Die
Gecroente Mercatura,
oder
das alleredelſte
Kleinod und Verle
von
EUROPA
der preißwuerdigen
Kauffman
̅
ſchafft/
in
zwoelff Emblemata und Kupffern
eingetheilet,
Nebſt der geiſtreichen Application, ſo auff
das edle Geſchoepffe der Perlen und auf die ſchoen=
ſte Perlen=Erndte des Himmels ziehlet, mit angefueg=
ter Invention von Sinn=Bildern, wie auch Dero Ur=
ſprung, Nutzbar=und Denckwuerdigten kurtz und
geiſtlicher Weiſe beſchrieben, und gantz neu
an den Tag geleget
von
M. Balthaſare Kettlero.ALT=DRESDEN,
druckts Joh. Heinrich Schwencke,
1717.
|| [ID00008]
Der Kauffmann wagt auff Hoffnung hin/ Jedoch mit Klugheit/ Geld und Gueter/ So thun auch himmliſche Gemuether: Sie hoffen beym Verluſt Gewinn/ Und geben alles Gut der Zeit/ Um jenes Gut der Ewigkeit. Sie dencken an den Wechſel offt/ Auff den die Seele eifrigſt hofft.
|| [ID00009]
Hoch= und Wohl=Edelgebohr=
ne/ Geſtrenge/
auch
Edle/ Wohl=Ehrenveſte/ Groß=
achtbare, reſpectivè Wohlgelahrte,
Hoch= und Wohlbenahmte, Hochgeehrteſte
Herren, Vornehme Hochwerthe Freunde
und Goenner.BLeichwie ſich nicht unbillig ueber
Kauf=Handel zu verwundern
iſt, welchen die Mohren in dem
Koenigreich Gambea unweit der
Provintz Iage fuehren, da die=
ſelbigen Voelcker, welche viel Gold beſitzen,
und keine andere Waaren, als Saltz, Co=
rallen und dergleichen ſchlechte Sachen da=
vor begehren, aber durchaus ſich nicht ſe=
hen laſſen wollen, ſondern die Araber, als
mit welchen ſie am meiſten handeln, mueſ=
ſen ihnen ihre Waaren an gewiſſe Oerter
in unterſchiediichen Hauffen niederlegen,
davon gehen, und einen gantzen Tag weg
[6]
bleiben. Mittler Weile finden ermeldre
Schwartzen ſich daſelbſt ein, legen zu jed=
weden Hauffen ein gewiſſes Gewichte Gol=
des, als ſie meynen, daß es werth ſey, dann
gehen ſie wieder weg, und laſſen beydes die
Waaren und das Gold liegen. Wann nun
der Araber kom
̅
et, und ſiehet, daß ſie Gol=
des gnug vor ſeine Waaren hingelegt, dann
nimmet er daſſelbe weg, und laeſſet ſeine
Waaren liegen: Vor welche Waaren aber
er mehr Goldes begehret, die leget er an ei=
nen beſondern Ort, hierauff kommen die
Mohren wieder, nehmen die Waaren, da=
von das Gold weg iſt, zu ſich, und legen
mehr Goldes zu den andern Waaren, dar=
bey das Gold geblieben iſt, oder nehmen
das Gold, welches ſie zuvor hingeleget, weil
ihnen die Waar zu theuer, wiederum zu
ſich. Dieſer Wechſel geſchiehet dreymal,
alsdenn iſt der Kauff geſchloſſen.Faſt auf dergleichen Art findet ſich,
Meine Herren, die edle Perle von Euro=
pa bey ihnen ein, und ſtelle ich, Krafft der=
ſelben, nicht ungleichen Handel mit Ihnen
anals da die wenigſten mich, und dieſelben
ich gleich falls jemaln mit Augen geſehen.
Nichts deſtoweniger, und weil es kein neu=
es Werck iſt, daß einer mit den andern, wie
[ID00011]
[ID00012]
[7]
bey Ihnen taeglich im Gebrauch iſt, mit
einander, wiewohl unbekandter Weiſe, zu
correſpondiren, zu verkehren, Wechſel zu
uebermachen, und dergleichen zu handthie=
ren; Als habe auch ich mir dieſen Weg zu
gehen fürgenommen, und gegenwaertige
geringe Zeilen Meinen Herren als ein Ver=
wunderungs=Opffer der ueberaus herrlichen
Wiſſenſchafft des edlen Kauff=Handels
wiedmen wollen. Zwar es iſt ein groſſes,
wenn ein Unerfahrner zur See gehen, und
ſeine Flacken nach des Mercurii Reich zuwe=
hen laſſen will: Es iſt ſpoettlich von einer
Sache reden wollen, die man nicht verſte=
het. Wurde der groſſe Alexander dort von
des Apellis Farben=Weibern und Mahler=
Jungen ausgelachet, da er von der Mah=
ler=Kunſt diſcuriren wolte; Wie vielmehr
wird es einem ergehen, der das unergruend=
liche Meer der Kauffmannſchafft er=
forſchen, oder ſattſam abmahlen wolte.
Hat doch wohl der vornehmſte Kauff=Herr
zu Venedig, Pariß, Londen und Amſter=
dam gnug zu thun, alle Eigenſchafften de=
roſelben zu beobachten, was wolte ſich ein
Privatus zeihen, ſich in einen ſolchen Irr=
garten zu begeben. Derohalben, und da=
mit der Leſer ſich nicht irre, oder Gedancken
[8]
mache, als ob er in dieſen Buechlein einige
Inſtruction oder Nachricht vom Kauff=
Handel oder Kauffmannſchafft ſuchen und
finden moege, ſo habe ich hier mit praeoccupi-
ren, und ihm allen Wahn bey Zeiten be=
nehmen wollen. Hier ſind keine Regulen,
kein Maaß, kein Gewiegt, keine Laenge noch
Breite der Waaren, keine Farben zu er=
blicken: Hier ſtehet kein Jota von Groſſie-
rern, von Wechſel=Briefen, von dererſel=
ben Gattungen; von Wechſels=Gebrauch,
von Proteſten, von Traſſierern, von Wech=
ſels=Scheinen, von Wechſels=Gebraeuchen,
von Wechſeln und Gegen=Wechſeln, von
Correſpondenzen, von Diſconten, von Jour-
nalen, Schuld=Buechern, von Ordonanz de=
rer Inventarien, deroſelben Formularien
und dergleichen. Hier fuehret man nie=
mand an zu denen Manufacturen, vielweni=
ger wird viel gemeldet von Handel, ſo die
Kauffmannſchafft durch alle Circkel des
Erd=Kreiſes beginnet: Nichts von denen
Commiſſionarien oder Factorn, von Banco,
von Conto der Kauffleute, von Tratten und
Remiſſen der Wechſel=Briefe, von Maeck=
lern, Gueter=Beſtaetern, Agenten, von Auf=
ſchubs=und Friſtungs=Briefen, von Falli-
menten und tauſenderley dergleichen Din [9] gen mehr. Worvon der beruehmte Fran=
tzoeſiſche Kauffman
̅
, Herr von Savary, aus=
fuehrlich und ruehmlich geſchrieben. Nein,
keinesweges, ſondern die Edle Kauffmann=
ſchafft iſt allhier nur von dieſer Feder gezie=
ret, Ihr der Lorbeer des gueldenen Ruhms
auffgeſetzet, und gleichſam in eine Perle
verwandelt worden. Dabey zu wiſſen, daß
gleichwie unter denen groſſen runten und
ſchoenen Perlen auch knoerrichte, ungleiche,
ja falſche und Waſſer=Perlen zuweilen an=
getroffen werden; Alſo man auch bey der
Kauffmannſchafft nicht wenig Fehler,
Maengel und Mißbraeuche zuweilen an=
trifft, welche jedoch nur denen Lumpen=
Geſindel, Stoehrern und Unerfahrnen die=
ſer Kunſt vor Augen geleget werden. Die
Erbarkeit kehret ſich ohne dem an ſolche
Dinge keines weges. Derohalben wu
̅
n=
ſche ich, daß mein geringes Schiff, ſo ſich in
das weite und breite Meer der Welt=be=
ruffenen Kauffmannſchafft gewaget, und
nunmehro faſt auf der Hoehe ſchwebet, von
den angenehmen Winden aller Wohlge=
ſinnten fortgetrieben werden, und den ver=
langten glueckſeligen Hafen guter und be=
harrlicher Zuneigung und Huld Meiner
Herren, erlangen moege. Es mueſte traun
[10]
die geſunde Vernunfft bey einem Men=
ſchen Gebruch leiden, der dem edlen Kauff=
Handel mißgoenſtig waere, ſintemal ich nicht
ſehen kan, was netteres und den menſchli=
chen Sitten anſtaendigers als dieſe Lebens=
Art iſt, und müſſen ſich manche Eltern
glueckſelig ſchaetzen, wenn der Himmel dieſes
oder jenes ihrer Kinder zu ſolcher Geſchick=
ligkeit gelangen laeſſet, maßen ich auch dieſe
itzige Worte, als ein Andencken, nicht ver=
gebens hieher ſetze. Der HErr, der das
Meer geſchaffen, und die Erde gegruendet,
wird das alleredelſte Kleinod der teutſchen
Welt, auch mitten unter allen Kriegs=Peſt=
Hunger= und andern Ungefaellen dennoch
erhalten, ihme ſeinen bißhero ziemlich=ge=
hemmeten Lauff wiederum goennen, und
durch ſeine Guetigkeit die Paeſſe zu Waſſer
und Lande, offen halten, damit die Perle
von Europa ihren vorigen Glantz erlange,
und die von ſo vielen Haeuptern auch wie=
derum mit Ehren, Ruhm und Gewogen=
heit gecroenete Mercatura ihren Thron be=
ſteigen, und frey und ungehindert ihren
Befelchshabern zu neuen glueckſeligen
Handel und Wandel Ordre geben koenne.
Damit ich aber dieſes einige noch unver=
geßlich erinnere; fo praeſentiret ſich zwar
[11]
ueber einen jedweden Capitel dieſes Tra-
ctaetgens eine gewiſſe Invention von einen
Emblemate oder Sinnbilde, ſo auff das edle
Geſchoepffe der Perlen zielet, auch in den
Text hernach die Application darauf ge=
richtet iſt, welches denen Augen nicht un=
angenehm fallen wird.Und alſo leget ſich, Meine Herren, er=
wehnte Edle Perle zu ihren Fueſſen, der
Hoffnung, daß Dero Treffligkeit gnung
ſeyn werde, Sie wider alle Laeſter=Maeuler
zu ſchuetzen. Der allergroeſſeſte Kauff=Herr
im Himmel und auf Erden, ſo uns mit ſei=
nem Blute ſo theuer erkauffet, halte und
walte ueber ihre zeitliche und ewige Gueter,
damit ſie zu keinen Zeiten hier und dort ei=
nigen Verluſt, ſondern den irrdiſchen und
himmliſchen Profit recht und wohl machen
moegen. Er ſegne ihre Flacken und Wae=
gen, ihre Schiffe und Laſten, damit die loeb=
liche Kauffmannſchafft ihren alten Flor
wiederum erlange, und Sie alsdenn Ar=
beit=Reiſens= und Lebens=ſatt ruehmen
koenne:Sie habe trefflich wohl verkehrt/ Sie ſey ihr herrlich Capital
|| [12]
Noch herrlicher hier angeworden/
Drum ſteh ſie in des Him
̅
els Saal
Im hoechſten Rentenirer=Orden/
Sie ſey fuer andern hoch geehrt:
Wer ſich der Welt alſo bedient/
Dem Himmel nichts nicht zu verge=
ben/
Der wird mit Lorber=Reiß begrünt
In dieſem und in jenem Leben.GOtt laſſe meine hierunter gefuehrte
gute Intention bey Meinen Herren nicht
verſchmaehlich, ſondern belieblich ſeyn, daß
ich mich nechſt Empfehlung ſeines heiligen
Schutzes, deſſen allezeit erfreuen und un=
ausgeſetzt nennen duerffeMeiner allerſeits Hoch=und
Wohl=Edelgebohrnen/ Geſtren=
gen und Hochzuehrenden HerrenDienſt=ergebener DienerJ. F. B.
|| [13]
Verzeichniß
derer in dieſem Tractaetgen vorkommende
Perlen.
Die erſte Perle
Der Urſprung der Kauffmann=
ſchafft.
Emblema.
Eine etwas geoeffnete Perlen=Muſchel, in wel=
che der Thau des Himmels faellet, mit der
Auffſchrifft:Von oben herab.
Die andere Perle
Was ſey die Kauffmannſchafft.
Emblema.
Eine Perle in einem durchſichtigen Chriſtalli=
nen Kaeſtlein verſchloſſen, mit der Auff=
ſchrifft:Nicht jedwedem kundbar.
Die dritte Perle.
Die verworffene und verſchmaehete
Kauffmannſchafft.
Emblema.
Eine Saue, die im Koth eine Perle auswueh=
let, mit der Umſchrifft:Das Schoene dem Garſtigen.
|| [14]
Emblema.
Eine Hand aus den Wolcken, welche einer Koe=
nigin eine ſchoene Schnur Perlen umhaen=
get, welche aber der Neid vom Halſe wieder
zu reiſſen trachtet, mit den Worten:Durchaus nicht.Die fuenffte Perle.
Die Hochgeehrte Kauffman
̅
ſchafft.
Emblema.
Ein Tiſch, worauff ein Kaeyſerlicher Mantel
und Crone durchaus mit Perlen gezieret lie=
get, mit der Umſchrifft:Der Wuerde gewuerdiget.Die ſechſte Perle.Die unanſtaendige Kauffman
̅
ſchafft.
Emblema.
Ein Geiſtlicher, welchen man ueber ſeinen Prie=
ſter=Rock unterſchiedene Schnuren Perlen
angehangen, und ſonſt mit Perlen ausgezie=
ret hat, mit der Umſchrifft:Nichts weniger denn dieſes.
(ſcil. anſtaendig, zulaeßlich.)
|| [15]
Die ſiebende Perle. Die nutzbare unentbehrliche Kauff= mannſchafft.
Emblema.
Ein Patient, ſo auff dem Bette lieget, und in ei=
nen Loeffel Artzeney einnimmet, vor ihm lie=
get ein zuſammen gelegt Zettlein, darauff ſte=
het: Perlen=Pulver, mit der Umſchrifft:Zu Erhaltung des Lebens, oder: Die erqvickten Lebens=Geiſter. Die achte Perle. Die kluge und Vorſicht=brauchende Kauffmannſchafft.
Emblema.
Ein Raub=Vogel, welcher in der Lufft flieget,
und ſchreyet, weiln ihm eine Perlen=Mu=
ſchel die Klauen eingeklemmet hat, mit der
Umſchrifft:Ein ander mahl klueger. Die neunte Perle. Die gewinnſuechtige und Wucher= begierige Kauffmannſchafft.
Emblema.
Eine Perlen=Muſchel auff einem Stein am
Meere, ſo allerhand fleckigte und knotrigte
Perlen in ſich haelt, mit der Umſchrifft:Nichts taugliches.
|| [16]
Die zehende Perle. Die muehſame Kauffmannſchafft.
Emblema.
Ein Perlen=Fiſcher oder Taucher, der aus der
Meers=Tieffe heraus gezogen wird, wo die
von ferne ſchwimmende Schwerdt=Fiſche,
und andere ungeheure Meer=Thiere auf ihn
zukommen, mit der Umſchrifft:Nicht ohne Lebens=Gefahr. Die eilffte Perle. Die zu Waſſer und Lande florirende Kauffmannſchafft.
Emblema.
Viel am Meeres=Strande liegende Muſcheln
und offene Perlen=Muſcheln. Eine Ecke von
einen Tiſch, wobey ein Mohr aus einem Kaeſt=
lein gantze Schnuren Perlen ziehet, und ſie ei=
nem Teutſchen verkauffet, mit der Aufſchrifft:Zu Nutzen dem Menſchen. Die zwoelffte Perle. Die wichtigſte, noethigſte und allerbeſte Kauffmannſchafft.
Emblema.
Eine Schnur Perlen, an welchen eine groſſe
Perle, als eine Birn geſtaltet, (um welche
ein Glantz) henget, die gantze Schnur Per=
len aber ſchwebet in Wolcken in einer Glo-
rie, mit der Umſchrifft:Das letzte das beſte, Das ſchoenſte das groeſte.
|| [17]
DIe mit Schiffen auff dem Meer fah=
ren, Pſal. 107, 23. 24. 31. und treiben
ihren Handel in groſſen Waſſern, die
des HErrn Werck erfahren haben, und ſeine
Wunder im Meer, etc. Die ſollen dem HErrn
dancken um ſeine Guete, und um ſeine Wunder,
die er an den Menſchen=Kindern thut. Es ha=
ben nicht viel vor dem hocherleuchteten Koenig
und Propheten David von dem Meer, von den
Handel und Wandel, Kauffmannſchafft und
Gewerbe auf demſelben erwehnet, auch zweif=
fels=ohne wenig Wiſſenſchafft bey denen Vae=
tern und im Volcke GOttes gehabt, als dieſer
kluge Herr, welcher durch den heiligen Geiſt
hinter viel Dinge kommen. Gleichwie er aber
in allen ſeinen Wercken das Lob GOttes im
Munde fuehret; Alſo laeſſet er es auch allhier von
ſich hoeren, verwundert ſich ueber die groſſen Din=
ge, die der allerhoechſte GOtt dem Menſchen zu
Nutz erſchaffen hat, und noch erhaelt. Denn ja
die Handlung, und deſſen Befoerderer, worauf
er in obigen Worten zielet, ein recht Wunder=
Werck GOttes, bevoraus zur See, zu nennen,
als durch welche ſolche Wercke geſchehen, daß
zuweilen auch die Natur ſich ſelbſt darueber ver=
wundern muß.Wie aber viel und mancherley Dinge in der
[18]
Welt mit unterſchiedenen andern Sachen,
theils ihre Schoenheit, Pracht, Koſtbarkeit und
Herrligkeit noch hoeher aufzubringen, herrlicher
und ſcheinbarer zu machen, von denen Scriben-
ten herfuer geſuchet werden, und zuweiln die
Sonn, der Mond, die Sternen, das gantze
Firmament des Himmels, die Silber=Quellen,
die ſchnellen Stoehme und Flueſſe, die anmuthi=
gen Felder, die dueſteren Waelder, die Saat der
bunten und theils wolriechenden Blumen, die
Hertz=erqvickenden Raeucher=Wercke, in gleichen
die Menſchliche Muſie, der Voegel liebliches
Singen, die Diamanten, Rubine, Smaragde,
und neben, dem Golde und Silber andere koſt=
bare Metallen, tauſend unzehliche Dinge mehr,
ihre Schoenheiten gleichſam herleihen mueſſen,
um andern Vorhaben eine beſſere folie und An=
ſehen zu machen; Alſo wird auch allhier die
Freyheit gegeben werden, unſern Fuerſatz durch
den Schmuck der alleredelſten Perlen zu er=
leuchten, und zu beweiſen, daß Europa, ja gewiß
alle andere Welt=Theile eine wahre und un=
ſchaetzbare Perle an der edlen und admirablen
Kauffmannſchafft habe.Daß die Perle ein Wunder=Geſchoepffe
GOttes ſey, und die Kauffmannſchafft nicht
minder durch Antrieb und Weiſung des Aller=
hoechſten auf kommen, ſtehet leichte zu erweiſen;
[19]
Denn der jenige HErr, ſo dort dem Moſi Mit=
tel und Wege zu Erbauung der Huetten des
Stiffts zeigete, alles mit ſeinen heiligen Finger
ſelbſt entwarff, wie es kommen ſollte, ja noch
ueber dieſes die Hertzen des Bezaleels und Aha-
liabs mit dem Geiſt der Weißheit und der Kunſt
erfuellete, ſolte der nicht auch der Handelſchafft
die Pfade im Meere, die Straſſen ja unwegſa=
men Wege in denen groſſen Wueſten und ſon=
ſten gewieſen haben? Nachdem aber alle Din=
ge ihren Urſprung wiſſen, und darauf am erſten
zu ſehen, als folget billig
Die erſte Perle.
Der Urſprung der Kauffmann=
ſchafft.
SO ferne wir dem Naturkuendiger Plinio
glauben, ſo haben die Perlen ihr Wachs=
thum und Urſprung von denen Muſcheln, die
mit der Geſtalt und Groeſſe faſt denen Auſtern
beykommen, wo nicht uebertreffen, welche auf
wunderbare Weiſe gezeuget werden. Die Per=
len=Muſchel iſt, ſo zu reden, die Frau, und der
Thau des Himmels ihr Ehemann, welcher ſie
gleichſam ſchwaengert, denn ſo bald die Muſchel
die Heiterkeit des Himmels gewahr wird, laeſſet
ſie ſich allmaehlich ans Land treiben, eroeffnet ih=
re Schalen, und empfaehet alſo den ſchoenen und
fruchtbahren Thau des Himmel, darvon her [20] nachmals dies anmuthige Geſchoepffe der Perle
an das Licht der Welt kommet, je heller nun und
klaerer der Himmel iſt, je reiner und weiſſer er=
eignen ſich alsdenn die Perlen, und je zeitlicher
und frueher die Perlen=Mutter von dem Thau
ueberſchuettet wird, je groeſſere und vollkomme=
nere Perlen ſoll ſie hernach zeugen. Theils
Geſchicht=Schreiber unſerer Zeiten ſind des
Plinii Meynung hingegen gantz zu wider, und
geben vor, daß die Orientaliſchen Perlen nicht
allein vom Thau des Himmels; ſondern gar
von denen Regen=Tropffen gezeuget wuerden,
denn wenn es im April ſelbiger Orten in Indien
viel Regen gebe, faende ſich, ſchreiben ſie, eine
gewiſſe Art von Auſtern, welche einige Bewe=
gung haetten die erhueben ſich auf das Meer=
Waſſer, thaeten ſich auf, empfiengen und faſſe=
ten etliche Tropffen von dem Regen in ihren in=
wendigen Theil hinein, ſchloeſſen ſich gleich zu;
ſaencken ſo dann wiederum zu Grunde, und wuer=
den hernachmals alle ſolche Tropffen zu Per=
len: Man fienge und fiſchete ſie aber eher nicht
als im Ende des Heu=Monats, da man ver=
meinete, daß ſie nunmehr zeitig worden, denn
eher waeren ſie nicht reiff, ſondern noch weich als
ein Leim und unvollkommen. Theophylactus
aber kommet hingegen wiederum mit dem Pli-
nio ueberein, daß die Perle nemlich von dem
[21]
Thau des Himmels gezeuget werde, doch ſetzet er
dieſes noch dazu, daß es bey der Nacht geſchehe,
und zwar abſonderlich, wenn es blitzte und Wet=
terleuchte, ſo thaete ſich die Muſchel oder Per=
len=Mutter auf, und empfienge etliche Troepflein
von dem Thaue des Himmels, daraus hernach
die Perlen gezeuget wuerden.Gleichwie nun die Naturkuendiger wegen
des Urſprungs der Perlen, nicht einig ſind; Al=
ſo ereignet ſich faſt auch dergleichen Zweifel bey
der Kauffmannſchafft, zumaln, wenn wir deren
Heidniſchen Autorn Zeugnis nicht gelten laſ=
ſen wolten, indem es mehrentheils auch Fabel=
werck zu ſeyn ſcheinet, da ſie zu behaupten geden=
cken, daß die Phoenicier die erſten Kauffleute ge=
weſen, und das Meer zu befahren ſich unterſtan=
den, darvon auch Dionyſius von Halicarnaſsô
alſo redet: Die Phoenicier aber ſo zu nechſt am
Meer wohnen, und von denen Erythraeis her=
kommen, haben am erſten einen Verſuch gethan
aufm Meere zu ſchiffen, und alſo auch ur=
ſpruenglich Handel und Gewerbe darauf zu trei=
ben begonnen. (Dion. Halicarnaſ libr. de Situ
Orbis.) Plinius ſchreibet des Kauffhandels
Anfang denen Carthaginen ſern aus Africa zu,
welche von denen Phoenicis oder Poenis her=
ſtammen, dahin auch hernach etliche Ausleger
den Text des Propheten Ezechiels ziehen, und
[22]
ſich darauf gruenden wollen Ezech. 27, 12. Du
haſt deinen Handel (nemlich du Stadt Ty-
rus) auf dem Meere gehabt, und (haben die
Carthaginenſer) allerley Wahren, Silber,
Eiſen, Zien und Bley auf deine Maerckte bracht.
