.)) 38. R. Die Trunkenheit machet wol ſchlaffen.39. J. Vertreibt alle Sorgen.40. V. Macht froeliche Leute.41. C. Kan zu einer Artzney dienen/ wann ſie ſelten gebraucht wird.
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42. D. In der Trunkenheit iſt bey Fuerſten und Herren of??? mehr zu erhalten/ als durch groſſe Geſchenke und langgeleiſt??? Dienſte.43. A. Die Trunkenheit iſt der Schlueſſel aller Geheimniſſen??? und machet freye Leute/ nach dem Sprichwort/ weß das Her??? voll iſt/ gehet der Mund ueber.44. R. Alſo kan man von allen Sachen widerſinnige Geſpraeche au??? bringen/ und wann man wil alſo Reyenweis das Lob betrachten/ oder ein??? gantze Rede darvon verabfaſſen.

Julia.
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DAs Wort Geſpraechſpiele kan in zweyerley Verſtand gebrauch??? werden: I. Fuer alles Geſpraech/ das einen ergetzlichen Inha??? hat/ und vielmehr einem Schertzſpiel/ als wichtiger Behan??? lung gleicht/ wie erſtvorgehabtes iſt geweſen. II. Wird es ab??? ſonderlich von denen Spielen verſtanden/ welche in Geſel??? [416] ???aften des Frauenzimmers mit Pfandgeben und wider an ſich loeſen/ geuebet ???rden. Unter denſelben ſind nun nicht wenig die ſelten/ oder gar nicht anzu= ???ngen/ derer wir etlicher gedacht/ und noch mehr von den Herren zu hoeren ???ierig.2. V. Ein ſolches Spiel iſt das/ welches wir von den Eſelskoepfen (a)((a) XXXIX (b) XLII (c) L (d) LII (e) LXXX (f) XCVII (g) CI (h) CCIII (i) CIX (k) CXVI (l) CXVII (m) CXXI (n) CXXII (o) CXXIV (p) CXXXVII (q) CXLVII) ???n Feldbau (b) und dem Narrnſpital (c) genennet.3. C. Alſo ſolte ſchwer fallen von den Auslaendiſchen Genoßſchaf= ??? (d) von der Europiſchen Kauffmannſchaft (e) und von Verwir= ???g der Sprachen (f) zu ſpielen: Es were denn bey ſolchen Leuten/ dıe ???en zuſammenzubringen.4. D. Hierunter wird auch zu zehle ̅ ſeyn das Spiel von den Sterne ̅ / (g) ??? Himmelslinien/ (h) von Dolmetſchen (i)/ etc.5. A. Ein ſo ſelten gebraeuchliches Spiel iſt das von den Amatzonin/ (k) ??? der Liebsjagt (l) von den Engeln. (m)6. R. Von dem Leibs=Tempel/ (n) von der Liebe Wildbade. (o)7. J. Ferners von dem Irrgarten (p)/ von der Zahl Buchſtaben (q) [417] ((r) CLXXXIII) von dem Schiff (r) und viel andren/ dıe nur zu dienlicher Nachricht zu leſe??? oder in gewiſſe Wiſſenſchaft einlauffen/ deren man darzu kundig ſeyn mu???8. V. Die Italiaener fuehren auch noch viel andere Spiele/ welche nic??? nach zuſpielen/ als von der Liebspredigt/ wann man einem beredten Fre??? er auferlegt/ aus einem Poeten einen Text zu nemen/ und eine Predigt dar??? ber zu machen/ welches gewißlich ein groſſer Mißbrauch und Entheilıgu??? der Chriſtlichen Gewonheit kan genennet werden. Alſo mißfaellt mir au??? (Giuochi Se- neſi f. 68. 69. 70.) das Spiel von den Moenichen und Nonnen/ von der Liebsbeicht/ ??? welche/ wie zu andrer Zeit gedacht worden/ allein dahin zielen/ die Verliebt??? zu beluſtigen.9. R. Hierunter iſt auch zu zehlen das Spiel von dem Tempel d??? Unſterblichkeit/ in welchem die Jungfrauen nur zuhoeren/ wie ſie nem??? oder ihre Bilder/ wegen dieſer oder jener Tugend/ als wegen ihrer Großm??? tigkeit/ Beſcheidenheit/ Verſtand/ verewiget werden/ und erinnere mıch??? ſonderlich der Verſlein/ welche einer wegen ſeiner Liebſten/ ſo er unter d??? Bildniß der Keuſchheit in beſagtem Tempel geſtellet/ beygeſchrieben:
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Der Keuſchheit Ebenbild/ der geilen Lůſte Feindin/ die hier das Hertz beherrſcht/ iſt dort der Engel Freundin.Alſo mueſſen ueber aller andern Jungfrauen Bildniſſen Verſlein und Ob= ???riften erzehlet werden. Solches aber iſt ſo viel angenehmer/ weil ſich die ???ngfrauen ſcheuen viel Wort/ in bey ſeyn fremder und vornemer Herren/ ???machen/ und alſo das Reden allein auf die Mannsperſonen kommet.10. C. Leichter iſt zwar das Spiel von der Schul/ aber gleichsfals un= ???raeuchlich/ weil nit ein ieder die Art hat/ welche zu Unterrichtung ſo ſchoener ???hulerin von ̅ oehten: Wer ihne ̅ aber ſchwere Woerter vorſage ̅ / und allerley zu= ???ge Schertze mit einzubringen weiß/ der wird noch wol Ehre mit einlegen.11. R. Hier ſol der Spielregent das beſte thun/ und nicht allein allen ???ſen darein zu helffen/ und zur Beantwortung Anlaß zu geben; ſondern ???h das jenige/ was ſie geſagt/ mit mehrern Umſtaenden herauszuſtreichen ??? auszufuehren.12. D. Was zuvor von |der Liebspredigt iſt gedacht worden/ kan ???geſtalt dienen/ daß man ein Spiel darnach erfinden moechte/ welches [419] die Auslegung oder Gloß zu nennen/ wann nemlich ein Jungfrau eine??? Spruch ſaget/ und einen oder mehr deſſelben Auslegung/ ſolche in gebundn??? oder ungebundner Rede beyzubringen/ auferlegt.13. J. Im Ende gehoeren hierzu beredte/ verſtaendige und beleſne Leut??? Wer viel gelernet/ kan viel wiſſen/ und ſagen/ das dem Ungelehrten beyz??? bringen unmueglich faellet.14. V. Es ſind dreyerley Quellen/ aus welchen alle/ oder ja die meinſt??? Spiele herkommen: I. Von den Kuenſten/ Handwerken/ allerley Staend??? und ihrem Thun und Laſſen/ als das Spiel von der Jaegerey/ Fiſchere??? ((Dieſe Spiel ſind aufzuſu= chen in dem Haubtregi= ſter.)) Mahlerey/ etc. Spatziren/ Dantzen/ Muſiciren/ etc. II. Von gewiſſ??? Begebenheit/ Geſchichten/ Erzehlungen/ Fragen und Antworten/ etc. A??? das Spiel von den Gewonheiten/ von des Simſons Raehtſel/ v??? der Blindheit/ etc. III. Von denen Sachen/ welche wir fuer Augen ſehe??? als da iſt von den Blumen/ von Wein/ Wax/ etc.((Spiel von Steinen.)) 15. R. Hierbey muß ich erzehlen das Spiel von den Steinen/ welch??? von einem ſinnreichen Edelmann dergeſtalt angebracht worden. Man ??? [420] ???achte in dem Geſpraeche der Edlengeſteine/ in den Ringen; von denſelben ???ame er Anlaß aus den Poeten zu erzehlen/ wie alle Menſchen/ nach der Po= ???en Bericht/ aus Steinen gemachet worden/ in dem Deucalion und Pyr= ???a die Steine hinterſich geworffen/ da dann von jenem die Maenner/ von ???eſer die Weiber worden/ etc. daher/ ſagte er/ haben alle die Weibsbilder ſtei= ???erne Hertzen/ und ſol ieder ſagen/ von was fuer einem Steine ſeiner Liebſten ???ertz gemacht. Etliche ſagten/ von Magnetſtein/ etliche von Feuerſtein/ etli= ???e von Korallen/ etlıche von Marmol/ etc.16. A. Die kuertzten Spiele ſind mehrmals die allerluſtigſten/ weil die ???eraenderung und Abwechſlung angenem.

Veſpaſian.
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ES iſt bishero geredet worden von denen Spielen/ welche wegen ihrer Seltzamkeit ſchwer un ̅ ungewonlich ſind/ nun folget auch im Gegenſatz von dene ̅ / welche wegen ihrer Einfalt ſchlecht und ſelten/ oder gar nicht geuebet werden. Ein ſolches Spiel iſt das [421] den Ringen/ wann der Anfaenger des Spiels einen Ring nimmet/ und ſich??? ſtellet/ als ob er allen und ieden den Ring gebe; alsdann rahten laeſſet/ we??? ſolchen habe/ und was man demſelben wuenſchen ſol? wer es nicht erraeht/ mu??? ein Pfand geben/ und waeret das Spiel/ bis der Ring bey einer Jungfrauen??? und dann zum andern mal bey einem Juengling gefunden worden.2. C. Ein ſolches Spiel/ das ſelte ̅ dienet/ iſt auch das Spiel von der Zeit??? ((Spiel der Zeit.)) in welche ̅ man austheilet dıe vergangene/ gegenwaertige und zukuenfftige Zei??? den Morgen/ den Mittag/ den Abend/ die Mitternacht/ die Stund/ den Tag??? dz Monat/ das Jahr/ etc. Dann kommt der Abend und heiſſt Mitternacht we??? chen/ der Morgen das Jahr/ etc. Wer nun nicht alle Perſonen merket/ und i??? re Zeit nicht mit ihrem eignen Namen nennet/ der muß ein Pſand geben.((Spiel von Winden.)|) 3. D. Dergleichen Spiel giebt man auch auf von den Winden/ vo??? den Blumen/ von den Sirenen/ Sibyllen/ etc. und iſt deswege ̅ nicht v??? darauf zu halten/ weil mehr Gedaechtniß/ als Verſtand/ darzu erfordert wir??? doch kan man ſolche Spiel anfangen und kurtze Zeit zu der Abwechſ???ung tr??? ben. Sonderlich hat mir unter dieſer Art Spielen wolgefallen/ daß eıner a??? die Namen der berůhmten Weibsperſonen/ unter das Frauenzimme??? [422] ???d der tapfern Helden unter die jungen Mannsperſonen ausgetheilt/ da dan ̅ ???ch un ̅ nach eine iede Perſon/ als Lucretia/ Penelope Artemiſia/ Caliſto/ etc.((Von beruem= te ̅ Weibern.)) ???d zwar iede/ wie ſie gemahlet wird/ dem Hector/ Ulyſſi/ Horatio/ Cur= ???/ etc weichen mueſſen.4. A. Unter ſolche ̅ Spielen/ die kurtze Zeit zu ueben und auch nicht lang((Von Tugen= den und La= ſtern.)) ???nen getrieben werden/ iſt zu zehlen das Spiel von den Tugenden und ???ſtern/ welches etwas ſchwerer ſcheinet/ und dergeſtalt dienet/ daß man ???er ieden Tugend und einem ieden Laſter Namen nach ihrer Eigenſchaft ???ignet.5. R. Zum Exempel.6. A. Die Tugend ſeye die Maeſſigkeit/ dieſe nenne ich eine Pflegerin ??? Geſundheit.7. R. Sie iſt auch eine Erhalterin des Verſtands.8. J. Eine Urſach der Beſcheidenheit.9. V. Maeſſıgkeit iſt die beſte Artzney/ inde ̅ nemlich dardurch alle Krank= ???en/ welche von Uberfuellung herkommen/ geheilet werden koennen.
|| [423]
10. C. Maeſſigkeit iſt das herrlichſte Wolleben.11. D. Maeſſig ſeyn iſt der Moenichen Freude/ und der Soldaten Leid??? der Armut Haab/ und der Wolluſt Grab. Der Jungen Feindin/ und der A??? ten Freundin.12. A. Das Laſter ſey der Neid/ ſein ſelbſt eigner Henker.13. R. Ein Todſchlaeger des Nechſten/ nemlich mit der Zungen/ in A??? terreden und Verleumden.14. J. Ein nagender Wurm in dem Hertzen.15. V. Der Tugend abgeſagter Feind.16. C. Der Neid iſt eine Prob der Großmuetigkeit.17. D. Der Tapferkeit Mißgeburt/ etc.18. A. Alſo verfaehrt man mit allen andern nach Belieben/ und gleich??? (* In dem V. Geſpraechſpiel) dieſes Spiel etlicher Maſſen dem Gleichnißſpiele/ von welchem wir * vor v??? len Jahren Meldung gethan.19. R. Ein ſolches Spiel iſt das/ welches man nach dem Inhalt v??? ((Spiel von d’ Schoenheit.)) der Schoenheit nennet/ in welchem man einem jeden Anweſenden ein ??? [424] ???d des Angeſichts ertheilt/ als die Stirn/ Augen/ Haare/ den Mund/ etc. ???er nun das Spiel angefangen/ beginnet eine von| dem Frauenzimmer zu lo= ???n/ und indem er die ausgetheilten Glieder benennet/ muß der/ oder die/ ſo ???lches gegeben worden/ aufſtehen/ und ſich gegen der gelobten Frauen oder ???ungfrauen neigen. Wer nun ſeinen Namen ueberhoeret/ muß ein Pfand ???ben.20. A. Welcher geſtalt koente aber die Redevorgetragen werden?21. R. Unvergleichliche Schoenheit. Wo ſol ich anfangen euere von der ???atur verliehene Gaben ſattſam zu loben? Sage ich von den Augen/ daß ſie ??? Hertzen gewinnen/ ſo werden ſich eure Haare beklagen/ welche ſolche ???ich ſam mit Ketten verbinden. Sage ich von ſolcher Kron eures Haubts/ ???wird ſich der Mund beſchweren/ daß ich ıhn/ den Dolmetſcher eurer Ge= ???nken/ und Urſacher freundliches Laechlens/ nicht allen andern Schoenhei= ??? vorziehe/ etc.22. J. Dergleichen Spiele iſt auch das/ welches man von der Hoff=((Von der Hoffnung un ̅ der Furcht.)) ???ng und der Furcht aufzugeben pfleget/ indem eine jede Perſon/ was [425] ſie hoffet/ und was ſie fuerchtet/ zu eroeffnen ſchuldig/ und alsdann wir??? (* CCLXVI.) darueber gerahtſchlagt. Dieſes Spiel kommet ueberein mit vielen andern/ vo??? (* XLVII.) der Betrachtung */ wann man ein gewieſes Wort giebt/ und daſſelbe b??? (* XLVI. * XLV.) trachten laeſſet. Von dem Verlangen */ Rahtgeben/ oder Berahtſchla??? gen*/ von der Beſchenkung*/ da dann alle Unwiſſenheit ſtraeflich iſt.((Spiel der Urſachen.)) 23. V. Ein ſolches allgemeines Spiel iſt auch das/ welches man vo??? den Urſachen nennet/ und iſt alſo anzubringen/ daß man eine Frage au??? giebt/ und dieſelbe mit Ja und Nein beantwortet/ daß die Juenglinge d??? Urſachen ſolche zu behaubten/ die Jungfrauen aber ſolches zu verneine??? Wechſelweis hoeren laſſen.24. J. Durch ein Exempel wird ſolches beſſer zu verſtehen ſeyn.25. V. Die Frage ſey dieſe: Ob man ſich ſol heuraten oder nich??? Wir Mannsperſonen wehlen das Ja.26. J. Wir Weibsbılder wehlen das Nein.27. V. Man ſol ſich heuraten/ weil die Erhaltung Menſchliches G??? ſchlechts/ und alle Regimenter in dem Eheſtand beſtehen. Dieſes iſt mei??? Urſach.
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28. J. Weil |aber nach dem gemeinen Sprichwort nicht Beſſers her= ???achkommet/ und die Welt aerger wird/ ſollen wir uns vielmehr der Keuſch= ???it befleiſſen/ als freyen/ und uns freyen laſſen. Dieſes iſt meine Urſach.29. D. Durch die Weiber kommt man zu Ehren/ zu Geld/ und zu einem ???uekkſeligen Leben.30. C. Durch die Maenner kommt man zu Kindern/ in Armut/ und ??? in elenden Zuſtand.31. R. Durch den Ehſtand kan man die getreuſte Freundſchaft in die= ??? Leben ſtifften/ ohne welche wir in dem Alter noch Huelffe noch Troſt zu ???warten.32. A. Weil niemand verſichern kan/ daß auch die allerbeſten Heura= ??? wol hinausſchlagen/ iſt viel ſicherer in dem ledigen Stande zu verbleiben/ ??? ſich in ſo beharrliche Gefahr ſetzen/ welche der Tod allein aufheben kan.33. V. Alſo kan man von allen Sachen Urſachen finden/ und dann den ???rheber des Spiels einen Ausſpruch machen/ und mit Unterſcheid beur= ???ilen laſſen.
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34. J. Werſolte aber wol den Vortheil haben/ der zuerſt/ ??? oder der zuletzt redet?35. V. Der die Ehre hat das Spiel anzufangen/ hat zwar den Vor??? theil/ daß er einen Vortrag nach ſeinem Gefallen thun mag/ von ihme aber??? verſtehe ich die Frage nicht/ ſondern von deme/ welcher nach ihm redet/ und??? am erſten ſeine Meinung zu ſagen ſchuldig iſt. Gewieſſlich hat ſolcher ein frei??? es Feld zn antworten/ was ihm beliebet/ und darff nicht fuerchte ̅ / daß er andre??? Meinung mueſſe beypflichten; ſondern andre werden ſeine Urſachen aus??? Neurungsbegierde gerne anhoeren und ſo zu Sinne faſſen/ daß die erſte Mei??? nung die beſte ſeyn wird.36. J. Welcher aber zuletzt redet/ hat Bedenkzeit ſich auf gethanen Vor??? trag zu entſchlieſſen. Alſobald ſeine Meinung zu ſagen erfordert eine groſſ??? Faehigkeit und Behaendigkeit des Verſtandes/ welcheinicht eınem ieden gege??? ben iſt.37. R. Unſer Verſtand iſt gleich einem leeren Gefaeß/ wermit es erſt??? lich angefuellet wird deſſen Geruch behaelt es fort und fort; daher ſihet ma??? [428] ???uch bey etlichen Richtern/ daß ſie allezeit dem recht geben/ welchen ſie erſt= ???ch reden hoeren. Dergeſtalt halte ich/ daß wegen der Zuhoerer in Streitfra= ???en der einen groſſen Vortheil/ welcher zuerſt das Wort fuehret. Fehlet er ???uch in einem oder dem andern/ ſo entſchuldiget ihn/ daß er ohn Vorbedacht ??? reden angefangen. Zudeme hat er auch die Muehe nicht auf alle Stukke/ ???elche widerſtritten werden ſollen/ Achtung zu geben; ſondern bringet ſeine ???ache in der Ordnung zu Mark/ wie ihm beliebet. Kan er nicht auslangen/ ???arff er nicht erroeten zu weichen.38. A. Wann man durch ein Waſſer zu ſetzen hat/ ſol keiner/ der nicht ???ol beritte ̅ iſt/ vor reiten; Alſo halte ich auch fuer ſicherer/ Nachreden/ und an= ???ern mehr Verſtaendigern beyfallen/ als ſich ohne Vorbedacht erſtlich hoeren ???ſſen.39. D. Aber doch hat der die Ehre/ welcher den Vortritt hat/ wann der ???Weg ohne Gefahr iſt. Damit er aber auch kurtze Zeit gewinne/ auf ſeine ???Wort zu ſinnen/ kan er leichtlich die Erklaerung aufgegebener Frage/ und [429] derſelben Woerter bitten: inzwiſchen aber von der Ordnung ſelbe zu behand= len einen Uberſchlag machen.40. C. Alſo fraget ein ſolcher am erſten/ und ſagte hernach ſeine Mei= nung. Es beruhet aber dieſe Frage auf zweyen Stukken: I. Ob ruehmlicher??? ſey zuerſt/ oder zuletzt das Wort in vornemer Geſellſchft fuehren??? Die Antwort unterſcheidet Perſone ̅ / welche wol und viel zu reden wiſſen/ und ſolche/ als die aelteſten/ haben billich den Vorzug: Ihnen felgen alsdann die??? juengſten/ auf deren Zweiffel die Erſtredenden zu antworten ſchuldig. II. Iſt??? die Frage: Wer den Vortheil/ oder: Obs leichter ſey zuerſt oder??? zuletzt reden? Wann die Frage bekant/ und man oeffter darvon gehoert oder??? geleſen hat/ wird es dem erſten und letzte ̅ nicht ſchwer fallen darvon zu reden??? Wann aber ſolche ſelten und gantz unbekant/ wird der Verſtaendigſte oder??? Sinnreichſte am leichtſten Wort davon zu machen finden; er rede gleich zu??? erſt oder zu letzt.41. J. Geſetzt aber/ es ſeyen zween Juenglinge/ von gleichem Verſtand??? und Wiſſenſchaft/ denen die aufgegebene Frage nicht bewuſt: Welcher ſol [430] ???e alsdann den Vortheil (von der Ehre will ich nicht ſagen) haben/ der erſt= ???ch oder letzlich redet?42. V. So groß die Gleichheit ſeyn moechte/ wird ſie doch nicht in allen Stukken vollſtaendig ſeyn/ und einer in der Fertigkeit zu reden/ oder in Be= ???reyung ſeines Sinnes/ welcher mit andern Gedanken beladen/ groſſe Hin= ???erniß verurſachet/ einen Vortheil haben. Welcher auch zuerſt redet/ iſt ???huldig ſeine Meinung/ nach angehoerter widriger Urſachen/ zu behaubten/ ???nd alſo auch zuletzt zu reden.43. R. Wer eine Feſtung ohne Widerſtand einnimmet/ hat Ehr und ???Ruhm darvon: wer aber ſelbe mit gewehrter Hand dem Feind wider abnim= ???et/ hat mehr Ehre/ und weniger Vortheil. Alſo wer ſeine Meinung den Zu= ???oerern wol erſtlich einſchwaetzet/ iſt Lobens wehrt/ wer ihnen aber das Wider= ???iel beybringet/ hat mehr Muehe und mehr Ruhm/ als der erſte.44. D. Es iſt auch ueber den Unterſcheid der Perſonen/ der Zuhoerer und ???er Aufgaben/ ob ſie bekant oder nicht/ etc. zu beobachten/ daß etliche Sachen ???antz klar und unwiederſprechlich/ von ſolchen iſt leicht zu reden: etliche lei= ???en Ja und Nein/ haben beederſeits gute Urſachen und ſtehen in offner [431] Wahl; Uber ſolchen wird ein jeder nach ſeiner Neigung urtheilen: etliche (* CCXCI.) leiden vielerley Meinungen */ und hat der Erſtredende den Vortheil eine/ nach Belieben/ zu erkieſen.

