Transkription

Emblematischer Parnassus – M. Laurentii Wolffgangi Woyttens Emblematischer Parnassus: Worauf die Musen, ihre Blumen-Lese/ zu allerhand Freuden und Trauer-Kräntzen/ halten. Um/ den Lob-werthen Tugend-Chor/ durch angenehme Rosen; Hergegen/ Das ungezähmte Laster-Thun/ mit wildem Dorn- und Distel-Flor/ zu krönen. Nach specialem Verlangen/ in einem Gefilde/ von funffzehen Hundert Jn dreyen verschiedlichen Theilen verfaßten/ auf allerley Begebenheiten/ zweymal/ nemlich Geist- und Weltlich applicirten/ gantz neu erfundenen/ und zierlich in Kupffer gestochenen naturellen Moralischen Sinn-Bildern/ ... Dargestellt und ausgefertigt. – Emblematischer Parnassus
Woytt, Laurentius Wolffgangus
[Inhaltsverzeichnis]
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m. Laurentii Wolffgangi Woyttens Emblematiſcher Parnaſſus: Worauf die Muſen, ihre Blumen=Leſe/ zu allerhand Freuden und Trauer=Kraentzen/ halten. Um/ den Lob=werthen Tugend=Chor/ durch angenehme Roſen; Hergegen/ Das ungezaehmte Laſter=Thun/ mit wildem Dorn= und Diſtel=Flor/ zu kroenen. Nach ſpecialem Verlangen/ in einem Gefilde/ von funffzehen Hundert In dreyen verſchiedlichen Theilen verfaßten/ auf allerley Begebenheiten/ zweymal/ nemlich Geiſt= und Weltlich= applicirten/ gantz neu= erfundenen/ und zier= lich in Kupffer geſtochenen naturellen Moraliſchen Sinn=Bildern/ Sowol fuer Gelehrte/ als ſonſt kluge Leute/ ſehr nutzlich zu leſen und zu gebrauchen/ Dargeſtellt und ausgefertigt. Erſter Theil.AUGSPURG/ In Verlag Jeremias Wolffs/ Kunſthaendlers ſeel. Erben. 1727.
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Vorrede. Nach Stands=Gebuehr/ Wertheſter Leſer.
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WIr halten vor unnoethig gegenwaertig Emblematiſches Werck mit vielen Lobſpruechen zu recommendiren/ oder in deſſen Erhebung weitlaeuffig zu ſeyn/ indeme ein je= der ſcharffſinniger Kopff bey deren Betrachtung ſo gleich von ſelbſten urtheilen kan und wird/ Herr Autor habe aus dem Caſtaliſchen Brunnen des Parnaſsi nicht ohne Frucht ſeine Begierden beſaettiget/ und deßwegen nicht in Abrede ſeyn koen= nen/ daß das Werck mit ſeinem Titel vollkommen uebereinſtimme/ wann man einige Zeit zu deſſen Durchleſung anwenden will. Dann da zeigt ſich/ bald das ſchwartze befleckte Kleid der Laſter/ bald aber wird das helle reine Kleid der Tugenden vor Augen gelegt/ aus wel= chem ein jeder als in einem Spiegel ſeine Geſtalt erkennen kan. Der beruehmte Kuenſtler Herr Johann Andreas Thelot allhier hat die Emblemata ſo artig deliniert/ daß ſie nicht accurater mit den Applica- tionibus ueberein kommen koenten. Weilen nun gegenwaertig=Erſter Theil an das Licht geſtellt wird/ deme der Andere/ ſo bereits mei= ſtens fertig bald folgen und darauff an dem Dritten und letzten Theile auch der Anfang gemacht werden ſolle/ ſo haben vor noth= wendig erachtet dem Wertheſten Leſer mit gegenwaertiger Vorred zu berichten/ daß die auf dem Titul=Blat bemerckte zweyfache nem [ID00007] lich Geiſt= und weltliche Moraliſche Applicationes als einen Anhang unter dem Titul/ Laurentii Wolffgang Woyttens Moraliſche Applica- tiones zu ſeinem Emblematiſchen Parnaſſo, beſonders haben trucken laſſen/ welches hauptſaechlich deßwegen geſchehen/ damit die jenige Kuenſtler und andere/ welche zu ihrer Arbeit meiſtens nur der in Kupffer geſtochenen Emblemata ſamt deren in viererley Sprachen beygefuegten Lematibus, (wovon der Herr Autor allein die Teutſche/ die andere dreyerley aber ein geſchickter hieſiger Sprach=Meiſter verfertiget) und Epigramatis noethig haben oder verlangen/ nicht ob- ligiert ſeyen/ mehrere Koſten aufzuwenden/ hingegen aber andere Liebhaber und ſonderlich gelehrte Perſonen/ ſo belieben dieſe Mora- liſche Applicationes gleichfalls zu durchleſen/ ſelbige beſonders kauffen/ und weil alles in gleichem format, es auch zuſammen binden laſſen koennen. Der Wertheſte Leſer laſſe ſich uebrigens diß Werck ge= fallen/ ſuche und finde auch ſein Vergnuegen darinnen/ und verbleibe immerdar gewogenDen Verlegern.
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Emblema. 1.
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EIn von Stroh gemachtes Bien=Faß/ ſo auf der Heyde ſtehet/ worein die Immen bey ſchoenem Sonnen=Schein ihr Honig tragen.
Allweil die Sonne lacht/ ſind ſie auf Nutz bedacht.

2.
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Eine Mohn= oder Klappee=Roſe/ welche/ in= dem ſie ein Genius mit der Hand abbrechen will/ alſobalden alle Blaetter abfallen laeſt.
Ihr Weſen iſt zum Schein; ohn’ Ihme nuetz zu ſeyn.

3.
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Die helle Sonne/ welche hoch am klaren Himmel/ und zwar an der foerderen Seite ſtehet; an der hinteren aber der Voll=Mond gantz weit herunten/ und zwar gleichfalls bey ausgeheiterter Lufft.
Die groeſte Kaelt und Hitz/ erledigt ſie fuerm Blitz.

4.
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Vier Stoerche gehen gleichſam wie ſpatzieren in einer noch unbegraſeten Aue herum; ſo daß ſie die Schnaebel in alle vier Theile der Welt richten/ und keiner gegen den andern ſiehet.
Woher ſie kommen ſind; hat noch kein Menſch ergruendt.

5.
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Ein ſehr mit Mehl beſtaeubter Mueller ſteht un= ter einer Wind=Muehlen=Thuer/ und hat etliche lee= re Saecke ueber der Achſel hangen. Gegen ueber aber iſt bey einem noch rauchenden Kohlen=Hauf= fen (Meiler) ein gantz ſchwartzer Kohlenbrenner mit einer Stange in die Kohlen ſtierend/ zuſehen.
Daß jener ſchwartz/ der weiß; macht ihrer beyder Fleiß.

6.
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Eine Wegwart=Blume floriert am Wege nach der aufgehenden Sonne zu.
Ihr Haupt bleibt ſtets gericht/ nach Phoebus Strahlen=Liecht.

7.
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Ein Genius ſchlaegt auf einen ſchoen geſchliffe= nen Edel=Stein mit einem Hammer/ auf einem Amboß/ welcher aber/ weil er falſch und unaecht/ in Stuecken zerſpringt; deſſen Helffte (um zu er= kennen/ was es geweſen) auf dem Amboß liegen geblieben; die uebrige Helffte aber faehrt in vielen kleinen Splittern umher.
Wie gut? und nicht/ wie ſchoen? ſoll ſeinen Wehrt erhoeh’n.

8.
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Ein Schiff/ welches mit vollem Segel in den See=Hafen einzulauffen/ ſchon gantz nahe dran iſt.
Sein Lauff iſt nun vollbracht: Glueck/ Hoffnung/ gute Nacht!

9.
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Ein Genius riecht an einem in der Hand hal= tenden groſſen Bueſchel Ringel=Blumen/ wovon ihme aber die Naſe ſtarck blutet.
Laeſt er nicht zeitlich ab; ſo bringt es ihn ins Grab.

10.
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Ein gantzer Acker voll ſchon aufgewachſener und reiffer groſſer Bohnen.
Von ihnen wird geduengt der Acker/ ſo ſie bringt.

11.
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Der Mond im letzten Viertel/ bey Nacht= Zeit/ gantz alleine ohne Sterne/ am Himmel zu ſehen.
Sein Schein hat nie Beſtand; als lang er uns bekannt.

12.
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Ein volles Wein=Faß/ deſſen Spunt und foerdere Reiben=Zapffen mit einem Pappier aeber= zogen/ und auf beyden Seiten zupitſchiert zuſehen iſt.
Was hilfft es/ wenns gefuellt/ und doch den Durſt nicht ſtillt?
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13.
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Ein Scorpion/ der in einen Circkel niedrig um ihn her brennenden Feuers eingeſchloſſen; ſticht ſich vor Angſt mit ſeinem eigenen Gifft=Stachel gekruemmt/ in den Bauch/ daß er ſtirbt.
Weil ihn umcirckt die Noth/ macht er ſich ſelber todt.

14.
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Ein Berg Knappe hauet in einer ſchon ziem= lich tieff hinein gegrabenen Hoehle Ertz ab; auſſer welcher ein wohl gekleideter Cavallier todt auf der Erden liegt; weil er die Duenſte des Bergwercks/ ſo man noch heraus hauchen ſiehet/ nicht vertragen koennen.
Die Duenſte des Metalls/ ſind Urſach ſeines Falls.

15.
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Ein Conneſtabel hat ſeine Cannone zu ſcharf geladen/ weßwegen ſie zerſpringt/ und ihme einen Arm abſchlaegt/ der in die Lufft empor fliegt.
Das viele Kraut und Loth/ bracht ihm bald ſelbſt den Tod.

16.
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Etliche Irrlichtlein huepffen bey finſterer Nacht auf freyem Felde und im Fahr=Wege herum.
Als lange die hier ſind/ man keine Sonne findt.

17.
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Ein Goldſchmid loethet ein Oehr an einen gueldenen Gnaden=Pfennig/ und haenget ihn zu= gleich im Anloethen an eine darbey habende gueldene Kette.
Die Silber= Loethe macht das Gold drum nicht veracht.

18.
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Eine Roſe auf ihrem erhabenen Stocke fiehet gantz ſchwartz und ſchattenhafft/ weil es ſehr Due= ſter=Nacht um ſie her iſt.
Man kennt den Purpur nicht; weils fehlt am Sonnen= Licht.

19.
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Ein Paradeiß=Vogel liegt todt in einem Vo= gel=Bauer eingeſchloſſen.
Was auſſer freyer Lufft/ das wird ihm bald zur Grufft.

20.
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Der volle Mond tritt zwiſchen die Sonne und Erde; wannen hero eine Finſternueß an der Son= nen entſtehet.
Die ihn ſchoen glaentzbar macht/ ſetzt er jetzt in die Nacht.

21.
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Ein aufgehaengter Cronen= Leuchter/ worauf ſieben ſchier zu Ende verbrennte/ doch noch ſehr hell flammende Lichter zu ſehen.
Sie bueſſen alles ein/ durch den beflammten Schein.

22.
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Eine Kunſt fontaine, deren Waſſer in einem Garten von der Erde ſehr hoch und dick in die Hoehe getrieben wird; aber alles bald wieder zu= ruecke in den herum gegrabenen Waſſer=Keſſel herun= ter faellt.
Stieg es gleich noch ſo hoch; faellt ſein Cryſtall jedoch.

23.
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Eine kleine Inſul/ worinnen ein veſtes Caſtell mit| einem Kirchlein gebauet; rings umher ſchlae= get das Meer ſeine Wellen nach der Inſel zu.
Wenn ſie gleich drueber gehn/ wird doch ihr Grund beſtehn.

24.
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Ein Oehl=Baum/ welcher verdorret/ weil er von dem noch darunter rauchenden ſchier ausge= gangenen Feuer angezuendet und verderbet worden.
Sein Leben geht zu End’/ indem er wird gebrennt.
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25.
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Eine an einer ſteinern breiten Saeule wohl ab= gezeichnete Sonnen=Uhr/ bey untergangener Sonne und eingebrochener Abend=Demmerung.
Fehlt ihr der Sonnen Schein; kan ſie nicht nuetzlich ſeyn.

26.
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Ein angezuendetes Raeucher= Faß/ wovon der Rauch gerade empor nach dem Himmel zufaehrt; gegen ueber aber ſteht ein niedrig Waſſer= Ge= faeſſe/ welches mit Eiß ueberfrohren und von Eiß= Zapffen behangen iſt.
Eins ſucht das Himmels Zelt/ das andre nur die Welt.

27.
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Ein ziemlicher Regen/ in waehrendem welchen ſich ein angenehmer Regen= Bogen aus einer trueben Wolcke herunter nach der Erde zu/ in ein Baech= lein ziehet.
Nach langer Thraenen Saat/ macht Er ſein Gnaden=Rad.

28.
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Ein mit Kauffardey=Faeſſern beladenes Schiff= lein ſtoeßt auf dem Meer an eine Stein=Klippe und ſcheitert; ſo daß alles umkommt und zu Grunde geht.
Wenns Schiff erſt ſo verwundt; geht alles Gut zu Grund.

29.
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Ein klein nacketes Kindlein liegt auf einer Windel in ſeinem Koerblein/ ſo auf der Erde ſte= het; und wird von einer groſſen Spaniſchen Muecke aufs Hertz geſtochen/ daß es gantz hoch davon auf= laufft.
Wer ihr ausweichen kan/ der iſt weit beſſer dran.

30.
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Ein Buettner brennt ein offenes Faß mit Schwefel/ oder einem Wachholderbeer Strauche ein/ daß der Dampff davon heraus faehrt.
Wormit ers eingebrennt/ darnach reuchts biß ans End.

31.
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Ein zu Grunde finckendes Schiff/ deſſen ein= gehabte Perſonen durch die Wellen aufgehoben nnd in ein anders weit groeſſers und ſchier an Port gelangtes Schiff hinueber geworffen werden.
Sie ſind/ durchs Ungluecks Macht/ nur beſſer angebracht.

32.
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Ein mit neuem Moſt angefuelltes Wein= Faß/ woraus/ weil es zu harte verſpuentet worden/ durch den brauſenden Moſt der Spunt heraus= und hoch in die Hoehe geſprengt wird.
Wie mehr man ihn vermacht; je weniger ers acht’t.

33.
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Ein Adler fliegt gerade und mit offenen doch kleinen Augen gegen die ſtrahlende Sonne; deme zwar eine großaugigte Nacht=Eule folgen wil; aber weil ſie vom Lichte geblendet/ mit dem Kopffe an einem alten Thor= Mauerbogen/ ſo halb abgebro= chen/ anfaehrt.
Ihr’ Augen gleichen nicht: hier Finſternueß/ dort Licht.

34.
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Ein Kraehmers= Tiſch/ worauf ein beſchnittenes groſſes Stuecke Geld angenagelt zu ſehen.
Zu leicht an dem Gewicht; drum hilfft das Bildnueß nicht.

35.
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Einige Nachtigallen ſingen zur Morgen= Dem= merungs Zeit/ in einem dicken Gepueſche/ gar er= kantlich.
Es zeugt ihr Luſt= Geſchrey/ der Winter ſey vorbey.

36.
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Die Sonne zuendet mit ihren Strahlen/ durch ein Brenn= Glaß/ einen auf der Erde liegenden Span an/ daß er brennet; das Glaß aber haelt ein Genius in der Hand.
Die Wuerckung ihrer Macht/ wird mit dem Glaß vollbracht.
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37.
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Ein Hauffen Ameiſen unter einem Fichten= Baume/ welche ihre Speiſe bey hoch ſcheinender Sonne embſig zuſammen eintragen.
Sie traegt vor Winters ein; um/ dann verſorgt zu ſeyn.

38.
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Ein Koenig ſitzt auf ſeinem Throne/ welchem ein zerlumpter grober Hut= bedeckter Bettler den Ruecken zukehrt.
Wer ſich wie dieſer ſtellt/ gar wenig Gnad erhaelt.

39.
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Ein Knaeblein wirfft einen Stein in die Hoehe/ welcher aber ſeiner Schwere wegen/ bald wieder auf die Erde niederfaellt.
Sein Centrum iſt die Erd; drum er auch drauf begehrt.

40.
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Zwey wilde Saeue umwuehlen einen ſchoen be= fruchteten Korn=Acker.
Ihr Sinn geht einzig hin/ auf Nahrung und Ruin.

41.
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Drey aus einer Wurtzel erwachſene Waitzen= Aehren/ welche weil ſie ſehr groß und voller Koer= ner ſtecken/ ſich alleſamt nach der Erde zuneigen.
Drum ſtehen ſie gebueckt; weil ihr Haupt reich geſchmueckt.

42.
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Ein groſſer Wermuth=Strauch; bey welchem ein viereckigt Apothecker=Glaß ſtehet; woran ge= ſchrieben: Wermuth=Extract.
Durch ſeine bittre Frucht/ wird Sueßigkeit geſucht.

43.
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Ein Bauren= Knecht ſitzt in einem Herrn= Seſſel/ und ſchlaefft ſo harte/ daß ihn zwar zwey nackende Knaeblein/ einer mit einer Roſe vor die Naſe haltend/ der andere aber mit einer Diſtel auf die Haende ſchmeiſſend/ aufwecken wollen/ aber doch nicht koennen.
Er liebt nur dieſe Kunſt; ſonſt weder Zorn noch Gunſt.

44.
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Zwey Kameele und zwey Maul=Thiere gehen bey untergehender Sonne ſehr ſchwer und proper= beladen nach einem Gaſt= Hofe zu; und werden von ihren Treibern in Morgenlaendiſchem Habite/ begleitet.
Geht es zur Herberg ein; So laeßt man ſie allein.

45.
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Ein Genius wirfft einen Stein in ein ſtilleſte= hendes Waſſer/ wovon ein Hauffen Circkel entſte= hen und im Waſſer erkennt werden.
Sie kommen allzumahl aus einem/ ohne Zahl.

46.
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Ein Genius haelt einen ſtaehlernen Spiegel ge= gen die Sonne/ und zuendet durch die zuruecke prel= lende Strahlen einen auch gegen ueber ſiehenden Hartz=Baum an/ daß er brennet.
Er brennt zwar ſelber nicht; doch wirds durch ihn verricht.

47.
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Ein Bauer=Weib ſchwinget oder ſchlaeget Flachs/ woraus ein groſſer Staub faehret/ wel= chen ein darvorſtehendes Knaeblein mit groſſem Eif= fer aus den Augen wiſcht.
Sein Aug iſt viel zu zart/ fuer dieſe boeſe Art.

48.
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Ein gar ſchoener Chryſtallierender Bach fließt mitten durch eine gruene Wieſe.
Von der Chryſtallnen Fluth/ laeßt ſie noch einſt ſo gut.
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49.
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Ein anlauffender Waſſer=Fluß/ welcher mit Daemmen/ Schuetzeln und Wehren zuruecke gehal= ten wird/ daß er die am Ufer ſtehende Bauren= Haeuſer nicht ueberſchwemmen kan.
Der Fleiß wurd’ angewandt/ eh es nahm ueberhand.

50.
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Die Lufft/ mit ſchwebenden Duenſten durch= zogen/ verurſacht ein Donner=Wetter/ deſſen Strahlen in eine benachbarte Fuerſtliche Reſidenz- Stadt und Schloß einſchlagen/ und eine Feu= ers= Brunſt verurſachen.
Ihr aufgeſtiegner Dunſt/ verurſacht dieſe Brunſt.

51.
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Zwey Zwillings= Kinder liegen beyſammen in einer Wiegen/ und haben die Arme um ihre Haelſe her geſchlagen/ zum Zeichen ihrer genauen Ver= wandſchafft.
Sie ſind all zwey vergnuegt/ wenn eins beym andern lıegt.

52.
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Ein Baners=Mann gehet nach ſeinem Acker/ und will mit der Sichel Fruechte abſchneiden; da doch keine drauf zu ſehen; weil er ihn zwar gar ſchoen gepflueget/ aber nicht beſaeet hat.
Viel Mueh’ ohn Nutzbarkeit; weil er nichts drauf geſtreut.

53.
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Die Nacht/ worinnen nur der einige Satur= nus=Stern mit ſeinem gewoehnlichem Zeichen (ђ) ſignirt/ geſehen wird; unten auf der Erde aber ſieht alles mißwachſig aus.
Wo dieſe Lampe brennt/ wird wenig Freud’ erkennt.

54.
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Ein aus ſeinem Ufer gebrochener Waſſer=Fluß reißt etliche groſſe Baeume und Haeußlein darnie= der.
Die Wuth hemmt ſeinen Lauff; doch ſtuermt er grimmig drauf.

55.
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Ein wohl beflecktes groſſes Panter=Thier ſte= het im groſſen Regen/ und laeßt ſich durch ſolchen ueber und ueber waſchen.
Was ſchon ſo lang befleckt/ wird hier nicht abgeleckt.

56.
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Ein mit verbundenem Koffe im Krancken= Stuhl ſitzender Patiente nimmt in einem Loeffel und Bruehe etliche erkenntliche Pillen ein. Neben ihm ſtehet auch ein klein Schaechtelein/ welches beobſchrifftet: Franckforther=Pillen.
Die meiſte Krafft iſt hin; drum ich ſo ſchwaechlich bin.

57.
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Eine Schnecke ſteckt und ſingt in ihrem Haeuß= lein/ weil es von einem Kinde mit einer brennen= den Schleiſſe oder Span angezuendet wird.
Stuend’ es nicht alſo ſchlimm; man hoerte keine Stimm.

58.
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Eine auf einem Kuechen=Hackbrete liegende auf= geſchnittene groſſe Kaelber=Nieren/ welche auſſen her/ gar ſehr mit Fette ueberzogen; inwendig aber gantz trocken und mager iſt.
Ihr Fett’ und Magerheit/ vermiſcht ſich keiner Zeit.

59.
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Ein angefangenes Bergwerck/ deſſen Gold= oder Silber=Ertz man aus denen Adern fein er= kennen kan.
So langs hierinnen ſteckt; es wenig Freud erweckt.

60.
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Das mit wilden Wellen tobende Meer zwi= ſchen zweyen Ufern/ deſſen Ausſpuehlung auf einer Seite alles Graß ueberſchwemmt und erſaeufft; auf der anderu aber nichts als Sand und Kieſel= Steine ſehen laeßt.
Die Beut aus dieſem Krieg’/ iſt Unluſt zur Genueg.
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61.
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Ein ſchoener hoher Eich=Baum/ um welchen her den gantzen Stamm hinauf ſich Epheu ge= ſchlungen und angehaengt.
Es ſcheidet dieſe Zwey/ noch Winter/ noch der May.

62.
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Ein Schiff lanfft an einen erhabenen Felſen hart an/ weil der Steuermann entſchlaffen/ und die Segel nicht aufgeſpannt/ ſondern zuſammen gezogen ſind.
Wo es ſo ſchlaefrig geht/ gar bald Gefahr entſteht.

63.
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Die am hellen Himmel voellig ſcheinende Son= ne/ welche ıhre Strahlen ſo wohl auf ein Berg= Schloß als in ein Thal=Doerfflein wirfft.
Zwey Sonnen taugen nicht; weil eine giebt das Licht.

64.
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Das Meer/ worinnen immer eine Welle die andere treibet.
Wenn jene kaum voran; tritt die in ihre Bahn.

65.
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Ein ſchoener Garten/ in deſſen Mitte ein jun= ges Baeumlein ſteht/ woran ein mit vielem noch kleinen Ungeziefer beſetztes Raupen=Neſt zu ſehen.
Die Raupen rauben bald die Blaetter/ mit Gewalt.

66.
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Ein am Waſſer ſtehendes Erlen= Gebueſche/ worinnen eine wohl erkenntliche Nachtigalle ſitzt/ und mit aufgeblehetem Haelßlein ſingt.
Ihr’s Liedes ſueſſe Freud waehrt kaum zwey Monath Zeit.

67.
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Ein mit zierlichem Teppich bedeckter Tiſch/ worauf ein Wuerffel zu ſehen/ auf deſſen obern Seite drey Augen/ an der einen Seite aber Eins ſtehet.
Er aendert allemal/ im Werffen ſeine Zahl.

68.
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Zween Kraniche beiſſen ſich auf einem Huegel mit einander/ worbey ein Habicht ſeinen Vortheil erſiehet/ und auf ſie loß fliegt/ um ſie zu ueber= meiſtern.
Der Krieg friſcht ihn erſt an/ ſonſt haett’ ers nie gethan.

69.
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Die Sonne gehet in einer angenehmen Abend= Roethe zur Ruhe unter.
Der Abend= Roethe Blut zeigt: Morgen werd’ es gut.

70.
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Ein Tuerckiſches Seeraeuber=Schiff/ ſo aus der Leute Orientaliſchen Habite zu erkennen/ hat falſche Flaggen mit dem Creutze bezeichnet/ aufge= ſteckt/ um von andren fuer Freund angeſehen zu werden.
Der Glaube nicht; Ihr Geitz erhoeht das heıl’ge Creutz.

71.
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Eine aufgehenckte Fleiſch=Wage/ in deren rechten Schaale ein groſſes Hertz/ ſo/ der Schwere wegen/ den Ausſchlag hat/ und das Waag=Zueng= lein nach ſich hinunterwerts ziehet; in der andern aber eine Kalbs=Zunge liegt.
Es liegt an dem Gewicht; und nicht/ wie viel man ſpricht.

72.
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Ein an die Sonne heraus gehenckter Mantel/ welchen die kleinen Schaben und Motten ziemlich loechericht durchfreſſen.
Ihr unerkannter Zahn/ hats nach und nach gethan.
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73.
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Eine viereckigte groſſe/ und runde kleine Sack= Uhr haengen neben einander an einer Wand. De= ren jene/ nemlich die groſſe mit 2. Gewichtern behangene nur die Stunden; dieſe aber auch die Minuten weiſet.
Die Kunſt hier mehr verricht/ als Groeſſe und Gewicht.

74.
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Ein Kind liegt nackend an der Sonne/ und wird gantz ſchwartz gebrennt; hergegen liegt ein lang Stuecke Leinwand auf der Bleiche/ welches die Sonne gantz weiß gemacht.
Sie macht auf ihrer Reiß/ eins ſchwartz/ das andre weiß.

75.
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Viele Voegel/ Muecken und ander Geſchmeiß fallen auf ein todtes Lamm/ und ſuchen Speiſe daſelbſt.
Sie kaemen ſchwerlich her/ wenn nichts zu holen waer.

76.
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Ein Palm=Baum ſtehet an einem angenehmen Waſſer= Fluſſe/ und wird von der Sonne gelinde beſchienen.
Ein jedes ihn beſchenckt: Sie waermet/ dieſer traenckt.

77.
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Ein groſſer Apffel= Baum/ deſſen Aeſte vom Stamme abzubrechen beginnen/ weil ſie zu voll Fruechte hangen.
Der Fruechte Uberfluß macht ihme den Verdruß.

78.
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Ein mit ſchoenem Klee bewachſener Felß ſtehet mitten im Siciliſchen Meer. Deſſen Nahmen (Mare Sicilian.) auch an dem Felſen zu leſen iſt.
Ob ſie ſtets ſchlagen an/ kehrt er ſich doch nichts dran.

79.
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Ein Koch ſetzt eine Schueſſel mit delicaten Speiſen oder Paſtete/ in einen alten von Maeußen zerfreſſenen Kaſten/ worinnen ſie ihren Geſchmack verliehren.
Waer ſie gleich Zucker= ſueß: verdirbt ſie doch gewiß.

80.
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Ein Frauenzimmer beſtreicht ihre Haende mit ſchwartzem Schlag= Balſam/ aus einem galanten Balſam= Buexlein.
Iſt der Geruch vorbey/ ſo wirds Unflaeterey.

81.
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Der Mond ſteht weit von der Sonne entfer= net/ und hat daher bey ſeiner Fuelle mehr Glantz um ſich.
Wie weiter er davon/ je ſchoener ſeine Kron.

82.
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Zwey Hunde wollen einen Igel anpacken; weil er aber ſeine Stacheln ſtraeubet/ ſtechen ſie ſich in die Schnautzen/ und koennen weiter nichts thun.
Sie wagen ſich nicht gar; weils ihnen bringt Gefahr.

83.
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Ein Eiß= Vogel niſtet ins Meer/ da es eiſig und im Winter iſt.
Worauf er ſich verlaeſt/ iſt Hoffnung und ſein Neſt.

84.
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Der Indianiſche betruebte Baum/ in deſſen Stamm das Wort Triſtis geſchrieben zu leſen/ bluehet in der Nacht/ und beginnt beym Aufgang der Sonn/ auf der Seite gegen ſie zu/ ſchon zu verwelcken.
Er bluehet laenger nicht/ als biß der Tag anbricht.
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85.
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Eine Schleen= Hecke/ woran allenthalben Raupen=Gewebe zu ſehen.
Ob gleich kein Fleiß geſpahrt/ iſt es doch boeſer Art.

86.
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Ein Genius fleucht vor der Sonne/ und verur= ſacht dardurch/ daß ſein Schatten auch vor ihme herlaufft.
Wer GOtt verlaeſt den flieht das/ was er vor ſich ſieht.

87.
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Ein Ameiſen= Hauffe an einem niedergeſchnit= tenen Korn= Acker; von welchem die Ameiſen viele Koernlein eintragen/ doch ſo/ daß ſie nach ihrer Gewohnheit die Spitzen davon abbeiſſen/ damit ſie nimmer kaeumen koennten.
Daß es kein Wachsthum hab’; als nagen ſie es ab.

88.
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Ein Genius gritzt mit ſeinem eiſernen Schul= Griffel das Wort Virtus, in einen noch jungen an der Erde liegenden Garten= Kuerbis.
Was er jetzt graebt darein/ wird ſtets zu kennen ſeyn.

89.
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Ein ziemlich breiter Felß/ worunter einige Caninichen ihre Hoelen haben/ und theils in ſol= chen/ theils auſſen davor ſitzen.
Wie naeher ſie darbey; Je mehr von Feinden frey.

90.
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Eine Perlen= Muſchel liegt geoeffnet am Meer= Geſtade/ worein der Morgen=Thau faellt/ und die aufgehende Sonne einige helle Strahlen wirfft.
Des Himmels milde Hand ſchenckt dieſes theure Pfand.

91.
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Eine Nonne/ welche in einem vergitterien Cloſter ſteckt/ und durchs Sprach=Gitter heraus ſiehet.
Das Hertz blieb’ nicht allein/ wenn ſie wollt’ Ehlich ſeyn.

92.
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Ein Adler und Rebhun fliegen zwar von der Erden auf; alleine jener viel hoeher als dieſes. Und ein Hirſch laufft einer Ziege bevor.
Wems hier an Krafft gebricht/ dem hilfft das Wollen nicht.

93.
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Zween Schwaemme/ deren einer in einer Schueſ= ſel voll Waſſer/ der andere aber in einer brennen= den breiten Oel=Lampe liegt/ und die Feuchtigkeit an ſich zieht.
Er ſchluckt begierig ein/ alles/ was naß mag ſeyn.

94.
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Zwey nur durch ein Gaeßlein unterſchiedene nahe beyſammen gebaute ſchoene Haeuſer/ deren ei= nes im Brande ſtehet/ und Lichter= lohe Flammen zum Dach hinaus fahren laeßt.
Kommts mit der Glut ſo weit; hat jener hohe Zeit.

95.
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Vier junge Delphinen ſchwimmen im See= Strudel paar=weiſe einander ſchnaltzende nach; hinter welchen her ein alter groſſer Delphin/ als ihr Aufſeher drein gehet.
Er folget ueberal durchs gantze Jammer=Thal.

96.
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Einige glueende Kohlen werden von einem Weibe mit Aſche zugedeckt.
Was ſie mit Aſche deckt/ wird morgen neu erweckt.
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97.
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Ein ſtillſtehendes Waſſer/ worinnen allerhand Rhaum und moderigter Unflat zu ſehen.
Weils ſtill ſteht fuer und fuer/ findt man nur Unflat hier.

98.
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Der Himmel; auf deſſen einer Seite die Son= ne ſcheinet/ und auf der andern es regnet. Unten her das Meer/ welches forne am Ufer groſſe Wel= len ſchlaegt; mitten inne aber fein ſtill und ſachte ausſieht.
Die Zeit veraendert viel; und jedes hat ſein Ziel.

99.
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Ein Elephaut gehet ſachte ins Waſſer/ und mit dem einen foerdern Fuß nicht ehender fort/ er habe denn den andern zuvor erſt recht feſte aufge= ſetzt.
Weil er ſich nimmmt in acht/ faellt er nicht unbedacht.

100.
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Eine Chriſtwurtz= Blume (die an Farbe Sit= tiggruen/ ſonſt auch Mertzen= Blume genennet/ und durch den Winter in Gaerten zu finden iſt/) ſteht gantz alleine auf freyem Felde/ unter Schnee=Ge= witter im Schnee; doch wird ſie von der im Win= ter ſehr niedrig gehenden Sonne beſchienen.
Wie groeſſer Froſt und Kaelt’/ jn naeher ſie ſich ſtellt.

101.
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Ein in Felſen gehauener ſchoener viereckigter Brunn/ worueber geſchrieben ſtehet: Fons in Epiro. in welchem ein Knaeblein ſeine verloſchene Wax=Fa= ckel wieder brennend macht; weil es dieſes Brun= nens Eigenſchafft iſt/ dergleichen zu thun.
Was ſonſt kein Waſſer kan/ hat er ſchon offt gethan.

102.
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Die Sonne erwaermet einen angenehmen ſtill= ſtehenden See mit ihren drein werffenden Strah= len dermaſſen/ daß es ſcheint/ ob wollte er anheben zu ſieden.
Wenn es kan ruhig ſeyn; ſo waermet es ihr Schein.

103.
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Die Sonne ſcheinet mitten im Regen/ aus ei= nem ſtarcken Gewoelcke herfuer/ als eben ein Wan= dersmann ueber Feld gehet.
Er wird zwar wol genetzt/ doch auch mit Troſt ergoetzt.

104.
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Ein mit Stroh gebundener Roehr= Brunnen= Stock/ welcher noch gantz mit Eißzapffen ueber= frohren. Weil aber dıe Sonne darauf ſcheinet/ als heben ſie an zu ſchmeltzen/ welches Thau= Wet= ter man auch an einem Hauſe erkennet/ weil das Dach ſehr tropffnet.
Man ſieht es nach der Hand/ daß lauter Unbeſtand.

105.
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Ein Vogel=Bauer/ worinnen ein junger Car- narien=Vogel/ und aeltlicher Diſtel=Fincke (Stie= gelitz) beyſammen ſitzen und ſingen: und zwar in der Poſitur/ ob wolte der junge dem alten ſeinen Geſang ablernen.
Was man dadurch erwirbt/ iſt/ daß der Jung’ verdirbt.

106.
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Ein liederlicher Sauff=Bruder/ der die zu ſich genommene Speiſe und Tranck/ auf der freyen Straſſe ſtehend/ in grauerlicher Poſitur wieder von ſich ſpeyet.
Haett’ er noch ſo viel drinn/ waer’ es doch alles hin.

107.
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Joab faſſet den Amaſa freundlich beym Barte/ daß er ihn kueſſe; und ſticht ihn zugleich mit ſeinem Schwerd heimlich in den Wanſt. 2. Sam. 20. 8. 10.
Durch Joabs falſchen Kuß/ Amaſa ſterben muß.

108.
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Ein Eſel wendet ſich von einem Tiſche weg/ worauf allerhand muſicaliſche Inſtrumenten liegen/ und ſtreckt ſeinen Kopff nach einem Diſtel= Strauche.
Sein Auge/ Wunſch und Sinn denckt auf was anders hin.
|| [19]
|| [20]

109.
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Ein Sodoms=Apffel= Baum voller Fruechte/ welche ſehr ſchoen/ aber innen mit Aſche und Un= rath erfuellet ſind. Am Stamme des Baums henckt ein Bretlein/ worauf geſchrieben zu leſen: Aepffel von Sodom.
Ihr ſchoen bemahltes Bild iſt gantz mit Aſch’ erfuellt.

110.
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Zwey durch einen Marck=Stein unterſchiedene/ ſonſt aber dichte neben einander ſtehende ſchoen be= fruchtete Korn= und Waitzen=Aecker; deren einer/ und zwar der Waitzen=Acker/ vom Hagel gantz nieder= geſchlagen worden; da der Korn=Acker gantz un= beſchaedigt blieben.
Den ſchlaegt der Hagel um/ und jener weiß nichts drum.

111.
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Ein Frucht behangener Maulbeer=Baum; deſ= ſen Natur iſt/ am ſpaeteſten zu bluehen/ und am erſten zu zeitigen.
Er hat kaum abgeblueht/ da man ſchon Fruechte ſieht.

112.
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Zween Crocodillen/ deren einer einem ihn flie= henden Menſchen nachfolget; der andere aber vor einem Genio fliehet/ welcher ihn verfolget.
Er jagt den/ der ihn fleucht/ und flieht den/ der ihn ſcheucht.

113.
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Ein mit einem Gerueſte ueberbauetes Berg= werck/ aus welchem verſchiedene Ertz=Adern heraus blicken; an denen ein Berg= Knappe mit ſeinem Spitz= Hammer arbeitet.
Wo ſich erſt eine findt/ dort gern noch viele ſind.

114.
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Ein im Winter/ (welcher aus denen mit Dufft behangenen Hecken zu erkennen) gantz todt= ſchei= nender Obſt= Baum.
Die warme Fruehlings=Zeit bringt ihm ein ſchoener Kleid.

115.
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Zwey neben einander ſtehende ſehr hohe Ber= ge/ deren oberſte Spitzen beyde durch die Wolcken hinauf culminiren/ und von ſolchen gantz verhuellet werden.
Man ſieht ſie weit und breit/ doch voll Muehſeeligkeit.

116.
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Ein todter Adler liegt auf einen ſumpffigten Miſt= Hauffen hingeworffen.
Er fault an jedem Ort/ es ſey hier oder dort.

117.
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Ein Stern/ welcher ındem er ſich butzt/ und durch die Lufft hernieder faehrt/ den Horizont ſehr angenehm erleuchtet.
Wenn er muß untergehn; ſieht man ihn erſt recht ſchoen.

118.
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Ein Lauffer in ſeinem gewoehnlichen Habite/ mit einem langen Rocke/ worauf oben ein groſſer Knopff/ laufft der aufgehenden Sonne entgegen; dahero ihme denn/ ſein an der Erde erkenntlicher Schatten/ auf dem Fuſſe nachfolgt.
Weil er dem Licht zu eilt/ ſein Schatten ſich nicht weilt.

119.
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Ein ſchoener Granat=Apffel an ſeinem Baume/ wird von der ſtarcken Sonnen= Hitze und Strah= len/ ſehr weit geoeffnet/ daß ſich ſeine Kerne zeigen.
Was er verbarg ſo lang/ daſſelb entdeckt ihr Zwang.

120.
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Einige bewinterte Garten= und Baum= Ge= waechße/ ueber welche Wind/ Schnee und Regen/ durch einander herfaellt; die doch zu ihrem kuenff= tigen Wohlſtand helffen mueſſen.
Ihr jetzt gehaeufftes Leid bringt Nutzen/ mit der Zeit.
|| [21]
|| [22]

121.
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Ein Mathematicus ſieht/ durch einen Tubum, gegen den haeuffig geſtirnten Himmel.
Je weiter er ſieht fort; ſo mehr erſcheinen dort.

122.
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Ein mit Stroh gedecktes Bauren=Hauß/ um welches her/ viele Bien= Stoecke ſtehen; weil es aber keinen Schorſtein hat/ faehrt der Rauch zur Thuer und andern Loechern heraus; wordurch die Immen alleſamt vertrieben/ und Schwarm=weiſe fluechtig werden.
Es iſt ein alter Brauch/ zu fliehen Dampf und Rauch.

123.
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Ein Genius haelt einen ſchoen geſchliffenen groſ= ſen Chryſtall/ in der flachen Hand/ welcher ver= urſacht/ daß er die darzwiſchen fiperenden Sonnen= Staeublein/ gar deutlich erkennen kan.
Was ſonſt verborgen ſchien; erkennt man bald durch ihn.

124.
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Ein Bien= Hauffen ſchwaermet und zerſtreut ſich hoch in die Lufft empor; wird aber von einem verkappten Bauer durch das Klingeln eines Meſ= ſingen Beckens/ wieder zuruecke gereitzt.
Weil er ſie fangen wil; ſo ruehrt ſich dieſes Spiel.

125.
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Eine ſehr ſchwartze Regen= Wolcken troepffelt kleine einzele Waſſer= Tropffen herunter anf den Staub der Erden/ daß mans erkennet/ wo ſie hin= gefallen.
Hieraus wird prophezeyt/ der Haupt=Guß ſey nicht weit.

126.
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Eine in Perſpectiv weit entlegene Stadt/ die man nicht viel erkennen kan; auf welche ein Bote mit ſeinem Spieſſe/ zueilet.
Wenn er kommt naeher bey; ſieht er/ wie groß ſie ſey.

127.
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Ein Wanders= Geſelle mit ſeinem Wander= Buendel auf dem Ruecken/ geht auf der Straſſe/ einen Schind= Anger mit todtem Aaſe beworffen/ vorbey; wendet die Augen davon ab/ und haelt/ ver= mittelſt ſeines Schnup=Tuchs/ Maul und Naſen zu.
Fort fort von dieſem Ort; wo Unflat/ Stanck und Mord.

128.
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Ein Wagner mit ſeinem Schurtz=Fell ange= than/ haelt ein krummes Holtz ueber das/ auf die Gaſſe hin angeſchuertes Feuer/ daß es gerade lauf= fen muß.
Sein Wachsthum iſt nicht gut; drum zwingt ers durch die Glut.

129.
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Ein Stahr hat ſich in einem Waſſer=Baech= lein gebadet/ und wolte nun gern in die Hoehe flie= gen/ kan aber uebel zurechte kommen/ weil die Fe= dern durchs Waſſer gantz ſtrupig und ſchwer worden.
Was ihm am Fliegen ſchadt/ iſt/ weil er ſich gebadt.

130.
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Ein groſſes Orlog=Schiff in den grauſamſten Meeres=Fluthen/ unter zweyen wiedrigen Sturm= Winden/ Blitz und Regen/ hat gleichwohl ſeine mit einem Loewen bezeichnete Flaggen ausgeſteckt/ und faehrt ſicher dahin.
Es dauert durch die Flut; weil alles ſtarck und gut.

131.
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Eine/ mit Frucht bewachſene/ gruene Saat/ welche aber/ weil ſehr viele Dorn=Hecken auf dem Acker ſtehen/ von ſolchen ſehr gedaempfft und erſtickt wird.
Ach Schade! immer Schad! fuer die ſo ſchoene Saat.

132.
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Eine aufgehenckte Oel Lampe/ welche brennet/ aber durch das von einem Genio hineingeſchuettet= werdende allzuviele Oel/ aus ſeinem Flaeſchlein/ verloſchen wird.
So haeuffig ſchickt ſich nicht/ fuer ſolch ein zartes Licht.
|| [23]
|| [24]

133.
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Ein wohl ausgerueſtetes ſehr beladenes Kauffar= dey=Schiff. In deſſen Segel der Wind ſehr fa- vorabel blaeſet/ und es eilfertig fort treibt.
Nun gehts aufs allerbeſt; weil der ſich hoeren laeſt.

134.
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Ein in hoher Lufft praeſentirtes ſchoenes Feuer= Werck/ bey finſterer Nacht angezuendet; davon ei= nige Raqueten ſchon in Dampff verwandelt zu ſehen.
Die Nacht wird durch den Schein/ hernach noch ſchwaertzer ſeyn.

135.
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Ein angenehmer Regen faellt auf eine ebene Huth=Weide/ worauf ein ſchlecht gekleideter Bauer= Bube ein paar magere Oechßlein huetet; da es zugleich unter den Regen hefftig donnert und bli= tzet.
Sein Blitz und Donner= Schall/ verſaltzt die Tropffen all.

136.
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Ein langer Tuch=Kraehmers=Tiſch/ worauf ein groſſes Stueck zuſammen liegenden Purpurs zu ſe= hen (: woran ein Zettel gehefftet/ auf welchen ge= ſchrieben: Sidoniſcher Purpur.) unter freyem und ſchoen ausgeklaertem Himmel.
Die Purpur= Farb’ erhaelt den Preiß/ wie Titans Zelt.

137.
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Eine im Nacht= Mantel befindliche Jungfer hat ihr weiſſes Atlas= Kleid beſpritzt/ und iſt nun beſchaefftigt/ die Flecken mit einer Fleck= Kugel wie= derum heraus zu machen.
Wenn alles dran gewendt; denn heiſt es Schmierament.

138.
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Ein ſchwer Gewitter ziehet ſich hinter einem Berg mit ſchwartzen Wolcken allmaehlich ueber ein Cloſter herfuer; aber (auſſer einigem Wetter= Kueh= ler) ſonſt weder mit Blitz noch Regen.
Ein Kluger merckt ſchon wol/ was dort her folgen ſoll.

139.
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Ein Genius haelt die Haende fuer die Augen/ und kehret ſich von einem auf der Erde brennenden ſehr rauchenden Feuer weg.
Sein Auge wird entwendt/ von dieſem Element.

140.
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Ein Knabe ſchlaegt einen groſſen Ballon, mit einem an den Arm geſteckten hoeltzernen zerkerbten und darzu gewoehnlichen Inſtrumente/ hoch in die Hoehe.
Weil er inwendig hol; ſo faehret er ſehr wohl.

141.
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Einige Nachbars=Leute ſitzen bey gantz dunck= ler Abend= Zeit im Geſpraeche beyeinander/ auf ei= ner niederen langen Banck/ an einem buergerlichen Hauſe.
Wer ſo im Dunckeln wohnt/ den ſticht noch Sonn noch Mond.