An einem andern Orte miſſet er die Invention
der Handelſchafft gar dem Libero Patri, wie er
ingemein genennet wird, oder dem lieben Va=
ter Bachus zu, etc. Iſt alſo, wie in vielen ſeinen
Schrifften, nicht mit ihm ſelbſt einig. Darum
es wohl am beſten, daß man ſich als ein Chriſt
an den rechten Quell=Brunnen der heiligen
Schrifft auch hierinnen halte, und den wahren
Bericht aus ſelbigen ſchoepffe. Ich will anje=
tzo nicht von des Cains Soehnen und Kindes=
Kindern den Jabal. Joba und Thubalkaim
ſagen, davon der erſte Vieh gezogen, der an=
dere Geigen und Pfeiffen verfertiget, der dritte
aber ein Meiſter in allerley Ertz und Eiſenwerck
geweſen, und ſonder allen Zweifel damit verkeh=
ret, gehandelt oder doch zum wenigſten andere
Sachen darvor eingetauſchet haben. Joſephus
der alte Juediſche Geſchichtſchreiber eignet der
Handelſchafft Anfang dem Noah und ſelbigen
Zeiten zu, weiln wir aber in heiliger Schrifft
darvon nichts finden, ſo laſſen wir es auch an ſei=
nem Ort geſtellet ſeyn. Daß aber hernach bey
dem Bau des Thurns zu Babel und bald nach
[23]
Verwirrung der Sprachen und Zerſtreuung
der Menſchen, ſich es von ihm ſelbſt gegeben,
und die Kauffmannſchafft nicht bereits in vol=
len Flor ſolle geſtanden haben, iſt faſt nicht dran
zu zweiffeln, jedoch aus GOttes Wort aus=
drueckliches nichts anzufuehren, aber doch ſtarck
zu muthmaſſen, zumaln wenn man erweget, die
groſſe Menge Viehes, welches die heiligen Pa=
triarchen, Abraham, Iſaac und Jacob durch
GOttes Segen erlanget, und ſchwerlich deſ=
ſelben Uberfluß haetten verhegen koennen, wenn
ſie nicht ſtarcken Handel damit getrieben haetten.
Adam Conzen ſchreibet unter andern: Daran
zweiffele ich gantz nicht, ja ich bin vielmehr der
gaentzlichen Meynung, daß Abraham einen
ſtattlichen und klugen Kauffmann abgege=
ben; Gen. 12, 16. Denn er hatte ja Scha=
fe und Camele, Gold und Silber, welches er
ſchwerlich aus einigen eigenen Bergwercken
gezogen, indem er unauff hoerlich dazumal rei=
ſen mueſſen, und keinen beſtaendigen Ort ge=
habt, ſondern vielmehr durch dergleichen Han=
del und Wandel mit dem Vieh, Knechteu und
Maegden ein groſſes Reichthum erhandelt,
ſonſt haette er nicht eine ſolche Menge Vieh
unterhalten, dergleichen auch Iſaac und Ja=
cob auſſer allen Zweiffel practiciret haben.
Gen. 37, 25. Was waren die Iſmaeliten, wel [24] chen die Soehne Jacobs ihren Bruder Joſeph
aus Leichtfertigkeit verkaufften, anders als
Kauff leute, welche von Gilead oder aus Sy=
rien kamen, und auf ihren Camelen Wuertze,
Balſam und Myrrhen, es in Egypten wieder
zu verhandeln mit groſſen Laſten fuehreten. Hat
die Welt jemaln von einem beruehmtern Getrei=
digt=Kauffmann als dem Vice-Re in Egypten
Joſeph gehoeret? etc. Auſſer deſſen unbegreiff=
lichen Klugheit und Fuerſichtigkeit gantz Egy=
pten und viel andere Laender vor Hunger ſonſt
verſchmachten mueſſen. Iſt demnach das Al=
terthum der loeblichen Kauffmannſchafft vie=
ler andern Beweißthuemer zugeſchweigen, un=
ſtreitig.
Madriaal.
SO bleibet dann der Perl der Urſprung aus der Hoehe, Denn andern Anfang kenn ſie nicht; Wer aber dieſes widerſpricht, Daß auch die Kauffmannſchafft dahero nicht entſtehe, Der leugnet ſelbſt des Himmels Wort, Sie bleibt die Perl der Welt Von wegen ihrer ſchoenen Gaben, Die ſie ſtets in ſich haelt. Wol dann demſelben Land, das ſie mag reichlich haben.
|| [ID00031]
|| [ID00032]
|| [25]
Die andere Perle.
Was ſey die Kauffmannſchafft?
AUf die Frage, was die Perl eigentlich ſey,
iſt aus vorhergehenden leicht zu beantwor=
ten, wenn man betrachtet, auf was Art und
Weiſe ſie gezeuget werde, nemlich eine von dem
Thau des heitern Himmels oder denen Regen=
Tropffen entſprungene Creatur: Und gleich=
wie die andern edelen Steine (denn daß ſie un=
ter ſolche billig mit gerechnet wird, kein Zweif=
fel iſt) mehrentheils aus der Erden, denen
Stein=Kluefften und Bergwercken ihren Ur=
ſprung bekennen; Alſo iſt dieſes Geſchoepff um
ein gutes faſt edeler und ſonderlicher zu achten,
indem es das Meer vor ſeinen Anfang aus=
giebet.Wann wir gewiß und dem Verſtande nach,
in teutſcher Sprache ſagen und beſchreiben ſol=
len, was die Kauffmannſchafft eigentlich ſey?
So mueſſen wir geſtehen, daß unſere ſonſt von
Woertern reiche Mutter=Sprache hierzu faſt
wenig zu ſeyn ſcheine, man mueſte dann durch
weitlaeufftige Um= und Beſchreibungen darzu
gelangen. Kurtz, die Kauffmannſchafft wird
beſchrieben, daß ſie gleichſam ſey ein Amt, wel=
ches man um eines billigen und zulaeßigen Ge=
winſts halber, exerciret, indem man unterſchie [26] dene Waaren eiu=und wieder verkauffet, alldie=
weiln Kauffen und Verkauffen nothwendig
beyſammen ſeyn mueſſen, und nicht wohl eines
ohne das andere, ſoll es ein rechter Handel ſeyn,
bleiben kan. Plato giebt es was tunckeler,
wenn er die Kauffmannſchafft gleich in zweyer=
ley Arten eintheilet, als die eine beſtehe in bloſ=
ſer Uberlaſſung ein und anderer Gueter, da man
nichts hingegen davor einkauffet, und zielet viel=
leicht auf diejenigen Leute, denen entweder die
Waaren und Gueter ſelbſt wachſen, oder aber
ſie dieſelbe ſelbſt machen, und keinen fernern
Handel treiben: Die andere Art ſey nun die
Gemeine, ſo, wie obgedacht, in Kauffen und
Verkauffen beruhe. Aus ſolcher Beſchreibung
iſt leicht abzunehmen, was denn eigentlich auch
ein Kauffmann fuer ein Menſch ſey? nemlich
eine ſolche Perſon, welche, dafern es ein rechter
Kauffmann ſeyn will, nur auf das Einkauffen
in groſſen und Verkauffen in gantzen ſich be=
fleiſſet. Und in Summa,Die gantze Welt iſt eine Kauffmannſchafft, Damit man ja muß friſten Leib und Leben, Was vor den Mund, wormit wir uns um= geben, Tranck, Speiß und Kleid, dem ſind wir ſtets verhafft,
|| [27]
Ja ſelbſt das Grab das muß erkauffet ſeyn, Von dem der uns daſſelbe pflegt zu laſſen, Der Kauff geht fort auff allen Straß und Gaſſen, Biß daß der Todt ſchlaegt Kram und Bu= den ein.
Die dritte Perle.
Die verworffene und verſchmähete
Kauffmannſchafft.
WAnn die Perlen=Fiſcher ihre Tage=Arbeit
mit muehſamen Suchen und Fangen der
Perlen=Schnecken oder Auſtern vollendet, und
ſie ihre Nachen vielmahl damit angefuellet ha=
ben, fahren ſie des Abends nach ihren Doerffern
zu, und eine jede Geſellſchafft, die mit einander
in einem Schiffe gefiſchet hat, ſchuettet ihre Au=
ſtern auff einen Hauffen, alsdenn ſetzen ſie ſich
um denſelben herum, machen die Auſtern ohn
alle Muehe auf, weil ſie bereits abgeſtanden oder
geſtorben ſind, und nehmen die Perlen heraus,
ſondern ſie ſolcher Geſtalt, wann ſie dieſelbe in
kuepfferne Siebe ſchuetten, wohl darinnen her=
um ruetteln, daß die Runden von Langlichen, die
Halbrunden von den gar Kleinen, und ſo fort
an, kommen, die Ungeſtalten, Gelben und Un=
foermlichen aber beyſeit koennen geleget werden,
[28]
daß ſie die andern nicht verſtellen, oder unſchein=
bar machen, und ihre edle Art verdunckeln.Wann wir den Glantz der edlen Kauff=
manns=Perle auff den hoechſten Grad bringen
wollen, ſo mueſſen wir alle andere Dinge, ſo die=
ſelbe auch unſcheinbar machen koenten, darvon
thun und abſondern.Wie die Blumen nicht verwehren koennen,
daß neben den honigmachenden Bienen, auch
gifftige Wuermer ſie bekriechen; Alſo hat der
Kauff=Handel ſich zu allen Zeiten theils von
Mißguenſtigen, theils von unverſtaendigen
Maeulern begeifern laſſen mueſſen, hierzu muß
ihnen und vor allen Dingen der bekandte
Spruch des Hauß=Lehrers Sirachs dienen, ein
Kauffmann kan ſich ſchwerlich hueten fuer Un=
recht, und ein Kramer fuer Suenden. Wie elend
aber dieſe Beymeſſung heraus komme, iſt aus
der allgemeinen Regel des menſchlichen We=
ſens abzunehmen, ſintemahl ja die Kauffleute,
meines Behalts, auch Menſchen ſind, und da=
hero auch wie du und ich reſpectivè Suender,
und des Ruhms mangeln, den ſie mit uns fuer
GOtt haben ſollen, da heiſſet es ja mit allen:
Sie ſind allzumal Suender, da iſt keiner der gu=
tes thue, auch nicht einer: Ja noch weiter, auch
in ſeinen Bothen findet er Thorheit; und die
Himmel ſind nicht rein fuer ihm, iſt alſo nichts
[ID00037]
[ID00038]
[29]
neues, daß Unrecht und Suende faſt leider un=
ſer (proprium) Eigenſchafft ſey, und wenn die=
ſes nicht waere, ſo fuehrten wir alleſamt ein Eng=
liſches Leben.Petrus Martyr fraget an einem Orte: Ob
einer zugleich ein Chriſt und Handelsmann
ſeyn koenne? Gleichwie auch das Jus Canoni-
cum dergleichen klaerlich ſetzet, in cauſa 14. qu.
4. ejiciens diſt. 88. und ſolche zweiffelhaffte
und ſchimpffliche Nachreden flieſſen unter an=
dern daher, daß manche um einen ſchnoeden Ge=
winſt wohl gar ihr Chriſtenthum verleugnen,
allermaßen die Hollaender Anno 1646. gethan,
als ſie in Japan mit den erſten Schiffe damals
angelanget, (Mandelslo Oſt-Ind Reiſ. p. 245.)
auf befragen, oeffentlich verleugnet, daß ſie
Chriſten waeren, auch deswegen alle ihre Gebet=
Buecher zuvor verbrannt, um ſie nicht daraus
zu erkennen, und ihren Kauff=Handel dadurch
zubefoerdern.Dahin ſcheinet auch der weiſe Heide Ariſto-
teles zu zielen, wenn er anfuehret, (Ariſtoteles
l. 3. Polit. c. 3.) daß die Thebaner ein Geſetze
gehabt, daß keiner ſey fuer geſchickt gehalten
worden, ein Obrigkeitliches Amt anzutreten,
welcher nicht zum wenigſten in 10. Jahren ſich
alles Handels und Wandels enthalten haette,
und der H. Kirchen=Lehrer Chryſoſtomus fael [30] let kurtz=erwehnten Petro Martyri bey, daß
ebenfalls kein Chriſt einen Kauffmann abgeben
ſolle, denn es waere unmoeglich, daß ein Kauff=
mann GOtt gefallen koenne, alldieweilen der=
ſelbe ſchnurſtracks darwider ſuendige, was Pau=
lus dort an die Theſſalonier ſchriebe: Daß nie=
mand zu weit greiffe, und vervortheile ſeinen
Bruder im Handel. Plato ſchlaegt auch mit
vorhergehenden nicht ſchlimm ein, wenn er
nemlich haben will, (Plato in Princ. l. 4. d leg.)
weiln die Art der Kauffleute laſterhafft und
aergerlich waere, ſo ſolte man die Staedte fein
weit von denen Seehaefen und Meerporten
bauen, damit die Buerger ſich nicht leicht auff
die Kauffmannſchafft legen, und ihre Gemue=
ther hiedurch auf Liſt und Betrug neigen koen=
ten. Cicero, welcher gleichfalls der Meynung
iſt, (Cic. l. 3. de Republ.) daß die Phaenicier
die erſten Kauffleute geweſen, entrueſtet ſich
gleichſam darueber, daß dieſelbe mit ihren Waa=
ren und neuen Weſen eben den Geitz, das Pra=
len, und unerſaettliche Begierde mehr zu haben,
in Griechenland eingefuehret haetten.Daß ein Kauffmann auch ſich der Unwar=
heit und falſchen Betheurung unmoeglich ent=
halten koenne, davon hat gleichfalls Cicero
weitlaeufftig geſchrieben.Caſus ſetzet: (Caſi Sphaera Civitatis l. c. 6.)
[31]
Das Verkehren in Handel und Wandel iſt
darum erfunden worden, nur das Nothwen=
digſte, und nicht ueberflueßige Dinge, die zu
nichts dienen, herbey zu bringen, wie es Ari-
ſtoteles haben will, und ſind dieſes veraechtli=
che Kauffleute, ja vielmehr verhaſſete Wu=
cherer zu nennen, die nicht zur Nothdurfft
und Unterhalt des Lebens, als vielmehr auff
ſchaendlichen Gewinſt, nicht zum taeglichen
Gebrauch, ſondern zu unnoethigen Uberfluß,
nicht zu des Lebens Beduerffniß, ſondern nur
Geld und Gut zuſammen zu kratzen, (deſſen
ſie nimmermehr ſattt werden koennen, alle ihr
Thun und Leben anſtellen: Solche ſind be=
gierig wie die Raben, unerſaettlich wie Woelffe,
derer Durſt nimmermehr zu loeſchen, und wel=
cher Waſſerſucht von keinem Medico vermag
curiret werden. Tauſenderley anderer Bey=
meſſungen und uebeles Nachreden zugeſchwei=
gen, ſo jederzeit den edlen Kauff handel ange=
henget worden, ſo beſchleuſt der Lyriſche Poet
(Horat. lib. 1. Carm. od. 1.) Horatius aller
vorerwehnten Meynungen, doch was hoefli=
cher:Auff ſolche Weiß iſt auch ein Kauffmann hier geſinnt, Wenn auff ihn ſtuermet zu, wenn ſauſt und brauſt der Wind,
|| [32]
Und mit den Wellen ringt, wenn Maſt
und Breter krachen,
Das Schiff itzt Waſſer ſchoepfft, pflegt er
zwar nicht zu lachen,
Denckt, wenn er waer zu Hauß, er lobet
auf der Fluth
Die Ruhe ſeiner Stadt, und ſeiner El=
tern Gut.
Owohl dem, ſpricht er, der daheime ſo kan
leben,
Hat ſeine gantze Zeit dem Ackerbau erge=
ben,
Und ſitzt in ſtoltzer Ruh, iſt alles Kum=
mers frey,
Daß nicht ſein Haab und Gut im Meer
ertruncken ſey,
Darff auf der wueſten See in keinen Furch=
ten ſchweben,
Da nur ein Daumen breit iſt zwiſchen Tod
und Leben,
Bald aber, wenn er ihm einmal den
Sinn gefaſt,
So denckt er auf die Reiß. Hat keine
Ruh noch Raſt,
Er laeßt ſein loechrich Schiff, das neulich
war zerſchlagen
Von Fluthen, wiederum mit Mueh zuſam=
men tragen,
|| [ID00043]
|| [ID00044]
|| [33]
Setzt Hoffnung auf ein Bret, iſt Ar= muth ungewohnt, Es wird ihm auf der See die Arbeit mehr belohnt.Gleichwie nun in allen Dingen der Miß= brauch mit unterlaeufft; Alſo haben vorgehen= de weltweiſe Leute ſonder allen Zweiffel auch dahin gezielet, wie Plato ſelbſt hernach, ſo hefftig er zuvor darwider geweſen, den Unterſcheid ma= chen und bekennen muß, daß der Mißbrauch und Gebrechen beym Kauffhandel deßhalber nicht den Gebrauch auffhuebe, und was man einen Kuenſtler, einen andern Menſchen bey= meſſe, ſolches nicht auf die Kunſt, nicht auf die Sache, vielweniger auf die Natur gleich zu zie= hen ſey. (Plato lib. 3. d. L. L.)
Die vierdte Perle.
Die der Ehren unwerth gehaltene
Kauffmannſchafft.
IN vorhergehender Claſſe iſt von der Ver=
ſchmaehung der wuerdigſten Kauffmanns=
Perle erwehnet worden, dazu denn nicht unbil=
lig gehoeret deroſelben Unwerth, und wie man
ihr auch allen Zutritt zu der zeitlichen Ehre ab=
ſchneidet.Die Indianer, ehe die Spanier und andere
Europaeiſche Nationen ſie heimſucheten, achte [34] ten dieſes fuertrefflichen Schatzes der Perlen im
geringſten nichts, daher auch ſie oeffters denen
Spaniſchen Soldaten faſt gantze Huette voll
vor etliche Schellen und andere Puppenſachen
hin=und ihren Unwerth derſelben hierdurch an
Tag gaben, alſo gar war damahls dieſes Wun=
der=Geſchoepff in Verachtung gerathen Wann
es nach etlicher Rechts=Gelehrten und Philoſo-
phen Koepffen gehen ſolte, ſo wuerde zu keiner
Zeit einiges Glied von der Kauffmannſchafft
zu Ehren gezogen werden.Welches obgedachter maßen die Theba-
ner werckſtellig gemachet, indem ſie keinen der
Ehre einiger Regiments=Wuerde tuechtig erach=
tet, er haette denn in 10. Jahren an keine Han=
delſchafft gedacht, und dieſes alles daher, die=
weiln bey denen Kauff leuten ſo viel Suenden
und Laſter vorgiengen, als falſch Schweren,
unerſaettlicher Wucher, Geitz, und Begierde
mehr zu haben, ja daß man Leib und Seele des
Genießes halber vielmahl auf das Spiel ſetze.
Da bringen unterſchiedliche Lehrer zu Ver=
dammung und Beſchmitzung dieſes herrlichen
Wandels mancherley mißgoenſtige Dinge auff
die Bahn: Demoſthenes haette zu ſeiner Zeit
ſchon geſchrieben, das waere ein Wunder, wenn
ein emſiger Kauffmann auch zugleich Gewiſ=
ſenhafft ſeyn wolle. (Demoſthen. in Orat.
[35]
pro Phormion.) Und Baldus ruffet aus: O
wo faehret die Seele eines Kauffmanns hin?
(Bald. inc. cum cauſam, in fin. extra de reſt.)Foenus pecuniae eſt foenus animae, ſagte
der alte Lehrer Leo Magnus: Der ungerechte
Wucher des Geldes iſt der Sarg, darinnen die
Seel zu Grab getragen wird. Und S. Augu-
ſtinus in ſeiner 215. Sermon. Dom. 10. p. Trin.
ſchreibet: Es habe kein Kauffmann einen un=
gerechten Wucher, ohne einen gar gerechten
Schaden, wo Gewinn iſt, da ſeye auch Ver=
luſt, iſt der Gewinn in dem Kaſten, ſo iſt der
Schaden in dem Gewiſſen. Der ſeelige Doct.
Dietrich in Erklaerung des Propheten Nahum
p. 1224 ſchreibet: Eines Kauffmanns Sym-
bolum ſoll ſeyn: Was du wilſt, daß man an
dir thue, das thue andern auch. GOtt hat
jedem Kauffmann gleichſam eine Waage=
Schale ins Gewiſſen gehencket, daß er damit,
und nach ſolcher, allen ſeinen Handel abwaegen,
vor allen Dingen aber ſein Gewiſſen um Rath
fragen.Ein, ſeines großen und mit Unrecht erwor=
benen Reichthums halber, zur Hoellen fahren=
der Kauffmann iſt zu vergleichen mit einem von
Fruechten dergeſtalt ueberhaeufftem Baum, daß
auch die Aeſte darvon brechen, mit der Uber=
ſchrifft:
|| [36]
Copia me perdit,
Es macht der Uberfluß,
Daß ich abbrechen muß.
Einen geitzigen Kauffmann vergleichet Are-
ſius mit einer Spinnen, welche ſtets ihrem Ge=
web oblieget, darueber aber ihre Lebens=Kraeffte
und Saeffte auszehret, mit der Uberſchrifft:
Anima Tabeſcente.
In welchem Verſtand der Cardinal Bellarmi-
nus ueber den 8. Vers des 38. Pſalms (Mei=
ne Lenden verdorren gantz, und iſt nichts geſun=
des an meinem Leibe) ſolche auff das Zeitliche
allzuſehr verpichte Menſchen mit einer ſolchen
ſich ſelbſt verzehrenden Stimmen vergleichet,
und ſchreibet, daß, indem ſie das Irrdiſche all=
zuſehr ſuchen, ſie das Himmliſche darueber ver=
liehren. Eine andere Vergleichung in ſolchem
Geld=begierigen Kauffmann Pinicelli in ſeinem
mundo Symbolico mit einem ueberladenen
Kahn, welcher der inhabenden Laſt wegen zu
Grunde muß ſincken, mit dem Lemmate:
In cremento deſidit.
Alſo ie mehr einer mit zeitlicher Geld=Begierde
beladen iſt, ie weniger kan er an den Himmel ge=
dencken. Ja eine ſolche Geld=begierige Bemue=
hung eines Kauffmanns, welcher auf nichts an=
ders, als Wucher und Geld zuſammen zu ſchar=
ren gedencket, ſtellet Pinicelli unter dem Sinn [37] Bild eines Siebes vor, aus welchem die beſten
Koerner zur Erde fallen, und der Unflath im
Siebe zuruecke bleibt mit der Uberſchrifft:
Meliora deorſum,
oder
Meliora dimittit.