Reymund.
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ES iſt noch nicht abſonderlich gedacht worden von denen Spie??? len/ welche in ſolche Wiſſenſchaften einlauffen/ die uns Teut??? ſchen nicht/ oder in unſrer Sprache wenig bekant. Aus Erzehl??? tem wird verhoffentlich ſattſam zu erlernen ſeyn/ welcher ge= ſtalt alle Sachen mit ihren Abtheilungen in eines und des an??? dern Spiels Model zu gieſſen.2. J. Dieſes haben wir auff manche Art gehoert und geuebet.3. R. Weil nun die Geſpraeche zu Aufnehmen und Ausuebung unſre??? Sprache gemeint/ wollen wir von der Baukunſt/ und deroſelben Woerte??? noch eine Prob hoeren laſſen.4. A. Der Herr bedenket ſich ſonders Zweiffel auf die Vorrede.
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5. R. Unter allen Sachen/ welche Menſchen Sinn erfunden/ iſt kei= ??? der Goettlichen Allmacht gleichſtaendıger/ als das kunſtrichtige Gebaeu. ???ann die Ehre/ das Geld/ die Wolluſt und andre Eitelkeit/ ſo die Menſchen ???oß achten/ in ihre Nichtigkeit dahinfallen/ und bey der Nachwelt kurtzes ???ngedenken hinterlaſſen/ ſo beharret das Gebaeu mit Ruhm des Baumei= ???rs/ und mit Nutz ſeiner Beſitzer/ daß ſich nicht zu verwundern/ wann groſ= ??? Herren iederzeit Belieben getragen/ ihres Namens Gedaechtniß durch koſt= ???re Gebaeue zu ſtifften. Reiche Leute koennen wol Geldlanger bey den Ge= ???uen ſeyn/ haben aber ſelten den Verſtand und die Erfahrung etwas wol ???zugeben/ und wann der Bau vollendet/ ſo ſihet man den Mangel/ daß faſt ??? ieder vermeint/ er wolle es/ wann der Bau noch zu fuehren/ beſſer machen ???d angeben/ nach dem Sprichwort; Wer will bauen an die Straſſen/ muß ??? Leut reden laſſen.6. V. Die Noht hat die Baukunſt erſtlich erfunden/ und hat der erſte ???enſch/ nach dem Suendenfall/ ſich fuer Regen/ Wind und Froſt zu| ſchuetzen/ ???e ſonders Zweiffels elende Huetten aufgerichtet. Wie aber hernach das [433] Kalch=und Ziegelbreen ̅ n ſamt dem Steinhauffen erfunden worden/ hat ſich ſo bald der Mißbrauch eingemenget/ und iſt von den Gottloſen Kainskindern der Babyloniſche Turn/ nach der Bleywaag menſchlıches Ehrgeitzes/ auf= gefuehret worden/ etc.7. D. Wann die alten Teutſchen ſolten wiederkommen/ und unſre Ge= baeue ſehen/ wuerden ſie mit Erſtaunen groſſen Unterſcheid zwiſchen den ihrt= gen und unſren finden; ja vielleicht fragen/ warum wir unſer Gold und Sil= ber um Steine und Holtz vertauſchen? Die Roemer/ uud vor ihnen die Grie= chen/ ja alle Voelker haben ihrer Macht und Herrlichkeit Denkmahle in praech= tigen und koſtbaren Steinhauffen hinter laſſen. Als auch das Kaiſerthum auf die Teutſchen/ mit dem Chriſtlichen Glauben/ gelanget/ hat Kaiſer Kar??? (I. Gryphian- der do VVeich- bildis.) der Groſſe XXIV. Kirchen/ nach den Buchſtaben des A. B. C/ etc. gebauet ??? deme dann andere Chriſtliche Fuerſten und Herren nachgefolget/ daß uns??? unſre Vorfahren mit ihren zu GOttes Ehren gefuehrten Gebaeuen faſt alle??? Orten zu Schanden machen/ und ſelbeſo groß und herrlich/ daß wir ſie kaum??? unter dem Dache halten koennen.
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8. J. Es iſt ihm alſo/ und mueſſen wir unſre Geldmittel zu dem Krieg ???ben/ weil wir ſolche den Gotteshaeuſern und Armen/ aus Geitz/ ent= ???hen9. A. Manche Statt vermoechte nicht eine Kirchen/ deren es doch viel ???t/ zu bauen/ und haben die Alıen mehr auf das Gotteshaus/ als auf ihre ???ne W???hnungen/ gewendet/ weil ſie vermutlich froemmer geweſen/ als wir ???ut zu Tage: Wir aber wenden es um/ und ſorgen nur fuer unſre Haeuſer/ ???nngleich die Kirchen einfallen ſolten.10. C. Dieſes alles iſt ein Geſpraech das zu dem Spiel von der Betrach= ???ng * koente gezogen werden.(* CCLXVI.) 11. R. Der Gebaeue ſind dreyerley zum Nutz/ zu Schutz/ und dann ???m Luſt; daher dieſe Kunſt getheilet wird in Kriegs=und Friedenswerke. ???eedes ſol erſtlich auf dem Papier gelehret/ und alsdann mit Hand= ???legen vollzogen werden. Alſo iſt ein Unterſcheid/ zwiſchen einem ???au=und Werkmeiſter. Der Baumeiſter ordnet alles nach ſeinem Wol= ???allen/ nachdeme ihn ſeine Kunſt anweiſet: Der Werkmeiſter iſt [435] der Zimmermann und Steinmetz/ welcher Hand anlegt/ und den Bau nac??? vorgeſchriebener Verordnung aufrichtet: Der Bauherr aber thut die Un??? koſten.11. J. Der Baumeiſter iſt der Artzt/ ſo die Artzney fuerſchreibet; De??? Werkmeiſter iſt der Apotheker/ welcher ſie zurichtet: Der Bauherr iſt de??? Kranke/ deſſen Truhen und Geldkaeſten purgiret werden.12. R. Ein vollkommener Baumeiſter ſol von allen ſeinen Werke??? gruendliche Urſachen zu geben wiſſen/ wann er nicht will mit der Spinnen??? Immen oder Webſen verglichen werden/ welche artig bauen/ und doch d??? Kunſtſaetze nicht verſtehen. Er muß erſtlich ſeyn ein Mahler/ daß er a??? les/ was ſelten und wolgebauet iſt/ zeichnen/ ſeine Gedanken aufreiſſen/ un??? dem Bauherrn unterſchiedliche Vorſchlaege ausbilden/ und mit der Fede??? oder Pinſel verſtehen machen kan. Zum zweyten muß er ſeyn ein Feldme??? ſer/ den Grund auf das Papier zu bringen/ und ſeinen Bau ſelbem gemaeß z??? richten. Drittens muß er verſtehen die Sehkunſt/ damit er wiſſe die E??? genſchaft des Liechts/ wie ſolches mit gleichen/ zwerch=oder Gegenſtralen z??? [436] ???ebrauchen. Viertens muß er auch ſeyn ein Rechenmeiſter/ daß er einen ???berſchlag ſowol der Steine/ des Holtzes/ als der Unkoſten und Arbeiter ???achen kan. Fuenfftens ſol er verſtehen die Bildkunſt/* von welcher wir(* CC. CCCLIII.) ??? andren Zeiten umſtaendig gehandelt. Sechſtens ſol er auch ein Natur= ???uendiger ſeyn/ daß er die Flueß oder Quellen/ den Lufft/ den Erdboden/ die ???Wetter/ welche meinſtentheils vom Niedergang herkommen/ wiederum die ???Sonnenuhren/ und dergleichen zu beobachten wiſſe. Siebendens ſol er auch ???e Recht und Gebraeuche ſeines Landes verſtehen/ daß er ſeinen ???auherrn in keinen Streit fuehre/ wann er den Benachbarten zu Schaden ???uen ſolte/ welches auf vielerley Weiſe beſchehen kan.13. C. Hieran hat einer die Zeit ſeines Lebens zu lernen/ und wird viel= ???cht keiner iemals ein gantz vollkommener Meiſter werden.14. R. Weil nun dieſe hochbelobte Baukunſt von den Griechen und ???oemern zu uns gekommen iſt/ ſind derſelben viel fremde Woerter/ fremde ???achen bedeutend/ eingeflochten/ die man zwar wol teutſch geben kan/ dem ???erkmeiſter aber meinſten Theils in fremder Sprache bekanter ſind. Der [437] (* Ichnogra- phia.) Grundriß * wird mit dem Cirkel und Lineal/ nach dem verjuengten Maßſtab/ aufgetragen. Auf demſelben wird die erſte oder foerderſte Seiten/ * oder auch (* Orthogra- phia.) wann man wil/ und kein Anſtoeſſer iſt/ alle die vier Seiten* aufgefuehret/ daß (* Scenogra- phia.) man/ wie in ſie in das Geſicht kommen/ erkennen kan. In dieſem erſten Ent= wurff des Gebaeus iſt die Ebenmaß* oder Gleichartung aller deſſelben Theile (* Eurythmia oder Symni- | etria.) leichtlich zu bemerken oder einzurichten/ daß nichts zu groß/ und auch nichts zu klein; wie ſolches auch an des Menſchen Leib/ von welchem wir zu andrer (* CCLIII.) Zeit* geredet/ ſeine Schoenheit und Wolgeſtaltung genennet wird.15. A. Ich habe hoeren ſagen/ daß Salomons Tempel/ nach dem Eben= maß des menſchlichen Leibs gebauet geweſen.16. R. Man lehret ferner von den 5. Seulen/ wie ſelbe mit ıhren Fußge= ſtellen/ Leiſten/ Vierunge ̅ / Gurden/ Ringen/ Banden/ Friſen/ Wuelſten/ Kro= nen/ denen daraufruhenden Zwerch=Balken/ Zoepfen oder Widderhoernern (wie in der Joniſchen oder dritten Ordnung unterſchieden werden. Die 1. Art der Seulen nennet man Toſcaniſch hat am wenigſte ̅ Zieraten/ iſt die ſtaerkſte/ und wird mit einem Bauren verglichen. Die 2. iſt Doriſch/ und vergleicht [438] ???ich mit eine ̅ Helden. Die 3. iſt Joniſch und ſol ſich mit einer Jungfrauen ver= ???nbare ̅ . Die 4 iſt Corinthiſch und gleichet eine ̅ langaufgeſchoſſene ̅ Juengling. ???ie 5. aber iſt von vielen Zieraten zuſam ̅ engeſetzet/ und wird deswegen Com- ???oſita genennet. Eine iede Ordnung hat ihre beſondre Fenſter/ Thueren| und ???Schwinboegen/ welcher mittlere Stein der Schlueſſel derſelben genennet wird.17. D. Die hierzugehoerigen Wort mueſſten wir von den Bauverſtaendi= ???en ſelbſten lernen/ dann niemand beſſer von der Kunſt reden kan/ als derſel= ???en Meiſter/ welchen man in allen muß Glauben zuſtellen.18. R. Wann man nun bauen wil/ ſo muß man den darzugehoerigen ???orraht an Holtz und Steinen ſchaffen/ das Zimmerholtz ausſchlagen/ ab= ???nden/ und die Steine behauen laſſen.19. A. Der erſte Vorraht wird ſeyn das darzuerforderte und wolgewon ̅ ene ???eld/ dann wer ſein Haus bauet mit ander Leut Gut/ der ſam ̅ elt ihme Steine ???m Grab/ und heiſſt es: Er baut ein Haus/ und iſt der erſte draus/ oder wie dz ???prichwort ſagt wan ̅ einer mit der Armen Schweiſſbauet/ und es mit Wıtt= ???en und Waeiſen Threnen tuenichet/ ſo leidet ſolches ſeine ̅ Bauherrn nit lang.
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20. V. Iſt nun das Zimmerholtz abgebunde ̅ / ſo muß man feſten Grund ſuchen/ oder denſelben an waeſſerigen Orten mit eignen Pfaelen/ welche gute Schuhe von Eiſen haben/ machen und ſtoſſen.21. J. Alſo muß man einen Habich/ nicht einen Haettich bauen/ das iſt/ haett ich es ſo und ſo gemacht/ das koſtet unnuetz Geld/ und man ſagt her= nach/ daß der Bauherr zwar kein Geld/ der Baumeiſter aber den Verſtand geſparet habe.22. D. So viel Laender/ ſo viel unterſchiedliche Arten ſind die Haeuſer zu bauen/ nachdeme nemlich ein Land an Steinen/ Gehueltz/ Kalch und Eiſen reich iſt. Die Indianer ſollen von den groſſen Wallfiſchen Haeuſer bauen. Die Moſcoviter behelffen ſich mit |ſchlechten Huetten/ und iſt kein geringer ((Beſihe des Schauplatzes trauriger Ge= ſchichte XCIV Erzehlung.) Reichthum eines Landes/ wann vielerley Steine darinnen zu finden.23. C. Zu dem Bauen muß man nicht allein groſſe Werkſtukke/ ſondern auch Fuellſteine haben: Alſo finden ſich in den Geſellſchaften viel Unverſtaen= dige/ und wenig Verſtaendige/ unter welche ich mich billich zehle.24. V. Alſo kan man auch von andern Wiſſenſchaften und Kuenſten [440] ???hikkliche Geſpraeche fuehren/ und die Unwiſſenheit etwas beyzubringen fuer ???afbar achten.25. A. Solcher geſtalt wuerde die Straf oder das Pfand geben allein ???uf das Frauenvolk fallen/ als welche iedesmals am wenigſten wiſſen.26. R. Hierzu wird des Anfaengers des Spiels Beſcheidenheit erfor= ???rt/ daß er nichts beginne/ was der Geſellſchaft nicht anſtaendig oder beliebig/ ???nd hat man die freye Wahl ein ſolches Spiel zu erkieſen/ das wo nicht allen/ ???ch den meinſten gefalle. Wann aber ja ein ſolcher Fehler von dem Frauen= ???lk ſolte begangen werden/ ſo haben ſie Mittel ihr Pfand leichtlich wieder an ???ch zu loeſen/ indeme ſie nach Frantzoeſiſchem Gebrauch gekuſſet werden/ oder ???m Pfandhaber zu kueſſen ſchuldig worden.27. J. Dieſen Gebrauch wird man in Teutſchland ſo wenig als etwan ̅ ??? Welſchland oder Hiſpanien laſſen aufkommen.28. D. Der Kuß iſt jederzeit ein Anzeigen der Ehrerbietung geweſen *(* CCLXXVI, 9) ???d kan man einem wol auferlegen/ daß er einer Jungfrauen die Hand/ oder ???ch wol den Fus kueſſe.
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29. R. Solcher Fragen und Aufgaben koennen viel erdichtet werden/ und an Stat des Kuſſes/ der gewehlte neben ihr zu ſitzen/ verordnet werden.30. J. Ich habe auch dieſes hoeren aufgeben/ daß eine iede Jungfrau von ihrem Beyſitzer etwas Gutes und etwas Boeſes hat ſagen mueſſen: hat ſie nichts Gutes zu ſagen wiſſen/ ſo hat ſie ihn kueſſen mueſſen; hat ſie aber nichts Boeſes geſagt/ ſo hat er ſie kueſſen mueſſen/ und dieſe Haendelein ſind fuer die Verliebten.31. V. Man nim ̅ et auch eine Hand voll halb ſo viel Neſſel/ als der Per= ſonen/ und laeſſet eine iede einen Stefft nehmen/ welche dann eine Neſſel ha= ben/ ſetzen ſich zuſam ̅ en; oder man giebt die Kartenblaetter herum und welche gleiche Figuren haben/ ſitzen nebeneinander/ oder mueſſen einander kueſſen.32. C. Wann ich in Frankreich were/ wolte ich mich der tyranniſchen Gewonheit/ ſo oft gekueſſt zu werden/ nicht unterwerffen; ſondern mein Haubt aufrecht die Seiten wenden/ man moecht mich fuer unhoeflich halten/ oder nicht.33. R. So ſolte die Jungfrau Leute finden/ welche ihr Haubt auf die [442] andre Seiten wenden wuerden/ und alſo wuerde es den Anweſenden ein groſ= ſes Gelaechter verurſachen.34. J. Weit das Kueſſen eine Veranlaſſung zu boeſen Gedanken/ ſoll ſolche billich bey Tugendliebenden unterlaſſen werden. Man kan Schwefel(Gio. Franceſ. Loredano nelle Bizza- rie Academi- che f. 147.) und Feuer nicht ſicherlich zuſammenlegen. Hat das Anſchauen unter den Verliebten eine bruenſtige Bewegung/ wie vielmehr wird das Anruehren der ???erliebten Lippen die Hertzen zu boeſer Luſt reitzen.35. V. In Frankreich muß man die alten Weibsperſonen ſowol/ als ???ie jungen/ und die ungeſtalten ſowol/ als de ſchoenen kueſſen: daraus zu ???chlieſſen/ daß nur bey den Verliebten eine ſuendliche Empfindlichkeit mit un= ???erlauffe; daher in den Rechten fuer einem gnugſamen Beweiß des Ehe= ???ruchs gehalten wird/ wann ſich ein Eheweib wıllig kueſſen laeſſet/ oder andre ???erdaechtige Perſonen kueſſet.36. R. Weil wir aber von der Baukunſt zu reden angefangen/ ſchlieſ= ???en wir daß das Kueſſen gleichſam der Kalch/ durch welchen der Verliebten ???Hertzen zuſammengefueget werden.
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(Plautus in A- ſinaria: pre- hende auri- culis compa- ra labella cum labellis. Tibullus: Gnatusꝙ pa- renti oſcula compresſis auribus eri- piet.) 37. D. Der Florentiner Kuß/ wann man eine Perſon bey zweyen Oh= ren haelt und kueſſet/ ſol von den Trinkgeſchirren hergekommen ſeyn/ welche zwo Handheben haben/ und wird dieſer Art zu kueſſen bey den Alten vielmals gedacht. Die Deutung kan auch ſeyn/ daß ſolche Leute dem Verſtand kein Gehoer mehr geben/ oder daß alle Sinne zugleich dardurch ſollen beluſtiget werden.

Veſpaſian.
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NAchdem wir nun durch GOttes allmaechtige Huelffleiſtung alle Arten der Geſpraechſpiele aus allen denen Scribenten/ welche hiervon geſchrieben/ zuſammengebracht haben; und nun mehr/ durch gnaedige Schikkung des Hoechſten/ der Frie= den in unſrem lieben Vatterland erfolgt/ wollen wir/ nach Ob= (* im IV. Theil 8 Geſpraechſpıe= le am 482. B.) liegen gethanenen Verſprechens */ einen Aufzug/ zu unterthaenigſter Ehr= bezeugung der friedfertigen hohen Haeubter von dem Frieden anfuegen/ und hiermit dieſes Werklein ım Namen Gottes beſchlıeſſen.
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2. J. Wir wollen gerne zuhoeren.3. V. Der erſte Entwurff ſol folgender geſtalt verzeichnet ſeyn/ und ???fgezogen kommen:Die Ruchloſigkeit/ welche Gott mit den uebermachten Suende ̅ zu dem ???rieg und Strafuebel reitzet.Die Ungerechtigkeit/ welche den Nechſten und Nebenchriſten mit ???ewalt zu Grund richtet.??? Die allgemeine Armut/ welche durch den Krieg bey Groſſen und Klei= ???n verurſachet wird.??? Der Fried auf einem Siegswagen.??? Der Reichthum oder allgemeine Wolſtand.??? Die Gerechtigkeit.??? Die Gottesfurcht.4. A. Wie aber dieſe VII. Perſonen aufgezogen kommen ſollen/ und ???s ihre Verrichtung/ wollen wir ferners hoeren.
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5. V. Es ſol eine Rede benebens ihren Kleidungen/ ſich durch ein G??? ſang oder Reimrede erkennen machen.6. R. Dieſes muß aber kuertzlich beſchehen/ ſonſten ſolte es einem Fre??? denſpiele gleich kommen.7. V. Die Ruchloſigkeit/ ſuendliche Sicherheit und Uergeſſung der Lie??? Gottesſol bekleidet ſeyn mit einem zerriſſnen gelblichte ̅ Rokk/ zu bedeuten/ d??? die Gottloſen endlich mueſſen darbe ̅ / und verderben deſſen Anzeichen die gel??? lichte Farbe. Mit den Fueſſen tritt dieſes Weib auf die Geſetztafel Moſis/ mit ??? Haende ̅ zerreiſſt ſie das Buch des Zeugniß mit den ſieben Sigeln. Sie iſt blin??? und hat Eſelsohren/ den groſſen Unverſtand und die Verachtung der Goe??? lichen Gebote anzuzeigen. Hierbey koennen folgende Verſlein geſetzet werde???
DIe ich GOTTES Gnadenwort/ hab verachtet fort und fort/ und gefůhrt ein rohes Leben/ daß der Hoechſt’ ob mir ergrimmt/ und des Schwertes Rach beſtimmt/ muß mich in die Flucht begeben;
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Weil der Krieg/ dem ich behagt/ durch den Frieden wird verjagt.8. J. Ich verſtehe/ daß ſolches zu dem Gemaehl geſchrieben/ bey wuerkli= ???r Vorſtellung aber des Aufzugs mueſſte geſungen werden.9. D. Den Ton/ oder die Stım ̅ koente man leichtlich dem Inhalt gemaeß ???faſſen.10. V. Dieſem folget die Ungerechtigkeit gegen die Menſchen/ wie ??? Ruchloſigkeit gegen GOTT gerichtet. Ihre Bekleidung iſt weiſſlicht ???d mit Blut beſpruetzet/ die zerbrochne Waag lieget unter ihren Fueſſen/ hat ???r das linke Aug offen und ein hauendes Schwert in der rechten Hand/ auf ??? Haubt kan ſie tragen einen Tuerkiſchen Bund oder Gugel. Ihre Verſ= ??? ſollen folgenden Inhalts ſeyn:
ICh raſe mit Pluenderen/ Rauben und Morden: Hier lieget die Waage des Rechten verbrochen. Es werden die Suenden mit Suenden gerochen/
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ſo mittelſt des Krieges gewaltiger worden: Die Menſchen in frevelem Leben entſchlaffen/ beſtraffen die ſelten berechtigte Waffen. Ich werde durch neulich erfolgenden Frieden von dieſen veroedeten Landen geſchieden.11. R. Weil die Ungerechtigkeit ohnbedacht und eiligſt verfaehret??? werden ihr billich auch eilhabende Verſlein zugeeignet.12. V. Drittens folget die Armut gebildet durch ein altes und magere??? Weib/ wie eine zerlumpte und faſt entbloeſſte Zuegeinerin bekleidet: In de??? Hand hat ſie einen Stab/ und ein kleines Kohlhaefelein/ darein ſie blaeſet??? und an der andern Seiten einen zerriſſenen Beutel. Die Verſlein koenne ??? nachgehenden Inhalts ſeyn:
ICh hab nun zu dem Krieg geſteuret Gut und Haab: es hat Raub/ Nahm und Brand das gantze Land ver??? hehret/ der Hunger und die Noht von Tag zu Tag gemehret/
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???aß auch das Menſchenvolk ſich ſehnet nach dem Grab: ???ch weil der Fried erſcheint/ mit Einigkeit und Treu/ ???rjaget er die Furcht/ und macht die Hoffnung neu.13. C. Nun wird der Fried erfolgen.14. V. Der Fried wird auf manche Weiſe gebildet/ nachdeme er nem= ???h auf Schaupfenninge oder in Holtz/ Stein/ etc. oder in Freudenſpielen zu ???en kommen ſol. Wir ſetzen ihn hier auf einen Siegswagen/ der von einem ???wen und einem Schaf/ oder von den gebundenen und ueberwundenen ???iegsunholden oder Furien/ gezogen werden ſol. Seine Geſtalt ſol ſeyn(Eſ. 11. v. 7.) ???ich einer ſchoenen Jungfrauen/ deren Haubt mit aehren bekraentzet. In der ???and hat ſie eine ̅ Oelzweig. Ihr Kleid iſt gulden/ und neben ihr iſt das Horn ???s Uberfluſſes. Die Verſlein koennen in folgende froeliche Reimart verfaſ= ???werden.

1.
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NAch blutigen Kriegen/ entſchlaffen die Waffen/
|| [449]
mit vollem Vergnuegen den Frieden zu ſchaffen. Das ruehmlichſte Siegen iſt freundlich beſtraffen; Daß endlich |unſchuldige Scharen der Frommen den quellenden Quellen der Threnen entnommen.

2.
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Die Voelker ſich freuen mit Ruhe zu ſchuetzen; Sie wollen mit Treuen die Einigkeitſtuetzen und pfluegen von neuen/ die Felder zu nuetzen. Es triefen Oliven mit Uberfluß Schaetzen/ man ſpuehret den Frieden auf Volkbaren Plaetzen.
|| [450]

3.
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Des Friedens Gedeyen behaget ein ieder. Man ſinget am Reyen erfreuliche Lieder: Die Hoernerſchalmeyen erſchallen nun wieder. Die Loewen und Schafe vereiniget weiden/ und| werden ſie ferners noch zweyen noch ſcheiden.

4.
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( CCLIII, 86.)
Die Donnerkartaunen die Hagelmuſqueten/ die Lermenpoſaunen/ die Reutertrompeten/ die tromlenden Faunen/ und wůrblenden Floeten
|| [451]
bezeugen ohn Stůrmen und Schwuermen die Freude des guldenen Friedens verbuendliches Eide.

5.
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Es hupffen die Waelder/ die Voegelein ſingen: es ſpringen die Felder/ die Thaeler erklingen: man ſamlet die Gelder ohn Noehten und Zwingen. Es hangen die Waffen an mueſſigen Pfoſten/ die/ auſſer Beſtraffung der Laſter/ verroſten.

6.
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Poeten beſchreiben das Friedensbeginnen: Wie ewig verbleiben die Fuerſtliche Sinnen/
|| [452]
ſo machen bekleiben und Ruhe gewinnen/ die tapferen Teutſchen/ von aengſtigen Kriegen/ vergnuegend ſich ſelbſten in Friedensbeſiegen.

7.
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Oſt Suden und Norden die Fuerſten beloben/ die Freunde ſind worden/ und ſchweben dort oben/ im himmliſchen Orden/ wie Flammen erhoben. Es ſinge ſie Orpheus guldene Leyer/ und růhme der irdiſchen Goettere Feyer!Dieſer Lieder koenten viel erfunden werden/ laſſen es aber dieſesmal darbey ???bleiben.
|| [453]
15. A. Weil die andren Gedichte alle gar kurtz/ ſolte ſich dieſes lang??? nicht wol unter ein Gemaehl ſchikken.16. V. An deſſen Statt koenten auch folgende kuertzere Dopelreime??? ſtehen.
DEr Frieden gezieret mit Freudenoliven hat ieden gefuehret die Treue zu pruefen. Er heilet die ſchaedlich geſchlagenen Wunden/ und pfeilet mit ſchiedlich| behagenden Stunden. Die guldene Zeit/ der Huldinen Freud’/ erſcheinet mit Einigkeitsbanden verbunden.17. J. Dieſe werden deswegen Dopelreimen genennet/ weil ſich in de??? zweyen Zeilen viel Woerter zugleich reimen.18. V. Nun folget dem Frieden der Reichthum und Uberfluß/ e??? gegen geſetzet der Armut/ welcher zuvor gedacht worden. Dieſes Bıld??? Kleidung iſt von Purpur/ das Haubt mit Edelgeſteine ̅ gezieret/ in der Recht??? [454] ???aegt es ein guldnes Trinkgeſchirr voller Goldſtukke/ in der Linken ein Horn ???maltee/ oder einen Scepter; weil das Geld alles regiret. Die Verſlein ???nnen nachgehenden Inhalts verfaſſet werden.
DIe wehrte Friedenszeit ernehret Leut und Land/ erſetzt mit Uberfluß den Mangel aller Orten/ ergetzt den armen Mann/ daß er in ſeinem Stand/ mit ſeinem Hausgeſind/ ruehmt dieſe Friedenspforten. ???er langverlangte Fried legt hier die guldnen Fluegel/ ???harrend ſtets bey uns/ auf teutſcher Muſenhuegel.19. D. Weil der Reichthum ſo fluechtig/ als der Fried und die Einigkeit/ ???t man billich zu bitten/ daß GOTT die verliehene Beruhigung nicht wie= ??? von uns nehmen wolle/ wie unſre ſichere Suenden wol verdienen ???chten.20. V. Nun folget die Gerechtigkeit/ unter welcher auch alle andre ??? anhaengige Tugenden verſtanden werden. Ihr Haubt iſt mit einer(Ceſare Ripa in Iconologia.) ???nigskron gezieret/ an ihrem Hals hat ſie eine guldene Ketten/ in de [455] ren Kleinod ein Aug zu ſehen/ in der rechten ein Schwert/ in der lınken die??? Waag/ etc. Die Reimzeile moegen folgende oder dergleichen ſeyn.
Durch mich herrſchen/ die man bıllich Goetter nennet/ deren Hertzen Gott der hoechſte Richter kennet. Laſter ſtraffen und der Tugend Ehrenlohn pfleg’ ich treulich Reich und Armen auszutheilen. Fried und Ruhe ſetzen mich in meinen Thron/ mich wird niemals Fehl und Irrthum uebereilen. Solches deutet dieſes Aug auf meiner Bruſt: Meine Waage bleibt der Teutſchen Ehr’ und Luſt???21. R. Die Reimart iſt nicht eilhabend/ wie zuvor der Ungerechtigke??? Verſlein: Weil die Gerechtigkeit wolbedachtſam und langſam verfaehret.22 V. Letzlich folget die Gottesfurcht/ entgegen geſetzet der Ruchl??? ſigkeit/ von welcher Anfangs iſt Meldung beſchehen. Ihre Bekleidung ??? rot/ auf dem Haubt hat ſie Flammen/ zu bezeugen/ daß ihr Sinn/ wie d??? Feuersflammen gegen den Himmel ſteıge. Ihr Hertz iſt entbloeſſet/ und i??? [456] ???ſſelbe der Namen GOTTES geſchrieben/ dahin ſie auch mit der rechten ???and deutet: In der lınken traegt ſie ein Horn voll allerhand Fruechte; Weil ??? Gottesfurcht zu allen Dingen nutz iſt/ und Verheiſſung hat zeitlichen und ???igen Wolergehens. Die Verſlein koennen nachfolgenden Inhalts ſeyn.
NUn erfolgt der liebe Fried: Ich komm aus dem Elend wieder/ ſtimme Dank=und Freudenlieder/ und begluekke das Gemuet/ mit Gott angenemen Denken/ Worten/ Werken/ Hertz und Sinn ſchwing ich mich an Himmel hin/ der den Frieden pflegt zu ſchenken.23. D. Dieſes alles muß in einer Groeſſe auf den erſten Grund zu ſte= ??? kommen Was iſt aber auf dem zweyten und dritten?24. V. Hierbey koente man mahlen/ wie alles das/ was man zuvor zu ??? Krieg gebrauchet/ nun in dem Frieden auf andre Weiſe dienet/ als: Ein [457] Soldat braet an ſeinem Degen Huener/ der andre zerhaut die Piquen und??? Hellenparten zu dem Feuer. Der dritte trinket Tabakk mit einem Zuend??? ſtrıkk. Der vierdte hat in ſeiner eiſernen Hauben/ als in einem Topf Fleiſc??? zu dem Feuer geſetzet. Der fuenffte ſpannet ſein Reitpferd in den Pflug??? und iſt das Cornet oder Reuterfaehnlein ein Wirtshaus zeichen. Dami??? aber alles deutlicher verſtanden werden moege/ ſetze ich dieſes Liedlein bey.

1.
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WO zu dienen ietzt die Degen? daß man Huener daran ſpiſſt. Was zuvor den Mann gerueſſt/ brauchet man zum Schůſſelfegen. Die Muſqueten und die Piquen/ Pulvertaſchen/ Pantalier/ werden ſich zum Feuer ſchikken/ Es verbrennet alles hier.
|| [458]

2.
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Schauet doch das Wirtshauszeichen/ das zuvor war ein Cornet! Bacchus iſt der Friedplanet/ wil ſich mit Tabakk vergleichen. Was zuvor zum Streit gefuehret/ den Soldaten ohne Sold/ macht/ daß er die Schlacht verlieret/ wann er ficht mit Rebenhold.

3.
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Jedermann iſt laß von Kriegen; unwehrt iſt das ſchwere Schwert/ ja das duerre Reuterpferd freuet ſich/ das Feld zu pfluegen. Der zuvor den Krieg begehret/ iſt nun Geld=und Herrenloß:
|| [459]
Dann der Stoltz nicht laenger wehret/ biß der Krieg kriegt einen Stoß.25. R. Dieſer Aufzug koente nun ferners auf vielerley Weiſe veraen= dert und koſtbarer angefuehret werden. Wann man ſolches durch kleine Kna= ben ſolte ſingen laſſen/ und ieden beſchriebner Maſſen auskleiden/ wuerde die Erfindung viel annehmlicher kommen.26. D. Der Fried kan auch einen ſolchen Aufzug machen/ daß er ſitzet/ in Geſtalt eines ſchoenen Juenglings (maſſen die Bilder/ welchen wir das ((Anmerkung zu der Bild= kunſt.)) Woertlein der maennliches Geſchlechts fuerſetzen/ in weiblicher Geſtalt nicht koennen vorgeſtellet werden) unter einem Feigenbaum/ an welchem ſich ein Reben aufwındet. Sein Haubt iſt bekroenet mit einem Lorbeerkrantz/ weil der Fried der ſtetwaerende lobwuerdigſte Sieg iſt/ oder auch/ er kan mit der Staette Krone*/ von Eichenlaub gebunden/ wegen Erhaltung der Bur= (* Corona ei- vica.) gerſchaft/ gezieret ſeyn. In der Rechte traegt dieſer Juengling einen Grana= ten=Apfel/ die Abbildung der Einigkeit/ durch die vielartiggeſammte/ und gleichſam von der Natur gekroente Koernlein. Mit der linken verbrenne??? [460] ???ſer Juengling etliche zur Erden ligende Waffen. Sein Kleid iſt mit ???livienzweigen eingewuerket/ und unter ſeinen Fueſſen liget die gefallene ???neinigkeıt.27. J. Wie wird ſie aber gemahlet?28. D. Mit einem alten verruntzelten Angeſicht/ ihre Haare ſind ???chlangen/ in der Rechten hat ſie einen Feuerſtein/ in der Linken das ???uereiſen/ und liget neben ihr ein Blasbalk: weil dıe Uneinigkeit ???er Orten zublaeſet/ und Oel in das Feuer geuſſt.29. A. Dieſes were alſo ein Gemaehl allein/ das auch ohne Beyſchrifft ???verſtehen.30. D. Zu beeden Seiten koente man die zween Haubtflueſſe in Teutſch= ???d/ die Donau und den Rhein/ als alte Maenner mit groſſen Waſſerhae= ???bilden/ deren der eine/ nemlich die Donau/ das Haubt verhuellet/ und ei=(Auſon. Da- nubI penitis caput occul- tatur in oris.) ??? irdnen/ der Rhein aber einen glaeſern groſſen Hafen umarmet/ hat das ??? ubt mit Rebenlaub gezieret. Dieſe zween koenne ̅ folgendes Reimgeſpraech ??? dem Frieden halten.
|| [ID00506]
|| [462]

1. Die Donau.
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((Unter allen Stroeme ̅ flieſ= ſet die Donau vom Nieder= gege ̅ den Auf= gang: de ̅ Chri= ſten zum Vor= theil/ und Tuer= ken zum Nach= theil.)
VO die Sonne gehet auf/ eil’ ich hin mit ſchlankem Lauf/ von der Chriſten Blut betruebet: Aber weil der Fried erſcheint/ und nun neue Hoffnung giebet/ iederman fuer Freuden weint/ ???ß von Threnen meine Wellen in dem ſchnellen Gang erhellen.

2. Der Rhein.
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???o die Berge* ſteigen auf/ fang’ ich an den reinen Lauf/(* Gottards= berge in der Schweitz.) durch des Kriegers Kahn betruebet; weil auch mir der Fried erſcheint/ und dem Lande Ruhe giebet niemand mehr den Krieg beweint/ ???ß ich in Cryſtallenwellen laſſ’ auch meine Freud’ erhellen.
|| [463]

3. Die Donau.
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Schaudoch/ dorten ſitzt der Fried/ unter Wein=und Feigenbluet Sein Haubt zieren Lorberzweige der Granatenaepfel Kron/ als geſammter Eintrachtzeuge weiſet uns der Ruhe Thron. Der die Waffen hier verbrennet/ wird der ſichre Fried genennet.

4. Der Rhein.
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Es haelt dieſer ſtarke Fried/ unter gruener Rebenbluet/ Des Zwitrachtes boeſe Zweige und der Otterhaare Kron/ Blaßbalk/ Stein und Feuerzeuge ligt zu Fueſſen bey dem Thron. Die vor Land und Leut verbrennet/ iſt Uneinigkeit genennet.
|| [464]

Die Donau.
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???s wird nun in dieſem Land hier an meinem Schroffenſtrand mancher Hirt auf gruenem Hůgel die gebildte Wollenherd und in meiner Fluten Spiegel ſehen das belaſte Pferd/ die Sohm zurukke ziehet und die Berge weichen ſihet.

Der Rhein.
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???s ſpielt ſchon in meinem Land mancher Hirt am Uferſtrand/ von Parnaſſus Muſenhuegel ſihet man Apollo Herd und in Claros klaren Spiegel Aganıppe Fluegelpferd. ???eine Muſa nicht verziehet/ und ſich nun in Ruhe ſihet.
|| [465]

Die Donau.
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Lob den groſſen Ferdinand/ der/ wie nun der Welt bekant/ uns den Frieden hat gegeben. GOTT nehm’ uns von unſrer Zeit/ und ſetz’ es zu ſeinem Leben/ in ertheilter Einigkeit. Meine Nymphefroelich ſpringen/ und von ſeinem Lobe ſingen???