142.
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Ein blinder Mann ſitzt auf einem Ruh=Stei= ne; vor welchem ein galanter Stutzer mit Geber= den ein trefflich tieffes Compliment macht.
Der Blinde ſieht es nicht; drum wirds umſonſt verricht.

143.
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Ein Savojard geht mit ſeiner Boutiquc von allerhand Galanterien angefuellt/ uud offen getra= gen/ an einem Zoll=Stocke vorbey/ in deſſen ver= ſchloſſenes Kaeſtlein er den Zoll en paſſant, zugleich entrichtet.
Er gibt/ was ſich gebuehrt/ drum wird er frey paßırt.

144.
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Ein bey der Nacht im Meer dahin ſeglendes Schiff/ worauf der Steuermann allard ſtehet und es mit Fleiß regieret.
Schon ſicher/ wenn er wacht/ es ſey Tag oder Nacht.
|| [25]
|| [26]

145.
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Zwey mit Frucht bewachſene Aecker/ welche durch einen Fahrweg unterſchieden ſind; auf de= ren einen hier und dar einige Waitzen= Aehren und lauter rothe Klitſch= Roſen/ blaue Korn= Blumen und Radel= Blumen ſtehen; der andere aber iſt mit dem ſchoenſten Korn (oder Roggen) gantz dick be= wachſen.
Wer fragt nach der Couleur! die Garben helffen mehr.

146.
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Ein Wanders= Geſell liegt unter einem Bau= me/ auf ſeinem Buentel und ſchlaeft; gegen welchen ueber/ ein todtes ſchon ſehr zerfreſſenes Aaß liegt/ worauf ein Geyer zufliegt/ und etliche Roß=Kaefer hinbey kriechen.
Nichts als die Luder= Luſt ergoetzt ihr Aug’ und Bruſt.

147.
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Die Sonne ſtehet ſehr hoch/ dahero einige am Wege ſtehende Frncht= Baeume gantz kurtze Schat= ten geben.
Ihr hoch=erhoehter Schein zieht alle Schatten ein.

148.
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Ein laenglicht an der Erde/ unter abgehauenen alten Baum= Stoecken liegendes faules Holtz/ wel= ches zur Nacht= Zeit als glimmend erfunden wird.
Es iſt ein faules Werck ohn Waerme/ Flamm und Staerck.

149.
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Ein mit Eiß ueberfrohrner Weg/ worauf zwey Schul=Kinder/ ſo ihre Buecher unter dem Arm tra= gen/ nach der Schule zugehen/ und ſehr hin und her gleiten.
Bevor ſie ſichs verſeh’n; ſo kan der Fall geſcheh’n.

150.
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Ein Nacht= Violen=Stock in einem Blumen= Scherben/ in der Abend=Demmerung/ anzuſehen/ als ob ein zarter Dunſt (ſo den Geruch bedeuten ſoll) von ſeinen Blaetlein gienge.
Sie balſamirt die Lufft/ wenn Phoebus ſich verklufft.

151.
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Die Sonne/ deren Strahlen gantz unter die Wolcken verſteckt/ und laeſt nur ein paar Strahlen ein wenig durchblicken/ daß man doch vermerckt/ ſie ſey vorhanden. Unten aber ſieht man eine ziemlich umnebelte Stadt in der Ferne.
Man ſieht den hohen Stand/ doch ſonder Troſt fuers Land.

152.
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Ein Bauer/ welcher mit einem angeſpannten Ochſen pflueget; auf deſſen Felde auch ein Jaeger mit einer Kuppel Vorſuch=Hunden befindlich.
Sie folgen der Natur/ als der bequemſten Spuhr.

153.
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Ein eiſerner Schatz= Kaſten in die Erde ver= graben/ iſt oben (als vom Wetter entbloeſt) nur ein klein wenig zu erblicken. In welcher Gegend herum der Thau faellt; aber gar nicht auf den Ort/ wo ſolcher Schatz verſencket.
Er ſtillt der Noth Begehr/ und laeſt die Reichen leer.

154.
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Ein groſſer allzeit gruenender Buchs= Baum/ von welchem/ weil er von Natur eines boeſen Ge= ruchs und Samens iſt/ etliche Thiere/ als ein Loewe/ Lamm und Huendlein/ item eine Henne/ Ente und Taube/ mit Abſcheu tragenden Geberden/ ſich alle weg wenden.
Er ſtinckt/ als wie ein Peſt; drum jedes ihn verlaeſt.

155.
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Ein ſteinigter Abweg/ da ein duerrer Anger mit kleinen Hecken bewachſen/ worunter einige Vio= len oder blaue Veilgen/ ſehr erkenntlich zu ſehen.
Sie riechen dennoch recht; ob ſchon die Herkunfft ſchlecht.

156.
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Zwey Schiffe im See/ deren das groſſe laengſt dem Ufer daher faehrt/ das andere und kleinere aber mitten in der Fluth daher ſchwanckt.
Diß lendt nach Willkuehr an/ und jenes wenn es kan.
|| [27]
|| [28]

157.
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Eine einzige noch auf ihrem erhabenen Stocke florirende Centifolien=Roſe; unter deren Haupte eine gifftige groſſe Spinne ſitzt.
Hab acht/ und ſieh dich fuer! du find’ſt ein gifftig Thier.

158.
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Ein Mann gehet ueber einen ſumpffigten Wie= ſen=Grund/ und faellt mit dem einen Beine tieff durch/ daß er ſich mıt groeſter Muehe heraus helffen will/ aber nicht kan.
Haett’ er ſich vorgeſeh’n; ſo waer es nicht geſcheh’n

159.
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Eine Confect-Schaale mit den ſchoenſten Aepf= felu erfuellt/ deren aber etliche wurmigt/ ſteht auf einer mit porcellanenen Dellern belegten und ge= deckten Tafel.
Ein Kluger ſchaut vor hin/ wo etwan Wuermer drinn.

160.
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Ein ſchoener und vollhangender Kirſchen=Baum/ worauf viele kleine Voegel ſitzen/ die ihn allenthal= ben befreſſen haben/ und noch befreſſen.
Das/ wo man ſie erſt ſpuehr’t/ wird nicht mehr aeſtimir’t.

161.
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Zwey Bereuther auf der Reit= Bahn/ worauf zwey gewoehnliche Saeulen ſtehen. Um deren eine/ der erſte ſein Pferd manierlich im Kreıß herum reitet/ welches auch eine gar angenehme Lection macht. Der andere aber/ weil er ſein Pferd blut= kuenſtig geſpornet/ wird von ſolchem abgeworffen/ und noch darzu elendig zertretten.
Wornach ein jeder ringt/ darnach es ihm gelingt.

162.
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Ein aufgeblueheter vollbehangener Feld=Roſen= Stock; worauf die Kaefern haeuffig herum kriechen/ und ihn beſchmeiſſen.
Die ſucht im gantzen Land’/ hinfuehro keine Hand.

163.
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Das ſchoen hell geſtirnte Firmament; worun= ter zugleich ein angenehmer Thau auf die Erde faellt.
Sie thun all’ ihre Pflicht; doch mit geborgtem Licht.

164.
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Eine Stadt und Provinz, aus welcher viele Daempffe und Duenſte nach dem Himmel zuſteigen/ und ſolchen durch geſammlete Wolcken verfinſteren. Worbey es hinter einem Berge herfuer/ wetter= leuchtet.
Wird er Revange ſpiel’n; ſoll ſie den Schimpff ſchon fuehl’n.

165.
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Ein Garten=Gewaechß=Kuebel/ worinnen ein Indianiſcher Feigen= Baum ſtehet/ der ſeine Fruechte an den Blaetern hangen hat.
Er zeigt dem/ der ihn ſucht/ das Blat mit ſamt der Frucht.

166.
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Die Sonne ſtehet ſehr hoch; wannenhero auch die auf Erden befindliche Bluemlein und Graeßlein/ durch ihre herunter hitzende Strahlen ſehr froelich werden.
Hier ſieht man/ was geſchicht/ durch ihr ſo hohes Licht/

167.
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Eine Kirche/ auf deren beyden ſpitzigen Thuer= nen/ an ſtatt der Wind=Fahnen/ zwey halbe Mon= den aufgeſteckt zu ſehen.
Weß man ſich troeſten kan; zeigt beyder Wetter=Hahn.

168.
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Der Berg AEtna, welcher Feuer ſpeyet/ da= rein es regnet; wodurch aber die Flammen uicht kleiner/ ſondern nur groeſſer werden.
Was andern Abbruch thut/ das groeſſert ihre Glut.
|| [29]
|| [30]

169.
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Das Meer/ welches Wellen drey aus einander geſtreuete Todten= Coerper/ nebſt anderem Schaum und Unflate nach dem Ufer zu/ hinaus treiben und ſpuehlen.
Wo ſolche Saltz= Gewalt/ Da iſt kein Aufenthalt.

170.
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Ein Elephant erſchrickt und fliehet vor einer Indianiſchen Spitz=Mauß/ weil er ſehr keuſch/ ſie aber ein gar geiles Thier iſt.
Ihr geiles Thun allein jagt den/ der keuſch und rein.

171.
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Ein gewaltig groſſer Sturm=Wind erhebet das Waſſer im Meer dergeſtalt/ daß die Wellen wie groſſe Berge in die Hoehe aufſchwellen.
Es hat ſich ſchon gerueſt/ Eh’ er noch kommen iſt.

172.
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Ein Menſch ſiehet durch ein Vergroeſſerungs= Perſpectiv nach einem weit entlegenen Schloſſe/ welches ſich zwiſchen zweyen Bergen/ hinten vom dritten her/ ein wenig dunckel zeiget.
Sein Perſpectiv bringt ihn/ von weitem/ naeher hin.

173.
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Ein Hauffen Duenſte ſteigen aus dem Meer in die Hoehe hinauf/ und verurſachen dicke Regen= Wolcken/ welche als fortziehende anzuſchauen/ und ſich ueber der Erde in einen Regen reſolviren.
Sein ſaures Weſen iſt/ dort gantz und gar verſueßt.

174.
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Eine Jungfer ſitzt beym Naeh= Pulte/ und hat ſich mit einer darauf ſteckenden wieder heraus gezoge= nen Nadel in den Fınger geſtochen/ daß er hefftig blu= tet; worueber ſie als ohnmaechtig einer Magd in die Arme ſincket.
Diß Unglueck hat geſtifft/ Ein kaum vermercktes Gifft.

175.
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Ein Schuß= Stern in der Lufft faehret ſehr helle ſcheinend nach der Erde zu/ und uebertrifft mit ſeinem Scheine alle rechte Sterne/ die hoch droben am Firmamente ſtehen.
Weil ihm der Grund gebricht; drum dauret er auch nicht.

176.
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Ein Menſch mit dem hitzigen Fieber behafftet/ hat den Kopff zwar verbunden/ und auf dem Arm zur Ader gelaſſen; reißt aber die Ader auf/ daß das Blut davon ſpritzt/ und tantzt mit ſehr lachen= den Minen gantz tollſinnig auf der Gaſſen herum.
Er ſcheuet keine Noth und fuercht ſich nicht fuerm Tod.|

177.
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Die Sonne geht hinter einem Berg herunter/ beleuchtet aber mit ihren Strahlen von Ferne den Vollmond und das uebrige Firmament.
Das Silber hat gemacht der Sonnen gueldner Pracht.

178.
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Das Meer/ worinnen man unter den Wellen einige Klippen und Sand=Baencke herfuer ſcheinen ſiehet/ nach welchem ein beladenes Laſt= Schiff zuſegelt.
Wirds nur einmal verſeh’n; ſo iſt es drum geſcheh’n.

179.
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Der Abendſtern geht hinter der untergehenden Sonne her/ und fuehret gleichſam andere kleine weit hinter ihm folgende einzele Sterne zu ihrer Wache auf.
Er folget ihr zur Ehr’; und ihm das gantze Heer.

180.
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Der Morgenſtern gehet frueh vor der aufgehen= den Sonne gantz alleine her.
Ihr Glantz erfuelltes Gold/ iſt ihm vortrefflich hold.
|| [31]
|| [32]

181.
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Ein Acker mit Waitzen und vielen Korn=Blu= men und Korn=Roſen bewachſen; worbey ein Stuecke noch unbeſaeet/ gantz mit Dornen und Diſteln angefuellt zu finden.
Die Erndte ſtellt ſich dar/ nachdem der Saame war.

182.
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Ein Regen= Bogen/ deſſen zwey Ende in einem Waſſer= Sumpffe und ſchlechten Waſſer=Baechlein fuſſen.
Der Stoff heißt an dem Kleid/ Schein ohne Weſenheit.

183.
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Ein erboßter Stier oder Farr= Ochſe ſtrampfft mit denen Fueſſen und ſeinen Hoernern/ in einem ſandigten Fahrwege/ auſſer einem Garten=Zaune von Stacketen; hinter welchem der Gaertner gantz unerſchrocken ſtehet/ und ſich in ſeinem Baum= Ab= peltzen nichr irre machen laeßt.
Deß Gartens Zaun iſt gut/ und ſchuetzt ihn fuer der Wuth.

184.
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Ein verirrtes Schaaf hoeret und ſiehet ſeinen Hirten auf dem Fınger pfeiffen und es ſuchen; weß= wegen es von dem Gebueſche/ worein es gewollt/ ueber einen Stoppel= Acker zu ihme wieder um= kehret.
Komm! weil es heute heißt; eh dich der Wolf zerreißt.

185.
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Einige Aaal= Fiſche ſchwimmen gantz tieff auf dem Grunde in einem Fluſſe; weil ſie nie pflegen in die Hoehe zu ſteigen/ auſſer wenn das Waſſer gantz dick=truebe wird.
Was dieſe Art begehrt/ iſt Wuehlen in die Erd.

186.
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Ein niedliches Frauenzimmer ſitzt auf einem Seſſel und ſpielt auf der Laute. Bey welcher ein Pickelhaering/ doch etwas ferne vorueber gehet/ und die Drommel mit groſſem Eifer ſchlaegt.
Ihr Klang wird nicht gehoer’t/ weil dieſer Narr ſie ſtoehr’t.

187.
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Ein gantzer Hauffen Reiger=Voegel fliegen hoch in der Lufft ueber einem Waſſer= Fluſſe/ wo= rinnen allerhand Arten Fiſche ſchwimmen.
Die ſtreben nach der Hoeh’/ und andre in die See.

188.
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Eine fette Loeffel= Ganß und ſchwerleibiger Trapp= Vogel wollen zwar von der Erde in die Hoehe fliegen/ koennen aber wegen ihrer Schwerlei= bigkeit nicht fort kommen.
Zu wenig und zu viel| verderbt ihr gantzes Spiel.

189.
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Ein Garten=Beth/ worauf eine dick gefuellte voellig=aufbluehende Mohn= Blume ſtehet.
Wo ſolcher Flor am Tag; dort folgt die Cron’ hernach.

190.
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Ein alter Adler hat ſeinen jungen in die Klau= en gefaßt/ mit ſich nach der Sonne hinauf zu fuehren; weil aber der kleine die Sonnen=Strah= len nicht vertragen will/ wirfft ihn der alte mit zorniger Figur im Grimm/ nach einem auf Erden ligenden Stein=Hauffen hernieder.
Wer nicht ins Licht begehr’t/ den acht er ſein nicht werth.

191.
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Eine wohl kenntliche Eichel liegt auf der Erde/ hinter welcher ein entferntes Eichen= Waeldlein zu ſehen.
Es ſteckt in ihr beyſamm: die Wurtzel/ Aeſt’ und Stamm.

192.
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Ein kleines Schifflein ſo im Meer/ an deſſen Ufer/ vor Ancker liegt; wobey der Ancker abſon= derlich wol zu erkennen.
Als lang’s fuer Ancker liegt/ wird es umſonſt bekriegt.
|| [33]
|| [34]

193.
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Ein offenes Ball=Hauß/ worinnen ihrer zwey deß Ballens ſpielen/ und ſeyr genau auf einander acht geben/ damit keiner fehle.
Daß ihnen ja der Ball nicht auf die Erde fall.

194.
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Eine im Felde nach einer Berg= Veſtung ge= worffene Feuer=Bombe zerſpringt in der Lufft/ ehe ſie die Veſtung noch erreicht/ und hinein fallen koennen.
Den andern war ???droh’t/ und ſie verfaellt in ???oth.

195.
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Ein wildes Schwein vergraebt ſich/ der Son= nen Strahlen auszuweichen/ unter ein Eichen=Ge= bueſche/ da hergegen ein Hauffen Ameiſen/ ſo ihren Huegel an einem abgehauenen Stocke aufgeworf= fen/ ſich/ freudig hin und her lauffende/ an denen= ſelben ergoetzen.
Was mancher nicht begehrt/ deß iſt er auch nicht werth.

196.
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Ein gebluemter damaſtener Frauenzimmer= Nacht=Rock liegt auf einer Tafel/ ſo daß er vorne herunter hanget; neben welchem dichte dran ein groſſer Strauß von Roſen und Lilien hingelegt zu ſehen.
Er wird noch ???r geſchmueckt; weil es ihm alſo glueckt.

197.
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Eine Kohl=Pf???ne/ worauf man Aloë-Holtz und Weyhrauch liegen/ und einen angenehmen aufſteigenden Rauch geben ſiehet.
Was anderswo verdirbt/ hier Lieb und Lob erwirbt.

198.
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Eine in ??? Demmerung zugeſchloſſene Tulipane/ ???f einem Garten= Bethe.
Giebt Phoebus gute Nacht; ſo mindert ſie ihr’n Pracht.

199.
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Der Morgen=Thau faellt haeuffig in eine Fahr= wegs= Pfuetze/ welche aber halb ausgetrocknet/ da= von nicht voeller wird: hergegen ſiehet man wie Per= len an denen Wieſen Bluemlein und Graeßlein hangen.
Die er am beſten traenckt/ am minſten an ihn denckt.

200.
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Eine wohlerkenntliche Wurtz= Bixe/ wie man ſie in der Kueche braucht/ deren Deckel ein klein wenig offen/ daß der Geruch des darinnigen Ge= wuertzes/ nur durch einen gantz engen Ritz heraus dringen kan/ ſtehet auf einer Tiſch= Ecke.
Was der Geruch entdeckt; bleibt ſelten lang verſteckt.

201.
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Ein ſtockblinder Mann gehet gantz alleine auf der Straſſe/ fuehlet aber mıt ſeınem Stecken in der Hand hier und dort auf dem Wege umher/ und ſetzt auch ſei= nen Fuß gar bedachtſam fort/ daß er ſich nicht ſtoſſe.
Er traut und traut doch nicht; weil ihm das Licht gebricht.

202.
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Ein jungrr Patient liegt mit verbundenem Kopffe im Krancken=Bette; um welchen her/ auf und unter dem Tiſche/ auch unten am Fuß=Brett des Bettes/ ein Hauffen/ theils noch halb= und gantz volle Artzney=Glaeßer ſtehen.
So mancherley Geſchmier/ bringt ſelten Guts herfuer.

203.
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Ein Mann weltzt einen Feld=Stein/ ſo er aus ſei= nem Loche/ worinn er gewachſen und geſteckt/ gewo= gen/ fuer ſich/ auf der Erde/ nach einem Fuhr=Wege hin.
Er bueßt ſein gruenes ein/ und wird lang nackend ſeyn.

204.
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Ein kleines nackendes Knaeblein ſitzt an der Erde; und nachdem es ein Loch in Kopff gefallen/ und eine Buende herum gebunden worden/ ſtreifft es das Buendlein hinauf/ und reißt die Rufen von der ſchier geheilten Schram ̅ e an der Stirn herunter/ daß das Blut aufs neue/ das Antzlitz herab/ fließt.
Wer es ſo machen will/ bekommt ein aerger Spiel.
|| [35]
|| [36]

205.
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Das Meer/ worein auf der einen Seiten zwey ungleiche Flueſſe oder Waſſer=Baeche flieſſen.
Ihr Lauff ziehlt dort hinein/ woher ſie kommen ſeyn.

206.
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Ein Schmide=Amboß auf ſeinem breiten Stocke/ neben welchem einige Stuecke zerbrochenen Eiſen=Wercks/ als Pflug=Segen und Schar= ren/ Hauen und Schauffeln/ vom Roſte zerfreſ= ſen und durchloechert/ zu ſehen.
Gar ſchlecht zu achten iſt/ was ſchon der Roſt zerfrißt.

207.
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Ein ſchoener Hecht=Fiſch ſchwimmet begierig um einen ins Waſſer gehaengten Fiſch=Angel her/ weil unten eine gar angenehme Grundel an ſolchem anbefeſtiget iſt.
Er tracht’t ihr hefftig nach/ zu ſeiner eignen Plag.

208.
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Ein galantes Frantzoeſiſch= gekleidetes Frauen= zimmer/ mit vielen Kleidern behangen/ welche/ weil ſie auch ſehr lang auf der Erde zeſchen/ ſelbiges im Gehen hintern/ daß es nicht wohl fortkommen kan.
Ihr allzuvieler Schmuck/ haelt ſie im Gang zuruck.

209.
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Ein mit einem Stuecke friſchen Honig belegter Teller auf einem tappezierten Tiſche/ zu welchem ſich etliche Muecken gemacht/ die aber fort fliegen wollen= de/ mit denen hintern Fueſſen drinnen kleben bleiben.
Sie kommen in Gefahr/ durch das/ was ihnen rar.

210.
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Die finſtere Nacht vergehet einer Seits/ wei= len auf der andern die Morgenroethe und ſtrahlende Sonne lieblich aufgehet und anbricht.
Tritt dieſer Schein daher/ ſo ſchroeckt die Nacht nicht mehr.

211.
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Die Sonne gehet ſehr ſchoen hinter einem Berge unter/ und wirfft ihre Strahlen dem aufgehenden Vollmonden zu/ daß er lieblich ſcheinet.
Sie ſtehen wohl zuſamm aus mitgetheilter Flamm.

212.
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Ein Genius drueckt einem andern Genio mit der Hand |ſo hart aufs Auge/ daß es haeuffige Thraenen den Backen herab flieſſen laeßt.
Wenn man ihm ſo mitfaehr’t/ wird auch ſein Licht verſehr’t.

213.
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Die aufgehende Sonne/ vor welcher ein groſ= ſes Creutz ſtehet/ ſo ſeinen Schatten fuer ſich her auf die Erde wirfft.
Weils Creutz will doppelt ſeyn; ſtellt ſich das Licht bald ein.

214.
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Ein Bauersmann pflueget mit zweyen Ochſen einen Acker um; an deſſen Anwande ein Sack mit Saam= Korn ſtehet/ hiernechſt darauf geſaeet zu werden.
Der ihn zu quaelen ſucht/ dem bringt er kuenfftig Frucht.

215.
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Eine Schueſſel mit Honig ſteh’t auf einem Sitz= Schemel in einem Garten/ worinnen eine Biene/ weil ſie Honig drinnen geſucht/ erſtickt; andere Bienen aber ſitzen auf denen Blumen/ und tragen das daraus geſaugte Honig ohne ihren Schaden davon.
Zuviele Sueßigkeit bringt ihr das groeſte Leid.

216.
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Ein Weib ſaeugt ihr Kindlein an der Bruſt/ worzu ſich viele Muecken wegen der ſueſſen Milch einfinden; und je mehr ſie ihnen mit der Hand wehrt/ je hefftiger machen ſie ſich hinbey/ an die Bruſt zu ſitzen.
Wie mehr ſie ihnen wehr’t; je mehr wird ſie geſtoehr’t.
|| [37]
|| [38]

217,
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Eine Brombeer= Staude/ welche ſich zwar in etwas von der Erde aufgerichtet/ aber doch vorne bald wieder nach derſelben niederwaechßt.
Die ſo ein wenig ſteigt/ ſich gar bald wieder neigt.

218.
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Eine wılde Ende ſitzt an einem Sumpffe/ und wird alſo von einem Jaeger geſchoſſen/ daß ſie ſich umneigt/ und die Fluegel ausſpreitet.
Es hat ihm nicht gefehl’t/ weil ſie die Ruh erwehl’t.

219.
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Ein ſchoener aufgehaengter reiner Oval- Spiegel.
Er zeigt zu aller Friſt/ wies an ihm ſelber iſt.

220.
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Ein Diſtilir=Kolben treibt von dem darunter geſchuerten Feuer die Tropffen in die Hoehe/ daß ſie alsdenn von oben durch die Roehre wieder herab= waerts/ in das untergeſetzte Glaß fallen.
Ihr wunderbarer Gang kommt durch erhitzten Zwang.

221.
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Ein ſchoener friſcher Cedern=Baum auf einem angenehmen Huegel.
Ihm hat der Wuermer Zahn/ zu keiner Zeit was an.

222.
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Ein ſchoen aufbluehender Centifolien=Roſen Stock/ um welchen her viel kaenntlicher Knoblauch gepflantzt zu ſehen.
Deß Koblauchs Widrigkeit/ mehrt ihre Lieblichkeit.

223.
[arrow up]

Ein Naß=Horn mit ſanfftmuethiger Stellung/ welches von etlichen groß=und kleinen Hunden/ hinten und vorne angebellet wird.
Erzwingen ſie den Zorn! ſo ſind ſie all’ verlohr’n.

224.
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Ein Strauß=Vogel/ welcher ein Huf= Eiſen im Schnabel haelt.
Wie hart gleich diß Geruecht/ verwirfft er es doch nicht.

225.
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Eine Fiſch=Roche/ welche ſehr breit/ und aber einen dinnen Schwantz hat/ (faſt wie eine junge Katze) der ſehr gifftig iſt/ und heimlich toed= ten kan.
Ihr Schwantz erhaelt das Gifft/ womit ſie Boeſes ſtifft.

226.
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Ein Baehr klettert einen hohen Apffel=Baum hinauf/ und iſt allbereits gantz weit droben.
Der Baum giebt einen Ball/ deß Ende iſt der Fall.

227.
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Ein ſchoener Blut=Fincke (Thum= Pfaff) in einem Vogel= Bauer verſchloſſen.
Der freye Adel waer/ vor allen ſein Begehr.

228.
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Ein Fiſcher geht bey Nachts an einem Waſ= ſer= Baechlein hinab/ und leuchtet mit ſeiner bren= nenden Fackel an denen Krebs=Loechern umher/ wodurch die Krebſe aus ſelbigen zu Wege kriechen/ daß er ſie mit der einen Hand faengt.
Sie lieben wohl das Licht; allein es nuetzet nicht.
|| [39]
|| [40]

229.
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Ein ſchoen aufbluehender weiſſer Lilien=Stock/ worauf an der ſchoenſten Lilie eine groſſe Spinne ſitzt/ und Gifft heraus ſauget.
Der Gifft ſteckt ſchon in ihr/ doch mehrt ſie ihn allhier/

230.
[arrow up]

Ein Hauffen hoch erwachſene Graß und kleine Sonnen=Blumen wenden ſich nach der aufgehen= den Sonnen zu.
Ihr aller Angeſicht wird froh’ von deren Licht.

231.
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Ein Handwercks= Purſch mit ſeinem Wander= Buentel auf dem Ruecken gehet bey Nachts auf dem Felde einem groſſen feurigen Irrwiſche nach/ der ihn aus der rechten Straſſe ab=und in einen mo= raſtigen Sumpff hinein verfuehrt.
Der falſche Schein bey Nacht/ hat ihn vom Weg gebracht.

232.
[arrow up]

Ein Pelican beißt ſich in die Bruſt/ und traen= cket ſeine noch ſchwache Jungen mit eigenem Blute.
Er wagts auf Weh und ach/ zu ſtaercken die/ ſo ſchwach.

233.
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Die Mittags= Sonne verſteckt ſich unter die Wolcken; aus welchen es auf die in ſolcher Ge= gend ſtehende Bluemlein und Graeßlein erquicklich regnet/ daß ſie ſich nach erlittener Hitze wieder friſch aufrichten.
Der Regen nach dem Schein macht ſie gantz munter ſeyn

234.
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Ein brennendes Licht auf einem ſchoenen Leuch= ter und Tiſche/ an welchem etliche Knaeblein von unterſchiedlicher Nationen Kleidung/ ihre Wachs= Fackeln zugleich anzuenden.
Es giebt und bleibt darbey/ doch immer einerley.

235.
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Ein ſtarcker Wind blaeſet in ein auf die Erde angezuendetes groſſes brennendes Feuer/ daß es da= von ausloeſcht und greulich rauchet.
Er wuetet gar zu ſehr; drum brennt es bald nicht mehr.

236.
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Die Morgens aufgehende Sonne wirfft ihre Strahlen auf eines gegen ihr ueber ſtehenden hohen Berges Gipffel/ dergeſtalt/ daß das darunter lie= gende Thal von dem Wiederſcheine gleichfalls gantz erleuchtet wird.
Der Berg wirfft auch ins Chal den ſchoen erhaltnen Strahl.

237.
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Ein ſtachlichter Roſen= Stock/ an welchem aber die Roſen biß auf dıe einzele Blaeter gantz ab= geblueht/ und auf die Erde herunter zerſtreut ge= fallen ſind.
Der vor gar ſchoen geblueht/ jetzt jaemmerlich ausſieht.

238.
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Ein Holtzhacker haelt Ruhe= Stunde/ ſitzt derowegen auf einem dicken Holtze/ und ißt ein groſſes Stuecke Brod; Neben ihme liegt der ange= ſchnittene Leib Brods und eine Stuetze mit Waſſer.
Nach harter Mueh und Werck find’t er hier neue Staerck.

239.
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Eine alte Zauberin ſteht in einem gemachten Zauber=Craiße/ auf einem Raben=Steıne/ wo= rein ſie mit ihrem Stecken allerhand Characteres zeichnet; an der Seite aber etliche mit Speiſen/ als Fiſchen/ Voegeln etc. erfuellte Schueſſeln/ ſtehen hat.
Die Zauber=Gaſterey end’t ſich durch Mord= Geſchrey.

240.
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Ein gemeiner Waſſer= Strohm/ aus welchem ein Perlen=Fiſcher mit ſeinem Werckzeuge gute Perlen faengt/ und in eine am Ufer ſtehende Sil= ber=Schaale legt.
Ihr weißlich rother Schein veredlet auch den Rhein.
|| [41]
|| [42]

241.
[arrow up]

Ein kleines Schiff/ auf der See/ worinnen ein groſſer Circkel und Wirbel zu ſehen/ auf deme das Schiff herum laufft.
Die Fluthen zwingen hier/ was laufft mit viel=Begier.

242.
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Ein viereckigter Herd/ worauf ein helles Feuer brennet/ in welches einerſeits die Koechin einige am Beſen haengende groſſe Spinnen ſchlenckert; ander= ſeits aber hat der Hauß=Knecht eine gifftige groſſe Kroete auf einer eiſern Schauffel/ ſolche gleichfalls ins Feuer zu werffen.
Sein allzureines Licht macht allen Gifft zunicht.

243.
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Ein brennendes Licht auf dem Tiſche/ bey Nacht= Zeit.
Kein Auge tritt herein/ es ſieht nach ſeinem Schein.

244.
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Moſes mit ſeinem Stabe ſteht vor dem feuri= gen Buſche/ welcher Lichter= loh brennet/ und ſie= het ihn an.
Welch wunderſam Geſicht? Die Glut verzehr’t ihn nicht.

245.
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Ein kahler Weinſtock/ wie er im Frueh= Jahre/ nach ſonder Blaetter an ſeinem Pfal gebunden ſte= het.
Der Goetter froelich macht/ ſteh’t jetzund noch veracht.

246.
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Ein offenſtehendes Schmuck=Kaeſtlein/ worin= nen Riegen=weiſe allerhand Sorten Finger= Ringe mit Edelgeſteinen ſtecken.
Wenn ſie der HErr begehrt/ iſt es bald ausgeleert.

247.
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Ein Bett=laegeriger Patient mit verbundenem Kopffe/ reicht mit der Hand nach einem Roemer= Glaße voll Waſſer/ deme aber der dabey ſitzende Medicus wehret/ und die Hand zuruecke ſtoeßt.
Nicht ſo/ mein lieber Sohn! Ihr kriegt den Tod zu Lohn.

248.
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Ein Knaeblein ſteht vor einem trefflich ſchoen garnirten und rings umher mit Edelgeſteinen be= ſetzten Spiegel/ ſich darinnen zu beſchauen. Weil aber das Spiegel= Glaß falſch/ als ſiehet ſein Kopff abſcheulich langzerrigt dargegen heraus.
Was hilfft ſein gantzer Pracht; wenn er nichts foermlich’s macht!

249.
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Ein Genius haelt zwey Steine in ſeinen Haen= den/ und ſchlaegt ſie zuſammen/ daß Feuer heraus ſpringt.
Das Feuer kommt an Tag; weil keiner giebet nach.

250.
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Zwey alte und drey junge Adler fliegen und ſehen ſtracks fuer ſich/ nach der hellſtrahlenden Son= ne hinauf.
Der Sonnen feurigs Meer/ ergruend’t das Adler=Heer.

251.
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Die Sonne ziehet viele Duenſte aus der Erde mit ihren Strahlen in die Hoehe; wornach es zur einen Seiten ſchon anhebet/ allmaehlich zu regnen.
Vom Regen wird erquick’t/ die/ ſo jetzt Duenſte ſchick’t.

252.
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Eine ſchwartze Schnecke kriecht auf einem An= ger herum/ und beſchmiert ihren Weg dort allent= halben hinter ſich mit ihrem Geifer/ daß man ihn mercklich kennen kan.
Ihr Gang iſt Sudlerey; ſchlich’ ſie noch ſo darbey.
|| [43]
|| [44]

253.
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Eine ſehr rauh=ſchaligte Perlen=Muſchel ſchwimmet auf denen Meer=Fluthen daher.
Wenn ſie wird aufgethan/ trifft man was ſchoeners an.

254.
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Der Himmel voller gantz kleinen Woelcklein/ welche aber durch einen Sud=Wind allmaehlig zu= ſammen getrieben werden; ſo daß die foerderſten im= mer naeher aneinander ſtoſſen.
Wenn ſie verſammlet ſeyn; denn faellt boeß Wetter ein.

255.
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Ein Knaeblein geht zu Nachts an einem Waſ= ſer=Bache/ und ſteckt ſeine brennende Fackel da= hinein/ daß ſie zuſehends verloeſcht.
Schien’ ſie vor noch ſo hell; verloeſcht ſie doch gar ſchnell.

256.
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Ein hellblitzender Wetterleuchter/ welcher ei= nen kaenntlichen Schwefel= Dampff in der Lufft nach ſich laeßt.
Zuletzt wird dieſer Schein/ nur Dampff und Tand’=Werck ſeyn.

257.
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Ein helleuchtender geſchliffener Demant und ein gemeiner Kieſel= Stein liegen auf einem Tiſche neben einander.
Ihr Unterſcheid am Werth; doch beyde aus der Erd.

258.
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Die Mittags=Sonne/ deren Strahlen ſich gantz gerade auf die Erden=Gewaechße hin und wieder hernieder ergieſſen/ und ſolche beleuchten.
Ihr allzeit grader Strahl beleucht’t ſie allzumal.

259.
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Ein nackendes Knaeblein ſitzt auf einem Huegel/ und hat zwiſchen den Beinen ein Schueſſelein ſte= hen; worein es mit beyden Haenden Schell= Kraeu= ter=Safft/ der weiß wie Milch ſiehet/ austruecket/ und hinein troepffeln macht.
Was kuehler Milch gleich ſieht/ bald ſchmertzlıch Blaſen zieht.

260.
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Ein viereckigter hoher Wart= Thurn von Qua= ter=Steinen auf einem Berglein; worein der Donner= Strahl geſchlagen/ daß er von oben biß un= ten aus/ zerkloben/ und einen ſtarcken Riß bekom ̅ en.
Sein Strahl erboßt allzeit/ auf die Erhabenheit.

261.
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Ein Einſiedler geht einen hohen Berg hinan/ worauf oben in einem Wald=Gebueſche ſeine Clauſe in einen Felſen gebaut zu ſehen.
Er bleibt auf GOtt bedacht/ und denckt: Welt gute Nacht!

262.
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Ein verrecktes Pferd/ welches gantz dick auf= gelauffen/ auf dem Schind=Anger/ noch in der Haut/ gantz dalieget.
Die Lufft hat es gethan/ was man fuer Fett’ ſieht an.

263.
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Etliche Baeume/ nemlıch ein Apffel=Birn= Kir= ſchen= Mandel= Fichten= Tannen=und Eich= Baum ſtehen auf dem Felde wohlerkaenntlich unter einan= der; nach welchen ein Holtzhacker mit ſeiner Axt und Holtz=Schlegel zugehet/ in willens ſie umzufaellen.
Wer ſie zu Aſchen brennt/ macht ihrem Rang ein End.

264.
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Ein Soldat ſteht in einer mit Heu und Stroh angefuellten Scheuer und ſchmaucht Toback; weil aber ein Fuencklein Feuer aus der Pfeiffe hin an den Stroh= Bahren faehrt/ hebet es an zu brennen; ſo daß die Flamme ſchon oben durchs Stroh= Dach hinaus ſchlaegt.
Wie klein der Anfang war/ ſo groß iſt die Gefahr.
|| [45]
|| [46]

265.
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Die einbrechende Nacht/ da bereits etliche Sterne gantz helle am Himmel funckeln; andere aber beginnen hier und dar noch zimlich unerkaennt= lich nachzufolgen und herfuer zu kommen. Auf der Erde ſtehet ein alter Mann wie Abraham/ und ſiehet dem Anbruch der Sterne/ mit verwunde= reuder Hand/ ſo zu.
Wie mehr er ſich bemueh’t; ſo mehr er folgen ſieh’t.

266.
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Ein wohlbefruchtetes Korn=Feld/ auf wel= chem ???hin und wieder ſchoene Blumen ſtehen/ und einen anmuthigen Anblick geben.
Es laeßt noch eins ſo ſchoen/ wo dieſe orunter ſteh’n.

267.
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Ein Mann geht von Ferne zwiſchen zweyen Bergen zu Nachts mit einer brennenden Fackel her= fuer/ welche/ weil auch der geſtirnte Himmel dar= hinter zu erkennen/ wegen weiter Entlegenheit/ ebenfalls wie ein ſchoener Stern ausſiehet.
Sie leuchtet aus der Fern/ als wie der ſchoenſte Stern.

268.
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Saturnus einer von den ſieben Planet= Ster= nen/ innenwendig mit ſeinem Kennzeichen (ђ) ſiguirt/ ſtehet bey heiterer Nacht ſehr hoch am Him= mel; unten her aber ſiehet man etliche gantz kleine Sternlein hier und dar zuſtreuet.
Er uebereilt ſich nicht mit ſeinem grauen Licht.

269.
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Eın Artzt drueckt einem Patienten einen uebel zugeheilten Bein=Schaden aus/ daß viel dickes grauerliches Eiter heraus laeufft.
Was man zu bald geheil’t/ hernachmals lang verweil’t.

270.
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Ein Bauer=Weib ſitzt und rupfft eine lebendige Ganß; weil ſie aber alt/ laeßt ſie die Federn un= gerne fahren; Dahero das Weib auch viel Muehe darmit hat/ wie ihre Geberden geben.
Es machts/ die Ganß iſt alt; drum rupfft ſie mit Gewalt.

271.
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Eine ſpatzierende vornehme Dame hat einem zerlumpten Bettler viel Geld in ſeinen Hut ge= worffen; womit er fortgehet/ und einen andern Bettler am Wege ſitzen ſiehet/ der ihn ebenfalls mit dargerecktem Hute anbettelt; an ſtatt aber ihme etwas mitzutheilen/ wehret er ſelbigem mit der Hand ab/ ihn ungeplagt zu laſſen/ und geht vor ihme fuerueber.
Er denckt: Es iſt fuer mich; Ein jeder ſorgt fuer ſich.

272.
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Ein Schiff auf der See/ welches von einer weit im Perſpectiv darhinten liegenden/ und nur noch ein wenig zuerkennenden Stadt ab=und her= fuerwaerts gefahren.
Es ſieht die Stadt nicht mehr/ ſo ſchnell gieng’ es mit her.

273.
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Ein Probier=Stein/ worauf etliche weiſſe Striche zu ſehen/ welche mit einem darbey liegen= den ſchwartzlaenglichten Stuecke Silber gemacht worden.
Die That kan beſſer ſeyn/ als man vermerckt am Schein.

274.
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Ein ſchoener friſcher Lorbeer= Baum in einem Garten=Kuebel gepflantzt.
Es raubt ihm keine Zeit/ ſein gruen=belaubtes Kleid.

275.
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Ein Epheu=Stock waechßt an einem Eichen= Baum rings herum/ und den Stamm weit hin= auf; wovon der Baum gantz verdorret/ und nur hin und her noch etliche Blaetter=Aeſtlein hat.
Die Freundſchafft ſcheinet ſtarck; ſaugt aber biß aufs Marck.

276.
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Ein groſſer Hirſch mit einem vielzinckigten Geweıhe/ ſteht zum Lauffen fertig; weil er ein kleines Staeuber=Huendlein aus dem ſeitwerts ſte= henden Buſche herfuer kommen ſiehet.
Ein wohlbewehrter Held/ dems an Courage fehlt.
|| [47]
|| [48]

277.
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Eine im Waſſer liegende Fiſch=Reuſe/ wor= nach von Ferne ein ſchoener Aal= Fiſch zufaehret.
Wiſcht er nicht rund vorbey; ſo wird er nimmer frey.

278.
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Ein Gaertner hat eine Tulipane von ihrer Staette/ worauf man das Loch noch ſiehet/ ausge= hoben/ und an einen andern Ort verſetzt; worueber ihr Flor und gruene Blaetter gantz verwelckt und zu= ſammen gehutzelt ſind. Er aber ſteht noch ſo dar= bey/ und kratzt ſich gebueckt/ vor Reumuethigkeit/ hinter den Ohren.
Es prangt ihr ſchoener Flor; jetzt nimmer/ wie zuvor.

279.
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Eine Silber=Muentze/ worauf drey Koenigs= Cronen mit drey Sceptern gepraegt zu ſehen/ liegt auf einem Rechen=Tiſchlein.
Was in die Augen faellt/ wird drum nicht hoeh’r gezehlt.

280.
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Ein aufgehenckter Spiegel/ welchen ein na= ckendes Knaeblein mit ſeinem Athem behauchet/ daß er gantz wie vom Nebel ueberzogen ſiehet.
Auch der geringſte Hauch bedeckt ihn ſchon mit Rauch.

281.
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Ein mit vergifftem Mehl beſtreueter Teller/ wovon eine Mauß gefreſſen/ als man aus dem darauf verzettelten Maeuße= Koth und Fuß= Trap= pen erkennen kan; welche aber gantz aufgelauffen/ todt dabey liegend zu ſehen iſt.
Sie wagt’ es gar zu frech; drum zahlt der Tod die Zech.

282.
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Ein nackendes Kind kriecht unter einer Dorn= Hecken herfuer/ und weinet; weil es von den Doer= nern ſehr blutruenſtig geſtochen worden.
Weil ſichs dahin geſetz’t; drum wurd’ es ſo verletz’t.

283.
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Ein Hauß/ unter deſſen Tach=Rinne ein hoel= tzerner Zuber geſetzt zu ſehen/ worein das Regen= Waſſer haeuffig herunter faellt. Nahe dabey fließt auch ein klares Kieſel= ſteinigtes Waſſer=Baechlein.
Was kommt von oben her/ das bleibet mein Begehr.

284.
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Eine anmuthige Zucker=Roſe ſteht auf einem ſchwartzen Erdreich.
Ihr Purpurnes Gewand ziert ein gar ſchlechtes Land.

285.
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Ein Weinſtock/ woran die ſchoenſte Wein= Traube in einem enghalßigten Glaße zu ſehen iſt/ um darinnen deſto ehender groß und reiff zu wer= den.
Zu groeߒrer Lieb und Ehr/ verwahr’t man ſie ſo ſehr.

286.
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Die Sonne gehet hinter einen Berg hinunter/ und verurſacht/ daß die Feld=Baeume ſehr groſſe Schatten auf die Erde werffen.
Weil ſie von hinnen zieh’t/ man groeߒre Schatten ſieh’t.

287.
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Der Nachts geſtirnte Himmel/ da immer etliche Sterne heller ſcheinen und groeſſer ſind/ als die andern.
Ihr Weſen macht allein den Unterſchied/ im Schein.

288.
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Ein groſſer Eichen=Baum/ wird von einem hefftigen Sturm= Winde/ dermaſſen hart beſtuer= met/ daß die Blaetter ſchier alleſamt herunter ge= wehet/ und Wirbel= weiſe auf die Erde geworffen werden.
Er ſtirbt darum noch nicht; weıl ihm der Tort geſchicht.
|| [49]
|| [50]

289.
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Der Berg AEtna, welcher obenher/ gantz mit Schnee bedeckt/ und mit Eißzapffen an denen Klip= pen behangen iſt; innenwendig aber doch voller Feuer ſtecket/ welches hier und dar/ zu einigen Kluefften heraus flammet.
Was man innwendig ſpuehrt/ wird niemals ruinirt.

290.
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Ein ſchoener Oelbaum (Oliven) welcher/ weil ſich der Ephen umher geſchlungen/ anhebt zu ver= dorren.
Deß Oelbaums Fettigkeit verliehrt den Sieg im Streit.

291.
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Ein groſſer harter Corallen= Zincken= Stock im Meer/ deſſen obere Helffte ueber das Waſſer heraus gehet/ das untere Theil aber wird Schein= weiſe aus dem Waſſer herauf erkennet.
Die ueberm Waſſer ſeyn/ ſind haerter als ein Stein.

292.
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Die aufgegangene Morgen=Sonne/ welche da= rum ungewoehnlich groß zu ſcheinen pfleget/ weilen ſie ferne herum/ von vielen Duenſten umgeben iſt.
Sie legt jetzt klar an Tag/ was Eitelkeit vermag.

