FRAUENZIMMER GESPRECHSPIEL/ So bey Tugendliebenden
Geſellſchafften mit erfreulichem Nutzen beliebet und geuͤbet
werden moͤgen/ Zweyter Theil. Aus Spaniſchen/
Frantzoͤſiſchen/ Italiaͤniſchen=Scri= benten in
Teutſcher Sprach verfaſſet/ Zuſambt einer Zugab
uͤberſchrieben Das Schauſpiel Teutſcher
Sprichwoͤnter. Durch Einen Mitgenoſſen der
Hochloͤblichen Fruchtbringenden Geſellſchafft/
Nuͤrnberg. Zum zweytenmal gedruckt bey Wolffgang Endren.
Ubereigungs=ſchrifft. AN DIE HOCHLOBLICHE FRVCHT= BRINGENDEGESELL=
SCHAFFT.
ES urkunden die Geſchichte/ daß aller Voͤlcker Macht und Pracht/ mit
derſelben Sprachen und Wolredenheit erhaben/ un
̅
auch zugleich
widerum
̅
zu Grund geſuncken.
Die Juden ſind von den Syrern/ und Roͤmern/ deren [ID00010]
Sprach ſie nicht verſtanden uͤberwunden und beherrſchet
worden/ nachdem ihr Geſetz/ (welches ſie/ wegen vieler
Geiſtreichen Ge= heimnuſſen zu dolmetſchen
unmoͤglich erachtet/) zu frembden Zun= gen gelanget; und iſt
ſolches/ als eine ſchwere Plage uͤber Iſrael/ rael/ und
ein Vorbot bald nachfolgenden Elends=Stands von ih= ren Lehrmeiſtern
gedeutet worden.
Mit der Griechen Reich/ iſt auch ihre Sprache gefallen; und ha= ben die
Athener ſo eiferig uͤber derſelbe
̅
Reinlichkeit=und Richtigkeit
gehalten/ daß als ihnen ein Frembdling in groſſen Geld=mangel ein
Vorlehen verſprochen/ un
̅
in ſeinem Anerbieten ein
baͤuriſche Wort= endung (ſolœciſmum,
als
fuͤr
) hoͤre
̅
n laſſen/ hat ſol=
ches ſein wolgemeintes Verſprechen nicht angenommen werden
moͤ= gen/ biß er den ungefehren Fehler mit gewoͤhnlicher
Zierlichkeit/ beſter maſſen erſetzet hatte/ wie Suidas
meldet.
|| [ID00011]
Dieſem vielleicht zur Nachfolg/ hat der verſchalckte Kluͤgling
Tiberius/ bevor er ein einzelig fremb des Noht=Wort ausreden wol= len
(Monopolium) bey den gantzen Raht zu Rom/ deß wegen Er= laubnuß gebeten; Als ob die
Hoheit deß Roͤmiſchen Namens durch wenig Sylben entfallen/ und
beſchimpffet werden koͤnte; da er doch ſonſt das freye
Volck mit ungewoͤhnlichen Dienſtbanden liſtig zu
faͤſſelen nicht unterlaſſen.
Es hat auch Kaͤiſer Karl der Groſſe/ das Teutſche
Reich/ mit Hand und Mund/ mit Helden=Thaten/ und Verſtandworten der=
geſtalt beveſtiget/ daß die wilden Teutſchen/ (welche alle
ihre Kunſt in dem grimmigen Fauſt=Recht begruͤndet/) durch
Ausarbeitung ih= rer veroͤdten Sprach/ zu Erkaͤntniß
Geiſtlicher und Weltlicher [ID00012]
Sachen/ nach und nach angewoͤhnet worden/ wie deſſen Tochter=
Mann Eigenhard glaub wirdige Meldung thut.
Nachgehendes hat Kaͤiſer Rudolph der Erſte dieſes Namens/
durch oͤffentliche Ausſchreiben gebotten/ daß alle fuͤr
Gerichtſchwe= bende Haͤndel in Teutſcher/ und nicht in
Lateiniſcher Sprache ſol= ten ausgeuͤbet werden. Wie nun zu
den letzten Jammerzeiten/ Teutſch= land zwiſchen ſeinen Mauren
begraben wird/ von dem Mord= toͤnen der Trompeten gleichſamb
beſungen/ von dem Donner der Cartaunen belaͤutet/ von dene
̅
zu
hauffenf allenden Palaͤſten beſchar= ret/ und unſere
Feſt=Taͤge zu Faſt=Taͤgen/ unſere Feyr=Taͤg zu
Feur= Taͤgen/ unſere Hochzeiten zu Jochzeiten werden: Alſo
wird auch die tapffere/ redliche und bedachtſame Teutſche
Helden=Sprach oͤf= fentlich/ ohne Scheu/ verachtet/ untergedruckt und
vernichtet/ wie [ID00013]
ſie mit dem Evangelio erhaben/ ausgeuͤbet und herrlich zu leuchten
angefangen.
Wider dieſes Urtheil/ und noch beſorglich=kuͤnfftiges Nachtheil
ſo aus Zerruͤttung der Teutſchen Sprach zu erwarten/
ſtrebet mit unſterblichem Ruhm/ die hochloͤbliche
FRVCHTBRINGEN= DE GESELLSCHAFFT; welche 1617/ eben hundert Jahr nach dem das
Liecht deß Evangelii erhellet/ angefangen) in dem nemlich ſelbe/
unſerer geehrten Mutterſprach Wuͤrde/ und nach= druckliches
Vermoͤgen/ mit ſonderbarer Beglaubung ihres ange= nommenen Namens
dargethan/ und noch ferners ungeſparten Flei= ſes zu
erweiſen anhalten wird. Wie deß NERENDEN/ VIEL=GEKORNTEN/ GEKRONTEN/
NVTZBA [ID00014] REN
und viel anderer aus hochbeſagter Geſellſchafft/ Sinnreiche
Schrifften ſatſamm bewaͤhren.Dieſer Weltberuͤhmten Geſellſchafft hat
genaͤdigſt beſiebet/ das geringe Weꝛcklein der
ſo benamſten Geſpraͤch=Spiel nicht allein zu
achten/ zu durchleſen/ der Befoͤrderung deß andern Theils zu er=
heiſchen; ſondern auch den Verfaſſer
deſſelben mit dem Namen deß
Spielenden/ und dem Gemaͤlde der bunten Engliſchen oder wel=
ſchen Boͤnlein/ (in welchen die Natur auff manche Art
ſpie= let) zu begnaden. Solche hohe Gnad wird von ihm mit
moͤglich= ſter Danckſagung/ nechſt Erkantnus
ſeiner Unwuͤrdigkeit an=und aufgenommen; auch zu
gehoꝛſamer Folgleiſtung dieſer andere Theil/ mehr
hochermeldter Geſellſchafft/ wie jene Blume mit deß Helden [ID00015]
Aijax Name
̅
bezeichnet/ durch offene
̅
Druck uͤbergebe
̅
: benebens
Er= wuͤnſche
̅
/ daß unter dieſen Blaͤttern viel
angenehme Fꝛuͤchte erwach= ſen/ und die liebſten
Geſpielin ſolcher Geſpraͤche/ die Teutſche
Muſe
̅
/ allen Ehrliebenden Gemuͤtern zu ſolcher
unſtraͤfflichen Verſtand uͤ= bung den Weg banen/ und in
Anſehen dieſes wolgemeinten Abſehens/ die befindliche Fehl und
Maͤngel/ (gleich wie auch alle Bonen kleine Matten/ oder Flecklein haben/
nicht erachtet werden moͤchten. Hiemit verbleibet unauffloͤßlich
verbunden/DER HOCHLOBLICHEN FRVCHTBRINGENDEN GESELLSCHAFFT In
Vnterthaͤnigkeit
Dienſtſchuldigſter Knecht Der Spielende.
|| [ID00016]
Ausſchreiben
DER HOCHLOBLICHEN FRUCHTBRINGENDEN
GESELLSCHAFFT. Die Frauen=Zimmer Geſpraͤch= Spiel
betreffend.
DEmnach ein Buͤchlein ſo uͤberſchrieben Frauen Zimmer
Geſpraͤch=Spiel/ der Fruchtbringenden
Geſellſchafft/ durch den Druck uͤbergeben worden: Als iſt
von derſelben Geſellſchafft/ ſo viel ihrer das Wercklein
geſehen/ ſolche [ID00017]
Arbeit nicht alleine fuͤr ergetzlich/ und ihrem Zwecke gemaͤß/ mit
gebuͤh= render Danckſagung/ vor die Zuſchreibung und den ihr neu gegebene
̅
Zunamen/ befunden worden; Sondern es wird auch der Verfaſſer
ſolches Buͤchleins hiemit erſuchet/ in ſeinem Vorhaben
fortzufahren/ und die noch uͤbrige alſo von ihm genannte
Geſpraͤch=Spiele/ zu meh= rer Erluſtigung aller
Ehrliebenden Gemuͤter/ auch etwas nuͤtzliches daraus zu erlernen/ vollend
an Tag zu geben;Was die Redens art an dem Orte Landes/ wo die Fruchtbringen= de
Geſellſchafft angefangen/ und da man am reineſten Teutſch redet/
auch ihre Wortſchreibung (Ortographiam) belanget/ ſo weit ma
̅
die=
ſelbe biß an
̅
och ausuͤbe
̅
moͤgen/ iſt ſolche
theils in der Teutſche
̅
Spꝛach= lehre an dem jetzigen Ort deß
Ertzſchreines in dieſem Jahre ausgegan= gen/ und in andern
Buͤchlein/ in dieſem und vorigen Jahre alda ge [ID00018] drucket/ zimlicher Maſſen abzunemen/ derſelben nach
ſich dann ein je= der auff vernuͤnfftiges Ermeſſen/
ſeinem Belieben nach richten kan.Dieweil auch der/ von dem Weiland Feſten/ uͤbergeſetzte Verfol=
gete David darinnen an= und etzliche Woͤrter daraus zur Nachfolge gezogen
worden: So iſt darbey zu wiſſen/ daß dieſe Verteutſchung
gu= ter Maſſen uͤberſehen/ und nach der Haubtſprache
etwas eigentlicher und verhoffentlich klaͤrer eingerichtet woꝛden/ wie
ſolche ſonder Zweif= fel von dem Feſten/ wann er nicht ſo
bald dieſe Welt geſegnet/ ander= weit/ ausgegeben waͤre/ und wo es
von den Seinigen jnner Jahres= friſt nicht geſchicht/ noch in den Druck
kommen ſoll.Dem nach dann der Veꝛfaſſer dieſer
Geſpraͤch=Spiele ſich umb un= ſere vielgeltende
reine Teutſche Landes=Sprache nicht wenig verdien= gemacht/ und ferner darinnen
gleichſam Spielweiſe zuzunemen begiet [ID00019]
rig: Als waͤre die Fruchtbringende Geſellſchafft geſinnet/
mit ſeiner freyen Verwilligung/ ihn in die Geſellſchafft mit
einzunemen/ darzu dann dieſer Vorſchlag geſchiehet/ daß er
koͤnne heiſſen der Spielende/
zum Gemaͤlde haben/ die kleinen bunten Engliſchen Boͤnlein/
unter= ſchiedene Farben/ und zum Worte/ auff manche Art: Solte ihme a=
ber etwas beſſers einfallen/ wil man ſeiner ferneren
Vorſchlaͤge un
̅
Er= klaͤrung/ vor der Eintrettung/
gewaͤrtig ſeyn.Es verſiehet ſich die Fruchtbꝛingende Geſellſchafft/ ein
ſolches wer= de/ im beſten auffgenommen werden/ und mit eheſter
Gelegenheit Ant= wort erfolgen. Und iſt dieſes gegeben an dem jetzigen
Orte deß Ertz= ſchreines/ in Beyſeyn und auff Gutbefinden/ deß
Nehrenden/ Durch= dringenden/ Anmutigen/ Vielgekoͤrnten/ Ausbreitenden/
Unveraͤnder= lichen/ Reitzenden/ Bequemen/ Unentbehrlichen/
Ausfuͤhrenden/ De [ID00020] muͤtigen/ Tilgenden/
Platten/ Schwimmenden/ Dienſtlichen/ Glei= chen/ Weichenden/
Geneſenden/ Mindernden/ Gefuͤlten/ Wolſchme= ckenden/
Friedfertigen/ Zunehmenden/ Kurtzen/ Auffweckenden/ Arbeitſamen und
Glatten/ den neundten deß Herbſtmonats/ im Jahre 1641/ etc. und unter
dem Geſellſchafft In= ſigel ausgefertiget.
|| [ID00021]
Der Merckzeichen Erklaͤrung.
DAs* meldet den Scribenten/ aus welchem das ſo bemerckte ge= nommen.Das † fuͤhret in ſolche Buͤcher/ die von dergleichen handlen.Die () oder /::/ iſt/ das ein Schlußzeiche
̅
(parentheſis) welches vor=
oder hinterſich weiſet/ und ſchlieſſet in die
Roͤmiſche Zaal/ I. II. III. ꝛc. welche das Spiel/ und die
Barbariſche Zaal 1. 2. 3. ꝛc. welche den Ab= ſatz §
unterſcheidet. Bedeut den Anfang eines andern Spiels/ und daß die Perſon/ welcher Namen vor
ausgeſchrieben/ das Staͤblein/ umb ein anders Spiel anzufangen
uͤbernommen hat.
Fernerer Bericht iſt zu Ende dieſes Werckleins zuͦ finden.
|| [ID00022]
Perſonen
Welche zu Ubung der Geſpraͤch=Spiel unter= redend
vorgeſtellet werden.
Julia von Freudenſtein eine kluge Matron.
Veſpaſian von Luſtgau ein alter Hofmann.
Angelica von Keuſchewitz eine Adeliche Jungfrau.
Raymund Diſcretin ein gereiſt=und beleſener Student.
Caſſandra Schoͤnliebin eine Adeliche Jungfrau.
Degenwert von Ruhmeck ein veꝛſtaͤndiger und gelehrter Soldat.
|| [1.]
Frauen=zimmer Geſpraͤch=Spiel. Zweiter Theil. Julia.
Veſpaſian. Angelica. Raymund. Caſſandra. Degenwert.
Julia.
ICh habe unlaͤngſten/ mit ſonderer Beluſtigung/ die in Druck
gefertigte Geſpraͤch=Spiele durchleſen/ und mich Wolmeinen=
der An=und Unterweiſung allermaſſen beſcheiden
koͤnnen/ aus= genommen/ deß auff dem andern Blat befindlichen Sin
̅
bildes/
welches eine Sonnen=Uhr umb ein Blum=Feld verzeichnet mit dieſer
Uberſchrifft fuͤrweiſet:
|| [2]
Es nutzet und behagt.
Meines Erachtens zu verſtehen gebend/ daß der liebliche Geruch ſo vie= ler
anmutigen Blumen/ nicht allein in der Artzney nuͤtzlichen Gebrauch ha= ben;
ſondern auch das Geſicht und Gemuͤt/ mit ſo mancherley bunten
Farben beluſtigen/ und ſolcher Geſtalt/ ſich zu den
Geſpraͤch=Spielen artig verglei= chen laſſen.2. Degenwert. Beſagte Deutung laͤſt ſich auch auff darbey
verzeichnete Sonnen zihen/ welches guͤldene Welt=Liecht nicht allein die
Menſchen billich erfreuet; ſondern auch Erd=Gewaͤchs/
Kraut/ Laub und Gras fruchtbar= lich herfuͤrbringt/ gleichſam
hoͤget/ (darvon das Wort Behagen entſproſ= ſen/) und
erhaͤlt.3. Caſſandra. Erwaͤhnte Uberſchrifft ſchickt
ſich auch abſonderlich auff die am Rand umbſtehende Zahlen/ welche
ebner Maſſen ſo groſſen Nutzen/
daß in Gewicht und Maaß (zwiſchen welchen die Zahlen/ als Waagbalcken/ [3]
den Ausſchlag oder Scheidſpruch geben) alles und jedes in dieſer
Welt/ nach deß weiſen Manns wolgegruͤndter Meinung/ beſtehet.
Haben auch nicht al= lein in den Geſpraͤch=Spielen (VI. LXVII. LXVIII.)
ſondern auch in den Sonnen=Uhren/ wie alhier/ kuͤnſtliches
Beluſten/ in dem nach ſolchen Zah= len/ die Sonne von ihrer
Reiſe und gleichſam allen Schritten und taͤglichen
Wanderſchafft/ gleichſamb Rechenſchafft geben muß.4. Raymund. So verſtehe ich die Sach dahin/ daß der Weinreben/ wel= cher
der Uhrzeiger iſt/ in dieſem Sinn=Bilde/ vermittels ſeines annemlichen
Gewaͤchſes/ leichtlich weiſen kan/ wie viel es geſchlagen/
dann was iſt doch nuͤtzlicher dem Magen/ und erfreulicher
deß Menſchen Hertzen/ als der ſuͤſſe
Rebenſafft?5. Angelica. Ich betrachte die gantze Erfindung deß Gemaͤhls und deſ=
ſelben Deutung/ ſo kan ich von derſelben und den
Geſpraͤchſpielen ſagen: Es nutzet alles den
Verſtand/ und behagt den Augen; maſſen in dem Nutzen die
Beluſtigung/ und/ wie in allen Tugendwercken in der Beluſtigung den
Nutzen enthalten.
|| [4]
Veſpaſian.
ZU erwuͤnſchen waͤre/ daß alle/ die ſolche
Geſpraͤch=Spiel zu leſen geruhen/ den Vorſatz nach/ die
nutzbare Ergetzlichkeit wuͤrcklich auch befinden moͤchten. Der
Verfaſſer iſt der geringe Schatten welcher zu ſolchen
Spielen die Vor=und Anweiſung thut/ da hingegen alles das erforderte/ von der
Geſellſchafft hellem Ver= ſtand erleuchtet werden muß. Weil aber
in allen Gemaͤhlen/ ein jedes etwas ſonderliches beobachtet/ kan die
Betrachtung der Sinnbilde zu einem Spiel ausſchlagen/ wie jetzt
beſchehen; und ich will meine darvon gefaſte Ge= muͤts Meinung mit
wenigen eroͤffnen. Es befinden ſich in Wellſchland/ faſt in
allen Staͤdten/ gewieſe Genoß=oder Geſellſchafften/ (Academie
genannt) von den vornembſten Edelleuten/ welche theils in der Muſica/
theils in den Sprachen/ theils in der Wolred=Kunſt/ theils in der Sternkundigung
und anderer loͤblicher Kurtzweil Belieben ſuchen. Dieſe nun haben
abſonderli [5] che
Sinn=Bilder erkuͤſet/ ſo nach ihrem Vorhaben gerichtet
ſeyn/ und pfle= gen ſelbe/ ihren in den Druck gegebenen Schrifften
vorzuſetzen. Als die In= tronati zu Siena (ſo genannt/ weil der Hertzog
von Melfi und viel Fuͤrſtl. Perſonen/ ihren
Zuſammenkunfften bey gewohnet/ und ſie mit groſſen Gena=
den gleichſamb in einen Thron erhoben haben) fuͤhrten zu einem gemeinen
(General) Sinn=Bild/ einen ablang=bauchigen Kuͤrbs/ welcher in der Sonnen
getrucknet und ausgehoͤlet/ den Baurs= Leuten zu Verwahrung deß Saltzes die=
net/ mit dieſen Worten:Das Beſte ligt verborgen.
|| [6]
|| [7]
Zu verſtehen gebend/ daß jhre Geſellſchafft das Saltz der Weißheit/
Verſtand und Wiſſenſchafft verborgen halte/
vermittelſt welches hohe Geiſter vor Faͤu= lung und Anbruch der
Zeit geſichert/ zu unſterblichem Lob erhalten werden koͤnnen.
Dieſe ſind die Erfinder und Urheber der Geſpraͤchſpiel
geweſen/ und aus ihren Schrifften verlangen wir zu lernen.2. A. Dieſem nach hat eine Geiſtliche Genoßſchafft (der
Jungfrauen Ma= ria zu Ehren vermeint/) zu einem Sinn=Bild erkuͤſet eine
eiſerne Ketten/ welcher Gelieder/ nicht wie ſonſten ineinander
geſchloſſen/ ſondern mit Mag= net beſtrichen
faͤſt aneinander hangen/ mit dieſer Umbſchrifft:Auff unbekante Weiß.* (Anguſtin. Von der Stadt Got= tes. B. 21. c. 4.)
|| [ID00030]
|| [9]
Verſtehend/ das Band der Gottesfurcht/ halte ſie durch unſichtbarliche
Wir= ckung zuſammen.3. R. Deßgleichen fuͤhren die Humoriſten zu Rom/ oder die BEFEUCH=
TENDEN in ihrem Sinnbild eine Wolcke/ welche ſich von dem Meer in die Lufft
erhebet/ und von dar widerumb hernider tauet/ mit der Beyſchrifft:Mit ſuͤſſer Macht es widertropfft.
|| [10]
|| [11]
Anzudeuten/ weil durch deß Papſts/ Cardinaͤl/ und anderer vornemen Herꝛn
Gegenwart/ ihre Verſamblung gleichſamb biß an die Wolcken erhaben wor=
den/ ſo muͤſſe auch ihre ſaure und bittere Arbeit zu
ihren Anhoͤrern und Zuge= thanen/ gleich dem Thau widerkehren/ und zu
Nutzgelangen.4. Taſſ. Alſo hat auch (wie zu anderer Zeit H. Raymund erzehlet
hat) die Hochloͤbliche Fruchtbringende Geſellſchafft/ zu einem
gemeinen Sinnbild er= wehlet/ eine
̅
Indianiſchen zu vielen Sachen nutzbaren
Nuß=oder Palmbaum.R. Von de
̅
Indianern Cochos genant. Wie aus dem Inſiegel/ und dem Ge=
ſellſchafft=Buch derſelbe
̅
ſattſam
̅
bekant;
und iſt ſonders zweiffel/ zu ruͤhmlicher Nachfolg der
beſagten Italianiſche
̅
Geſellſchaffte
̅
anfangs
alſo beliebet worde
̅
.5. C. Wie iſt aber die Uberſchrifft?R. Die Wort/ welche dieſem Sinnbild oder Gemaͤlde pflegen
beygeſetzt zu werden/ ſind ihrem Abſehen/ und der
erſtbeſagten Figur gemeß. Nemlich:Alles zu Nutzen. Die Auslegung dieſes Gemaͤhlds iſt in folgend Klinggedicht verfaſſet:
|| [12]
|| [13]
KOmpt/ lernt vom Palmenbaum’ ihr/ die ihr euch begeben
In die Geſellſchafft wolt/ wie ihr es ſtellet an/
Das euch Fruchtbringend heiß und halt ein jederman/
Ihr muͤſſet ſeiner Frucht in allem folgen eben:
Faſt alles/ was bedarff der Menſch in ſeinem Leben/
Bringt vor der Baum/ draus man Nehnadeln machen kan/
Garn/ Seile/ Stricke/ Schiff/ auch Maſt und Segel dran/
Wein/ Eſſig/ Brantewein/ Oel ſeine Fruͤchte geben/
Brod/ Zucker/ Butter/ Milch/ Keeß: aus der Rinde wird
Ein Becher/ Leffel/ Topff: Ein Blat von ihm formirt
Dachſchindeln/ Matten auch von ihm geflochten werden:
In jedem Monat’ Er viel neue Fruͤchte bringt:
Wol dem/ der/ gleich wie er darnach nur ſtrebt und ringt/
Daß er in allem Frucht und Nutzen bring auff Erden.
|| [14]
|| [15]
6. D. Zu Ferrara haben die Unverzagten (Gli Intrepiti) zu ihrem Sinnbild
angenommen eine Druckerey/ mit der Uberſchrifft:Gedruckt/ aber nicht unterdruckt. Anzudeuten/ daß ob ſie wol von etlichen der Kunſt und Geſchicklichkeit ab= haͤſſigen gedruckt werden/ muͤſſe doch ſolches ihnen zu immerwaͤrendem Lob und Ruhm gereichen. Dieſer Meinung kan auch uͤber die Druckpreſſe ge= ſchrieben werden:
Ex Fumo in lucem
Aus der Finſterniß kompt das Liecht
Oder: je ſchwaͤrtzer/ je ſchoͤner!((Saavedra en ſus em- preſas al le- tor.)) 7. J. Meine Stimme will ich Herrn Raymund aufftragen/ und ihn bit= ten/ meine Unwiſſenheit in dieſen Sachen mit ſeiner Erfahrung zu erſtatten.8. Raym. Unter erſtbeſagter Geſellſchafft der UNVERZAGTEN/ hat ſich einer befunden/ der ſeine Unwuͤrdigkeit/ durch ein Sinnbild auf artige Weiß zu verſtehen gebe ̅ / in dem er wehlete ein H. welches eigentlich kein Buch= ſtabe/ ſondern ein Anhauchen (aſpiratio) iſt/ mit dieſen beygefuͤgten Worten:
Wann ich werd andern beygeſetzt.
|| [16]
|| [17]
Verſtehend/ er moͤchte neben andern Verſtaͤndigen und Gelehrten/
vielleicht fuͤr einen Buchſtaben gelten/ doͤrffte ſich aber
ohne ſolche Geſellſchafft nicht hoͤren
laſſen.9. V. Wann wir alle und jede bewuſte Sinnbild/ welche zu Florentz die Fur-
furarij, zu Perugia die Inſenſati, zu Neapoli Los Imitadore ocioſi
und die Ardenti; zu Meyland die Intenti, zu Ticino die Affidati, Incogniti und In-
vaghiti, zu Venedig die Academici della Notte, zu Paris La Conference des beaux
Eſprits, und viel andere Geſellſchafften erfunden haben/ anmelden
ſol= ten/ ſo wuͤrde uns der Tag viel zu kurtz werden. Die den
Geſpraͤchſpielen bey gefuͤgte Sonnenuhr betreffend/
iſt ſonders zweiffel zu beſagten Geſellſchaff= ten/
wolgemeinter Nachfolg angeſehen geweſen/ und leichtlich abzunemen/ daß
die Meinung/ bey den Geſpraͤchſpielen/ wie mit der vom Blumwerck
vorgezeichnten Uhr/ beedes Nutzen und Belieben zu erhalten ſeye. Warumb
aber der Weinreben zum Zeiger erkieſet/ iſt deſſen
Anregung/ bey dem erſten Theil/ an den Sprach=und
Geſpraͤchliebenden Leſer mit wenig Meldung be [18] ſchehen/ aldar Peter Simonis Weinfechſer mit den
Geſpraͤchſpielen ver= glichen worden.10. R. Bey den Umbſchrifften der Sinnbilder iſt zu erwaͤhnen/ daß
ſelbe in der Sprach beyzufuͤgen gewoͤhnlich/ in welcher ſie
erfunden und vorgewieſen werden. Als die Spanier ſchreiben in ihrer
Sprach/ die Frantzoſen/ Ita= liaͤner imgleichen/ und wir Teutſchen
ſollen unſeren Sinnbildern lieber unſe= re als frembde entlehnte
Woͤrter beyſchreiben. Es ſeye dann/ daß man hoffen wolte/ daß
ſolche Erfindung auch auſſer Teutſchland gelangen
moͤchten/ und deßwegen eines Lateiniſchen/ als faſt allen Nationen
bekanten Dolmetſchers von noͤhten haben ſolten: koͤnnen nun
ſolche Wort aus einem Poeten genom= men werden/ oder einen halben Reimen
aͤhnlich ſeyn/ iſt es/ (wegen der Mah= lerey und Poeterey genauer
Verwantſchafft/) ſo viel zierlicher: Will es ſich a= ber nicht
ſchicken/ ſo darff man ſo ſehr deßwegen nicht bemuͤhet
ſeyn/ darmit die vermeinte Ergetzlichkeit nicht vielmehr zu einer Kopffarbeit
gereiche.11. A. Fuͤr Frauenzimmer iſt die Sach zu ſchwer/ und was ich
nicht von andern hoͤre oder lieſe/ kan meintwegen wol verſchwiegen
bleiben.
|| [19]
Veſpaſian.
1. DEr Jungf. ungegruͤndte Meinung zu widerlegen/ will ich aus offt
beruͤhrten Kupfferblaͤtlein zu einem Geſpraͤchſpiel
vorgeben/ die Betrachtung der Figuren in den Sinn= bildern. Als die Sonne
kan zu unterſchiedlichen Vorha= ben dienen/ 1 und auch zu erſtbeſagtem
von der Jungf. beſche= henen Vortrag/ wann ich eine Sonne vorbilde und darunter
ſchreibe:Nichts Neues geſchicht. Abſehend auff den Spruch Salomonis: Es geſchicht nichts Neues unter der Sonnen. 2 Daher erweißlich/ daß aus Betrachtung aller uns bereit bekanter Dinge/ leichtlich etwas erdacht und auffgebracht werden kan.2. J. Die Sonne iſt auch zu vergleichen mit der Keuſchheit/ welche durch Anſchauen allerley Unreinigkeit/ Pfuͤtzen und Schlam ̅ / wie Keuſchheit durch [20] geile und luſtreitzende Gemaͤlde/ nicht beflecket/ oder vernachtheilt wird/ zu ſol= chen Ende koͤnte man beyfuͤgen dieſe Wort:
Alles Rein und Unbefleckt. 3. D. Es kan auch durch eine Sonnenfinſterniß vorgebildet werden der Eheſtand/ in welchem das Weib von anſehlichen Geſchlecht/ Reichthumb und Tugenden; der Mann aber von ſchlechtem Herkommen/ verarmt und Laſter= hafft/ ſeiner Ehefrauen Lob und Glantz vertunckelt und verfinſtert. Oder eine Mondsfinſterniß kan ein Sinnbild ſeyn/ zweyer Verliebten/ unter welchen die Abweſenheit/ als die darzwiſchen ſchwebende Erden/ den Schein jhrer Liebsſtralen unterbricht/ verhindert und mindert: Da man dann/ zur Umb= ſchrifft beyfuͤgen kan.
Scheiden macht Leiden. Oder: Aus den Augen/ aus dem Sinn.4. C. Die Sonne iſt ein ſchoͤnes Bild Menſchliches Sinnes und Verſtaͤnd= niß/ beedes beſtehet in beharrlicher Unruhe/ kan auch nicht/ als durch das liebe Gebet/ (wie zu Joſua Zeiten beſchehen/) beruhiget und angehalten werden; und auffſolche Meinung moͤchte man darzu ſchreiben:
|| [21]
Ohn Auffenthalt. 5. R. Wer hat jemals Gott gedancket umb die Sonne? fragt D. Luther.3 Wie ſolte aber die Sonne/ das guldene Weltliecht beſſere Deutung finden koͤnnen/ als es in H. Schrifft bereit hat? Vorſtellend die Guͤte deß Großmaͤch= tigſten Gottes/ welche gleich auffgehet uͤber Fromme und Boͤſe/ und dahero allen Fuͤrſten/ Herren und Oberen Beyſpielsweis zu Sinn bringen ſolte/ die langmuͤtige Lindigkeit und großmuͤtige Gedult/ die Verbrecher zu beſtraffen. Jedoch nach Beſchaffenheit/ damit die boßhafften jrrdiſchen Geiſter nicht in dem Ube/ wie der Thon und Erdgloͤtz/ verharren und erharten; die Gefaͤlligen aber/ als das Wachs zerſchmeltzen. Daher nach meinem Erachten/ jener Spa= nier Guevarra von den Hoͤfen und groſſer Herren Gunſt wol geſagt/ man ſol= le ſich zu denſelben nahen/ wie zu dem Feuer/ oder zu der Sonnen/ nicht gar zu nah/ darmit man nicht verbrenne/ nicht gar zu fern/ darmit man nicht ver= friere; 4 und in dieſem Verſtand kan man beyſchreiben:
|| [22]
(Diſtantia certa.) In gewieſer Ferne.
6. A. Obwol die Son
̅
e das edelſte/ herrlichſte und
ſchoͤnſte Geſchoͤpff iſt: ſo erſe=
hen ihrer doch viel ſond erliche Flecken un
̅
Mackele
̅
in
derſelben groſſen Glantz/ welcher Mangel gewießlich ihren
ſchwache
̅
Auge
̅
/ als die ſo groſſes Liecht nicht
verdulte
̅
und ertragen moͤgen; keines wegs aber der Sonnen Unvollkom
̅
en=
heit beygemeſſen werde
̅
kan: Iſt alſo dieſes
Weltliecht eine unſchuldige Urſach ſo ungleicher Nachreden. Mit
den Geſpraͤchſpielen hat es faſt ſolche Fuͤgnuß:
viel meſſen demſelben Maͤngel zu/ welche ſich an
ihnen ſelbſten beſinden; und weil ihr Verſtand
verfinſtert/ kan bey ihnen eine ſo edle Ubung nicht erhellen;
ſondern verachten alles/ was ſie nicht achten/ mehr Beluſtigung in
aͤuſſerli= cher und lieblicher Kurtzweil ſuchend; (welchen
die Reu und Verluſt uͤbel an= gewendter Zeit unfehlbarlich nachfolget/)
als in Geiſt=und Sinnreiche Ge= muͤts wolluſt die niemand gereuen
kan. Solchen falſch gegruͤndten Wahn [23]
zu widerlegen/ will ich der Ordnung zu Folg/ von Herrn Veſpaſian/ die
Spielregierung mit dem Staͤblein erbitten.7. V. Die Jungfrau hat zu gebieten.8. V. Wir wollen die Frage widerholen/ und iſt die Sonne ein Bild der
Vollkommenheit.Sine labe micet.
Mit reinem Schein. 9. J. Sie erleuchtet die Erden/ und ſpiegelt ſich in dem Waſſer/ iſt ein Bild deß Koͤnigs und ſeiner Unter thanen.
Hoch und Nieder gleich. 10. R. Die Sonne uͤberwindet alle Nebel und Daͤmpffe:
Nubila vincit:
Sieget ob dem Widerſtand. 11. A. Die Sonne und deß Fuͤrſten Gnade.
Meheret und nehret.
|| [24]
12. D. Die Sonne gefaͤllt nicht allen/ wie auch groſſe Herren
uͤbel von ſich muͤſſen reden
laſſen:Non placet omnibus.
Mißfaͤllet vielen. 13. C. Die Sonne erſcheinet erſt den hohen Bergen/ deß Fuͤrſten Gnad ho= hen Geiſtern:
Magnus primum.
Den Groͤſten am erſten.
Angelica.
1. ES geruhe jedes in dieſer loͤblichen Geſellſchafft/ von
de
̅
Maͤn= geln der Geſpraͤchſpiele ſein/
oder anderer derſelben Feind/ und haͤſſigen Meinung zu
entdecken/ welche zu widerſtreiten/ und zu vertheidigen H. Raymund ihm nicht
wird zu entge= gen ſeyn laſſen.
|| [25]
2. R. Keines wegs: Ligt nur an dem/ daß J. Angelica/ als deß Vortrags Erheber in/
den Anfang mache/ und erwaͤhne/ was ſie in dem Erſten Theil der
offt beſagten Geſpraͤchſpiele fuͤr Maͤngel
befunden habe.3. A. Den groͤſten Mangel/ welchen ich erſehen koͤnnen/
iſt; daß der Ver= faſſer nicht die gute Art/ liebliche Sprach/ und
holdſelige Geberden/ mit wel= chen ſolcher Unterhalt veruͤbet
werden ſoll/ beygeſetzet und ausgedrucket hat.4. R. Dieſe hoͤfliche Ermanglung kan durch Wort nicht erſtattet
werden/ ſondern beſtehet unter denen Sachen/ welche von einem jedem
Geſellſchaffts Genoſſen beygetragen werden
muͤſſen. Anmutige Geberden ſind ſolche Ga= ben/
welche die Natur mit gleichem Unterſchied/ als den vielfaͤltigen
Angeſich= ten der Menſchen ertheilet/ und koͤnnen bey etlichen in
etwas (durch unterweiß und Abſehen/ von anderer wolſtaͤndiger
Hoͤflichkeit) verbeſſert/ aber keines weges gaͤntzlich
abgethan und veraͤndert werden. Gewieß der behagliche Wolſtand der
Sitten/ iſt unter die Stuͤcke zu zehlen/ ſo die Schoͤnheit noch
viel ſchoͤner machen koͤnnen: Es iſt das Gold in welches
das Edle Geſtein einge [26] faſt; Es iſt
der ausgearbeite Brun
̅
en/ welcher das reinliche Waſſer ſo viel
liebli= cher vorweiſet: Es iſt das Bild un
̅
die Schrifft/ welche die
ſchoͤnſte
̅
Schaupfen= ning/ ohne fernere Probe wuͤrdig
und guͤltig machen. Zwiſchen erſtbeſagter
Huldſchafft/ und den groben Baͤuriſche
̅
Ungeberden/ iſt
ſo ferne Gleichheit/ als zwiſchen Fuͤrſtenhoͤfen
un
̅
Baurenhoͤfen ſich befindet. Damit aber dieſer Man= gel in
den Geſpraͤchſpielen erſetzt weꝛden moͤchte/ wolte
ich wuͤnſchen/ daß ich mit den Farben der Wolredenheit abbilden
koͤnte/ wie mit liebreiche
̅
Aeuglein/ rei= niglicher Stim
̅
/
holdſeligen Mund/ und artigen Wolſtand/ Jungf. Angelica ihre kluge
Gedancke
̅
bezenget. Weil aber alle Wort zuſolchem Werck von Un=
kraͤfften ſeyn/ und leichter zu erſehen/ als auszureden/ will ich
lieber darvon ſchweigen/ als mit allem angewendten Fleiß/ dannochviel zu wenig
erwaͤhnen.5. A. Der HErr will mir zu verſtehen geben/ welcher Geſtalt ich ihn
lobenſolte/ oder wie ich beſchaffen ſeyn muͤſte/ umb
ihm in dieſem etlicher Maſſen zu glei= chen. Wann ich aber
unfruchtbares Lob/ bey Befindung meiner ſelbſten/ nicht lieben kan: Als
iſt auch dergleichen von mir in Gegenantwort zu [27]
erwarten. Sondern habe zu bitten/ daß man mit meiner Unwuͤrdigkeit hoͤf=
liche Gedult tragen wolle.6. V. Ein jedes Gemuͤt hat ſeine abſonderliche Weiſe/
gleich wie ein jedes Ge= ſtirne ſeinem beſondern Einfluß hat. Die
Boßheit/ der Zorn/ die Grauſamb= keit/ ꝛc.
laſſen ſich nicht leichtlich bergen/ ſondern erhellen in den
Augen/ Mund/ und gantzem Angeſicht/ nach den Neigungen und Anligen deß Ge=
muͤts/ gleich wie ein Zeiger/ von der Bewegung deß Uhrwercks umbgetrieben/
und die Stund von auſſen bemercket. 5 Wir pflegen aber die
Gemuͤtslei= tung der jenigen an=und in uns zu nemen/ mit welchen wir umbgehen/
und denſelben unvermerckter Weiß/ mit Worten und Geberden nachahmen; da=
her ſehr viel daran gelegen/ in was Geſellſchafft ein jeder von
Jugend auffer= zogen wird/ denn derſelben Eigenſchafften wird er
ſich ſchwerlich erwehren koͤn= nen. Die Sittſambkeit
iſt eine ſolche Tugend/ welche allen andern eine feine Geſtalt
gibt. Dieſelbe aber beſtehet nicht allein in den Geberden/ ſondern auch
fuͤrnemlich/ in bedachtſamen Worten; von welchen viel in dem
erſten Theil [28]
der Geſpraͤchſpiel ungleiche Urtheil geſthoͤpfft/
und bejahet/ daß darinnen viel ſeltzame/ ungewoͤhnte/
unverſtaͤndliche/ unbekante Woͤrter und Reden be= findlich/ mit
welchen man ſich ohn Beyſatz der gewohnten Lateiniſchen Kunſt=
Wort/ ſchwerlich oder gantz nicht verſtehen machen koͤnne/
ſonderlich aber bey Frauenzimmer/ welche ſelbe noch wiſſen
noch zu gebrauchen gewillet ſeyn.7. R. Die Wort belangend/ ſind ſelbe ſeltzam und fremd/ denen/
ſo die Schrifften der hochloͤblichen Fruchtbringenden
Geſellſchafft nicht geleſen/ und vielleicht nie geſehen
haben/ welche alsdann befinden werden/ daß alle und jede Kunſtwort/
ſolcher Geſtalt nicht von dem Verfaſſer derſelben
erdacht/ ſon= dern von erſt hochbeſagter
Geſellſchafft/ ſonderlich aber von dero Mitgenoſſen
den Feſten guten Theils erfunden worden. Geſetzt aber/ die Wort
waͤren neu: ſolte wol verſprechlich ſeyn ein wolbedeutend
Wort zu erfinnen? haben ſich nicht alle Sprachen vielmal veraͤndert?
6
Ja es iſt eine jede mit Verlauff der Zeit mehr und mehr ausgearbeitet und
verneuret worden. Unſere Teut= ſche Zunge muß nach der
Ebræiſchen Sprache geartet werden/ als welche zu [29]
gleicher Zeit in Gang und Schwang gelangt/ und nach Bezeugen aller Ge=
ſchichtſchreiber aͤlter iſt als alle andere Sprachen: Wie
auch aus den viel ein= ſylbigen Woͤrtern unwiderſprechlich zu
ſchlieſſen. Nun erfinden die Hebræer keine andere
Woͤrter/ und mißbrauchen viel lieber einer Ubertragung/ (Me- taphoram) als daß
ſie von Frembden etwas entlehnen/ und den Ihrigen ein= verleiben ſolten.
Iſt nun ein Wort dem Anſehen nach ſeltzam und Neu; ſo
iſt es doch dem Grund nach/ aus welchem ſelbes erwachſen Alt/ und
in andern Verſtand gebraͤuchlich. Daher ich dann auff die Gedancken
gerahten/ man koͤnne in der Teutſchen/ wie in der
Ebræiſchen Sprach/ gewieſe ein ſylbige Stammwoͤrter
zuſammen leſen/ von welchen alle andere mehrſylbige ſich er=
heben und entſprieſen (LXXXVII.)8. V. Es iſt ein vernuͤnfftiger Vorſchlag/ und waͤre zu
erwuͤnſchen/ daß ſel= ber von einem beeder Sprachen
wolverſtaͤndigen Mann zu Werck gerichtet wuͤrde.9. R. Es ſind alle und jede Woͤrter unſerer Zungen/ entweder von
Ankunfft [30]
Teutſch/ und ſolche bekommen von ein= oder zwey Sylbigen
Stammwoͤrtern her/ und koͤnnen/ wie vorgedacht in gewieſe Anzahl
und Reglen verfaſſet wer= den: oder ſelbe ſind von andern
Zungen zu den Teutſchen Burgerrecht ge= langt/ und koͤnnen gleichsfals
nach ihren Grundſylben mit Verſtand recht ge= ſchrieben werden.
(LXX.) Jene ſind ſolche Wort/ und Sachen/ welche den al= ten
Teutſchen bekant und gebraͤuchlich geweſt: 7 Dieſe welche von
andern Auslaͤndiſchen Voͤlckern bey unſer Vaͤtter
Zeiten eingefuͤhrt werden. 8 Als zum Beyſpiel eine
Rin
̅
e/ dardurch das Waſſer geleitet wird/ Rin
̅
iſt ein
Stam
̅
= Wort und jederman bekant: Daher kombt Rinnen/ (ſtillare) oder Tropf=
fen; von dieſem ausrinnen/ ausflieſen/ widerumb zerrinnen/ das iſt
in keinen Rinnen behalten werden/ und auch erinnern gleichſamb durch Rinnen et=
was in eines andern Gedaͤchtnuß leiten und fuͤhren/ ꝛc. hingegen
iſt das Wort Ziffer unfehlbar von den Ebereiſchen () entnommen/ weil die Teut= ſchen es Zahlen
geheiſſen/ daher ſtammet bezahlen/ darzehlen/ einzehlen/ ꝛc. das
Wort Ziffer aber/ wie auch alle andere Woͤrter/ welche man ins gemein
verſte [31] het/ Teutſch
ſchreibet/ und nicht fuͤglich geben kan/ koͤnnen fuͤr
angeſeſſene Ein= koͤmmling/ meines Erachtens wol
verſtattet werden. Es ſind die Sprachen theils durch Siegs=und
Kriegsmacht/ theils durch Kauff=und Handelſchafft mit frembden Voͤlckern
vermenget und vermiſchet worden/ 9 wie dann faſt
kein Meß iſt/ von welcher die Kauffleut nicht frembde Woͤrter bringen/
daß dardurch die/ welche man bevor gebraucht/ in Vergeß kommen/ und an der=
ſelben ſtatt/ andere guͤltig werden. 10 Aus
beſagten beeden Urſachen kom= met die Verwandtſchafft und
Uberſtimmung/ deßEbræiſchen. | Lateiniſchen. | Teutſchen. |
Chaldæiſchen. | Welſchen. | Saͤchſiſchen. |
Syriſchen. | Spaniſchen. | Niderlaͤndiſchen. |
Arabiſchen. | Frantzoͤſiſchen. | Engliſchen. |
Ohn Kunſt/ ohn Muͤh/ ohn Fleiß ich dicht/
Drumb nicht nach deinem Kopff mich richt/
Biß du witzt/ ſchwitzſt/ ſpitzſt/ ſchnitzſt im Sinn/
Hab ich angſetzt und fahr dahin/
Biß du guckſt/ buckſt/ ſchmuckſt/ druckſt in Kopff/
Iſt mir ſchon ausgelehrt der Topff:
Biß du flickſt/ ſpickſt/ zwickſt/ ſtrickſtim Hirn/
Iſt mir ſchon abgehaſplt der Zwirn.
Gefaͤlts dir nicht/ wie ich ihm thu/
Machs beſſer/ nimb ein Jahr darzu.Darff ſich alſo niemand an ſeinem wolgemeinten Vorſatzaͤrgern/ ſondern [33] kan ſich Anfangs der Geſpraͤchſpiele vorgeſchuͤtzter Befreyung bedienen.10. J. So kan ich doch den HErrn verſichern/ daß viel vermeinen/ es aͤr= gern ſich die jungen Leut/ aus offt beſagtem Buͤchlein der Geſpraͤchſpiel/ vorgebend/ es ſey den Jungf viel nohtwendiger mit der Nadel und Spindel zuſpielen/ als ſich mit muͤſſigen Geſpraͤchen zu beluſtigen. 12 11. R. Deß Aergernus iſt zweyerley/ eines wird gegeben/ das ander aber ohn Urſach genommen. Von den erſten ſteht geſchrieben: Verflucht ſey/ der Aergernuß gibt/ und von dem andern ſagt der Heiland der Welt: Selig/ der ſich nicht an mir aͤrgert. Daß nun der Verfaſſer der Geſpraͤchſpiel ihm vorgenommen/ die Jugend nicht zu aͤrgern/ ſondern von dem Boͤſen ab= und zu dem Guten anzufuͤhren/ iſt auſſer allen Zweiffel. Solte aber etwas Ubel aus gedeutet werde ̅ / iſt er ſolches Aergernus eine gantz unſchuldige Urſach.
Wer Zucht und Erbarkeit mit Gottesfurcht erkohren/
Der leiet ſein Gehoͤr eim faulen Schwaͤtzer nicht/
Wer aber ſein Gehoͤr auff faul Geſchwaͤtze richt/
|| [34]
Der hatſchon gute Zucht und Erbarkeit verloren.
Er hat der boͤſen Brunſt/ und Unzucht ſchon geſchworen;
Er iſt der Geilheit ſchon ergeben und verpflicht/
Sein innerlicher Geiſt ligt todkranck an der Gicht/
Ihm iſt in boͤſer Brunſt/ ſchon Glaub und Lieb erfroren.
Wer aber liebet Gott und liebet ſeine Zucht;
Den hat ſein werter Geiſt im Worte neu geboren/
Unzucht und Garſtigkeit iſt von jhm ſchon zuvoren/
Wie billich/ abgelegt; ihm iſt die boͤſe Luſt/
Mit aller Schandbarkeit ein Greuel in den Ohren/
Ein jedes keuſch Gemuͤt laͤſt faul Geſchwaͤtz den Thoren.Welche allein mit der Hand und niemals mit den Verſtand arbeiten wollen/ die laſſen den edelſten Theil ihrer ſelbſten unbemuͤſſiget/ und als einen nie beſaͤeten Acker mit Unkraut verwilden und verwuͤſten. Die Gedancken ſollen bewand ſeyn wie die Schoͤnheit/ ſo von geſunder wolbeſchaffener Leibs [35] Nahrung herruͤhret; noch von dem Schmuck der Wort vergleiſtert/ noch von dem Schmutz der Thorheit beſchmerbt. Wo koͤnnen aber ſo ſchoͤne Gedancken erwachſen/ wann ſelbe nicht bey ruͤhmlicher Geſellſchafft/ oder durch Leſung guter Buͤcher nechſt fleiſſigem Nachdencken/ 13 gleichſamb angeſaͤmet und in deß Frauenzimmers zwar faͤhigen/ aber ohn Gebrauch unverſtaͤndiger Ver= ſtand eingeſencket werden. 14 Gewießlich es kan kein andere Sach die Gemuͤter beweglicher von dem Boͤſen ab=und zu dem Guten anlocken/ die freche Dum= kuͤnheit der Jugend unterbrechen/ und die faſt allen angeborne Luͤgeneinbil= dung/ und falſchen Wahn/ von hochachtung ſein ſelbſten (dardurch die junge Leute ſich zu betriegen freuen) vorgewieſen werden/ als in verſtaͤndiger Ge= ſpraͤchuͤbung.12. D. Wann aber ſolches entretien nicht a la moderne accommodirt iſt/ ſo werden gewiß die Damen einen ſchlechten guſto darvon haben/ und viel lie= ber Cavalliers discuriren hoͤren/ als ſcholaren. Der Herr perdonire meiner libertet im Reden/ ich wil mich candidè expectoriren: Die tratementi der [36] Geſpraͤch=Spiel ſind nicht wenig mit der Schulfuͤxerey parfumiret, und brin= gen viel res ſur le tapis, welche unter den Philoſophis beſſer als unter Damen koͤnnen agitiret werden. Wann man auch die terminos conſideriret, welche von allen Scientiis in unſere vernâculam translatiret werden wollen; tribuirt man vielleicht der Teutſchen Sprach mehr zu/ als nicht ihre vires vermoͤgen: Geſtalt ja absqve contradictione, keine Philoſophica in derſelben tradiret werden koͤnnen/ und ſcheint der impoſſibilitet ſehr nahe/ beſagte unſere verna- culam ſo zu elaboriren/ daß man alles/ und jedes wie in latinis, græcis und Gallicis ſo accuratè und ſignificanter zu exprimiren unterfangen will. Oder wann ich mich in meiner opinion abuſire; ſo informire mich jemand/ was auff Teutſch heiſt philoſophia, habitus, privatio, potentia, und andere viel Woͤrter/ welche in Logicis und Metaphyſicis vorkommen.13. R. Was der Herr vermeinter maſſen carpiret, kan niemand ullo mo- do offendiren/ ſondern bin in meiner Meinung ſo fundiret, daß ich mich nicht laſſe darvon demoviren/ wann aber ein Splitterrichter viel ſcrupuliſiren/ [37] und allein ſeinem judicio indulgiren will/ demſelben kan der Verfaſſer der Geſpraͤchſpiel reſpondiren: Laſt mir das Buch mit frieden fein/
Oder macht etwas beſſers drein:
Das werd ihr laſſen bleiben/ nam
Ne ſutor ultra crepidam! 15 14. J. Wollen die Herrn haben daß wir ihnen ſollen zuhoͤren/ ſo geruhen ſie zu reden/ daß wirs allerſeits verſtehen koͤnnen.15. A. Das habe ich auch zu bitten gedacht.16. R. Hie hoͤrt der Herr/ daß dieſes loͤbliche Frauen=Zimmer ſo viel von vermiſchten Sprachen halten/ daß ſie darzu eines Dolmetſchers von noͤhten haͤtten. Ich geſtehe zwar/ daß faſtuͤblich/ auslaͤndiſche Sprachen dem Teut= ſchen einzuflicken/ (in welchem auch niemand Maaß und Ordnung gegeben werden kan/) daß es aber/ unſerer Mutterſprach zu Ehren/ nicht vielmehr zu unterlaſſen ſeye/ wird mich niemand bereden. Der Lateiner flickt nicht mit Teutſchen Woͤrtern/ noch weniger der Welſche oder der Frantzos/ warumb [38] ſolten dann wir unſere Zunge/ welche maͤchtig genug iſt alles auszureden/ ſo beſchimpffen/ und von andern borgen/ was wir ſelbſten reich lich beſitzen. Je= doch wann man vermeinet/ es ruͤchen die Geſpraͤchſpiel nach der Schul/ bin ich nicht in Abred/ daß ſolche Saͤchlein/ nicht unter Dorffsmiſtling oder Frau= enzimmer in den Kuͤheſtaͤllen gehoͤret: ſondern ſo viel mehr zu entſchuldigen/ als die vortrefflichen Schaͤfereyen Dichter/ welche mit der Warheit nicht an= zeigen koͤnnen/ wo dergleichen Schafhirten und Hirtinen/ mit ſo hohen und in Muͤſſiggang erdachten Liebsgeſpraͤchen beſchlagen/ anzutreffen ſeyn: da hin= gegen niemand verhoffentlich ſo bloͤd ſeyn wird/ der nicht die meinſten Spiel in offt erwaͤhntem Buͤchlein verſtehen/ und nach ſeiner Bewantnus etlicher maſſen mit uͤben koͤnte. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß die alten Schulfuͤchſe die Wirdigkeit der Kuͤnſt und Wiſſenſchafften/ mit ihrem ungeſchlachten und unartigen Sitten/ bey Fuͤrſtenhoͤfen nicht ſo veraͤchtlich gemacht haͤtten. 16 In dem ſie die jetzige Zeiten/ mit den jenigen ſo ſie aus vielen Buͤchern erlernet vergleichen/ kommet ihnen alles/ welches ſie in ihrer gewoͤhnlichen Einſamb [39] keit nicht geſehen/ noch ſehen moͤgen/ ſo frembd vor/ daß ſie ſich gantz nicht in die Welt ſchicken/ auch von allen nicht wol anderſt/ als ungleiche Reden fuͤhren koͤnnen.17. Im uͤbrigen aber iſt warlich ein groſſer Irrthumb und ein verkehrte Mei= nung/ zu glauben/ ob die Vernunfft an gewieſe Sprachen gebunden ſeye/ und als wann die Wiſſenſchafften nicht auch in Teutſcher Sprach koͤnten erklaͤret und vorgetragen werden. 17 Die Brudler/ die aus Unverſtand die freien Kuͤn= ſte/ unter harten und ſchweren Worten/ gleich als in alte Lumpen verwicklen/ verfinſtern und fuͤrſetzlich ein Irrgewirr machen/ ſchrecken ihrer viel/ daß ſie die Sinne von ſo edler Bemuͤhung abwenden/ und ihre Gedancken allem Un= terricht/ als allzuſchweren Laſt entziehen. Ich gebe zu/ daß ein jede Sprach ge= wieſe Redensarten hat/ welche ſo fuͤglich nicht koͤnnen uͤberſetzet werden/ ſolle man aber deßwegen alle Hoffnung und Verlangen der Geſchicklichkeit und Vorſtellung nuͤtzlicher Sachen/ ſincken laſſen? kan man es nicht mit einem Wort ausreden/ ſo kan man es vielleicht mit vielen umbſchreiben; klingt es [40] faſt ſeltzam/ ſo kan es gemein werden. Solte aber ja eine Sach in dem Griechi= ſchen ſich finden/ welche die Ebræiſche Sprach (nach der das Teutſch/ wie vorgedacht/ zu richten iſt/) ermanglet/ ſo wird gewißlich ſolches zu wiſſen unnoͤtig ſeyn/ oder auch ein auslaͤndiſches Wort ſolchen Mangel zu erſetzen/ mit dem Teutſchen Stadtrecht beſchencket werden koͤnnen.18. V. Ich gib Herrn Raymund Beyfall/ und ſolte ſolcher Stritt in ei= nem beſondern Buͤchlein billich ausgefuͤhret werden. Damit wir aber die bey den Geſpraͤchſpielen befindlichen Maͤngel/ nicht mit Faͤhlern erſetzen/ und gegenwaͤrtigem Frauenzimmer Verdruß fuͤr Kurtzweil ſchaffen: So ſchließ ich fuͤr Herrn Raymund/ daß habitus beſtaͤndige Fertigkeit/ Privatio die Be= nehmung/ Potentia Muͤglichkeit koͤnne geteutſchet werden/ wie auch andere Wort/ die in der Redgebkunſt (Logica) Vernunfftlehre und Weſenkuͤndi= gung Philoſophia, (Metaphyſica) befunden werden.18 19. D. Mir iſt der Schulſtaub in meiner adoleſcentia zu ſchwer worden/ und habe ſolchen zu ſecouiren (abzuſchuͤttelen) mich enrolloriren laſſen/ wie [41] dann die verdorbnen Studenten gute Soldaten geben. Und Heinricus IV. hat zu ſagen pflegen: (je fais mes meilleurs Capitaines de L’eſcritoire,19) ich ziehe meine beſten Soldaten von den Schreibzeug. Aber die Warheit zu be= kennen/ ich habe ſeithero vielmal deploriret, daß ich nicht den ſtudiis nachgeſe= tzet: bin deßwegen begierig/ das/ was ich nicht weiß/ noch zu aſſequiren.20. J. Dem Herrn wolle gefallen Teutſch zu reden/ und fuͤr jedes auslaͤn= diſche Wort/ ſo er kuͤnfftig einmiſchen wird/ ſollen ihm/ gegenwaͤrtige Jungfr. eine Straff aufferlegen.21. D. Wann die Straff nach dem Verbrechen moderiret, ſo werden ſie mich auch mit Latein ſtraffen/ und darein will ich gern conſentiren.22. A. Weil deß Herrn Gewonheit iſt/ fremde Woͤrter benebens den Teut= ſchen zu gebrauchen; als wolle ihm belieben/ ſo offt ſolches beſchicht/ oder ſon= ſten uns unverſtaͤndliche Haͤndel fuͤrkommen/ entweder ein Pfand zu liffern/ oder ein Glas Waſſer aus dieſem Brunnen hierbey auszutrincken.23. D. Ich habe jederzeit gehoͤret/ wolle man gut Waſſer trincken/ ſo muͤſſe [42] man viel Wein daran gieſſen/ und mit dieſer Condition will ich mich der Straff/ ſo viel mir thunlich ſeyn wird/ ſubmittiren.24. C. Weil uns deß Herrn Art zu reden unverſtaͤndlich fuͤr kommet/ ſo muß bey beharrendem Verbrechen die Straff erhoͤhet werden. Nach Ord= nung aber deß angefangenen Spiels/ bejahe ich/ daß das noͤtigſte/ ſo Frauen= zimmer zu wiſſen iſt/ bey dem Geſpraͤchſpielen nicht zu erlernen. Der Man ̅ ſolle das Gut/ und die Mittel zu dem Haushalten gewinnen und erobern: das Weib/ ſoll ſelbe erhalten und vermehren/ dann ſonſten nach dem Sprichwort/ der Hann nicht ſo viel zuſammen tragen mag/ als die Haͤnne verſcharren kan. Was nun zu ſolcher Wiſſenſchafft von noͤhten/ habe ich nicht in den offt= gedachten Spielen geleſen/ ſondern viel andere Sachen/ welche meiner Bloͤ= digkeit zu hoch/ und meiner Einfalt zu ſchwer ſeyn.25. R. Dieſen Einwurff zu beantworten/ iſt gewieß/ daß in den Geſpraͤch= ſpielen/ die Hausmuͤtter nicht berichtet werden/ welcher Geſtalt ſie die Kin= der boͤrſten/ ſtrehlen/ zwagen/ kaͤmmen ꝛc. ſollen: Aber wie ſie mit ruͤhmlichen [43] Tugenden/ jhren Eheherren ſollen beywohnen/ mit Verſtand ihren Maͤgden gebieten/ und ſich in allen Begebenheiten und Fuͤgnuſſen kluͤglich verhalten. Es wird niemand/ als mit verkehrtem Verſtand/ in Abred ſeyn koͤnnen/ daß man die Sitten von den Geſellſchafften/ und derſelben Geſpraͤch unvermerck= ter Weiß an ſich nimmet/ durch ſolche Mittel auch das Schwerſte ohne Muͤhe erlernet/ und die ſauren Vermahnungen etlicher Maſſen verſuͤſſen koͤnnen. Nun iſt das Liecht der Vernunfft gleichſamb eine natuͤrliche Tugend/ wel= ches uns geſchickt machet faſt ohn eines weiter lernen oder ſtudiren Gutes zu thun: 20 die Huͤlff der Lehrkunſt aber/ welche durch die Geſpraͤchſpiel an mu= tig erleichtert wird/ beſtaͤrcket ſolche Gemuͤtsneigung/ das Laſter zu erken ̅ en/ die Tugend zu erwehlen/ und nach Veranlaſſung die rechte Warheit dem fal= ſchen Schein fuͤr zuziehen/ dann fuͤrwar unſer Gewiſſen/ und der freye Will etwas zu thun/ oder zu laſſen/ ſind die Fuͤncklein beſagten natuͤrlichen Liechtes der Vollkommenheit/ welche die erſten Menſchen verwircket haben. Nochmal aber zu antworte ̅ / auff wider holte ̅ Gegenſatz: Daß die Geſpraͤchſpiel fuͤr Frau [44] enzimmer zu ſchwer/ und ihrem Verſtand nicht gemaͤß ſeyn ſolten/ ſage ich: daß die Sache ſich verhaͤlt wie mit einem Baursmann/ welcher an der Guͤte ſeines Feldes/ an einfallendem Gewitter/ an der Sonnen Krafft und Wuͤr= ckung nichts aͤndern oder hindern kan; jedoch will er ſeiner fleiſſigen Arbeit Nutzen haben/ muß er beſagtes alles beobachten/ oder wird mit leerer Hoff= nung der Ernde erwarten. Oder wie der Artzt die Neigung deß Krancken/ und die Beſchaffenheit ſeines Gebrechens/ (an welchem er ja keine Schuld hat) bald Anfangs ſeiner Pflegung nicht wenden kan; jedoch ſelbe Mutmaß= lich wiſſen muß/ umb die Altzneymittel darnach beyzuordnen/ und jederzeit ſo viel mehr Ehr einleget/ wann er gute erſprießliche und zugleich anmutige Traͤnck=und Saͤfftlein fuͤrſchreibet: Gleicher Geſtalt befind ſich bey den Ge= ſpraͤchſpielen und deren Anfaͤnger/ daß er die natuͤrlichen Eignungen der Geſellſchafft/ welche in denſelben unerfahren/ als gemaͤchlich leite und wende/ die Blinden bey der Hand fuͤhre/ den andern ein Liecht vortrage/ und zum wenigſten (wann ſie anderſt an Verſtanduͤbung Belieben tragen) erhalte/ [45] daß die Zeit/ ſo bey Geſpraͤchſpielen angewendet wird/ nicht verſpielet ſeye/ ſondern gute und lehrreiche Reden/ auch nachmals in ihren Gedancken ſchwe= ben moͤgen. Dieſe meine Meinung aber iſt nicht dahin zu deuten/ als ob ich mich fuͤr einen Meiſter in dieſen Sachen dargeben wolte/ ſondern ich begnuͤ= ge mich einer von den geringſten Rahtgebern zu ſeyn/ welcher ſein Urtheil mehr Verſtaͤndigern jederzeit unterwirffig machet und mangelet deſſen ſo er an andern lobet/ und ihm ſelbſten zu haben erwuͤnſchet.26. A. Der Herr gleichet den Aehren/ welche/ wegen ihrer Vollkommenheit/ ſich zur Erden neigen/ und zugleich den angenommenen Roſen/ welche zwi= ſchen den Dornen lieblichen Geruch von ſich geben: jene durch Demut/ dieſe durch Anmutigkeit. Deßwegen der verſtaͤndige Mahler/ in dem vorgedach= ten Kupfferblaͤtlein beede Kraͤntze/ von Aehren und Roſen beyzumahlen Ur= ſach gehabt/ auff welches auch die Schrifft: Es nutzet und behagt/ ſich nicht ungereimt ſchicket. Weil ihm nun ſolche billich gebuͤhren; Uber giebe ich ihm auch den Scepter und fernere Regierung deß Spiels/ nechſt freundlicher [46] Danckſagung/ daß er geruhen wollen/ meines Spiels Muͤhewaltung willig zu uͤbernemen.
Raymund.
1. DEr Jungfr. Sinnreiches Anmuten ſolte ich als ein Echo mit gleiche
̅
Worten/ wiewol nach meiner Wenigkeit/ mit ſchwaͤ= cherer Stimme
widerſprechen: (maſſen dann niemand we= niger Urſach hat
deß Lobens begierig zu ſeyn als ich/) Aber ich will ihre Schertzwort mit Wercken
beſchulden/ und ſie gleichsfals erbitte/ ſie wolle ihr gefallen
laſſen auffzuſtehen/ und bey jenem Brunnen/ als ein Widerhall
unſere Fragen zu beantworten.2. A. Es iſt eine hoͤfliche Rach/ welche ich ſo viel lieber
erdulte/ als mir wiſ= fend/ daß in dieſem Spiel von dem Widerhall
ſchwerer/ recht zu fragen/ als wol zu antworten: Und ſonderlich hierinn
waar/ was man ſonſten zu ſagen pflegt: Wie man in den Wald
ſchreit/ ſo lautet es wider.3. R. Jungfrau/ iſt eur Liebſter da?
|| [47]
Echo Angelica. Ja.C. Freilich/ dann nach wolgeordneter Lieb/ iſt ihr niemand lieber/ als
ſie ihr ſelbſten.4. V. Echo/ ſag was ſoll ich machen?Echo A. Lachen.5. J. Echo/ weiſt du was ich frag?Echo A. Sag.6. J. Wird Morgen auch ſchoͤn Wetter ſeyn?E. A. Nein.7. D. Jungf. ſagt was ich gedenck?E. A. Schwaͤnck.8. C. Echo/ ſag was acht die Welt?E. A. Gelt.9. R. Schoͤnſte Jungfr. ſeyd ihr mein?E. A. Nein/ mein.
|| [48]
10. R. Schickt ihr mich denn in April.E. A. Still.11. J. Hoͤrt ihr/ daß ſie wider rufft?E. A. Wider=rufft.12. V. Ob der Echo die Warheit ſagt?E. A. Fragt.13. J. Dieſes Spiel gefaͤllt mir wol.E. A. Wol?14. D. Dieſer Echo iſt zu lieben.E. A. Z uͤben.15. V. Die Antwort ſichickt ſich allzeit recht.E. A. Schlecht.16. R. Dieſe Stimme muß uns g’fallen.E. A. Allen?17. C. Wilſt du laͤnger Echo ſeyn?
|| [49]
E. A. Nein.18. J. Echo/ wer beurlaubt dich?E. A. Ich.13. R. Hoͤret/ wie artig ihr Antwort erklinget/
Welche die Jungfrau bald findet und uͤbt/
Echo ſich in ihr Tugend verliebt/
Wolte mit Fꝛeuden ihr gerne nachſingen.
Erachtet mit Muͤhe die Stimme zu ſchwingen:
Bleibet hierinnen doch hefftig betruͤbt/
Weilen er halbe gebrochne Wort gibt;
Muſen und Nymphen dem Tone nachſpringen
Das Waͤſſerlein brauſet/
Die ſanffte Lufftſauſet/
Die Nachtigall dicht/
Nun tireliliret/
Und euer Lob zieret/
|| [50]
Schoͤnſte Jungfrau/ Ach! hoͤret ihrs nicht?
20. V. Dieſe noch faſt unbekante Art Teutſcher Reimen/ will ich
lieber hoͤ= ren/ als die lieblichſte Muſic/ und ſolte auch
ſelbe durch einen guten Lauteni= ſten/ mit etlichen Choͤren
beſtellet ſeyn.21. A. Wie kan einer allein etliche Choͤr zu wegen bringen?22. V. Vermittels deß Widerhalls: dann nachdem ſelber ſich
vielfaͤltiget/ ſo unterſchiedliche Choͤr erklingen in der
Zuhoͤrer Ohren. Die Stimme fin= det bey den Felſigen/ oder anderer
Geſtalt umbfangenen Oꝛten/ einen Auffent= halt/ wie unſere
Augenſtralen in den Spiegeln/ daß jene zu der Beywe= ſenden rund
gewoͤlbten Ohren/ wie dieſe zu unſerem Geſicht behaglich wider
zu ruͤck kehren. Anderer Geſtalt/ wann nemlich die Stimme keinen Auffent=
halt findet/ errundet ſie ſich in die ſubtile Lufft/ gleich als
ein Tꝛopfen in das Waſſer fallend/ einen oder mehr Kreiß durch die
Bewegung verurſachet. (VII. 9.)
|| [51]
Caſſandra.