Der Rhein.
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Nechſt dem groſſen Ferdinand iſt der Liljen Ruhmbekant/ die uns ietzund Ruh gegeben/ ſamt der Heldin unſer Zeit. Dieſer Friedenſtiffter Leben ſchůtze Gott der Einigkeit! Berg und Hůgel froelich ſpringen/ und von Fridensfreude ſingen
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31. V. Dieſe Geſpraechreimen ſind etwas gezwungen/ weil die letzten ???eimwort unveraendert behalten/ der Inhalt aber geaendert werden muß; ???an koente es aber leichtlich mit andern Reimen ſchlieſſen.32. R. Solcher Bildungen koenten noch etliche andere ausgeſonnen ???erden/ daß er nemlich unter einem Koeniglichen Thron zu ſehen von den ???er Jahrszeiten/ oder der vier Tugenden auf den Achſeln getragen wuerde: ???ß er vondem Himmel geflogen/ oder mit heydniſchen Goettern begleitet kae= ???e/ etc. Dem Erfundenen iſt leichtlich ein mehrers beyzuſetzen.33. J. Dergleichen gehoeret zu den Geſpraechſpielen/ und iſt derſelben ???rzehlungen/ in Ermanglung wuerklicher Vorſtellung/ luſtig anzuhoeren/ ???er zu leſen.34. A. Hierbey fragt ſichs: Ob wol ſchreiben/ oder wol reden ???ehr beluſtige/ und Ehre verdiene?35. V. Unter Rede ̅ und Schreibe ̅ iſt nur zufaelliger Unterſcheid/ un ̅ iſt bee= ???s allein de ̅ vernuenftigen Menſche ̅ von Gott verliehe ̅ : deswege ̅ hat er auch al [467] lein eine lange/ weiche/ breite und leichtbewegliche Zunge/ nicht nur die Spei??? ſen zu pruefen/ ſondern auch dardurch ſeine verborgene Gedanken zu dolmet??? ſchen/ welche des Verſtands Wort billich genennet werden. Die Rede nu??? wird durch den lebendigen Odem beſeelet/ da hingegen der Buchſtab tod und??? krafftlos iſt.36. J. Der Verſtand iſt ein Gelehrter/ welcher zweyen Schreiber??? (dem Mund und der Hand) zugleich in die Feder ſaget: ob nun wol einer ge??? ſchwinder iſt/ als der andere/ ſo haben ſie doch ein Geſchaeffte/ und iſt der letz??? te/ als der aeltſte/ und bedachtſamſte/ der klugſte/ da hingegen der juengſte di??? Rede/ Vorlaut/ und wieder zurukke nemen muß/ was ohne Vorbedacht ge??? ſagt worden.37. R. Wie etliche Jungfrauen von Ferne ſchoen/ in der Naehe aber u??? geſtalt ſcheinen; alſo gefaellet manchem eine gezierte Rede/ welche auf de??? Papier nicht leſwuerdig geachtet wird. Die Schrift aber/ ſo beharrlich bleibe??? ſol/ wird mit vielem muehſamen Nachſinnen in ihre Vollkommenheit geſetze??? Die Rede hingegen faehret mit dem Luft dahin/ und verſtirbt in der Gebur??? [468] ???e ſchwartz=auf weißgeſchriebene Buchſtaben leben auch nach unſerm ???od. Die Indianer haben ſich hoechlich verwundert/ daß ein ſtummer Brief/ ???n ſie zu ihren Ohren gehalten/ und nichts reden wollen/ einem andern al= ???s kund gemachet/ was darinnen verfaſſet.38. C. Die Rede hoeren etliche wenige/ die Schrift aber vernehmen viel ???uſend.39. D. Die Rede iſt uns nohtwendiger als die Schrift. Beedes wird ???ol und uebel gebraucht (maſſen nichts iſt/ welches nicht koente mißbrauchet ???rden/ als die Tugend.) Wol reden kan der Mund; wol ſchreiben die Hand. ???anchem iſt dieſes/ manchem jenes nohtwendiger. Zu den Geſpraechſpielen ???die Rede am nohtwendigſten/ zu den Gedichten dıe Schrift/ beedes aber ???vielmals beyſammen/ und wachſen dieſe Fruechte auf einem Stammen.40. A. Aus dem Schreiben iſt leichter von des Menſchen Verſtand zu. urtheilen/ als aus dem Reden/ welches mehrmals nicht von ſo reiffem Nachdenken herkommet.
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Schluß.
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WEil wir nun durch GOttes Gnade die CCC. Geſpraech= ſpiele zu Ende gebracht/ und in denſelbigen alles/ oder ja das meinſte angewieſen/ was zu erfreulicher Unterredung dienſt= lich/ und bey den Hiſpaniern/ Frantzoſen und Italiaenern hiervo??? aufgezeichnet zu finden/ erinnern wir nochmals/ daß dieſe Geſpraech= ſpiele nur halb geſchrieben/ aber mit holdſeligen Lippen/ wolſtaendi??? gen Geberden/ lieblicher Stimme/ und loeblicher Beſcheidenhei??? von derſelben Liebhabere mueſſen ergaentzt/ und vollſtaendig gemache??? werden. Ob wir nun wol in dieſer Arbeit die Feder niderlegen/ ſol??? [470] ??? doch nicht mueſſig verbleiben/ wie wir in der Vorrede folgenden Anhangs berichtet/ und erwieſen/ daß doch der Spielende gebe allezeit etwas.
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Zugabe: XXV. Merkwuerdige Fragen aus der Naturkuendi= gung und Sitten=oder Tugendlehre/ behandelt durch den Spielenden.
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Erklaerung des Titels.
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(Klingreim= lein.)
IN des tiefen Brunnens Bogen ligt die Warheit auf dem Grund/ (Ex Sententiae Democriti.) und wird recht herausgezogen/ durch Geſpraechbeliebten Mund. Wie den Jagtgerechten Hund ſeine Spur nie hat betrogen: Wie die Omeiß geht geſchmogen und ſucht/ was ihr iſt geſund; Alſo ſuchet/ gleicher Weis der in Kůnſten holde Fleiß/ was zuvor verborgen liget. Hier erhellet eine Prob: dein/ O Leſer/ bleibt das Lob/ wann du dich hieraus vergnuegeſt.
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Vorbericht an den Teutſchliebenden Leſer.
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NAchdem nun die CCC. Geſpraechſpiele/ mit Verleihung Goettlicher Gnaden/ zu Ende gebracht/ und iedem Theil derſelben eine abſonderliche Zugabe beygeleget worden: iſt hier kuertzlich zu erinnern/ daß ſolche haubtſaechlich auf Ge= dichten/ Geſchichten und Fragen oder Aufgaben beſtehen. Ob wir nun wol dieſe Spiele nicht fortzuſetze ̅ gewillet/ ſind wir doch im??? Werk begriffen in dieſen dreyen noch etliche Proben zu leiſten.2. Die Andachtsgemaehle ſollen nach den Evangeliſchen Tex??? ten/ und Liedern gerichtet und ausgedichtet folgen. An den Ge [476] ???hichten iſt ſo wol der Froelichen als Traurigen/ unter dem Titel ???s groſſen Schauplatzes/ ein Anfang gemachet/ und ſind ſelber be= ???it CC. drukkfertig. Von den Fragen aber haben wir hie ein ???uſter beylegen wollen/ und gedenken gleichsfals ſolche in unter= ???iedlichen kleinen Werklein fortzuſetzen/ und alſo zu den Geſprae= ???en einen voelligen Vorraht zu ſchaffen: maſſen ſolche/ wann man ???em Abſatz oder § einen Buchſtab von den ſechs unterſchiedenen ???erſonen vorſetzet/ nichts anders ſind/ als die angefuehrten Reyen= ???d Zweiffelfragen/ von welchen wir zuvor unterſchielich gehandelt.3. Dieſes Vorhaben iſt von den Frantzoſen abgeſehen/ welche ???ihrer Sprache/ ſowol die Naturkuendigung/ als Sitten oder Tu= ???ndlehre verabfaſſet/ (wie zu ſehen aux Conferences du Burean d’ ad- ???ſe, Philoſophıe Françoiſe, Academie Françoiſe, &c.) und denen/ ???elche nichts ſtudiret/ zu ſattſamer Unterrichtung gedolmetſchet/ [477] daß man auch mit groſſer Verwunderung das Frauenvolk aus ſol= chen Wiſſenſchaften gruendig reden hoeret.4. Ob nun wol die Frantzoeſiſche Sprache/ von Scaliger allei??? fuer gnugſam gehalten wird/ alle ſubtile Sachen vorzutragen/ weil ſi??? groſſe Verwandſchaft hat mit dem Latein; ſo ermangelt doch auch unſrer nicht das jenige/ was zu rechtem Verſtaendniß aller Sache??? nohtwendig iſt/ und ſind wir bloede Leute/ daß wir nur in fremde??? Sprachen klug und gelehrt ſeyn wollen/ und unſre Unwiſſen= heit der Sprache Unvermoegen/ ohn Be= dacht/ beymeſſen.
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Zwoelff Merkwuerdige Fragen aus der Naturkuendigung behandelt.
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Die I. Frage.
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Ob der Verſtand oder der Leibe groeſſere und ſchwerere Ar= beit ausſtehen koenne?DIe Arbeit des Leibs iſt eine wuerkliche Arbeit: die Ar=(Vonder Leibs arbeit.) beit des Verſtands beſtehet in der Einbildung/ und kan gleichſam nicht begriffen werden. Man laſſe ei= nen Gelehrten/ der fleiſſig ůber den Buechern ſitzet/ eı= ne Stund Holtz ſpalten/ oder Waſſer ſchoepffen/ ???er in dem Weinberge graben/ Hitz/ Regen/ Kaelte/ und derglei [479] chen Ungemach ausſtehen/ und frage ihn alsdan ̅ / welche Arbei??? ihm am ſaurſten werde? Man hoere einen Baumeiſter/ und eine??? Steinmetzen/ oder Zimmermann von ihrer Arbeit reden/ oder ei??? nen Steuermann auf der Galeren/ und die Ruderknechte/ wel??? che ſich am ſtaerkſten bemuehenmůſſen/ etc. Wann man ſagt/ da??? eine Krankheit den Verſtand ſchwaeche/ ſo iſt hierdurch zu ver??? ſtehen/ daß das Gehirn/ welches ein Theil des Leibs iſt/ leide un??? gekraenket ſeye: dann der Verſtand iſt eine Wuerkung der Seelen??? welche keinen Schmertzen leiden kan/ als in ihren Werkzeuge??? des Leibs. Alle Arbeit betrifft ſolcher geſtalt erſtlich den Leib??? und dann auch etlicher Maſſen den Verſtand und die Gedan??? ken/ welcher Aufſicht auch zu der meinſten Handarbeit von??? (Von der Ver= ſtandarbeit.) noehten iſt.2. Wann man die Bemuehung des Verſtands mit der Arbei??? des Leibs vergleichen wil/ ſo vereinbart man die Mukken mi??? den Elefanten. Der Leib iſt mit ſeinem raumlichen Ort umfa??? [480] ???/ und kan mit menſchlichen Augen geſehen und gefůhlet wer= ???n. Der Verſtand aber und die ewige Seele iſt unendlich/ des= ???egen ſie auch Goettlich zu nennen/ und kan allein zwiſchen ???m Guten und Boeſen einen richtigen Unterſcheid machen. Der ???eib ohne Verſtand iſt ein erſtorben Aas/ und eine Bewegung. ???ann nun der Verſtand durch den Leib arbeitet/ und ſich des= ???egen als ſeines Werkzeugs gebraucht/ ſo arbeitet ja der Mei= ???r mehr/ als ſein Eiſen/ Axt oder Hauen/ welche von ihm regiret ???ird. Die Arbeit aber oder Bemuehung des Verſtands/ ſind ſei= Regungen/ oder Betruebniſſen/ als Schrekken/ Furcht/ Sor= ???n/ etc. Wann man nun ſolche mit dem allerſchwerſten Laſt des ???eibs vergleichen wolte/ ſo wůrde die Beſchwerung des Ge= ???uets/ bey der allergroeſſten Furcht/ noch viel unertraeglicher ſeyn.3. Man koente dieſe Frage alſo ſtellen: Ob der Verſtand oder der(B???trachtung der Frage.) ???b mehr Bemuehung haben/ und erdulten koenne? Hier muß man nun ???terſcheiden die Beſchaffenheit eines und des andern. Es [481] finden ſich etliche erhaerte und ſtandhaffte Gemueter/ welche al= les Unglůkk mit unbeweglicher Beharrlichkeit erdulten und ausſtehen; gleich wie unter den Thieren die Eſel ſind/ welche die Streiche faſt ſonder Bewegung aushalten/ da die Pferde zu regi= ren die Stimm genug iſt; Zu den Ochſen aber muß man ſpitzige Stachel gebrauchen/ ſelbe vor der Laſt fortzutreiben. Alſo gibt es etliche grobe Ruelpen/ die der Kopfarbeit nicht faehig/ hinge= gen aber von der Natur zu der knechtiſchen Handarbeit gewid??? met ſind: und die Gelehrten koennen mit der Hand nichts/ ode??? wenig/ mit dem Haubte aber groſſe Sache verrichten. Ein Laſt??? der einem Kind zuſchwer/ iſt einem Weinſchroeder leicht zu tra??? gen. Ein Ungluekk drukket manchen zu Boden/ welches ei??? andrerſonder Bewegung erdultet.(Unterſcheid der Verſtand= arbeit.) 4. Wann man aber durch das Wort Arbeit oder Bemuehung des Verſtands nicht die Regungen und Bewegungen des Ge= muets verſtehet; ſondernein freywilliges Thun/ ſo kan zwar di??? [482] ???emůhung des Leibs auch ohne Verſtand geſchehen/ der Ver= ???and aber kan nicht wuerken ohne den Leib. Wie nicht in unſerm ???llen ſtehet geſund zu werden; alſo ſtehet auch nicht allezeit in ???ſren Maechten den Neid/ den Zorn der Liebe/ etc. Einhalt thun. ???in Feldherr/ oder Hausvater arbeitet mit ſeiner Vorſorge/ und ???gleich auch mit dem Leib; ein Soldat und Diener aber iſt der ???erkzeug/ welcher ein mehrers nicht thut oder thun kan/ als ???ne befohlen worden.5. Hierbey muß man nachgehends unterſcheiden die Arbeit.(Unterſcheid Leıbsarbeit.) ??? ſchweren Sachen iſt die Verſtandarbeit groeſſer/ als die ???ndarbeit/ und kan von wenigen verrichtet werden. Unter ???00. Schuelern werden kaumlich 3. oder 4. vollkommengelehr= Maenner: Unter 1000. Handwerkern aber werden kaum 3. ???er 4. ſeyn/ welche nicht ihre Arbeit meiſterlıch verſtehen ler= ???. Die Seele gibt ſich zu erkennen durch den Verſtand/ als ???en Werkzeug/ und vergleicht ſich wol mit dem Auge/ gegen ??? gantzen Leib zu achten. Die Wiſſenſchaft iſt des Verſtands [483] Werkzeug/ und gleichet einem guten Fern=oder Brillenglas/ z??? Befoerderung des Geſichts. Die gar zu groſſe Arbeit des Leib??? und des Verſtands iſt ſchaedlich/ dorret den Leib aus/ mache??? vor der Zeit alten/ verzehret die Lebensfeuchte/ unterbricht de??? Schlaf/ welcher zu des Menſchen Leben ſo nohtwendig/ al??? Eſſen und Trinken. Deswegen wollen die Aertzte/ man ſol di??? Kinder in den zarten Jahren nicht anſtrengen zu groſſer A??? beit/ damit das Wachsthum des Leibs/ und die Werkzeuge de??? zarten Gehirns nicht verderbet werden. Weil nun keine ??? groſſe Gefahr iſt/ wann man klein oder ſchwach von Leib/ a??? wann man den Verſtand verlieret; folget/ daß die Leibsarbe??? weniger ſchaedlich/ und deswegen geringer ſey/ als die Haub??? arbeit.(Geſam ̅ te Ar= beite ̅ des Ver= ſtands und Leibs.) 6. Mit dem Verſtand und dem Leib zugleich arbeiten/ iſt ??? die Harre nicht auszuſtehen. Wann es aber Wechſelweiſe g??? ſchihet/ kan eine Bemůhung die andre erleichtern. Ein Wan??? [484] ???er/ der mit ſeinem Geferten ein gutes Geſpraech haelt/ fůhlet die ???uedigkeit nicht/ und wird ihme der Wegſo viel kuertzer. Eine ???ngweilige Erzehlung aber wird denen verdrieſſlich/ welche ???tzend zuhoeren ſollen. Der Dantz bemůhet den gantzen Leib/ ???eil aber der Verſtand durch die Muſic beluſtiget wird/ iſt es ???ngen Leuten eine liebe Arbeit. Alſo haben auch iederzeit groſ= ???n Ruhm erlangt/ welche die ſchwere Kopfarbeit/ durch aller= ???and Beluſtigung/ leichter und angenemer gemachet hi???gegen ???er haben die Verdiente Schand und Spott darvongetragen/ ???elche durch Zanken und Schlagen/ die Belernung noch ſaurer ???d bey der Jugend verhaſſter vorgetragen. In unſren Ge= ???raechſpielen iſt abſonderlich dahingeſehen worden/ wie alles/ was jungen Leuten wol anſtehet/ mit gutem Luſt/ und gleichſam Spielweis gefaſſet und beygebracht werden moechte.
|| [485]

II. Ob die Loewen das Hanengeſchrey fuerchten?
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(Haans Be= deutung.) DIe alten Teutſchen haben in ihren Heerzuegen Ha??? nen mit zufuehren pflegen/ vielleicht ſich der Wach??? ſamkeit und Tapferkeit zu befleiſſigen; daher auch??? noch im Gebrauch/ daß die Mauleſeltreiber au??? dem erſten einen Haanen/ oder zum wenigſte??? Haanenfedern gebrauchen. Der ſinnreiche Bild??? hauer Phidias hat auf der Minervae oder Bilde der Kriegsgoe??? tin Helm einen Haanen gemacht/ zu bedeuten/ daß die Sold??? ten wachſam ſeyn/ wie erſternantes Thier/ und ſo groſſmuetig??? daß ſie entweder obſiegen/ oder zu ſterben wuenſchen ſollen. D??? Haan iſt ſehr zornig/ der Zorn aber machet kuehn und alle Ge??? fahr verachten/ daher auch die Frantzoſen Galli, und die Daene??? Haanen genennet ſeyn ſollen/ wegen ihrer Tapferkeit/ die ſ??? [486] ???ieſem Thier verglichen haben wollen. Der Haan iſt dem ???riegs Gott Mars/ wegen beſagten Urſachen/ oder wie die Po= ???en wollen/ daß er nicht gute Schildwacht gehalten/ als er dem ???ulcan Hoerner aufgeſetzet/ geopfert worden. Gleicher geſtalt ??? der Haan dem AEſculapio, Mercurio, der Sonne und dem Mond ???geeignet/ von etlichen Voelkern aber angebetet worden/ da= ???er die Chriſten vielleicht Urſach genommen/ des Haanen Bild= ???ß auf ihre Kirche ̅ zu ſtekken/ daß er ſich nach dem Winde wen= ???en ſol. Daß aber der Loew das ſtaerkſte und großmůtigſte Thier ???ch unter allen von den Haanenſchreyen entſetzen ſol/ das iſt ???ne von den alten Fabeln/ zu dem Ende erfunden/ daß man ???r durch den Maechtigen und Gewaltigen zu verſtehen geben ???ollen/ wie ſie ſich auch vor den Geringſten zu befahren.2. Es gleichet des Alexanders Schwert/ wann man alles/ ???as von langer Zeit/ mit der alten glaubwuerdigen Bejahung ???rknuepfet/ mit dem Nein verabſcheiden und entzweyen wil. [487] daß der Haan auf den Kirchen von des Petri Haanen herkom??? men/ iſt glaubiger/ als von der blinden Heydenſchaft. Der??? Loew iſt ein Thier/ das der Sonnen zugeeignet wird/ ſowol als??? der Haan/ welcher zu derſelben Aufgang zu ſchreien pfleget??? darvon die Tůrken fabuliren/ daß ein groſſer Haan in dem Him= mel/ welcher am erſten aufwache/ und mit ſeinem Geſchrey all??? (Erſte Urſach.) andre Haanen aufwekke. Die natuer liche Urſache aber/ waru??? ſich der Loewe darvor entſetzet/ iſt dieſe/ dieweil ſein ſcharffes??? Geſchrey mit den groſſen Ohrroehren kein Ebenmaß hat: glei??? cher weiſe/ wie uns das Knirſchen mit einem Meſſer auf Ma??? mol zuwider iſt/ oder die Hunde das Glokkenleuten und Schu??? (Zweyte Ur= ſache.) lerſingen ſonder Wintzlen nicht hoeren koennen.3. Es ſol auch dieſes eine Urſache ſeyn/ weil in Africa un??? Griechenland/ wo die Loewen gefangen werden/ keine Haane??? zu finden/ oder daß ſie in den Wildniſſen/ und von den Doerffern??? wo die Huener erzogen werden/ entfernet leben; deswegen ihne??? [488] ???as Haanengeſchrey ſo fremd vorkommet/ daß ſie darob erſtau= ???en. Zumerken iſt auch/ daß in Theſſalonien und Macedonien(Drittte Ur= |ſache.) ???e Haanen gar nicht ſchreyen ſollen/ wie die Geſchichtſchrei= ???er beglauben.4. Der Loew fuerchtet ſich nicht vor de ̅ Geſchrey des Haans/(Des Loewen Natur.) ???ndern wann er daſſelbe hoeret/ ſo ſtrekket er die Ohren/ gleicher ???eis wie auch der Elephant/ das Tigerthier/ das Pander ???d alle dergleichen vierfueſſige Thier/ ſich fuer dem Zwitzern der ???aeuſe entſetzen. Wann aber der Haan nicht ſchreiet/ ſo fůrch= ??? ſich der Loew ſo wenig darvor/ als der Wolff vor den Scha= ???/ der nicht aus Feindſchaft gegen daſſelbe/ ſondern aus ???eundſchaft gegen ſich ſelbſten demſelben nachtrachtet.5. Man koente auch ſagen/ daß der Loew/ der Koenig aller Thie=(Loew iſt den Haanen nicht feind.) ???ſich gleichſam verwundere/ daß ein ſo kleines Thierlein/ wie ???r Haan/ eine ſo laute Stimme habe/ und ſich ſo von ferne hoe= ??? mache/ da er hingegen ohne Brůllen viel Thiere zerreiſſt/ de [489] ren keines dergleichen Geſchrey von ſich giebet. Gewiß iſt/ daß der Loew auch die Haanen ſowol friſſt/ als andres Gefluegel/ wann es ihm nur ſo gut werden kan.6. Alles/ was geſchicht/ kommet entweder von uebernatůrli= cher/ oder natuerlicher/ oder kuenſtlicher Wuerkung her. Daß der Loew das Haanengeſchrey nicht wol erdulten kan/ muß eine na= (Vierte Urſa= che.) tůrliche urſache haben/ weil er noch ein Wunder=noch ei??? Kunſtwerk iſt. Wann man nun betrachtet des Loewens Gehoe??? und des Haanen Geſchrey/ iſt unter ſolchen ein ſo groſſer Unter= ſcheid und Ungleichheit/ als wann ein alter Mann/ der bloed??? Augen hat/ in die Sonnen ſehen ſolte/ welcher Glantz er ſo wenig ertragen/ als er ihme ein Jaegerhorn wird in die Ohren laſſenblaſen koennen.
|| [490]

III. Warum der Magnet das Eiſen an ſich ziehe/ und ſich gegen Mitternacht wende?
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DIeſe zwo Fragen wollen wir abſonderlich behand= lem/ und zwar erſtlich/ warum der Magnet oder Ei= ſenſtein das Eiſen an ſich ziehe/ beſehen.1. Wann die Steine ein Leben haetten/ wie Car=(Steine leben nicht.) danus geſchrieben/ ſo were ſich nicht zu verwundern/ ???ß der Magnet das Eiſen an ſich ziehet/ wie alle andre Thiere ???e Nahrung und Weide ſuchen/ und die Erdgewaechſe den ???aft des Taus und des Regens/ welcher von dem Erboden be= ???ftiget worden. Weil aber ſolches nicht iſt/ muß man andre ???ſachen unterſuchen. Das Anſichziehende muß ſtaerker ſeyn/ ??? das/ was angezogen wird/ und ſo viel mehr/ wann es/ wider ??? Gebrauch der Natur/ das Schwere ſol in der Hoehe halten/ [491] wie der Magnet das Eiſen|/ und iſt unter den groſſen Wunder= werken unſers Erloeſers nicht das geringſte/ daß er auf dem (Erſte Urſach.) Waſſer gegangen. Die Urſach aber iſt/ daß ſo kraeftige Geiſter= lein aus dieſem Steine dringen/ welche das Eiſen umfaſſen/ a??? ſich ziehen und halten/ wie unſer Geruch/ der Geſchmakk und??? das Gehoer beluſtiget und gereitzet wird.(Zweyte Ur= ſach.) 2. Zu voriger Urſache kommet auch dieſe/ daß eine iede Sach??? ihre Wůrkung in ihres gleichen hat; alſo iſt des Feuers Wuerkung in dem Holtz/ welches es verzehren kan/ nicht aber in den Stei= nen Der Gewuertze Geruch wůrket auf und in dem Feuer. Das (Dritte Ur= ſach.) Geſicht vermittelſt des Liechts/ etc. Die Urſache/ warum ſolche??? geſchehe/ iſt die natuerliche Eigenſchaft/ mıt welcher die Natu??? alle Sachen verbunden/ und ſolche verknuepfet auch den Ma??? gnet mit dem Eiſen; maſſen es ein unvollkommenes Eiſen ſey??? ſol/ und unter der Erden leichtlich gar zu Eiſen werden kan wie ſich nun eine Flamme mit der andern/ und ein Waſſer mi??? [492] ???em andern leichtlich vereiniget/ alſo auch dieſe beede/ als glei= ???es mit Gleichem.3. Wie die Menſchen Freundſchaft miteinander pflegen/(Vierte Urſa= che.) ??? ihrer Erhaltung: alſo hat auch GOTT unter den andern ???eſchoepfen auch eine Freundſchaft geſtifftet; maſſen in vielen ???dern Sachen zu beobachten/ als zwiſchen dem Mond und ???m Meer/ zwiſchen der Sonnen und den Erdentuft/ zwiſchen ???r Luft und der Lungen/ etc. und meſſen etliche ſolches dem allge= ???einen Weltgeiſt * bey/ deſſen Eigenſchaft iſt alle Geſchoepfe(* Spiritus Univerſi la- tinis dicitur.) ???eſentlich zu erhalten. Es iſt auch zu verwundern/ daß der ???agnet durch das Eiſen gleichſam genehret wird/ und wann(Magnet/ wan ̅ er verdorben/ zu bekraeftige ̅ .) ???verdorben und geſtorben/ durch den Geruch der Zwiefel ???ederum kan lebendig gemachet/ und begeiſtert werden. Wan ̅ ???n ein Meſſer mit Magnet beſtreicht/ ſolder Schnitt oder ???ich deſſelben keinen Schmertzen verurſachen/ wie Cardanus ???reibt: Die Probe ſteht iedem frey.
|| [493]
4. Die andre Frag iſt: Warum ſich der Magnet gegen Mitternach??? wende? Es ſind zweyerley Arten der Magneten: der weiſſe ſihet??? gleichſam Fleiſchfarb/ und der ſchwartze iſt Eiſenfarb. Vo??? dem weiſſen iſt zu verſtehen/ wann Cardanus ſchreibet/ daß die??? darmitberuehrte Nadel eine Fleiſchwunden ſonder Schmertze??? machen koenne. Von dem ſchwartzen iſt hier die Frage/ und??? ſchreiben die Naturkůndiger/ daß die Magnet=Bergwerke/ ge= (Erſte Urſach.) gen Mitternacht/ in der Inſel Ilva zu finden/ dahin/ als zu ſei= nem Urſprung/ dieſer Stein ſihet und zielet. Es iſt auch abſon= (Die zweyte Urſach.) derlich bemerket worden/ daß wie die Sonne an dem Himme??? von Aufgang biß zu dem Nidergang ihren ordentlichen Lau??? habe: Alſo finde ſich auf der Erden eine Ketten von Berge??? (Athanaſ. Kir cherus in Ma- gnet.) welche ſich von Mittag gegen Mitternacht ziehen/ und dere??? Grund Magnetiſch ſeye/ darnach ſich dieſer Eiſenſtein richte.(Dritte Urſach) 5. Andre meſſen dieſe Urſachen den Leit=oder Baerenſtern zu??? welche die euſſerſten Winkel des Himmels gegen Mittag und??? [494] ???itternacht halten/ und wollen/ daß ſich die mit Magnet be= ???richene Nadel gegen dieſen Sternen/ wie etliche Blumen nach(Vierte Ur= ſach.) ???er Sonnen und dem Mond/ wende. Andre wollen/ daß der ???agnet eine Haut oder Rinden habe/ und wann man ſolche ???etabziehe/ finde man die beſagten zween Sterne ſchnurſtrakks ???geneinander bemerket. Wann man aber ueber die Mittags= ???nie kommet/ weichet er um etliche Grade/ weil er entweder dem ???dern Leit=oder Winkelſtern naeher/ oder von den Magnetin= ???n gewendet wird.6. Etliche wollen allen dieſen Urſachen keinen Glauben zu= ???ellen/ ſondern bekennen mit Scaliger/ daß ſie ſolche Wůrkung ???wenig verſtehen/ als den Lauf der Planeten und des gantzen ???immels; deſſen Ordnung man wol und gewiß erlernet/ die Ur= ???chen aber der Goettlichen Allmacht/ ſo ihr ſolches vorbehal= ???n/ nicht geben kan. Wann uns ſolches nicht ſo gemein/ wuer= ???en wir Urſache haben/ uns mehr darueber zu verwundern/ als [495] wir nicht thun. Sol man aber ja dieſer verborgenen Sache??? Urſache geben/ ſo iſt die gewiſſte und ſicherſte/ daß man ſage??? der Magnet wendet ſich gegen dem Nord/ oder Mitternacht??? weil es Gott alſo verodnet/ daß er den Menſchen zu den Schiff??? farten dardurch dienen ſol.