293.
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Zwey am Himmel ſchwebende ungleiche Wol= cken/ deren die hoechſte ſehr kle??? und ſubtil; die un= tere aber ſehr groß und dick ausſiehet.
Die droben iſt ſehr fein/ und gleichwol noch ſo klein.

294.
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Ein abgepeltzter junger grader Baum/ der oben gegen die Propff=Reißer zu/ ſtarck mit Baſt umwunden iſt/ damit die darauf geſteckten Zweıge deſto veſter halten.
So haelt man wohl zuſamm/ die Zweige und den Stamm.

295.
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Eine Lerche/ welche ſich von einem Saat=Acker gerade und hoch gegen den Himmel hinauf ſchwin= get. Gegen ueber/ aber viel weiter herunten/ ſchwe= bet auch ein Habicht/ in der untern Lufft herum/ ob wolte er noch hoeher ueber ſich circuliren.
Ihr kleiner Feder=Hauff laeßt ſie viel hoeh’r hinauf.

296.
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Ein altes einfaeltiges Baeuerlein/ ſteht auf der Land= Straſſe/ und ſiehet mit aufgerecktem Haupte/ gerade nach dem heitern Himmel/ empor.
Mit freyem Angeſicht/ ſieht er deß Himmels Licht.

297.
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Ein aufgeſpanntes Jagd= Garn auf freyem Felde/ ſo auf der einen Seite nach einem Walde zu/ geſtellt iſt.
Wer kommt in dieſe Schantz/ der geht zum Todten=Tantz.

298.
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Ein Stueck alte Mauer/ woran ein Ephen= Stock ſich ausgebreitet/ von welchem an der Erde ein Zweig nach einer unweit davon ſtehenden hohen Tanne zukriecht/ und ſolche mit dem foerdern Spitz= lein ſchon am untern Stamme beruehret.
Laeſt man ihm ſeinen Lauff/ ſo klettert er hinauf/

299.
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Ein ſchoen=eingefaßter Magnet=Stein liegt auf einem Naeh=Tiſchlein (worauf am Ende ein klei= nes Naeh= Pult ſtehet/) und beruehrt eine Naeh= Na= del/ daß ſie an ihme hangen bleibt; Dieſe Nadel beruehrt noch eine andere/ ſolche wieder die dritte; und ſolcherweiſe hencken ſie ſich alleſammt in der Laenge hin/ an einander; welches alles durch die fortgepflantzte Krafft des Magnets geſchihet.
Der Urſprung kommt vom Stein/ daß ſie vereinig’t ſeyn.

300.
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Ein Apffel=Baum beginnt zu verdorren/ weil ſeine Wurtzel ihres Erdreichs gantz entbloeßt ſind.
Stuend’ er in ſchwartzer Erd???; er waere gar viel werth.
|| [51]
|| [52]

301.
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Ein angenehmes und galantes Frauenzim ̅ er ſitzt bey Nacht auf einem Seſſel/ und ſpielt auf der Lauten.
Der Nacht=Lufft Dunckelheit vermehrt die Lieblichkeit.

302.
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Eine Garten= Alleè von lauter hohen Linden= Baeumen/ welche obenher von beyden Seiten der= maſſen dick zuſammen ſtoſſen/ daß der unter ihnen befindliche Spatzier=Gang gantz dueſter ſiehet; worneben ſie noch auf der einen Seite viele Schat= ten auf die Erde machen.
Wer Schatten will/ fuer Frucht; der find’t hier was er ſucht.

303.
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Ein Wandersmann/ der einen ſchweren Pact auf dem Ruecken traegt/ hat ſich bey der Nacht vom rechten Wege/ weit in ein gantz niedriges und jun= ges Wald=Gebueſche verirret; daß er gantz aengſtig= lich die Haende zuſammen ſchlaegt.
Sein Hertz um Huelffe fleh’t/ weil ihm das Aug’ aufgeh’t.

304.
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Ein mit vollem Segel und ſtarckem Winde/ auf der See ſchnell dahin fahrendes Schiff.
Es ſegelt in der Eil/ dahin/ als wie ein Pfeil.

305.
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Ein hoher Felß/ worauf ein Adler ſein Neſt und 2. Jungen hat/ ueber denen er aufgericht ſtehet. Zwey davon aber hat er allbereits den Felßen hin= unter geworffen/ welche ein anderer frembder Vo= gel von der Erde mitleidig aufhebt/ und ſie ernaehret.
Wenn ſich verhaert’t ſein Hertz; kommt Huelff von anderwaerts.

306.
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Zwey nackende Knaeblein ſpielen auf der Erde miteinander; und da eins Kuchen aus Laim oder Thon macht/ bauet das andere einen Back=Ofen: worbey ſchon etliche andere laeppiſche Figuren for- mirt ſtehen.
Sie dencken nie dabey/ daß es nur Phantaſey.

307.
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Ein nackender Knabe reitet auf einem Stecken= Pferde; und weil ihme ein abgehauener friſcher Wachholder=Strauch im Wege liegt/ tritt er ſol= chen zornig mit Fueſſen/ wird aber davon greulich in die Fußſohle und ſonſt um die Knoechel geſtochen/ daß das Blut darnach geht.
Er muß die grimme Wuth bezahlen/ mit dem Blut.

308.
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Ein Bauer=Knecht ſitzt auf einem ſchoenen ſcheckigten Pferde/ welches nur eine Halffter am Kopffe hat/ deßwegen es ſich auch nicht genugſam baendigen laeßt; ſondern hinten und vorne ausſchlaegt/ ſo/ daß er nun ſchon im herunter fallen begriffen iſt.
Es fehlet ihm der Zaum; drum kriegt die Wildheit Raum.

309.
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Ein todter Juengling mit einem damaſtenen Sterb= Kleide liegt im Sarge auf der Todten= Bahr; um welche her etliche eingeſchleyerte Leid= Weiber ſtehen/ und klaeglich weinen.
Wie bitter ihre Klag; fragt er doch nichts darnach.

310.
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Ein Reichs= Thaler/ worauf Kayſer Caroli VI. Bruſt Bildnueß und Nahmens=Umſchrifft recht ſo/ wie ein gemuentzter Kayſerlicher Thaler auf der ei= nen Seite ſiehet/ auf einem trefflichen Tiſchlein.
Wer dieſen Schlag veracht’t/ der thut recht unbedacht.

311.
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Eine groſſe Kegel= Spiel= Kugel liegt auf der Erde.
Sie ruehrt/ auch ſelbſt im Spiel/ niemal die Erde viel.

312.
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Einige noch ſtehende Korn=Aehren/ deren etliche kleine/ gerade empor ragen; andere groſſe und ſchwere aber beugen ſich gar ſehr nach der Erden zu.
Sie neigen ſich dorthin/ von wannen ihr Gewinn.
|| [53]
|| [54]

313.
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Ein altes ſehr hohes Mauer= Gewoelbe/ welches vorne ſchon lange ruinirt geweſen/ als die mit Graße ueberwachſene unten liegende Steine zeigen. Nun aber weiter oben herunter einfaellt/ weil die Sonne gerade darauf ſcheinet/ und alles ausdoerrt.
Ihr allzuheiſſer Glantz/ verderbet es noch gantz.

314.
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Die Sonne iſt dermaſſen mit Nebel ueberzo= gen/ daß man nicht erkennen kan/ ob ſie es ſelber/ oder nur der bloſſe Vollmond iſt.
Ohn’ ihrer Strahlen Licht. erkennet man ſie nicht.

315.
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Ein Goldſchmid verfertiget einen ſehr ſchoen= formirten Stengel=Pocal/ mit ſeinem Hammer an dem eiſernen Horn/ beym Amboß; welcher Pocal aber/ weil er noch in der erſten Arbeit/ noch gantz kohlſchwartz ausſiehet.
Vom Berg=Werck/ Kohl’n und Stahl/ wird es noch ein Pocal.

316.
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Ein ſehr groß=gewachſener frecher Weyden= Ba um ſtehend an einem ſchoenen Waſſer=Bache/ und Wieſen= Ufer/ auf welchen es regnet/ und auch die Sonn ihre Strahlen wirfft.
Er bringt doch keine Frucht; wie ernſtlich man ſie ſucht.

317.
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Einige groſſe Zwiebeln und Lauch ſind auf ei= nen Bueſchel/ nach Gaertners=Manier/ zuſammen gebunden/ und liegen an der Erde.
Viel Haeute/ wenig Kern; doch hat man ſie ſo gern.

318.
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Eine an der Erde ſtehende groſſe Kriegs= Trom= mel; worauf die zwey Trommel=Schlaegel liegen.
Sie machet ueberal/ nichts anders als Geprahl.

319.
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Ein Haeſcher faengt einen Dieb/ welcher ihme gerne entwiſchen will; aber wegen |vieler anderer umher verſammleten Schergen/ die mit Ketten und Feſſeln verſehen/ nicht ausreiſſen kan.
Die Schaar iſt gar zu groß; drum kommt er nimmer loß.

320.
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Ein unter freyem Himmel offentlich aufgebaue= ter Spiegel=Kram/ allenthalben mit mancher= ley Gattungen ſchoen= und ſchlechten Spiegeln be= haengt; in denen allen und jeden ſich die darauf ſcheinende Sonne vollkommentlich praeſentirt.
Sie iſt zwar nur allein; doch jedem gantz gemein.

321.
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Ein paar alte Woelffe gehen ueber ein beſchney= tes Saam=Feld/ und haben ihren einzigen jungen Wolff hinter ihnen nachfolgend.
Wie ſchaedlich diß Unthier; ſieht man doch ſelten vier.

322.
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Einige ſeltſam formirte Wolcken am Himmel/ welcher Geſtalt man auch eben ſo/ in einem brei= ten Waſſer=See/ abgebildet ſiehet.
Ihr Bildnueß in der Hoeh’/ entwirfft ſich auch im See.

323.
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Zwey aus ihrem Habit erkenntliche Baals= Pfaffen/ welche einen Ochſen auf einem Altar= Steine ſchlachten; von welchem Ochſen der war= me Dampff heraus/ und nach der Seite weg faeh= ret/ als er ſo ohne Feuer/ auf hingelegten Schei= tern Holtz/ lieget.
GOtt iſt mit nichten hie; noch haben ſie viel Mueh’.

324.
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Eine Biene entweicht einem noch neu ange= zuendeten Holtz=Feuer/ welches doch noch keine Flamme/ ſondern nur eitel Rauch von ſich giebt.
Ob gleich die Glut nicht nah’; iſt doch der Rauch ſchon da.
|| [55]
|| [56]

325.
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Ein altes Maennleini welches auf dem Ruecken einen ſehr groſſen Hoecker oder Buckel hat/ ſitzt auf einem viereckigten Ruh= Steine/ und ſiehet aus/ ob ſpeculire es ſehr hefftig.
Er denckt nur in die Hoeh’/ und nicht/ wies um ihn ſteh’.

326.
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Eine Magd ſchlaegt bey einbrechender Nacht/ vor einem Tiſche ſtehend/ vermittelſt Stein und Stahl/ Feuer in den Zunder auf; um das darne= ben hingeſetzte Licht/ darmit anzuzuenden.
Auf Mittel iſt bedacht/ die ſich fuercht’t fuer der Nacht.

327.
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Eine groſſe Waſſer=Fluth reißt ein am Ufer unter einem Berge ſtehendes ſchoenes Schloß uebern Hauffen/ daß der gaentzliche Ruin wohl zu vermu= then.
Man ſieht niemand der hilfft; ob alles ſchreyt und gilfft.

328.
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Ein ſehr altes durchhoellertes Laimen=Hauß/ deſſen Balcken von Wuermen zerfreſſen und verfau= let ſind/ welches ein Maurer ſchoen weiß bewirfft/ und allbereits halb/ zierlich angetuencht hat.
Faellt es gleich ins Geſicht; taugts doch im Grunde nicht.

329.
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Ein Genius traegt eine angezuendete Wax= Fa= ckel/ und haelt ſie etwas niedrig; wodurch ihre Flamme vergroeſſert wird.
Die Flamme wird erregt/ wenn er ſie nieder traegt.

330.
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Ein Frauenzimmer ſitzt und ſpinnt am Spinn= Rade/ vor welchem auch ein Blut=Fincke an der Erde ſitzt; und/ wie aus ſeiner Kehle abzumercken/ von dem Gerumpel des Spinn= Rades/ zum Sin= gen bewogen wird.
Wie mehr ers lauffen ſieht; ſo ſchoener klingt ſein Lied.

331.
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Eine Kraut= Kohl= Pflantze/ welche von ſchlech= tem Wachsthum anzuſehen; weil ſie zuweit ueber den Stengel hinauf/ mit Erde umſchuettet iſt.
Ihr Wachsthum iſt erſchroeckt/ weil ſie zuſehr bedeck’t.

332.
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Ein ſchlammigter Sumpff/ worinnen lauter Schilff= Rohr/ mit groſſen Kolben und Feder= Bueſchen gleichenden Straeußen/ zu ſehen.
Der fette Koth und Schlamm verherrlicht ihren Stamm.

333.
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Ein Degen ſteckt in ſeiner Scheide liegt auf bedecktem Tiſche/ und wird durch einen Wetter= Strahl aus der Scheide zerſchmeltzt/ daß der flieſ= ſende Stahl ueber den Tiſch herunter auf die Erde faellt; ohne die Scheide im minſten zu verſehren; auſſer dem Ohrbande/ welches nebſt der Klinge/ unten wegſchmeltzet.
Er muß am erſten dran/ weil er das meiſt gethan.

334.
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Ein dicker Felſen ſteht am Meer=Ufer/ wor= an ſich die Wellen dermaſſen zerſchlagen/ daß ſie Tropffen= weiſe haeuffig hinaus ans Land geſpritzet werden.
Er daempffet ihren Grimm/ waer ſolcher noch ſo ſchlimm.

335.
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Der Waſſer= Salamander (eine groſſe Waſſer= Schlange) gehet anjetzo aus dem Waſſer= Strohm nach dem Ufer zu; weil in der Lufft lauter unge= ſtuemm Wetter/ mit Sturm/ Blitzen und regneri= ſchen Wolcken zu ſehen iſt.
Er ſucht dann ſe???ne Freud’; wenn trauren Land und Leut’.

336.
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Ein Barbier laeßt einem Manne auf der rech= ten Hand zur Ader/ und viel Blut in eine unter= haltende Schueſſel heraus.
Es nimmt zwar ab im Lauff; doch folgt bald beſſers drauf.
|| [57]
|| [58]

337.
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Ein See= Compaß/ deſſen Magnet= Nadel juſt auf den Nord=Pol weiſet; Er aber ſelber ſteht auf einem Tiſche.
Ob er recht richtig geh’; erweißt ſich auf der See.

338.
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Ein Genius haelt einen runden Brenn=Spiegel beym Stiel/ auf einem Wachholder=Buſch/ und zuendet ihn durch die darauf gefallene Sonnen= Strahlen an/ daß er zu brennen anhebt.
Er weigert andern nicht das ihm geſchenckte Licht.

339.
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Eine groſſe zinnerne Baum=Oel=Flaſche/ auf einem Kraemer=Tiſche; worneben etliche kleine Ausmeß=Gefaeße ſtehen.
Es dient zum Lampen Licht/ und zum Salat= Geruecht.

340.
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Ein Roemer=Glaß mit Wein erfuellt ſteht auf der Erde; worzu ſich zwey Affen machen/ und davon trincken wollen; weil ſie ſich aber dadurch ſehr berauſchen; als ſteht der Jaeger hinter einem Buſche/ ſie mit einem Stricke ſodenn zu fangen.
Der Jaeger faenget ſie dadurch/ mit leichter Mueh’.

341.
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Ein wilder Feigen=Baum ſteht hinter einem marmornen Grab=Steine herfuer/ weil aber die= ſer einen Riß gehabt/ als iſt ein Aſt von jenem hinein gerathen/ wodurch der Stein gantz von ein= ander ſpalten mueſſen.
Der wilde Feigen=Aſt/ auf dieſen/ wenig paßt.

342.
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Eine ſchoene Tulipane ſteht auf einem Garten= Bethe/ und zieht ihre Blaetter gantz enge zuſam= men ein/ weil die Sonne nicht ſcheinet/ und der Himmel ſammt der Lufft gantz truebe ſiehet.
Sie mangelt ihres Lichts; drum gilt der Flor jetzt nichts.

343.
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Ein Biſam=Thier (Zibeth=Katze) geht auf einer von allerhand wohlriechenden Blumen und Straeuchlein bewachſenen Weyde herum/ und fuettert ſich.
Die angenehme Weid’/ giebt Biſam nach der Zeit.

344.
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Ein Hauß/ woran eine Schwalbe ihr Neſt und Jungen hat/ welche ſie gleich jetzo embſig fuet= tert; und die andere kommt auch ſchon mit Aetzung beygeflogen.
Sie ſorget frueh’ und ſpat/ und giebt hin/ was ſie hat.

345.
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Ein Pferd=Fuellen wird an der Halffter von einem Stall=Knechte nechſt einem Kriegs=Stuecke gehalten/ als dieſes eben loß gebrennt worden/ da= mit es das Schieſſen beyzeiten gewohne.
Man wart’t nicht biß zum Streit; denn dort gaebs Schwuerigkeit.

346.
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Ein hohes Hauß/ in deſſen obern offenen Fen= ſter einem/ eine groſſe Spinne ihr Gewebe aus= gebreitet/ und mitten drinnen ſitzt.
Sie hat der Augen viel und merckt bald/ was man will.

347.
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Ein Koenig ſteht in einem langen purpurnen Talar/ deſſen Schweiff von einem jungen Moh= ren getragen wird; auf der andren Seite fuehrt ein Metzger einen trotzigen Ochſen daher; welcher/ weil er die Purpur= Farbe von Natur nicht leyden kan/ gantz toll und raſend thut.
Was Menſchen hoch ergoetz’t/ ihn ungemein verletz’t.

348.
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Ein Wanders= Geſelle ſitzt bey einem Waſſer= See/ und ſtellt ſeine bloſſe Fueſſe hinein/ um ſich ein wenig zu erfriſchen; Es kommen aber viele But=Egeln beygeſchwummen/ die ſich alleſam ̅ t an die nackenden Beine hencken.
Er wird wohl ausgematt’t; ſie aber doch nicht ſatt.
|| [59]
|| [60]

349.
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Ein groſſer Loewe/ weil ihme viele| geharniſchte Jaeger und ſtarcke Hunde zu nahe auf den Leib kommen ſind/ fliehet zwar nicht; gehet aber doch alſo ruecklings/ ein wenig von ihnen zuruecke.
Der Feinde ſind zuviel/ drum rueckt er von dem Ziel.

350.
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Ein Adler findet auf einem Schind=Anger ei= nen abgedeckten Ochſen/ und ein abgedecktes Laem ̅ = lein; weil ihme nun jener zu groß/ dieſes aber ehender fortzubringen; als faßt er das Laemmlein in ſeine Klauen/ und fuehret es/ fliegend/ mit ſich davon.
Was er nicht tragen kan/ packt auch ſein Fuß nicht an.

351.
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Ein Buechßen=Schuetze zielt mit aufgelegtem Rohr nach der Scheibe; ſo/ daß er das eine Auge zuthut/ und das andere offen behaelt.
Sieh’t nur das eine wohl; ſo trifft er/ wie er ſoll.

352.
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Der Himmel/ wie er hin und wieder/ doch ohne Donner=Strahlen/ hefftig wetterleuchtet.
Der Schlag haelt noch zurueck: diß heiſſen Liebes=Blick.

353.
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Die Sonne/ wie ſie am Winter=Tage ſehr helle und warm ſcheinet; aber eben dadurch groſſe Nacht=Kaelte verurſacht; dahero auch hier und dar todte Voegel/ ſo erfrohren/ auf dem Schnee und Fahr=Straſſe liegen.
Auf ihren heiſſen Schein/ faellt ſtrenge Kaelte ein.

354.
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Eine Rohr=Dommel ſitzt im Schilff=Rohr/ und ſteckt den langen Schnabel ins Waſſer/ blehet auch den Halß ſehr ſtarck auf/ wordurch ſie eben ihren bruellenden Thon verurſacht.
Der Ur= Ochß/ wenn er bruell’t/ die Lufft nicht ſo erfuell’t.

355.
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Die aufgehende Morgen=Sonne/ wie ſie hin= ter einem Huegel herfuer kommt/ und ihre Strahlen zu allererſt/ an die Spitze eines gegenueberſtehenden hohen Bergs wirfft.
Zufoerderſt wird geehr’t/ was ihr nah’ angehoer’t.

356.
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Die Sonne/ wie ſie frueh Morgens roth auf= gehet/ welches aus dem mit vielen flachen Wolcken deß Himmels ueberzogenen Horizont/ zu erkennen.
Die frueh’ im Scharlach ſteh’t/ mit Boy zur Ruhe geh’t.

357.
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Zwey gegen einander ſtehende hohe Berge; auf deren foerderſten oben eine Brunn=Stube/ mit an der Erde ins Thal hinunter gelegten Brunn=Roeh= ren zu ſehen; wodurch die Quelle hin/ auf den andern Berg geleitet wird/ auf welchem ein ſchoenes Schloeß= lein/ und vor ſolchem eine Luſt=Fontaine zu ſehen; woraus das gedachte Waſſer kuenſtlich ſpringet.
Es mußte vor ins Thal/ eh’s kam zum Ehren Saal.

358.
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Ein ſueſſer Waſſer=Fluß laufft gar erkenntlich durch das tobende Meer; woſelbſt auch ein Schiff vor Ancker haelt/ biß der Schiff=Koch mit ſeinem Kuechen=Eymer ſueß Waſſer hinauf gezogen.
Sein ſueſſes Weſen nimmt nichts an/ was ihn verſchlimmt.

359.
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Ein mit vielen groſſen Trauben haeuffig behan= gener Weinſtock; der deßwegen auch etliche Pfaehle und Stuetzen hat/ damit er nicht hier und dar zubreche.
Waer keine Stuetze da; ſtuend’ ſein Ruin gar nah’.

360.
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Ein ehemahliger/ aus denen Feld=Beeten noch zuerkennender verwildeter Acker/ worauf aller= hand junge Doerner und Diſteln zu ſehen/ welcher gantz mit Waſen ueberwachſen.
Daß er verwueſtet liegt/ macht/ weil ihn niemand pfiuegt.
|| [61]
|| [62]

361.
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Eın Zaun=duerres todtes Pferd liegt noch gantz in der Haut/ auf dem Schind=Anger; doch hat es der Meiſter aufgeſchnitten; und weißt nun dem darbeyſtehenden Baeuerlein das ſehr aufgeblehete Miltz; als wovon es das Abnehmen bekommen/ und ſterben mueſſen.
Wo ſich das Miltz ſo bleh’t dort alle Krafft vergeht.

362.
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Ein dick=rundes langes Stueck Holtz von ei= nem Kuehn= Fahren oder Kirfer=Baum/ welches/ weil es lange im Wetter gelegen/ vom Wurm grauſamlich zerfreſſen/ und loecherigt worden iſt.
Sein eignes Weſen zielt den Wurm/ der es durchwuehlt.

363.
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Ein klarer Waſſer=See oder Fiſch= Teich/ in deſſen Grunde die kleinſten Fiſchlein ſehr groß ſehen; welche aber der dahey ſtehende Fiſcher mit dem Ha= men heraus hebend/ gantz klein und unaecht befindet.
Ihr vorgehoffter Pracht; wird nahe gantz veracht’t.

364.
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Eine liebliche Land= Gegend/ worinnen ſonder= lich viele Canèl-Baeume (Zimmet=Roehre) wach= ſen/ welche ein Maeunlein abſcheelet/ und ſchon eine ziemliche Parthie davon/ an der Erde liegen hat.
Die Scheelfe vom Canèl, giebt ſchon das Zimmet=Oel.

365.
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Einige ſchoen und friſch=gruenende Erlen=Sproeß= linge ſtehen Hauffen= weiſe beyſammen/ an einem angenehmen Waeſſerlein.
Es zeugt ſein gruenes Kleid/ von der Lebendigkeit.

366.
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Ein Booths= Mann (oder Schiffer) ſteht in ei= nem kleinen Schiff=Boote/ und hat den Haſpel in der Hand/ worauf die Senckbley=Schnur ge= wunden/ und will mit dem Senckbley die Meeres= Tieffe erforſchen.
Es reicht nicht auf den Grund/ ſenckt’ er gleich hundert Stund.

367.
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Ein auf ebenem Lande ſtehendes ſchoenes Schloß/ welches ſeinen Schatten fuer ſich hinwirfft; der aber ſchon gar kurtz/ weil die Sonne ſchier darhinter gantz untergangen.
Wenn ſie entzieht ihr Licht; beſteht ſein Schatten nicht.

368.
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Ein ſchoen bluehender Maulbeer= Baum/ gegen welchen ueber ein gleichfalls florirender Centifolien= Roſen= Stock zu finden; ueber denen die hoechſt= ge= ſtiegene Sonne ſehr hellſtrahlend ſcheinet.
Ihr beyder Liverey kommt/ wenn der Froſt vorbey.

369.
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Zwey Schmiede ſchlagen aus allen Kraefften auf das ueber dem Ambos liegende Eiſen.
Sehr taub iſt ihr Gehoer/ drum ſchroeckt es ſie nicht mehr.

370.
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Zwey nackende Kindlein ſitzen bey einer mit Honig=Seim erfuellten Schueſſel/ und lecken Honig von ihren Fingern/ die ſie vorhero drein tuncken.
Was ſie zur Luſt erkohr’n/ vermehret beyder Zorn.

371.
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Eine offene und oben runde Keller= Thuer in ei= nem Felſen=Keller/ vor welche eine gantz mager= ſehende ſonſt groſſe Spinne ihr Gewebe gezogen.
Ob dem ſo eitlen Hauß/ leert ſie ſich ſchier gantz aus.

372.
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Ein ſtarcker Felſen im Meer/ woran obenher die Winde/ Blitz und Regen mit Schloſſen ver= mengt/ unten aber die Waſſer=Wogen grimmig ſtuermen.
Ob alles wider ihn; bleibt er doch/ wie vorhin.
|| [63]
|| [64]

373.
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Ein auf einem viereckigten Herde/ mit Stroh und Hobel=Spaenen angezuendetes Feuer/ welches ſehr hoch in die Hoehe lodert.
Hier fehlt das Nutriment; drum geht es bald zu End’.

374.
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Ein alte Otter gebaehret aus ihrem aufgeſprun= genen Bauche/ einen Hauffen Eyer/ woraus al= lenthalben junge Ottern herfuer kriechen.
Was jene hat gethan; das fangen ſie bald an.

375.
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Zwey nackende Zwillings= Kinder liegen todt= verzappelt auf der Erde/ weil ſie wegen langen Ausbleibens ihrer Mutter/ Hunger und Durſt ge= ſtorben.
So kommts/ wenn man ſie liebt/ und aber nichts mehr giebt.

376.
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Eine groſſe Staats=Peruque/ welche auf dem Peruquen= Stocke und einem Wand= Tiſchlein ſieht.
Setzt ſie der Koenig auf; folgt ihr AEſtim zu Hauff.

377.
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Ein aufgeſprungener Granat=Apffel/ deſſen Kern mit Safft vermengt/ durch einen Ritz wohl zu erkennen/ liegt in einer ſilbern Schaale/ auf choen tappezirtem Tiſche.
Der Kerne Krafft macht ſtarck/ ſein angenehmes Marck.

378.
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Eine Rechen= Haut/ worauf drey Nullen in einer Riege neben einander ſtehen/ liegt auf ei= nem Schreib=Pult und Tiſchlein/ worneben auch ein Dinten=Faß/ Streu=Buechße und Feder zu ſehen.
Bald tauſend gilts; wenn man nur eins ſtellt vorne dran.

379.
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Eine vornehme aber im Geſichte ueberaus runtz= lichte Staats=Dame ſitzt im Nacht= Zeuge auf ei= nem ſchoenen Seſſel ohne Arm= Leihnen/ und me- lancholirt mißvergnuegt. Neben ihr ſteht ein Putz= Tiſchlein/ worauf mancherley Gattungen Schat= tier= Muſcheln (oder ſchwartze Flecklein) und An= ſtrich= Sachen zu ſehen.
Was ſie ſonſt ſchoen gemacht/ hat Runtzeln nachgebracht.

380.
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Ein ſtarckes Donner=Wetter mit einem Wol= cken= Bruch/ wodurch eın ſchoener Salat=Acker/ auf der abhaengenden Seite ſehr beſchaedigt/ und verfluethet wird.
Auf dieſen harten Strauß/ klaert ſich der Himmel aus.

381.
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Ein Deller mit Honigſeim ſteht auf einem Tiſche/ aus welchem ein Balbierer einem daran fitzenden Knaeblein Pflaſter ſireicht/ und auf den am Arm ha= benden groſſen Schwaeren zum aufziehen/ legen will.
Was ihm ſonſt lieblich heißt; an dem Ort ſchmertzlich beißt.

382.
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Ein ſchoener Apffel=Baum/ deſſen Helffte aber iſt mit Frueh= und die andere Helffte/ mit Spat=Obſte abgepeltzt. Weil nun ein hefftiger Wind darauf ſtuer= met; als fallen die groſſen Frueh=Aepffel gerne herun= ter; die ſpaeten aber/ weil ſie noch klein und feſte han= gen/ werden zuſamt den Zweigen herunter geſchmiſſen.
Er wuergt/ das gerne faellt/ und auch/ was veſte haelt.

383.
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Eine Nonne ſitzt in voelligem Habit/ an ihrem Bet= Tiſchlein/ vor einem Todten= Kopffe/ und ſiehet ſehr ſehnlich gen Him ̅ el; worueber ihr zugleich die Thraenen haeuffig aus den Augen/ die Backen herunter rinnen.
Der Thraenen Perlen=Zahl verhellt der Augen Strahl.

384.
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Drey Stuecke Tuch liegen auf einem Kram= Ti= ſche/ nemlich ein weiſſes/ ein etwas duncklers und ein gantz ſchwartzes/ gar negligent abgewickelt/ daß die Falte ̅ hier und dar Schatten geben; das gantz ſchwar= tze aber macht auch den allerſchwaertzſten Schatten.
Der Schatten dunckelt mehr/ auf duncklere Couleur.
|| [65]
|| [66]

385.
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Ein heroiſcher Kriegs= Officier ſteht und ſpe- culirt; in deſſen Antlitze man/ ueber den Backen her/ eine ſehr groſſe zugeheilte Wunden=Narbe ſiehet.
Die Narbe weichet nicht/ aus ſeinem Angeſicht.

386.
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Ein auf ſeinem Stule ſitzender Mathematicus, hat allerhand Tubos und mathematiſche Inſtru= menten in ſeinem Zimmer neben ſich/ und macht durch optiſche Kunſt einen Regenbogen an die be= dunckelte Wand.
Viel Scheinwerck drinnen ſteckt; doch gaentzlich ohn’ Effect.

387.
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Ein Panther= Thier/ zu welchem ſich allerhand andere/ zumahlen kleinere wilde Thiere/ von deſſen Geruch gereitzet/ ehrerboetig einfinden.
Was zahme Thiere ſind/ man niemals bey ihm find’t.

388.
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Ein Parder ziehet mit ſeinem Geruch die Thiere mancherley Arten an ſich; aber nur/ daß er ſie er= wuerge; dahero bereits etliche von ihme getoedtet/ auf der Erde da umher liegen.
Sie kommen fort und fort; wenn er gleich immer mord’t.

389.
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Ein Stuecke faules und von Wuermen zerfreſ= ſenes Holtz liegt in dueſterer Nacht/ auf der Erde/ und giebt einen hellen Glantz von ſich.
Alsbald der Tag anbricht; ſo leucht’t es ferner nicht.

390.
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Ein ſtarcker Drache hat einen Elephanten zu Boden geriſſen/ und alſo todt das Blut aus ihme geſanget. Weil ers aber nicht vertragen kan; als liegt er auch ſchon da/ und will ſterben.
Seh’t was unſchuldigs Blut/ zuletzt fuer Schaeden thut.

391.
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Ein Wandersmann traegt bey der Nacht eine brennende Fackel in der Hand/ welche von greuli= chen Regen/ Sturmwinden und Wetter=Strahlen ſehr incommodirt wird/ daß ſie ſchier verloeſchen muß.
Sie folgen ihr ſtets nach/ mit vieler Plag und Schmach.

392.
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Ein Schiff/ welches in ſchoenſter Wind=Stille und ſchier unbeweglicher Fluth ſanfft dahin faehrt; deſſen Schiff= Patron aber oben auf der Cajute ſte= het/ und ſehr melancholiſch ausſieht.
Wenn es bald ſtuermen will; ſo iſts vorhero ſtill.

393.
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Ein Lautenmacher hat etliche Lauten/ Harpffen und Zitringen auf dem Ruecken hangen/ und bege= gnet einem Bauer auf der Straſſe/ dem er eine Laute vorhaelt/ und zu Kauffe anbietet.
Er bringt ſich um die Zeit/ und macht dem keine Freud.

394.
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Ein Apffel=Baum/ der einen ſehr krummen und hoeckerichten Stamm; ſonſten aber ein ſehr gu= tes Erdreich/ wohlgeſetzte Wurtzeln/ und trefflich ſchoene Aepffel= Fruechte/ in groſſer Menge hat.
Der Urſprung und die Frucht/ ſind werth/ daß man ihn ſucht.

395.
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Ein Back= Ofen mit einem darauf geſetzten Schor= Steine/ woraus ein gewaltiger Rauch in die Hoehe aufſteiget.
Eh’ eine Stund’ hingeh’t/ ſo iſt er gantz verweh’t.

396.
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Ein ſteinigter Weinberg/ worinnen etliche be= fruchtete Zwetſchgen=Baeume ſtehen.
Der Tranben Weinbeer= Safft zeugt von der Nachbarſchafft.
|| [67]
|| [68]

397.
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Ein Eſchen=Baum/ welchen/ und auch ſo gar deſſen Schatten die Schlangen von Natur nicht vertragen koennen; Dahero deren 3. in ein ohn= ſern davon brennendes Feuer ſpringen/ weil ſie ſich vor Angſt nicht weiter zu kommen getrauen.
Der Schatten macht allſchon/ daß ſie flieh’n auf davon.

398.
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Ein Roß=Bube traegt einen trefflich ſchoen be= ſchlagenen zierlichen Pferde=Zaum in der Hand/ und will ihn einer auf der Weyde gehenden elen= den und die Beine kaum ſchleppen koennenden Schind=Maehre anlegen.
Drum wirds nicht ſchneller geh’n/ waer’ er gleich noch ſo ſchoen.

399.
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Ein ſchoen=belaubter groß aufgeſchoſſener noch junger Birn= Baum/ aber gantz ohne Bluethen und Fruechte; in deſſen Gegend/ zum Zeichen deß Fruehlings/ auch verſchiedene Tulpen und Narciſ= ſen floriren.
Der Herbſt giebt keine Fruecht’; weil er jetzt bluehet nicht.

400.
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Ein kleiner angenehmer Hund ſteht bey ſeines eingeſcharreten Herrn Grabe/ und heulet/ wie man aus denen Geberden erkennen kan.
Diß Heulen und Geſchrey verurſacht Lieb’ und Treu/

401.
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Eine auf einem Schmid= Ambos herueber lie= gende ſtarcke Wagen= Kette.
Man ſieht/ wie ein Gelenck’/ allzeit am andern henck’.

402.
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Ein mit allem wohl ausgerueſtetes und verſehe= nes Schiff/ langt bald gar in ſeinem See=Hafen an; weil der Steuer=Mann ſich hinten am Steuer= Ruder ſehr vigilant bezeiget; Hinter dieſem aber ſiehet man ein anders Schiff von gleicher Groeſſe verungluecken und ſcheitern.
Diß kommt zur guten Stund/ wenn jenes laufft in Grund.

403.
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Ein Hirſch/ welcher ueber das umher aufgeſtellte Jagd= Garn geſprungen/ und gluecklich entronnen; ſo/ daß der darinnen ſtehende Jaeger hinter den Ohren kratzt/ und gantz mißvergnuegt ausſieht.
Er fleucht aus dieſer Graentz/ wie vor der Peſtilentz.

404.
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Ein ueber einem Tiſche hangender ſchoen einge= faßter Magnet/ an einer gueldeuen Kette/ an wel= chem unten herum allerhand Eiſen=Geraethe/ als Naeh= und Spick=Nadeln/ Meſſer und Gabeln/ Pfriemen und Degen mit ihren Spitzen hangen.
durch ſeine ſtarcke Guet’/ er alles an ſich zieht.

405.
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Ein runder/ aber dabey ſehr hoeckerigter unfoer= miger Erd= Klumpe/ der auf der Erde und freyen Straſſe lieget.
GOtt ſchuff aus Thon ein Hauß; der Menſch macht Chaos draus.

406.
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Ein niedriger Frauenzimmer=Seſſel/ ohne Rueck= und Arm=Lehnen; worauf auch ein Sam= metes Kueſſen/ auf ſolchem aber ein ſchoen galante Engliſche Sack= Uhr mit kenntlichem Ziffer=Blate/ zu ſehen.
Ihr inn’res iſt nicht ſtill; man leg ſie/ wie man will.

407.
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Ein Cavallier fuehrt eine Dame/ die den Son= nen=Fugger fuer ihn Antzlitz haelt/ an der Hand ſpa= tzieren; weil er aber den Hut unter dem Arm traegt/ und gerade unter der Mittags= Sonne ge= het/ wird er von ſolcher im Angeſicht gar braun gebrennt.
Das allzuheiſſe Licht/ verbrennt ihm das Geſicht.

408.
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Der ſchoene Vollmond bey gantz heiterer Nacht/ am ausgeklaerten Himmel.
Er machts der Sonne nach; allein/ Nacht iſt nicht Tag.
|| [69]
|| [70]

409.
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Ein auf der Erde angeſchuertes brennendes Holtz= Feuer/ welches von einem darein fahrenden Himmel=Blitz ausgeloeſcht wird.
Sie ſtallen nicht zuſamm/ der Blitz und dieſe Flamm.

410.
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Ein kleines Schifflein ſtoeßt jetzt vom Ufer ab/ in See; da das im Perſpectiv=liegende entfernte Meer ſiehet/ als ob es gantz mit dem Himmel ver= einiget waere.
Es ſieht hier in der Fern’/ als ob ſie eines waer’n.

411.
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Zween gleich groſſe und ſchoene Aepffel liegen beyſammen in einer Confect=Schaale auf dem Tiſche.
Ein Apffel bracht den Tod; Jetzt zween noch viel in Noth.

412.
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Eine mit ſchwartzem Tuch und weiſſem Creutz bedeckte Todten= Bahr/ welche von vier Leichen= Traegern in langen Maenteln und Floeren getragen wird.
Stoltz/ Teufel/ Weib und Schlang/ ſind ſchuld an dieſem Gang.

413.
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Ein gar angenehm florirender Blumen=Luſt= Garten/ worueber die Sonne ihre Strahlen ſehr ſchoen ausbreitet.
Tritt ſie dermaſſen vor/ verſchoenert ſich ihr Flor.

414.
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Eine Sonnen= Uhr an der Wand/ oder auf ei= nem Poſtament, deren Zeiger=Drath/ von der Sonne beſchienen/ jetzo gleich auf Eins (I.) weiſet.
Ihr Schatten folget nur/ der Sonnen gueldnen Spuhr.

415.
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Der Himmel mit mancherley ſubtilen und di= cken Wolcken ueberzogen/ durch welche die Sonne ihre Strahlen/ nachdeme die Wolcken beſchaffen/ ſo auch mehr oder weniger/ durchleuchten laeßt.
Waer’n die/ wie jene wollt’; es glaentzte all’s wie Gold.

416.
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Die ſehr helle ſtrahlende Sonne ſcheinet ueber das weite Meer.
Dort Staeublein in dem Strahl/ hier Tropffen ohne Zahl.

417.
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Ein ueber und ueber weiß voller Bluethen han= gender Mandel= Baum/ auf einem Acker.
Sie kamen gar zu bald; drum werden wenig’ alt.

418.
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Ein paar Verliebte ſitzen auf zweyen Seſſeln ſo nahe beyſammen/ daß der Galan den einen Arm um deß ſchoenen Frauenzimmers Halß herlegt/ und die andere Hand an ihr Hertze druecket.
Die allzugroſſe Treu’/ macht oeffters Drey und Reu’.

419.
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Der ſchoen geſtirnte Himmel ſammt der Milch= Straſſe mit vielen Sternen/ bey ausgeklaerter Nacht.
Sie circul’n immer fort/ doch keiner aus ſein’m Ort.

420.
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Die ſieben Planeten/ innenwendig mit ihren gewoehnlichen Calender= Zeichen marquirt/ ſtehen am Himmel/ und werden von der hinter einem Berg hinunter gegangenen Sonne beleuchtet.
Nur einer giebt das Licht; ſonſt ſchiene keiner nicht.
|| [71]
|| [72]

421.
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Eine galante viereckigte etwas laenglichte Uhr ſtehet auf einem Tiſche/ deren Weiſer=Blat die 12. Stunden alle ſauber in ſich haelt. Juſt oben unter der zwoelfften Zahl iſt ein wohl formirtes Hertze zu ſehen. Das Zeiger=Hertz aber ſtehet gerade auf zwey.
Was ſich jetzt ſchmertzlich ſcheid’t/ koemmt wieder mit der Zeit.

422.
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Ein Juediſcher Rabbiner mit langem ſchwartzen Habit/ groſſen runden Kragen und gewoehnlichem Paret auf dem Kopffe/ ſtehet fuer einem groſſen Spiegel/ woraus ſeine voellige obere Geſtalt gegen ihn heraus blickt.
Der du auf Bilder ſpeyſt; denck/ was du ſelber ſeyſt?

423.
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Ein praechtig= aufgefuehrtes Adeliches Begraeb= nueß=Gewoelbe/ woſelbſt ein ſchlechter Wanders= mann im Pilger=Habit vorbey gehet/ und es nur ſo ein wenig nach der Seite hin/ en paſſant, an= ſiehet.
Mein Grab/ mein Felß und Schrein/ ſoll’s Hertze JESU ſeyn.

424.
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Ein klar und breiter Waſſer= Strohm/ worin= nen ſich die am Himmel ſtehenden Wolcken in ac= curater Geſtalt/ und mit vermiſchten Sonnen= Strahlen abſchatten/ wie ſie in der Hoehe ſehen.
Dem unten wird gewaehr’t/ was ihnen iſt beſchehr’t.

425.
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Ein von Quater=Steinen erbaueter groſſer Feuer=Herd/ worauf viel brennendes Holtz/ eine ſtarcke Flamme giebt.
Es iſt auf dieſem Herd/ ſchon vieles Holtz verzehr’t.

426.
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Eine offene Perlen=Muſchel ſchwimmt auf den Meer=Fluthen daher/ woraus die darinnen befind= liche Perlen=Auſter ihren Mund empor reckt/ um den fallenden Morgen= Thau aufzulecken.
Ein Troepfflein Thau iſt ihr/ mehr werth/ als tauſend hier.

427.
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Eine hoeltzerne Goelte mit lebendigen Krebſen ſtehet auf der Erde; worbey ein Feuer brennet/ ueber welchem eine Pfanne befindlich/ darinnen allbe= reits etliche ſchoene Krebſe liegen und geſotten werden.
Viel feiner nach dem Tod; der macht die ſchwartzen roth.

428.
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Eine Nonne kniet auf einem Grabſteine/ und ſiehet/ mit aufgehobenen Haenden betend/ andaech= tig gen Himmel.
Der Stein ruht auf dem Land’/ ihr Geiſt in GOttes Hand.

429.
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Ein Medicus wiegt ein Artzney=Glaß mit Tinctur erfuellt/ woran ein Zettel henckt/ auf der Hand= Waage ab; Gegen ueber aber ſteht ein Koch beym Feuer=Herde/ und verſucht mit dem Kochloeffel die Suppe aus dem Hafen.
Schlaegts nur dem Krancken zu; wer fragt viel nach dem Gout?

430.
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Eine Lerche ſchwinget ſich bey aufgehender Mor= gen= Sonne mit ihrem Geſang gegen dieſelbige in die Hoehe hinauf; Da hingegen eine Nacht= Eule/ in einem alten Gemaeuer/ woran auch etliche Fleder= Maeuſe hencken/ den Kopff gantz verdrießlich an ſich ziehet/ und die Augen zuſchließt.
Die Lerche ehrt mit Luſt/ was quaelt der andern Bruſt.

431.
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Ein Vergroeſſerungs= Glaß (Microſcopium) ſteht auf drey Beinen ob einem Tiſche/ worunter eine Muecke liegt/ die aber durchs Glaß ſehr groß und grauerlich ausſieht.
Die Mueck wird nach der Hand/ noch gar ein Elephant.

432.
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Zwey plauderhaffte Maegde kommen auf der Gaſſe zuſammen/ und reden/ (wie man aus denen Maeulern und Minen abmercken kan) beede zugleich; ſo/ daß keine vor der andern recht aufkommen kan.
Eh’ man die eine hoer’t; die and’re es ſchon ſtoehr’t.
|| [73]
|| [74]

433.
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Ein vornehmer Patient ſitzt in einem koeſtlichen Schlaf=Seſſel; welchem der Krebs die Naſe und den einen Backen ſchier gantz weggeſreſſen hat.
Ihm nun erſt widerſteh’n/ kan ſchwerlich mehr geſcheh’n.

434.
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Ein Muſcaten=Waeldlein/ auſſer welchem ein von Muſcat= Nueſſen truncken wordener Paradeiß= Vogel gantz ohnmaechtig/ doch mit offenen Augen/ ausgeſtreckt auf der Erde da liegt/ welchem viele Ameiſen/ die ihren Hauffen bey einem alten Stocke zur Seite haben/ die Fueſſe abfreſſen.
Sie rauben ihm die Fueߒ/ auf ſeiner Wolluſt Biß.