2. WIe eine Rede der andern rufft/ und ein Gedancken den an= dern an=un
̅
einfuͤhret: alſo weiß ich kein anmutiger Spiel/ aus bevor
erwaͤhnten Kupferblat fuͤrzugeben/ als vom Lob deß Weins. Weil
darinnen ein Reben befindlich. Sage die= ſem nach/ daß der Wein zu loben/ weil
er vielfaͤltig zur Artzney gebraucht wird.2. D. Er erfriſcht und erfreuet deß Menſchen Hertz/ und iſt die
rechte und in= nerliche Artzney fuͤr die Traurigkeit/ daher Sirach fragt: Was
ſoll deß Men= ſchen Leben ohne Wein? 21 3. J. Ich wolte gern den Wein daher loben/ weil vieldardurch zu Reich= thumb
gelanget/ in dem ſie mit demſelben Gewerb und Handthierung treiben; Aber
es moͤchte auch wol dem Waſſer/ welches ſie beyzumiſchen
pflegen zuzu= ſchreiben ſeyn.
|| [52]
4. V. Ich halte dafuͤr der Wein ſey ſonderlich zu loben/ (wann er
gut iſt/) weil er dem Mund beliebet/ und den Magen ſtaͤrcket/
reine Geiſterlin uͤber ſich macht ſteigen/ gute Gedancken
faſſen/ und die Poeten (daher er auch ihr Pferd genennet wird/) mit
wunderlichen Einfaͤllen anfuͤllet.5. A. Solcher Geſtalt kan er auch gelobet werden/ weil die Weinhaͤcker
ihre Nahrung in Erarbeitung der Weinberg gewinnen/ und alſo ihres Lebens
Unterhalt/ wie wol Muͤhſelig/ im Schweiß ihres Angeſichts
vermittelſt deß Weinbaues erwerben. Oder:6. R. Der Wein iſt wie der Zucker/ er verderbt kein Suppen/ ſondern
richtet ſich nach jedermans Gebluͤtseignung/ mit welchen er ſeine
Feuchte und Waͤr= me vereinbart. Wird er von einem Melancholiſchen
getruncken/ ſo macht er ihn Nachſinnen und
Schloͤſſer in den Lufft bauen: Bey Blutreichen er= weckt er
Froͤlichkeit/ Dantzen und ſpringen/ lachen und ſingen/ ꝛc.
kommet dann ein Vergalter darzu und trinckt uͤber Gewonheit; ſo bald wird
er zor= nig/ zanckig/ und will mit jederman auffbinden. Fuͤget ſichs
dann/ daß der [53]
von boͤſen/ ſchleimigen Feuchtigkeiten angefuͤllte zu viel
Rebenſaffts zu ſich nimt/ ſo bald will er ſchlaffen und
ſich zu Ruhe begeben. Kan dieſem nach der Wein/ als ein guter und
Weltweiſer Politicus/ der ſich in alle Zeit/ und in alle Leut zu
ſchicken weiß/ ſeines Lobs nicht ermanglen.7. C. Der Herr/ oder ich/ erkennen nicht/ das/ was wir loben; dann fuͤrwar
wie ich berichtet bin/ kan der Wein nicht leichtlich Politiſch hinder den Berg
halten/ und ſein Spiel bergen; ſondern er iſt deßwegen zu loben/
daß er auff gut alt Teutſch/ mit der Warheit an das Liecht gehet/ macht
herausſagen/ was man gedencket/ nach dem bekanten Sprichwort: Was das Hertz voll
iſt/ ge= het der Mund uͤber/ und daß niemand ihm einen Rauſch
trincken doͤrffe/ wel= cher ein boͤſes Stuͤck in
ſeinem Hertzen traͤgt. Daher erdann wegen Bekant= niß der Warheit billich
zu loben.8. D. Und noch billicher zu lieben/ nach unſerer Vaͤtter
loͤblicher Gewonheit/ welche bey dem Wein/ von Fꝛied=und
Kriegsſachen zu berahtſchlagen pfleg= ten; als/ zu welcher Zeit die
Gemuͤter viel freyer/ auffrichtiger und behertzter [54]
ſeyn. Wie denn noch heut zu Tag/ bey dem Wein (welches jhm zu
groſſen Ruhm auszurechnen/) die beſten Kaͤuff
beſchehen/ und es allezeit heiſt/ nichts ohn Leykauff/ nichts ohn
Trinckgeld.9. J. In deß Weins Lob muß ich gedencken/ daß als unſer Seligmacher/ das
erſte Wunderwerck thun wollen/ auff der Hochzeit zu Cana in Galilæa/ das
Waſſer in Wein verwandelt habe/ damit zu verſtehen gebend/ daß die von
den Ledigen/ in den Eheſtand tretten/ wuͤrcklich das Waſſer
in Wein/ die Ein= ſamkeit in Geſellſchafft/ die Gefahr in
Sicherheit/ das Trauren in Freud und Froͤlichkeit verwandlen. Er hat durch
ſolches Hochzeit=Geſchenck den Ehe= ſtand
gutheiſſen/ und ſein genaͤdig Wolgefallen/ welches er ob
Chriſtlichen Ehe= leuten hat/ mit dem Wein (als einem Merckzeichen der
Froͤlichkeit) beglau= ben wollen. Fuͤrwar/ wie die Lade deß Bundes
zwiſchen zweyen Cherub im ware/ ſo muß ſich Gott zwiſchen
zweyen Hertzen finden/ die ſich lieben; der ſoll das Band und Knote
unſerer Freundſchafft ſeyn/ damit ſie beharrlich/
ſtarck und erfreulich beſtehe. Dann ja die Eheliche Lieb ſo viel
loͤblicher iſt auf [55]
Erden; ſo viel aͤhnlicher ſie iſt der himmliſchen
Neigung/ ſo der hoͤchſte GOtt gegen uns arme Menſchen
traͤgt.10. V. Es ſind feine Gedancken. Was kan aber fuͤr
groͤſſer Lob dem Wein zugemeſſen werden/ als/ in dem
Chriſtus/ ſich ſelbſt einen Weinſtock verglei= chet/
welcher nicht wie andere Gewaͤchs an etlichen/ ſondern an allen Orten/
und faſt allerley Erdboden anſchlaͤgt: dem Weinſtock
ſo die Ehr und das Koͤ= nigreich angeboten worden/ aber von ihm nicht
angenommen/ wie in dem Buͤchlein der Richter zu leſen: welcher in dem
Grab wie die Reben/ nicht ver= faulet/ und auch in der Erden erhalten worden.
22 11. A. So gereicht gleicher Geſtalt dem Wein zu Ruhm/ das die Chriſtli=
che Kirch ſich mit einem Weinberg vergleichet/ in welchem der HERR der
Hausvatter/ und die Prediger die Weinhaͤcker ſind.12. R. Deß Weins Lob hat noch kein Ende/ ſondern uͤber alles
beſagte/ macht er jedem/ der ſeiner Suͤſſen/ aus dem
Becher der Froͤlichkeit genieſſet/ wol ſchlaffen/ daher
vielleicht Noah/ welcher den Wein erſtlich gepflantzt/ von [56]
der Ruhe genennet worden und wie folgt/ nicht ſuͤndiget/ doch hat er in
ſolcher bezechten Ruhe entdeckt/ was er zuvor etliche hundert Jahre verborgen
ge= tragen.13. C. Was darff aber guter Wein mehr Lobs? er lobt ſich
ſelbſten/ wann einem/ den andern Tag/ der Kopff von den trincken nicht zu
ſchwer wird/ o= der Hauptwehe verurſacht. Und koͤnte man ſo
viel von uͤbermaͤſſigen Ge= brauch deß Weins/ auch zu
deſſelben Nachtheil auffbringen/ und ſagen deſ=
ſelben Liebhaber/ er habe den Hauptmangel/ daß der Gute zu theur/ und den
Beutel/ der Boͤſe aber den Magen verderbe.
|| [57]
Degenwert.
1. WEil nun dieſes Geſpraͤchſpiel geendet/ uͤbernehme ich
hier mit den Stab/ und koͤnte ingleichen von Nutz und Lob deß
Waſſers herumb fragen; Weil aber auff ein Zeit ein Zuͤget=
nerin mir Waſſersnoht angedrohet/ habe ich mich ſeithero zum
Wein gehalten/ und dem Waſſer abgeſagt.2. J. Von all zu vielen Weintrincken komt auch die
Waſſerſucht.3. D. Es iſt waar/ und ich habe an ſolche Waſſersgefahr
nicht gedacht. Ich trage aber einen Amethyſt bey mir/ und iſt Latugue/
daß mir der Wein ſo bald nicht ſchaden kan. Nun iſt bißhero zu
allen Spielen aus offtgedachter(Beuchet ſoiree
i.)
Sonnenuhr Anlaß genommen worden/ und ich will zu gebuͤhrender Nach= folg/
von den Zahlen/ und zwar von den erſten Sechſen/ als von 1. biß
auff 6. von Frau Julia/ biß auff mich zu rechnen/ hiermit ausgetheilet haben;
ſol= cher Geſtalt/ daß in der Geſellſchafft jedes geruhen
wolle/ etwas auff ſeine ihm angefallene Zahl zu erwaͤhnen.
|| [58]
4. J. Eins iſt der Anfang aller Zahlen/ aus welches Vielheit und Zuſam=
menfuͤgung/ die andern herflieſſen. Dieſem nach ſage
ich/ daß nur ein Gott iſt/ von welchem alle gute und vollkommene Gaben/ als von
dem Vatter deß Liechts herkommen und entſprieſſen.5. V. Dahero ſind Anfangs entſtanden: Liecht und Finſternis/ als
die erſte Abtheilung in zwey/ meine mir angefallene Zahl.6. A. Gleichwie alle Ding/ im Anfang/ Mittel und Ende beſtehen; als
ſetze ich hinzu/ Liecht/ Demmerung und Finſternus.7. R. In der Welt ſind vier Veſtungen genant: Goldberg/ Neideck/ Ho=
henzorn und Haderwig.8. C. Meine Zahl iſt Fuͤnffe/ und faͤllt mir nichts bey/ daß
ſich darzu ſchickte/ als die fuͤnff Finger in eines
Menſchen Hand.9. D. Sechs Tag ſind zur Arbeit verſehen; vorbildende die Sechs Tag/ in
welchen Gott die Welt erſchaffen hat/ und die 6000. Jahr/ welche ſie
ſtehen ſolle/ dann ein Tag iſt wie 1000. Jahr fuͤr Gott.
23
|| [59]
10. J. Es iſt nur eine Welt/ und eine Warheit.11. V. Und in dieſer Welt ſich fortzubringen/ ſind Zwey Mittel:
entweder durch den Degen/ und das Kriegsweſen; oder durch die Federn/
Kunſt und Geſchicklichkeit.12. A. Daher gehoͤren dreyerley Wirckungen/ die Goͤttliche/
Natuͤrliche und Kuͤnſtliche.13. R. Und die vier See/ in welchen die Welt ſchwebet: Reichenſee/ Ar=
menſee/ Kummer=und Hinderlappenſee.14. C. Auff dieſen Seeen fahren fuͤnff Schiff: in einem ſitzt
Cain der Ge= rechte; in dem andern Nimbrod der Freygebige; in dem dritten Simon der
Geiſtliche; in dem vierdten Judas der Auffrichtige/ und dann in dem
fuͤnff= ten/ der Herr Uberal (Omnis,) deſſen Wunſch
iſt das fuͤnffte Element: nem= lich Geld.15. D. Dieſe Leute in erſtbeſagten Schiffen auff den rechten Weg
zu weiſen/ hat unſer Seligmacher Sechs Bottſchafften
ausgeſand/ nemlich die zwoͤlff Apoſtel/ je zween und zween.
|| [60]
16. J. Es iſt ein Glaub/ ein Tauff/ und ein ewiges Leben.17. V. Zu dem zeitlichen Leben aber/ ſind die zween beſten Aertzt;
Froͤlich= keit und Maͤſſigkeit.18. A. Daher lieſet man: Dreymal uͤber Tiſch trincken/ ſey
das geſundſte.19. R. Etliche ſagen/ es ſeye verdrucket/ und ſoll
heiſſen dreyzehenmal. 24
Vier Fuͤnd hat die Welt erfunden: Schinden ohn Meſſer/ braten ohn
Feuer/ zwagen ohn Laugen/ und durch die Finger ſehen an ſtatt der
Brillen.20. C. Mit fuͤnff Gerſtenbroden/ hat unſer Seligmacher das
Voͤlcklein auff dem Berg geſpeiſet.21. D. Und aus ſechs ſteinern Waſſerkruͤgen/ die
Gaͤſt auff der Hochzeit zu Cana getraͤncket.
Julia/
1. WEil alle Spiele bißhero/ aus dem Kupfferblaͤtlein/ der offt gedachten
Sonnenuhr genommen worden/ will ich ein leicht und faſt kindiſches Spiel
von den Zahlen/ welche noch uͤbeꝛig ſeyn/
fuͤrgeben ſolcher Geſtalt/ daß die andern 6. Ziffer/ von [61]
7. biß auff 12. unter uns vertheilet/ jedes auff ſeine Schantz mercken/ und
die von mir benante unterſchiedliche Zahlen/ behend zuſammengerechnet/
ausſprechen ſolle; allermaſſen wie die Rechenmeiſter
zu vielfaͤltigen/ oder nach Gewonheit unteutſch zu reden/ zu
multipliciren pflegen.2. V. Ich habe 8.Ang. Und ich 9.R. So komt 10. auff mich:C. 11. iſt meine Schantz.D. Und ich nimb was uͤberbleibt/ als 12.3. J. 5. und 6.C. Iſt 11.4. J. 4. und 5.A. Iſt 9.5. J. 3. und 7.R. Iſt 10.
|| [62]
6. J. 5. und 5.R. Iſt 10.7. J. 4. und 6.R. Iſt 10.8. J. 6. und 2. ꝛc.
Veſpaſian.
1. DIeſes Spiel von den Zahlen iſt zwar ſehr leicht/ es mag a=
ber auff eine andere Art fuͤr gegeben werden/ daß man mehr fehlen/ und mehr
Pfand zu handen bringen kan. Wann nemlich die Geſellſchafft
groͤſſer iſt/ oder jedem zwo Zahlen zu beobachten
fuͤrgegeben weꝛden; da dann der/ ſo das Spiel fuͤhrt/ eine
Zahl ernennet/ und alle andere Zahlen/ von den meinſten oder we= nigſten
an/ welche darunter begriffen/ geſchwind zu ſagen ſeyn: Als es
habe/
|| [63]
F. | Julia. | 12. | }und{ | 6. |
H. | Degenwert. | 11. | 5. | |
J. | Caſſandra. | 10. | 4. | |
H. | Raymund. | 9. | 3. | |
J. | Angelica. | 8. | 2. | |
Ich | 7. | .1 |
|| [64]
6. Caſſ. und 5. iſt XI.Veſp. Dieſes iſt ein Exempel von den meinſten angefangen.
Nun ſa= ge ich IX. von den wenigſten. Nemlich 1.A. und 8. iſt IX. 2.V. und 7. iſt IX.R. 3.J. und 6. iſt IX. etc.
Angelica.
1. DIe Sonne/ welche in mehrernanten Kupferſtuͤck/ die/ von Blumen
angedeute Uhr beſcheinet/ und den Schatten auff die ſiebende Zahl
erſtrecket/ veranlaſt mich ein Spiel von den Planeten fuͤr
zugeben; dieſer Geſtalt: Ich er= theile.H. Veſpaſ. Den ♃ oder Zihnplaneten/ mit dem Adler und Donner=
keil.
|| [65]
H. Raym. Den ☿ oder Queckſilber=Planeten/ mit ſeinem Schlangen=
ſcepter und Fluͤgeln.H. Degenw. Den ♂ oder Eiſenplaneten/ mit dem Schwert und dem
Schild.Ferners wolle Fr. Julia ihr gefallen laſſen/ in dieſem Spiel zu tragen
den Namen der Sonnen/ mit ihrem Liecht und Schatten.J. Caſſand. Wolle annemen den Namen ♀ oder deß Kupffer planetens/
benebens deſſelben Schoͤnheit und Wolthaͤtigkeit.So verbleibt mir der ☽ oder Silber planet mit Wanckelmut und Feuchte. Der
ſaͤumige ♄ oder Pley planet/ kan dieſer loͤblichen
Geſellſchafft Sinnreiche Behendigkeit/ mit ungluͤcklicher Wirckung
nicht vernachtheilen. Wann aber unſer mehr ſeyn ſolten/
moͤchte die Pallas/ Ceres/ Flora/ Diana/ Pomona/ Sylvan/ Vulcan/ Hercules/
Pluto/ ꝛc. wie ſie von den Poeten beſchrieben/ und von den Mahlern
gebildet/ gleicher Geſtalt/ unter die Geſellſchafft verthei= let
werden.
|| [66]
2. R. Nun wiſſen wir ſchon/ daß nach Benennung deß Planetens/ die
bee= de ihm zu getheilte Sachen zu erwaͤhnen ſeyn.3. A. Nicht allein nach dem Planeten/ ſondern auch/ wan
̅
ich ſage
zum Ex= empel: Schlangenſcepter/4. R. und Fluͤgel hat der ☿ Wanckelinut.5. A und Feuchte iſt deß Monds Wirckung. Jupiteꝛ/6. V. wird mit dem Adler und Donnerkeul gemahlet. Sonne7. J. verurſacht deß Tagesliecht und den Schatten/ ꝛc.
Raymund.
WIe zu dieſem Spiel die Sonne Urſach gegeben; ſo will ich An= laß
nemen/ die Geſellſchafft zu bitten/ daß ſie geruhe/ zu beden=
cken: Wie man den Schatten loben koͤnne? 25 2. C. Die Nacht iſt der Schatten der Erden/ dardurch alle Kraͤuter/
Gewaͤchs/ Gras und Laub befeuchtet und erfri= ſchet werden.
|| [67]
3. D. Aus dem Schatten kan man die Hoͤhe eines Kirchenthurn oder an= dern
Hauſes abmeſſen/ wann man zugleich den Schatten eines mit
gewieſer Austheilung bezeichneten Stabs dargegen haͤlt. 26 4. J. Der Neid iſt der Tugend Schatten/ welchen ſie/ als die helle
Sonne/ zu verurſachen pflegt.5. V. Wann der Adel von dem Altar zu loben iſt/ ſo kan der Schatten bil=
lich fuͤr das aͤlteſte und edelſte Geſchoͤpff
gelobet werden/ als welcher vor Er= ſchaffung der Welt/ die Finſternus
auff der Tieffe genennet worden.6. A. Ich will nicht weiter fragen/ warumb der Schatten zu loben/ ſondern
aus der Sonnenuhr erſehen/ daß der Schatten als dieſes
groſſen Weltliechts Rechen meiſter und Buchhalter/ oder
Reisbeſchreiber/ uns die Gewißheit der Zeiten und Stunden anmeldend.7. R. Der Schatten hat anfaͤnglich die Gelehrteſten von den
Mondfinſter= niſſen und Groͤſſe der Erden
gelehrt/ auſſer welches Behuff viel verborgen blie= ben waͤre.
Weil aber dieſes zu erweiſen verdruͤßlich fallen moͤchte/ will
ich deß [68]
Schattens Lob daher holen/ weil jederman zu demſelben aus der Sonnen Hitz
ſeine Zuflucht zu nemen pflegt/ und auch der Schatten in den Feldſchlach=
ten vielmals dergeſtalt beobachtet worden/ daß er zu Vortheil/ der Sonnen=
ſchein aber/ dem Feind in das Angeſicht und zu Schaden gereicht
iſt. Im En= de aber deutet der Schatten die Nichtigkeit und Fluͤchtigkeit
dieſes eitlen Le= bens/ welches Betrachtung/ uns den Schatten deß Todes
vorbildet.
Caſſandra.
1. VOn den Kraͤntze
̅
welche bey dem Sinnbild der
Geſpraͤchſpiel/ an dem ſtetgruͤnen den Epheu hangend
zu erſehe
̅
/ koͤnte ich zwar der Ordnung zu Folg/ allerley
Blume
̅
zu einem Krantz er= bitten/ oder jedem zu wuͤnſchen
fuͤrgeben/ nach was Kron oder Krantz ſelbes Verlangen trage/
27 und dann umbfragen/ welches
fuͤr dem beſten und fuͤrtraͤglichſten Wunſch
zu halten: Aber ich will das bewu= ſte Spiel von den Zweiffelfragen/ nach
Veranlaſſung erſtgedachter Kraͤntz [69]
erwehlen/ und meinem H. Nachbarn dieſen Zweiffel auffzuloͤſen
geben: Ob eine Jungf. dem mehr jhre Gunſt zu verſtehen gibet/ welchen
ſie mit einem Kraͤntzlein beſchencket/ oder dem/ von welchen
ſie einen Krantz annimmet?2. D. Ich will meine Urſachen zu zweifflen anzeigen/ wann ich bevor von
Fr. Julia verſtaͤndiget werde: Ob vielmehr ein hohes Ehren Ambt/ ohn die
darzu erforderten Tugenden/ oder die Tugenden ohne ſolche Wuͤrde und Ho=
heit zu erwuͤnſchen ſeyn moͤchten. 28 3. J. Mit Jungf. Caſſandra Zweiffelfrag/ ſtimmet uͤberein/
was ich un= laͤngſt geleſen: Nemlich/ zwo Schweſtern
erzogen miteinander einen Adler/ und verglichen ſich auff eine Zeit/ daß er der
Jenigen ſeyn ſolte/ gegen welche er ſich am freundlichſten
ſtellen wuͤrde. Nun hatte die eine einen Lorbeerzweig in der Hand/
welchen ſo bald der Adler von ihr anname/ und hernach der an= dern
uͤberreichete. Alſo entſtehet daraus der Zweiffel/ welcher der Adler
ge= buͤhre. 29 4. V. Mein Zweiffel iſt vielleicht mir noch ſchwerer zubenemen. Es
hatten [70]
ihrer zween eine Jungf. lieb/ unter welchen der Erſte ſie ehelichet/ und
nach vollzogener Verloͤbnis/ und Verflieſſung etlicher Monat
gelanget ſelbe in ſo ſchwere Leibsſchwachheit/ daß
ſie fuͤr tod zur Erden beſtattet wird. Was begibt ſich? Ihr
erſter Liebhaber erkuͤnet ſich mit ſeinem Diener den Sarg zu
oͤffnen/ umb ſie noch einmal in dem Tod zu kuͤſſen:
befind aber/ daß noch Waͤrme/ und etliche Lebenszeichen an ihr zu
ſpuͤren: traͤgt ſie deßwegen ſo bald in ſein Be=
hauſung/ und pflegt der vermeinten Todten/ daß ſie wider zu
Kraͤfften gelan= get/ und einen jungen Sohn auff die Welt bringt. 30 Weil ſie aber wider zu ih= rem Eheherrn
begehrt/ ſelber auch mit vielen Seufftzen nach ihr hertzliches Verlangen
traͤgt; Als will der/ welcher ſie ausgegraben/ und bey dem Leben
erhalten/ zu bezeugen ſeiner beharrlichen Liebsneigung ſie nicht
auffhalten/ ſondern ſtellet ſie ihrem Mann/ benebens dem Kind
wider zu. Nun waltet der Zweiffel: ob dieſes wolthaͤtiglichen Treu/ oder
deß verehelichten Freude groͤſ= ſer geweſen?5. A. Wann mich der Herr fragt/ ſo will ich antworten: Er loͤſe mir aber
zu [71] vor
dieſen Zweiffel auff. Es iſt auff ein Zeit ein Adeliche Jungfrau zum Tod
verurtheilt worden/ wegen gewieſer Verbrechen/ ſo ſie begangen.
Nun ſchenckt ihr der Richter das Leben/ in Anſehung ihrer Jugend und
Schoͤnheit mit dem Beding: Wenn zween Ritter umb ſie fechten/ und der
Uberwinder ſie zur Ehe zu nemen begehren wuͤrde. Es fande ſich
bald einer/ der umb ſie zu ſtreiten ſich angabe/ hatte aber keinen
Gegentheil; biß endlich einer/ umb die Jungfrau bey dem Leben zu erhalten/ ſich
willig uͤberwinden laſſen. Nun ſte= het zu
entſcheiden/ welcher unter dieſen beeden/ ihr die groͤſte Lieb
erwieſen?6. R. Mein Zweiffel uͤber trifft alles/ was bißhero erzehlet worden. Einer
meiner guten Freunde iſt geſinnet ſich in den Eheſtand zu
begeben; Nun ſteht er in Handlung mit zweyen Jungfr. deren eine
ſchoͤn/ Tugendſamb und arm; die andere Geld=und Tugendreich/ aber
ſehr ungeſtalt und haͤßlich. Der fragt mich zu Raht/ was jhm zu
thun ſeyn moͤchte?7. V. Ich wolte ihm ſagen/ er ſolte ſich bevor
entſchlieſſen/ ob er lieber gute Tag/ oder gute Naͤcht
haben wolte? Es iſt aber bey dieſen Auffgaben zu mer [72] cken/
daß dergleichen Zweiffelfragen zu erkieſen/ welche von einem jeden durch=
leichtes Nachſinnen koͤnnen beantwortet werden/ und zu Ubung deß Ver=
ſtands dienſtlich und erbaulich ſeyn.8. J. Die Fragen/ welche von kurtzen Geſchichten entſtehen/ haben meines
Bedunckens die beſte Art. Als/ es hat ein Vatter ſeinen beeden
Toͤchtern ver= laubet/ nach ihren Belieben Ehegatten zu erſuchen. Nun
fuͤgte es das Gluͤck/ daß beede ſich in einen Rittersmann
verliebten/ und weil ſich dieſe Schwe= ſtern eiferig gezancket/
hat der Vatter die Sach dergeſtalt verabſchiedet/ daß er derſelben
Eheverloͤbnis befoͤrdern helffen wolte/ welche unter ihnen die groͤ=
ſte und beharrlichſte Liebsneigung bezeugen wuͤrde. Dieſer
Edelmann aber haſſete die Elteſte/ die doch in einmal
gefaſter Lieb gegen ihm beſtaͤndig verhar= rete; und liebte
hingegen die Juͤngſte/ welche ihm mit nicht weniger Gegenlieb zugethan.
Iſt alſo die Frag/ welche deß Vatters erforderte Beding erfuͤllet
habe?31 9. R. Dieſen Streit koͤnte man noch wol entzweyen/ gleichwie ich
juͤngſthin [73]
zu einem Richter auffgeworffen worden/ und noch wegen endlichen Aus=
ſpruchs bedacht bin. Die Sach verhaͤlt ſich ſolcher
Geſtalt. Es iſt einer mei= ner Freund gegen einer ſchoͤnen
Jungfr. in Lieb entbrannt/ daß er bey derſel= ben vielmals widerholet: Wie er
der ihrige waͤre: Wie er ſie mehr als ſich ſelb=
ſten liebte: Wie er ſie hoͤher achtete als alle Schaͤtze
der Welt; wie das koͤſtliche Edelgeſtein nichts zu achten/ gegen
einen Haͤrlein von ihrem Haͤupt/ ꝛc. Nach vielen dergleichen
Liebsworten/ ſchickte ſich/ daß dieſe beede miteinander in dem
Schach=oder Koͤnigſpiel die Zeit verkuͤrtzten/ und ſie von
beſagten mei= nem Freunde/ welcher das Spiel ſehr wol zu fuͤhren
weiß/ etlich Goldſtuͤck ge= winnet/ weil ſie nun ſolches
nicht ihrer Kunſt oder Gluͤckfall/ ſondern ſeiner/ deß
jungen Freyers/ Hoͤflichkeit zugemaͤſſen/ will ſie das
Spiel beſeits ſetzen/ mit vermelden/ daß ſie nicht mit Geld zu
gewinnen waͤre. Laͤſt ſich aber/ nach vielen zierlichen
Worten/ (welche ich hie herzu widerholen von unnoͤhten er= achte/) dahin
bereden/ daß ſie nicht mehr umb das Geld; ſondern umb ſich und ihn
der Geſtalt ſpielen wolle: Wann ſie in dem Schachſpiel der drey
erſten [74]
Spiel gewinlich werden koͤnne/ ſo ſolle er alsdann ihr
ſeyn/ und ihres Befehls zu erwarten haben. Fuͤge es ſich aber/ daß
er die erwaͤhnte drey erſten Spiel aber halten ſolte/ ſo
wolle ſie die Seinige ſeyn/ und ihm gewonnen geben. Was beſchicht
aber? die zwey erſten Spiel gewinnt die Jungfrau/ und ſteht der
Juͤngling in Bedencken/ ob ihm nicht fuͤrtraͤglich auch das Dritte
zu verlie= ren? Entſchlieſt ſich aber anderſt/ und
erhaͤlt mit Sinnreicher Behendigkeit die drey Spiel nacheinander. Auff Begehren
nun/ daß ſie dem beliebten Be= ding Genuͤgen leiſten ſolte/
und wie er ihre Freyheit gluͤcklich gewonnen; hat ſie ihn mit
dieſem Einwurff geſchertzt/ fragend: Ob der/ welcher zu ſpielen ge=
denckt/ von dem Seinigen/ oder von ander Leute Gut ſpielen ſolle? Zum an=
dern/ ob nicht das Spiel gleich/ und eines ſo viel als das andere
auffſetzen muͤſſe? Als er nun beedes mit ja beantwortet/
hat ſie aus Anfangs bemeldtem Lobſpruch ihn uͤberwieſen/
daß er nichts gewonnen? Weil er aber ſolche Urſa= chen zu hintertreiben
geantwortet; Sie habe/ gleichwie auch offt die Spieler das Geld einander leihen/ ihn/
ihr ſelbſt wider geliehen/ und in das Spielbe [75] ding
gewilliget: So hat ſie doch beharret; daß ſolches alles wegen
groſſer Un= gleichheit unguͤltig ſeye/ und ſolle er
zuvor widergeben/ was ihr ſey/ alsdann von dem Seinigen ſpielen.
32 10. D. Hierher koͤnnen auch gezogen werden die Raͤthzel/ und alle
Fragen/ welche dem Spielregenten beyfallen.11. C. Wie kan man ein Ding ſehen/ und zugleich nicht ſehen?12. V. Wann man ein Aug zuthut/ und nur mit dem andern ſihet.13. C. Welcher Haan/ welcher Hund/ und welcher Knecht haben es
ambeſten?14. J. Deß Muͤllers Haan/ deß Metskers Hund/ und der Wirtin Knecht.15. C. Wie kan ihm einer ſelbſten etwas angenems und wideriges
thun?16. R. Wann ſich einer kratzt/ der mit der Studenten Kranckheit behaff=
tet iſt.17. C. Sind der Verſtorbnen oder Lebendigen mehr?
|| [76]
18. D. Der Lebendigen/ dann die Verſtorbnen ſind nicht mehr: Weil aber
vor deß Schachſpiels gedacht worden/ will ich hiervon etwas beſonders
melde
̅
.19. C. Was dann?
Degenwert.
1. WIe Zwey ein Schachſpiel von lebendigen Steinen beſetzt/
handhaben und regiren koͤnnen.2. A. Was verſteht der Herr durch die lebendigen Stein?3. D. Jungfrauen und junge Geſellen. Weil aber unſer hier viel zu
wenig/ kan ſolches Spiel dieſes mal nicht zu Werck gerichtet werden.4. C. Der Herr unterlaſſe deßwegen nicht zu erzehlen/ was Bewantniß es
mit ſolchem Schachſpiel habe/ darmit wir unwiſſende uns
auff andere Bege= benheit/ deß Herrens Bericht danckbarlich zu erinnern haben
moͤgen.5. D. Die Erfindungnachfolgenden Spiels iſt nit mein/ ſondern
faſt vor [77]
hundert Jahren/ zu Zeiten der Koͤnigin Catharina in Franckreich/ von ei=
nem Italiener 33 erſtenmals ausgewircket worden. Wie nun ſelbes nach
den Trachten/ beſagter Zeit gerichtet iſt geweſen/ und die
Perſonen nur durch die Farben der Kleider haben muͤſſen
unterſchieden werden: Als iſt mir bey= gefallen/ wie ſolche
Erfindung fuͤglich auszuarbeiten/ und mit beſſerer Art zu Werck zu
bringen ſeyn moͤchte.6. C. Der Herr will unſer Verlangen nach dem erwaͤhnte
̅
Spiel durch
umb= ſchweiffige Reden verzoͤgern.7. V. Die Jungf. entledige ſich der ſchwachen Ungedult/ und erwarte umb=
ſtaͤndigen Berichts.8. R. Anderer Erfindung fortzuſehen iſt ruͤhmlich; ſolches
auch Ehrgeitz/ frey zu bekennen auffrecht und redlich gehandelt.9. D. Die fuͤrſichtige Natur hat den Schlaf zu deß Menſchen Ruhe
erſchaf= fen: Aber ſeine Gedancken/ welche ohn Auffhoͤr
bemuͤſſigt ſeyn/ koͤnnen auch durch die
Traͤum zur Arbeit gelangen. Wie ſolte nun den Wachenden auff [78] zurucken
ſeyn/ wann ſie von inſtaͤndiger Arbeit ermuͤdet/ in
den Schachſpiel ein kuͤnſtliches Belieben ſuchen.10. C. Dieſes glauben wir alles ohn fernern Beweiß.11. D. Was aber das Schachziehen fuͤr eine ſinnreiche Kunſt/ und
ein Spiel von ſehr tieffverſtaͤndigen Nachdencken ſey/ hat
ein hochloͤblicher Mitge= noß der Fruchtbringenden Geſellſchafft
unter dem Namen Guſtavi Seleni (wann anderſt der allgemeine Ruff nicht
truͤget) in einem ſonderlichen Buch/ vom Schach=oder
Koͤnigſpiel/ mit embſigen Fleiß erwieſen und dargethan.12. C. Hat die Vorrede ein Ende?13. R. Wer auff der Lauten ſpielen will/ muß zuvor ſtimmen.14. D. Wie man nun ein Dantzſpiel oder Schachkampf/ der Tugend und
Laſter auffuͤhren kan: Alſo kan man auch von Jungfr. und jungen
Geſellen dieſes Spiel anordnen.Das Schachbret iſt ein groſſer/ mit zweyfarbigen Steine
̅
belegter Saal/ von achtmal acht/ das iſt vier und ſechtzig Feldern.
|| [79]
Die weiſſen Stein zu der rechten Hand ſind die Jungfrauen.Die ſchwartzen Stein ſind die Juͤngling.Die Koͤnig und Koͤnige beederſeits ſind mit
Blumenkraͤntzen gezieret/ mit Sceptern/ Reichsaͤpfeln und
Koͤniglichen Hermelinfuter in Umbſchlag ihres Gewands bemercklich.Die Rochen/ Elephanten/ oder Tuͤrne ſollen auff Spaniſch
auffziehen.15. R. Weil die Caſtellaner von Caſtell oder Tuͤrne den Namen
fuͤhren. 34 16. D. Nicht allein darumb/ ſondern weil ſie die
ſtaͤrckſten Stein nach der Koͤnigin/ und faſt zu
letzten im Spiel ihr Vermoͤgen erweiſen.
Anmerckung.
Das Kupfferblat hat dergeſtalt muͤſſen angegeben werden/ daß alle
Perſonen voͤllig ſind zu ſehen kommen; die beede ſo
das Spiel fuͤhren/ haben auſſer dem Schachbret ſtehen
ſollen/ es hat ſich aber nicht recht ſchicken wollen. Jedoch wird
der/ ſo dieſes Kunſtſpiels
Wiſſenſchafft hat/ ſich leichtlich darein finden
koͤnnen.
|| [ID00102]
|| [81]
Folgends ſollen die Lauffer mit Welſcher Kleidung unterſchieden
ſeyn; die Jungfrauen mit gezwiſten Haaren/ (etlicher maſſen
ſolchen gemeinen Schachſteinen gleichend/) bemercket; die
Jungengeſellen aber Poſthoͤrnlein haben/ weil keine
geſchwindere Lauffer/ als die Poſtreuter.Ferners ſollen die Springer beederſeits in
Frantzoͤſiſcher Kleidung von den andern unterſchieden
ſeyn/ mit Federn auff dem Haupt geziert/ und zum Dantzen und Springen
ſtaffirt.Die Bauren ſchluͤßlich koͤnnen jenes Theils Cammermagd;
dieſes/ Edel= knaben ſeyn. Was ferners zu Wolſtand dieſes
Spiels zu ermelden ſeyn moͤchte/ erwarte ich zu hoͤren.17. J. Es iſt ein fried=und freundlicher Streit/ welchen ich lieber im Werck
ausuͤben ſehen wolte; als nach meiner Unwiſſenheit darvon
urtheilen.18. V. In die Teppichten/ mit welchen der Saal dieſes Schachſpiels umb=
haͤngt ſeyn ſolte/ wolte ich zu wircken augeben/ der Amazonen oder
Streitba= ren Weiber Kampff mit ihren Maͤnnern/ als eine Sache/ die ſich
hieher Gleichnißweiß ſchicket.
|| [82]
19. A. Es iſt ein hoͤflicher Krieg/ in welchen der uͤberwundene
Theil mit dem Obſiegenden/ ſich gleicher geſtalt zu freuen
hat.20. R. Die Frey 35 (wie es die alten
Teutſchen genennet/) die Venus ſage ich/ ſolte ſich mit
ihrem Sohn auch wol darzu ſchicken. Auff die andere Seiten/ koͤnte man
die Zerſtoͤrung der Stadt Troja/ bey welcher dieſes Spiel erfunden
worden angeben.21. C. Nun iſt das Spiel beſtellt/ wer ziehet aber/ oder wer
fuͤhrt die Stein? dann/ wann ſie auch alle deß Spiels kundig ſeyn
ſolten/ und jeder nach ſeinem Kopff ſpielen/ ſo
ſolte es doch heiſſen nach dem Sprichwort: Viel Hirten und
uͤbel gehuͤtet.22. Wann nun das Spiel ſolcher maſſen angeordnet;
muͤſſen ihrer zwey ſolches der Geſtalt regieren und
ſpielen/ daß rechter Seits eine Jungfrau/ wel= che deſſelben wol
kuͤndig iſt/) mit einem langen Stab/ und auff der andern Seiten ein
Juͤngling gleichfals das Feld bedeuten/ dahin der von jedem be [83] nente
Stein tretten und ziehen ſolle. So aber ein ſolcher lebendiger Stein(ten Schatz aus den Ju= riſten be=
weiſet am 268. Bl.)
den andern zu nehmen kommet/ wie in dem Schachſpiel beſchicht; ſo
kuͤſſet der an die Stell trettende/ dem mit Hoͤflichkeit
von dannen weichenden die Hand/ und welches unter dem Spielgenoſſen an
ſeinem/ oder eines andern Anord= nung irret (wie leichtlich beſchehen
kan/) muß ſo bald ein Pfand von ſich ge= ben/ und nachmals widerumb an
ſich loͤſen.23. V. Bey Widerloͤſung der Pfand/ iſt in dieſem/ wie
vielen andern Spie= len zu mercken; daſſelbe mit ſolchen Auffgaben
wider an ſich zu bringen/ wel= che ſich zu ſelber Sach
ſchicken: und vielmals ſolcher geſtalt unter Geſpraͤch=
ſpiel gezehlet werden koͤnnen/ ſonſten allein in
thaͤtlicher Handlung/ oder kur= tzem Befehl beſtehen.Als bey jetzgedachtem Spiel koͤnte man fragen.24. Ob deß Schachſpiels ſinnreiches Nachdencken jungen Leuten zu ver=
ſtatten?
|| [84]
25. Ob eine Ehr ſey/ wol in dem Schach zu ſpielen. 36 26. Ob die Affen in dem Schachſpielen lernen koͤnnen. 37 27. Ob ruͤhmlicher/ langſamb oder geſchwind in dem
Schachſpielen?28. Ob das Schachſpiel ein Gluͤckſpiel koͤnne genennet
werden?29. Ob groͤſſer Vortheil/ ein Koͤnigin/ oder zwee
̅
Rochen/
oder zween Sprin= ger zu geben?30. Durch Beantwortung dieſer/ und bey andern Geſpraͤchſpielen
fuͤgli= cher Fragen koͤnnen die Pfand wider verabfolgt werden.
Degenwert.
1. ICh will nun aus offterwaͤhnter Einfaſſung deß Sinnbilds der
Geſpraͤchſpiel von den Lehrgedichten auffgeben. Daß je=
des aus den Poeten/ oder Fabeldichtern etwas fuͤrzubringen/ ihm belieben
laſſen ſolle. Den Anfang aber zu machen/ muß ich gedencken/ daß
die Poeten ſchreiben/ Jupiter waͤre von der [85]
Amelthea/ Meliſſi eines Koͤnigs in Creta Tochter/ mit Geißmilch
aufferzogen worden/ und ſey dahero das Geſtirn Capra, oder die Geiß
genant/ an de
̅
Him= mel geſetzet worden; und weil es mit Auffgang
dieſes Geſtirns/ gemeiniglich zu regnen pflegt/ haben die Heyden
darfuͤr gehalten/ daß die Erdenfruͤchte er= wachſen von
Befeuchtung der Amalthee Geißhoͤrner/ als welcher Jupiter zu Bezeugung
ſeine Danckbarkeit/ ſolche Wolthat zu geeignet habe. 38 2. J. Daß man aber die Wolthaten nicht erkennet/ lehrt dieſes Gedicht: Ein
Hirſch beſchaute ſich in einem Fluß/ und wird betruͤbt
uͤber ſeine ſchwache Bein/ erfreut ſich aber
ſtoltziglich uͤber ſeine ſtarcke und vielendiche Hoͤrner:
bald herauff eilen ihm die Hunde und die Jaͤger nach/ welchen er auff der Eb=
ne nun mit behenden Lauff ſeiner bey ihm verachten Beine entrinnet; So bald
er aber in den Buſch kommet/ und in den Baumaͤſten mit den Hoͤr=
nern hangend bleibt/ iſt er von den Hunden und Jaͤgern erhaſchet
worden/ und hat erfahren muͤſſen/ daß er gering geachtet was jhn
bey dem Leben erhal= ten/ und hingegen ſich erfreuet habe uͤber dem/ das
ihm zu endlichen Schade gereichet iſt. 39
|| [86]
3. V. Das ſolten junge Leute ſonderlich wol zu Gemuͤt ziehen;
Aber es wi= derfaͤhrt denen/ welche ſie vermahnen viel mals was von
Caſſandra die Poe= ten ſchreiben/ daß ſie Phæbo
getreue Lieb zu leiſten verſprochen/ wann er ihr die Gab der
Weiſſagung mittheilen wuͤrde; Nach erlangtem Begehren/ hat
ſie ihr gethanes Verſprechen widerumb zu ruck genommen/ deßwegen ihr
Phoͤbus zwar waar=und weißzuſagen verſtattet/ jedoch daß ihren
Worten nie= mand Glauben zuſtellen moͤchte. Welches/ wie gedacht/ bey
guten Raht= ſchlaͤgen und Vermahnungen ſich auch vielmal befindet.
40 4. A. Dergleichen weiß ich nicht beyzubringen/ und will michs auch nicht un=
terſtehen/ damit mir nicht widerfahre/ was man von der Spinne und der Immen
erzehlet. Die Spinne ſagt auff eine Zeit (da nemlich ſelbe reden kon= te/
wie jetzt die Steine) zu dem Bien: Laß mich mit in deine Beuten/ ſo will ich/
wie du/ Hoͤnig machen. Als aber ſolches beſchehen/ und die Spinne
das Ver= ſprechen nicht halten koͤnnen/ hat ſelbe das Bien mit dem
Stachel verwund/ und in dieſe Wort ausbrechen machen: Meine
Vermeſſenheit iſt dieſer Straff [87]
wirdig/ dann ich habe mich unterfangen Hoͤnig zu machen/ da ich doch nicht
genugſam bin/ ein troͤpfflein Bech zu wegen zu bringen. 41 5. R. Es iſt noch eine andere Art Lehrgedicht/ welche mir
(verſtaͤndigern Ur= theil unvergreifflich) weit beſſer
beliebet; da man nemlich nicht gantz erd ichte Fabelgoͤtter/ oder
unvernuͤnfftige Thiere unterred=und handlend einfuͤhret/ ſondern
unbeſeelte Sachen (res in animatas,) an deren Statt fuͤrſtellet.
Zum(Beſihe die Vorrede bey Nathan und
Jo= dam.)
Exempel: Der Eheſtand/ (denſelben als ein Perſon
fuͤrbildend/) iſt mit vielen Beſchmuͤtzungen und
wircklichen Anklagen belaͤſtiget worden/ hat auch nach reiffer
Betrachtung ſolcher Schmach/ und Nachforſchung derſelben Urſa=
chen befunden/ daß ſeine Dienerin genant das Heuratgut an ſolchen
boͤſen Leimut Urſach waͤre; maſſen
ſelbe die Weiber ſtoltz/ auffgeblaſen/ hoffaͤrtig/
faſt unvertraͤglich und unertraͤglich machte. Deßwegen
dieſe Matron/ der Eheſtand beſchloſſen/
ſolchen ungetreuen Dienſtboten abzuſchaffen/ und die Gottesfurcht/
eine/ aus der Tugend Frauenzimmer/ ſchoͤne Jungf. an deſſen
Statt zu mieten; groͤſſer Unheil zu verhuͤten meinend. Aber
die Sach iſt miß [88] lungen; dann obwoln dieſe
fromme Magd jederman zu ihrer Herrſchafft Nu= tzen ruffet und anſchrie/
ſo hat doch ſich niemand einladen laſſen/ und einfin= den
wollen; aus Furcht/ daß es alldar ſchlecht/ einfaͤltig/ langweilig/ hunge=
rig und verdruͤßlich zugehe: biß endlich der Eheſtand bewogen worden/
ſeine alte Dienerin Heuratgut wider anzunemen/ und derſelben das gantze
Haus= weſen anzuvertrauen. 42 6. C. Ich bin in Gedichten und Geſchichten nicht beleſen/ und gezwungen
meine Unwiſſenheit zu bekennen/ zu deren Pfand ich hiemit meinen Hand=
ſchuhe uͤberreiche/ nechſt Erbieten/ denſelben gegen
Leiſtung einer billichen und ertraͤglichen Buß widerumb an mich zu
loͤſen.7. D. Ich empfang das Pfand im Namen der Geſellſchafft und erbiete mich
die deßwegen kuͤnfftige Buß der Jungfr. willig ertragen zu helffen: verhof=
fend es werde ſolche ſo ſchwer nicht fallen/ und die freywillige
Darreichung deß Pfands beobachtet werden.
|| [89]
Julia.
1. WEil bißhero die meinſten Stul von dem Kupfferſtuͤck/ welches
den Geſpraͤchſpielen vorgeſetzet/ hergenommen worden;
ſelbes aber in Schilder=oder Mahlerey beſtehet/ will ich an Statt eines
der Ordnung nach erforderten Spiels/ um Gutachten beten; Wie ein
ſchoͤner Saal mit Taffelen oder Tapeten auff das
koͤſtlichſte oder Kunſtreichſte zu bezieren?2. V. Der Mahlerey beliebter Betrug iſt heut zu Tag ſo wol
ausgearbeitet/ un
̅
zu ſolcher Vollkommenheit gelanget/ daß die alten Meiſter wann ſie
wider= kommen ſolten zu lernen/ und die Nachkoͤmling ſich zu
verwundern genugſam Urſach finden moͤchten. 43 Weil
aber ſolche von meiſterlicher Hand gefer= tigte
Kunſtſtuͤck/ ſehr koſtbar/ wollen wir die auffgegebene
Frag dahin verſte= hen/ als ob ſolcher Saal/ von welches Zierat gefragt
worden/ einen reichen Freygebigen und Kunſtliebenden Herrn/ zu=und
angehoͤrig waͤre; Geſtalt [90]
ſolche Fuͤrſchlaͤg leichtlich zu Papyr/ ſchwer und
koſtbarlich aber in das Werck geſetzet werden koͤnnen.3. J. Darvon zu reden macht den Beutel nicht leichter/ iſt auch nicht zu be=
foͤrchten/ daß in dieſen allein im Geſpraͤch
beſtehenden Tafeln und Teppichen die Farben beſchaben/ bloͤden
oder entfaͤrben. Aber was bedunckt den Herrn/ was fuͤr Gemaͤhl zu
den Tafeln anzugeben ſeyn moͤchten?4. V. Es iſt zu betrachten bey dieſer Frag/ der Ort und dann
abſonderlich die Begebenheit und Zeit/ zu welcher man dergleichen Palaſt
gezieret haben will. Den Ort belangend muß ſolcher nach der Baukunſt
richtig abgetheilet ſeyn/ und die Teppiche in der Fenſter breite/ nach
Beſchaffenheit auch der Laͤnge gleich groß ſeyn/ damit
erſcheine daß ſelbe abſonderlich dahin gemacht und ge= widmet
worden ſeyn. Die Zeit auch und Gelegenheit iſt dieſer Geſtalt zu
beob= achten/ daß zur Hochzeit Lehenbegnaͤdigung/ Lebenslauff/ und tapffere Tha=
ten/ Ehrengedaͤchtnuß der Voreltern/ ꝛc. die Erfindung deß
Gemaͤhlds zu ſol= chem Abſehen gerichtet/ und verdeckter Weiß/ das
fuͤrgegebene artig darunter [91]
verſtanden werde. Auſſer dieſem kan man allerley
Hiſtorien/ welche ſonder= lich in wuͤrcklichen Handlungen/ (und
nicht etwan in zierlichen Worten beſte= hen/) abbilden: und iſt hierbey
ſich zu entſchlieſſen/ ob man eine Geſchicht in
unteꝛſchiedliche Tafeln oder Tappeten abtheilen will/ (damit der Mahler
alles ſo viel eigentlicher fuͤrzuſtellen Raum und Platz habe/)
oder in jede Tafel/ einen einigen kurtzen hiſtoriſchen Verlauff
entwerffen wolle. Welche Tafeln man hiſtoriret heiſſen kan/ und
von andern ſonderlich zu unterſcheiden ſeyn.5. A. Unter ſolchen Taͤppichten und Tafeln iſt meines Erachtens
dieſer Un= terſchied/ daß jene mit dem Penſel/ dieſe mit
der Nadel und den Seidenfarben ausgemahlet ſey. Sonſten aber iſt
mir nicht unwiſſend/ daß bey groſſen Herrn/ die
Gemaͤcher in dem Winter mit Sammet; in dem Sommer mit Damaſt behencket
werden/ ſolcher Geſtalt/ daß die Breitedeß Gewands von obenan biß auff
die Erden herabhangt/ und beede Ende mit Borten/ Frantzen/ Spitzen/ oder auch mit Gold
und Silber geſticket/ zuſammenſtoſſen. Auff welchen
auch bißweilen ſchoͤne Kunſtſtuͤck von Mahlerey gehencket
zu ſehen/ wie vieler Orten gebraͤuchlich.
|| [92]
6. R. Ich wolte einen Fuͤrſten viel ſeltza mere Tapeten angeben/
welche bene= bens ſondere Beluſtigung ihren Nutzen haben
ſolten.7. A. Der Nutzen iſt/ daß ſie die Wand an ſtatt Getaͤfel/
bekleiden und bede= cken/ daher ſie Deck und Teppicht benamſt werden.8. R. Ich verſtehe ſolchen Nutzen anderer Geſtalt: Wann man
nemlich ei= nes Fuͤrſten Landſchafft durch Geometriſche
juſte Abmeſſung in Grund legte/ und (wie man ſonſten
Landtafel oder Landkarten macht/) ſolche geneete oder gewirckte Landteppich
verfertigen lieſſe. In dem erſten Tapet ſolte ſeyn der
gan= tze Begriff deß Lands/ mit den angrentzenden Herrſchafften/ nach dem ver=
jungten Maaßſtab fuͤrgebildet/ aber ohne Muͤhe zu erſehen/
und ins Gedaͤcht= nus zu faſſen/ wie weit ſich das Gebiet
erſtrecket/ was fuͤr Fluͤß/ Waͤlder/ Mar= ckungen/
Bruͤcken/ Berg/ Weg/ ꝛc. ſich hier und dar befinden/ wie ferne/ wie
nahe ein Stadt und Dorff ab=oder angelegen/ und in Summa aller der Nu= tzen
koͤnte daraus gezogen werden/ welcher ſonſt bey den Landtafeln zu
ſuchen. Wolte nun die Sach zu klein und unſcheinlich fallen/
koͤnte man etliche Staͤdt/ [93]
Dorffſchafften oder Marckflecken/ ſo weit dieſes oder jenes
Verwalters Wild= flur ſich erſtreckt/ oder in andere Weg nach den
Stroͤmen und Fluͤſſen/ wie es ſich am
fuͤglichſten ſchickenwolt/ abtheilen. Dieſem nach moͤchte
man auch die uns ſonſten unbekanten Ort/ der andern Welt leichtlich
bekant machen/ und die ſchoͤnen Inſeln/ die reichen Bergwerck/ die
ungewoͤhnlichen Thiere/ die wunderſamen Fruͤchte und
Gewaͤchſe/ ja die gefaͤhrlichſten Schiffarten/ ihre
Haͤfen/ Anfuhrten/ Sandbaͤnck/ ꝛc. ohne Gefahr ein=und
fuͤrbilden. Ja/ auff ſolche Weiß koͤnte ein junger
Fuͤrſt durch dergleichen Landgemaͤhl (wann das Sticken oder
Wircken zu koſtbar fallen wolte) in der Weltkundigung wie mit der
Geographiſchen Spielkarten mit Luſt/ ohn einige Arbeit/ und Obliegen
denen ihnen offt verhaſten Buͤchern unterwieſen werden: wann ihm
nemlich groſſe und wolſichtige Landgemaͤhlde/ in
ſeine Zimmer verordnet wuͤrden/ in welchen der gantze Weltkreis/ folgends
alle Theil der Welt/ und nachmals alle und jede Koͤnigreich abſonderlich
verfaſſet und abgebildet/ ſtettig fuͤr Augen
ſchwebend/ die er unfehlbar bemercken muͤſte.
|| [94]
9. V. Es iſt ein wolbedachter Fuͤrſchlag. Das wir ohne Unterlaß
fuͤr Au= gen haben/ ſencket ſich unvermerckt tieff in unſer
Angedencken/ und ſondert uns auch vielmal von boͤſen und
muͤſſigen Gedancken ab: Geſtalt wir nicht allein
unſern Mund und Ohren vom Boͤſen wenden/ (wie wir von unge=
ſchmackter Koſt/ uns zu huͤten wiſſen/)
ſondern auch unſere Augen jederzeit zu nuͤtzlichen Betrachtungen
anhalten ſolten. Wie nun leicht/ anderer Erfin= dungen fortzuſetzen und
zu vermehren; als ſolte man deß Herrn Landteppich= ten beybringen
koͤnnen/ daß in den abſonderlichen Landſchafften/ die Staͤdt/
Doͤrffer und Flecken/ mit ſinnreichen Verwechslungen deren Namen Buch=
ſtaben bedeutet werden moͤchten. Wie ſolcher Geſtalt die
obere Pfaltz von ei= nem gelehrten Mann44
entworffen worden.10. C. Die Teppichte mit allerley Blumwerck/ Voͤgelein/ Thieren/ Mu= cken/
Schnecken/ ꝛc. ausgezieret/ ermanglen ihres Ruhms auch nicht/ wann ſie
wol und kuͤnſtlich nach der richtigen Beſchattung/ oder Schattirung
gefer= tiget ſeyn. Wir wollen aber zuvor deß Herrn Vorſchlag auff dem
Papyr ſehe
̅
.
|| [ID00117]
|| [96]
11. D. So gefallen mir dieſe Teppichte/ welche unter alten Geſchichten/
45 o= der
Liebsgedichten/ 46 oder auch artigen Sinnbildern/
47 kluge Bedeu= tung
mitſonderlicher dexteritet — — — —12. A. Der Herr wolle wegen deß unteutſchen Wortes ein Pfand von ſich
geben/ oder ſich zum Waſſer trincken verſtehen.13. D. Ich pflege mich deß Waſſers/ ohn viel Wein nicht gerne zu
bedienen: Will lieber dieſen Ring zum Pfand meiner Unbedachtſamkeit
uͤberreichen.14. A. Nun laß ſich der Herr ferners nicht hindern.15. D. Ich wolte erwaͤhnen/ wie uͤber beſagte Art der
Teppichtgemaͤhl/ die Ovidianiſchen Verwandlungen/ welche in den
Poetiſchen Karten/ und ſon= derlich die Hiſtorien der H. Schrifft/
mit Abbildung der darunter vermeinten Perſonen mir beliebten. Sonſten
auch iſt in Niderland faſt gewoͤhnlich/ jun= ge Leut als
Schaͤfer und Schaͤferin/ alte Leut als Kaͤiſerskoͤpff/ in
Steinge= hauene Bilder/ oder ſonſt als Ritterliche oder
Philoſophiſche beruͤhmte Maͤn= ner/ und zwar in
gewieſen Verrichtungen und Geberden (wann anderſt das [97]
Gemaͤhl Lebensgroͤß iſt/) abzubilden und zu Conterfeien. Solche
Gemaͤhl(picht (Peri- ſtromata
Turcica) und die Roͤ= miſchen
Tappezeꝛey (Aulæa Romana)
vorweiſen.)
wann ſie von guter Hand ſind/ gelten zu allerzeit ihr Geld/ da hingegen
bekan= ter Perſonen Bildnuſſen von den Kindern der Abgebilden/ von
andern aber gering und fuͤr nichts geachtet werden. Hierbey erinnere ich mich/
wie ſich auff ein Zeit begeben/ daß ein arger verſchlagner Mahler einen
alten Rei= chen/ und kargen Rentmeiſter abgemahlt/ und (weil er eine Junge und
wegen Treuhertzigkeit verdaͤchtige Frau hatte/) ihm ein paar Hoͤrner auff
das Haupt gemacht/ doch dieſelben mit einer dem Grund gantz gleichem
Waſſerfarb uͤ= berſtrichen; darbey vermeldend; Wann das
Gemaͤhl (wie leicht geſchehen moͤchte) ſtaubich werden
wuͤrde/ ſolte er es mit einem naſſen Schwammen uͤ=
berfahren. Es beſchicht auch bald hernach/ daß er ſolches ſein
Bildnus etli= chen ſeiner guten Freunden zeigete/ und weil ihm zu allem
Ungluͤck die Tafel ſtaubich bedunckte/ wiſchet er ſobald
mit dem Schwammen die Waſſerfarb hinweg/ und verwundert ſich/ mit
nicht geringen Zorn/ daß ihm der Mahler umb ſein paar Geld die Hoͤrner
artig auffgeſetzet hatte.
|| [98]
16. J. Dieſe Geſchicht ſchicket ſich ſchon nicht in
einen Taͤppicht/ ſondern be= duncket mich/ daß uͤber die
vorgedachte richtige Abtheilung/ und groͤſſe der Taͤppich/
abſonderlich zu erfordern ſeyn moͤchte:I. Daß die Geſchicht nicht Fabelwerck/ von Goͤttern die noch geweſen/
noch ſeyn werden/ (und faſt wie laͤcherlich gemeint worden/ mit
Menſchlichen La= ſtern haben behafftet ſeyn ſollen/)
ſondern von waaren/ neulich beſchehenen Hiſtorien handeln.II. Daß aus denſelben Geſchicht eine Tugendlehr zu
ſchoͤpffen.III. Daß ein guter Mahler ſeinen Verſtand darinn erwieſen/ und mit ge=
ſchickter Hand/ das Werck meiſterlich (nach kluger Anweiſung deß
Erzeh= lers) verfertigen koͤnne. Es gefalle dieſem nach der
Geſpraͤchliebenden Ge= ſellſchafft etliche
Hiſtorien/ von erſtbedingten Eigenſchafften zu erzehlen: un= ter
welchen dann ich die Fuͤglichſte zu dieſem Vorhaben erkieſen/
und wie ſel= be mit Mahleriſchen Umbſtaͤnden 48 fuͤr zubilden ſeyn
moͤchte/ mein geringſchaͤ= tziges Bedencken eroͤffnen/ und
der Geſellſchafft Einrahten umbfragen will.
|| [99]
17. V. Dieſes Spiel iſt im Ende nichts anders/ als eine Erzehlung einer
Maͤhr/ mit welcher Art Geſpraͤchen ſich die Spanier/
Italianer und(Il novellare.)
Frantzoſen ſo ſehr beluſtigen/ daß faſt alle ihre
Buͤcher darmit angefuͤllet ſeyn. Zu Folg nun gethanen Vortrags/
will ich eine glaubwuͤrdige Ge= ſchicht erzehlen/ und ſelbe (wie
gebraͤuchlich dergleichen Hiſtorien mit gewie= ſen Tituln zu
unterſcheiden) benennen:
Die Anwaldſchafft der Eheverloͤbnus.
18. Es iſt ein altes Sprichwort: Was du wilt/ das hole ſelbſten; was du
nicht wilt/ begehre durch einen andern. Unter dieſen Geſchaͤfften
nun/ welche Perſoͤnlich zu erhandlen/ ſind die
Eheverloͤbnuſſen/ und was denſelben an= haͤngig/
(wie aus folgender Geſchicht erhellen wird/) gewißlich zu rechnen.Der Koͤnig in Hiſpanien hat gegen der Enge deß Meers/ bey Gibraltar/ (nach
dem Namen deſſen der erſtmal den Fuß alldar zu Land geſetzet/ la
tierra del Gibal alſo genand/) an den Africaniſchen Koſten etliche
ſtarcke Veſtun [100] gen/ alſo Pengnoa
de Velez, Oran und andere. Wie nun zu Beherrſchung ſolches
Meerpaſſes viel am ſelben Orten gelegen/ als iſt
gebraͤuchlich die Ge= bietiger (Commendanten oder Gouvernatores,) mit
ſcharffen Pflichten zu belegen/ daß ſie bey Lebensſtraff/ von dem
anvertrauten Ort/ nicht zu weichen ſchweren/ und ſich alſo
faſt in eine verdruͤßliche Gefaͤngnus willig
einſchlieſſen laſſen muͤſſen.
Es begabe ſich nun/ daß Oran einem Edelmann von Cordua/ mit beſagtem
Beding anbefohlen wurde/ in der Geſchichte Tendeſillaus ge= nannt.
Dieſer entſchlieſt ſich/ ſeine verdruͤßliche
Einſamkeit/ mit einer Ehege= fertin zu Vergeſellſchafften/ und
faͤlt ihm unter vielen muͤſſigen Liebsgedan= cken bey/ daß
er zu Jaͤen einer Stadt bey Grenada ligend/ eine ſeinen Augen beliebte
Jungfrau geſehen/ welcher anſehliche Geldmittel/ (deren er ein ſonder=
licher Liebhaber ware/) ihre wunderſame Schoͤnheit weit
uͤbertroffen/ (be= namſt Statira.) Bey Verzug nun ſolches
Angedenckens/ entſchluͤſt er ſich Vantidium ſeinen
Freund umb derſelben Bildnis/ eilend abzuſchicken/ be= nebens auch umb
ſie/ bey ihren Eltern und Freunden zu erfreulichen Ehever=
loͤbnusanſuchen zu laſſen.
|| [101]
Inzwiſchen verliebt ſich gleichfals in Statiram ein Edelmann von Murcia/
Plancus genannt/ welcher aber wegen ſeiner Armut/ umb eine ſo an=
ſehliche Heurat ſich anzumelden nicht erkuͤnen doͤrffen.
Die Werbung wird angebracht/ daß begehrte Bildnis gefertiget/ und etlich Heuratsarticul
Ten= deſillao zuruck geſchicket/ mit Statiræ gantzen
Freundſchafft Vergnuͤgen/ und groſſem Verlangen nach
dieſer vornehmen Geſipſchafft hohen Ehre. Be= vor aber Vantidius
deß Tendeſillai Anwalt von Jaͤen wider zuruck verreiſt/
ſchlieſſet er mit Planco eine vertraͤuliche Freund=und
Bruderſchafft/ ſo weit auch/ daß er ihm zu Genieſſung
ſeiner gegen Statiram tragenden Lieb behuͤlff= lich zu ſeyn
verſpricht. Tendeſillaus nun fertiget den Vantidium bald nach
ſeiner Ankunfft wider ab/ mit den unterſchriebenen Heuratsarticulen/ und
beſiegeltem Gewalt Statiram in ſeinem Namen zu freyen/ und ſelbe
jhm Oran uͤber zufuͤhren/ benebens Gegenſchickung etlicher
Beſchenckungen und ſeinem Bildnis.Dieſem Anwalt nun/ in ſo wichtigen Ehegeſchaͤfften komt Plancus
et [102] lich
Meilwegs entgegen/ und beredet ihn/ daß er ſein Planci Bildnus an deß
andern Statt uͤberreichen ſolte: mit Vermelden/ daß Tendeſillaus
ſelbſten mit wenig Dienern die nachfolgende Hochzeittage ſich
einſtellen/ und das Ehegeluͤbd wuͤrcklich vollziehen
wuͤrde/ aber ſolches alles in hoͤchſter Stille/ und
groͤſſerer Eil/ weil ihm von ſeiner Veſtung zu weichen/
bey Verluſt ſei= nes Lebens verbotten ſey. Bey ſo
beglaubten Sachen/ ſtellt ſich zu beſtimmter Zeit Plancus ein/ und
weil er dem uͤberſchickten Bildnus aͤhnlich/ ihm auch Vantidius
fuͤr Tendeſillaum dargab/ wurde er darfuͤr erkant/ und zu dem/ was
ohn den Eheſtand/ nicht ehrlich erachtet werden kan/ willig zugelaſſen.
Wie er den folgenden Tags fruͤe mit Statira auff iſt/ nach Carthagena umb
eilend widerumb nach Oran uͤberzuſetzen/ vorgebend. Laͤſt
aber ſobald die Se= gel wenden/ und fuͤhrt ſeine Ehevertraute nach
Alicant eine Stadt in Mur= cia/ alldar er den Betrug eroͤffnet/ und wegen
ſeiner gegen ihr getragenen groſſen Lieb Verzeihung erbittet. Da
es dann geheiſſen/ zu beſchehenen Sa= chen muß man das
Beſte reden/ und hat Tendeſillaus nach langem Verzug/ [103]
mit lehrer Hoffnung erfahren/ das Anfangs vermeldte Sprichwort: Was man will
haben/ muß man ſelbſt holen; was man nicht will/ kan man andern
anbefehlen. 49 19. A. Die Augen und das Hertz/ ſind meines Erachtens/
aͤuſſerlich an dem Leib/ was der Verſtand und der Will/
innerlich in dem Gemuͤt. Dann gleich= wie der Will deß Menſchen
ſich lencket und wendet/ wohin er von dem Ver= ſtand geleitet wird:
Alſo auch neiget ſich das Hertz nach Anweiſung der Au= gen; daher
dann Momus unbedachtſamb gekluͤgelt/ wann er zu deß Men= ſchen
Vollkommenheit ein Hertzfenſterlein erfordert; aller maſſen in den Au=
gen gleich in hellen Spiegeln/ die Reg=und Bewegungen deß Hertzens ſatt=
ſam erhellen. Jedoch iſt zwiſchen beyden ein mercklicher
Unterſcheid; in dem/ daß das Menſchen Hertz am erſten lebet/ am
letzten ſtirbt; da hingegen die Au= gen ſich am langſamſten
eroͤffnen/ und am erſten mit ankommenden Jahren zu ermanglen und
abzuſterben pflegen.
|| [104]
20. R. Dieſe Betrachtung ſchicket ſich wol zu
erſterzehlter Geſchicht;21. A. Und ſoll gleichsfals durch folgende Hiſtoria
Die verſtaͤndige Mutter
tituliret/ bewaͤhret werden.In dem Theil deß Koͤnigreichs Franckreich/ welches von den Nordmaͤn= ner
vorlaͤngſt bewohnet/ und noch heut den Namen traͤgt/ enthielte
ſich eine A= deliche Wittib auff ihrem Schloß/ genannt Froneſia/ welcher
ihr verſtorbe= ner Eheherr unterſchiedliche Liebspfand/ (wie die Kinder
heiſſen moͤgen) hin= terlaſſen. Unter welchen
Thyerry (der Erſtgeborne/ dem die gantze Erbſchafft wie der Orten
Landuͤblich/ angefallen/) eine Tochter/ eines ſeines/ Untertha= nens
erſehen/ welche nichts Baͤuriſches an Verſtand/ Geberden und
Schoͤn= heit auſſer den groben Kleidern an ihr hatte. Thyerry
laͤſt ſich ſo bald durch ſolchen Augenluſt
verleiten/ daß er eine hertzliche Lieb auff Enemondam/ (mit dieſem Namen
iſt ſie mir genennet worden/) wirfft/ ſo weit auch/ daß er auff [105]
vielfaͤltige keuſche Verwaͤgerung/ und
abſchlaͤgliche Antwort/ mit ihr ſich in Eheliche Verloͤbnis
einzulaſſen entbloͤdet/ ſo ferne/ daß auff deß jun= gen
Edelmanns beharrlich Anhalten/ die Sach an ſeine Fr. Mutter gebracht wird/
welche ihm ſo bald ſein thoͤricht Fuͤrnemen ſo beweglich
zu Gemuͤt gezo= gen/ daß/ wann das Ubel mit Verſtandnus zu heilen
geweſen waͤre/ er durch ſolche Artzney/ ſonders Zweiffel
geneſen ſeyn ſolte. Demnach aber Thyerry/ von gefaſter Lieb
nicht ablaſſen will/ ſondern eiferigs beharret: befihlt Frone=
ſia der Enemondæ Eltern ihre Tochter zu Haus zu behalten/ daß
ſie Thyerry nicht mehr zu Geſicht/ und alſo folgends aus Hertzen
und Mund kommen moͤchte. Nach beſchehenen ſolchen Verbot/
geraͤth der verliebte Edelmann in ſolche Kopffkranckheit/ daß ſein
Gebluͤt/ theils von grimmigen Zorn/ theils von inbruͤnſtigen
Verlangen erreget/ ihn mit einem gefaͤhrlichen Fieber zu Bett wirfft/ und von
nichts anders/ als von Enemonda Lob/ und ſeiner Lieb fablet und aberredet.Bey ſo beſorglichem Zuſtand iſt Froneſia auff einen
liſtigen und erſprießli [106] chen
Betrug bedacht; dergeſtalt/ daß ſie Enemondæ verſpricht
300. Cronen zur Ausſteur zu geben. Wann ſie den Final/ einen ihres Stands
gemaͤß umb ſie werbenden Baurengeſellen verehlichet/ ſich
auff etlich Jahr/ in einem andern Land auffhalten/ bevor ihren Abreiſen auch/
einen Schlafftrunck/ (umb Thyerry zu bereden/ daß ſie Todes verblichen/) zu
ſich nemen wuͤrde.Nach Erhandlung dieſes Vorſchlags Nohtwendigkeit/ wird Thyerry zu der
entſchlaffenen Enemonda gefuͤhret/ und muß nun ſeinen Angen Glauben
zuſtellen und ſehen/ was er von Hoͤrenſagen fuͤr
Betrug gehalten: Wird auch ſo bald die Leichtbeſtattung mit einem leeren
Sarg in ſo groſſer Geheimb an= geordnet/ daß alle Benachbarten/
wegen Enemondæ Tod zu zweiffeln nicht Ur= ſach gehabt;
unterdeſſen ſie ſich/ mit ihr ander Ortes vertrauten Final
ſich haͤußlich nidergelaſſen hatte.Ob nun wol die Urſach der Kranckheit abgewandet worden; ſo hat doch
Thyerry die Thorheit ſeiner Liebsneigung/ auch gegen die tod vermeinte Ene=
mondam nicht wollen fahren laſſen. Deßwegen Froneſia
beurſacht worden [107]
Gaudentiam/ eine benachbarte Edelfrau ſambt ihrer Tochter auff ihr Schloß
einzuladen/ umb Thyerry Lieb/ (gleichwie eine Fackel/ ſo von dem Wind
erloͤ= ſchet/ aber noch gantz erhitzet iſt/) von einem andern Feur
anzuzuͤnden: Wie dann auch gluͤcklich beſchehen/ und er Thyerry
ſeine Unbedachtſamkeit nach= mals bekennet/ und ſeiner Frau
Mutter/ wegen wolveruͤbten nohtwendigen Betrugs ſchuldigen Danck
geſagt hat.22. V. Aus dieſer Erzehlung iſt zu erlernen/ der Froneſia
groſſer Verſtand und erſprießlicher
zulaͤſſiger/ oder (wie die Juriſten reden/) guter Betrug/ der=
gleichen Rachel mit Verbergung der Goͤtzenbilder Labans/ Rebecca mit Ja=
cobs Gemuͤß/ und rauhen Handſchuhen/ Abigail/ zu betauben Davids billich=
maͤſſigen Zorn/ ruͤhmlich zu Werck geſetzet
haben.23. D. Von Enemonda iſt zu erlernen; daß die Gleichheit deß Stands in
Eheſtifftungen verſtaͤndig zu beobachten.24. R. An Thyerry auch iſt zu erſehen/ wie leicht der Jugend Begierden
ſich von den rechten Weg ableiten laſſen/ und wie
Halsſtarrig ſie in jhrem blind [108] gefaſten
Wahn beharren. Da ſie billich mit ihren Augen ſolten einen Bund
machen/50 und nicht achten auff vergaͤngliche
Schoͤnheit: Ja das Aug/ das ſie aͤrgert/
herausreiſſen/ durch Ablegung unreiner Begierden/ wie aus fol= gender
Geſchicht
Die bejammerten Augen
benamſet/ ferners erhellen ſolle.25. Hercules der Erſte Hertzog von Ferrara/ hatte mit ſeiner Gemahlin er=
zeugt drey Soͤhne/ Nemlich: Alphonſum/ Ferdinand und Hippolytum. U=
ber beſagte hat er noch auſſer dem Ehelichen Band etliche
Merckzeichen ſeiner hitzige
̅
Jugend hinterlaſſen/ un
̅
ſonderlich iſt ihm von einer ſehr ſchoͤne
̅
Weibs=
perſon zu Ferrara geboren worden Julius/ welcher an der Schoͤne deß Ange=
ſichts ſeiner Mutter/ und an Maͤnnlicher Tapfferkeit deß
Gemuͤts/ dem Vat= ter mit vieler Verwunderung nachgeartet; beyde aber
ſeine Eltern an der Tu= gend der Keuſchheit ruͤhmlich
uͤbertroffen. Es hatte dazumal die Hertzogin [109]
unter ihren Hofjungfrauen eine Verwandte/ wiewol von weiter Geſipſchaft/
welche ſich benebens andern in Julij ſchoͤne Geſtalt
verliebte/ un
̅
ſo viel gluͤck= ſeliger/ weil ſie
gleiche Gegenlieb in Worten verſpuͤrte/ und in Wercken ver= hoffte.