IV. Ob man die Unſterblichkeit der Seelen durch natuerlich??? Urſachen erweiſen koenne?
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DAs Liecht der Natur hat den blinden Heyden eroeff??? net/ daß ein Gott ſey/ und ſaget David recht/ die Th??? ren ſprechen in ihrem Hertzen/ es iſt kein GOtt/ un??? zwar ein gerechter Gott/ der das Gute belohne/ un??? das Boeſe beſtraffe/ welches aber nicht zeitlich be??? ſchehe/ indem die froemſten am meinſten geplagt werden; ſo??? [496] ???ern in jenem Leben an unſren/ von dem Leib abgeſchiednen ???eelen/ welcher Unſterblichkeit aus ihren Wůrkungen ſattſam ???hellet/ als da iſt/ daß unſer Verſtand mit zuwachſenden Jah= ???n ſich mehret/ und gleichſam in dem Alter verjůnget/ daß wir ??? Erwartung des juengſten Gerichts erſchrekken/ daß uns unſer ???ewiſſen ſonderlich in Todesnoehten ſagt/ was recht oder un= ???cht gethan/ und daß wir einen gnaedigen und ungnaedigen ???ott haben koennen. In Erkantniß dieſes/ haben viel von den ???eyden ihnen ſelbſten den Tod angethan/ damit ſie ſo viel eh der ???nſterblichkeit theilhaftig werden moechten/ und wann man ???n Menſchen gegen den Thieren betrachtet/ kan er das Ver= ???ngene und Zukuenftige erkennen/ dahingegen ſelbe mehr Ver= ???ndniß nicht weiſen/ als zu ihrer Erhaltung vonnoehten iſt.2. Das Wort unſterblich wird von denen geſagt/ welche ei=(Unſterblich wie es zu ver= ſtehen.) ??? Anfang/ aber kein Ende haben/ das Wort Ewig aber von ???ott allein/ der noch Anfang noch Ende/ noch Zeit noch Ziel ſeı [497] nes Weſens gehabt. Von dem Leib ſagt man/ daß er ſterbe und??? ſterblich ſey; das iſt/ von der Seelen abgeſondert/ in der Erde??? verweſe: Von der Seele/ welche von Gott kommet/ ſagt man??? daß ſie nicht ſterben oder verweſen koennr; ſondern ewiger Freu??? de oder ewiger Qualefaehig werde. Solches iſt auch aus dieſe??? Urſache zu ſchlieſſen/ weil alles das/ was wir erkennen/ leiblich??? iſt/ und dem Geiſt nicht kan entgegen geſetzet werden/ als wi??? Feuer und Waſſer/ da eines das andre austrokknet und ausle??? (Seele iſt nicht irdiſch.) ſchet. Hat nun die Seele kein irdiſches Weſen/ ſo iſt ſie auch a??? ler Verweſenheit befreyet.3. Alles/ was wir wiſſen/ kommet von Erkantniß derſelbe??? Urſachen. Wann der Thiere Lebensodem nicht mehr als ih??? (Seele der Thiere.) ren Leib antrifft/ ſo ſchlieſſen wir/ daß ſie mit dem Leibe dahi??? ſterben: Weiln aber des Menſchen Seele das Ewige/ Himm??? liſche/ und das/ was man mit leiblichen Augen nicht ſihet/ no??? mit den Haenden fuehlet/ betrachten kan/ ſo ſchlieſſen wir/ daß d??? [498] ???eele unſterblich/ weil ſolche Wuerkung von dem Leibe entbun= ???en/ und in den leiblichen Sachen ihre Endſchaft erreichen ???n.4. Daß die Seele ein zwar mit dem Leibe verbundener/ aber(Seel= und Leibsband.) ???och ſonderlicher Theil des Menſchen/ iſt ferner daraus zu ???lieſſen/ weil unſer Verſtand/ welcher gleichſam das Aug und ???e Hand der Seelen iſt/ den leiblichen Begierden Einhalt ???un kan/ dieſelben bezwingen und regiren/ welches bey den ???vernuenftigen Thieren nicht abzumerken. Der Menſch wil al=(Begierd zu wiſſen.) ??? wiſſen/ erlernen/ und traegt ein Verlangen nach der Unſterb= ???hkeit/ weil er aber in dieſem Leben darzu nicht gelangenkan/ ???d die Natur ihm ſolche Begierden nicht vergebens einge= ???affen/ folget nohtwendig/ daß ſeine Seele unſterblich/ und ???s ewigen Gutes faehig ſeyn mueſſe.5. Etliche ſchlieſſen/ daß/ weil die Seele durch den Leib/ als(1. Gege ̅ wurff.) ???en Werkzeug/ wuerke/ und weil ſie durch den Tod ſolchen ver [499] liehre/ ſo wer de ihre Wuerkung aufhoeren/ und ſie alſo mit dem??? Leibe ihre Endſchaft erreichen. Es folgt aber nicht das/ wei??? die Seele durch und mit dem Leibe wůrket/ daß ſie auch ohn??? den Leib nicht wuerken moege/ und ſihet man/ daß die Seele i??? der Entzukkung/ in dem Schlafe/ wann alle Glieder ruhen??? und in dem ſchwaechſten Alter/ freyer und kraeftiger wuerket/ al??? ſonſten.(2. Gege ̅ wurff.) 6. Etliche aber wollen/ daß aus dieſem allenkein unwider??? treiblicher Schluß zu machen/ ſondern daß man ůbernatůrl??? che Sachen von der Naturkuendigung nicht erforſchen moege??? maſſen in ſolcher Wiſſenſchaft nicht gehandelt werde/ was d??? Seele ſeye/ noch was heiſſe unſterlich und unendlich ſeyn. Da??? der Menſch mehr Verſtand habe/ als ein Thier/ iſt gewiß/ da??? aber die Unendlichkeit der Seelen daraus zuſchlieſſen/ folge n??? Das Sehen/ oder das Geſicht iſt zwar der vortrefflichſte unt??? den euſſerlichen Sinnen/ er iſt aber deswegen nicht unſterblich??? [500] ???ndern erſtrekket ſich auf einen gewiſſen Raum. Dieſem nach ???ollen die meinſten/ daß ſolche Unſterblichkeit der Seelen al= ???in aus der heiligen Goettlichen Schrift Offenbarung/ und dem ???lauben můſſe herruehren. Alles andre ſey einzweiffelhaftiger ???ahn.

V. Warum das Meer ab=und zulauffe?
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DEr Allweiſe GOTT hat den Menſchen deswegen Sinn und Verſtand gegeben/ daß er ſeine wunder= reiche Geſchoepfe betrachten/ und ihn ob ſolcher gnaedigen Verodnung loben ſol; maſſen alles wegen des Menſchen/ der Menſch aber wegen GOTT er= ſchaffen worden. Indem wir aber die Affter Urſa= ???en * unterſuchen/ wiſſen wir wol/ daß GOtt die hoechſte Urſa=(* Cauſas ſe- cundas.) [501] che aller Urſachen iſt/ und daß alles Natůrliche von ſeiner Al??? macht/ aber nicht aufuebernatůrliche Weiſe herkommet.2. Unter andern aber iſt nicht die geringſte Urſach unſr??? Verwunderung der Ab=und Zulauf des Meers/ welches na??? etlicher Meinung deswegen alſo von GOtt verordnet/ dam??? (Erſte Urſach.) ſolches ſtehende Waſſer ohne Bewegung nicht ſtinkend u??? faul wuerde/ wie an dem ſůſſen Waſſer zu geſchehen pfleget. W??? gen eben dieſer Urſachen iſt es auch geſaltzen/ und wird von d??? Winden erregt/ welche zwar nur den Obertheil mit Wellen b??? dekken; der Ab=und Zufluß aber auch die unterſten Waſſer b??? weget.(Die zweyte Urſach.) 3. Wie ſolcher Ab=und Zufluß beſchehe/ iſt noch ſehr ſtritt??? und wann wir ſolches wiſſen/ wird die Urſache nicht mehr v??? borgen ſeyn. Vermutlich iſt/ daß das Meer von einem Stra??? ſich zu dem andern/ wiewol weitentfernet/ gegenůber wal??? und wiege/ dergeſtalt/ daß wann das teutſche Meeer abgel??? [502] ???n/ ſolches in der gegenueberligenden Landſchaft angeloffen ???ye; wiewol man ſolches Ab=und Zunemen in dem Ertzmeer ſo ???r nicht ſpuehret/ weil die Geſtatte ſehr hoch/ und das Waſſer ???eichſam in einem Keſſel liget/ daß es nicht fůglich auslauffen ???n. Hierzu kan auch befoerderlich ſeyn das Feuer/ welches in ???n brennenden Bergen* Luft hat/ und nicht/ wie in andren(* Gibel/ Ve= ſuvio/ Etna.) ???rten/ in der Erden verſchloſſen liget.4. Welche beede Welte umſchiffet/ haben befunden/ daß ſol=(Verul.) ???es nicht iſt/ ſondern daß zu gleicher Zeit das Meer an unſren ???d der Peruaner Strand abgenommen/ und in ſich gewichen*(* Mare in ſe recedens.) ???. Dieſem nach halte ich darfuer/ daß die Sonne oder die Hitze(Dritte Urſach) ???n der unterſten Erden das Meer gleichſam ſieden mache/ ???lche wie eine Milch rinne und ſich aufſchwelle/ wie dann ſol=(* AEquatore.) ???es bezeugen/ welche unter dergleichen Mittellinie* ſchiffen/ ???ß das Waſſer ſo hoch/ und ſie ſo nahe bey den Wolken/ daß ſie ??? Hitze ſchwerlich ertragen moegen.
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(Vierte Urſa= che.) 5. Die vornemſte Urſach iſt der Mond/ ein Beherrſcher alle??? Feuchtigkeit/ mit dieſes Planeten Veraenderung/ aendert ſich das??? Meer. Solcher erſcheint abſonderlichen in dem erſten Voll??? mond des Mertzen und Augſtmonats/ wann die Springflut z??? kommen pfleget. Man vergleichet aber ſolches Ab=und Zuneh??? men mit dem Puls in dem Menſchen/ welcher nach des Her??? tzen Beſchaffenheit geſchwind oder langſam zu ſchlagen pfle??? get/ und wann der Puls ohne Bewegung iſt/ ſo kan der Menſch??? nicht leben.(Fuenffte Ur= ſache.) 6. Etliche wollen dieſe Urſachen alle nicht gelten laſſen/ ſon??? dern ſagen/ daß ſolches herkomme von des Meers innerliche??? Form/ wie etwan die Bewegung eines Pferds oder Oxens vo??? ſeiner lebendigen Seele herkommet/ welche auch dem Meer nach ſeiner Art von GOTT iſt einge= geſchaffen worden.
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VI. Ob ſich die Erde bewege/ und der Himmel ſtillſtehe?
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DIeſe Frage iſt von den gelehrtſten Maennern geſtrit= ten/ aber noch nicht verglichen worden. Wir wollen unſrem Gebrauch nach/ die Urſachen beeder Mei= nungen anfuehren/ und dem verſtaendigen Leſer heim= geben/ welche unter ſelben die ſtaerkſten.1. Daß die Erden unbeweglich/ und das Mittel der Welt/ er= ???llet aus der H. Schrift/ wann David ſagt im 89. Pſalm/ du haſt ???e Erden gegruendet/ und ſie ſol nicht beweget werde ̅ in Ewig=(Die Unbe= weglichkeit der Erden.) ???t. Zudem leſen wir von Joſua/ daß er die Sonne durch ſein ???ebet habe ſtillſtehen machen/ welches nicht geſchehen moegen/ ???ann die Erde ſolte beweget werden/ und die Sonne ſtillſtehen/ ???ich andern Planeten.2. Dieſem Zeugniß der Schrift ſtimmen bey folgende Urſa [505] chen. I. Weil die Erde das ſchwerſte und der Welt Mittelpunc??? iſt. II. Weil wir aller Orten 6 himmliſche Zeichen/ oder den hal??? ben Himmel ůberſehen koennen/ den Mond und die Sonnen auf??? gehen/ etc. III. Weil wir die Sterne allezeit in einer Groeſſe ſehen??? welches nicht wůrde geſchehen/ wann ſie nicht in gleicher Fern??? von dem Mittelpunct der Erden verblieben.3. Zu noch fernerm Beweis kom ̅ et die Erfahrung. I. Wan ̅ ſich??? die Erden bewegen ſolte/ wie ein Schiff/ ſo wůrde der/ ſo eıne??? Stein in die Hoehe wirfft/ ſolche ̅ nicht fuer ſeine Fueſſe/ ſondern wei??? von ihm fallen ſehen/ als wan ̅ ſolches in einem Schiff geſchehe??? wuerde der Stein nicht in das Waſſer fallen/ weil das Schiff for??? faehret. II. Geſetzt/ die Welt bewegte ſich von dem Aufgang zu ge??? gen dem Nidergang/ und einer ſchueſſe eine Kugel aus eine ̅ Stuk??? gleicher geſtalt/ ſo wůrde die Erde ſamt dem Stukke vor de??? Kugel an abgeſehenem Orte ſeyn/ weil die Bewegung ſehr ge??? ſchwind geſchehen mueſſte/ daß die Welt in 24. Stunden um di??? [506] ???onne herum kommen koente. III. Mueſſten in ſolcher Bewegung ???le Haeuſer ueber einen Hauffen fallen/ weil ſie nit ſo miteinander ???erbunden/ daß ſie zu unterſt und oberſt koente ̅ geſtuertzet werden.4. Ob nun wol dieſes einen der Warheit aehnlichen Schein ???at/ haben doch die vornemſten und des Himmels Lauf verſtaen= ???gſte darvor gehalten/ die Sonne/ als das groeſſte und mittelſte(Die Unbe= weglichkeit der Sonnen.) ???eſtirn/ ſtehe ſtille/ und ſehe alle Planeten/ und auch die Erden ???mt dem Meer um ſich herumlauffen/ uns aber betriege das ???g/ indem wi (wie die auf den Schiffen fahren vermeinen/ die ???rde gehe/ und das Schiff ſtehe ſtıll/) glaube ̅ / daß ſich der Him= ???el ober uns wende. Sie unterſtehen ſich auch auf alle erſtge= ???chte Urſachen zu antworten/ und zwar erſtlich ſagen ſie/ daß ??? Erden nicht bewegt werde von einem Ort in das andre; ſon= ???n um die Sonne ihren Mittelpunct. Zum zweyten habe Mo= ??? ſich gerichtet nach dem gemeinen Wahn der Menſchen/ wie ???n ſonſten zu reden pflegt/ da doch die Erde vielmehr ſtill [507] geſtanden/ als die Sonne. Wann hingegen vieler Himmel ı??? der H. Schrift gedacht wird/ legen ſie ſolche Sprůche aus/ vo??? den Planeten/ deren ein ieder ein ſolches Geſchoepf/ wie dieſe??? gantze Welt.5. Ihre Urſachen aber ſind folgende: I. Daß der Sonnen/ als dem edelſten Geſchoepfe/ die Ruhe/ und der Mittelort gebie= re/ und nicht der Erden/ als dem geringſten unter den Plane= ten. II. Daß die Sonne wie des Menſchen Hertz nohtwendig in dem beſten Orte ſtehen mueſſe/ allen andern Gliedern ſein??? Wuerkung mitzutheilen; gleichwie man kein Liecht in eine??? Winkel ſetzet/ ſondern mitten in das Zimmer/ damit deſſelbe??? Glantz viel theilhaftig werden moegen. III. Daß die Stern??? ihren ſo richtigen und ordentlichen Lauf/ als die Erden ihr ??? Bewegung/ und daß uns unſer Geſicht betrůge/ welches ohn??? darzugeſchliffne Fernglaeſer die Planeten nicht beſchauen ka???6. Es ſey aber mit dieſer Bewegung alſo geſchaffen/ daß di??? [508] Erde ihren Mittelpunct fuer ſich habe/ und neige ſich zu demſel= ???en der Stein/ obgleich die ſchnelle und unvermerkte Bewe= ???ung geſchehe. Ein Exempel haben wir an denen Voelkern/ ???elche die Fueſſe gegen uns wenden/ und die ſonder Fallen auf ???en Seiten der Weltkugel wohnen/ etc. Es ſey vermutlicher/ ???aß die Erde in einem Augenblikk ſich 5. Meile lang drehe/ als ???aß die Sonne in beſagter Zeit 40. Meil Wegs raiſe. Zudem ???aben ſie ihre Rechnungen/ welche die Sonn=und Mondsfin= ???erniſſen ſo genau erweiſen/ daß ſich darueber zu verwundern.