435.
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Eine Koechin ſaltzt ihre beym Feuer=ſtehende Speiſen manierlich.
Sie denckt bey jeder Speiß: gemaechlich und mit Fleiß.

436.
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Ein Garten voller ordentlich gepflantzter jun= ger Kirſchen= Baeumlein/ welche alleſamt bluehen/ und allenthalben voller Biene ſitzen/ die ihr Honig von dannen/ zu ihrem Bien= Korbe/ einfuehren.
Ihr Fleiß und groſſe Mueh’/ hilfft and’re mehr/ als ſie.

437.
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Die Sonne gehet Abends hinter lauffenden Regen= Wolcken/ ins Thal/ zur Ruhe hinunter.
Die fallend Thraenen ſae’t/ mit Freuden auferſteh’t.

438.
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Etliche Obſt= Baeume ſtehen/ aber mit gar we= nigen Fruechten/ gantz nahe/ ueber einem Hauffen/ bey ſammen. Da hergegen ein davon entfernter einzeler Baum ihrer Art/ ſehr ſchoen groß gewach= ſen/ und voller trefflichen Fruechte behangen.
Die Einſamkeit erzieh’t mehr Gutes/ wie man ſieh’t

439.
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Eine Kinder=Wiege/ worinnen ein Kind liegt.
Bald iſt ſie voll/ bald leer: und ſchwancket hin und her.

440.
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Ein groſſer ſtarcker Loewe liegt auf der Erde/ und hat/ nach ſeiner Art/ die Augen/ ſchlaffend/ offen.
Er ſchlaefft/ und ſchlaefft auch nicht; wer weiß/ worauf er dicht’t.

441.
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Eine Folie liegt unter einem Brillianten Dia= mant/ der in einen koſtbaren Finger= Ring geſetzt iſt/ und macht ſolchen deſto heller ſtrahlen.
Legt man die Folie drein; ſo mehrt ſie ſeinen Schein.

442.
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Ein Wetter=Glaß mit darneben bezeichneter Witterung/ haengt an der Wand/ und zeigt durch die hochhinaufgetriebene flueſſige Materie/ harte Kaelte an.
Es ſteiget ab und auf; ſo/ wie des Wetters Lauff.

443.
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Ein Wanders=Geſelle kommt zu einer Saltz= Quelle; welche aus denen gegen ueber aufeinander geſtellten zweyen Reihen Saltz= Scheiben abzumer= cken/ und trinckt aus ſeinem mit Waſſer angefuell= tem Hut ſehr begierig.
Er trinckt fuer’n Durſt/ weil’s naß/ gantz unbekuemmert waß?

444.
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Ein Bauer=Maegdlein hat eine an die Vieh= Krippe gebundene Kuh gemolcken/ und ſchuettet die Milch anjetzo aus dem Melck= Gefaeſſe/ in einen auf der Erde ſtehenden groſſen irdenen Hafen.
Sie kan in dieſem Schrein/ am allerbeſten ſeyn.
|| [75]
|| [76]

445.
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Ein Knaeblein/ welcher am Meer=Ufer ſtehet/ und einen Stein dahin/ mit ausgeholten Kraefften ins Waſſer wirfft.
Du truebſt ſein Waſſer nicht; wenns tauſendmal geſchicht.

446.
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Ein zierlich=gebautes Grab=Gewoelbe/ durch deſſen/ an ſtatt der Thuer fuergemachtes eiſernes Git= ter/ man fuenff Todten= Saerge erblicket.
Wenn aller Wunſch gewaehr’t; iſt ihnen das beſchehrt.

447.
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Ein mit Diamanten beſetzter Finger=Ring iſt auf der freyen Land=Straſſe in den Staub auf die Erde niedergefallen; durch deſſen Fall aber hat ſich der Staub daſelbſt bewogen und in die Lufft nach der Hoehe erhoben.
Man ſucht den Stein doch vor; ſteigt ſchon der Staub empor.

448.
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Eine ſchoene groſſe Katze verſcharret ihren Aus= wurff in die Erde/ daß ihn niemand riechen noch ſehen ſoll.
Kommt es gleich von Natur/ verheelt ſie doch die Spuhr.

449.
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Ein vom Platz=Regen niedergeſchlagener Wai= tzen= oder Korn=Acker; deſſen Fruechte ſich bey neu aus denen Wolcken herfuer kriechenden warmen Sonne/ wieder aufzurichten beginnen.
Sie werden aufgericht/ durch neu beſtrahltes Licht.

450.
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Ein Ingenieur ſitzt bey ſeinen Inſtrumenten am Tiſche/ und zeichnet eine neue Veſtung/ wie ein Stern geſtaltet/ im Grund=Riſſe/ aufs Pappier.
Er machts nach der Genie, und eig’nen Phantaſie.

451.
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Ein Delphin oder Wallfiſch/ der in den aller= grauſamſten Meer=Fluthen daher kommt.
Er lebt zu aller Zeit/ in Jammer/ Quaal und Streit.

452.
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Ein Fiſch= Weiher (Teich)/ an deſſen Geſtade oder Tamm/ etliche heraus geſprungene Fiſche lie= gen/ uud noch ein wenig ſchnaltzen.
Was nicht ihr Element; da geht es bald zum End’.

453.
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Ein Paſſagieur geht vom Port zu Schiffe/ und traegt ſammt einem Matroſen/ einen groſſen Spreyer=Korb/ mit allerhand Victualien/ als Brod/ Schuncken/ Knack=Wuerſte/ Kaeſe/ Wein= Bouteillen und dergleichen/ ueber das hingelegte Beet/ ins Schiff hinein.
Er ſchafft ſein Proviant/ weil es noch Zeit/ zur Hand.

454.
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Eine Mahl=Muehle/ worinnen man durch das weite Thor hinein/ viele Frucht=Saecke an der Erde ſtehen; und ſo Ratzen als Maeuſe/ Huener und Gaenſe drauf zueilen/ und ſelbige zerbeiſſen ſiehet.
Sie ſtellen ſich bald ein/ wo ſo viel Saecke ſeyn.

455.
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Ein Wirtshauß/ deſſen Schild der Mond be= zeichnet; woraus ein Pilgrim gegangen/ der nun nach einem weit entlegenen Berg= Cloſter/ ueber welchem die Morgen= Sonne eben jetzo helle aufgehet/ zu= wandert.
Wem ſeine Sonne ſcheint/ braucht keinen Mond zum Freund.

456.
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Ein mit allerhand kalten ueberblibenen Eſſen beſetzter Tiſch/ worueber eine Schmeiß=Muecke herum fliegt.
Bald naſcht ſie hier bald dort; und ſchwaerm’t ſtets wieder fort
|| [77]
|| [78]

457.
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Eine alte Mauer/ woran a???erhand ſchoen bor= tierte/ gebluemte/ doch allerſeits abgetragen= und zerſchlitzte alte Kleider/ Huete mit alten Feder=Pue= ſchen und dergleichen/ an eingeſchlagene Naegel auf= gehenckt zu ſehen; bey welchen ein altes Weib auf einem hoeltzernen Stuehlein ſitzt.
Seht! hier am Troedel hangt/ was ſonſt ſo ſehr geprangt.

458.
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Ein ſehr hoher Berg/ deſſen voelliger Schatten ſich in das vor ihme liegende Thal herunter wirfft/ weil die Sonne hinter ihme unterzugehen beginnet.
Die Hohheit macht all’zeit/ viel Schatten/ lang und breit.

459.
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Ein Knabe brennt eine mit Pappier geladene Schlueſſel=Buechße loß/ die viel Dampff und zer= fleiſchtes Pappier von ſich giebt.
Nur Dampff/ und ſonſt nichts mehr; knallt’ es gleich noch ſo ſehr.

460.
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Ein breiter Miſt= Hauffen/ in deſſen daran befindlichen Adelhuelle (oder Miſt=Pfuetze) aller= hand Gewuerme/ Muecken/ Schnacken und junge Kroeten/ anzutreffen.
Ihr aller Labung iſt/ Koth/ Unflath/ Stanck und Miſt.

461.
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Eine Turtel=Tanbe ſitzt auf einem duerren Baum=Aſte/ und ſiehet kuemmerlich.
Die Turtel=Taube klagt; daß ihr Geſell verjagt.

462.
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Ein kahler Roſen= Strauch im Winter; an welchem ſonſt nichts/ als Doerner und etliche wel= cke Hagen=Butten (Huefften) zu ſehen.
Er hofft/ die Fruehlings=Zeit/ ſoll wenden vieles Leid.

463.
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Das Lamm GOttes mit einer Sieges=Fahne ſtehet auf einem Berge.
Diß Lamm hilfft nichts/ mein Chriſt; wenn du kein Laemmlein biſt.

464.
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Ein Bauer ſitzt unten im Thale auf ſeinem Pfluge/ haelt Ruhe=Stunde/ und ſiehet ſo bald/ (Kaeß und Brod eſſend) einen hohen Berg hinauf/ woroben eine Kirche ſtehet; die aber/ wegen der weit entlegenen Hoehe/ gantz klein ſiehet.
Weil es ſo hoch und weit; haelt ers fuer Kleinigkeit.

465.
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Ein ſchoener klarer Fluß/ woraus durchs Waſſer einige Steine ſich ſehen laſſen/ als ob es ſchoene Klumpen Candi=Zucker waeren.
Was liegt im Kieſel= Sand/ das iſt kein Zucker=Cand.

466.
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Ein gantz ſchwartz bedeckter Tiſch; an deſſen Teppig einige Pflaum=Federlein haengen.
Man ſaeh’ ſie nicht ſo ſehr/ auf anderer Couleur.

467.
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Eine geſpante Arm=Bruſt (Schuetzen=Palae= ſter) liegt auf einer langen Tafel.
Wenn man die Schnur nachließ; ſo ruh’te ſie gewiß.

468.
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Ein oben umher an Aeſten ſehr behauener Oel= Baum; deſſen uebrige Zweige voller Oliven hangen.
Geh’n ſchon viel Aeſt’ ins Grab; nimmt drum die Krafft nicht ab.
|| [79]
|| [80]

469.
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Ein alter gantz verdorrter Ulm=Baum/ (geſtal= tet wie eıne hohe ſchmalaeſtige Eiche/) um den ſich ein friſcher und fruchtbarer Weinſtock her gewun= den.
Ob er gleich gantz verdorr’t/ liebt der doch fort und fort.

470.
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Ein Naſen= Horn/ welches mit einem Elephan= ten ſtreitet/ und ſolchen/ dem Anſehen nach/ bald gaentzlich beſieget/ und zu Boden faellet.
Es laeߒt nicht eh’nder nach/ biß es den Sieg erjag’.

471.
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Ein Maulwurff (Schaer=Mauß/) welcher hier und dar/ etliche Huegel aufgeworffen; und gleich jetzo ſchon wieder in die Erde wuehlen und ſchlupf= fen will.
Nichts heißt ihm wohl gethan. als wenn er wuehlen kan.

472.
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Ein Goldſchmied/ der vor der Feuer= Eſſe ſteht/ und einen Schmeltz=Tiegel hinein haelt; mit dem Fuße aber zugleich den Blaßbalg tritt.
Wenn ers gelaeutert hat; kommt es noch wohl zum Staat.

473.
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Ein ſchoen=gekleidetes dreyjaehriges Toechterlein mit Leit=Fluegeln am Oberkleide/ hat zwey Pup= pen oder Docken in beyden Armen/ und liebkoſet ſie.
Es freut ſich ungemein; obs gleich nur Poſſen ſeyn.

474.
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Ein Wallfiſch=Fang; da bereits ein groſſer Wallfiſch erleget iſt/ und nun von denen auf ihme ſtehenden Fiſchern mit groſſen Aexten in Stuecken gehauen/ und in das dabey ſtehende Schiff eingela= den wird.
Man fiſch’t in dieſem Teich gefaehrlich/ aber reich.

475.
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Ein groſſer duerrer oder getrockneter Stockfiſch/ liegt nebſt einem ſtarcken eiſernen Schmiedt=Ham= mer (Schlaegel)/ auf einem dicken Fleiſch=Stocke.
Man blaeu’ ihn erſtlich wohl; wenn er gedeyhen ſoll.

476.
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Eine Lybiſche Schlange/ welche von Natur zwey Koepffe hat; deren einer ihr aber zerquetſcht worden/ und wie todt ausſiehet.
Sie ſieht nichts mehr als Noth. weil ihre Helffte todt.

477.
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Ein ſehr hoher Berg/ worauf bey Nachts ein gar helle brennendes Feuer zu ſehen.
In der Entlegenheit/ bewundern es viel Leut’.

478.
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Fuenff Delphinen von unterſchiedener Groeſſe verſammlen ſich um einen todt=auf der Seite ſchwim= menden Delphin/ in denen wildeſten Meeres=Flu= then/ her/ und ſtellen ſich ſehr wehmuethig darbey an.
Daß ſie ſo aengſten ſich/ geſchieht allein um dich.

479.
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Ein geſchmincktes Frauenzimmer ſchwitzt/ und wiſcht mit ſammt dem Schweiſſe die rothe Farbe/ (mittelſt ihres Schnup=Tuchs) ab/ daß die eine Wange ausſiehet/ ob waeren weiſſe oder bleiche Furchen herunter gezogen.
Was GOTT nicht roth gemahl’t/ wird endlich gelb bezahl’t.

480.
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Zwey Knaben ſpielen des Hand=Ballens/ da der eine wirfft/ und der andere ihn mit den Haenden faengt.
Das Spiel trifft denn wohl ein; wenn beyde redlich ſeyn.
|| [81]
|| [82]

481.
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Ein auf einem Oval-runden Tiſche ſtehender Spiegel; der/ weil er ſich oben etwas hinterwaerts leihnet/ gantz voller Staub liegt/ daß man keine Geſtalt daraus erkennen koente.
So dient er nicht zum Brauch; man reinig’ ihn denn auch.

482.
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Ein Crocodill ſtehet im ſtillen Waſſer/ und laeßt/ als ob ſeine Augen blind waeren.
Er kan nicht eh’nder ſeh’n biß er heraus wird geh’n.

483.
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Ein Roß=Bube reitet ſein Pferd in die Schwemme/ wodurch aber das klare Waſſer gantz truebe zu werden anhebt.
Daß es ihn waſcht/ dafuer verliehrt es ſeine Zier.

484.
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Einige hohe Puchen= Baeume ſtehen auf einem Berge/ und werden von dem auf ſie einſtuermenden grauſamen Winde gewaltig hin und her geruettelt.
Was drunten ſteht im Thal/ fuehlt nichts von ihrer Quaal.

485.
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Eine ſchoen=bebluemte gruene Graß= Wieſe; in deren Mitte eine zuſammen gewickelte groſſe Schlan= ge liegt/ die man aber doch nur durchs Graß er= kennet.
Dort lauſcht ein gifftig Thier; drum ſeh’ ſich jeder fuer.

486.
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Die ſchoen aufgegangene Morgen=Sonne/ wie ſie das unter ihr ſtehende erſte Monds= Viertel und viele niedrige Thal=Bueſche/ zwiſchen dreyen Klee= weiſe ſtehenden Bergen beſcheinet.
Es reicht und waerm’t ihr Strahl/ am kraefftigſten/ ins Thal.

487.
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Sechs Weyden= Baeume ſtehen an einem kleinen Waſſer=Baechlein in einer Riege nach einander; Mitten inne aber/ nemlich zwiſchen dreyen obern und untern/ ſteht auch ein ſchoener Cypreſſen=Baum/ der an Hoehe/ die Weyden=Baeume alle ueberwaechßt.
Er ſchwingt ſich doch empor; ſie ſteh’n nach/ oder vor.

488.
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Ein Hund/ der ſich ſpeyet und das ausgeworf= fene wieder frißt.
Es ſchmecke/ wie es woll! wenns nur den Wanſt macht voll.

489.
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Ein Bauren= Tantz/ wo Knechte und Maegde Paar=weiſe/ um einen aufgeſteckten Mayen=Baum/ herum tantzen.
Sie ſuchen hier im Schweiß/ der Wolluſt Ehren=Preiß.

490.
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Ein aufgehangener groſſer Wand=Spiegel/ worauf eine gemeine Muecke herum laufft/ und das Glaß hier und da ſchon beſchmeißt hat.
Den ungegruend’ten Hohn/ wiſcht man gar bald davon.

491.
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Ein ſachte und ſanffte lauffender Fluß/ welcher zwar nicht gar breit/ aber mit vielen unſichtbaren Felßen gegruendet iſt; woran denn ein ungeuebtes Schifflein anfaehrt und ſcheitert.
Man haett’ es nicht vermeynt/ daß hierinn auch ein Feind.

492.
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Ein zur Erndte reiffer Korn=Acker/ nach wel= chem ſich ein Genius mit einer Schnitter=Sichel/ zuwendet; in willens/ die Fruechte abzuſchneiden.
Sie nehmen ihr Ade; daß man ihn neu beſaee.
|| [83]
|| [84]

493.
[arrow up]

Ein beſaeeter Acker/ deſſen aufgegangene gruene Saat aber ſehr dinn/ mager und ſchlecht ſtehet/ weil ihr der Regen zulange auſſen geblieben/ welches aus dem hin und wieder aufgeriſſenen Erdreiche und heiß ſcheinenden Sonne/ zu erkennen iſt.
Kommt keine Feuchtung an/ ſo iſts bald gar gethan.

494.
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Ein Juengling/ der ueber ſeinen gantzen Leib her mit Blattern (Urſchlaechten oder Bocken) ueber= zogen/ ſitzt elendiglich auf ſeinem Lodder= Bette; ſo/ daß er die Fueſſe an die Erde herunter ſtellt.
Wenn er geneſen ſoll; begegne man ihm wohl.

495.
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Ein Pilgram tritt bey ſtarckem Wetter=Bli= tzen/ unter einen Lorber=Baum; weßwegen ihn auch die feurige Strahlen nicht treffen; ſondern den Lorber vorbey/ in die benachbarte Erde/ ſchla= gen.
Er bleibt hier unverſehr’t; biß ſich der Himmel klaer’t.

496.
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Eine groſſe Rinds=Galle henckt vor einer Schlacht= Hauß= Thuer/ an dem Seiten=Pfoſten.
Was man durch ſie beruehrt/ Das wird bald ruinirt.

497.
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Ein Podagramiſcher alter Mann ſitzt im Schlaf= Seſſel/ mit einem Nacht= Rocke und Filtz= Pantoffeln angethan; weil ihme nun ein Stuben= Voegelein oder Blut= Fincke/ vorne an den einen Pantoffel picket; als bleckt er die Zaehne gewaltig darueber/ und thut/ ob wolte er ſchon verzagen.
Waer’ es gleich noch ſo klein; Fuehlt er doch Hoellen=Pein.

498.
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Ein Weyrauch= Faß/ welches auf einem Altar= Steine ſteht/ und einen ſchoenen Rauch in die Hoehe auffahren laeßt.
Bezwungen durch die Glut; ſonſt roech’ es nicht ſo gut.

499.
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Eine gebratene Taube in einer ſchoenen Schueſ= ſel/ auf einer Koeniglichen Tafel befindlich.
Das Leiden dieſer Zeit wuerckt ihre Herrlichkeit.

500.
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Ein Adler ſitzt auf einem groſſen Feld=Steine/ und ſchickt ſich zum Fliegen; ſtreckt aber nur den lincken Fluegel darzu aus.
Der Flug ins Sonnen=Licht, geſchieht ſo nimmer nicht.Ende der erſten fuenff hundert.
|| [85]
|| [ID00093]
|| [ID00094]
m. Laurentii Wolffgangi Woyttens Moraliſche Applicationes zu ſeinem Emblematiſchen Parnaſſo.Oder Anhang Zu deſſen in dreyen verſchiedlichen Theilen verfaßten fuenffzehen Hundert Sinn=Bildern.Erſter Theil.AUGSPURG/ In Verlag Jeremias Wolffs/ Kunſthaendlers ſeel. Erben. Anno 1727.
|| [ID00095]
|| [1]

Applicatio moralis.
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1.
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Theol. HEute/ weil GOttes Gnaden=Antlitz noch leuchtet/ ſoll man ſich zu ihme bekehren. Wendet euch zu mir; ſo werdet ihr ſeelig/ aller Welt Ende.Civil. Ein kluger Menſch nimmt zu allen Dingen die gelegene Zeit in acht.

2.
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Theol. Viele wollen mit jenem reichen Juenglinge Chriſto nachfolgen/ wenn er ſonſt nichts von ih= nen begehrt. Sollen ſie aber Anfechtungen erdulten/ folgt der Abfall.Civil. Maul= und Schein= Freunde findet man genug; aber die That will ſich nicht zeigen. Viele Verheiſſungen und Serviteurs, aber wenig Erfolg und Dienſte.

3.
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Theol. Wenn unſere Seele ſich recht hoch in Himmel hinauf verlaufft/ und der Leib aus Demuth nach der Tieffe zielet/ ſo ſind wir fuer den Stuermen aller Feinde frey.Civil. Egypten ſieht wegen groſſer Hitze/ und Scythia wegen groſſer Kaelte niemals oder doch gar ſelten des Himmels Blitzen: Und wer in der Welt recht groß oder recht klein/ der bleibt am er= ſten vor Schimpff und Spott geſichert.

4.
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Theol. GOttes Seegen wird wohl auf der Erde gefunden/ aber oeffters unwiſſend/ woher er ge= kommen. Denn ſeinen Freunden gibt ers ſchlaffend.Civil. Die Jugend vergeht und das Alter kommt/ ehe mans recht gewahr wird. Diß ſind die angenehmſten Wohlthaten/ wann ſie andere genieſſen/ und doch eben nicht erfahren/ wer der Wohlthaeter iſt.

5.
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Theol. Worzu man ſich haelt/ deſſen gute oder boeſe Sitten nimmt man oeffters unvermerckt an ſich. Bey den Reinen wird man rein/ und bey den Verkehrten/ verkehrt.Civil. Wer ſich zu tugendhafften Leuten begiebt/ der wird von ihnen erlangen/ daß ſie ihn beſſern und auch ſeine Fehler mit weiſſer Farbe zutuenchen. Boeſe Rotte aber ſchwaertzt ſo haeßlich/ daß uns andere fuerchten wie den Teuffel.

6.
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Theol. Unſer Wandel iſt im Himmel; darum trachtet nach dem das droben iſt/ da Chriſtus iſt. Dann wo euer Schatz iſt/ da iſt auch euer Hertz.Civil. Die Liebe iſt wie die Magnet=Nadel/ wo ihr Nord=Pol/ dorthin ſteht ihr Sinn gerichtet.

7.
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Theol. Es ſind nicht lauter gute Heiligen/ die in Gleißnerey zur Kirche kommen/ und ſich ſelbſt [2] vermeſſen/ daß ſie fromm ſeyn; ſondern viele haben den Schein eines Gottſeeligen Wandels/ aber deſſen Krafft verlaeugnen. ſie.Civil. Wer im Heyrathen nur auf aeuſſerliche Schoenheit/ und nicht nach Tugenden/ Fromm= und Redlichkeit ſiehet/ wird offt betrogen.

8.
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Theol. Seelig ſind die Todten/ die in dem HErrn ſterben/ von nun an; dann der Geiſt ſpricht/ daß ſie ruhen von ihrer Arbeit/ und ihre Wercke folgen ihnen nach.Civil. Niemand iſt bey Erhaltung eines groſſen Gluecks/ Ehre und guten Tage vergnuegter und erkaendtlicher als der ſeyn Leben vorhero in vieler Muehe/ Arbeit und Ungluecke zugebracht gehabt.

9.
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Theol. Chriſten/ ſo dieſer Welt brauchen/ ſollen derſelbigen nicht mißbrauchen; dann das Weſen dieſer Welt vergehet.Civil. Unmaeßige Wolluſt des Fleiſches ſchadet der Geſundheit/ und reißt allezeit ein Stuecklein von dem natuerlichen Lebens=Faden ab.

10.
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Theol. Wer Danck opffert/ der preiſet GOtt/ daß er ihme zeige das Heil GOttes. Opffere GOtt Danck/ und bezahle dem Hoechſten deine Geluebde.Civil. Ein danckbarer Menſch ſucht allezeit die Ehre und das Beſte ſeines Wohlthaeters zu befoer= dern/ wie die Bohnen/ ſo |die Erde/ darinnen ſie wachſen/ nicht mager/ ſondern fetter machen.

11.
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Theol. Unbeſtand der Chriſten Schand. Im Guten ſoll man GOtt nacharten/ bey deme keine Veraenderung noch Wechſel des Lichts und der Finſterniß iſt.Civil. Der Mond ein rechter Uhrweiſer aller Eitelkeiten. Dann alles alles/ was wir ſehen/ das muß fallen und vergehen; wer GOtt fuercht/ bleibt ewig ſtehen.

12,
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Theol. Ein geitziger Menſch iſt bey allen ſeinem Reichthum niemand was nuetze; weil er verſchloſ= ſene Haende und Hertz hat/ denen duerfftigen oder andern Gutes zuthun.Civil. Eine Gelehrtheit die verborgen iſt/ und ſich weder durch Reden noch Schrifften zu Tage legt/ ſchafft keinen Nutzen.

13.
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Theol. Wann GOtt das Gewiſſen ſchreckt/ und die Suende entdeckt und weckt; ſo ſiehet der Suen= der einen gantzen Feuer=Krayß um ſich her/ und weiß weder aus noch ein. Da heißts dann: Mitten in der Hoellen=Angſt/ unſre Suend uns treiben/ wo ſollen wir dann fliehen hin? da wir moegen bleiben? wohl dem der noch antworten kan: Zu dir HErr Chriſt alleine. Auſſer deme iſt die Verzweiflung die naechſte Zuflucht.Civil. Viele ſind vom naerriſchen Liebes=Feuer ſo umſchantzt worden/ daß ſie ſich aus thoerichter Eyferſucht/ oder weil ſie ihren abgeſteckten Zweck nicht erreichen koennen/ ſelber den Tod angethan.

14.
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Theol. Wer GOttes Reich und Gaben in Chriſto erben will/ der muß hier Trubſal haben/ viel Verfolgung leyden. Aber dieſe Speiſe koennen nicht aller Seelen Magen wohl vertragen; drum kommen ihrer viele noch auſſer der Himmels=Thuer ums ewige Leben.Civil. Die Liebe/ |welche unbehutſam unternommen wird/ bringt viele in allerley Unglueck/ ja wohl gar um Leib und Leben. Iſt dir wohl/ ſo bleib davon!
|| [3]

15.
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Theol. Eifern iſt gut/ wanns mit Verſtand geſchicht. Aber laß dich nicht das Boeſe ueberwinden; ſondern ueberwinde das Boeſe mit Gutem.Civil. Strenge Herren regieren nicht lange. Der Bogen zu harte geſpannet/ bricht leicht; und ei= ne zu ſehr angezogene Saite reißt bald entzwey.

16.
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Theol. Wo Belial einzieht/ zeucht Chriſtus aus. Bey Ketzern und Schwaermern iſt GOTTes Wort nur ſo/ wie es beym Teuffel war/ als er mit Chriſto diſputirte. Es hilfft ſie nichts; ſon= dern macht ſie nur mehr und mehr irre; weil ſie nicht im wahren Lichte wandeln.Civil. Wo viele leichtſinnige Reden und unbeſtaendige Gedancken; da iſt keine Weißheit zu vermuthen.

17.
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Theol. Chriſtus iſt dennoch wahrer GOttes Sohn geblieben/ ob er ſich gleich in unſer armes Fleiſch und Blut verkleidet/ und mit demſelbigen vereinbaret hat. Dieſe Silber=Loethe hat GOtt und Menſchen wieder vereiniget.Civil. Ein weiſer Mann bleibt dennoch weiſe/ ob er gleich zu weilen eine kleine Thorheit begehet. Findet doch GOtt ſelber an ſeinen Boten Thorheit; deme ungeachtet nennet er ſie Engel und Angaepffel.

18.
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Theol. Chriſten gehen offt ſchwartz einher/ und brennet ſie doch keine Sonne nicht; Wenn GOtt nemlich ſein Angeſicht im Augenblick des Zorns vor ihnen verbirget.Civil. Reichthum und Schoenheit ohne Weißheit und Klugheit iſt mehr haeßlich als ſchoen/ und be= deutet in recht betugneter Leute Augen ſo viel als nichts.

19.
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Theol. Wann die Seele ſich himmliſcher Dinge und Nahrung/ nemlich GOttes Worts und der H. Sacramenten entziehet/ muß ſie verſchmachten; wann ihr gleich aller Welt Gueter/ Pallaeſte und Nahrung eingeraeumt wuerde.Civil. Edle Gemuether und gelaehrte Leute lieben und achten die Freyheit viel hoeher dann ihr Leben.

20.
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Theol. Dafuer/ daß Chriſtus denen Juden ſo viel Gutes gethan/ creutzigten ſie ihn. Und der ihnen das Licht und Leben gegeben/ den legten ſie in den Schatten des Todes.Civil. Undanckbare Menſchen gleichen den jungen Eſeln/ welche/ wann ſie jetzo | von ihren Muet= tern geſaeugt worden/ gleich nach der Saettigung nach| ihnen ſchlagen.

21.
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Theol. Je auf einer ſchoenern Cantzel ein Geiſtlicher ſiehet/ je mehr Muehe und Entkraefftung er ge= meiniglich hat. Dann groſſe Kirchen/ groſſe Sorgen: Und indem er andern leuchtet/ verzehret er ſich ſelbſt.Civil. Wer ſich ueber ſeinen Stand und Vermoegen all zu hoffaertig kleidet/ kriegt das Abnehmen an der Seele und die Schwindſucht im Beutel.

22.
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Theol. Wer ſich ſelbſt und ohne Goettliche Ordnung oder Beruff erhoehet/ der ſoll ernidriget wer= den. Gerne groß muß ungern klein werden.Civil. Ohne naturell kommen alle Sachen gezwungen heraus/ darum beſtehen ſie entweder nicht lan= ge; oder haben doch keine Grace noch rechte Art und Geſchicklichkeit. Was deines Thuns nicht iſt/ da laſſe deinen Fuerwitz.
|| [4]

23.
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Theol. Wer GOtt vertraut hat wohl gebaut im Himmel und auf Erden. Dann keinen hat GOtt verlaſſen/ der ihm vertraut allzeit: Und ob ihn gleich viel haſſen/ geſchieht ihm doch kein Leid.Civil. Ein recht geſetztes Gemuethe wird nie ohne Großmuethigkeit noch Gedult erfunden: Und weiß dahero allen Verſuchungen getroſt zu widerſtehen.

24.
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Theol. Wo die fleiſchliche Lueſte und deren wilde Flammen ans Hertze kommen/ dort muß die Seele verdorren.Civil. Der einmal gebrochene Friede und Einigkeit wird ſchwerlich wieder ergaentzet. Und ein Menſch der ſich das wilde Liebes=Feuer entzuenden laeßt/ taugt zu nichts Gutes mehr.

25.
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Theol. Ein Weiſer ruehme ſich nicht ſeiner Weißheit; und ein Reicher ruehme ſich nicht ſeines Reich= thums; ſondern wer ſich ruehmen will/ der ruehme ſich des HErrn. Und ſage mit St. Paulo: Von GOttes Gnaden bin ich/ das ich bin. Dann Menſchliche Schwachheitvermag nichts ohne Goettliche Gaaden=Huelffe.Civil. Hat ein Hoffmann ſeines Herrn Gunſt nicht; ſo iſt alle ſeine Kunſt und Geſchicklichkeit nur Spreuer/ waere ſie ſonſten an ſich ſelber gleich der ſchoenſte Waitzen oder Kern.

26.
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Theol. Auffwaerts liebes Hertz. Hier iſt kein recht Gut zu finden. Was die Welt in ſich haelt muß im Hui verſchwinden. Dort dort ſind die rechten Gaben. Da mein Hirt JEſus wird dich ohn Ende laben.Civil. Nidrige Gemuether bleiben lieber an der Erde kleben; edle hergegen ſchwingen ſich gerne em= por/ und verrichten am liebſten groſſe Thaten.

27.
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Theol. Es wird Freude ſeyn im Himmel ueber einen Suender der Buſſe thut. Der Engel Freuden= Wein koennen Suender= Thraenen ſeyn. Den Abendlang waehret das Weynen/ aber des Mor= gens die Freude.Civil. Wann es einem betugneten Menſchen ſchon eine Weile uebelgehet/ zuletzt erſcheint ihme doch auch noch Ehre/ Freud und Wonne. Man muß nur durchs Wetter dringen; will es heute nicht gelingen; Ey! vielleicht wirds morgen ſeyn.

28.
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Theol. Der Glaube kommt aus der Predigt; wird dieſe verabſaeumet/ oder ſchlaefferig angehoert; ſo kommt der Satan/ und nimmt das Wort vom Hertzen/ daß der Glaube auch zu grunde geht. Und wo das Gewiſſen ſcheitert/ iſt es auch um den Glauben geſchehen.Civil. Haette einer allen Adel und Weißheit in ſich/ wırd es ihn doch nicht lange ſchuetzen/ wann es ihme an aeuſſerlichen Mitteln und Wohlſtande gebricht.

29.
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Theol. Der Teuffel kan ſich wohl in Samuels ſeidenen Rock verſtecken/ und in einen Engel des Lichts verſtellen/ um die Einfalt deſto ehender zu beruecken. Judas Iſcharioth trug auch einen Apoſtoliſchen Mantel; und war doch ein falſcher Vogel.Civil. Unter dem properſten Habite ſteckt offt ein unflaetiger Miſt=Hammel: Und die roetheſten Lip= pen geben nicht ſelten einen toedtlichen Kuß.
|| [5]

30.
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Theol. Wer die Furcht GOttes in allem ſeinem Thun zum Grunde legt/ deſſen Wercke werden immer von Goettlicher Aſſiſtence begleitet. Und ob er ſchon wandert im finſtern Thal/ darf er doch kein Ungluecke fuerchten/ dann der HErr iſt bey ihme.Civil. Es iſt dem Menſchen allezeit gut/ das Joch der mancherley Truebſalen von Kindheit auf zutra= gen. Dann jung gewohnt/ alt gethan.

31.
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Theol. Die Suende hat uns zwar mit ihrer Wuth aus dem Paradeis und GOttes Gnade geworf= fen; aber auch Urſache gegeben/ daß unſer Fleiſch und Blut/ doch ohne Suende/ in den Rath der H. Dreyeinigkeit zum aſſeſſore aufgenommen worden.Civil. Haette mancher Menſch nicht zuvor ein ziemlich Ungluecke gehabt/ er waere wohl nimmermehr zu dem hernach gefundenen groſſen Gluecke kommen.

32.
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Theol. Gezwungen Eid iſt GOtt leid. Was verſuchet man denn nun GOTT mit auflegen des Jochs auf der Juenger Haelſe welches weder unſere Vaetter noch wir haben moegen ertragen? ſon= dern wir glauben durch die Gnade des HErrn JEſu Chriſti ſeelig zu werden/ gleicher Weiſe/ wie auch ſie.Civil. Wenn man die Jugend allzuſtrenge haelt und mit Zwang belegt; wird ſie alsdenn beym Aus= bruch und erlangter Freyheit deſto meiſterloſer.

33.
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Theol. Die weltliche Weißheit kan Goettliche Geheimnueſſe nicht begreiffen: Und eine heidniſche Philoſophie verſtehet nichts vom Geiſte GOttes. Drum laſſet uns die Vernunfft gefangen neh= men unter den Gehorſam Chriſti.Civil. Vermeſſen= und Verwegenheit nehmen kein gut Ende. Drum dencke niemand ueber ſeyn Vermoegen. Der Schneider gehoert zur Scheere/ der Schuſter zum Leiſten/ und der Tiſcher zum Hobel.

34.
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Theol. So jemand davon thut von den Worten der Goettlichen Weiſſagungen in dem Buche der H. Schrifft; ſo wird GOtt abthun ſein Theil vom Buch des Lebens/ und von der heiligen Stadt/ und von dem das in dieſem Buch geſchrieben ſtehet. Ein falcher Glaubens=Punct macht die gantze Religion ungueltig.Civil. Wer| mit groſſen Herrn correſpondiren will/ muß ihrem Titel nichts abzwacken; ſonſt wird ſein Brieff wenig Jugreß finden.

35.
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Theol. Der Weyhnacht= Engel ihr Geſang; Ehre ſey GOtt in der Hoehe/ Friede auf Erden/ und den Menſchen ein Wohlgefallen/ hat gar deutlich angezeigt/ daß der Winter Goettliches Zorns vorbey/ und der Fruehling von der Gnade GOttes angefangen habe.Civil. Eıne liebliche Nacht=Muſic hilfft ein groſſes Feſtin trefflich zieren: Und kan honneten Leuten nicht verdacht werden/ wenn ſie dergleichen an Freuden=Feſten/ oder ſonſt zu rechter Zeit und am rechten Orte veranſtalten.

36.
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Theol. GOtt koennte uns alle ſeine Wohlthaten/ ohne Mittel/ ins Hertze ausgieſſen; es beliebt aber ſeiner Weißheit/ daß wir durch den Glauben uns derſelbigen theilhafftig machen ſollen.
|| [6]
Civil. Wie klug ein Menſch von Natur iſt; wird ers doch von ſich ſelber/ zumal in gelehrten Wiſ= ſenſchafften/ heut zu Tage nicht weit bringen/ wenn er nicht gute Buecher zu Huelffe nimmt.

37.
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TheoI. Ein Suender muß in der Gnaden= Zeit Buſſe thun ehe GOtt des Erbarmens muede wird/ und die Sonne ſeiner Barmhertzigkeit entzieht. Denn ſo barmhertzig er iſt/ ſo zornig kan er auch bald werden.Civil. Junges Blut ſpahr deın Gut/ Armuth im Alter wehe thut. Man muß kauffen/ weil der Marckt vor der Thuer iſt. Poſt haec occaſio calva.

38.
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Theol. Bittet/ ſo werdet ihr nehmen; ſuchet/ ſo werdet ihr finden; klopffet an/ ſo wird euch aufgethan. GOtt iſt ſo willig zu geben/ als wir zu nehmen; aber er will in Demuth drum er= ſucht ſeyn.Civil. Es giebt Leute/ die da meynen/ ſie doerffen niemand ein gut Wort um ihre Wohlthaten ge= ben; dahero mueſſen ſie auch wohl zuweilen mit guten Zaehnen uebel beiſſen.

39.
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Theol. Ein Welt=Kind erhebt ſeine Gedancken auch wohl zu weilen gen Himmel; weil diß aber nicht ſeine gewohnte Straſſe/ kehrt es bald wieder um/ nach dem Irrdiſchen herunter.Civil. Wenn man einen Menſchen zur Tugend noethigen mus/ ſo gewinnt es gerne den Krebsgang. Freywillige Soldaten fechten am beſten. Was eine Schaer=Mauß gebohren/ verlangt nicht |nach des Adlers=Neſt zu kommen.

40.
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Theol. Die Ketzer haben alleſammt die zwey Abſichten/ ſich zu bereichern und GOttes Ehre zu= verwueſten/ nemlich die recht=glaubige Kirche ueber den Hauffen zu werffen.Civil. Leute die des Luder=Lebens gewohnt ſind/ begehren nichts anders zuthun/ als ihren Wanſt zu= fuellen/ und das uebrige ſonſt um= und durch zu bringen. Alles verthan vor ihrem End/ das macht ein richtig Teſtament.

41.
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Theol. Mein Kind je hoeher du biſt/ je mehr dich demuethige/ ſo wird dir der HErr hold ſeyn.Civil. Wo viele Tugenden bey einem gelehrten Manne zu finden/ da wird ſich die Demuth ſo gleich mit herfuer thun. Dann dieſe iſt es/ ſo denen andern allen das Geleite ueberal hingiebt.

42.
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Theol. Der Anfang wahrer Buſſe iſt gar ein herbes Kraut/ und kommt dem alten Adam wie bit= tere Wermuth fuer; aber ihr Effect und Fruechte von Verſicherung und Empfindung der Gnade GOttes und Vergebung der Suenden uebertreffen alle erſinnliche Sueſſigkeit.Civil. Boeſes muß man mit Boeſem vertreiben. Die Eltern machen mit ihren Honig= Fladen und Zucker=Pletzlein nur ungeſunde Kınder. Hergegen eine maeßige Ruthe thut ihnen mehr zu gute.

43.
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Theol. GOtt mag einem verboßten Menſchen wie dem Pharao gleich Gutes oder Boeſes/ Gnade oder Sraffe beweiſen/ er bleibt doch immer Hanß in eodem und allzeit verſtockt.Civil. Ein verdroſſener traeg und fauler Menſch achtet weder Loben noch Schelten: und wird auch wohl ſchwerlich was anders aus ihme werden/ als er ſchon iſt/ nemlich ein Toelpel und Flegel.

44.
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Theol. Nackend lag ich auff dem Boden/ da ich kam/ da ich nahm meinen erſten Othem; Rackend [7] werd ich dahin ziehen/ wenn ich werd von der Erd als ein Schatten fliehen. Denn die irrdiſche Herrligkeiten brechen alle den Halß/ wenn ſie an die Schwelle der Ewigkeit gelangen.Civil. Mancher muß ſich den Tag ueber fehr abpueffeln und abmergeln/ und hat doch kaum eine Waſſer=Suppe dafuer zugewarten; da hergegen andere Mueßiggaenger ins Wirthshaus ſitzen/ und ſich geſottenes und gebratenes geben laſſen. Denn das Pferd ſo den Haber verdient/ kriegt kaum das Heu.

45.
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Theol. Aus GOtt dem Centro aller Urſpruenglichkeiten ſind alle Circkel und Sphaeren entſprungen. Und je mehr man in H. Schrifft forſchet/ je mehr Geheimnueſſe zu erforſchen findet man.Civil. Wer klug und gelehrt will werden muß erſtlich das A. B. C. lernen; denn aus dieſem folgen alle andere Wiſſenſchafften/ die zum Buecherleſen und Schreiben erfordert werden.

46.
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Theol. Ob ein Lehrer gleich offt ſelber nicht von der Liebe GOttes brennt/ kan er jedoch/ wie wohl ſchwerlich mit gleichen Nutzen als ein Beſſerer/ andere zu heiligem Eifer anfeuren: Und kan noch gewiſſer als Chriſtus ſagen: Das Wort das ihr hoeret iſt nicht mein/ ſondern des Vatters/ der mich geſandt hat. Die Krafft den Durſt zu loeſchen ſteckt nicht in der Brunnen=Roehre/ ſondern im Waſſer.Civil. Es muß einem Schueler nichts verſchlagen/ wenn gleich ſein Lehrmeiſter ſelber nicht wohl ſitt= lich lebet/ wenn er nur ſeine Wiſſenſchafften recht und gruendlich von ihme erlernen kan.

47.
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Theol. Die Seele kan den Suenden=Wuſt ſo wenig ertragen/ als das leibliche Auge den Staub. Drum wohl dem/ der jenen bey Zeiten durch wahre Buſſe herauswiſcht/ ehe der Tod die Augen des Leibes erblinden macht.Civil. Betugnete Gemuether koennen die laſterhafften Auffzuege unmueglich vertragen/ daß ſie ſich nicht ſcheinbarlich darueber alterieren ſolten.

48.
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Theol. Die Jungfrau Maria und Mutter des HErrn war an ſich ſelber hoher Ankunfft und herrli= ches Tugend=Adels; doch wurde ſie noch weit fuertrefflicher/ als ſie von der Krafft des Hoechſten ueberſchattet/ und das Waſſer des Lebens Chriſtus unter ihrem Hertzen entquollen war.Civil. Eine betugnete ſchoene Seele in einem ſchoenen Leibe laſſen ſehr angenehm; und zieren einander viel ſchoener/ als ein Diamant einen Finger=Ring von Ophieriſchem Golde.

49.
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Theol. Wer beyzeiten Buſſe thut/ ehe er in der Suende verhaertet/ und GOttes Zorn= Gerichte ueber ihn kommt; der kan dem ewigen Verderben noch wohl entgehen. Heute ſo ihr die Stimme des HErrn hoeret/ ſo verſtockt eure Hertzen nicht.Civil. Eine Rebellion des Volcks iſt Anfangs noch leicht zu daempffen; laeſt man ihr aber Zeit/ ſo iſt groß Unglueck im Anbruch begriffen.

50.
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Theol. Wenn die Obrigkeit ihre Unterthanen zu hart mitnimmt/ entſtehen viele Seufftzer/ welche gen Himmel aufſteigen/ und GOttes gerechten Zorn und Straffe erregen/ ſo die ungerechten Her= ren denn oeffters am meiſten betreffen/ wie Pharao und der Koenige zu Sodom erfahren.Civil. Ein unruhiger Menſch ſchwermet offt lange/ biß ein anderer ueber ihn kommt/ und ihme den Peltz mit ungebrennter Aſche und runter Seiffe von anderthalb Ehlen lang/ waefcht.
|| [8]

51.
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Theol. Die Liebe GOttes und die Liebe des Naechſten ſind unzertrennlich. Keine iſt gerne ſonder die die andere/ nach Art Davids und Jonathans/ Ruth und Naemi.Civil. Es iſt keine beſſere Freund ſchafft/ als die gleiches Alters/ Standes und Vermoegens; abſon= derlich aber wenn die Temperamenten des Gemueths accord zuſammen machen.

52.
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Theol. Viele reden und troeſten denen Armen ein Hauffen und offt mit groſſer Muehe fuer; geben ih= nen aber kein Almoſen/ da ſie doch wohl koennten. Dahero werden ſie einſt ernden wie ſie geſaeet. Einen froelichen Geber/ und nicht einen froelichen Plauderer hat GOtt lieb.Civil. Wer Weißheit gelernet hat/ und ſich doch in ſeinem Thun nicht darnach richtet/ der iſt dem Land= Manne gleich/ welcher viel gepflueget/ und| nichts ausgeſaeet.