Als wolte er ſagen, der Welt opffert ein ſolcher
Kauffmann ſeine beſte Lebens=Zeit auff, und
vor GOtt will er nur die Hefen oder das
ſchwache Alter uebrig behalten. Wie ſolte dan=
nenhero nun ein ſolcher Menſch, deſſen Seele
als ein beflecktes Kleid mit ſo vielerley Unthaten
beſchmitzet, geſchickt ſeyn etc.Solte dannenhero nun ein ſolcher Menſch,
deſſen Seele als ein beflecktes Kleid mit ſo vie=
lerley Unthaten beſchmitzet, geſchickt ſeyn, an
das Steuer=Ruder des Regiments geſetzet zu
werden? Solten diejenigen, die in ihren Ge=
woelbern das Licht ſcheueten, (indem ſie ihre Lae=
den meiſtentheils gantz dunckel und finſter an=
ſtreichen lieſſen) alsdenn Lichter und Sonnen
abgeben, welche ihren Untergebenen auch Licht
und Recht mittheilen ſolten? Dieſes alles ſind
nun ſolche Verkleinerungen, welche bloß auf
laſterhaffte nichtswuerdige Leute, als auf das
Werck an ihm ſelbſt, zielen, da hingegen das
Widerſpiel zu erweiſen, in folgenden uns un=
ſchwer ſeyn wird.
|| [38]
Die fuenffte Perle.
Die Hochgeehrte Kauffmann=
ſchafft.
DJe Sonne ſpiegelt ſich im Meere, der
Him
̅
el hat ſeine Luſt daran, buhlet gleich=
ſam mit denſelben, und beehret deſſen Reich=
thum, wenn er mit ſeinen fruchtbringenden
Thaue die Perlen=Muſcheln zu Muettern ma=
chet, daß ſie hernach ſo ſchoene Kinder zeugen,
welche alsdenn des Himmels Glantz an Far=
ben nicht ungleich kommen. Die alleredelſte
Kauffmanns=Perle hat in vorhergehenden 2.
Saetzen der Neid und die Mißgunſt gleichſam
in Koth herum geweltzet; Dahero muß ihr
Ruhm um deſto mehr anitzo erlaeutert ſeyn;
Denn wenn ein lobwuerdiges Thun will unter=
gedrucket werden, ſo wird es nur um deſto hoe=
her, der Neid muß durch ſeine Widerwaertigkeit
die Tugend nur ſchoener machen, und wenn der
Sturm vorbey iſt, ſo kuendiget uns der Regen=
bogen liebliche und fruchtbare Zeit an.So tieff den Preiß=wuerdigen Kauff=Han=
del die ſtoiſchen Koepffe herunter geſetzet, und
zum oefftern keinen Unterſcheid unter den rech=
ten Haeuptern und Umlaeuffern gemachet; So
hoch erhebet die gute Vernunfft dieſelbe, maßen
Plutarchus ihre Ehre, welche man ihr vor Al=
[ID00051]
[ID00052]
[39]
ters erwieſen, nicht ſattſam heraus ſtreichen kan,
indem ſie ja, wenn ſie ſonſt nichts heilſames ge=
ſtifftet, nur darum mit aller Ehrerbietung an=
zuſehen ſeye, daß ſie ſo viel darbey gethan, durch
ihren Behuff die Barbariſchen Gemuether der
wildeſten Leute zu beſaenfftigen, und groſſe Koe=
nige und Potentaten, ſo einander ſonſt unbe=
kandt, mit Freundſchafft zuſammen zu verbin=
den; Hierzu kommet, daß man vermittelſt der=
ſelben hinter viel wichtige, und in der Natur
ſonſt verborgene Dinge kommen, groſſe Wiſ=
ſenſchafften hieraus geſchoepffet, auch daß durch
die Kauffmannſchafft die allergroeſſeſten Staed=
te der Welt ins Aufnehmen kommen, unter de=
nen Masſilia, heutiges Tages Marſilien oder
Marſeille in der Frantzoefiſchen Provintz Nar-
bonne gelegen, vor eine der Aeltiſten gehalten
wird, ſo von den Phocenſern, welche des Cyri
Tyranney zu entfliehen, ſich dahin begeben, er=
bauet worden, da denn dazumahl die jungen
Leute, ehe ſie ſich nacher Athen allerhand Kuenſte
und Sprachen zu erlernen, begaben, hier abtra=
ten, (gleicher Geſtalt wie heutiges Tages ihrer
viele ſich eine Weile zu Geneve auf halten, ehe
ſie in Franckreich vollends gehen) und den
Vorſchmack ſolcher herrlichen Oerter gewan=
nen; Und was will man ſie vor veraechtlich, klu=
gen Leuten unanſtaendig, und einen unſaubern
[40]
Wandel ſchelten? da doch die allerweiſeſten
Leute ihre Luſt und Vergnuegung darinnen ge=
ſuchet haben, wie man denn zu behaupten ge=
dencket, daß unter denen ſieben weiſen Meiſtern
Griechen=Landes Solon und Thales, ingleichen
der beruehmte Mathematicus Hippocrares ſich
derſelben nicht geſchaemet; Plato, ſo ſonſt viel
Mauls darvon gehabt, und ſpoettlich genug viel=
maln, wie oben erwehnet, darwider geſprochen,
wird ſelbſt vor einen Kauffmann gehalten, in=
dem er einſten aus Egypten einen Theil Oel
abgefuehret, und ihm dadurch gleichſam eine
Ritter=Zehrung erworben.Wie hoch die edle Kauffmannſchafft von
hohen Haeuptern zum oefftern gehalten worden,
bezeugen nicht weniger die vielfaeltigen Heyra=
then, welche von Grafen, Herren, Fuerſten, ja
Kaeyſerlichen Printzen, mit Kauffmanns=Toech=
tern vollzogen werden. Dergleichen merckli=
ches Exempel der unvergleichliche Monarch
und Roemiſche Kaenſer Carolus V. ſehen laſſen,
wenn er ſeine leibliche Tochter dem reichen
Kauffmanne Alexandro Medices, da er ihm
zuvor zum Hertzog von Florenz gemachet, zur
Gemahlin gegeben, und dadurch erwieſen, in
was hohen Werth er die Kauffmannſchafft ge=
halten. Uber dieſes waer ein abſonderliches
Werck zu ſchreiben, wenn man der fuertreffli [41] chen Herrn Fugger und Welſer, deren die Er=
ſten in den Grafen=Stand erhoben worden, ih=
ren Urſprung und herrliche Thaten, ſo ohne
dem ſonſt der Welt durch Schrifften bekandt
ſind, beruehren wolte.Wieweit es die Venetianer und Genueſer
durch den Kauff handel gebracht, lieget aller
Welt vor Augen, und unſtreitig, daß alle ihre
Macht, Gewalt, Reichthum und Anſehen durch
den Kauff handel auf kommen. Dieſes erſchei=
net noch aus der Kauffmannſchafft (darunter
die meiſten von Adel ſind) ihrer eigenen O=
brigkeit, den ſie Grand Bailo oder den groſſen
Richter nennen, deme man ungemeine Ehre und
Reverenz erweiſet. Von welchen Bailis Plati-
na erzehlet, daß dieſe beyde Baili der Venetianer
und Genueſer einsmals der Kroenung des Koe=
nigs in Cvpern Perrii beywohnen wollen, ſich
aber der Oberſtelle halber nicht vergleichen koen=
nen, welcher dem Koenig zur rechten Hand ge=
hen ſollte, daher ein Tumult erreget worden,
in welchen die Genueſer, indem der Koenig
mehr denen Venetianern zugethan geweſen,
den kuertzern gezogen, dadurch aber es zu letzt zu
einem Krieg ausgeſchlagen.Woher ſchreibet ſich die groſſe Macht der
Vereinigten Niederlaendlſchen Provintzen, wo=
her bluehet die fuertreffliche Indiſche Regierung
[42]
zu Batavia und andern Orten, als eben durch
die Oſt=und Weſt=Indianiſche Compagnien,
welche ja von denen conſiderabelſten Kauff=
leuten beſtehet und ihre Herrſchafft ſo gar ueber
etliche Lande bißhero erſtrecket hat, daß ſie nun=
mehro zu ihren Lehnleuten worden? Zudem, ſo
haben zu allen Zeiten groſſe Potentaten dahin
geſehen, daß ſie ſolche Leute, die den Kauff handel
verſtuenden, um und neben ſich haetten.Was war der Vice Re in Egypten Joſeph
dazumal anders, als ein groſſer Kauffmann, der
um Getreydigt, das gantze Reichthum Egy=
ptens ſeinem Koenig erhandelte? Die Koenige
Iſrael zehleten die Kanffleute unter ihre Mini-
ſtros, welches etlicher maſſen aus dem Text des
2. B der Chron. cap. 1. abzunehmen, wenn da=
ſelbſt ſteht: Und man bracht Salomo Roſ=
ſe aus Egypten und allerley Waare, und
die Kauffleute des Koeniges kaufften dieſel=
bige Waare. So iſt demnach kein Zweif=
fel, daß Kauffleute auch zu hohen Ehren=Aem=
tern itziger Zeit zu ziehen ſeyn, gleichwie ſie von
denen meiſten Politicis als die Vornehmſten
des Buergerſtandes geachtet nach denen Gelehr=
ten in die erſte Claſſe geſetzt werden, allermaſſen
es auch Bodinus l. 3. de Republ. c. 8. darvor
haelt: Denn, gleich nach denen Gelehrten,
ſetzte er, bin ich der Meynung, daß die Kauff [43] leute billig zu erſt gehen, als welche der
Stadt ihre Lebens=Mittel, und was ſie nur
vonnoethen hat, zu fuehren und bey Kraefften
erhalten, gleicher Geſtalt es zu Venedig,
Florentz, Ancona, (Tholoſan. l. 4. de Republ)
und andern beruehmten Staedten gehalten wird,
da die Kauff leute den erſten Rang haben, (wie
man heutiges Tages liederlich Franzoeſiſch=
teutſch redet) die naechſten nach dem Adel ſeyn,
und eben ſo viel iſt, wenn man ihnen hierinne ih=
re Authoritaet und Anſehen ſchmaelern will, als
wenn man das gemeine Weſen uebern hauffen
werffen wolle, alldieweiln an ſolchen Leuten, ſo
ohne aergerlichen Wandel ihre Perſonen wol
praeſentiren, hoch gelegen ſey, wenn ſie nemlich
dem Lande und Staedten im Fall der Noth mit
Zufuhren, ſtarcken Darleihen, oder andern der=
gleichen Beduerfftniß, mit Geld und Waaren
dienen mueſſen, und man alsdann erſt ſiehet, was
man an ihnen habe.Die Alten, welche nicht allezeit, ſo klug ſie
auch immer geweſen, alle Umſtaende beobachtet,
haben nicht geſehen, was ein Kauffmann in ei=
nem Collegio mit ſeinen Rathſchlaegen nuetzen
koenne, zumahln die Experienz und Erfahrung
die groſſe Gelehrſamkeit vielmaln zu ueberwie=
gen pfleget. Solte nun der bekandte Fleiß
nnd die Wiſſenſchafft eines Kauffmanns, der
[44]
ſo viel Laender, Nationen, deroſelben Sitten, Ge=
wohnheiten, Reichthum, Policeyweſen, und der=
gleichen genau erkundiget, nicht alsdenn ge=
ſchickt ſeyn, einem Regiment helffen fuerzuſtehen,
weiln ja ſelten erfahren worden, daß eine Re-
public von lauter Gelehrten beſtanden, ſon=
dern die Gerechtigkeit hat allezeit die Haushal=
tung gar gerne neben ſich leiden koennen, wel=
ches alles denn ſehr wol und weislich nun von ſo
vielen Jahren her, nach dem Exempel derer
Auslaender, faſt alle Staedte Teutſchlandes
und des Roemiſchen Reichs in acht genommen,
und ihren Staat meiſtens von Gelehrten und
Kauff leuten formiret, auch darbey biß dieſe
Stunde nicht uebel gefahren ſeyn, wie an Ham=
burg, Luebeck, Franckfurt am Mayn, Augſpurg,
Breßlau, Leipzig, und andern dergleichen Oer=
tern geprieſen wird.Noch eines zu erwehnen, ſo iſt bekandt, wie
hoch die Franzoeſiſche Nation auf ihre Farbe
halte, und ihre Privilegia und Freyheiten nicht
gemein mache; Dennoch unterſchiedene Koeni=
ge denen auswaertigen Kauffleuten, ihre hoch=
haltung hierdurch an Tag zu geben, herrliche
Privilegia ertheilet, dieſelbe, nach threr Art, zu
reden, naturaliſiret, oder vor Eingeborne und
Mitbuerger durch gewiſſe Decreta erkennet,
welches wol ſonſt nicht geſchehen waere, wenn der
[ID00059]
[ID00060]
[45]
Kauff handel nicht von der Franzoeſiſchen Cro=
ne vor ihre Seel und Geiſt gehalten wuerde.
Das ſechſte Perle.
Die unanſtändige Kauffmann=
ſchafft.
BLeichwie es unmoeglich, daß die Taucher
oder Perlen=Fiſcher ſich ins Meer laſſen,
und was tuechtiges berbringen koennen, wenn ſie
ſich mit Speiß und Tranck ueberladen, oder
der Geilheit nachhengen; Alſo verhaelt ſichs
auch mit denen jenigen, welche ſich des Kauff=
handels unternehmen wollen, denen es nicht zu=
kommet, und ihre Profesſion nicht ſeyn kan, als
da iſt der Adel, die Geiſtlichkeit, groſſe Herren,
nnd gelehrte Leute, welche ihren Stand durch
dergleichen Vornehmen mehr verkleinern, als
anſehnlich machen.Ob wol nun viel und mancherley Urſachen
koennten beygebracht werden, daß es ſo gar un=
recht nicht ſey, wenn ein groſſer Fuerſt und Herr
auch Handlung treibe, nemlich, dafern die
Noth ſich ereigne, die Unterthanen erſchoepfft
ſeyn, daß ſie das Vermoegen nicht haben zu hand=
thieren, und dahero dem Landes=Herrn Steu=
ern und Gaben auſſenbleiben: Oder wenn auf
andere Weiſe die Landes=Schulden nicht koen=
nen gehoben werden, daß er gezwungen wird, ſol=
che Mittel zu ergreiffen.
|| [46]
Wenn ſolche Handlung alſo umſchraencket
wuerde, daß der Handel nicht in geringen und un=
anſtaendigen, ſondern groſſen Sachen beſtehe:
Wenn es nicht zum Schaden der Unterthanen,
ſondern zum Nutz des gemeinen Weſens ange=
ſehen ſeye, und er nicht allezeit, ſondern nur, biß
das Land ſich wieder erholet habe, durch gewiſſe
Leute dem Handel ein geſetztes Ziel gebe. So
iſt doch je und allezeit von den Kluegeſten dieſe
Art vor veraechtlich, ſchimpfflich unrecht gehal=
ten worden. Es faellet mir anitzo bey, Curtius
l. 4. c. 11. wie Alexander der groſſe Koenig in
Macedonien einsmals ſeiner Fuerſten einem
dem Parmenioni heimlich verwieſen, daß er ſo
geneigt waere, durch Handel und Wandel Geld
zuſammen zu kratzen, und ihm ſelbſt darzu zu
verleiten trachtete, ſagende: Ja, wenn ich Par-
menio waere, ſo ſehe ich freylich eher und mehr
auf Geld, als auf Ehre und Reputation; Allein,
da ich nun Alexander bin, und mir es leichtlich
nicht am Gelde fehlen wird, ſo erinnere ich mich,
daß ich kein Kauffmann, ſondern ein Koenig bin.
Dahero wird dem Tyranniſchen Koenige zu Ne-
apolis Alphonſo zur ewigen Schande nachge=
ſchrieben, daß er ſolle Haeckeley und Schinderey
getrieben, daß ſeine Unterthanen ihm auff ihre
eigene Koſten gantze Heerde Saeue maeſten, und
wenn eines darvon geſtorben, ein anders darge [47] gen verſchaffen mueſſen, alles Oel und Getrey=
digt, ſo in Apulien erwachſen, habe er aufs ge=
naueſte und um den geringſten Preiß von ſei=
nen Unterthanen ihn zu ueberlaſſen erzwungen,
ſolches hernach auf den theuerſten Pfenning
ausgeſchunden, auch keinen einigen Menſchen
zu gegeben, was zu verkauffen, ehe und bevor er
das Seinige loß worden, und damit muthwilli=
ge Theurung verurſachet. Nichts weniger
Ruhm hat von ſeiner veraechtlichen Handthie=
rung der Keyſer Pertinax darvon getragen, wie
Spartianus und Herodianus von ihm melden.
Der fromme Keyſer Theophilus ließ es ihme
hierinnen ſehr nahe gehen, denn als er einſten
aus ſeiner Koeniglichen Burg zu Conſtantino=
pel in den Haafen nebenſt andern ein groſſes
Haupt=Schiff einlauffen ſahe, ſo ziemlich bela=
den ſchiene, fragte er, wem daſſelbige zuſtuende,
als er aber erfuhre, daß es der Keyſerin waere,
welche darinnen unterſchiedliche Waaren aus
Syrien bringen laſſen, befahl er von Stund an,
daß alle diejenigen Sachen, ſo darinnen Privat-
Leuten zuſtuenden, ſollten heraus geſchaffet, was
aber der Keyſerin waere, unberuehret bleiben;
als ſolches geſchehen, hat er Griechiſch Feuer ins
Schiff werffen, und daſſelbe ſamt den Wahr=n
in Rauch aufgehen laffen, der Gemahlin aber
den Verweiß gegeben: Sie ſolle wiſſen, daß ihm
[48]
GOtt zu einem Keyſer und nicht zu einen Han=
delsmann gemachet, die Kauffmannſchafft
ſtuende gemeinen Leuten zu, ihr Leben und
Wandel darvon zu erhalten und zu fuehren, und
ſolten ſich hohe Haeupter in ſolche Dinge nicht
miſchen, welche denen jenigen zu kaemen, die der
Obrigkeit das Ihrige davon abſtatten mueſten.Etliche von Adel, ſo an unterſchiedenen Or=
ten Teutſchlandes, groſſen Staat zu fuehren,
auch das Euſerſte verſuchen, und nicht nur mit
dem, was ſie von ihren Guetern, an Wolle,
Vieh, Wein, Getreydigt, und dergleichen zu
verloſen befugt ſeyn, ſondern auch andere die
Handelſchafft und gemeinen Gewerbe zuſte=
hende Handthierung, darueber ſie auch zuweiln
von ihres gleichen ſcheel angeſehen werden, ſind
ſolcher Geſtalt auch nicht wenig zu handeln ge=
neigt, da ſie doch bedencken ſolten, was die beyde
loeblichen Keyſer Honorius und Theodoſius
ihnen ſo leutſelig fuerſagen: Denen von Adel,
ingleichen, die von beruehmten und anſehn=
lichen Haeuſern und Geſchlechtern herſtam=
men, unterſagen wir hiermit ernſtlich, daß,
indem ſie ohne diß GOtt von ihren Eltern
und Vorfahren her, mit ſattſamen Aus=
kommen geſegnet, ſie den ſchaedlichen und
denen Staedten nachtheiligen Handel und
Maecklerey einſtellen ſollen, damit ſolcher
[49]
gewoehnlicher maſſen dem Mittelmann
und Buerger allein bleibe. Gleichwie es
nun einem Soldaten, der Land und Leute be=
ſchuetzen helffen ſoll, uebel anſtuende, wenn er
Spieß und Mußqveten wegwerffen, und einen
Laden=Jungen abzugeben ſuchte, alſo und noch
vielmehr wuerde es dem adelichen Gebluet, als
welches von Rechts wegen lauter Feuer= und
Helden=Flammen in den Adern fuehlen ſoll,
ſchlechten Reſpect geben, wann es ihrem hohen
Stande ſolche unanſtaendige Sachen zu begin=
nen trachten, und den Zweck, dazu es von GOtt
und der Natur geordnet, widerſtreben wolle.
Solches verſtunde Sigismundus, Koenig in
Polen wol; Denn als etliche von Adel ihm an=
langeten, daß er ihnen doch vergoennen wollte,
einen gewiſſen Handel und Gewerb anzufan=
gen, ſagte er ihnen nicht mehr als dieſes; Ich
muß drenerley Leute in meinem Reiche ha=
ben, nemlich Bauern, die mir das Land
bauen, Kauffleute, die mir das jenige, was
meine Laender nicht tragen, zufuehren, und
was ich hingegen ueberflueßig beſitze, an an=
dere Orte verführen, und dann Edel=Leute
die mich und das Vaterland vertheidigen,
ſchuetzen und ſtuetzen helffen mueſſen, und hier
mit ließ er ſie gehen.Ungeachtet denen bißhero angefuehrten Ex [50] empeln und Urſachen, ſo fanden ſich doch viel
kraefftige und relevante rationes und Exempla,
warum die von Adel und conſeqventer auch
die von ihnen herſtammende Patritii, oder kuer=
tzer zu ſagen, der Land= und Stad=Adel circa
praejudicium dignitatum ſuarum, Fug und
Macht haben in verſchloſſenen Gewoelbern, ſo
wohl en gros als en detail, oder im Ausſchnitt,
item in Spedition der Kauffmanns=Gueter,
und andern dergleichen mercantihſchen Ver=
richtungen zu handeln, und in einer jeden Repu-
blic zugelaſſen ſey, ja auch als eine dem Publico
hoechſt=nuetzliche und erſprueßliche Sache gar
ſehr zu loben; und dannenhero auff alle weiße
und wege zu facilitiren und zu favoriſiren ſey.
Wie dann von einem vornehmen corpore
Mercatorio p. t. Marperger dieſe Frag, (ob
dem Adel die Handelung zukomme?) ſein in
Rechten gegruendetes Gutachten darueber zu
geben zugeſandt worden, welches er dann fol=
gender maſſen Rationes dubitandi & deciden-
di abgeſtattet, nemlich obwohl das Weſen und
die foermliche Urſache des Adels hoc & ratio &
cauſa formalis nobilitatis, nach dem allge=
meinen Voelcker=Recht in einer Ausſonderung
von dem gemeinen Poebel beſtehe, daß nemlich
einer nicht unter ſolchen gerechnet, ſondern in
einem Ehrenſtand geſetzt werde: Virtutis enim
[51]
merce, eſt gloria & honor, & omnis nobiliras
Juregentium eſt honorata. Sive inter omnes
gentes honore & dignitate ornata prae caeteris
civibres, ſolche Ausſonderung aber von Poebel,
und das dienſtliche Weſen der Ehren=Stellen
unter andern auch in gaentzlichen unterlaſſen
und Abſtand, von ſolchen Actionen beruhe, wel=
che entweder an ſich ſelbſt unehrlich, als zum
Exempel, wann einer von Adel mit denen Co-
moedianten, Storchern, oder Qvackſalbern
herum ziehen wolte, welche Perſonen im Rech=
ten vor unehrlich gehalten werden, Arg. l. 2 §.
ait Praetor. 5. ff. de his qui not. infam. C. de-
finimus q. 1. Weſenb. inparatit. ff. de acq.
Eor. Dom. n. 7. Wird demnach geantwortet,
daß ihnen nach als vor dem der hergebrachte
ſtemma nobilitatis zukommen, die gefuehrte
Handelung nicht verhinderlich ſeye, denn cui
competit jus et etiam competit locus, und
kan ſo wenig ein handlender Patritius von ſei=
nem vorhin gehabten Rang der Handelung we=
gen removirt werden, als es in denen meiſten
See= und andern Staedten, denen in hohen
Aemtern ſitzenden Kauff leuten unpraejudicir=
lich an ihren Stellen iſt, daß ſie ihre wohl eta-
blirte Handlung auch in ſolchen hohen Ehren=
ſtand ferner fortfuehren.Erſtlich wegen der, vieler Orten von der ho [52] hen Landes=Obrigkeit nach reiffer Uberlegung
darzu ertheilten Concesſion, wie dann alſo der
Koenig in Franckreich Ludovicus der XIV. ſei=
ner Nobleſſe ein gar amples Privilegium, daß
ſie zu Land und Waſſer Kauffmanſchafft trei=
ben moechten, ohne daß es ihr an ihrer Dignitaet
im geringſten hinderlich ſeyn moechte, ertheilet
hat. Ein Gleiches iſt vor langen Zeiten, un=
ter ſo vielen Koenigen in Engeland geſchehen, da=
her noch die groſſen Haeuſer kein Bedencken tra=
gen, ihre Cadets (obgleich die erſtgebohrne
Mylords, Grafen und Baronen ſeyn, die
Kauffmannſchafft lernen zu laſſen, von wel=
cher ſie auch, wann etwan der aelteſte Sohn un=
beerbet mit Tode abgehen ſolte, zur Dignitaet des
Verſtorbenen uebergehen und auffſteigen koen=
nen, ohne daß ihnen ſolches von iemanden ſolte
koennen diſputirlich gemachet werden. Vid.