VII. Warum der weiſe Pythagoras Bonen zu eſſen verboten?
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IN den Pythagoriſchen Lehrſprůchen findet ſich auch dieſer: Du ſolt dich der Bonen enthalten. Von ſolches Ver=(Symbolum Pythagoricu ̅ : à fabu absti- neto.) bots Urſachen zu reden veranlaſſet/ des Spielenden Geſellſchafts Frucht/ die bunten Boenlein/ welche auf [509] manche Art zu blůhen und Frucht zu bringen pflegen. Die (Alexand ab Alexand. Ge- nial dier.) Geiſtlichen und Prieſter bey den Heyden haben die Bonen nicht anrůhren und nicht nennen duerffen/ weil ſie ſolche fuer unrein ge= achtet/ welches doch nicht iſt/ und deswegen andre Urſachen verborgen ſeyn mueſſen.(Erſte Urſach.) 2. Die Bonen ſind eine grobe Speiſe/ welche Blehung und boeſe Duenſte verurſache ̅ / darvon auch ein unruhiger Schlaf und boeſe Traeume entſtehen. Daher Pythagoras/ als ein guter Na= turkůndiger/ ſolche Speiſe/ als ſchaedlich/ verboten. Andre (Die zweyte Urſache.) ſind dieſer Meinung/ daß die Bonen zu fleiſchlicher Beluſti= gung reitze/ weil ſie eine Vergleichung und Geſtalt wie die Nie= ren. Daß alſo dieſer weiſe Mann ſeine Lehrling von der Liebs= luſt abmahnen wollen; maſſen er auch einem/ der ihn befragt/ wann er heuraten ſolte? geantwortet: Wann du deine Leibskraefte??? ſchwaechen wilt.
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3. Andre verſtehen hierdurch/ daß Pythagoras von dem(Dritte Ur= ſache.) Stand der Obrigkeit/ welche durch die Bonen erwehlet wor= ???en/ abmahnen wollen/ weil ſolches Amt zu Ehr und Geldgeitz ???eranlaſſe/ die der Weiſheit ſehr hinderlich zu ſeyn pfle= ???en. Zu Horn in Niederland iſt noch der Gebrauch/ daß man/ ???ann ein Burgermeiſter zu wehlen/ viertzig ſchwartze/ und ???ne weiſe Bonen in einen Kaſten thut; welcher dann unter ???en Rahtherren die weiſſe Bonen heraushebt/ der iſt Burger= ???eiſter.4. Etliche geben noch eine andre Urſache/ nemlich/ daß(Vierte Urſa= che.) ???an bey den Leichbegaengniſſen habe Bonen zu ſpeiſen pflegen/ ???eil in ihrer Blůt traurige Zeichen ſtehen ſollen. Daß alſo ???eſer weiſe Mann von traurigen Haendlen abzuſtehen gebo= ???. Oder weil er vermeint/ die Seelen der Menſchen fahre(Fuenffte Ur= ſache.) ??? die Bonen/ und er moechte ſeines Vaters Geiſt dem Kopf [511] abbeiſſen. Wie ungereimt aber ſolche Meinung/ haben wir zu (IV. Geſpraech= ſpiele.) andren Zeiten Meldung gethan */ und uns dahin bezogen ha= ben wollen.6. Unter ſo vielen Urſachen iſt nicht zu zweiflen/ daß die (Die ſechſte Urſache.) rechte getroffen werden; koennen aber faſt alle zugleich dienen= und ſolte die beſte ſeyn/ weil die Bonen kein geſundes Eſſen/ das nur armen Leuten/ die groſſe Ubung und ſchwere Handar= beit verrichten/ wol bekommet. Mit was guten Urſachen aber dieſe Frucht dem Spielenden zugeeignet worden/ iſt zu leſen/ in der Spielrede zu Ende des IV. Theils der Geſpraechſpiele.
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VIII. Ob die roten Wangen oder das Erroeten/ ein Anzeigen der Tugend ſeye?
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OB einer Sache rot werden/ haelt man insgemein fuer ein Merkmahl der Schamhaftigkeit/ welche der Keuſchheit und Reinlichkeit Hofmeiſterin kan ge= ???ennet werden. Weil aber dieſe zufaellige Farbe von unter= ???iedlichen Urſachen herkommen kan/ iſt zu betrachten/ ob der ???meine Wahn hierinnen nicht irre/ und der Lateiner Sprich= ???ort (erubuit, ſalva res) nicht ohne Grund in Gewonheit gelan= ???t/ oder in boeſen Sachen zu gebrauchen.2. Erroeten iſt ein Anzeigen einer Furcht/ die Furcht aber iſt(Erſte Urſach.) ???ine Tugend. Die Furcht entſtehet von einem boeſen Gewiſſen/ ???s boeſe Gewiſſen von einer Mißhandlung. Wie kan aber aus [513] einer boeſen Urſache etwas Gutes/ und die Tugend aus dem La= ſter herkommen?(Die zweyte Urſache.) 3. Das Erroeten ſtehet nicht in unſren Maechten und wie die Augen des Hertzens Spiegel ſind/ alſo ſind auch die Wange??? deſſelben Kennzeichen/ welche die Flammen deſſelben nich??? moegen zurukke halten/ ſondern weiſen/ daß etwas heimliches verborgen/ welches man bereuet/ oder daß die verhuellten Gedan??? ken offenbar werden/ die man lieber verborgen halten wolte.(Microcoſmi. Die dritte Ur ſache|) 4. Das Angeſicht iſt der kleinen Menſchen Welthimmel??? Wie nun die Cometen oder rotbrennenden geſchwaentzten Ste??? ne nichts Gutes bedeuten; alſo iſt es auch ein boeſes Anzeigen??? wann die Jůnglinge oder Jungfraue ̅ / auf Befragen einer uner??? warten Sache/ erroeten. Der Zorn/ der Ehrgeitz/ die Liebesre??? tzung und dergleichen Bewegungen des Hertzens/ treiben da??? Gebluet in das Angeſicht/ welches alles keiner Tugend/ ſonder??? vielmehr den Laſtern beyzumeſſen.
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5. Die Blutrote Farb hat iederzeit Grauſamkeit bedeutet/(Der rote ̅ Far= be Deutung.) ???ie ſolte ſie dann in dem Angeſicht ihre Eigenſchaft aendern. ???elche ſtetig rote Wangen und Angeſichter haben/ ſind ver= ???ffne Weinbrueder/ von der Tugend und der Nuechternkeit ent= ???rnet/ daß ihnen der Tag zu kurtz zu trinken/ die Nacht aber ???cht lang genug wieder auszunuechtern wird.6. Die Weibsperſonen pflegen ſich vielmals zu ſchminken/(Schminke Urſachen.) ???amit man ihnen nicht anmerken ſol/ wann ihnen eine Roete in ???as Angeſicht ſteiget/ und alſo blenden ſie mit falſchen Farben ???e waare Beſchaffenheıt ihres Gemuets. Den Mannsperſonen ???ehen ſchwartze oder graue Haare wol an; den Weibern und ??? Kindern aber liechtfaerbige und rote/ als welche mehr Ge= brechen unt erworffen/ und deswegen auch leichter erroeten.
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IX. Warum die Alten weniger ſchlaffen als die Kinder und Juenglinge?
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(Urſachen des Schlafs.) DIe natuerlichen Urſachen/ welche den Schlaf z??? erregen pflegen/ ſind unter de ̅ Naturkůndigern ſtrit??? tig. Wann nun erſtlich ausfindig gemacht/ was de??? Schlafſey/ ſo wird auf vorgeſetzte Frage die Antwort leicht z??? (1) finden ſeyn. Etliche halten darvor/ die Daempfe/ welche nac??? vollendter Deuung aus dem Magen in das Gehirn ſteigen/ ve??? urſachen einen kalten Nebel/ der das Gehirn befeuchte/ ſei??? (2) Wůrkung unterbreche und alle Glieder beruhige. Andre ſage??? daß die natůrliche Hitze die Urſache des Schlafes ſeye/ welch??? zu gewieſer Zeit ſich in dem gantzeu Leib austheile/ und deſſelbe??? Bewegung hemme: Wie etwan das Hertz die Lebens=Geiſt??? [516] ???urch die Freude und das Lachen erfriſchet. Etliche wollen/ ???aß die Urſachen des Schlafes euſſerlich/ als die Mattigkeit/(3.) ???as Geſang/ das Stillſchweigen/ das Geſauſſel des Waſſers.2. Es hat aber das Anſehen/ als ob die Alten mehr ſchlaffen(4.) ???lten/ als die Juengling/ weil der Schlafvon der Kaelte herkom= ???et/ ihr Gehirn aber und gantzer Leib vielkaelter iſt/ als der ???inderjaehrigen. Es iſt aber die Antwort hierauf leicht zufin=(Animalia, quae ſunt fri- gida, dormi- unt diutiùs. Albertus de fomno & vi- gil.) ???n/ indeme nicht nur die Kaelte/ ſondern auch ein ſtarkes Ge= ???rn/ welche ſolche erdulten kan/ zu dem Schlaf erfordert wird/ ???d dieſes ermangelt bey den Alten/ Aberwitzigen und Wahn= ???migen/ daher ſolche und andre Kranke wenig/ oder gar nicht ???laffen/ wie die Erfahrung beglaubt.3. Dieſe Kaelte oder vielmehr Erfriſchung des Gehirns ent= ???het aus einer warmen oder laulichten Urſache. Jemehr(Somnus est infrigidatio, etſi cauſae ſint calidae, quiae) ???n Daempfe in das Gehirn ſteigen/ iemehr und laenger wird der ???chlaf werden. Bey den Kindern giebt es wegen der Feuchtig [517] keit/ welche ſich verzehren muß/ als bey den Alten/ und deßwe= (vapores per venas ad ca- put elevati infrigidantur in capite. Aristoteles l. 5. de Gener. Anim.) gen ſchlaffen ſie auch laenger. Wie nun bey den Alten der Ma= gen ſchwach iſt/ daß er nıcht viel Speiſen verdeyen kan/ wie die Jungen; Alſo koennen auch ſo viel Důnſte nicht hinaufſteigen/ welche den Schlaf verurſachen.(Deuung.) 4. Die Deuung geſchihet auch geſchwinder bey den Jungen/ als bey den Alten/ weil ihre Kraeften viel wuerklicher und ſtaerker. (Sorgen.) Das Alter iſt eine unheilſame Haubtkrankheit/ mit vielen Sor= gen und Betruebniſſen beladen. Solche Angelegenheiten ſind nicht eine geringe Hinderung des Schlafes: da hingegen di??? unbedachtſame Jugend ſich nichts laeſſet anfechten/ ſicher da??? hinſchlaffet/ und wie das Sprichwort lautet: die Hunde ſor??? (Furcht.) gen laeſſet/ welche vier Schuhe vonnoehten haben.5. Zudem ſind die Alten furchtſam/ die Furcht aber iſt de??? Schlafes Todfeindin. Ein Soldat/ der in Todesgefahr iſt wird ſich des Schlafs enthalten; ja aus Furcht nicht ſchlaffe??? [518] ???oennen. Weil auch der Tod des Schlafes Bruder und Eben= ???ld genennet wird/ und die Alten ſich mehr fuer dem Tod fuerch= ???n/ als die Jungen/ iſt nicht zu verwundern/ wann ſie weniger ???laffen/ und ſich von dem Tod entfernen/ auf welche Weiſe ſie ???nnen und moegen.6. Salomo hat dieſes ohne allen Zweifel in ſeinem Alter auch(Alte ſchlaffen wenig.) ???fahren/ weil er in Beſchreibung deſſelben dieſes Inhalts ???et:
Zu Morgens/ wann der Vogel ſingt/(Pred. 12.) Wirſt du gar leicht erwachen: Die Tochter des Geſangs erklingt/ und wird dich traurig machen. Dein Ohr iſt ſchwach/ des Alters Raub/ und du biſt ſchuechter/ krank und taub/ dir ſchwindelt auf den Straſſen.
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X. Ob geſund und vortraeglich ſeye/ ſich ſpat niderlegen/ un??? frueaufſtehen/ oder ſpat aufſtehen/ und ſich zeit= lich niderlegen.
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(Morge ̅ ſchlaf.) WAnn man die Hofleute/ welche fuer die Kluegſten g??? halten werden/ befraget/ werden ſie mit dem We??? ke antworten/ und ſich zu Nachts verweilen/ ??? Morgens aber ſpat aufſtehen. Daher jener Koen??? geſagt/ als man ihn zu ſchlaffen ermahnet: er wo??? gere ̅ ſo lang Koenig ſeyn/ als erkoente: Weil erſchlaffend allen ſeine ̅ U??? terthanen gleich ſeye/ wachend aber ihnen zu gebieten habe. E??? (Erſte Urſach.) iſt aber die Nacht wegen ihrer Ruhe und Stille viel ſchikklich??? zu wichtigen Verrichtungen/ als der Tag/ und weiß iederma??? wol/ daß man mehr verrichtet/ wann man ſich ſpat zu Bette ??? [520] ???et/ als wann man/ wie das Vieh/ gleich nach der Mahlzeit in ???ie Streu faellet und dahinſchlaeffte.2. Es iſt auch ferners viel geſunder/ wann man nach beſche=(Die zweyte Urſache.) ???ener erſten Deutung zu Bette gehet/ und entſtehen beyſolchen ???euten/ welche alſobald nach der Mahlzeit zu ſchlaffen pflege ̅ / ???oeſe Traeume/ Blehungen/ und Deuung der Speiſen/ und wol ???uch der Schlag: Weil der Schlaf zu der andern und dritten ???euung/ und zu Austheilung der Speiſenviel dienlicher/ als zu ???r erſten. Man ſol ſich nicht binden an gewiſſe Gewonheiten/(Die dritte Ur ſache.) ???elche man nicht allezeit haltenkan. Nun wird der/ ſo ſpat zu ???ette zu gehen pfleget/ |leichtlich ſeinen Schlafbrechen: der ???der aber/ wann es die Noht erheiſchet/ nicht weichen koennen.3. Der Schlafgegen Morgen iſt der ſueſſte/ und haben die(Vierte Urſa= che.) ???ommen ihre von Gott eingegebene Traeume gegen Tag geſe= ???n/ weil der Leib in viel beſſerer Beſchaffenheit/ und das Ge= ???rn viel reiner iſt/ als zu Anfang der Nacht. Ein ieder/ wel [521] cher gar zu frue aufſtehet/ wird den gantzen Tag unluſtig ſeyn??? und Nachmittags Kopfwehempfinden: da hingegen der/ ſo wo??? ausgeſchlaffen/ luſtig und geſchikkt zu allen Sachen iſt.(Abendſchlafs Erſte Urſach.) 4. Die andre Meinung gruendet ſich auf folgende Urſache??? Der Tag iſt zu der Arbeit/ die Nacht zu der Ruhe erſchaffen. Die??? ſer Anleitung der Natur leben zuwider/ welche aus dem Ta??? Nacht/ und aus der Nacht Tage machen/ als da ſind die Krie??? ger in Fuellerey und die Helden Wein zu lauffen. Die Aertzte ha??? ben einen ſchlechten Troſt/ wann der Kranke bey Nachts nich??? ſchlaffenkan/ darzu er durch die Finſterniß/ Stillheit und Kaelt??? gereitzet wird; welches alles zu der Ruhe/ wie das Liecht de??? Sonnen zu der Arbeit/ erſchaffen iſt.(Zweyke Ur= ſache.) 5. Solche Ruhezeit iſt auch den Thieren nicht unbewuſt??? welche mit der lieben Sonnen aufſtehen/ wann ſich die Voege??? mit ihrem lieblichen Morgengeſang vernehmen laſſen. Nach??? geendtem Schlafe iſt man geſchikkt zu allen Sachen/ und die??? [522] ???et die Nacht zu mueſſigen oder boeſen Gedanken: Der Tag aber ???u nutzlicher Arbeit. Der Landmann/ welcher der Natur gemaeſ= ???r lebet/ als der Stattmann/ verſtehet dieſes wol; und wiſſen ???uch die Studenten/ daß ihr Fleiß/ und der Muſen Bemůſſi= ???ung die guldnen Frůſtunden erfordert.6. Es ſind auch alle Ubungen des Leibs viel geſunder und(Dritte Ur= ſache.) ???ortraeglicher. Die Natur wil uns die Ruhe ertheilen/ daß wir ???en dritten Theil unſers Lebens mit Schlaffen/ die zwey Drit= ???l aber mit unſers Berufs Arbeit zubringen ſollen. Wie wir ???ber mit Eſſen und Trinken Unordnungen zu thun pflegen/ al= ??? geben wir auch dieſem Zoelner unſrer Zeit mehr als ihm ge= ???uehret. Nach Beſchaffenheit eines iedern Leibs ſol auch die ???chlafzeit gerichtet ſeyn. Die trefflichſten Leute ſchlaffen am ???enigſten/ wie Caſtriot der beruehmte Tuerkenfeind niemals mehr ???s zwo Stunde zu ſchlaffen pflegen. Es kommen aber alle/ die ???enig ſchlaffen/ nicht zu hohem Alter.
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XI. Ob man mehr bey der Mittags=oder Abendmahlzei??? eſſenſol?
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(Erklaerung d’ Frage.) DEr Mund iſt des Menſchen beſter Freund/ der ihn??? nehret und zu Ehren machet; er iſt auch ſein aergſte??? Feind/ der ihn/ durch Unmaeſſigkeit/ in Krankheit Noht und Tod bringet. Etliche eſſen oft und viel wann ſie nemlich darzukommen/ und es haben koen= nen: und ſind ſolche von der Art der Vielfraß/ welcher Mage??? viel groeſſer iſt/ als andrer Thiere/ von dieſen reden wir nicht. Et??? liche eſſen wenig und ſelten/ entweder aus einer vermeinte??? Heiligkeit/ oder aus Schwachheit und Bloedigkeit des Ma= gens; weil ſie keinen Luſt zu eſſen haben/ und ihnen vor der Spei= ſe ekkelt/ von dieſen iſt unſre Frage auch nicht zuverſtehen. Et= liche eſſen wenig/ aber oft/ wie die Kinder und Alten/ weil die??? [524] ???itze in ihrem Magen ſchwach/ und leichtlich kan ueberladen ???der ſonſten vernachtheilet werden.2. Iſt alſo dieſes Orts die Frage vonerwachſnen und geſun= ???n Leuten/ welche den Tag insgemein zweymals zu eſſen pfle= ???n/ und zwar einesmals mehr als das andre Mal. Hiervon ???gt ſich: Ob man mehr bey der Mittags=oder Abendmahlzeit ???en ſol? Bevor wir von dieſer Aufgabe unterſchiedliche Mei= ???ngen anfuehren/ mueſſen wir gedenken/ daß die alten Teutſchen ???s Tages nur einmal zu eſſen pflegen/ und ſind viel geſunder(Einmal des Tages eſſen.) ???d ſtaerker darbey geweſen/ als wir Kraenklinge und Schwaech= ???ge/ welche ſtetig zuklagen haben/ und unſre Jahre auf viel ???eiſe/ ſonderlich aber mit uebermaeſſigem Trinken vorſaetzlich ab=(Mahl was es fuer ein Wort. Barth. Sche- raeus in der Sprachſchul.) ???ůrtzen pflegen. Das Woertlein Mahl/ als Mahlzeit weiſet auf ???e gewiſſe Stund/ zu welcher ſich unſre Vaeter zu Tiſche zu ſe= ???n pflegen/ dann Mahl ſo viel iſt als ein Zeichen/ daher mahlen/ et= ???s zeichnen/ bemerken.
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(Fuer die Mit= tagmahlzeit erſte Urſach.) 3. Die Kirchen hat mit guten Urſachen verordnet/ daß ma??? zu Abends faſten ſolte/ und nur die Mittagmahlzeit halten; we??? nemlich der Leib/ ſo mit Speiſen ueberfuellet/ zu wachen und b??? (Seneca: Na- tura pauca deſiderat, opi- nie multum. Die zweyte Urſache.) ten nicht geſchikkt iſt. Unſer Wahn erheiſchet viel/ unſre Noh??? durft ſehr wenig. Weil wir nun zu der Mittagmahlzeit einen v??? leereren Magen bringen/ als zu der Abendmahlzeit/ iſt veran??? wortlicher/ denſelben mit mehr Speiſen anzufuellen/ als auf d??? Abend.(Fuer die Abe ̅ d= mahlzeit Erſte Urſach.) 4. Andre aber wollen/ daß man zu Abends mehr eſſen ſol; w??? man mehr Zeit zu der Abdeuung/ nemlich bey 17. Stunden/ d??? hingegen nach der Mittagmahlzeit kaum 6. oder 7. Stunden ??? (Zweyte Ur= ſache. Dritte Ur= ſache.) der Kochung gelaſſen werden. Zudem iſt die Nacht und d??? Schlaf viel bequemer die Nahrung zu foerdern/ als der Ta??? welcher mit vielen Ubungen des Leibs zugebracht wird. Zuden??? ſol ein ieder nicht mehr eſſen/ als er deuenkan. Hat er nun e??? gantze Nacht darzu/ ſo wird er mehr des Abends/ als des M??? tags/ vertragen koennen.
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5. Die Maeſſigung der Speiſen iſt die beſte Artzney in denen(Maeſſigung d’ Speiſen.) ???rankheiten/ welche von Uberfuellung herkommen. Die Koſt ???l nach der Hitz gerichtet ſeyn/ welche ſelbe verzehren ſol/ und(Unterſcheid.) ???ird ein groſſes Stukk Fleiſch bey kleinem Feuer nicht ausſie= ???n; und wann des Magens Hitz mehr heiſchet/ als er kochen ???n/ iſt es ein Anzeigen einer boeſen Beſchaffenheit. Der andre ???nterſcheid iſt zu machen unter den Speiſen: etliche ſind leicht ???verdaeuen/ als welche weich und von gutem Saft/ etliche hart ???d ſchwer zukochen; daß alſo nicht auf die Vielheit/ ſondern ???f die Eigenſchaft der Nahrung oder Speiſen zu ſehen. Drit= ???ns iſt auch nicht wenig an der Ordnung gelegen/ daß man ???ſtlich iſſet/ was weich/ ſaftig und bald verzehret wird; alsdann ???rauf/ was hart/ drokken und ſchwer zu deuen. Die Zeit aber ???eſſen/ iſt bey den Reichen/ wann ſie wollen/ bey den Armen/ ???nn ſie es haben. Zu viel eſſen/ iſt Mittags und Abends unge= ???nd/ nach Beſchaffenheit aber der Perſonen und der Speiſen ???unterſcheiden.
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6. Die Natur hat unter vielen weiſen Verordnungen den??? Menſchen den Hunger und Durſt ſonders Zweiffel deßwege??? eingeſchaffen/ daß er iedesmals ſich zu ſpeiſen und traenke??? warten ſol/ bis ihn ſolche Schuldner vermahnen: Ich ſag??? Schuldner/ weil ſie ſich niemals voellig bezahlen laſſen. Die ſich??? nie erſaettigen/ ſollen viel laenger leben/ als andre Leute: Weil de??? Magen alle boeſe Feuchtigkeiten aufzehret/ welche ſich in an??? dern Vollfraſſen haeuffen/ und der Krankheiten Saamen ſind??? Durch die Speiſe wird erſetzet/ was unſren Kraeften taeglich ab??? gehet. Wann man nun der Geſundheit nachleben wil/ mu??? man niemals ohne Hunger eſſen/ und dann niemals mehr/ al??? unſer Natur ertragenkan/ zu ſich nemen. Merkwůrdig iſt/ da??? die Aertzt/ welche wiſſen/ wieviel die Koſt der Geſundheit vortraeglich und nachtheilig/ ſehr maeſſig le= ben/ und es zu ſehr hohem Alter gebracht.
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XII. ???Warum der Ausſatz bey unſren Zeiten nicht ſo gemein/ als vor Alters?
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WIe die H. Schrift von den groeſſten Suenden/ die Rechte von den groeſſten Verbrechen handlen; alſo ſcheuet ſich die Naturkůndigung nicht von den groeſſten und abſcheulichſten Krankheıten beſchei= denlich zu reden. Daher hat in dem alten Teſtament ???r Hoheprieſter den Ausſatz urtheilen und heilen můſſen; wie ???ch in dem neuen Teſtament unſer Hoherprieſter |viel Ausſae=(Sie etiam vi- tioſi & malis moribus no- xii, à bonis ſegregandi, vide Verula ̅ . l. 1. de Aug. f. 44.) ???ge (alſo benamt/ weil ſie aus den Staetten abſonderlich geſetzet ???rden) geſund gemachet und gereiniget. Weil aber dieſe Krank= ???t abgenommen/ und derſelben wenig/ gegen den viel Ausſaetzi= ??? zu| unſrer Vaeter Zeit; ſuchen wir billich deſſen natuerliche ???rſachen.
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(Was d’ Aus= ſatz ſeye?) 2. Erſtlich iſt zu wiſſen/ daß das Gehirn allerkalten/ die Le= ber aber aller hitzigen Krankheiten Quelle und Urſprung iſt wiewol die Schwachheit beeder Glieder vielmals ein Wideri= ges anzeiget. Alſo kochet die Leber bey den Ausſaetzigen ein ver= brenntes Geblůt/ |welches ſich durch den gantzen Leib zwiſchen Fell und Fleiſch austheilet/ und ein verfreſſnes und gantz unrei= nes Fleiſch verurſachet. Wann ſich nun dieſe Unreinigkeit an??? ein Ort allein ſetzet/ ſo wird ein umfreſſender Krebs daraus/ oder??? ein vergifftes Geſchwer/ wie die Ausſaetzigen an dem gantzen??? Leib haben.(Unterſchied= liche Urſachen des Ausſatzes) 3. Dieſe abſcheuliche Krankheit kommet entweder von Ge= burt/ oder von Anſtekkung/ oder von boeſer Beſchaffenheit des??? (1.) Leibs. Das erſte belangend/ iſt gewiß/ daß ein ausſaetzige??? (2.) Mann/ und ein ausſaetziges Weib/ deren Saamen vergifft/ wider??? ein ausſaetziges Kind erzielen. Zum zweyten iſt der Ausſatz wie??? alle fangende und vergiffte Krankheiten/ die durch das Anrůh [530] ???n/ und durch den Odem dem Menſchen/ welches Leib zuvor ???t boeſen Feuchtigkeiten angefůllet iſt/ koennen beygebracht ???rden. Die dritte Urſache kommet von verfaultem und ver=(3.) ???nntem Gebluete/ welches endlich zu Gift wird/ wie vor geſagt. ???ſind aber unterſchiedliche Urſachen/ und Arten des Ausſa= ???/ nach den vier Beſchaffenheiten des menſchlichen Leibes/ ???er etliche von den Elephanten/ andre von den Loewen (de=(Elephanti- aſis. Leontinae.) ??? Haubt die Ausſaetzigen gleichen) und dann etliche von dem ???bluete und der geſaltznen Feuchte Verfaeulung entſtehet.4. Dieſer Krankheit Wuerkurſache iſt die Hitz; daher ſihet(Erſte Urſach.) ???n/ daß Egypten und alle warme Laender mit dieſer Seuge ???efuellet: Die kalten Laender aber ſind befreyet von ſo brůn= ???en Krankheiten. Die verſchnittnen ſind niemals mit dem ???ſatz behafftet/ und haben ſich ihrer viel der Mannſchaft be= ???ben laſſen/ dieſer Krankheit zu entfliehen. Die Juden/ wel [531] che iederzeit ein unſauberes und unflaetiges Volk geweſen/ ha??? (Zweyte Ur= ſache.) ben auch den Haeuſern und Schiffen dieſe Krankheit angehaengt??? wie deßwegen Gott in ſeinem Geſetze viel befohlen und bey Mo??? ſe zu leſen iſt. Das Schweinfleiſch ſol auch eben wegen dieſe??? (Beantwor= tung d’ Frage.) Krankheit den Juden verboten ſeyn.5. Die Urſachen aber/ welcher wegen dieſe Krankheit nich??? gemein wie zu unſrer Vaeter Zeiten/ da die Spitaele und Sie??? (1.) chenhaeuſer viel voeller geweſen/ iſt 1. weil ſie abſterben und ſelte??? (2.) zu Verehlichung Urlaub bekommen/ wie auch recht iſt. 2. We??? die Neapolitaniſche Krankheit/ welche mit dieſer eine groſſ??? Verwandſchaft hat/ gemein/ und nicht ſo ſchaendlich/ als dieſe??? gehalten wird. Vor Jahren aber hat man ſolche Venuskrank??? auch in die Siechenhaeuſer verſtoſſen/ daß ſie nicht auch andr??? anſtekken moechten. Sie haben aber beede einerley Heilung.6. Man hat auch eine gewieſe Art Vipern oder Schlange??? (Artzney. Dritte Urſach) gefunden/ welche wieder den Ausſatz gluekkſelig iſt gebrauche [532] worden/ iedoch dergeſtalt/ daß die Krankheit und der Schmer= ???en bey denen/ welche ſie erblich und lange Zeit gehabt/ iſt ge= ???ndert und gemindert worden: Bey jungen Leuten aber/ ſo die= ???n Gifft gefangen/ kan ſolcher Gege ̅ gifft bald Anfangs erſprieß= lich dienen/ daß alſo auch die Heilung eine Urſache ſeyn kan/ welcher wegen der Ausſatz nicht ſo ge= mein/ als vor Alters.
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Folgen zwoelff Aufgaben aus Der Sitten=oder Tugendlehre. XIII. Warum uns nach verbottnen Sachen gelueſte?
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ES laeſſet ſich des Menſchen Seele abſonderlich i??? ſeinem Verſtand und in ſeinem Willen verſpůhren; i??? dem jener zu der Warheit/ dieſer zu deme/ was gut iſ??? oder gut ſcheinet/ geneiget wird; wie ein Stein zu ſe??? nem Mittelpunct faellet/ wann er nicht verhinder??? oder mit Gewalt emporgehalten wird. Die Obrigkeit/ welch??? ihren Unterthanen verbietet zu leſen/ was mit Warheit wid??? ſie geſchrieben worden/ machet/ daß man mit ſo viel mehre??? Fleiß darnach ſtrebet und trachtet. So gehet es auch mit d??? [534] ???eligion/ daß man oft aus Fuerwitz verfuehret wird und das fin= ???/ was man nicht zu ſuchen vermeint. Es wil aber des Men=(Erſte Urſache) ???e ̅ Wille/ nach ſeiner Eigenſchaft/ frey und ungezwungen ſeyn; ???d verlieret ſeinen Namen/ ſo bald man ihme Geſetze fůrſchrei= ???: Daher kommet es/ daß ſich ſolcher Wille wieder in ſeine ???eyheit zu ſchwingen begierig iſt.2. Ein Exempel hat ſich zu Zeit Koenig Frantzens des erſten(Exempel.) ???ſes Namens Koenigs in Frankreich zugetragen/ als ein Bur= ???smann zu Paris 60. Jahre alt worden/ und niemals fuer das ???attthor kommen; das ihm der Koenig/ als er ſolches gehoert/ ???biete ̅ laſſen: er ſolte in 14. Tagen nicht fuer das Thor gehen. Zu ???de ſolcher Zeit/ derer er mit groſſem Verlangen erwartet/ ???lehnte er ein Pferd/ und ritte ſpatziren. Alſo wil der Wille ???er Thun beherrſchen/ und ſich alles Zwangs entziehen.Daher kommet es auch/ daß wir gerne das Neinwort fueh=(Zweyte Ur= ſache.) ???wann etwann andre/ und unſre Freunde das Jawort in ih [535] rer Meinung behaubten: damit es nur nicht das Anſehen/ als o??? wir von ihm gelernet/ oder etwas fuerſchreiben laſſen. Gleichwi??? die Sonnenſtralen ihre Hitze vermehren durch den dargegenge??? ſetzten Spiegel/ daß ſie auch anzuenden/ und brennen koennen??? welches ſonſten ſonder ſolche Gegenſtralung nicht beſchihet??? alſo faſſen wir einen ſtarken und viel ſtaerkern Wahn/ wann un??? rer Meinung eine andre entgegen geſetzet wird. Oder|wie ei??? Waſſerſtrom/ wann er aufgehalten und geſtemmer wird/ vi??? groeſſern Gewalt gebrauchet: alſo widerſetzen wir uns aller Hi??? derniß unſres freyen Wıllens/ dem das Verbot Einhaltthut.(Unterſcheid.) 4. Es iſt aber dieſer Satz nicht allgemein/ und finden ſich vi??? Verſtaendige/ die ihren Willen bezaehmen/ und guten Gebote??? und Verboten willig Raum und Statt geben. Wann ſich ni??? mand den Geſetzen unterwerffen wolte/ wůrden die Regime??? ter ůbel beſtellet ſeyn/ und wann keiner beſſern Unterricht wol??? annehmen/ wuerde es der Lehrer nicht beduerffen: Sondern di??? [536] ???s iſt gewiß/ daß unſer Will die Einhaltung oder die Verbot ???r Vernunft/ oder verſtaendigen Urſachen gerne erkennet/ und ???immet: Wann aber an ſolcher ſtatt der Unverſtaendige ???ewalt gebieten wil/ ſo wider ſetzet ſich der Wille.5. Wir Menſchen ſind geneigt unſren Frommen in unſrem ???un zu ſuchen/ wie die Thiere von der Natur gelehret ſich und ???e Zucht zu erhalten/ zu nehren und zu mehren. Solchen ???ommenfinden wir in der Warheit/ ſie ſeye gleich in andrer/ ???er unſrem Munde und Meinungen. Die Liebe aber/ welche(Dritte Urſach) ???r zu uns ſelbſten tragen/ machet uns vielmehr unſrem/ als ???rer Wahn und Willen/ nachhangen/ und daher wollen wir ??? andren nicht gelehret werden: es ſey dann/ daß wir ůberwie= ???/ und nach ???m Ausſpruch unſres Gewiſſens weichen mueſſen.6. Das Verbot giebt uns mehr Wahl/ als wir Anfangs ge=(Vierte Urſa che.) ???t/ da wir unſrer Neigung allein gefolget/ indem doch bey ??? ſtehet in folches Verbot zu willigen oder nicht: Dann ſo we [537] nig eine wolausgefuehrte Rechtsſache den Richter ſo und ſo z??? urtheilen zwinget/ ſo wenig kan das Gebot unſren Willent??? ranniſiren. Unſre Werke ſind wol ſtraffbar/ welche von eine??? boeſen Willen herkommen: Die Unterlaſſung aber der Suend??? und die Beherrſchung des boeſen Willens iſt vielmehr Ruehme??? (Rom. 7/7.) als Scheltens wehrt. Ich haette nicht gewuſt/ ſagt der Apoſte??? daß das Geluſten Suende were/ wann mir ſolches das Geſetz (un??? (Jac. 1/15.) Verbot) nicht geoffenbaret: und wiederum: Die Luſt (der Will??? wann ſie empfaengt/ ſo gebiret ſie die Suende/ etc. Iſt al= ſo das Wollen von dem Wuerken zu unterſchei= den/ und beedes der Vernunft unterworffen.
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XIV. ???b und warum niemand mit ſeinem Zuſtand zufrieden und vergnueget?
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BLeichwie die untre Welt/ die Erden und das Meer(Die erſte Ur= ſache von der Eigenſchaft des menſchli= chen Sinnes.) ſich nach der obern Welt richtet/ und in beharrlicher Unbeſtaendigkeit ſich wendet und herumlaufft: alſo ???uch des Menſchen Sinn/ welcher die kleine Welt genennet ???d/ und der uebertrefflichſte Theil der irdiſchen Geſchoepfe iſt/ ???e Raſt und Ruhe/ in ſtetiger Bewegung. Ich will nıcht ſa= ??? von der Planeten Wuerkung/ welche bey den Kranken ſon= ???lich zu verſpuehren/ ſondern von der Unwiſſenheit/ falſchem ???ahn/ Geld und Ehrgeitz/ welche ihn niemals in Ruhe und ???er Zufriedenheit laſſen/ daß er ohne Hoffnung nicht ſeynkan. ???ſes iſt bedeutet worden durch die Fabel von dem Eſel/ der ei= ???oewenhaut um ſich gehuellet/ und des Pfauen Schwantz er= ???ſchet.
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(Die andre Ur ſache von der Unvollkom= menheit der Welthaendel.) 2. Weil| wir in dieſer Welt nichts Vollkommenes beſitzen??? alles fluechtig/ nichtig/ zeitlich und in hinfallenden Eitelkeiten??? beſtehet/ und nichts iſt/ welches wir uns die Zeit unſers Lebens??? verſichern koennen/ daher entſtehet die Furcht/ zu verlieren/ was??? wir haben/ und die Sorge ſolches zu erhalten/ oder die Hoff= nung zu erlange ̅ / was wir wůnſchen. Zudeme finden wir nichts??? was unſre unſterbliche Seele vergnuegen moechte/ und leben deß= wegen in begierigem Verlangen des Ewigen: Das Verlangen??? aber iſt eine Unruhe unſers Gemuets: gleich wie ein Kranker ſich??? in ſeinem Bette von einer Seite zu der andern waeltzet und wirft??? und in ſolcher Unruhe eine Erleichterung ſeiner Schmertze??? ſuchet. Oder wie der Jaeger ſich nicht begnuegen laeſſet/ mit den??? Wild/ ſo er gefangen/ und der Biſſen/ welchen wir bereit ver??? ſchlungen/ keinen Geſchmakk mehr hat: alſo vergnuegt uns nicht??? was wir haben/ ſondern trachten ie mehr und mehr zu er??? langen.
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3. In dieſer Welt iſt Gutes und Boeſes/ Glůkk und Unglůkk(Die dritte Ur= ſache von des Gluekks Zu= ſtande.) ???iteinander vermiſchet: Keine Ehre iſt ſonder Beſchwerung/ ???in Reichtum ohne Sorge/ keine Wolluſt ohne Reue. Weil ???n unſer Verſtand ſolches aus Erfahrung beobachtet/ kan er ???ine Zufriedenheit darinnen finden. Er weiß/ aus Eingeben der Natur/ daß er faehig iſt alles das Gute allein zu beſitzen/ welches ???el andre Menſchen miteinander haben/ und ihm gleichfals ???nte gegeben werden/ und hat er niemals ſo viel/ daß er nicht ???ch ein mehrers ſolte haben koennen: Wie der Waſſerſůchtige/ ???r einen Trunk nach dem andern begehret. Daher ſagt Salo=(Preb. 1.) ???on/ daß er ſeiner Seelen alles gegeben/ was ſie verlangt/ und ??? Ende geſehen/ daß doch alles/ alles Eitelkeit ſeye.4. Der Menſch hat Leib und Seele: beedes bebt und ſchwebt(Die vierte Ur ſache von des Menſchen Be= ſchaffenheit.) ???unaufhoerlicher Bewegung/ daß er niemals ruhig ſeyn kan. Er ???ze ſeinen Leib in den beſten Stand/ erſaettige ſich mit den be= ???en Speiſen/ ſo wird er doch kurtze Zeit alſo verbleiben/ und ih [541] me leichtlich ekklen. Er hoere die ſchoenſte Rede von der ange= nemſten Sache/ ja von GOtt dem hoechſten Gut/ ſo wird doch??? keiner gerne ueber ein par Stunde zuhoeren wollen. Ja/ in dem??? Schlaf/ welcher die Ruhe des Menſchen genennet wird/ iſt ſein??? Hertz mit Beben/ und ſein Puls mit Bewegen/ ſein Sinn aber??? mit Traumen beſchaefftiget.(Die fuenfte Urſache von dem Neid.) 5. Es hat der Menſch den Verſtand und den Willen. Der??? Verſtand ſiehet andre/ die mehr wiſſen und verſtehe ̅ / neidet deß= wegen ſolche Nachbaren/ weil er vermeinet ihre Weiſheit kla= ge ſeinen Unverſtand gleichſam an/ und indem er trachtet ſo viel??? zu erlernen/ kan er ſich nicht zufrieden geben. Der Wille des??? Menſchen ſihet andre in groſſen Ehren/ in Reichthum und??? Wolleben/ deßwegen neide erſolche Weltlinge und trachtet??? ihnen gleich zu werden/ findet aber die Reue in dem Beſitz/ und??? die Sorge in dem Verlangen.6. Wann wir aber die Frage recht betrachten/ ſo iſt die Fra [542] ???ge nicht durch und durch mit dem Jawort abzufertigen: ſon=(Daß die Fra= ge mit Nein zu beant= worten.) ???ern es finden ſich noch viel/ welche mit ihrem Zuſtande/ in wel= ???hen ſie GOTT geſetzet/ wol zufrieden/ und erwuenſchen nicht ???ehr/ als deſſelben Beharrlichkeit. Insgemein zwar ſind ſehr ???enig mit gegenwaertigem Gluekke vergnueget/ und verhoffet ???er/ ſo in Ehren ſitzet/ reicher zu werden/ der Reiche zu hoehern Ehren zu kommen/ etc. Etliche geringe und fromme Leute be= ???nuegen ſich mit ihrem Mittelſtand/ und wollen die Krone und ???en Beutel mit dem Reichthum/ weil ſie wiſſen/ mit was Jam= ???er ſie verbunden/ nicht in dem Weg aufheben. Solche fůhren ???n ſtilles und ruhiges Leben/ ſuchen und finden ihre Freude in ??? der Liebe GOttes und des Nechſten/ befleiſſen ſich eines guten Gewiſſens/ und ſind fůr die Gluekk= ſeligſten zu ſchaetzen.
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XV. Ob die Liebe/ oder der Haß ſtaerker ſeye?
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(* Empedocles. Amicitiam & inimiciti- am Aristote- les vocat for- mam & pri- vationem.) JEner Alte* hat recht geſagt/ daß die Welt in Strei= ten beſtehe/ welcher Meinung auch Ariſtoteles ge= folgt/ wiewol mit andern Worte ̅ . Dieſer Streit aber??? iſt zwiſchen kalt und warm/ leicht und ſchwer/??? Freundſchaft und Feindſchaft/ Einigkeit und Un= einigkeit/ und wann ſolche Widerwertigkeiten aufhoeren ſol= ten/ ſo můſſte dieſe groſſe Welt/ und der Menſch die kleine Wel??? zu Grunde gehen: maſſen unſer Leben nichts anders iſt/ als??? der Hitze Wůrkung in der Feuchte. Die Freundſchaft aber/ wel= che wider die Feindſchaft ſtreitet/ iſt in dem viel edler und ſtaer= ker/ weil ſie zu erhalten/ uud iene zu verderben trachtet.(Gottes Guete.) 2. GOTT der Allmaechtige ſtraffet die Menſchen nicht nach??? dem Verdienſt ihrer Sůnden/ ſondern wendet Gnade ein/ daß??? [544] ???s mit uns elenden Erdlingen nicht gar aus werde: Solche Gnade iſt ein Freundſchaftszeichen/ da hingegen die Sůnde/ ſo ???on dem Satan herkomt/ eine Feindſchaft iſt gegen GOTT. ???er wolte nun nicht ſagen mit dem Apoſtel: Wo die Suende(Rom/5/20.) ???aechtig und ſtark iſt/ da iſt die Gnade noch viel maechtiger und ???aerker; ia ſo maechtig/ daß wir dardurch ſeelig werden.3. Wann man aber die Frage von der Menſchen Freund=(Erklaerung d’ Fragen.) ???nd Feindſchaft verſtehen wil/ ſo wird ſich auch die Liebe viel ???aerker finden/ als der Haß; maſſen die Liebe eine Meinung zum ???uten/ der Haß aber eine Abwendung vom Boeſen iſt. Betrach= ???t man nun beeder Erfolge und Endſchaft/ ſo iſt der Menſch ???n der Natur zu der Freundlichkeit gewidmet/ und der Haß ei= ??? Krankheit ſeines Gemuets/ der mit allen Laſtern/ wie jene mit ???len Tugenden/ verbruedert iſt/ und einen boeſen Ausgang gewin= ???t. Weil wir nun zu dem Wolergehen und zu dem Gluekk mehr ???elieben tragen/ als zu dem Ungluekke/ ſo ſol auch die Liebe ge [545] gen Gott/ |und dem Nechſten (als das neue Gebot/ an welchen??? (Charitas est character Chriſtianiſmi Baſ???l.) man die Chriſten kennen muß) ſtaerker ſeyn/ als der Teufliſch??? Haß und Neid/ ſo von dem Luegner von Anfang herkommet??? und auch ſeiner Jůnger Kennmahl ſeyn mag.(Hoffnung.) 4. Es iſt auch die Hoffnung eine Art der Liebe/ vermittelſ??? welcher wir alle Gefaehrlichkeiten und Beſchwerlichkeit ueber??? winden/ und moechte man hierwider einwenden/ daß nach den??? Suendenfall der Menſch mehr zum Boeſen/ als Haß und Neid??? als zum Guten/ Lieb und Freundſchaft geneiget. Zudem iſt de??? (Zorn.) Zorn/ welcher von der Feindſchaft herrůhret/ die ſtaerkſte Be??? wegung des Gemuets/ und reitzet uns auch mit Gefahr des Le??? bens an unſren Feinden zu raechen. Die Verliebten laſſen ſich??? den Zorn/ wider ihre Neben=oder Seitenbuler/ leichtlich bethoe??? ren/ und wer nichts liebt/ der haſſet auch nichts/ ja wenn es moeg??? lich/ daß wir unſer Leben nicht lieben koenten/ ſo wuerden wir de??? Tod nicht haſſen; kommet alſo der Haß etlicher Maſſen vo??? der Liebe her.
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5. Wann man grůndlich von dieſer Frage reden wil/ muß(1. Unterſcheid) ???an betrachten/ ob die Liebe oder der Haß das Hertz/ als die ???erkſtatt des Gebluets/ am ſtaerkſten bewege. Die Liebe wird ???urch ihre Vergnuegung und des Geliebten Beſitz das Hertz ???d die Geiſterleinſchwaechen: Der Haß und Zorn aber gantz ???ůnſtig und gleichſam ſueden machen/ und den Verſtand ge= ???ngen nehmen/ daß man auch den Tod/ der doch ſonſten das ???rſchrekklichſte unter allen Erſchrekklichen iſt/ unter die Augen ???gehen nicht ſcheuet.(2. Unterſcheid) 6. Wann man die Liebe und den Haß/ als uebermaeſſige und ???ehiſche Neigungen des Gemuets/ welche dem Verſtand nicht ???terworffen/ bedenket/ muß man auf die Leibsbeſchaffenheit ???es und des andern ſehen. Ein Blutreicher wird mehr zu der ???ebe geneigt ſeyn/ als zum Zorn/ und ſolche fuer die Staerkſte hal= ???: Hingegen aber wird ein Gallreicher ſich den Zorn und ???imm mehr beherrſchen laſſen/ als die Liebe. Alſo kan man [547] dieſe Frage nicht mit Ja oder Nein beantworten/ ſondern ma??? muß auf beſagten Unterſcheid der Menſchen ſehen.