53.
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Theol. Wenn die Boten GOttes drauſſen ſtehen und jaemmerlich ſehen; oder wohl gar wegen ih= rer Zuhoerer unablaeßigen Boßheit/ das Wehe ſchreyen/ wird wenig Seegen/ Freude oder Frie= de drauf erfolgen.Civil. Ein Menſch der immer moros und feindſeelig in die Sache ſiehet/ macht andere Leute auch verdrueßlich und wohl gar ihres Lebens muede.

54.
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Theol. Ein opiniater Menſch und Theologus laeſt ſich nicht von ſeinen vorgefaßten Meynungen ab= wenden; ſolte auch alles drunter und drueber gehen; ob ſchon ſolch Ungluecke ſeiner eigenen Seele Schaden bringt. Und er wiſſen ſolte/ was Chriſtus geſagt: Wehe dem Menſchen/ durch wel= chen Aergernueß kommt.Civil. Ein Sauff=Rauff= und Luder=Bruder kan leicht dencken/ daß ihme nach ſeiner thoerichten Luſt der Kopff/ geklopffte Buckel/ Magen und Kragen weh thun moechte. Doch wagt ers immer drauf/ biß Leib und Seele/ Gut/ Muth und Blut ruiniert iſt.

55.
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Theol. Es gehet ſchwer her/ wenn viele tieff=eingewurtzelte Suenden aus dem Hertzen eines gottlo= ſen Menſchen gebracht werden ſollen; zumal wenn GOtt ſchon ſo manchen Platz=Regen des Elends ueber ihn kommen laſſen/ und er ſich doch noch nicht bekehren wollen.Civil. Wenn der Stahr ſich gleich immer badet/ ſein gelber Schnabel und ſchwartze Federn werden davon doch nicht weiß: Und wenn ein ungeſchicktes Frauenzimmer gleich immer an ſich putzt; bleibt ſie doch wohl wer ſie iſt/ zumal wenn ſchon ein Huf=Eiſen verlohren gangen.

56.
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Theol. Iſt die Seele kranck/ ſind alle aeuſſerliche Buß= Wercke umſonſt; wenn nicht zuvor die boeſen Feuchtigkeiten durch Erkaenntniß/ Reu und Leid der Suenden/ und durch das Blut Chriſti ausge= fuehret werden.Civil. Die Wuerffel ſind des Saeckels Pillen/ den angefuellten Geld=Beutel recht gruendlich damit zu ſaeubern. Spielſucht Pillſucht.

57.
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Theol. Mancher Menſch wuerde ſein Lebenlang wenig beten noch ſingen/ wenn GOtt ihme nicht Feuer einlegen lieſſe; nemlich mit Creutz und Leiden heimſuchte. Denn wenn du ſie zuechtigeſt/ ſo ruffen ſie aengſtiglich; gleich der Schnecke/ die nimmer ſingen wuerde/ wo ihr Hauß nicht brennete.Civil. Es giebt Leute/ die/ wenn ſie ſchier banquerot ſpielen wollen/ ein hauffen Ruehmens von [9] ihrem Vermoegen und guten Nahrung machen/ um den Credit vor der Ohnmacht zu praeſervi- ren. Aber die leeren Faeſſer klingen am lauteſten: Und die jungen Voegel welche am ſehreſten ſchreyen/ leyden den groeſten Hunger.

58.
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Theol. Es ſteckt gar manche magere Seele in denen fetten Leibern; zumahlen bey denen/ deren der Bauch ihr GOtt iſt.Civil. Viele gehen mit gelehrten Leuten um/ und bleiben dennoch fuer ſich ſelber ungeſchickt/ tumm und alber.

59.
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Theol. Das Bibel=leſen/ und anderer geiſtreicher Buecher Einſicht/ wird niemand helffen; wenn die Sprueche zur Seeligkeit dienlich/ nur im Gehirn ſtecken/ und nicht auch von dannen zur Schmeltzung/ in die Capelle des Hertzens gebracht werden.Civil. Ein Gelehrter in ſeinem Vatterlande/ und wenn er ſonſt nirgend hinkommen/ ſchafft ſich und andern ſchlechten Nutzen und Eſtim.

60.
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Theol. Wer der Welt anhanget/ hat keine Ruhe; und wenn er lang genug mit ihr gebuhlet/ findt er ſich betrogen und belogen; denn der von ihr gehoffte Gewinn iſt Jammer und Noth.Civil. Proceſſe und Rechts=Haendel machen viele Bewegungen/ Unruhe und Muehe; und wenns aus/ hat man mehr verlohren als gewonnen. Darum ein ſilberner Friede einem gueldenen Kriege vor= zuziehen.

61.
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Theol. Ein Chriſt muß durch den Tauff=Bund nicht nur GOttes worden ſeyn/ ſondern auch beſtaen= dig an ihm halten. HErr wenn ich nur dich habe/ ſo frag ich nichts nach Himmel und Erden.Civil. Die Freundſchafft welche Anfang und Ende hat/ iſt keine wahre geweſen; drum ſolls heiſſen: Uns kan nichts denn der Tod ſcheiden.

62.
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TheoI. Vertreib den ſchweren Schlaff HErr Chriſt/ daß uns nicht ſchad des Feindes Liſt. Die Seele iſt gar ein zartes Gold=Blaetlein/ welches leicht einen Riß bekommen kan.Civil. Wer in den Hafen einer beſtaendigen Glueckſeeligkeit ein lauffen will/ muß ſich wol vorſehen/ daß er unterweges nicht ſcheitere. Ein Schiff iſt bald zerbrochen/ aber langſam wieder gebaut.

63.
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Theol. Fuer eines Chriſten Hertz gehoert nur ein GOtt. Und dieſer will: Ihr| ſollet keine andere Goetter neben ihme haben. Man kan nicht GOtt dienen und dem Mammon.Civil. Wer kuenfftig einen recht liebreichen Ehſtand beſitzen will/ muß nicht mehr als eine Sonne ſuchen/ und die er gefunden/ beſtaendig behalten. Denn eine zerſplitterte Laute und getheilte Liebe klingen beyde nicht wohl.

64.
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Theol. Wenn unſere Thraenen durch die Wolcken hinauff ſteigen ſollen/ ſo muß ein Seufftzer nach dem andern mit ihnen fortgeſchickt werden. Haltet an mit beten. Betet ohne Unterlaß. So ſeyd nun wacker allezeit und betet.Civil. Ein zur Tugend inclinierendes Gemuethe laeſt es nicht bey einer erlangten Wohlanſtaendigkeit bleiben; ſondern bringt immer mehrere hernach.
|| [10]

65.
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Theol. Die Gedancken=Suenden ſcheinen denen Menſchen oeffters gar geringe zu ſeyn; aber es wach= ſen bald Wort=Suenden daraus; biß endlich die Werck=Suende dardurch entſtehen/ und den| Gar= ten des Hertzens gar verderben.Civil. Man merckt auch ſchon an einem jungen Kinde/ was einſt bey mehrern Jahren aus ihme wer= den will. Seine Reden von Buechern/ Pferden/ Hauen und Stechen zeigen bereits in der Blue= the/ ob es Feigen oder Gallaepffel ſetzen werde.

66.
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Theol. Viele Chriſten ſtellen ſich heilig und fromm an/ wenn ſie im Roſen=Garten ſitzen. Kommt aber der Winter des Elends; da verſtummen ſie/ und ſchweigen der Freuden. Als JEſus auff dem Berge Thabor glaentzte/ ſagte Petrus: HErr hie iſt gut ſeyn; laſt uns drey Huetten bauen etc. Da es aber auf den Calvarienberg zugieng/ war kein Petrus mehr zu ſehen noch zu hoeren.Civil. Undanckbare Leute ſtatten ihren Wohlthaetern ſo auf dem Anlauff wol ein wenig Danck ab/ aber es waehrt gar nicht lange.

67.
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Theol. Ein Heuchler und Maul=Chriſt redet bey allen und allerley Leuten/ wie ſie es gerne hoeren; wie Petrus gegen ſeinem HErrn: Du biſt Chriſtus des lebendigen GOttes Sohn; gegen das Hohenprieſterliche Geſinde aber wolte er den Menſchen gar nicht kennen.Civil. Die mehreſten Weibs=Leute ſind von gar unbeſtaendigen Reden und Thun. Heute ſo/ morgen anderſt. Noch ſo ein Uberbleibſel von der Ribbe/ woraus ſie gemacht worden; welche gleich An= fangs krum geweſen.

68.
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Theol. Wenn Prediger bey einer Gemeine ſich zuſammen zancken und beiſſen/ hat der Teuffel ein gewonnen Spiel; ob er ſich gleich ſonſt an keinen alleine gewagt oder ihn uebermacht haette; ſo fael= let er der maſſen nun alle beede.Civil. Im Trueben iſt gut fiſchen. Wenn liederliche Leute jemanden gerne ſchaden moechten/ aber nicht ſo leichtlich koennen; ſo warten ſie gemeiniglich/ biß er mit ſeinen ſonſtigen Freunden zerfaellt; denn gehen ſie eilends drauff loß.

69.
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Theol. Wenn der Suender am Ende ſeines Lebens ſich der begangenen Suenden hertzlich ſchaemet/ und in Demuth hinter die Berge| tritt/ von welchen ihme Huelffe kommt; ſo folgt darauf ein ſchoener Tag der ewigen Seeligkeit.Civil. Kan ein Freyer ſeiner geſuchten Liebſten ſchon eine Schamroethe abgewinnen/ hat er bereits ein gutes Kennzeichen ihrer affection fuer ſich/ und mag hoffen/ daß die Liebe bald beſſer zunehmen werde.

70.
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Theol. Die Heuchler und Scheinheiligen ziehen allerhand Liberey an. Bey den Heiligen ſind ſie heilig/ und bey den Verkehrten ſind ſie |verkehrt. Die eintraeglichſte Religion ihnen die beſte.Civil. Manch Frauenzimmer hat ein edelgeſteinenes Creutz zum Zeichen des Glaubens und der Trueb= ſalen oder Gedult am Halſe haengen/ und iſt doch voller Falſchheit/ Frechheit und Rachgier.

71.
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Theol. GOtt wendet ſich zum ſeufftzen der Elenden/ und verſchmaehet ihr Gebet nicht. Ein erhoerli= ches Gebet kan wol ohne Zunge/ aber nicht ſonder Hertze ſeyn. Und im Himmel gilt ein Loth Hertz mehr/ als ein gantzes Pfund Zunge.
|| [11]
Civil. Die Leute/ ſo viel in den Tag hinein reden/ was ihnen ins Maul kommt/ gleichen einem un= geworffelten Hauffen Haber/ wo mehr Spreuer als Koerner zu finden; oder einer von Wuermen ausgehoellerten gedoerrten Zungen/ die alle beyde leicht von Gewichte. Auf der Weißheit Han= dels=Plaetze wird alles gewogen.

72.
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Theol. Unſere unerkannten Suenden ſtellet GOtt ins Licht fuer ſeinem Angeſicht. Und ſaget; Das thuſt du/ und ich ſchweige; da meyneſt du/ ich werde ſeyn gleich wie du. Aber ich will dich ſtraffen/ und will dirs unter Augen ſtellen.Civil. Karten= und Wuerffel=Spiele ruinieren einen Menſchen ehe er ſichs verſiehet/ und bringen ihn unvermerckt an Bettelſtab.

73.
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Theol. Mancher Menſch iſt groß und reich; kans aber doch mit ſeiner Staercke und Vermoegen nicht ſo weit bringen/ als ein Armer kleiner/ welcher wohl erzogen/ und mit innerlichen Gemueths= Gaben ausgerueſtet iſt.Civil Die Liebe zehlt alle Minuten/ biß ſie zu dem Geliebten kommt; da einer ohne Liebe ſich die Stunden nicht zu lange werden laeſt.

74.
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Theol. GOtt hat ſeine heilige Urſachen/ einem Menſchen eine geringe/ dem andern aber groſſe Schoenheit zugeben; nachdeme er weiß/ daß es ſeiner Ehre und des Menſchen Seele am heil= ſamſten iſt.Civil. Manch Frauenzimmer iſt gegen dieſem Buhler ſehr zornig; dem andern aber ueberaus gewo= gen; ob ſie gleich ihre Geſellſchafft gemein haben/ und in einer Compagnie beyſammen ſind.

75.
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Theol. Chriſtus giebt ſich auch den groeſten Suendern zur Speiſe hin/ wenn ſie ihn Buß=glaubig ſuchen.Civil. Wo nur Fleiſch und Wolle; ich meyne/ etwas rechts/ zufinden iſt/ da giebt es bald Freyers= Leute und Erben.

76
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Theol Wer GOttes Huld und Menſchen Gnad’/ auf Erden hier beyſammen hat; der kan in gutem Frieden ſtehn/ und ſeine Zweige ſchoen erhoehn.Civil. Wer ſeiner Obrigkeit Gunſt verſichert iſt/ den will jederman ehren und bedienen; obs gleich manchmal mit kaltſinnigem Hertzen geſchieht.

77.
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Theol. Ein Lehrer von groſſen Gaben wird mehrentheils ſehr mit vielen Verrichtungen beſchwehrt. Dahero er auch bald da/ bald dort einen Kranckheits=Zufall bekommt; biß er gar auffgerieben wird.Civil. Es waere manchem beſſer/ wenn er nicht ſo reich beguetert worden; weil ſein Vermoegen das Gemuethe oeffters gantz zerruettet. Und iſt ſchon manch kluges Haupt/ durch groſſes Gut/ ſeines Witzes beraubet worden.

78.
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Theol. Chriſten mueſſen ſich der Truebſal ruehmen; weil ſie Gedult/ dieſe Erfahrung/ ſolche aber Hoffnung bringet/ welche denn nicht laeſt zu ſchanden werden.Civil. Es iſt mancher mitten unter wilden Leuten und bey harten Menſchen beſſer aufgehoben/ als unter zahmen und glintzerenden Maul=Freunden; die gewohnt ſind gleich den Katzen/ forne zu le= cken und hinten zu kratzen.
|| [12]

79.
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Theol. Gute Lehren werden in einem mit Irrthuemen erfuellten Hertzen verkehret; und ein Tugend= haffter Menſch in einem gottloſen Hauſe nicht ſelten verfuehret.Civil. Ein Juengling ſo ein altes Weib heurathet bringt ſeine Tage elend zu/ und verdirbt oeffters am Leibe und Gemuethe.

80.
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Theol. Groſſer Herren Gnade iſt zwar auch eine Gabe GOttes/ und reucht anfangs ſehr wohl; veraendert ſich aber nicht ſelten in eine unangenehme Farbe.Civil. Jungfern=Anſtrich hinterlaeſt ein garſtiges Alter.

81.
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Theol. Wie entfernter ein Kind GOttes vom Glueck und hohem Stande iſt; je groeſſer pflegt ſein Glaube/ Liebe/ Hoffnung und Gedult zu leuchten.Civil. Ein Hoffmann oder anderer Bedienter hat bey den Unterthanen viel mehr Anſehen/ wenn er von ſeinem Fuerſten weit entfernet/ weder wenn er nahe um ihn iſt.

82.
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Theol. Wer ſich in den Harniſch der Furcht/ Liebe und Vertrauen auf GOtt verkleidet hat/ dem kan noch Welt/ noch Tod/ noch Teuffel ſchaden. Denn in dem allen ueberwindet er weit um deß willen/ der ihn geliebet hat.Civil. Die Verleumder |koennen ehrliche Leute wohl von ferne laeſtern/ aber nicht unter die Augen.

83.
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Theol. Chriſtus hat ſein Neſt faſt mitten im Winter und ſchlechten Zuſtande ſeiner Eltern/ zu Beth= lehem im gefaehr= und beſchwehrlichen Vieh=Stalle gemacht.Civil. Ein verſtaendiger Mann ſieht ſich in waehrendem Ungluecks=Gewitter fuer/ ſo gut er kan/ und wartet in ſtiller Gelaſſenheit auf ſeine Veraenderung.

84.
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Theol. Ein Chriſt von GOttes Geiſt geſtaercket/ ſieht zur Verfolgungs=Zeit weit froelicher/ als wenn ihme das zeitliche Gluecke ſehr favoriſieret. Wohl wiſſend/ keinen hat GOtt verlaſſen/ der ihm vertraut allzeit.Civil. Es giebt Kinder ſo man Wechſelbaelge nennet/ und mit dieſen noch viele andere Leute/ die ſich nicht ehender und ſtaercker freuen/ als wenns fein uebel und elend hergehet. Sind alſo rechte Schadenfroh.

85.
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Theol. Der Heuchler Wercke ſcheinen wohl auch zuweilen heilig; ſind aber nichts als Suenden= Gifft und eitles Weſen.Civil. Manch garſtiger Schatz hat auch eine heßliche Seele. Sauer von auſſen und bitter von innen.

86.
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Theol. Ein GOttes und ſeines| heiligen Worts Veraechter erlangt keinen beſtaendigen Seegen.Civil. Wer in der Liebe allzu bloede iſt/ erreicht den gewuenſchten Zweck wol nimmer.

87.
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Theol. Wenn der Satan einen Menſchen faellen will; ſo raubt er ihme erſtlich den Glauben; weil er wol weiß/ daß es hernach um das andere auch bald gethan iſt.Civil. Viele groſſe Herren halten ihre Diener in ſteter Duerfftigkeit und ſchlechtem Sold/ damit ſie immer dienen mueſſen/ und ſich aus der Dienſtbarkeit nicht zur Ruhe begeben koennen.
|| [13]

88.
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Theol. Wir haben Chriſtum angezogen/ ſchon laengſt in unſrer heiligen Tauff. Wie kommt es denn/ daß unſere Hertzen die Welt mit ihrer Liebe eingenommen haben?Civil. Was man den Kindern/ bey der Aufferziehung in ihrer Jugend einpflantzt und beybringt/ das behalten ſie am laengſten. Auch die Liebe und Schul=Freundſchafft der Kinder waehret fort biß ins Alter.

89.
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Theol. Die Welt iſt ſo voll Bosheit/ daß Chriſten ſich ſchier entſetzen/ wenn ſie mehr aus ihrem Hauſe/ unter andere Leute gehen ſollen. Eine veſte Burg iſt unſer GOtt/ eine gute Wehr und Waffen.Civil. Ein Tugend=liebendes Frauenzimmer bleibt am liebſten in ihrem Hauſe und Zimmer; weil vieles Spatzierengehen weder ruehmlich noch nuetzlich.

90.
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Theol. Alle gute Gaben kommen von oben herab von dem Vatter des Lichts; wie auch die Kirche ſinget: O GOtt du frommer GOtt! du Brunnquell aller Gaben: Ohn den nichts iſt was iſt/ von dem wir alles haben.Civil. Die guten Ehen werden alle im Himmel geſtifftet; wer demnach an ſtatt eines Baerleins eine Perle erhalten will/ muß mit den Sternen buhlen; ich will ſagen: fleißig beten/ und GOtt an= ruffen.

91.
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Theol. Eitele Hoffnung ſonder rechtmaeßige Bemuehung zeigt keine Wuerckung.Civil. Viele thaeten beſſer/ ſie giengen in den Eheſtand; als daß ſie mit Zwang ſtets unverehliget bleiben.

92.
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Theol. Unter denen Menſchlichen Gemuethern/ Reden/ Verſtande und Geſchicklichkeiten iſt ein groſſer Unterſchied; weil GOtt die Gaben wunderlich und gar ungleich austheilet.Civil. Ein jeder ſuche/ waehle und liebe ſeines gleichen; ſo wird er von dem andern Theile nicht ſo leichte hintan geſetzt oder verachtet.

93.
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Theol. Ein unflaethiger Menſch trinckt aus allen garſtigen Pfuetzen: Und wo kein veſter Grund der Glaubens=Lehre iſt/ da ſaugt das Hertze allerhand irrige Meynungen und aberglaubiſche Men= ſchen=Satzungen ein.Civil. Wer ſich zu geringen oder klugen Leuten geſellet/ der nimmt gemeiniglich ſeiner Compagnie gewohntes Weſen und Sitten an ſich.

94.
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Theol. Wer ſtehet/ der ſehe zu daß er nicht falle. Denn ſo die Gerichte GOttes an ſeinem Hau= ſe anheben/ und der Gerechte kaum erhalten wird; wie will denn der Suender und Gottloſe beſtehen?Civil. Aus des Naechſten Unglueck und Straffe muß man ſich beſſern lernen.

95.
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Theol. Bin ich GOttes/ und GOtt mein; wer iſt der mir ſchade? Der HErr hat ja verſprochen/ bey mir zu ſeyn in der Noth. Fuerchte dich nicht/ denn ich bin dein GOtt. So du durchs Waſ= ſer geheſt/ will ich bey dir ſeyn/ daß dich die Fluthen nicht ſollen erſaeuffen.Civil. Eltern und andere Vorgeſetzte mueſſen Anffſicht auf ihre Kinder und Untergebene haben; und ihre Gaenge fleißig beobachten/ daß ſie nicht liederlich um/ oder ſonſt in Unglueck kommen.
|| [14]

96.
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Theol.| Denen Demuethigen und die ſich mit Abraham fuer Erd und Aſche erkennen/ giebt GOTT am liebſten das Liebes=Feuer ſeines heiligen Geiſtes; um ſich deſſen im Nothfall und finſterer Todes=Nacht wider die Furcht des Todes gebrauchen zu koennen.Civil. Ein unverſoehnlicher Menſch wird wohl ſo weit gebracht/ daß er ſeinem Naechſten die Hand giebt/ und vor Gerichte Abbitte thut. Unter dieſer Demuth aber bleibt gleichwol noch Feuer des Zorns und Rachgier verborgen ligen.

97.
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Theol. Ein allezeit ſtilles Leben/ ſonder alle Bewegung und Verrichtung/ macht die Menſchen ver= drießlich und widerwaertig; woraus nachgehends viele ſuendliche Ubel und Fruechte des Unglaubens entſtehen.Civil. Stille Waſſer ſind gerne tieff; mancher redet mit der Zunge kaum ein Glaeßgen voll; hat aber doch den Schalck Eymer= und Tonnenweiſe im Hertzen.

98.
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Theol. In der Welt iſt nichts beſtaendig als der Unbeſtand. Es kan vor Abends noch wohl anderſt werden/ weder es am Morgen war. Denn wie ſich wechſeln Stund und Zeiten/ Licht und Dun= ckel/ Fried und Streiten; ſo ſind unſre Froelichkeiten.Civil. Herren Gunſt und Jungfern Gſang/ Poebels=Lieb und Glocken=Klang/ lautet wohl und waehrt nicht lang.

99.
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Theol. Die Furcht des HErrn iſt der Weißheit Anfang. Dieſer Fuß muß erſt veſte geſtellt wer= den; denn folgen die andern ſicher hernach. Wer hofft in GOtt und dem vertraut/ der wird nimmer zu Schanden.Civil. Kluge Leute mueſſen zuvor der Sache Grund ſuchen/ ehe ſie etwas wichtiges vornehmen oder beurtheilen. Erſt wiegs/ denn wags!

100.
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Theol. Je groeſſer die Noth; je naeher GOtt. Wenn Menſchen=Huelffe weggehet; koemmt GOt= tes Huelffe an. Im Winter des Elends tritt die Sonne Goettlicher Gnade dem Erdboden des Menſchlichen Hertzens am naechſten.Civil. Die manchmal am naechſten bey ihren Freunden wohnen/ kriegen die wenigſte Huelffe und Waerme/ wenn ſie am meiſten frieret.

101.
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Theol. Der heilige Geiſt hat ſchon offt ein kaltes Hertze wieder erwaermet/ und das ausgeloſchene Glaubens=Licht neu beflammet; oder auch ſonſten Huelffe und Troſt angezuendet/ wenns am aller= uebelſten geſtanden/ und man an aller Menſchen Huelffe verzaget.Civil. Mancher Buhler hat ſeine Courtiſie aus dem Sinne geſchlagen und verloeſchen gemacht; aber denn beym Tantze/ und Wein=Glaſe die verloſchene Fackel wieder aufs neue angezuendet/ und ſich bruenſtig befunden.

102.
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Theol. GOtt der heilige Geiſt wuercket viel lieber und ehender in ſtillen und Gottgelaſſenen/ als in unruhigen und friedhaeßigen Hertzen.Civil. Wer immer andere Dinge fuernimmt/ und keines zu Ende bringt/ wird wenig Vergnuegen erlangen. Flatterhaffte Gemuether ſind nicht weit her. Verſtand ſucht Beſtand.
|| [15]

103.
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Theol. Wo GOtt eine Waeſche hat/ dort findt man auch ein Sail ſie wieder auf zu haengen und zu truecknen. Und laeſt keinen verſucht werden ueber Vermoegen; ſondern mitten im Creutze iſt er bey ſeinen lieben Kindern.Civil. Wer in die Frembde reiſen will/ muß ſich allerley Zufaelle gefallen laſſen; denn die Frembde iſt nicht daheime; wiewol ſich auch das Glueck bißweilen findet/ daß es einem drauſſen beſſer gehen kan als zu Hauſe.

104.
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Theol. Es hat kein Unglueck nie ſo lang gewaehret; daß es nicht endlich wieder aufgehoeret. Wer in der Noth ſteckt/ hat Hoffnung heraus; und wer noch herauſſen/ nicht ſelten Furcht/ darein zu kommen. Denn ie tieffer Thal je groeſſerer Schall; je hoeherer Berg je naeherer Fall.Civil. Wenn manch Frauenzimmer (deren Affen nun auch einige Manns=Leute werden) die weiſſe Schmincke von den Wangen wiſcht/ ſieht es darunter wie Erbs= und Haberſtroh.

105.
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Theol. Die falſchen Propheten kleiden ſich in allerley Farben/ um denen einfaeltigen einen blauen Dunſt fuer die Augen zu mahlen/ damit ſie ſich darein vergaffen ſollen. Und die thun uebel/ ſo ihre Kinder viel bey ſolchen Leuten aus= und eingehen laſſen; weil es heißr: objecta movent ſen- ſus. Mein Kind/ wenn dich die boeſen Buben locken: ſo folge ihnen nicht.Civil. Wer die Hoeflichkeit und andere anſtaendige Sitten lernen will/ muß ſich nicht zu allen Gaſ= ſen=Buben machen/ und mit ihnen laichen; ſondern zu ſchoen modeſten wohlgezogenen Kindern und Schuelern.

016.
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Theol. Wo GOtt zum Haus oder unſerem| Geſchaefft nicht gibt ſein Gunſt; ſo arbeit jederman um= ſonſt. Er muß das Gedeyen geben/ wennn Pauli Pflantzen und des Apollens begieſſen wol an= ſchlagen ſoll.Civil. Ein unvernuenfftiger Schwaetzer kan keine Geheimnueſſe verbergen; ſondern ſagt und plaudert alles/ was er weiß/ wenns auch ſein eigener Schade waere.

107.
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Theol. Welche Leute JEſum mit dem Munde bekennen/ aber im Hertzen und mit der That ver= laeugnen/ thun das/ was Judas Iſcharioth gethan/ als er ihn verrathen.Civil. Fleiſchliche Wollueſte ergoetzen und toedten: Und ein falcher Menſch ſegnet mit dem Munde und fluchet im Hertzen.

108.
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Theol. Ein unbeſchnittener Menſch an Ohren und Hertzen/ oder der nicht in der Widergeburt ſie= het/ mag vom Himmel und des ewigen Lebens Sueßigkeit ſingen und ſagen hoeren/ was man will/ bleibt doch wer er iſt/ und nimmt fuer ſeinen Antheil hie Mehl/ wenn andere ſich ſehnen nach dem Himmel.Civil. Grobe Leute ſuchen nicht/ was den Geiſt und das Gemuethe vergnuegt; ſondern gemeiniglich nur/ was Kragen und Magen fuellt.

109.
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Theol. Ein Bild der Phariſaeer/ welche JEſus mit denen uebertuenchten Todten=Graebern/ ſo innen voller Stanck und Unflath ſind/ verglichen. Auch eines Menſchen/ der ſich luſtig anſtellet/ da doch wohl ſein Gewiſſen in tauſend Aengſten und Jammer ſteckt.
|| [16]
Civil. Alle Freyer reich/ alle Gefangene arm. Mancher prangt in einem bortirten Kleide und ſtutzt/ ob ſtecke er voller Ducaten; da doch wohl kein Schuh am Fuſſe bezahlt/ ſondern alle ſei= ne Parade voller Noth und Schulden ſteckt.

110.
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Theol. Alle die da Gottſeelig leben wollen in Chriſto JEſu/ die mueſſen Verfolgung leyden. Je lieber Kind/ je ſchaerffere Ruthe. Weil du GOtt lieb wareſt/ muſte es alſo ſeyn. Ohne An= fechtung ſolteſt du nicht bleiben. Wenn Lazarus leydet/ friſt und ſaufft der reiche Mann dieſel= be Weile.Civil. Wenn Leute zweyerley nemlich ſtieff und rechte Kinder haben/ trifft die erſte Parthie gemeinig= lich Donner und Hagel/ wenn die andern geliebt und erquicket werden.

111.
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Theol. Die erſten Chriſten ſind drum nicht die beſten. Petrus war der erſte Apoſtel/ und der an= dere im Abfall von JEſu. Paulus/ Mattheus/ Zachaeus und mehr andere kamen etwas ſpaete; aber ſie blieben hernach deſto beſtaendiger.Civil. Leute von keiner Parole und wenigen Worten thun offt mehr und groeſſere Thaten/ als die ſo ein langes Dicentes von ihrem Weſen machen; da zumal gemeiniglich nicht vıel darhinter ſteckt.

112.
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Theol. Simon Petrus verlangte die Wunder=Gaben GOttes nicht/ und erhielte ſie doch mit vie= lem Segen; da Simon der Zauberer ſie mit Gelde ſuchte/ und doch nicht erlangen konnte; ſon= dern noch darzu verflucht wurde.Civil. Liebe und Ehre entziehen ſich gemeiniglich denen/ ſo ſie ſuchen: Und ſuchen dieſelben/ welche ſie nicht verlangen.

113.
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Theol. Chriſten laſſens nicht beym Anfange des Glaubens bewenden; ſondern forſchen weiter in der Schrifft. Denn ſie meynen/ ſie haben das ewige Leben darinnen: Und Sie iſt es auch/ die von JEſu zeuget.Civıl. Ein betugneter Menſch hat nicht nur eine oder zwey/ ſondern viele gute Eigenſchafften an ſich. Wo Tauben ſind/ dort fliegen Tauben zu. Reiche Leute halten es gerne miteinander.

114.
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Theol. Im Tode iſt unſer Anſehen ſchlecht; aber am juengſten Fruehlings=Tage ſolls beſſer werden/ wenn JEſus nemlich unſeren nichtigen Leib verklaeren wird/ daß er aehnlich werde ſeinem verklaer= ten Leibe.Civil. Manch natuerlich=kluges Kind muß wegen ſeiner Armuth verderben; welches wenn ihme reiche Leute mit Huelffs=Mitteln zum ſtudieren anhanden giengen/ ungemeine Wuerckung ſehen laſſen wuerde.

115.
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Theol. Je hoeher Moſes an den Berg Sinai und zu GOtt kommt; je hefftiger ſieht und hoert er donnern und blitzen. Wo viel Ehre/ dort viel Beſchwerden. Damit ich mich nicht der hohen Offenbahrung ueberhebe/ iſt mir gegeben ein Pfal ins, Fleiſch/ nemlich des Satans Engel/ der mich mit Faeuſten ſchlaeget etc.Civil. Groſſe Herren und hohe Haeupter haben auch groſſe Laſten und ſchwere Kronen zu tragen. Manche wiegt wohl einen Centner/ wie Davids ſeine/ ſo er in der Stadt Rabba von den Kin= dern Ammon erbeutet gehabt.
|| [17]

116.
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Theol. Hente Koenig/ morgen todt! Und wenn der Menſch todt iſt ſo freſſen ihn die Schlangen und Wuerme. Oder/ da ja dieſes durch die Einbalſamierung abgewendet wird; hat doch noch keine Aloe oder Myrrhe dieſen Spruch in ſeinem Lauffe hemmen koennen: Du biſt Erde und ſollt zur Erden werden. Wuermer/ Erd und Aſche/ eines Adels.Civil. Edelmuethige Leute ſorgen nur wie ſie wohl und reputierlich ſterben; nicht aber wie wohl/ oder wohin ſie eigentlich mueſſen begraben werden.

117.
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Theol. Die Martyrer ſo um Chriſti willen einen ſchmaehligen Tod ausſtehen/ leuchten mit ihrem Glauben auf die letzte andern noch der maſſen fuer/ daß man ihn weit und breit erkennet: Und ein guter Chriſt haelt auf ſeinem Sterbbette zuweilen noch die aller bedencklichſten Reden.Civil. Ein großmuethiger Held laeſt gemeiniglich ſeine groeſte Standhafftigkeit im Ungluecke am meiſten ſehen. Je ſchwaertzer die Nacht/ je ſcheinender die Lichter.

118.
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Theol. Wer der Gerechtigkeits=Sonne Chriſto nachlaufft/ dem folget die irrdiſche Verdunckelung allerhand Schmach und Verleumdung gerne eilig auf dem Fuſſe.Civil. Tugendhaffte oder gelehrte Leute haben ihren gewiſſen Nachtretter am Neide und Mißgunſt.

119.
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Theol. Die Goettliche Wahrheit koemmt/ durch groſſe Bedraengnueſſe/ nur beſſer ans Licht: Und ein gedultiges Hertz durch vieles Crentz zu mehrerm Guten. Haette David nicht ſo viele Truebſalen gehabt/ wuerden wir viele ſeiner geiſtreichen Pſalmen nicht haben.Civil. Iſt der Liebhaber von der Liebſten Augen erſt recht bruenſtig worden/ kan er ſeine innerliche Liebe nicht lange mehr bergen; ſondern verraethet ſich bey jeder Gelegenheit/ daß ſein Hertze blu= te und brenne.

120.
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Theol. Denen/ die GOtt lieben/ mueſſen alle Dinge zum Beſten dienen. Periiſſem, niſi periiſſem.Civil. Es iſt ſehr gut/ daß ein junger Menſch zuvor was rechtes ausſtehet/ ehe er zu Ehren kommt/ oder Meiſter/ Herr und Doctor wird. Denn ſonder Hobel wird kein Bret recht glatt noch eben.

121.
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Theol. Der Goettlichen Allmachts=Wunder=Gaben ſind unzehlig mehr/ als ein Menſch ueberſehen kan: Und wenn die Menſchen dencken/ ſie wiſſen ſchon viel/ ſo finden ſich immer mehr andere Dinge/ die ſie zuvor noch nicht gewußt.Civil. Ein Ehr= und Geld=geitziger Menſch wird nimmer ſatt; ſondern je mehr er ſiehet/ wie mehr er zu ſehen und haben verlangt.

122.
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Theol. Durch faule Geſchwaetze und Narrendeithungen/ wird der Heil. Geiſt nicht nur ſehr betruebt; ſondern endlich gar aus dem Hertzen getrieben.Civil. Friedliebende Leute machen ſich bald davon/ wenn ſie Zanck und Hader bey andern entſtehen ſehen und hoeren.

123.
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Theol. GOttes Auge ſiehet in die verborgenſten Winckel; wie man ſingt: Chriſte der du biſt Tag und Licht; fuer dir iſt HErr verborgen nichts. Du erkenneſt meine Gedancken von ferne.Civil. Wer eine frembde Sprache nicht verſtehet/ hat wol einen Dolmetſcher noethig. Und es iſt [18] keine Schande/ andere um Licht und Recht zu fragen/ wenn wir uns ſelber nicht helffen noch rathen koennen.

124.
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Theol. Wenn der Menſch ſich in GOtt und nach dem Himmel wenden will; ſo kommt der Teuf= fel durch weltlichen Pracht/ Luſt=Spiele und andere Schmeicheleyen/ ihn davon abzuhalten und zuruecke zu ziehen.Civil. Mancher Freyer gibt dem geſuchten Frauenzimmer die lieblichſten Worte/ biß er ſie in ſeiner Gewalt hat; da er ſie denn wohl mit Gold einfaßt/ welches mit Kuehkothe geloethet wird.

125.
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Theol. GOtt hat nicht im Gebrauch/ mit ſeinem Straff=Gerichte flux Anfangs los zu brechen; ſondern Er warnet die Menſchen erſtlich/ durch kleine Heimſuchungen; ob ſie noch in ſich ſchlagen und dencken moechten: Was mache ich doch? will man aber ſich nichts dran kehren; ſo pflegt er denn auch ein Wetter zu Lohn zu geben.Civil. Kommts in luſtigen Compagnien erſtlich zu Schimpff und hoeniſchen Reden/ Zancken und Schel= ten; ſo iſt das Hand=Gemenge und Blutvergieſſen denn nicht gerne mehr weit.

126.
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Theol. Wie mehr ſich eine recht=glaeubige Seele durch Goettliche Betrachtungen dem Himmel nahet; je groeſſere Empfindung hat ſie von deſſen Herrlichkeit/ und iſt hier ſchon ſeelig; ob gleich noch in der Hoffnung.Civil. Man muß ſich nicht gleich beym erſten Anblicke/ in einen Menſchen/ der noch frembde und unbekannt/ verlieben; biß er erſtlich beſſer erkennet worden; denn es iſt nicht flux eine Stadt/ wo eine hohe Kirch=Spitze iſt.

127.
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Theol. Die Welt ligt gantz und gar im Argen. Drum muß ein Chriſt ſeine Sinnen und Gemuethe von ihr ab= und nach dem Himmel wenden. Transeundem. Emigrandum! Evolemus! Evolemus!Civil. Ein honetter Menſch muß nicht alle Wirths=Haeuſer und liederliche Compagnien anſprechen oder beſuchen; weil er ſchlimmer heraus/ als hinein kommen doerffte.

128.
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Theol. Viele tauſend in Suenden auffgewachſene Menſchen wuerden ewig verlohren gehen: wo ſie GOtt nicht durch ſeine Zuechtigungen/ ins Feuer des Elends hielte/ und auf andern Sinn oder geradere Abſichten braechte. HErr/ es iſt mir lieb/ daß du mich gedemuethiget haſt.Civil. Es geht ſchwer her/ aus einem Fidelbogen ein Linial/ und aus einem Laſterhafften Knaben einen betugneten Mann zu machen/ wo es nicht mit groeſtem Eifer geſchicht.

129.
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Theol. Habt nicht lieb die Welt/ noch was in der Welt iſt; als da iſt Fleiſches=Luſt/ Augen=Luſt und hoffaertiges Leben. Alle dieſe Waſſer machen dem Hertzen ſchwere Fluegel/ ſich nicht nach dem Himmel aufſchwingen zu koennen.Civil. Wer im Morgen der Jugend zuviel ins Waſſer gehet/ und das Seine mit ſauffen vergeuetet; wird auf den Abend des Alters uebel fort kommen.

130.
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Theol. Weſſen Hertz mit wahrem Glauben/ Liebe/ Gedult und Hoffnung ausgerueſtet; der kan mit JEſu auf dem Meer gehen/ mit Daniel im Loewen=Graben und mit ſeinen dreyen Geſellen im feurigen Ofen/ allerley Anfechtungen aushalten.
|| [19]
Civil. Wer dem Zorn und unordentlichen Bewegungen des Gemueths widerſtehet/ iſt beſtaendig/ tapffer und großmuethig zu nennen.

131.
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Theol. Der Geitz/ Bauch=Sorge und Wolluſt dieſes Lebens ſind der Seelen hoechſt ſchaedlich/ daß ſie deßwegen nichts Gutes zuwege bringen kan/ ob GOtt gleich ſonſten viel herrlicher Eigenſchaff= ten in ſie geſtreuet hat.Civil. Ein ſtudierender muß ſich nicht unter viel haeußliche Dinge vermiſchen/ noch immer im Tau= benſchlage/ Pferd= und Kuehſtalle/ auf dem Korn=Speicher/ Kueche und Keller/ oder wohl gar in Schwein=Gaenß= und Huener=Staellen herum kriechen/ ſondern dieſe affairen andern ueberlaſ= ſen; weil/ wenn er ſeine Gedancken darinnen verliehret/ ſie nicht leichtlich in ſeinen Buechern wie= der finden wird.

132.
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Theol. Auch des Guten kan man zuviel thun. Wer immer weynen/ allzeit trauren/ ſtetig ſingen/ und unablaeßig faſten wollte/ wuerde das Glaubens=Licht/ und die ihme befohluen Pflichten ſeines Beruffs/ bald in Tod und Ohnmacht verſencken. Alles hat ſeine Zeit: Und GOtt hat alles geordnet nach der Zahl/ Maaſſe und Gewicht.Civil. Einem jungen Knaben muß man nicht auf einmal zuviel aufladen/ noch die memorie mit allzu groſſen Lectionen beſchwehren. Succeſſivè fit motus & modus.

133.
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Theol. Ohne die Gnaden=Gaben des heiligen Geiſtes kan der Menſch nichts Gottgefaelliges verrich= ten; wie gelehrt/ ſtarck und geſchickt er auch ſonſten ſeyn moechte.Civil. Wenn der Lands=Herr einem Unterthanen wol will/ kan ihme bald gerathen und geholffen werden; es ſey gleich in Klag=Sachen/ Proceſſen oder Befoerderungs=Angelegenheiten.

134.
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Theol. Wer ohne GOtt hochſteigt/ muß ſonder Ihn hoch fallen; und je groeſſere Ehre ein Gott= loſer im Leben beſitzt/ je mehrere Schande ihme nach dem Tode/ in die Ewigkeit nachfolget.Civil. Fuerſten Gnade ohne Befoerderung und Huelffe macht mehr Verdruß als Genuß; und iſt man= cher bey ſolcher Gnade ſchon zum armen Bettler worden/ weil er in Hoffnung baldiger Anhuelffe/ ſein Haab und Gut darueber verzehret und zugebrockt.

135.
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Theol. Wenn der Teuffel ſeinen Knechten und Sclaven zum einsweiligen Schein gleich etwas Gutes/ Huelffe und Beyſtand erweiſet/ geſchieht es doch nie ſonder grauſame Furcht und Schrecken. Sei= ne Zucker ſind lauter vergueldete Pillulen.Civil. Allmoſen mit bitteren Worten an die Armen austheilen, heißt in GOttes Namen den Teuf= fel anbeten; und mit einer Hand den Arm verbinden/ mit der andern aber zugleich das Bein ent= zwey ſchlagen.

136.
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Theol. Die Gottſeeligkeit iſt wohl die beſte Farbe eines Chriſtlichen Hertzens/ und allen andern Tu= genden vorzuziehen auch zu allen Dingen nuetze; und hat die Verheiſſung dieſes und des zukuenff= tigen Lebens.Civil. Klugheit im buergerlichen Handel und Wandel/ geht allen andern Wiſſenſchafften in haeußli= chen Geſchaefften fuer.
|| [20]

137.
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Theol. Die Suend’ hat uns verderbet ſehr: und wenn wir alle unſere Gerechtigkeit zur Reinigung des Gewiſſens nehmen/ oder uns mit Schnee=Waſſer waſchen wollten/ wuerde unſere Untugend doch nur mehr herfuerſcheinen. Aber das Blut JEſu Chriſti des Sohnes GOttes macht uns rein von allen Suenden.Civil. Ein guter Name kan durch Verleumbdung bald einen Auſtoß kriegen; und hernach uebel wie= der zurechte gebracht werden/ wenn gleich die Unſchuld noch ſo klar am Tage ligt.

138.
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Theol. GOtt drohet zu ſtraffen/ alle die ſeine Gebot uebertretten; darum ſollen wir uns fuerchten fuer ſeinem Zorn/ und nicht wider ſolche Gebott thun.Civil. Verſtaendige Leute koennen aus den Conjuncturen bald mercken/ wenn ein Unglueck ueber ein Land/ Volck/ oder gewiſſes Haus/ kommen will.

139.
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Theol. Alle weltliche Lueſte ſind mit Unluſt vermiſchet. Und alle Suenden haben einen Scorpions= Stachel/ der erſtlich kuetzelt/ zuletzt aber toedtlich ſchmertzt. Wohl dem/ der von Hertzen ſagen kan: Valet will ich dir geben/ du arge falſche Welt! dein ſuendlich boeſes Leben mir laenger nicht gefaellt.Civil. Ein Junger Menſch der ſich mit verliebten Gedancken ſchleppet/ hat zehen mißvergnuegte Stunden/ ehe er eine vollkommene vergnuegte erlebt.

140.
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Theol. Wenn das menſchliche Hertze nicht beſchwehret wird mit Freſſen und Sauffen oder Sor= gen der Nahrung/ und andern ſuendlichen Begierden/ ſteigt es/ zumal durchs Creutz empor ge= ſchlagen/ von der Erde gar leichtlich gen Himmel.Civil. Die Maeßigkeit iſt eine treffliche Befoerderin zu allerhand galanten Wiſſenſchafften/ und aus dem Staube eines veraechtlichen Zuſtandes/ in die Hoehe und zu Ehren zu gelangen.

141.
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Theol. Blinde Leute arme Leute; was ſoll ich fuer Freude haben/ der ich im Fiuſtern ſitzen muß/ und das Licht des Himmels nicht ſehen kan? Aber wie vielen aergerlichen Augenmercken ſind ſie auch dargegen entriſſen? Da andere Augen voll Ehebruchs und anderer Suenden/ Schanden und Laſter haben?Civil. Nidrige und geringe Leute haben keine ſchaedliche Mißgoenner ihres Standes zu beſorgen. Bene vixit, benè qui latuit.