Inzwiſchen nun beyderſeits ſolche Liebsſtrick angetriffelt
werden/ und der Hertzog/ als Hertzogin/ zu Ehelicher Verbuͤndnus Julii und
Beliſardæ einwilligen ſolten; verliebet ſich Hippolytus der
juͤngſte Printz/ in gedachte Beliſardam/ daß ſie
ſich ſeinem beſchwerlichen Nachſtellen/ und beharrlichen
Unfugſamkeiten/ Muͤhſamlich entbrechen und
entreiſſen koͤnnen.Sie hatte ihm mit kluger Sanfftmut vielmal entgegen gehalten/ ſeinen hohen Stand/
und ihre Geringigkeit; ſeine ungezweiffelte Hoffnung zu dem Geiſtlichen
Purpurrock; auch ſeines Herrn Vattern hoͤchſte Ungnade und viel
dergleichen/ daßwann dem verliebten Fuͤrſten die Augen/ umb ſich
ſelb= ſten zu erkennen nicht gantz verblendet geweſen/ er
gewißlich Urſach haͤtte ne= men ſollen/ das Gute zu
erſehen/ und von dem Boͤſen ſich abzuwenden: Aber wie
ſonſten zu geſchehen pflegt/ daß die Krancken/ welchen ihre Schwachheit
[110]
beliebt/ niemal zur Geſundheit gelangen moͤgen; Als hat ſeine
unverſtaͤndige Jugend dergleichen heilſamen Beruhigung nicht
faͤhig ſeyn koͤnnen; ſondern nach langem und
muͤhſamen Anhalten/ auch anerbotenen Ehelicher Verloͤb= nus/
erfahren und hoͤren muͤſſen/ daß ſie ſich an
Julium ergeben/ und nun mehr ihres ſelbſt eigenen Willens begeben
haͤtte.Ob nun wol der Fuͤrſt/ dieſe Erklaͤrung zu Verachtung
ſeiner ausge= deutet/ und tieff zu Gemuͤt gefaſſet;
ſo hat er doch ſolches mit lachendem Mund verbergen/ und ferners
forſchen wollen/ was ihr dann ſonderlich an Julio fuͤr allen
andern ſo hertzlich gefiele? Darauff Beliſarda unbedachtſamb heraus=
gebrochen/ und unter den groſſen Lob ſeiner fuͤrtrefflichen
Schoͤnheit/ den Glantz ſeiner Augen erhoben/ und wie ihr Hertz von
denſelben Stralen ent= brannt/ mit vielen Worten herausgeſtrichen;
dardurch bey dem jungen Her= tzogen einen ſolchen Eiffer erwecket/ daß er bey
ſich beſchloſſen ſich an ſeinem Mitbuhler
ernſtlich zu raͤchen. Zu ſolchem Ende bald darauff eine Jagt an=
geſtellet/ und etliche Meuchelmoͤrder erkaufft/ welche Julium
beſeits in dem [111]
Wald die Augen ausgeſtochen/ daß er auch nach wenig Tagen daruͤber das
Leben einbuͤſſen muͤſſen.Hippolytus darauff meldet ſich wider bey Beliſarda an/ wird aber ſo
uͤ= bel abgewieſen/ daß er aus Stoltz und Ubermut/ (wie ſolche
Herrn offt ver= meinen/ ſie haben alles Macht/) deß Julii Augen in einem Packet
und beyge= fuͤgtem Brieflein/ Beliſardæ zu
uͤberſenden kein Bedencken getragen. Da denn unſchwer zu
ermeſſen/ mit was erbaͤrmlichen Worten/ ſie den
unſchuldi= gen Tod ihres lieben Julii beklagt; mit was heiſſen
Zehren die bejammerten Augen ihres Liebhabers ſie befeuchtet: So gar auch/ daß
ſie ihre Augen von der Eitelkeit wenden/ die Welt zu verlaſſen/
und die folgende Zeit ihres Lebens in einem Kloſter zuzubringen ſich
entſchloſſen hat. Hippolytus aber/ als die= ſe Unthat
erſchollen/ hat ſeinen Namen zur Thorheit und Fluch gemacht bey jederman/
daß er auch bey allen Freunden und Bekandten verhaſſet/ gleich=
ſamb im Elend/ mit unablaͤſſiger
Gewiſſensplag herumbziehen muͤſſen.51 26. Caſſandra. Dieſes iſt eine grauſame That
geweſt/ und pflegt man [112]
nicht vergebens in dem Sprichwort zu ſagen: Das Aug und die Ehr leiden
nicht Schertz/ es beſchehe dann/ wie ich habe hoͤren erzehlen/ von
Eines wachenden Traum:
Daß auff ein Zeit Philip Hertzog zu Burgund/ (beygenand der Guͤtige/) habe Abends
einen Handwercksmann auff der Gaſſen angetroffen/ welcher ſo
bezecht/ daß er aller Empfindlichkeit beraubet/ fuͤr ein Stock oder Glotz dar
gelegen/ und ſo bald befohlen/ denſelben in ſeinem Palaſt
zu tragen/ in ein ſtattlich Bette zu legen/ und Morgens/ als ihm/ den Hertzogen
ſelbſten auff= zuwarten. Ob nun dieſer Zechbruder zu fruͤe
vermeinet/ er ſeye verzaubert worden/ iſt leichtlich zu erachten. Er
kunte ſeinen Augen nicht Glauben ge= ben/ ſondern betaſtet
ſelbe/ ob ſie offen oder zu waͤren/ waͤhnend/ daß er von ei=
nem Traum betrogen wuͤrde. Ohne Erzehlung verdruͤßlicher
Umbſtaͤnde/ iſt leichtlich zu ermeſſen/ wie
laͤcherlich der arme Tropff ſich in ſo ſtattliche Klei= der
geſchicket habe/ wie Baͤuriſch er ſeiner Diener
Hoͤflichkeit begegnet/ wie be [113] ſtuͤrtzt
er ſich in ſo gantz ungewohnte Hoheit finden koͤnnen! Man
ſetzt ihn zur Tafel/ er laͤſt ihm die Speiſen
genaͤdigſt belieben; iſſet/ daß ihm die Backen
geſchwellen moͤchten/ und trincket/ daß ihm die Augen
uͤbergiengen. Nach auffgehebter Tafelfuͤhrt man ihn in dem Schloß
ſpatziren (denn dieſes alles inner verſchloſſnen
Thoren/ den Hertzogen mit dieſem Boſſenſpiel zu beluſti=
gen vorgangen/) weiſt ihm die Schaͤtz/ Kunſtkammer/ und
dergleichen/ redet auch von allen/ als ob es das Seinige waͤre: ſo gar/
daß er unterſchiedliche Sachen darvon verſchencket. Etliche bitten Lehen
aus/ etliche befragen ſich wegen Regimentsgeſchaͤfften/ von
welchem allen er geantwortet/ ſo gut er es verſtanden hat. Abends wird
auff ſein/ deß vermeinten Traumfuͤrſtens Ein= willigen/ ein
Gaſterey angeſtellet/ und eine ſtattliche Muſic darbey
gehoͤret. Seine getreue Unterthanen laſſen ihren Herren nicht
Durſt leiden/ ſondern ſchencken ihm von Hippocras redlich ein/ und
uͤberreden ihn ohne Muͤhe/ daß er ſich/ wie vorige Nacht/
unbeſonnen/ toll/ voll und ſchlaffend trinckt. Als= dann befahle
ſobald der Fuͤrſt/ man ſolteden bezechten Zapffen wider
auszie [114] hen/ und an das Ort/ da man ihn
weggetragen/ in ſeinen Kleidern wider hin lieffern/ welches auch
geſchehen. Morgens als er wider erwacht und ſich beſin= net/
faͤngt er an zu ſchreien und klagen/ daß man ihn ſeines
Koͤnigreichs hin= terliſtig beraubet/ und glaubt nach vielen
Nachſinnen/ daß dieſes alles/ ſo ihm vom verwichenen Tag in
friſchen Angedencken beklebet/ ein Traum gewe= ſen/ und ſeine
Augen ihn betrogen haben muͤſſen. 52 27. D. Unſer ſchwaches Geſicht kan auff viel Weiß und Weg
vernachtheilt und betrogen werden; aber das Gebluͤt/ ſagt man/ trengt
nicht/ wie folgende Geſchicht bewaͤhren ſolle/ genant
Die Gebluͤtsregung.
53
Ein armer Edelmann zu Toledo in Hiſpanien/ iſt Abends mit ſeinem
Weib und erwachſenen Tochter/ an den Waſſer geſpatziret/
den kuͤhlen Lufft zu ſuchen. In dem komt ihm entgegen ein
fuͤrnemer Herr/ genannt Maximilian/ und weil ihm von ferne die Jungfrau
wolgefiel/ ſchlieſt er ſo bald mit ſeinen [115]
Geferten/ ihre Eltern zu verjagen/ und ſie von dannen in ſein
Behauſung zu bringen. Das junge mutwillige Buͤrslein iſt gantz
fertig/ entbloͤſſen ſobald die Gewehr/ jagen die beyden
Alten etlich Gaſſen zu ruck/ und faͤllt Leocadia gantz
Ohnmaͤchtig in Maximilians Arme/ der ſie ſobald ergreifft/ und in
ſein Ge= zimmer/ ſo nicht ferne von dannen/ traͤgt/ wie er denn
auch in der Jungfrau Schwachheit und Unwiſſenheit/ ſeinen
ſuͤndlichen Willen mit ihr unbedacht= ſam vollbracht. So bald er
ſolches veruͤbet/ foͤrcht er (wie man bey boͤſen Tha=
ten niem als ohne Sorg und Angſt ſeyn kan) vermercket oder verrahten zu
werden: verſchlieſſet deßwegen die Thuͤr/ und will bey
ſeinen Geſellen Rahts fragen/ was ferners anzufangen.
Unterdeſſen kompt Leocadia wider zu ihr ſelbſten/ da ppet
beſtuͤrtzt herumb in der Cammer/ findet die verſchloſſne
Thuͤr/ und ein Fenſter welches in anſtoſſenden
Garten abgeſehen; erblickt auch durch daſſelbe bey
hellſcheinendem Mond/ wie die Cammer ſchoͤn mit Tapeten be=
kleidet/ das Bett reichlich gezieret/ und ſonderlich/ daß auff einem von
Helffen= bein gemachten Schreibtiſch/ ein klein ſilbern Crucifix
ſtehet/ welches ſie auch [116]
zum Merckzeichen zu ſich nimpt; erwartend den traurigen Ausgang ihres
begegneten Unfalls. Bald darauff kompt Maximilian wider zu ruck/ den
ſchreiet ſie mit erbaͤrmlicher Stimm an/ er ſolle ihr nach
Beraubung der Ehr/ auch das Leben zu nemen geruhen/ die zugefuͤgte Schmach nicht
allein mit der finſtern Nacht/ ſondern auch mit ewigem
Stillſchweigen bedecken/ oder ja ſie widerumb zur Hauptkirchen in der
Stadt beleiten/ von dar ſie den Weg zu ih= rer Eltern Behauſung zu finden
wiſſe. Dieſes Letzte hat er ſtillſchweigend/ (damit
er auch an der Red nicht erkennet werden moͤchte) verwilliget/ ihr die Augen
verbunden/ die Stiegen ab (deren Staffel ſie heimlich gezehlet) und auff
beſagte Kirchenzugefuͤhret/ von dar ſie ihren Weg wider nach Haus/ wie=
wol voll Betruͤbnis genommen hat.Nach wenig Tagen verreiſt Maximilian nach Barcelona/ und ſegelt von dannen
nach Welſchland/ alldar in hohen Kriegsdienſten Ehr und Lob zu werben.
Leocadia inzwiſchen befind ſich ſchwanger/ und geneſt auff einem
bey Toledo ligenden Dorff/ eines jungen ſchoͤnen Sohns/ welcher
Maximi [117] lian
ſeinem Vatter an der Geſichtbildnus gantz aͤhnlich
geweſen.Es fuͤgte ſich aber/ daß etlich Jahr hernach/ als das erſte Alter dem
Kna= ben die Zungen entbunden/ und er auff der Gaſſen mit andern Kindern
ſpie= len gienge/ ein ausgeriſſenes Barbariſches Pferd
denſelben zu boden tritt/ und Maximilians Vatter ungefehr darbey das Kind
auffhebet/ auff ſeine Arm faſſet/ und nach Haus mit ſich
traͤgt/ auch ſo bald nach dem Barbirer/ und deß Kinds Eltern
ſchicket/ und eben in der Kammer/ darinn zuvor die Sache mit Leocadia
fuͤrgangen/ auff ſeinen Unkoſten zu heilen befielet.Ja je mehr der alte Herr und ſein Gemahlin den Knaben anſchauen/ je
groͤſſere Liebsneigung ſie zu demſelben tragen/
ſich darbey ihres abweſenden Sohns erinnerend. Leocadia/ welche allezeit
vorgegeben/ daß ihr Vatter dieſes Kind umb Gottes willen aufferziehe/ laufft
auch eilend zu dem verwun= deten Knaben. Wundert ſich aber nicht wenig/ da
ſie die Kammer/ das Fenſter/ den Schreibtiſch/ die Tapeten/ ja
auch die Grabſtaͤtt ihrer Ehr/ das Bette erkennet: Zehlt deßwegen im
ruckweg die Staffel der Stiegen wider [118] umb/ und befindet
in allem die Vergwiſſerung Anfangs gefaſten Wahns.
Eroͤffnet deßwegen ihren Eltern/ wie wunderlich ſie ihr Kind/ und
verhoffent= lich auch dem Vatter deſſelben gefunden.Kurtz zu ſagen/ Maximilian kom
̅
t wider nach Haus/ das Crucifix wird er= kant/
und mit der Eltern beederſeits Einwilligen/ eine Ehe unter beeden ge=
ſtifftet/ und Leocadiæ Eltern in ihrer Armut/ mit Maximilians Ehr und
Gut getroͤſtet/ auch das Kind/ als ein Enenkelin Maximilians Eltern
ſo ge= liebet/ daß Eingangs erwaͤhntes Sprichwort waar und gewiß
iſt: Das Ge= bluͤttreugt nicht/ oder wie man ſonſten
ſagt: Das Gebluͤt rinnt allezeit zuſammen.28. J. Dieſe kurtze erzehlte Hiſtorien alle/ koͤnten mit
mahleriſchen Umb= ſtaͤnden durch eine kuͤnſtliche
Hand fuͤrgebildet/ und nachmals in wenig oder viel Tafel oder Teppich
verfaſſet werden. Wann ſonderlich dem Kuͤnſtler die
Landsart/ wo ſolche beſchehen/ die Trachten/ und Kleidungen/ ſampt
allen Gebraͤuchen/ Gebaͤuen/ Fluͤſſen/
Gewaͤchſen/ ꝛc. bekant. Zum Exempel aber [119]
dieſes Geſpraͤchſpiels will ich Jung frau
Caſſandræ Erzehlung/ von deß wa= chenden Traum/ als die
Bekanteſte und Leichteſte heraus wehlen/ und in ſechs Tappeten
einzutheilen fuͤrgeben. Mit Bitt/ die anſehliche Geſellſchafft
geru= he ſich dieſes alles/ als hier fuͤr Augen hangende
Gemaͤhl oder Gewirck fuͤrzu= bilden/ und weil die Trachten
derſelben Zeit nicht mehr bekand/ wollen wir ſe= tzen/ als wann
ſolches/ dieſes Jahr erſt in Franckreich bey einem
Fuͤrſtlichen Hof fuͤrgangen waͤre.
|| [ID00142]
|| [121]
Der erſte Teppicht.
29. Schauet der Fuͤrſt hat die ſtille Nacht mit einer lieblichen
Muſic beluſti= get/ dem gehen die Edelknaben mit Wind liechtern vor/
folgen etliche Herrn/ die Muſicanten/ Diener/ ꝛc.30. V. Wie artlich werffen dieſe Fackeln ihren Schein zuruck/ der Wind
haͤtte die Eine erloͤſchet/ wann der Edeljung ſie nicht
unterſich gehalten/ damit die in die Hoͤhe ſtrebende Flamm
ſich wider erholen ſolle.31. A. Die Muſic hat ein End/ ſehet ihr nicht/ daß ſie
ſtill ſtehen/ und einen vollen Bruder gefunden haben/ der
Fuͤrſt lachet gegen ſeine Edelleut/ und be= duͤncket mich
ich hoͤre ſeinem Hofmeiſter befehlen/ was er fuͤr ein Kurtzweil
mit dieſem Rebenhanſen anzufangen vermeinet.32. R. Dieſer von Weinbetaubte Geſell iſt ſeines
Handwercks ein Bidner/ wie an ſeinem groſſen liedern Fleck/
Triebel und Schlaͤgel abzunemen. An jener Linden falben Laub/ (welches bey dem
Mondſchein faſt graulich ſcheinet/) [122]
mercke ich daß ſolches zur Herbſtzeit vorgangen/ und will ich/ glauben/
dieſer Weinkrancke habe deß Moſts zu viel gekoſtet/ daß ihm die
Guͤhr deß truͤben Weins in den Kopff geſtiegen/ und unterwegs
ſeine Ruheſtaͤtt allhier in der Straſſen
auffſchlagen muͤſſen.33. C. Er ſcheinet vielmehr tod/ als kranck: wie laͤſt er doch
alle Glieder han= gen? wie iſt ihm der Kopff ſo ſchwer? er
iſt unbeweglicher als ein Glotz/ ſchwe= rer als Pley/ voͤller als
ein Ey; und das erfahren die drey Edelknaben wol/ die ihn von Statten zu tragen/ Befehl
haben. Sehet der Staͤrckſte unter ihnen will ihn bey dem Leib
anfaſſen/ der Eine hat ihn bey den Achſeln deß Wammes/ und der
Dritte hebet ihn bey den Fuͤſſen hernach/ bemercket auch/ wie unter=
ſchiedliche Stralen die drey Windliechter werffen. Der Hund hierbey/ ein
unvernuͤnfftig Thier/ in dem er den Vernunfftberaubten Weinbruder anbel=
let/ erhebet ſich mit gantzem Leib/ als ob er zu verſtehen geben wolte/
es waͤre die= ſer Sauffbruder nicht werth/ daß Ehrliche Leut ſich
ſeintwegen ſo bemuͤheten.34. D. Mit der Bildung dieſes Teppichts/ muß auch die Einfaſſung/
(welche [123]
als eine Leiſten an einer Tafel iſt/) uͤbereinſtimmen. Man
kan hier derſel= ben eingewickelten oberſten und unterſten Theil
nicht ſehen: iſt aber/ wie leicht zu ſchlieſen aus beeden/
an Stangen auffgeſchlungenen Reben/ von Angehoͤrt zum Weinbau/ als ein
Grabſcheid/ Kelter/ Haͤplein/ Dauben/ Butten/ Faͤſ=
ſer/ Glaͤſer/ Kandeln/ ꝛc. welches alles zu betrachten der
Raum ermangelt.
|| [ID00146]
|| [125]
Der ander Teppicht.
35. J. Dieſer Tep picht haͤlt in ſich was mit dieſem
Bidner folgenden Tag ſich begeben. Der Fuͤrſthatte befohlen/ man
ſolte ihn ausziehen/ in ein herr= liches Bett legen/ und als einer
Fuͤrſtlichen Perſon dienen und auffwarten. Wiewol ſchicket
ſich dieſes in Stein gehauenes Gedicht hieher: es iſt ein In= halt
deſſen/ was dieſer Teppicht fuͤrſtellen ſolle;
nemlich/ den ſchlaffenden(Beſihe das Camin in
dem Kupf= ferſtich.)
Weingoͤtzen (Bacchum) wollen die hoͤniſchen Satyri mit einer
Loͤwenhaut be= decken.36. V. Wie dieſem Zechbruder der Tag zu trincken viel zu kurtz worden/
ſo iſt ihm auch die Nacht umb auszunuͤchtern nicht lang genug. Die
Sonne iſt bereit hoch uͤber der Erden/ und deß Tagesliecht
eroͤffnet dieſem Bidner die truͤben Augen/ mit Verwunderung
ſo vielfaͤltiger/ ihm gantzungewohnter Dinge. Er ſolte wol
vermeint haben/ er habe deß Propheten Mahomets jrdiſches Paradiß durch Trincken
erworben. Bey Angedencken nun/ ſei [126] nes
wolbewuſten Zuſtands/ kan er in ſeiner Beſtuͤrtzung
ſich nicht enthalten/ den ſchweren Kopff emporzuheben/ fuͤr die
Damaſtene Vorhaͤng herfuͤr zuſtre= cken/ und den Betrug
ſeiner grilliſchen Gedancken zu entdecken. Wie truͤbe Augen hat
er/ wie ein rohtes Geſicht/ wie ein verwirrten Bart; er ſtreckt den ei=
nen Fuß faſt zum Bette heraus/ mit der Hand haͤlt er ſich an den
Vorhang/ weil er ohne ſolche Huͤlff das Haubt nicht zu erheben
vermag.37. A. Sobald die Hofdiener vermercken/ daß er erwacht und ermuntertiſt/
tretten ſie fuͤr das Bette/ erfragend/ was Ihr Fuͤrſtl.
Gnad fuͤr Kleidung an= zuziehen belieben wuͤrde? Damit er auch zu wehlen
Urſach nemen moͤchte/ ſo bringen die Edelknaben
unterſchiedliche Kleider/ welche ſie bedunckete/ daß ſie ihm am
gerechtſten ſeyn ſolten.38. R. Es will gleichwol der gute Mann das Gluͤck nicht mit
Fuͤſſen weg= ſtoſſen/ eingedenck/ daß wem
Gott Gutes guͤn
̅
et/ dem gebe er es auch im Schlaff. In dem er ſich
nun wegen dieſer Abenteurlicher Fuͤgnus bedencket/ ruckt ein Edelknab den
Vorhang zu ruck/ umb ihn zu dem Auffſtehen Anlaß zu geben/ verbirgt ſich
aber darhinter/ weil er das Lachen nicht laſſen kan.
|| [127]
39. C. Hier ſtehet ein bequemes Tiſchlein bey dem Bette/ darauff eine
Uhr mit einem Crueifix/ und ein mit Silber beſchloſſenes Betbuch
zu ſehen iſt. Der Hofmeiſter und Kammerdiener warten auff Befehl/
und vermoͤgen den Herrn Bidner/ daß er mit Anziehung der Kleider/ den
Fuͤrſtlichen Stand an= zutretten beginnet.40. D. Weil in dieſem andern Teppicht der Betrug vermeinter
Gluͤckſelig= keit zu beſehen/ weiß ich zur Zieraht nichts
fuͤglichers/ als Larven/ Brillen/ Maſquen/ Braͤccial/ Ballon/
Karten/ Pallenſpiel und dergleichen zur Umb= faſſung
anzugeben.41. V. Wie in dem vorigen Teppicht Frau Julia vergeſſen die Lehre/ von
den ſchaͤndlichen und ſchaͤdlichen Laſter der
Trunckenheit beyzufuͤgen; als kan die Lehre aus dieſem
Teppichtſeyn/ von Betrug Menſchlicher Sinne: daß auch unſere
Augen/ welche wir ſonſten fuͤr beglaubte Zeugen halten/ auff viel
und mancherley Weiß betrogen werden koͤnnen.
|| [ID00150]
|| [129]
Der dritte Teppicht.
42. J. Schanet nun unſern Traumfuͤrſten Tafel halten. Er
laͤſt ihm alles wolgefallen/ ausgenommen die Hoͤflichkeit/ die
iſt gantz nicht ſeines Hand= wercks. Dieſer kuͤſt
die Hand/ jener ſtreifft den Fuß/ der dritte traͤgt den Hut in der Hand/
als ob er nicht zu Bedeckung deß Kopffs gemacht waͤre. Wie er ſich nun in
dieſe Sitten nicht finden kan/ entſchlieſſet er ſich/ mit
bedachtſamen Stillſchweigen/ alles fuͤr bekand anzunemen.43. V. Wie Baͤuriſch ligt er auff der Tafel? ſeinen Hut mit den
Federn hat er auffgeſetzt/ daß ihm ſelbe fuͤr das Geſicht
hangt. Wie hat er doch ſeine Backen vollgeſchoben/ und wie
groſſe Trinckgeſchirr bringt man ihm beeder= ſeits? Er
ſorgt nicht/ wer die Zechzahle/ dann er wol weiß daß er kein Geld bey
ſich gehabt/ und auch vielleicht keines zu Haus gelaſſen hat.44. A. Der Fuͤrſt will dieſer angeſtelten Kurtzweil
theilhafftig ſeyn/ und ſi= het hinter der Tapezerey hervor/ darbey der
Mahler wol in acht genommen [130]
hat/ wie er den Teppicht mit der Hand ober ſich haͤlt/ umb ſeinen
Gaſt zu be= trachten.45. R. Der Hund ſchmeichelt ſich nun zu dem neuen Herrn/
laͤſt ihn umb ein Stuͤck Brod unangebellet. Wie wechelt er mit dem
Schwantz/ wie girig iſt er nach der Speiß und bedunckt mich/ man ſehe an
dem Tafeltuch/ daß er mit den Pfatten daran geſcharret habe. Jenes
Fenſter gibet ein ſchoͤnes Abſe= hen/ in den
anſtoſſenden Garten. Was fuͤr ein Luſtort es ſeyn
muß/ kan ein eintzelig Fenſter nicht eroͤffnen/ iſt aber zu er
meſſen aus den Blumenfeldern/ fruchtbaren Baͤumen/
Waſſerwercken und Luſthaͤuſern. An der Wand hier=
bey hanget eine Tafel/ darinn der vertrunckene Silenus/ mit einer Flaſchen/
wie ein Piſtol geformt/ von dem Cupido geſchoſſen wird/ und
betruͤgen mich (Beſihe das Kupffer=
blat.) die Augen nicht/ ſo iſt an Statt deß Hanens/ auff
beſagtem Piſtol ein Knack= wurſt auffgeſchraubet.46. C. Dieſe beyde Edelleut/ welche hiermit zu Tiſch ſitzen/
trincken auff ihres Spahnneuen Herrns Geſundheit/ der andere haͤlt einen
Apffel auff der Ga [131] bel/ umb ſelben nach der
Kunſt zu zerſchneiden; der darneben ſitzet/ bringt etwas
Laͤcherliches vor/ damit der Bidner nit vermeine/ daß man ſeiner
Vertreulich= keit lache; dan
̅
ihm ja Eſſen und Trincken ſowol
anſtehet/ als ob er ſich darvon n††hrete. Die Tapezerey iſt in dieſem/ als in dem vorigen
Zim
̅
er von geblumte
̅
Damaſt/ ſo wol als die Seſſel un
̅
ander Geraͤht;
und gleichen ſonders Zweiffel die Farben deß Fuͤrſten von
ſeinem Herꝛn Ahnen jhm angeſtamten Wappen.47. D. Dieſen Teppicht zu umbſchlieſſen koͤnten
beyderſeits Amaltheenkoͤ= cher/ oder Hoͤrner deß
Uberfluſſes/ gemahlet werden/ aus welchen allerley Fruͤchte
abfallen. Oben auff iſt eine Lampen/ in welcher die Menge deß Oels das
Liechterleſchen will. Zu unterſt aber ſolle ſeyn ein Korb mit
Weintrau= ben/ die ſich eine geringe Zeit halten laſſen.48. A. Hier iſt das Sprichwort falſch: Man laͤdt den Eſel
nicht nach Hof/ als zum Holtztragen. Die Lehre aber iſt/ daß keiner ſich
einer Sache unterfan= gen ſolle/ deren er nicht gewachſen iſt;
oder erwarten/ daß jederman ſeiner Vermeſſenheit ſpotte/
und er mit Schanden wider da von ablaſſen muͤſſe.
|| [ID00154]
|| [133]
Der vierdte Teppicht.
49. J. Nach gehaltener Tafel/ wird der vermumte Printz/ durch etliche Gal= lerien
in die Kunſtkammer gefuͤhret/ es werden ihm alle Schaͤtze
fuͤrgewieſen/ und darvon geredet/ als ob ſolches alles ſein
waͤre. In dieſen unerwarte
̅
Reich= thumb lernet er ſich wol
ſchicken/ Geſtalt er dieſem Edelmann/ der jhm ſolche
Gluͤckſeligkeit anmeldet/ ſobald mit einer Ketten/ ſo unter
andern Sachen auff dem Tiſch gelegen/ verehret.50. V. Das Annemen koſtet nicht viel/ weil ers umbſonſten kan
widergeben. Aber ſchaut/ wie die andern das Lachen zu verhalten ſich
bemuͤhen! wie ſie uͤber die Achſel ſehen/ einer dem
andern heimlich in das Ohr blaͤſet/ einander wincke
̅
und zupffen/ jedoch alles Ruckwerts der vornemſten Perſon in dem
Spiel.51. A. Mich bedunckt/ der Printz befinde ſich unter der Hofburſch/
un
̅
ſtehe hier= bey/ habe den Mantel umb das Maul geſchlagen/ umb der
Kurtzweil beſſer theilhafftig zu werde
̅
. Ach/ wie iſt
dieſer Man
̅
beſtuͤrtzt/ uͤber ſo ſeltzame
Sachen. Dergleichen er zuvor die Zeit ſeines Lebens nicht geſehen. Er
betrachtet alles [134]
mit ſtrangen Augen/ jedoch mit Stillſchweigen/ befoͤrchtend/ er
rede nicht recht von ihm unbekandten Dingen.52. R. Sonderlich hat er alhier in der Hoͤhe eine Tafel erſehen/ in
welcher Jupiter gemahlet/ wie ihm zu verſuchen Prometheus/ zwey
Faͤſſer fuͤrgewie= ſen/ in deren einem das
Fleiſch und Fette/ von einem Ochſen/ in dem andern aber die Haut und Bein
deſſelben geweſen ſeyn ſollen. Hier gibt dieſer
neu= Gefuͤrſte Bidner ſein Gutachten von/ (mit dem Finger/
ſowol als ſein Kam= merdiener dahin weiſend und ſagt: daß
der Mahler das eine Faß nicht Mei= ſterlich gemahlet/ denn die Reiff
deſſelben/ da ſie geſchloſſen und mit Weiden
uͤberwunden ſeyn/ gleich uͤbereinander die Gewind haben
ſolten/ und ſolches pflege man darumb zu machen/ daß/ nicht vielleicht
das Faß auff dem Gelaͤ= ger die rings herumb treffende Weidenband durch
groſſe Schwere zerniffle.53. C. Herrn Raymund muß man mit kuͤnſtlichen Gemaͤhlen
ſchicken/ weil er der abgebildten ſtum
̅
en Perſonen
Dolmetſcher ſeyn kan/ und ſo wol zu ſagen weiß/ was
ſie dencken und fuͤrbringen. Alles in dieſem Teppicht ordentlich zu [135]
betrachten/ ſolte lange Zeit erfordern. Dort auff dieſem Tiſch
ligen Kunſt= buͤcher/ von Kupfferſtuͤcken der beſten
und beruͤhmſten Meiſter in jenem Win= ckel ſtehen Corallen
zincken/ Einhorn/ Helffenbeine gedrechſelte Geſchirr/ ꝛc. Aber in
dieſem Kaſten/ da die alten Schaupfennig/ (wie ich mutmaſſe)
ver= wahret ſeyn/ gefaͤllt mir deß Meiſters Fleiß/ daß er die
Naͤgelein an dem Schloß (welche gelblich ſcheinen/ als ob ſie vor
dieſem verguldet geweſen waͤ= ren/) ſo
kuͤnſtlich in Obacht genommen.54. D. Zur Zierraht umb erſtgemeldten/ un
̅
ausgemahlte
̅
Teppicht/
ſolten ſich ſchicken/ allerley Muſchelen/ Schnecken/
Schalen/ Krebsſcheer und derglei= chen/ an einem Band herabhangend/ welche die
Umblaͤgeinnemen koͤnnen.55. R. Hieraus iſt die Lehre/ (ſo der Ordnung nach mir beyzubringen
obli= get/) was Thorheit der Reichthumb unterworffen/ und wie ſelten er zu
recht= maͤſſigem Gebrauch angewendet werde. Die
Kunſtſtuͤck darauff Fuͤrſten und Herrn ihre
zeitliche Guͤter wenden ſolten/ ſind Kirchen/ Schulen und Arme/
nicht auff unnuͤtzen/ ſeltzamen Dockenthand; weil die Hand deß Armen Got=
tes Schatzkammer iſt.
|| [ID00158]
|| [137]
Der fuͤnffte Teppicht.
56. J. Nun hat man dieſen Gaſt widerumb zur Nachtmahlzeit geb racht/
und weil dem rechten Fuͤrſten gefallen/ etlich Frauenzim
̅
er/
dieſes ſpan neuen Hofmanns Unhoͤflichkeit zur Kurtzweil auch zu
weiſen; Hat ihm der Bid= ner auff Befragen/ mehrere Geſellſchafft
auch nicht zu wider ſeyn laſſen. Man blaͤſt zur
Tafel und iſt dieſe Gaſterey in einem herrlichen Saal angeſtel=
let/ welcher von einem groſſen meſſenen Leichter/ auff
vielen Schencklen/ mit Wachskertzen erleuchtet iſt. Jedoch ſindhin und
her zwiſchen den Fenſtern et= liche Wandarm mit
Leichterſchuͤſſeln und Liechtern zu mehrerer Hellen ange=
zuͤndet.57. V. Dieſer Saal iſt mit hiſtorirten Tappeten bekleidet/ ich
kan aber we= gen der finſtern Nacht nicht erkennen/ was fuͤr
Geſchicht ſie begreiffen. Dort ſihe ich woletliche
Muſicanten/ welche dieſes ſtattlichen Herrens ſo lachen/
daß ſie kaum darbey Muſiciren koͤnnen/ dann ja ihm alles ſo
Boſſirlich an [138] ſtehet/ als wie
einem alten Affen; und den man fuͤr einen Narren haͤlt/ deſſen
Thun und Laſſen komt jederman naͤrriſch vor.58. A. Das Frauenzimmer/ gegen welche dieſer gantz neue Fuͤrſt/
gleich an= dern Hoͤflich ſeyn will/ koͤnnen faſt nicht
uͤber der Tafel verharren/ ſo laͤcherlich kompt ihnen
dieſer Herr fuͤr: Er will ihnen fuͤrlegen/ und verſchuͤtt
die Glaͤſer. Er will das Liecht putzen/ un
̅
leſchet es aus. Er
will ihre Geſundheite
̅
anfange
̅
/ faͤngt aber ſo
ſtarck an zu hetſche
̅
/ daß ma
̅
nit wol verſtehe
̅
kan/ was
er ſage
̅
will.59. R. Mich bedunckt/ die Jungfrau Angelica ſitze alhier abgemahlet mit zu
Tiſch/ weil ſie es alles ja ſowol zu ſagen weiß/ als ob
ſie ſelbſt mit und darbey geweſen waͤre;
ſihet ſich aber nach dem Diener umb/ das Lachen zu bergen. Ach/ wie
ſchoͤne Paſteten zieren dieſe Tafel/ wie ſeltzame
Schleckerbißlein ſind alhier aus zuſuchen/ und in dem die Hand wehlt/ was
dem Mund beliebet/ erfreuet das Ohr die lieblichſte
Zuſammenſtimmung der Muſicaliſchen In=
ſtrumenten.60. C. Ich hoͤre und ſihe es alles/ will aber nichts darvonſagen.
Nun wird [139]
das Fuͤrſtenthumb bald ein Ende gewinnen. Der Gefuͤrſte
Bidner hat nicht Urſach zu trauren. Er kan ſich in nichts
beſſer als in das Trincken ſchicken/ und ſeine vermeinte
Unterthanen beweiſen ſonderlich ihre Treu im ſtarcken Zutrincken/
und Volleinſchencken von dem ſtaͤrckſten Wein/ welches er ihm
alles in groſſen Gnaden belieben laͤſt/ biß er widerumb zu
entſchlaffen be= ginnet.51. D. Die Einfaſſung dieſes Teppichts kan ſeyn von
Lauten/ Geigen/ Harpffen/ Floͤten/ Zincken/ Poſaunen; und uͤber
dieſe Muſicaliſche Gezeug (Inſtrumenta) iſt auff
einer Seiten eine Sackpfeiffen/ auff der andern eine Schallmeyen oder Leyern erhaben:
zu verſtehen gebend/ wie offt Baͤuriſche Kurtzweil/ mehr
kuͤnſtlicher Muſic vorgezogen werde.62. C. Die Lehre aus dieſem Teppicht iſt: daß deß Menſchen
Vermoͤgen in Eſſen/ Trincken/ und leiblicher Beluſtigung
keines wegs beruhet; ſondern nohtwendig zu behaglicher
Verſtanduͤbung geſuchet werden muͤſſe; Wie all=
hier der kluge Schertz der Anweſenden/ die artigen Fragen deß Frauenzim [140] mers/ die ungeſchickte Antworten deß Bidners
ꝛc. viel hoͤher als die koſtbare Mahlzeit ſonders Zweiffel
iſt geachtet worden. Unſere Natur erfordert ein Geringes zum Unterhalt;
Unſer falſchgefaſter Wahn aber iſt faſt
unerſaͤtt= lich. Fuͤr die Nahrung unſers Leibes ſind
wir embſiglich bemuͤhet/ zu Erbau= ung aber unſers Gemuͤts/
faſſen wir ſelten erſprießliche Gedancken.
|| [ID00163]
|| [142]
Der ſechſte Teppicht.
63. J. Dieſer letzte Teppicht haͤlt in ſich/ wie der
geaͤffte Bidner wider in ſei= nen alten Stand geſetzet worden. Als
er ſich den Trunck/ wie die vorige Nacht uͤbergehen laſſen/
hat der Fuͤrſt befohlen/ ihn widerum
̅
aus=und ſeine alte Klei=
dung anzuziehen/ auch eben an den Ort/ wo ſie ihn den Abend zuvor gefun=
den gehabt/ widerumb hinzu tragen. Gegen Tag nun/ als die Thorſperrer/
benebens der Wacht/ die Thor zu oͤffnen verbeygehen/ erwacht er/ und kan
ſich nicht recht beſinnen/ wo er in der Welt iſt.64. V. Der Kopff iſt ihm ſo ſchwer/ daß er ſelben ohn
Beyſteur der Hand nicht erheben kan. Es iſt ihm unentfallen/ der
gluͤckliche Zuſtand verwieche= nes Tages/ und macht ihm die
gegenwaͤrtige Veraͤnderung gantz beſtuͤrtzt. An Statt deß
ſtattlichen Bettes/ ligt er auff den harten Steinen/ an ſtatt der
ſtattlichen Kleider/ hat er ſeinen alten Bidnersfleck wider an. Sein Hut
und ſein Schlaͤgel ligen auff der Erden/ den Truͤbel hat er auff
der Bruſt ſte [143] cken/ und machen ihn
faſt Glauben/ daß er kein Fuͤrſt ſeye. Das Hoſen=und
Schuchband iſt ihm in groſſer Eil nicht gebunden worden.65. A. Dieſe beyde Diener hier hinter den Baͤumen erwarten/ nach deß
Fuͤr= ſten Befehl/ biß er erwacht/ umb zu vernemen/ was ihm doch
getraumet/ oder was er von ausgeſtandener Abentheur fuͤr ein Urtheil
faͤllen wuͤrde. Der Ei= ne wincket mit der Hand/ daß er nun auffgewacht/
wolte nicht gerne ein Wort von ſeinem Mund verliehren.66. R. Nun kan man an dieſem Bidner bey Tag bemercken/ was in dem
erſten Teppicht bey der Nacht nicht zu erſehe
̅
geweſt. Sehet
an ſeinem Fehl vor= ne auff der Bruſt etliche Schnitlein/ welche er/ wann
ihm das Schnitmeſſer ausgefahren/ in Zurichtung der
Faͤſſertauben gethan/ ſein Ermel iſt innerhalb deß
Arms von dem Abſtammen/ Ausenden und Faltzen/ (auff Bidneriſch zu reden/)
weggenutzet. Er weißwol ſich zu entſinnen/ daß er vormals ein Bid= ner/
Binder/ oder Boͤttiger/ (wie man es anderer Orten nennet/) geweſt; er
weiß auch noch viel lieber/ daß er ein groſſer Herr vergangenen Tag
uͤber ge [144] weſt; Und ſihet nun mit
Schmertzen/ daß er ſeine Herrlichkeit verſchlaffen/ daß er ſeines
hohen Stands entſetzet/ und hier mit Kopffwehe und Ungemach zur Erden liget.67. C. Er erkennet bey Verzug dieſer Beſtuͤrtzung den Platz/ die
Thorſper= rer/ und iſt in willens ſie anzuſchreien/ und zu
fragen wer er ſey? Foͤrcht aber/ ſie halten ihn nur fuͤr
einen Bidner/ da er doch gerne wider Fuͤrſt geweſt waͤ= re/
ſchweigt deßwegen ſtill/ und bedenckt ſich/ was ihm zu thun ſeyn
moͤchte. Nach langer Betrachtung kan er ſeine Augen nicht Luͤgen
ſtraffen/ er iſt ein Bidner/ und kein Fuͤrſt.
Schlieſetdeßwegen/ es muͤſſe ihm ein ungefehrer Traum
ſo erfreulich betrogen haben/ und wie die Geſchicht berichtet/ hat er die=
ſes alles fuͤr einen Traum den Seinigen zu Haus erzehlet: ja/ als man
ihme die Warheit geſagt/ ſolche ihm nicht wollen einreden
laſſen/ biß der Fuͤrſt ihm alle und jede Perſonen/
Kleider/ Gemaͤcher/ ꝛc. fuͤr gewieſen hatte. In dem
Gemaͤhl hier/ hat der Mahler die langen Schatten der auffgehenden Sonnen
kuͤnſtlich beobachtet/ und trifft dieſer Teppicht mit dem
erſten allerdings an den [145]
Gebaͤuen uͤberein/ auſſer/ daß die Linden mehr als in dem
Erſten geſehen wird.68. D. Dieſen letzten Teppicht vermeinte ich einzuborten/ mit Loͤwen/
Af= fen= und Hundskoͤpffen/ welche gleichſam deß auff einen Tag
Gefuͤrſten Bid= ners/ oder Bidneriſchen Fuͤrſtens
ſpotten/ daß er ſo bald wider zu ſeinem Truͤ= bel gelanget.
Wann die Fuͤrſtlichen Tugenden in wol Eſſen/ und viel Tri=
cken beruheten/ ſolte dieſer Zechbruder einen vortreffliche
̅
Regenten
gegeben ha= ben; Weil aber weit ein anders zu ruͤhmlicher Beherrſchung
eines Fuͤrſten= thumbs erfordert wird; ſo kan er doch dieſe
Lehre hinterlaſſen/ daß die Gnad groſſer Herrn ſich
leichtlich ende/ und die Hoffnung deß Hofmanns eines wa= chenden Traum nit uͤbel
zu verglichen ſeye/ der verſchwind/ ſo bald ihnen das Liecht deß
Verſtands die Augen eroͤffnet.69. J. Obwol dieſes Orts die Teppichten klein und nach Beſchaffenheit
deß Raums erſtrecket ſeyn muͤſſen: So kan man doch
faſt alles/ wie in groſſen Gemaͤhlen beobachten. Der
Liechtpunct iſt allezeit von der rechten Hand zur Lincken genommen/ und der
Schatten hinter den Figuren gleichſam verbor [146] gen/
ausgenommen in dem Nachtſtuͤcken/ da die Fackeln ihre beſondere
Stra= len werffen. Dieſes nun iſt bey Auffſtellung der
Gemaͤlde/ oder Auffha
̅
n= gung der Teppicht ſonderlich zu beobachten/
damit deß Tagesliecht von den Fenſtern mit dem Liecht der Gemaͤhlde
uͤbereinkomme/ und ordnet man ſolche Gemaͤhl von der rechten zu
oder gegen die lincke Hand/ wie man zu ſchreiben pfleget.70. V. Es muͤſſen aber die Gemaͤhlde nicht allein
abſonderlich nach allen Umbſtaͤnden betrachtet/ ſondern
auch mitein ander verglichen werden: Als daß in dem erſten Teppicht/ der Mond
die Hoͤrner in die Hoͤhewendet/ und die Sonne in dem
ſechſten Teppicht/ hinter den Haͤuſern herfuͤr gehet/ daß
ſelbe die Rundung/ und nicht die Spitzen oder Hoͤrner deß Monds
erleuchtet/ wenn beyde nebeneinander ſolten gemahlet ſeyn.71. A. So muͤſſen auch die Angeſichter der Perſonen
ſo viel muͤglich einan= der gleichen/ damit ſie in
unterſchiedlichen Teppichten erkennet werden.72. R. Die Jahrszeit deß Herbſts/ iſt in dem erſten/ dritten und
ſechſten Teppicht bemercket worden.
|| [147]
73. C. Weil wegen unterſchiedlichen Bewegungen der Perſonen/ die Ge=
ſichter bald voͤllig/ bald halb/ bald nach dem Durchſchnid
geſehen werden/ ſo ſollen auch die Kleider der Perſonen in
einem Teppicht wie in dem andern ge= mahlet ſeyn.74. D. In den Einfaſſungen/ ſolte es mir fuͤr einem Fehler
ſeyn gedeutet worden/ wenn ich in einem Ort Fruͤchte/ an dem andern
Blumen haͤtte haben wollen. Jedoch kan beedes nebeneinander erdultet werden/
ſo es nicht in Verlauff einer in kurtzer Zeit beſchehener
Geſchicht/ wie hier/ ſondern zu gewie= ſen Bedeutungen/ wie in dem
Sinnbild der Geſpraͤchſpiel zu ſehen/ dienen
ſolle.75. V. So nun beſagtes alles nach wol=und langermeldten
Umſtaͤnden zu Papyr geſtellet werden koͤnte; iſt
auſſer Zweiffel/ daß die vernuͤnfftige Gedan= cken deß Angebens/
ſo wol als die geſchickte Hand deß Mahlers/ Nutzen und Beluſten
bey Liebhabern der Kunſt finden ſolten. Dieſes Exempel aber iſt
deßwegen von der Frau Julia verſtaͤndig er kuͤſet
woꝛden/ weil es unter allen er [148] zehlten
Geſchichten das leichteſte/ und ein Abriß ſeyn koͤnte/ nach
welchem auch alle andere gleicher Geſtalt zu entwerffen waͤren. Der
Nutzen kan ſeyn in dem/ daß man von Schildereien (alſo wird auch die
Mahlerey von den Bil= dern in den Schilden benamſt/) mit Verſtand reden/
urtheilen/ erfinden/ und die Eigenſchafft deß Schattens (von welchem
dieſe Kunſt ihren Urſprung ſol= le genommen haben/) dem
Frauenzimmer zu Ausnehen und Stuͤcken ſon= derlich dienſtlich
erlernet. Die Beluſtigung aber/ welche menſchliches Ge= muͤt in
dem Bildern findet/ wird verhoffentlich niemand als ein Blinder ab= laͤugnen
koͤnnen.74. A. Es iſt uns aber mit Erzehlung vieler Geſchicht nicht bedienet/
ſind auch derſelben nicht kuͤndig. Ich fuͤr meine
Perſon wolte lieber zuhoͤren/ als viel darzu ſagen.
|| [149]
Veſpaſian.
1. DEr Sache iſt leichtlich zu helffen/ wann nur die Geſellſchafft an=
zuhoͤren und auffzumercken Belieben traͤgt. Wie nun Frau Julia bey
erſt ausgeuͤbten faſt langen Geſpraͤchſpiel
ſich befreu= et ihre Maͤhr zu erzehlen/ und hingegen uns ſolches
auffgebuͤr= det: Alſo will ich gleichfals ein Geſchicht er zehlen/
und ſie alle der Muͤhe entheben; Jedoch mit dem Beding/ daß jedes die
Wort/ welche ihm zugetheilet/ fleiſſig mercke/ und ſo offt
ſolcher gedacht werden wird/ behend ſelbe/ oder dergleichen andere
ermelde. Es uͤberneme nunF. Julia die Hoffnung: mit dem Beyſatz: Laͤſt nicht zu
ſchanden wer= den.J. Angelica die Lieb: Iſt ſtaͤrcker als der Tode.J. Caſſandra/ das Gluͤck: Hat Gefahr und Tuͤck.H. Raymund/ die Verſchlagenheit: Gluͤckt nicht allezeit.
|| [150]
H. Degenwert/ die Tapfferkeit: Iſt zu loben und zu lieben.2. Jul. Wann nun der erſten Wort in deß Herrn folgender Geſchicht erzeh=
lung gedacht wird/ ſo muß man die ander kurtze Schlußrede darzu
ſagen:3. V. Dieſe/ oder auch dergleichen/ was ſich darzu ſchicket/ wer
aber ſein Wort uͤberhoͤret/ gibt ein Pfand.4. A. Nun wollen wir uns ſchon darein finden/ und fuͤr Schaden zu
huͤten wiſſen.5. Veſpaſ. ES iſt ins Gemein bekant/ wie der Tod mit der Lieb die
Pfeil ſolle verwechſelt haben/ oder aus der Schrifft zu reden/ wie
Jacob mit geſchrenckte
̅
Arm Joſephs Kinder geſegnet/ dem
Erſtgebornen mit der lincken/ und den Juͤngſten mit der rechten
Hand beruͤhrend. Den Ver= lauff ſolcher offter und ins Gemein
unverhoffter Begebenheit/ heiſſen wir das Gluͤck.6. C. (Welches der Gefahr und Tuͤck nicht leicht ermanglet.)7. V. Verſtehen aber darunter Gottes Allmaͤchtige wunderſame
Schickun [151] gen/ und vielmals unerwarte Errettung/
deren wir im Creutz und Anfechtung mit Chriſtlicher Tapfferkeit/8. D. (So von den Frommen zu loben und lieben iſt)9. V. gewaͤrtig ſeyn ſollen: wie aus folgender
Geſchicht/
Die Lieb und der Tod.
genennet/ ferners anzuhoͤren ſeyn wird. Jungfr. Angelica aber ſoll bevor
ein Pfand lieffern.10. A. Umb die Sache zu befoͤrdern/ gib ich ohn Widerred meinen Fugger.11. V. Zu Zeit waͤrender Verbuͤndnus (Ligue) in Franckreich/ (da die
Hoͤl= liſchen Furien/ gleichſamb den Brand der Uneinigkeit/ in
alle Winckel deſſel= ben Koͤnigreichs
eingeſtoſſen hatten/ biß ſolches Feur endlich durch
groſſes Blutvergieſſen geleſchet worden/) hielte
ſich in einer vornemen Stadt in Ga= ſconien auff/ eine bejahrte Wittib
mit zweyen Soͤhnen und einer Tochter. Je= ne wollen wir unter den Namen Montani
und Clarint/ ermelden; dieſe a [152] ber/ die Tochter/
Claudianam heiſſen. Beſagte Stadt ware in der Buͤndnus
wider den Koͤnig begrieffen/ wiewol noch etliche/ jedoch die wenigſten/
ſich nach jhrem rechten Herrn ſehneten/ und wurde damals regieret von
einem Edel= mann/ Galerius genannt/ mehr durch Verſchlagenheit und
Liſt/ als mit Tugend und Weißheit.12. A. Herr Raymund lege hierbey ein Pfand.13. R. Willig und gern.14. V. In ermeldte Jungfr. Claudianam verliebte ſich Palmire/ ein Edel=
mann an Tapfferkeit/15. D. (die ihres Lobs nicht ermangelt.)16. V. und Kuͤnheit wenigen zu vergleichen/ vielen aber uͤberlegen.
Dieſe Liebsneigung hatte ſobald anderstheils gleiche Gegenregung
erwecket/ und iſt auch nachmals mit Hoffnung/17. J. (Hoffnung/ die nicht zu Schanden werden laͤſt.)18. V. Umb keuſcher Gedult/ (weil wegen der boͤſen und der
Jungfr. juͤngſt [153] verſtorbenen
Vatters Traurzeiten/ an Eheliche Vertrauung nicht zu den= cken geweſt/)
Hertzlich beharret worden. Was geſchicht? das verderbliche Kriegsweſen
ziehet ſich in Gaſconien/ und wird Palmire auch gedrungen/ ei= ne oder
die andere Partey zu halten. Weil er nun/ wegen vieler Urſachen/ von dem
Koͤnig nicht ausſetzen koͤnnen/ muß er ſich aus der Stadt
begeben; und laͤſt ſich auch dahin vermoͤge
̅
/ daß er
ein Tropp Reuter/ zu ſeines Herrn Dienſt zu fuͤhren
uͤbernimbt; jedoch mit dem Beding/ daß er nicht auſſer Gaſconien
gebrauchet werden ſolte. Dieſem nach reut er faſt taͤglich
Galerio fuͤr die Thor/ ſich aͤuſſerſten
Vermoͤgens bemuͤhend/ dem Koͤnig die Stadt/ ihm aber ſeine
Liebſte zu erobern. Wie er nun zu beeden der Mittel ermangelt/ vermiſt er
ſich in Baurskleidern in die Stadt zu kommen/ Clandianam zu beſuchen/ und
mit ihr zu betrauren die ungluͤckliche Zeiten/ ſo ihrer beeden Lieb/19. A. (welche ſie gewiß ſo ſtarck als der Tod bedunckte/)20. V. durch Verzoͤgerung ſchmertzlichſt bewaͤhreten. Wie
er nun gluͤcklich wider zuruck kame/ unterfaͤngt er ſich bald
darauff noch eine Schantz zu wa [154] gen/ und verkleidet zum
andernmal einzuſchleichen; Montanum und Clari= num zu bereden/ daß ſie
die Stadt in Koͤniglichen Gehorſamb zu bringen/ mit treueifferiger
Schuldigkeit unterfangen ſolten/ nechſt Vergewieſerung
Koͤniglicher groſſer Belohnung. Weil nun dieſe beede
Edelleut von Jahren und Verſtand noch ſehr jung/ berichtet er ſie/
wie ſie Argliſtig21. R. (darbey iſt nicht allezeit Gluͤck/)22. V. Aller/ und jeder Gemuͤtsneigung forſchen und
ausſpaͤhen ſolten/ wie dieſer/ und jener gegen dem
Koͤnig/ und gegen Galerio geſinner ſeye. Im Ge=
ſpraͤch mit Beſcheidenheit jenes Lob/ dieſes Frevelthaten
erheben; Zeitungen erdichten/ und verſtaͤndiger Leut Gutachten
daruͤber hoͤren; die Urſachen deß Kriegs zu einem ſichern
Fried deuten helffen/ und noch der Zeit mit Ver= ſchwigenheit ſich und
ihr gantzes Haus beſorglich zuwachſender Gefahr ent= ziehen/ ꝛc.
Ob wol dieſer Anſchlag nach und nach kluͤglich gehandelt worden/
ſo hat doch Galerius Palmiri Practicken durch heimliche Kundſchafft in
Er= fahrung gebracht. Nun wuſte dieſer Fuchs auch/ wie dergleichen
befahrende [155]
Rottirungen und innerliche Auffſtaͤnd/ bald Anfangs ohne Tumult zu zer=
trennen/ wolte deßwegen nicht mit Bruͤgeln darunter werffen/ und ſich zu
weit befragen/ ſondern die beeden Bruͤder Claudianæ bey
Naͤchtlicher weil ver= ſichern. Weil ihm auch wiſſend das
Palmire Eheliche Lieb/23. A. (welche biß in den Tod waͤren ſolte.)24. V. gegen dieſer ſchoͤnen Jungfr. traͤgt/ gedenckt er
ſie/ ſeinem Feinde zu Haß/ einem ſeiner vertrauten Freund zu
uͤberlaſſen. So bald nun dieſes al= les Palmire
intraͤchtig worden/ macht er ſich vermummet widerumb auff den Weg/ wo
nicht wircklichen Raht/ jedoch erfreulichen Troſt/ in die Stadt zu bringen/ wird
aber ſobald unter dem Thor/ mit dem Gefluͤgel/ ſo er als ein Baur
in die Stadt zu tragen fuͤr gewandt/ angehalten; fuͤr Galerium/ und von
ihm in das Gefaͤngnus gefuͤhret. Galerius will ſich von Sabea/ Clau=
dianæ Mutter/ ſo wol auch von der Jungfrauen ſelbſten wegen
der Verraͤh= terey viel erkundigen/ kan aber nichts erfahren/ denn es deßwegen
bey beeden verſchwiegen/ weil ſie von allem die geringſte
Wiſſenſchafft nicht getragen ha [156] ben.
Entſchluͤſt ſich auch/ Mario ſeiner Hauptleut einem/
Claudianam/ in Gegenwart ſeines Feindes Palmiri vermaͤhlen zu
laſſen/ und weil ſie deßwe= gen Bedenckzeit erhalten/ nimbt
Claudiana die Gelegenheit in acht/ und wie Galerius ungefehr in Kranckheit gefallen/
begehrt ſie ihm zu eroͤffnen/ daß ſie die gegen Palmerium vormals
gefaſte Liebe nun gaͤntzlich fahren laſſen.25. R. Die Jungfrau Angelica lege im Pfand ein.26. A. Ich habs uͤberhoͤret/ ich bekenne es.27. V. Dieweil ſie verſtanden/ was er fuͤr Verraͤhterey
anzuſpin
̅
en im Werck geweſen; daß ſie einen Verraͤhter
un
̅
Feind ihres liebe
̅
Vatterlands nit hold o= der gewogen ſeyn
koͤnne; und das halte fuͤr ſattſame Urſach/ das ihm
vormals gethanes Eheverſprechen wider zu ruck zu nemen/ mit den ungezweiffelten
Gedancken/ wann ihr verlaubet werden ſolte/ mit ihm in dem Gefaͤngniß zu
re= den/ ſie die gantze Sach leichtlich von ihme herauslocken/ und dem gemeinen
Weſen zum beſten eroͤffnen koͤnte/ Marius nun/ der
ſolches alles von ihr mit Bezeugung einer ungefaͤlſchten Treue und
Warheitsſchein angehoͤret/ hat bey [157]
Galerio die Sach ſo ſcheinlich und glaubwirdig fuͤrgetragen; wie
man dann leichtlich glaubet was man gern hoͤret/) daß Galerius/ benebens
Danckſagung ihres gegen der gantzen Stadt wolgemeinten Erbietens/
Claudianæ verlaubt/ Palmirum in dem Gefaͤngnuß/ mit aller Freyheit zu
beſuchen. Kurtz zu mel= den: ſie beredet Palmirum nach vieler
Hoͤflichkeit/ daß er ihre Kleider mit den ſeinen verwechſelt/ und
verbleibt ſie in der Gefaͤngnuß/ er aber entrin= net Abends/
verſchliefft ſich auff eine kurtze Zeit in ein Weinfaß/ in wel= chem noch
wenig Wein/ aber doch ſo viel/ daß man darvon noch zaͤpffen koͤn=
nen. Wie nun Marius bald Abends von der Claudiana groſſe Geheimnuß
zu verſtehen verhofft/ iſt ſelbe nirgend wo zu finden/ als in der
Gefaͤngnuß/ da man ſie nicht zu ſuchen vermeinte. Galerius/
ſo bald er deſſen Bericht er= langt/ (wie dann die Furcht von Gott
den Menſchen vielmals eingejagt wird/ un
̅
von einem boͤſen
Gewiſſen nicht weichet) laͤſt die gantze Burgerſchafft in
die Waffenſtellen/ ſuchet aller Orten und Enden Palmirum/ un
̅
weil
ſolcher nicht zu finden/ nimbt er Claudianæ beyde Bruͤder peinlich
vor/ in willens/ dieſe als [158]
Stadtverraͤhter mit dem Schwert zu dem Tod verurtheiln zu laſſen;
und ih= ren Anhang durch ſolche ernſte Abſtraffnung zu
daͤmpffen/ auch deroſelben ein= gezogene groſſe
Guͤter an ſich zu bringen.Als nun ſolchs Palmirus leichtlich ermeſſen und abſehen
koͤnnen/ ſtellt er ſeine Kundſchafft hin und her mit denen
von ſeiner Partey an/ Beyſtand und Huͤlff zu haben: Machet auch
innerhalb der Stadt/ benebens Sabeæ Bru= der und andern
verſtaͤndigen Maͤnnern die Nacht zuvor ſolches Bluturtheil
volzogen werden ſollen/ den Schluß die Gefangenen zu erretten. Und
ſtellet ſolches alles mit ſolcher Argliſtigkeit.28. R. (Sie geluͤcket/ aber nicht allezeit/)29. D. und Tapfferkeit/30. D. (Die bey jederman loͤblich und ruͤhmlich iſt.)31. V. zu Werck/ daß auff etlich Seiten der Stadt/ alte Haͤuſer in Brand
gerahten/ (umb den Zulauff der Soldaten dahin zu ziehen/) inzwiſchen aber
gibet er dem Volck die groſſe Tyranney Galery zu erkennen/ (welches
bereit [159]
wegen deß Feuers in den Waffen/) und beredet ſelbes dahin/ daß ſie mit
blin= dem Eifer/ ſich des Schloſſes bemaͤchtigen/ Galerium
und Marium/ ſambt allen die ſich widerſetzen wolten/ nidermachten/
auspluͤnderten/ daß die Stadt in deß Koͤnigs Gehorſamb/
vermittelſt deß entbotenen ankom
̅
enden Volcks geliefert wuͤrde.
Palmirus aber/ als er die Hoffnung32. J. (Welche doch endlich nicht laͤſt zu ſchanden werden/)33. V. und Erloͤſung ſeiner Liebſten/ erfreulich
ausgewuͤrcket/ und ſeine Ehe= liche Liebe34. A. (ſo ſtaͤrcker als der Tod ſelbſten
iſt)35. V. mit Hochzeitlichen Ehrenfreuden geendet/ und das Gluͤck36. C. (ohne Tuͤck)37. V. ſeiner Tapfferkeit38. D. (die auch alle ſo darvon hoͤren erfreuet/)39. V. Galerij argen Liſten/ und Verſchlagenheiten40. R. (ſo der endlichen Straff unterworffen iſt)
|| [160]
41. V. obligen/ und alſo die Liebe der Todesfurcht obſiegen
ſehen.
J. Angelica.
1. ES muͤſſen aber dieſes nicht allezeit
Hiſtoriſche Erzehlungen ſeyn/ ſondern man mag auch eine
gute Sittenlehr/ eine ver= nuͤnfftige Red/ Vermahnung/ oder
ſonſten einen Spruch ſa= gen/ daß ſelben folgende
Perſon widerholen/ und einen an= dern darzu ſagen muß.2. R. Dieſes Spiel wird/ von der Muſen Geheimbuch
geheiſſen/ weil bey Eingangs benanten Academien der Gebrauch/ daß man ein
Buch haͤlt/ uͤber alle gute Reden/ welche in der
Geſellſchafft fuͤrkommen/ und Andenckens oder Bemerckswirdig
geachtet werden. Zu Anfang nun dergleichen Buch wolle Jungfrau Angelica
erwaͤhnen/ was ſie darein zu ſchreiben
fuͤrſchlaͤgt/ an mir ſolle es nicht ermanglen.3. A. In Abſehung auff H. Veſpaſians erzehlte Geſchicht/
ſage ich: Wer [161]
ſich auff ſein/ oder anderer Gottloſen Klugheit
verlaͤſt/ (als Galerius gethan) der baut auff den Sand/ und ſein
Gluͤck kan nicht beſtehen/ wer aber ſein Ab= ſehen auff
Gott undſeine Obrigkeit/ wie auch auff Zucht und Tugend richtet/ der bauet auff
einen unbeweglichen Felſen.4. R. Ich muß der Jungf. Spruch widerholen: Wer auff Menſchen Klug= heit
trauet/ bauet auff Sand; Wer auff Gott allein ſeine Hoffnung ſetzt/ der
bauet auff einen unbeweglichen Felſen/ und wird nim
̅
er zu ſchanden.
Dieſes ſtellet in einem Sin
̅
bild fuͤr das in vielmals
gedachte
̅
Kupfferblaͤtlein verzeich= netem Thurn/ zu welches Erfindung mich
angeleitet ein gelehrter Jeſuit/54 be= richtend; daß vor Alters die Tuͤrne in den
Wappe
̅
tapfern Helden zugeeignet worden/ welche ſelbe
uͤberſtiegen/ und dardurch ſich belaͤgerter Staͤdt und
Fe= ſtungen bemaͤchtiget; oder auch weil ſie mit
ſonderlicher Großmuͤtigkeit als Tuͤrne wider alle feindliche
Angriff beſtanden: in welcher letzten Meinung der Koͤnigliche Prophst
55 David ſein Vertrauen auff Gott mit
dieſen Worten eroͤffnet: HErr mein Fels und mein Burg.
|| [162]
|| [163]
Dann/ bey den Italianern 56 faſt gebraͤuchlich aus den Wappen Sinnbil=
der zu erdencken/ deren Erfindungen wir billich ruhmeiferige Folg leiſten.5. C. Wer auff Gott hoffet/ bauet auff einem Felſen: Die Wind des Truͤb=
ſals werden ihn erſchuͤttern/ aber nicht zu boden werffen
koͤnnen; Wie aus vor= gedachter Hiſtoria genugſamb abzunemen/ und
gleichfals daraus zu behaub= ten iſt; daß ſo gluͤcklich
keuſche Lieb/ ſo ungluͤcklich gedeiet/ hingegen unkeuſche
Befleckung/6. D. Keuſchheit hat Gluͤck und Heil/ will die Jungf. ſagen/
Unkeuſchheit hat Ungluͤck/ und zeitliches als ewiges Nachtheil: Dann Gott
ſtraffet die Un= reinen/ und die in der Luſtſeuche wandlen/
koͤnnen das Reich Gottes nicht er= erben.7. J. Unreinigkeit/ will der HErr ſagen/ gehoͤre den unreinen
Geiſtern an. 57
Es beſtehet aber ſolche Unreinigkeit/ eines theils in der Menſchen
Sinn/ Ge= dancken und Fleiſchlichen Beginnen; anders theils in
thaͤtlicher Volziehung un zimlicher Begierden. Beedes iſt ein Greuel
fuͤr Gott dem HErrn.
|| [164]
8. V. Die Keuſchheit/ die in Gedancken/ Worten und Wercken beſtehet/
iſt nicht allein denen unverehlichten/ ledigen Leuten
wolanſtaͤndig und gebuͤhrig/ ſondern wird auch im
Eheſtand von Chriſtlichen Eheleuten erfordert.9. J. Dieſes ſchicket ſich in ermeldtes Geheimbuch der
Muſen. Und waͤre zu wuͤnſchen/ daß es aller
Juͤngling=und Jungfrauen Hertzen eingedrucket oder eingeetzet waͤre/
Geſtalt ſelbe vielmals ſich durch blinde Begierden/ von fleiſch=
lichen Beluſten mit Leib=und Seelenverluſt uͤberwinden
laſſen.
Raymund.
1. ICh will/ nach richtiger Erfolg/ anhero beſagter
Geſpraͤchſpiel/ ſolche Erzehlung beyzubringen bitten/
welche in kurtze
̅
ſcharff= ſinnigen/ oder auch laͤcherlichen
Worten und Wercken beſte= hen. Jedoch ſollen ſelbe ſeyn/
mit Saltz gewuͤrtzt/ wie der Apo= ſtel redet/ und weil ſolches
fuͤr ſich kein Geſpraͤchſpiel kan ge= nennet werden/
will ich hiermit bedingt haben/ daß/ wer bey ſeiner Erzehlung [165]
den Buchſtaben M. mit untermiſchet/ eines Pfandes ſchuldig
werden ſol= le. Es koͤnnen zwar auch andere Buchſtaben
ausgelaſſen werden/ aber nicht ohne Zwang als das L. Y. X. ꝛc.
bevor aber dieſes Spiel angefangen wird/ kan ich nicht unterlaſſen
zu vermelden/ daß durch den Buchſtaben M. von ei= ner aus den Wolcken
hervorſchreibenden Hand/ die hoͤchſtgelobte heilige Dreyeinigkeit
in einem Sinnbild bedeutet werden mag/ mit der Bey= ſchrifft:
So lerne frey/ daß Drey=Eins ſey.
|| [166]
|| [167]
2. J. Der Herr wolle es mit dem M. probiren. Ich habe nicht gewuſt/ daß
wir einiges Buchſtabs in vielen und langen Reden entrahten koͤnnen.3. R. Es hatte auff eine Zeit/ ein alter Reuter alle das Seine ſo net und ge=
nau verzehret/ daß wie er ſterben wollen/ nichts uͤbrigs gehabt/ als
ſein Pferd und einen geringen Hund. Als nun dieſen Sterbenden die
Todsangſt beru= cket/ verſchafft er/ daß ſeiner Frau der Hund
verbleiben ſolte; das Pferd aber ſolle verkaufft/ un
̅
das
erloͤſte Geld ſeiner Seele zu gute
̅
den Carthaͤuſern
einge= haͤndiget werden. Wie aber Weiberliſt ohn End iſt; als hat
die Frau Erbin ein ſolches Stuͤcklein erdacht: Sie fuͤhrt das
Pferd benebens den Hund zu verkauffen auff den Platz/ bietet das Pferd fuͤr
einen Groſchen/ und den Hund fuͤr 100. Reichsth. als ſie nun
leichtlich Kauffleute/ die deß Pferds begehrte= ten gefunden/ haben ſie doch
eines ohn das andere nicht erhandlen koͤnnen; ſind doch endlich deß
Kauffes eins worden/ und hat die Frau den Groſchen in das Kloſter
geſchickt Krafft ihres verſtorbenen Ehewirts letzten Willens/ die 100.
und etliche Gulden wegen deß verkaufften Pferds aber hat ſie fuͤr
ſich behalten.
|| [168]
4. C. Dergleichen hat ſich begeben/ daß ein Falckonier eines
Fuͤrſtens/ nichts hinterlaſſen als drey Falcken/ welcheer
alle zu verkauffen befohlen vnd vom
erloͤſten Geld5. R. Die Jungf. reiche ein Pfand ehe das Geld ausbezahlt wird.6. C. deß einen die Leichunkoſten abzuſtatten/ deßandern Werth
verſchaffte er ſeinen Soͤhnen/ und den dritten (oder das
erloͤſte Geld daraus) den Capu= cinern/ wann ſie ſeine
Seele der Qual deß Fegfeuers auff das ehſte vorbittend/ zu
erloͤſen beſchaͤfftigt ſeyn wuͤrden. Nun
fuͤgte es ſich/ daß bald nach beſagten Falconiers Tod/ einer von
den dreyen Falcken entfloge/ da dann derjuͤngſte Sohn/ ſobald zu
ſchreien angefangen: Schauet/ da fliegt unſers Vatters Seel darvon!7. D. Es iſt ſich zu verwundern/ daß das Geld allen Leuten/ auch vielen
Fuͤr= ſten und Herrn ſo viel Sorg und Anligen verurſachet/
und ſo liſtig auff vie= lerley Raͤnck erhalten wird/ daß daher
Boccalin verurſacht worden/ zu erzeh= len: Wie Euclides in deß
Parnaſſi Gefaͤngſchafft gerahten/ weil er in einer [169]
Figur/ aus ſeiner Kunſt/ Augenſcheinlich erwieſen/ daß
etlicher groſſer Herꝛn Gedanckenlinien/ zugleich auff einen Punct
oder Stuͤpffel lauffeten: benant= lich wie den Unterthanen das Geld aus den
Beuteln zu bringen; und wie ſie ihrer Herrſchafften Vortheil/ und der
Benachbarten Nachtheil ††u erhalten
haben58 8. R. Frau Julia ſolte eben ſo leicht auch das L.
auslaſſen koͤnnen. Es ſteht zu probiren.9. J. Es iſt einem Fuͤrſten/ in deſſen Gebiet eine
groſſe Menge Seidenweber ſich genehret/ dieſer Raht umb
ſeine Einkommen zu verſtaͤrcken gegeben wor= den: Er koͤnte
die groſſe Uhr gebrauchen/ die biß zu End deß Tages 24. Stun= den
zeichne; Dann ſo zu fruͤe von beſagter Uhr gehoͤrt wird 6.