XVI. Ob die Kinder Vater oder Mutter mehr verbunden/ un??? ihnen treue Liebe und Gehorſam zu leiſten ſchuldig?
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DIe Eltern pflegen ihre Kinder ſchertzweis zu frage??? ob ſie Vater oder Mutter mehr lieben. Wir wolle??? (Fuer den Ba= ter 1. Urſache) aber im Ernſt handlen/ welches ſie unter ihren E??? tern mehr zu lieben ſchuldig und gehalten ſind. O??? ſie wol beede Vater und Mutter zu Ehren verbunden/ auf da??? ſie lang leben in dem Lande/ ſo wird doch der Vater billich vo??? geſetzet/ welcher des Hauſes und des Weibes Haubt/ dem d??? meinſte Ehre gebuehret/ und ohne welchen die Kinder nicht ??? [548] ???r Welte weren. Daß Alexander der groſſe ſolgeſagt haben/ ???ſeye ſeinem Lehrmeiſter mehr verbunden/ als ſeinem natůrli=(Lehrmeiſter Ehre.) ???en Vater/ iſt ein Schulmaehre/ die nicht wol zu glauben/ und ??? viel das Leben hoeher zu achten/ als die Wiſſenſchaft/ ſo viel ???d die Vaeter mehr zu ehren/ als die Lehrmeiſter.2. Die Muetter lieben meiſtentheils ihre Kinder wie die alten(Zweyte Ur= ſache.) ???en die jungen/ welche ſie aus Liebe erdrukken. Der Vater ???er ſorget|fuer ſeine Kinder/ ſo bald ſie geboren werden/ und iſt ???mueht ſie zu ernehren/ wol zu erziehen/ hoch anzubringen/ und ???en ein ehrliches Vermoegen zu hinterlaſſen. Wann man nun ???m am meinſten verbunden/ der uns am meinſten Gutes thut/ ???ſt es gewiß der Vater/ deſſen Wolthaten nicht koennen erwie= ???t/ noch mit aller Ehrerbietung gebuehrlich erkennet werden. ???ſes hat auch aller Voelker Recht und verjahrte Gewonheit(Dritte Ur= ſache.) ???ennet/ indem ſie den Soehnen ihrer Vaeter Namen und W???= ??? fůhren laſſen/ und nicht ihrer Muetter/ als dem unvollkom [549] menen weiblichen Geſchlecht/ welches ohne Verſtand und Ve??? moegen ihren Kindern ausbitten wollen/ was ſie nicht verſtehen??? wie die Mutter der Kinder Zebedei.(Vierte Urſa= che und Wuer= de.) 4. Wie der Samen in der Erden ſeinen Namen nicht von de??? Erden hat/ in welcher er gewachſen; alſo haben auch die Kinde??? ihren Namen von den Vaetern/ und der Můtter wird ſelten ge??? dacht. Bey den Roemern haben die Vaeter und nicht die Muett??? ůber ihrer Kinder Leib und Leben/ Gewalt und Macht ge??? habt; ja ſie haben niemand an Kindesſtat annehmen duerffe??? wann ihre Kinder nicht verſtorben/ daß ſie an den Fremden e??? nen Troſt geſuchet.(Fuer die Mu= ter. Erſte Urſach.) 4. Im Gegenſatz iſt zu bedenken/ daß die Schrift gebiete??? der Sohn ſol nicht vergeſſen/ wie ſaur er ſeiner Muter worde??? da ihn der Vater mit Luſt erzeuget/ und der Geburtsſchmertze (Zweyte Ur= ſache.) nicht theilhaftig wird. Ein Kind hat mehr von der Muter a??? von dem Vater/ indem wir ſehen/ daß ein Geſunder mit eine??? [550] ???usſatzigen Weibe ausſaetzige Kinder erzeiget/ und ein Ausſaetzi= ???r mit einem geſunden Weibe reine und mit dieſer abſcheuli= ???en Krankheit unbeflekkte Kinder erzielet. So bald das Weib(Die dritte Ur ſache.) ???pfangen/ ſpuehret ſie eine Veraenderung an ihrem gantzen ???eibe: ſie ekkelt fůr der Speiſe/ ſie hat Schmertzen in den Lenden/ ???rliert die Farbe in dem Angeſicht/ etc. Aber dieſes alles iſt ???chts gegen den Geburtsſchmertzen/ welche ſie nach neun Mo= ???ten ihrer Schwaengerung aus ſtehen muß/ welche nicht allein ??? Theil des Fluchs/ ſo Eva auf ihre Toechter gebracht/ ſondern ???ch hinundwieder in der H. Schrift mit der allergroeſſten Noht ???d Angſt verglichen wird. Dieſes aber alles vermehret die Lie=(Die vierdte Urſache.) ???des muetterlichen Hertzens/ und traegt eine ſo bruenſtige Freude ???ihrer Leibesfrucht/ da man ſonſten zu haſſen pfleget/ was viel(Die fuenfte Urſache.) ???chmertzen verurſachethat. Sie ſaeuget ihr Kindlein mit Ver= ??? ihrer Kraeften/ mit Nachtheil ihrer Schoenheit/ mit Zuſe= ???g ihres Gebluets/ und Schwaechung ihrer Gedaechtniß. [551] Das Weinen der Kinder/ welches iederman beſchwerlich/ iſ??? allein der zarten Muter angenehm/ und bricht ſie willig ihre??? Schlaf/ damit nur ihr liebes Kindruhen moege. Weil nun die??? ſe Wolthaten weit ůbertreffen die Vorſorge eines Vaters/ alſ??? ſind ſie auch bıllich mit mehrer Erkantniß/ Liebe und Geho??? ſam zu erkennen.(Unterſcheid) 5. Sind die Kinder aber den Vaetern mehr Liebe ſchuldig??? ſo iſt es wegen der Glůkksgueter/ wiewol auch viel Rabenelter??? den ihrigen wenigůber laſſen/ und die Mueter beſſere Haushalt??? rin zu ſeyn pflegen/ als die Vaeter. Es kan aber ein Vater ſo vi??? bey Auferziehung ſeiner Kinder nicht thun/ als die Muter i??? den erſten und muehſeligſten Jahren/ nach welchen ſie den Leh??? meiſtern untergeben/ und benebens vaeterlichen Vermahnung??? auch der mueterlichen Aufſichte vonnoehten haben/ ob zwar d??? Soehne ſolche weniger zu achten pflegen/ als ſie thun ſolten.(2. Unterſcheid) 6. Es iſt hier zu unterſcheiden die Zeit/ und die Wolthate??? [552] ???elche die Kindervon ihren Eltern empfahen. Beeden ſind ſie ???huldig wegen ihres Lebens unaufhoerlichen Dank zu ſagen/ ???d kan eines ohne das andre keine Kinder auf die Welt brin= ???en. Nach der Empfaengniß iſt das Weib allein mit der Frucht ???laſtet/ der Vater iſt eine abgeſonderte Urſach/ und befindet ſich ???swegen noch wol/ noch ůbel/ und kan man der Muter/ aber ???cht des Vaters verſichert ſeyn. Daher hat jene Italiaenerin/ als ???r Mann vergewiſſert ſeyn wollen/ daß er Vater zu ihre ̅ Sohn/ ???nſelben auf die Arme genommen/ und ihn ihrem Mann ge= ???enket/ etc. Damit aber ſolche Gewißheit kundbar/ haben die ???eſetze Vater und Sohn mit einem Namen verbunden/ wie die(3. Unterſcheid) ???atur mit der Muter hertzlichen Neigung. Insgemein iſt dieſe Frage nicht zu entſcheiden/ ſondern von ieden from= men oder boeſen Eltern abſon= derlich.
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XVII. Ob die Freundſchaft unter gleichen oder ungleichen Per= ſonen ſtaerker ſeye?
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(Der Freunde Gleichheit. Erſte Urſache) NAch aller Gelehrten gleichſtimmigen Meinung ſo??? die Freundſchaft ſeyn eine bruederliche Handrei= chung/ und geſamte Huelffbietung des menſchliche??? Lebens. Helffen aber und der Hůlffe benoehtiget ſeyn/??? kan unter gleichen Perſonen nicht ſtat finden/ ſondern die??? Gleichheit verurſacht Neid und Zank/ wann ein ieder der beſt??? und verſtaendigſte ſeyn wil. Keine Freundſchaft iſt ſo vollkom= men/ als welche wir gegen uns ſelbſten tragen/ und iſt uns ſol= che als ein Exempel gegeben worden/ daß wir unſern Nechſte??? lieben ſollen/ als uns ſelbſten. Wann wir aber in der Wahlſte= hen/ ob wir uns oder einem andern Gutes thun ſollen/ ſo faellt??? der Ausſpruch fuer uns. Iſt nun mein Freund mir in allem??? [554] ???leich/ ſo wird er ſo wol gehalten ſeyn/ ſich gegen mir wolthaetig ???erzeigen/ als ich gegen ihm.2. Die Freundſchaft iſt eine Gleichſtimmung* und ein E=(Zweyte Ur= ſache.) ???enmaß* zweyer oder mehr verbundener Hertzen. Nun beſte=(* Harmonia.) ???et die Gleich=oder Zuſammenſtimmung in Ungleichheit(* Symmetria.) ???er Toene/ wie das Ebenmaß in Ungleichheit der Zahlen und ???bmeſſung. Dieſes erhellet noch augenſcheinlicher aus abſon= ???rlicher Betrachtung der Ehr=und Geldgeitzigen/ welche ???emals gute Freunde bleiben/ weil einer wil/ was der andre ???rlanget/ und ihm deswegen auf viel Weiſe hinderlich iſt.(Dritte Urſach) ???ann zween Freunde gleich gelehrt/ gleich verſtaendig weren/ ???d haetten einerley Buecher geleſen/ ſo ſolte keiner von den ???dern freundlich koennen unterrichtet werden. Alſo in der ???oht/ da uns die Freunde am noehtigſten/ koenten zween ar= ???e Freunde einander wenig helffen/ und zween gleich Reiche ???ůrden der Huelffe nicht vom Thun haben.
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3. Alſo ſihet man/ daß die aeltſte/ erſte und beſtaendigſt??? Freundſchaft iſt zwiſchen ungleichem Geſchlechte Mann un??? (Vierdte Ur= ſache.) Weib. Der Arme muß arbeiten/ Fleiß und Můhe anwenden ??? dem Reichen zu dienen: Der Reiche hingegen muß dem Arme??? von ſeinen Mitteln erhalten und nehren helffen. Alſo beſtehe??? dieſer gantzen Welt Zier in Ungleichheit der Geſchoepfe/ un??? wann alle Menſchen einander gleich ſeyn oder werden ſolten/ ſ??? wuerde nichts als Zank und Streit erfolgen/ deßwegen ſich jene??? Indianer verwundert/ daß der Reichthum ſo ungleich ausge??? theilet/ und doch die Leute in Frieden miteinander lebten.(Gleichheit d’ Freunde. Erſte Urſach.) 4. Im Gegenſtand kan man einwenden/ daß die Gleichhei??? der Freundſchaft Grundfeſte/ und wie die Voegel gleicher Feder??? miteinander zu fliegen pflegen; alſo geſellet ſich auch gleich un??? gleich zuſammen/ daß man einen ieden aus ſeiner Geſellſchaf??? erlernen kan. Dieſes iſt auch abzuſehen aus |der natuerliche??? [556] ???eindſchaft/ welche zwiſchen Gelehrten und Ungelehrten/ ???iſchen den Stoltzen und Demuetigen/ zwiſchen den From= ???en und Boeſen iſt.5. Der Freundſchaft erſter Satz iſt/ daß ſolche unter Tu= ???ndliebenden geſtifftet ſeye/ dann die Gemeinſchaft der Laſter=(Zweyte Ve= ſache.) ???ften dieſes Titels nicht wehrt iſt. Dieſer Name wird vielfael=(Amici moru ̅ conſortio ſibi invicem pla- cere ſtudent. Barel. in Ar- gen.) ??? mißbraucht/ indem wir die erſte Kundſchaft/ welche wir mit ???em Unbekanten machen/ mit dem Namen der Freundſchaft ???ſchlich zu benennen pflegen. Alſo lieben wir auch nicht die ???loſen Sachen und und unvernuenftigen Thiere/ weil zwiſchen ???s und ihnen keine ſolche Gleichheit ſeyn kan/ als zwiſchen ???ann und Weib/ Vater und Sohn/ Bruder und Schweſter/ etc. ???lche uns wieder lieben koennen. Alſo wird eine Schaeferin lie= ??? einen Baurenknecht/ als einen Fuerſten lieben/ und eine Hof=(Dritte Urſach) ??? wird einen groben Dreſcher keinem Edelmann vorziehen. [557] Alſo iſt die Ehrerbietung gegen die Obrigkeit vielmehr ſchu??? diger Gehorſam/ als Liebe zu nennen. Wann ein groſſ??? Herr ſagt: Ich bin Euer Freund/ ſo darff ich nicht dargegen ſ??? gen: und ich der Eure/ ſondern muß mir ſolche Wort eine Gn??? de und Belohnung vieler Dienſte ſeyn laſſen/ und fůr ei??? hohe Ehre achten/ daß ich dieſes Freundes Knecht genenn??? werde. Was ıſt aber das fuer eine Freundſchaft/ wann ich nich??? einmahl ſagen darf/ was ich gedenke? Ein Freund ſol d??? Schatzkaſten ſeyn aller Heimlichkeiten/ und ich darf einem ſo??? chen nichts nicht anvertrauen. Zwiſchen Ungleichen an Al??? und Verſtand kan das Tugendziel/ zu welchem ſie beedes i??? Abſehen richten/ eine Freundſchaft/ wiewol unvollkomme??? ſchlieſſen. Dieſes haben uns die Alten fuerbilden wollen dur??? die Fabel von dem Loewen/ Eſel und Froſch/ da der Eſel von de??? Loewen auf der Raiſe zerriſſen worden/ und der Froſch in ein??? Moraſt geflohen/ da ihn der Loew nicht erhaſchen moegen/ u??? [558] ???durch die Fabel von dem kuepfernen und irdenen Hafen/ welche( Den Anfangs buchſtaben.) ???it groſſen Sorgen nebeneinander auf dem Waſſer geſchwum= ???en. Wie kan aber eine Freundſchaft ſeyn unter Ungleichge= ???nnten/ die auf ungleiche Art/ in ungleichem Stande/ und ???gleichem Willenleben? Dieſuſſe Frucht der Freundſchaft iſt/ ???ß einer des andern Frommen foerdert/ und ſeinen Schaden ???arnet/ welcheswol ſeyn kan/ wann man ungleicher Meinung/ ???er doch gleich guten Vorſatz hat.6. Die Freundſchaft iſt Saltz des menſchlichen Lebens/ das(Der Freunde Gleich heit ferners be= wieſen.) ???and unſres Chriſtenthums/ der beſte Troſt in unſerm Elende/ ???Ehre der Verachten/ und wie die Welt ohne Sonne nicht ???ůrde beſtehen koennen/ alſo ſolte die Welt ſonder Freundſchaft ???oeden. Daß aber ofternannte. Freundſchaft in der Gleichheit ???tehe/ iſt aus den Exempeln aller Standsperſonen zu ſchlieſ.???. Der Soldaten Freundſchaft verbindet die Gefahr/ der ???ufleute der Gewinn/ der Hofleut der Trunk. Der Gelehr [559] ten Freundſchaft beſtehet in Buechern und Briefen: Aller Men??? ſchen durchgehende Freundſchaft ſol beſtehen in Wolthaetig??? keit gegen ihrem Nechſten. Wie die Reichen wegen der Ehre??? die Geitzigen wegen des Reichthums/ die Hofdokken wegen de??? Schoenheit ſtreiten/ alſo ſollen die Menſchen wegen der Freund??? lichkeit und Gutthaetigkeit ein ander zuuebertreffen trachten. ??? Unglůkke habe ̅ wir zwar der Freunde mehr vonnoehten/ doch ſo??? len ſie bereit ſeyn uns mit Raht und That zu aller Zeit beyzuſteh??? wie ein Vater ſeinem Kinde/ ein Bruder der Schweſter/ und ei??? Weib ihrem Manne verbunden/ ſo ſollen zween verſtaen= dige und beſtaendige Freunde eines Sinns und Willens verbleiben.
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XVIII. ???ob der Mueſſigang oder der Pracht in einem Regiment mehr Schaden bringe?
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DEr Mueſſiggang iſt die Wurtzel alles Ubels. Unſer Verſtand iſt ein Feld/ das wil angeſaeet ſeyn/ liget es brach und unbeſaemet/ ſo bringt es Unkraut/ und be= giebt ſich auf allerley Laſter/ unter welchem Freſſen/(Wiber den Mueſſiggang Erſte Urſach) ???aufen/ Spielen/ Bulen/ und andrer Sůnden Ergetzlichkeit ???s alltaegliche Handwerk wird. Wann nun die můſſige Burger= ???aft alſo verfůhret/ ſo kan noch Glůkk/ noch Stern zu erwar= ??? ſeyn; ſondern ſie verarmen und koennen zu dem gemeinen ???eſen ihre Steuer und Gebůhr nicht beytragen: Maſſen ???r Obrigkeit viel daran gelegen/ daß ein jeder ſeines Vermoe= ???s wol gebrauche.
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2. Die Aertzte ſagen/ daß in Sterbenslaeuften ein nuechtern??? ner Menſch gar leichtlich mit der Peſtilentz angeſtekket werd??? (Die zweyte Urſache.) weil die Natur nichts leer wiſſen wil/ ja das ſchwere Waſſ??? ueberſich/ und das leichte Feuer wider ihre Eigenſchaften u??? (* Yacuum,) terſichziehet/ die Leerſchaft* zu vermeiden: Alſo ſollen auch al??? Menſchen den Mueſſiggang entfliehen/ wann ſie ſich nit in vo??? ſaetzlicher Gefahr ſehen wollen. Durch Nichtsthun muß ma??? Ubel thun lernen/ und Ubel thun bringet zu ſpate Reue mit ſich??? Wann nun der Mueſſiggang die reichen Haeuſer verarmen m??? chet/ und den Haeuſern und derſelben Bewohner die Staette b??? ſtehen/ iſt leichtlich zu erachten/ daß ſolcher einheimiſch??? Feind ein gantzes Regiment zu Grunde richten kan; Wie hi??? gegen die Arbeit ein Ort bereichert/ Handel und Wandel dahi??? bringt/ und der Feld bau das Land ernehren muß. Der Prach??? hingegen machet die armen Handwerksleute reich/ und d??? reichen arm. Hingegen dienet der Pracht zu Zier und Ruhm e??? [562] ???s Regiments/ ernehret viel Diener/ ſo ſonſten darben/ machet ??? groſſes Anſehen/ ſowol bey den Unterthanen als Fremden/ ???d iſt eine Urſache/ daß ein Menſch des andern nicht entrah= ??? kan.3. Weil GOTT nicht alle Menſchen gleich haben wollen/ ???ndern aus etlichen Gefaeſe der Ehren/ aus etlichen Gefaeſe zu ???nehren gemacht/ ſo ſind dieſe und jene in dem euſſerlichen An= ???en/ wie alle Erdgewaechſe an ihren Blumen und Blaettern/ ???terſchieden. Daß nun ſolcher Unterſcheid zu einem Pracht ???ausſchlaegt/ muß man dahingeſtellt ſeyn laſſen/ und wird dar= ???rch vieler Mueſſiggang zu kuenſtlicher Arbeit angehalten; als ???der Mahlerey/ Muſic/ Gold=und Silberarbeit/ Kauffman= ???aft/ mit Sammet/ Seiden/ Gewůrtz zu Schaueſſen/ etc. ???rdurch unſer ſonſt elendes Leben getroeſtet/ und die armen ???ůſſigen Leute ernehret werden. Die mueſſigen Indianer(Fuenfte Ur= ſache.) ???d elende und wilde Leute/ weil ſie von Pracht nichts wiſſen. [563] Die Roemer hingegen haben mit Pracht und Macht die gantz??? Welt bezwungen. Wann wir nicht halten ſolten/ als was zu Er??? haltung des menſchlichen Lebens vonnoehten iſt/ ſo mueſſten wi??? uns mit Waſſer und Brod laſſen abſpeiſen/ wir mueſſten in Bau??? renhuetten wobne ̅ / uns in grobe Wollen und Thierheute kleiden??? und koente alles ůbriges fuer Pracht gehalten werden. Etlich??? haben deßwegen gerahten/ man ſol alle zu Pracht gehoerige Sa??? chen in ůberhohen Wehrt ſetzen/ damit die Armen ſo viel meh??? Gewinn darbey haben moechten. Der Hunger machet die Můſſ??? gen arbeiten/ und die Praechtigen demůtig ſeyn.(Wider den Pracht.) 4. Der Pracht machet arme Leute/ die hernach ihre Schul??? den mit Ferſengeld zahlen/ und ſowol die Obrigkeit/ als ihr??? (1.) Mitburger/ anſetzen und betruegen. Der Pracht hat dieſe E??? genſchaft/ daß er das Einheimiſche zu verachten und in U??? wehrt zu bringen; Hingegen aber das Auslaendiſche und Frem??? de hoch zu achten machet: Daher dan ̅ das Geld aus dem Land??? [564] ???mmet/ und nicht unter die armen Mitburger vertheilet wird. ???s iſt aber der Pracht insgemein mit unrechtem Wucher/ Geitz(2.) ???d Finantz/ verbruedert/ dardurch wieder die Unſchuldigen ???rarmen und unterdrukket werden. Hierwider haben nun keine ???eſetze noch zu der alten/ noch zu unſren Zeiten helffen wollen. ???ie Roemer haben viel Kleiderordnungen gemacht/ ſelbe aber(3.) ???wenig gehalten/ als wir die unſrigen/ und wie ſie durch ihren ???achtum alle Hoheit kommen/ welche ſie durch Sparſam= ???t/ Arbeit und Tapferkeit erworben/ alſo kan es uns Teutſchen ???ch begegnen.(4.) 5. Wir Menſchen ſind von Natur ſtoltz/ und werden durch ??? Prachtie mehr und mehr gereitzt/ von der Demut und Got= ???furcht abzulaſſen/ und den Eitelkeiten anzuhangen. Ein ???ab/ der einſchoenes Kleid antraegt/ dunket ſich mehr als ſon= ???/ und verachtet einen andern/ der ſchlechter bekleidet iſt: Wan ̅ ???ber mueſſig gehet/ denket er an Spielen/ Schlaffen/ Eſſen [565] oder Trinken/ welches weniger Suende als ſtoltzieren. Ma??? (5.) koente auch wol aus der Straffe/ ſo auf beedes geſetzet/ abne??? men/ welches das ſchaedlichſte Laſter. Der Pracht wird m??? Geld/ der Mueſſiggang gar nicht geſtraffet/ und kan aus Hu??? gersnoht nicht lang dauren; da hingegen der Pracht ſein/ u??? aller Glaubigen Vermoegen aufzehret.(Betrachtung der Frage.) 6. Wann man dieſes alles recht betrachtet/ findet ſich/ da??? der Mueſſiggang eine Urſache des Prachts/ und der Pracht ei??? Urſach des Mueſſiggangs iſt. Weil aber unter wıdrigen u??? nicht gleichſtaendigen Sachen eine Vergleichung anzuſtellen/??? nicht zu zweiffeln/ daß beedes zu Verderbung der Regiment??? ausſchlage/ indem die Unterthanen mueſſig und die Regent??? praechtig leben. Wann aber ja beedes in groeſſtem Ubel ſol??? trachtet werden/ ſo erſtrekket ſich der Unterthanen Můſſ??? gang viel weiter/ als der Regenten Pracht/ indem nemlich d??? welcher der Faulheit gewohnt/ und keine Handarbeit gelern??? [566] ???el elender und weniger fortkommen kan/ als der Praechtige/ ???en die Armut lehret geſparſam leben/ und die ſchoenen Kleider ??? Brod geben.

XIX. Ob die Hoffnung oder die Furcht am ſtaerkſten ſeye?
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DIe Furcht iſt zweyerley: kindlich und knechtiſch. Die(Unterſcheid.) kindliche Furcht laeſſet das Vertrauen und die Ehr= erbietung nicht ſinken; die knechtiſche Furcht aber erweiſet/ daß ſie ſtaerker iſt als die Hoffnung/ und die= ſe findet ſich bey ruchloſen Leuten/ welche ihr boeſes ???wiſſen begangener Ubelthaten ůberfůhret. Die Hoffnung ???rd den Tugenden beygeſetzet/ die Furcht den Laſtern: maſſen ??? der verhofften Belohnung und erwarten Beſtraffung alle ???gimenter verbunden werden/ alle gute Thaten wůrklich zu ???ohnen/ erforderte aller Indianer Reichthum: Die Hoffnung [567] aber der Ehre dringet hervor/ und vergnůget uns/ wo nichtbe??? dieſer/ iedoch bey der Nachwelt.(Fuer die Hoff= nung.) 2. Die Hoffnung und die Furcht liget bey den Menſchen in??? gleichen Waagſchalen; bald neigen wir uns zu einer/ bald z??? (1.) der andern Seiten/ nachdem das Glůkk einen Ausſchlag ma??? chet. Wirhoffen vielmals auch ohne Furcht; Fuerchten un??? aber ſelten ohne Hoffnung. Daß alſo die Hoffnung/ welche allei??? ihre Wůrkung hat/ vielmaechtiger unſer Gemuet beweget/ als di??? Furcht. Zum Exempel: Wir hoffen alle ſelig zu werden; ſolche??? kindliche Vertrauen iſt aller Furcht entnommen. Welche ſich??? aber fuer der Hoelle fuerchten/ ohn Vertrauen/ die haben eine knech??? tiſche/ ja faſt teufliſche Furcht: maſſen der boeſe Geiſt ſich??? gleichsfals fuer dem juengſten Tag entſetzet.(2.) 3. Die Hoffnung zu Ehren zu kommen/ treibet manche??? Soldaten in die letzte Todesgefahr. Die Furcht aber macht e??? nen Feigen zittern und beben/ daß er kein Glied/ als die Fůſſe z??? [568] ???tfliehen/ regen kan. Wer wolte nun ob ſolcher Wůrkung ???r Hoffnung nicht gewonnen geben. So viel maechtiger die ???itz als die Kaelte iſt; ſo viel ſtaerker iſt auch die Hoffnung als ???e Furcht. Ein Menſch ohne Hoffnung iſt einelender Menſch; ???in Menſch ohne Furcht iſt ein verwegner/ unbedachtſamer ???d faſt dollkůner Geſell/ der ſein Ungluekk ſuchet und findet.4. Man kan die Hoffnung und Furcht als zween ſtarke Fech=(3.) ??? vorbilden. Die Hoffnung ſtehet da/ iſt behertzt und verſi= ???ert/ Ehre einzulegen. Die Furcht hingegen blaſſet in dem An= ???ſicht/ zittert mit den Haenden/ und gehet zurukke. Nunfragt ???hs: welcher unter dieſen Fechtern der ſtaerkſte ſeye. Die Hoff= ???ng/ weil ſie das Feld behalten/ himmliſch iſt/ und unſre Augen ???GOTT wendet: Die Furcht hingegen iſt hoelliſch und muß ???Schanden werden/ weil ſie ſich auf die Erden verlaeſſet/ und ???r auf Menſchen Hůlffe bauet.
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(Furcht Be. ſchaffenheit.) 5. Die Menſchen fůrchten nicht das groeſſte/ ſondern das naeh??? ſte und ihnen zuwiderſte Ubel. Alſo fůrchten die Diebe den Ga??? gen/ das Rad/ die Galeren und Schmach: keiner aber fůrchte??? ſich fuer der Hoelle/ und dem Verluſt Goettlicher Gnaden. We??? nemlich die Strafen des hoechſten Richters weiter entferne??? ſcheinen/ als die Strafen der weltlichen Obrigkeit. Weil nu??? vielmehr boeſe als fromme ſind/ iſt leichtlich zu erachten/ da??? die Furcht ſtaerker ſeyn muß in dem Zaum zu halten/ als die Hoff??? nung/ welcher ſolcher Leute nicht faehig ſind: man wolte dan??? ſagen/ daß ſie hoffen eine gute Beute darvonzubringen/ we??? cher wegen ſie ihr Leben in die Schantz zu ſchlagen pflegen.(Fuer die furcht ) 6. Bey den Ebreern hat die Hoffnung und Thorheit eine??? Namen: Weil der Menſchen Hoffen eine eitle Thorheit/ auſſe??? dem Himmliſchen. Hingegen aber werden etliche mit Furch??? aus der Hoellen errettet/ und was iſt/ oder ſol billich ſtaerker ſeyn??? als die Furcht GOttes/ obgleich ſolche die Ruchloſen aus de??? [570] ???Augen ſetzen: Wachet ihnen aber das Gewiſſen auf/ ſo erweiſen ???/ daß ihnen bang wird fůr Furcht und Wartung der Dinge/ ??? da kommen ſollen/ nach den Worten unſers Heilands. Ein(Luc. 21/ 26.) ???ders iſt etwas nicht erlangen/ dahin gehet die leere Hoffnung; ???el ein anders iſt/ das ſeine verlieren/ und dahin zielet die Furcht. ???in Spieler/ der zu gewinnen hoffet/ und nichts verlieret/ kan ???noch wol geſchehen laſſen: Der aber ſein Geld verſpielet und ???fuerchten muß/ er gewinne es nicht wieder/ ſondern verliere mehr darzu/ wird ſich viel aengſtiger bekům= mern/ als der erſte.
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XX. Ob die Heyden verantwortlich gethan/ daß ſie ſich ſelbſ??? ermordet?
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DEr Tod iſt die Artzney aller und ieder unheilſame??? (Mors numen Amantium. Epict. Entſchuldi= gung des Selbſtmords) Krankheiten/ deßwegen wird er der ungluekkſelige??? Liebhaber Abgott genennet/ und von allen/ denen e??? ůbel gehet/ erwůnſcht. Solches iſt den blinden Heyden nich??? zu verargen/ weıl ſie vermeint/ daß nach dieſem Leben alles aus??? oder daß ſolcher Selbſttod/ als eine tapfere Heldenthat/ in de??? (1.) Elyſier Feldern werde belohnet werden. Man kan aber den Hey??? den auf zweyerley Weiſe betrachten; als einen dem Goetzendienſ??? und Aberglauben ergebenen Menſchen/ und dann als einen mi??? dem Liecht der Natur erleuchten weiſen und verſtaendige??? Mann. In beeder Betrachtung iſt ihnen der Zuſtand des kuenf??? tigen Lebenszweiffelhaftig/ oder gantz unbewuſt geweſen/ auſ??? [572] ???r der Poeten Fabel/ welchen wenig Glauben zugeſtellet. Weil ???e alſo einen růhmlichen Namen und das Lob der Tapferkeit(2.) ???interſich zu laſſen vermeint/ haben ſie aus Ehrgeitz ihnen ſelbſt ???as Leben zu nehmen/ kein Bedenken getragen; weil ſie/ wie ge= ???gt/ keine Hoffnung des Zukuenfftigen haben koennen.2. Es iſt aber ſolches von den Heyden ſo viel weniger zu ver=(3.) ???undern/ wann man ſolches unter den Chriſten ſiehet/ und ſie ???dlich zu ſolchem Selbſtmord verbindet/ wie die Schiffer/ wel= ???eſchuldig ſind lieber ihr Schiff in Brand zu ſtekken/ als ſich ???m Feind zu ergeben. Hierinnenweiſen ſie wuerklich/ daß ſie kei= ??? Feige Mem ̅ en/ und des Todes Bitterkeit ritterlich ueberwin= ???n. Die Schulfuchſe halten den Tod fuer erſchrekklich/ die ???oldaten aber ſuchen die Gefahr/ und kůrtzen ihnen ihrer viel(4.) ???s Leben unwiſſend/ durch Fuellerey und Unzucht; gleich de= ???n/ welche ſich ermorden wollen/ verwunden ſich aber nicht [573] gar toedlich/ daß ſie lang hernach/ wegen eines begebenen Zu= falls/ an ſolcher Wunden ſterben.(5.) 3. Großmuetige Maenner koennen den Verluſt der Ehren und??? ůbergroſſe Leibsſchmertzen nicht vertragen/ ſondern wehlenlie= ber den Tod/ und wann ſie ſolchen erwarten mueſſen/ wuenſchen??? ſie doch denſelbigen. Wann wir als Heyden darvon reden wol= len/ koennen wir der gemeinen Meinung aller Alten nicht wider= ſprechen/ welche einſtimmig fůr eine Heldenthat gehalten/ den Tod nicht fuerchten/ und durch denſelben allem groeſſern Ubel ent= fliehen. Socrates/ Cato und andre werden deßwegen gelobt??? und ruehmet auch Seneca einen Gefangenen/ daß er aller To= desmittel in den Feſſeln beraubt/ ſein Haubt an der Mauren zer= ſtoſſen habe. Sextus und Cleanthus haben ſich/ ohne dringen= de Noht/ erwůrget/ und williger Tod iſt noch hoeher zu achten/ als welcher durch Schmertzen oder Ungedult verurſacht wird???(6.) 4. Iſt einem erlaubt ein Arm oder ein Bein abzunehmen/ [574] ???warum auch nicht die Gurgel/ ůber welche er nicht weniger Ge= ???alt hat. Darff man ſeinen Beutel fuer den Dieben verwahren; ???arum auch nicht ſein Leben fůr weit groeſſerm Unfall. Das(7.) ???Leben iſt eines ieden und keines andern/ darmit kan man wıll= ???uehrig verfahren/ nach der Heyden Lehr und Meinung. Sind ???ir unſern Feinden zu lieb/ das Leben zu wagen und zu laſſen ???huldig/ warum nicht auch uns ſelbſten zu gefallen. Beſſer iſt(8. Sir. 30/ 17.) ???er Tod/ als ein ſieches Leben/ ſagt Sirach/ und beſſer iſt tapfer ???erben/ als elend leben. Was andre leiden/ ihr Leben zu retten/ ???aben die Heyden gegen des Todes Schmertzen kuehnlich aus= ???etauſchet/ und iſt unter ſelben Q. Curtius mit dem ſtetsgruenen ???orbeerkrantz der Ehren billich gekroenet worden.5. Wann man aber in dem Gegenſatz betrachtet/ daß die(Wider den Selbſtmord.) ???Natur allen Thieren eingeſchaffen die Erhaltung ihrer ſelbſten: ??? ſich zu verwundern/ daß die Menſchen ſo unartig und ihr(1.) [575] Leben ihnen ſelbſt zu|nehmen nicht erroeten. Wie der innerliche??? Krieg viel verderblicher/ als der aeuſſerliche; alſo iſt auch der??? Tod viel ſchaendlicher/ welcher von dem Willen/ des Leibs be= (2.) ſtem Freunde/ herkommet. Wie aber die Heyden den Soldaten mit Recht geſtraffet/ welcher ohne ſeines Befehlhabers Verlaub??? und Gebot ſeine Zug=oder Schlachtordnung verlaſſen; alſo??? kan auch nicht gut geheiſſen werden/ daß ſie ſich ihres Lebens/??? welches ſie von GOtt empfangen/ und ihnen aus dem Liecht??? der Natur fůr einen guetigen und wolthaetigen Erhalter alle??? Sachen geglaubt/ ſelbſten beraubt/ wie Lucretia/ deren wir um= ſtaendig gedacht in der LXXXIII. Erzehlung/ §. 12. des groſſen Schau??? platzes Luft und Lehrreicher Geſchichte.(3.) 6. Es iſt ein Weg in das Leben einzugehen/ viel Wege aber??? ſind zu dem Tod. Wir ſind in dem Kerker/ und haben de??? Schlůſſel nicht herauszugehen/ wann wir wollen. Was Sam= ſon gethan/ dienet niemand zur Nachfolge/ und haben die Ge [576] ???tze einen Selbſtmoerder der Begraebniß unwuerdig geachtet/ ???eil er nicht auf der Erden gehen wollen/ welche ſeine Mutter ???/ und ihn auch nicht wieder annehmen ſol. Viel eine groeſſere ???ugend und |Tapferkeit erweiſet der/ ſo ſein Kreutz mit Gedult ???traeget.