142.
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Theol. Wer ſich bey rohen Welt=Kindern mit ſeiner Andacht viel an Laden legt/ wird entweder nicht eſtimirt/ oder wohl gar fuer einen Narren gehalten.Civil. Ein gelehrter Mann muß ſeine Weißheit nicht vor dem Poebel ſehen und hoeren laſſen. Denn/ was ſoll der Kuh Muſcaten? All Ehr und Kunſt und Witz fuer ihm iſt gar umſonſt.

143.
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Theol. Einen froelichen Geber hat GOtt Lieb. Er hat uns ſo viel Gutes gegeben; warum ſollten wir ihme nicht einen realen Danck dafuer entrichten? Und wer dieſes thut/ der kan ſeine Straſſe froelich paßiren.Civil. Wer in einer gewiſſen Zunfft oder Geſellſchafft leben will; muß das Seinige gerne beytra= gen; ſo hat er alsdenn auch Beyſtand von ihr/ wenn ihme etwas widriges zu handen ſtoeßt.
|| [21]

144.
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Theol. Siehe! der uns behuetet ſchlaefet nicht. Siehe/ der Hueter Iſrael ſchlaeft noch ſchlum ̅ ert nicht. Er huet’t und wacht/ ſtets fuer uns tracht/ auf daß uns ja nichts fehle.Civil. Um einen getrenen Nachtwaechter iſt es eine gute Sache; nechſt GOtt/ iſt er beſſer als Schloeſ= ſer/ Thuer und Riegel/ um unſere Wohnungen her.

145.
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Theol. Ein wahrer Chriſt bringet Frucht in Gednlt/ und macht nicht viel Pralerey in ſeinem Wan= del. Sein Kleid iſt/ mit der Galone aus Modeſtia/ bortirt: Und haelt mehr vom ſeyn/ als Schein.Civıl. Wie man ſich aus einer ſchoenen leeren Schueſſel nicht ſatt ißt; ſo bleibt man auch der leibli= chen Schoenheit an einer Perſon nicht froh/ wenn ſonſt nichts darbey zu finden iſt. Nach Art der Schein=Gelehrtheit/ welche viele Blaeter und wenig Koerner hat.

146.
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Theol. Ein in der Welt=Luſt erſoffener Menſch achtet weder GOtt noch ſein Wort und die wahre Ruhe etwas; wenn er nur ſein Luder=Leben ausueben kan. Eine ſtinckende Miſt=Pfuetze loeſcht ih= me den Durſt am erſten.Civil. Verleumbder und Feinde geben nur auf unſere Fehler und Gebrechen acht; das Loebliche und die Tugenden ſehen ſie alle vorbey; waeren der ſchon Zehen gegen einen Mangel/ zu finden.

147.
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Theol. Wie hoeher ſich unſere Seele gen Himmel geſchwungen; je kleiner ſoll ſich der Leib auf Er= den machen: Und je mehr und heller unſere gute Wercke fuer GOtt klingen; ſo weniger mueſſen ſie vor der Welt ausgeruſſen werden.Civil. Je groeſſer die Tugend/ je mehr Demuth/ und Meidung alles aeuſſerlichen Scheins.

148.
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Theol. Wo in einem Lande das Licht des Evangelii untergangen/ und kein Wort GOttes zu fin= den/ da koennen ſich leicht allerhand Irrlichter und Ketzereyen herfuer thun/ welche die Leute mit ihren ſelbſt=erfundenen Gleißwercken ſo lange blenden/ biß ſie dabey erfrieren und blind werden.Civil. Gute glatte und zierliche Worte ohn Liebe und Aufrichtigkeit des Hertzens/ ſind betruegliche Wahren.

149.
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Theol. Die Welt und der Weg nach dem Himmel/ ſind voller Eiß; denn die Liebe iſt in der mei= ſten Hertzen erkaltet; drum wer darauff ſtehet und gehet/ der ſehe wol zu/ daß er nicht falle.Civil. Zwey ſind beſſer den eines. Wenn einer faellet/ ſo kan ihm der andere wieder aufhelffen. Es iſt eine gute Sache/ bey beſchwerlicher Reiſe einen guten Gefehrten haben.

150.
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Theol. Fromme Chriſten laſſen ihren Glauben/ Gedult/ und andere Tugenden/ am meiſten in Creutz und Truebſal/ ſehen. Die weiſſe Farbe ſicht nie ſchoener/ als wenn ſie bey der ſchwartzen ligt.Civil. Ein ſtandhafftes Gemuethe muß ſeine weiſe Conduite eben nicht immer an Laden legen. Denn aber unnachbleiblich/ wenn die Noth an Mann gehet. Im Unglueck/ macht ein Weiſer ſein Meiſterſtueck.

151.
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Theol. Die Goetzen der Heiden haben Augen und ſehen nicht/ Ohren und hoeren nicht/ Haende und greiffen nicht/ Fueſſe und gehen nicht. Dahero auch keine Huelffe von ihnen zu gewarten. War= lich Iſrael hat keine Huelffe/ als an dem HErrn unſerm GOtt.
|| [22]
Civil. Der angebohrne Adel iſt aller Ehren wehrt. Mangelt er aber der Adelichen Tugenden; ſo widerfaehrt ihme gemeiniglich mehr Schande als Ehre.

152.
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Theol. Ein jeglicher/ wie ihn der HErr beruffen hat/ ſo wandle er. Denn der Chriſten Ruhm beſteht unter andern auch darinnen/ daß ſie nicht ſeyen als die/ ſo in ein Frembd Amt greiffen.Civil. Es koennen nicht alle Leute ſtudieren/ auch nicht alle Bauren und Jaeger werden; ſondern nach= deme GOtt das Maaß der Gaben austheilet/ darnach muß der Menſch ſein Vorhaben und Pro= feßion anſtellen. Der Ochſe ſchickt ſich am beſten zum Pflug/ und das Windſpiel am bequem= ſten zum jagen.

153.
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Theol. Wie der Geitz eine Wurtzel alles Ubels iſt; ſo geſchieht es auch ſelten oder gar nicht/ daß der Thau Goettliches Worts/ auf ein mit Geitz=erfuelltes Hertze faellt/ und daſſelbe erweichet. Wenn Chriſtus zu dem reichen Juengling ſagte: Verkauffe was du haſt und gibs den Armen/ und folge mir nach; da bliebe ſein Hertz verſchloſſen und trocken/ ob ſchon dieſer Thau in die Ohren fiel.Civil. Kan man nicht allen Leuten dienen; ſo muß es doch dorten geſchehen/ wo es am noethigſten und am beſten angewendet.

154.
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Theol. Ein ſchoener Abſolom iſt GOtt/ Engeln und Menſchen ein Greuel/ als lange er in der Gottloßigkeit begriffen.Civil. Mancher Menſch hat von auſſen ein gutes Anſehen; weil er aber verdrueßliche Minen/ Reden und Conduite bezeuget/ wird er bey jederman verhaßt.

155.
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Theol. Das kleine JEſulein war doch eine Roſe/ obſchon im Thal/ und GOttes des Vatters ein= ziges Kind/ ob es gleich in der Vieh=Krippe des Bethlehemitiſchen Stalls gefunden worden.Civil. Manch Kind von ſchlechter Ankunfft und geringen Eltern bezeigt in ſeinem Wachsthum/ groſ= ſe Weißheit und ein angenehmes Weſen.

156.
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Theol. Rechtglaubige Chriſten ſind ſchon ſeelig/ doch in der Hoffnung; und koennen/ mit ihren Ge= dancken und Hertzen/ an Port des Himmels ſteigen/ wenn ſie wollen. Welt=Menſchen hergegen irren noch mit Furcht und Schaden in den Fluthen des unbeſtaendigen Gluecks herum: und haben weder Raſt noch Ruhe in ihren Seelen.Civil. Reiche Leute koennen in irrdiſchen Vergnuegungen leben/ wie ſie wollen; da die Armen wollen mueſſen/ wie ſie koennen.

157.
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Theol. Es ſteht wol mancher ſchoener und wolberedter Prediger auf einer hohen Cantzel; deſſen Lehre aber falſch und mit Gifft angeſteckt iſt. Drum ſehet euch vor fuer den| falſchen Propheten/ die in Schaafs=Kleidern zu euch kommen: inwendig aber ſind ſie reiſſende Woelffe.Civil. Unter einem ſchoenen Geſichte iſt offt ein Laſterhafftes Gemuethe verſteckt. Drum muß man/ zumal in Heuraths=Sachen und Freundes=Buendnueſſen/ nicht ſo gleich zufahren; ſondern erſt die Leute recht kennen lernen.

158.
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Theol. Wer ſich in die Gefahr begibt/ der kommt auch darinnen um. Die haelt ihren gefaehrlichen [23] Sumpff nicht allzeit ſo verborgen/ daß man ihn nicht voraus erblicken und den Ruin vermercken ſolte. Dem ohngeachtet wagen ſich viele hindurch/ welche im Moraſte des Ungluecks ſtecken bleiben.Civil. Wer im Wege bleibt/ geht nicht irre; und wer ſich fuer naſſen Bruedern wahrnimmt/ ver= dirbt nicht unter ihnen.

159.
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Theol. Pruefet alles/ das Gute behaltet! Man kan eine Lehre mit gutem Fuge weder bald loben noch ſchelten/ biß man ſie erſtlich von auſſen und innen erkundiget.Civil. Bey rothen Jungfer=Wangen/ iſt offt eine ſehr gelbe Weiber=Galle daheim: und im Hertzen ſteckt ein der geſtaltiger Wurm/ welcher dem Manne das Hertze in kurtzem abnagen und auf= freſſen kan. Crſt ſchaue! denn traue!

160.
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Theol. Wo das menſchliche Gewiſſen erſt loechericht worden/ da iſts ſchlecht beſtellt/ und GOttes Gnade und Liebe nicht zufinden. Der Hoechſte hat ſich das Beſte und fette und die Erſtlinge von den Fruechten zum Opffer bedungen/ und nicht das Magere und Zerfreſſene.Civil. Ein Maegdlein ſo mit allerhand Leuten buhlet/ bleibet endlich ſitzen/ und muß mit ihrer El= tern Verdruß daheime veralten und verruntzeln.

161.
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Theol. Wenn der Menſch GOttes Gaben vernuenfftig und in rechter Ordnung gebrauchet; wird er allezeit nothduerfftig damit verſorgt werden. Will ers aber auf einmal durchjagen/ und per force verderben; ſo werden ſie ihme entzogen/ oder wohl gar ſeine eigene Moerder; als an vieler liederlicher Bettler und zu todte geſoffener Leute Beyſpiel zu erkennen.Civil. Ein ſanfftmuethiger Herr macht getreue Knechte und Unterthanen; ein allzuſtrenger aber/ Re= bellen und verwegene Leute.

162.
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Theol. Die falſchen Lehrer behelffen ſich auch mit GOttes Wort und Bibel; aber weil ſie ſolches durch eigene Phanthaſie verunſaubern/ muß man ſich fuer ihrer Lehre hueten. Denn ein wenig Sauerdeig kan den gantzen Deig verſaeuern.Civil. Hat ſich ein honettes Frauenzimmer erſt mit liederlichen Kerlen familiair gemacht; wird ſie kein rechtſchaffener und kluger Mann mehr heurathen. Narren aber kriegt ſie endlich wol.

163.
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Theol. Die Sterne blieben an ſich dickfinſtere Coerper/ wo ihnen die Sonne ihr Licht nicht mittheilte. Und wir waeren dumm und zu allem Guten erſtorben/ wo GOtt uns ſeine Gnade nicht leuchten lieſſe. Denn alle gute Gaben kommen von Oben herab/ vom Vatter des Lichts.Civil. Wer gute Kuenſte gelernet/ ſoll ſie nicht mit ſich abſterben laſſen/ ſondern andern auch bey= bringen.

164.
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Theol. Saul/ Saul! was verfolgſt du mich? Es wird dir ſchwer werden/ wider den Stachel zu lecken. Ein GOtteslaeſterer und Flucher ſoll nicht ungeſtrafft bleiben.Civil. Ein boßhafftiger Verleumbder wird gemeiniglich ſelber zu Schand und Spott: Und faellt in die Grube/ ſo er einem andern gegraben.

165.
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Theol. Chriſtus hat nicht nur mit Worten/ ſondern auch Wunderthaten und Wercken geprediget: [24] Und ein Prediger muß ſeine Religion nicht nur mit ſchoenen Lehren/ ſondern auch mit einem exemplariſchen Lebens=Wandel zieren. Der Feigenbaum ohne Frucht/ wurde bald verflucht.Civil. Mancher vermeynt eine reine Jungfer zur Kirche gefuehrt zu haben; es iſt aber kaum die Hoch= zeit vorbey/ ſo muß man auch eine Wiege borgen.

166.
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Theol. GOtt hat ſich hoch geſetzt; ſieht aber auf das nidrige im Himmel und auf Erden. Und je ferner ſein Auge ſcheinet; ſo naeher und kraefftiger iſt ſeine Erquickung.Civil Wer ſich etwas rechtes einbilden und einen hohen Staat fuehren will/ muß auch Vermoegen darzu haben/ ſonſt wird er mehr verlacht/ als geacht.

167.
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Theol. Man ſieht es einem Heuchler bald von auſſen au/ weſſen ſein Hertze voll iſt: Und mueſte gar ein unwitziger Chriſte ſeyn/ der aus eines andern Geberden/ Worten und Sitten nicht mercken ſollte/ wohin ſein Abſehen gehet.Civil. Leute die bald diß/ bald jenes anfangen/ und nirgend gerne lang bleiben/ ſind Verraether ih= res eigenen Hertzens/ und daß man ſich weder auf ihre Freundſchafft noch Worte verlaſſen doerffte; gleich den Tuercken/ welche den Mond im Wappen/ und den Meineyd in ihren Wercken und Verheiſſungen fuehren.

168.
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Theol. JEſu Liebe vermoechten weder der Welt Suenden/ noch des Teuffels Bosheit; ja ſelbſt nicht der Zorn GOttes/ noch des Todes Fuercht und Schrecken auszuloeſchen. Wie er hatte geliebet die ſeinen; ſo liebte er ſie auch biß aus Ende.Civil. Eine wahre Freundſchafft laeſt ſich weder durchs Gluecke noch Ungluecke trenuen; ſondern haelt immer/ was ſie verheiſſen.

169.
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Theol. Der Himmel leydet nichts unreines; ſo bald Lucifer ſich mit Hochmuth verunreinigte/ und dadurch ſeine anerſchaffene Heiligkeit verſterben machte/ muſte er das Paradeiß ſtracks raeumen. Chriſtus iſt das Leben; und dieſes Haupt kan keine todte Glieder dulten. GOtt iſt nicht ein GOtt der Todten/ ſondern der Lebendigen.Civil. Ein mit dem Saltz der Weißheit gewuertztes Gemuethe gibt keiner laſterhafften Unanſtaendig= keit Quartier. Thorheit fort/ vom weiſen Ort!

170.
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Theol. Ein groſſer Heiliger muß auch einem kleinen Teuffel ausweichen; weil die ſubtilſten Doerner gemeiniglich am tieffſten ins Fleiſch ſtechen. Und ein kleiner Kuerbiskern/ bald viele groſſe Coerper zuwege bringen kan.Civil. Wenn kleine Leute groſſe Bosheiten beſitzen/ ſo machen groſſe Gemuether billich kleinen/ oder wol gar keinen Eſtim von ihnen.

171.
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Theol. Der Suenden=Zunder iſt ſchon von Mutterleibe her in uns; wenn nun der Satan ſein Feuer drein ſchlaegt/ kan bald groſſer Brand entſtehen. Denn das Tichten und Trachten des Menſchli= chen Hertzens iſt boeſe von Jugend auf/ immerdar. Blaeſt der Teuffel/ ſo gibts leichtlich Lermen. wer die Ohren nicht wie Ulyſſes zuſtopfft.Civil. Waeren keine Huhren/ ſo gebe es keine Schaender. Ehrliche keuſche Hertzen wiſſen wol aus= zuweichen/ wenn ihnen nichts mit unzuechtigen Haendeln gedienet iſt. Wo es aber ſchon naß iſt/ dort gibt es leichtlich eine Waeſche.
|| [25]

172.
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Theol. Durch den Glauben ſieht ein Chriſt ſchon jetzo in den Himmel hinein: und ſtellt ſich die zu= kuenfftige Herrlichkeit dermaſſen gewiß fuer/ als ſtuende er bereits gantz nahe darbey. Denn deme/ der da glaubet/ iſt alles mueglich.Civil. Das ſueſſe Andencken guter Freunde bringet uns und ſie in Gedancken gar oeffters aus der ent= legenſten Ferne zuſammen/ abſonderlich wenn das Verlangen durch Brieffe gegen einander ent= decket wird.

173.
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Theol. Wenn ein Juede oder Heyde ſich von ſeiner falſchen zur rechtglaubigen und wahren Religion bekehret hat; ſo muß er nothwendig auch das vorige Schand=und Suenden=Weſen veraendern/ und einen recht Chriſtlichen Wandel beweiſen.Civil. Wer aus geringem Stande zu hohen Ehren gekommen/ ſoll ſich nachgehends gegen ſeine Freunde und andere Duerfftige fein guetig und mitleidig erzeigen.

174.
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Theol. Die allererſte Suende ſchiene gantz klein; weil es ſchwerlich ein gar groſſer Apffel geweſen/ in welchen Adam und Eva gebiſſen: und vielleicht waere er doch ſonſten abgefallen und verfault. Aber es war gar ein groſſer GOtt/ welcher ihre Naeſcherey verbotten. Drum traue niemand auch der geringſten Suende; weil die kleinen Spinnen auch vergifftet ſind.Civil. Wenns Ungluecke raſet/ ſo kan einen ein kleines Verſehen in die groeſte Gefahr bringen. Man= cher iſt um eines unbedachten Worts willen um Leib und Leben kommen.

175.
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Theol. Eine verſtellte Heiligkeit haelt nicht lang Stich. Was nicht aus dem Glauben gehet/ das iſt Suende/ und muß fuer GOtt gar bald zu Schanden werden/ daß es heiſt: wie biſt du doch gefallen/ du heller Morgen=Stern!Civil. Leute die ſo einige Weid=Spruechlein aus dem Complimentier=Buche lernen/ lauffen gemeini= glich darmit an; wenn nemlich ein geuebter Kopff hinter ſie kommt/ und ihre Rhetoric in den Koth wirfft.

176.
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Theol. Einem verſtockten Pharao moegen gleich| immer zehen Egyptiſche Plagen ueber den Halt kommen/ er achtet dennoch alles nicht. Ruchloſe Suender werden anfangs taub/ hernach blind/ und endlich verliehren ſie auch das Gefuehle; biß der Todt kommt/ und alle dieſe Senſibilitae= ten wieder in Gang bringt.Civil. Die Liebe macht offt ſolche Narren/ die keine Gefahr und nichts auf der Welt achten/ wenn ſie nur deß Geliebten theilhafft werden moechten.

177.
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Theol. Was haſt du ô Menſch! das du nicht empfangen haſt? Oder/ ſo du es empfangen haſt/ was ruehmeſt du dich denn/ als einer/ der es nicht empfangen haette. Dencke doch wie groſſe Her= ren ſchreiben: Wir = = von GOttes Gnaden.Civil. Kinder haben ihren Eltern oeffters viel Gutes zu dancken.

178.
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Theol. Wie die Meeres=Wellen ſind/ und der ungeſtuemme Wind; alſo iſt allhier auf Erden/ un= ſer Lauff voller Beſchwerden. Und kan die Seele auch wohl an einer Suenden=Klippe auf ewig Schiffbruch leyden.
|| [26]
Civil. Wer nach Hofe gehet hat wohl zu bedencken/ wie gefaehrlich es daſelbſten ſey/ und wie bald man ſich mit einem Wort: zu weit verlauffen koenne. Die unſichtbaren Klippen die haerteſt=und gefaehrlichſten.

179.
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Theol. Der Glaube ſiehet und folget JEſu nach; Ihme aber die anderen Tugenden/ als Liebe/ Hoffnung/ Gedult/ Freundlichkeit/ Demuth/ Sanfftmuth und dergleichen.Civil. Wenn ein General im Kriege ſeines Principalen Ordre ſtricte nachkommt; kan er getroſt fuer ſeiner Armee hergehen und ſie freudig folgen heiſſen.

180.
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Theol. Johannes der Taeuffer und Vorlaeuffer Chriſti gieng vor der Gerechtigkeits=Sonne her/ ihr den Weg zubereiten; Drum gab ſie dieſem Morgen=Sterne auch einen ſo herrlichen Glantz in dem Elogio: daß er der groeſte ſey unter allen die von Weiberen gebohren waeren.Civil. Wer groſſer Leute/ oder auch des klugen Frauenzimmers Gunſt erlangen will/ muß ſeine Meriten vor der Anſprache hergehen laſſen.

181.
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Theol. Wer gute Wercke aus der Hand deß Glaubens ſaeet/ der kan Freude und Seegen davon ernden: ſtreuet er aber boeſes aus; ſo wird das Gewiſſen von Angſt und Noth/ ja Furcht und Schrecken gequaelet.Civil. Nachdeme ein junger Menſch ſich in den erſten Jahren zu etwas bequemet; darnach wird auch ſein Fortun ſich arten; und er entweder einen harten oder gelinden Zuſtand zu gewarten haben.

182.
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Theol. Das Tantzen auf Bruecken und Stricken/ die Gauckel= und Taſchen= Spiele ſetzen die Leute zuweilen in Verwunderung/ und geben doch niemanden Nutzen als deme/ der das Geld dafuer einziehet. Alle dieſe leibliche Ubungen ſind wenig nutz; die Gottſeeligkeit aber zu allen Dingen.Civil. Mancher Menſch haengt all ſein Vermoegen an die Kleider: und wenn dieſe zerriſſen/ iſt er nichts als ein Bettler.

183.
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Theol. Wer mit Hiob ſagen kan: Mein Gewiſſen beißt mich nicht meines gantzen Lebens halber; dem kan noch Todt/ noch Welt/ noch Teuffel ſchaden. Ja Erd und Abgrund muß verſtummen/ wenn ſie noch ſo brummen.Civil. Hat ein Menſch die Sanfftmuth und andere Tugenden zur Bruſtwehre; ſo werden die Ver= leumder und Laeſterer ihn nicht aus ſeinem Vortheil treiben/ noch ſein Gemuethe in eine Verwir= rung ſetzen.

184.
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Theol. Spahre deine Buße nicht biß du kranck wirſt; ſondern bekehre dich zum HErrn/ weil du noch ſuendigen kanſt. Traue keinem Morgen/ das ſind die beſten Sorgen.Civil. Wenn man ſich in etwas verlauffen hat/ iſt der beſte Vortheil ſodenn/ flux wieder umge= wendt; denn alte Schaeden ſind boeß heilen/ und lange Hoeltzer uebel ſpalten.

185.
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Theol. Viele Leute dencken wenig an den Himmel; ſondern ihr Erd=und Waſſerſuechtiges Tempe= rament will immer nach dem Irrdiſchen zu. Schlangen=Art/ die mit dem Bauch auf der Crde kriechen muß/ weil ſie dem Teuffel zur Maſque gedient.Civil. Wer ſich zu eitlen Leuten geſellet/ muß entweder von ihren Eitelkeiten reden; oder ſie wer [27] den ihn nicht gerne lang um ſich haben; ſondern davon ſchlupffen/ wie die Aale aus der Hand deſſen/ der ſie haelt.

186.
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Theol. Wo die menſchliche Seele mit allerhand weltlichen Ergoetzlichkeiten/ Carneval-Comoedien= und andern mehrentheils zu fleiſchlichen Abſichten angeſtellten Luſt=Spielen eingenommen iſt/ da wird das ſanffte Sauſen des H. Geiſtes und das Wort GOttes nicht leichtlich penetriren.Civil. Auf der Narren Kirchweyh=Feſte mueſſen ſich die Klugen nicht einfinden. Denn was ſoll der Kuhe Muſcaten?

187.
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Theol. Der Seele Centrum iſt GOtt und der Himmel. Sie iſt daher kommen/ und ſoll auch immer wieder dahin incliniren. Denn keine empfindliche Creatur iſt vergnuegter als in ihrem Elemente.Civil. Ein jeder Menſch hat etwas das er liebt/ welchs einen Glantz der Schoenheit von ſich giebt: Der liebet Gold und trauet ſich den Wellen/ und jener graebt biß an den Schlund der Hoellen.

188.
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Theol. Welchen Menſchen der Bauch ihr GOtt iſt/ und die alſo irrdiſch geſinnet ſind/ deren Eh= re wird zu Schanden/ Leib und Seele zwey Waagſchaalen; welche am meiſten von Erde oder Himmel eingelegt bekommt/ dahin haenget auch das Zuenglein ihrer Begierde. Und weil die mei= ſten zu viel irrdiſche und zu wenig himmliſche Geſinnheit haben; als koennen ſie auch mit ihren Hertzen nicht zu GOtt ſich in die Hoehe ſchwingen.Civil. Wer ſchon immer ſagt/ er wolle diß und jenes lernen; thut aber nicht recht zur Sache/ der hat zu kurtze Fluegel und zu einen ſchweren Leib.

189.
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Theol. Weſſen Hertz im Leben mit wahrem Glauben und andern Fruechten deß Geiſtes als Chriſt= lichen Tugenden erfuellet iſt; deſſen Haupt wird im Tode mit einer ſchoenen Crone des ewigen Le= bens gezieret werden.Civil. Schon manche arme doch ſchoen und wohlgezogene Princeßin iſt wegen ihrer Leibes=und Ge= mueths=Gaben zur Koenigin erhaben worden.

190.
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Theol. Die das Licht Goettlichen Worts haſſen/ werden von GOtt nicht alleine verworffen; ſon= dern noch darzu dem ewigen Tode uebergeben Denn nur ſeelig ſind die GOttes Wort hoeren und bewahren.Civil. Eltern haben die Kinder am liebſten ſo ihnen am meiſten nacharten/ und ihr Gutes an ſich haben.

191.
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Theol. Wie wir alle in Adams Lenden geſtecket/ da er noch lebte/ und wir noch etliche tauſend Jahre nicht waren; ſo ſind auch allerley Suenden und Gebrechen zugleich mit in ihme verborgen geweſen/ ja der gantze Laſter=Baum deß menſchlichen Geſchlechts und alle demſelbigen nach und nach angeerbte Bitterkeiten deß Todes und ſeiner Spionen.Civil. Aus dem Hochzeit=Tage neu=angehender Eheleute entſpringen alle ihre nachfolgende Begeben= heiten und Fatalitaeten. Denn an ſolchem wird der Kreiß um ihr gantzes Leben hergezogen.

192.
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Theol. Das rechtglaubige Vertrauen und Hoffnung auf GOtt iſt ein ſicherer und feſter Ancker un [28] ſerer Seele/ welcher uns verwahret/ daß wir nicht von allerhand Suenden/ Schand und Laſtern dahin geriſſen/ noch mit der gottloſen Welt verdammt werden.Civil. So lange man von eines Freundes Untreue nicht ueberzeugt iſt/ muß denen Ohrenblaeſern und Verleumbdern kein Gehoere gegeben werden. Die Liebe hoffet alles.

193.
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Theol. So ſehr ein Prediger verpflichtet iſt/ ſein Amt mit Fleiß und Treue zu verrichten; alſo groſſe Sorgfalt ſoll der Zuhoerer tragen/ das Wort des HErrn mit Ernſt und Eiffer anzuhoeren und zu bewahren/ daß es nicht an den Weg/ ſondern auf das gute Land ſeines Hertzens falle/ und bringe Frucht in Gedult.Civil. Es iſt ein verdrießlicher Menſch/ der/ wenn er einem andern zuhoeren ſoll/ bald da oder dort= hin gaffet/ oder auf die Seite zu einem Dritten hinaus redet.

194.
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Theol. GOtt faehrt manchem durch den Sinn/ und ſaget: Beſchlieſſet einen Rath/ und es werde nichts daraus; beredet euch/ und es beſtehe nicht: Denn hier iſt Emanuel.Civil. Die groeſten Eiſenfreſſer und Duellanten kommen gemeiniglich am erſten um. Hamans hoel= tzerne Glocke macht ihn ſelber zum Schwengel.

195.
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Theol. GOtt laeſt ſeine Sonne aufgehen ueber Boeſe und Fromme/ Gerechte und Ungerechte; aber nicht alle wollen dem Evangelio gehorſam ſeyn/ und die angebottene Gnade mit Danck anneh= men/ wenns hoeflich heraus kommt/ ſo heißt es: Ich bitte dich/ entſchuldige mich.Civil. Grobe Leute fragen wenig nach guten Sitten und einer geſchickten liebreichen Conduite. Doch giebt es auch noch etwelche/ ſo ſie hoch ſchaetzen und lieben.

196.
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Theol. Ein Chriſt mag ſo beleſen und in der Gottesfurcht geuebet ſeyn/ als gut er will; ſo wird er doch bey andern gottſeeligen Leuten noch mehr erbauet. Vox amici, ſaepiùs vox Dei.Civil. Womit man umgehet/ das haenget einem an; Im Specerey=Laden wird man wohlriechend/ und aus der Wach=Stube kommt man mit Stanck und Unflath etc.

197.
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Theol. Sind deß Caeſariſchen Hauptmanns Cornelii Gebet und Allmoſen fuer GOtt hinauf kom= men; ſo mag ein rechtglaubiger Chriſt verſichert leben/ daß ſeine Liebes=Wercke dem Naechſten erwieſen/ ſelbigen Weg auch finden werden/ wenn der Geitzigen Schaetze indeſſen anderswo vom Roſt und Motten gefreſſen werden.Civil. Rechtſchaffene Gemuether bleiben nicht immer daheime liegen/ ſondern verſuchen ſich auch et= was in der Frembde. Wer nicht auskommt/ kommt nicht ein.

198.
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Theol. Freuet euch mit den Froelichen/ und weinet mit den Weinenden; habt einerley Sinne un= ter einander. Ich dachte/ da mirs wohl gienge/ ich werde nimmermehr darnieder liegen. Da du aber dein Angeſicht verbargeſt/ da erſchrack ich.Civil. Scheiden ſich zwey liebe Freunde oder Verlobte/ ſo beginnet das zuruecke bleibende gemeini= glich betruebt auszuſehen.

199.
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Theol. Wehe dir Capernaum! wehe dir Bethſaida! waeren ſolche Thaten zu Tyro und Sidon ge= ſchehen; ſie haetten im Sack und in der Aſchen Buße gethan. Was die Reichen dieſer Welt [29] fuer eine ſchlechte Frueh=Suppe achten/ das halten die Armen in GOttes Volcke/ fuer Hertz= ſtaerckende Perlen=Milch.Civil. Ein geitziger Menſch krigt nimmer genug/ und wird ſo wenig angefuellet/ als das Meer/ wenn es darein regnet. Sein Symbolum iſt: Affer! affer!

200.
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Theol. Der liebe Heyland JEſus/ deſſen Name ſchon wie eine ausgeſchuettete Salbe war/ iſt zwar immer derſelbe geweſen/ wofuer er in der Chriſt=Nacht declarirt/ und von St. Petro bekennet wor= den/ da er ſprach: Du biſt Chriſtus des lebendigen GOttes Sohn; doch hat er die Gottheit lange inne gehalten/ ehe ſeine Krafft bekannt und offenbar worden. So bald er aber anfieng Wunder zu thun/ denn kam alles mit Gewalt zuwege.Civil. Lobet das Werck erſtlich den Meiſter/ ſo wird er ſchon geſucht/ ob er gleich ſelber kein groſ= ſes Geſchrey von ſich noch ſeinem Thun und Laſſen macht.

201.
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Theol. Die Welt=Kinder ſind blinder als die Blinden. Dieſe fuehlen doch erſt wo ſie hin ſollen oder wollen; jene aber lauffen offt mit groeſter Unbeſonnenheit nach der Hoelle zu.Civil. Ein kluger Mann muß ſich bey allen Begebenheiten eben nicht ſo genau an die ſonſt gewoehn= lichen Reguln binden; ſondern wo er nicht ſelber hin ſehen kan/ eine Sache durch Brieffe oder vertraute Freunde erkundigen.

202.
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Theol. Ein in der Frembde lebender Menſch/ der in allerhand Religionen Kirchen herum laufft/ und meinet/ es werde ueberall GOttes Wort geprediget/ wird zuletzt befinden/ daß ſeine Seele dadurch mehr kraencker/ als geſuender worden. Rechte Schaafe mueſſen nur ihres Hirten und kei= nes fremden Stimme hoeren; es ſey denn etwas zu prueffen.Civil. Es iſt eine ſchaend=und ſchaedliche Sache/ jetzt da mit dieſem/ und denn dort mit jenem Freund= ſchafft anfangen; und aber allenthalben bald wieder aufgeben.

203.
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Theol. Wer in ſeinem Gewiſſen ueberzeugt iſt/ daß er die wahre Religion habe; und aber zu einer andern uebertritt/ in Hoffnung/ daſelbſt glueckſeeliger zu werden; von deme wird nicht alleine der neue Seegen wegbleiben; ſondern auch der alte voellig weichen.Civil. Leute die mit Willen immer eine andere Wohnung und Beruff ſuchen/ werden nirgend recht gedeyhen noch zu guten Kraefften kommen. Alle Veraenderungen ſind bedencklich/ beſchwerlich und gefaehrlich.

204.
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Theol. Groſſe Suender/ die durch Buße wieder zu Gnaden kommen/ haben wohl zu bedencken/ was Chriſtus zu dem 38. jaehrigen geweſenen Bett=Rieſen geſagt: Siehe zu/ du biſt geſund wor= den/ ſuendige fort nicht mehr/ daß dir nicht etwas aergers widerfahre.Civil Wer mit ſeinem Naechſten kaum recht ausgeſoehnet worden/ und doch ſchon wieder hadern will/ der wird ihn ſo leichtlich nicht weiter zur vertraulichen Freundſchafft bereden. Denn oeffters abge= riſſene Grinde hinterlaſſen gerne Schrammen.

205.
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Theol. Alles was die Menſchen haben/ das ſind GOttes Gaben: Und wie ſie es als Haußhalter von ihme empfangen; ſo ſollen ſie es ihme auch wieder geben. Denn ſie ſitzen auf Rechnung; ſo gar/ daß ſie am Juengſten Tage werden Rechenſchafft geben mueſſen/ von einem jeglichen unnuetzen Worte/ das ſie geredet haben bey Leibes=Leben.
|| [30]
Civil. Redliche Gemuether dencken immer zuruecke/ und bleiben auf Danck und Vergeltung bedacht gegen diejenigen/ welchen ſie ihr Fortun am meiſten zu dancken haben.

206.
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Theol. Ein mißguenſtiger neidiſcher Menſch macht ſich bey andern ſehr unwerth/ und ihme ſelber den groeſten Verdruß; weil er nimmer vergnuegt ſeyn kan/ als offte er anderer Leute Glueck anſie= het oder hoeret. Diß Laſter hat den Teuffel aus dem Himmel/ und nach ihme/ ſchon viele Men= ſchen in die Hoelle gebracht.Civil. Mueßiggang macht nicht alleine nichts Gutes; ſondern zugleich viel Boeſes. Weil das Gemue= the dadurch verdirbt/ und andern betugneten Leuten zum Greuel und Eckel wird.

207.
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Theol. Mancher Menſch laeſt ſichs ſo ſauer werden/ ſeinen Untergang zu finden/ als ein anderer ſein Aufkommen: Und ſorget ſo ſehr fuer die Hoelle/ als ein Chriſt fuer den Himmel. Unbedacht/ daß die Luſt/ wenn ſie empfangen hat/ die Suende gebaehre; die Suende aber den Todt.Civil. Es giebt Leute/ die ihre Buhlſchafft anfangs vor Liebe freſſen moechten; Sie bekommen aber zuweilen ein ſehr ſpitzig Bißlein darmit/ welches das Hertz und Ingeweide verwundet.

208.
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Theol. Huetet euch/ daß euere Hertzen nicht beſchwehret werden/ mit Freſſen und Sauffen/ und mit Sorgen der Nahrung/ und komme der Tag des HErrn ſchnell ueber euch. Wer die ſo weite Himmels=Reiſe gluecklich vollenden will/ muß ſich nicht mit vielen Eitelkeiten behaengen; ſie hin= dern im Gehen.Civil. Reichthum zieht das Gemuethe ſo ſehr darnieder/ daß es ſich wenig nach dem Gipffel deß Muſen=Berges hinauf ſehnet. Man findet wenig reich=gebohrne/ welche was ſonderbares ſtu= dieren.

209.
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Theol. Schwache Chriſten mueſſen die Lueſte deß Fleiſches am allerſehreſten fliehen; um nicht von ihnen erhaſcht und gefangen zu werden.Civil. Gelehrte Leute/ welche zwar klug aber dabey arm und ſchlecht verſorget ſind/ laſſen ſich/ um auch empor kommen zu wollen/ zuweilen durch Reichthum und Ehre zu mancherley unzimlichen Dingen verleiten.

210.
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Theol. Ein recht hertzlich bekehrter Suender iſt nach ſeiner Buße viel getroſter/ als er zuvor niema= len geweſen. Denn GOtt laeſt ihn hoeren Freud und Wonne/ daß die Gebeine froelich werden/ die er zuvor zerſchlagen hat.Civil. Wenn ein Candidat lange auf der Expectanten= Banck geſeſſen/ wird ihme die Befoerderung viel troeſtlicher vorkommen; als wenn er ſtracks zu Dienſten kommen waere.

211.
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Theol. Sollen keine betruebliche Dinge erfolgen/ ſo mueſſen in der Kirche GOttes Moſes und Aaron ſich wohl zuſammen verſtehen; und immer einer dem andern die Hand bieten.Civil. Das Weib hat ihren Glautz und Ehre vom Manne; Dahero ſoll ſie ſich auch unterthaenig gegen ihme bezeigen; Der Mann aber dem Weibe gleichfalls die gebuehrende Ehre beweiſen. Wie die Sonne den Mond beſtrahlet/ ob gleich dieſer weit tieffer ſieht als ſie.

212.
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Theol. Taſtet mir meine Geſalbten nicht an/ und thut meinen Propheten kein Leid. Denn wer [31] ſie antaſtet/ der taſtet meinen Aug=Apffel an; welches Chriſto Thraenen ausgepreßt/ daß er vor und ueber Jeruſalems Propheten=Haß geweinet: Und dieſe Thraenen haben ihre Stadt=Mauer hernach zu Grunde geweichet/ daß kein Stein auf dem andern liegen blieben.Civil. Groſſe Herren ſollen ihre kluge Diener nicht zu harte halten; weil ſie ihnen ſowohl ſchaden als nutzen koennen.

213.
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Theol. Wenn die Noth am groeſten/ iſt GOtt am naechſten. Und da man meinet/ nun wuerde es gar aus ſeyn mit der Goettlichen Huelffe; angeſehen das Creutz immer mehr ueberhand nimmt. Siehe! ſo ſteht Chriſtus ſchon hinter der Wand/ und ſpricht: Ich komme bald.Civil. Stuende die Sonne nicht hinter dem Creutze/ wuerde ſich deſſen Figur nicht auf die Erde le= gen. Und mancher Menſch nicht ſo demuethig ſeyn/ wenn er keinen recht erleuchteten Verſtand haette.

214.
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Theol. Vergeltet nicht Boeſes mit Boeſem. Gutes mit Gutem vergelten iſt heidniſch. Gutes mit Boeſem vergelten teufliſch; aber Boeſes mit Gutem vergelten iſt Chriſtlich. Und ſo befiehlt es Chriſtus: Segnet/ die euch fluchen/ thut wohl denen die euch Boeſes thun. Iſaacs Acker brach= te ſeinem Pflueger wohl hundertfaeltige Frucht.Civil. Schueler mueſſen nicht ſo boßhafftig ſeyn/ und ihren Praeceptoribus die von ihnen erlangte Schlaege nachtragen/ oder auf dereinſtige Rache dencken; ſondern vielmehr danckbar ſeyn/ daß ſie ſich ſo viele Muehe gegeben/ und ſolche zu einem tuechtigen Felde gemacht haben.

215.
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Theol. Sauffet euch nicht voll Weins/ daraus ein unordentlich Weſen kommt/ ſondern werdet voll Geiſtes. Denn die Luſt/ wenn ſie empfangen hat/ gebuehret ſie die Suende; die Suende aber den Todt.Civil. Man kan und ſoll wohl mit den Froelichen froelich ſeyn. Aber je ſparſamer je erſprießlicher. Zu viel iſt ungeſund.

216.
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Theol. Je mehr man denen boeſen Gedancken widerſtehet/ ſo hefftiger plagen ſie einen frommen Chriſten. Man hoert nie daß ein ruchloſer Menſch groſſe Anfechtungen ueber boeſe Gedancken ley= det; wohl aber/ daß ſie redliche Kinder GOttes in Furcht und Zagen ſetzen.Civil. Wahre Tugend hat nicht noethig ſich um ihre Hochachtung zu bekuemmern: Sie wird ſchon ſelber geſucht; ob ſie auch gleich zuweilen abwehret/ zu ihr zu kommen.

217.
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Theol. Viele Maul= und Schein=Chriſten laſſen ſich je zuweilen an/ ob wolten ſie nur ſo gerade nach dem Himmel zu. Aber es waehret nicht lange; ſo muß Paulus ſchon klagen: Demas hat mich verlaſſen/ und die Welt Lieb gewonnen.Civil. Zu einem flatterigten Gemuethe kan man ſich nicht viel Gutes noch Beſtaendiges verſehen. Heute brennet es vor lauter Liebe/ und Mergen ſchon von Haße.

218.
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Theol. Mueßiggang iſt deß Teuffels Ruhe=Banck. Waere mancher in ſeinen Beruffs=Wegen fleiſ= ſig fortgewandelt/ und nicht in der Faulheit liegen geblieben; gewiß der Satan haette ihn nicht ſo leichte erhaſcht/ noch die Pfeile allerhand boeſer Gedancken in ſein Hertze geſchoſſen.Civil. Ein Menſch ſoll ſich allezeit in Arbeit finden laſſen/ und auſſer der ordentlichen Nacht=Ruhe [32] ſonſten keinen Tag mit Faullentzen zubringen. Denn die Welt/ Teuffel/ Suend und Hoelle/ un= ſer eigen Fleiſch und Blut/ trachten ſtets nach unſrer Seele/ laſſen uns bey keinem Muth.

219.
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Theol. Ein Prediger ſoll ſelber keine Fehler noch Flecken in ſeiner Lehre und Leben haben; andern aber die ihrigen/ ohne Anſehen der Perſonen zeigen/ und die Verbeſſerung derſelben veranlaſſen.Civil. Welcher Menſch einen andern corrigiren will/ muß zuvor an ſich ſelber anfangen/ und ein reines Beyſpiel werden.

220.
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Theol. Wo das Feuer einer wahren Reue ueber die Suenden in dem Hertzen iſt/ wird es die Buß= Thraenen bald ueberſich aus den Augen treiben/ daß ſie die Backen herunter flieſſen. Wahre Buße laeſt ſich nicht lange bergeu.Civıl. Die allzu groſſe Liebe hat ſchon viel Thraenen verſchuetten gemacht; wenn ſie zumal ihren Zweck nicht nach Wunſch erreichen koennen.

221.
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Theol. JEſus das Holtz deß Lebens muſte nicht/ wie andere Menſchen=Kinder von den Wuermen gefreſſen werden. Denn er war der H. GOttes/ welcher die Verweſung nicht ſehen ſolte.Civil. Das Anſehen groſſer Potentaten kan und ſoll von rechtswegen/ keine Schmeichler leyden.

222.
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Theol. Wie naeher ſich der ſtinckende Hoellen=Bock/ der Satan zu JEſu der Roſe im Thal gemacht; je angenehmer hat ſich ſeine Heiligkeit und Allmacht geaeuſſert: Und ein Chriſt zeigt ſeinen Glau= ben unter den verkehrten Welt=Menſchen am ſchoenſten.Civil. Neid und Mißgunſt ſind zwar beſchwerliche Laſter; doch wird die Tugend durch ſie nur mehr zu ihrem Wachsthum und holdlieben Aufzuegen angefriſchet.

223.
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Theol. GOtt iſt ſehr langmuethig. Aber wie barmhertzig Er iſt/ ſo zornig kan Er auch bald wer= den; wenn man ſeine Gedult und Langmuth mißbrauchet/ und ſich durch Guete nicht zur Buſſe locken laeßt.Civil. Großmuethige Helden laſſen ſich nicht leichte erbittern; ſondern gehen Stuffen=weiſe zur Ra= che. Denn nur kleine Haefelein pflegen gerne bald ueberzulauffen.

224.
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Theol. Chriſtus ſahe ſein hartes Leyden und bittern Creutz=Kelch wohl vor ſich; doch gieng er wil= lig an jenes/ und that ſeinem himmliſchen Vatter dieſen mit Ernſt beſcheide.Civil. Heroiſche Gemuether ſcheuen keine Gefahr; ſondern wagen es getroſt darauf/ wenn zumal ihr Honneur darauf ſtehet.

225.
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Theol. Die Roche iſt ein herrlicher Fiſch/ doch hinten gifftig: Und der Teuffel delectirt ſeine Freunde anfangs nach Wunſch; bricht ihnen aber zuletzte doch den Halß/ und bringt Leib und Seele ins ewige Verderben.Civil. Falſche Leute geben anfaenglich ſo lange gute Worte/ biß ſie einen/ wo nicht oeffentlich/ doch deſto gewiſſer heimlich und hinterwaerts einen gifftigen Tuck beweiſen koennen.