Bodin. lib. 3. C. 8. Item, das noch vor eini=
gen Jahren in denen Aviſen bekannt gemachte
Exempel von einem vornehmen Londiſchen
Banquirer, Nahmens Lambert. welchen Ihro
Groß=Britanniſche Majeſtaet die Koenigin
Anna in den Ritterſtand erhoben, wegen der in
Ubermachung der Gelder an Ihre Armeen,
ihr erzeigte und NB. noch ferner darinnen er=
zeigende groſſe und conſiderable Dienſte, ande=
rer Hoeffe Exempla zu geſchweigen, deren Ban [53] quirs und vornehmen Kauffleute auch, nach er=
langten Adelſtand, ihre Handlung nach als vor
getrieben.Zweytens, authoriſiret auch der Nobilium
Handels=Freyheit, die ſchon hin und wieder, ob
dem daraus verſpuerten mercklichen Nutzen,
eingefuehrte Gewohnheit, und daß ſelbſt hohe
Haeupter zu Land und Waſſer zu traſiquiren,
ſich nicht entziehen. Alſo war Pabſt Paulus
11. anfaenglich ein Handelsmann, ehe er auffden
Paebſtlichen Stul erhoben worden. Rudol-
phus Koenig in Boehmen, trieb ſo lange Kauff=
mannſchafft, biß er die von ſeinen Vorfahren
dem Koenigreich auffgedrungene Schulden=Laſt
abgetragen. Das maechtige Haus de Medices,
hat den Urſprung ſeiner Hoheit der groſſen
Handelung zu dancken, wie Brutus Hiſtor. Flo-
rentin. aus welcher Urſach der groſſe Hertzog
von Florenz, und viele andere Italiaeniſche
Fuerſten mehr, biß auf den heutigen Tag groſſe
Capitalia anlegen und dardurch einen verant=
wortlichen Gewinn ſich anſchaffen, was vor
groſſe Handelung treiben nicht die Venetiani-
ſche, Genueſiſche, Neapolitaniſche und Sicilia-
mſche Nobili, die zuvor ſchon genannte Enge=
laender und Frantzoeſiſche von Adel, die Nieder=
laendiſche uralte Adeliche Familien, ſonderlich
die von des Duc de Alba Zeiten her, in deutſchen
[54]
Reichs=Staedten refugirte adeliche Geſchlech=
ter, welche, weil ſie ihre Gueter mit dem Ruecken
anſehen mueſſen, keine andere Nahrungs=Mit=
tel gefunden, als die Kauffmannſchafft, in wel=
chen ſie ihre Gelder ſo gluecklich rouliren laſſen,
daß nicht allein die groeſten Capitaliſten noch un=
ter ihnen zu finden, ſondern auch dieſe Staedte
ſelbſt, in welche ſie auffgenommen worden,
ihren Conto wohl dabey gefunden, und darue=
ber zu ſtattlichen Handels= und Han=See=
Staedten geworden. So ſeynd auch im Reich,
ſonderlich in Oeſterreich und Schwaben, vor=
nemlich in der Schweitz dergleichen Adeliche
Geſchlechter, die theils der Religion, theils ande=
rer Urſachen wegen ihr Vaterland verlaſſen,
und ſich in Deutſchland geſetzet, deren Nach=
kommen noch heutiges Tages in ſtattlichen
Handlungen ſitzen, und darum keine Difficuliaet
finden wuerden, wann ſie wieder nach ihren Va=
terland gehen wolten, daſelbſt in den Adel an
vielen Orten wieder recipirt zu werden. So
vieler 1000. Patriuorum und Gelehrten zu ge=
geſchweigen, die ihre Gelder in der Kauffleuten
Caſſen und Handlungen mit auf Gewinn und
Veriuſt touhren laſſen, auch wohl ſelbſt eigene
Handels=Correſpondenz und Handlungen
ſonderlich in denen See=Staedten, und in
Schiffs Fahrten und See=Handlungen fueh [55] ren, wie wohl bey verſchloſſenen Laeden, oder Ge=
woelben, und ſo viel als moeglich in Große, damit
zwiſchen ihren realen Werck, und der Craeme=
rey und Haeckerey, als welches Sordidum ge-
nus mercaturae, einem Patricio ohne blame
und Verkleinerung ſeines vornehmen Stan=
des nicht zukommen noch anſtehen will, ein Un=
terſcheid ſeye.Drittens iſt das Handeln der Patriciorum
zu conſideriren, als etwa was dem Staat,
worinn ſie leben, zutraegliches, nothwendiges
und politiſches, dann erſtlich wird zur Hand=
lung oder Kauffmannſchafft, welche anima Rei-
poblicae genennet wird, Geld und zwar in ge=
nugſamer Qiantitaet erfordert, dieſes findet ſich
nun vornehmlich bey vornehmen Geſchlech=
tern, wie manchen hat nicht die Handlung in
groſſes Reichthum gebracht, daß er hernach ſei=
ne Adeliche Buerde deſto leichter hat tragen koen=
nen, durch die Handelung haben die Hollaender
gantze Kriegs=Flotten ausgerueſtet, vieler Ve=
ſtungen in lndien, Africa, und andern Orten
ſich bemaechtiget, mit groſſen Koenigen Buend=
nueſſe gemacht, ja bis hieher Franckreichs
Macht balanciret, daß es Europam nicht, wie
es wohl gewolt haette, verſchlingen koennen, und
ſo haben ſich viel Privati aus Kauff leuten in
den Graffen= und Herren=Stand geſchwun [56] gen, wer wolte dann die Handlung, als ein bil=
liges Mittel zu emergiren, oder ſich in hono-
rablen Stand (in welchen einem die Geburt
geſetzet,) aus Mangel anderer Geluecks=Gueter
dadurch zu mainteniren, verdammen. Reich=
thum iſt ja des Adels Stuetze, und machet die Ed=
len, noch Edler, ſolcher kommet aber nicht aus
der Lufft geflogen, wird auch heutiges Tages von
gar wenigen im Kriege erbeutet, oder bey mit=
telmaeßigen Land=Guetern erworben, daß alſo
ſolcher am fueglichſten durch die Handelung zu=
wegen gebracht wird. Dahero dann Coepella
und fuernehmlich Klockius die fuertreffliche
ICti billich behaupten, daß die Kauffmannſchaft
dem Adel weder auffheben, noch einiger maſſen
nachtheilig ſeyn koenne.Letzlichen gehet auch unter denen Politicis
die Frage um, ob denn auch der geiſtl. Stand
etlicher maßen ſich des Handels und Wandels
unterziehen koenne? Weiln ja der Avoſtel Pau=
lus, ſo dazumahl gleichſam ein Biſchoff gewe=
ſen, dennoch zu Corintho Teppiche abgeferti=
get und verkauffet habe, (Act 18. 3.) wie er es
ſelbſt geſtehet: (1. Cor. 4, 12.) Wir arbeiten
und wuercken mit unſern eigenen Haenden.
So iſt hierauff zu wiſſen: 1. Daß hier ein Un=
terſcheid zu machen zwiſchen derjenigen Hand=
thierung, ſo im Haußweſen fuergehet, und deren
[57]
ſo allgemein iſt. 2. Daß es Paulus nicht ge=
than, großen Profit und Wucher damit zu trei=
ben, ſondern bloß das Leben zu erhalten, wie er
denn kurtz zuvor ſetzet: (v. 12.) Biß auff die=
ſe Stund leiden wir Hunger und Durſt,
ſind nacket.Woferne er nun damals ein Biſchoff ſollen
heiſſen, Hunger und Durſt gelitten, und ſich
kaum bedecken moegen, ſo mueſſen die Biſchoeff=
lichen Intraden um ein gutes ſchlechter, als bey
denen heutigen ſeinen Nachfolgern, geweſen
ſeyn, und wird man ihn ſchwerlich gnaediger
Herr Paulus tituliret haben, allein dieſes Ein=
wenden hat keinen Grund zu behaupten, daß
geiſtliche Perſonen ſich in Handel und Gewer=
be einlaſſen ſollen. Paulus ſchreibet ſelbſt an
ſeinen Timotheum, da er einen Chriſtl. Kriegs=
mann aus ihm machen will. Leide dich als ei=
nen guten Streiter JESU Chriſti, kein
(Geiſtlicher) Kriegsmann flicht ſich in Haen=
del der Nahrung, auf daß er gefalle dem,
der ihn angenommen hat. (2. Tim. 2, 3. 4)
Der heilige Lehrer Hieronymus verbeut der=
gleichen ſeinen Untergebenen, daß ſie ſich vor ih=
ren Orden unanſtaendigen Handel, als vor den
Aergſten dieſer Welt, huetten und fuerſehen ſol=
len. Wormit dem geiſtlichen Stande ja ſolcher
[58]
Geſtalt dergleichen Unterfangen, wie billig ab=
geſchnitten wird,
Die ſiebende Perle.
Die nutzbare unentbehrliche Kauff=
mannſchafft.
DJe Nutzbarkeit der Perlen zu beſchreiben,
wuerde einen beſondern Tractat erfordern.
Was ſie in der Artzney vor herrliche Wuerckun=
gen von ſich geben, bezeuget der Herrn Medico-
rum Erfahrung, wenn ſie die Lebens=Geiſter
wiederum erquicken und ſtaercken, das Hertz vor
den Gifft bewahren, allen Melaneholiſchen
Affecten und Zufaellen widerſtehen, das We=
ſen des Hertzens, daß es nicht matt werde, erhal=
ten, den ſchwindſuechtigen, hitzigen, ja gar Peſti=
lentzigliſchen Fiebern gewaltiglich ſteuren, den
Durchlauff hemmen, das Gehirne und Adern
ſtaercken, auch eine bewehrte Augen=Artzney ab=
geben.Es hat es der allweiſeſte Schoepffer und
Regierer aller Dinge ſo nachdencklich geord=
net, daß immer eines dem andern auf Erden
muß zu ſtatten kommen, und keines alſo leben
kan, daß es des andern nicht beduerffe; ſondern
was einem Orte abgehet, muß der andere bey=
tragen, und was ein anderer ueberflueßig hat,
dem Nechſten zufuehren, dahero denn die Nutz=
[ID00075]
[ID00076]
[59]
barkeit der loeblichen Kauffmannſchafft leicht
zu ſchlieſſen iſt, die da der Natur, ſo zu reden,
recht zu Huelffe kommt, und ihre Maengel zu er=
ſetzen ſich befleißet, ruehret aber, wie gedacht, al=
les von der allweiſen Verſehung GOttes her,
daß nicht jedwedes Land und Erdreich alles zu=
gleich tragen muß, ſondern verbleibet einen jed=
lichem Orte das Seine billig zugetheilet, die
Freund= und Bekandtſchafft der Menſchen,
hierdurch fortzupflantzen, damit es recht heiſſe:
Daß allen Menſchen hoechſtens daran gele=
gen ſey, ſeinen Nechſten mit Wohlthun be=
gegnen, weiln es wohl dabey bleibet, daß
kein Menſch auf der Welt ihm alleine
gnug und klug zu ſeyn vermag. Solches iſt
auch an den andern Creaturen abzunehmen,
indem GOtt durch Mittel hilfft und handelt,
wenn er dem Geſtirn am Himmel und der Er=
den ſolche Eigenſchafften eingethan, daß ſich ei=
nes nach dem andern richten, deſſelben Influenz
oder Einpflantzung nothwendig folgen, und
unterſchiedene Dinge in der Natur hervor
bringen muß: Als zum Exempel, an dieſem
muß es ein gut Getraeidigt=Land, dort guten
Weinwachs abgeben, bald muß in Africa alles
voller Hirſche gehen, hingegen in Griechenland
es an Loewen mangeln, bald muß Engeland
nichts von Weinwachs wiſſen, hingegen Hi [60] ſpanien, Franckreich und Welſchland deſſen
ueberflueßig haben, dieſe Gegend muß tapffere
Soldaten, eine andere ſtattliche gelehrte Leute,
dieſe erfahrne Werckleute und Kuenſtler, eine
andere fleißiges Ackerwerck und reiche Berg=
wercke hegen, und ſo fort an: Europa muß, wie
gedacht, Gitraeidigt, Wein, Saltz und andere
Lebens=Mittel andern Theilen vorbehalten,
Aſia Eilffenbein, Africa Gold, und America
Gewuertze ſchicken, Engeland Wolle und herr=
liche Tuecher, Schweden und Norwegen Eiſen
und Kupffer zu fuehren, und alſo immer ein Ort
dem andern die Hand bieten, und jedwedes mit
des andern Guetern den Mangel erſetzen.Wodurch aber koente nun ſolches geſchehen,
wenn es die Kauffmannſchafft nicht thaete, und
man von Ab= und Zufuhre nichts wueſte? Iſt
alſo eine nuetzliche Profesſion in der Welt, ſo iſt
es der Kauff=Handel, wen
̅
er in denen Schran=
cken der Erbarkeit fortlaeufft, als durch welchen
die gantze Welt, ſo wohl mit Einheimiſchen als
fremden Waaren, beydes zur Nothdurfft und
Ergoetzlichkeit verſehen wird, und ohne welche
kein Reich, Land noch Stadt beſtehen kan; wie
yiervon auch Herr D. Backius ueber den 48. Pſ.
redet: Wenn Handel und Wandel bey einer
Stadt liegt, was iſt ſie denn? weitlaeufftig ſich
erſtreckende Handlung, und der Waaren eines
[61]
Orts Verfuehrung machen beruehmte Staedte.
Solches aber mercket man nicht eher, als wenn
zu Peſt= und ſchweren Kriegs=Zeiten alle Paeſſe,
und folglich Handel und Wandel geſperret
werden. Plato, der ſo offt ſonſt auf den Kauff=
Handel geſchmaehlet, beſinnet ſich an einem an=
dern Orte wieder anders, und bekennet aus=
druecklich, da er eine rechte und wohlbeſtellte
Stadt angeben will, daß ſolche ohne Kauffleute
nicht beſtehen koenne, als welche zum hoechſten
darinnen vonnoethen waeren; desgleichen faellet
ihm ein ander Geſchicht=Schreiber gerne bey,
anzeigende, daß die Kauffman
̅
ſchafft der Stadt
Rom jederzeit ſehr fuertraeglich geweſen. Und
Livius (l. 23.) kan nicht genugſam die Wohl=
that derer damahligen 19. Kauff leute ruehmen,
ſo bey den 3. Compagnien ſich auffgehalten,
welche denen Scipionen in Hiſpanien, als ſie
groſſen Mangel und Hungers=Noth ausſtehen
mueſſen, ſchleunig mit Anſchaffung duerfftiger
Lebens=Mittel zu Huelffe kommen. Und Cice-
ro in ſeiner Oratione pro plancio. Deſſelbi=
gen Vater ruehmet allermaſſen und ſaget von
ihm, daß er der Stadt Rom ein nuetzlicher
Kauffmann geweſen ſey, anderswo ruehmet er
auch die Bythinios, als welche durch ihre Kauff=
mannſchafft der Stadt ueber alle maßen nutz=
und vortraeglich geweſen. Lib. 1. Offic. redet
[62]
er von der Kauffmannſchafft auff folgende
Weiſe: Mercature Sitenuis, Sordida putan-
da eſt: Si magna & copioſa multa undiq; op-
portans, multisq; ſine vanitate impertiens,
non eſt admodum vituperanda: Atque et-
iam ſi ſatiata qvae flure vel contenta potius:
ut ſaepè ex alto in portum ex portu ipſo in,
agros poſſesſionesq; contulerit, ridetur jure
optimo poſſe Laudari: Das iſt, eine geringe
Kauffmannſchafft iſt zwar veraechtlich, wann
ſie aber groß, und viel aus allen Orten herbey
bringet, ſo, daß viel ihrer genieſſen koennen, iſt
ſie mit nichten zu verachten, und wann ſie ſich
an einen gebuehrlichen Gewinn laeſt begnuegen,
und bringet ihre Waaren ueber Meer in den
Hafen, aus dem Hafen auf das Land, ſo ſoll
man ſie billig loben. Plutarchus bezeuget von
Thalete, Solone und Hippocrate, und alle
Scribenten haben davor gehalten, daß ſie ſeye
dem privaten Leben nuetzlich, der gemeinen Re=
gierung vortraeglich, daß man koenne ſein eigen
Hauß damit bereichern, und eine gantze Stadt
damit verſehen, wiewohl ſie auch ihre Beſchwe=
rung und Gefahr mit und bey ſich hat: Herr
Riemer in ſeiner Gleichniß=Rede fol. 535. be=
ſchreibet die Kauffmannſchafft, daß ſie ſeye ein
Behuff menſchlichen Fortkommens, ſie verglei=
che ſich mit denen Flueſſen, welche von einem
[63]
Land zu dem andern ueberbringen, was dem
Menſchen nothwendig, ſie ſey auch denen Flueſ=
ſen innerlich gleich, in welchen man Gold und
Edelgeſtein findet, ja ein rechtes Geſund=Waſ=
ſer, welches wider die Kranckheit der Armuth
dienet.Befoerderſt aber, was hinter einer realen
Kauffmannſchafft ſtecke, von denen ihren im-
portandis & exportandis heiſſet es:Hic ſegetes, illie veniunt felicius Uvae, Ar- borei foetus, alibi atque iniuſſa vireſcunt, Gramina nonne vides, croceos ut Tmo- lus adores India mittit Ebur molles ſua Thura Sabaei Al Chalybes nudi ferrum, viros aque pontus. Cafforea, Eliadum, palmas Epoiros equarum.Oder wie der beruehmte Oldenburgerus in ſei= nem Itinerario Juridico pag. 853. ſchreibet: Quemadmodum ſine Equitibus benigeri bellum nequit, ita ſine mercatoribus non, poteſt ſtare civitas; hi Reipublica praeſidia, ſunt, & defectum in Civitate medici, quip- pe qvid deficit, & qvid ſit de futurum ſedu- lis conſiderant, Conſilio capto per mare, per terram, per ignem ad indos volant, naves o- nerant, per Syrtes redeunt, nullum vitae & fortunarum diſcrimen fugiunt, modo rerum deficientium foecunditate ſuas Civitates be [64] ent. Das iſt: Gleichwie ohne Reuterey der Krieg nicht wohl kan gefuehret werden, alſo kan auch ohne Kauff leute keine Stadt oder gemei= nes Weſen beſtehen, dieſe ſeyn der Republic ihre Schutz= und Vormauern, in ereignenden Maengeln ihre Aertzte, welche Huelffe ſchaffen, und welche fleißig, ſo wohl auff das, was ſchon gegenwaertig abgehet, als was noch kuenfftig ab= gehen moechte, acht geben. Sie reiſen wohlbe= daechtlich alle Laender, achten keine Land=noch See=Gefahren, wann ſie nur ihr Vaterland und den Ort, wo ſie wohnen, durch ihre Muehe und Arbeit gluecklich machen koennen etc.Heiſt das nicht ein vortreff liches Lob, wel= ches denen Kauff leuten und der Kauffmann= ſchafft gegeben wird, de nihilo, oder als was ſchlechtes, wie einige der Handelungs=gehaeßige vorgeben wollen, anzuſehen.
So bleibet dann der Ruhm dem nutzbarn Kauffmanns=Weſen, Das ſeine lange Hand in manche Laender ſtreckt, Von dem kan alle Welt zu ihren Zeiten le= fen, Daß ſeine Treffligkeit manch tapffer Hertz erweckt, Es liebt der African den muntern Euro- paeer,
|| [65]
Und der von Ormus her verehret ihm ſein
Gold,
Armenier u. Perß haelt ſeinen Handel hoeher,
Als was er ſelbſt vermag, und bleibt ihm
ewig hold.
Durch unſre Kauffmannſchafft wird aller
Welt gerathen,
Sie hefftet durch ihr Thun ſo manches
Land an Land,
Durch ſie wird manches Reich und groſſe
Potentaten,
Die ſonſten nichts gewuſt, zuſammen wol
bekandt,
Sie fuehret ab und zu, zu Nutz dem armen
Leben,
Durch Muehe, Glut und Fluth, dem Nech=
ſten nur zu Dienſt:
Soll man nun ihrem Schweiß nicht einen
Vortheil geben,
Wer thut was ohne Lohn, wer liebt nicht
was Gewinſt?
So blühe Himmel an die ſchoene Kauff=
manns=Blume,
Es labet alle Welt ihr lieblicher Geruch,
Sie bleib uns unverwelckt zu ihren hohen
Ruhme,
Und hoere wuerdiglich ſo manchen Lobe=
Spruch.
|| [66]
Die achte Perle.
Die kluge und Vorſicht=brauchende
Kauffmannſchafft.