ſo mercke der Seidenweber an ſeinen Fingern her/ 1. 2. 3. 4. 5. 6. und
verſaume inzwiſchen/ den Seidenfaden ſo offt
durchzuſchieſſen; dieſe Verſaumniß/ mehre ſich zu
dem andern und mehrern Stunden. Wann dann der Hertzog die Uhr ver= aͤndern/
und nicht von Sechſen/ ſondern die erſten Tagesſtund von einem
zu [170]
bemercken gebieten wuͤrde/ koͤnte einem jedem Meiſter/ von den
Seiden webern ein benanntes mehr gearbeitet/ und dem Hertzogen/ ſo hoch
beſagte Arbeit be= trifft/ mehr geſteuret werden/ ohn ſein deß
Meiſters einigen Schaden. In dem nun nicht ein tauſend Seidenweber in
ſeinem Gebiet arbeiteten/ trage es das Jahr uͤber groſſe
Summam aus.10. R. Die Frau Julia hat ſich fuͤr dem L. wol zu huͤten
wiſſen/ und die Wort Zehlen/ Schlagen/ ſo vielmal
bedachtſamb ausgelaſſen/ da ſie doch ſolcher
Woͤrter wol bedoͤrfft haͤtte.11. V. Ich will lieber das M. als das L. auslaſſen/ welches zu den
eigentli= chen Namen (nominibus propriis) meiner Erzehlung nicht kan vermitten
bleiben. Die Begierd zu haben/ iſt bey den Reichen ſo groß und gewaltig/
daß ſie deren kein End erſehen koͤnnen/ dahero dann
Kaͤiſer Carl der Fuͤnffte den zweyen Seulen Herculis dieſe
Schrifft beyſetzen laſſen:
|| [171]
Weit daruͤber hinaus.
Da nun Kaͤiſer Carln (wie bey den Waffen zu beſchehen pflegt/) auch
nicht alle Rahtſchlaͤg gegluͤcket/ hat ein Satyriſcher
Schnackenreiſſer/ einen Krebs zwiſchen die beeden Seulen gehengt/
zu verſtehen gebend/ daß das PLUS ULTRA ſey
Krebsgaͤngig worden. 59 12. A. Ich bekenne/ daß ich nichts weiß zu erzehlen/ daß zu dieſer Sach
ſich ſchicken moͤchte.13. R. Das gibt nichts zu bedeuten/ wann es gleich gantz was anders iſt/
nur daß der Buchſtab L. oder M. darbey ausgelaſſen werde.14. A. Es hat ſich einer auff eine Zeit in einer Stadt umb einen
Stadtſchrei= bersdienſt beworben/ wie er nun von den Herrn der Stadt
befragt wird/ ob er eine ſchoͤne Hand/ und ſtudirt habe? hat er
mit Nein geantwortet/ und frey bekant/ ſchreiben koͤnne er nicht. Darauff
er dann ferner gefragt worden: [172]
Wie er dann einen Stadtſchreiber zu geben gedaͤchte/ ſo er nicht
ſchreiben koͤn= ne? Hat er geantwortet: Er gebrauch ſich nur
gewieſer Kerbſtecken/ zu Be= merck ſeiner Sachen/ und habe dar mit
ſo eine ſchoͤne Ordnung/ daß ihms kein Kauffmann in ſeinen
Buͤchern nachthun werde. Ich vermeine/ daß ich das L. und M.
Caſſand.
1. MEin Spiel ſoll viel leichter/ aber auch von Beding gewieſer
Buchſtaben ſeyn/ ſolcher Geſtalt: Es ſolle
jedes von dieſer loͤblichen Geſellſchafft drey Wort
ſagen/ die ſich von SCH anfange
̅
. Als: Die SC Huͤtzen SC
Hieſſen nach de
̅
SC Hirm.2. D. Der SC Hirm iſt wie ein SC Hach/ SC Hwartz und weiß feldiret.3. J. SC Hergen und SC Haarwaͤchter heiſt man auch SC
Huͤtzen.4. V. Der SC Hulmeiſter in der SC Hul hat andere SC Huͤtzen.5. A. SC Hiffarten SC Hutzen SC Hweden und SC Hottland/ ꝛc.
|| [173]
6. R. SC Hmarotzen/ SC Hlaffen und SC Hlemmen ſind SC Hlecker= bißlein/
die wol nehren und uͤbel kleiden.
Degenwart.
1. DAs SCH kompt Fremde/ ſo unſere Sprache lernen wollen/ ſehr
ſchwer an auszuſprechen/ weil nemlich ſolche Woͤrter von
dem Hebræiſchen oder alten Teutſchen/ keines aber meines
Wiſſens von dem Lateiniſchen herkom
̅
et/ welches heut zu Tag
in der Frantzoͤſiſchen/ Welſchen/ oder auch kaum bey der
Spa= niſchen (als der Lateiniſchen Sprach wol erzogenen Toͤchtern)
gebraͤuchlich waͤre. 60 Nun wolte ich wol
auch andere Buchſtaben bedingen/ wann ich der Geſellſchafft mit
Widerholung einerley Sachen nicht verdruͤßlich zu ſeyn be=
foͤchrtete. Will deßwegen von den Buchſtaben zu den Worten
ſchreiten/ und vom Teutſchen Burgerrecht frembder Woͤrter
mich Berichts er= holen.
|| [174]
2. V. Es iſt ein feiner Vortrag/ der nicht ein
Geſpraͤchſpiel/ ſondern zu Rich= tigkeit und
ruͤhmlichen Auffnemen unſer er Sprach/ ein gantzes Buch erfor= derte. Der
Herr vermelde/ wie er das Spiel anzuordnen vermeint.3. D. Es ſoll dieſes Orts nicht von denen Woͤrtern die Frag
ſeyn/ welche von Ankunfft Teutſch/ oder von dem Hebræiſchen
herſtammen/ von denen bereit Meldung beſchehen: ſondern ich bitte/
daß jedes drey Wort vorſchlagen wolle/ welche nicht vom
Hebræiſchen (LIV. 1.) ſondern vom Lateiniſchen/ oder dem
Latein verwandten Sprachen/ Welſchen/ Frantzoͤſiſchen oder
Spani= ſchen herkommen/ und zu dem Teutſchen Stadtrecht
zuzulaſſen ſeyn moͤch= ten. Zu ſolchem Spiel bin ich
veranlaſt worden/ durch die mir angedrohte Straff/ deß
Waſſertrinckens/ wann ich/ wie ſonſten gebraͤuchlich
unteutſche Woͤrtlein mit einwerffe/ deren ich mich nicht ohne
Muͤhe enthalte. Gewiß iſt/ daß der Gebrauch vielmals
verſtaͤndige Urſachen zu boden drucket; oder deut= licher zu
ſagen/ daß der Mißbrauch durch Verlauff der Zeit ſich allen guten
Gewonheiten einflicht und ſelbe unterbricht. Nun haben zwar die alten [175]
Teutſchen/ eine Sprach/ ihrem rauhen Land und verwildten Gewonheiten
aͤhnlich gefuͤhret. Jedoch ſchreibt man/ daß die Voͤlcker
uͤber den Rhein zu der Roͤmiſchen Kaͤiſer Zeiten/
und auch lang bevor/ der Ihrigen Heroiſchen Thaten bey ihren Graͤbern zu
ſingen und zu ruͤhmen gewohnt/ 61 von welchen die noch heut zu Tag in
etlichen Reichsſtaͤdten befindliche Meiſterſinger her=
kommen ſollen. 62
Nachmals aber/ als die Roͤmer theils durch die Waffen/ theils durch
Kauffmannſchafft ſich mit den Teutſchen bekand zu machen/ und
ſich unter ſie zu vermiſchen angefangen/ 63 haben zu gleich die Sprachen miteinander vermenget werden
muͤſſen: ſonderlich aber in ſolchen Sachen/ welche
den Teutſchen bevor gantz unbekand und notwendig mit frembden Worten auszureden
geweſen. Biß endlich Carolus genant der Groſſe/ mit dem Reich auch
die Sprach zu erheben angefangen. 64 Jedoch hat man da= zumal noch nicht
Teutſch ſchreiben koͤnnen/ ſondern in Befehln/ Befreyungs=
briefen und oͤffentlichen Schrifften hat man ſich deß Lateins bedient/
65 biß auff das Jahr 1243. und
hernach erſt das Teutſche mit Lateiniſchen Buch [176] ſtaben
zu ſchreiben begunt/ daher ich dann in den unver greifflichen Wahn
ſtehe/ man ſolle die Baſtardwoͤrter/ welche durch beeder
Sprachen Verehe= lichung und Vermiſchung von unerdencklichen Zeiten legitimiret
worden/ nicht mit Schand und Schmach auszurotten und auszumuſtern begehren/
ſondern ſelbe als Einkoͤmbling erdulten. In ſonderlichem
Bedencken/ daß man viel mals die vermeinte Teutſche Woͤrter weniger/ als
das lang ge= wohnte halb Lateiniſche verſtehen kan/ und die allzulang
eingewurtzte Art zu reden/ nicht wol auszureuten thunlich ſeyn wird. Will man
aber das Latei= niſche beyſetzen/ ſo iſt es nicht
anderſt/ als wie die Egyptier jhren ungeſchickten Gemaͤhlen bey
zuſchreiben gewohnt: das ſolle ein Ochs/ das ſoll ein Loͤw
ꝛc. ſeyn/ und ſcheinet/ es ſey ſolche Art/ wider
Teutſcher Schrifften vermeinten Wolſtand.4. R. Unter der alten Teutſchen/ und den Neuen/ (ich will ſagen den
unſe= rigen Zeiten/) iſt eine merckliche Unterſchied. Damals
ſind ſie in Unwiſſen= heit aller Kuͤnſt/ ja
auch deß Chriſtlichen Glaubens geſtecket/ nachmals iſt die [177]
Kunſt in den Kloͤſtern und Clauſen verſtecket/ und
dem gemeinen Mann ver= borgen geweſt. Wie dann die Reden=und Schreibensart von
zweyhundert Jahren hero gantz geaͤndert worden. Heut zu Tag/ haben wir die hohe
Wol= thaten der Truckerey/ daß dem gemeinen Mann Thuͤr und Thor/ alles und je=
des zu lernen und zu erkuͤndigen offen ſtehet. So iſt es auch mit
der Mahler groben Penſel bewand geweſen; anjetzo aber komt die
Kunſt der Natur ſo aͤhn= lich nach/ daß man faſt darzu
ſchreiben muß/ es ſeye nur gemahlet. Wann nun unſere Sprache
ſo vollkom
̅
en/ und wie erweißlich/ noch Teutſch in Teutſchland
iſt; Warumb wollen wir unſere Zunge mit andern Woͤrtern
beflecke
̅
/ die Kin= der veraͤchtlich hinausſtoſſen/ und
die Baſtardwoͤrter an=und auffnemen?5. D. Der Herr gebraucht ſich ſelbſten deß Worts
Baſtard/ welches von dem Frantzoͤſiſchen
Baſtard, oder Italianiſchen und Spaniſchen Baſtardo
entſprungen.6. R. Der Herr vergebe mir/ wann ich nicht ſeiner Meinung bin/ dann
Baſtard ein Alt teutſches Wort iſt/ und vielmehr ſolches
Fremde von uns/ [178]
als wir von ihnen geborget haben moͤge: Dan
̅
es kommet her von dem
Baſt/
mit welchem man die Pfropfreiſer der inwendigen ſafftigen Rinden einver=
leibet/ bekleibet und anwachſen machet/ 66 und dem Woͤrtlein Art/
das es iſt eine Art/ welche mit andern durch das Baſt
verbunden und gleichſam ge= impffet wird.7. D. Herr Verſpaſian ſolle unſer Richter ſeyn.8. V. Ob ich zwar mich lieber von andern richten laſſe/ als dergleichen
ſorg= ſamen Ambts unterfange; So will ich doch nach meinem wenigen
Verſtand unmaßgeblich entdecke
̅
/ was mich von der Herrn Stritt
beduͤncket. Die frem= den Woͤrter/ welchen das Teutſche
Burgerrecht ertheilet werden ſolle/ muͤſſen dreyerley
folgende Eigenſchafften haben:I. Das ſelbe in unſerer Sprach ermanglen/ oder ohn Umbſchreibung
nicht fuͤglich aus zureden ſeyn.II. Daß ſolche Wort bereit bey jederman bekand/ und auch von
denen/ welche anderer Sprachen nicht kundig/ verſtanden werden.
|| [179]
III. Daß ſelbe ſich Burgerlich halten/ ich will
ſagen/ Teutſch geſchrieben/ und Teutſch geendet werden.
Jedoch will ich/ wie gedacht/ dieſe meinung/ mehr verſtaͤndigen
huͤlfflichem Erachten willig unter werffen/ und nach Be= richt jeder zeit zu
aͤndern erbietig verbleiben/ er innere mich hierbey/ daß jener 67
ſagt/ es beduncke ihn/ wann er hoͤre fremde und teutſche Wort
untereinander vermengen/ und gleichſam verunehlichen/ es kuͤtzle ihm ein
Floh im Ohr.9. D. Nun wollen wir unter dieſe Regul die Exempel/ oder nach deß Herrn
Weiß zu reden/ unter dieſen Lehrſatz die Beyſpiel ſetzen:
Campiren/ canoni= ren/ marchiren/ ꝛc. ſind ſo
gebraͤuchliche und jederman verſtaͤndige Woͤrter/ daß ob
ſie wol aus fremden Landen zu uns gelanget/ ſie doch wo nicht fuͤr
Burger/ jedoch fuͤr Angeſeſſene und
Stadtsgenoſſen/ nicht mehr werden aus= zuſchaffen ſeyn.10. V. Eine boͤſe Gewonheit/ kan kein gut Geſetz
heiſſen. Ich bekenne zwar gern/ daß wann ich bey Soldaten mich befinde/
daß ich dergleichen Wort zu gebrauchen nicht Bedenckens tragen wolte; unter
Frauenzimmer aber/ oder [180]
Liebhabern der reinen Teutſchen Sprach wolte ich ſagen: Zu Feld ligen
(cam- piren/) mit Stucken beſchieſſen (canoniren/) ziehen oder
reiſen (marchiren ꝛc.) daher die Alten den Heerzug/ den
Marſch genennt.11. J. Es iſt gewißlich laͤcherlich/ wann die aus Franckreich
widerkommen= de junge Geſellen/ unter dem Teutſchreden nur etliche
Frantzoͤſiſche Wort mit einquaͤtzſchen/ und nicht
eine Sprach ohne die andere reden wollen/ noch aus Gewonheit reden koͤn
̅
en.
Jedoch frage ich/ (dem Spiel ein Genuͤgen zu thun/) ob nicht dieſe
faſt von allen und jeden angenommene Wort: die Dame/ der Cavalier/ die Compagnie
ꝛc. zuzulaſſen?12. V. Es kan niemand hierinnen Ziel und Maaß (wie unterſchiedlich er=
waͤhnt/) fuͤrgeſchrieben werden. Ich ſtehe in den
unvergreifflichen Gedan= cken/ es laute beſſer/ die Jungfrau oder Frau/
als die Dame, der Ritters= mann/ als Cavalier/ die Geſellſchafft oder
Genoßſchafft/ als Compagnie/ oder in andern Verſtand ein Fahnen oder
Faͤhnlein Soldaten. Dann die Woͤr [181] ter
ſind gleich den Rechenpfenningen/ wie man ſie legt/ ſo gelten
ſie/ wie man ſie gebrauchet/ ſo muͤſſen
ſie verſtanden werden.13. A. Man ſagt im Sprichwort/ wann man unter den Woͤlffen iſt/
ſo muß man mit heulen. Sonderlich/ weil ſehr verhaſſet/ und
bißweilen gefaͤhr= lich/ etwas beſonders einfuͤhren/ und Handhaben
wollen. Dann wer will den jungen Leuten das meritiren/ ſerviren/ obligiren
ꝛc. aus dem Mund nemen/ und ſie zugleich nicht faſt
verſtummen machen?14. V. Dieſe ſind uns gantzunnoͤtige Woͤrter/ und
beduncket mich/ es klin= ge beſſer/ ſo ich ſage: Ich achte
mich dieſer Gunſt unwuͤrdig/ und verbun= den
ſelbe auff alle Begebenheit/ aͤuſſerſten
Vermoͤgens zu bedienen ꝛc. Als: Ich meritire die gratiam nicht/
und bin obligiret, dem Monſieur widerumb omnibus viribus zu ſerviren.
Dame und Cavalter ſolten noch ehe erdultet werden koͤnnen/ als
erſtbeſagte Arten zu reden.15. R. Dieſe Woͤrter firmament, diſcretion, fundament &c.
koͤnnen ſo [182]
wol wegen ihrer Endungen/ als Erkantnus Teutſch geſchrieben/ und nicht
mehr fuͤr fremde gehalten werden.16. V. Es wird niemand in Abred ſeyn/ daß die von andern Laͤndern zu uns
gebrachte Gewaͤchs/ Fruͤchten/ Blumen/ Gewuͤrtz und
Kleidungsarten/ mit fremden Namen zu nennen/ weil ſelbe durch den Gebrauch
gleichſamb ge= teuſcht werden/ als Citronen/ Tulipanen/ Indigo/
Muſcat ꝛc. firmament a= ber kan heiſſen die Feſte
deß Himmels/ diſcretion Beſcheidenheit/ fundament ein Grund/ ꝛc.
Gewißlich es iſt uns Teutſchen viel ruͤhmlicher/ unſere Sprach
auszuuͤben/ als ſelbe mit andern Worten beſchaͤmen/ aus
flicken/ durch frem= de Woͤrter vertunckeln/ und nach un
̅
nach gantz
verderben un
̅
vernichten. Da wir vielmehr bemuͤhet ſeyn
ſolte
̅
/ auch die Kunſtwort (Terminos artis) ſo viel thunlich/
auszureden/ und verſtaͤndlich mit nachdruͤcklichen Bedeutungen zu
teutſchen/ wie Stevin in Niderland gethan/ und es dahin gebracht/ daß man
deß Lateins ſo wol/ als der Granataͤpffel entrahten kan.17. C. Wolte der Herr nicht paſſiren laſſen/ wann ich
ſage/ der Autor/ das. Proviant/ der Potentat.
|| [183]
18. V. Nicht paſſiren/ ſondern gelten koͤnnen
ſolche Wort/ weil ſie teutſch ge= endet/ von jederman
verſtanden/ und Teutſch geſchrieben werden. Im Fall a= ber ich
ſolte teutſchen Chapperon garçettes, galouches &c.
muͤſte ich entweder dieſe Wort noch zur Zeit behalten oder
ſo beſchreiben und umbſchreiben/ daß mich die/ mit welchen ich
darvon rede/ verſtehen.
Julia.
1. AUs erſterwaͤhnten/ will ich ein Spiel von den Umb=oder
Beſchreibungen der heimlichen auffgegebenen Sachen
fuͤrbringen. Herr Degenwert/ er beſchreibe einen b ꝛc. und
ſa= ge wider ſeine Jungf. Nachbarin in dz Ohr/ was ſie
beſchrei= ben ſolle/ Sie dann wider jhrem Nachbarn/ und ſo
fortan.2. D. Nun beliebe der Jungf. Caſſandræ zu rahten was mir zu
beſchreiben auffgegeben worden: Es hangt an ſubtilen Stricken/ iſt
veracht wan
̅
es leicht/ und beliebt/ wann es ſchwer iſt/ hat
ſeinen Namen von der Soldaten Hand= werck.
|| [184]
3. C. Es iſt ein Beutel/ alſo von Beuten genandt. Mir iſt zu
beſchreiben auffgegeben worden/ ein Ding/ das noch Holtz/ noch Aſchen
iſt/ ſondern etwas darzwiſchen/ es verbleibt noch auff der Erden/
noch in den Wolcken/ ſondern darzwiſchen; es iſt noch weiß noch
ſchwartz/ ſondern hat zwiſchen beeden eine Mittelfarb.4. R. Das iſt meines Erachtens der Rauch. Die Sache/ welche mir zu umb=
ſchreiben fuͤrgegeben/ iſt faſt dergleichen: Es iſt
weder Holtz/ noch Aſchen/ noch Rauch/ ſondern etwas zwiſchen
dieſen allen; Es iſt noch hart/ noch weich/ ſon= dern alles
beedes; Es iſt ſchwartz und bleibt nicht ſchwartz/ nutzet vielen/ und
ſchadet nicht wenigen.5. A. Das iſt die Kohlen. Meine Auffgab iſt noch viel wunderlicher. Es
iſt ein Ring und iſt kein Ring; es iſt nicht auff der Erden/ und
nicht in dem Him= mel/ es hat keine gewieſe Farb/ und hat alle Farben.6. V. Iſtes nicht ein Regenbogen?7. A. Ich habe es ſo deutlich beſchrieben/ daß der Herr hat errahten
muͤſſen.
|| [185]
8. V. Mir iſt zu beſchreiben auff gegeben worden ein Thier/ welches Eyr
legt/ ſich Sommers auff den Haͤuſern auffhaͤlt/ hat
ſchwartz und weiſſe Federn/ roh= te Fuͤß/ und einen langen
Schnabel/ komt den Fruͤling und ziehet den Winter widerumb weg/ nehrt
ſich ohn ander Leut Schaden von Gewuͤrm un
̅
Froͤſchen.9. J. Das iſt ja leicht zu rahten: Es iſt ein Storch.10. V. Nein/ meine Frau/ es iſt eine Stoͤrchin/ dan
̅
die
Stoͤrch legen keine Eyr.11. J. Ich bedancke mich deß guten Berichts. Es rahte aber der Herr/ was mir zu
beſchreiben auffgegeben worden. Es iſt zwey und ein halbmal rund/ wird
von den zartſten Aſchen und eines Thiers Haut gemacht/ zu Behuff deß
fuͤr nemſten Menſchlichen Sinnes.12. D. Wann es keine Brillen iſt/ ſo weiß ich nicht/ was es ſeyn
moͤchte/ daun dieſelbe von zwey runden Glaͤſern mit einer
halben Rundung/ von Le= der zuſammen gehangen iſt/ und zu deß
Menſchen Geſicht/ als dem fuͤrnemſten Sinne dien=
lich.
|| [186]
Veſpaſian.
1. DAß das Geſicht/ oder Sehen der vortrefflichſte Sinn deß
Menſchen ſeyn ſolle/ laͤſt ſich noch wol
zweiffeln; maſſen die in nerlichen Sinn/ von den
aͤuſſerlichen zu unterſcheiden/ (Senſus interni
diſtinguendi à ſenſibus externis,) und wer= den derſelben
drey gezehlet/ Namlich: die Fuͤrbildung (Imagi- natio,) dardurch die Bilder/ von
welchen ſie alſo genennet/ gefaſſet werden; die
Gedaͤchtnus: (Memoria) un
̅
der Verſtand/ (Intellectus) oder die Beurth=
lung derer Ding/ welche von der Fuͤrbildung und Gedaͤchtnus
vorgeſtellet werden. Unter dieſen Sinnen iſt nun der
Verſtand der fuͤrnemſte/ als welcher nicht ſo leicht/ als
die beyden andern/ die Fuͤrbildung und Gedaͤchtnus/ ver= nachtheilt oder
betrogen werden kan.2. J. Es iſt die Frag nicht von den innerlichen/ ſondern von den
aͤuſſerlichen Sinnen/ welche der Fuͤrbildung und
Gedaͤchtnus/ von Gottwunderſam ver [187] ordnete
Werckzeug heiſſen/ dardurch ſie alle Sachen bey deß
Menſchen faſt unergruͤndlichen Verſtaͤndnus
ausfuͤndig machen. Unter dieſen nun hat meines Erachtens/ das Sehen/ oder
das Geſicht den billichen Vorzug/ in dem es alle Hertzensregungen/ als in einem
hellen Spiegel fuͤrweiſet; Geſtalt die Augen durch den Zorn
ſich mehr als ſonſten eroͤffnen/ in der Lieb ſchmeich=
len/ und ſich gegen das Beliebte neigen und wenden/ in Traurigkeit rinnen/
und ſich gleichſamb verbergen; Inſonderheit aber der
Fuͤrbildung und Ge= daͤchtnus fuͤrtreffliche Dienſt
leiſten. Zu verwundern iſt auch bey dieſem edel= ſten Sinn
und Glied deß Menſchen/ daß ſelbes faſt alle unterſchiedliche
Far= ben an den Augapffeln hat/ graulicht/ ſchwartz/ braunlich/ ꝛc. die
Thier aber (ausgenommen die Pferd) alle einerley Farben/ und einerley Sehnerven
(muſculos opticos) die ihnen die Augen gegen der Erden unterſich richten/
und ſchlagen/ haben. 68 Der
Menſch aber kan ſein Angeſicht uͤber ſich erheben;
und ſolle ſolches von jrdiſchen Sachen ab=und nach dem/ was droben
iſt rich= ten und wenden.
|| [188]
3. D. Der Fr. Meinung hat ein feinen Schein/ aber vielleicht wenig Grund. Dann
ſolte das Geſicht der fuͤrtrefflichſte unter Menſchen
Sinnen ſeyn/ ſo wuͤrde folgen/ daß die Blinden/ (als welche
deſſelben ermangeln/) geringen oder gar keinen Verſtand haben
muͤſten. Nun iſt aber im Gegentheil erweiß= lich/ daß die Blinden
es den Geſehenden vielmals bevorthun; in dem ſie nicht (Plurimis objectis.) von mancherley
Gegenwuͤrffen im Nachſinnen/ und den Betrachtungen (meditationibus)
verhindert/ und wendig gemachet werden. Daher auch Democritus 69 damit er ſeinen Gedancken ohne Hindernus
nachſetzen koͤn= nen/ jhm die Augen ausſtechen
laſſen. Ohn ſo gefaͤhrliche Erfahrung/ iſt ſol=
ches daraus auch zu erweiſen/ daß bey Nacht/ da man nicht ſihet/ die
Gedan= cken viel ſchaͤrffer und gruͤndlicher/ als bey Tag/ da man
ſich der Augen ge= brauchen muß.4. C. Man betrachte hingegen das Gehoͤr/ wie das Ohr rund gewoͤlbt/
unď
der Ton in demſelben gleichſam widerhallet/ wie die liebliche
Muſic/ das Hertz und Gemuͤt dardurch erreget/ wie alle
Kuͤnſte und Wiſſenſchafften dardurch [189]
erlernet/ wie die Erkaͤntnus Gottes durch das gehoͤrte Wort erhalten und
be= halten wird/ daß auch den Blinden das Evangelium geprediget/ deſſen
die Tauben faſt nicht faͤhig zu ſeyn ſcheinen. Halte
dieſem nach das Gehoͤr weit hoͤher als das Geſicht.5. C. Es iſt gewiß auch deß Geruchs alhier nicht zu vergeſſen/ Es
iſt ein un= ſichtbares Ding/ das gleichſamb gantz von
ſubtilen Geiſtern/ durch den Lufft unſer Hirn erquicket und
erfreuet: dardurch Gott ſonderlich zu verſtehe
̅
gebe
̅
/ daß wir
Menſchen nicht allein an das Sichtbare unſere Gedancken binden;
ſondern viel mehr deß Unſichtbaren (maſſen wir den Geruch
pruͤfen/ und nicht ſehen/ noch betaſten koͤnnen) uns
vergewieſern ſollen. Wie denn auch von Gott Rauchwerck zum
ſuͤſſen Geruch auff ſeinen Altaren anzuzuͤnden
befohlen worden. Iſt alſo unter den fuͤnff Sinnen der Geruch nicht
fuͤr den minder= ſten zu halten.70 6. R. Es iſt der gemeine Wahn/ daß zu dem beſagten Dreyen/ noch der Ge=
ſchmack und das Anruͤhren/ alſo in allem fuͤnff Sinn
ſeyn. Daß dieſes unge [190] gruͤndeter
ſcheinet unter andern daraus/ daß der Geſchmack nichts anders als
ein Anruͤhren und Koſten der Speiß zu achten/ und ſo mancherley Unter=
ſcheid der Dingen ſich befindet/ ſo vielerley Pruͤfung der
Sinn ſolten koͤnnen gezehlet werden 71 7. A. Ein jeder haͤlt ſeine beſondere Meinung: Einer liebt ein
ſchoͤn Gemaͤhl/ der ander ein lieblich Geſang/ der dritte
ein wolriechende Blum/ der vierdte ein Schleckerbißlein/ und der fuͤnffte etwas
ſubtil und lindes zu betaſten; Die= ſes iſt nun das
fuͤrtrefflichſte/ welches am beſten gefaͤllt und fuͤr
andern auser= leſen wird.8. V. Es hafftet nicht an der Meinung dieſes oder jenes/ ſondern an der
Wuͤr= digkeit der Sachen ſelbſten. Dann ſo ich frage/ ob
einer lieber Blind/ oder Taub/ oder die Strauchen haben und ohn Geruch ſeyn/
oder den Geſchmack verlieren/ oder nichts betaſten ſolte?
Wuͤrde er vielleicht die Herrnkranck= heit erwehlen/ und unter dieſen
allen/ den Geruch am liebſten miſſen wol= len. Es folgt aber
keines wegs daraus/ daß der Geruch der geringſte unter [191]
den Sinnen zu achten; Wie aus Jungf. Angelica gegebenem Exempel nicht
erwieſen/ daß das/ was dieſer oder jener wehlet/ das
fuͤrtrefflichſte ſey. Das beſte Geſicht iſt
ein guter Verſtand; die lieblichſte Muſic/ ſein waares Lob
hoͤ= ren; Der fuͤrtrefflichſte Geruch ein guter Namen (daher) man
vielleicht ſagt ein gut Geruͤcht haben/ (die)
ſuͤſſeſte Speife ein gut Gewiſſen; und das
nied= lichſte Betaſten/ ſeine liebe Kinderlein in den Armen haben.
Sonſten aber bleibt es darbey/ daß unter den aͤuſſerlichen
Sinnen das Geſicht fuͤr allen an= dern den Vorzug hat vnd
behaͤlt.
Angelica.
1. NAch Veranlaſſung jetzt beſagten/ bitt ich die geehrte Geſel=
ſchafft wolle geruhen/ Urſachen anzuzeigen/ wegen welcher
beſſer zu ſeyn ſcheinen moͤchte/ Blind/ als
ſehend ſeyn.
72 2. V. Wir werden niemand uͤberreden/ daß er jhm die Augen ausſtechen
laſſe/ aber zur Kurtzweil/ oder einen Blinden zum Troſt/
laͤſt ſich dieſe/ und [192]
noch viel andere ungereimbtere Sachen behaubten. Daß es nun beſſer
ſeye Blind/ als ſehend ſeyn/ will ich anfaͤnglich
ſchlieſſen/ weil die Blinden ein beſſere
Gedaͤchtnus/ als die Sehenden/ und was ſie gehoͤrt oder erlernet/
faſt die Zeit jhres Lebens unvergeſſen behalten/ was aber
fuͤr eine fuͤrtreffliche Gabe ſeye eine gute Gedaͤchtnus/
73 und
gleichſamb die Schatzkammer aller Wiſſen= ſchafften haben/
erfahren die/ welche daran Mangel leyden/ un
̅
gewieß ohn der Gedaͤchtnus
hohe Wolthaten/ wuͤrden wir taͤglich ſeyn/ als erſtgeborne und
unverſtaͤndige Kinder.3. J. Der Blinde/ hat auch nicht die viel=und manigfaͤltige Beſchwerden/
welche die Sehenden bey dieſen jaͤmmerlichen/ erbaͤrmlichen
Kriegszeiten anſchauen muͤſſen; ſo viel verarmete/
vertriebene/ bejammerte Leut; ſo viel ſtol= tze/ unbarmhertzige/
tyranniſche Soldaten; ſo viel eingeaͤſcherte/ verderbte/ ver=
oͤdte Staͤdt/ Doͤrffer vnd Felder; So viel leichtſinnige/
Ehrvergeſſene/ un= verſchaͤmte Dirn/ ꝛc. Daher Job
ſagt/ er habe mit ſeinen Augen einen Bund gemacht/ daß ſie nicht
nachſehen ſollen den Eitelkeiten dieſer Welt: Er will [193]
ſagen/ er habe ein Band gleichſam umb ſeine Augen gebunden/ daß
ſie ſollen blind ſeyn/ gegen allen Sachen/ die jhn zum
Boͤſen verleiten moͤchten.4. D. Die Blinden doͤrffen auch nicht befoͤrchten/ daß ſie umb
jhr Geſicht kommen/ daß die Augen ihnen verderbet werden/ oder daß ſie
etwas ſehen/ das jhnen nicht gefalle. Daher haben vielleicht die Poeten
Cupidinem/ oder die Lieb blindgedichtet/ weil alle Verliebte gluͤckſelig
ſich in jhrer Blindheit beduncken.5. C. Die Blinden haben auch den Vortheil/ daß jhnen niemand die Bril= len
zerbricht/ ſondern erſparen denſelben Unkoſten/ und kan jhnen
auch nie= mand fuͤrwerffen/ daß ſie jhren Nechſten ſchel
anſehen.6. R. Was Plato 74 von den Koͤnigen und
Weißheit/ oder Vernunfftleh= rern geſagt/ daß ohne ſelber Regierung ein
Reich nicht gluͤckſelig ſeyn koͤnne/ daß kan man
fuͤglich auch von den Blinden ſagen: kein Regierungkan beſte= hen/
darinn die Obrigkeit nicht blind iſt/ oder die Blinden nicht Oberherrn
ſeyn. Nemlich daß bey jhnen nit iſt das Anſehen der Perſon/
vnd die Gerech= tigkeit mit verbundenen Augen nicht allezeit mit zu Raht ſitzet.
Waͤre alſo [194]
beſſer die Fuͤrſichtigen/ oder fuͤr
ſich ſichtige und zu jhrem eigen Nutzen ab= ſehende Obere
blind waͤren/ als daß ſie ſehend ſeyn.(Plemmyi.) 7. A. Die Blinde
̅
ſind wie die Voͤlcker75 von welchen man ſchreibt/ daß
ſie jhre Augen auff oder in der Bruſt tragen: jhr Hertz un
̅
Gedancken
iſt voll Verſtand/ voll tieffer Sinn/ voll reiffes Nachdenckens/
ꝛc. Wie bevor auch (LXXIV. 3.) deſſen Anregung geſchehen.
Wie wol zweiffelhafftig iſt/ daß ſich dergleichen Leute finden.
Raymund.
1. DIeſem nunmehr ausgeuͤbten Wider=Meinung=Saͤtzen will ch
nachſetzen; daß viel beſſer ſeye/
Naͤrꝛiſch/ als Klug/ ſeyn/
76 bittend
daruͤber der Geſpraͤchliebenden Geſellſchafft
kurtzweiliges erachten.2. C. Ich glaub dieſen Vortrag waar; dann denn Narren hat man nirgend wo
etwas fuͤruͤbel/ jeder man muß jhnen ausweichen/ zu guten halten/ und wie
man zu ſagen pflegt/ auff den Rucken tragen.
|| [195]
3. D. Ja/ wann er nicht zu ſchwer iſt. Fuͤrſten und Herrn
vertragen die Narꝛn gerne/ wann ſie hoͤflich ſeyn/ weil
ſie die Warheit von niemand anders hoͤren wollen/ als dieſelbe mit
Schertz verſuͤſt vorbringen/ daher das Sprich= wort komt: Kinder
vnd Narꝛn/ ſagen die Warheit.4. J. Was Sorgfalt und Kuͤmmernus ſind doch die Narꝛen befreiet?
es iſt die gantze Welt jhr/ und tragen doch deßwegen keine Verantwortung. Sie
haben nicht viel zu gewinnen/ und noch weniger zu verliehren; da hingegen alle
andere Menſchen voll Sorgen und Betruͤbnus/ umb Ehr/ umb Geld/ umb
Freundſchafft/ umb Kleidung/ umb Haus und Hof. ꝛc.5. V. Ja/ was hat manchen geholffen/ daß er ſich gleich einem Narꝛn
geber= det? Durch ſolche nur angemaſte Thorheit haben viel jhre Ehr und
Gut/ ja Leib vnd Leben errettet/ welches ſie ſonſten in die
Schantz ſchlagen vnd verliehren muͤſſen/ wie an dem
Koͤniglichen Propheten David ein Beyſpiel zu ſehen/ als er
ſich fuͤr dem Koͤnig Achis 77 ungeberdig
ſtellete.6. A. Man ſagt ſonſten/ es iſt ein ſchlecht Ding/
das ein Kind erfreuet; aber [196]
noch viel ſchlechtere Sachen erfreuen einen Narren. Einen jeden wie das
Sprichwort lautet/ erfreuet ſein Kappen/ ein jeder liebet ſein Kolben. Da
hingegen andere kluge Leut/ faſt die gantze Welt mit eiferigen Begierden
verlangen/ und mit ſo ſchlechten Sachen ſich nicht
abſpeiſen laſſen wollen.7. R. Fuͤrwar wann man aus der Menſchen Thun und Laſſen
die Thorheit ausmuſtern ſolte/ wuͤrde vielleicht wenig
uͤbrig verbleiben. Wie thoͤricht be= muͤht man ſich doch
die Zeit deß gantzen Lebens uͤber/ etlich wenig Wort der Grabſchrifft
beyzuſetzeu? mit was wunderſamer Gefahr bringt man aus der andern/ und
dieſer Welt tieffſten Erdenklufften/ einen gelbglintzenden Kieß
herfuͤr/ welcher von der Menſchen Thorheit uͤber alles
hochgeachtet wird? Wie brangt man doch mit Perlen/ Corallen/ Edelgeſtein/ als
wann ſolche lebloſe geringe Sachen/ mit jhren Glantz/ den
Naͤrꝛiſchen Menſchen zieren koͤnten/ da er doch weit
herrlicher und koͤſtlicher als ſolches alles zu achten
waͤre/ wenn er ſich ſelbſten ſo vielen eitelen.
Thorheiten nicht unterwuͤrffig machte. Bey Fuͤrſtenhoͤfen
ſind vielmals die Narren in beſſern An [197] ſehen/ als kluge und verſtaͤndige Leut/ und weiß ich
mich inſonderheit zu beſcheiden/ daß in Spanien ein Licentiat jhm aus
ſchwermuͤtigen Gedan= cken eingebildet/ er ſey gantz von Glas/ und
hat jederman/ der ſich zu jhm nahen wollen/ gebeten/ daß man jhn ja nicht
anruͤhren oder zerbrechen ſondern mit Stroh fleiſſig
einbinden ſolte; benebens viel andern der= gleichen verruckten
Einfaͤllen. Bey dieſen betruͤbten Zuſtand dann er durch
mitleidiger Leut Almoſen und Gutthaten ernehret und erhalten wor= den/ biß er
endlich zu ſeinem voͤlligen Verſtand wider gelanget/ und von der
Wahnwitzigkeit geheilet worden iſt. Weil aber nachmals jederman die Hand von jhm
abgezogen/ vnd er ſich deß Hungers nicht hat erweh= ren koͤnnen/
iſt jhm die Gluͤckſeligkeit ſeiner Thorheit erſt
eroͤffnet worden/ und hat bekennen muͤſſen/ daß die Narren
viel ehe in dieſer Welt jhren Unterhalt finden koͤnnen/ als
verſtaͤndige Leut. 78
|| [198]
|| [199]
Caſſandra.
1. SO ſolte wol auch koͤnnen behaubtet werden/ daß beſſer
ſeye haͤßlich/ als ſchoͤn von Geſtalt zu
ſeyn?2. D. Die Schoͤnheit iſt wie die Kaͤiſers Krone/ die
fuͤr die ſchoͤnſte Blume anzuſehen/ hat aber einen
uͤbelen Geruch.3. J. Dieſe Warheit ſolte man ſchoͤne Jungfrau.
ſchwerlich glauben machen/ etliche leichtlich uͤberreden. Was iſt
aber/ die von jhren Buhlern ſo hoch belobte Schoͤnheit? Sie iſt
eine Blume/ welche vergehet/ ſo bald ſie auffgangen/ welche der Wind
beraubet/ der Regen abſchlaͤgt/ und ſo zart/ daß ob man ſie
ſchon nicht anruͤhret/ ſie dannoch jhren Vntergang in jhrer
Schwachheit findet. Eine kurtze Gewaltſamkeit/ in dem ſelbe auff ein
Zeitlang Verwunderung/ nach Verlauff wenig Jahr aber Ver= achtung vnnd Verlachung
beurſacht. Ja wann gleich die Zeit durch Laͤnge das liebliche
Angeſicht nicht verruntzelt unnd angelbet/ ſo mag leicht ein Fieber oder
Kranckheit ſich befinden/ welche ſolchen [200]
Ruhm mit Schmertzen und Sehnen verliehren machet. Da hingegen die
Haͤßlichen ſolcher unbeſtaͤndigen Gaben Verluſt
ſich nicht zu befahren haben.4. V. Die Schoͤne hat viel Verfolger/ und ſelten ohne Verachtung anderer
neben ſich. Sie befindet ſich zwiſchen der betruͤglichen
Lieb haberin uͤber maͤſſi= gen Lob/ von Hoͤflichkeit
umbgeben/ und von vielen Auffwartern gefolget/ ja es iſt ſchlechte
ſicherheit bey Beſitz ſolcher Dingen zu gewarten/ nach welchen jeder=
maͤnniglich ſtrebet; ſondern vielmehr zubefahren/ daß nach
erweckter Luſt/ und veranlaſter Wolluſt/ endlich der
groͤſte Verluſt/ mit bereulichen Scha= den daraus erwachſe.
Dieſes alle ſind die Haͤßlichen leichtlich entfreiet.
Gefaͤllt euch meine zarte Haut/ ſagte jene Jungfrau/ ſo
wuͤrde ſie euch miß= fallen/ wann jhr ſie auff der andern Seiten
ſehen ſollet.5. A Ach was Thorheit iſt doch auff leibliche Schoͤnheit vertrauen/ und
das ſchoͤnſte an dem Menſchen/ das Gemuͤt und den
Sinnreichen Geiſt/ dar= durch ſeiner Beherrſchung entſetzen
wollen. Tugend iſt die waare Schoͤnheit/ und ohn dieſe kan man
ſelbe fuͤr ein koͤſtliches Gefaͤß mit verborgenem Gifft
[201]
halten. Die Schoͤnheit Helenæ hat gantz Griechenland in die Aſchen
geſetzet/ die Schoͤnheit Lucretiæ hat gantz Rom in die Waffen
gebracht. Wie man= che tapffere Helden ſetzen Leib und Leben/ ja jhre Seel noch
heut zu Tag wegen einer ſchoͤnen Buhlſchafft/ aus
Eiferſucht auff die Spitzen/ und vermeinen mit dem Eiſen (den Degen
ſage ich) auszufechten/ das offtmals mit Gold leichter zu
uͤberwinden.6. R Es verbleibt bey jenes Koͤnigs Ausſpruch/ daß kein Feſtung/
da ein mit Gold beladner Eſel eingelaſſen werden kan/
unuͤberwindlich ſeye. Dieſes iſt bey den Schoͤnen
ſo viel ehe zu erfahren/ weil ſie niemals mit Begabung ihrer
vortrefflichen Geſtalt zu frieden; ſondern ſich bemuͤhen
ſolche mit koſtba= ren Kleidungen und Zieraht zu ſchmucken und
ſchmincken: in dem Wahn/ das ſie ſonſten ihr Schoͤne
ſelbſt vernachtheilen/ und in Schand und Spott ſetzen
moͤchten. Gewieß unter der Welt Eitelkeiten iſt die Schoͤnheit die
forder= ſte/ und ſo viel Gefahrſamer/ weil ſie faſt
mehr als anders auf das Irdiſche un
̅
Vergaͤngliche ſehen macht. Ich will meine Meinung durch eine Gleichnis
ſa [202] gen. Es hatte ein Herr zween Diener/
deren der eine ſchoͤn/ getreu/ vnd mit groſſen Fleiß
ſeinen Dienſten oblage: Der ander war ein ſchwartzer/ abſcheuli=
cher Mohr/ (gegen dem erſtbeſagten zu rechnen/) und trachtete
ſeinem Herrn nach dem Leben/ veruͤbte auch zu unterſchiedlichen
malen ſolche Frevelthaten/ daß er ohn den getreuen Mitdiener ſeinen
boͤſen Fuͤrſatz ohn allen Zweiffel in das Werck
geſetzet haͤtte. Ob nun dieſes alles dem Herrn nicht
unwiſſend ſeyn koͤnnen: ſo hat er doch den Mohren
ſehr lieb und thate jhm alles guts Gu= tes/ unterhielt jhn mit Kleidern/
Koſt und allerley Notdurfft: verſtieſſe hinge= gen den
getreuen Diener/ un
̅
will ſeinen wolmeinenden Vermahnungen noch
Gehoͤr/ noch Statt geben. Nun frage ich/ ob nicht dieſer Herꝛ groß
unrecht thue?7. C Niemand wird es anders ſagen/ in dem er die getreuen Dienſt mit Un=
danck erkennet/ und die Vntreu mit Wolthaten belohnet.8. R. Dieſer Herr iſt deß Menſchen freier Will/ der hat an
ſeinem Gewiſſen einen getreuen/ an ſeinem Leib aber/ einen
unflaͤtigen/ ungetreuen/ verderbli= chen Diener/ mit dieſen beeden
verfaͤhrt er obgedachter maſſen. Wie kan man [203]
ſich aber auff leibliche Schoͤnheit verlaſſen? Auff ein
zerbrechlichen Rohrſtab ſich ſteurn/ heiſt mit guten
bedacht zur Erden fallen. Weil wir uns taͤglich un= ſerem Untergang
nahen/ ja taͤglich an Kraͤfften deß Leibs abnemen: wie ſolte dann
die zufaͤllige Geſtalt beharren koͤnnen/ da jenes/ dieſes nach
ſich ziehet: und die Schoͤnheit den Leib am erſten
verlaͤſt/ mit ſo viel Verlangen/ als ſie Belieben
verurſachet. Wie in kurtzen kan die Todenfarb dierohten Wangen erbleichen; das
guldene Haar/ theils grauen und ſilbern/ theils entfallen und bloͤden:
die Runtzeln muͤſſen die Vielheit der Jahr an der Stirne bemercken:
die Son
̅
en der ſo angenemen Aeuglein werden zu Cometen/ unter einer Wol=
cken verduͤſtert: Das Helffenbein in Coralen gefaſt (ich
ſage die Zaͤhn) muͤſ= ſen erſchwartzen/
verhoͤlen/ erſtincken: die Schnee=weiſſen Haͤndlein
verfallen wie der Schnee/ und ermagern biß auff die Gebein. Zu dieſem komt/ daß
der Kopff ſich zu der Erden neiget mit zittern/ als ob er mit Todesfurcht
berucket/ ſolches alles fuͤrwar bejahen muͤſte. 79 Schauet/ wie wunderſam die Schoͤnheit bey allen Weibern/ wie
voll Eitelkeit ſie bey dem Jungfrauen iſt.
|| [204]
9. C. Ich verwundere mich/ daß eine boͤſe Sache/ ſo gute
Vorſprecher gefun= den hat. Was von der Gefahr und Beſchwer/ ſo
ſich bey der Schoͤnheit befin= den ſoll/ geſagt worden;
iſt gewißlich zu glauben/ daß wann ſolche liebreiche Ei=
genſchafft/ ſolche ungemeine Gab deß Himmels/ ſolcher Paßbrieff
der Natur/ auff den Straſſen in dem Weg zu finden waͤre/ ihrer
viel denſelben zu ſuchen/ fruͤe auffſtehen ſolten;
aber es iſt ſolche Wuͤrdigkeit wenigen verliehen/ und hat Gott
ſelbſten die jenige Sachen/ welche zu ſeinen Altaren nahen
ſolten/ als die Cherubim und Seraphim mit ſchoͤnen
Engels=Angeſichten zu verfer= tigen befohlen. Was iſt aber unter
irdiſchen Sachen/ das nicht auch von Veraͤnderung und
Verwechſelung der Erden theilhafftig werde. Wie ſolte dann die leibliche
Schoͤne von der allgemeinen Bewantniß aller Dinge aus= genom
̅
en ſeyn:
Ja ſie verharret auch wol/ biß in das Alter/ dan
̅
auff einen lieb= lichen
Fruͤling/ er folgt ein angenemer Herbſt ſagt man in dem Sprichwort.
80 10. Wann ſich aber iebißweilen die Schoͤnen uͤberwinden
laſſen/ ſo iſt die Schuld vielmehr dem geilen
Gemuͤt/ als dem Geſicht beyzumeſſen. Eine [205]
Feſtung iſt fuͤr ſich ohne Schuld/ wann der/ ſo
ſolche bewahren ſolle auffgibt; die Schuld iſt deß Hauptmanns/ und
nicht deß Schloſſes. Hingegen ſind die Haͤßlichen mehr
bemuͤhet; wie ſie ſich der Verachtung/ als der Verfolgung er=
wehren wollen. Dann weil man ihnen nicht zuſetzt/ kan man von ihrer Stand=
hafftigkeit nit urtheilen/ un
̅
iſt die Gedult/ die Tugend/ deren ſie
am meiſte
̅
von= noͤthen haben.11. Ferners kan wol eine unſchuldige Urſach/ dieſen vor jenen
ſuͤndigen machen: gleich wie das guldene Tag Liecht die Son
̅
e/ das
Geſicht ver= blendet und verduͤſtert/ dem/ der allzuſtrang
ſolches ſchoͤne Geſtirn anſchauet. Iſt aber
je Untugend in wolgeſtalten Weibsperſone
̅
/ ſo kan der Gifft aus Re=
den und Geberden leichtlich erſehen vn
̅
verſtaͤndig vermeidet
werde
̅
. Vielmehr aber iſt zuſchlieſſen/ daß in einem
ſchoͤnen Leib ein gleichgearter Geiſt wohne/ un
̅
in einem von der Natur ſchoͤn bezierten Brunnen/ kein faules und
ſtinckend Waſſer enthalten werde; wie auch alle Erdgewaͤchs
von der Natur ſelbſten nachdencklich bemercket worden/ und uns allen die
Schoͤnheit auch an un= vernuͤnfftigen Thieren nicht mißfallen kan.
81
|| [206]
13. Endlichen bleibt es darbey/ daß die Schoͤnen ihren Wolſtand nicht mit
Laſtern beflecken; die Haͤßlichen ihren Vbelſtand mit Tugenden
auszieren ſollen.
Degenwert.
1. JUngfr. Caſſandra hat urſach ſich ihres gleichen anzunemen;
ſie iſt nicht auſſer der Gefahr vielen zu gefallen/ und
begiebe ich mich in dieſen/ willig auff ihre Seiten. Die Schoͤnheit
erſtre= cket ihr Gebiet uͤber alle Ort/ da Augen deß Verſtands
ſind/ und hat keine Feinde zu vermuten/ dann nur/ da blinde/ oder gantz
unempfindliche Holtzboͤck wohnen. Was in widerigen Fall erzehlet wor= den/
laͤſt ſich gleicher Geſtalt bejahen/ wie dieſer Satz:
Daß es beſſer ſeye/ Arm/ als Reich ſeyn.2. J. Ja/ dann die Armen haben nicht zu befahren/ daß ihnen die Dieb etwas
entwenden/ oder die Soldaten rauben ꝛc.
|| [207]
3. V. Der Armen iſt das Himmelreich/ ſagt unſer Seligmacher;
hingegen aber iſt es dem Reichen ſo ſchwer/
deſſelben theilhafftig zu werden; als unmoͤg= lich einem Cameel
durch ein Nadeloͤhr zu gehen. Dieſes Gleichniß iſt von ei= nem
kleinen Thuͤrlein zu Jeruſalem/ wegen Enge das Nadeloͤhr ge=
nannt/ hergenommen/ durch welches kein beladenes Cameel gehen koͤnnen/ man
habe ihm dann zuvor die zu beeden Seiten auffgelaſte Buͤrde abgeworf=
fen/82 gleicher geſtalt als ein Reicher/ ſo lang er ſich
deß Zeitlichen nicht entla= den will/ nicht geſchickt iſt zum
Himmelreich: Wie deſſen ein Exempel der rei= che Schlemmer/ jener
Juͤngling und andere. 83 4. A. Armut iſt groſſer Ausgaben befreit/ und zugleich auch
groſſer Sor= gen: Der Reiche aber iſt auch faſt in der
Todesſtunde fuͤr viel kommende Jahr ſorgfaͤltig.5. R. Die Armut iſt viel bequemer die Kuͤnſt und
Wiſſenſchafft einzukra= men/ als der Reichthumb: Jene
veranlaſt durch den Nohtfall fleiſſiges Ob= ligen; dieſer
verleitet die dumkuͤhne Jugend zum Muͤſſiggang und Wolle [208] ben. Daher dann kundbar/ daß viel Arme gelehrt; viel
Reiche der Wiſſen= ſchafft nicht achten.6. C. Wie viel Kuͤnſte hat doch die Armut erfunden/ und wie trachtet
ſie noch taͤglich in allen Handthierungen Vortheil und Handgriff zu
erfor= ſchen? Bey Uberfluß und Reichthumb ſolten viel
Wiſſenſchafften/ will nicht ſagen/ in
Vergeſſenheit kom
̅
en (wie fuͤr etlich hundert Jahren bey den
Muͤn= chen geſchehen/) ſondern gantz unerfunden und unerdacht
verblieben ſeyn.7. D. Wer nichts hat/ der dencket an Noht und Jammer/ wer daran geden= cket/ kan
Gottes nimmer mehr/ und auch deß Todes/ (der eine Ausloͤſung die=
ſes Elends iſt/) nicht vergeſſen. Wann nun gleich
dieſes alles beglaubt; ſo wird ſich doch ſchwerlich ein
Reicher uͤberreden laſſen/ daß er wie jener vermeinte
Vernunfftlehrer (Philoſophus,) ſein Geld in das Meer werffen wolte/
oder alles verkauffen und Chriſto nachfolgen.
|| [209]
Julia.
1. OB nun noch viel zu Nachtheil deß Reichthumbs und Vor= theil der Armut geſagt
werden koͤnte: Wollen wir doch gleich= maͤſſige
Urſachen verſparen/ umb zu behaubten: Daß beſſer
ſeye/ in Schwachheit und Kranckheit; als bey Staͤr= cke und
Geſundheit ſich befinden.2. V. Wie man den wilden Thieren die Zaͤhn ausreiſt/ und die Klauen be=
ſchneidet/ damit ſie bezaͤmet/ und von ihrer wilden Art
ablaſſen ſollen: gleicher maſſen ſuchet
unſer HERR Gott die faſt verwildte viehiſche Menſchen mit
Schwachheit und Armut heim/ damit ſie andern und ihnen ſelbſten
nicht ſcha= den ſollen koͤnnen.3. A. Solche Schwachheit lernet ſie der Hoffart vergeſſen/ und
der Demut/ welche aller andern Tugend Grund feſte iſt/ ſich
anmaſſen.4. R. Die Kranckheiten und Betruͤbnus/ ſind die Denckzettel
(Memorialia,) [210]
deß taͤglich herannahenden Todes: Wer nun denſelben/ als das Ende aller
Sterblichen betrachtet/ der wird nimmer mehr ſuͤndigen/ nach
Ausſag deß weiſen Manns.5. C. Die Kranckheit iſt eine Entſchuldigung von allen
Beſchwerungen/ die uns auff den Hals kommen moͤgen; ſo gar/ daß
wir uns derſelben/ auch faͤlſchlich anmaſſen
doͤrffen/ umb uns aller Beunruhigung zu entziehen.6. D. Niemand iſt meines Erachtens die Schwachheit nutzer/ als den Aertz=
ten und den Apotheckern/ die von der Krancken uͤbelen Zuſtand jhren Gewin
̅
und Wolſtand erhalten.7. J. Wir wollen das Gute von Gott annemen/ und das Boͤſe auch nicht
ausſchlagen/ viel ſind durch Kranckheit fuͤr groſſem
Ungluͤck be= wahret worden/ in welche ſie geſund mit an= dern
gerahten waͤren ꝛc.
|| [211]
Veſpaſian.
1. DIeſer Geſpraͤchſpiel koͤnten noch vielmehr auffgegeben
wer= den: Als/ daß viel beſſer ſeye in
Unwiſſenheit zu behar= ren/ als groſſe
Geſchicklichkeit erlangen: daß die Kriegszeiten erſprießlicher/ als
die Sicherheit deß Friedens: daß beſſer viel Feind/ als viel Freund
ha= ben/ ꝛc. Von ſolchen jeden Meinungen abſonderlich/
nach gepflogener Be= rahtſchlagung/ leichtlich eine kurtze Rede/ (durch
Zuſammenfaſſung aller be= ſagten Urſachen/)
auffgebracht und dardurch der Verſtand mit ſcharff ſin= nigen
Nachdencken geuͤbet werden kan. Es befindet ſich auch in den Hiſtorien/
daß bey den Griechen und Roͤmern/ dergleichen luſtige und ungewohnte Fra=
gen und Auffgaben bey Gaſtereien fuͤr die beſten Trachten gehalten
worden/ und daß der/ welcher nichts darzu ſagen gewuſt/ ein
Schuͤſſelein mit geſaltzner Bruͤe 84 austrincken/ und dardurch
ſeine Unwiſſenheit oͤffentlich bekennen [212]
muͤſſen. Welche alte Gewonheit bey junger Leut
Zuſammenkunfften auch widerumb erneuret/ und an Statt anderer Kurtzweil
auffgebracht werden ſolte. Dann obwol viel in den Gedancken ſtehen/
daß die gantze Welt und derſelben Creaturen/ mit veraltet/ und an allen
Kraͤfften abgenom= men/ ſo iſt doch ſolches ein
gantz jrriger Wahn/ und zu erweiſen 85 daß die Welt noch fuͤr ſich
an ihrem gantzen herrlichen Gebaͤu/(J. dann Gott der HErr nicht weniger ſeine Allmacht in Erhaltung ſei=
nes Geſchoͤpffes/ als in Erſchaffung deſſelben
Herrlichſt bezeuget/)2. V. Noch in den Kraͤfften deß Himmels/(D. dann die Sterne noch ihren Lauff/ noch ihr Weſen/ noch ihr Liecht/
noch ihre Wirckung verlohren haben.)3. V. Noch an den Elementen.(C. ohne welche die Welt zu Hauffen fallen muͤſte.)4. V. Noch an den Erdgewaͤchſen/(R. dann ſo viellerley Art Blumen und Ertz gezehlet werden/ als vielleicht
jemals geſchehen koͤnnen/)
|| [213]
5. V. Noch an den Thieren/(A. denn ſelbe noch heut zu Tag/ wie vor Alters zu ſehen.)6. V. Noch an dem Menſchlichen Geſchlecht abgenommen hat. Dieſes
letz= te ferners zu betrachten: Der Menſch hat nicht abgenommen an ſeines
Lebens= laͤnge/ ſeit 3000. Jahren her/(J. dann unſer Leben waͤret ſiebentzig Jahr/ und wann es hoch
kommet/ ſo ſinds achtzig.86)7. V. Noch an der Laͤnge ſeines Leibs oder Statur/(D. ſonſt muͤſte Adam der groͤſte Rieß
geweſen ſeyn/ und die laͤngſten Maͤnner heut zu Tag
Zwerge gegen ihm ſeyn.)8. V. Noch an Verſtand und Gedaͤchtnus/(C. Wie aus Erfindung deß Magnets der Truckerey/ der Kundigung vieler Sprachen/
und der Gedaͤchtnus Kunſt/ Stahl/ Glas/ Steinſchneiden/
Muͤntzbraͤgen ꝛc. zu erweiſen.87 9. V. Noch an den Wiſſenſchafften und allen
Kuͤnſten/
|| [214]
(R. wie aus Gegenein anderhaltung der alten und neuen Buͤcher erhellet.)20. V. Noch an der Handarbeit/88 Handthierungen und Schiffahrten.(A. In welchen allen die Alten heut zu Tag noch zu lernen haben ſolten/
wann ſie wider zu uns kehren koͤnten.)11. V. Schlieſſe alſo/ daß viel mal das Alter der Welt von
Erſchaffung der= ſelben/ und nicht von den juͤngſt
verflieſſenden Zeiten an zurechnen/ 89 und auff keine Weiß oder Weg in Abfall gerahten ſeye.
Angelica.
1. SOlle dann die Welt nicht an Fromkeit abgenommen haben?2. V. So viel Boͤſe als heut zu Tag gefunden werden/ ſo viel
boͤſere und ruchloſere Leut hat es auch vor dieſem gegeben.
Erſtlich iſt unſer Religion den Heydniſchen und
Juͤdiſchen Irrſalen weit vorzuziehen.
|| [215]
3. J. Es gibt keine ſo grauſame Tyrannen/ als zu Zeiten der X.
Verfolgun= gen gewuͤtet haben.4. D. Man hat keine ſo wunderliche Geſaͤtz/ als daß man nach
Ariſtotelis Meinung die ungeſtalten Kinder nicht ſolle
aufferziehen; nach der Sto††ſchen
Meinung ſich in Truͤbſal ſelbſten ermorden: die Bitt
an die Goͤtter/ auff Zet= telein ſchreiben und an ihrer Bilder
Knieſcheiben hefften/ ꝛc. 90 5. C. Es gibt keine ſolche Geldverſchwender in Auffuͤhrung
koſtbarer Ge= baͤu/ in unerhoͤrten Schleckerbißlein/ in
uͤbermachten Kleiderpracht/ ꝛc. 91 6. R. Man hat auch fuͤr Alters viel erſchrecklichere Krieg
gefuͤhret/ als heut zu Tag: So wol an der Menge der Heerſcharen/ dann
ſie etlich Hundert tauſend ſtreitbarer Maͤnner
gegeneinander gezogen/ welches nicht moͤglich bey unſern Zeiten/ daß in
der Belagerung Jeruſalem allein zehenmal hun= dert tauſend
Menſchen erſchlagen/ und ſieben und neuntzig tauſend gefangen
worden: 92 Als auch an Raube
̅
/
Bluͤndern/ und andern Kriegsverheerunge
̅
/ wie alles nach der Laͤnge
zu erzehlen/ die Zeit ermangeln ſolte.
|| [216]
7. A. Dieſem nach erſcheinet/ daß wir Menſchen
ſonſten zu klagſuͤchtig/93 und uns vieler Bekuͤmmernuſſen
Urſach fuͤrdichten; da wir vielmehr von GOt= tes Vaͤtterlicher
Straffhand/ alles mit Gedult annemen und ertragen ſolten. Feſt glaubend/
daß der Wille Gottes die hoͤheſte Gerechtigkeit ſeye/ und uns
wegen unſerer begangenen Suͤnden/ auff keine Weiß noch Weg unrecht/ oder
unbillich beſchehe/ wie wir Menſchen faͤlſchlich
vermeinen.
Raymund.
1. AUs der Jungfr. verſtaͤndlicher Rede/ will ich Urſach nemen/
nicht als eine Widerſinnige/ ſondern als eine in der War= heit
feſt begruͤndte Meinung zu bejahen: Daß die Weibli= chen Tugenden in
groͤſſerer Vollkommenheit/ als bey den Mannsperſonen
befindlich.
94 2. A. Ich bitte der Herr wolle unſer allerſeits mit
unverſchuldten und un= fruchtbaren Lob verſchonen.
|| [217]
3. J. Das Lob gegenwaͤrtiger Perſonen/ iſt niemals ohn Verdacht
der(lichkeit weibliches Verſtands zu den
Wiſ= ſenſchaffte
̅
.)
Heucheley.4. C. Sonderlich in Weltkuͤndigen Sachen/ da der Augenſchein/ und die
beglaubte Erfahrung das Widerſpiel erweiſet.5. A. Alſo wolle der Herr dieſe ſeine hoͤfliche Meinung zu
Auslaͤndiſchen Frauen zimmer verſparen/ und uns nicht mit fremden
unbefindlichen Ruhm beſchaͤmen.6. R. Damit man mich nicht fuͤr einen boͤſen Mahler/ (ich will
ſagen fuͤr einen Schmeichler) halte/ will ich ein anders Spiel
fuͤrgeben. Die Jungf hat von Auslaͤndiſchen Frauenzimmer gedacht;
daher faͤllt mir bey/ daß Europa/ oder wie es feiner von Nohe Sohn benennet
wird/ Japetia 95 einer Jungfr. verglichen wird/ dergeſtalt; daß
Hiſpania dem Haupt/ Franckreich der Bruſt: Welſchland und
Engelland beeden Armen/ und dann Teutſchland ſampt Polen/ Schweden/
Dennemarck dem Rock/ und deſſelben Vorſaum etliche Land ſo
den Tuͤrcken angehoͤren/ verglichen werden.
|| [218]
|| [219]
Aus dieſem nun will ich ein ſolches Spiel erfinden/ daß die
Europaͤiſche/ oder Japetiſche Land unter dieſe
Geſpraͤchliebende Geſellſchafft ausgetheilet werden: Es
habeF. Julia. Franckreich.J. Angelica. Engeland.J. Caſſandra. Polen/ Schweden und die angraͤntzende
Mittnaͤchtiſche Koͤnigreich.H. Veſpaſian. Hiſpaniam.
H. Degenwert. Welſchland.
Und mir verbleibe Teutſchland.8. Nun wollen wir erzehlen/ was jedes in dem Land/ deſſen Namen es zu tra= gen uͤberkommen/ fuͤr beſonders/ und gegen andern Reichen von fremden Sachen habe. Ich will von Teutſchland anfangen/ und vermelden/ daß der Teutſchen Redlichkeit zu einem Sprich=und Waarwort worden/ daß man zu ſagen pflegt/ bey Teutſchen Trauen und Glauben/ bey Teutſcher Ehr/ un ̅ daß ſolche Verſprechen einen leiblichen Eid gleich gehalten werden.
|| [220]
9. C. So habe ich jederzeit von den kalten Landen ſagen hoͤren/ daß
ſelbe har= te Leute nehren/ die unverdroſſen zur Arbeit/ und wegen
natuͤrlicher angebor= ner Staͤrcke/ die in warmen Landen wohnende
Voͤlcker/ weit uͤbertreffen.10. D. Welſchland hat hingegen kluge und verſchlagene Leute/ die von
Sin
̅
= reichen Nachdencken ſind.11. J. So haͤlt man die Frantzoſen fuͤr treffliche Reuter/ und
andern Voͤl= ckern faſt unvergleichlich.12. V. Die Spanier aber fuͤr Großmuͤtige und anſehliche
Maͤnner.13. A. So ſind die Engellaͤnder gutthaͤtig und fromm.14. R. Unter dieſen groſſen Theil der Erden/ hat Gott eine
beſondere Unter= ſchied Hoͤchſtweißlich verordnet/ daß
niemand ohn Verwunderung ſelbe be= trachten kan. In Teutſchland
waͤchſt koͤſtlicher Wein/ und zugleich Eichen= holtz/
daraus man Faͤſſer machen/ und in ſelben den Wein halten
kan.15. C. Polen/ Schweden/ Dennemarck und andere der Sonnen entlegene kalte
Laͤnder/ haben viel rauhe Wahr und Futterwerck/ darmit ſie ſich
fuͤr der Kaͤlt ſchuͤtzen koͤnnen.
|| [221]
16. D. Welſchland hingegen hat kuͤhlende Fruͤcht/ als Citronen/
Pomeran= tzen/ Lemonien/ Granatoͤpffel ꝛc. damit man ſich in
groſſer Hitz laben kan.17. V. Ob zwar Spanien an Fruͤchten nicht ſonderlich reich/ ſo
hat es doch gute Gewehr/ Spaniſche Klingen/ wolriechende Handſchuch
un
̅
ſchoͤne Pferd.18. J. Franckreich hat alles was Geld gilt/ ſonderlich aber verſehen
ſie an= grentzende Land/ mit Saltz/ Wein und Getreid/ ꝛc.19. A. So habe ich jeder zeit ſonderlich ruͤhmen hoͤren das
Engliſche Zihn.20. R. Teutſchland iſt die Schlaffkammer/ von Carl dem Fuͤnfften
hoͤchſt Lobwirdigſten Angedenckens genennet worden/ wegen der
weichen Bett/ und ſanfften Federwercks ſo allda befindlich.21. C. So iſt in Mitnaͤchtiſchen Landen die Holtzkammer/ wegen
der groſ= ſen Maſten/ ſo in andern Landen nicht
anzutreffen.22. D. Welſchland iſt der Garten/ und das jrdiſche Paradis in
Europa.23. J. Franckreich die Kuchen und Speißkammer.24. V. Und Hiſpania der Schatzkaſten.
|| [222]
25. A. Engeland der Tuchkram.26. R. Unter Kauffleuten/ koͤnte auch dergleichen Spiel von andern Thei=
len der Welt/ und derſelben ſonderlichen Kauffmanſchafften
auffgegeben werden. Weil aber das Frauenvolck ſolcher Sachen keine/ oder wenig
wiſſen= ſchafft tragen; will es ſich dieſes Orts
nicht ſchicken/ maſſen man ſich/ (wie die Redner pflegen/)
nach Bewantnus der Zuhoͤrer richten muß/ wann man nicht verdruͤßlich
ſeyn will.27. C. Welches ſolte wol die betruͤglichſte
Kauffmannſchafft ſeyn?28. D. Man ſagt: mit Weibern handeln/ dann vielmehr zu finden/ die ſich
an ſolchen beweglichen Guͤtern verkauffet/ und betrogen worden/ als
die der Kauff nicht gerenete/ und ſich deſſelben belobten.
|| [223]
Caſſandra.