226.
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Theol. Da die erſten Menſchen nach dem Apffel deß verbottenen Baums im Paradieß langten/ und eine lueſterne Mahlzeit hielten/ thaten ſie einen ſolchen Fall darueber/ daß uns die Lenden noch allen davon wehe thun.
|| [33]
Civil. Hofleute ſchwingen ſich gleich denen Baeren zwar zuweilen bald hoch in eine Ehren=Stelle hin= auf; aber wieder herunter zu kommen iſt gemeiniglich kein ander Mittel/ als der Fall.

227.
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Theol. Die Seelen welche ſich in Chriſti Blut gefaerbet/ und angezogen die Kleider deß Heyls/ ſehnen ſich nach der Freyheit der Kinder GOttes; und ob ſie gleich keinen armſeeligen Zuſtand haben/ wuenſchen ſie doch aufgeloeſt und bey Chriſto zu ſeyn.Civil. Hofleute haben wohl gut Eſſen und Trincken/ auch Schutz und Schirm; aber das Edelſte mangelt/ deſſen Name heißt die Freyheit.

228.
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Theol. Falſche Lehrer und Propheten behelffen ſich auch mit GOttes Wort und dem Licht deß Le= bens. Ihr Abſehen aber geht nicht dahin/ die Leute ſeelig zu machen/ ſondern nur ins Verder= ben zu fuehren: und ſich von dem Ihrigen einen guten Tag zu machen.Civil. Die naechtlichen Buhler bringen manch einfaeltiges Hertze zu Fall und in Lebenlanges Un= gluecke.

229.
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TheoI. Der Teuffel hat die Bibel auch fleißig geleſen/ und diſputirt ſo gar aus derſelbigen mit Chriſto; aber er macht aus den ſchoenen Spruechen nur Gifft zu anderer Toedtung. Und ſo ma= chen es die ketzeriſchen Lehrer/ wenn ſie das reine Wort GOttes verfaelſchen/ und gleichſam in Gifft verwandeln.Civil. Neidiſche Leute wiſſen aus den beſten Thaten und Tugenden den Gifft der Verleumbdung zu ziehen/ und ihre Boßheit durch anderer loebliche Wercke zunaehren.

230.
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Theol. Wir heiſſen von Chriſto Chriſten; drum ſoll auch unſer Augen=Merck allſtets auf Chriſtum die Sonne der Gerechtigkeit gerichtet ſeyn.Civil. Rechtſchaffene Unterthanen wenden ihren Gehorſam/ Reſpect und Treue billich zu ihrem Koe= nig/ der ihnen Gnade/ Liebe und Gutes erweiſet.

231.
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Theol. Wir mueſſen die Vernunfft gefangen nehmen unter den Gehorſam Chriſti/ und nicht einem jeden Irr=Lichte nachfolgen; ſondern im rechten Wege deß Erkaenntniß GOttes und ſeines Wil= lens bleiben. Denn die einem andern nachwandeln/ werden groß Hertzeleyd haben.Civil. In der Frembde muß man ſich nicht leichtlich jemanden vertrauen/ man habe ihn denn erſt recht kennen lernen. Viele ſtellen ſich freundlich an/ und meynens doch feindlich.

232.
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Theol. Chriſtus iſt um unſerer Miſſethat willen verwundet/ und um unſerer Suende willen zuſchla= gen. Die Straffe liegt auf Ihm/ auf daß wir Friede haetten/ und durch ſeine Wunden ſind wir geheilet.Civil. Fromme Fuerſten entſchlieſſen ſich leichtlich/ auch ihr Blut und Leben fuer ihrer getreuen Un= terthanen Wohlfarth aufzuſetzen. Fuerſten haben ihren Namen vom fuerſtehn oder fueranſtehn.

233.
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Theol. Der Chriſten Glaube und andere Tugenden ſind bey ſtetem Gluecks=Sonnenſchein gemei= niglich ſproete und welck. Wenn aber der Regen allerley Widerwaertigkeiten darueber faellt; denn werden ſie wieder ſtarck und aufgemuntert.Civil. Kein Menſch kan ſein gehabtes Glueck recht ſchaetzen/ wenn er deſſen Verluſt niemalen em [34] pfunden: Und niemand wird ſich in Tugenden recht herfuer thun/ wo ihn nicht Creutz und Trueb= ſal darzu aufwecket.

234.
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Theol. GOtt iſt ein reicher GOtt; je mehr er gibt/ wie mehr er hat. Allmoſen=geben armet nicht. Und ein liebreiches Hertze iſt gleich dem heiligen Feuer im Tempel GOttes/ welches nicht verlo= ſchen/ ob gleich immer dabey angezuendet worden.Civil. Betugnete Leute machen ſich viel Freude davon/ wenn ſie ihre gute Sitten auch andern bey= bringen koennen. Sie bleiben doch nach/ wer ſie zuvor geweſen.

235.
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Theol. Haette GOtt den Eiffer deß Geſetzes nicht durch die ſanffte Lufft deß Evangelii temperirt; Es koente kein Menſch beſtehen; ſondern alle mueſten deß ewigen Todes ſterben.Civil. Gelinde Straffe hat ihren guten Nutzen/ aber allzu harte bringet Schaden und Verderben. Drum haelt die Tugend ihren Lauff im Mittel=Wege/ und eiffert; aber nicht mit Unverſtande.

236.
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Theol. Chriſtus ob er wohl in Goettlicher Geſtalt war/ hielt es nicht fuer einen Raub GOtt gleich ſeyn; Und wolte ſeine empfangene Glueckſeeligkeit nicht fuer ſich alleine behalten/ wie ein Soldat/ wenn er einen Raub erhalten/ ungerne andern etwas davon mittheilt; ſondern ließ ſein Erbe auch auf die armen Menſchen gelangen.Civil. Wenn GOtt einen Landes=Fuerſten ſegnet/ ſoll er ſolchen Seegen auch deuen Unterthanen au= gedeihen laſſen/ und dencken/ daß nicht nur die Herren/ ſondern auch die Knechte ihren Unter= halt brauchen.

237.
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Theol. JEſus am Creutz hat alle aeuſſerliche Zierde verlohren. Da war keine Geſtalt/ die uns gefallen koente. Als er ſo zuſchlagen und zumartert ward. Vor hieß er der ſchoenſte unter den Menſchen=Kindern. Jetzt ein Wurm und kein Menſch: Ein Spott der Leute und Verachtung deß Volcks.Civil. Wenn die geſchminckten Jungfern zu Jahren kommen/ wird aus ihrer ehmaligen Schoene lau= ter Abſcheulichkeit.

238.
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Theol. Das Heil. Nacht=Mahl unſeres HErrn JEſu Chriſti iſt zwar ſchlecht anzuſehen; doch giebt es der Seele groſſe Krafft und Staercke: und erquicket wohl die Mueden.Civil. An GOttes Seegen iſt alles gelegen; demnach auch dieſes: Daß einem armen Tagloehner ſein Brod und Waſſer ſo gut ſchmeckt und gedeyhet/ als dem Edelmann ſein Geſotten und Ge= bratenes. Hunger iſt ein guter Koch.

239.
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Theol. Chriſten die ſich viel bey der Welt zu Gaſte laden/ werden bey GOtt hungern und durſten mueſſen; wie diejenige/ ſo zum Zauber=Gaſt Gebote kommen/ jaemmerlich und krafftloß wieder davon gehen; wo anders Ceder=Mordio nicht gar ihr Abend=Lied heiſſen muß.Civil. Junge Leute die ſich an aeuſſerlichen Gauckel=Boſſen/ als Tantzen/ Spielen und Auſbutze= reyen vergaffen/ werden dadurch gemeiniglich betrogen/ und laſſen ſich durch ſolche Dinge offt zum Heyrathen verfuehren/ die ihnen doch nach der Hand Jammer und Noth verurſachen.

240.
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Theol. GOttes Gnade und Freundlichkeit ſchenckt ſich nicht nur groſſen und weltheruehmten Leuten; [35] ſondern auch dem gemeinen Volcke; von welchem man wenig Ruhm und Lob erſchallen hoeret= Petrus erfuhr mit der That/ daß GOtt nicht anſehe die Perſon; ſondern wer ihn fuerchtet/ der iſt ihm angenehm.Civil. Auch bey Leuten von ſchlechter Herkunfft iſt offt gar groſſe Weißheit verborgen: Und fehlet ihnen nichts als die Gelegenheit und Authoritaet/ ſelbe an Tag zu legen.

241.
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Theol. Der Menſch eilt nach der Ewigkeit zu/ von welcher er doch ſelber dahin genoethiget wird. Denn die er einzuholen ſucht/ die folgt ihme zu gleicher Zeit auf dem Fuſſe nach.Civil. Mancher ſucht bey jemanden Huelffe/ deme er doch ſonſt eben nicht viel Gutes zutrauet; allei= ne er iſt darzu gezwungen/ und muß aus zweyen Boeſen das beſte wehlen.

242.
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Theol. Chriſti Feinde haben ihme viele gifftige Worte und Schmach=Reden angehaengt; aber das reine Feuer ſeiner Heiligkeit iſt durch ſolche nie vergifftet; hergegen ſie an ihme zu Schand und Spott worden.Civil. Wenn ſich gleich andere Menſchen mit Geſchencken und Gaben/ als wie die drey Elementen/ Erde/ Lufft und Waſſer vergifften laſſen; ſoll doch ein redlicher Richter nach Art deß Feuers da= durch nicht corrumpirt werden; ſondern ſie großmuethig vernichten und aus dem Sinn ſchlagen.

243.
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Theol. Rechtglaubige Chriſten richten in allen ihren Fuernehmen die Augen anfoerderſt auf JEſum den Anfaenger und Vollender ihres Glaubens; und ſeufftzen: Dein Goettlichs Wort das helle Licht/ laß ja bey uns ausloeſchen nicht!Civil. Neuerungen in einer Republic machen ein groſſes Aufſehen. Jedermann ſpeculirt darueber; Drum hat man wohl zu bedencken/ was man anheben will.

244.
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Theol. GOtt iſt die Liebe. Die Liebe aber iſt ſtarck wie der Todt/ ihre Gluth iſt feurig/ und eine Flamme deß HErrn. Daß auch viel Waſſer nicht moegen die Liebe ausloeſchen/ noch die Stroeh= me ſie erſaeuffen. Dieſe Liebe GOttes hat ſchon von Ewigkeit her gebrennet/ und wird doch in alle Ewigkeit nicht verbrennen.Civil. Die Gedult iſt gantz unueberwindlich; als lange ſie ihrem Namen gemaeß thut.

245.
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Theol. Goettliche Leute haben ſelten ein groſſes aeuſſerliches Anſehen; ſondern ſind ſchlecht und recht/ weder von groſſen Worten noch vielem Schein=Weſen; Aber inwendig iſt GOtt ſelbſt ihr Theil/ welcher durch ſie wuercket/ und treffliche Geiſtes=Fruechte treibet.Civil. Kein kluger Menſch muß andere Leute aus ihrem aeuſſerlichen Habit/ oder Leibes=Geſtalt; ſondern nach der innerlichen Befindung beurtheilen.

246.
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Theol. Es iſt ja HErr dein Geſchenck und Gab/ mein Leib/ Seel und alles was ich hab/ in die= ſem armen Leben. Denn alle gute Gaben und alle vollkommene Gaben kommen von oben her= ab/ vom Vatter deß Lichts. Und wenn GOtt will/ kan er ſie Augenblicks wieder von uns nehmen.Civil. Mancher Rechnungs=Beamter ſtoltzirt mit ſeines Herrn und Prineipalen Guetern/ als ob ſie ſein Eigenthum waeren; Da er doch wenig uebrig behaelt/ wenn man Grund= Rechnung von ihme fordert.
|| [36]

247.
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Theol. GOtt unſer Artzt laeſt uns derohalben im Creutz und Leyden nicht baldige Kuehlung ange= deyhen; weil er weiß/ daß mehr Schaden als Heyl daraus erfolgen wuerde. Drum ſollen wir beten: Dein Wille geſchehe auf Erden/ wie im Himmel.Civil. Eltern mueſſen ihren Kindern nicht alle Freuden und Freyheiten geſtatten/ wenn ſie ſchon an ſich ſelber eben nicht ſtraeflich ſeyn. Gute Dinge ſind drum nicht zu allen Zeiten gut. St. Pau= lus ſagt: Ich habe alles Macht; aber es frommet nicht alles.

248.
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Theol. Alles Schein=Chriſtenthum iſt umſonſt und eitel/ wenn nicht Chriſtus eine rechte Geſtalt in uns gewinnet. Es muß heiſſen: Ich lebe/ aber doch nun nicht ich/ ſondern Chriſtus lebet in mir. Ich trage die Mahl=Zeichen deß HErrn JEſu an meinem Leibe.Civil. Ein reiches Weib/ wie ſehr ſie ſich auch taeglich ſchmuecken mag/ iſt nichts nuetze/ wo ſie nicht ihrem Manne zu liebe/ ſich ihme in Liebe und Leyd/ in Freud und Traurigkeit gleich ſtellet.

249.
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Theol. Weil der Satan und Lucifer GOtt gleich ſeyn/ und ihn von ſeinem Thron ſtofſen wollen/ iſt er ſo hart angelauffen/ daß das hoelliſche Feuer aus der ewigen Liebe gefahren/ welches nun be= reitet bleibet/ dem Teuffel und ſeinen Engeln.Civil. Zwey zornige Gemuether erregen leichtlich Zanck und Zwietracht; Dahero am beſten/ bey Zeit ausgewichen.

250.
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Theol. Ob gleich auf Erden das Goettliche Weſen niemand ergruenden kan; ſo koennen doch die Außerwaehlten im Himmel/ die allen Menſchen unerforſchliche und zum tieffſten verborgene Ge= heimnueſſe GOttes/ mit ihren geſchaerfften Augen einſehen.Civil. Es iſt was unbeſonnenes/ wenn man die Weißheit flux zur Thorheit oder wohl gar Zauberey machen will/ weil ſie dem Einfaeltigen unbegreifliche Dinge vorbringt; ſonderlich was die Aſtro= nomie und Sternſehers=Kunſt betrifft.

251.
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Theol. Bußfertiger Suender Seufftzer=Hauch und Thraenen ſteigen zu GOtt gen Himmel auf/ und veranlaſſen ſeine Barmhertzigkeit/ ihnen dargegen einen gnaedigen Troſt=Regen/ der Vergebung ihrer Suenden/ herunter zu ſchicken.Civil. Ein Landes=Herr muß von ſeinen Unterthanen die Schatzung vornehmlich darum nehmen/ daß er ſolche zu ihrem Beſten/ Schutz und Vortheile anderweit wieder wohl anwenden moege.

252.
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Theol. Wo ein unbekehrter Suender hinkommt/ dort hinterlaeſt er meiſtens das Andencken ſeiner Boßheiten/ wie die rohen Leute/ welche ſagten: Unſer keiner laß ihm fehlen mit prangen/ daß man allenthalben ſpuehren moege/ wo wir froelich geweſen ſind; wir haben doch nicht mehr da= von/ denn das.Civil. Schlampigt=erzogene Leute bleiben ſchlampigt weil ſie leben.

253.
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Theol. Wer auf Mariae Verkuendigungs= Tag zu Nazareth um Joſephs deß alten Zimmermanns ſchlechte Wohnung hergehen ſollen; wuerde ſich wohl nimmermehr die koeſtliche Perle JEſum daraus verſprochen haben. Gleichwol war dieſes die Muſchel/ aus deren ſie ihren menſchlichen Urſprung hatte.
|| [37]
Civil. Man findet offt bey einem ſchlechten Menſchen und unter einem runtzlichten Angeſichte eine herrliche Weißheit.

254.
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Theol. Sodoms Boßheit ſtieg immer nach und nach gen Himmel/ biß ſie zuſammen floß/ und in einen ſchroecklichen Schwefel=Regen verwandelt wurde. Wo auch viele ſuendliche Gedancken im Hertzen gehaeuffet werden/ da brechen ſie endlich in wuerckliche Suenden aus.Civil. Wo boeſe Buben ſind/ dort finden ſich leicht immer noch mehrere hinbey/ biß ſie zuletzt alſo vereinbaret miteinander zu Grunde gehen.

255.
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Theol. Mancher Chriſt brennt in ſeinem Glaubens=Eiffer helle daher/ weil er empor ſtehet; ſteckt ihn aber GOtt in das Waſſer deß Truebſals/ daß es heißt: Die Baeche Belial erſchreckten mich; Ich kam in Jammer und Noth. Denn iſt alles Licht auf einmal hin.Civil. Unſchuldige Verleumbdung dauret nicht laenger/ wie helle ſie auch brennet/ als biß der ſo ſie gehoeget und aufgerichtet/ ſelber ins Elend kommt.

256.
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Theol. Der Satan iſt zu einem ſchoenen Engel deß Lichts erſchaffen geweſen; weil’er ſich aber ge= gen ſeinen Schoepffer zu Majeſtaetiſch aufgefuehrt/ hat ſeine Schoenheit mit Schrecken und hoelli= ſchem Schwefel=Stanck ein Ende genommen. GOtt widerſtehet den Hoffaertigen.Civil. Leute die auf einmal gar zu groß thun wollen/ da doch kein Hinterhalt vorhanden/ mueſſen ihre Hoffarth insgemein mit Spott und Verachtung endigen.

257.
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Theol. Aller Menſchen Haupt=Praedicat heißt: Du biſt Erden/ und muſt zur Erden werden. Was erhebt ſich denn nun die arme Erde und Aſche! Das aeuſſerliche Gleißwerck wird im Tode alle abgelegt. Nackend werd ich dahin ziehen/ wenn ich werd/ von der Erd/ als ein Schatten flie= hen. Denn wird der Kieſelſtein/ mir wie der Demant ſeyn.Civil. Weme GOtt und die Natur vor andern Leuten aeuſſerliche Leibes= oder Gemueths=Schoenheit gegeben hat/ der ſoll ſich derſelben nicht ueberheben/ noch andere geringere neben ſich verachten. Weil doch alles gantz eitel iſt.

258.
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Theol. In GOtt iſt lauter Aufrichtigkeit/ und ſeine Eigenſchafften gehen alleſambt gerade zu; nicht wie die Welt=Liebe und Freundſchafft nach Art deß Schlangen=Tantzes.Civil. Wer das Ampt der Gerechtigkeit fuehret/ ſoll dieſelbe nicht kraencken/ noch beugen laſſen. Ihre Waagzunge und Balcken mueſſen gerade ſeyn.

259.
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Theol. Sehet euch fuer/ vor den falſchen Propheten/ die in Schaafs= Kleidern zu euch kommen; inwendig aber ſind ſie reiſſende Woelffe; an ihren Fruechten ſolt ihr ſie erkennen. Nicht alles Gold was gleißt; Nicht alles Milch/ was weiß; Nicht alles Zahn/ was beißt.Civil. Wohl der Mutter/ die ihr Kind mit eigener Milch ſaeugen kan und mag; Die meiſten Am= men ſind Huren; wovon ſoll denn ein keuſches Geblueth in die armen Saeuglinge kommen? Noth aber hat kein Gebot: und dort wird GOtt auch alles zum beſten kehren.

260.
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Theol. Die Hoffaertigen haben GOtt noch nie gefallen; aber allezeit hat ihme gefallen der Elenden und Demuethigen Gebet. GOtt widerſtehet den Hoffaertigen; aber den Demuethigen giebt er Gnade.
|| [38]
Civil. Eine gerechte Obrigkeit ſoll der Demuethigen und Verzagten billich ſchonen; Die Harten und Widerſpenſtigen hergegen nach Verdienſte abſtraffen.

261.
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Theol. Wer der Welt Freund ſeyn will/ der wird GOttes Feind ſeyn. Denn niemand kan zweyen Herren dienen. Ihr koennet nicht GOtt dienen und dem Mammon. Der den Berg hinauf ge= het/ kan nicht zugleich ins Thal gelangen: Und wer ſtets gen Himmel zielt/ wird das Mittel= Punet der Erde nicht verlangen zu treffen.Civil. Ein Gemuethe ſo zu hoher Weißheit zu gelangen ſucht/ darff ſich nicht im niedern Staube liederlicher Kinder=Poſſen herum balgen.

262.
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Theol. Die Ruhmredigen beſtehen nicht fuer GOtt. Deß Himmels Pforte iſt enge/ ſchwuelſtige Menſchen koennen da nicht durchpaßieren. Der HErr iſt nicht im Winde/ wohl aber in einem ſtillen ſanfften Sauſen.Civil. Ein Narr hoeret gerne daß man ihn lobet/ und wenn es geſchieht/ ſcheinet er in ſolchem Ruhm gantz ſtoltz und aufgeblaſen zu ſeyn. Ob gleich ſonſt weder Safft noch Krafft in ihme ſteckt.

263.
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Theol. Im Tode und in GOttes Reich/ ſind Arm und Reich einander gleich. So lange die Le= bens=Comoedie waehrt/ giebt es Koenige/ Edle/ Bauren und Bettler auf dem Theatro; beym Ende aber ſind die ſpielende Perſonen von gleichem Eſtime.Civil. Wer ſtehet/ der ſehe wohl zu daß er nicht falle. Die Axt kan ſo bald einen graden als krum= men Baum umhauen; auch die reicheſten Obſt=Baeume mueſſen zu ihrer Zeit ins Feuer.

264.
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Theol. Wenn der kleineſte boeſe Gedancke im Hertzen nicht zeitlich unterdrueckt wird; kan er der Seelen groſſe Gefahr und Unheyl anrichten. Darum ſo ergreiffet vor allen Dingen den Schild deß Glaubens/ mit welchem ihr ausloeſchen koennt alle feurige Pfeile deß Boeſewichts.Civil. Das geringſte unbedachtſame Wort eines Narren erreget offt groſſen Zorn/ Krieg und Blut= vergieſſen.

265.
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Theol. Keine Klugheit kan ausrechnen GOttes Guet und Wunderthat; Ja/ kein Redner kan aus= ſprechen/ was ſein Hand erwieſen hat. O welch eine Tieffe deß Reichthums und Erkaenntniß GOttes!Civil. Ein fleißiger Student wird nimmer fertig. Denn je laenger er lieſet und nachdencket; ſo mehr geben ſich ihme immer wieder neue Materien zur Betrachtung an. Ein Fauler hergegen iſt bald fertig.

266.
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Theol. Das wahre Chriſtenthum kan nicht ſonder gute Wercke und Glaubens=Fruechte beſtehen. Und man findet keinen Heiligen im Himmel/ der/ wo er anderſt genugſame Jahre erreicht gehabt/ nicht auf der Welt gute Wercke gethan haette. Je mehr Liebe und Freundlichkeit aber darunter geweſen; fuer ſo anmuthiger wird GOtt den Glauben gehalten haben.Civil. Wenn eine ſolide Gelaehrtheit mit guten Sitten und kluger Conduite vergeſelliget iſt/ mag ſie recht ausbuendig heiſſen.

267.
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Theol. Chriſten/ ſo das Licht Goettlichen Worts von weitem holen und erwarten mueſſen/ achten es weit hoeher und ſchaetzbarer/ als die/ welche nur etliche Schritte darzu haben.
|| [39]
Civil. Der Ruhm eines gelehrten Mannes iſt in der Ferne gemeiniglich viel groeſſer/ als unter ſei= nem Volcke/ mit welchem er ſtetig umgehet.

268.
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Theol. GOtt der ſich hoch geſetzt hat/ fieht auf das Niedrige im Himmel und auf Erden: Doch wie ein ſchneller Zeuge er wider die Gottloſen iſt; ſo langmuethig iſt er auch mit ſeinen Heimſu= chungen: Und eilet langſam zur Straffe.Civil. Hohe Potentaten pflegen ſich in keinem Dinge zu uebereilen; ſondern alles erſt recht einzuſe= hen/ eh bevor ſie etwas entſcheiden/ belohnen oder ſtraffen.

269.
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Theol. Wenn ein Prediger ſeinen Zuhoerern nur immer Troſt fuerprediget/ und ſaget/ es ſey Friede/ da es doch nicht iſt; ſo macht er ſie roh und ſicher; Daß der/ ſo ihme im Amte nachfolget/ nichts als Eiter=Beulen und Wunden/ die nicht gehefftet noch verbunden ſind/ findet. Und hat groſſe Muehe Zions=Brueche zu recht zu bringen.Civil. Was die Eltern und Praeceptores oder andere Lehr=Meiſter nicht tuechtig ziehen; kommt ge= meiniglich in groſſen Jammer und Roth; wo nicht gar dem Hencker unter die Haende.

270.
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Theol. Hat der Satan einen Menſchen lange an ſeinen Stricken zu ſeinem Willen gebunden ge= fuehrt; geht es gar ſchwehr her/ ihme ſeine Federn auszurauffen/ und das verdorbene Kind wie= der zu entreiſſen.Civil. Wie aelter die Leute werden; je haerter halten ſie ueber dem Zeitlichen; wenn ſie zumal deß geitzens ſchon in der Jugend gewohnet ſind.

271.
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Theol. Gebet/ ſo wird euch gegeben; ſo wills JEſus haben. Alleine ein jeder ſpricht: Haett ich nur Geld; Der andere mag bleiben wo er will. Jener Phariſaeer konte ſich ruehmen/ daß er den Zehenden gebe von allem ſo er hatte; noch kam er zukurtz/ weil ſein Hochmuth zu lang war. Aber wie wollen denn die ſeelig werden/ ſo auf ihren Glauben und gute Wercke ſtoltzieren/ und doch ſchier niemanden Gutes thun?Civil. Es iſt eine grobe Undanckbarkeit/ ſich anderer Leute Huelffe immer reichlich bedienen; und doch hergegen anderen Huelff=Beduerfftigen nicht wieder beyſpringen wollen.

272.
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Theol. Wer in der Wiedergebuhrt ſtehet/ muß nicht lange zaudern/ der Welt gute Nacht zu ſagen/ und ihr den Ruecken zukehren. Loths Weib kam uebel an/ als ſie Sodom nicht vergeſſen konte. Die Leichtſinnigkeit wird in Verſchmaehung eiteler Dinge zur groeſten Tugend; welche doch in Ver= laeßigung deß Ewigen zum groeſten Laſter wuerde.Civil. Wie bald iſt/ wenn wir nun zuruecke gedencken/ unſere Kindheit/ Jugend/ und die beſten Jahre unſers Alters fuerueber gelauffen. Wir bringen unſere Jahre zu/ wie ein Geſchwaetz: Da die Zeit als gefluegelt dahin geht.

273.
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Theol. Joſeph in Egypten ſahe anfangs ſehr dueſter und unfreundlich gegen ſeine Brueder; da doch ſein Hertz voller Anfrichtigkeit/ Liebe und Freundlichkeit war.Civil. Richtet nicht nach dem Anſehen! Es hat offt eine Sache einen ſchwartzen und unaechten Schein; die doch im Wercke weiß und gut kan ſeyn.
|| [40]

274.
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Theol. GOttes Wort bleibt ewig. Himmel und Erden werden vergehen/ aber JEſu Worte ver= gehen nicht. Er der Baum deß Lebens konte wohl umgehauen/ aber nicht verdorret werden. Weder Wind/ noch Sturm/ noch Wetter/ aendern Ihn und ſeine Blaetter.Civil. Der gute Name eines betugneten Menſchen muß wohl zuweilen im Ungluecks=Wetter ſiehen; aber es kan ihme doch nicht immer ſchaden/ noch ſeinen gruenen Schmuck gantz voellig ruiniren.

275.
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Theol. Judas Iſcharioth hieng lang an JEſu/ und umhalſete Ihn noch darzu; aber nicht zu deß HErrn Nutzen/ ſondern Schaden; und ihn hierdurch ins Verderben zu bringen.Civil. Niemand traue dem zeitlichen Gluecke; denn es toedtet mit ſeinen Schmeicheleyen. Bey Jaels Milch=Topffe liegt ein ſpitziger Nagel.

276.
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Theol. Der gehoernte Teuffel hat wohl einen groſſen Zorn. Groß Macht und viel Liſt ſein grauſam Rueſtung iſt; Alleine ein Woertlein/ der Name JEſus kan ihn faellen/ daß er auf und davon laufft. Widerſtehet dem Teuffel/ ſo fleucht er von euch; wenn ihr auch nur Pelfer=Huendlein/ wie das Cananaeiſche Weiblein/ waeret.Civil. Viele Leute haben keinen Verſtand ihrer Macht recht zu gebrauchen: Und mancher Prahler hat ein Haaſen=Hertz.

277.
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Theol. Die Hoelle hat ihren Rachen weit aufgeſperret/ und es iſt leichte hinein zu fahren. Denn der Weg iſt breit/ und die Thuer iſt weit/ die zum Verderben fuehren: Und viele ſind/ die dahin wandeln. Drum ſollen wir ſeufftzen: Ey du ſueſſer JEſu Chriſt/ der du Menſch gebohren biſt; behuet uns fuer der Hoelle!Civil. Huren ſind vieler Menſchen Verderben; wer ihnen zu nahe kommt/ bringt ſich in vieles Ungluecke.

278.
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Theol. Wer ſich aus der Gnade GOttes verſetzen/ und von deſſen Liebe abwendig machen laeſt/ der muß mit David ſeuffzen: Mein Hertz bebet/ meine Krafft hat mich verlaſſen/ und das Licht meiner Augen iſt nicht bey mir.Civil. Beſtaendige Liebe haſſet den Wechſel/ und ſchaetzt nie etwas hoeher/ als das/ was ſie am erſten vergnueget hat.

279.
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Theol. GOtt kennet den Reichen nicht mehr als den Armen; Denn bey ihm iſt kein Anſehen der Perſon; ſondern wer ihn fuerchtet und recht thut/ der iſt Ihm angenehm. Joſeph im Kercker gilt ihme ſo viel und wohl noch mehr/ als Pharao unter der Crone und auf dem Throne.Civil. Zierliche Reden und Ruhm=Sprueche machen keinen klugen Mann/ wenn die Sachen nicht das Gewichte geben. Mancher ſaget mit vielen Worten nichts.

280.
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Theol. Durch deß Teuffels Neid iſt die Suende in die Welt: und wir durch deſſen Anhauchen und Verfuehrung/ um das Ebenbild GOttes kommen.Civil. Auch das geringſte Laſter kan den Ruhm eines vornehmen Mannes verdunckeln; welches doch an geringen Leuten wenig zu bedeuten hat.
|| [41]

281.
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Theol. Waere Ammon von deß Abſoloms betrueglichen Mahlzeit geblieben; er waere wohl nicht ſo elend umkommen. Alle ſuendliche Gaſtereyen haben ein toedtliches Seelen=Gifft bey ſich. Wenn die Paradeiß=Schlange die Eva zu Gaſte bittet/ muß ſie deß Todes ſterben.Civil. Geſtohlen Brod ſchmeckt zwar eine weile gut; aber es gedeyhet am oeffteſten gar uebel.

282.
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Theol. Wer ſich in die Gefahr begiebt/ kommt leichtlich darinnen um: Und wer ſich zu den Gott= loſen geſellet/ geht ſonder Unglueck ſelten aus. Darum/ wohl dem/ der nicht wandelt im Raht der Gottloſen/ noch tritt auf den Weg der Suender/ noch ſitzet/ da die Spoetter ſitzen.Civil. Spitzfindige Leute ziehen auch die groeſte Unſchuld gern durch ihre Hechel/ und ſchicken ſie nicht ſelten mit blutigem Kopffe fort.

283.
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Theol. Der Goettliche Troſt durchdringt die matte Seele/ ob er gleich nicht von groſſem aeuſſerli= chen Anſehen iſt/ weit beſſer und kraefftiger als der Welt=Troſt. Wie das Regen=Waſſer die Speiſen/ als Bohnen/ Erbſen/ und anders mehr weit eher durchdringt als die klaren Waſſer= Baeche.Civil. Ein Tugend=liebender Menſch ſuchet nicht ſowohl einen friſchen/ als nachdruecklichen und er= baulichen Cameraden/ deſſen Diſcurſe durchdringlich und ſcharffſuechtig ſind.

284.
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Theol. Chriſtus kommt her aus den Vaettern nach dem Fleiſch/ der da iſt GOtt ueber alles gelobet in Ewigkeit. Joſeph/ Saul/ David und viele andere Heil. Vaetter haben bey GOtt und Men= ſchen ein groſſes Anſehen gewonnen/ ob ſie gleich von gemeinen Eltern gebohren ſind.Civil. Mancher Sohn lebt in Floribus/ da ſein Vatter ſich in einen ſchwartzen Winckel verkriecht/ und dieſelbe weile miſerabel behilfft.

285.
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Theol. GOtt laeſt ſeine Kinder manchmal in ſcharffen Arreſt gerathen/ wie den Joſeph in Egypten/ Daniel und den Apoſtel Petrum; nicht zu ihrem Verderben; ſondern zu deſto groeſſerer Ver= herrlichung. Weil du GOtt lieb wareſt/ muſte es alſo ſeyn. Ohne Anfechtung ſolteſt du nicht bleiben.Civil. Je lieber Kind/ je ſchaerffere Ruthe. Soll die Tochter wohl gerathen/ ſo laſſe man ſie viel ſehen/ und wenig zehren.

286.
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Theol. Als JEſus ſein Haupt neigte und verſchied; werden ſeine Mutter und Juenger mit David/ der Freuden geſchwiegen/ und ihr Leid in ſich gefreſſen haben. Und wenn denen Menſchen die Gluecks=Sonne untergehet; laſſen ſie die Koepffe gantz auf die Erde niederhaengen; Und heißt: Ich gehe gantz ſchwartz einher/ und und brennet mich doch keine Sonne nicht.Civil. Mancher Menſch iſt ſo verliebt/ daß er ueber die Abweſenheit ſeiner Buhlſchafft mehr einem Schatten/ als lebendigen Weſen/ gleicht.

287.
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Theol. GOtt laeſt ſeine Sonne ſcheinen ueber Boeſe und Fromme; Gerechte und Ungerechte; nicht weniger auch ſeine Gnade. Daß aber andere mehr/ und welche weniger Glantz deß ſeeligma= chenden Glaubens und Chriſtlichen Lebens von ſich geben/ iſt nicht Ihme/ ſondern ihnen beyzu= meſſen. Denn viele wenden ſeine Gaben nicht recht an; ſondern daempffen ſie durch innerliche Unart.
|| [42]
Civil. Es gehen wohl tauſend Schueler zu einem Lehr=Meiſter; doch diſtinguiren ſie ſich in der Ge= lehrſamkeit gar ſehr; weil ſie in ihren Temperamenten auch ſehr weit unterſchieden ſind.

288.
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Theol. Chriſten mueſſen nur St. Pauli Sprache lernen und ſagen koennen: Wir haben allenthal= ben Truebſal/ aber wir aengſten uns nicht; Uns iſt bange/ aber wir verzagen nicht.Civil Ein betugneter kluger Mann betruebt ſich darum eben nicht groß/ ob ihme gleich ſeine irrdiſchen Gueter geraubet werden.

289.
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Theol. Die Heil. Maertyrer haben aeuſſerlich zwar viele Truebſeeligkeiten erdultet; alleine doch ihre innerliche Liebes=Flammen zu GOtt und ſeinem Worte/ nicht verloeſchen laſſen.Civil. Mancher Freund hat ſeine weiſe Urſachen/ ſich je zuweilen aeuſſerlich kaltſinnig anzuſtellen; deſſen Liebe und Treue im Hertzen doch rechtſchaffen iſt/ und im Nothfall weiſen wird/ wie/ und daß er redlich geſinnet ſey. Auch eißgraue Maenner ſind zuweilen noch bockigte Suſannen=Brueder.

290.
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Theol. Wie wohl gegruendet ein Chriſt in ſeinem Glauben iſt/ ſoll er doch nie/ aus Fuerwitz/ in boe= ſer Leute Geſellſchafft gehen. Petrus war ein richtiger Theologus, und wuſte wohl von ſeiner Religion zu reden; gleichwohl hat ihn das Caiphaſſiſche Pfaffen= Geſindlein um ſein aufrichtiges Bekaendtniß gebracht.Civil. Ein jedes Thier haelt ſich zu ſeines gleichen; wieviel mehr ſollen es vernuenfftige Menſchen thun. Zumahlen allezeit ehender zu fuerchten/ daß ein kleiner boeſer Menſch einen groſſen From= men verkehren kan; weder zu hoffen/ daß ein groſſer Frommer einen kleinen Boeſen bekehre.

291.
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Theol. Anfechtung und Truebſalen machen demuethig und weich; ſo bald man aber in friſche Lufft der guten Tage gelangt/ wird das aus den Fluthen deß Elends empor gekommene Hertze wieder hart und trotzig.Civil. Niedrige Leute gleichen dem Waxe/ welches leicht zu biegen als die weichen Corallen unter dem Waſſer; aber die hohen brechen ehender/ ehe ſie nachgeben.

292.
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Theol. Die Welt achtet gemeiniglich das Chriſtenthum und Gottesdienſt am hoechſten/ welches eine aeuſſerliche groſſe Parade macht/ ob es gleich lauter eitle/ nichtig und vergaengliche Dinge ſind.Civil. Wenn der Courtiſan nur in einer galanten Staats= Peruque/ ſchamerirten Kleide=und Fe= der=Puſche aufzieht/ findet er deß Maegdleins Liebe bald; ob gleich ſonſt lauter Nichts hinter ihme ſtecket.

293.
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Theol. Gottſeelige Leute/ die bey GOtt erhoehet ſind/ ſcheinen in den Augen der ſtoltzen Welt= Kinder ein verachtetes Lichtlein; und mueſſen ſich vielmal einen groben Sauwanſt vorziehen laſſen.Civil. Zieht man dir jemand fuer/ dem es doch nicht gebuehret/ und der an Wiſſenſchafft und reiner Tugend leer; ſo dencke/ daß man dich auf einem Wagen fuehret; da gehn die Ochſen ja auch allzeit forne her.

294.
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Theol. Alle/ ſo getaufft ſind/ die haben Chriſtum angezogen; daß ſie aber veſte beyſammen blei= ben/ Er in ihnen/ und ſie in Ihme; iſt kein beſſer Band als die aeuſſerlichen Truebſalen.Civil. Zwey getreue Hertzen mit wahrer Liebe verbunden/ machen einen ſchoenen Baum aus/ der mit der Zeit angenehme Fruechte bringet.
|| [43]

295.
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Theol. Es iſt ſchwer/ wenn ein Reicher in Himmel kommen ſoll. Nicht weil er reich iſt; ſondern weil er gemeiniglich durch die gehaeufften Gueter ſich allzu ſehr nach der Erde hernieder ziehen laeßt. Ein Armer hergegen erhebt ſeine Gedancken viel ehender hinauf; weil ihn die Welt nicht ſo leich= te gefangen haelt.Civil. Wer ſubtile Dinge ſcharff einſehen will/ muß ſich nicht viel mit haeußlichen Geſchaefften be= haengen.

296.
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Theol. Der einfaeltige Glaube der richtigſte. Wer ſich gerade hinauf nach GOtt zuwendet/ und ſich nicht an aeuſſerliche Dinge kehret; wird weit Gottsgelaehrter werden; als der alle philoſo= phiſche Grillen und Weid=Sprueche zu Huelffe nimmt. Meinen Fueſſen iſt dein heiligs Wort/ ein brennende Lucerne/ ein Licht/ das mir den Weg weiſt fort/ ſo dieſer Morgen=Sterne in uns aufgeht/ gar bald verſteht der Menſch die hohen Gaben/ die GOttes Geiſt den’n gewiß verheiſt/ die Hoffnung darein haben.Civil. Mancher einfaeltiger Menſch ſiehet viel freyer um ſich/ als ein durchtriebenes Welt= Kind; weil jenen ſein Gewiſſen nicht beſchaemet/ dieſem aber ſeine Schalckheiten die Augen niederfallen machen.

297.
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Theol. Mir hat die Welt trueglich gericht/ mit Luegen und mit falſchem Gedicht/ viel Netz und heimlich Stricke. HErr nimm mein wahr/ in dieſer Gefahr; behuete mich fuer falſchen Tuecken.Civil. Viel Leute machen ſich groſſe Muehe/ andere ins groeſte Ungluecke zu bringen.

298.
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Theol. Ein Chriſt kan den Suenden auſſer ihme wohl nicht allemal ausweichen; ſondern muß von ſeinem Naechſten zuweilen gar viel Boeſes hoeren/ ſehen/ und vertragen; aber er ſoll und darff ſie doch nicht ſelber an und aufnehmen; ſondern ihnen den Abſchied geben/ ehe ſie noch ins Hertze einniſten.Civil. Einquartirte Soldaten/ und boeſe Gedancken/ ſind uebel loß zu werden; beſſer gethan/ wo man ſie auſſer der Thuer deß Hauſes und Hertzens abfertigen kan.

299.
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Theol. Ein Chriſt der mit wahrem Glauben an Chriſto dem Eckſtein haengt/ kan durch herfuer= leuchtende Tugenden und gute Wercke/ bald mehrere Leute an ſich ziehen. Ein groſſer Troſt/ wenn GOtt ſpricht: Ich habe dich je und je geliebet; darum habe ich dich zu mir gezogen/ aus lauter Guete. Und ſo ſollen wir auch andere ziehen.Civil. Leute von einerley Inclination ſollen ſich am liebſten zuſammen halten.

300.
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Theol. Wo eines Chriſten Glaube nicht in Erkaenntniß und Bereuung der Suenden/ als ſeinem ſchwartzen Erdreiche/ Wurtzel gelegt; kan und wird er auch keine gute Fruechte der Buſſe brin= gen/ noch ſich der Gnade GOttes hertzlich troeſten koennen.Civil. Die Wohlanſtaendigkeiten eines betugneten Menſchen/ laſſen nie ſchoener/ als wenn ſie in dem Grunde einer wahren Demuth gewurtzelt ſind.

301.
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Theol. Der Goettliche Troſt iſt einem betruebten Hertzen nie ſueſſer/ als in der Nacht deß Creutzes/ und wenn die Gluecks=Sonne gaentzlich untergangen.
|| [44]
Civil. Wer ſich bey jemanden bekannt uud beliebt machen will/ hat einen groſſen Vortheil darinnen/ wenn ſeine erſte Viſite bey Nachts und angezuendetem Lichte geſchehen kan; weil alles angenehmer laeſt/ als bey Tage.

302.
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Theol. Alle Buecher/ ſo nicht GOttes Wort heiſſen oder demſelbigen doch gemaeß ſind/ koennen der Seele wohl eine weilige Beluſtigung; aber in der Noth keine Nahrung noch Speiſe geben.Civil. Viele Hofleute ſind zu nirgends nuetze/ weder daß ſie ihrem Fuerſten mit ihrem Gefolge Schat= ten geben/ und ſein Licht verherrlichen/ wie die Baeume gegen die Sonne pflegen.

303.
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Theol. Mancher Suender geht in Sicherheit dahin/ und denckt nicht daß es viel zu bedeuten habe; biß ihn die Nacht deß Elends ueberfaellt/ und er anhebt die Goettliche Verlaſſung zu empfinden. Denn ſpricht er mit David: Da du dein Angeſicht verbargeſt/ da erſchracke ich.Civil. Viele ungerathene Buben lauffen in die Welt hinein/ weil ſie zu Hauſe kein gut thun wollen. Finden aber hernach/ daß ſie niemanden mehr/ als ſich ſelber/ uebel gerathen.

304.
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Theol. Wenn unſer Leben koeſtlich geweſen iſt; ſo iſts Muehe und Arbeit geweſen: und endlich faehrt es ſchnell dahin/ als floegen wir davon. Denn wie ein Strohm beginnt zu rinnen/ und mit Lauf= fen nicht haelt innen; ſo faehrt unſre Zeit von hinnen.Civil. Die gute Gelegenheit eine Sache wohl auszurichten/ muß nicht verſaeumt werden; weil ſie ſich leichtlich verliehren moechte.

305.
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Theol. Was thoericht iſt vor der Welt/ und was unedel und ſchlecht iſt/ das hat GOtt erwaehlet. Waeret ihr von der Welt/ ſo haette die Welt das Ihre lieb. Nun ihr aber nicht von der Welt ſeyd; ſondern ich habe euch von der Welt erwaehlet; darum haſſet euch die Welt. Mein Vat= ter und Mutter verlaſſen mich; aber der HErr nimmt mich auf.Civil. Mancher vornehmer Printz iſt anfangs in ſeinem Hauße veracht/ und wohl gar verworffen ge= weſen; den doch das Gluecke nach der Zeit/ ſehr groß und beruehmt gemacht.

306.
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Theol. Die Babylonier machten ſich mit ihrem Thurn=Bau viel vergebliche Muehe/ und hatten am Ende nichts als Verdruß und Verwirrung der Sprache davon. Wo der HErr nicht das Hauß bauet; ſo arbeiten umſonſt die daran bauen.Civil. Leute/ die/ wie die armen Juden/ nur immer in Gedancken wuchern/ und doch weder Ver= moegen noch Verſtand haben/ ihre Anſchlaege auszufuehren/ thun lauter vergebliche Arbeit.

307.
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Theol. Saul/ Saul! was verfolgeſt du mich? Es wird dir ſchwer werden/ wider den Stachel zu lecken. Die Gottloſen ſchaden ſich ſelbſt/ wenn ſie die Gottsfuerchtigen verfolgen und unter= druecken wollen.Civil. Mancher prahlender Reuter hat ſeinen Mann an einem verachteten Fußgaenger gefunden. Darum tractire man einen ſchlechten Menſchen nur nicht zu veraechtlich; ſeine Nothwehr kan auch ſcharffe Spitzen haben.

308.
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Theol. Viele Menſchen und Nahm=Chriſten ſind wie Roſſe und Maeuler/ welchen man Zaeume und Gebiß ins Maul legen muß/ wenn ſie zu GOtt gebracht werden ſollen. Und wo ſie nicht immer unter dem Creutze gehalten wuerden/ thaeten ſie wohl nimmer kein gut.
|| [45]
Civil. Wenn man denen Kindern und Geſinde zu viel Freyheit laeſt; ſo werffen ſie ihren Reuter und Obern endlich mit Schrecken herunter/ in Jammer und Noth/ und lauffen denn noch darzu wohl ihrem eigenen Ungluecke zu/ auf und davon.