DIe Sineſer geben fuer, daß eine gewiſſe
Art Perlen=Auſtern ſich finde, welche,
wenn ſie aus dem Meer ans Land kommen, ſich
auffthun, an dem Strande alſo mit offenen
Schalen an der Sonnen liegen, und gleichſam
einſchlaffen, wenn nun die Meer=Voegel ſie alſo
liegen finden, fliegen ſie ſchnell hinzu, fallen auff
den vermeinten Raub an, der Hoffnung, ſich
an dem ſueſſen Fleiſch der Schnecke zu ergetzen,
ſtoſſen dahero ihre Klauen geſchwind hinein, he=
ben ſie auff und fliehen mit darvon, die Schne=
cke ſich verletzt merckend, ſchlieſſet und druecket
ihre Deckel und Schalen mit aller Macht zu,
und haelt alſo den Fuß des Vogels eingeklem
̅
et,
zeucht ihn durch ihre Laſt wiederum, und ver=
mittelſt ſeines Schmertzens, mit ſich herunter
auf die Erden, welches alsdenn denen Fiſchern
ein recht gefunden Eſſen iſt, indeme ſie ſolcher
Geſtalt beydes den Vogel und Auſter mit ein=
ander fangen koennen.Wer rechtſchaffene Profesſion von der
Kauffmannſchafft machen will, muß warlich
eines vorſichtigen klugen und verſchmitzten
Kopffes ſeyn, ſoll es ihm anders nicht als dem
[ID00085]
[ID00086]
[67]
unvorſichtigen Auſter=Naeſcher dem Meer=Vo=
gel ergehen. Da wird ſonderbares Nachden=
cken, gutes Gedaechtniß, reiffer Verſtand, voll=
kommene Wiſſenſchafft aller Laender, Oerter
und Nationen, mit denen er zu thun hat, des=
gleichen des Gewiegts und der Muentzen, wie
die hin und wieder gehen, zu reduciren, Gewin
̅
und Verluſt zu ueberſchlagen, erfodert: Da
muß das Recht und Zeit der Wechſel, wie die
von einem Ort zum andern lauffen, nichts min=
der genaue Nachricht von allen Waaren, wie
und wo dieſelbige am beſten, wohlfeilſten, und
aus der erſten Hand zu haben, wie man die Sei=
nige employren, und wo ſie am fueglichſten ab=
gehen, in acht genommen werden, als etlicher
nur zu gedencken, ſo hat man ſo wol aus denen
Scribenten, als der Erfahrung, die Nachricht,
daß die Venetianiſchen Tuecher, die Niederlaen=
diſchen Carſeyen, Zien, Kupffer, Giaß, Papier,
Laden=Spiegel, und andere Venetian ſche
Waaren in Orient, zu Corfu, Candia, Con-
ſtantinopel, Alexandria in Egypten, und der=
gleichen Orten wohl abgehen. Hergegen Ma-
terialien, ſo aus ſelbigen Landen heraus kom=
men, in Italien, Franckreich, Teutſchland,
Niederland, Engeland, Barbarien, Sardini=
en, Sicilien, und andern Orten angenehm
ſeyn: Aus der Levante und ſelbiger Gegend
[68]
kommen Haeute, Oel, Heringe, ingleichen ſei=
dene Teppiche, Ingwer, Zimmet, Muſcaten,
Pfeffer, Casſia, Rhabarbara, &c. In Syrien
laedet man Corduan Wachs, Seiden, Honig,
Teppichte, Datteln, geſaltzene Fiſche: Von
Zante bringen ſie Wein, Pomerantzen, Limo=
nien, Oel, Wolle, Haeute, Roſinen und Cibe=
ben: Pohlen und Moſcovien giebet das aller=
beſte Rauchwerck an weiſſen und ſchwartzen
Fuechſen, Zobeln, Mardern, Woelffen, Fuech=
ſen, Luchſen, wilden Katzen, Caninchen und
dergleichen: Teutſchland verfuehret nuetzliche
Waaren, welche mehr zur Nothdurfft und
Erhaltung des Lebens, als zur Uppigkeit die=
nen: Hiſpanien liefert Fiſchwercke, Seide,
Wein, Wolle und Fruechte: Engeland herrli=
che Tuecher, Struempffe, Band, Meſſer, Hand=
ſchuhe, und viel andere delicate Dinge: Franck=
reich iſt wie eine Nadler=Bude, welche dem Au=
genſchein nach die ſchoenſten Dinge von der
Welt, an ſich aber mehrentheils die fluechtigſten
Sachen, wie es ſelbige Nation mit ſich bringet,
in alle Oerter der Erden ausſtreuet, die Augen
beluſtiget, und wie ein Gluecks=Topff vielen
Laendern das Geld aus dem Beutel practiciret,
und ſie hernach mit ihren eigenen Fett betreuf=
felt, oder gar verbrennet. Wann anietzo ein
Schiff in Holl= oder Engeland aus Oſt= oder
[69]
Weſt=Indien ins Vaterland ankommet, mein
GOtt, was ſiehet ein Fremder, der dergleichen
niemahln erblicket, vor Wunder. Wann in
Amſterdam das Oſt=Indiſche Hauß geoeffnet,
oder ſonſt ein freyer Marck zum Verkauff aus=
geruffen wird, oder in Hamburg dergleichen ge=
ſchiehet, was ſiehet das menſchliche Auge nicht
vor ungeheure Hauffen Gueter, welche man
nicht meynen ſolte, daß ſie in der Welt vertrie=
ben werden, und wuerde man deren noch mehr
ſehen, und ſie in unſern Landen um billigen
Preiß haben, wenn ſie von den Hollaendern in
Indien nicht aus Uberfluß, und damit ſie hier=
auſſen nicht zu wohlfeil werden moechten, oeff=
ters in groſſer Qvantitaet, nicht ohne Suende,
verbrannt wurden. (Mandelsl. Oſt=Ind.
Reiſe in der Vorrede)Wer die zum oefftern zu uns ueberſchickte
Nachricht anſiehet, erſtaunet faſt ueber der un=
zehlbaren Menge derer Waaren. Selbige in
etwas zu beruehren, und von denen Materialien
oder Specereyen anzuheben; So finden ſich
erſt die unterſchiedenen Sorten von Zucker, als
Candıs Brod, Fein ſein, ordinari Fein, Netto
Melis, gepleckt Melis, Lampen, Rafenat, Zu=
cker von St. Chriſtophel, und Barbados, Ma-
ſcarvat Caribes und vielerley mehr. Braun
und weiſer Zucker=Candt, Candis Syrup, Ba [70] ſtart und Madritsſer Syrup. von den Gummi.
Gummi von Semigall. Benzoin-Borax-Ma-
ſtix - Casſia - Cardamon - Manna - Tragant
Storax - Calamita. Weyrauch allerhand
Sorten. Aloes Epatica, dito Succotrini Scam-
mon. Jalappa Aſa Faetida, weiſe und rothe
Myrrhen. Ferner Wallrath oder Sperma Ce-
ti, Caſtoreum oder Biebergeil, Schwaemme,
Oriental und Occidentaliſcher Bezoar, Grau
Ambra, Muſcus, Biſem, Amſterdamiſch Zi-
bet, in Sorten. Mumien. Saſſaparilla, Colo-
quinten. Curcume-Wurtzel. Galgant. Zitt=
wer=Saamen. Senes-Blaetter. Rhabarbara.
Turbit=Wurtzel. Sal armoniacum. Sal Alcali.
Irias oder Veil=Wurtzel, Piſtatien, Campfer,
gemeiner Pfeffer, langer=weiſer=Engel= und
Hollaendiſcher Pfeffer. Ingwer weiß=blau= und
ſchwartz. Eingemachter Ingwer, Bengaliſcher
Ingwer, Citronat trucken, dito Madura, dito
Liſabon. Negelein=Zimmet, Negelein Sor=
ten. Nelcken=Holtz, Nelcken=Staub. Genue-
ſiſch Greyn, Muſcaten=Nueſſe in Sorten.
Muſcaten=Blumen. Braun und weiſen Zim=
met. Casſia Holtz. Engliſch=Frantzoeſiſch=auch
Oeſterreichiſcher Saffran Sapplor. Orlean,
Caſtanoy neu und alt, dito Zimna, Citronat
in Saltz, von Madura, Lange bittere und ge=
meine Mandeln, Valenciner-Provencer und
[71]
Barbadiſche Mandeln. Roſinen lange alt und
neue Korb=Roſinen, alt und neue kleine Roſi=
nen. Feigen. Lange und runde Pflaumen, Po=
merantzen=Schalen. Capern, Limonien, Limo=
nien in Saltz, Oliven in Saltz. Genueſer, Mal-
gomſche und Sevilier-Oliven, groſſe Oliven,
Oliven von Barille. Lorbern, Carbey. Holtz.
Eben=Holtz, Schlangen=Holtz, Fernambock.
S. Martin Holtz. Sappon=Holtz. Campet=
Holtz, Gelb=Holtz, Braſilien=Holtz, Japoniſch
Holtz, roth Sandel=Holtz, Suckertan
̅
en=Holtz,
Saſſafras. Krappen berooft und unberooft, it.
neu und gemein Baum=Oel, Carcer=Oel von
Genua, von Toulon-Sevilien-Malaga-Major-
ca-Liſabon de Porte. Spick-Oel, Rub=Oel,
Lein=Oel, Buchecker=Oel. Honig von Bour-
deaux von Bajonne, von Breda, von Nantes,
Innlaendiſcher=Bremer= und Lueneburger=Ho=
nig, Lueneburgiſch Wachs dito Klein. Boettgen=
Honig. Anies, von Alicanten, Roemiſcher=
Malteſer=Poeliſcher, Tuerckiſcher und Teut=
ſcher Anies, und Fenchel. Alaune, Roemiſche=
Engliſche=Luecker=und Daeniſche Alaune, Eng=
liſch= und Goßlariſch Victriol. Reiß. Meylaen=
diſcher=Veroneſiſcher=Malteſer=Rother=Cartel=
und Brack=Reiß. Venediſcher Terpentin. Co-
culus zum Fiſchfangen. Stamp=Perlen, Qveck=
ſilber. Weine, Alicanten=Peterſimenis-Wein,
[72]
Malvaſier-roth=und gelber Spaniſcher Wein,
gelb u. weiſer Sect, Canari Sect. Franz-Wein,
Petouwiſche=Coniaken-Bonrdeauxer-Lan-
go???ſe. Nanteſer-Anjouer-Orleaner- und der=
gleichen Weine und Brandeweine. Wie denn
von einen einzigen Kauffmanne zu Camerich,
Laud??? genannt, gemeldet wird, daß er alleine
auf ſeinen Schiff=Gefaeßen in einem Jahre
aus Franckreich nach denen Niederlanden in
die 3300 Ohmen Wein hinueber geſchaffet
habe. It Italiaeniſche Weine, ſo man in Rom
zu kauffe bringet, von Livorno, Guarnaccia,
Moſcatello, Greco di Soma, Greco di Puſilico,
di Roſına-della torre d Iſchia Puſilico, Roſſo,
Chiarello, Centola, Lagrima, Wein aus Cala-
brien, Lacrymae Chriſti. Coda. Cavallo Roſſo.
S Johannis-Wein. Aſprino, S. Severino. Maz-
zacane. Vernotico. Wein di Santa Roſella.
Corſo di taglıa Moſcato. Corſo di Pietra Ne-
ra. Latino. Belvedere. Granatino di ſpagna.
Vino di Paula. Vino di Romania Vino di Pi-
ſotollo-dı Roſalia-Razzeſe-d Albano-Ca-
ſtel Gandolfo. Marini. La Riceia Fraſcati,
Languillara Vino del monte- di Rocca di Pa-
pa. Montarano, carignella. Vino di Jalaggio.
Terracına Caprarola-Turpia Monte di S. Ma-
ria Galeſe Greco di Caſtello. Moſcatello di Mon-
te Fiaſcone. Vino di Montopol dorvieto. Gre [73] co di ſpoleti. Vino di Torrett, d Orte-Correz.
ze-Cavarini Monte Rotondo de la Mentana.
Formelle-Bracciano-Galeri-Genzano-Cavi-
L Iſola-Notona-Sermoneta-Monte fortinodel-
la Molara, di Campagnaro Valariano. di Ne-
zario-diCavignano-Savelli di ſutrii Velletrii-
Vetrallo. Romaneſco. Vino di Monte Pulciano.
Ritornato & Roſpato. Weinſtein, Italiaeni=
ſcher von Palma-item Teutſcher. Gall=Aevffel
von Aleppo, von Smirna. Item Teutſche. Zien,
Engliſch Block=Zien, Amſterdammer und
Franckfurther Probe=Zien, Teutſch Altenber=
ger und Schlackewalder Zien, Goßlariſch=
Engliſch und Braunſchweigiſch Bley. Taback,
Virginiſch=Veriniſch=Braſiliſch=von Antigos-
Caribes. von St. Chriſtophel=Morians Fran=
tzoeſiſch=Engliſch= und Hollaendiſch=Geblaetter=
ter, Hanauiſcher, Innlaendiſcher=gepreßter Hol=
laendiſcher Taback. Poot=Aſche. Dantziger=Koe=
nigsberger=Rigiſche, Teutſche Calcionirte
Moßkoviſche=und dergleichen Poot=Aſche. Al=
lerhand Sorten Heringe, Brandvoll= und
Moycken=Heering. Farben. Cochenille. In-
dıgo von Guatimalo, dito Karkes von Tripo-
Ii Leura-Boulide, Caribiſcher Indiao. Spaan=
gruen. Fernambuck. Engliſch und Schwediſch
Kupfferroth. Zinober=Menge=Lack. Florenti=
ner=Lack etc. Engliſche Erde, Schied Bley=Rauſch
[74]
gelb. Aurum pigmentum, gelbe Erde, lichter
und dunckler Ocker. Bergblau, Berg=Aſche,
ultra marin blau, Schmalte, Gummi Guttae,
und dergleichen mehr. Leder. Elends=Haeute,
ſchwerer u. leichter Juchten, Engliſch=oder Kalb=
Leder, Spaniſch=Engl=Sohl=Leder, Hambur=
ger Pfund=Leder, Corduan, Tuerckiſcher, Ungri=
ſcher=Preußiſcher=Polniſcher und dergleichen
Corduan und Saffian von unterſchiedenen
Farben. Kupffer, Japaniſch=Schwediſch=
Nordiſch=Kupffer, Muentzplatten, dito Teut=
ſche, dito Ungariſche, kupfferne Ketteln, kuepf=
ferne Waaren, kuepffern Draht, dıto Schwe=
diſche Rollen=und Tafel=Meßing, Meßinge Be=
cken, Alt Kupffer. Eiſen, Sckwediſch fein=
roth=Eiſen. Stahl. Steyer=Maerckiſch,
Schmalkalder, Dantziger Stahl, weiß und
ſchwartz Blech. Eiſerner Draht, von unter=
ſchiedenen Numern. Talck oder Unſchlit.
Moßcowitiſch=Ungriſch=Polniſch=Ißlaendiſch=
Norden=Oeſterreiſch=Talck. Thran, Gruen=
laendiſch=Speck=Robbe Trahn. Hanff, Rhei=
niſch=Koenigsberger=Rechlitzer=Memeliſcher=
Hochteutſcher Hanff allerhand Sorten.
Flachs von Hyllig, Eylaendiſch Fiſchbein, Fi=
ſche, Flachfiſch, Halbfiſch=Stockfiſch=Laberdan,
Rotſcheer, dito klein und zart=Rund=Fiſch.
Lachs, Berger=Moßkoviſcher=Gruenlaendiſcher
[75]
Lachs. Teer Pech in Eichenholtz. Borras
Turbit. Salarmoniacum. Severſaat Pulver,
Oſtindiſcher=Cracoviſcher Salpeter. Gerafi=
nirter und anderer Schwefel, Silberglaett,
Wallfiſchbarth oder Fiſchbein, dito altgeſchnit=
ten, Leim, Pimsſtein. Haus=Blaſen. Pariß.
Roethe von Breßlau. Seiffe, Hand Venedi=
ſche=Alicantiſche=Bunte Marſiliſche Seiffe.
Elephanten=Zaehne, Zinck, Wißmuth. Mercu-
rius Sublimatus. Antimoninm. Roſmarin.
Johannis=Brod, Sueſſe=Holtz. Saltz, von
S. Hubes Liſaboniſch=de Cadix. Franzoeſiſch=
Lueneburgiſch=Hamburgiſch=Polniſch= und
Hochteutſch Saltz. Leinwatt, Uryſtaetter=
Rochlitzer dito weiſſe=à 60. Ellen Neicker=
Zuechen. Taſellacken, oder Tuecher=Serviette.
Oßnabrueckiſche=Ravensberger mit und ohne
Cron, Erfurter=Mindiſche=Branſchweigiſche=
und Halberſtaediſche. Spaniſche=Seviliſche=
von Navarra, von Arragon, Segaviſche Laem=
mer=Wolle, Albarſiner=Caſtilliſche=Roſtocker=
Preußſche=Irrlaendiſche=Polniſche=Muehlhaeu=
ſer=Bremer= und andere Wolle. Cattunen.
Cypriſche=gelbe und weiſſe, Barbadiſch=Smirner=
Tuerckiſch=Perſiſch=Sineſer=und Jappaner=
Cattun. Von Seidenen Zeugen und
Waaren, nur das allerwenigſte zu beruehren,
von Gold=und Silberſtuecken, gantz und halb
[76]
abgeſeegt. Gold und Siber mit den Grund,
Bologneſer=Meylaender=Florentiner=Roemiſch=
Neapolitaner=Meßiner=Portugieſer=Spani=
ſche und andere Franzoeſiſche und Italiaeniſche
ſeidene Zeuge und Waaren, die wegen ihrer
Varietaet und Abwechslung der Zeiten nimmer=
mehr alle zunennen ſind. Getreydigt, Pol=
niſcher=Stetiniſcher=Koenigsberger=Bremer=
Hollſteiner=und hochteutſcher Weitzen. Preu=
ſiſch=Koenigsberger=Engliſch=und Hochteuſch=
Korn. Daeniſche=Friſiſche=Magdeburger=
Bremer=und Elbinger=Gerſt. Hafer, Weiß=
Brau=Gut, Eyderſchwartzer Hafer. Polni=
ſcher=Brabandiſcher=Flaemiſcher und anderer
Buch=Weitze. Allerhand Arten Bohnen.
Erbiß, Heide=Korn. Zum Schiff=Gefaeß.
Faß=Tauben zu Pipen und Orhoefden, 4. zoelli=
ge Bretter viertehalb und 4. zoellige Pfoſten,
Hackſpaene oder Brack von Holtz, und viel tau=
ſenderley Arten von Waaren, welche zu Waſ=
ſer und Lande, dem Menſchen zu nutz zugefueh=
ret werden.Was das Koenigreich Franckreich mit ſeinen
Manufacturen und Verfuehrung der Waaren
nach Engel=und Holland und ſo fort in Teutſch=
land vor grauſame Summen Geldes mache, iſt
aus nachfolgenden, welches doch das Wenigſte,
kuertzlich abzunehmen.
|| [77]
Von Lyon, allwo es verfertiget wird, brin=
get man ſchlechten und gemoedelten Sammet,
dergleichen Atlas, Gold und Silberſtueck, Ar-
moiſin, und andere dergleichen ſeidene Waa=
ren. Zu Tours arbeitet und verſendet man
rauchen Sammet, Tafet Poudeſoyes, Gold
und Silber=Stueck, Gold=und ſilbernen Mohr,
ſchlecht und gebluemten Tobin, ſeiden Band,
und andere ſeidene Zeuge. Von Pariß, Rou-
an. S. Chamont und S. Eſtienne en Forreſt,
ſeiden Band, Spitzen, Schnuere und Knoepffe,
etc. Chalons, Chartres, Reims, Amiens, Cre-
vecoeur, Blicourt und andere Staedte in der
Picardie geben eine groſſe Anzahl von Sergen
und Eſtainien. Huete von Caſtor Vigogne,
von Haare, von Wolle, verſendet man aus der
Stadt und Vorſtadt Paris, Lyon, Rouan,
und andern Orten in der Normandie. Feder=
Bueſche, lange Gehencke, Leib=Gehencke, Hand=
ſchue, Foecher, Kaepffen, Maſqven, Spiegeln mit
ſilbernen Figuren, groſſe Buechſen, vor groſſe
und kleine Schlag=Uhren, Contrafaite, Me=
daillen, Schreibetafeln, Arm=Baender und an=
dere kleine Sachen, Handſchue, ſo zu Paris,
Rouan, Vendosme, Clermont, und andern
Plaetzen gemacht werden, Garn, ſo in der gan=
tzen Picardie geſponnen wird. Pappier wel=
ches von allerley Gattung zu Auvergne, Pi [78] ctou, Limoſin in Champanien und in der
Normandie zu bereitet wird. Steck= und
Nehnadeln, wie auch hoeltzerne und andere
Kaemme von Paris und aus der Normandie.
An allerhand kleinen Eiſen=und Kupffer=Wer=
cke ſo zu S. Eſtienne im Walde, und zu Auver-
gne geſchmidet wird. Zarte und feine Lein=
wat, auch Leinwat zu Segel=Tuechern von Bre-
tagne, Anjou und der Normandie. Allerley
Haußrath an Betten, Polſtern, Decken, Vor=
haengen von unterſchiedlichen ſeidenen Zeugen
mit groß=und kleinen Franſen. Was vor Wei=
ne aus Franckreich und ihren Provintzen von
Bourdeaux, Rochelie, Nantes, Rouan, Bajon-
ne. Jaehrlich in andere Laender verſchleppet wer=
den, iſt faſt unausſprechlich; Dergleichen an
Brantewein und Eßig, darvon nur nach Hol=
land ueber die 5000. Tonnen im Jahre hinueber
geſchaffet werden. An Saffran, Seiffe, Ho=
nig, Mandeln, Oliven, Capern, Pflaumen iſt
wegen der unzehlbaren Zahl nicht moeglich zu
ſpecificiren. Ja man hat vielmahl nachge=
rechnet, daß des Jahres ueber die 600. ja 1000.
Schiffe Saltz aus Emprouage, Oleron, der
Inſul de Rets (der Abtey de Bourgneut,
Poulegin und Craſil in andere Laender gefueh=
ret werden. Mit den Getreydigt ſeyn die Fran=
zoſen ſo ſchlimm, daß ſie leicht keines aus ihren
[79]
Landen andern Oertern zukommen laſſen, es
waere dann bey ueberflueßig fruchtbaren Zeiten,
woraus faſt abzunehmen, daß ſie denen Frem=
den wol ihre in meiſtentheils fluechtigen Sachen
beſtehende Wahren, nicht aber das Leben zu er=
halten vergoennen. Wenn man nun die Sum=
men, ſo Franckreich jaehrlich aus ſolchen Waa=
ren ziehet, nur obenhin ueberſchlaeget, hat man
in Nachrechnen befunden, daß ſie mehr als 38.
Millionen oder dreyhundert und 80. Tonnen
Goldes in einem Jahre dem Franzoeſiſchen
Reichen und Landen zutragen. Ob nun der
Koenig in Franckreich nicht der groeſſeſte Kauff=
mann unter der Sonnen anitzo ſey, als wel=
cher den maechtigſten Profit und Portion von
dieſem geloeſeten Gelde hat, und einen jeden her=
nach, wie leider! am Tage mit ſeinem eigenen
Gelde vexiret und peiniget, iſt nicht ferner zu
leugnen, weiln ſeine Inventiones, Moden an=
lockende Trachten doch wol Teutſchlande eine
ewige Sucht in ſeinen Leibe und Gebeinen ver=
bleiben werden.Ferner iſt hoechſt=noethig, daß ein Kauffmann
ſich auf die Waaren wol verſtehe, und die Fal=
ſchen von den Guten alſobald zu unterſcheiden
wiſſe, und dieſes ſo wol an Woellinen, als Sei=
denen, Apothecker=als anderen Spezerey=Waa=
ren. Durch welche Kundſchafft, und wenn er
[80]
alles wol durchkrochen, es nicht fehlen kan,
wenn ihm nechſt GOtt das Glueck wol will, daß
er nicht in kurtzen groſſe Dinge thun konne.
Die neunte Perle.
Die gewinnſuechtige und Wucher=
begierige Kauffmannſchafft.
DEr HErr laeſt ſeine Sonne ueber Boeſe
und Gute ſcheinen, und wie es in der
Welt gemenget durch einander gehet, das Tu=
gend= und Laſterhaffte vielmaln die Nechſten
ſeyn; Alſo iſt es auch mit denen andern Crea=
turen bewand. Es ſoll nach Plinii Meynung
eine Art Perlen geben, welche man Perlen=
Baſtarte nenne: Item, wenn die Perlen bey
ihren Muettern lange laegen, wuerden ſie grob
und heßlich, blieben an der Muſchel hangen,
daß man ſie auch mit keiner Feilen abbringen
koenne. Ich vermeine nicht zu irren, wann ich
unzulaeßigen Gewinn, groben Wucher, und die,
ſo ſich deſſen ſchaendlicher Weiſe gebrauchen, ſol=
chen unreinen Baſtart=und hoeckrichten Perlen
vergleiche; weil ſie gleich wie dieſe Unſaubere,
auch ihre Mit=Brueder unſcheinbar zu machen
trachten. Hier aber will ich oeffentlich wi=
der alle ehrliche auffrichtige und gewiſſen=
haffte Kauffleute proteſtıret, und keinen der=
ſelben in geringſten gemeinet, ſondern nur
[ID00101]
[ID00102]
[81]
die erbare Welt und abſonderlich die Ein=
faeltigen, die um den Betrug derer Schlim=
men nichts wiſſen, gewarnet haben, beken=
ne aber dabey, daß die folgenden Worte in
dieſer Claſſe nich die Meinen, ſondern eines
Italiaeniſchen Autoris ſeyen, welcher aus
der Erfahrung folgender maſſen ſo gar un=
gereimt nicht redet.Wann ich die Profesſion des Kauff=Han=
dels eigentlich und fuer ſich ſelbſt betrachte,
ſo treffe ich ſie nicht allein voller Muehe, Ar=
beit, Sorge und Gefahr an, ſondern auch
nicht ohne Liſt und Betrug, mit welchen ſie
bey vielen guten theils angefuellet iſt, denn
da findet man etliche, welche ihre boeſe
Waaren mit tauſenderley ſueſſen und be=
trueglichen Worten wiſſen einzuloben, und
hat uns der Poët Moralis eine gute Lehr wie=
der ihre Liſt und Betrug hinterlaſſen, da er
ſagt:Nolitu qvaedam referenticredere ſemper Exigua eſt tribuenda fides, qvimulta loqun. tur.Das iſt:
Glaub nicht ſo leicht den Worten ſueß, Denn wer viel redt, viel luegen muß.Andreas Fauſtolinus bezahlet ſie auch recht, und [82] zeiget wo einige derſelben mit ihren luegen und truegen hiu gehoeren in nachfolgen Vers.