1. UMb ſolche gefaͤhrliche Wahr beſſer zu erkennen/ ſo
will ich/ an Statt eines Geſpraͤchſpiels umbfragen: Was
fuͤr Tugen= den einer Jungfrauengeziemen?2. D. Es ſtehen viel in den Gedancken/ es ſey
dienuͤtzlichſte Tugend einer Jungfrauen/ wann ſie viel Geld habe/
wie man auch in dem Sprichwort ſagt: Reiche Weiber ſind gut zu
ernehren.3. J. Die Verſchwiegenheit habe ich fuͤr der Frauenleut ſondere
Tugend ruͤhmen hoͤren; wiewol andere vermeinen es ſeye nicht gut
wann die Jung= frauen viel zu verſchweigen haben: doch ſtehet
geſchrieben/ daß das Weib ſchweigen ſolle in der Gemeine/ und
ſich deß Altars enthalten.4. V. Damit ſie nemlich nicht fuͤr Engel angeſehen werden: Aber
gleichwie die Schoͤnheit durch Anſchauen gebuͤhrendes Lob
erlanget; Alſo auch ſoll deß Frauenvolcks von Natur ſehr behender
Verſtand/ Vollkommenheit zu er [224] langen/
geuͤbet werden: Allermaſſen die Goͤttin deß
Verſtands/ die Goͤttine (Minerva,
Gratiæ. Muſæ.) der Gnaden und
Huldſchafft/ die Goͤttine der Wiſſenſchafft und
Kuͤnſte/ Ja alle und jede Tugenden in Weiblicher Geſtalt zu bilden
gewoͤhnlich iſt.5. A. Unſer aller Mutter Eva/ hat durch Begierde der
Wiſſenſchafft wider Gott geſuͤndiget; jhre
Toͤchter ſollen/ durch Einfalt/ die angeborne Reitzung zu
wiſſen fuͤrſichtig beherrſchen/ unterdrucken/ und
von dem Weltwaſſer dieſer vergaͤnglichen Sachen trincken
wie die Tauben; das iſt das Haupt/ ſo bald ſie von ſelbem
gekoſtet/ widerumb empor gen Himmel heben/ und das Ewige achten/ das Zeitliche
verachten.6. R. Jungfrau Caſſandra hat umbgefragt/ was fuͤr Tugenden dem
Frau= envolck ruͤhmlich? Ich weiß ſie nicht beſſer zu
beantworten/ als wann ich durch ein gegenwaͤrtiges Beyſpiel ihrer
Perſon alle dieſe Tugenden bedeute/ welche ſie mit
unverwelcklichen Lob wuͤrcklich beſitze.7. C. Der Herr wolle ſeine Hoͤflichkeit auff die rechte Seiten
wenden/ ich verſtehe gegen Jungfrau Angelicam.
|| [225]
Degenwert.
1. NUn hat die Jungfrau bereit das Spiek/ welches ich fuͤrzu= bringen bedacht
geweſen/ unwiſſend angefangen; in dem ſie mit
erſtbeſagter zweydeutiger Rede zur Nachfolg Anlaß gibt. Es
beſtehet aber ſolcher Luſtbetrug (dann anderer Geſtalt es
nicht verſtanden werden muß) entweder in einem einzeligen Wort/ oder in einer
gantzen Rede: Als wann ich von einem jungen Freyer ſagte, er haͤtte von
Jungfr. N. einen Wechſelbrief empfangen/ verſtehend ſie habe
jhre Lieb von ihm abgewendet.2. J. Alſo ſagen auch die Kraͤmer in gantz verkehrtem
Verſtand/ wann ſie jemand etwas verkaufft: Ihr habt fuͤr gewiß
dieſe Wahre naͤher als ich/ ver= ſtehend bey euch unter dem
Arm/ und nicht an dem Werth; oder/ ich gib es euch nicht gerne umb dieſes Geld/
ſie gebeten es lieber theurer.3. V. Philander von Sittewald/ der die wunderbare Satyriſche Geſichte
[226]
deß Sinnreichen Spaniers Franceſco de Quevedo verteutſchet/ hat in dem
ſo genannten Scher genteuffel dergleichen; erzehlend/ daß ein Seiler bey den
Kauffleuten in der Hoͤll ſitzen wollen/ waͤre aber zu den
Werckheiligen ver= wieſen worden/ welche durch ihre
Werckfortzukommen verhofften/ wegen Gleichheit deß Handwercks.4. A. Moͤgen heiſt koͤnnen/ Wollen/ in Willens haben/ und
iſt faſt ein drey= deutig Wort.5. R. Wollen/ ob es zwarſcheinet/ daß kein anderer Verſtand darunter
verborgen/ als wie es an ſich lautet; ſo hat es doch zwo Bedeutung/ als
wann ich ſage/ daß ich will was die Jungfr. will/ kan es verſtanden
werden/ ſo wol/ daß ich das/ was ſie wuͤnſchet/ verlange;
oder auch/ daß ich jhren Willen nach/ mich zu verhalten und Folg zu leiſten
begehre; Zum Exempelſage ich: Jungfr. Angelica will von mir ihr Pfand wider
haben/ und ich habe keinen andern Willen als den ihrigen.6. C. Weil ich den Anfang dieſes Spiels gemacht haben ſoll/ ſo
verhoffe ich jetzt verſchont zu bleiben/ und fernern Bericht zu vernemen.
|| [227]
7. D. Die doppelte Deutung beſtehet auch vielmal in einer gantzen Rede/
wie gedacht ſolcher Geſtalt; daß die Rede/ nach den Buchſtaben/
oder nach dem Sinnverſtand ausgedeutet wird/ als wie jener Student dem
anbefohlen wor= den fleiſſig uͤber den Buͤchern zu ligen/
und er ſeinen Buͤcherſchrein unter das Bett gerichtet/ umb
denſelben ins geſambt obzuligen.8. J. Herr Raymund/ bedunckt mich/ ſolte wol ſeine Buͤcher lieber
haben/ als eine Jungfr. weil dieſelben ins gemein die Buͤcher nicht hoch
achten.9. R. Ich verſtehe es anders.10. V. Es hat einer auff ein Zeit ſich verheuratet/ und nach erfolgter Reu
gebeichtet/ wie er etwas in der Kirche genommen/ das jm hertzlich leid ſeye/ den
Beichtvatter bittend/ jhm wegen begangener Suͤnde zu entbinden. Es wurde
jhm aber geantwortet aus den Geiſtlichen Rechtſatzungen (ex Jure Canoni-
co,) die Suͤnde koͤn
̅
e nicht er laſſen werde
̅
/
mangebe dan
̅
zuvor das Entwendte wider/ dem es abgenom
̅
en: Dieſem zu
Folg/ bringt der uͤbelbeweibte Man
̅
ſein Weib den Sontag in die
Kirchen un
̅
gibt ſie dem Beichtiger wider/ mit waarer [228]
Bezeugung/ daß er ſelbe in der Kirchen genommen/ und nun widergebe.11. A. Alſo ſagte auch einer/ der ſein Geld verſpielt
hatte: Ich habe nichts ge= wonnen/ und N. hat nichts verlohren. Es ware die Warheit/
dann er hatte verſpielet/ und der andere gewonnen.12. R. Gleich zweiffelhaffter Geſtalt/ hat ein gelehrter Mann etliche Glau=
bensartickel unterſchrieben. Ich verdam
̅
e mit dieſem Buch alle
Ketzereien ꝛc. verſtehend/ daß er alle und jede Ketzereien/ ſambt
dem Buch oder verfaſten Ar= ticulen verwuͤrffe/ und denſelben
nicht (wie es das Anſehen hatte/) beyſtimme= te und beypflichtete.13. C. Ich weiß nichts darzu zu ſagen.14. R. So gebedie Jungfrau ein Pfand.15. D. Darzu wird ſie nicht gehalten ſeyn/ in dem ſie den Spiel
ein Begnuͤ= gen geleiſtet/ und nichts weiß/ daß ſie es uns allen
eroͤffnen ſolte/ da ſie fuͤr ſich/ oder einem allein
zu vertrauen genug wiſſen wird.16. J. Hier ſihet man/ wie die Nachbarſchafft einander aushilfft.
|| [229]
17. D. Unſere Teutſche Mutterſprach iſt ſo redlich/
daß man in derſelben wenig zweydeutige Woͤrterfindet.18. R. Ich ſtehe in der unvergreifflichen Meinung/ daß faſt wenig
moͤge ge= ſagt werden/ daraus man nicht zweyerley Verſtand
ſolte ziehen koͤnnen.96 19. J. Wann ich ſag: Dieſe iſt meine Schweſter/
ſo kan man meinen Worten keinen andern Verſtand andichten/ als wie
ſie lauten.20. R. Das Wort Schweſter kan von einer leiblichen Schweſter
verſtan= den werden/ und dann von deß Bruders Stifftochter/ wie Abraham zu Abi=
melech ſprach/ daß die Sara/ welche er fuͤr ſeine Schweſter
dargegeben hatte/ warhafftig ſeine Schweſter ſey/ nemlich nach
ſeiner/ und nicht nach deß Abi= melechs Meinung. 97 21. A. (Wann man ſolche Deutung ſuchen will/) ſo kan niemand
Einfaͤlti= ges mehr wiſſen/ was weiß oder
ſchwartz iſt.22. R. Weiß hat gleich ſowol unterſchiedliche Deutung: es heiſt
die Farb/ und auch Weißheit und Verſtand haben; Schwartz nennet man die in
Ungun= ſten kommen.
|| [230]
23. C. Ich ſage: Das Waſſer hier in dieſem Brunnen
iſt naß. Wie will es der Herr anderſt deuten.24. R. Das Waſſer iſſet nicht/ ſondern wird
getruncken. So pflegt man auch manchen einen naſſen Bruder zu nennen der
ſich gantz nit mit Waſſer netzet.25. D. Es verhieß auff ein Zeit einer/ er wolte dem der jhm eine ungezweiffel= te
Warheit wuͤrde alsbald ſagen koͤnnen einen Thaler ſchencken:
darauff ſagt einer/ er wuͤrde ihm keinen Thaler ſchencken:
haͤtte er ihm den Thaler gegeben/ ſo haͤtte er die Warheit nicht
belohnet nach ſeinem Verſprechen; weil er ihm a= ber den Thaler nicht
gegeben/ ſo hat er auch ſeinen Worten kein Genuͤge
̅
getha
̅
.26. R. Dieſes gehoͤrt zu den Zweiffelfragen.27. V. Es iſt gewiß/ daß faſt alle Woͤrter einen
Buchſtaben und Ubertra= (Literalem & Meta-
phoricum ſenſum.) gungsverſtand leiden.
Dieſes kan mit gewiſſer Maaß in der Redkunſt und
Schertzweiß verſtattet werden. Jenes ſolle in Handel und Wandel gelten/
darumb man auch Brieflichen Urkunden beyzuſetzen pflegt; Getreulich und
ohne Gefehrde.
|| [231]
Julia.
1. SOnſten waͤre es vielmehr eine ſchaͤndliche/ als
wolſtaͤndige Wiſſenſchafft/ fuͤr welcher
Sirach warnet/ wann er ſpricht: Stiffte nicht Luͤgen wider deinen Bruder/
denn das iſt eine ſchaͤdliche Gewonheit ꝛc.98 Ich werde auch
hierbey eingedenck/ daß man das Buch Sirachs/ oder die Spruͤche Salomonis
zu nemen pfleget/ eroͤffne ſelbe ungefehr/ und begehrt zu vor von einem
nach dem andern eine gewieſe Zahl zu ernennen’/ (welche die Zeil
deſſelben Blats auswehlet) als dann lieſt man zu beeden Seiten die
Wort und fragt/ wie ſie auff dieſen oder jenen in der
Geſellſchafft/ ſonderlich aber auff den der die Zahl erfordert/
gezogen werden koͤnten. Weil wir aber die Buͤcher nicht zur Hand
haben/ koͤnnen wir ſolches Rahtſpiel
99 nicht probieren: Wollen aber glau= ben/ wir haben erſt
beſagten Spruch von den Luͤgen gefunden/ der ſich auff die
Luͤgenkunſt der zweydeutigen Woͤrter nicht ungereimt
ſchicket.(† Sir. 7/ 13) 2. V. Es ſind aber viel Arten zu reden/ welche der Warheit unaͤhnlich
ſchei [232] nen/ aber die Bewandnus der
Sachen/ mit ſo viel ſtaͤrckeren Nachdruck be= deuten un
̅
zu
verſtehen geben: wie dergleichen viel in H. Schrifft zu finden/ als wann
geleſen wird/ daß niemand ſeine Hand oder ſeinen Fuß ohne
Joſephs Willen regen doͤrffen in gantz Egyptenland; 100 daß die Schleuderer
ein Haar treffen koͤnnen; daß in dem rohten Meer der Iſraeliten Feind
erſoffen/ und nicht einer uͤbergeblieben/ 101
daß zu Jeruſalem auch nicht ein Stein auff dem andern verbleiben ſolte/
102 und viel dergleichen.3. R. Iſt eine Art zu reden/ welche man Uberſatz nen
̅
en
moͤchte. Da muß man das Abſehen deſſen der da redet erwegen
und nicht ſo genau auff die Wort/ als derſelben Verſtand
ſehen.
Veſpaſian.
1. DIe Poeten ſind nicht verbunden die Warheit allezeit zu ſa= gen/
ſondern es iſt ihres Beruffs zu erdencken und zu dichten/ das/ was nicht
iſt/ und doch der Warheitaͤhnlich ſeyn konte/ wann es auch
kuͤnfftig nicht ſeyn ſolte/ jedoch mit der Beſchei=
denheit/ daß jeder man wiſſe/ daß ihr Vorſatz zur
Beluſtigung/ [233]
und nicht zum Betrug und Nachtheil deß Leſers gemeint ſeye. Zu
ſolchem En= de koͤnte man auch ein Spiel von den
Weidſpruͤchen/ oder der unvollkom= menen Warheit auffgeben.
Weil nemlich bey den Weidwerck gantz unge= wohnte Sachen/ und den Unerfahrnen
ſeltzamb zu hoͤren ſich begeben; pflegen bißweilen die
Jaͤger noch einen Zuſatz beyzufuͤgen/ und die an ſich
ſelbſt zweif= felhaffte Warheit/ in unglaubliche Gefahr zu ſetzen.
Es muͤſſen aber ſolche Weidſpruͤch nicht eben
von der Jaͤgerey ſeyn/ ſondern auch von den andern Sachen; Als:
Einer ſagte/ daß er wolte ein Haus bauen von Diamantſtei= nen/
ſelbes bedecken laſſen mit der Tuͤrckiſchen/
Moſcoviſchen/ und Perſiſchen Kaͤiſer
Naͤgeln/ und ſo hoch aufffuͤhren/ daß/ wann die Voͤgel darauff
ſitzen/ ſie die Sterne von dem Himmel ſolten abglucken
koͤnnen.2. A. Es wolte einer eine Jungfran loben/ und ſagte/ ſie waͤre
ſo zartlich/ daß man alle ihre Wort von der Bruſt ſehe in den Mund
ſteigen.3. R. Die Liebsthorheit kan dergleichen viel zu wegen bringen/ wie ich mich zu
beſcheiden weiß/ daß ich dergleichen Schreiben geleſen/ darinn ſo [234]
laͤcherliche Auffſchneiderey/ welche deß Andenckens und Erzehlens nicht
werth iſt.(
Le Gaſcon Extrava- gant.
) 4. V. Wir wollens doch hoͤren/ wenn er es uns anvertrauen will.5. R. Es ſchreibt ein Wohnwitziger Gaſconier 103
dieſes Inhalts an ſeine Bulſchafft. Und im End ſo
faͤngt er ſeinen Brief an/ Meine Liebſte/ haben die Berg/ welche
ſich zwiſchen uns befinden/ die Stroͤme meiner Zehren auff=
gehalten/ und entzweiet/ daß ſelbe ſich biß zu euch nicht haben
erſtrecken koͤn
̅
en. Mein Klagen und Seufftzen hat die wilden Thier
dieſes Orts bezaumt/ daß die Loͤwen wie die Schaaf/ und die Tiegerthier
wie die Buſenhuͤndlein beſaͤnff= tiget/ ſich zu
ihren Widrigen geſellet; alſo hat meine Liebe/ die natuͤrliche Ab=
neigung der wilden und unvernuͤnfftigen Thiere vereinbart. Der Schnee
zerſchmiltzt ein Meilwegs umb mich/ und der kalte Marmol/ brennet von
meiner Flammen wie Stroh/ und verwandelt gleichſam die Natur der Ele= ment.
Ihr aber/ ſeyd ſo gegen mich geſinnet/ daß eure
Kuͤhlſinnigkeit den an= noch anffflammenden Krieg in Europa
ausloͤſchen moͤchte. Haͤttet ihr aber [235]
von meiner Lieb das minderſte Fuͤncklein/ ſo wolten wir die
zwiſchen uns be= findliche ſtoltze Berge verzehren/ und uns mit
ſolcher Beharrlichkeit zuſam
̅
en finden/ daß die vergangene und
zukuͤnfftige Zeit/ dargegen wie ein Augenblick zu rechnen ſeyn
ſolte/ ꝛc. Dergleichen Einfaͤll verruckten Hirns ſind
faſt in al= len Liebsgedichten anzutreffen.6. C. Ich habe hoͤren erzehlen/ daß einer von fernen Landen geruͤhmet/
wie all= dar in dem Meer ſo groſſes Kraut wachſe/ daß unter
eine
̅
Blat deſſelben etlich hundert Reuter mit erhaben Lantzen
halte
̅
koͤn
̅
en 104 Darauff der andere geſagt; daß er
geſehen einen. Keſſel/ an welchem 100. Meiſter zugleich
gearbeitet haͤtte
̅
/ und keiner den andern habe klopffen hoͤren. Wie
nun der Erſte ſo bald gefragt/ zu was Ende man ſolchen
Keſſel habe machen laſſen/ hat er zur Antwort erhal= ten:
Man habe das Kraut/ von welchem er erſtgedacht/ darin
̅
en kochen wollen.7. D. Ich habe auff ein Zeit auch dergleichen Reisgefehrten gehabt/ der gut
Luͤgiſtiſch geweſen: Weil er aber ſolchen Mangelwol
erkannt/ hat er mich er= ſucht/ daß/ im Fall er ſeine Wort aus
Unbedachtſamkeit nicht ſolteregieren [236]
koͤnnen/ und uͤber die Schnur zu hauen anfangen wolte/ ich ihm Einhalt
thun/ und andern unvermerckt bey dem Mantel ziehen moͤchte. Es beſchi=
het/ ſobald wir in die Herberg zu andern Gaͤſten gelangen/
faͤnget mein Ge= fert an zu erzehlen/ daß er in der Inſel Japon eine
Kirchen geſehen/ welche tauſend Schrit lang geweſen; als ich ihn
nun/ meinem Verſprechen zu Folg/ den Mantel faͤſt von dem Hals
herabgezogen/ ſprach er dann ferners; und ei= nen Schrit breit. Als nun jederman
zu Lachen beginnet/ wolt er ſich ent= ſchuldigen/ ſprechend: Ach/
wann mich dieſer mein Gefert nicht verhindert haͤtte/ ich wolte die
Kirchen gleich viereckicht gemacht haben. 105 8. J. Es ſagte auch einer/ er haͤtte ein Geluͤbd gethan hundert
und funfftzig Morenkoͤpff fuͤr Knoͤpff auff ſein neues
Kleid ſetzen zu laſſen/ welches Zeug von der Janitſcharen
Knoͤbel= baͤrten gewircket waͤre. 106
|| [237]
Angelica.
1. BEy ſolchen ungereimten Poeten/ iſt ein groſſer Mangel ge=
funden Verſtands zu ſpuͤren/ und ſind vielmehr Lachens/ als
Scheltens wuͤrdig. Wie koͤnte man aber von der Teut= ſchen
Poeterey ein Geſpraͤchſpiel machen.2. V. Die gebundene Art zu ſchreiben vergleicht ſich in ei= nem
Sinnbild/ wolruͤchenden und mit etlich Reiffen zuſammen gehaltenen
Naͤgelein/ mit der Uberſchrifft
Das Band erhaͤlt die Zier.
|| [238]
|| [239]
3. D. Unſere Sprach iſt noch ungeuͤbt in der Poeterey/ und ich
wolte gern ſagen ſolcher faſt unfaͤhig/ wann die Reimen
ſollen nach den Reguln der Grie= chen und Lateiner gerichtet werden. Man kan
zwar wol die Wort zuſammen(pedes ſpoudeis
trochæis)
noͤhten/ es hat aber doch keine rechte Art/ weil die Stuffen unſerer Wort
mei= ſtentheils beſtehen/ in doppellangen (——) und
Langkurtzen (—◡) in wenig kurtz-langen (◡– Jambis,) in noch
weniger langgekuͤrtzten (—◡◡ da- ctylis.) da in
dieſen Letzten die groͤſte lieblichkeit iſt. Doch findet man bey
den Scribenten 107 Exempel/ etlicher Reimen/ die
jhre Richtigkeit nach der Kunſt haben/ als dreyzehenſylbige Vers
ſeyn:O Vatter unſer/ der du dein ewige WohnungErhoͤchſt im Himmel/ dein Nam werde geheiligt/ ꝛc.Eilffſylbige ſeyn:HErr Gott Vatter im Himmel ewig/ einig/Dein Nam werde geheiligt und geehret/ ꝛc.4. R. Deß HErrn Meinung kan ich nicht bey pflichten in Vergwieſerung/ [240]
daß unſer Sprach ſich noch dem Griechiſchen/ noch dem
Lateiniſchen/ ſondern dem Ebræiſchen nachartet/ welcher es
an Alter und allen Eigenſchafften faſt gleichet. Die Ebræer haben
dreyerley Reimwort beſtehend: Erſtlich in lan= (von ihnen
carmen transiens.
von ihnen
carmen con- veniens.) gen Sylben/ als Kunſt/ Gunſt/
von uns mannliche Reimen genannt. Zum andern in zweyſylbigen Reimenworten/ deren
die erſte Sylben lang iſt als –v – v
loben/ toben/ von uns weibliche Reimen geheiſſen. Die dritte Art welche
in drey Reimſylben beſtehet iſt nicht gebraͤuchlich. Bey
uns Teutſchen aber iſt auch unlangſt von den Weltberuͤhmten
Herrn Auguſt Buchner/ die dritte Stuffen erfunden worden/ nemlich die
langgekuͤrtzte/ oder der Dactylus, als – v v – v v
guͤldene/ loͤbliche/ ꝛc. Bey den
Geſpraͤchſpielen aber muß man nicht alles nach der Kunſt
ausmeſſen/ ſondern was jedem beyfaͤlt gerne anhoͤren/
wolmeinend verbeſſern/ und mehr vernuͤnfftiger Beurthlung
untergeben.5. A. Die Herrn haben aber meine Frage/ durch dieſen Bericht noch nicht [241]
beantwortet; wie man nemlich ein Geſpraͤchſpiel von der Poeterey
erfinden koͤnne?6. R. Das mag auff mancherley Art und Weiß beſchehen/ wann nemlich jedes
nach Beduncken die angefangenen Reimen fortſetzet.7. A. Ich will den Anfang machen:
(Lernen:)
v – v – v – v – v – v –
8. Das Lernen ohne Luſt/ iſt eine laͤre Laſt/
R. Dann Lehre wird durch Geiſt und Lieb ein lieber Gaſt.
C. Doch wird die Liſt und Luſt/ nicht ohne Laſt gefaſſt.
D. Wie iſt dann ſolcher Luſt/ und Liebe Laſt verhaſſt?
J. Das macht es/ daß man lehrt die Lehr mit Uberlaſt/
V. Es ligt in ſolchem Stall/ manch Laſter in der Maſt.
|| [242]
(Tugend:)
v – v – v – v – v – v – v
9. A. Was hat die Jugend doch/ von Tugend zu erwarten/
R. Was von der Zeit der May/ was von dem May ein Garten.
C. Das/ was das Gartenwerck von Zier der Bluͤmelein.
D. Das/ was der Blumenruch eim Krancken moͤchteſeyn.
J. Gleich wie der Kraͤutlein Safft den Krancken pflegt zu laben;
V. So friſchen das Gemuͤt der Tugend ſuͤſſe Gaben.10. R. Dieſes Spiel mag auff unterſchiedliche Weiß geuͤbet werden/ und iſt von der Poeten Hirtenliedern hergenommen: Es muß aber allezeit dergeſtalt geordnet werden/ daß das folgende Reimwort/ benebens der gantzen Zeil auff den geſchickſten Theil komme/ und das Frauenzimmer dardurch der Muͤhe enthoben werde/ ein jeder aber/ das ſich ſchicke/ ohn Ordnung darzu ſage: Als zum Beyſpiel:
|| [243]
(Froͤlichkeit:)
– v – v – v – v
Die Großmutter vieler Noͤhten
Iſt Melancholey genannt.
11. V. Manchem gar zu viel bekant/
D. Sonderlichen den Hirnbloͤden/
Pflegt ſie vielmals gar zu toͤden.
R. Aber dieſe Marterhand
Wird behaglich abgewandt/
Durch die Mahler und Poeten.
12. V. Darbey iſt auch auserleſen
Seitenſpiel und Moslerwein/
R. So kan Viere grade ſeyn.
D. Wenn ich ſoll die Sach ermeſſen/
Schickt ſich darzu gutes Eſſen:
|| [244]
Und nechſt einem Liedelein/
Steht auch kluges Schertzen fein/
J. So iſt Trauren zu vergeſſen!13. V. Wie reimt ſich aber dieſes zu den Kriegszeiten?14. J. Herr Degenwert und Herr Raymund/ werden als Kunſtgeuͤbte Meiſter/ darvon Bericht zu thun wiſſen.
v v v v v v v
– – – – – – – – – – – – –
(Liebskrieg:)
15. R. Poeten koͤnnen ſeyn Cornet/ und Faͤhnleinfuͤhrer
Der Muſicanten Schaar die beſten Officirer/
D. Der Hymen ſoll die Stuͤck beſtellen von Metall/
Cupido Mareſchalck/ und Venus General.
R. Die Wolluſt iſt beſtellt zur Muſterſchreiberin/
|| [245]
Der Neid iſt der Profoß/ wann ich mich recht beſinn.
D. So muſſe man dann auch/ ein Marckathaͤner haben/
Das koͤnte Ceres ſeyn/ der Troß die Bacchusknaben.
R. Witwer ſind Kuͤriſſer; die Witwen Pickenirer/
Die Freyer/ Reuterey; Jungfrauen/ Muſquetirer.
D. Wann in der Werbung wir uns ſolten beyd bemuͤhen/
So hofften wir gar bald ſehr ſtarck zu Feld zu ziehen. 108 16. V. Wann man mit Betten ſchantzt/ ſo bekombt man Kinder zur Ausbeut.17. R. Die hier gegeneinander liebliche Brunnen 109 geben uns Anlaß fer= ners zu poetiſiren.18. D. Ich will den Anfang machen/ von dem das mir fuͤr Augen iſt:
(Bacchus und Cupido:)
Die Menſchen ſterben bald/ wann ſie nicht taͤglich trincken/
R. Die Welt ſolt ohne Lieb/ in Kurtzen gar verſincken:
|| [246]
Dann durch Lieb bringt das Weib zur Welt die liebe Buͤrd.
19. D. So bald es bey der Tauff auch wol vertruncken wird.
R. Das Kind liebt Dockenwerck/ auch noch in ſeiner Wiegen.
D. Doch wegen Trincken weints/ wann mans nicht will begnuͤgen.
R. Es liebt ſo bald die Magd/ ſein Mutter uͤber all’s
D. Weil ſie ihr trincken gibt/ und ligt ihr an dem Hals.
R. Iſt dann der Knab erſtarckt/ ſo liebt er freien Willen.
D. Doch daß man ihm den Durſt mit Trincken moͤge ſtillen.
R. Er libt den Muͤſſiggang/ biß er wird auffgedingt.
D. Da iſt kein Handwerck nicht/ da man nicht Leykauff trinckt.
R. Hat er ein bohen Geiſt/ ſo liebt er das Studiren.
D. So pflegt man dem Pennal ein Schmaußhuͤbſch auszufuͤhren.
R. Geht dann das Alter fort/ ſo liebt man ferne Reis.
D. Es muß getruncken ſeyn beym Abſchied wie man weiß.
R. Komt man dann wider heim/ liebt man die Jungfraͤulein.
|| [247]
D. Da muß beym Hochzeitmal redlich getruncken ſeyn.
R. Komt er zu einem Ambt/ ſo liebt er Muͤhe und Treu.
D. Dann bey dem Antritt bald/ der Willkomm komt herbey.
R. Iſt er deß Lebens ſatt/ ſo liebet er zu ſterben.
D. Die Freunde muß man auch zur Leich auff Trincken werben.
R. Die Liebe bleibt das Band deß Lebens/ wie erzehlt.
D. Es iſt der bitter Tod/ ſo bald das Trincken fehlt.20. J. Dieſe Spiel beſtehen in Richtigkeit der Sylben/ von deren Fehler auch faſt unpoetiſche Ohren urtheilen koͤnnen.
Raymund.
1. WEil aber dieſe Spiel mit Vorbedacht geſpielet werden
muͤſſen/ will ich ein anders und viel leichters von Beding der
Syl= ben ſolcher Geſtalt fuͤrgeben: Die Frau benebens
beeden Jung= frauen befragen uns/ ſo ſoll Herr Veſpaſian
mit einſylbigen/ Herr Degenwert mit zwey und mit dreyſylbigen Worten ant=
worten.
|| [248]
2. J. Was iſt der Herrn ihr Begehr?
V. Gunſt.
R. Kurtzweil.
D. Froͤlichkeit.
3. A. Was beliebt dem Herrn zu eſſen.
V. Fiſch.
R. Voͤgel.
D. Melonen.
4. C. Was wollen ſie trincken.
V. Wein.
R. Rainffel.
D. Malvaſier.
5. J. Wie heiſſen ihre Diener?
V. Karl.
R. Paulus.
|| [249]
D. Johannes.
6. A. Wie heiſt das Ort/ darvon ſie kom ̅ en?
V. Wien.
R. Leipzig.
D. Nuͤrnberg.
7. C. Und das Ort/ da ſie hin wollen reiſen?
V. Lintz.
R. Regnsburg.
D. Ochſenfurt/ ꝛc.8. V. Dergleichen erzehlt Rabalais 110 in ſeiner Pantagrueliſchen Geſchicht= glitterung/ daß er in der Inſul Auffſchluß/ (L’Ille des Esclots,) den Orden der Tonbruͤder (l’Ordre des freres Fredons) angetroffen/ welche aber alle nur mit einſylbigen Worten/ auff viel und mancherley Fragen geantwortet haben/ und koͤnte auch ſolches nach Belieben vorgegeben/ und dardurch die Stammwoͤrter der Teutſchen Sprach (radices) zuſammen geſuchet werden/ deren vormals gedacht worden:
|| [250]
Caſſandra.
1. DEr Herr hat mir zu verſtehen geben/ was ich fuͤr ein Spiel
fuͤrbringen ſolle/ nemlich: Ein einſylbig Wort/ und umb=
fragen/ was manche andere Woͤrter darvon entſpring/ oder auff wie
vlelerley Art daſſelbe gebrauchet werden moͤge.2. V. Ich habe zwar nicht daran gedacht/ es iſt aber zu ver=
ſuchen/ ob wir ſo viel zuſammen werden bringen/ und uns
allerſeits/ als das Spiel erfordert/ beyfallen moͤchte. Die Jungfrau
ſage ein urſpruͤnglich Wort.3. C. Cin Berg iſt ein gemein und jederman bekantes Wort.4. J. Daher komt Verbergen/ daß gleichſam zu einem Bergverborgen iſt/
und nicht zu Geſicht kommet.5. C. Ertzgruben werden auch Bergwerck genannt/ weil das Ertz darinnen (
Barach. fu- git, abdidit,) verborgen ligt.6. V. Berg entſtehet von einem Hebræiſchen Woͤrtlein/
welches ſo viel heiſt/ [251]
als entfliehen/ ſich verſchlieffen oder verbergen: Dieweil die
Menſchen in Waſſersnoͤhten ſich auff die Berge
begeben/ umb ihr Leben zu retten.7. D. Daher kan auch wol kommen Burg/ als ein Ort/ dann man geflohen und in
Sicherheit verborgenſeyn kan.8. R. Bey uns bedroht man die Kinder mit der Berg/ welches von Kaͤiſers
Carl deß Groſſen Mutter/ Berta genannt/ ſolle herkommen/ weil
ſie ein zor= niges und faſt wuͤtendes Weib geweſen/ daß die
Alten die Kinder glauben ma= chen/ ſie gehe bey Nachts umb die
Haͤuſer/ und zerreiſe die boͤſe Buben. 111 9. A. Was iſt dann Freyen fuͤr ein Wort?10. R. Frey ſoll der alten Teutſchen Liebsgoͤttin Venus
geweſen ſeyn/ daher Freyer und Freyen/ auch Freytag/ Veneris
Tagbenamſt ſeyn ſoll.11. V. Oder auch weil durch Freyen der Sohn ſich von deß Vatters Ge= walt
befreiet/ oder entfreiet.12. D. Oder weil ein Freyer durch den Eheſtand zur Liebsfreyheit/ da er zu=
vor zur Keuſchheit verbunden/ gelanget.
|| [252]
13. C. Was iſt dann Ehe fuͤr ein Wort?14. D. Ehe oder Eheſtand/ ſagt man ſey geſagt/ als Wehe/
Weheſtand.15. J. Vielmehr als der erſte Stand der von Gott iſt eingeſetzet
worden.16. V. Oder auch als ein Ehrenſtand/ welcher von jederman ehrlich ſoll
ge= halten werden.17. A. Daher kommet/ Ehehafften/ oder Ehehafftin haben/ das iſt eine red=
liche Urſach/ dieſes oder jenes zu unterlaſſen.18. R. Ehe/ iſt auff alt Teutſch ſo viel als ein Gebot/ und
Ehehafften/ gleich= ſamb ein ſelbſtredend Gebot/ daheim
verhafftet/ und zu gewieſer Zeit und Ort zu erſcheinen/ zuruck=und
abhaͤlt/ auch entſchuldigt/ wie zu leſen in alten Buͤ=
chern/ das Ehegebung bedeut die zehen Gebot/ und die alte Ehe/ das alte Teſta=
ment/ ꝛc. 112 19. D. Von dergleichen Wortforſchung koͤnte viel zu Hauffen
gebꝛacht wer= den; ſonderlich aber iſt das
Luſtigſte/ wann zur Kurtzweil falſche Urſprung den
Woͤrtern angedichtet werden. Als/ Jonas der war ja naß: Adam hat [253]
einen lebendige
̅
Athem/ Eva war ſein Ehef(r)au/ das R. lang
heꝛnach von den Hunden ſolle ſeyn erfunden worden 113 ꝛc. Was ſoll aber ich fuͤr
ein Spiel an= fangen/ das nutzet und behagt? Die Metall auszutheilen/ und
derſelben Nu= tzen/ durch ordentliche Umbfrag abſonderlich zu
forſchen/ doͤrffte/ meines Er= achtens/ der Geſellſchafft
wenig belieben/ in Anſehung/ daß theils von dem Spiel der Planeten/ theils auch
ſonſten bey den Farben und anderſeits derſel= ben Meldung
beſchehen.20. J. Eine Sach kan weitlaͤufftig ausgefuͤhret werden/ wann
ſelbe ſo vie= lerley Zu=und Angehoͤrung hat/ als die Metall/ und
ſolte vielleicht/ von dieſem einigen Spiel/ ein gantzer Tag zu wenig
ſeyn/ alles nach der Laͤnge zu erzehlen.
Degenwert.
1. WIll demnach ausdem Anfangs beſagten Kupfferblaͤtlein ein Spiel von den
Kraͤutern auffgeben.2. V. Weil Blume
̅
un
̅
Kꝛaͤuter in demſelbe
̅
angedeutet woꝛde
̅
.3. D. Ich will wunderſame Kraͤuter und Wurtzel dieſer Ge=
ſtalt austheilen:
|| [254]
J. Caſſandra.
Bali: Erweckt die verſtorbenen Drachen. Und ich will fuͤr mich behal=
ten die Wurtzel Baraas/ welche als die Sonne glaͤntzen ſoll.
114 Wann ich nun ein Kraut oder Wurtzel/ eines andern nenne/ ſo muß ſelbes die
Wirckung und Eigenſchafft deß meinigen ſagen/ und wann nachmals die
Eigenſchafft eines oder deß andern Krauts genennet wird/ ſo muß das
jenige/ welchem ſolches zugetheilet worden/ das Kraut nennen/ und ſo
fortan.
|| [255]
4. A. Das Spiel iſt ſchwer und kan die Pfand vermehren/ ſo man
auch wol Achtung giebet.5. D. Zu mehrern Gemerck und Erleuchterung deß Vortrags/ wollen wir alles
widerholen:6. J. Ich habe das Kraut Theangelidam genannt/ welches ſolle das Ver=
borgene errahten machen.7. V. Ich Gelotophillidam/ daß ſoll Auff=und
Fuͤrſichtigkeit verurſachen.8. A. Ich Aetiopidem/ ſoll Fluͤß austrucknen.9. R. Ich Achimenidem/ ſoll die Feinde furchtſam machen.10. C. Mein Kraut heiſt Bali/ und ſoll die toden Drachen lebendig
machen koͤnnen.11. D. Baraas heiſt mein Wurtzel/ und glaͤntzt als die Sonne/ ꝛc.
Nun ſa= ge ich Bali.12. C. Glaͤntzt als die Sonne: Macht aber die Feind nicht
forchtſamb.13. R. Das kan das Kraut Achimenides wircken. Aber noch wunderbar= lichere
Sachen ſchreibt man von Gelothophyllida.
|| [256]
14. V. Solle es die Feind forchtſamb machen? oder ſolle es die
Fluͤß aus= trocknen?15. A. Das thut Aetiopida. Wie kan man aber das Verborgene errahten.16. J. Theangelida wird darzu gebraucht?17. V. Nach der Form dieſes Spiels koͤnnen viel andere gerichtet werden/
und moͤchte man auch der ſtudirenden Jugend die aller
ſchwerſten Woͤrter im Griechiſchen und Lateiniſchen
zuſambt ihrer Bedeutung beſagter maſſen in das
Gedaͤchtnis bringen.
Julia.
1. ICh frage an Statt mir obligenden Spiels/ wie die Bonen mit den
Geſpraͤchſpielen zu vergleichen?2. D. Die Frau nimbt daher Anlaß/ weil zwiſchen beeden Kraͤntzen/
welche in dem Sinnbild der Geſpraͤchſpiel/ von Epheu/ oder
Wintergruͤn abhangen/ Welſche Bonen zu er [257] ſehen. Nun iſt zuvor gedacht worden/ was die Kraͤntze
fuͤr Bedeutung haben; und koͤnte auch das Wintergruͤn/ (welches
als gemaͤchlich an den Gebaͤuen ſich erhoͤhet/ und weiland
denen Soldaten/ ſo die Mauren einer Feſtung oder Stadt
uͤberſtiegen/ zugeeignet worden/ 115) leichtlich eine Auslegung
finden: Antworte aber wegen beliebter Kuͤrtze/ auff der Frauen wolbedachte
Frage/ daß der Bonen vielerley Art ſind/ aber alle eines Geſchlechts: die
Geſpraͤch= ſpiel aber vergleichen ſich mit den
Welſchen Bonen/ weil ſolche Verſtanduͤ= bung/ in
Welſchland ſonderlich im Gebrauch ſchwebet.3. C. Bonen iſt ein ſchlecht Zugemuͤs; die
Geſpraͤchſpiel/ (in Beobachtung deſſen/ ſo
ich bey tragen kan) ſind gleichfals gar eine ſchlechte Richte/ die nicht
an groſſer Herrn Tafel taugt.4. R. Wie vor dieſem die Regenten durch die Bonen erwehlet worden/ (da=
hero Pythagoras/ die Bonen zu koſten/ das iſt/ ſich umb die
Regierung zu reiſſen verbotten hatte/ und man vielleicht daher noch bey
uns und anderer Orten Bonenkoͤnige wehlet/116) alſo ſollen auch
zu den Geſpraͤchſpielen Regen= ten derſelben
erkieſet werden.
|| [258]
5. A. Wie die Natur auff manche Art/ und mit manchen Farben ſpielet;
Alſo ſind auch die Geſpraͤchſpiele/ auff viel=und
unterſchiedliche Arten anzu= ſtellen.6. V. Die Bonen/ ſchreibt man/ verurſachen viel Blehungen und wunder=
liche Traum/ haben auch eine Bezeichnung (Signaturam) die zur Luſtreitzung
foͤdern ſolle: dergleichen moͤchte wol auch von den
Geſpraͤchſpielen geſagt wer= den/ wann ſelbe zu
ungleichen Sinnen gelangen. 117 7. J. Wie ſich die Bonen an jedem geringen Stab erhoͤhen; alſo
koͤnnen auch die Geſpraͤchſpiel von geringen
Urſachen hergenommen werden.8. A. Solten nun alle und jede Spiel/ welche aus dem Eingangs ermeld= ten
Kupfferblaͤtlein zu ziehen/ auffgebracht worden ſeyn?
|| [259]
Veſpaſian.
1. NEin; dann es kan deſſelben Inhalt/ auff viel Weiß und Weg noch ferners
erſtrecket/ und zu Behuff allerley Geſpraͤchſpie= len
gebrauchet werden. Zum Exempel gibt die Zahl VII. auff welche der Schatten
weiſt/ nechſt Anzeig/ daß alles zur Vol= kommenheit abgeſehen/
ſeyn ſolle/ von den Sieben Altern deß Menſchens/ ein
ſolches Spiel an die Hand: Es habe
Ich
Behalte fuͤr mich das geruhliche Alter/ mit wolgemeinten Raht/ und
vernuͤnfftiger Erfahrung/ biß auff das 60. Jahr.2. Wie nun in den vorgeuͤbtem Spiel der Kraͤuter/ ein jedes nicht nur ihm
fuͤrgegebenes/ ſondern auch alles das/ was andern fuͤrgegeben
worden/ mer= cken und beobachten muͤſſen: Alſo iſt
in dieſem Spiel gewoͤhnlich/ daß bey Be= nennung eines oder andern
Alters/ ſelbes ſeiner beeden Nachbaren zugetheil= te Alter/ (welche
allezeit mit der ſibenden Zahl ſich mercklich aͤndern/) und de=
ren Angehoͤr zu erwaͤhnen.3. A. Ich muß mich bevor mit meinen beeden Nachbaren berahtſchlagen; alles
ſo bald zu mercken iſt ſchwer.
|| [261]
4. V. Die Jungfrauſchafft hat von Zucht und Hoͤflichkeit/ Lob und
Ruhm.5. R. Und enthaͤlt ſich zwiſchen der ſchlaͤfferigen
Jugend/ Schamhafftigkeit und Emſigkeit; anderſeits deß Maͤnnlichen
Alters Staͤrcke/ und in Waffen und Buͤchern belobte
Verſtaͤndnus: gleichwie hingegen die Kindheit/ ſich be= nebens der
ſuͤſſen Muttermilch in Verſtand und
Unwiſſenheit befindet.6. C. Die Kindheit ſtehet aber eines theils zwiſchen der
Knabſchafft/ Faͤhig= keit der Unterweiſung und
Gelerſamkeit; anders theils gelangt ſelbe gleich= ſamb zuruck nach
dem ſechtzigjaͤhrigen Alter ꝛc.
Angelica.
1. LEichter iſt/ auff die ſiebende Zahl
118 etwas zu erfinden: Als daß VII. eine heilige Zahl/ weil der fiebende Tag
von GOtt zur Ruhe geheiliget/ und auch zu ewiger Gedaͤchtniß derſelben
das Siebende Jahr/ das Sabbathjahr/ (annus Sabbatha- rius,) zu halten befohlen
worden. 119 Die Welt iſt auch im Se=
ptember oder Herbſtmonat erſchaffen.
|| [262]
2. V. Gott hat die Zeit/ welche er uns verliehen/ hoͤher als die zeitlichen
Guͤ= ter geachtet/ in dem er von dieſen den ſiebenden Theil bey
Haltung deß Sab= baths; von jenen den zehenden Theil ihm zu geben erfordert hat.
120 3. J. Die ſieben Alter deß Menſchen/ deren bevor Meldung
beſchehen/ ver= gleichet man auch mit den VII. Tagen der Erſchaffung; mit
den VII. Plane= ten/ und den VII. Zeiten der Welt. 121 4. D. Man pflegt zu ſagen/ wer von Sieben ſagt der lu
̅
ge gerne/ und
komt vielleicht daher/ weil Salomon 122 ſagt: Wenn
er (der Luͤgner) ſeine Stimme Holdſelig machet/ ſo glaube
ihm nicht/ denn es ſind Sieben Greuel in ſeinem Hertzen.5. C. Daß alles in der Siebenden Zahl beruhe/ iſt unter vieln Beweiß auch
daher zu erſehen/ daß auch die XII. himmliſche Zeichen ſolcher
Geſtalt in VII. beſtehen/ weil 4. mal 3. oder 3. mal 4. XII. macht: in
dem ſiebenden himmli= ſchen Zeichen beſch††het alle Zeit die Sonnewende (Solſtitium) und
dieſe Zahl der nidrigſte/ und hoͤchſte Planet in
ſeinem Lauff beharrlich in acht nimbt: da [263] her
dann die Veraͤnderungen bey den Krancken ſich mit dieſer Zahl
begeben. 123 und
etliche Gelehrte haben ſie den Maͤßſtab der Natur
geheiſſen.6. R. Unſer Teutſches Wort Sieben/ komt von dem Ebræiſchen
her/ und(, Schibah. , als
)
iſt Merckwirdig/ daß die Ebræer/ wann ſie etwas beteuren wollen/
bey VII. als der Verknuͤpffung der gantzen Welt/ 124 geſchworen.7. A. Weil H. Raymund ſolche Sachen fuͤrbringt/ welche daher nicht
gehoͤ= ren und wir nicht verſtehen/ als wolle er zur Straff ein Pfand
darlegen.8. R. Ob ich zwar jetzt nicht mit der Jungfrau ſondern mit Herrn Veſpa=
ſian allein geredet; und dieſe Sach zu ergruͤnden hoch anfangen
muͤſſen/ ſo will ich mich doch nicht wegern dieſes
Pfand der Jungfrau einzuhaͤndigen/ mit Bitt/ mir eine Buß auff zu erlegen/ daß
ich ſelbes alsbalden widerumb an mich loͤſen moͤchte.9. A. Er geruhe eine Zahl zu finden/ zu welcher/ wann man das Drittel ſetzet/
in allem VII. mache/ damit er geſtrafft werde/ dardurch er gefehlet.
|| [264]
10. R. Wan
̅
ich VII. in drey Theil ſondere/ ſo iſt das
Drittel 2⅓/ dieſe 2⅓ zu 4⅓ geſetzt/
loͤſen mein Pfand aus.11. J. Jungfrau Angelica hat auch Pfand ſtehen/ und kan ſieder Herr
gleichfals zu Widerloͤſung derſelben
bemuͤſſigen.12. R. Sie ſoll dreymal zehlen VII. und die Perſonen/ welche die Zahlen
be= treffen/ ſollen uͤber Nacht beyſammen bleiben.13. C. Das Einwilligen ſtehet nachmals bey denen/ die es betrifft.14. A. Ich will von mir anfangen 1. H. Veſp. 2. F. Jul. 3. H. Degenw. 4. J.
Caſſ. 5. H. Raym. 6. So bin ich das Siebende.15. R. Nun darff die Jungfrau ſich nicht mehr mit zehlen.16. A. So fange ich von dem Herrn an: 1. J. Caſſ. 2. H. Degenw. 3. F.
Jul. 4. H. Veſp. 5. H. Raym. 6. Jungf. Caſſ. Sieben. Nun fange ich
wider bey Herrn Raymund an und frag zuvor auff welche Seiten ich zehlen
ſoll.17. R. Ich vermerck bereit/ das es gleich gilt/ und das Los auff F. Juliam
faͤlt. Dann 1. H. Veſp. 2. F. Jul. 3. H. Deg. 4. Ich 5. H. Veſp.
6. F. Julia Sieben.
|| [265]
18. A. Oder weil ich allezeit auff die rechte Seiten gezehlet H. Raym. 1. H.
Degenw. 2. F. Julia 3. H. Veſp. 4. H. Raym. 5. H. Degenw. 6. F. Julia VII.
Raymund.
1. AN Statt meines Spiels aus dem Kupfferblaͤtlein/ ſoll jedes etwas
wuͤnſchen (nach Uberſchrifft deſſelben/) Das
nutzet und behagt/ welches dann den geringſten Wunſch thun wird/
ſelbes ſolle ein Pfand zu geben ſchuldigſeyn:2. J. Ich wuͤnſche/ daß alle Menſchen/ welche anderſt
reden/ und anderſt dencken verſtummen ſolten/ biß ſie von
dem redlichſten Mann/ der in der Welt heut zu Tag zu finden iſt/ wegen
ihrer Falſchheit beſtraffet wer= den moͤchten. Wie
nuͤtzlich ſolte das den Einfaͤltigen/ und wie luſtig/ wann
ſo viel Stumme mit Deuten und Zeichengeben/ den Redlichſten ſuchen
ſolten!3. A. Ich wuͤnſche/ daß jederman Fried und Ruhe in der gantzen Welt [266]
haben moͤchte/ wie zu Zeiten unſers Seligmachers Geburt geſchehen
iſt.4. C. So wuͤnſche ich/ daß jederman ſo ein gut
Gewiſſen habe/ als Adam vor dem Fall gehabt; und ſo viel
Wiſſenſchafft/ als der Koͤnig Salomon/ bevor er ſich
von Gott hat wendig machen laſſen. Das ſolteja nutzen und
beluſten.5. V. So wuͤnſche ich/ daß niemand ins Kuͤnfftig unter allen
Menſchen/ bey dem Koͤnig aller Koͤnig/ und dem HErrn aller HErrn
in Ungenaden ikommen moͤchte.6. R. Ich erwuͤnſche Hertzlich/ daß jederman die Ewigkeit
genugſamb be= trachtete.7. D. So wuͤnſche ich mir ſo viel gute Freund/ als falſche
Freund in der Welt ſeyn. Ubergib auch willig das Pfand meiner Unbe=
dachtſambkeit/ daß mir nichts beſſers hat beyfallen
wollen.
|| [267]
Caſſandra.
1. VOn den Bienen in dicker meldtem Kupfferblat will ich zu fra= gen
Urſach nemen/ worzu das Wachs zu gebrauchen?2. D. Zum Siglen/ jedoch werden die Farben deß gruͤnen und
weiſſen Wachſes von den rohten unterſchieden/ wie dann
Franckreich und Rotweil mit gelben Wachs figlen. 125 3. J. Zu Liechtern und Kertzen.4. V. Zun Pflaſtern/ denn es lindert und heilet.5. A. Zum Nehen/ daß man den Faden mit wichſet.6. R. Das Wachs nutzt die Glaͤſer zu verkleben daß der Geruch deren dar=
inn enthaltenen Sachen ſich nicht entgeiſtert.7. C. Man bedient ſich auch deß Wachſes allerley Bluͤmlein und
Bilder zu geſtalten/ wie man ſich auch daſſelbe zum belzen
und pfropffen/ und auff viel andere Weiß zu gebrauchen pflegt.
|| [268]
Degenwert.
1. DAs Wachs iſt die ordentliche Werckſtatt/ in welcher die Bien= lein
ihre ſuͤſſe Arbeit embſiglich verfertigen: Ich
ſage/ die or= dentliche Werckſtatt/ dann in dem Wachs/ (welches
vielleicht von dem Wachſen alſo genennet iſt/) ordentliche/ und
gleich= ſam nach der Richtſchnur ebene Zeilen zu ſehen/ darinn das
Hoͤnig und Hoͤnigſaum kochet: Wie dann auch von dieſen
Zeilen die Zeiller o= der Zeidler den Namen bekommen/ und iſt vielleicht kein
ſo klein Thierlein/ darinnen die groſſen Wunder thaten Gottes/
ſo Augenſcheinlich erwieſen/ als eben in den Immen oder
Bienen.2. C. Die Biene iſt ein kleines Voͤgelein/ und gibt die
allerſuͤſſeſte Frucht/ 126 in
dem ſelbes aus den Bluͤmlein und Kraͤutlein faſt auff eine
unſichtbare Weiß die Safft und Krafft ziehet/ und in ſeiner Beuten
kuͤnſtlich diſtilliret.3. R. Von den Bienen 127 moͤgen allerley Sinnbilde genommen werden/ dan
̅
[269]
ſelbe ertheilen den Koͤnigen Lehre/ in dem jhr Koͤnig
groͤſſer als die andern Immen vorfliegt/ der gantze Schwarm durch
ſeinen Tod zerſtreuet wird/ daß er fuͤr ſich keinen Stachel
hat/ ſondern von ſeinen Geferten/ die ihm folgen und auffwarten/
beſchirmet wird. Die ſchoͤne Ordnung/ der groſſe Fleiß/
die be= harrliche Arbeit/ die richtige Beobachtung der Zeit/ kan den Hausſtand
zum Unterricht dienen. Ihr Tapfferkeit gegen die Weſpen und Raubbiene zu
kaͤmpffen/ kan den Soldaten eine Lehr ſeyn; welche mit Feur und Schwert/
(gleich wie die Bienlein mit dem Rauch/ und dem Zeitel=oder Wachsmeſſer
beraubet werden) alles verderben und zerſtoͤren. Sonderlich aber
iſt deß Sam= ſons Loͤw/ welcher das Hoͤnig in den
Kienbacken gehabt/ ein Bild eines bered= te
̅
Fuͤrſtens/ der
ſeine Macht bey de
̅
Nohtleidende
̅
zur Freundlichkeit diene
̅
laͤſt.4. A. Wann man aber das Thierlein ſelbſt betrachtet/ kan man nicht ohn
groſ= ſe Verwunderung anſchauen/ wie gelencke und ſubtile
Fuͤßlein ſelbes hat/ daß es ſich auff dem Spiegeleiß halten/ und
uͤberſich und unterſich kriechen kan: ſei= ne
Fluͤgelein ſind ſo rein geweppt/ daß der hoͤchſte
Menſchliche Verſtand [270]
dergleichen zu Werck zu richten nicht unterfangen darff: Der Stachel iſt hell
und kan die ſubtilſten Geiſterlein von dem Blumenſafft an
ſich ziehen. Wie artige Bewandniß es innerhalb deß Leibs/ und wie
ſonderliche Krafft und Wuͤrckung jedes Gliedlein deſſelben
hat/ iſt mir ſo genau nicht bekant/ aber doch leichtlich/ von den
aͤuſſerlichen abzunemen.5. V. Ob den Bienen auch das Gehoͤr zuzumeſſen/ waltet ein
Zweiffel: Die es bejahen ſchlieſſen es aus dem Toͤnen/
ſo man/ wann ſie ſchwaͤrmen/ (auff kupffern Pfannen
ſchlagend/) zu machen pflegt/ damit ſie beyſammen blei= ben/ und
nahe anlegen ſollen. Andere wollen behaubten/ es ſey ſolches ein Ge=
brauch/ umb den Nachbarn zu wiſſen zu machen/ daß ein Schwarm in der
Lufft/ und wan
̅
ſelber an andere Ort gerahte
̅
moͤchte/ man gewiß
wiſſen koͤnne/ wem er angehoͤre. Sagend ferner/ daß ein
ſo kle nes Thierlein als das Bien= lein iſt/ kein ſo
ſtarckes Getoͤn faſſen koͤnne: Gleichwie der Loͤw/
den Hanen nicht ohn Ergrimmen kan ſchreien hoͤren/ weil die
Gehoͤrroͤhren in ſeinen Oh= ren viel zu groß/ eine ſo
ſcharffe und ſubtile Stimm ohn Erbitterung zu erdul [271] ten; und alſo ſey es auch in den Widerſpiel/ mit den
Bienen und den Ton deß Kupffern Keſſels bewandt. Von den Hunden
iſt bekannt/ daß ſie groſſe Glo= cken/ Singen/ oder
ſonſten groſſes Geſchrey mit Winſeln und Heulen
hoͤren; weil nemlich keine Gleichheit zwiſchen ihrem Gehoͤr und
ſolchem Laut iſt. Eb= ner maſſen als auch uns das
Knirſchen in den Ohren und Mißſtimmung in der Muſica wehe
thut.6. J. Das Brummen und Schwaͤrmen der Bien/ iſt unſeren Ohren auch
we= nig angenem/ un
̅
iſt ſich zu verwundern/ daß auch ein ſo
kleines Thier ſo ſtarcke
̅
und groben Laut ſolte von ſich geben koͤnnen. Sonſten wie
hoch das Hoͤnig zu halten/ iſt dar aus zu erlernen/ daß den Kindern
Iſrael das gelobte Land/ von dem Milch=und Hoͤnigflieſſen
gelobet/ und dardurch verſtanden worden/ aller Uberfluß an noͤttigen/
(durch die Milch/) und an erfreulichen (durch das ſuͤſſe
Hoͤnig) Sachen.
|| [272]
Julia.
1. WIe mancherley biß anhero/ aus dem Sinnbild der Geſpraͤch= ſpiel
an=und eingefuͤhret worden iſt: noch ſo viel koͤnte man
vielleicht daraus erſinnen. Zu richtiger Folgleiſtung aber der biß
anhero beobachten Ordnung/ frage ich in Abſehung der Sonnenuhr halben Circul/
wie unterſchiedliche Sachen der= gleichen halbe Rundungen
vorweiſen?2. D. Der Sonnen Lauff gleichet erſtermeltem Circul/ weil aber von
dieſem Weltliecht vormals mit Umbſtaͤnden erwaͤhnet worden;
will ich einer andern halben Rundung gedencken; nemlich deß Regenbogens/ welcher eine
mit E= delgeſtein beſetzte Brucken iſt/ und doch die Erden nicht
beruͤhret. Es iſt das Meiſterſtuck der Natur/ in
deſſen Betrachtung alle Menſchliche Vernunfft das Reiß aus
ſpielet: Es iſt der koͤſtliche Bogen/ ohn die ſtrenge
Sennen und Zornpfeil/ durch welchen Gott ſeine unmeßliche Barmhertzigkeit gegen
die Menſchen/ Geheimnißweiß ausſtrecket.
|| [273]
3. C. Wenn der Mond ſeines vollen Liechts beraubet iſt/ ſo
gleicht er einer halben Rundung oder Bogen/ deßwegen er auch vielleicht der
Jagtgoͤttin (Dia- næ) beygemahlet zu werden pflegt.4. R. Unter andern Dingen/ welche alle Voͤlcker einhaͤllig an=und
auffgenom= men/ ſind auch die Uhren/ und die Zeitbemerckungen nicht die
geringſten. 128 Von deroſelben Unterſchied und Kunſt nach Umbſtaͤnden zu
reden/ iſt unſe= rem Vorhaben nicht gemaͤß. Zu Fortſetzung
aber jetzt angefangenen Spiels/ ſage ich/ daß die Uhr oder der Sonnenzeiger
Ahas/ (auff welchem der Schat= ten/ zu Zeiten deß Koͤnigs Hiskia iſt
zehen Linien zu ruck gelauffen/ 129) in ei= ner halben Rundung
beſtanden/ folgender Geſtalt/ einerunde kupfferne Ku= gel mit den Zahlen
und 28. Loͤchern bemercket/ hafftete zwiſchen einem groſſen
halben kupffern Circul/ deſſen Spitzen gegen der Sonnen Auffgang
gerichtet/ bemerckend durch derſelben Schatten die Stunden. Bey Nachts aber hat
man in die gedachte Loͤcher einen langen Stefft/ nach deß Monds Tagalter ge=
ſtecket/ und vermittelſt deſſelben Schattens gleichsfals
erſehen koͤnnen/ welche Zeit es geweſen. 130
|| [274]
(rel in ſeinen unerhoͤrten Seltzamtei=
ten/ Cap. 9. Bl. 204.) 5. A. Die Boͤgen/ ſo die Bauleut in Gewoͤlben/ Thuͤren und
Fenſtern ſchlieſ= ſen/ gleichen auch halben Circuln. Sie
pflegen Boͤgen von Holtz unterzuſe= tzen/ biß ſie das
Gewoͤlb/ oder der Brucken Schwingbogen voͤllig gefuͤget/ die
Streb=und Schlußſtein verbunden/ und die Hoͤhe gaͤntzlich
zugeſchloſſen haben; nachmals raumen ſie ſolches
Geruͤſte von Statten/ und ſtehet das Gebaͤu in
ſeinem rechten Schwung.6. V. So pflegen auch groſſe Herrn mit ihren Dienern zu verfahren: Sie
werden hohen Geſchaͤfften und Handlungen unterſtuͤtzt/
deren man ſie keines wegs entziehen will/ biß ihres Herrn Abſehen
geſchloſſen/ und voͤllig zu Ende gebracht. Alsdann haben
ſie ausgedient/ und werden aus den Augen und Sinn geraumet/ wie ein/ in
ſolchen Haͤndeln erfahrner Spaniſcher Hofman
̅
131
darvon ſchreibet. Weil aber die Zeit faſtverfloſſen/ und
ſich eben bey Fr. Ju= lia/ dieſes Spiel wider endet/ will ich das
bekannte Sprichwort erinnern: Wann man den Bogen zu ſehr ſpannet/
ſo zerſpringt er. Ich will ſagen/ daß wir Frau Juliæ
Hoͤflichkeit nicht mißbrauchen ſollen/ ſondern nach
Ausloͤſung der Pfand Urlaub nemen.
|| [275]
7. J. Ich bitte/ ſie geruhen ſich noch laͤnger allhie
auffzuhalten.8. C. Weil zuvor Jungfrau Angelica dem Herrn Raymund/ und er ihr widerumb eine
Buß aufferlegt; will ich Herrn Degenwert bemuͤhen/ daß er ſein Pfand
ſolle wider holen/ ſolcher geſtalt: Er ſtehet hier auff drey
Schrit von dem Ring/ den er eingepfandthat; nun ſoll er einen Schrit fuͤr
ſich/ und zween Schrithinter ſich thun/ und ſein Pfand wider
nemen.9. D. Das iſt leicht zu leiſten/ ich thue dieſen Schrit vorwarts/
und wende alsdann gegen dem Pfand den Rucken/ ſo kan ich ja/ nach zwey zu ruck
ver= richten Schritten wol darzu langen.10. J. Jungfrau Caſſandra hat allhier auch eine Gab zu haben. Der Herr
bemuͤhe ſie gleichsfals.11. D. Die Jungfrau ſage mir zur Buß: Ob genugſamb ſey
ſich lieben zu machen/ daß man liebe?12. C. Nein/ ſondern man muß auch Liebens wuͤrdig ſeyn.13. D. Ich bedancke mich deß guten Berichts.
|| [276]
14. V. Faſt dergleichen Antworthat auff ein Zeit ein Alter erlanget/ der eine
Jungfr. gefꝛagt: Ob ſie nicht beduncke/ daß zu veꝛwundern/
wan
̅
ein alter Man
̅
ſich verliebe; dem ſie geantwortet mit Nein: Aber vielmehr ſey zu
verwun= dern/ wann ein Alter geliebet werde.15. J. Hier ſind noch etliche Pfand/ von beeden Herrn/ und beeden Jung=
frauen auszulieffern.16. A. Wir wollen von der Frauen hoͤren/ welcher Geſtalt ſie zu
erhandeln?17. J. Alle dieſe Pfand ſind umb Lieder wider zu loͤſen/
und kan Jungfrau Caſſandra den Anfang machen/ wenn es ihr
gefaͤllt.18. C. Weil der Geſellſchafft beliebt/ eine ungeuͤbte Stimme
zu hoͤren/ ſo will ich ſingen/ ſo gut ich kan.
|| [277]
1.
NUn blicket und blincket die lieblichſte Zeit/ der glaͤntze
̅
de
Fruͤhling/ kom
̅
t froͤlich zu ſingen:
Die Stat in die Gaͤrten zu ſchreiten ſichfteut/ Es
doͤrffe
̅
die Doͤrffer in Feldern erklingen.
|| [278]
2.
Es hallet und ſchallet der Echo ſo ſchoͤn/
Es grunet und gruͤnet die Zierde der Auen/
Es brauſet und rauſchet der Baͤchlein Getoͤn/
Die runden und bunten Feldbluͤmelein tauen.
3.
Die traͤchtige Schohſe der Erden erklufft/
Es ſchoſſen und ſproſſen der Baume Gefilde/
Es prallet und wallet die muntere Lufft/
Von neuen zu freyen wird luſtig das Wilde.
4.
Die Zeite/ der Lentzen/ Stadt/ Doͤrffer und Feld/
Der Echo/ die Bluͤmlein/ der Waͤſſerlein Schallen/
Die Erde/ die Baͤume/ die Lufft und die Waͤld/
Beſtimmen ein Liedlein den Fruͤling zu gfallen.19. J. Die Jungfrau hat benebens ihren Pfanden unſer aller Lob verdienet.
|| [279]
Nechſt oberſtimme. (Altus) allein zu ſingen. langſamb.
1.
WAn
̅
der ſchwang rn Erdenzier bricht herfuͤr/ und bringt an deß Ta= ges
Liecht/ Was der Baur
langſamb.
Echo. ihr hatvertraut und er= baut/ das uns in der Stadt gebricht:
|| [280]
2.
So ſind dann die gruͤnen An’n/
Wol zu ſchau’n/
Die der nechſt anreinend Bach/
Nehrt und mehrt mit feiſtem Gras/
Daß es baß/
Faͤllt der krummen Senſen nach.
3.
Traͤchtig brummet her die Kuh/
Es ſtimmt zu
Ihr Mann der auff d’ Hoͤrner pocht/
Die beliebte Wollenſchaar/
Gibt die Haar/
Eheder Scherer Mahlzeit kocht.
|| [281]
4.
Dann der Schnitter Arbeit rauſcht/
Ceres bauſcht/
In dem geelen Garbenband/
Und die Lerche klagend lehrt/
Wie zerſtoͤrt
Sey ihr Neſt und liebes Land.
5.
Friſche Milch traͤgt auff der Baur/
Daß ihm daur/
In dem Felde Magd und Knecht/
In der Stadt die kalte Schal/
Jetzt zumal/
Thut den Buͤrgern trefflich recht.
|| [282]
6.
Wann ich alſo wuͤnſchen ſolt/
Was ich wolt/
Wuͤnſcht ich eben dieſes gar/
Daß die liebe Erndefreud/
Ohne Leid/
Waͤhrte durch das gantze Jahr.
1.
|| [283]
Wann trachtet das Wildbret im Walde zu ja= gen; das be= ſte Ge= fluͤ gel kombt
Wild Enten un
̅
ſchnepffen zu Tiſche zu tra= gen/
haͤuffig her= ein/ zum kaͤl= ter= ten Wein.
2.
Aal/ Karpffen/ Krebs/ Hechte/ die Gaſtungen zieren/
Die Maſchen/ die Pfirſing/ die Aepffel und Pyren/
Die Nuͤſſe und Kaͤſten auch ſchicken ſich fein/
Zum aͤlteren Wein.
|| [284]
3.
Ey hoͤret/ wie luſtig/ die Satyriſingen/
Wie eiffrig ſie alle zum Rebenſafft dringen/
Was ihnen der Herbſt ſo reifflich geſchenckt/
Iſt umb ſie gehengt.
4.
Sie bauen nechſt hieſigen ſchattigen Eichen/
Ein Tiſchlein von Waaſen zum fꝛeudigen Zeiche ̅ /
Weil ſie der October viel mehrers erfreut/
als andere Zeit.
5.
Es find et ſich unter dem rauhen Geſinde/
Ihr Sylvan un ̅ heiſchet ein Krauſen geſchwinde
Begierig das haſtige Trincken zu mehrn/
Dem Baccho zu Ehrn.
|| [285]
6.
Hier jauchtzen die Waldboͤck/ ſie hupffen/ ſie hincken/
Ein jeder will Bacchi Geſundheit auch trincken/
Dann ja faſt nichts beſſers dem Menſchen gegeben/
Als Safftevom Reben.22. J. Dieſe Pfand haben wol gezinſt/ und ſagt man ſonſten/ man koͤnne un= ter gleichen Perſonen einen nicht loben/ ohne deß andern Schande: Dieſer Jahrzeit Lob aber kan wol nebeneinander ſtehen/ und waltzet nun der Winter auff Herr Raymund/ deſſen Ruhm ſchwerer zu finden ſcheinet.
1.
|| [286]
Wem behagt A pri= len wetter? Wem deß Hunds Geſtirnes Hitz? Ich will nun Wem deß
Herb= ſtes fal= be Blaͤtter: Nie mand der nicht ſparet Witz!
kaltſinnig lobendie be= grau= te Winters zeit/ die uns unſer Augen weidt/
und auch billich wird
er= ho= ben.
|| [287]
2.
Wie ein faſt bejahrter Alter/
Nach der ſchnellen Monden Flucht/
(Sitzend bey dem Weinbehalter/)
Koſtet ſeiner Arbeit Frucht;
Haͤlt die Ruhtag fuͤr ſein Leben/
Biß zum fuͤrgeſteckten Ziel/
Da der grauen Haar ſo viel/
Stralen groſſer Klugheit geben:
3.
Alſo pfleget auch zu raſten/
Aller Jahrzeit Flucht und Eil/
Und beginnet recht zu maſten/
An deß weiſſen Winters Seil:
|| [288]
Ceres wohnet in den Scheuren/
Bacchus bringt den ſuͤſſen Moſt/
So traͤgt Pomon auff ihr Koſt/
Sylvan kan beym Feure feiren.
4.
Dann ob zwar pflegt zu verharren
Die faſt brennend kalte Lufft/
Und die rauen Daͤmpf erſtarren/
In der tieffen Erden Klufft;
So iſt doch geſundes Wetter/
Und man heitzt auch tapffer ein/
Wartend bey dem firnen Wein/
Eine Muſic von dem Braͤter.
5.
Schauet draus die weiſſen Flocken/
|| [289]
Wie ſie ſtreichen hin und her/
Wie ſie ſich zuſammen ſtocken/
Wie ſie ſtuͤrmen uͤberquer!
Juno hat ihr Bett geleeret/
Schaut/ wie nutzt der Federquarck/
Daß der Baur rollt ſanfft gen Marck/
So er auff dem Schnee her faͤhret.
6.
Mich beduncket/ daß die Sterne
Stralen baas/ wanns Winter iſt/
Wann das Waſſer hartet gerne/
Wie Cryſtallſtein durch Gefruͤſt:
So muß man das Eiß belauffen/
Mit der Schritſchuh ſchnellem Holtz/
Wie ein Vogel oder Boltz/
Rauſcht man dahin ohn Verſchnauffen.
|| [290]
7.
Maßquen/ Faſtnacht/ Schlitten fahren/
Reiten/ tantzen/ fechten uͤben/
Laß ich unbemeldet fahren/
Wie auch auff der Tafel ſchieben;
Und erhebe das Studiren/
So uns manche lange Nacht/
auch wol in das Bett gebracht/
Daß wir Wintersluſt recht ſpuͤren.
Veſpaſian.