XXI. Ob die Ehre oder die Liebe ſtaerker ſeye?
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DUrch die Liebe verſtehen wir hier Frauenliebe/ dan ̅ die Neigung/ oder das Belieben/ welches wir zu an= dern Sachen tragen/ kan eigentlich keine Liebe ge= nennet werden. Wir reden auch nicht von ohnmaech= tiger Liebe eines alten Ehekrippels/ noch von der ???ebesbrunſt einer leichtfertigen Dirne/ welche der Ehre nie= ???als achtet: ſondern eine Liebe zu einer verſtaendigen Perſon/ die ???cht ohne Verluſt ihrer Ehre lieben kan/ oder geliebet werden. [577] Hier tretten dieſe beede miteinander in die Schranken/ und er= (Fuer die Ehre.) weiſen ihre Staerke. Die Ehre iſt des Lebens Leben/ deßwegen (1.) nennet man dieſe lebendig tod/ die burgerlich geſtorben/ und ihrer Ehren entſetzet werden. Die Liebe fůhret auf den Weg der Unehren. Die Ehre iſt die Grundfeſte aller Regimenter/ der (2.) Tugend Lohn/ welcher alle Schaetze der Welt weit uebertrifft/ und (3.) das Beluſten auch weit zurukke laeſſet. Dieſes erhellet noch viel ſcheinlicher aus dem Gegenſtand/ weil nichts verachter in die= ſer Welt/ als welche aller Ehren beraubt ſind.(4.) 2. Scipio hat die Ehre der Liebsneigung vorgezogen/ und (5.) ihme dardurch einen unſterblichen Namen gemacher. Die Lie= be iſt zwar ſtark/ aber nur in den Schwachen/ ſie beherrſchet al= lein den Leib/ die Ehre aber den Verſtand/ und werden deßwe= gen die Geburtsglieder/ als der Liebe Werkzeug/ ohne Scham= haftigkeit/ von welcher ſie den Namen haben/ nicht genennet/ (6.) weil ſolche der Vernunft nicht gehorſamen wollen. Der Ehrgeitz [578] ???ndet ſich bey allem Alter; die Liebe aber hat nur bey denmann= ???aren Jahren ſtat/ und wird deßwegen mit Fug als ein blindes ???nd unverſtaendiges Kind gemahlet.3. Wegen der Ehre ſind die Menſchen nicht gleicher Mei=(Unterſcheid.) ???ung. Mancher achtet fuer ehrlich/ was ein andrer fůr unehrlich ???aelt; wie ofte iner fuer ſchoen haelt/ was andre ungeſtalt nen ̅ en. Die ???ugend muß die Stiffterin der Ehre ſeyn/ wann nicht falſcher(7.) ???oecheinmit unterlauffen ſol. Dieſe Tugend iſt beſtaendig/ da hin= ???egen die Schoenheit/ als der Liebe Grund/ unbeſtaendig und von ???er Krankheit und der Zeit veraendert oder zu Grund gerichtet ???erden kan. Die Liebe bemaentelt ſich mit der Ehre/ und iſt keine ???ehr ſo ſchlecht/ ſie wil fůr ehrlich angeſehen ſeyn. Die Liebesluſt(8.) ??? nichtig und fluechtig/ gleich einem Traum/ der kurtze Zeit wae= ???t. Wie der Stein/ de ̅ man wirfft/ in dem Luft ſeine Kraeften ver= ???rt; alſo verzehret ſich die Staerke der Liebe in ihrem Weſen. [579] Die Ehre hingegen bleibet bis in den Tod/ und dauret auch??? nach dem Grab. In der unverſtaendigen Jugend regieret di??? Liebe/ wann man keiner Ehren noch nicht faehig iſt. Die Ehr??? (9.) iſt eine Tochter der edlen Vernunft (dann Narren ehret ma??? ſelten) die Liebe aber eine Mißgeburt des Unverſtands.(Fuer die Liebe:.) 4. Im Gegenſatz ſind alle die jenigen Undankbar/ welch??? (1.) der Ehregewonnen geben/ und nicht betrachten/ daß die Lieb??? ihre Mutter iſt/ welche ſie erzeugt/ ernehrt/ auferzogen un??? durch ehrliche Heuraten zu Ehren gebracht. Iſt die Liebe ei??? Kind/ ſo findet ſie doch leichtlich einen Vormund/ der ihr da??? Wort ſpricht. Deßwegen iſt ſie aber nicht ſchwach: ſonder??? (2.) kan auch in der Wigen die Schlangen ueberwinden wie Hercu??? les/ Palaeſte einreiſſen wieder blinde Samſon/ und die Staerb??? (3.) ſten ueberwinden wie Herculem durch die Omphale. Alle Rit??? teruebungen werden dem holdſeligen Frauenvolk zu Ehren an??? geſtellet/ in welchem ieder ſich wil lieben machen. Die Lieb??? [580] ???acht den Feigen behertzt/ maſſen auch kein Thier ſich fuerchtet/(4.) ???ann es in der Brunſt iſt. Die Liebe macht die Geitzigen frey= ???ebig/ demůtiget die Stoltzen/ ja ſie iſt ſtaerker als der Tod/ wie ???eander und Piramus erwieſen. Wann die Ehre ſtaerker were(5.) ???s die Liebe/ wuerde manche Jungfrau mehr in der Welt ſeyn: ???s kan ſich aber ihrer Staerke noch das ſchwache weibliche/(6.) ???ch das ſtaerkere maennliche Geſchlecht widerſetzen. Zu Rom ??? es eine Ehre geweſen/ nach dem Tod verbrennt zu werden: ???y uns iſt es eine Schande und Straffe. Die Ehre erhebt ſich ???er andere: Die Lieb erheiſchet eine Gleichheit. Wie nun ei= ???m ieden zu entgegen/ daß er andren ſol zu Geboten ſtehen; al=(7.) ???iſt hingegen die Liebe einem ieden angenem.5. Das Geſetz gebietet von Eltern nicht/ daß ſie ihre Kinder ???ben ſollen/ weil ihnen ſolches eingeboren; aber wolden Kin=(8.) ???rn/ daß ſie Vater und Muter ehren ſollen/ weil ſie ſolches zu ???un verleiſten. Die Liebe iſt eine Freyheit des Willens/ ſeine [581] Neigung gegen eine oder andre Perſon zu wenden. Die Ehr??? hingegen iſt eine Dienſtbarkeit/ indem man ehren muß/ welche??? uns vielmals alle Unehre anthun. Es beharret auch die Lieb??? laenger/ als die Kraeften/ und findet manviel verliebte Alte/ wel??? chen das Werk/ aber nicht der Will ermangelt/ wie die alte??? Dantzer/ ſo nicht mehr mit den Fueſſen/ ſondern mit den Schul??? tern dantzen. Zudem ſtehet die Liebe in unſrem Wıllen: die Ehr??? inandrer Schuldigkeit. Ein ieder Menſch/ der nicht ein Stei??? und Glotz iſt/ wird zu ſeiner Zeit die Liebe empfunden haben??? von der Ehre aber wiſſen wir wenig zu ſagen/ weil ſolcher eitle??? Ruhm von vielen fuer ein bald vergeſſnes Nichts gehalten wird???6. Die Exempel beweiſen mehr als die Urſachen des Ver??? ſtands. Wer war ſtaerker als Samſon? er iſt von der Liebe Del??? la ůberwunden worden. Wer war froemmer als David? er i??? von der Liebe Bathſeba ůberwunden worden. Wer war weiſ??? als Salomon? er iſt von der Liebe ſeiner Kebsweiber von Go??? [582] ???endig gemachet worden. Alſo koenten noch viel dergleichen bey= ???ebracht werden/ wann es dieſes Orts were/ Geſchichte zu er= ???hlen. Es iſt aber eine andre Frage: Ob wir die Liebe oder(Unterſcheid.) ???e Ehre in uns ſollen herrſchen laſſen; und wieder eine andere/ ???as zu geſchehen pflege. Seneca ſagt/ die Natur habe allen ???hieren etwas gewieſes eingepflantzet/ als dem Loewen die ???roßmuetigkeit/ dem Fuchſen die Liſtigkeit/ dem Hund das Aus= ???ueren/ dem Menſchen aber die Ehrbegier. Hat alſo die Liebe ???was Viehiſches/ in Beherrſchung unſrer Begierden; die Eh=(Fuer die Ehre.) re aber etwas Menſchliches/ und wird ſolche bey den Alten/ jene aber bey dem jungen hitzigen Blut maechtiger ſeyn.
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XXII. Ob ein weiſer Mann aller Gemuetsneigungen (pasſio- num) befreyet ſeyn ſol?
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WEis ſeyn und einen verwirrten Verſtand haben wel= cher durch die Gemůtsneigung berukket wird/ iſt ei= e gantz widerwertige Sache. Durch die Gemuets= neigung verſtehen wir Lieb/ Haß/ Neid/ Zorn/ Gelu= ſten/ und dergleichen gute und boeſe Neigungen/ welche den ge= (Wider die Gemuetsnei= gungen.) meinen Mann/ aber nicht die Weiſen und Verſtaendigen beherr??? ſchen ſollen; weil das gute Urtheil dardurch geſchwaecht/ hin??? (1.) tertrieben und vernachtheilt wird. Wie ein falſches Glas al??? les gruen oder gelb ſcheinen machet; alſo bringen ſolche Ge??? můtsneigungen einen falſchen Wahn/ der uns endlich betreuge??? und ungleich urtheilen machet. Die Lieb/ der Haß/ Neid/ etc. blen??? den den Verſtand/ welchen die Weiſheit erleuchtet und klar ſe??? hen machet.
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2. Weil die Weiſheit eine gleichſtaendige Tugend iſt/ zwi=(2.) ???hen den beeden Laſterwegen zur Linken und Rechten/ ſo kan ???e dieſen Namen nicht behalten/ indeme ſie austritt und zu ei= ???m oder andern Abweg verleitet wird: daher das Sprichwort ???tſtanden/ daß lieben und klug ſeyn/ auch den Goettern nicht zu= ???laſſen. Wie Haß/ Neid/ Zank/ etc. aus den weiſen Thoren ma= ???e/ iſt mehr als zu viel bewuſt. Die Schrift bezeugt/ daß alles ???ngluekk von des Menſchen mit boeſen Neigungen angefuellten(3.) ???ertzen herkom ̅ et/ welches aber ein weiſer und frommer Mann ???cht von ſich ſagen laeſſet/ weil er ſolche Begierden bezaeumen ???d beherrſchen kan. Die Wei heit wohnet in keinem boſhaftige ̅ (4.) ???ertzen; ſolche Neigungen aber ſind die Quellen aller Boſheit.3. Die Laſter ſind die Krankheiten des Gemůts. Die Tugen=(5.) ???n/ unter welchen die Weiſheit die Oberſtelle hat/ iſt die Ge= ???dheit. Wann nun der Unfall/ wie er auch mag Namen ha= ???n/ kommet/ ſo betruebet ſich der Weiſe nicht darůber/ wie er ſich ???ch in dem Wolſtand nicht erfreuet: Aus beeden aber ziehet er [585] eine heilſame Lehre/ wie der Artzt den Saft aus ſchaedlichen ((ato Patriae ruinas unâ manu, quan- tum potuit, ſustinuit. Saluſt.) und nutzlichen Blumen. Alſo hat Cato niemals gelachet/ und in dem Ubelſtand ſeines Vaterlands mit Raht und That ſo??? viel emporgehalten/ als ervermoecht.4. Im widrigen Stand iſt zu betrachten/ daß die Weiſheit (Fuer die Weiſ heit.) ohne die Gemuetsneigungen nit beſtehen mag/ weil ſolche in unſ= (1.) rer boeſen Natur eingewurtzelt/ daß wir ſie nicht ausrotten koen= nen/ weil wir leben/ und Menſchen ſind. Es ſind auch nicht alle (Unterſcheid.) und iede Gemůtsneigungen boes und ſchaedlich/ weil wir zu??? Zeiten auch gute und heilige Begierden haben/ welche ein An= theil der Weiſheit ſeyn koennen. GOTT ſchikket uns Freud und Leid/ den Segen und den Fluch: Wann wir beedes in den Wind ſchlagen/ ſo verſuendigen wir uns groeblich.(2.) 5. Wann der | Weiſe keiner Gemuetsneigung unterworffen??? were/ ſo haette er keinen Feind zu ueberwinden/ und deßwegen auch??? keinen Sieg darvonzutragen; Es beſtehet aber die Weiſheit??? [586] ???ben in dieſem Stukke/ daß er die Neigung zum Guten auswuer= ???/ und die Neigung zum Boeſen zu rukk halte. Wer GOTT ???ſtern hoeret/ ſich darueber nicht betrůbet/ und ob des Hoechſten Ehre eifert/ der kan nicht weis genennet werden. GOTT(Pſalm. 2.) ???gt ſelbſten/ daß er zuerne ueber unſre Suenden: wie ſolte dann ???lches einem Weiſen zu verſprechen ſeyn.6. Die Menſchen werden fueglich mit Baumen verglichen/ ???elche Waſſerſchůſſe oder unnuetze aeſte haben; aber mit die= ???n Unterſcheid/ daß der Weiſe ſeine aeſte abhauet/ der Narr(3.) ???er laeſſet ſie wachſen und groß werden. Wann nun dieſe Un= ???weglichkeit des Gemuets eine Weiſheit und Tugend ſeyn ſol= ???/ ſo were nichts weiſers/ als die Steine. Die erſten Bewegun= ???n ſind ſelten inunſern Maechten/ und vielmals auf zulaeſſige ???achen gerichtet. Ein Weiſer bemeiſtert ſeine Neigung/ ein(Unterſcheid.) ???euchler vergleiſtert ſie/ damit er fuer weis ſol gehalten werden. [587] Wer ſein ſelbſt Herr iſt/ hat eine groſſe Herrſchaft und ſolche kan??? ihm ein ieder geben.

XXIII. Ob ſchwerer ſeye in der Anfechtung beſtaendig/ oder i??? dem Gluekk demuetig zu verbleiben?
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(Anfechtung= nutz.) ES wird die Anfechtung billich unter die verborgene??? Wolthaten GOttes gezehlet/ weil man dardurch an??? den Himmel denket/ den Tod verlanget/ beten und??? auf das Wort merken lernet/ und Gelegenheit hat??? (Etiam in Le- cto Vir magn9 apparet.) ſeine Standhaftigkeit auf dem Todbette zu erwei??? ſen/ wie Seneca verſtaendig darvon urtheilt. Das Gluekk hinge= gen wird von gar wenigen ohne Stoltz vertragen/ weil nach dem Sprichwort Gut/ Mut und der Mut Ubermut machet??? welcher ſelten gut thut. Hierbey waltet nun die Frage: ob leichte??? [588] ???e Anfechtung mit ſtandhafter Gedult/ oder das Wolergehen ???it Demut und Mueſſiggang zu erdulten?2. Bekant iſt die Fabel von dem Wanderer/ welchen der(Wider das Gluekk.) ???ind den Mantel nicht nehmen koennen/ weil er ſelben noch ???ehr um ſich gehuellet und angezogen: Die Sonne aber hat ihn(1.) ???chen Hinweg werffen machen. Die Anfechtung wird von den ???ommen leichtlich ueberwunden/ indem ſie wiſſen/ daß ıhnen ???n den Willen GOttes nichts widerfaehret. In dem Gluekk ???er mißbrauchen ſie alles zu aergerlichen Wolluſten/ und haben ???che Leute nicht die Zeit/ daß ſie an GOtt/ ihr Gewiſſen und ???ren armen Nechſten gedenken/ alſo wird ihnen die Sicherheit ???einem Fallſtrikk.3. Die Anfechtung oder Trůbſal gleichet einem Binder oder(2.) ???dner/ der das Faß durch das Schlagen faſt zuſammenfueget ???d bindet. Sie machet uns unſer warnehmen und mehrere ???efahr wachſam verhueten; Das Glůkk hingegen iſt die betrueg [589] liche Jael/ welche uns mit guten Worten zu ſich lokket/ Milc??? zu trinken giebet/ und endlich einen Nagel durch das Haubt z??? (3.) ſchlagen pfleget. Alſo ward Samſon von der Liebe betrogen??? und David/ welcher wider ſeine Feinde allezeit geſieget/ iſt voe Uria Weib verleit/ und in ſeinem hoechſten Glůkk in das Elen??? verjaget worden. Zudem haben wir eine natuerliche Neigung z??? der Beſtaendigkeit/ und daher kommet/ daß wir unſre Meinun??? nicht gerne aendern.(4.) 4. Weil der Laſterweg breit/ und der Tugendſteg ſehr ſchma??? iſt leichtlich zu erachten/ daß viel auf jenen/ und wenig auf di??? (Unterſcheid.) ſem zu gehen pflegen. Wir wollen aber gegeneinander halte??? das Glůkk und Ungluekk/ welche einander Wechſelweis/ w??? Tag und Nacht/ zu folgen pflegen; und denn betrachten die Be??? ſtaendigkeit und Demut/ die einander nicht koennen entgegenge??? ſetzet werden/ weil ſie beede zugleich ſo wolbeyſammen ſtehe??? koennen/ als Unbeſtaendigkeit und Stoltz.
|| [590]
5. Es iſt zu betrachten das groeſſte Ungluekk/ und dann das ???oeſſte Glůkk: In beeden iſt ſich ſehr ſchwer unſtraeflich zuver= ???lten. Faſt ein ieder haelt ſeinen Zuſtand fuer den elendſten/ ???d muß in denſelben ausdauren/ er wolle oder nicht; iedoch ???eiſet einer mehr Standhaftigkeit und Gedult/ als der andre. ???ngegen iſt niemand auch mit dem allergluekkſeligſten Zuſtand ???frieden/ und faengt der Ehrgeitz an/ wo er ſolte aufhoeren. ???as nun das Verhalten in beeden Zuſtaenden anlanget/ ver= ???int ein ieder/ er habe Verſtand gnug/ ſich darinnen recht zu ???halten.6. Wider das Ungluekk fechten wir/ als einen offentlichen(Fuer da|s Un- gluekk.) ???nd; wider das Gluekk/ als einen heimlichen und meuchelli= ???gen Gegner/ daß man ſich alſo fuer jenen viel leichter hůten/ ???uetzen und ſchirmen kan/ als fuer dieſen. In der groeſſten ???fechtung ſind wir nicht Hoffnunglos: In dem groeſſten ???ůkksſtand aber erhebt ſich unſer trotziges Hertz/ und ſetzet al [591] les Vertrauen auf die ſichtbare Mittel. Es ſind aber hier ſon= (Unterſcheid.) derlich zu unterſcheiden die Perſonen. Ein Weichling wird an der peinlichen Frage ſich eines Mords ſchuldig geben/ wel= chen er nicht gethan hat: Ein andrer Rauber/ der alles Unge= mach auszuſtehen gewohnt/ wird auch die empfindlichſte Mar= ter ausſtehen/ und doch nicht bekennen/ was er Boeſes verwuer= ket. Esſcheinet aber/ daß die Gedult viel leichter zu lernen/ als die Beſtaendigkeit.

XXIV. Ob der Reichthum oder die Armut ein beſſeres Mitte??? Ehre und Geſchikklichkeit zu erlangen?
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MAnn durch die Geſchikklichkeit die Tugend und Wiſ= (Fuer die Ar= mut.) ſenſchaft geſammt verſtanden wird/ ſo iſt die Armu??? das vortraeglichſte Mittel darzuzukom ̅ en. Des Arme??? (1.) Verſtand iſt faehiger zu allem Guten/ als des Reichen??? [592] ???eil die Natur eines mit dem andern einzugleichen pfleget. ???ie Hungersnoht iſt eine Erfinderin vieler Kůnſte/ und des ???rgreichen Gelds befreiet. Sie ſind ruhiger in ihren Hertzen/ die(2.) ???uhe und das Nachſinnen aber wird zu aller Geſchikklichkeit/ ???aher die Ehrekommet/ erfordert. Der Reiche hat alle Mittel(3.) ???r Wolluſt: Der Arme weiß/ daß er ſich mit ſeiner Kopfarbeit ???uß ernehren/ und deßwegen ſitzet er fleiſſig ob/ wann der andre ???ueſſig gehet/ und die Zeit mit Freſſen/ Sauffen und Spielen ???rchbringet.2. Weil die Laſter mit dem Reichthum verbunden/ ſaget der(4.) ???ERR CHriſtus/ daß ſchwer ſeye/ daß ein Reicher ſol in ???s Himmelreich eingehen: vielleicht weıl ſie ungelehrte rohe ???eute/ welche die Gottesfurcht und Frommkeit nicht ſtudiret ???ben/ ſondern ſtoltz und ungehalten ſind/ welches alles aus der ???nwiſſenheit entſtehet. Solches hat die Natur bemerken wol= ???/ indem ſie die Oerter/ wo das Gold waechſet/ gantz unfrucht [593] bar gemachet: gleichwie die Reichen keine Frůchte der Tugen= (5.) den zutragen pflegen. Je beſſer das Land/ ie boeſer die Leute??? ſind: ie ſchlechter das Land/ ie froemmere und fleiſſigere Leute findet man darinnen/ daß alſo der Uberfluß eine Urſach de??? Faulheit; der Mangel aber ein Urſach des Fleiſſes iſt.(6.) 3. Man betrachte alle die/ welche zu groſſen Ehren durch Tapferkeit und Geſchikklichkeit gelanget/ ob ſie nicht von ge= ringem Stande/ und Anfangs geringen Mitteln geweſen. Ih= re Nachkommen aber haben der Vorfahren hinterlaſſene Eh??? re/ Wuerden und Reichthum mißbrauchet/ und in Wollueſter??? und Uppigkeit durchgebracht/ daß der loebliche Neapolitani= ſche Statthalter Hertzog von Oſſuna (als er einem ungeratne??? Sohn ſeines Vaters Verlaſſenſchaft eingezogen/ und ihme vor= tragen wollen) recht geſagt: Wer ſeiner Eltern Tugend nicht ererbet/ ſol auch ihre Gueter nicht beſitzen/ und unter der Erden verunehren/ die ihn??? Ehr und Wuerden hinterlaſſen. Fuehr ein beſſers Leben/ ſo ſolt du dein Vermoe??? gen wiederhaben.
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4. Im Gegenſtand iſt zu betrachten/ daß heut zu Tage noch(Fuer de ̅ Reich thum.) ???llona noch die Muſen ohne Heuratgut wollen gefreyet wer=(1.) ???n. Der Reichthum wird ein Mittel genennet/ und muß der ???bensmittel haben/ welcher zu Ehren gelangen wil. Die Ar= ???t iſt ein ſchwerer Laſt/ und laeſſet keinen Sinn emporſchwin= ???n/ ſondern betrůbet mit unaufhoerlichen knechtiſchen Sor= ???/ daß er mehr aufnohtwendigen Unterhalt/ als auf hohe ???rendienſte/ gedenken muß. Das Geſpraech/ mit den verſtorbe=(2.) ??? Lehrmeiſtern zu reden/ erfordert Mittel/ und ſind die alten(Buecher koſten auch groſſes Geld.) ???cher zu wolfeil/ und die neuen zu teuer. Die Tapferkeit erfor= ???t nicht weniger Mittel/ und ſind ſolche mehrmals des Kriegs ???ſachen und Werkzeuge.5. Die Armen erregen Aufruhren und Empoerungen/ in Hof= ???ng zu Ehren zu gelangen/ weil ſie in ſolchen nichts zu verlie=(3.) ???/ aber viel zu gewinnen haben. Die Gerechtigkeit kan ohne ???eld und Diener nicht gehandhabt werde ̅ . Der gerechte Krieg/ [595] welcher Staette und Laender ſchutzet/ kan ohne Geld/ welche??? deſſelben Sennadern genennet werden/ noch Beſtand noch A??? (5.) ſtand haben. Das Geld iſt ein Mittel der Tugenden/ als de??? Gutthaetigkeit und Freygebigkeit. Der Adel ohne Geld iſt ein??? verachter Bettel/ und iſt der Reichthum ein Zukker/ der kein??? Suppen verderbt/ er ſchikket ſich ſo wol zu allen Sachen; deß??? (6.) wegen man auch einem Armen ſo wenig hohe Ehrendienſte a??? vertrauet/ als eine groſſe Summa Gelds. Salomon iſt reich un??? zugleich klug/ geſchikkt und in hohen Ehren geſeſſen. Der Se??? gen Gottes/ welcher reich machet/ wird den Armen mitgethe??? let/ wann er ſol zu Ehren kommen.(Unterſcheid.) 6. Der weiſe Agur bittet (in den Spruechen Salom. am 30 v. 8/9.) daß ihm Gott noch Armut noch Reichthum geben wol??? le/ ſondern nur ſeinen beſcheidenen Theil/ ſo viel ihme taeglich??? zur Huelle und Fuelle nohtwendig iſt. Wol wiſſend/ daß de??? Reichthum ſichere und ruchloſe Leute/ die Armut aber diebiſch??? [596] ???nd Ehrvergeſſne Leute machet. Wie ein mit boeſer Feuchte an= ???efůllter und hingegen ein ausgedoerrter und ſchwindſuechtiger ???eib nicht kan geſund ſeyn; alſo iſt uebergroſſer Reichthum und ???ſſerſte Duerfftigkeitkein guter Zuſtand/ und zu der Geſchikk= ???chkeit und beſtaendigen Ehren nicht vortraeglich/ deßwegen ???ch der Mittelſtand gulden genennet wird. Dieſer iſt der Ein= ???ang zu dem Tugendweg/ und finden ſich auſſer ſelben mehr Arme als Reiche/ welche zu der Geſchikklichkeit gelanget/ und hingegen mehr Reiche als Arme/ welche wegen ihres Reichthums zu Eh= renkommen.
|| [597]