Perjurata ſuo poſtponit Numina lucro, Mercator ſtygiis non niſi dignus aquis.Das iſt:
Er verſchweret GOtt, und ſein vergiſt, mit ſeinem Gewinn des Teuffels iſt.Ferner weiß mancher die Maengel ſeiner Waa= ren gar fein und meiſterlich zu verſchweigen, und zu verbergen, da doch der leges duodecim Tabularum verſehen, wie die, ſo in ſolchem Be= trug begriffen zu ſtraffen, und Lex Aquilina den Verkauffer dahin weiſet, daß er die Maen= gel ſeiner Waaren nicht verſchweigen ſolle, be= neben denen, daß ein jeder ſchon in ſeinem Ge= wiſſen ueberzeiget iſt, weſſen er ſich hierin ver= halten ſolle. Es iſt aber des generoſen Kauff= manns bedencken, faſt bey allem gemein, der ei= ne pfleget zu ſagen: Wer ſich fuer dem Teuf= fel fuerchtet, wird nimmer reich, und einer ſagt: Cninonſa parte ſerra la bottage, wer die Kunſt nicht weiß, der mach den Kram zu, ſonderlich bey Wolle, Flachs, Seiden, Tuch, Purpur, Edelſteine, Specereyen, Wachs, Oel, Wein, Pferden und andern Viehe, findet man allezeit Betrug, und koennen ſich die, ſo damit umgehen, deſſelbigen ſo wenig [83] enthalten, als Bertram von Meintz, oder pina Bellus oder Ganus.Ein Kauffmann kan ſchon Buecher verkauf= fen, wann er nur alſo handelt, daß ihme das gu= te Gewiſſen kan einen Zeugen abgeben. Er kan allerley Eiſen=Waaren verkauffen, wann er nur dabey das Gewiſſen nicht an Nagel haenget, allerley ſchoene Spitzen Waaren, wann er nur ſeiner Seelen Heyl nicht auff die Spi= tzen ſetzet, er kan Silber=und Gold=Stuecke ver= kauffen, wann er nur alſo handelt, daß er kein unehrliches Stuecke begehet. Ein Kauffmann kan Engliſch Tuch verkauffen, wann er nur kei= nen teuffliſchen Betrug dabey macht. Er kan allerley Schnuere verkauffen, wann er nur im Preiß nicht ueber die Schnur hauet etc. Spricht demnach Caſiodorus Variar. 1. Lib. 3. C. 3. p. 169. von dem Gewinn der Kauffleute, daß ſolcher der beſte ſey, durch welche niemand be= leidiget, welcher rechtmaeßige Weiſe erworben wuerde, und niemand zum Praejuditz gereiche. Dahero alle Kauffleute, was dieſen Punct an= betrifft, denen Bienen gleich ſeyn ſollen, welche ohne denen Blumen Schaden zu thun, ihr Ho= nig daraus ſaugen, welches einen Gelehrten be= wogen, ueber eine Blume, auff welcher eine Bie= ne ſaß, dieſe Worte zu ſchreiben: Sine injuria: Ich nehme und thue doch keinen Schaden [84] noch unrecht: Hingegen ſchreibt ein anderer Author, Haben viel andere Kauffleute ein an= dere Maxime und Sprichwort: Nemlich: Wer ſich vor dem Teuffel fuerchten wolte, der wuerde nimmermehr reich werden.Nun waere hier noch ein langes und breites zu erzehlen, wie dergleichen boeſe Leute ihrem Or= den zu groſſen Spott und Verkleinerung oeff= ters ſolche Dinge practiciren, welche nur anzu= hoeren beſchwerlich fallen wuerden; Allein, weil unſere Rede bloß und allein zum Lob und Ruhm des edlen Kauff handels gewidmet iſt, von welchen heutiges Tages am meiſten zu ver= muthen, daß er richtige Wege gehe, ſo will man lieber hiervon andere Reden laſſen. Worbey doch auch nicht zu vergeſſen, wie aus ſolcher Wucher=Begierde offtmals das allergroeſſeſte Kauffmanns=Ubel entſpringe, und es ſolchen Perſonen wie dem Hunde in der Fabel gehe, der ein Stueck Fleiſch im Maule hatte, im Waſſer aber nach den Schatten ſchnapvete, und das rechte darueber fallen lieſſe, nemlich daß mancher darueber ehe er es vermeynet, banquerot ſpielen, und Landfluechtıg werden muß, und wuerde da= hero auch an ſich halten, wann die Straffen, ſo ſonſten auf ſolche Banquerottirer geſetzet ſind, noch im Schwange giengen, wie ſie denn Keyſer Carl V. zum Stricke verdammet, in Franck [85] reich in einen gruenen Hutt jedermann zum Spott gehen muſten; In Moßkau erbaerm= lich gepruegelt worden, biß ſie den Glaeubiger vergnuegten. Zu Luebeck und etlichen Hanſee= Staedten muſten ſie die Schand=Glocke ueber ſich laeuten laſſen, am Pranger ſtehen, und das Land meiden. Bey den Chineſern wurden ſie gleich wie in Teutſchland in Schuld=Thurm ge= worffen, und ſo ſie den Zahlungs=Termin nicht inne hielten, zu tode gepruegelt, und was derglei= chen Unehre mehr war. Immittelſt aber, gleich wie derjenige, welcher von ſeinen Waaren einen zulaeßigen Gewinn nimmet, ſeinen Nech= ſten ein Allmoſen gibet, alſo iſt hingegen der, welcher ungebuehrlich wucher, ein Moerder, der die Leute ins Armuth und Verderben ſtuertzet, ja ein Abgoetter, der ſein Hertz von GOtt ab= wendet, und mit ſeinen Geld und Guth Abgoet= terey treibet, der die jenigen Gueter, ıſo er ver= ſchlinget, wieder ausſpeyen muß, und GOtt ſie aus ſeinem Bauch heraus zu reiſſen gedrohet hat. Hiob. 10. Wer demnach in ſolcher Zunfft und Gemeine nicht wandelt, der wird wol blei= ben, und ſein geſegneter Saame wird das Land beſitzen.
|| [86]
Die zehende Perle.
Die muehſame Kauffmannſchafft.
BEy dem Capo de Gomoryn haben die
Portugieſen vormals viel Perlen=Fiſcher
gehalten, weiln es aber an ſelbigen Orten ſehr
muehſam und gefaehrlich, daß nicht allein von de=
nen Taeuchern oder Perlen=Fiſchern erſoffen;
ſondern auch von den Fiſchen gefreſſen worden,
wodurch es dann nicht wenig Wittwen und
Weyſen gegeben; So iſt ſelbiger Perlen=Fang
nicht mehr ſo gangbar und dahero ins ſtecken
gerathen. Woraus zu erſehen, was ſolche
Taucher fuer Muehe haben, wie ſie ſich auf vie=
lerley Art verwahren, in das Meers=Tieffe wa=
gen, daß ſie erſauffen oder gefreſſen zu werden,
immer beſorgen und in Lebens Gefahr ſtehen
mueſſen: An vielen Orten werden ſie gezwun=
gen 12. und mehr Klafftern unter den Waſſer
um die Stein=Klippen herum zu kriechen, da=
von ſie denn die Muſcheln mit Gewalt abreiſ=
ſen.Wird an einer Art der Menſchen GOttes
des Allerhoechſten Gebot nach dem Suenden=
Fall Gen. 3. 17. 10. Mit Kummer ſollſt du
dich nehren dein Lebenlang; Im Schweiß
deines Angeſichts ſollſt du dein Brod eſſen,
wahr gemacht, ſo geſchiehet es gewiß dem Kauff=
[ID00109]
[ID00110]
[87]
handel. Ich will anitzo nicht von denen ge=
ringern Kramern, die zu Waſſer und Lande duen=
ne und dicke, durch Feind und Freund, ihnen
es wol recht blutſauer laſſen werden, ja vielmal
das Leben auf die Spitze ſetzen, um ein Stueck
Brods zu erringen, ſagen, ſondern es iſt am Ta=
ge, wie auch die groeſſeſten Kauff=Herren von der
Welt, denen Tonnen Goldes ſo gemein, als
manchen hundert Thaler ſind, auf ihren Schrei=
be=Stuben zu weilen ſitzen und Calmeuſern,
daß ihnen der Schweiß ueber die Naſen laeufft,
alldieweiln ſie wol wiſſen, was offtmals an einer
Minute, ja faſt an einen Augenblick gelegen
ſey, ja ſo anſehnlich ſie ſich nunmehr, und in dem
groeſſeſten Reſpect befinden, ſo trifft der
Spruch bey ihnen doch am meiſten ein: Es
iſt ein elend jaemmerlich Ding um aller
Menſchen Leben, von Mutterleibe an, biß
ſie in die Erden begraben werden, die unſer
aller Mutter iſt, da iſt immer Sorge,
Furcht, Hoffnung und zu letzt der Tod, ſo
wol bey dem, der in hohen Ehren ſitzt als
bey denen Geringſten auf Erden. Und
wahrhafftig, wenn man einen recht fleißigen
Kauffmann mit lebendigen Farben abconter=
feyen ſollte, ſo koennte man ihn nirgends beſſer
als in dieſen Denck=Spruch abbilden. Hat
einer von ihnen zehenerley Nutzen, ſo hat er ge [88] wiß hergegen vielmal hunderterley Gefahr vor
Augen, oder doch zu befahren. Was ein rechter
Kauffmann, was er zu thun, wie vielerley er zu
beobachten, ja was die Kauffmannſchafft vor
ein Labyrinth ſey, wie darzu ein kluger The-
ſeus und eine getreue Ariadne, die ich hier wol
die Vorſicht nennen kan, erfodert werden, hat
unter andern dargethan der fuertreffliche und er=
fahrne Herr Savary Franzoeſiſcher Nation, da=
hin ich auch jeden behoerigen verwieſen haben
will, weiln ſonſt meine Intention durchaus
nicht iſt von der Kauffmannſchafft zu profiti-
ren, oder zulehren. Und hat der wol ein gutes
Werck geſtifftet, der dieſes des Herrn Savary
Buch in unſere Mutter=Sprache ueberſetzet hat,
weswegen ihm viel zu dancken haben; Noch
mehr aber wuerde der ſich um gantz Teutſchland
verdient machen, der dieſes Werck durchgienge,
und es auf den Zuſtand der Kauffmannſchafft
im Roem. Reich hin und wieder einrichtete, denn
ſo es andere Nationen thun koennen warum ſoll=
ten wir Teutſchen, denen es GOttlob an Woer=
tern nicht mangelt, nicht eben dergleichen, ſon=
dern viel mehr praeſtiren koennen?Aufs vorige nun wieder zu kommen, ſo blei=
bet es wol darbey, daß es um den loeblichen
Kauff=Handel ein hauptſaechlich=muehſames
und gefaehrliches Weſen ſey, und ob wol auch
[89]
hin und wieder heylſamlich verſehen, daß die
Kauffleute denen Geſandten gleich, durch alle
Armeen und Laeger zu Kriegs=Zeiten frey und
ſicher paſſiren moegen, wie denn Onoſander
Strategicus will, daß ein Feld=Herr nebenſt an=
dern Sorgen, ihm angelegen ſeyn laſſen moege,
denen Kauffleuten ja zu Waſſer und Lande
freyen und ungehinderten Paſs und Repaſs zu
verſchaffen, damit wegen Mangel des Provi-
ants, Munition, und anderer Nothwendigkei=
ten, die Armeen nicht crep ren, und der Feind
alsdann durch ſolche Verwahrloſung gewon=
nen Spiel bekommen moege; Dahero auch dem
Roem. Feld Hauptmann Paulo AEmilio allezeit
nachgeruehmet wird, daß, als er den Macedoni-
ſchen Krieg antreten ſollen, er vor allen Dingen
an den Rath zu Rom gelangen laſſen, damit ja
der Proviant und Zufuhr moege vollen und rich=
tigen Lauff haben, und denen Kauffleuten zu
Waſſer und Land allezeit ſicheres Geleit gema=
chet werden, alldieweiln, wenn ſolches auſſen=
bliebe, der Soldat nicht mehr in Dıſciplin koen=
ne erhalten, viel weniger was fruchtbarliches
ausgerichtet werden, wie ſolches mit ſeinen groſ=
ſen Schaden der Carthaginenſche General
Hannibal erfahren mueſſen, als in der Belaege=
rung Carthago, ihm die Zufuhr abgeſchnitten
worden, er ueber alle maſſe den Kuertzern gezogen.
[90]
So weiſet doch leider! die Erfahrung allzuviel,
wie ſolche Privilegirte Leute, ſo dennen Solda=
ten ihre Lebens=Mittel zubringen ſollen, am al=
lererſten von ihnen angepacket und wider aller
Voelcker Recht vielmal bezwacket und beraubet
werden. Bleibtt es demnach wol darbey, daß
dieſe Profeſſion auf allen Seiten mit vielen Ge=
faehrligkeiten gleichſam umzingelt, und dahero
billig mit deſto groeſſern Faveur zu bedencken
ſey. Und hat Frau Victoria colomna der
Kauffleute Zuſtand in nachfolgenden Verſen
gar ſchoen beſchrieben, da ſie ſaget:Mancher ſo eilt nach Reichthum ſehr, Vertrauet ſich dem wilden Meer, Mit Schmertz und Furcht all Land durch= faehrt. Biß ihm wird ein Glueck beſchert In Waſſers=Wellen bitt offt um Gnad, Wagts aber wieder, nicht ohn ſchad, Und wann er hofft auf beſſern Gewinns, Faellt Hoffnung und Leben mit eins dahin.
Die eilffte Perle.
Die zu Waſſer und Lande florirende
Kauffmannſchafft.
DAß kein Zweiffel mehr ſey, daß unter de=
nen Perlen ein groſſer Betrug mit fuerge=
he, liegt am Tage, indeme, zumaln bey den Ju=
[ID00115]
[ID00116]
[91]
den dieſelbige ſaubere Kunſt, Perlen zu machen,
in vollen Schwange lauffen mag, und dahero
nicht bald darhinder zu kommen, weilen der
Verkauffer eine Perle von hohen Werth nicht
leicht, es ſey denn auf des Kaeuffers Gefahr,
welcher ſich auch noch beſinnet, ehe er es vor=
nimmet, zerſchlagen laeſſet, und alſo der Betrug
die Oberhand behaelt.Die Geſchicht=Schreiber haben vielerley
Arten der gemachten Perlen wahrgenommen,
Johannes Tzetzes ſchreibet, daß man aus de=
nen zerbrochenen Perlen die ſchoeneſten groeſten
und rundeſten, ingleichen aus den unfoermlichen
laenglichen die allerſauberſten rundeſten Perlen
machen koenne. Solche falſche Perlenmacher
bedienen ſich auch der Perlen=Mutter, wann
ſie die ſchoenſte Himmelblaueſte ausleſen, die=
ſelbe zu bohren, und auff das helleſte zu poliren
wiſſen.Antonius Mizaldus hat auch ausfuehrlich
gelehret, wie man aus Krebs=Augen, item, von
den humore cryſtallinô oculorum etlicher an=
derer Fiſche die ſchoenſten Perlen, daß kein
Menſch den Betrug mercke, verfertigen koenne.
So ſchreibet auch Maſſarius, daß zu ſeiner Zeit
zu Muran, eine Italiaeniſche Meile von Vene=
dig, allwo das ſchoenſte ſo genannte Venediſche
Glaß gemachet wird, dieſelbige Kuenſtler die al [92] lerſauberſten und dem orientaliſchen gleich
kommenden Perlen von Glaß machen koennen,
waere ihnen von der Signorie zu Venedig bald
darauf das Handwerck geleget worden. Nechſt
dieſen will AElianus auch behaupten, daß gleich=
wie man in Meer Perlen faende, unzweiffent=
lich auch zu Lande, Perlen wie das Gold, Sil=
ber und Edelgeſteine an gewiſſen Orten aus der
Erden und denen Bergwercken ſollen gegraben
werden.Dieſen Unterſcheid der gemachten und wah=
ren Perlen, ingleichen, wenn es wahr, daß derer
itzt=gedachter maßen erliche in denen Bergwer=
cken ſolten zu finden ſeyn, habe ich dahero er=
wehnet, weiln unter denen Politicis die Frage
zum oefftern aufgeworffen worden, welche Kauf=
mannſchafft, die zu Lande oder zu Waſſer getrie=
ben wird, die Vornehmſte ſey? Es iſt mir aber
dieſelbe fuerkommen, als wenn einer ſagen wol=
te, daß die gemachte Perlen denen wahren
orientaliſchen und die in Africa gefunden wer=
den, fuerzuziehen ſeyn, indem der Kauff handel
zu Waſſer gegen dem zu Lande, meines Erach=
tens, wie der Himmel gegen die Erde zu ſchae=
tzen.Die Kauffmannſchafft nun beſtehet vor=
nemlich in denen zweyen Stuecken, in der Aus=
und Einfuhre, wo dieſe nicht ſind, iſt auch kein
[93]
Kauff handel zu nennen. Dieſe muß nothwen=
dig zu Waſſer oder Lande geſchehen, ſoll es zu
gemeinen Beſten angeſehen ſeyn, indem dasje=
nige, was uns mangelt, und bey uns nicht waech=
ſet, oder zu finden iſt, die Auswaertigen uns, o=
der auf ihren Nothfall wir ihnen zu fuehren mueſ=
ſen. Dabey iſt nun eine groſſe Vorſicht von=
noethen, was und wie viel man verfuehren laſſen
ſoll, bevoraus an den rohen Sachen, woraus
vielerley andere nutzbare Dinge koennen verfer=
tiget werden, als Metall aller Arten, Wolle,
Lein, Flachs und dergleichen, weſſen ſich alſo
die klugen Werck=Meiſter zu bedienen wiſſen,
daß die Stuecken, ſo ſie aus ſolcher Materien ar=
beiten, das Werck ſelbſt zuweilen 10. 20. biß
hundert Fach uebertreffen, und den groeſſeſten
Profit ihnen alſo machen. Dieſes koennen ne=
benſt denen Frantzoſen die Niederlaender vor ei=
nen Meiſter (maſſen ſie auch nicht zu verden=
cken) wann ſie mancherley Maſſen und Materi-
en, als Wolle, Flachs, Garn, Leinwat, Tuecher
aus dem Roemiſchen Reich, Hauffen=weiſe zu
ſich ſchleppen, ſauberer und netter dieſelben aus=
putzen und zurichten, uns mit den theuerſten
Pfenning wieder verkauffen, mit unſern eige=
nen Fette betreuffeln.Waere demnach wohl zu wuenſchen, daß un=
ſere Lande mit ſolchen auslaendiſchen Waaren
[94]
nicht ſo ueberfuehret wuerden, ſondern der Nutz
von unſern eigenen Sachen im Lande verbliebe.
Es iſt zwar in Schleſien und andern Orten
heilſamlich und bey hoher Straffe verſehen, daß
was ihr Land traeget, nicht zu weit ſoll verfuehret
werden, allein, wie es auch unter andern Vor=
wand, gehalten werde, iſt allzu bekandt.Was iſt eben Teutſchlandes Verderb, als
indem wir mit den Unſrigen, was uns GOtt in
unſern Landen reichlich und ueberflueßig giebet,
nicht vergnueget ſind, ſondern mit ſeidenen, guel=
denen, ſilbernen auf den bloſſen Schein ge=
machten Kleidern uns behengen, das beſte Geld
hierdurch aus dem Lande laſſen, und die Lum=
pen behalten? Warum? Weil es theuer und
fremde iſt, denn die Regul wird bey uns wohl
ſchwerlich untergehen. Wenns nur fremde
iſt, ſo muß es gut ſeyn.Ich bin aber von meinen Zweck faſt zu weit
gangen, wann ich den Unterſcheid des Kauff=
handels zu Waſſer und Lande etwas beruehren
wollen.Die Kauffmannſchafft zu Lande fortzuſe=
tzen, muß entweder zu Wagen auff der Achſen
oder zu Pferd, oder vermittelſt der Saum=Roſ=
ſe, Maul=Thiere, in den orientaliſchen Laendern
aber durch Cameele geſchehen. Der Waegen
ſind wiederum unterſchiedliche Arten, theils
[95]
mit vieren, theils mit zwey Raedern, wie man
im Reich, denen Gebuergen, auch in denen Nie=
derlanden, ſolcher Karren ſich bedienet Wann
nun die Handelſchafft ſoll wohl fortgetrieben
werden, iſt hauptſaechlich daran gelegen, daß
auch die Wege und offene Land Straſſen von
groſſen Herren in ihren Territoriis, die ihre
Zoelle und Geleite zuweiln hoch gnug hiervon
ausbringen, in baulichen Weſen erhalten wer=
den, und das Spruechwort: An auter Muen=
tze und guten Wegen wird ein Fuerſt erken=
net, bey ihnen wahr bleibe; Und iſt das ein
edel Thun, wo eben Land iſt, daferne aber daſſel=
be mangelt, wie es denn unmoeglich, allezeit die
Ebene zu haben, ſo muß man zuweiln der Na=
tur durch Kunſt helffen, und rauhe Oerter
gleich zu machen, die Suempficht=und Moraſti=
ſche mit Reiß=Holtz, Weiden, Hoeltzern und
Pfoeſten zu belegen, ſich angelegen ſeyn laſſen,
gleichwie auf der Appıſchen Straſſen, ſo von
Rom nach Neapolis gehet, zu ſehen ſeyn ſoll:
Die Sicherheit dem Handel und Wandel zu
verſchaffen, ſeynd ſehr loeblich angeordnet, (1.)
Land=Reuter, wie etwa in Schleſien und andern
Orten mehr zu finden, ſo mit nicht geringen Ko=
ſten Jahr aus Jahr ein gehalten werden. (2.)
Das Geleit over Convoy, als in denen Meß=
Zeiten unter andern an den Nuernberger und
[96]
andern Geleit zu ſehen iſt. Zu Waſſer (3.)
die Kriegs=Orlog- und Convoy-Schiffe con-
voyren.So hat auch die loebliche Antiqvitaet denen
Reiſenden zu gute den Tagen gewiſſen Meilen
geſetzet, wie viel derſelben man in einem Tage
reiſen koenne, welche nun wiederum, wie denen
Paſſagiers bekandt, ſich nach jeder Landes=Art
veraendern, als Italiaeniſche, Frantzoeſiſche, Eng=
liſche und Teutſche Meilen, welche letzten die
allergroeſſeſten, und etliche eine ſolche teutſche
Meile auff 5000. andere aber auff 5760.