1. ES vernuͤgt mich bey dieſer Pfandloͤſung/ daß der
Diſcant o= der die Oberſtimme mit dem Fruͤling/ der Alt oder
Nechſt= Oberſtimme mit dem Sommer/ der Tenor gemeine oder
Nechſtunterſtimme mit dem Herbſt; und der Baß/ oder die [291]
Grundſtimme mit dem Winter ſo artig eingetroffen. Dieſe
Geſaͤnger brin= gen mir in Widergedaͤchtnus/ daß ich ein Spiel
von der Muſicſpielen ſe= hen/ bey welchem man das ut,
re, mi, fa, ſol, la, ausgetheilt/ und weil alle all= dar Anweſende der
Singkunſt kundig waren/ hat der/ ſo das Spiel gefuͤhrt/ mit dem
Staͤblein den Tact gegeben/ und anfangen zu ſingen ut, mi, re, &c.
und ein jedes ſo lang/ als ein halber oder gantzer/ oder viertel Schlag/
gewaͤret/ auffſtehen muͤſſen/ un
̅
ſo lang
ſelbe Noten gelautet/ ſtehen bleiben; welche dan
̅
zu bald oder zu langſamb auffgeſtanden/ oder
geſeſſen ſind/ haben die Pfand/ mit Beantwortung etlicher
Fragen von der Muſic wider loͤſen muͤſſen.2. A. Ich bilde mir leichtlich ein/ wie ſie untereinander werden gehupffen ha=
ben/ wenn der ſchwartzen Noten viel ſind geſungen worden.3. C. Was kan man aber von der Muſic fragen?4. V. Mit der Frag muß man ſich richten/ nach Bewandnus deſſen/
der antworten ſoll. Einen Studenten kan man fragen: Ob die Muſic von dem
Vogelgeſang/ oder von dem Rauſchen deß Waſſers (welches den
Ton nach [292]
den Steinen/ an welche es zu ſtoſſen koͤmt/
aͤndert/) oder von dem ungleichen Hammerſchlag der Schmid erfunden worden
ſey? Was der Syrenen oder deß Orphei Fabel bedeute? und ob die Stimm in dem
Lufft/ gleich wie ein Troͤpfflein in dem Waſſer der Rundung
nachart: 132 Ob die Lieb der Muſic zu vergleichen? Eine Jungfrau aber kan
leichter beantworten: Ob ihr die na= tuͤrliche Stimm/ oder der
kuͤnſtliche Inſtrumentklang mehr beliebe? Ob die Stimm deß
Menſchen die groͤſte Gabe ſey/ mit welcher er die
unvernuͤnffti= gen Thiereuͤbertrifft?5. A. Warumb beliebt doch denen noch in der Wiegen ligenden Kindlein das
Geſang/ deſſen ſie der Zeit im wenigſten keinen
Verſtand haben koͤnnen?6. R. Warumb wird das tapffere Pferd durch de
̅
Trompetenſchall behertzt; un
̅
deß Fuhrmanns Roßdurch die Schellen un
̅
Rollen zu der Arbeit ermuntert?7. C. Warumb weidet das Vieh ſo viel lieber/ wann der Hirt mit ſeiner
Pfeiffen ſchwegelt/ und das Gloͤcklein der Kuhe am Hals klinget?8. D. Warumb kan doch ein jeder Gelehrter und Ungelehrter von gleichſtim [293] mung
und Mißſtimmung der Muſic urtheilen/ da von andern Kuͤnſten
nur die Kuͤnſtler derſelben zu reden wiſſen?9. J. Warumb erfreut doch die Betruͤbten die Muſic/ daß gleichſam
alle ihre Sinne ſich zu den Ohren finden/ und dardurch aller Anligen und Be=
ſchwerden vergeſſen?10. V. Dieſe Fragen beruhen auff einer Antwort/ nemlichen: daß die ge=(Confirma- tio Elemen- torum & Harmonia
corporis Muſici.)
naue Gleichſtimmung der Muſic/ und deß in den vier Elementen
beſtehenden Coͤrpers/ die waare Urſach ſolcher
wunderſamen Wirckungen zu achten. Un= ſer Leben iſt nichts anders
als eine kuͤnſtliche Muſic/ welches in einer rechtglei= chen
Ungleichheit verfaſſet iſt. Ein Theil deſſelben
iſt ſubtil/ als die Lebens= geiſter/ die Oberſtimm/ und das
Feur: oder andere Mitteltheil etwas groͤber/ als das Gebluͤt/ die hohe
Stimme/ und die Lufft: Ferner gleicht das Fleiſch der gemeinen Stimm und dem
Waſſer: Dann letzlich die Gebeine der Grund= ſtimm/ und der Erden.
Dieſe aͤhnlichkeit beurſacht meines Erachtens die all= gemeine
Zuneigung zu der Muſic/ welche gleichſamb ein Vorgeſchmack iſt
[294]
deß ewigen Lebens/ deſſen die Frommen in Gottes Wort
vergewiſſert ſeyn.
Raymund.
1. WEil aber nicht allezeit dem Frauenzimmer bedient/ mit vielen Reden/ die
groſſes Nachſinnen von noͤhten haben; bin ich auff ein Zeit
in guter Geſellſchafft angelanget worden: Ich ſolte ein leichtes
und kurtzweiliges Spiel anfangen/ daß alle Anweſende zugleich mitſpielen
koͤnten/ damit aus der ver= meinten Luſt nicht eine unverhoffte Arbeit
wuͤrde/ wie bey ſchweren Fragen zu geſchehen pflege. Auff
ſolches Begehren/ habe ich/ nach einem kurtzen Eingang von Verwirrung der
Sprachen/ die Oeſterreichiſche/ Schwaͤbiſche/
Schweitzeriſche/ Boͤmiſche/ Pomeriſche/
Fraͤnckiſche Sprachen dem Franen= zimmer: Den jungen Geſellen
Lateiniſch/ Griechiſch/ Frantzoͤſiſch/ Italia=
niſch/ Spaniſch/ ꝛc. zu reden/ nach jeder Perſon Bewandnus
ausgetheilet/ und Krafft tragenden Spielregiments gebotten; daß ſo lang ich das
Staͤb [295] lein
in die Hoͤhe halten werde/ jedes ſeine Sprach von allerland Sachen (nach
Belieben) reden ſolte/ und daß das Stillſchweigen/ biß ich das
Staͤblein ſin= cken laſſen werde/ ſtraͤfflich
ſeyn ſolte. Fuͤrwar man haͤtte vermeinen doͤrffen/
daß/ wie bey Zeiten deß hoch auffgefuͤhrten Turns Babel/ die Sprachen wi=
derumb verwirret und verirretwaͤren worden/ ſo ein wunderlich
Geſchrey hat ſich hoͤren laſſen/ weil/ wie gedacht/
die Geſellſchafft ſehr groß/ und die Spra= chen mancherley.
Julia.
1. ES iſt leichtlich zu ermeſſen; dann es nicht an dem Spiel/
ſon= dern an der Geſellſchafft ſo ſelbes
uͤbet/ gelegen/ daß es wol ab= gehe: Wie ich von dem Spiel der Geheimnus
auch ſelbſten erfahren/ da jedes dem andern ein oder zwey Wort in das
Ohr geſagt/ zur lincken und rechten Hand/ nach der Ord= nung/ wie man zu
ſitzen kombt/ und nachmals/ alle Wort zuſammenſetzet/ [296]
darmit eine wunderlicher Spruch und wunderliche Sprach heraus kom= met.2. R. Wir wollen es probiren: Es rede jedes zu beeden Seiten dem Beyſi=
tzenden in die Ohren.Degenw. | Caſſand. | Raym. |
Die ſchoͤnſte | unter allen | Kohlen. |
Angel. | Veſpaſian. | Julia. |
Wenn | ſie | allein iſt. |
Nun auff die ander Seiten: | ||
3. Julia. | Veſpaſian. | Angel. |
Was macht | die Nachbarin | Morgensfruͤ |
Raym. | Caſſand. | Degenw. |
mit ihrer | alten | Naſen/ ꝛc. |
|| [297]
Degenwert.
1. MAn muß niemand fuͤr uͤbel auffnemen/ wann ungleiche Re= den fallen/
dann unter guten Leuten/ iſt nichts boͤß gemeint. Doch iſt der
Verdacht offt ein Schalck. Ich erinnere mich auch/ daß auff ein Zeit einer das
Naſenſpiel angefangen/ und ſchlechte Ehr mit eingelegt
hat.2. C. Wie ſagt der Herr/ das Naſenſpiel? ich habe vermeint/ die
Geſpraͤch= ſpiel betreffen den Mund/ und nicht die
Naſen.3. D. Die Naſen iſt nicht die geringſte Zier deß
Menſchlichen Angeſichts/133
und kan durch groſſe Ungleichheit eine ſonſt
ſchoͤne Perſon vernachtheilen.4. A. Wie ſpielt man aber das Naſenſpiel?5. D. Man the††let allerley
Naſen aus/ als:Den Jungfrauen/ Den jungen Geſellen:
|| [298]
Schoͤne | }Naſen/ ꝛc.{ | Groſſe | }Naſen/ ꝛc. |
Artige | Feuchte | ||
Spitzige | Lange | ||
Glatte | Rohte | ||
Annembliche | Pfinnige | ||
Kleine | Krum ̅ e |
|| [300]
14. R. Wann es aber beſchicht/ ſo iſt es ſo viel
beſſer/ und kan man vielmals leichter Fragen erſinnen/ als
verſtaͤndig antworten.
Veſpaſian.
1. NOch ein Spiel faͤlt mir bey/ daruͤber bey verſtaͤndiger
Geſell= ſchafft billich mit Vorbedacht zu berahtſchlage
̅
iſt. Nemlichen von Erfindung der Dantzſpiele (Ballet) Welche nach
Er= forderung der Gelegenheit auff viel und manche Weiß an= zuordnen
ſeyn.2. R. Wann kein gewieſes Abſehen: als groſſer Herrn Lieb/
oder Siegstha= ten fuͤrzuſtellen/ ſondern ins gemein/
ſolche Spiel zu Froͤlich keit/ und Erluſti= gung deß
loͤblichen Frauenzimmers angeſehen ſeyn/ kan man die
groͤſte Ehr einlegen: Maſſen in dem andern/ bald zu viel/
bald zu wenig beſchihet/ dieſe a= ber ohn eiferige Gemuͤtsregungen
erachtet werden.3. V. Mir hat wolgefallen ein Auffzug bey jenes Fuͤrſten
Freudenfeſt/ da ein Tiſch mit einer Paſteten auff die Brucken
getragen wurde mit lang umb [301] hangten
Tiſchtuch. Die Traͤger/ (vier Pantalonen/) machten ihre
poſſirliche Spring umb den Tiſch; der Paſtetendeckel
eroͤffnete ſich/ und unter denſelben ward zu ſehen ein
wunderlich vermaſquert Angeſicht/ ſo den Deckel mit einer
Hanenfedern gezieret auff dem Kopff/ und die Paſteten auff beeden Achſeln
tragend/ ſich ſambt derſelben angehefftem Tiſchtuch/ nach
der beklingenden Muſic erhebte/ und nachmals ſich gemaͤchlich
wider herniderlieſe/ daß die Pa= ſteten wie zuvor auff dem Tiſch
geſtanden.4. R. Dergleichen Vorſchlaͤg erfordern/ wie geſagt/ Bedenckzeit/
und ſind auff eines jeden Erfindung und Verbeſſerung/ mit nach
Haus zu geben; als wann ich den Triumph der Warheit/ welchen ſie uͤber
die wunder= und wan= delbare Waͤhn der Menſchen zu erhalten pfleget/
wolte in einem Dantzſpiel vorſtellig machen: Solte ein jeder ſeine
Meinung nach reiffer Betrachtung beytragen/ und alſo die Erfindung/ von vielen
zugleich/ zu der Vollkommen= heit gelangen. 134 5. D. Ich weiß mich zu erinnern/ daß der Koͤnig in Franckreich ein
ſol [302] ches
Dantzſpiele von den Trachten der vier Theil der Welt; von den vier
Jahrzeiten; von den Sternen/ ꝛc. und viel andere groſſe Herrn von
andern Heydniſchen Gedichten haben dantzen laſſen. So
koſtbar nun dergleichen Auffzuͤg zu verlegen/ und ſo
muͤheſam diefelbe nach Gebuͤr anzuordnen ſeyn: ſo
luſtig und leicht iſt darvon zu reden/ und ſelbe in Gedancken und
Gemaͤhl= den vorzubilden.6. A. Was haben aber die Jungfrauen bey ſolchen neuen und unbekanten
Spielen zu thun?7. V. Sie ſollen ihnen gefallen laſſen zuzuhoͤren/ und
ihre Meinung dar= von ſagen/ welcher unter vorweſenden
Vorſchlaͤgen ihres Erachtens der Be= ſte ſeye.(Comœdien.) 8. R. Das iſt der Weg zu den Schau= oder Freudenſpielen/ welche billich
unter die Geſpraͤchſpiel zu zehlen ſeyn/ weil ſie
ſonderlich in Reden/ Fragen/ und Antworten beſchehen. Solche Spiel
koͤnnen auff vielerley Weiß ange= bracht werden: deren die thunlichſte
iſt/ daß man ſagt/ dieſer ſolle ein reicher [303]
Edelmann ſeyn/ der ſey Knecht/ jener ein Freyer: dieſes
ſolle ein Nonne/ jene eine Jungfrau/ die dritte eine alte Magd/ ꝛc.
ſeyn. Geſetzt nun/ wir wolten eine ſolche/ oder ſolche
Geſchicht ſpielen/ daß dieſer das/ jener ein anders zu vermel=
den/ was woltet N. an ſeinem/ N. an ſeinem Orte ſagen? ꝛc.
Es koͤnte auch dieſen Vorſchlag erleichtern/ wann man die
Geſchicht zuvor in Tapecereyen (LXV.) bildete/ und jeder Teppicht eine Handlung
(Actum) begrieffe.9. V. Oder man kan auch die zu dem Spiele nohtwendige Perſonen/ auff
ſondere Zetelein ſchreiben/ und jede wehlen laſſen; was das
Gluͤck einem oder dem andern fuͤr ein Perſon ertheilet.10. D. Man kan auch ein gutes und ſonſt ſetzames
Schulſpiel auswendig lernen/ und ſich dardurch in Reden und Sitten
uͤben/ wann ſonderlich die Ge=
ſellſchafftgenoſſen darnach beſchaffen/ (wie dann
bey Fuͤrſtenhoͤfen leichtlich zu finden) daß ſelbe nicht
viel Unterrichts von noͤhten haben.11. V. Gemeine Sachen gehoͤren fuͤr gemeine Leute/ und koͤnnen in
die= ſem die Frantzoſen und Spanier/ inſonderheit aber die
Italiaͤner aus Teut [304] ſchen/ zu
Lobeifferiger Nachfolg/ gute Anlas und Nachrichtung ertheilen.12. R. Weil Gott unſer Land mit Frieden begnadet/ kan es fuͤrwar an
Kurtz= weil/ und loͤblichen Kuͤnſten nicht ermangeln. Dann die
Muſic/ Poeterey/ Mahlerey/ Wiſſenſchafften/ und dero
Zugehoͤrung/ ſo genau aneinander hangen/ daß keines von dem andern
ſich nicht wol trennen laͤſt/ ſondern als Glieder einer
Ketten nach und nach verbunden erhalten werden koͤnnen.13. J. Unter den neuen Schauſpielen hat mir das Geiſtliche Waldgedicht/
von der Gluͤckſeligen Seele ſonderlich gefallen/ in welchem ein
Schaͤfer die Liebe Gottes/ die Schaͤferin die Seele/ das
Gewiſſen eine Matron/ die Ver= nunfft eine Koͤnigin/ die Welt eine
Kuplerin/ der Satan ein Waldgeiſt (Satyrus.)(Beſihe das Clv. Spiel in
folgen= den vierd= ten Theil.) 14. R. So hat mir das Schau= oder Freudenſpiel der Sprichwoͤrter we=
gen der Seltzamkeit/ und wo nicht kuͤnſtlichen/ doch kuͤnlichen
Nachfolg/ Ur= ſach geben zu glauben/ daß auch unſerer Teutſchen
Zungen nichts unmoͤglich ſeye. Nun mahnet uns die Zeit Abſchied zu
nemen.
|| [305]
15. J. Ich bedancke mich/ daß die Herrn und Jungfrauen ſich bißanhero bey
dieſer Geſpraͤchſpieluͤbung/ großguͤnſtig
gedulten wollen/ und bitte an Verluſt ſolcher Zeit kein Verdruß zu haben/
ſondern das Vorgelauffene al= lerſeits im beſten zu
vermercken.16. V. Die Fr. nimbt uns unſere Entſchuldigung und obligende Danck=
bezeugung aus dem Mund: Wir befehlen ſie Gottes Gnaden= ſchutz/ und
uns alle zu ihrer beharrlichen Freundſchafft.
ENDE.
|| [306]
Schluserinnerung.
ES erwuͤnſchet der Verfaſſer dieſes Werckleins/ daß
der Geſpraͤchliebende Leſer daraus erhalten und befinden
moͤchte/ was er ſeiner Wiſſenſchafft
gemaͤß forſchet und verlanget. Es iſt ihm allein obgelegenen/
aller unterreden= den Gebuͤrnus/ wan
̅
dergleichen
Geſpraͤchuͤbung wuͤrck= lich vorgangen waͤre/
abzulegen/ und iſt auſſer Zweiffel/ daß bey er= habenen
Geiſtern viel erfreulichere Gedancken/ in ſolcher Begeben= heit zu
vernemen/ als nicht in dieſem geringen Buͤchlein zu finden ſeyn.
Jedes natuͤrlicher Verſtand iſt die beſte Quelle/
welche Lehrbegieri= ge Geſellſchafft vergnuͤgt: da hingegen
das Erlernte nur fuͤr uner= regtes Ciſtern oder
Grubenwaſſer zu achten iſt.
Die Kupfferarbeit ermangelt verhofften Fleiſſes und
gewuͤnſch= ter Geſchicklichkeit; jedoch iſt die
Erfindung (in welcher der Leſer [107]
mehr zu erſehen/ als hierbey vermeldet/ maſſen der
neuerdachten Sinnbilde Einfaſſung niemals
muͤſſig/) vielleicht nicht gar zu ver= werffen. Etliche Sachen
ſind an unterſchiedlichen Orten behan= delt/ umb den Leſer mit
langer Ausfuͤhrung nicht verdruͤßlich zu ſeyn/ und ſo
viel die Sache leiden wollen/ die Kuͤrtze zu beobach= ten.
Es will auch der Verfaſſer nicht in Abred ſeyn/ daß alles und
jedes Behandelte/ viel zierlicher und anmutiger zu Marck zu brin= gen/ auch
daß etliche Erzehlungen nachdruͤcklicher haͤtten koͤnnen
beygefuͤgt werden; iſt aber theils durch ſeine
Leibsſchwachheit/ theils durch andere Beſchaͤfftigung
abgehalten worden/ daß er dieſem Wercklein nicht nach Wunſch obwachen
koͤnnen. Dieſer Geſtalt bekennet er hieꝛinn ſein
Unvermoͤgen/ und achtet dieſe ſeine wolgemein= te
Anweiſung gleich/ einem beſchlieffenen Wetzſtein/ der fuͤr
ſich zwar nicht ſchneidet/ die Meſſer aber eingleichen/
und viel ſchaͤrffer [308]
machen kan/ wie bey beliebter Ubung dieſer Spiel ungezweiffelt zu
verſpuͤren ſeyn wird.
Schluͤßlichen muß man wegen der Hund bellen/ ſich vom rech= ten Wege
nicht wendig machen laſſen/ ſondern gedencken/ daß/ in dem die
Fledermaus jhre Blindheit erweiſet/ die Son= ne dardurch nicht kan verdun=
ckelt werden.
Folgt die Zugabe.
|| [ID00331]
Das Schauſpiel Teutſcher Sprichwoͤrter. Aus dem
Frantzoͤſiſchen mit zulaͤſſiger Freyheit
uͤberſetzet Durch Den Spielenden.
|| [ID00332]
|| [ID00333]
|| [312]
Das Verbuͤcherte Titulbildnis erklaͤrend.
WAnn der Chymiſt 135 ſich darff ſo freventlich vermeſſen
Zu forſchen mit Begierd’ ein’ neue Weibſparkunſt;
Wann aus der Erden er/ durch Feur und Sonnengunſt
Ein Bild mit Geiſt und Leib/ beginnet zu erpreſſen:
So kan man leicht an mir der Kuͤnheit auch vergeſſen/
Wann Spielweiß ich erbau’ ein Bild (ohn Liebesbrunſt/)
Von Buͤcherangehoͤr. Damit nun nicht umbſonſt/
Dein kluges Aug verſeh’ was hierbey angeſeſſen;
So merck der Lippen Wachs/ das Ohrband ohne Degen/
Den Fleder=kehrwiſch=bart/ der Augen Schluͤſſeloͤhr/
Und wie dem guten Mann die Buͤcher angelegen.
Wann nun die erſt’ Perſon hier vielleicht dich ergetzt
Auch folgend mancher Spruch dir toͤnet im Gehoͤr/
So ſag nach deinem Kopff/ wie dieſer uͤberſetzt?
Vorgeſpieletdurch den Spielenden.
|| [313]
1.
DEr geehrte Leſer wolle ſich bey Eingang dieſes
Schauſpiels wol meinend anhalten laſſen/ und zu
gruͤndlicher Verſtaͤndniß ſolcher Zugabe/ ſich
beſcheiden/ daß von den Sprichwoͤrtern in den
Geſpraͤchſpielen unterſchiedliche kurtze Anregungen
beſche= hen/ dieſes Orts aber mit mehrern/ von deroſelben
Eigenſchaff= ten/ zu wiſſen von noͤhten.2. Die Sprichwoͤrter ſind dreyerley Art/ und bey uns Teutſchen/ als
allen andern Zungen mit gleichem Unterſcheid zu beobachten.3. Ein Sprichwort iſt ein gemeines und faſt jederman bekandte
Rede/
welche vielmal geſprochen oder widerholet zu werden pflegt. Ein ſolches
[314]
Sprichwort iſt zum Exempel/ wenn man ſagt: Es iſt ſo/ und
ſo geſchaͤndet
und geſcholten worden ꝛc. daß kein Hund kein Stuͤck Brod von
jhm ge= nommen haͤtte: Solle daher entſprungen ſeyn/ daß
ein Hertzog von N. vom Papſt in den Bann gethan worden/ und als er ſeinen
Hunden Brod fuͤrge= worffen/ ſelber keiner es von ſeiner Hand
eſſen wollen/ (da er ſie doch etliche Tage aushungern
laſſen) biß er durch Erkaͤntniß/ und Bereuung ſeines Ver=
brechens ſich deß Banns wider entfreiet hatte. 136 Dieſe
Sprichwoͤrter und Landlauffige gemeine Reden/ ſind aller Orten nach jeder
Mundart unzehlich viel/ und werden ſo wol bey den Spaniern/ 137 Italianern/ Frantzoſen
138
als bey uns Teutſchen nach jedes kurtzweiligen Erachten taͤglich
vermehret.† * Den Schatz welſcher Sprichw. Arſ††cco Sprichw. brief.4. Die andere Art der Sprichwoͤrter/ hafftet in Lehrſpruͤchen und
bern= het in denſelben die Weißheit eines jeden Volckes/ wie ſonderlich
aus der Ebræer/139 und Araber 140 Schrifften beweißlich iſt. Die Rede
iſt hoͤher zu ach [315] ten/ als eine tapffere
Heldenthat: Dann dieſe beſtehet in eines klugen Manns Munde; jener
gluͤckliche Ausgang/ ſtehet nicht in ſeiner 141 Gewaltſam. Die alten Teutſchen/ ob ſie
wol ein Volck geweſen/ welche ſich deß Fauſtrechts und nicht viel
ſpitziger Wort befliſſen; jedoch haben ſie den Griechen und
Roͤmern an klugen Sprichwoͤrtern nichts bevorgeben/ wie bey alten 142 und neuen Scribenten zu leſen iſt. Ein ſolcher
Spruch iſt/ wenn ich ſage: Huͤte dich vor der That/
der Luͤgen wird wol raht/ oder: Jung gewohnt/ Alt gethan/ und
dergleichen. Es beweiſt D. Johann Fiſchart/ daß der Griechen und
Roͤmer hochberuͤhmter Spruch: Erkenne dich ſelbſten/
(Noſce te ipſum,) faſt auff viertzigerley Weiß/ mit lauter
Teutſchen gangbaren Sprich= woͤrtern/ reichlich zu veraͤndern und
abzuwechſeln ſeye. Dieſe aus der Erfah= rung gefaſte Lehre
ererben Muͤndlich auff die Nachkommen/ und verlieren unterweilen der
Sprichwoͤrter Titul/ wie aus dem LXVII. Geſpraͤchſpiel zu
erſehen iſt. Es waͤre aber von allen Teutſchen Hertzen
hoͤchlich zu wuͤnſchen/ daß ſolche
Lehrſpruͤch noch heut zu Tag ſo fleiſſig von jederman
beobachtet/ un
̅
[316]
zu Papyr gebracht wuͤrden/ als wir derſelben viel/ auch von geringen
Sachen/ bey den Griechen und Roͤmern (deren Sprichwoͤrter durch
Eraſmum zu= ſammengetragen/) auffgeſchrieben finden/ und hierin
Herr Doctor Julius Wilhelm Zingreff bereit einen guten Anfang gemacht hat.5. Zum dritten/ finden ſich unter der Sprichwoͤrter Titul alle Gleichniß
und figurliche Reden/ welche kurtz verfaſſet/ ins gemein
gebrauchet werden. Von den Gleichniſſen handelt das V. VII. und VIII.
Geſpraͤchſpiel/ ſolle aber in der Zugabe deß dritten Theils
ausfuͤhrliche fernere Meldung beſchehen. In zwiſchen kan ein
Exempel eines ſolchen Gleichniß ſeyn: Wann ich einen Vatter/ der
an Haaren/ und Geſichtsbildung ihm gantzungleiche Kinder haͤtte/ deßwegen
befragte/ und er mir mit dieſem Sprichwort antwortete: Es ſind nicht
alle gleich die mit dem Kaͤiſer reuten/ ꝛc. Eine figurliche Re=
de iſt dieſe: Frau Sparmund kaufft dem Herrn Wolleben ſein
Haus ab. Zu verſtehend gebend/ daß die Geſparſamkeit
(unter dem Namen einer guten Hausmutter fuͤr geſtellet) bereichere/ und
der Uberfluß in Eſſen und [317]
Trincken (durch das Wolleben bedeutet/) arm mache/ oder wie man auch ſon=
ſten in dem Sprichwort ſagt: Eine kleine Kuchen mache ein
groſſes Haus/ und kan zugleich auch ein Lehrſpruch
ſeyn.6. Aus dieſem kurtzen Bericht wird der vernuͤnfftige Leſer leichtlich
er= meſſen koͤnnen/ daß/ der einen gantzen Verlauff Spielweis mit
Sprich= woͤrtern erzehlen will/ ſich dieſer
unterſchiedlichen Arten derſelben zugleich gebrauchen
muͤſſe; ja in Ermanglung/ neue Sprichwoͤrter aus andern
Sprachen Teutſchen/ oder ſelbſten nach Beſchaffenheit
erfinden.7. Wie nun unſere Teutſche hochgeehrte Mutterſprach/ an Menge der
Wort/ an klugen und verſtaͤndigen Spruͤchen/ an
nachtruͤcklichen Gleichniſſen keines wegsermangelt: hat
der Spielende in dieſen/ wie auch anderen ſeinen geringen
Teutſchen Schrifften/ den Italianiſchen Genoß= ſchafften nachahmen
wollen/ und dieſes Schauſpiel aus dem Frantzoͤ=
ſiſchen zu uͤberſetzen ſich kuͤhnlich
unterfangen. In ungezweiffelter Hoff [318] nung/ es werde
ſolche ſeinem Namen gemaͤſe Beylegung/ dem
Geſpraͤch= liebenden Leſer nicht zu entgegen ſeyn.8. Die Dolmetſchungen betreffend/ iſt es ins gemein darmit bewand/ wie mit
den geſchminckten Jungfrauen; ſie ſcheinen ſchoͤner/
wann man es nicht ver= mercken kan; oder wie die Kunſt der Natur
nachaͤffet/ aber niemals voͤllig gleichet. Dann eine jede Sprach hat ihre
Eigenſchafft/ und will den Zwang/ ſonderlich in den
Sprichwoͤrtern/ nicht leiden. Man muß die Wort fahren laſſen/ und
bedacht ſeyn/ wie man den Verſtand derſelben ausdrucken moͤge;
und ſolches mit groſſer Befreyung/ daß man
auslaſſen/ darzuſetzen/ aͤnderen/ und wechſeln
darff/ wie man will/ (wann es anderſt nicht wichtige Sachen betrifft)
Geſtalt ſolches der Dolmetſcher deß Pantagruels/ und deß Quevedo
Meiſterlich zu thun wiſſen; ſo gar auch/ daß ſie die
Abtheilung der Capitul zu verſetzen nicht Bedenckens getragen. Beſagtem
nun zu Folg/ iſt in dieſem Schauſpiel/
(Frantzoͤſiſch La Comedie des Prouerbes genand/ oh= ne
Beyfuͤgung deß Verfaſſers Namens/) etliches ausgelaſſen/
etliches dar [219] zugethan; jedoch/ daß verhoffentlich die
Haubtſache dardurch nicht vernach= theilet worden. Zum Exempel ſolle deß
Haubtmanns Nachtlied/ welches in der dritten Handlung/ dem vierdten Auffzug einverleibt
zu finden/ (weil vielleicht ſolches Buͤchlein wenig bekandt iſt)
hieher geſetzet werden/ in wel= chem viel ausgelaſſen/ doch
genugſam nach der kurtzen Art Teutſcher Geſaͤn= ger
gedolmetſchet zu erſehen: Die Frantzoͤſiſche Wort
ſind/ wie folgt:
1.
9. Silence par toute la terre!
Le voycice grand Chef de Guerre
Couronné des Lauriers:
Qui vient pour conter à ſa belle
Qu’il veut abandonner pour elle
Tous ſes actes guerriers.
|| [320]
Zu Teutſch: 1.
Nun die Lufft verfinſtertgantz
Und erhellt der Sternen Dantz 143
Umb die Welt/
Bringt zu ſeiner Sonnenglantz
Manchen Sieg= und Lohrbeerkrantz
Dieſer Held.
2.
Sa gloire ne court point de risque
Puis qu’il donne quienze & bisque
A tous les Potentats:
Jl n’ adorent que ce bravache
Qui de l’ombre de ſon penache
Conſeruent leurs Eſtats
|| [321]
2.
Wolt ihr wiſſen/ was er kan?
Schaut ſeingroſſe Federn an/
die bekand/
Daß ihr Schatten auff dem Plan
thut fuͤr zehen tauſend Mann
Widerſtand.
3.
C’eſt pour vous belle Egyptienne
Qu’il quitte ſa flamme’ ancienne
Qui cauſe ſon tourment:
Ne luy faites poin d’ impoſture
Jlcroit que ſa bonnlaventure
Eſt d’ eſtre voſtre Amant.
|| [322]
3.
Es ſteht all ſein Gluͤcksgweinn
in der braun Zuͤgeinerin
ſchoͤnen Hand.
Ach! die Liebswaarſagerin
weiß/ wie ſeines Hertzens Sinn
ſind bewandt.
4.
Beaute plus divine qu’ humaine
Receuez ce grand capitaine
Apres tant d’ hazards:
Ne faites point la rancherie
Soyez ſa Venus je vous prie
Jl ſera voſtre Mars,
|| [323]
4.
Schoͤnſte/ er liebteuch allein/
Gebt nur euren Willen d’rein
bruͤnſtiglich.
Sehet/ er hat Martis Schein/
Ihr ſolt ſeine Venus ſeyn
ſtetiglich! 10. Mit ſolcher Befreyung hat alles das ande ̅ re in dieſem Schauſpiel uͤber= ſetzet werden muͤſſen. Wie ihm dann auch unſchwer gefallen waͤre/ die Na= men der Unterredenden etlicher maſſen zu teutſchen/ den Lidiam/ Warmund/ Florindam/ Roſinam/ den Fierebras Balckenbug/ den Alaͤgre Wolgemuht/ den Doctor Klunckerlekunck/ (alſo benamſt der Froſchmeußler einen Reichs= raht/ Maceam Sparkruͤmpelein/ den Philippin Perdhold/ ꝛc. nennend: Wann er nicht lieber die eigentlichen Namen aus bewegenden Urſachen be=(Nomina propria) halten wollen. Er haͤtte auch das Latein gantz ausmuſtern koͤnnen/ ſo es nicht [324] von ihm vielmehr zur Beluſtigung und Wolſtand deß Schaufpiels/ als zur Notdurfft oder Ermanglung anderer Sprichwoͤrter/ meinſtentheils nach den Frantzoͤſiſchen/ beygefuͤgt worden waͤre.11. Schließlichen/ wolle der Teutſche Leſer dieſes Spiel nicht muͤſſig verneh= men/ ſondern bey allen Handlungen und Auffzuͤgen/ erachten und betrachten/ wie dieſe in Eil zuſammen geraffte Sprichwoͤrter zu vermehren/ zu verbeſſern/ zu ergruͤnden/ und dergleichen kuͤnfftig zu mit ſattſamer Volkommenheit zu Werck gerichtet werden moͤge.12. Mit dieſer Eingangserinnerung will der Spielende ſich dem geehrten Leſer zu verſtaͤndiger Beurtlung/ guͤnſtiger Ermahnung/ und be= harrlichem Wolmeinen beſter maſſen unterge= ben und anbefohlen ha= ben.
|| [325]
INHALT.
DES SCHAUSPIELS DER TEUTSCHEN
SPRICHWORTER.
LIdias ein armer Edelmann hatte lange Zeit Liebsfreund= ſchafft zu
Florinda eines Doctors/ (Theſaurus genannt/) Tochter getragen.
Weil ihm aber alle Hoffnung ſie E= helichen zu erlangen entſuncken/
maſſen ein Anſehlicher Haubtmann umb ſie
anſuchen und werben laſſen/ und ihre Eltern darzu nicht
abgeneigt geweſen: Als entſchlieſt er ſich/ mit
Einwilligung ſeiner Buhlſchafft/ und heimlicher
Verſtaͤndnuß mit
Philippin/ deß Doctors Diener/ ſelbe bey Nacht zu entfuͤhren/ wie [326]
auch erfolgt. Der Doctor komt fruͤe von ſeinem Mayrhof/ und er=
faͤhrt von den Nachtbarn/ was ſich mit Florinda begeben/ wird
auch folgends von dem Haubtmann getroͤſtet/ mit
Wundergroſſen Ver= ſprechen.
Anders Theils fliehen die entloffenen Verliebten auff ein Landgut/ und
ſchlagen unterwegs ihre Kuchen unter etlich Eichbaumen in dem freien Feld
auff/ (weil ſie auff allem Fall gute Vorſehung gethan.) Wie
ſie nun die Nacht nicht geruhet/ und von der Reis eꝛmuͤdet gewe=
ſen/ legen ſie ihre Kleider in der groſſen Sommershitz
von ſich/ und entſchlaffen. Es begibt ſich aber ungefehr/ daß
vier Zuͤgeiner den Schergen entſprungen ſind/ welche mit
dieſen Schlaffenden/ aus Furcht betretten zu werden/ die Kleider
vertauſchen/ ſich beſſer zu verbergen hoftende.
Nachdem ſie allerſeits wider erwachen/ und ihren Verluſt wider
betrauren/ werden ſie raͤhtig/ den Herrn Doctor in den
Zuͤgeinerklei [327] dern
zu beſuchen/ willens ihn zu vorgegangenem Eheſchluß einwilli=
gen zu machen. Welche Mummerey endlich ſo wol ausgeſchlagen/ daß
der Doctor ſich entſchlieſt/ ſeine Tochter widerumb
anzunemen. Inzwiſchen verliebte ſich Fierebras in die
vermeinte Zuͤgeinerin Florin= dam. Bringt ihr eine Nachtmuſic/
welche aber von dem Wachtmei= ſter verſtoͤret worden.
Lidias wird als ein Zuͤgeiner mit ſeinem Ge=
ſindleingeſuchet/ erkennet aber den Wachtmeiſter fuͤr
ſeinen leiblichen Brudern. Beede begeben ſich zum Doctor
Theſauro/ und bereden ihn/ daß er der Entloffenen Liebsband fuͤr
angenem haͤlt: und ent= ſchlieſt ſich der Haubtmann/
den Troſt ſeines Ungluͤcks unter denen aller Orten in Feld
fliegenden Fahnen zu ſu= chen.
|| [328]
Perſonen
Welche in dieſem Schauſpiel eingefuͤhret werden.
Lidias ein Edelmann. | Raymund. |
Florinda deß Doctors Tochter. | Angelica. |
Theſaurus der Doctor. | Veſpaſian. |
Macea ſeine Ehefrau. | Julia. |
Fierebras der Haubtmann. | Degenwert. |
Aliſon deß Doctors Magd. | Caſſandra. |
Alaͤgre | }Laggeyen. |
Philippin | |
Bernhart | }Nachtbarn. |
Marin. |
Calebatin deß Nachtbarn Lehrjung.
Vier Zuͤgeiner { | Ceſreo der Mann |
Lara ſein Weib. | |
Mirin die Tochter: | |
Ragu ihr Jung. |
Ein Wachtmeiſter.
Etlich Soldaten.
Etliche Beyſtaͤnd.
|| [329]
Vorredner (Prologus.) Theſaurus der Doctor.
1. MAn ſagt im Sprichwort: Propria laus ſordet. Wer ſich ſelb=
ſten lobt/ den ſchaͤnden andere Leute/ oder man halte wenig auff
dem/ der viel auff ſich haͤlt; ja Stultus und Stoltz/ wachſe auff
einem Holtz: Jedoch Conſcientia mille teſtes. Mein Ge=
wiſſen muß es ja wiſſen/ und ſingens auch die Kinder
auff der Gaſſen/ daß ich Superlativiſſimé ein
vortrefflicher/ unvergleichlicher/ gelehrter Herr bin. Es ſind nirgend wo/
ſo viel Leute/ als in dieſer Welt: Nun ſolte man alle und jede
Doctores und Philoſophos zuſammenſchmeltzen/ ſo wuͤrde
man doch meines gleichen nicht daraus gieſen koͤnnen/ ſondern es
wurde jeder= man ſchreien und ſagen: Nihil ad Parmenonis ſuem; id
eſt: Ein groſſer Fuß un
̅
ein kleiner Schuhe/ Es ſchickt
ſich die Sach wie Kuͤhefleiſch un
̅
Kalbfleiſch in einen
Hafen; wie Maͤusquarck und Pfefferkoͤrner; mit Mucken und Falcken/ [329]
Dann ich bin das Individuum omnium Scientiarum, Cyclops Encyclopæ-
diæ Scholaſticæ, Protypus Eruditionis, und in Summa/ ich vertritte
mei= ne Lucken/ man ſtelle mich hin wo man will; man ſpanne mich hinten
oder forn an/ ſo kan ich mich in den Sattel ſchicken. Sed ad rem, das
iſt fuͤr ſich/ und wird ſich mit der Zeit im Auskehren
ſchon finden.2. Ampliſſimi Auditores, Maſculini & Feminini generis (wie druckt
mich das Latein umb die Bruſt/) den Gelehrten iſt gut predigen/ wann
ſie Schaͤlcke ſind: ſagt mans ihnen halb/ ſo
verſtehen ſie es gantz. Ihr Item gilt mehr/ als anderer Summa Summarum.
Dieſem nach heiſſe ich euch alle mit zweyen Worten willkomm
ſeyn/ aber ungetruncken/ dann es ſolte zu viel koſte
̅
/ ſo
man jederman wolte das rohte Fleck/ ein unter der Naſen netzen.3. Merckt das meinet wegen/ und ſagt/ es habe es euch der Herr Doctor The-
ſaurus gelehret: Si qua ſede ſedes &c. Wer ſitzt/ der
bleibe ſitzen; wer ſteht/ ſehe zu/ daß er nicht falle: wer reut/
der reut; wer leidt/ der leidt. Pro ſecundo: Si- lentium! Haltet die
Maͤuler/ ſo verzehrt ihr nichts. Mit Stillſchweigen verraͤht [231]
man ſich nicht/ oder wolt ihr hierunten reden/ ſo wollen wir hieroben
ſtillſchwei= gen. Gedencket ihr/ daß ich euch rahte/ was ich
ſelbſten nicht thue? das geſchicht offt/ jenem Diener verehrte
ſein Herr ein ſchoͤnes altes Kleid/ das verkauffter ſo
bald/ vertrancke das Geld im guten ſaurn Bier; und als man ihn deßwegen
befragte/ hat er geantwortet: Sein Herr waͤre ein ſehr reicher Mann/ und
ha= be das Kleid nicht behalten koͤnnen/ wie er es dann haͤtte auffheben
ſollen? So geht es auch mit de Schweigen; behaͤlts der Erſte/
ſo ſagts der Andere nit nach. Was in den andern Mund kombt/ kombt weiter.
Itrum dico: Silentium Stock ſtill/ wie die Fiſch im Meer/ doch
doͤrfft ihr wol deß fertigen Schnees lachen/ wann er wider kombt. Valete &
plaudite, wenn der Dantzein En= de hat.
|| [332]
Die I. Handlung (Actus,) Der I. Auffzug (Scena.) Lidias/ Alaͤgre/
die Beyſtaͤnd (gehen bey der Nacht.
1. Lid. DEr Krug geht ſo lang zum Waſſer/ biß er bricht/
ſagt man im Sprichwort. Es iſt waar wenn ihn ein Narr traͤgt.
Aber es hat in allen Sachen ein Vortheil/ un
̅
wol dem/ der ihn weiß: Was man nicht
erlauffen kan/ das muß man erſchleichen.2. Alaͤg. Das Sprichwort iſt falſch/ das ſagt: Die Nacht
iſt niemands Freund/ was gilt es/ wir wollens finden/ wenn wir gleich kein
Liecht anzuͤnden. Es ſind nun alle Kuͤhe ſchwartz/ es
iſt ſo finſter/ daß mans greiffen kan. Hier in dieſer
Gegend iſt der Jungfr. Florinda Haus/ die wird unſer warten wie die Katz
auff ein Maus.
|| [333]
3. Lid. Unverzagt hats offt gewagt! Ihr Bruͤder das Gluͤck
gruͤſſet uns/ wir muͤſſen ihm dancken: Die
Schantz muß gewagt ſeyn. Nun die Hund ſchlaffen/ hat der Wolff gut Schaaf
ſtehlen.4. Beyſtaͤnd. An uns ſolle es nit mangln/ laſt uns kochen/
und richt ihr an.5. Lid. (klopfft an die Thuͤr.) Holla/ holla/ der an die Kuchen klopfft/ will
ſeine Suppen holen.6. Philip. (ſihet von dem Fenſter herab.) Wer da? Wer bey der Nacht
kombt/ darff ſich gewiß bey Tag nicht ſehen laſſen. Wer
da?7. Lid. Ein guter Freund/ der hinein will.8. Phil. Ihr Schnepffenfanger/ kombt morgen wider/ holt ein Feur/ heunt
iſts zu ſpat in die Nacht.9. Lid. Mache auff/ wir ſind gute Geſellen und haben darinnen zu
verrichten.10. Phil. (redet heimlich.) Still/ der Boß wird angehen/ die Jungfrau hat
ſich die Nacht ausgebutzet/ wie die Hirtenweiber.11. Alaͤg. Heraus Wuſt/ laſt den Unflat ein.
|| [334]
12. Ph. Die Hund die bellen/ die beiſſen nicht.13. Lid. Mach auff/ oder wir wollen einen andern
Hausſchluͤſſel finden.(Sie poltern an der Thuͤr/ Philippin laufft aus dem Haus: Lidias bringt hinein und
tragt die Fldrindam heraus.)
Philippin/ Alaͤgre/ Lidias/ Florinda/ die Beyſtaͤnde.
1. Ph. FEurio! Feurio! die Dieb ſind da! wartet ihr Nachtvoͤgel wir
wollen euch Fuͤß machen: Helfft/ helfft ihr ehrlichen Nachbarn! Die rechten
natuͤrlichen Dieb ſtehlen unſer Jungfrau/ helfft/ helfft/ weil es
noch Zeit iſt!2. Alaͤg. Geld/ oder Blut!3. Phil. O! Ich bin deß Tods/ wenn ihr mich umb das Leben bringt.4. Alaͤg. Ha/ ha/ du ſchreiſt wie ein Zahnbrecher/
ſchweig/ oder ich will dich ſchweigen machen.
|| [335]
5. Florind. Ach helfft/ helfft/ jhr lieben Leute/ oder man traͤgt mich darvon
wie ein Heilthumb.(Die Nachbarn ſehen von den Fenſtern.)6. Lid. Geſtolen Waſſer iſt Malvaſier. Nun fort/
fort/ die Voͤgel ſind ausgenommen/ Laſt uns aus dem Staub
machen.7. Alaͤg. Es koͤnt uns ſonſten das Ungluͤck
erſchleichen/ und wenn wir mein= ten/ wir haͤtten gefiſchet/
ſo haͤtten wir kaum gekrebſt.8. Beyſt. Wer lauffen kan/ der lauff.9. Alaͤg. Der letzt muß die Zechzahlen.
Bernhard. Marin. Calebatin.
1. Bern. HO/ ho/ ho/ halt auff/ halt auff/ die Dieb ſtelen deß Do= ctors
Tochter/ wie die Tuͤrcken die Chriſten entfuͤhren. Ich weiß nicht/
iſts ihr Ernſt/ oder ſtellt ſie ſich
ſonſten ſo? [336]
Sie ſchreit wie ein Blinder/ der ſeinen Stecken verlohren hat. Ach/
lieber Nachtbar/ wie gibt es ſo loſe Leute in dieſer Welt!2. Marin. Ja/ es gibt viel Dieb/ lieber Nachtbar/ die man nicht ken
̅
t/ und
iſt die Urſach/ weil das Handwerck kein groſſen Verlag
bedarf. Sobald der Beu= telſchneider ſeine Arbeit verfertigt/ ſo
hat er ſein baar Geld darfuͤr in de
̅
Haͤnde
̅
.3. Bern. Ja/ es iſt wol eine freie Kunſt/ aber das
Meiſterſtuͤck kombt endlich an den Galgen.4. Mar. Ey freilich ſterben die Geſellen/ welche ein Ding finden ehe man
es verlieret/ ehe ſie kranck werden. Was an Galgen gehoͤrt/ das entlaufft
und erſaͤufft nicht. Sie muͤſſen umb Gerechtigkeit
willen leiden/ die Mauſer/ es ſey uͤber kurtz oder lang: Denn es
iſt doch nichts ſo klein geſponnen/ es kombt endlich an die
Sonnen. Jung/ hoͤre/ lauff geſchwind wie der Wind; ſihe/ wo die
Nachteulen hinfliegen.5. Caleb. Meiſter/ legt meine Schuhe an und thuts ſelber. Sie
ſind uͤber hun= dert Stauden. Wer will einem jeden Dieb nachlauffen.
|| [337]
6. Mar. Es heiſt wol/ kein Krohe beiſt der andern das Aug aus. Du
biſt der rechten Geſellen einer/ du ſchenckſt dir auch wol
etwas von ander Leut Gut.7. Bern. Es muß kein Narr das Lauffen erdacht haben/ weil ihrer ſo viel
ihre Wolfahrt hinter ſich finden.8. Caleb. Sie lauffen wie die magern Katzen/ es ſolte ſie kein
Poſt ereilen koͤnnen.9. Mar. Nun/ ſie werden dem Hencker nicht entlauffen.
Theſaurus/ Aliſon/ Macea.
1. Theſ. AUrora Muſis amica. Die Morgenſtund hat Gold im
Mund: Sonderlich auff dem Feld/ wan man die Nach= tigall benebens der Kuͤhe
Schellen hoͤret. Onimium fe- lices, ſi ſua bona nôrmt
Agricolæ! Ein geſunder Baur iſt ein reicher Herr.2. Aliſ. Herꝛ Doctor jhr habt euch wol verantwortet/ un
̅
es hat euch
niemand gefragt.
|| [338]
3. Theſ. Sus Minervam! Das Ey will kluͤger ſeyn als die Henne.
Wann man mit ungelehrten Leuten verſtaͤndig redet/ ſo wirfft man
die Perlen fuͤr die Saͤu. Was ſolle der Kuhe die Muſcatnuß.
Tu es animal indecrotabile. Schweig du ſtill/ denn wer nicht reden kan/ dem
ſteht das Schweigen beſſer an. Mulierem ornat Silentium.4. Aliſ. Das iſt ein natuͤrliches Kuchenlatein/ und
gehoͤrt unter den Herd/ zum alten Spaͤhnen. Herr/ redet Teutſch
mit mir/ oder laſts bleiben/ ſo ver= ſtehe ich euch
beſſer.5. Theſ. Ciceronem atteſtor, man iſt uͤbel beritten auff
deß Schuſters Rap= pen. Attamen ſimplex valetudo à cauſa
ſimplici eſt. Starck gehen/ macht ſtarck eſſen/
ſtarck ſchlaffen/ und ſtarck wider auffſtehen.6. Aliſon. Wer mit den Huͤnern ſchlaffen geht/ kan auch mit den
Huͤnern auffſtehen/ fruͤe geſattelt/ ſpat geritten.
Fuͤrwar/ ich glaub/ mein Herr koͤnne bißweilen vor Hunger nicht
ſchlaffen: es traumt ihm von der Farb/ oder wie einer ſeinen Großvatter
habe alle Sontag Rettigeſſen ſehen.
|| [339]
7. Theſ. Temperantia eſt nutricula ſanitatis. Das Maul iſt
deß Leibs Hencker und Artzt. Wer Maͤſſigkeit liebet/ liebet
ſeinen Leib/ und iſt die Ge= ſundheit der groͤſte
Reichthumb.8. Aliſ. Ja/ das Hungerleiden iſt ein gewiſſes
Einkommen.9. Th. Wie ſind wir fruͤ in der Kuͤhlen ſo weit
gegangen?10. Aliſ. Wir haben einen Fuß vorden andern geſetzet/ und den Weg hin=
ter uns ligen laſſen.11. Th. (Er klopfft an ſeine Thuͤr) holla Mutter! mach auff! Der Herr
muß ſelber ſeyn der Knecht/ ſoll es im Haus zugehen recht. Holla/
Florinda/ Ma= cea/ Philippin! Attollite portas, adſum! Sie
ſchlaffen als wie die Ratzen.12. Mac. Wer klopfft ſo fruͤ? Es iſt gewiß was
Naͤrriſches/ oder was Her= riſches/ oder alles beedes.13. Aliſ. Ey Frau ſteckt die Brillen auff/ der Herr komt.14. Th. Ego ille qui quondam &c. Doctor ille Scientificus, Venerabilis
Lucerna Juris, cum Appendice ancillante. Theſaurus ſum.
|| [340]
15. Mac. Ey Herr/ jhr ſteht fruͤ auff/ daß jhr das ſaure Bier
nicht verſaumet.16. Aliſ. Wer gute Nachbarn hat/ bekom
̅
t einen guten Morgen.
Macea/ Theſaurus/ Bernhard/ Aliſon/ Marin.
1. Mac. ICh glaube Herr/ jhr ſeyd unter den Hennen
geſeſſen/ daß ihr ſo fruͤ auffſtehet/ es
iſt noch kein Baur auffge= flogen.2. Th. Iſt das der Morgenſegen? habt ihr noch nicht
ausgeſchlaffen?3. Mac. Ihr ſeyd ein recht beſchwerlicher Mann/ jhr wolt nicht ruhen/
und laſt andere Leute auch nicht ruhen. Ich dancke Gott/ daß ich
ſchlaffen mag/ reiche Leute ſind am Schlaff am
aͤrmſten.4. Th. Euer Kopff hat nicht ausgeſotten. Aber wo iſt der Jung! ligt er
auch noch in den Federn begraben.
|| [341]
5. Mac. Ich habe heut noch Stumpff/ noch Stiel von ihm gehoͤrt oder
geſehen. Er haͤlt ſich gewiß noch in den kurtzen
Gaͤnsfedern/ damit er die Lange nicht brauchen darffe. Holla Philippin/ auff/
auff/ der Herr iſt kommen6. Th. Er mag auffſtehen/ oder ich will ihm manu propria eine
Bruͤgelſup= pen in das Bette bringen.7. Aliſ. Er ſchlaͤfft/ als ob er geſtorben
waͤre.8. Bern. O lieber Herr Nachtbar/ es iſt unter deſſen
uͤbler als Ubel zu gan= gen. Etliche Nachtvoͤgel haben euer Tochter
davongefuͤhrt/ wie die Huͤner= geyer die Hennen.9. Mac. Laufft wider aus dem Haus/) O/ Herr/ Herr! Es iſt alles verlohren/
das Neſt iſt leer/ die Jungen ſind darvon: So gehts: der Trauwol
reut das Pferd weg. Jetzt ſteht ihr da/ und kratzt euch hinter den Ohren/ wie
einer der den Beutel zum Geld verſpielt hat.10. Th. Ach! ich verliere ja meinen Theil auch mit. Etiam de meo luditur corio,
Kinder machen Freud und Leid. Je groͤſſer Kinder/ je
groͤſſere Sorge. [342]
Das Gluͤck hat mir mit der rechten Hand genommen/ was es mir mit der
Lincken gegeben hat. Koͤnte ich die Dieb antreffen/ ich wolte ihnen lohnen wie
der Guckuck der Grasmucken: Ich wolt ihnen Arm und Bein entzwey ge=
ſchlagen haben.11. Aliſ. Und alsdann wider lauffen laſſen.12. Bern. O/ Herr Nachtbar/ ihr glaubt nicht wie es zugangen iſt. Soltet
ihr ſelbſten ſeyn darbey geweſt/ ſo werder ihr auch
in Gefahr geſtanden/ daß es eurer Gans umb den Kragen haͤtte gehen
moͤgen. Ihr ſolt wol gezittert haben wie das Laub an den Baͤumen.
Ich habe von meinem Fenſter zugeſehen/ und iſt mich ein Schaur
ankommen/ als ob ich das Fieberhaͤtte.13. Mac. Ja ihr ſeyd einer von den beſten Bruͤdern. Eur Kleid
iſt mit ei= nem natuͤrlichen Haſenbalg gefuͤteret. Solle
das ein Nachbarſtuͤck ſeyn? die Haͤnd in den Buſen
ſchieben/ wenn in der Nachtbarſchafft ein ſolches Ungluͤck
geſchicht? Es heiſt wol; man ſolle einen Metzen Saltz mit einem
verzehren/ be= vor man ihn kennen lernet. Nachbar uͤber den Zaun; Nachbar wider
hinuͤber
|| [343]
14. Mar. Da muͤſte wol einer das Ungluͤck/ wie ſein
verlohren Geld ſu= chen/ wer ſich in alle Lumpenhaͤndel legen
wolte.15. Mac. Man ſolle aber ein Ubriges thun Nachbarſchafft wegen/ dann
das iſt recht deß ungetreuen Nachbarn geſpielt.16. Bern. So gehts/ truͤge man den Undanckbaren gen Rom/ und ſetzt ihn
vor dem Thor unſanfft nieder/ ſo iſt aller Danck verlohren/ wer
jedermanns Freund iſt/ der iſt jedermanns Narr. Wir waren allein/ der
Dieb waren viel/ ich pfieffe den andern Nachbarn/ aber ſie wolten nicht
hoͤren/ was ſolte ich mehr thun? Wie ſie hinweg/ machte ich die
Hausthuͤr zu.17. Mac. Wann die Kuhe aus dem Stall iſt/ ſo macht man die Thuͤr
zu.18. Bern. Zu geſchehenen Sachen muß man das Beſte reden. Jungfrauen
huͤten iſt eine vergebene Arbeit: Es hilfft nicht/ oder es bedarff es
nicht.19. Mar. Wer Gutes mit Boͤſem vergiltet/ dem borge ich lieber/ als daß
ich baar bezahlet werden ſolte. Wer kan fuͤr boͤſe
Leut:20. Mac. So ſeyd ihr beyde da geſtanden wie gebetene Zeugen?
|| [344]
21. Th. All zu ſcharff macht ſchartig. Ira furor brevis eſt. Deß
Zorns Aus= gang/ iſt der Reue Anfang. Eins bricht Kruͤg/ das ander
Haͤfen; dann wie haſt du ſo wol geſchlaffen/ daß dir das
Gehoͤr verlegen iſt/ daß du nicht haͤtteſt erwachen
koͤnnen.22. Bern. Was geſchehen iſt/ das iſt geſchehen. Es muß
darbey verbleiben/ Aber es iſt alles ſo fein angeſtellet
geweſen/ was nicht hat gehen wollen/ hat man mitgetragen.23. Th. Wie iſt es aber hergangen? Philippin wird es mit der Haut bezah=
len muͤſſen.24. Aliſ. Ey! der arme Tropff iſt wol unſchuldig darzu
kom
̅
en. Wer wird ihm ſein Leben zahlen. Es wird ihm wol eine Witzung
ſeyn biß in ſein Tod.25. Th. Iſt er todt/ ſo iſſet er nimmer Brod. Was
fuͤr Leute ſind aber geweſen?26. Bern. Sie hatten alle die Naſen mitten im Geſichte gehabt/ und
beyein= ander gehalten/ wie die Zaͤhn im Kalbskopff.27. Aliſ. Was iſt daran gelegen? Ob mich ein Hund oder eine
Huͤndin beiſ= ſet/ der Balbirer fordert nicht weniger.
|| [145]
28. Theſ. Ey/ es gilt mir aber nicht gleich: fiat juſtitia. Es
moͤchte ein Un= ſchuldiges mit dem Schuldigen das Bad
ausgieſſen muͤſſen. Was ſolte wol fuͤr
ein Dieb/ lieber Nachtbar/ mir den Boſſen geriſſen haben.29. Bern. Wer will mirs ſagen? Einer iſt auff einen/ der andere auff den
an= dern Berg entloffen: das ich gewiß/ ſie ſind geweſen wer
ſie wollen/ ſo haben ſie es nicht gut mit euch gemeint.30. Mar. Warumb/ es koͤn
̅
en auch gute Freund geweſen ſeyn.
Ich habe neu= lich einen von der Florinda Buhlſchafften das Pflaſter in
unſer Gaſſen tapf= fer nidertrette
̅
ſehen/
derſelbe iſt gewiß darbey/ oder nicht weit darvon geweſen.31. Mac. Wenn Lidias hier waͤre/ ſo wuͤſte ich bald auff
wen ich rahten ſolte. Schwerlich eſſen die Hund
Bratwuͤrſt/ ſie ſtehlen ſie dann.32. Aliſ. Frau/ der Argwohn iſt ein Schalck. Ich weiß gewiß/ daß er eben
ſo wenig daran gedacht hat/ als an ſein Weſterhembd.33. Mac. Sihe da/ biſt du ſein Fuͤrſprecher/ haſt
du Beſtallung von ihm? Was dich nicht brennt/ das ſolt du nicht
leſchen.
|| [346]
34. Bernh. Lieb kan viel/ das Geld kan alles.35. Aliſ. Waͤre ich zu Haus geweſt/ es ſolte dieſes
Ungluͤck nicht geſchehen ſeyn/ aber ſo kan ich mich
entſchuldigen/ wie jener der den Schnee ſolle gedoͤrrt haben/ und
fuͤr Saltz verkaufft.36. Theſ. Patientia noſtra Victoria. Was ſoll ich nun aus
dieſer Sache machen/ man muß die boͤſen Spiel auch ſpielen/
und ſich in das Ungluͤck ſchi= cken/ man wolle oder wolle nicht.
Meine Tochter wird nicht auſſer der Welt geloffen ſeyn. Es
iſt mir nur umb die boͤſe Nachreden; Es werden die Kinder auff der
Gaſſen darvon ſingen und ſagen.37. Mar. Ey Herr Nachtbar/ man muß die Leute reden laſſen/ die
Gaͤns koͤnnen es nicht.38. Mac. Ach/ ich weiß wie die Katzen mit den Ratzen Kinderlein ſpielen/
die Jungfrauen und Glaͤſer ſchweben in ſtetiger Gefahr. Ich
weiß wie es die Geſellen machen/ ſie ſind Buhler/ und keine
Freyer: Und ſie iſt noch nicht un= ter die Leut kommen/ ſie
iſt nur zwey mal am Marck/ und einmal in der Muͤhl geweſt.
|| [347]
39. Theſ. Schweig nur/ ich will es der Obrigkeit klagen. Sie wird die Jung=
fraudieb ſchon zu finden wiſſen. Sie hat kein Flederwiſch
an Statt deß Schwerts in der Hand/ und laͤſt ihr kein Strohe in den Bart
flechten. An neſcis longas Regibus eſſe manus?40. Aliſ. Wann die Pirn zeitig iſt/ ſo faͤllt ſie
ins Gras. Jungfraufleiſch/ ſagt man in dem Sprichwort/ iſt kein
Laͤger Obs/ an guten Wahren iſt offt viel verdorben.31. Th. Factum infectum fieri nequit. Geſchehen iſt geſchehen.
Bona dies H. Nachtbar.42. Bern. Ich bedancke mich H. Nachtbar/ und wuͤnſche/ daß ihr eur ver=
lohren Schaͤflein moͤcht wider finden.43. Aliſ. Habt Danck/ daß ihr mich geſehen habt.
|| [348]
Lidias/ Florinda/ Alaͤgre/ Philippin.
Lid. NUn meine Liebſte/ ſind wir aus der Gefahr in der Sicher= heit
angelangt/ nach dieſem Regen wird die Sonne wider ſcheinen. Wir
ſitzen jetzt in den Rohren/ und wiſſen/ wie das Sprichwort
heiſt.2. Flor. Es heiſt: Gehe vorſichtig/ aber nicht ſicher. Si=
cherheit iſt deß Ungluͤcks foͤrderſte Urſach.3. Phil. Euer Geſtr. hat wol gethan/ daß ſie genommen/ was man ihm nicht
hat wollen geben. Es iſt wol gewagt und nunmehr/ als halb gewonnen. Wa= gen
gewinnt/ Wagen verlieret/ Es heiſt: Im Rahten ein Schneck/ in Tha= ten ein
Vogel.4. Flor. Philippin hat an ſeinem Ort nichts erwinden laſſen/ und
wird auch von uns ferners nicht ausſaͤtzen.5. Phil. Ich gelobe E. Geſtr. treu zu ſeyn weil ich lebe.6. Alaͤg. Und noch vier und zwantzig Stund hernach.
|| [349]
7. Ph. Habe ich nicht geſchrien/ wie einer der den Wein ausrufft/ und mich
geſtelt/ daß ich nicht anderſt ſelbſten vermeint/ es
ſey Ernſt.8. Alaͤg. Du muſt dich loben/ die Nachtbaren haben noch
geſchlaffen.9. Lid. Es iſt wol angeſtellt geweſt/ und wol abgangen.
Wirſt du mir gute Dienſt leiſten/ ſo werde ich deiner auch
nicht vergeſſen. Werwol dient/ der for= dert taͤglich
ſeinen Lohn.10. Alaͤg. Er iſt getren wie ein Kettenhund.11. Lid Geſell/ du muſt dich nit zu gemein machen. Du wilſt den
Junckern mit ſpielen/ und es mangelt dir der Verlag darzu: Nach dieſen
Schwencken wirfft man umb.12. Phil. Es iſt aber waar/ er macht ſich ſo gemein/ als ob
jederman ſeines gleichen waͤre/ und iſt mit Schnacken
angefuͤllet/ wie ein alter Kornboden.13. Alaͤg. Du ſolſt es wiſſen? Biſt kaum aus
dem Spital entloffen/ un
̅
darffſt dich mit den Betlern vergleichen. Du
brangſt daher/ wie ein Laus auff einen Edelmannsmantel: Du haſt ein
ſcharffen Verſtand wie ein Muͤhlſtein/ und teht dir alles
wol an/ wie einem jungen Hund.
|| [350]
14. Lid. Schweigt ſtill mit euren Schwaͤncken/ es gehoͤrt
dieſes nicht hieher Aber Philippen/ was moͤgen ſie zu Haus
gedencken/ wann ſie den Boſſen ver= mercken.15. Ph. Sie werden vermeinen/ ihre Tochter ſeye uͤber tauſend
Stauden: Und mich ſolte man wol laſſen von den Cantzeln
verkuͤnde
̅
/ oder an den Stock anſchlagen/ daß/ wer mich gefunden/ der
ſolle mich den Meſner bey S. Veit gegen einem guten Trinckgeld
widerbringen.16. Flo. Wann das Gluͤck der Tugend folgt/ ſo hoffe ich mein
Liebſter/ es ſol= le alles nach Wunſch gehen.17. Alaͤ. Nach der That/ komt die Reue zu ſpai/ wie in den
Niderlaͤndiſchen Kriegen meinſtentheils geſchicht.18. Ph. Soll dein Pferd recht gehen/ ſo muß dir der Juncker das Mund
ſtuͤck gerecht machen. Du kanſt nicht ſchweigen.19. Lid. Wann Eheleut haben einen Sinn/ ſo tragen ſie all
Ungluͤck hin.20. Flor. Ja freylich; ſonſten gibt man ſie mit Haͤnden
zuſammen/ und mit den Fuͤſſen lauffen ſie wider
voneinander.
|| [351]
21. Alaͤg. Es ſolle keiner kein Weib nemen/ er koͤnne denn zwey
ernehren/ o= der drey: Weib/ Kind und Magd/ ꝛc. Anfangt hangt der Himmel voller
Geigen/ hernach wenn man recht zuſihet/ ſo ſinds kaum
Nußſchalen.22. Philip. Boͤſe Geſellſchafft die nimt ein Weib/ die
heiſt Armut/ daſſelbe Weib gebiert ihm einen Sohn/ heiſt
Geſpoͤtt/ derſelbe Sohn laͤſt ihn betteln all
ſein Tag.23. Alaͤg. Woher komt dir die Weißheit? Ja ich weiß/ du traͤgſt
die Saͤck in die Muͤhl. Da muß man wol weiß werden.24. Phil. O Geſell/ du haſt ein Eſelhaut geſſen/
die kanſtdu die Zeit deines Le= bens nicht verdaͤuen. Laß mich unvexirt/
oder ich will dir anderſt antworten.25. Alaͤg. Gecken laſſen ſich bald
entruͤſten/ es iſt nicht boͤß gemeint/ laß den Eſel
im Stall.26. Lid. Das Zancken ſteht euch uͤbel an; ihr ſolt friedlich und
ſchiedlich miteinander leben/ wie leibliche Bruͤder/ ſo habt ihr
ſtettig zu kiefen/ wie Hund und Katzen.
|| [352]
27. Alaͤg. (bietet dem Philippin die Hand) nun ſind wir wider
Geſellen.28. Phil. Es ſey Leykauff.29. Alaͤg. Waſche du mir den Bart.30. Phil. So waſche ich dir die Hand.31. Alaͤg. Brate du mir eine Wurſt/32. Phil. So leſche ich dir den Durſt.33. Flor. Nun ſind dieſe wider gute Freund wie Koch und Kelner.34. Alaͤg. Es iſt uns wie de
̅
Koͤßlersgeſindlein/ wir
zancken bald/ und werden bald wider einig. Beſſer iſt ein
Baͤuriſcher Fried/ als ein Buͤrgerlicher Krieg.35. Flor. Weil Stadtkuͤndig geweſen/ Lidias waͤre nicht im Land/
ſolte mein H. Vatter die gantze Stadt ausdencken/ und nicht auff euch rahten;
geſtalt er in dem Wahn ſtehet/ unſer Liebe ſey wie der
Schnee vergangenen Fruͤling ver= ſchmoltzen/ ferne aus den Augen/ ferne
aus dem Sinn. Ich erfreue mich aber/ daß es nun ſo weit kommen iſt/ und
ich einmal von dem verlog= nen Hauptmann Fierebras erlediget worden bin. Es iſt
mir nach [353] geloffen
wie ein Waſſerhund/ und hat allein wollen der Hahn im Korb
ſeyn.36. Li. Mich bedunckt/ ich ſehe hier vor mir/ wie der H. Doctor den Kopff
ſchuͤttelt/ und ſich die Frau Doctorin hinter den Ohren kratzt/
wie ein Fuhr= mann der umbgeworffen hat. Sonderlich wird der Großſprecher der
Haupt= mann vermeinen/ es ſolte ihm der Boß nicht geſchehen
ſeyn.37. Phil. Ja er hat viel Duͤnckel zu verkauffen; Er hat die geſchwolne
Waſ= ſerſucht im Hirn/ und vermeinet/ ſein Rauch
ſeye heller/ als anderer Feur. Er ruͤhmt ſich deß
Fleiſches/ und hat die Bruͤhe nicht geſehen/ ſeine Hoffart ziert
ihn/ wie den Eſel die Loͤwenhaut.38. Flor. Es heiſt halt: Viel Geſchrey und wenig Wollen.39. Lid. Es ſolten ihm ietzt die Ohren klingen/ daß wir ſeiner
gedencken/ wie eines boͤſen Pfennings.40. Flor. Alle ſeine Hoffnung iſt in den Brunnen gefallen. Aber das
Spiel hat noch kein Ende; die Wuͤrffel lige
̅
noch auff dem Tiſch: Es
iſt nit genug wol [354]
angefangen/ man muß die Sache auch wol fort fuͤhren/ und unſere Eheliche
Verloͤbniß nicht wider laſſen den Krebsgang gewinnen.41. Alaͤg. Je ehe je beſſer/ lieber heunt als Morgen.42. Flor. Man wird mich ja auch auff die Hochzeit laden/ wenn ich ſolle die43. Lid. Das verſteths ſich/ ſonſte
̅
wuͤrde
nichts draus werden. (Braut ſeyn.44. Phil. Nun gibts ein friſche Hochzeit.45. Alaͤg. pfeiffer/ pfeifft auff/ die Braut komt. (gehen ab.)
Fierebras/ Aliſon.
1. Fier. ICh habe mit dem Herrn Doctor Theſauro ein gravite=
tiſches Mitleiden. Er hat ein Perlen von der Cron ſei= nes Haupts
verlohren/ das Brod iſt zugleich auch mir fuͤr dem Maul weggenommen
worden/ und das Gras [455]
hat man mir unter den Fuͤſſen abgeſchnitten. Von wem aber?
von ſolchen Ge= ſellen/ die ſich fuͤr die
Gluͤckſeligſten in dieſer Welt ſchaͤtzeten/ wenn
ſie meines Dieners Jungen ſeine Schuhriemen auffloͤſen
ſolten. Ach! ſchoͤne Florinda/ du haſt dich meiner Hoheit
mit demuͤtigen Worten wirdig gemacht/ in dem mein vortreffliches Anſehen/
deine zarte Augen verblendet hat/ daß du dich haſt wollen leiten
laſſen wie ein blind Pferd. Du aber du hertzbetruͤbter Vat= ter/
nun wirſt du mehr Bekuͤmmernis als Ducaten im Haus haben. Es muß bey
dieſem Unfall/ da das Gluͤck an uns beyden zum Ritter werden will/ die
Standhafftigkeit zu einem Schild/ und die Gedult zu einem Pantzer gebrau= chet
werden. Weil aber bey tapffern Leuten/ die Wort und die Werck eines Schlags ſeyn
ſollen/ und die Rede deß Gemuͤts Bildnuß iſt/ ſo will ich dem
Herrn Doctor erweiſen/ wie ein theures Pfand ein guter Freund ſeye. Ich
will ſeine Feinde alle unten abhauen/ ſo werden ſie oben
ſchon hernachfallen. Dan
̅
ich bin der Phœnix aller Helden/ und aller Soldaten Großvatter. Ich will das
Hudelmanns geſindlein zerſtucken/ ſo klein/ daß man von ihren
Fleiſch ſolle das [356]
Gehaͤck in die Paſteten machen koͤnnen: Ich will ihnen die
Hoſen gerecht ma= chen/ und das Gelbe vom Schnabel wiſchen/ wie die
Stoͤrch den Froͤſchen. Ich mache nicht viel Wort/ wie
groſſe Herrn pflegen/ ſondern ſage viel mit weni= gen. Mein
Degen iſt der beſte Redner bey Anweſenden; Meine Federn (welche
ein Pfauenfedern iſt/ Augen hat/ und mit einer Hellebarten geſchnitten
wor= den/) kan mit einem Buchſtaben mehr zu verſtehen geben/ als alle
Buͤcher auf einer Franckfurter Meß Gewißlich mein Thun un
̅
Laſſen iſt ſo ruͤhmlich/ dz es ſo wenig als
die Son
̅
e/ in dieſer Welt verborgen bleibet. Aber ſchauet doch! Ich
bin unvermerckt bey deß Herrn Doctors Palaſt angelanget! Holla! Holla.2. Ali. Welcher Schlingel ſchlaͤgt an unſer Thuͤr?3. Fier. Der unuͤberwindliche Fierebras. Generalisſimus gegen Anffgang;
Vice-General gegen Nidergang; Feldherr gegen Mittag; Admiral gegen Mitternacht.