XXV. Ob nicht gut were/ daß man ſich wieder der leibeigene??? Knechte gebrauchete?
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WEil mit dem Hausgeſinde ſo ůbel auszukommen??? wie alle wiſſen/ ſo ſolches vonnoehten haben/ iſt be??? einer vornemen Geſellſchaft gefragt worden: O??? nicht rahtſam die Leibeigenſchaft wiederum einzu??? fůhren? Wie nun dieſe Frage von Unterſchiedlichen unter??? ſchiedlich beantwortet worden: als habe ich ſolche Urſache??? fůr Ja und Nein aufgemerket/ und zu Ende dieſes Anhangs/ al??? (* Ad Oecono- miam, quae Ethicae post- ponitur.) eine Sache/ ſo zu der Haushaltung* gehoeret/ beygefueget.2. Das Jawort verfechte ̅ folgende Urſachen: 1. Weil ſolche??? in de ̅ Boehmerland und andern Orten der Chriſtenheit gebraeuch??? (Fuer die Leib= eigenſchaft. 1.) lich. 2. Weil der Fluch Canaans/ daß er ſeines Brudern Knech??? [598] ???ſeyn ſol/ auf die Unterthanen geerbet. 3. Weil man die Ruchlo=(3.) ???en und ledigen Geſellen ſonſten nicht zu der Arbeit anhalten ???kan/ und ſie mit uebermaeſſiger Belohnung behalten muß. 4. Weil(4.) ???ie/ ſo den Tod verdienet/ ſolcher geſtalt noch bey dieſen veroe= ???eten Landen Nutzen ſchaffen/ und andren zu einem Beyſpiel ???ienen koennen.3. Es ſind viererley Arten leibeigener Knechte. 1. Die Bloe=(Unterſcheid.) ???en und Einfaeltigen ſind Knechte von Natur/ und mueſſen den(1.) ???ehrverſtaendigen gehorſamen. 2. Die Gefangenen von(2.) ???en Tůrken/ Moren und Heyden/ welche fůr Ruderknechte(3.) ???ienen. 3. Die/ welche den Tod verdienet/ und aus Barmher=(4.) ???igkeit in die Feſſel geſchlagen werden. 4. Die mehr Schul= ???engemacht/ als ſie bezahlen koennen/ und ſich und ihre Kin= ???er verkauffen mueſſen/ die Glaubigen zu bezahlen. Welche ???n von ſolchen geboren werden/ die ſind Knechte und leib= ???gen/ denen man vor Alters Gueter eingethan/ mit Beding/ daß [599] ſie ein gewieſes von den eignen Feldern geben/ und jaehrliche Dienſte| leiſten ſolten.(Wider die Leibeigen= ſchaft.) 4. Daß nun ſolche Knechte in ihrem Stand behalten wer= den/ iſt wol verantwortlich: Wie man aber Freygeborne zu Leib= (1.) eignen machen ſol/ iſt nicht wol zu erſehen. 1. Weil es wider die Chriſtliche Liebe/ welche uns fuer GOtt alle gleich machet. (2.) 2. Iſt es wider der Voelker Recht. 3. Iſt es wider die Kaiſer= (3.) lichen Geſetze. 4. Wuerde hieraus ein Baurnkrieg erfolgen. (4.) 5. Hat man andre Mittel das můſſige und ruch loſe Geſindlein??? (5.) zu Gehorſam zu bringen.5. Was an andern Orten gebraeuchlich/ darbey hat es auch??? ſein Verbleibniß/ laeſſet ſich aber nicht einfůhren/ wo ſolches??? nicht landueblich. Das Bauersvolk iſt bißhero unter der Sol??? daten Dienſtbarkeit geweſen/ und nicht allein ſie/ ſondern auch??? ihre Herren. Der Apoſtel vermahnet ſolche Gewalthaber ůbe??? die Leibeigne/ daß ſie an den HErrn in dem Himmel gedenke??? [600] ???ſollen/ der ſie/ wann ſie trotziglich fahren/ auch zu verdienter ???Straffe ziehen kan.6. Wann aber unter den vier=oder fůnferley Knechten etli= ???he zu dem Feldbau angeſtrenget werden ſolten; koenten bey uns ???eine/ als die von des Henkers Hand erbetten/ zu Knechtenge= ???nachet werden. Solcher ſind aber wenig/ insgemein ſolche Ge= ???llen/ die des Mueſſiggehens gewont/ und verſtehen auch ſelten die Feldarbeit/ daß man ſie alſo zu Laſt tragen/ fůhren oder in die Bergwerke wuerde ge= brauchen můſſen.
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Schluß.
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IN dieſen Fragen wird der Leſer zu einem Richter aufgeworffen/ und die Urſachen zu ſeiner verſtaendigen Beurtheilung geſtellet. Es ſchreibt wol Verulam, daß die Fragen/ von welchen man viel und lange Jah= re geſtritten/ nunmehr keine Fragen mehr ſeyn/ ſondern als eroertertin gewiſ= ſen Lehrſaetzen vorgetragen werden ſollen. Weil aber die darwider aufge= brachte Urſachen auch wol zu hoeren/ und vielen in unſrer Sprache unbe= wuſt; hat uns dieſe Art/ ſie Geſpraechſpielweis zu verfaſſen/ belıebet. Hiermit befehlen wir den Leſer des Hoechſten gnaediger Beſchirmung/ und uns zu ſeiner guenſtigen Gewogenheit.
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I. Ordnungsregiſter.
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Vorrede.Ob beſſer| ſeye eine Sache allein kunſtgruendig oder viel zugleich Stukkweis wiſſen?@ VI Kriegsgemaehle.@ Sechs dreyſtaendige Sinnbilder/ von Anfang/ Fortgang und Ende des Kriegs.CLXX @ VII Das Gebet.@ Ob man in dem Schlaf beten koenne?@ Ob ſich die Sybariten ein gantzes Jahr zuvor auf ihre Hochzel= ten gezieret?@ Welches das beſte Geruecht?
|| [ID00648]
@ VIII Zahlſpiele.@ Ob die Zahlen eine Wuerkung haben?@ Wie man mit gemahlten Haenden verborgen ſchreiben ſol?@ Wie die Zahlſteigerung (Progresſio Aritmethica) zu finden?@ Ob man errahten oder ausrechnen koenne/ wie viel Geld einer im Beutel?CCLXX @ Ob man ausrechnen koenne/ wer etwas enwendet?@ Ob man die Sandkoernlein am Ufer des Meers zehlen koenne?@ IX Der Spielſtab.@ Was zu den Geſpraechſpielen erfordert werde?@ X Buchſtabenſpiele.@ I Sylbenſpiele.@ II Wortſpiele.CCLXXX @ Warum man ſowol in der weiſſen/ als ſchwartzen Farbe/ wel= che doch einander entgegen/ Leid trage?@ III Die Geberden/ oder der Stummen Antwort.
|| [ID00649]
@ Etliche Fragen mit Deuten beantwortet.@ Warum man in weiſſer und ſchwartzer Farbe Leid trage?@ IV Uberſchriften.@ V Blumenſpiele.@ VI Gemaehlſpiele.@ Was ein Mahler verſtehen ſol????LXXX @ VII Gleichnißſpiele.@ VIII Erzehlungen.@ IX Geſchichtreden.@ X Umſtaende.@ Ob des Menſchen Verſtand unendliche Wuerkung leiſten koenne?@ Ob eine immerwaerende Bewegung zu erfinden?@ Ob man den Circul ingleichhaltende Vierung eintheilen koenne?
|| [ID00650]
@ I Reyenfragen.@ Welches das groeſſte Laſter/ und die groeſſte Tugend ſeye?@ Warum in dem Menſchen die boeſen Begierden ueber den V??? ſtand herrſchen?@ Warum kein Menſch mit ſeinem Zuſtand zufrieden?@ Warum ſich die Menſchen in allen Haendlen ſo ſelten verg??? chen koennen?CCXC @ Warum ſich die Menſchen von ihren boeſen Begierden/ und n??? von ihrem Verſtande regiren laſſen?@ Warum man den Undankbaren nicht an dem Leben ſtraffe???@ II Fragerzehlung.@ III Streitfragen.@ Ob|ein langes oder kurtzes Leben zu erwuenſchen?@ Ob einer fuer ſeinen Feind das Leben laſſen koenne?@ Ob leichter dem Schmertzen oder der Wolluſt zu wiederſteh???
|| [ID00651]
@ IV Andachtsgemaehle.@ V Schertzreden.@ VI Lob des Ungelobten. Der Feigen/ des Durſts/ des Todes/ der Unhoeflichkeit/ der Ungeſtalten/ der Trunkenheit.???CCXC @ VII Ungebraeuchliche Spiele.@ VIII Leichte Spiele.@ Ob man ſich heuraten ſol?@ Ob der den Vortheil/ ſo zuerſt/ oder zuletzt redet?@ IX Die Baukunſt.CCC Die Friedensfreude.Ob beſſer und lobwuerdiger wol ſchreiben/ oder wolreden?
|| [ID00652]

Anhang. XXV. Fragen aus der Naturkundigung und Sitten=oder Tugendlehre eroertert.
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I Ob der Verſtand oder Leibe groeſſere und ſchwerere Arbeit ausſteh??? koenne?II Ob die Loewen das Haanengeſchrey fuerchten?III Warum der Magnet das Eiſen an ſich ziehe? und ſich gegen Mitte??? nacht wende?IV Ob man die Unſterblichkelt der Seelen durch natuerliche Urſach??? erweiſen koenne?V Warum das Meer ab=und zulauffe?VI Ob ſich die Erde bewege/ und der Himmel ſtillſtehe?VII Warum der weiſe Pythagoras Bonen zu eſſen verbotten?VIII Ob die roten Wangen oder das Erroeten ein Anzeigen der Tugend ſe???IX Warum die Alten weniger ſchlaffen als die Kinder und Juenglinge?
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??? Ob geſund und vortraeglicher ſeye/ ſich ſpat niderlegen oder frue aufſte hen/ oder ſpat| aufſtehen und ſich zeitlich niderlegen???? Ob man mehr bey Mittags=oder Abendmalzeiten eſſen ſoll????I Warum der Ausſatz bey unſeren Zeiten nicht ſo gemein/ als vor Alters?

Folgen XII. Aufgaben aus der Sitten= und Tugendlehre.
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???I Warum uns nach verbottnen Sachen geluſte????V Ob und warum niemand mit ſeinem Zuſtand zufrieden ſey???? Ob die Liebe oder der Haß ſtaerker ſey????I Ob die Kinder Vater oder Mutter mehr verbunden und ihnen Treu/ Liebe und Gehorſam zu leiſten ſchuldig????II Ob die Freundſchaft unter gleichen oder ungleichen Perſonen ſtaerker????X Ob der Mueſſiggang oder der Pracht in einem Regiment mehr Scha= den bringe?
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XIX Ob die Hoffnung oder die Furcht am ſtaerkſten ſeye?XX Ob die Heyden verantwortlich gethan haben/ daß ſie ſich ſelrſt e??? mordet?XXI Ob die Ehre oder die Liebe ſtaerker ſeye?XXII Ob ein weiſer Mann aller Gemuetsneigungen (pasſionum) befrey??? ſeyn ſol?XXIII Ob ſchwer ſey in der Anfechtung beſtaendig und gedultig/ oder ??? dem Gluekk demuetig zu verbleiben?XXIV Ob der Reichthum oder die Armut ein beſſers Mittel Ehre u??? Geſchikklichkeit zu erlangen?XXV Ob nicht gut und vortraeglich/ daß man ſich wieder derleibeign??? Knechte bediente?Zu Ende folget das Haubtregiſter ueber die CCC. Geſpraechſpiele.
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Inhaltsregiſter ???ie erſte Zahl bedeutet das Spiel/ die zweyte den Abſatz oder §. das A. den Anhang/ und die Zahl darbey deſ= ſelben Frage.
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A.
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Andachtsgemaehle.
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B.
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C.
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D.
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E.
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F.
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G.
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H.
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I.
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K.
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L.
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M.
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N.
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O.
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P.
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R.
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S.
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T.
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W.
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|| [ID00670]

Z.
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Daubtregiſter der CCC. Geſpraechſpiele in VIII. Theile verfaſſet.

Vorbericht.
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ES geruhe der Geſpraechliebende Leſer ſich zu erin= nern/ daß in dem erſten und zweyten Theile/ wie auch in dem dritten und vierten Theil iedesmals 50. beſag= ???r Spiele zu befinden; in den vier letzten aber iedesmal 25. ???d 25, alſo/ daß in allen dreyhundert Geſpraechſpiele/ ueber ???elche dieſes Haubtregiſter verfertigt/ und nach Art der ???eneſiſchen. Spiele/ in ſchwere Kunſt=und Verſtandſpiele eines; [ID00672] andres Theils aber in leichte Luſt=und Schertzſpiele/ abgeſondert iſt. Hierbey folget zu beobachten/ daß ein Spiel ſchwer und leicht??? kan gefuehret werden/ daß etliche nur dem Anfaenger des Spiels/??? etliche dem Spielenden allein ſchwer ſeyn. Daß etliche den Ge= uebten leicht/ den Ungeuebten aber mueheſam fallen/ etc.Es kan auch hier aufgeſucht werden/ wo in den VIII. Thei= len der Geſpraechſpielen von der Bildkunſt/ Deutkunſt/ Dichtkunſt/ Gedaechtnißkunſt/ Heroldskunſt/ Sinnbildkunſt/ etc. hin und wie= der gehandelt wird.
|| [ID00673]

A. Leichte Schertz=und Luſt= ſpiele.
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B. Leichte Spiele.
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Schwere Spiele.
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|| [ID00674]

C.
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D.
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E. Leichte Spiele.
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|| [ID00675]

Schwere Spiele.
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F. Leichte Spiele.
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Schwere Spiele.
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G.
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|| [ID00676]

Schwere Spiele.
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H. Leichte Spiele.
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Schwere Spiele.
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|| [ID00677]

I.
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K.
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L. Leichte Spiele.
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Schwere Spiele.
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M.
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N.
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O.
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P. Schwere Spiele.
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R. Leichte Spiele.
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Schwere Spiele.
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S. Leichte Spiele.
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|| [ID00680]

Schwere Spiele.
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|| [ID00681]

T.
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U.
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|| [ID00682]

V.
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W. Schwere Spiele.
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Leichte Spiele.
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|| [ID00683]

Z.
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Auff manche Art verkehrt.
|| [ID00684]

Zugaben
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I. Theils: Schutzſchrift fuer die Teutſche Spracharbeit.II. Theils: Sprichwoerter Freudenſpiel.III. Theils: Freudenſpiel von den Gleichniſſen.IV. Theils: Von dem Woertlein Spiel.V. Theils: Die Reitkunſt in Reimen verfaſt.VI. Theils: XII. Andachts Gemaehle.VII. Theils: Frauenzimmer Buecher Schrein.VIII. Theils: XXV. Aufgaben auſſer der Naturkuendigung und Tugend=oder Sittenlehre.ENDE.
|| [ID00685]

Drukfehler.
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Wie kein Menſch ohne Tadel gefunden wird/ alſo iſt auch kein Buch ohne Fehler/ als hiervon zu leſen in dem CCXLVII. Geſpraechſpiel §. 19. In gegenwaertigem ſind die vornemſten folgende.( )( ij iſt an den Rand zu ſetzen vergeſſen worden: Cupreſſum ventus nunquam ſuo honore dispoliat: Sola nunquam veteri eruditur amictu, aut novo flore veſti- tur. Ambroſ. in Pſal. 118. ſerm. 4.???Glat 8. ſuperat prudentia ferrum.???Glat 163. foll §. 8. DIeſer Buchſtab ſtehen.???Glat 223. Zeil 14. eine Herrlichkeit/ er ſetz: in einer Herrl.???Glat 301. Zeil 13. moechten fuer mueſſen.Beliebe dem Leſer/ die andern eingeſchlichene Fehler wolmeinend zu verbeſſern/ ???nd uns mit guenſtiger Gewogenheit zugethan zu verbleiben.
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|| [ID00687]

FASCICULUS Carminum Latinorum in Supplementum Operis adjectus.
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|| [ID00688]

Ad Lectorem.
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Placuit Fautorum & Amicorum, ut & noſtra Car- mina abecedario Ordine ſubnectere hosque Ludi- loquiorum noſtrorum amoenitatibus ma- num imponere.
|| [ID00689]

Gratulatoria.
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I.
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SErio an iſtud agis, lubet an ſic ludere Amicos, (Expiſceris uti mentium operta catus) Harsdö???ffere, decus Patriae, columenꝙ theatri Aonii Pindi Teutoniciꝙ jubar, Dum, quaſi ſubdubitans, Tibi pertexenda ſientne, Conſulis (an tentas?) gemmea Colloquia? Gemma, dico. Etenim quid ſint, niſi gemmulae in auro, Doctrinae quaſi tot fragmina multiplicis, Divitis ingeni??? de gazaſingula promta, Sollicite artifi iper-ꝙ politamanu, Inventu (certum eſt) alibi rarisſima, magno Sed ſtudio, impigro & parta labore Tibi,
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Interſtincta quıbus fulgent pasſimꝙ refulgent. Quae-lucem cernunt Dramata-cumꝙ tua; Imo & quaenondum cernunt, verùm abdita privis Tute domiforulis ipſe latere ſinis. Quaeſi (quod mecum nolınt doctiꝙ boniꝙ) Edere fors cesſes ulteriore mora, Effugies numquam (injurato credito Amico) Sı non Invidiae, at ſtigmata Deſidiae. Polliciti quòd nempe reum deſiſtere coeptis Oscine tam fauſto, juraꝙ fasꝙ negent. Namꝙſemel dextram ſtivae qui admovit, eumpſe Haut aequum eſt ullo reſpicere inde modo. Hinc, quid ego, Harsdörffere, velım, ſatis, Inclyte, cernis, Credo, nec iſtius mentis, Amice, pudet.
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Arbitrium tamen omne penes totum opto Senatum Colleg I (renui non pote) Frugiferi. Deproperatis iſtis Nobiliſs. Viri mentem, ad pertexendum feliciter coeptum propoſitum q.accendere & animare ſatagit Amicorum & cultorum eius, infimus li- cet, ſtrenuisſ. amen & conſtan- tisſimus Joh. Georgius Styrtzel Auguſta-Vind. apud Rotenburgo-Tuberanos Conſularis.

II.
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REbus in humanis nihil eſt, quod duret in aevum, Praeterquam Virtus Ingeniiꝙ bona,
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His quisquis primis incumbit ſedulis annis, A ſerâ nomen p???ſteritate feret. Nec nocet huic quicquam, licet alti machina coeli Immenſiꝙ ſimul concidat orbis opus. Ergo potes felix meritò, HARSDORFFERE, vocari, Doctrinâ exsulium qui benè pectus habes. Vtilis hic labor eſt, liber utilis, utile ſcriptum, Nam tua permultos Teutona Muſa docet. Pergeita, Fax Patriae; Sic Virtus propria clarum Amoeſto facient nomen abesſe rogo.Cordicitus gratulatur Wedelii Holſa- torum ad AlbımJohannes Riſ???
|| [ID00693]

III. Ad Nobilisſimum Virum Dn. Georg. Philipp. Harsdoerffern/ cùm aurea ipſius ſcripta legerem.
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AD Phoebinutum doctrinae gloria punctum Harsdörffere, Tibidebet, & omne dabit. Quippe tuis ludis patrio paradigmate ſcriptis, Se Venus atque Charislavit & omne decus. Ingenium veneror, doctrinam miror in uno, Candor amicitiae vincit utrumꝙ tuae. Neſcto, quid primùm ſub Te, quid amemve ſecundùm. Hocſcio, Tetotum, quantus es, omnis amo.Adamus Olearius.
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IV. Georgius Philippus Harstoerferus Vir egregius populis ſat profers.
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QUidnî, ſi qua foret, cantanti fortè facultas Muſae utcunꝙ́??? meae, quas pridem fama per Orbem extulit egregias laudes, cantare liceret, HARSDORFFERE tuas ingens Decus undiꝙ́ doctûm deliciaeꝙ Virûm? quantum & geſtiret honorem mens vel ſponte ſua Tibi tota obſtricta referre! Sed tua clara meae laus non erit indiga laudis aequè ut non hederae ſuſpenſae nobile Vinum, quam neꝙ, ſi posſem, dignè celebrare valerem.
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Artificem commendat opus: Sat Temet ubiꝙ plus quàm Coeleſtıs mentis calor, inclyta dona quaeꝙ vel ex multis Natura elegit in Unum commendâre Viris. Germanae cultus, amorꝙ, quam totiens miſeri procul hinc abiisſe queruntur, Tecelebrat fidei, morum novitate ruentis, Oris & externi ſtudio pereuntis inani.
Siꝙ velis, referam, Quem nominis inſita Virtus conveniens rebus verè, atꝙ pedisſequa Fama eius amica Soror parili Te laude loquantur? Vir ſanè egregius quavis in arte peritus Harsdörffere cluis; verſatus dogmate in omni, nec tibi vel ſoli, populis ſat commoda profers Scripta, quibus commune Bonum feliciter urges. Scilicetingenio quaeſitum Nomen ın aevum ſtare, & Virtutem poſt funera vivere credis!
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Rectè; macte tuis ſtudiis, hanc vivere Vitam perge, ſtude porrò ſcriptis clareſcere mundo, ſic Tibi Poſteritas ſeriſſima grata manebit & Tua laudiloquis mandabit Nomina ſaxis!T. Nobil. Cl.addictiſſ.M. Johannes Rehlinus, Philol??? & bon, art. Studioſus.

I. In Natalem.
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Serenisſimi atꝙ Potentisſimi Principis ac DOMINI DOMINI AUGUSTI Brunsvvicens. atque Lunaeburgens. Duc. &c.
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AEnigma.
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QUot clarent numeri, vaſti miracula mundi: Quot Roma excellens collibus em nuit: Quot certant Urbes magni de patriâ Homeri: Quot celebres memorat Graecia priſca viros: Quot coelum fulgens errantia ſidera monſtrat: Quot micat & facibus aetheris urſa minor: Quot fluıt AEgypti dıviſa per oſtia Nılus: Quot ſchola fundatur artibus ingenuis: Quot Proceres habet Jmperium, diademata Regni: Quotque dies ſuetos hebdoma quaeque tenet: Tot fulget cyclis AUGUSTI Principisaetas. Accumulet numeris hanc, DEVS, innumeris!
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II. Emblema in Harmoniam Evangelicam eiusdem Serenisſ. Princip. SOLA FIDES, HEIC SOLA SONAT! Monochordum
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HArmoniam ſacram diverſa haud Muſica cogit: perficit una fides, quiquid in arte latet. Solafides artis reſonat miracula rara: molle melos acuit murmure tenſafides.
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In ſpatiis variis vario moder amine chorda ſollicito loquitur ſic variata modo. Sola Fıdes, hêic ſola ſonat; manus addita muta eſt. Sola Fides poterit conciliare DEUM. Deli???ias coelo tribuit concordia diva: delicıas animae conferat una Fides. Tuꝙ fidem certam Fidei praeſtare va???illans Reſpice: en AUGUSTI dextera cuncta docet.

III. Ad ſupplementum Horti Aistettenſis, &c. Beſleri D. Med. Epigramma.
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CUm Bellona furens, Floram cum prole fugaret, deferuit lacryma???s, blandula, dulce ſolum. Veris Mecoenas Zephyrus per apricaſecutus, noluit aerigerum fulmine, ferre, ſonum.
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Extorrem hospitio junxit Sollertia docto; hêic, ſecura Tibi Terra papyrus, ait: Plantabis graphıo foetum, calamoꝙ́ rigabis, mulceat ut Zephyrus, gratia rara, librum. Hos, Lector flores ſaevus non dıripit Auſter: Tu lege delicias lumine, non manibus.

IV. Ad Effigiem. Admodum Reverendi atꝙ Excellentisſimi Viri Dn. Johann-Michaëlis Dilherri, &c.
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Illuſtris Pietas cum non niſiviſa placeret, DILHERRI faciem ſumſit, & eminuit. Hâc Doctrina latens imitatur imagine eâdem: Sic oculis virtus picta placere poteſt.
|| [ID00701]

V. Carmen Nuptiale.
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GLoria rara Ducum dulcis, per compita mundi: Sors mercatorum grata, lucrumꝙ novum: Nomen in Aoniis ſuave eſt & nobile caſtris: Carmina grata lyrae ſollicitata manu: Conſilium afflictis, res eſt duicisſima, rebus, ſi fortuna favens annuit aequa bonis: ???ulcius HALLERO Sponſae magis oſcula ſunt quàm Gloria, ſors, nomen, carmina, conſilium.

VI. Carmen Nuptiale.
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???Almae conubium celebre eſt, dum Foemina raptar Brachia, in amplexus ingenıoſa, Maris,
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Florent conſociae, pariterꝙ dat altera fructus; alter ab alternâ, neſcit abire, fide. Frondea ſerta tenentiquoties tun ſiderarorant hum???da, commixtis utraꝙ ſtat lacrymis. ſunt virides fluviisꝙ madent, concordibus annis: Hinc amor atꝙ illinc, nexibus implicitus. Vivite felices (aliud quid amantibus optem?) Veſtri ſic vincent, arbuta caſta, dies! Exſuperate & amate: pium certamen amantum eſt! Haec vos, nunc animus non capit iſta meus.

VII. Carmen Nuptiale.
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DVlcis in irriguum radians est purpureus Sol: Dulcia ſunt juſto ſemper odore lucra: Dulcis in Aomis caſtris liberrima vita: Dulcis anhelanti, qui rıgat arva, latex:
|| [ID00703]
Dulcis apis tecto ſuspenſum cecropium mel: Dulcis Arionio polli???e presſa lyra: Dulcis amtcorum ſolers & blandula lıngua: Dulce animı felix & juvenile decus: Dulcia at IM HOFI POEMERAE baſia, plus, quàm Sol, lucra, vita, latex; mel, lyra, lingua, decus.

VIII. Intuitus F???ontiſpicii. exhibens Recti conſilii requiſita
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I. Pietas.
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ENthea ſum Pietas, Solis fulgore coruſca: Cor monſtrat ſummi non ina ſancta DEI. More Cru???is ſanctae mihi tenſa eſt dextera utrinꝙ́, & facies coelum reſpicit, atꝙ animus.
|| [ID00704]
Diſtractus dubiis nil nil ſine Numine praeſtat: Sumꝙ Sopho felix regula conſilii.

II. Juſtitia.
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Exemplo firmata Dei ſumſacra Themiſtis, quaererum juſta pondera lance tenet. Dura manus gladio prudens malefacta coërcet, inde meum Regisfert diadema caput. Praem???a virtutum, vitiorum poenaꝙ́ vindex Conſilii nervus roborat Imperii.

III. AEquitas.
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AEquae placet ratio, quae par imparque reducit, conjungensfacili, disſociata, modo. Quae ſoror armipotens decernit lege rigoris, mitigat aequalis dextera amicitiae. Civica ſe???ta mi???i ſolers concordia donat, grati conſilii formula certa vocor.
|| [ID00705]

IV. Candor.
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Eminet illuſtris Virtus candore decora, & tenebras pellit, nubiferosꝙ dolos. Hinc pectus ſpeculum monſtrat, ceu ſcrinia cordis: nil tectum aut fictum hêic, quod latuere, patent. Illaeſus Candor noſtra quoꝙ gloria gentis, priſca fides, ſunto conſilii lumina.

V. Eruditio.
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Iô! ſolemnes celebrat Doctrina triumphos Calcans devictam barbariem pedibus. Arcadiae pecudis caput effert beſtia ſegnis. quam liber & calamus vincit & artenecat. Exultat victrix lauro inſignita virenti ſuperba, Palmam conſilii Muſa venuſta ferat.

VI. Conſilium.
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Conſilium perſona ſenis notat, eque catenâ(C. Ripa. nell Iconolog. f. 136. & 28???.) Cor pendens tectôs, ſollicitosque metus.
|| [ID00706]
Tot vigiles noctes deſignat noctua: praeſens heîc Leo, praeteritum ſtans ad ovile lupus. Venturumque canis tempus, feſtinaque facta Delphinus decorat ſic toga longa virum. Conſilio celebris commonſtrat Klockius artes plures, quàm referunt limina picta typos.

IX. Ad Effigiem. Mandesloi Equitis, qui Orbem navigationibus circumivit.
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CRedite MANDSLOIDAE posthac imitabile Coelum, dum rotat adverſo cardine ſolis iter. Signiferas peragit ſedes Sol tramite recto: Hic ſequitur pelagus flexibus innumeris. Luminis effigiem Pictor carbone notavit: ex umbris radies cernimus auricomos. Occultat Mors dira virum, quem fama perennis concelebrat, facies vela Timanthis habet.
|| [ID00707]

X. In Dialog. de Amicitia Dn. GUILIELMI MECHOVII Emblema.
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QUis ſuperûm docuit teneri ſignacula cordis? quae coelo atque ſolo complacuere ſimul. Ipſe DEUS fido nil majus poſcit amore: nil majus mundo, quod homo praeſtet, habet Cor tenet obtuſos apices, quos unit acumen; partibus ex binis conſociatur amor.
|| [ID00708]
Unum ſemper AMA ferro inſculpatur & auro, hosque Characteres COR, nova cera, ferat. Fortunati apices; nota ſigna reciproca Amores: Litera principii ſolvit utrinque reum; Myſtica, quae media est, MechovI adamabile nomen ſignat, & hoc titulo gaudia Mille notat. Cumque ſiniſtrorſum vox dextrorſumque legatur, ipſa per adverſa & proſpera ſtabit AMA. Corda pyropeis, roſeisque ſimillima gemmis Inflexo ductu hoc ſyllaba bina premat. Mî liceat culmen conſcendere, montis, Olympi. inſculptum ſaxo utſaepe legatur AMA: Otia naturae, ſtellato proxima coelo, laetantur noſtrâ, voce norata, manu. Hanc oriens perſaepe dies moriensque ſalutet; ſidera perque vices Sole ruente colant.
|| [ID00709]
Fallor, an hos apices notat ipſe Orionis enſis, quive tripartitum ferre videtur AMA. Hoſtes ArMA gerant; expungas nunc ſi canis iram, vox reſtabit AMA: blandula pugna bonis. Dicet uterque ſuum, quod uterque reſultat amanti; unus AMA dicat, perſonet alter AMA. Quid moror? arboribus, ceu Cordi, inſcribere fas ſit ſemper AMA: reſonans Echo reclamat AMA!

XI. In Scribtorios & Arithmeticos ARNOLDI MÖLLERI Libellos.
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COndecorat Möllere, palam Te Daedalapenna, & modo flexifluis ductibus artigena. Hâc numeras numeros; addit ſolertia laudes, quas Fama excellens undique multiplicat:
|| [ID00710]
Invida plebs doctis Nomen non ſubtrahet oris, cum ſenio feſſas dividet urna dies. Conſociat ſpecies has aurea regula de tri: artis honos, vita proba, gloria poſt obitum. Te manus atque animus felicem reddat ubique, hoc Facit augurio jungit amica manus(* Moſchcovia ab Ebr. maſ ha ex- traxit nome ̅ habere vi- detur.)

XII. Ad Itinerarium Moſcoviae Viriceleberrimi Dn. ADAMI OLEARII.
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DIluvio extractas* Olearia nuncia terras monſttavit foliis, gnara columba ſoli: Moſchiadum campos Olearius exhibet aeris in foliis pictos: qui dedit, eſt Salomon* (* Fridericus Holſatiae Dux.) Sic terras Boreae peregrino Sole calentes Scripſit; Columbo compar & arte prior.
|| [ID00711]

Dialogiſmus Emblematicus.
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Lector.
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Machina, quae, vigiles, per momina dividit, horas, ſtructum clauditopus, quid ſibi, redde, velit?

Author.
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Te rogo, cur falsò rota rapta ſequatur Olympum? cur index Solis non comitatur iter?

Lector.
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Haec captum ſuperat artis myſteria doctus judicet, haud Corydon torpidus ingenio.

Author.
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Sic ego doctorum ſuffragia candida venor: Tu ſi Mopſus ades, ſiſtito judicium!
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ARTIS MYSTERIA DOCTUS JUDICET!
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|| [ID00714]
|| [ID00715]
|| [ID00716]

1* Quae in infinito diſtantiae, quae transcendentiae? cujus momentum ex eo aeſtimabis, quo ???llo impleatur aut depleatur numero; ideo, neque adjectione augetur, neque ſubducti- ???em minuitur, ſed modo abit in ſuam naturam, modó redit in infinitum, Baron Herbert de ???therubri de Veritate f 239.

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