Schritte rechnen. Dahero iſt es vor dieſen
nicht uebel gethan geweſen, da man bey Aus=
gang jedweder Meilen allezeit einen Stein oder
gewiſſe Merckmahl geſetzet, daß ſich der Wan=
dersmann darnach richten koennen, ſo aber heu=
tiges Tages ziemlich wiederum in Abgang kom=
men. Gleichwie aber die meiſten Laender meh=
rentheils von Goettlicher Allmacht mit Flueſſen
und Stroehmen verſehen ſeyn, und dahero ohne
noethige Huelffs=Mittel ueber dieſelbe nicht zu
kommen iſt, alſo ſind die Schiffe, Kaehne, Feh=
ren, abſonderlich aber an vielen Orten die Brue=
cken erſonnen, welche vor allen Dingen die Rei=
ſenden befoerdern, und deswegen den Landes=
Obrigkeiten den Bruecken=Zoll einzuheben, un=
verboten iſt, zumaln da Jaehrlich dieſelbigen in
[97]
baulichen Weſen zu erhalten ein groſſes erfor=
dert wird.So kan auch nicht ſchaden, daß an theils
Oertern Paeſſe mit genommen werden, damit
bey verdaechtigen Zeiten oder von denen Bandi-
ten, zumaln in Italien, von denen ſie zu Zeiten
dennoch reſpectiret werden, man deſto ſicherer
und ohne Auffhalten fortkommen koenne.Was auch der reiſenden Kauffmannſchafft
und andern, die Ordinari. und Poſt=Kutſchen,
auch Poſt=Pferde, welche denen Poſt=Aemtern
ein nicht geringes eintragen, vor Nutzen geben,
um deſto behender fortzukommen, wiſſen die
am beſten, welche ſich dieſer Mittel zum oefftern
bedienen, derer Chineſer ihrer Segel=Waegen,
der Finlaender Karren oder Schlitten, ſo von
denen Kenn=Thieren gezogen werden, anitzo zu
geſchweıgen. Worbey auch nicht zu vergeſſen
der Verdrueßligkeit, welche die Reiſenden von
theils deren Land=Kutſchern, welche einer die
Hefen und Grund=Suppen der Erden, ihrer
Leichtſinnigkeit und Sauffens halber, nicht ſo
gar unrecht genennet hat, zuweiln erdulten
mueſſen.Hieher ſind auch zu ziehen die oeffentliche
Wirths=und Gaſt=Haeuſer, welche denen Rei=
ſenden, um ſich zu recolligıren, zu gut geordnet
ſind.
|| [98]
Nicht wenig helffen auch zu Befoederung
Handel und Wandels die Ordinari Boten, zu=
maln an denen Enden, wo es ſich mit denen Or-
dınari. Kutſchen oder Pferden nach der Sa=
chen Beſchaffenheit nicht allezeit fuegen will, ſo
alle Wochen praecisè abzulauffen befehlicht
ſind, und ihr gewiſſes Jahr=Geld hiervon zu
genieſſen haben.So ein groſſes Anſehen es nun zwar mit
dem Kauff=Handel zu Lande hat, ſo iſt es doch
nur Kinderſpiel, gegen der Kauffardey zu Waſ=
ſer oder zur See zu achten. Darvon bereits die
heilige Schrifft auch an unterſchiedenen Oer=
tern erwehnet, Sapient. 5. v. 10. Pſalm. 107, 23.
Und Salomo der Koenig von Iſrael ſchon zu
ſeiner Zeit groſſe Dinge zu Waſſer gethan,
wann die Meeres=Schiffe des Koeniges auff
dem Meere mit den Schiffen Hiram des Koe=
nigs zu Tyro fuhren, und allezeit in dreyen Jah=
ren reich beladen wieder heim kamen. Iſt auch
im Anfang der Schoepffung bald daraus abzu=
nehmen geweſen, daß der allein weiſe GOTT
das Meer und die Stroehme allein zum Ge=
brauch der Menſchen geſetzet habe, darauff die
Nothdurfft denen entlegenſten Oertern koenne
zugefuehret werden. Und wenn man die Wich=
tigkeit des Kauffhandels zur See an keiner Sa=
chen ſpuehren koente, ſo waere es nur an denen
[99]
Staedten, die an der See oder am Meere liegen,
und insgemein Hanſee=Staedte genennet wer=
den, abzunehmen, welche nebenſt dem, daß ſie
trefflich Volckreich ſind, an Macht, Gewalt
und groſſen Reichthum vielmal die groeſſeſten
Potentaten von der Welt beſchaemen, wıe hie=
bevor an Tyro und Sidon, ietzo aber nebſt an=
dern an Venedig, Marſilien, Toulon, Livorno,
Londen, Coppenhagen, Amſterdam, Luebeck,
Hamburg und andern mehr, noch zu ſpuehren
iſt.Zudem, wenn man auff der Welt=Kugel
die Proportion der Erde gegen dem Waſſer
rechnet, was fuer ein Geringes es ausmache, al=
ſo daß, wo es der ewige Bau=Meiſter Him
̅
els
und der Erden nicht ſo weißlich geordnet, und
dem Meere ſeine Graentzen geſetzet haette, kein
Wunder waere, daß die Erde tauſend und aber
tauſendmal laengſt ueberſchwemmet worden wae=
re. Zu dem Anſehen des Kauff handels zur
See, gehoeret auch die Betrachtung der grauſa=
men groſſen Laſt=Kriegs=oder Orlogs=Schif=
fe, da wol ehemahls dergleichen groſſes See=
Haus nur allein ueber die 120. und mehr Me=
tallene Stueck, des andern Gebaeues, des Kriegs=
Volcks, Matroſen, Proviant, Munition, und
vieles andern, was darauf geweſen, zu geſchwei=
gen, dergleichen das itzige Koenigliche Schiff in
[100]
Dennemarck, der Friedrich genannt, mag be=
ſchaffen ſeyn, wie auch von dem Engliſchen
Schiff Cordigera, von den Schwediſchen
Schiffen eines der Rieſe=Magellan, das andere
Magelloſa genannt, und andern Koeniglichen
Engliſchen, Frantzoeſiſchen, Spaniſchen und
Portugieſiſchen Meer=Caſtellen zu melden wae=
re. Es iſt bekandt das Venetianiſche groſſe
Schiff oder Gallion, welches An. Chriſti 1177.
der damahlige regierende Hertzog zu Venedig,
Sebaſtianus Zianus, als Kaeyſer Fridericus Bar-
baroſſa daſelbſt angelanget, und mit dem Pabſt
und denen Venedigern dazumahl Friede gema=
chet, bauen laſſen, und Bucentaurum genennet,
Dergleichen man noch heutiges Tages daſelbſt
ſiehet, und eines theils gebrauchet wird, wann
eine anſehnliche Geſandſchafft hoher Potenta=
ten zu Venedig anlanget, und derſelben abſon=
derliche Ehre erwieſen wird, da auff bemeldtes
Schiff der Hertzog nebenſt dem Senat ſich be=
giebet, zu oberſt des Schiffs, woran das Her=
tzogliche Wapen, auff einen Thron, den Ge=
ſandten zur Rechten, neben ſich habend, nieder=
laeſſet, zur Lincken ſeine Raethe, vor Ihm und
rings um Ihn her der gantze Venediſche Rath
aber in ſeiner Pracht zu ſehen iſt.Andern theils, wann hochermeldter Her=
tzog aus einen ſonderbarem Aberglauben, ſich
[101]
durch Einwerffung eines Ringes ins Waſſer,
von ſelbigen Schiff, Jaehrlich am Him
̅
elfarths=
Feſte mit den Adriatiſchen Meere, als einer ſehr
profitablen Braut, manche reiche und ſchoene
Morgen=Gabe (die ihnen der Schiff=Handel
giebet) zu erhaſchen, gleichſam vermaehlet. Des
Koenigs Antigoni ungeheures Schiff koennen
die Geſchicht=Schreiber ſeiner erſchrecklichen
Groeſſe halber nicht ſattſam abmahlen, indem
es Reit=und Tummel=Plaetze, Pferdetraencken
und dergleichen gehabt, und dahero insgemein
eine wandernde Stadt (urbs ambulans) ge=
nennet worden; jedennoch aber, wie allen der=
gleichen groſſen Laſten meiſtentheils geſchehen,
im Feuer auffgegangen. Das Unthier, der
Kaeyſer Calıgula, wuſte nicht Wollueſte gnug
auszuſinnen, dahero fiel er einſten darauf,
Schiffe bauen zu laſſen, ſo ſehr ſchleunig muſte
zu Wercke gerichtet werden, welche Schiffe als=
den
̅
aus den ſchoenſten Cedern gehauen wurden;
Die Hindertheile ſolcher Schiffe waren mit dene
̅
koſtbarſten Edelſteinen ausgezieret, bunte ſeidne
Segel ausgeſpannet, Baeder, Spatzier=Gaenge
und Tafel=Zim
̅
er aufgefuehret, Weinſtoecke und
andere fruchtbare Baeume darauff gepflantzet,
darauff er denn unter einer fuertrefflichen Mu=
ſic an den Meer=Ufer von Campanien zum oeff=
tern auff=und abfuhre. Bey dieſer Gelegenheit
iſt nicht vorbey zu gehen, der Kauffhandel auff
[102]
denen Stroemen, nur allein unſers Teutſchlan=
des, als den Rhein, Maaß, Donau, Maeyn,
Elbe, Weſer, Haſel, Oder, und dergleichen;
Wie zufaellig abentheuerlich gnung iſt die Art
der Chineſer, welche durch ſonderbare Kunſt
und Handgriffe, ſo denen Europaeern allerdings
verborgen, gantze Doerffer dermaſſen kuenſtlich
bauen und zuzurichten wiſſen, und zwar ſo groß,
daß in die 200. Familien ſich darauff auff hal=
ten koennen. Dieſe Doerffer ſchwimmen ſodann
mit ihren Einwohnern, welche mit allerhand
Sineſiſchen Waaren handeln, die Flueſſe und
Stroehme lang, hin und her, von einem Ort
zum andern. Wann ſie an einen Ort anlan=
gen, da ſie was von ihren Handel anzuwerden
gedencken, ſtecken ſie Baeume in den Grund,
und machen ihre Doerffer daran feſte. Nun
gienge es mit ſolchen Dorff=Flatten wohl hin,
wenn nicht die Geſchickligkeit ſelbiger Voelcker
es auch dahin gebracht, daß man nicht allein ge=
dachte Doerffer auff dem Waſſer hin und her
treiben ſiehet, ſondern auch gantzer Staedte ſol=
cher Geſtalt auff denen Stroehmen gewahr
wird, welche nicht aus Haeuſern, ſondern groſ=
ſen Schiffen beſtehen, und dahero kuehnlich
Schiffs=Staedte moegen genennet werden.
Denn es giebet ſolcher Flotten von 400. biß
500. Schiffen, bey ihnen Juncken genennet,
[103]
welche ſich fuer und fuer als gantze Staedte zu=
ſammen halten, darauff die Sineſer mit Weib
und Kind ihr Lebenlang wohnen, mit ſolchen
Flotten, ihren Kauff handel zu treiben, durchs
gantze Land die Flueſſe auff=und abfahren, und
gar artig zu ſehen ſeyn ſoll, wenn eine ſolche Flot=
te von einem Orte auf bricht, es eigentlich ſchei=
nen, als wenn eine groſſe Stadt ſich von ihren
Grund und Boden erhuebe und fort wandere.
Sie leben auch auf ſolchen Schiff=Staedten
nicht anders als auff dem platten Lande, indem
ſie allerhand groß und klein Vieh darauff hal=
ten und in Vorrath haben. Gelangen ſie nun
mit ermeldter ihrer Schiffart an einen Ort,
der ihnen anſtehet, bleiben ſie gar gerne etliche
Monate daſelbſt liegen. Traun eine wunder=
ſame Art zu leben, darvon man hiebevor nicht
das geringſte erfahren hat.Allein in etwas wiederum auff die Kauff=
mannſchafft zu Waſſer zu kommen, ſo iſt mit
keiner Feder zu beſchreiben, was fuer unaus=
ſprechlicher groſſer Reichthum, ſeit des Colum-
bi und Americi Veſputii Erfindung derer neu=
en Inſuln und Oerter des vierten Welt=Theils,
in Europam gebracht worden. Woher ſind
die beruehmten ſo groſſen Collegia der Oſt=und
Weſt=Indianiſchen Compagnien, welche mit
denen fuertrefflichſten Begnadigungen und Pri [104] vilegien, Freyheiten und Gerechtigkeiten ver=
ſehen ſind, entſprungen, als eben durch die Kauf=
fardey und Handlung zu Waſſer? Daher, und
weiln die Macht zur See viele andere Koenig=
reiche, Laender und Provintzen mit Bekandt=
ſchafft und Handthierung, ſo zu reden, auch auf
manche 100. ja 1000. Meilen aneinander ge=
hefftet, und die nutzbare Correſpondentz in vol=
len Wachsthum durch die continuirlichen
Schiffs=Flotten, Advis-Jagden, Packet=Boo=
ten, und dergleichen Schiffen gebracht hat, iſt
es auch geſchehen, daß ſie, die Herrn Kauffleu=
te, ihr ſonderbares Recht eingefuehret, und zu
dem Ende, hochverſtaendige Maenner, welche an
denen entferneten, ja auch Barbariſchen Oer=
tern, dahin ſie negotiiren, eingeſetzet, Praeſiden-
ten, wenn man ſo reden kan, ihnen zugeordnet,
welche ueber ein und andere Dinge, die Schif=
fart und Kauff handel betreffend, erkennen, und
dieſen und jenen Recht ſprechen mueſſen, ſo ins=
gemein, zumaln zu Algier, Tripolis, Tunis, A-
leppo, Alexandria. Smirna und andern orien-
taliſchen Hanſee=Staedten Conſules, auf teutſch
Buergermeiſter (wiewohl mit einem gantz an=
dern Verſtande) genennet werden. In Ita=
lien zu Venedig und Genua, haben ſie den Na=
men Bailo oder Richter, und zwar mit ſolcher
zugelegten Authoritaet, daß, wie oben gedacht,
[105]
wegen der Seſſion, die man ihnen nicht geſtat=
ten wollen, einſten ein blutgieriger Krieg ent=
ſtanden: Zu Bononien und Peruſia fuehren ſie
den Titul Adminiſtratores oder Verweſer und
Verwalter: In den Niederſaechſiſchen und an=
dern Hanſee=Staedten aber Alter=Maenner oder
Senioren, von denen der beſte Rath zu erholen
iſt. Jedoch erſtrecket ſich ihre Gewalt nicht ueber
Leib und Leben zu ſprechen, ſondern bloß was
Gueter, Handel und Wandel betrifft, ſo wohl
ihrer eigenen als fremder und auslaendiſcher
Kauffleute, und dieſes alles nicht nach denen
ſubtilen Rechts=Gruenden, ſondern nach Kauff=
maenniſchen ſchlechten Recht und Billigkeit, der
alten Treu und Glauben, wie denn ein bekand=
ter Autor, Curiam Mercatorum, das Rath=
Hauß, Boerſe oder Verſammlung der Kauff=
leute nennet das Hauß der Wahrheit und Bil=
ligkeit, da gleich Summariter oder hauptſaechlich
verfahren, geſprochen, und das Wechſel=Recht
auffs genaueſte in acht genommen wird; Wie=
wohl man ihnen heutiges Tages offtmals eine
Kappen anlegen, und es aus ſeinen Schrancken
ſetzen will.Schlueßlichen ſo hat auch der menſchliche
Witz ſo gar, wo auch keine Apparenz zu Waſ=
ſer fort zu kommen, und die Schiff handlung
anzuſtellen geſchienen, die Canaele, Fahrten und
[106]
Schleuſen auserſonnen, dadurch die Flueſſe,
Stroehme, ja auch das Meer aneinander durch
ſolche Adern gehefftet worden, wie denn derſel=
ben die Niederlande durch und durch voll ſind,
und Tag und Nacht mit denen Treck=Schnueten
und andern Schiffen, befahren werden, wo=
durch der Kauffmannſchafft und denen Reiſen=
den ein trefflicher Nutzen und Bequemligkeit,
bevoraus wegen der wohl=fund rten und genau
beobachtenden Ordonnanzen, verſchaffet wor=
den.Und ſo erweiſet ſich Der Land=und Waſſer=Handel, Und aller ſolcher Wandel, Faſt maechtig=praechtiglich.
Der Fleiß des Kauffmanns geht Durch Dampf, Rauch, Hitz und Glu= ten Ja große Meeres=Fluthen, Wann nur ſein Wunſch beſteht.
Noch Hagel, Sturm und Wind, Noch Felſen, Stock und Steine, Noch Noth, groß oder kleine Ihm je entgegen ſind.
|| [ID00133]
|| [ID00134]
|| [107]
Die Armut, die er fleucht, Bringt ihm zu ſolchen Wagen, Daß er es nicht darff ſagen, Biß er das Ziel erreicht.
So wird die Perlen=Frucht Blutſauer oft gehoben, Wer wolte nun nicht loben, Was man ſo muehſam ſucht?
Die zwoelffte Perle.
Die wichtigſte/ nöthigſte/ und aller=
beſte Kauffmannſchafft.
BLeichwie der groſſe HErr Himmels und
der Erden, Lufft Erden und Meer mit al=
len ſeinen Gaben und Geſchoepffen ueberflueßig
verſehen hat; Alſo hat er es auch in dem Stueck,
was die Perlen betrifft, nicht ermangeln laſſen,
indem an vielen Orten der Welt ſich dieſelbigen
in groſſer Menge herfuer thun; Denn es giebet
derſelben ſo wohl in dem Orientaliſchen als Oc-
cidentaliſchen Meere; Als in dem Perſiſchen
Golfo. um das Eyland Bahran, demſelben ge=
gen ueber wiederum an der Kueſte des reichen A-
rabien, nahe bey der Stadt Catifa: Zu Como-
gete, beym feſten Lande, beym Rio de la Hacha,
an ſelbiger Kueſte, hin: Zu S. Martha, 60.
[108]
von Rio la Hacha: Ferner unweit des Koenig=
reichs Ormus bey denen Inſulen Latif Laſen,
Barechator, Zezirafilbar, Aulul, Seran, Dſive,
Daas, Emegorcenon, Anzevi, Zerecho, Del=
mephialmas, Sirceniaſt, Aldane, &c.Ingleichen zwiſchen der Inſul Zeylon und
den Cabo de Gomoryn, bey der Inſul Borneo
u. Aynon an dem Geſtade von Cauchinchina:
In Weſt=Indien am Sued=Meere, bey Pana-
ma, aus China, von Bengala, und noch viel an=
dern Oertern mehr: Die allerſchoenſten Beſten
und Rundeſten aber ſollen nach des P. Martini
Martiny Meynung in den Koenigreich Ormus
in den Perſiſchen Meerbuſen um Bahran, Gi-
onfar, Caryffa, Julva und Camaron anzutref=
fen ſeyn, welche alle mit unglaeublicher Muehe,
ja Leib und Lebens=Gefahr aus den tieffen
Meeres=Schlund herfuer geſuchet, und meh=
rentheils zu der Menſchen Hoffart und Uber=
muth, die allerwenigſten aber zur Geſundheit
derſelben, auf das theuerſte hernachmals ver=
kauffet werden.Hier finden ſich nun nicht wenig Handels=
Leute, welche um den edlen Schatz der Perlen
buhlen, und die rareſten und ſchoeneſten auszu=
ſuchen bemuehet ſind, indem ſie heutiges Tages
ihres groſſen Gebrauchs und Abfuhre halber
nicht ſo gemeine ſind, als ſie im Anfang bey de [109] nen Spaniern, da ſie in Indien hinter dieſen
Sprung kommen, geweſen, und zuweiln wol
mancher Soldat um eine klingende Schelle in
die 500. und mehr der ſchoeneſten Perlen einge=
tauſchet hat. Da gibt es nun, wie gedacht, der
Perlen=Haendler in der Welt genug, und ſchae=
men ſich dieſes Handels wol zu weiln die groeſſe=
ſten Potentaten nicht, maſſen der beruehmte
Kauffmann und Graf von Tavernier ohne
Scheu ſich deſſen geruehmet, daß er vor ſeinen
Principal dem Koenig von Franckreich derglei=
chen Wahren gnugſam verhandelt habe. Al=
lein, wo iſt nun derſelbe rechte Kauffmann an=
zutreffen, der alles was er hat, verkauffet, und
um die koeſtliche Perle, welche der Herr und Be=
herrſcher Himmels und der Erden, und aller
Meere und Flueſſen, ſo liebreich und gantz wol=
feil jedweden anbeut, und die Gewehr derſelben,
ſo theuer verheiſſet, handelt? Acoſta erzehlet,
daß mit denen Schiffen aus Indien einsmals
vor den Koenig in Spanien 18. Marck Perlen
und ſonſt 3. groſſe Kiſten voll, vor Particular-
Perſonen aber 1264. Marck neben noch andern
7. groſſen Toepffen voll, ſo nicht einmal gewo=
gen worden, ankommen. Und Petrus Martyr
ſchreibet von Americo Veſputio, daß er zu ſei=
ner Zeit einsmals vor 5. Schillinge (wird un=
ſers Geldes etwa 15. gute Groſchen betragen)
[110]
96. Pfund Perlen erhandelt habe. Doch
laſſet alle dieſe Summen auf einen Hauf=
fen zuſammen tragen, und auf die Waag=
Schale der Goettlichen Liebe legen, ſo werden ſie
ſo leicht gegen jener Perle des allergroeſſeſten
Kauffmanns, welcher mit ſeinem Blut ſo viel
hundert Seelen an ſich erhandelt, als Spreu
und Pflaum=Federn erfunden werden.Wie laeßt es ihm der Menſch ſo angelegen
ſeyn,
Er handelt mit Begier die ſchoenſten Per=
len ein,
Die Himmels=Perle nur alleine laeßt er
liegen,
Sag an, wird er ſich nicht hauptſaechlich
ſelbſt betriegen?Es bleibet doch wol dabey, wir Menſchen
ſind in dieſem Fall viel thoerichter als die India=
ner Anfangs, da ſie um eine bloſſe Schelle 500.
ja 1000. Perlen hingegeben, indem wir es recht=
ſchaffen umkehren, und die alleredelſte Perle
fahren, und ſo viel 100. ja 1000. Narrenſchel=
len, Vanitaeten und Uppigkeiten der Welt ein=
handeln. Sollte man wie im Eingange an=
gefuehret, denen jenigen Hollaendern, welche da=
mit ſie ihren Kauffhandel in Japonien unge [111] hindert treiben duerffen, die alleredelſte Perle
Chriſtum und ſein Verdienſt von ſich geworf=
fen, und ihn oeffentlich verleugnet, nicht zu un=
ſterblichen Schimpff und Spott nachſchreyen.
Das heiſſet recht um die Schelle ſchnoeden Ge=
winſts, den uns der Teuffel ſo ſueſſe fuermahlet,
die ſchoenſte Perlen=Crone des Himmels.
JESUM, fahren laſſen. Und iſt der Kauff=
mann (indem man nur von Kauffleuten al=
leine redet, wiewol es ſonſten allen Chriſten zu=
kommet) nicht ehrenwerth, der in dieſem Fall
auch oeffters ſolchen hollaendiſchen Greuel fuer=
ziehet, und ſein Chriſtenthum hindan ſetzet,
dahero auch kein Wunder, wann zuweiln ſol=
che irrdiſche Kauffmanns=Perſonen flueßig
werden, das iſt wenn der Wind des zornigen
GOttes in das Vermoegen blaeſet, und da man=
cher, der wol viel Tonnen Goldes reich gewe=
ſen, und nimmermehr vermeynet, daß es ihm
fehlen oder er arm werden koenne, ja wol andere
geringe und einfaeltige, doch gewiſſenhaffte
fromme Leute gegen ſich verachtet, hernach
mit den weiſſen Staeblein fuer der Welt zu
Schand und Spott einher tretten muß, wie
denn, wenn es nicht ſo heller lichter Tag waere,
alsbald Exempel gnug anzufuehren, ja wol
mancher beym Ermel zu erwiſchen und darzu=
ſtellen waere. Ein Kauffmann, der zu foerderſt
[112]
GOtt vor Augen hat, in den Schrancken der
Erbarkeit eines zulaeßigen Gewinſts, und ge=
wiſſenhafften Wandels einher gehet, iſt war=
lich hoch zu ſetzen und zu ſchaetzen, indem er groſ=
ſe Dinge thut, auch unterweilen groſſen Herren
mit groſſen Summen dienet, und ihre Ehre
und Reputation erhalten hilfft. Und da trifft
es denn auch redlich ein, daß der HERR aus
einen Armen bald einen Reichen, hingegen
aber auch einen Reichen deſto behender arm
machen koenne, wenn er mercket, daß aus einen
erbaren Biedermann ein ſchaendlicher Wuche=
rer und Schabehals werden wolle. Es haben
die erbaren Heyden ſelbſt hiervor auch einen
nicht geringen Abſcheu gehabt, und zu unter=
ſchiedlichen malen ſolche verderbliche Leute
unter ihren Buergern, ja gar in ihren Staedten,
damit ſie andere nicht zugleich mit anſtecketen,
durchaus nicht leiden wollen, wie von denen
Epidauriis (heutiges Tages die Raguſer)
Carthaginenſern und andern außm Plutarcho
und mehrern Scribenten anzufuehren waere.