Eine Feſtung gegen Franckreich/ eine Schantz gegen Welſch= land/ ein
Caſtell gegen Engelland/ eine Paſtey gegen Teutſchland/ ein Boll=
werck gegen Polen/ ein Dam
̅
gegen Indien/ ein Schutzgatter gegen Tuͤrckey/
und eine Mauren gegen Morenland.
|| [357]
4. Aliſ. Ich habe vermeint/ es ſey etwas rechtgeſchaffnes. Wartet
ein Weil/ wir haben auch warten muͤſſen biß ihr kommen
ſeyd.5. Fier. Mache auff/ oder ich zerſplittere dir die Hirnſchaale in
ſo viel Stuͤck als du Haar auff dem Kopff haſt.6. Aliſ. Ja/ Ja/ euer Kopff hat 10. Splitter und 11. Zwickel zu viel/ und 9.
zu wenig. Wer von Drohen ſtirbt/ muß man mit Eſelsraͤuchwerck
begraben.7. Fier. Mache auff/ oder ich wuͤrffe dich uͤber die Pireneiſche
Berge. Mache auff/ hier iſt Fierebras.8. Aliſ. Er reut einen boͤſen Eſel/ Herꝛ Doctor/
der Fy=raben=aaß komt.
Fierebras/ Theſaurus/ Aliſon.
1. Fier. BLuͤck herein/ Ung††uͤck hinaus/ dann ich komme ſelbſten.2. Th. Willkom Herr Hauptmann. Bene veneritis, unde alicu
̅
de? Wz wehet euch
fuͤr ein guter Wind hieher?3. Fier. Kein Wind kan mich an kein Ort in dieſer Welt [358]
wehe
̅
/ den
̅
ich gehe geſchwinder zu Fuß/ als die Wind reiten. Ich habe
mich aber Perſoͤnlich alhier bey euch einfinden wollen/ umb euch zu
berichten/ wie ich ge= dencke Rach zu uͤben gegene ure Feinde/ und als ein
Loͤw den Woͤlffen den Raub wider abzunemen.4. Aliſ. So ferne nichts darzwiſchen kommet: Ach! an ſeinen
Worten und grauen Tuch geht viel ein.5. Fier. Dieſem nach ſolt ihr anziehen den Rock der Gedult. Ich hingegen
will mich Waffnen mit dem Schwert meines grimmigen Zorns/ wider die Rauber/ welche
mit eurer Tochter habe
̅
das Reisaus geſpielet. Allmein Volck will ich/ von
der Fußſohlen biß auff die Scheitel gewaffnet in eine Schlacht= ordnung
ſtellen/ und ihnen mit guter Ordnung nachjagen/ und euch den un=
widerbringlichen Schatz/ wider in eure Hand zu lieffern wie baar Geld. So bald ich
dieſe boͤſe Zeitung auff ſieben Muſqueten Schuß von hier
vernommen habe/ bin ich vor Zorn ergrim
̅
et/ daß die Dieb meiner Perſon nicht
erwartet.6. Aliſ. Aus Zorn/ ſind dem Haſen die Ohren entfallen.
|| [359]
7. Fier. Weil man aber ſonſten zu ſagen pflegt/
Freundhuͤlffereut auff der Ochſen=oder Krebspoſt: So habe ich in
der That erweiſen wolle
̅
/ daß ich nicht ein Genießtiſch=un
̅
Gluͤcksfreund bin/ der den Mantel nach dem guten Wind haͤngt. Deßwegen
bin ich den allernechſten Weg alhier angelangt/ Euch mei= nen
Weltberuͤhmten Degen mit dieſer tapffern Hand/ benebens meinen uͤber=
fluͤſſigen Geld anzubieten: Damit ihr mit Warheit ſagen
koͤnt/ ihr habt in Europa/ Aſta/ Africa und America dergleichen
Freundſchafft/ von euren leiblichen Bruͤdern niemals zu verhoffen
gehabt.8. Aliſ. Ich habe kein Geld/ und er hat ſo viel als ich.9. Fier. Dieſem nach Herr Doctor/ habt ihr nur zu wincken/ und mir zu ver=
ſtehen zu geben/ wie die Sache anzufangen. Was ich verſprich und halte/
das iſt gewiß und waar.10. Th. Der Herr Hauptmann hat Magiſtraliter tanquam ex tripode von dem
gantzen Handel geredet/ und wann er von ferne anfinge/ ſo ſolte er es
nicht beſſer machen koͤnnen. Audaces fortuna juvat! Es muß doch
ein fein [360]
Ding ſeyn/ umb ein Manns Hertz/ das die Nachtigall nicht freſſen
koͤnnen. In dieſer Sach aber kan Juſtitia cauſæ
nicht unterligen/ wann anderſt eine Gerechtigkeit im Lande iſt.
Unterdeſſen bedancke ich mich peripateticè deß Erbietens.11. Fier. Wohin auch dieſe Mauſer unter der Bedachtung deß
weitſchweiffi= gen Him
̅
els geflohen ſeyn moͤgen/ und
ſolten ſie ſich auch bey den Voͤlckern der andern Welt
auffhalten/ ſo will ich ſie doch ſuchen und finden/ und einen jeden
mit einem Haͤrlein von meinem Bart eine ſolche Wunden hauen/ daß alles
Spaniſches Fußvolck/ und alle Frantzoͤſiſche Reuterey
unangeſtoſſen dardurch ſolle ziehen koͤnnen. Sie
werden mit ihrem Schaden klug werden/ wann ſie auch alle Polyphemi, Briarei,
Rolandi, und ſo boͤß/ als die Großmutter deß Fuͤrſtens der
Finſternus waͤren/ ſo wolte ich ſie doch alle/ wie die
Floͤhe nider= ſchlagen/ es ſoll mir kein halber
entſpringen.12. Aliſ. O deß groſſen Finckenritters! Er iſt verwegen
wie eine alte Schul= meiſterin/ er will jederman freſſen/ und die
Baͤume ausreiſſen/ woder Wald abgebrannt iſt.
|| [361]
13. Fier. Was ich euch ſage Herr Doctor/ das hoͤrt ihr/ und
verſtehet es al= les wol.14. Aliſ. Wie wolte er nicht hoͤren/ er hat die Brillen hinter den
Ohren.15. Fier. Und ihr ſolt auch alles mit eheſten ſehen und erfahren.
Es iſt am be= ſten/ ſolche Geſellen ſchweben in den
freien Luͤfften/ oder wann ihr vermeint/ ſie ſind keines ſo
ehrlichen Todts werth/ ſo will ich ſie biß in den Feurhimmel (Cœ-
lum Empyreum) ſchleudern/ daß ſie unter Wegs ſollen Hungers
ſterben/ o= der in einem Augenblick zu Aſchen verbrennen.16. Aliſ. Treffliche Streich umb einen Muckenfuß zu brechen!17. Theſ. Ita me Muſæ benè ament, das ſind ſo
breite Wort/ man ſolte darauff kugeln koͤnnen.18. Aliſ. Aber keine Brucken darauff bauen.19. Theſ. Guter Freund/ ſagt man ſonſten/ gehen viel auff
ein Loht ſolle es a= ber ein harter Stand ſeyn/ gehen ihrer vier und
zwantzig auff ein Quintlein. Amicus certus in re incerta &c. Wann ſich das
Gluͤck wendet/ ſo wen [362] den
ſich die Freund zugleich mit; und heiſt es das Kind iſt
geſtorben/ die Ge= vatterſchafft hat ein Ende. Ihr/ Herr Hauptmann/
ſeyd nicht von dieſer Gat= tung; ſondern ein Nohtfreund/ Paratus
ad omnes fabulæ partes, und nach der Lateiner Sprichwort: Roſcius in
Scena.20. Aliſ. Leere Feſſer klingen hell.21. Fier. Die Zeit bringt Roſen. Es ſolle nicht Jahr und Tag
vorbeygehen/ ſo ſolt ihr Wunder uͤber Wunderhaben: Dann gut Ding
will Weil haben.22. Aliſ. Es geht ihm alles von ſtatten/ wie Pech von Haͤnden.
Weil der Hund bellt/ ſo friſt der Wolff das Schaaf.23. Fier. Wie? Der Wolff fuͤrcht ſich nicht fuͤr viel
tauſend Schaafen. Kom
̅
t Zeit/ kom
̅
t Raht. Rom iſt nicht in einem
Tage erbauet worden.24. Aliſ. Er wird ſtoſſen/ ehe ihm die Hoͤrner
wachſen.25. Fier. Solle ich die Jungfraudieb in ſo kleine Stuͤcklein hauen/ daß
man ſie fuͤr Uhrſand brauchen kan?26. Theſ. Majus eſt iram continere, quàm miracula facere, ſagt
Avicenna. [363]
Die Zeit iſt deß Zorns Artzney. Man muß nicht mit Bruͤgeln darunter werf=
fen/ gemach geht man auch weit. Es heiſt hier: Feſtina lentè.27. Fier. Ein guter Raht kan nicht boͤßfeyn. Was gilts/ ſie
ſollen die Fluͤgel verbrennen/ wie die Schnacken beym Liecht. Ich will
ihnen Fußeiſen legen/ und aller Orten gute Kundſchafft machen/ biß
ſie einfallen wie Gaͤgler. Es ſolle ihnen gewiß dieſe
veruͤbte Frevelthat bekommen/ wie dem Hund das Graß. (gehen beede ab.)28. Aliſ. Sie werden es demnach machen wie die Herrn von Nuͤrnberg/ die
laſſen keinen Dieb hencken/ ſie haben ihn dann gefangen.
Lidias/ Florinda/ Philippin/ Alaͤgre.
|| [364]
1. Lid. Fuͤrwar/ liebſte Florinda/ das Gluͤck iſt derer/
den es be= ſchert iſt/ nicht derer/ die es verdienen/ daher man mei=
nes Erachtens/ ſagt: Wer das Gluͤck hat/ fuͤhret die Braut
heim.2. Flor. Es iſt wolſo/ das Gluͤck bedarff keinen Raht/ es
raͤht ihm ſelbſten: Aber doch ſagt man auch im Sprichwort; das
Gluͤck hat Tuͤck; Es bedarff Witz und nimt Witz; es iſt Kugelrund/
laufft einem zu Haus/ dem andern draus.3. Lid. Ein Quintlein Gluͤck iſt beſſer/ als ein Pfund
Weißheit.4. Phil. Ungeſchickt hat auch offt Gluͤck!5. Lid. Nun habe ich ja hier das Gluͤck/ welches ich mir die Zeit meines Lebens
erwuͤnſchet/ in meinen Haͤnden. Es pfeifft uns die Fortun/ wir
ſollen dantzen.6. Flor. Wie man ſonſten ſagt: es muͤſſen
gute Bein ſeyn/ die gute Tage er= tragen koͤnnen; ſo ſoll
aber jetzt das unſer Dantzen ſeyn/ daß uns unſere Bein/ dem
vielleicht folgenden Ungluͤck enttragen.
|| [365]
7. Phil. Das Recht iſt der Wachenden/ das Gluͤck der Schlaffenden. Jung=
frau ihr habt einen Mann bey der Nacht bekommen/ da ihrer viel/ bey dem Tag keinen
uͤberkommen koͤnnen.8. Alaͤg. Ja/ wer das Gluͤck hat/ dem kaͤlbert ein Ochs. Wem das
Gluͤck den Finger reichet/ der ſoll ihm die Hand bieten.9. Flor. Es iſt nicht genug Gluͤck haben/ es gehoͤrt nun auch der
Segen dar= zu: Denn wann man uns nacheilen ſolte/ wuͤrden wir
beſtehen wie Butter an der Sonnen.10. Lid. Wer ſich fuͤrden Blaͤttern foͤrchtet/ der darff
nicht in den Wald ge= hen. Wer nichts wagt/ der gewinnt nichts. Wer will
wiſſen/ welchen Weg wir genommen haben. Mich wundert nichts mehrers/ als
daß der Lagey nicht wi= derkomt/ er nimbt ihm gewiß der Weil/ wie ein alter
Eſel.11. Ph. Unter deſſen vermeint mein Bauch/ man habe mir die Zaͤn
in Hals geſchlagen.12. Flor. Du verzehreſt allezeit ehe ein Dorff/ als daß du ein Haus
gewinnſt.
|| [366]
13. Ph. Die Jungfrau Braut verzeihe meinen Zaͤnen/ daß ſie dem
Muͤſ= ſiggang ſo feind ſind. Eſſen und
Trincken und Schlaffen iſt mein Hand= werck; und dar mit er nehre ich mich
taͤglich.14. Lid. Hab ein gut Hertz/ es wird bald beſſer werden.15. Phil. Der Habicht iſt ein ſchoͤner Vogel/ der Haͤttig
iſt nur ein Nuͤſt= ling. Die Maͤuß kommen mir in den
Brodkorb/ und ich habe einen Igel im Leib/ der will ſchwimmen. Hunger und
Durſt ſingen keinen Alt.16. Lid. Wart/ biß Alaͤgre wider komt.17. Phil. Ich will ſeiner warten/ wiedie Muͤnchen deß Abbts.18. Flor. Wenn man den Wolff nennt/ ſo komt er gerennt.19. Lid. Wie gehts/ wie ſtehts Alaͤgre?20. Alaͤ. Alles am alten Ort.21. Lid. Sag/ was haſt du von mir gehoͤrt?22. Alaͤ. Nichts/ iſt gut fuͤr die Augen/ biß im Magen.
|| [367]
23. Lid. Wieſtehts dann/ ſagdoch.24. Alaͤg. Es muß gut ſeyn biß es beſſer wird.25. Flor. Haſt du niemand geſehen/ der nach uns fragt/ und uns
nacheilet.26. Alaͤg. Nicht ein Haͤrlein/ ſagt Kahlkopff.27. Lid. Ich frage was man von uns in der Stadt ſagt?28. Alaͤg. Es iſt das Geſchrey; einen zeitigen Dieb erlauffe ein
hinckender Scherg.29. Lid. Geſell/ du muſt anderſt pfeiffen/ oder ich und du
bleiben nit Freund’ miteinander.30. Phil. Mit groſſen Herrn iſt nicht gut Kirſchen
eſſen/ rege dich bey deins gleichen/ und ſag was du weiſt/
was du nicht weiſt/ das darffſt du nichtſagen.31. Alaͤg. Ich wolte gern ſagen/ aber der Durſt hat mich Redloß
gemacht. Laß mich dieſen meinen groͤſten Feind ertraͤncken/
darnach will ich das Maul auffthun.32. Phi. Ja man ſihet die Geſtalt in dem Spiegel/ die Warheit im Wein.
[368]
Ich glaub du nemſt eine Kutten/ und verſauffeſt ein
Kloſter.33. Alaͤg. Wor zu ſolte der Wein/ wann jederman Waſſer
traͤncke?34. Lid. Sag du was man dich fragt/ und laſſe es darbey verbleiben.
Haſt du den H. Doctor Theſaurum geſehen.35. Alaͤg. Nein/ aber er ſahe mich/ von ſeinem Fenſter/
und fragte die Leut/ wie ihm das Haus anſtuͤnde. Die Nachbarn aber
ſagten in der gantzen Gaſ= ſen/ die Rauber haͤtten die
Jungfr. Flormdam entlehnet/ niemand aber hat ihn traumen laſſen/ daß es
alſo ſeye zugangen.36. Lid. Haſt du den Haubtmann geſehen?37. Alaͤg. So ich nur mit dem Durſt einen Anſtand treffen
moͤchte/ wolte ich erzehlen was mir mit ihm begegnet iſt: Er brangte auff
dem Marckt her= umb wie ein Ochs in einem Kohlwagen/ als ob er mehr zu dencken
haͤtte/ als der Schultes im Bad. Ich fragte ihn erſtlich ob kein guter
Geſell von Boͤb= lingen da waͤre? Ob er keine Katz in einem Sack
kauffen moͤchte? Er aber ant= wortet mir mit
ſiebenſchroͤtigen Worten; Bey dem Schneckenblut/ du
ſiheſt [369]
den Bock fuͤr den Gaͤrtner an. In der Haberernde hoͤren die
Gaͤnß nicht wol. Hebe dich ferne; ich friß deiner neun und neuntzig zu einer
Suppen Mit dieſen gravitetiſchen Worten/ tritt er fort wie ein
Eſel den man ſtrigelt. Ich aber eile ihm nach/ und bedancke mich
fuͤr die ſubtilen Spaͤhn vom Saͤu= trog; habe ihn auch
wider in das Dorff geladen/ aber er hat ſich bed anckt/ gleich als einer der
nicht kommen will. So bald er mich nun recht unter dem Ange= ſicht erkante/ hat
er angefangen zu fluchen/ wie ein Fuhrmann der beſtecken bleibt.38. Lid. Man muß die Leute reden/ und die Hund bellen laſſen/ es gehen
viel Wuͤnſch in einem Sack. Ich habe nichts empfunden/ die Wort
ſind keine Pfeile.39. Alaͤg. Nun moͤchte ich ordentlich zu Tiſch ſitzen/
dann die Eßglocken ſchlaͤgt Sturm in meinem Leib. Was haben wir guts zum
beſten Philippin?40. Phil. Eine geſpickte Eule/ ein gebachene Katz/ und einen gebratenen E=
ſelskopff.
|| [370]
41. Alaͤg. Das iſt was ſeltzams/ und was beſonders.42. Phil. Nach dem der Mann iſt/ nach dem braͤt man ihm einen Hering.
Du biſt gut laden/ wie langes Heu/ du iſſeſt wol/ und
trinckſt nicht uͤbel. Aber wart biß auff der Inden Weihnachten/ ſo
wird man dir dein Flaſchenfutter fuͤllen.43. Alaͤg. Von dieſem Urtheil appelire ich zum zierlichſten.
Suppliciren und appeliren/ kan man niemand verwehren. Vertrinck ich mein Geld/
ſo verderbe ich/ trinck ich dann nicht/ ſo ſterbe ich/ doch
iſt beſſer getruncken und verdorben/ als ungetruncken gar
geſtorben.44. Phil. (Bringt etliche Flaſchen Wein/ und eine kalte Kuchen hervor.) Die
rechte Warheit zu ſagen/ ſo reiſt mir der Durſt auch den
Rachen Spannweit auff/ oder daß ich weniger luͤge/ meine Zunge iſt
ſo trucken/ als wann die Sonne die Hundstag uͤber dar auff
geſchinen haͤtte.45. Lid. Nun wartet nur/ ihr ſolt mit dem groſſen Loͤffel
eſſen.46. Alaͤg. Das warten waͤhret laͤnger/ als der Soldaten Hoffart.
Bald iſt angenem.
|| [371]
47. Phil. Jetzt will ich den Hunger und Durſtſtillen/ wie ungedultige
Glau= biger.48. Alaͤg. Die Fiſch haben gut Leben/ trincken wann ſie wollen.
Aber ich halte es mit dem Sprichwort: Der Waſſerkrug/ iſt niemals
klug. Der Wein ſchaͤrfft das Hirn/ ſtaͤrckt den Magen/
macht das Hertz froͤlich/ kocht gut Ge= bluͤt/ und kraͤnckt den
Beutel. Mein Luſt zu eſſen und zu trincken/ verlaͤſt
mich ſo wenig/ als mein Schatten beym Liecht.49. Phil. Ja du biſt Bienen Art/ man lockt dich mit Pfannen und Kan= nen/
wohin man dich haben will.50. Alaͤg. Ach! ich habe mich in die Zungen gebiſſen.51. Phil. Wie ſchmeckt dem Kalb das Haaſenfleiſch?52. Alaͤg. Wie man ſich zum Eſſen ſchickt/
ſo ſchickt man ſich auch zu der Ar= beit. Sehet/ wie er an dem
Braten zanſet/ wie ein Aff/ der Krebs iſt. Ich ver= meine/ die
Kraͤffte deines Hirns ſind dir in die Zaͤn
geſchoſſen. Du iſſeſt mit den Haͤnden
wie ein Bettler/ der kein Meſſer in ſeinem Vermoͤgen hat.
|| [372]
53. Alaͤg. Was wilt du ſagen? Die Haͤnd waren ehe als das
Meſſer. Saͤuiſch maͤſtet wol.54. Flor. Aber es ſtehtuͤbel.55. Lid. Man muß liebe Florinda/ den groben Geſellen etwas zu gut halten.56. Flor. Nach dem Sprichwort: Ein Geſcheider ſolle einen Narren auff
den Rucken tragen.57. Lid. Ja/ wann er auch Feder leicht waͤre/ ſo ſolte er doch zu
ſchwer ſeyn.58. Alaͤg. Es iſt eine groſſe Nohtdurfft/ daß viel Narrn
in der Welt ſeyn/ dann wie wolte man ſonſten die
Verſtaͤndigen erkennen?59. Phil. Waͤren wir alle geſcheid/ es gelte ein Narr hundert
Thaler.60. Alaͤg. Solt ich ein groſſer Herr ſeyn/ du
muͤſſeſt Dienſt bey mir haben.61. Phil. Wer nicht will zu einem Narren werden/ der ſoll dem Narren
nachgeben.62. Alaͤg. das heiſt viel geſchwaͤtzt/ vnd wenig
getruncken. Es gilt eins!63. Phil. Warumb ſolte es nicht gelten/ wir haben redlich gewettet: Gar
aus/ halb trincken die Bettler.
|| [373]
64. Lid. Trinckt/ trinckt/ ihr kombt doch ſo jung nicht mehr
zuſammen.65. Flor. Sie wuͤnſchten/ daß es alle Tage zugienge wie an deß
Koͤnigs Artus Hof.66. Lid. Kuͤnfftig muͤſſen ſie den Willen
fuͤr die Werck nemen. Viel be= darff man ins Haus/ mit wenigen kombt man auch
aus: Werden wir nicht ſtattlich leben/ ſo wollen wir doch verhoffentlich
wol leben.67. Flor. Der iſt reich/ der ſich benuͤgen laͤſt/
eigener Hert/ ſagt das Sprich= wort/ iſt Gold werth.68. Lid. Dieſe Jungen ſolten einen Krancken Luſt zum
Eſſen machen: A= ber gute Geſellen geben boͤſe
Haushalter.69. Flor. Sie legen auch keinen Spott auff das Trincken.70. Alaͤg. Ich wolte ein gantzes Jahr nur einen Koch/ und drey Kelner ha=
ben/ wann ich ein Fuͤrſt waͤre: Es hat aber noch lang darzu.71. Phil. Du ermaneſt mich an Augſpurg; du haſt einen weiten
Einlaß.72. Alaͤg. Es heiſt der Eſel das Maulthier/ lang Ohr.
|| [374]
73. Phil. Die Schuncken und Knackwurſt/ ſind deß Durſts erbare
Hochzeit= lader.74. Alaͤg. Ja freilich/ du trinckſt aber auch auff den
kuͤnfftigen Durſtuͤber drey Wochen.75. Phil. Ey nein zu viel iſt ungeſund/ man muß mit Eſſen/
Trincken und Schlaffen das rechte Winckelmaß halten; Dann es heiſt: Wilt du
leben lang geſund/ ſo ißwie ein Katz/ und trinck wie ein Hund. Mehr
ertrincken im Weinglas als im Meer.76. Alaͤg. Nun iſt es umb einen Rock waͤrmer/ als zuvor/ mich
bedunckt die Sonne ſcheine mir in Bauch/ ſo wol waͤrmt der Wein.
So alle Baͤche voll Wein waͤren/ ſo moͤcht ich ein
Froſch ſeyn/ die trincken ſo offt ſie wollen.77. Phil. Ich hoͤre es/ du quack eſt aus deines Magens Schlund/ es
brechen dir die Wort zuſammen: ſo reden die Saͤu/ wann ſie
einander ihr Noht kla= gen. Du haſt ein ſchoͤne Stim
̅
zum
ſchreiben/ wie ein Arcadiſches Muͤhlthier.78. Phil. Das hab ich dir in Vertrauen unter der Roſen geſagt/ daß es
un= ſer Butterlinder Herr nicht gehoͤrt hat.
|| [375]
79. Lid. Kan keiner ſingen?80. Alaͤg. Warumb das nicht? Ich habe eine treffliche Hand zum Sin= gen/
man muß mir Geld geben/ daß ich wider auffhoͤre.81. Phil. Laß dann hoͤren was du kanſt! biſt du ein Reimen
Goldſchmid/ ſo mach dein Meiſterſtuck.82. Alaͤg. (Trincklied.)
(Diſc.) Oberſtimme allein zu ſingen.
1. Venus ich will dein vergeſſen/ un
̅
auch deines Sohnes Krafft/ Dan
̅
jtzt Bacchi Reben= Was in mir die Lieb anbrennet/ leſch ich mit dem
kuͤhlen Wein/ Ich kan frey un
̅
froͤlich
[376]
ſafft/ voͤllig hat mein Hertz be= ſeſſen.
ſeyn/ weil Amo ris Band zer= trennet.
2.
Ich verlach der Buhler Reihen/
Deren Seufftzen/ Ach und Weh/
Stehet nach dem Band der Eh/
Dienſtbarkeit ſoll ſie befreien.
Mir behagt vielmehr der Reben/
|| [377]
Deſſen Frucht betruͤbte troͤſt/
Und von allen Sorgen loͤſt/
Trincken kan die Freiheit geben.
3.
Den bemind ten Mund der Flaſchen/
Kuͤß ich offt mit Hertzenfreud/
Seine liebe Suͤſſigkeit/
Lockt das Maꝛck aus meiner Taſche ̅ .
Solten mir in Augen ſtehen/
Zehren gꝛoſſer Traurigkeit;
Nur dz Trincken macht zur Zeit/
Daß mein’ Augen uͤbergehen.
4.
Was hilffts de ̅ der Geld veꝛſchlieſſet/
Und niemals zu trincken hofft/
|| [378]
Der Mund Weinelt mir gar offt/
So dem Geitz mit Waſſer flieſſet.
Weinen iſt O Menſch! dein Leben/
Wann der Wein nicht fuͤr und fuͤr
Steht erfreulich neben dir
Und du Trauren biſt ergeben.83. Flor. Iſt das Meiſterſingeriſch/ aus dem Kaͤlberton? Wo der Wein eingehet/ ſo gehet die Lieb aus.84. Alaͤg. Ich habe genug geeſſen/ und genug getruncken/ gedencke jetzt an Federmarck.85. Phil. Du biſt gut zu ernehren/ man darff dich nicht zum Eſſen und Trincken ſchlagen/ ſo ſchlaͤffſt du auch von dir ſelber.86. Flor. Die Warheit zu bekennen/ das Finſter komt mir auch fuͤr die Fenſter/ der Schlaff in die Augen.87. Lid. Schlaffen gahn iſt wol gethan/ der Schlaff iſt deß Lebens Saltz/ un ̅ ſo wol als Eſſen und Trincken von noͤhten.
|| [379]
88. Alaͤg. Das Trincken geht vor/ dann wol getruncken/ wol
geſchlaffen!89. Phil. Du nimſt ein Schlafftrunck fuͤr eine Morgenſuppen. Nun
halt das Maul.90. Lid. Wir wollen unſer Ruheſtaͤt unter dieſen
Baͤumen halten.91. Alaͤg. Wer bey der Nacht ſeine Geſchaͤfft verrichtet/
mag leichtzu Mit= tag ſchlaffen.92. Phil. Schweig ſtill/ laß uns der ſtillen Muſic
ſpielen.
Ceſre der Mann/ Lara ſein Weib/ Mirin die Toch= ter/ Ragu der
Jung.
1. Ceſr. ES iſt ein feines Handwerck umb das Stehlen/ wenn es wol
geraͤht.2. Lara. Wir doͤrffen es aber nicht oͤffentlich treiben.3. Mir. Sehet/ unter jenen Baͤumen ligen etliche und ſchlaffen wie
die Ratzen.
|| [380]
4. Rag. Das iſt ein Meß fuͤr uns.5. Ceſr. Es iſt beſſer Stehlen/ als
muͤſſig gehen. Harre/ laß mich hin/ ich will dieſem
Velleiſen meiſterlich den Puls grieffen.6. Mir. Es gibt einen guten Tauſch meinen Rock umb dieſen Mantel.7. Ceſr. Mein Windfang iſt gut zu verleihen/ man kan ihn nicht wol
ſchlim= mer wider geben.8. Mir. Getauſcht iſt noch lang nicht geſtohlen.9. Lid. Ich tauſch auch mit/ ein Laus umb ein Pferd.10. Rag. Ich muß mir auch etwas ſchencken.11. Ceſre. Nun fort/ fort/ der letzt ein Dieb/ erwiſcht man uns/
ſo muͤſſen wir es mit der Hautbezahlen.12. Mir. Laſt mich auch mit umb meinen Pfenning.13. Ragu. Lauff/ wer lauffen kan. Ein jeder Fuchs verwahre ſeinen
Balg.
|| [381]
Alaͤgre/ Philippin/ Lidias/ Florinda.
1. Alaͤg. WEil ich ſchlaffe/ ſo iſt mir die Zeit nicht
eine Viertel Stund lang: Es traumt mir allezeit in die Holtzſchleen. Jetzt
habe ich ja recht natuͤrlich geſehen/ einen groſſe
̅
roht=
kopfichten Zwerg/ mit einem langen ſchwartzen Knoͤbel=
baͤrtlein; er hatte auff einem eiſern Stecken ſeinen Bu= ckel
herumb getragen/ und ſeinen Bauch zwiſchen den Ohren bey der lincken
Ferſen gehabt. Er ſetzte ſich auff einen hoͤltzern Stein/
und ſchwaͤrtzte ſein Schu= he mit Roͤtel. Wie koͤnte
einem aber wunderlicher traumen? Wan
̅
alle Traͤum waar wuͤrden/ es
bleib kein Nonne fromb. Auff Philippin der Hahn ſchreit der Hennen!2. Phil. Laß mich mit frieden/ ich mag nicht in Krieg ziehen.3. Alaͤg. Wenn ich dich anſehe/ ſo ſehe ich nichts Guts.
Wie geben die Jaghund einander einen guten Morgen? Siheda/ wer hat mir fuͤr mein
einaͤugiges Pferd ein blindes geben?
|| [382]
4. Phil. Bey dem ſteinern Stephan/ wir ſind unter die Rauber gefallen.
Dieſe alte Lumpen ſind nicht Kauffmanns Gut.5. Alaͤg. Die Dieb haben recht diebiſch getauſcht.6. Lid. Was iſts? Was macht ihr fuͤr einen blinden Laͤrmen?7. Alaͤg. Ach Juncker/ man hat uns unſere Kleider entzucket/ und die
Zuͤ= geiners Huͤlſſen dargegen gelaſſen.8. Flor. Ey/ das iſt uͤbel Hausgehalten: So muß man reich werden.9. Lid. Was ſollen wir mit den Zuͤgeinerlumpen anfangen. Ihre und un=
ſere Handlung ſind zweyerley.10. Flor. Ach Herr! kein Ungluͤck kombt allein.11. Alaͤg. Wie man ein Ding achtet/ ſo iſts. Es iſt
ſelten ein Schade/ es iſt ein Nutz darbey. Wir wollen dem Doctor
Theſauro eine Mumſchantz brin= gen. Es gilt mir alles/ was ich nicht
habe/ wir wollen den alten Stockfiſch wider auff einen guten Weg lencken/ wie
einen blinden Eſel. Ich habe gelernet/ wie ich noch ein Leninger geweſt.
Rotpalarn. Ich weiß/ wie man die Hachte
̅
bey der [383]
Schwaͤrtz ſolle umb den Obermann foppen/ wie man ſolle die
Bleyſaͤck du= cken/ die Hornnickel blind machen/ und mit der Regierung
umbgehen.12. Phil. Ich habe vermeint/ ich ſey auch kein Sau/ ich wiſſe wol
was in der Schelmerey weiß oder ſchwartz ſeye. Aber ich kan nicht Viere
zehlen/ gegen dieſem Tausaͤß.13. Alaͤg. Weiſt du eines/ ſo weiß ich das andere.14. Phil. Ja/ du haſt einen hohen Geiſt/ als ob du auff dem. Kirchhof
ge= ſchlaffen haͤtteſt.15. Lid. Wir wollen folgen/ ſo wird Ehr aus uns. Dann was ſoll ein Raht/
wann man ihn nicht gebraucht. Was ſchmeckt unverſucht?16. Alaͤg. Folget mir nach/ und wem es gereut der kehre wider umb auff hal=
ben Wege/ ſo geht er nicht gar jrr.
Fierebras.
|| [384]
1. WIe? Solten wol die Berge meiner hochanſehlichen Raht= ſchlaͤge/
ſich in dem Thal ungluͤcklicher Erfolgung ſtuͤrtzen
koͤnnen? Solle nun die gantze Welt betrauren/ daß die Raub= voͤgel
mich meiner Florindæ (welche ich fuͤr Lieb haͤtte freſſen
moͤgen/) freventlich beraubet haben. Ich wolte/ daß der Koͤ= nig
dieſen Dieb die Poſt zu reuten verbotten haͤtte/ darmit ich ihnen auff
der Fußſohlen nacheilen/ und die Beut wider abjagen koͤnte. Weil aber
nach der That der Raht viel zu ſpatkomt/ und die Loͤwenhaut dieſes
Orts nichts ver= richten kan; muß ich den Fuchsbalg herfuͤrſuchen/ und
auff andere Raͤncke be= dacht ſeyn. Fierebras der kluge Ritter/ weiß
ſich in Gluͤck und Ungluͤck auff die faule Seiten zu legen; der
Sachen ihr Recht zu thun/ zu nemen/ und zu geben/ wie es die Zeit und die Gelegenheit
leiden will. Meine Excellentz kan ſich nicht demuͤtigen/ den Dieben
nachzulauffen/ und in ihren Maͤusſoͤchern zu ſuchen.
|| [385]
Der I.
Auffzug. Alaͤgre/ Philippin/ Lidias/ Florinda/ (verkleidet wie
Zuͤgeiner.)
1. Alaͤg. NUn bin ich gebutzet/ wie ein Hencker am Son
̅
tag. Sihe/ der
ſchoͤnſte Aff iſt ein Unflat.2. Ph. Du ſiheſt ehe einem Dieb gleich/ als einem Fuder Heu. Sechs
ſo ſtarcke Haͤls ziehen den Galgen nider.3. Lid. Man wird uns fuͤr Finnen und Laplaͤnder hal= ten/ in
dieſer Faſtnaͤchtigen Erbarkeit.4. Flor. Weil wir in der Faſtnacht gehen ſollen/ ſo
doͤrffen wir keine Pfingſt= lieder dar zu ſingen. Ich bin
auffgeſchuͤrtzt wie ein Krauthaupt/ und ausge= putzt wie ein
Bettlerhaus.5. Lid. Es beduͤnckt mich/ ich ſeheeinen Propheten in Calecut
gleich.6. Alaͤg. Die Kutten macht keinen Moͤnchen. Es gehoͤrt mehr zum
Dantz [386]
als ein nen paar Schuh. Es muß ein jedes ſein Latein koͤnnen reden/ wie
die Kuͤhe in Spanien.7. Phil. Ich weiß alles/ was ich nicht vergeſſen habe/ aber auff
Lateiniſch kan ich noch gatzen/ noch Eyr legen.8. Alaͤg. Rede nur/ daß jederman hoͤrt/ niemand verſteht/
ſo iſts ſchon gut.9. Lid. An Plappern ſolle es nicht mangeln.10. Flor. Ich weiß nicht viel/ ſo kan ich nicht viel ſagen: die
Kunſt iſt leicht/ aber ſchwer auffzuladen.11. Alaͤg. Philippin/ du verſtehſt ja die
Schelmſtuͤcklein auch/ dein Vat= ter hat mit gehandelt.12. Phil. Laß du die Hund ſorgen/ die bedoͤrffen vier Schuh.13. Alaͤg. Nun Gluͤck auff den Weg/ daß keiner ſtolppere.14. Lid. Wo wollen wir einkehren?15. Alaͤg. Wir muͤſſen uns fuͤr der Stadt lagern/
und zu Nachts in der Bettelherberg behelffen/ da es heiſt auff der Hohenwart/
iſſet man uͤbel und ligt hart/ jedoch luſtig; es verderbt
kein Bettler.
|| [387]
16. Phil. Ich vermeine/ wir Vier wolten der Indianer Abgott im freien Feld
fangen.
Fierebras und Theſaurusi
1. Fier. HErr Doctor/ ich habe Himmel und Erden aus geſuchet/ wie meinen
Hoſenſack/ und habe die Rauber nicht fin= den koͤnnen. Es
iſt alle Tag Jagtag/ aber nicht alle Tag Fahtag. Haͤtte ich ſie
aber angetroffen/ ich wolte ſie mit meinen kleinſten Finger in die andere
Welt verſtoſſen haben/ daß ſie gewiß die Zeit ihres Lebens
nicht ſolten vergeſſen/ was ich mei= nen Feinden in ihre
Stammbuͤcher ſchreibe.2. Theſ. Herr Hauptmann/ die Wort ſind Elements gut/ aber nicht einen
Rubenſchnids werth. Es heiſt: in laqueos Lupus. Wir
muͤſſen vor allen Din= gen die Rauber Hand feſt machen/ und
in Verhafft bringen/ darnach wollen [388]
wir Rahtſchlagen/ ob wir ſie ſieden oder braten wollen. Hinc
illæ lacrymæ! Das iſt das Ende vom Lied.3. Fier. Der Herr Doctor hat nun die Muſqueten ſeiner hohen Gedancken
losgebrant: ich aber will die Doppelhacken meines Verſtands aufffuͤhren/
und zu gleichen Zweck richten. Es ſind Zuͤgeiner alhier angelangt/ die
laſt uns befragen/ dann ſie haben groſſes Zulauffen/ wie
ein ſaures Bier.4. Th. Ach/ Herr Hauptmann/ es ſind Land=und Leutbetrieger/ die alten
Propheten ſind geſtorben/ den neuen glaubt man nicht. Veritatis
ſimplex eſt Oratio.5. Fier. Jedoch in ſeinem Werth und Unwerth/ hilfft es nicht/ ſo
ſchadet es nicht.6. Th. Uti rogas. Ich bins zu frieden/ will aber mein altes Muͤtterlein mit=
nemen/ die verſtehet ſich auch auff ſolche
Kuͤnſtlein.
|| [389]
Macea/ Theſaurus/ Fierebras/ Florinda/ Alaͤgre/ Lidias/ Phi= lippin
bekleidet als Zuͤgeiner und Zuͤgeinerin.
(Metea komt aus dem Haus/ und ſihet von ferne die Zuͤgeiner dantzen.)
1. Mac. EY ſehet/ wie dantzt das Gefindlein ſo artig/ wie die jun= gen
Aefflein.2. Theſ. Veſtis virum facit. Affen ſind Affen/ wann ſie
auch Chorroͤcke an haͤtten. Wie der Handel iſt/ ſo
iſt auch der Wandel. Alia vita, alios mores poſtulat.3. Mac. Hoͤrt Jungmenſch/ koͤnt ihr dem Herrn ſeinen
Planeten ſagen.4. Flor. Warumb das nicht/ aber es koſt Geld/ die Warheit iſt
dieſes Jahr theur zu kauffen.5. Th. Pecuniæ obediunt omnia. Jedoch ein Groſchen iſt mein Herr
nicht/ mein Wein und mein Geld ligen an keiner Ketten. (er gibt ihr Geld.)
|| [390]
6. Flor. (ſihet Theſauro in die Hand.) Mein Genad Herr; du haſt
mehr Ge= dancken in dem Kopff/ als einer der ſehr viel gedenckt. Es ſind
bey dir nun andere Jahr/ und andere Haar/ du wirſt auch bald kranck werden/ und
dem Artzt wird wol auff ſeyn: Aberdoch/ wenn du den einen Fuß wirſt in
dem Grab haben/ ſo wirſt du wider geſund werden/ wie ein
Ausſaͤtziger/ und dar= nach leben biß du ſtirbſt.7. Alaͤg. Sie ſchneidt recht auff/ die Suppen wird gut werden/ das
Schul= recht iſt gerahten.8. Flor. Es iſt dir Gnad Herr viel Gutes und Boͤſes widerfahren/
wird dir auch noch baß begegnen. Deine Tochter haben die Rauber entfuͤhret/ und
du weiſt nicht wo ſie iſt/ moͤchteſt es aber gerne
wiſſen.9. Alaͤg. Das kan gelten: Aber langſamb/ die Bauren doͤrfftens
mercken.10. Th. Daß uns das Gluͤck erſchleiche/ ipfisſima Veritas
eſt: Sie erraͤhts/ oder weiß es vor/ oder hat es ſonſten
gehoͤrt. Nun weiter im Text.11. Fier. Es wird ſich mit der Zeit alles ſchicken. Deine Tochter Gnad
Her
[391]
wird wid er kommen und Junge mit bringen/ dann ein Edelmann hat ſie von
jhrem Feinde errettet/ und thut ihr alles Guts.12. Alaͤg. Es iſt ſo waar/ als es Tag iſt.13. Flor. Du haſtes mit deiner Tochter viel anderſt im Sinn gehabt/ aber
es gehen dir dieſes Jahr umb viel hundert fl. Anſchlaͤg
zuruck.14. Theſ. Es iſt ſo waar/ als Amen.15. Flor. Sie iſt von dem Edelmann/ wie ich geſagt habe/ bey Ehren
erbal= ten worden. Wenn du ihr nun keinen Mann gibſt/ ſo wird ſie
einen nemen/ und wirſt leiden muͤſſen/ was du nicht
kanſt vermeiden.16. Mac. Das Boͤſe muß man mit Guten vertreiben/ und wo der Zaun am
niderſten iſt/ da ſteigt man am eheſten daruͤber.17. Theſ. Ich laß dich neu kleiden/ wann es geht wie du
ſagſt.18. Flor. Danck hab Gnad Herr. Schicke du dich in die Zeit/ ſo wird ſie
ſich auch zu dir ſchicken.19. Fier. Sihe meine Hand hier/ und ſage mir Gluͤck/ daß meiner Tugend
gemaͤß ſey.
|| [392]
20. Alaͤg. Ich muß zuvor das Silber ſehen. Alles umb das Geld/ nichts
umbſonſt.21. Fier. Hier iſt das Silber an meinem Degen/ welcher die Berge
zerſpal= tet/ daß ich ſo viel Gold und Silber/ als ich haben will/
herausnemen kan.22. Phil. Unter dem freien Himmel/ biegt ſich kein Balcken.23. Alaͤg. Er wird ſein Geld gewiß keinem Tauben leihen.24. Lid. Es iſt nicht alles Gold/ was glaͤntzet.25. Phil. Das hilfft nicht zum Handel/ Geld iſt eine gute Wahr/ hilfft Som=
mer und Winter.26. Fier. Hier haſt du einen Kreutzer/ laſſe dir ihn meintwegen
ſo lieb ſeyn als ein groſſes Orientaliſches Perlen/
wie ein Taubeney. Ich bin dem Geitz feind/ die Milde gibt ſich reich/ der Geitz
nimbt ſich arm. Was hilfft viel Geld in der Kuͤſten haben/ wann
der Teuffel den Schluͤſſel darzu hat. Der Geitz iſt ein
ſelbſt eigene Stieffmutter.27. Ph. Fuͤrwar dreiſſig Kreutzer/ und dieſer Hauptmann
gehen nicht leicht [393] lich
zu einer Thuͤr ein: zu Haus iſt er wol reich/ er weiß aber nicht/ wo er
da= heim iſt.28. Alaͤg. Mein Gnad Herr/ dein Vatter und Mutter ſind fromme Leut ge=
weſen/ haben aber nichtswerte Kinder gehabt. Du haſt ein enges
Gewiſſen/ daß man mit einem Fuder Heu dardurch fahren koͤnte. Du
biſt jedermans Freund/ wie der Fuchs der Huͤner. Dein Mangel iſt/
daß du gar zu Grosmuͤ= tig biſt/ wie ein Loͤw der mit einem
Haaſen ſchwanger geht. Die du im Krieg erſchlagen haſt/
befinden ſich bey gutem Zuſtand. Du biſt ſtarck wie
Samſon/ und die Balcken buͤgen ſich von deinen Worten/ haſt
jederman zu befehlen wie ein Gefangener/ und biſt deinen
Fuͤſſen dein Leben ſchuldig.29. Phil. Landsmann/ ſchmeckſt den Braten?30. Feir. Hoͤrdu Wetter macherin: Wann mir das in der Hand geſchrieben
ſtehet/ ſo iſt gantz unvonnoͤhten/ daß du es
lieſeſt.31. Alaͤg. Du biſt verliebt/ aber nicht geliebt. Die Jungfrau/ die dir
beſchert iſt/ ligt noch in der Wiegen/ und die du dir auserſehen
haſt/ iſt gegen dich von Lieb entzuͤndet wie ein gemahltes
Feur.
|| [394]
32. Fier. Kinder und Narren ſagen die Warheit/ zu dem erſten biſt
du zu Jung; zu dem andern geſcheid genug. Hoͤre Altmutter/ iſt
dieſe rechts oder lincks deine Tochter?33. Alaͤg. Ich weiß es nicht anderſt/ und kan es hier mit dem Vatter
erweiſen.34. Theſ. Ja/ ſie waͤre weiß genug zu einer Muͤllers
Tochter/ und ich glau= be nicht/ daß ſie einen ſolchen Nachtfarben
Schlotfeger zum Vatter habe.35. Lid. Wilt du es nicht glauben/ ſo maure es.36. Fier. Ich muß ein wenig mit dieſer Zuͤgeinerin Sprach halten. Wann
man keine Falcken hat/ muß man mit Eulen beitzen.37. Lid. Nachtbar mit Raht.38. Ph. Was gilts/ er wird den Wirt zu Haus finden/ ſie wird ihm Korn umb
Saltz geben; Lieb kaufft man mit Loben nicht.39. Alaͤg. Ein Puͤffel faͤngt kein Fuchſen.40. Fier. Ihr doͤrfft nicht ſo eifern/ wie zween Hund/ die an einem Bein
na= gen. Ich will kein Stuck von ihr beiſſen. Es ſoll ihr mein
gravitaͤtiſches Ge= ſpraͤch ohne Schaden ſeyn.
|| [395]
41. Alaͤg. Man friſt die Thier nicht/ die Zoͤpff tragen.42. Fier. Ich will ihr ſechs paar dutzent Wort ſagen/ darnach
moͤcht ihr hin= lauffen/ wo ihr herkommen ſeyd.43. Lid. Man muß zugeben was man nicht verkauffen kan.44. Fier. Schoͤne Zuͤgeinerin/ ich liebe euch mehr als meinen Degen/
welcher ein Uberwinder iſt alles/ deſſen er ſich
unterwindet. Eure Augen ſind wie die Feurſpiegel Archimedis/ ſie
haben die hohen Segel meiner Gedancken in Brand gebracht/ daß ich nicht weiß das
Steurruder meines Verſtands zu regieren.45. Flor. Der Schuhmacher ſolle bey dem Laͤiſt bleiben. Denn
Luͤgen iſt die erſte Staffel zum Galgen.46. Fier. Wer ſpringen will/ geht hinterſich/ wer ſich will loben
hoͤren/ nimt ſich deß Lobs nicht an. Dann die Tugend/ ſagt man/
kennet ſich ſelbſten nicht. Was ſoll aber der Roſen
der Geruch/ wann man ſie nicht bricht?47. Flor. Laſt ihr Viere gleich ſeyn/ wenn ihr nach einem guldenen Wagen
[396]
trachtet/ ſo koͤnt ihr wol ein huͤltzernes Rad bekommen. Aber mich
laſt gehen/ ich muß eine Nonne werden.48. Fier. Wolt ihr mir einen Kuß verſagen?49. Flor. Warumb das nicht? einen Polſter darzu. An ſchwartzen
Keſſeln kan man ſich nicht weiß brennen.50. Fier. Ihr habt jetzt die Ehre mit einem groſſen Dietrich von Bern/
ei= nem vortrefflichen Helden zu reden.51. Flor. So macht euch zu der rauhen Elſen/ und nicht zu mir.52. Fier. So ihr mich lieben wolt/ ſo werdet ihr unter den
Gluͤckſeligen Prin= teſſinen auff dieſer Welt/ die
aller Gluͤckſeligſte ſeyn.53. Flor. Ich meſſe mein Gluͤck nicht nach fremder Elen.54. Fier. Mich bedunckt/ ihr ſehet mich fuͤr einen andern an/ als ich
nicht bin.55. Flor. Man kennet den Vogel an den Federn/ wer euch kennet/ der kaufft euch
nicht.56. Alaͤg. Es iſt die Laugen umbſonſt auff deß
Eſels Kopff.
|| [397]
57. Fier. Ihr ſeyd ein rechter Wildfang/ man muß lang reden/ biß man euch
einen Beulen redet: Bedenckt euch beſſer/ eheihr Nein ſagt. Nun
ſchweigt ihr ſtill. Wer ſchweigt/ ſagt/ Ja darzu.58. Flor. Mit Stillſchweigen kan man viel verantworten. Ich ſolle ihm a=
ber antworten nach ſeinem hohen Verſtand/ und ſage Nein/ einmal
fuͤr alle mal. Wann ihr nicht mehr koͤnt/ ſo ſehet
ſaur darzu.59. Fier. Hoffnung mich erhaͤlt/ wann mich Ungluͤck faͤllt.60. Flor. Wer ſeine Sache auff Nichts ſtellet/ dem kan es nicht
fehlen.61. Fier. Habe ich den Schaden/ ſo darff ich umb das Geſpoͤtt
nicht ſorgen. Gute Nacht mein Schatz/ ihr ſolt mich noch heut
hoͤren/ weil ihr mich jetzt nicht ſehen wolt.62. Alaͤg. Laſt uns unſern Fuß weiter ſetzen. (gehen
ab.)63. Theſ. Nun wolan/ Herr Hauptmann/ haben uns die Zuͤgeiner tan-
quam ex Machina die Meinung geſagt?64. Fier. Es iſt kein Herren Gebot/ daß man ihnen glauben muß.
|| [398]
65. Mac. So es aber geſchicht/ ſo iſts gewiß.66. Th. Zuͤgeiner ſind keine Evangeliſten/ und ihre Wort
ſind keine Glau= bensartickel; aber doch will ichs fleiſſig
mercken/ was ſie mir von meiner Toch= ter geſagt haben/ wann ichs nicht
vergeſſe/ wider meinen Willen. Fides ſit pe- nes Autorem.67. Fier. Es ſind Landfahrer/ heut hier/ morgen anderswo/ Luͤgen
iſt ihr Handwerck/ und dieſe Leute ſind nirgend
beſſer als wenn ſie zwiſchen Himmel und Erden im Lufft
ſchweben.68. Theſ. Ich trinck was klar iſt/ und glaub was waar iſt. Ich
will unter deſ= ſen das Boͤſe annemen/ biß es
beſſer wird. Adhuc cœlum volvitur. Gluͤck und
Ungluͤck/ ſind einander zur Ehe geben. Hiermit guten Abend/ Herr
Hauptmann. (gehen ab.)69. Fier. Seyd ich dieſe Zuͤgenerin erſehen/ befinde ich
groͤſſere Liebesflam= men/ in meinem Hertzen als in dem Berg
Ætna. Es heiſt Kaͤs umb Butter/ eins umb das ander/ nichts
umbſonſt. Dieſe Zuͤgeinerin kan der Florindæ/ [399]
welcher ſie in allem gleichet wol die Schuhe austretten. Lieb erwirbt Lieb/ und
dringt durch Schild und Harniſch. Ich will ihr heut bey Nacht eine anſeh=
liche Nachtmuſic bringen.
Ein Wachtmeiſter mit zweyen Soldaten.
1. W. ICh bin die Stadt ausgelauffen/ wie einer der vor allen Thuͤren
bettelt/ und habe doch die Diebszunfft der erbaren Zuͤgeiner nicht antreffen
koͤnnen. Ich will ſie aber noch ſinden/ wann ſie nicht
entloffen ſind. Ich will ihnen wei= ſen/ wie theur das hundert komt:
ſie ſollen gewiß der Pyrn ſo genug haben/ als wann ſie es
mit Loͤffeln geeſſen haͤtten.2. Der 1. Sold. Sind die Voͤgel nicht entflogen/ ſo wollen wir
ſie ausne= men.3. Der 2. Sold. Sie ſollen fuͤr der Stadt/ in der Armen Haus zur Her=
berg ligen.
|| [400]
4. Wachm. Es gilt einen Thaler/ wir wollen die Mauskoͤpff fangen/ ohne
Mausfallen/ wann ſie allda ſeyn.5. Der 1. Sol. Wer etwas will erhalten/ der muß ſich darumb
bemuͤhen.
Fierebras/ die Muſicanten/ Philippin/ Alaͤgre/ der Wacht=
meiſter/ die zween Soldaten und Lidias.
1. Fier. LIeb iſt Sorgen/ und Unruhe voll/ darumb pflegt man zu
ſagen/ laſſe dir nichts belieben/ ſo kan dich nichts be=
truͤben. Aber doch/ wer wolte nicht Pyrn/ wann ſie ziſchen:
Die ſchoͤne Zuͤgeinerin iſt mit einem guldenen Griffel in
mein Hertz geſchrieben/ und habe ich ſolche meine Lieb/ welche
ſich ſo wenig als die Huſten bergen laͤſt/ in ein
ſchoͤnes Lied verfaſſet/ laſt euch hoͤren ihr
Muſi= canten.
|| [401]
2. Die Muſicanten (mit zweyen Spaniſchen Cytharn/ und einer Oberſtimm
oder Diſcant.)Vorſpiel. Nun die Lufft verfinſtert gantz/ und außfleigt der Sternen dantz/
Geſchwind. Langſam. Langſam.
in der Welt; Bringt zu ſeiner Sonnen Glantz/ manchen Sieg und Lorbeerkrantz
dieſer Held.
Langſam. Langſam.
|| [402]
3. Alaͤg. Hoͤre Siebenſchlaͤffer/ es gibt eine
Muſic.4. Phil. Gewiß hat die Lieb einem mit dem Narrenpfeil
geſchoſſen.5. Muſic. (Nach dem Vorſpiel/ welches ſie allezeit widerholen/ in
dem die zween Laquayen miteinander reden.)Wolt ihr wiſſen was er kan/
Schaut ſein groſſe Federn an/
Die bekant/
Daß ihr Schatten auff dem Plan/
Thut fuͤr zehen tauſend Mann/
Wid erſtand.6. Phil. Das laut wol und koſt nicht viel.7. Alaͤg. Wir halten uns Fuͤrſtlich/ haben die Muſic fuͤr der Thuͤr/ daß wir deſto ſanffter ſchlaffen ſollen.8. Muſic. Es ſteht all ſein Gluͤcksgewinn/
|| [403]
In der braun Zuͤgeinerin
Schoͤnen Hand.
Ach! die Liebs Waarſagerin/
Weiß wie ſeines Hertzens Sinn/
Sind gewandt9. Alaͤg. Es iſt gewiß der Hanß in allen Gaſſen der Fierebras/ und betrifft der Wechſelbrief Florindam an.10. Phil. Iſt ers? gute Nacht ich ſchlaff ſchon/ ſagt/ ihr ſeyd mit euren Hof= ſirets dar geweſen/ und mein Nachbar hoͤreuͤbel.11. Muſic: Schoͤnſte er liebt euch allein
Gebt nur euren Willen drein/
Bruͤnſtiglich.
Sehet er hat Martis Schein
Ihr ſolt ſeine Venus ſeyn/
Stet – – –
|| [404]
Die Schergen werden die Zuſammenfuͤgung dieſer Planeten (Conjuncti-
onem) verhindern.12. Fier. Ich hoͤre jemand/ oder es ſauſſen mir die Ohren/
als ob man von miꝛ redete. Wer da? Hier ſtehe ich wie ein Fels im Meer/
ich weiche niema
̅
d.13. Wach. Nun wollen mir ihnen den Brand wein verehren/ und die Gal=
genvoͤgel fangen/ wann ſie nicht verſcheut worden ſeyn.14. Fie. Wer da? Was Volck? Laufft oder ich will euch Steltzen machen.15. Wach. Was iſt das fuͤr eine Stimme von frembden Landen. Drollt
euch nach Haus/ ihr Nachtraben/ wiſſt ihr nicht/ daß jetzt Mitternacht
iſt/ und Morgen wider ein Tag.16. Fier. Befehle deinen Knechten und nicht mir/ oder ich werffe dich auff die
Erden/ daß du an den Himmel ſollſt widerprellen.17. W. Uber den Bach ſind auch Leut. Burſch ſchlagt drauff/ als
ob ihr naͤr= riſch waͤret. (die Soldaten ſchlagen zu.) Auff
dieſer Kirchwey gibt man ſoͤlchen Ablaß aus.
|| [405]
18. Der 1. Sol. Juckt dich der Buckel/ ich will dich kratzen.19. Der 2. Sol. Wer nicht will auff gantzer Hautſchlaffen/ ſchlaffe auff
der halben.20. Fier. (entlaufft und verbirgt ſich/ die Muſicanten entfliehen.)
fagend/ das heiſt Dorn ſaͤen und Barfuß gehen. Wo Forcht
iſt/ da eſt auch Ehre/ der da wei= chet/ kan ein andermal zu
ſchlagen.21. Wachm. Die Geſellen ſind wol zu Fuß.22. Der 1. Sold. Ha/ ha/ wie ſpielen ſie das Reißaus!23. Der 2. Sold. Ja ſie dencken/ Weit darvon iſt gut fuͤr den
Schuß.24. Wach. (Klopffet an die Thuͤr.) Es iſt ihnen nicht vermeint
geweſen/ wir wollen andere Voͤgel fangen.25. Phil. Wer da? Wer klopfft? gemach in das Dorff/ die Baurn haben
getruncken.26. Der 1. Sold. Gut Freund/ ich bins.27. Phil. Wer iſt Ich? Man laͤſt hier niemand herein/ der nichts
bringt. Ihr N achteulen ihr thut einen Metzgersrit.
|| [406]
28. Alaͤg. Die Leute ſehen Menſchenfangern gleich. Juncker/ man
will uns alle miteinander erhaſchen wie die Wachtel.29. Lid. (kombt her fuͤr/ und die Laquayen leuchten ihm.) Ich thue recht und
ſcheue niemand. Ach! Sihe/ biſt du es/ oder biſt du es nicht? Wo
kommen wir hier zu= ſammen? Willkomm Bruder. Ich haͤtte mich ehe deß
Todes/ als deiner ver= ſehen.30. W. Ich habe vermeinet/ lieber Bruder/ du habeſt einen Fernen gegeben.
Nun iſt wol das Sprichwort waar/ unverhofft geſchicht offt. Berg und Thal
kommen nit zuſammen/ aber wol gute Freund. Deine Geſundheit iſt
mir lieb.31. Lid. Wie gehts? Wie ſtehts? Was haſt du hier zu verrichten?32. W. Es muß alſo gut ſeyn/ biß es beſſer wird. Ich
ſuchte Zuͤgeinergeſind= lein/ die ſich etliche Tage hierumb
bekant gemacht haben wie die boͤſen Pfen= ning. Ich ſuchte ein
anders/ und fande ein anders.33. Lid. Du haſt wol nicht weit gefehlet/ aber haſt es doch nicht
getroffen. Es iſt noch nicht lang/ ſo haben wir einen ſolchen
Auffzug gebraucht/ dem Herꝛn [407]
Doctor Theſauro ein Stuͤcklein aus der Gauckeltaſchen zu
ſpielen; und iſt die Sache ſehr wol eingefaͤdelt worden.
Wir haben ihm einen blauen Dunſt fuͤr die Augen gemacht/ daß er in eine
Heuratwilligen doͤrffte/ darvon er nichts har wiſſen oder
hoͤren wollen.34. W. Ich kan mich ſo ein wenig in Handelſchicken/ als ein Eſel
zu der Sackpfeiffen.35. Alaͤg. Das iſt unſers Volcks. Willkomm ihr Herꝛn/
waͤret ihr ehe kom= men/ ſo haͤttet ihr mit uns
geeſſen: Aber zu trincken koͤnnen wir euch geben.36. S. Es iſt wol ſpat/ wir kommen aber noch zu recht/ tragt auff was
theur iſt/ der Wirth muß borgen. (gehen ab.)37. Fier. (allein/) Wo ſind die Bracher hinkommen? ſie ſind
geloffen/ wie ein Schuſter/ der den Marck verſaumt hat. Man muß den
Bauren ihre Kirch= wey laſſen/ und aus der Noht eine Tugend machen. Wie
bin ich entwichen? nicht ihnen/ ſondern mit einem unuͤberwindlichen
Gemuͤte weiche ich der Wi= derigen Fortun/ welche mir nicht mit
gebuͤhrender Ehrerbietung entgegen [408]
kommen iſt. Allzuſcharff macht ſchartig. Es iſt in anderer
Ohren zu ſchnei= den; wie in einen Filtzhut/ und das Lauffen halte ich billich
fuͤr einen kurtzen Auszug/ wann das Gluͤck einem den Zins
auffſagt. Ich weiß meinen Zorn mit Verſtand zu
maͤſſigen: Dann ſo ich Fuß gehalten/ haͤtte ich unter
dieſen ſterblichen Menſchen eine Suͤndflut/ von
Blutſtroͤmen anrichten muͤſſen. Ich mageniemand
ſchlagen/ der ſchwaͤcher iſt als ich. Es iſt
beſſer ſo: Die Urſach iſt der Muͤhe nicht
werth. Lieb haben und nicht genieſen/ das moͤcht weiß nicht wen
verdruͤſſen. Jungfrau Lieb iſt ein fahrend Haab/ heut Lieb
morgen Gchab= ab. Weil ich alſo zwiſchen zweyen Stuͤlen
nidergeſeſſen bin/ ſo will ich dem Liebsgoͤtzen/ der
mich durch die Hechel zu ziehen vermeinet/ ein Abſagbrief ſchi= cken/
mein Degen iſt laͤnger als er und ſeine Pfeil; und will mich wider
begeben zu der Ehrwerbenden Martialiſchen Stuͤck= Pulver= Bley= Spieß=
Degen= ruͤhmlichen Handthierung. Jungfrauhertzen zu erobern iſt meines
gleichen ſchimpfflich. Feſtungen/ wie der Turn Babel geweſen/
beſteigen/ bringt un= ſterblichen Namen.
|| [409]
Der Wachtmeiſter/ Alaͤgre/ Philippin/ Lidias/ Florinda/
Theſaurus/ Aliſon/ Macea.
1. W. DAs Hembd iſt jedem naͤher als der Rock/ es iſt jeder ihm
die nechſte Treu ſchuldig. Wer reut/ der reut/ wer leidt/ der leidt.
Hat Fierebras viel zu fordern/ ſo mag er es ſuchen. Der Kinder Weinen/
macht die Frauen ſingen; Was ihm abgeht/ geht dir zu/ haſt du aber bey
dem Herrn Doctor den Brey verſchuͤtt/ ſo wollen wir ſelben
wider einfaſſen.2. Lid. Alles hat ſeine Zeit. Die Lieb weiß viel Abwege. Es kan nicht allzeit
gleich zugehen/ geſchehen iſt geſchehen/ man muß das Beſte
und nicht das Boͤſte darzu reden.3. Alaͤg. Beſchert bleibt ungewehrt. Was einem unſer HErr GOtt
gin= net/ das kan S. Peter nicht hindern.
|| [410]
4. Phil. Es laͤſt ſich nicht eine jede Warheit ſagen/ aber
es iſt doch waar/ wen
̅
die Huͤner brutig ſeyn/ ſind ſie beguͤrig zu den
Eyren.5. Alaͤg. So geht es zu in der Welt/ einer hat den Saͤckel/ der ander
das Geld/ einer hat es gehabt der ander haͤtte es gerne.6. Lid. Was ſeyn ſoll/ das ſchickt ſich wol. Aber doch/
ich habe den Sack/ wo iſt das Geld? Ich wolte mich gerne waͤrmen/ kan
aber nicht zum Ofen kom
̅
en.7. W. Von einem Streich faͤllt kein Eiche. Es iſt beſſer
ein kleiner Zorn/ als ein groſſer Schade. Laß uns zum H. Doctor gehen/ er
iſt mein alter Freund/ ich habe macht ein Wort mit ihm zu reden. Was gilts/ wir
wollen deß Kauffs eins werden.8. Alaͤg. Nichts ohn Leikauff; es muß darbey getruncken ſeyn/
ſonſten iſt kein Gluͤck darbey.9. Phil. Du biſt ein naſſer Bruder.10. Alaͤg. Es hebt der Rauber dem Brenner auff. Wir tragen an einer
Stangen/ und ſind wie vier Hoſen eines Tuchs.
|| [411]
11. Phil. Ein Statzler verſteht den Stammler.12. Flor. Nun wird man uns den Beſcheid anzeigen. Ich zittere/ wie das
Gras an Baͤumen.13. Lid. Wer ſich fuͤr den Funcken fuͤrchtet/ der gibt keinen
Schmid. Hart/ wider hart. Wie man in den Wald ſchreiet/ ſo lautet es
wider.14. W. Ich will dieſer Hacken wol einen Stihl finden/ laſt mich
machen.15. Phil. Schaut doch! dorten geht unſer Mann. Wie ſchickt es
ſich ſo fein/ wie ein Fauſt auff ein Aug.16. Flor. Das iſt ja mein H. Vatter/ wann ich and erſt nit
ſchneeblind bin/ wie die Huͤner.17. Th. Es traumt mir/ ich haͤtte an Statt meiner Tochter zwey Kinder ge=
funden. Nun je mehr/ je beſſer. Das Gute kan nichts Boͤſes
bedeuten. Spe- ramns meliora. Viel Kuͤhe/ viel Milch.18. Wach. Der Traum Herr Doctor ſolle waar werden/ hier iſt eure ver=
lohrne Tochter/ hier iſt euer Sohn.
|| [412]
19. Th. Freud und Leid ſind nahe Nachbaren. Eſt aliqua rerum humana-
rum viciſſitudo. Willkomm Florinda aus frembden Landen! Iſt an
andern Orten auch gut Brod eſſen? Wie gehts? Was gibt es
neues?20. Flor. Es waͤre leider ſchlecht genug abgelauffen/ ſo nicht
dieſer Edelmann hier zugegen ſich meiner ſo eifertg angenommen
haͤtte. Ich meine/ es habe Hel= leparten geregnet Jedoch iſt Philippin
auch noch mit dem Leben darvon kom= men/ weiß nicht wie.21. Phi. Ja/ die Rauber haben mir Arm und Bein entzweyſchlagen wol= len/
und hernach auff die Galleren ſchmiden/ ſo uns dieſer Herr hier zugegen
nicht einen Reutersdienſt geleiſtet haͤtte.22. Th. Je boͤſerer Schalck/ je beſſer Gluͤck. Wer
moͤgen aber die Dieb ge= weſen ſeyn?23. Phil. Wer kan es wiſſen? Es iſt Stockfinſter
geweſt. Die Dieb ſehen aus wie andere Leute.24. Lid. Wir haben nachgefragt/ aber noch viel/ noch wenig von ihnen ver= nehmen
koͤnnen.
|| [413]
25. Flor. Wer will die Lauffenden an der Ferſen kennen.26. Th. Ich will der Mutter ruffen/ ſie wird fuͤr Freuden einen Sprung
thun/ wie ein Flohe im Ohr.27. Phil. Wenn es ſo zugeht/ ſo gibt es eine friſche
Hochzeit.28. Th. Nun wolan/ weil ihm der Herr die Jungfr. gut genommen hat/ ſo
behalt er ſie gut. Er ſeye mein Sohn/ ich will ſein Vatter
ſeyn. Poſt nubila Phœbus. Nach dem Nebel ſihet es fein
aus.29. Lid. Herr Vatter/ es bleibt darbey. Einmal fuͤr alle mal. Ein Wort
iſt ſo viel als tauſend.30. Alaͤg. Aliſon/ ich kuͤſſe dir die
Fusſohlen/ weil das Handkuſſen ſo gemein wird. Ach! wie
haſt du liebliche Augen/ wie ein verbrente Spahnſau. Was gibſt du
Botenbrod? Dein Heurat iſt widerkommen/ kennſt den Eſel noch?31. Alaͤg. Du kombſt eben fuͤr die rechte Schmitten/ du
ſollſt Eyr nach Spa= tzen werffen. Fragſt du mich aus dem
Finckenritter/ ſo will ich dir aus deß Eulenſpiegels Vorrede
antworten.
|| [414]
32. Wach. Was geſchehen iſt/ kan man nicht aͤndern/ keine
Suͤnde iſt oh= ne Vormund. Fromme Leute zuͤrnen nicht lang. Man
kan nicht alles zu Boͤltzen drehen.33. Theſ. Nun Herr Lidia/ Ich gib euch das beſte und
ſchlimſte von meinen Kindern. Unicam filiam. Meine einige und
liebſte Tochter. Der Eheſtand iſt ein Ehrenſtand und
Weheſtand. Es iſt nichts koͤſtlichers auff der Erden/ als
ein frommes Weib/ wem es iſt beſchert.34. Lid. Ich bedancke mich Herr Vatter/ und kan mit Warheit ſagen/ die Ehe
werde im Himmel geſchloſſen/ und auff der Erden vollzogen.35. Mac. Ach meine arme Tochter/ biſt du wider zu Land kommen? Wie hat
dich die Sonne ſo verbrennt? Du haſt eine andere Naſen mitgebracht.
Ey kenneſt du unſer alte Katznoch? Sihe/ der Hund weiß/ daß du in das
Haus gehoͤrſt. Mein Hertz thut fuͤr freuden Pipoapp wie ein
Sichenſchloͤtterlein.36. Alaͤg. Man ſolte aber den andern Theil auch hoͤren. Wo
iſt der Haubt= mann Fierebras.
|| [415]
37. Theſ. Er gibt einen Soldaten zu Friedenszeit. Der Landbetruͤger und
Leutbeluͤger hat mir eine rechte Naſen gedrehet. Ich habe ihn fuͤr
einen andern gehalten. Er iſt aber ein recht ſchlimmer Geſell/ ein
Auffſchneider/ ein Eiſen= freſſer/ der nichts als ungeheure
abentheurliche Luͤgen dichtet/ ein Exemplar von einem Halluncken nach dem
verjungten Maßſtab/ ſalvo jure addendi. Erfahrung iſt ein
ſcharffer Lehrmeiſter.38. Alaͤg. Ja/ der Meinung bin ich allezeit auch geweſt/ es hat bey ihm
geheiſ= ſen/ freche Rede/ zage That: Haͤtte ihm eine jede
Luͤgen einen Zahn eingeſtoſ= ſen/ er waͤre
vorlaͤngſten Hunger geſtorben.39. Ph. Ich habe ſchon lang gewuſt was er im Schild fuͤhrt. Es
iſt ihm bey verfloſſenem harten Winter das Hirn erfroren/ daß er
es in den Hundsta= gen nicht hat wider koͤnnen zu recht bringen.40. Mac. Nun will ich ſo bald muͤglich auff die Hochzeit zurichten/ es
ko= ſte was es wolle.
|| [416]
41. Theſ. Ey Frau/ man muß Faſtnacht halten/ daß man umb Oſtern
und Weihnachten der Zeit auch kan ihr Recht thun.42. L. Fr. Mutter/ wir haben den Unkoſten erſparet/ und uns beede
ſchon verehelichet. Es iſt ſchlecht und gerecht zugangen/ wie bey
armen Leuten.43. Th. Was man erſpart/ iſt ſchon gewonnen. Nun komt herein/ wir
wol= len einen als den andern Weg luſtig ſeyn. Finis coronat Opus.