Der Koenigliche Prophet David verbannet ſol=
che Leute aus GOttes Befehl von den heiligen
Berge, daß ſie darauf nicht wohnen, vielweni=
ger Wurtzel faſſen ſollen. Cornelius Taci-
tus ruehmet abſonderlich die Teutſchen, daß ſie
ſchaendlichen Wucher fuer ein abſcheuliches We=
[113]
ſen gehalten, und dahero verfluchet. Die
Athenienſer haben nebenſt unterſchiedenen an=
dern Voelckern denen verdaechtigen Wucherern
dermaſſen nachgeſetzet, daß, als ſie einſten bey
ihnen dergleichen Perſonen angetroffen, ſie in
ihre Haeuſer gefallen, derſelben Buecher, Schriff=
ten und Regiſter mit Gewalt he???us genom=
men, ein Feuer gemachet, und ſie aufoeffentli=
chen Marckte verbrandt, worbey ihr Koenig
Agelilaus, ſeine Freude darob zu bezeugen,
ausgeruffen: Er habe die Zeit ſeines Lebens
keine ſchoenere und reinere Flammen geſehen.Wer demnach die alleredelſte Perle des un=
vergaenglichen Weſens an ſich bringen will, deſ=
ſen Seele muß zuvor auch von allen irrdiſchen
Geitz und Begierden geſaeubert ſeyn, ſo wird
ihm hier auch der Segen GOTTes Hauffen=
weiſe zufallen. Es ſind zwar zu allen Zeiten
viel und mancherley koſtbare und ſchwere Per=
len gefunden worden, die ſo gar auch mit kei=
nen Geld erkauffet werden moegen, allein, wer
muß nicht zu letzt bekennen, daß es lauter Eitel=
und Uppigkeiten ſind? Pabſt Paulus kauffte
von einem Venetianiſchen Kauffmann eine
Perle einer Haſelnuß groß, fuer 44000. Duca=
ten. Eine andere aber, als eine mittelmaeßige
Haſelnuß, erkaufften die Spanier vor den Gu-
bernator der Inſul Curiana, in welcher ſie auf [114] gefiſchet worden, fuer 1200. Caſtellaniſche Pi=
ſtolleten. Der erſte Roemiſche Monarch Ca-
jus Julius Caeſar, weil er mit ſonderbarer
Gunſt des Marci Bruti Mutter der Serviliae
zugethan war, verehret ihr einſten eine Perle,
ſo weit ueber 100000. Cronen aeſtim ret wor=
den. Es iſt mehr denn zu bekandt, die erſchreck=
liche Verſchwendung der verbuhlten Koenigin
Cleopatrae in AEgypten, welche mit den Roe=
miſchen Fuerſten Antonio eine Wette ange=
tretten, auff eine Mahlzeit zweymal hundert
und funfftzig tauſend Cronen zu verzehren, ſo
ſie auch, indem ſie eine ihrer Ohren=Perlen her=
ab geriſſen, in ſcharffen Eßig zergehen laſſen,
und ſie auf einen Schluck hinein getruncken, zu
Werck geſtellet hat. Von des Roemiſchen
Keyſers Rudolphill. Crone wird geruehmet, daß
in dieſelbe unter andern edelen Steinen eine
Perle mit verſetzt geweſen, die alleine 30000.
Cronen geſtanden: Und die Venediger, als ſie
erfahren, daß der Tuerckiſche Keyſer Solyman-
nus eine Anzahl ſchoene Perlen, ihm eine Crone,
daraus zu verfertigen, an einen Jubelirer ver=
ſendet, haben ſie, auch ihre Grandezza ſehen zu
laſſen, aus ihrem Schatz eine Perle mit hinein
geſetzet, ſo weit ueber hundert tauſend Cronen
geſchaetzet worden. Was muß ferner die jeni=
ge Perle, vor einen Preiß gehabt haben, darvon
[115]
Petrus Martyr erwehnet, welche er, da er gleich
bey dem Hertzog von Medina Sidonia zur Ta=
fel geweſen, geſehen, dahin ſie zu Kauffe
gebracht worden, ueber hundert Untzen gewo=
gen, und von Glantz und Schoenheit ausbuen=
dig geweſen.Weg aber mit allen dieſen Schaetzen, ſoll an=
ders unſere Kauffmannſchafft den beſten Pro-
fit in den obern Laendern| der guten Hoffnung
machen. Wenn ein Kauffmann nun gleich
1000. Jahr alt worden, und gehandelt, nicht
aber ſich um die letzte und allerwigtigſte Perle,
daran Tod und Leben hanget, bekuemmert haette,
wuerde es ihm eben gehen, wie jenen Soldaten
beym Procopio, welcher einen Sack mit Per=
len gefunden, dieſelbe aber alleſamt aus Unver=
ſtand weggeſchmiſſen, und den leeren Beutel be=
halten hatte.So lange wir geſund leben, und gute Tage
genieſſen, gedencken wir nicht weniger als an
dieſe Perle, die doch ſo trefflich zur Geſund=
heit der Heyden und unſerer Seelen dienet,
denn, wenn einer gleich alle Perlen aus der
gantzen Welt beyſammen haette, verloehre aber
dieſe koeſtliche Perle, wie wuerde ſeiner armen
Seelen geſchehen? Solches verſtunde unter
andern wol jene Gottſelige Fuerſtin, denn als
ſie gefragt wurde, wo man ihren Edelſteinen
[116]
und Perlen=Schmuck verwahrlich hinlegen
ſollte, gabe ſie zur Antwort: Hinweg mit dem
Unflath! Du mein Perle Chriſte JEſu, kleide
du meine Seele mit deinem Schmuck, ſo iſt mir
ewig wol.Dieſe Perle zu erlangen haben viel fromme
Chriſten und Maertyrer es ihnen tauſendmal
mehr als alle Indianiſche und Perſiſche Tau=
cher und Perlen=Fiſcher, blutſauer laſſen wer=
den, daß allerdings das Blut, ja die Seele nach=
gegangen; Feuer, Strang, Schwerdt und die
grouſamſten Torturen und Martern ange=
tretten, bloß damit ſie wuerdig werden moegten,
dieſen unſchaetzbaren Perlen=Schmuck, ſo allein
ueber denen Sternen in den blauen Schloſſe
auff behalten, und nur denen Gewiſſenhaffte=
ſten Kauffleuten gegeben wird, zugewinnen.
Wie angelegen lieſſe es ihm der Keyſer Juſtini-
anus der Groſſe ſeyn, die Perle zu erkauffen,
welche der Perſiſche Koenig Perozes in der
Schlacht mit den weiſen Hunnen, um
nicht erkannt zu werden, von ſich geworffen
hatte, da waren ihme keine hundert Pfund
Goldes ſo lieb, die er nicht dran wagen wol=
te. So gar hat die Eitelkeit die menſchli=
chen Hertzen eingenommen, daß ſie nur ſehen
auf das, was in die Augen faellet, und davornen
[117]
iſt, und das Deorſum immerdar vor dem Sur-
ſum fuer ziehen.Wo iſt anitzo doch derſelbe fromme Mann Der nnr hinauf gedenckt, ſtets ſiehet Himmel an, Und recht von Hertzen=Grund die Welt verachten kan.Ich beſorge man mueſſe ſehr fleißig herum wandeln, und ſollte man gleich des Diogenes Laterne haben, ſo wuerde es doch ſchwer genug hergehen, daß man ihn faende.
Wie ſchwerlich laeſt ſich Fleiſch und Blut Doch zwingen zu dem hoechſten Gut:Es iſt nicht zu leugnen, daß es in Erlangung dieſer koeſtlichen Perlen am meiſten etwas ſauer und ſchwer zu gehe; Alleine was hat man ohne Muehe? Das jenige was mit groſſer Gefahr errungen, und worueber vielmal das Leben in die Schantze geſchlagen wird, iſt einem noch einmal ſo lieb, als was einem ungefehr in die Haende gefallen. Ein Kauffmann, der ſein Lebetag nicht fuer das Thor kommen, ſondern [118] allezeit nur hintern Ofen geſeſſen wird ſchwer= lich den Titul eines Kauff=Herrns fuehren koen= nen, wol aber diejenigen, von welchen der Pſal= miſt ueber alle maſſe lieblich ſinget.
Die, ſo ſich hin und her Zu Schiffe muehſam machen, Und handeln ueber Meer, Sehn da des HErren Sachen Sie ſchauen ſeine Wercke, Beſtuertzt in tieffer Flut, Und was er durch die Staercke Des ſcharffen Windes thut.
Wie dieſer mit Gewalt Die ungeheuren Wellen, Erſchrecklicher Geſtalt, Mit Sauſen auf muß ſchwellen. Bald werden ſie erhoehet Sehn bey dem Himmel Noth, Bald, wo der Abgrund ſtehet, Sind noch im Leben todt.
Sie taumeln her und hinn, Wie volle Leute wancken, Die Lufft beſtuermt den Sinn Erſaeufft auch die Gedancken,
|| [119]
Wenn ſie zum HErren ſteigen,
Mit Ruffen in der Qvaal
So will Er ſich auch zeigen
Abwenden boeſen Fall.Will ſeyn ein Widerhalt, Daß ſich kein Wetter rege, Will ruffen, daß ſich bald Der See=Zorn niderlege, Dann freuen ſich die Sinnen Wenn ſich der Sturm nicht ruehrt, Und ſie das Land gewinnen, Dahin der HErr ſie führt.Ein Kauffmann will er anders in der Welt bekannt werden, und halbweg etwas ausrichten muß ihm nicht laſſen entgegen ſeyn, auch die ver= drueßlichſten Reiſen anzutretten, und die ſeltzam= ſten Laender zu durchſtreichen, biß er ſeinen Zweck erreiche. Gleiche Beſchaffenheit hat es auch mit ihm, wenn er die koeſtliche Perle in denen uns annoch unbekandten glueckſeligen In= ſulen erforſchen und erhaſchen will. Da iſt hoch vonnoethen, daß er wol zuſehe, damit, wenn er an dem gelobten Lande den Ancker fallen zu laſſen gedencket, er nicht in Irrland gerathe, oder gar in die Teuffels=Inſul verſchlagen wer= de. Da muß er mit Ulyſſe fleißig und feſte [120] die Ohren verſtopffen, damit er nicht durch die betruegliche und zauberiſche Welt=Sirenen-Mu- ſie an die Stein=Klippen oder auf gefaehrliche Sand=Baencke gerathe, und an ſtatt, daß er die Perle des Himmels gewinnen will, nicht die falſche Waſſer=Perlen des Satans er= greiffe.Er muß alles leiden, erdulten und vertra= gen koennen, Hunger, Durſt, Froſt, Hitze, Beraubung. Und hat ein Gott=ſeliger und hochberuehmter Theologus unſerer Zeiten gar feine Gedancken hierueber; Ein Kauffmann, der das hoechſte Gut einzuhandeln gedenck???t, ſpricht er, muß durch manche ſeltzame Laen= der hindurch, offt gehets durchs Hungerland, da die Seele hungert und duerſtet nach der Ge= rechtigkeit, Matth. 5, 8. Luc. 21, 16. offt muß er durch Lappland, durch die laeppiſchen Eitel= keiten und Vanitaeten dieſer Welt, da alles gantz eitel iſt Pred. 1, 3. offt geraeth er in Irrland, ſie gehen in der Irre wie die verlohrnen Schafe. Eſa. 53, 6. Er muß auch wol gar in Holland, den der HErr fuehret ihn in die Hoelle, wiewol auch wieder heraus, 1. Sam. 2, 2. biß er endlich in Engeland, das iſt, da er mit den H. Engeln und Ertz=Engeln das Heilig, Heilig, Heilig, an= ſtimmen kan, Eſa. 6, 4. anlaendet, und den En= geln GOttes gleich wird, Matth. 22, 2.
|| [121]
Ein Kauffmann handelt ferner, in ſeinen
Angelegenheiten auf dieſer Welt gantz fuerſich=
tig, (daher ſie auch insgemein nicht unhillig,
Fuerſichtige tituliret werden,) klug und weiſe,
er laeſſet ſich beym Einkauff nicht ueberſchnel=
len, er kaufft nicht leichtlich unbeſehens, oder
im Sacke, nicht in finſtern, ſondern mit be=
dacht. Er machet zuvor einen richtigen Uber=
ſchlag, verfertiget ſeine Bilancen, Schul=
den und Gegen=Schulden, damit er den Uber=
ſchuß jedes Jahres, Mondens, Wochen, ja wol
gar jedes Tages genau habe und erfahre: Man=
cher iſt auf den Profit dermaſſen erpicht, daß ob
er gleich manches mal gar in Schimpff hier=
ueber geraeth, er es doch nicht achtet, ſondern die=
ſe Scharte wol wieder auszuwetzen gedencket,
O wenn die geiſtliche Kauffmannſchafft uns
doch auch ſo ein Ernſt waere, und wir in unſern
Chriſtenthum alle dieſe Arten in acht nehmen,
ſo wuerde es allerdings beſſer um unſe Seelen
ſtehen. Jedoch iſt kein Zweiffel, daß bey man=
chen ſo wol Reichen und Wolhabenden, als mit=
telmaeßigen Kauffmanne noch ſolche herrliche
Gemueter gefunden werden, daß ob ſie gleich
mit zeitlichen Guetern ueberflueßig geſegnet, und
man von ihnen, wie dort von denen Syriern
mit guten Fug ausſagen koenne: Ihre Kauff=
leute ſind Fuerſten; Sie dennoch auch mit je [122] nen frommen Chriſtlichen Kauffleuten zu Ty=
ro, welche mit Weib und Kindern hinaus gien=
gen, Paulum begleiteten, mit ihm niederknie=
ten, und unter freyen Himmel beteten: Unauf=
hoerlich mit ihrem Gebet GOtt anliegen, und
um Benedeyung ihrer Haende Werck Tag und
Nachts anflehen, weiln es doch wohl dabey blei=
bet, daß das Gebet alles vermoege, und durch
daſſelbe auch alles zu erlangen ſey. Erinnere
mich hierbey nicht unbillich eines einfaeltigen
Mannes Rede, welcher, als er vernahm, daß
man ſeinen Landes=Fuerſten wegen unvergleich=
licher Gottesfurcht, nur den Bet Fuerſten ge=
heiſſen, darauff antwortete: Ey mich deuchtet,
mein gnaediger Herr hat ſich auf einmahl drey
ſtattliche Fuerſtenthuemer erbetet; ſo ſich auch
allerdings alſo verhielte, indem es GOTT ſo
wunderlich fuegte, daß eine gantze Fuerſtliche Li=
nie abſterben, und dieſen frommen Bet=Fuerſten
zufallen muſte. Hier machte GOtt aus dem
Schimpff redlichen und loeblichen, ja reichen
Ernſt. Da vermochte des Gerechten Gebet
viel, weiln es ernſtlich war; Dieſer Herr hat=
te die profitabelſte Kauffmannſchafft unter der
Sonnen gemachet, hier erlangete er durchs
Gebet das zeitliche Gut ueberflueßig, und ueber
aller Menſchen Vermeynen, dort aber hat er
die unvergaengliche Perle der ewigen Glolie un [123] fehlbar erarntet. Wol und ueber wol derohal=
ben demjenigen, ſo das Tempo wol trifft, fuer
Suenden, ſo zwiſchen den Kaeuffer und Ver=
kaeuffer offtmahls, wie Sirach redet, als ein
Nagel in der Mauren ſtecket, ſich huetet, um
gutes willen nicht unrecht thut, ſondern ſein Ge=
wiſſen vor allen Dingen, ohne welches Guete er
die Perle des Himmels nimmermehr erhandeln
wird, wohl in acht nimmet! Denn was huelffe
es ihme, wenn er die gantze Welt gewinne, oder
reicher wuerde, als der vornehmſte Kauffmann
zu Venedig, Londen, oder Amſterdam, und lit=
te Schaden an ſeiner Seelen. Und wann er
GOtt aus den Augen ſetzet, ſo werde ihn See=
gen zum Fluch, ihre Schaetze zu Koth, und ihre
Qvellen vertrucknen. Diejenigen Kauffleute,
welche von ihrem groſſen Gut und Geld noch
bey ihren Lebzeiten denen Armen Gutes thun,
und vernuenfftige Stifftungen machen, ſind ei=
nen brennenden Licht zu vergleichen, bey welchen
ein anders angezuendet wird, und welches zur
Uberſchrifft fuehret:
Sine Lucis jactura.
Meiner Flamm entgehet nichts Durch Anzuendung dieſes Lichts.Das iſt: Was den Armen von dem Reichen aus guten Hertzen mitgetheilet wird, das laeſſet [124] GOtt denen, die es geben, nicht miſſen, ſondern er erſetzet es hundertfaeltig wieder.Wie letzlich die Perlen=Taucher fleißig, maeßig, keuſch und unverdroſſen ſeyn mueſſen, wollen ſie anders eine gute Tage=Arbeit verrich= ten, untern Waſſer tauern, und auch ihren Profit zugleich mit an den Perlen haben; Alſo muß ein Chriſtlicher Kauffmann alle dieſe Ei= genſchafften auch bey ſich fuehren, dergleichen einſten ein Kauffmann in nachfolgender Grab= ſchrifft von ſich geruehmet.
Hic Mercator eram, fragili concredita puppi Merx erat, & tumido ſaepe agitata notho. Nauta Fides mihi, mundus mare, proraquè corpus. Mors portus, Coelum patria, merx anima. Obtinui tandem portum indignantibus un- dis, Merx Salva eſt. Salve Patria! Ponte Vale! Ein Kauffmann war ich hier, die Waaren ſo ich fuehrte, Enthielt ein ſchwaches Schiff, das gantz zerbrechlich war Und mancher Sturm beſtritt in Angſt, Noth und Gefahr. Der Glaub war Steuermann, ſo dieſes Schiff regierte.
|| [125]
Die Welt, das groſſe Meer, das Schiff der
Leib der Schwache,
Der Hafen denn der Todt, das werthe
Vaterland
Das ſchoene Himmels=Schloß, die Waa=
re wie bekandt,
Die Seele ſelbſt in mir, = =
Nunmehr bin ich in Port, trutz allen Sturm
und Wellen,
Im ſichern iſt die Waar, o Vaterland
glueck zu!
Gehab dich wohl o Meer! ich ſteh in gu=
ter Ruh,
Mich kan kein Ungemach, Gefahr noch
Furcht befaellen.Dieſes iſt ſo dann die rechte Bahn, ſo uns
zu dem ſchoenen Schloſſe fuehret, darinnen die
edle Perle aufbehalten wird. Servatur in aſtris,
im Himmel ſoll man haben, ſolch auserwehlte
Gaben.Von der Begierde dieſe zu erlangen, haben
alle Heiligen von Anfang der Welt gleichſam
gebrennet, weiln ihnen ihr Hertz geſaget, daß
ueber dieſes Kleinod nichts koeſtlichers weder im
Himmel noch auf Erden, zu finden ſey. Und,
ſo man, aller andern zu geſchweigen, dem Lu-
dovico Granatenſi Glauben zuſtellen ſoll, ſo
[126]
iſt zu verwundern, was er von der Margaretha
a Caſtello erzehlet, daß, als man nach ihrem
Abſterben deroſelben Leib eroeffnet, aus der
Verſtorbenen Hertzen eine Perle von ſonderli=
cher Schoenheit und Groeſſe heraus geſprun=
gen, auf welcher gleich auf einer Tafel die Ge=
ſchicht von der Geburt des HErrn JEſu ge=
graben, dabey dieſer Jungfrauen Geſtalt, wie
ſie vor der Krippen geknyet, eigentlich zu erken=
nen geweſen, waere auch biß auf den heutigen
Tag dieſe Perle noch in der Sacriſtey bey denen
Dominicanern in der Stadt Caſtello in
Welſchland, wo dieſe Margaretha gebohren
und begraben ſey, zu groſſer Verwunderung
verwahrlich aufbehalten und gezeiget. Ein
rechter Kauffmann haelt mehr auf die echt=und
rechte Orientaliſche Perle, von den Auffgang
aus der Hoehe, ſo ſich von Himmel auf Erden
herab, ja vermittelſt ſeiner heiligen Menſchwer=
dung in unſere Hertzen und Seelen hernieder
gelaſſen, indem er unſer Fleiſch und Blut an ſich
genommen, durch ſolches ſich taeglich mit uns
vereiniget, Er in uns und wir in in Ihm ver=
bleiben, und beharret mit der Kirche darbey,
daß JEſus mit ſeinen Verdienſt und Gaben
uns ſey und verbleibe
|| [127]
Die ſchoenſte Perl und werthe Cron, Des Hoechſten und Mariae Sohn Der hochgebohrne Koenig.Deſſen Gedaechtniß und Bildniß, wie die Sulamitin das Pueſchel Myrrhen zwiſchen ih= re Brueſte, wir dieſe Perle auf=ja in unſer Hertz und Seele haengen und in daſſelbige praegen ſol= len, daß ſie ſich nimmermehr daraus verliehre, ſondern durch den Tod in das ewige Leben in uns funckele und bezeuge, daß wir den beſten Kauffhandel gethan haben.Hiaou ein Kaeyſer der ſonſt klugen Sineſi= ſchen Nation gerieth auf dieſe Thorheit, und bildete ihm ein, er haette die Perle des ewigen Le= bens, dadurch er vermeynete die Unſterbligkeit zu erlangen, ließ dahero einen Pallaſt von eitel wohlriechenden Holtze bauen, deſſen Geruch man in die 20. Feld weges verſpuehrete, in dem= ſelben fuehrete er einen kupffernen Thurm 20. Meß=Ruthen hoch auf, mit einer durchaus ge= henden Schnecke, darauff ein kuepffernes Be= cken ſtuende eines Menſchen Hand gleich formi= ret, in welchen alle Tage der reineſte Thau des Himmels aufgefangen wurde, in demſelbigen, gab er fuer, erbeitzete und erweichete die Perle des ewigen Lebens. O Thorheit ueber alle Thor= heit! Dieſe Perle hat ihm ſo viel geholffen, daß [128] er bald wie ein ander Menſch geſtorben. Uns iſt eine beſſere Perle des ewigen Lebens bewuſt, ſo in derjenigen Burg anzutreffen, deren Mau= ren von Jaſpis, die Stadt von lautern Golde, als einen reinen Glaſe, und derer Thore von 12. Perlen beſtehen, Apoc. 21, 18. 21. Dahin laſſet uns trachten, ja rennen und lauffen, biß wir die= ſes alleredelſte Kleinod ergreiffen, ſo wird unſe= re Kauffmannſchafft hier auf Erden gluecklich und geſegnet; Dort aber den allerunausſprech= lichſten Profit abwerffen, und wir in der That alsdenn empfinden, daß, wer hier richtig, gewiſ= ſenhafft, und ſo viel menſchlicher Schwachheit moeglich, unſtraeflich vor ſeinem GOtt gewan= delt, er dort mit Augen ſehen werde, was da ſey alles das Seine verkauffen, und die alleredelſte Perle JEſum und die ewige Seligkeit dafuer eingehandelt haben. O alsdenn glueckſeeliger Kauffmann! O herrlicher Profit, und unbe= greiflicher Kauffmanns=Nutz, ohne ENDE.
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