Das Werck lobt den Meiſter: Iſt das Ende gut/ ſo iſt
es alles gut!
|| [ID00439]
Springende Klingreimen. An den wolmeinenden Leſer.
WIe prauſet deß Hauptmanns hochſteltzendes Reden!
Wie ſauſet das Doctriſche Pantzerlatein!
Wie aͤchtzen die beede von lieblicher Pein.
Wie lechtzen die Jungen von durſtlicher Bloͤden!
Manpruͤferdie Nachtbarn in Unfall und Feden!
Wie kiefet die Doctrin und haͤckelt ſich ein!
Doch findet ſich endlich der Handel gar fein/
Und bindt ſich durch dolle Zuͤgeiner ohn toͤden.
Beliebet dir Leſer/ deß Spielenden Spiel/
(Der ſtetig ſich muͤhet was neues zu dichten/)
Geuͤbet/ komm lauffe nach gleichenden Ziel,
Er achtet begierig der Ruͤhmlichen Gunſt/
Anſihet auch lachend das hoͤhniſche Richten;
Er trachtet erinnert nach mehrerer Kunſt!
Zum Beſchluß dieſes Werckleins Chimeriſiret
Von dem Spielenden.
|| [ID00440]
I. Ordnungsregiſter der Geſpraͤchſpiel Andern
Theils.
Spiel.
LI. Von dem Sinnbild der Geſpraͤchſpiel.
LII. Von den Auslaͤndiſchen Genoßſchafften der Geſpraͤchſpiel.
LIII. Von der Figuren vielerley Umbſchrifften in den Sinnbildern.
LIV. Von Maͤngel und Verbeſſerung der Geſpraͤchſpiele.
LV. Von dem Widerhall. (Echo.)
LVI. Von Lob deß Weins.
LVII. | { Von den Zahlen. |
LVIII. | |
LIX. |
LX. Von den Planeten.
|| [ID00441]
Spiel.
LXI. Vom Lob deß Schattens.
LXII. Von den Zweiffelfragen.
LXIII. Von dem Schachſpiel.
LXIV. Von den Lehrgedichten. (Mythologiis.)
LXV. Von Tapetzereien.
LXVI. Von den neuen Maͤhren.
LXVII. Von der Muſen Geheimbuch. L’Arch vo delle Muſe.
LXVIII. | } Von bedieng gewieſer Buchſtaben/ deß { | M. L. |
LXIX. | SCH. |
LXX. Von frembder Woͤrter Teutſchen Burgerrecht.
LXXI. Von den Umbſchreibungen (circumſcriptionibus.
LXXII. Von deß Menſchen vortrefflichſten Sinne.
|| [ID00442]
Spiel.
LXXIII. | } daß viel beſſer ſey/ { | blind als ſehend ſeyn. | } Widermeinung geſetzt. |
LXXIV. | naͤrriſch als klug ſein | ||
LXXV. | ungeſtalt als ſchoͤn ſeyn | ||
LXXVI. | arm als reich ſeyn. | ||
LXXVII. | Daß die Kranckheit der Geſundheit vorzuziehen ſey. | ||
LXXVIII. | Daß die Welt nicht ab=ſondern vielmehr zunehme. | ||
LXXIX. | Das die Leute heut zu Tag froͤmmer ſeyn als ſie vor Zei= ten geweſen. |
LXXX. Von den Europeiſchen Kauffmannſchafften.
LXXXI. Von den Tugenden der Jungfrauen.
LXXXII. Von zweydeutigen Woͤrtern.
LXXXIII. Von dem Buͤcherlos.
LXXXIV. Von den Weidſpruͤchen.
LXXXV. Von der Poeterey.
|| [ID00443]
Spiel.
LXXXVI. Vom Beding gewieſer Sylben.
LXXXVII. Von der Wortforſchung.
LXXXVIII. Von den Kraͤutern.
LXXXIX. Von den Bonen.
XC. Von deß Menſchen Alter.
XCI. Von der ſiebenden Zahl.
XCII. Von dem beſten Wunſch.
XCIII. Vom Nutzen deß Wachſes.
XCIV. Von Betrachtung der Bienen.
XCV. Von halben Circklen.
XCVI. Von der Muſic.
XCVII. Von Verwirrung der Sprachen.
XCVIII. Von den Geheimworten.
XCIX. Von den Naſen.
C. Von Dantz=Frend=und Schanſpielen.
|| [ID00444]
II. Inhaltsregiſter der Geſpraͤchſpiel Andern
Theils.
V. G. bedeut die Vorrede der Geſpraͤchſpiel oder die
Ubereigungs= ſchrifft.
V. S. Vorrede deß Schauſpiels.
V. Vorredners Eingang zum Schauſpiel.
Die Roͤmiſche Zahl allein bemerckt das Spiel/ wo zwo
Roͤmiſche Zahlen ſtehen/ bedeut die erſte die
Handlung/ die andere den Auffzug in dem Sprichwoͤrter Schauſpiel.Wo die Roͤmiſche Zahl allein ſtehet/ ſo handelt das gantze Spiel
darvon.Die gemeine oder Barbariſche Zahlen weiſen den § oder Abſatz: wo
ſie allein ſtehen/ ſo muß man die
nechſtvorhergeſetzten Roͤmiſchen Zahlen dar= zu
auffſuchen.Mehrere Erklaͤrung der Merckzeichen zuche (†) Eingangs.
|| [ID00445]
A.
Abweſenheitder Verliebten LIII. 3.Academien in Welſchland/ Hiſpanien und Franckreich LII.Achimenides LXXXVIII. 9.Aetiopide LXXXVIII. 3. 8.Ahas Sonnenzeigers Beſchreibung XCV. 4.Alter deß Menſchen LXXXX. werden durch die VII. Zahl gezehlt 1/ 2.
ꝛc.Altus zu Teutſch XCVI. 1.Amaltheæ Hoͤrner LIV. 2.Argwohn I. V. 32.Armut LXXVI. wird gelobt wegen Befoͤrderung zur Frombkeit und Gott=
ſeligkeit/ 3. 7. zu Erfindung der Kuͤnſten/ Fleiß und Handarbeit/
5. 6. we= gen Sicherheit/ 2. wegen Befreiung vieler Sorgen/ 7. wird beſchrieben
III. III. 26.Artus Hof II. I. I. 64.
|| [ID00446]
Anwaltſchafft der Eheverloͤbniß LXV. 18.Angen Bedeutung und Beobachtung LXV. 9. LXXII. 2. LX. IV. 2. Farben deß Augapffels
LXXIV. 2.Augſpurger Einlaß II. III. 69.
B.
Babel XCVII.Bacchus und Cupido. LXXXV. 18.Bali LXXXIX. 3. 10.Baraas LXXXIX. 3. 12.Baſſus zu Teutſch XCVI. 1.Baſtard/ ob es ein teutſches Wort? LXX. 6.Bauren Kirchweih III. V. 36.Bekant ſeyn III. V. 31.Berg LXXXII. 3. 4. 5. 6. 7. 8.Beſchreibungſpiel LXXI. Beſchreibung Ahas Sonnenzeigers XCV. 4.
[ID00447]
einer alten Frauen LXXV. 9. eines Beutels LXXI. 2. einer Brillen 11. der Kohlen 4.
deß Rauchs 3. deß Regenbogens 5. XCV. 2. einer Stoͤr= chin LXXI. 8.Beſondere Arten zu reden LXX. 13.Beſondere Gerichte II. III. 39.Betrachtung der Tapetzerey LXV. jedes Stucks abſonderlich/ von 26. biß 69.
und in Gegenhaltung aller Theil ins gemein von 69. biß 74.Bien XC. ihr Frucht 9. ihr Gehoͤr 12. Geſtalt 11. ihr Deutung ꝛc.
Koͤnig= liche Regierung 9. Stimme 13.Blemmyi LXXIII. 7.Blindheit LXXIII. wird gelobt wegen Befoͤrderung deß Gedaͤchtnuß 2. und
Ruhe deß Gemuͤts 3. wegen Vergleichung mit der Lieb 4. wegen vie= ler
Erſparnus 5. wegen der Gerechtigkeit 6.Boͤgen der Gewoͤlb XCV. 5. ihre Deutung 6.Bonen Vergleichung mit den Geſpraͤchſpielen LXXXIX.
|| [ID00448]
Boͤſe Geſellſchafft I. VI. 22.Buͤcherbildnus am 268. Bl.Buͤcherlos. LXXXIII.Buchſtaben bedingen LXVIII. LXIX.Buchſtab M. und ſeine Deutung LXVIII. 1.Burgerlicher Krieg III. 34.
C.
Cameel LXXVI. 3.Campirn LXX. 9. 10.Canoniren LXX. 9. 10.Cavalier LXX. 12.Circuls Betrachung XCV.Compagnie LXX. 12.
D.
Dactyli zu Teutſch LXXXVI. 3.
|| [ID00449]
Dame LXX. 12.Dantzſpiel C. von einer Paſteten 3. von Trachten und Jahrszeiten 5. von
der Warheit Obſieg 4.Demut III. III. 43.Dianæ Bogen XCV. 3.Diſcant zu Teutſch XCVI. 1.Drey LVII. 6. 12. 18. Dreyſylbige Woͤrter LXXXVI. 2. 3. ꝛc.Dreyzehnſylbige Reimen LXXXVI. 3.Durſt II. III. 30. 31. † im T. Trincken Durſtes Hochzeitlader II. III.
72. 73.
E.
Ebræiſche Sprache gleichet der Teutſchen an Alter und
Stammwoͤrtern LIV. 7. 9. LXXXVIII. 8. in den Stimmbuchſtaben LXXXV. 4. in
der Rei= menart LXXXV. 4.Echoſpiel LV. ſeine natuͤrliche Urſachen 27.Ehe/ was es fuͤr ein Wort? LXXXVIII. 13. 14. 15. Ehehafften 16. ꝛc.
|| [ID00450]
Eheleut Einigkeit l. Vl. 19. 20. Keuſchheit LXVll. 8. Nahrung und Haus= halten l.
Vl. 21.Eheſtands Betrachtung LXVl. 9. Gluͤckſeligkeit lll. Vl. 33. 34. Sinnbild
Llll. 3.Eifern lll. lll. 37.Einbildung der Jugend l. Vl. 37. 38. Eines Spaniſchen Doctorandens LXXIV. 7.Eilffſylbige Reimen LXXXVl. 3.Eins LVlll. 4. 10. 16.Einſamkeit Schade LlV. 16.Einſylbige Woͤrter LXXXVl. 1. 2. 3. ꝛc.Epheu LXXXlX. 2.Erſchaffung der Welt XCl. 1.Eſelarbeit zu Hof. LXV. 48.Eſſen ll. lll. 46. 51. † Maͤſſigkeit.
|| [ID00451]
Euclides Beweiß und Gefaͤngſchafft im Parnaſſo LXVlll. 7.
F.
Fabeln †. Lehrgedicht.Figurliche Reden V. S. 3.Firmament LXX. 15. 16.Frantzoͤſiſche Reuter LXXXl. 11. Saltz/ Wein und Getraͤid
16.Franckreich iſt eine feine Speißkammer LXXXl. 21.Frechheit im Reden lll. Vl. 38.Freſſerey ll. lll. 12.Freunde XC. 7. lV. 13. I. V. 16. Freund Beſtaͤndigkeit ll. l. 1.
falſche Freunde III. III. 27. Freundehuͤlff ll. ll. 7. 19.Freudenſpiel C.Freien LXXXVlll. 9. 10. 11.Froͤlichkeit LXXXVl. 10.Fromkeit heut zu Tage LXXVlll.
|| [ID00452]
Fruͤe auffſtehen I. IV. 5. 6. I. V. 1. 2. 3.Fruͤling XCV. 20.Forcht I. V. 12. 13. II. III. 9. III. VI. 12. 13. deß boͤſen
Gewiſſens LXVIII. 27Fundament LXX. 15. 16.Fuͤnff LVII. 8. 14. 20.
G.
Gebet LIII. 4.Gefaͤhrlichkeit I. I. 1. 3.Geheimbuch der Muſen LXVII.Geheimwort XCVIII.Gehen I. IV. 5.Gehoͤr wird gelobt LXXII. 4. von dem Gehoͤr der Bien/ deß Loͤwens/ der
Hund ꝛc. XCIV. 11.Geitz III. III. 25.Gelothophilida LXXXVIII. 7.
|| [ID00453]
Geld LXVlll. 7. Geldmittel LXVlll. 9.Gelegenheit l. Vl. 1.Gemuͤtsregungen/ wie ſie zu bemercken? LlV. 3.Gerechtigkeit ll. ll. 10.Geruch LXXll. 5.Geſchicht Unterſchied LXV. welche in Teppicht zu bilden 16. welche nicht
wol zu mahlen 15.Geſellſchafften l. Vl. 22. lll. Vl. 9. 10. LlV. 6. 11. in
Welſchland/ Franck= reich und Hiſpanien Lll. 8.Geſchicht iſt nicht der vortrefflichſte Sinne LXXll. 1. 2. 3. 7.
verhindert die Gedancken LXXll. 3. † Blindheit.Geſchwaͤtz LlV. 11.Geſparſamkeit B. S. 5. ll. lll. 65. lll. Vl. 34.Geſpraͤchſpiel Abſehen LlV. 25. 26. († Die
Schlusermahnung) Unter= ſchiedliche Maͤngel LlV. 3. 6. 10. 12. 24. werden
beantwortet LlV. 4. 7. 11. 13. 25. Unterweiſung LlV. 27.
|| [ID00454]
Geſundheit I. IV. 1. Schaden LXXVll.Gleichnis V. S.Gluͤck ll. lll. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Gluͤcksmaß lll. lll. 10. lll. Vl.
22.Gottes Gnade XC. lll. 3.Griechen eifern uͤber ihrer Sprach V. G.Grosſprechkunſt. † Fierebras Auffzuͤge in der Zugabe.Gut Gewiſſen XClll. 4.
H.
Habitus zu Teutſch LlV. 18.Herbſts Lob XCV. 24.Hiſpanier Grosmuͤtigkeit LXXXl. 12. Gold/ Gewehr und Pferd LXXXl.
17. ihr Land iſt die Cron von Europa LXXX. 6.Hoffen auff Gott LXVll. 4. auff Gluͤck lll. lll. 44. 56. 65. LXVll. 4. 5.Hofleut mit Undanck belohnt XCV. 6.Hoͤflichkeit LXlV. 3. 4. 5.
|| [ID00455]
Hoͤnig XClll. 10.Hunger l. lV. 6. 8. ll. lll. 10. ll. lll. 14. 37.
J.
Jambi zu Teutſch LXXXVl. 3.Jungfrauen huͤten l. V. 18. 38. 40. lll. Vl. 4.Jungfraͤuliche Tugenden LXXX. und LXXXII. Reichthum
̅
2. Verſchwi=
genheit 3. Verſtand 4. Einfalt 5. Schoͤnheit und Hoͤfllichkeit 5.
6.
K.
Kauffmanſchafften LXXXl. 24. 26.Keuſchheit LXVll. 6. 7. 8. 9. Sinnbild von der Keuſchheit Llll. 2.Kleidung LXXXV. 9.Kohlen LXXl. 5.Kranckheit wird gelobt LXXVI. wegen vermeidung der Suͤnden 2. wegen
unterweiſung zur Demut 3. wegen Erinnerung deß Tods 4. wegen Nutz der Artzt
und Apothecker 6. wege
̅
Unterricht zur Gedult 7. wie die Kranck= heiten aus der
Tagmerckung beurtheilt werde
̅
. XCl. 5.
|| [ID00456]
Kraͤntz LXll. 1. derſelben Unterſchied bey den Roͤmern
Lll. 5. in Einfaſ= ſung deß Sinnbildes.Kraͤuter/ welche wunderſame Wirckung haben LXXXVlll.Kriegs Beſchreibung V. G. Krieg vorzeiten und heunt zu Tag werden
verglichen LXXlX. 7. Buͤrgerliche Krieg lll. 34.
L.
Lade deß Bunds mit dem Eheſtand verglichen LVl. 9.Landtafel LXV. 5. 8. eine beſondere Art derſelben 9.Lateiniſcher Sprache Mißbrauch lll. 1. 6. 7. Verſchimpffung LlV. 16.Lauffen l. lll. 7. 8. 9. lll. V. 20. 21.Lebenslaͤnge deß Menſchen LXXIX. 6.Lernen LXXXV. 8.Lehrgedicht LlV. von der Amalthee Horn oder Koͤchern 1. vom Hirſchen
und dem Jaͤger 2. von Phœbo und Caſſandra 3. von Bien und
der Spin= ne 4. vom Eheſtand und dem Heuratgut 5. von der Schoͤnheit
LXXV. 7.
|| [ID00457]
Lehrſpruͤche LXVll. und V. S. 4.Leikauff trincken lll. Vl. 8.Letzterwillen eines Reuters LXVlll. 3. Eines Falconiers LXVlll. 4.Lieb und der Tod LXVlll. 5. 9. Liebskrieg LXXXV. 15. lieben machen XCV. 12. 14.
Liebswirckung I. V. 34. lll. lll. 66. lll. V. 1. Lieb weiß Abweg lll. Vl. 2.Lieder XCV. vom Fruͤling 20. vom Sommer 22. vom Herbſt 23. vom
Winter 25. vom Trincken ll. lll. 81. Spaniſches Nachtlied lll. lV. 2.
ꝛc.Lob deß Schattens LXl. deß Weins LVl. der Schoͤnheit LXXV. lll. lll. 41.
43. ſich ſelbſt loben V. 1. andere loben lll. lll. 43.Liſtigkeit LXXlll. 3.Logica zu Teutſch LlV. 18.Loͤſen LXXXlV.Loͤwenhaut neben dem Fuchsbalg ll. Vl. 1.Luͤgen LXXXV. XCl. 4. lll. lll. 42.
|| [ID00458]
M.
M. in einem Sinnbilde LXVIII. 1.Mahlerey LXV. 2. Beluſtigung LXXV. Meiſterſtuͤck LXV.Maͤhr erzehlen LXV. 17. LXVI.Mannliche Reimen LXXXVI. 4.Marchiren LXX. 9. 10.Maͤſſigkeit I. IV. 6. 7. II. III. 74.Menſchen Leben LXXIX. 6. Groͤſſe 7. Verſtand und
Gedaͤchtnus 8.Meritiren LXX. 13. 14.Metaphyſica zu Teutſch Weſenkuͤndigung LIV. 18. am 33. Bl.
iſt verdruckt und heiſt Vernunfftlehre.Metall austheilen LXXXVIII. 1. ꝛc.Milde III. III. 25.Mitnaͤchtiſche Laͤnder LXXXI. nehren harte Voͤlcker 9.
Futterwerck 14. jhr Holtzwachs 19.
|| [ID00459]
Mondſchein XCV. 3. Mondsfinſternus/ Bilde der Verliebten Abweſen=
heit LIII. 3.Muſen Geheimbuch LXVII. 2. 9.Muſica XCVI. Muſicſpiel 1. Fragen von der Muſic 4. 5. 6.
7. 8. 9. Be= trachtung der Muſic und Vergleichung derſelben mit dem
Menſchlichen Coͤrper 10. Muſica eines Lauteniſten von
vielen Choͤrn LVI. 27.Mythologiæ LXII. † Lehrgedichte.
N.
Nachbarſchafft I. IV. 16. I. V. 13. 15.Nachfolg frembder Erfindungen C. 11.Nachſtellen III. lll. 1. 4.Nadeloͤhr LXXVII. 3.Nacht iſt niemands Freund I. II. 2.Nachtvoͤgel I. II. 6. 8. III. V. 26.Narren II. III. 55. 56. 57. 58. 59. 60.
|| [ID00460]
Narrheit Beſchreibung lll. Vl. 39. Wird gelobt LXXlV. 2. wegen Be= kantnus
der Warheit 3. wegen Befreiung von Sorgen 4. wegen Entfli= hung deß Ungluͤck 5.
wegen groſſen Vermoͤgens 6. weil der Menſchen Be=
ſchaͤfftigung darinn beſtehet 7.Naſenſpiel XClll. Fragen von den Naſen 7.
P.
Pedes der Reimen zu Teutſch LXXXVl. 2.Pfandloͤſung LXlll. mit Auffgaben und Fragen 10. XCV. 8. 9. 11. 12. mit
Singen XCV. 20. 22. 24. 26.Phaleuci LXXXVI. 3.Philoſophia Vernunfftlehre LlV. 18. am 33. bl. iſt in dem Text verdruckt
und heiſt Weſenkuͤndigung.
|| [ID00461]
Planeten LX. Ihre teutſche Namen/ Gemaͤlde und Eignungen 1. ꝛc.PLUS ULTRA LXVlll. 11.Poeterey LXXXV. iſt im Teutſchen den Ebræiſchen
nachzurichten 4. kan nach dem Lateiniſchen und Griechiſchen gezwungen
werden 3. Teutſches Reimenmaß 7. ungereimte Poeten LXXXV.
1. ihre Befreiung LXXX. 2.Potentia und Privatio zu Teutſch LIV. 18.Propheten unſerer Zeit lll. ll. 4.
R.
Rauchs Beſchreibung LXXl. 3. 4.Redlichkeit XClll. 2. ll. l. 1.Reichthums Verachtung †. Armut.Reimens Arten LXXXVl. 3. 4.Regensbogen Beſchreibung LXXl. 5. Bedeutung XC. V. 2.Renel. Vl. 17.
|| [ID00462]
Roͤmer eifern uͤber ihrer Sprache V. G.Rottirung/ wie ſie zu behandlen? LXVIII. 22.
S.
Sabbathjahr XCI. 1. 2.Sauffen II. III. 31.Von SCH anfangende Woͤrter LXIX. 1. 2. 3. 4. 5. 6.Schachſpiel mit lebendigen Steinen beſetzet LXIII. 14. wie man es
ſpielen ſolle 22. Fragen von Schachſpiel 11. 12. 13. 14. 15.
Streit uͤber den Schachſpiel entſtanden LXII. 9.Schatten
LXI. befeuchtet die Erden 2. dienet zu Mathematiſchen Abmeſ=
ſungen 3. gleichet dem Neid 4. iſt das aͤlteſte
Geſchoͤpff 5. iſt der Sonnen= Rechenmeiſter 6. hat die
Groͤſſe der Erden gelehret 7. Bilde der Ruhe 7. iſt bey
Feldſchlachten zu beobachten 7.Schauſpiel C. 8. 9. 10. 11. von der Geiſtlichen Schaͤferey 13.
von Sprich= woͤrtern † die Zugabe.
|| [ID00463]
See in der Welt ſind vier LVII. 13.Sechſe
LVII. 9. 15. 21.Sechstauſend Jahr der Welt LVII. 9.Seltzame Koſt II. III. 39.Serviren LXX. 13. 14.Schiff in der Welt LVII. 14.Schlaffen I. V. 21. II. III. 83. 84. 85. 86. 87. 88.Schoͤnheit Lob LXXV. 10. LXXVI. 1. †. Ungeſtalt.Schnackenreiſſer I. VI. 12.Schweigen V. 3.Sicherheit I. VI. 2.Sieben
XCI. Sieben Alter deß Menſchens LXXXX XCI. bedeutet Ruhe 1.
erinnert die Zeit wol anzulegen 2. die Zeiten der Welt 3. von Sieben ſa=
gen 4. Was es fuͤr ein Wort ſeye 6. von der ſiebenden Zahl eine
Auffgabe 9. 10. Siebene zehlen 14. 16. 17. 18.
|| [ID00464]
Sinnbild Uberſchrifft und Figuren mancherley Betrachtung LI. Llll. Aus=
laͤndiſcher Geſellſchafften Lll. von der Standhafftigkeit
5. von Geiſtlicher Verbindnus 2. von der Hoffnung 3. von der Weißheit 1. der
Fruchtbrin= genden Geſellſchafft Sinnbilde 5. von der Schoͤnheit
LXXV. 2. von der Poeterey LXXXV. 2. von Vertrauen auff Gott LXVll. 4. von den Buch=
ſtaben H. Lll. 7. von den Buchſtaben M. LXVlll. 1.Sinne deß Menſchen leicht zu betruͤgen LXV. welches der vornemſte
LXXll. 1. ob der Sinne fuͤnff oder mehr 6. 7.Sittſamkeit LlV. 6.Soldaten die ſtudirt haben LlV. 19.Sommer XCV. 22.Sonne Llll. ſiher nichts Neues 1. iſt in Bilde der Kenſchheit 2.
deß Ehe= ſtands 3. Menſchlichen Verſtands 4. Gottes Guͤte
5. Sonnen Macul 6. Sonnenlauff XCV. 2.Sparnus V. S. 5. lll. Vl. 43.
|| [ID00465]
Spondei zu Teutſch XXl. 3.Spotten lll. lll. 68.Sprachen aͤndern LIV. 9. Dolmetſchung V. S. 6. 7. Verwirrung XCVll.
1. erhalten und ausarbeiten V. G. fallen mit der Lehre und dem Regi= ment V.
G.Sprichwoͤrter †. Das Schauſpiel. Der Sprichwoͤrter
Abtheilung und Ei= genſchafften 2. 3. 4. Scribente
̅
4. Dolmetſchung
6. 7. 8.Spruͤche † Lehrſpruͤche im L.Stammwoͤrter LlV. 9. LXXXVlll. 8.Stadtſchreiber mit dem Kerbholtz LXVlll. 14.Sternen Dantz V. S. 9.Stehlen l. ll. 6. l. lll. 2. 3. 4. l. V. 22. ll. lV. 1. 2. 5. 8. 10.Stimme Bewandnus LV. 27.Stimmbuchſtaben in dem Lateiniſchen und Ebræiſchen Gleichheit
LXXXVl. 4.
|| [ID00466]
Stoͤrchin beſchrieben LXXI. 8.Stuffen oder pedes LXXXVI. 4.Sylben bedingen LXXXVII. 8.Suͤnde iſt nie ohne Vormund III. VI. 32.
T.
Tafeln LXV. 2. 3. ꝛc.Tapezereyen Betrachtung LXV. nach der Laͤnge.Tauſchen II. V. 5.Theangelida LXXVIII. 3. 6.Tenor XCVI. 24.Teppicht LXV. unterſchiedliche Arten 4. 5. 8. 9. 10. 11.Teutſcher Sprach Vollkommenheit LIV. 17/ 18/ 19/ 20. iſt nach der
Ebræiſchen zu arten LIV. 7/ 8/ 9. teutſche Poeterey
LXXXVI.Teutſche Treue LXXX. 8. Wein 13. Bette 18. Teutſche Woͤrter/ wie
mancher= ley? LIV. 9. Teutſche Sprache iſt mit dem Evangelio wider
hervorkom [ID00467] men/ und wird durch die hoch loͤbliche
Fruchtbringende Geſellſchafft erhal= ten † V. G. Teutſches
Burgerrecht frembdter Woͤrter LXX. der Teutſchen
naſſe Gewonheit LVI. 8. Teutſche Sprichwoͤrter
† in S.Tods und Liebspfeil LXVIII. 5.Tonbruͤder LXXXVIII.Traum eines Wachenden LXV. 26. wird zu mahlen berahtſchlagt von 26.
biß auff 74.Traumen II. V. 1.Trochæi LXXXVI. 3.Trincken II. III. 42/ 43/ 46/ 47/ 48. † Durſt.Trinckliedlein II. III. 80.Tugend
LXXXV. 8. Jungfrauen loͤblich LXXX. 11.
V.
Vaͤtterliche Liebsneigung LXV. 27.Verkleidung III. I. 1.
|| [ID00468]
Vermiſchung der Sprachen LlV. 19/ 20. ꝛc. 12/ 13/ 16.Vernunfft iſt nicht an gewieſe Sprachen verbunden LlV. 16.die verſtaͤndige Mutter/ eine waare Geſchicht LXV. 20.Verwirrung der Sprachen XCVII.Verzug II. II. 23. II. III. 45.Uhren von allen Voͤlckern angenommen XCV. 4. Uhr Ahas † Zeiger.Viere LXII. 7/ 13/ 19.Umbſchreibungen LXXI.Undanck IV. 15. I. V. 19.Ungeſtalt wird gelobt LXXV. wegen Sicherheit 2. wegen Beharrung 4. we=
gen der Demut 5. wegen Reitzung zur Tugend 6. wegen Erſparnus 7.Ungleichheit V. 1.Ungluͤck I. V. 36. II. V. 10. III. V. 36.Unſchuld. I. V. 35.
W.
Wachſes Nutzen XCIV. 2/ 3/ 4/ 5/ 6/ 7.Warheit III. II. 4. III. III. 29. III. VI. 4.
|| [ID00469]
Waſſers Lob LVl. 1. Wie es gut zu trincken LXV. 13.
Waſſersnot aus dem Wein trincken. LVll. 2.Welſchland hat kluge Leut LXXXl 10. kuͤhlende Fruͤchte 15.
iſt ein jrdiſchesWeidſpruͤche LXXXV. (Paradiß 20.Weibliches Geſchlechts Vortrefflichkeit LXXX.Weins Lob LVl. wegen der Hertzensfreud 2. weil er viel bereichert 3. wegen
ſeiner Krafft 4. wegen der Weinhecker 5. wegen ſeiner Eignung 6.
ꝛc.Welt Alter iſt nicht zu unſerer Zeit LXXVlll. 11. die Welt hat nicht
abgenom= men LXXVll. wird erwieſen in folgenden: §. §. Weltfeſtung LVll.
7.Winter XCV. 25. Wintergruͤn und ſeine Deutung LXXX. 1.Widermeinungſaͤtz: Von der Blindheit LXXIll. von der Narrheit LXXlV.
von der Schoͤnheit LXXV. von der Armut LXXVl. von der Kranckheit LXXVll.
von Zunemung der Welt LXXXVlll. von der Leut FromkeitWiderhall (Echo) LV. (LXXlX.Wirckung ſind dreyerley LVIl. 12.
|| [ID00470]
mit den Wolffen heulen LXX. 13.Wortforſchung LXXXVIII. Wort ſo unbekaut LIV. 7. GeheimwortWuͤnſchen XC. III.
Z.
XC X.Zahlſpiel LVII. LVIII. LIX.Zancken I. VI. 26/ 34.Zeichen am Himmel XC. 5.Zeit hoͤher als das Geld achten LXXX. 1. 2.Zorn zoͤrnen I. VI. 25. II. II. 6. 26. III. V. 36. III. VI. 32.Zwey LVII. 5. 11. 17.Zweydeutige Wort LXXXlll. von 1. beß auff 7. Zweydeutige Reden von 7. biß 12. 19.
21. 23.Zweiffelfragen LXll. von Kraͤntzen 1. von Ehren und Wirden 2. von zwey= en
Schweſtern 3. von zwey Verliebten 4. 5. von Heuraten 7. 8. vom
Schachſpiel 9.Zweyſylbige Woͤrter LXXXVll.
|| [ID00471]
Regiſter etlicher Scribenten welcher ſich der Verfaſſer zu Behuff
der Geſpraͤchſpiel bdtienet.
ISt beyzufuͤgen noͤtig erachtet worden/ weil nach Gewonheit der
Hochloͤblichen Frucht= bringenden Geſellſchafft/ die in frembden
Sprachen beſchriebene Buͤcher/ in dieſem Wercklein Teutſch
angezogen befindlich/ (verhoffend daß alle und jede gute Scribenten mit der Zeit in
unſere Mutterſprach uͤberſetzet werden ſollen/) und ohne
dieſes Regiſter nit wol zu erkennen ſeyn moͤchten. Es
koͤnnen auch hierdurch die hin und wider bemerckte Blaͤtter ſo
viel gewieſer in den Buͤchern nachgeſchlagen/ und die/ ohne deß
Verfaſſers Namen in Druck gefertigte/ leichter erfragt und bekant werden.
Iſt demnach dergleichen muͤheſamer Anhang keines wegs fuͤr
eine ettle Ruhmbegierde/ ſondern zu einer erforderten Angehoͤr/ und
vielen dienſtliche Nachrichtung zu deuten/ wie hiervon ausfuͤhrlich handelt
der hochge= lehrte und weitberuͤhmte Herr Martin Zeiler im 36.
Sendſchreiben deß andern Hunderts.Wo keine Zahl bey den angezogenen Scribenten ſtehet/ ſo handelt dieſelbe
gantze Schrifft darvon.Wo Zahlen beygeſchrieben/ melden ſie den angezogenen § oder Blat nach
Abtheilung bey ernandes Buchs.Weil dieſes Wercklein uͤberverhofften ſich erſtrecket/
ſind die gemeine/ und in allen Buch= laͤden befindliche Scribenten/
welche in den Geſpraͤchſpielen angezogen/ nicht in dieſem
Regiſter angeſetzet worden.
|| [ID00472]
A.
DES ACORDS: Bigarrieres 8. Rouen 1640.Diego DE AGRADA: Novelas Exemplares 8. Alcala 1598.Heinr. Cornel. AGRIPPA de la Vanité & incertitude des Scienses 8. Ge- nev. 1582.
Occulta Philoſophia 8. Colon. 1565. de L’ecellence de la fern- me 16.
Paris 1578.Ulyſſes ALDROVANDUS: Ornithologia fol. Venet. 1575.Mattheo ALEMAN: La vida del Picaro Guzman de Alfarache 8. Bacelon. 1600.Joh. Henr. ALSTEDIUS: Logica Harmonica 8. Herbor. 1628. Metho- dus admirandorum
Mathematicor. 12. Herbor. 1641.Piet. ALLOTTO. Sceltà di facetie 8. Jano 1689.Eranceſco ALUNNO: Fabrica del Mondo fol. Venet. 1575.Scip. AMMIRATO: Rota, ouero Dialogo delle Impreſſe 4. Fiorenta 1603.Iſab. ANDECINI Academica Intenta chiamata L’Acceſa:
lettere 4. in An- verſ. 1612.
|| [ID00473]
Joh. Valent: ANDREA Mytholog. Chriſtian. 12. Argent. 1618. Geiſtliche
Kurtzweil 12. Straßb. 1618.Anti-Roman. ou L’Hiſtorie du Berger Lyſis. 8. Paris 1633.Sicilio ARALDO: trattato de i Colori nelle Arme 8. Venet. 1562.Pietro ARETINO: Del Giuocho. 8. Ven. 1545.Ariane: 8. Paris 1633.Arcadie par Philippe Sidnei. 8. Paris 1642.ARSICCIO Academico Intronato. Lettere Amoroſe in proverbi 4. SienaAſtré † V. Urfé. 1577.Aulæa Romana 4. – 1641.ATHENÆUS: Opera fol. Genev. 1621.
B.
BALSAC. Prince. 4. Paris 1631. Oeuvres 8. Paris 1628.BARDIN. Lycée 8. Rouen 1638.Caſpar BARLÆUS: Medicea Hoſpes. fol. Amſtelod. 1638.
Pœmata & Æ- nigmata 12. Lugdun. 1631.
|| [ID00474]
Scipio BARGAGLI: Trattenimenti overo Giuochi dilettevoli 4. Renet.
1587.Chriſtoph. DEBARROUSO: Le jardin Amoureux. 8. Lyon 1501.Wilhelm. Saluſt. von BARTAS: verteutſchet durch den
NUTZBAREN 8. Coͤth. 1631.Caſp. BARTHIUS: Nemoralia 8. Hanov. 1634.Joh. GOROPIUS BECANUS: Opera fol. Antuerp. 1580.Rob. BELLARMINUS: Inſtitutiones Linguæ Ebreæ 8.
Ludun. 1596.Fran. de BELLE-FOREST: Hiſtoires Tragiques 12. Rouen. 1602.J. P. Camus de BELLEY: Evenements ſinguliers 8. Lyon 1628. Succez
differents 8. Paris 1630. Bouquet d’Hiſtoires agreables 8. Rouen. 1639.
Cleoreſte. 8. Lyon 1626 Laicons Exemplaires 8. Lyon.
1638.Dom BEMBO: Jierocle 4. Venet. 1604.Beeger Exravagant: 8 Rouen. 1640.Chriſtoph BESOLDUS: Theſaurus Practicus. 4. Tubing.
1629. Diſcur [ID00475] ſus
Philologicus de Natura Populorum 4. Tub. 1632. Synopſis Doctri-
næ Politicæ 8. 12. Ingolſtad. 1637. 700. vernuͤnfftige
Reden ꝛc. 12. Tuͤ= bing. 1630.Gio. Frances. BIONDI: Eromena 4. Venet. 1633. Coralbo: 4. Venet. 1632.Bigarrieres † A. des Accords.Joh. BISSELUS: Jcaria. 16. Ingolſtad. 1637/Bizzarie faconde. 8. Venet. 1583.Trajan. BOCCALINI: Ragguali di Parnaſſo 8. Venet. 1629.Giovani BONIF ACIO Arte de cenni 4. Venet. 1612.BOSCAN: Obras 12. Anvers 1597.DUBOSQ: Honeſte Femme. 8. Rouen. 1639.BOTTAJO † J. Battiſta; GALLI.Guillaume BOUCHET: Serees 8. Lyon. 1615.J. BOUDIN: Emblemes. 4. Paris 1638.Jordan. BRUNUS Nolanus: g. Imaginum Compoſitione 8. Francof.
1591.
|| [ID00476]
Domit BRUSONIUS: Facetiarum libb. Vll. 8. Francof. 1609.Petr. BUNGUS Numerorum Myſteria. 4. Paris 1618.Tom. BUONI. Academico Romano. Proverbi Italiani. 8. Venet. 1604.Problemi della Bellezza. in 12. Venet. 1605.Anton. â BURGUNDIA. Mundi Lapis Lydius 4. Antwerp. 1639.
C.
Andr. CALMO: Gerebizzi. 8. Venet. 1560.Giul. CAMILLO: Opere 8. Venet. 1560.Phil. CAMERARIUS: opus Horarum ſucciſ. 4. Noriberg. 1622.Thom. CAMPANELLA: de Senſu rerum 4. Lipſ. 1619.Piet. Andr. CANONCHIERO: Cortegiano Perferto. 8. Rom. 1609.Gio. Ceſare CAPPACCIO: Delle Impreſe 4. Neapoli 1593.Hieron. CARDANUS: Opera Philoſophica 8. Baſil. 1581.Fabritio CAROSO: Nobiltà di Dame 4. Venet. 1605.Rodoric. ACASTRO: de Morbis Mulierum fol. Hamburg. 1604. Medico- politicus 4.
Hamb. 1640.
|| [ID00477]
Nicol. CAUSINUS: Eloquentia Sacra & profana 4. Col. 1634. La Cour Sainte 8.
Paris 1667. Hieroclyphica 8. Colo. 1631.Baldaſ. CASTIGLIONE: Corregiano 8. Venet. 1573.Joh. CAST. Spiegel van der Ouden ende nieuwen Tyt 4. Leiden. Minnebil= de. 32. –
1627. Self=ſtryt 32. – –Catholicon d’Eſpagne. 12. – 1599.Cauallero Determinando 8. Anverſ. 1591.Celeſtina 12. Alcala 1586.Miguel de CERVANTES SA AVEDRA Novelas Exemplares. 12. Venet. 1616. Apologo de là
ocioſidad. 4. Alcala 1546. Don Guixote de la Mancha 8. Alcal. 1607.Gonzalo de CESPEDES: Gerardo 8. Bacelona 1618.CHARON dela Sageſſe. 8. Paris 1634.CHASSANEUS: Catalog. Gloriæ Mundi fol. Francof. 1612.Aleſſand. CITOLINI: La Tipocoſmia 8. Venet. 1561.
|| [ID00478]
Ph††lip. CLUVERIUS: Germania
Antiqua. fol. Lugdun. Batav. 1616.COMEDIE DES PROVERBES Piece Comique
en 8. Paris chez Francois Targa 1633.Rudolph GOCLENII Patris opera 12. Francof. Rudolph. GOCLEN. fil:
o- pera 1608. 8. Francof. 1620.Amos COMENIUS. Phyſica 8. Lipſ. 1633. Porta
Panſophiæ 4. OxoniæLes Compres du Monde Adventur eux 12. Lyon. 1595. (1638.Luc. CONTILE: Ragionamenti ſopria la proprietâ delle
Impreſe, con le particulari de gli Academici Affidati. fol. Pavia
1575.Hieroſme CONTRERAS: Hiſtoiræ de Luzmann 12. Paris 1587.Adamus CONTZEN: Hiſtoria Abiſſini Regis 8. Colon. 1628.Ægid. CORROCETUS de dictis memorabilibus 16. Paris 1571.DE CREMAILLE: ſeux de l’Incognu
̅
8. Paris –.Petr. CRINITUS de Honeſta Diſciplina 4. Baſil. 1532Georg CRUCIGER: Harmonia linguarum fol. Francof. 1616.
|| [ID00479]
S. CRUX; Floreſta Eſpannola 12. Bruxelles 1596.
D.
Luigi DARDANO: Difeſa delle Donne 8. Venet. 1509.Matth. DELIUS de arte jocandi 8. Wittenb. 1515.Martin. DELRIO: Adagialia Sacra 4. Lugdun. 1614.Ludov. DOLCE. Dialogo de i Colori 8. Venet. 1698.Lud. DOMENICHI Facetie, Motti & Burle. 8. in Fano 1593. Nobiltà delle Donne 8.
Venet. 1549.DONI: Academico Pellegrino: La Liberaria 8. Venet. 1555. La Zucca 8.– 1551.Caſp. DORNAVIUS: Amphitheatrum Sapientiæ Socraticæ fol. Hanau.
1619.Matthias DRESSERUS: Chronicon fol. Lipſ. 1600.Hier. DREXELIUS: de Eleemoſyna 12. Monach. 1637. alia.Jan DRUSIUS: Apophthegmata 4. Amſtel. 1612, Proverbia Ebræorum 8.
Franeckere 1619.
|| [ID00480]
E.
Joh. Baptiſta EGNATIUS: Racemationes 16. Pariſijs 1554.Hier. ELVERUS: Deambulationes Vernæ 7. Francof. 1620.Deſid. ERASMUS Roterodam. Adagia fol. Baſile 1615. Moriæ EncomiumTiom. ERPENIUS: Adagia Arabica. 40. Leyd. 1623. (12. Lipſ. 1622.Mario EQUICOLA: Librodi Natura d’ Amore 8. Venet. 1554.EGINHARDUS: Vita & Geſta Karoli Mag. 4. Lipſ. 1617.
F.
Aleſſanoro FARA: Academico Affidato: operè 8. Pavia 1564.Marſilius FICINUS: Commentar. in Platonem. fol. Bafil. 1578.Falconaria: Wie man beitzen ſolle. 16. – –Lorenzo FRANCIOSINI: Dialogos Apazibles 8. Venet. 1626.René FRANZOIS? Eſſais des Ma††vailles de Nature 8. Rouen. 1631.Froſchmeusler 8. Magdeburg 1618.
G.
M. J. GAFFAREL: Curioſitez inoy 8. –. 1637.
|| [ID00481]
J. Battiſt. GALLUS, Academico Fiorentino: La Circe & i Capricci des Bota-
jo 4. Cœth. 1521.Tomaſo GARZONI: Piazza Univerſale 4. Ven. 1626. Seraglio de gli Stu- peri
4. Ven. 1623. L’Huomo aſtratto. 4. Venet. 1604.A. GELLII Noctes Atticæ. 8. Francof. 1603.Francois GEORGES Venetien, L’Harmonie du Monde fol. Paris 1578.Gierolamo GENTILLE-RICCIO Academico Speſinerato in Fiorenza: Philo
̅
-
ſophia di Amore 12. Venet. 1618.Paulo GIOVIO: Dialogo delle Impreſe 8. Venet 1556.Melch. Heiminsfeid. GOLDAST. Rerum Alemanicarum Scriptores f. Fran- cof. 1606.Panico GRANACCI: Acadcmico della Cruſca. Laſca 8. Firenz. 1584.Nicolao GRANACCI: La piace vel Notte, & lieto giorno 8. Venet. 1574.Giorgio GRATIANI: Ritratro de i diſcorſi, & delle
deſcrittioni 8. Venet. 1624.
|| [ID00482]
Guilielmus GRATEROLUS de Memoria reparanda, augenda, conſervan- da 8.
Urſellis. 1603.Ludovicus GRANATENSIS: Dux Paccatorum 8. Colon. 1601Francois De GRENAILLE: L’honneſte Fille L’honneſte
Veufe. L’Honne- ſte Mariage 4. Paris 1640.Hippolytus GUARINONIUS: Greuel Menſchliches Geſchlechts. f.
Ingolſt. 1610.Stefano GUAZZO: La Civil Converſatione 8. Venet. 1616.Anton de GUEVARRA: Cartas 8. Anverſa 1603. Deſpertado de Corteſa-
8. Anverſ. 1605.Franc. GUICCIARDINO: Hiſtoria d’Italia 4. Venet. 1616. detti
& fatti Piacevoli 8. Venet. 1565.Loys GUYON: diveres Leęons 8. Lyon 1610.
H.
Leone HEBREO: Dialoghi d’ Amore 8. Venet. 1507.
|| [ID00483]
Edoard. Baro HERBERTDE CHERBURY de Veritate pro ut diſtinguitur
à revelatione, à veriſimili, à poſſibili & à falſo. 4.
Paris 1624.Dan. HEINSUS: Laus Aſini. 4. Lugdun, Batav. 1623.Chriſtoph HELVICUS: Juͤdiſche Legenden 4. Gieſen 1612.Andr. HELVICUS: Origines dictionum Germanicarum. 8. Hanau. 1620.Wilhelm Landgraf zu HESSEN: Von der Welt Eitelkeit. 12. Caſſel 1641.Ottho HEURNIUS: Barbaricæ Philoſophiæ libb. 12. Lugd. Bat. 1601.Guilielmus HESSUS: Emblemata Sacra 12. Antverp. 1636.Theodor: HOPPING: De Jure Sigillorum 4. Norimb. 1642.Matth. HORTENSIUS: Oratio de Oculo, fol. Leydæ 1639.Juan HUARTE: Examén de Ingenios para sas Scientias. 12. Anverſ.
1603.
I.
Jeux de l’Incognü † Cremaille in C.Joh. AB INDAGINE: Introductiones in Phyſiognom. Aſtrolog. Com- plex.
Hominum & Naturas Planet. 8. Urſellis 1603.
|| [ID00484]
Joh. JONSTONI: Naturæ Conſtantia 12 Amſtelod. 1634.Adrian. JUNIUS: Ænigmata & Emblemata 16. Antverp. 1585.Franciſ. JUNIUS: De Pictura Veterum 4. Amſtelod. 1637.
L.
S. LANCELOTTI: Hoggidi overò il Mondo non é peggiore ne più calami- toſo
del paſſato 8. Venet. 1637.Cornel. â LAPIDE: Commentar. in proverb. Slomonis fol. Antverp. 1636.H. LATHERUS: de Cenſu 8. Francof. 1618,Joh. LORICHIUS: Enigmat. 8. Marp. 1540.Gaſpar LUCAS: Las Carnes tolendas de Caſtilla. 12. Bruſſel
1610.
M.
Joſua MAALER: Dictionarium Germanico-Latin. 4. Tiguri 1541.Pierre MACON. 8. Tourn. 1609.Virgilio MALVEZZI: Diſcorſi ſopra Cornelio Tacito, 4.
Venet. 1622. [ID00485]
Davide perſequitato. 12. Venet. 1634. Getentſcht durch W. Lohauſen
den FESTEN. 8. Roſtock 1638.Jeorge MANTIQUE: Viſion deleytable de la Philoſophia 8. Ferar. 1554.
Gio. Battiſta MANZINI: Academico della Notte: furori della Gioventù 4.
Ven. 1629.Juan de S. MARIA: Republica y Policia Chriſtiana 8. Bercelon. 1619.Lucretia MARINELLA: La Nobiltà & Eccelenza delle Donne con diffetti de gli Huomini.
4. Venet. 1601.MARNIX: Maxime d’ Eſtad. 8. Rouen 1620.Daniel MARTIN: Proverbes francoiſes 8. Strasb. 1627.IL MATERIALE: Academico Intronato Dialogo de Giuochi Seneſi. 8. Ve- net.
1609.Marin MERSENNE: La Verité des Scientes 8. Paris 1625.Inigo Lopez, de MENDOZA: Proverbios 12. Anverſa 1594.Pietro MEXIA: Silva de Varia Lecion 8. Anv. 1603.
|| [ID00486]
La Methode, où Diſcours pour bien conduire la raiſon & chercher la ueri-
tè dans les Sciences 4. Leyden. 1637.Mignardiſes d Amour 16. Poctiers 1598.Mich. de MONTAIGNE. Eſſais 4. Par. 1625.MONTANO, Academico Conſentino: Philoſophia riſtretta in brevità
8. Neap. 1589.Mutio MONFREDI. Il. Fermo Academico Olimpico: Lettere 18.
Venet. 1606.J. de MONTEMAJOR. Diana 12. Mil. 1616.
N.
Diego de la NOCHE: Cartas apacibles 8. Alcala 1598.Pier. de la NOUE: Synonyma & Æquiv. Gallica 12. Lugd. 1618.Nicol. NANCELII Analogia Microcoſmi & Macrocoſmi
fol. Paris 1611.
|| [ID00487]
O.
Ceſar OUDIN. Refranes Caſtellanos 8. Paris 1624.Antoine OUDIN. Curioſitez françoiſes 8. Paris 1640.
P.
Claud. PARADINUS: Symbola Heroica. 12. Antuerp. 1567.Paradoxes. 16. Lyon 1555.Paſquino in Eſtaſi. 8. — —Academici Pellegrini. Mondi Celeſti, Terreſtri & Infernali. 8.
Venet. 1583.Penſees du Solitaire. 8. Paris 1629.Antonio PEREZ: Relaciones y Cartas. 4. Paris 1624.Juan PEREZ de Montaluan. Novelas. 8. Bruſſelas 1626.Periſtromata Turcica. 4. —— 1641.
|| [ID00488]
Orlando PESCHETTI: Prov. Ital. 8. Venet. 1603.Sylveſtr. PETRA SANCTA: de Symbolis Heroicis 4. Antuerp.
1634.Fr. PETRARCA: opere 12. Lione 1547.PHILOSTRATE: Images fol. Paris 1629.Photij Bibliotheca. fol. Auguſt. Vind. 1606.Michael PICCARTUS: Obſervationes 8. Norimb. 1621.Joh. PIERIUS: Hieroglyphica. 4. Lugdun. 1594.PLUTARCHUS: Opera omnia, fol. Pariſiis 1625.Joh. PLAVIUS: Traur=und Treugedicht. 8. Dantzig. 1636.Pranciſ. PONA: Ormundus. 4. Veron. 1635.Grat. du PON: des Controverſes du Sexe Maſculin & feminin 16. Lyon.
1537.Joh. Baptiſt. PORTA: Phyſiognomia Teutſch 8. Franckfurt. 1601. Phy-
tognomonica. 8. Francof. 1591.
|| [ID00489]
Guillielmus POSTELLUS: De Coſmographica diſcipl. 16. Lugdun. 1636. de
Univeriſitate. ibidem.Pierre de la PRIMAUDAYE: Academie Francoiſe 8. Venet. 1593. durch Jacob Ratgeben
verteutſcht. in Fol. Franckfurt. —Ericl. PUTEANUS: Epiſtolæ 4. Lovinii. 1611. Amœnitatum Diatribb. 8.
Lovan. 1615.
R.
Ceſare RAJO: Lettere argute 8. Terent. 1585.
|| [ID00490]
Innocentio RINGHIERO: Cento Giuochi Liberali & d’ ingegno. 4. Bo- log.
1551.Ceſare RIPA: Iconologia 4. Roma 1603.Juſt. Reinc. ROBICHIUS: de rebus Criticis. 4.
Lipſ. 1219.Thomaſo ROCCABELLA: Principe Deliberante 12. Venet.
1633.Jean RODERIQUE: Le Triomphe des Dames 4. Paris 1586.Annibal. ROMEI: Diſcorſi. 8. Venet. 1594.Rotomuntadas Coſtellanas. 16. Roven. 1617.Proſper RON††ELLA: Tractatus
de Vinea fol. Venet. 1619.Pierre de RONSARD: Poëſies. 8. Paris 1587.Balthaſ. RONSEUS: Epiſtolæ Medicinales. 8.
Wittebergenſ. 1618.Chriſtian ROSENCREUTZ: Chymiſche Hochzeit 8. Strasb. 1616.
|| [ID00491]
Adolph. ROSEN: Eſelkoͤnig. 8. —. —.Fr. de ROSSET: Hiſtores des Dames volages 8. Paris 1618.Frauciſ. RUEUS de Gemmis 8. Tigur. 1565.
S.
Aleſſandro SARDI: Diſcorſi. 8. Venet. 1586.SALVIANUS: Opera 8. Genev. 1600.Fran. Joh. SAMBUCUS: Symb. Heroic. 16. Antuerpienſ.
1584.Joh. Balthaſ. SCHUPPIUS: de Opinione 4. Marb. Ineptus Oraror. 4. Marb. Dedicatio
Abelini 4. Marb. 1641.Anna à SCHURMANN: Diſſertatio de ingenij muliebris aptitudine ad li- teras
8. Lugdun. Badav. 1641.
|| [ID00492]
Guſtavus SELENUS Schach= oder Koͤnigſpiel fol.
Leipzig 1617.L. An. SENECA: Editio Lipſiana. 8. Amſtelod. 1619.Daniel SENERTUS: de Conſenſu & diſſenſu Chymicorum cum
Ariſtote- licis & Gallenicis. 4. Wittenb. 1629.SERRE: Tombeau des delices du Monde 8. Paris 1630. Penſee de L’ Eter- nité
8. Rouen. 1631.SILOHN: Miniſtre d’ Eſtat. 4. Paris 1631.C. S. SIDONIUS Apollinaris: Opera 4. Paris 1609.Franceſ. STRAPAROLLA: Notti piacevoli. 8. Venet.
1583.Guil. STUCKIUS. fol. Francof. 1613.SVIDAS. fol. Genev. 1619.J. SWERTIVS: Epitaphia Joco-ſeria 8. Colon. 1623.
|| [ID00493]
T.
Torq. TASSO: Opera 12. Vener. 1622. Gedolmetſchet durch den VIEL= GEKORNTEN. 4.
Francf. 1636.Franciſ. THAMARA: Dellas Coſtumbres de totas las Gentes del Mundo. 8.
Anverſ. 1556.Threſor des Recreations: 8. Douay. 1616.Gerard. TUNING: Apophthegmata, Græca, Latina, Italica, Gallica, Hi-
ſpanica. 8. Lovan 1609.Franciſc. TOLETUS: Inſtructio Sacerdotis. 4. Colon. 1615.Scipio TOLOMEI: Academico Inſenſato. 4. Venet. 1620.Tomaſo TOMAI: Academico Innominato. Idea del Giardino. 8. Venet- 1607.Hieronymo TRIVULTIO: ††l Brancabone. 8.
Venet. 1617.
|| [ID00494]
LA TREMOUILLE: Silene inſenſé 8. Paris 1613.Die Tugendſame Frau. 8. Caſſel 1636.
V.
Marc. Gilbert. de VARENNES: Roy d’ Armes. fol. Paris
1640.Ottho VÆNUS: Emblemata. 4. Amſtelod. 1615.Lope de VEGA Carpio: El Peregrino en fu Patria 12. Bruzell. 1608. Arca- dia 12.
Anverſ. 1611. Comedias 8. Anverſ. 1611.Hurtado DELA VERA: Doleria. 1 z. Anverſ. 1572.Franciſcus VERULAMIUS BACON: de Dignitate & augmentis ſcien- tiarum 8.
Argent. 1635.J. VILLEROY: Memoire d’ Eſtat. 8. Paris 1630.
|| [ID00495]
Verad. VOSSIUS: de Arte Grammatica 4. Amſtel. 1638.DER UNVERENDERLJCHE: Von der Beharrligkeit der Aus= erwehlten 12. Coͤthen
1641.Honoré d’ UR FE: Espiſtres Morales. 12. Lyon 1623.
W.
Waldgedicht die Gluͤckſelige Seele genannt. 12. —— 1637.Joh. Wolffius Rerum Memorab. Cent. fol. — —Joh. WOWERIUS: Polymathia. 4. Lugdun. 1603.
Z.
Joach. ZEHNERUS: Adagia Sacra 4. Lipſ. 1601.
|| [ID00496]
Wilhel. ZINGREF: Apophthegmata Teutſcher Nation. 8. Strasburg 1626. Der andere
Theil 8. Strasb. 1631. Fahnenbilder. 8. Strasb. 1619.Theodorus ZWINGERUS: Theatrum fol. Baſil. 1610.Martin ZEILER: Sendſchreiben. 8. Ulm 1640. Das andere Hundert 8.Ulm 1641. Theatrum Tragicum 8. Tuͤbing. 1634.
|| [ID00497]
Fehler.
DIe Unvollkommenheit Menſchlicher Wercke/ iſt ein Fehler/ welcher ſich
in allen und jeden Abdrucken befindet. Es kan ſelben die embſige Auff=
ſicht etlicher maſſen mindern/ niemals gaͤntzlich
verhindern. Inſonderheit aber iſt der Anfang aller Sachen
haͤuffigen Ermanglungen unterworffen/ und ins gemein vom voͤlligen
Wolſtand entfernet/ maſſen bey ordentlicher Fuͤguͤng
der gantzen Natur/ und auch derſelben vortrefflichſten
Meiſterſtuͤck (wie Seneca den Menſchen/ wegen ſeines
Verſtandes nennet) zu be= trachten.Beſagtem nach/ werden die befindliche Maͤngel dieſes Werckleins/ mit
dem unzeitigem Anfang ſolcher Arten Teutſcher Geſpraͤche/
benebensetlich eingeſchlichenen Druckfehlern leichtlich zu entſchuldigen
und zu vergeben ſeyn: Dann ob wol deß Verfaſſers Thun nicht
iſt/ die Zeit auff Buͤcher ſchreiben zu verwenden/ oder bey
Befindung ſeiner Unwirdigkeit/ Frauenzimmer zu hoͤff [ID00498] len; So achtet er doch dieſe ſeine geringe Arbeit fuͤr
die Gluͤckſeligſte/ wan
̅
dar= durch/ die faſt in
Vergeſſenheit erſtummte Liebe gegen unſere geehrte Mut=
terſprache/ nur bey etlichen widerumb erſchallen ſolte.
ENDE.
|| [ID00499]
|| [ID00500]
1Beſihe den Titul
in der Vor= bildung der erſten hun= dert Jahr vor der
Je= ſutter Orde
̅
. (In Imagi- ne primi ſæ-
culi ſociet. IESV.)
2Prediger 1. v. 9.
3uͤber den
118. Pſ.
4Anton. von Gue= varra. Vom Hof= leben.
5Honore von Urfe in
ſeinem Sit= tenlehr= brieffen. B. 3.
6Horat.
Von der Poeterey= Kunſt. v. 68. & ſeqq.
7Robigius von Criti=
ſchen Haͤnd= len. B. 10. c. 18.
8Andr. Helvig. von Urſprung
Teutſcher Woͤrter.
9Paßquier in dem 7. Buch ſeiner
Forſchun= gen 1. c. am 941. Blat.
10Vander Myle/ von
der Nider= laͤndiſchen Sprach. am 17. c.
11Johan. Valent. Andre am 180.
Blat.
12Becalin.
Parnaſſo. 6. Cap.
13XI. 17.
14XL. IV 38.
15Schupp in ſeiner Rede von dem
Wahn.
16Verula
̅
. von Wuͤrde der Wiſſen=
ſchafften. am 19. Bl.
17C.
Guein= tzen in dem Entwurff Teutſcher Sprach= Lehre an
den Leſer.
18Alſo teut= ſchet dieſe Wort/ der Dolmet=
ſcher de i capricci del Bottajo.
19Villerois
in ſeinen Statsan= merckunge
̅
/ Anfangs.
20Baron Herbert.
Von der Warheit.
21Sir. 31. v. 33.
22Proſper Rondella in der Vorrede eines Buchs von
den Wein= bergen.
23Pſ. 9. v. 4
24Aus der Coeleſtia Rabalais in
der trun= ckenen Le= taney.
25J. Douſa hat eine
gantze Rede vom Lob deß Schattens/ in de
̅
Schau platz der Socꝛatiſche
̅
Weißheit Dornavij.
26D.
Schwenter in ſeinen Mathema= tiſchen Er=
quickſtun= den/ 2. Theil 46. Auffgab.
27Beſihe die Einfaſſung deß Sinn= bilds LII.
5. am 9. Bl. und in den Fahnenbil= dern Claud. Paradini/
das 259. und folgen= de Blaͤtter.
28Malvezz
uͤber den Tacit. am 321. Bl.
29C. Roſen= creutz Chy= miſche
Hochzeit am 61. Bl.
30Von der=
gleichen Weiber= kꝛanckheiten hat Rode= ric von Ca=
ſtro/ in ſei= nem Buch vo
̅
der Wei= berkrauck=
heit viel Exempel.
31Seneſi= ſche Spiel am 93. Bl.
32Girald. Einth. in ſeinen Hun= dert Maͤh= ren.
5.
33Innocent. Ringh. 98. Verſtand= ſpiel am
158. Bl.
34Theod. Hoͤping vo
̅
Wapp= nen c. 3. Th.
3.
35Daher Freye
̅
/ Hei= rate
̅
genen= net wird
Moler. An= merck. deß Saͤchſ. Rechts. 2. 10. oder
weil die Freyer ſich von der El= tern Macht befreien/
wie Beſold in ſeinem Practican=
36Guſt. Se=
ienus vom Koͤnigſpiel/ bey wel= chem dieſe
und andere mehr Fra= gen vom Schach= ſpiel aus=
fuͤhrlich zu leſen ſind.
37Baltha=
ſar Caſtilio in ſeinem Hofmann am 93.
Bl.
38Natal. Comes. in
ſeinen Lehr= gedichten am 725. bl.
39Locman. in der 4. Fabel/ aus
dem Arabi= ſchen uͤber= ſetzet/ Th. Erpenii A=
rabiſcher Sarachleh re beyge= = drucket.
40Ronſard. in dem 1. Buch ſeineꝛ Liebgedicht.
am 229. Blat.
41Aus dem
Buch/ der alte
̅
Weiß= heit ge= nant.
42J. Va= lent. Andr. in den erſten
hundert ſei= ner Lehrge= dicht/ bey der 18.
Zahl.
43XIV. 8.
44Johann. Biſſelius im
Anfang ſeines Buͤchleins genannt Icaria.
45Dieſeꝛ Art Teppicht werden be= ſchrieben in
dem Span= niſchen Ca= tholicon am 11. Bl.
46Wie im erſten Buch der Aſtrea zu Ende die
Hiſtoria vo
̅
Damen zu leſen. am 1112. Bl.
47Wie die Tuͤrcki= ſchen Tep=
48Renat.
Franciſc. in ſeinen Pro= ben der Wolreden= heit
im 39. Cap. am 321. Bl. 5. Zahl.
49Belley im 3. Buch ſonderlicher Geſchichte.
8. am 96. Blat.
50Job 31. v. 1.
51Guicci= ard.
und Jovius in dem Leben deß Hertzo= gen von Ferrara.
52P. Came= rar. Hiſto=
riſcher Luſt= garten.
53In dem Spaniſche
̅
ſteht la fu- erza de la ſangre.
54M. de Va- rennes au Roy d’ ar-
mes.
55Pſal. 71/ v. 3.
56H. Suſ= celli in der Vorrede ſeiner
Fah= nenbilder.
57J. Drexel in Niceta wettlaͤuff= tig.
58T. Boc= calin im andern Hundert ſeiner Er=
zehlung aus dem Parnaſſo an der 3. Zahl deß 3.
Bl.
59Ant. von Burgundia in dem Pro= birſtein
der weltlichen Ettelkeit 228. Bl.
60Von den Chineſern oder Sine=
ſern beſihe Joſeph Scaliger Anweiſung
zur Zeit= Rechnung im 3. B. am 319. Bl.
61Tacit. vo
̅
deꝛ Teutſche
̅
Sitten 2. 3. und 2. 88. 5.
62Adam Putzſchma
̅
im Bericht von den Meiſterge= ſaͤngern.
63Sidon. Apoll. 4.
17
64C. Gueintz. in Einwurff Teutſcher
Sprachleh= re 5. und 6. Bl.
65Heigius in der 11. Frage/ an der 8. Zahl.
66Scheræ= us in der
Sprach= ſchul am 168. Bl.
67J. B. Schupp.
in der Einwei= hung ſeines Abeltns am 6. Bl.
68Mart. Hortenſ. de occul.
69Sabelli= cus im
2. Buch am 1. Cap.
70W. Bou= chet im an= dern
Theil ſeiner Nachtge= ſpraͤch am 139.
Bl.
71Bar. Her= bert von deꝛ
Warheit am 132. Bl.
72Erich Pu= tean. Troſt der Blind= heit.
73Wilhelm Gratarol. von der Ge= daͤchtnus.
74Im 2. Buch vom Regiment.
75Plin 5. 8. A.
Olearius in ſeinem Reisbuch.
76Eraſm. Buͤchlein von der Thorheit.
771. Sam. 21. v. 13.
78C. Saa= vedra in de
̅
4. Exemp= lartſchen Geſchicht.
79Fr. de
Greneille der Tugend= ſame
̅
Jung= frauen am 120.
Bl.
80Pulchra- rum etiam Autumnus pulcher eſt. Eraſ. 300.
27.
81Ioh. ab Indaigne Anwei= ſung der Merckdeu= tungen deß
Angeſichts.
82J. Dꝛexel im 1. Buch von Almo= ſen cap. 1.
§. 3.
83Luc. 16. Matt. 19.
84Wilhel.
Stuck von der alten Gaſtereien am 378. bl.
Salſam po= tionem.
85Joh. Jon= ſton von der Natur
Be= ſtaͤndigkeit.
86Pſal. 90, 10. Sir. 18.
8.
87Guido
Pancirol.
in ſeinem Buch von neulich er= fundenen Sachen.
88H. Car- dan in ſei= nem 1. B.
der Ge= heimniſſen.
89F. Veru= lam. von
Wirdigkeit der Wiſſen= ſchafften B. 1. bl.
35
90Gaſt= bar. Dor= nav. in
ſei= ner Zeitver= gleichung.
91Gaſt= bar. Dor= nav. in
ſei= ner Zeitver= gleichung.
92Beſihe J. L pſ. 2. von der Be=
ſtaͤndigkeit Cap. 23. 24. 25.
93Senec. 72. Send=
ſchreiben.
94Lucretiæ Marinellæ
Schrifft vo
̅
der Weiber Vortreff= lichkeit/ und der Maͤnner
Maͤngel. Anna Ma= ria von Schuꝛman
̅
/ Beweiß
der Geſchick=
95Wilhelm Poſtel Welt= beſchrei= bung am
28. Bl.
96Gell. in ſeinen At= tiſchen
Nacht= ſchrifften/ 11, 12.
97Im 1. B. Moſ. am
20. c. v. 11.
98Sim. Ma-
jol. 2. Theil der Hunds= tag im An= fang.
99Die Gꝛie= chen heiſſen dieſe Raht=
forſchung: = .
100Im Buch der
Schoͤpf. 41/ 44. B. der Richter 20/ 16.
101Pſ. 106/ 11.
102Matth. 24/ 2. Hyperbole.
103Am 51. Bl.
104Ortel. in der Vorre= de ſeiner Welt
be= ſchreibung.
105Laurenti. Francioſini
in ſeinen Geſpraͤchen am 91/ 92/ 93.
Blat.
106Fierebras
Auffſchnei= derey in der Zugab.
107Beſihe dz Worthuch Teutſcher Sprache
Joſuæ Mahlers. im Anfang.
108Aus Joh. Plavij
trau gedichten geendert.
109Beſihe den Kupfferti=
tul.
110Buch. 5. Cap. 25.
111Ioach. Ca-
merarius in Notis ad Ni- ceph. f. i 29
112B. Sche= rœus in der ſprachſchul
125. Bl.
113Gerop.
Becan. und Goldaſt.
114Joh. Bapt. Por= tor in der Vorrede vo
̅
den Erbge= waͤchſen.
115Marc. Gilbert von Varen=
nes in ſei= nem Herold am 178. bl.
116Eraſ. uͤbeꝛ
dz Spuchw. Famam ne comedito,
117Joh. Bapt. Port. in ſei= ner Ge=
waͤchskuͤn= digung am 10. Cap.
118Photii Bibliothec
am 240. un
̅
834. bl. W. Stuck
von der al= ten Gaſte= rete
̅
263. b. Fr. Alunus
von dem Weltgebaͤu in deꝛ 1716 Zahl am 233.
Bl.
119Fr. Georg. Venet. in deꝛ uͤdereinſtim
mung der welt am 68 und 200. b.
120Verula
̅
.
von Ver= mehrung der Wiſſen= ſchafften
Buch 8. c. 2 441. Bl.
121Fr. Georg. Venet.
217. Bl. in ange= zogenen Buch Wer= ve in der Vorred
ſei= nes Calen= ders 1642.
122Sprichw. 26. v. 25.
123Erich Putean in 426. Send= ſchreiben.
124Hyppol. Guarin. in
ſeine
̅
Greu= len am 24. Bl.
125Theodor. Hoͤping
vom Recht der Inſigel c. 5. Z. 3.
126Sir. 11, v. 3.
127Vlyſ. Al= drov. in ſei= ner
Thier= beſchreib. Anfangs deß dritten Haupt= theils
(Tomi)
128Guevara in der Vor= rede ſeiner
Fuͤrſtenuhr an der 24. zal aus Pli= nio 7. 90.
Varꝛone un
̅
3. B. vo
̅
der lateiniſchen ſpꝛach. Gar=
zon. 8. und Cardon. 9. 74. handeln weitlaͤufftig von
Uhr= wercken.
129Eſ. 38/ 7.
130J. Gaffa.
131Ant. Pe= ꝛetz in einem Brief an Papſt.
132I. C. Scali- ger Exerc.
30.
133J. B. Porta B. 2. c. 9. in der
Geſtalt= deutung.
134F. Pe= trach. Lob=
geſaͤnger.
135Daniel Sennert/ in ſeinem Buch/ von
Eintracht und Zwi= tracht der Galeniſten und Chy=
miſten/ am 244. Blat.
136Dreſſ. in
4. Th. ſeines Zeitbuchs am 483. bl.
137W. von
Mendoſa und Cœſar Oudins/ Spaniſche
Sprich= woͤrter/ F. Quevedo in ſeinem
Geſpraͤch zwiſche
̅
dem Hund und dem Fieber.
Frantzoͤſichen Salomonis.
138Daniel Martin in den Sprichw. und A. Oudin Frantzoͤſiche
Redensarten. * Cornel. à Lapide uͤber die Sprichw.
139J. Druſ. Ebrœiſche Sprichwoͤrter;
A. Delrio, Zehner/ Schott.
140A. Erpenius Ara=
biſche Sprichwoͤrter.
141Plut. in dem Leben
Ageſil.
142Q.
Curt. Buch 7. 5. 14. und 8. 13. 7. beſihe die Scrt=
bente
̅
Teut= ſcher Sprich= woͤrter XXXIX.
16.
143Ronſard. in dem erſte
̅
Buch ſeiner Liebsgedicht am 30. Bl. ſagt: Le bal
de tant d’ Astres di- vers, aus den Griechi=
ſchen Poete
̅
wegen ihrer Bewegung.