309.
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Theol. Ein in Suenden verſtorbener Menſch/ weiß nichts von dem Leben/ das aus GOtt iſt: Und wenn ſchon die Boten GOttes drauſſen ſtehen/ und bitterlich weynen; iſt doch weder Regung noch Bewegung in ihm.Civil. Manch unbarmhertziger Menſch iſt ſonder alles Mitleyden und Empfindung/ wenn andere gleich im Elende vergiengen.

310.
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Theol. Weſſen das Hertze voll iſt/ geht der Mund ueber. Ein wahrer Chriſt laeßt Chriſtum allent= halben aus ſich herfuer blicken/ und deſſen Geſtalt aus allen ſeinen Handlungen und Geſchaefften er= kennen. Und wer iſt alsdenn/ der euch ſchaden koenne/ ſo ihr dem Guten nachkommet? Wer euch verachtet/ der verachtet Chriſtum ſelber.Civil. Ein redlich Gemuethe muß loeblich regierende groſſe Potentaten und Monarchen nicht nur in ihrer ſelbſtigen Gegenwart gebuehrend verehren; ſondern auch ihr Bildniß und Namen in Abwe= ſenheit hoch achten.

311.
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Theol. Ein wahrer Chriſt muß zwar auf der Welt herum gehen/ als lange es GOtt gefaellt/ ihn bey Leben zu laſſen; Aber ſein meiſtens Weſen/ die Seele und deren Geſchaeffte/ iſt mehr von/ als an der Erde. Aufwaerts/ liebes Hertz!Civil. Schertzen hat auch ſeine Zeit. Ein Vernuenfftiger aber klebt im Schertze nicht an veraechtli= chen Dingen; ſondern ſucht lieber ſolche Sachen herfuer/ die nach Subtilitaeten ſchmecken.

312.
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Theol. Wer eine Zeitlang guten Gewinn von der Welt hat/ der neigt ſich bald mit ſeinem Hertzen nach ihr zu: und ſieht mehr auf ſie/ als auf GOtt; da indeſſen ein armer Frommer ſeine Augen nach den Bergen aufhebet/ von welchen ihme Huelffe kommt/ und folget.Civil. Ein reicher Geitzhalß iſt ſelten recht froelich und aufgericht.

313.
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Theol. Viele geringe Leute dencken oeffters/ wenn GOtt ſie auch ſegnete/ wie andere/ ſo wolten ſie wohl viel froemmer ſeyn; betrachten aber nicht/ daß Reichthum ſelten der Wagen heiſſen koenne/ worauf man nach dem Himmel faehrt; wohl aber ein Schlitten/ nach der Hoelle hinunter zu rennen.Civil. Daß mancher Fuerſt einen untuechtigen Menſchen zu Ehren erhebet/ iſt mehr wieder/ als fuer ſolchen. Denn weil er ſeiner Function vorzuſtehen nicht capabel iſt/ macht er ſich und viele ande= re nebſt ihme ungluecklich.

314.
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Theol. Wenn einer alle Welt=Weißheit ſtudiert haette/ wuerde er doch daraus nicht zum wahren Er= kaenntniß GOttes kommen; wo GOtt ſein Hertze nicht mit ſeinen Gnaden= Strahlen erleuchtet. Gelehrt und bekehrt iſt zweyerley.Civil. Man redet oeffters mit einem groſſen Herrn/ weiß aber nicht ob man auch Gnade bey ihme er= langen werde/ biß ſich der Effect davon ausweiſet.
|| [46]

315.
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Theol. Niemand wird gekroenet/ er kaempffe denn recht. Leyde dich als einen guten Streiter JEſu Chriſti. Denn wir mueſſen durch viel Truebſal ins Reich GOttes eingehen.Civil. Junge Purſche muß man nicht gleich wie die Docken ausſtaffieren; denn ſie werden dadurch nur hochmuethig; biß ſie erſtlich ihre Lehr=Jahre ueberſtanden haben.

316.
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Theol. Chriſtus die Sonne der Gerechtigkeit kam ſelber auf die Welt/ und brachte das Waſſer deß Lebens und ſein kraefftiges Wort mit ſich. Doch blieben die Juden in ihrer Verſtockung/ und brachten keine Fruechte der Buße: und ſo machens noch viele Maul=Chriſten.Civil. Ein in der Boßheit erſoffener Menſch giebt weder auf gute noch boeſe Worte etwas; und ſchlaegt alle Vermahnungen und Warnungen in Wind.

317.
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Theol. Mancher Scheinheiliger kan mit ſeiner Spreuer den Saeckel beſſer fuellen/ als ein redlicher Chriſt mit ſeinem Waitzen. Denn die groeſten Heuchler beſitzen gemeiniglich die beſten Praebenden.Civil. Vierzehen Handwercke/ dreyzehen Ungluecke. Beſſer man lerne eine Sache recht gruendlich; als daß man vielerley Stimpeleyen treibet.

318.
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Theol. Phariſaeiſche Leute ruehmen ſich gemeiniglich ſelber/ und verachten andere neben ſich. Ihr Miſt iſt lauter Biſam/ ob ſie gleich ihr Lebenlang keine Zibeth=Katze geſehen.Civil. Leere Faeſſer klingen am ſtaerckeſten; und die bruellende Kuehe geben die wenigſte Milch. Wo ein Menſch viel prahlet; mag man gewiß glauben/ daß wenig Klugheit oder Warheit hinter ihm ſtecke.

319.
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Theol. Wenn ein Suender erſtlich klagen muß: Meine Suenden haben mich ergriffen; Denn ge= hoert eine auſſerordentliche Gnade darzu/ wenn es ohne Verzweiflung abgehen ſoll.Civil. Ein laſterhaffter Menſch iſt wie einer der die fallende Sucht an ſich hat/ und weder fuer Feuer noch Waſſer geſichert iſt. Laeßt ihn ſchon eine Ubelthat frey paßiren; faellt er doch bald wieder in eine andere.

320.
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Theol. Es iſt keine weſendliche Creatur in der Welt/ wordurch der Menſch nicht von GOtt und einem Schoepffer ueberzeugt werden koente/ wenn er ſich nur nicht brutaler Weiſe von ſolcher Uber= zeugung entſchlaegt. Denn weil er als das allerkluegeſte und nobileſte Geſchoepffe nicht einmal ei= nen Strohhalm erſchaffen kan; ſo wird er ja ſogleich glauben mueſſen/ daß eine unſichtbare All= macht ſeyn mueſſe/ die ſo viele Millionen koeſtliche und kuenſtliche Dinge herfuer bringt.Civil. Ein Landes=Fuerſt muß nicht nur frembden Abgeſandten und groſſen Leuten; ſondern auch ſeinen aermſten Unterthanen gerne Audience geben/ und deren Anliegen erwegen.

321.
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Theol. Auf GOttes Acker findt ſich immer Unkraut unter dem Waitzen. Doch GOtt Lob! daß man mehr gute als faule Fiſche in der Fiſcherey zu hoffen hat. In der wahren Kirche werden doch die meiſten ſeelig werden; ob gleich viele Menſchen beruffen/ aber wenig außerwaehlet ſind.Civil. Der Gottloſen Stamm/ Saame und Name muß bald vergehen.

322.
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Theol. GOttes Wille geſchieht nicht nur im Himmel; ſondern er muß auch auf der Erde/ im [47] Meer und in allen Tieffen geſchehen. Denn er hat ihn nicht nur denen Engeln kund gethan; ſon= dern auch auf Moſis Tafeln geſchrieben. Chriſten mueſſen Chriſto gleichen/ wo nicht nach der Vollkommenheit/ doch nach der Aufrichtigkeit.Civil. Die guten und boeſen Sitten der Ober=Herren bilden ſich gemeiniglich an denen Unterthanen ab/ ſie heiſſen hernach gleich Tugend oder Laſter.

323.
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Theol. Was nicht aus dem wahren Glauben gehet/ das iſt Suende. Die ſind unrecht dran/ wel= che zur Seeligkeit nur ein gutes Leben und gute Wercke erfordern. Kaeme es darauf an; ſo wuer= den Tuercken und Heyden alle heutige Chriſten beſchaemen.Civil. Wer ohne GOtt heurathen will/ der wird viel Muehe haben/ und doch nichts vergnuegliches dabey profitiren.

324.
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Theol. Wenn die Luſt empfangen hat/ ſo gebuehret ſie die Suende; die Suende aber den Tod. Da= rum ſoll man der Gelegenheit zu ſuendigen gleich Anfangs ausweichen/ und nicht warten biß der Knecht den Herrn unter ſich gebracht/ oder das Fleiſch den Geiſt uebermeiſtert hat.Civil. Wer ſeine Kinder fuer Ungluecke verwahren will; muß ihre Neigungen erforſchen/ und ihnen das ſodenn am meiſten wegraeumen/ worzu ihre boeſe Begierden appetit haben.

325.
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Theol. Mancher denckt/ er waere ſchon ſo fromm daß er nichts mehr noethig haette/ als den Weg in Himmel zu abſolviren: Und ſpricht wohl gar in ſeinem Hertzen/ wie der Engel der Gemeine zu Laodicea: Ich bin reich/ und habe gar ſatt/ und darff nichts; und weiß nicht/ daß er elend und jaemmerlich/ arm/ blind und bloß iſt.Civil. Gebrechliche Leute ſind meiſtens von einer groſſen Einbildung; darum ſoll man ihnen entwe= der etwas zu gute halten/ oder ſich lieber nicht an ihnen reiben. Denn ihr hoher Geiſt hat auch gemeiniglich einen beſondern Verſtand zum Gefaehrten.

326.
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Theol. Suchet in der Schrifft/ denn ihr meinet ihr habet das ewige Leben darinnen/ und ſie iſt es/ die von mir zeuget/ ſpricht Chriſtus. Und wir mueſſen nicht warten biß in die ſtockfinſtere Nacht deß Todes/ uns mit dem Licht deß Goettlichen Troſtes zu verſehen.Civil. Was Haenſel nicht lernt/ lernet Hanß wohl nimmer. Weil die Augen helle/ muß man ſpi= tzig auf Weißheit und Tugend ſehen; wenn ſie einſt dunckel werden/ iſt es verſpielt.

327.
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Theol. Die Zaehren deren die unſchuldig leyden/ bringen ihren Beleydiger nicht nur um den Leib und das irrdiſche Vermoegen/ ſondern gar um die Seele und den Himmel. JEſu Thraenen ſind deſſen ein klares Zeugniß.Civil. Ein verſoffener Menſch kan ſchwerlich ſeinem gaentzlichen Ruin entgehen.

328.
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Theol. Das aeuſſerliche Schein=Weſen im Chriſtenthum thut warlich gar nichts zur Seeligkeit/ wo das Hertze nicht voll Glaubens iſt. Denn ohne Glauben iſts unmueglich/ GOtt zu gefallen/ wenn gleich die Wercke von lauter Gold und Silber/ Rubin/ Schmaragt und Demant gleiſſen.Civil Ein Doctor ohne Schul=Schlaege/ ein General ohne Zug und Wache/ und ein Kauffmann ohne ausgeſtandene Lehr=oder Jungen=Jahre/ geben ein Klee=Blat in die Wieſe/ wo man das Graß mit der Lucerne ſuchen muß.
|| [48]

329.
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Theol. Den Demuethigen giebt GOtt Gnade. Und das Creutz macht die Flammen der Goettli= chen Liebe in unſerem Hertzen ehender brennen/ als Glueck und gute Tage.Civil. Ein Knabe in die Schule gethan/ lernet viel eiffriger/ wenn er zu weit hinunter/ als zu hoch hinauf geſetzt wird.

330.
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Theol. HErr/ wenn Truebſal da iſt; ſo ſuchet man dich. Ein Chriſt wird wenig an GOtt und das Ewige gedencken/ wenn er nicht zuvor die Eitelkeiten der Welt ſich mit ihrer Fluechtigkeit recht vorgeſtellt.Civil. Ein junger Menſch kan am erſten zu fleißigem ſtudieren aufgeweckt werden; wenn man ihme die Muehſeeligkeiten anderer Gewerbe recht einſehen laeſt.

331.
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Theol. Ein Reicher kan ſchwerlich ins Reich GOttes kommen. Denn man kan nicht GOtt dienen und dem Mammon. Drum ſuchet das droben iſt/ da Chriſtus iſt. Wer GOtt vereinigt iſt/ den kan er nicht verdammen; Er ſtuertze ſich denn ſelbſt mit ihm in Tod und Flammen.Civil Wer was tuechtiges lernen ſoll/ den muß man nicht mit allerhand andern Bemuehungen ueber= laden. Denn ein junger Miſt=Lader giebt keinen alten Doctor.

332.
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Theol. Je aerger Strick/ je beſſer Glueck. Welt=Kinder die im Laſterthum herum fahren/ tragen gemeiniglich die groeſten Federbueſche. Denn es war ein reicher Mann/ der kleidete ſich mit Pur= pur und koeſtlichem Leinwand/ und lebte alle Tage herrlıch und in Freuden. Alleine in fine vide- bitur cujus toni. Schlechte Muſic! wenn es heißt: Ich leyde Pein in dieſer Flamme!Civil. Im Trueben iſt gut fiſchen. Wo es in einem Lande fein verwirrt durch und untereinander hergehet/ da ſchneiden manche ihre beſten Pfeiffen.

333.
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Theol. GOttes Zuechtigungen attaquiren gemeiniglich einen verſuendigten Menſchen von auſſen; ſei= ne Straff=Gerichte aber von innen. So man am Fleiſche leydet/ hoeret man auf zu ſuendigen; leydet man aber am Geiſte; denn faehret man erſt recht in der Suende fort.Civil. Wer ſeiner Kinder Boßheit abſtraffen will; muß erſtlich ihre Seele mit Reden/ und her= nach den Leib auch mit Schlaegen angreiffen.

334.
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Theol. GOtt iſt unſere Zuverſicht und Staercke in den groſſen Noethen/ die uns troffen haben. Da= hero auch David geſagt: HErr mein Felß/ meine Burg/ mein Erretter/ mein GOtt/ mein Hort/ auf den ich traue.Civil Die Luegen mueſſen der Warheit doch weichen/ wenn ſie ſich gleich noch ſo ſehr ausgebreitet und lange gewuetet haetten.

335.
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Theol. Wo das Unglueck ſeine Pfeile hinzielen laeſt/ dorthin haelt der Satan ſeine Feld=Schlange ſogleich darneben: und verderbet nirgend lieber/ als wo ſchon ein Anfang darzu gemacht. Er ließ JEſum ungeplagt/ biß ihn hungerte; da kam er.Civil. Zaenckiſche Leute ſind wie die Wechſelbaelge/ welche nie lachen/ es geſchehe denn ein Ungluecke; und ſie ſtellen ſich dort am liebſten ein/ wo ſie Verdruß machen koennen/ oder andere ſchon darein verwickelt ſehen.
|| [49]

336.
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Theol. GOtt zaepffet ſeinen hitzigen Kindern manchmal das irrdiſche Vermoegen ab; damit die Seele leer werde/ die himmliſchen Gueter darein zu fuellen: Und befiehlt uns Allmoſen auszuge= ben; um deſto mehr Segen von ihme empfangen zu moegen.Civil. Wer gluecklich proceßieren will/ der muß die erſte Hitze erſt vorbey laſſen; denn werden ihme beſſere Anſchlaege und Gedancken einfallen.

337.
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Theol. Ein Chriſt mag aeuſſerlich ſo tugendhafft ſcheinen als er immer will/ wird doch niemand von der Rechtſchaffenheit ſeines Gemueths ueberzeugt ſeyn koennen/ biß er ihn erſtlich unter ſeinem eige= nen/ oder in eines andern Creutze mitleidig erkennen lernen. Gedult bringet Erfahrung.Civil. Es iſt keine Kunſt eine Roſe unter Roſen; wohl aber eine Kunſt/ eine Roſe unter den Dornen ſeyn. Freund in der Noth/ errettet offt vom Tod.

338.
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Theol. Ein rechtglaubiger Chriſt muß die von GOtt empfangene Geiſtes=Gemueths=und Leibes= Gaben nicht fuer ſich alleine behalten; ſondern auch anderen mittheilen. Du ſolt deinen Naechſten lieben/ als dich ſelbſt.Civil. Praeceptores in Schulen und Privat=Haeuſern/ ſollen nicht neidiſch mit ihren Diſcipulen um= gehen; ſondern ihnen recht aufrichtig begegnen.

339.
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Theol. Die Heuchler gleichen ſich allen Leuten/ und wohl gar allerhand Religionen. Deſſen Brod ſie eſſen/ deſſen Lied ſingen ſie auch. Ihre Kleider ſind von Wolle und Flachs; ihre Seelen aber vom weichen Wachs; welches allerley Form in ſich truecken laeſt.Civil. Wohlgeſetzte Gemuether mueſſen ihre Sitten nicht ſo offte veraendern; noch bald kaltſinnig/ bald hitzig ausſehen.

340.
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Theol. Sauffet euch nicht voll Weins/ daraus ein unordentlich Weſen erfolget; ſondern werdet voll Geiſtes. Wein und Weiber bethoeren die Weiſen. Seyd nuechtern und wachet/ denn euer Wi= derſacher der Teuffel gehet umher/ wie ein bruellender Loewe/ und ſuchet welchen er verſchlinge.Civil. Ein junger Menſch oder Jungfer haben ſich wohl fuerzuſehen/ daß ſie nicht flux jedermann aus ſeinem Glaſe beſcheid thun; weil ſchon manchem ein groſſes Abentheuer daraus erfolget.

341.
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Theol. Kleine Feinde ſind darum nicht ſo gleich zu verachten/ weil ihre Staercke nicht an die unſere reicht. Die kleine Schlang/ Evam bezwang. Die ſchwache Delila den ſtarcken Simſon: Und mancher hat anfangs ſeine Suenden fuer gering geachtet/ die ihn doch am Ende ins ewige Verder= ben geſtuertzt. Wachet!Civil. Schul=Geſellen mueſſen einander nicht veraechtlich begegnen. Denn es kan wohl folgen/ daß der jetzige Primus von dem dermaligen Infimo ſeine dereinſtige Befoerderung erwarten muß. Die Zeit aendert die Leut.

342.
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Theol. Laeſſet uns GOtt ſein Antlitz nicht in Gnaden leuchten/ iſt alle menſchliche Weißheit zu we= nig/ die betruebte Seele aus den Verderben aufzurichten. Drum ſollen wir beten: Sey du mir nur nicht ſchroecklich/ meine Zuverſicht in der Noth.Civil. Stirbt einem Weibe der Mann; ſo ſteht es ſchlecht um ſie.
|| [50]

343.
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Theol. Eine wohlangelegte Schule oder Academie iſt gar eine hochſchaetzbare Sache: Und ein Stu= dioſus ſoll/ was er auch dereinſt abgeben moechte/ ja ſeinen fuernehmſten Zweck ſeyn laſſen die Eh= re GOttes/ und den Dienſt ſeines Naechſten; ſo findet er Weyde/ und andere Freude.Civil. Kinder ſollen ihren Eltern und Lehr=Meiſtern fuer ihre Erzieh= und Unterhaltung/ auch ſein mit liebreicher Dancknehmenheit begegnen.

344.
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Theol. JEſus iſt kommen/ daß wir das Leben und volle Genuege von ihme haben ſolten. Er giebt uns allen die Seeligkeit/ die GOtt der Vatter hat bereit; daß wir dereinſt im Himmelreich ſol= len leben mit ihm ewiglich.Civil. Die Eltern Liebe iſt oeffters ſo groß/ daß ſie/ noch bey Lebzeiten/ ihren Kindern/ Hauß und Hof/ ja alles was ſie haben/ uebergeben; und wohl ſelber Hunger und Kummer drueber leyden. Bedencke das Ende!

345.
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Theol. Es iſt eine groſſe Marque der Gnade GOttes/ wenn ein Chriſtlicher Juengling bald von Ju= gend auf/ unterm Creutz und Leyden erwaechſt/ und das Joch ſeines Heylandes bey Zeiten tragen lernet. Denn welchen der HErr lieb hat/ den zuechtiget er/ und hat Wohlgefallen an ihme/ wie ein Vatter an ſeinem Sohne.Civil. Ein Fuerſt muß mitten im Frieden ſich ſchon auf den Krieg bereit machen/ und ſeine Solda= ten exerciren.

346.
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Theol. Die Fuerſichtigkeit iſt dem Chriſtenthume ſo nothwendig als einem Sternkuendiger das Per- ſpectiv. Sehet euch fuer/ fuer den falſchen Propheten: Sehet an die Exempel der Alten: Se= het zu/ daß ihr fuerſichtiglich wandelt: Sehet zu/ wachet und betet?Civil. Mancher Freyer haette wohl ſo viele Augen noethig/ als eine Spinne; und muß doch noch wagen/ ob er nicht eine Schmeiß=Muecke zur Beute erhaelt.

347.
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Theol. Wie blutduerſtig der Teuffel iſt; ſo kan er doch Chriſti Edomitiſchen Mantel und roethliche Kleider von Bazra nicht vertragen; ſondern raſet als toll/ wenn er eines Chriſten Rock ins Blut deß Lamms gewaſchen und helle gemacht fiehet.Civil. Warheit und Tugend iſt einem verſtaendigen Manne eine groſſe Beluſtigung; einem laſter= hafften Menſchen hergegen eine unleidliche Beleydigung.

348.
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Theol. Unzuechtige Weiber/ bey denen die Geilheit recht eingewurtzelt/ werden immer erhitzter; und bringen manchen um Geſundheit/ Leib/ Leben und Seele. Wohl dem der denckt: Jetzt geht mein Weg fuerueber.Civil. Wer ſich mit Juden behaengt/ kommt unbetrogen und unausgeſogen ſchwerlich von ihnen.

349.
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Theol. Wenn ein Prediger in Eccleſia preſsâ leben muß/ hat er ſich wohl fuerzuſehen/ daß er durch ſeine Ungebrochenheit den Haupt=Vortheil nicht gar verliehre. Beſſer iſt es nachzugeben/ als zum Schaden widerſtreben; Nicht zwar in der reinen Lehre; ſondern nur in der Art der reinen Lehre.Civil. In Streit=Haendeln ſoll der kluegſte nachgeben; damit man nicht lauter Narren antrifft.
|| [51]

350.
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Theol. Wenn wir Nahrung und Kleider haben/ ſo laſſet uns begnuegen: Denn wir haben nichts in die Welt gebracht; darum offenbar iſt es/ wir werden auch nichts mit hinaus bringen. Zu viele irrdiſche Gueter haben ſchon manchen vom Himmel zuruecke gezogen/ daß er in Ewigkeit nicht mehr hinein kommen wird.Civil. Was man gluecklich zu Ende bringen will/ muß mit gutem Vorbedacht angefangen werden. Dencke nicht ueber dein Vermoegen.

351.
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Theol. In Goettlichen Sachen mueſſen wir alleine das Glaubens=Aug auf: und das Auge der Ver= nunfft zu thun; ſonſten werden wir das Ziel nicht treffen.Civil. Ein recht kluger Rathgeber iſt beſſer als zehen albere Tropffen.

352.
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Theol. GOtt drohet zu ſtraffen/ alle/ die ſeine Gebote uebertretten; darum ſollen wir uns fuerchten fuer ſeinem Zorn/ und nicht wider ſolche Gebot thun. Wenn Lehrer in der Kirche eiffern/ das ſind GOttes Warnungs=Blitze; giebt man aber nichts auf ſelbe; pflegt die Straffe nicht lange auſſen zu bleiben.Civil. Ein vernuenfftıges Weib ſoll nachgeben/ wenn ihr Mann ſie ein und andermal ſchweigen heiſt; anderſt doerffte der Ernſt aus dem Munde in die Faeuſte fahren.

353.
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Theol. Wenn GOtt einem Ruchloſen und zum Guten gantz erkalteten oder erſtorbenen Menſchen auſſerordentliches Glueck erreichen; ſolcher aber ſein Hertze durch deſſen Guete nicht zur Buſſe lo= cken laeſt; mag er nur glauben/ daß ſein Zorn hernach deſto grimmiger ueber ihn ausbrechen werde.Civil. Auf allzu groſſe Freundſchafft/ folgt gar offte die groeſte Feindſchafft. Zu wenig und zu viel/ verderbet alles Spiel. Die ſittſamſte Freundſchafft die beſte.

354.
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Theol. Die Baals=Pfaffen rieffen ihrem Abgott von Morgen biß an den Abend mit lauter Stim= me; Baal erhoere uns. Und hatten aber niemanden/ der ihrem Gebruelle einige Antwort gab.Civil. Ein Großſprecher macht offt ein hauffen Weſen/ da doch wenig Krafft und Nutzen darhin= ter ſteckt.

355.
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Theol. Die Juden waren GOttes außerwaehltes Volck und Eigenthum; ſeine Kinder/ die er erhoe= het hatte; darum muſte ihnen das Reich und die Gnade GOttes zu erſt verkuendiget werden: Und JEſus die Sonne der Gerechtigkeit ſich auch im Juediſchen Lande am erſten ſehen laſſen.Civıl. Groſſe Herren laſſen gemeiniglich ihre Gnade erſtlich denen Hohen im Lande/ und denn her= nach erſt auch wohl geringen und niedrigen Leuten angedeyhen.

356.
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Theol. Chriſtus kleidele ſich ſchon am achten Tage durch ſeine Beſchneigung in den rothen Schar= lach ſeines Blutes/ und war ſeiner Sulamithin weiß und rother Freund. Aber am Creutze leg= te ihme der Himmel ueber ſeinen blutigen Purpur noch einen kohlſchwartzen Ober=Rock an/ um ſeine Schmach in etwas zu bedecken.Civıl. Die ſchoenſten cryſtallinen Augen junger Leute/ koennen frueh Morgens noch liebreich funckeln/ und die corallenen Lippen holdſeelig ſprechen; aber ſchon auf den Abend allerſeits verdunckeln/ und eine bleyaechtige Todten=Farbe an ſich nehmen.
|| [52]

357.
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Theol. Denen Demuethigen giebt GOtt Gnade. So demuethiget euch nun unter die gewaltige Hand GOttes/ auf daß er euch erhoehe zu ſeiner Zeit. Joſeph muſte erſt in den tieffen Kercker hinunter/ ehe bevor er auf die Koenigliche Caroſſe ſteigen dorffte.Civil. Mancher Menſch muß durch ein tieffes Thal der Schmach nach ſeinem Ehren=Berge zugehen.

358.
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Theol. Chriſten mueſſen ſich auch mitten unter den ungeſchlachten Welt=Kindern Chriſtlich bezeugen/ und ſich von der Welt unbefleckt behalten.Civil. Manch kleiner Menſch hat viel ein beſtaendiger Gemuethe/ als ein groſſer: Und kleine Bißgen ſind oeffters die delicateſten.

359.
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Theol. Wer viele gute Gaben beſitzt/ der hat deß Goettlichen Beyſtandes am allernoethigſten. Denn der Satan ſetzt denen heiligen und erbaulichen Leuten am allerhefftigſten zu; weil er weiß/ daß/ wenn groſſe Baeume fallen; ſo ſchlagen ſie viele kleine mit um.Civil. Ein Menſch ſey ſo reich als er immer wolle/ bedarff er doch anderer Leute Freundſchafft. Drum muß man die duerren Stecken nicht alle hinwerffen/ ſondern nur eine weile hinleihnen.

360.
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Theol. Die Sorgen nach Reichthum und Wollueſten ueberziehen das Hertze nach und nach mit vielen ſpitzigen Dorn und Diſteln der Anfechtungen; ſo/ daß ein ſolcher Menſch um alle Vergnuegung und Ruhe kommt/ und keine Freude mehr in ſeiner Seele empfinden kan.Civil. Kinder mueſſen von Jugend an immerdar unter der Zucht gehalten werden; ſollen anderſt die Eltern nicht lauter Hertzenleid an ihnen erleben.

361.
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Theol. Die Phariſaeiſche Aufgeblaſenheit verzehrt der Seelen Kraeffte; daß man in einem ſchoenen Gewoelbe zuletzt nur Moder/ Stanck und Unflath uebrig behaelt.Civil. Wenn die Schatzkammer deß Fuerſten allzu ſehr angefuellet wird; ſo nimmt das gantze Land dadurch ab/ und bekommt groſſe Schmertzen.

362.
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Theol. Das boeſe Gewiſſen der Gottloſen kommt urſpruenglich aus ihnen ſelber. Denn die Luſt/ wenn ſie empfangen hat/ gebuehret ſie die Suende. Was aber gebohren wird/ kan nicht von auſ= ſen hinein/ ſondern muß von innen heraus gebohren werden: ob gleich die Empfaengniß hinein= waerts geſchieht.Civil. Ein Menſch der ſich immer mit Liebes=Grillen ſchleppt/ wird endlich gantz wahnwitzig und zu wichtigen Verrichtungen unfaehig gemacht.

363.
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Theol. Manche ſchwaermeriſche Bocher haben ſolche tieffſinnige Woerter und Redens=Arten in ſich; daß die Einfalt hohe Offenbahrungen daraus macht; wenn man ſie aber recht genau einſiehet/ ſind es leere Schaalen ſonder Kerne/ und Stroh ohne Koerner. Prueffet alles/ das Gute behal= tet; meidet allen boeſen Schein.Civil. Wer etwas kauffen will/ muß die Waare erſtlich recht beſchauen/ und nicht drauf gehen/ wie ſie von Ferne ſieht.
|| [53]

364.
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Theol. Das wahre Chriſtenthum beſtehet nicht nur in dem inwendigen/ ſondern auch auswendigen Menſchen. Denn ſo man von Hertzen glaubet/ ſo wird man gerecht; und ſo man mit dem Munde bekennet/ ſo wird man ſeelig. Der rechte ſeeligmachende Glaube muß durch die Liebe thaetig ſeyn.Civil. Tugendhaffte Leute koennen ſich nicht lange bergen/ wenn ſie auch gleich zuweilen wollten.

365.
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Theol. GOtt iſt nicht ein GOtt der Todten/ ſondern der Lebendigen: Und ein todter Glaube kan ihme ſo wenig gefallen/ als uns Menſchen ein verdorrter Baum. Wollen wir Chriſten heiſſen und ſeyn; ſo mueſſen Feigen am Baume erfunden werden; anderſt wird ihn Chriſtus verfluchen.Civil. Es kan wohl ſo ſeyn/ daß wenn der Mund lachet/ das Hertze leydet Peyn; aber doch wird eine aeuſſerlich angenommene Froelichkeit entweder nicht lange waehren/ oder aber eine hertzliche Ver= gnuegung andeuten.

366.
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Theol. O welch eine Tieffe deß Reichthums beyde der Weißheit und Erkaenntniß GOttes! wie un= begreifflich ſind ſeine Gerichte/ und unerforſchlich ſeine Wege! GOtt iſt ſo tieff und hoch/ wolt’ Er ſich ſelber meſſen; Er wuerd’/ ob er gleich GOtt/ der {Klafftern Faeden} Zahl vergeſſen.Civil. Wer ein Weib ausliſten will/ muß vorhero die Tieffe deß Meers ergruenden; denn wird er jenes auch ausrichten koennen.

367.
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Theol. Wenn GOtt einem Menſchen ſeine Gnade entziehet; ſo muß ſeine Herrlichkeit bald abneh= men. Denn wer nicht mit ihm iſt/ der iſt wider ihn: Und wer nicht mit ihme ſammlet der zer= ſtreuet.Civil. Die Abweſenheit deß Geliebten macht den verlaſſenen Theil gantz klein und unſcheinlich.

368.
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Theol Ein Menſch bringt keine Glaubens= und Buß=Fruechte/ ehe ihm die Gnaden=Sonne Got= tes ſcheinet/ und der H. Geiſt den Froſt alles gottloſen Weſens auf=und ausziehet. Bekehre du mich HErr/ ſo werde ich bekehret; hilff du mir/ ſo wird mir geholffen. Da ich bekehret ward/ da thaet ich Buſſe.Civil Wo die Liebe ihren Zweck noch nicht zu erreichen weiß/ iſt ſie gantz betruebt; kommt aber die gewuenſchle Gelegenheit; denn geht es recht in Floribus.

369.
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Theol Wenn die verſtockten Suender ſchon den Hammer deß Geſetzes GOttes immer auf ſie zu= ſchlagen hoeren/ bleiben ſie doch ſtets verſtockt/ und kehren ſich wenig mehr dran. Gebeut hin/ gebeut her! wir wollens doch nicht thun; Diß iſt ihr Widerhall auf GOttes Wortes Schall.Civil. Uberſchlagene Kinder achten der Streiche nicht mehr/ ob man ſie auch halb todt ſchluege.

370.
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Theol. Allzu groſſe irrdiſche Glueckſeeligkeit verurſacht vielen Hoch=und Ubermuth bey einem Men= ſchen. Diß wuſte Salomon wohl; drum bat er zweyerley von GOtt; nemlich Armuth und Reichthum gieb mir nicht; denn ſo er zu ſatt wuerde/ moechte er ihn verlaeugnen und ſagen: Wer [54] iſt der HErr? oder wo er zu arm wuerde/ moechte er vielleichte ſtehlen/ und ſich an dem Namen deß HErrn vergreiffen:Civil. Zwey Verliebte mueſſen einander nicht allzu ſehr liebkoſen; anderſt werden ſie ſich dermaſſen verzaerteln/ daß hernach bey Veraenderung der Sprache/ Gifft und Galle im Hertzen entſtehet.

371.
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Theol. Mancher Menſch verliebt ſich dermaſſen ins Zeitliche/ daß er weder Raſt noch Ruhe hat; und erſchoepffet alle ſeine Kraefften darueber/ ehe bevor er zu ſeiner Seelen ſagen will: Nun liebe Seele! Iß und trinck/ denn du haſt einen guten Vorrath auf viele Jahre. Und wenn ers denn uebers Hertz gebracht alſo zu ſprechen; ſo heiſt es: Du Narr! dieſe Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und weſſen wird es ſeyn/ das du geſammlet haſt?Civil. Unter andern Eitelkeiten ſind Tantzen und Spielen nicht von den geringſten/ die viele Muehe und wenig Nutzen haben.

372.
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Theol. Wer hofft in GOtt und dem vertraut/ der wird nimmer zu Schanden: Und wer auf die= ſen Felſen baut/ ob ihm gleich geht zu Handen viel Unfalls hie/ hab ich doch nie/ den Menſchen ſehen fallen/ der ſich verlaeſt auf GOttes Troſt: Er hilfft ſeinen Glaubigen allen.Civil. Unter allen Tugenden iſt keine ueber die Beſtaendigkeit.

373.
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Theol. Ein Chriſt der keinen rechten Grund ſeines Glaubens und Religion hat/ kan zur Zeit der Anfechtung nicht lang dauren; ſondern wird bald zum Abfall verleitet und bewogen.Civil. Verleumbdung und Luegen/ wie ein groſſes Anſehen bey ihrem Urſprung ſie haben/ koennen gleichwohl nicht lange beſtehen; ſondern mueſſen ploetzlich zu Schanden werden.

374.
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Theol. Durch Adams Fall iſt gantz verderbt menſchlich Natur und Weſen; daſſelb Gifft iſt auf uns geerbt/ daß wir nicht koennen geneſen Suend und Tod haben wir von Adam her geerbet.Civil. Aus boeſen Eltern entſprieſſen ſelten fromme Kinder. Denn wie die Alten ſungen; ſo zwitſchern auch die Jungen. Eine Mutter mueſte eine ſchlechte Naederin ſeyn/ wenn die Tochter das Flicken nicht einmal von ihr lernen ſolte.

375.
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Theol. Wenn GOtt einem Menſchen gute Gedancken ins Hertze giebt; er aber unterdrueckt/ oder verabſaeumet ſie/ der wird ſelber ein Moerder an ſeiner Seele. Alles was lebet/ muß ſeine Nah= rung haben.Civi!. Wer ſtudieren will/ muß nicht nur viele Dinge fleißig auswendig lernen; ſondern auch oeffters repetiren; anderſt vergißt er das foerdere wieder; und das hintere kan ihn hernach wenig helffen.

376.
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Theol. Die Pflantzen/ die mein himmliſcher Vatter nicht gepflantzet hat/ mueſſen ausgerottet wer= den/ ſagt Chriſtus; und die gelten denn wenig. Was er aber erhebet/ das bleibt erhoben; es mag der Urſprung hernach von einer Koeniginne oder Bauren=Dirne ſeyn.Civil. Mancher Menſch gilt dort am wenigſten/ wo er gebohren: und denn aber ſehr viel/ wenn er in der Frembde ſich wohl haelt.

377.
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Theol. GOtt hat ſein Geſetz mit dem Evangelio dermaſſen herrlich temperirt/ daß jenes nicht mehr zu ſauer/ und dieſes auch nicht Eckel=ſueſſe ſchmeckt. Wenn dort die Seel erſchrickt; ſo wird ſie hier erquickt.
|| [55]
Civil. Ein kluger Menſch muß nicht immer munter; ſondern auch ernſthafft ſehen; anderſt wird er fuer einen liederlichen Gaſt angeſchrieben. Habt Saltz bey euch!

378.
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Theol. Haette ein Chriſt alle Tugenden in und an ſich; mangelte aber deß wahren Glaubens an Chriſtum; ſo helffen ihn jene alle nichts. Fuehrt aber dieſer den Troupp; folgen die andern in groeſſeſter Hochachtung vielgueltig hernach.Civil. Der Adel gilt bey klugen Fuerſten nichts; wenn nicht die Ziffer der Tugend davor ſtehet. Denn aber billich deſto mehr; weil Fundament und Ober=Gebaeude gut.

379.
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Theol. Die Heuchler und Scheinheiligen beſtehen nicht fuer GOtt; ob ſie gleich die Menſchen eine zeitlang betrogen haben.Civil. Wer ſein Gemuethe in der Jugend denen Eitelkeiten gar zu ſehr unterwirfft/ der findet ſich bey anwachſenden Jahren von ſolchen gewaltig betrogen: und wird ſowohl andern als ſich ſelber ein Scheuſal.

380.
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Theol. Welchen der HErr lieb hat/ den zuechtiget er/ und hat Wohlgefallen an| ihme/ wie ein Vat= ter am Sohne. Wenn du mich demuethigeſt/ ſo macheſt du mich groß. Nach dem Ungewitter laeſſeſt du die Sonne wieder ſcheinen; und nach dem Klagen und Weynen ueberſchuetteſt du uns mit Freuden.Civil. Wer anfangs was rechtes ausgeſtanden/ dem ſchmecken hernach die guten Tage nur deſto beſ= ſer. Zaertlich erwachſene Leute werden nimmer vergnuegt.

381.
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Theol. GOtt kan ſich oeffters ſtellen/ als wuerff er uns zur Hoellen/ und waer uns Spinnen feind. Bleibt aber doch in allen Noethen/ und wuerd er uns gleich toedten/ der allerbeſte Freund.Civil. Die Warheit iſt an ſich ſelber allen Leuten/ gar eine liebliche Sache; auſſer denen die kein gut Gewiſſen haben.

382.
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Theol. Am Juengſten Tage werden alle Menſchen/ Jueden und Griechen/ Glaeubige und Unglaeubige/ Gute und Boeſe/ Schaafe und Boecke fuer GOttes Gerichte erſcheinen mueſſen; es mag ihnen hernach gleich lieb oder leyd ſeyn: Dieſe Regul hat keine Exception.Civil. Alle Menſchen mueſſen ſterben/ die Jungen wie die Alten; die Unwilligen ſowohl/ als die/ ſo ſich den Todt gerne wuenſchen.

383.
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Theol. Die Buß=Thraenen ſind die beſte Augen=Tinctur fuer den Glauben. Seelig ſind die da Leyd tragen/ denn ſie ſollen getroeſtet werden.Civil. Ob ſchon die Eingezogenheit jungen Toechtern wehe thut/ biß ſie es gewohnen; ſo werden ſie hergegen auch bey andern Leuten deſto mehr eſtimirt.

384.
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Theol. Der Satan ſetzt denen ſchon geaengſteten und betruebten Hertzen am allermeiſten mit Trau= rigkeit und Schwehrmuth zu. Wie die Exempel des Jobs/ Davids und Jonae ausweiſen.Civil. Ein betugneter Menſch hat bey allem Zuſtande ſeine Feinde; doch ſind ſie ihme alsdenn am beſchwerlichſten/ wenn er ohnedem ſchon in Noth und Gefahr ſteckt. Es iſt ein Mordt in ſeinen Gebeinen.
|| [56]

385.
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Theol. Groſſe Miſſethaten laſſen, ob ſie gleich ausgeſoehnet und bey GOtt und Menſchen vergeben ſeyn/ doch ein ſtetiges Merckmahl im Gewiſſen. David bekennet: Meine Miſſethat iſt immer fuer mir. Hiob ſagt zu GOtt: Du ſchreibeſt mir an Betruebniß/ und wilt mich umbringen um der Suende willen meiner Jugend.Civil. Wenn eine gemachte Freundſchafft einmal falſch erfunden/ oder freventlich beleydiget wird; bringt man ſie wohl ſchwerlich wieder ins Reine.

386.
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Theol. Der Welt=Friede iſt eine betruegliche und unbeſtaendige Sache: Schein ohne Weſen. Der Friede GOttes hergegen iſt hoeher denn alle Vernunfft/ und bewahret unſere Hertzen und Sinnen/ in Chriſto JEſu/ zum ewigen Leben/ Amen.Civil. Gauckelwerck und Taſchen=Spiel/ blendt die Leut’/ und nuetzt nicht viel.

387.
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TheoI. Die fleiſchliche Liebe gefaellt alleine denen viehiſchen Menſchen; welche aber Chriſtum ange= hoeren/ die ereutzigen ihr Fleiſch ſambt den Lueſten und Begierden.Civil. Niedrige Gemuether machen nur Eſtim von aeuſſerlichem Schmierwercke/ deß Biſams/ Zibeths und Ambra; was aber ein hoeher Augen=Merck hat/ beluſtiget ſich auch an gar was anders.

388.
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Theol Die fleiſchlichen Wollueſte haben ſolch ein magnetiſches Gifft an ſich; daß/ ob ſie gleich ſchon viele tauſende getoedtet/ dennoch immer wieder andere es darauf wagen/ und ſich ebenfalls von ſel= bigen erwuergen laſſen.Civil. Mancher Quackſalber/ Marckſchreyer und Landſtreicher hat mit ſeinen Tincturen und Abhelf= fungs=Puelverlein ſchon viele Menſchen ums Leben gebracht; gleichwohl lauffen noch immer wie= der andere auf ihn zu.

389.
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Theol. In der Kirche GOttes giebt es viele Heuchler/ welche wie die Lichter ſcheinen; wenn aber der Tag deß HErrn anbricht; denn werden ſie beſtehen wie das Eiß fuer der Sonne. Das aeuſ= ſerliche angemaſte Heiligthum kan nichts zur Seeligkeit helffen; wo es nicht ins Hertze dringt. Wird Chriſtus tauſendmal zu Bethlehem gebohren/ und nicht in dir; du bleibſt noch ewiglich verlohren.Civil Weltlicher Schein und Pracht iſt nur eine eingebildete und keine weſentliche wahre Freude.

390.
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Theol. Als Cain den Abel/ und Judas JEſum ums Leben gebracht/ geriethen ihre Seelen bald darauf ins ewige Verderben.Civıl. Geitzhaelſigte Wucherer/ welche Juden=Zinß von ihrem Naechſten nehmen/ ſaugen ein Land hefftig aus. Es geraeth ihnen aber zuletzt ſelber zum groeſten Verderben.

391.
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Theol. Wir mueſſen durch viel Truebſal ins Reich GOttes eingehen: Die Welt/ Teuffel/ Suend und Hoelle/ unſer eigen Fleiſch und Blut/ plagen ſtets hier unſre Seele/ laſſen uns bey keinem Muth. etc.Civil. Ein Frembdling muß ſchier allenthalben leyden/ und vielen Verdrießlichkeiten unterworf= fen ſeyn.
|| [57]

392.
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Theol. Wer ſtehet/ der ſehe zu daß er nicht falle. Denn es kan vor Abend bald anderſt werden/ weder es am Morgen war. Die folgend Zeit veraendert viel.Civil Ein kluger Mann macht ſich im beſten Gluecke auf Widerwaertigkeit gefaſt. Denn es waehret wunderſelten eine irrdiſche Freude zehen Jahre.

393.
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Theol. Ein jeder Menſch ſoll deß andern Bekehrung und Seeligkeit/ ſo viel an ihm iſt/ ſuchen helf= fen. Doch/ wo Chriſtus ſahe/ daß ſein Wort nur vergebens waere/ da redte er entweder gar nichts/ oder doch ſo/ daß es die verſtockten nicht verſtehen ſolten. Darum ſeyd klug wie die Schlangen. Man muß die Perle nicht fuer die Saeue werffen; noch den Hunden das Heiligthum geben.Civıl. Gelehrte Diſcurſe oder Predigten gehoeren nicht fuer die Bauren.

394.
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Theol. Rechtſchaffene Chriſten achten im gemeinen Umgange nicht das Anſehen der Perſon; ſondern vielmehr die Gnaden=Gaben der Seele. Der ſchoene Abſolom war ein galanter Baum; trug aber ſchlimme Fruechte/ die ſo bitter waren als deß Baums/ der ihn zuletzt ſelber getragen.Civil. Am Wachsthum deß Leibes verunſtaltete Frauens=Leute mueſſen nicht verzagen. Haben ſie nur ein recht wohlgeſtaltes Gemuethe; ſo ſind ſie Tugend=ſuchenden Maennern wohl ſchoener/ als deß Syrachs Sau mit ihrem gueldenen Halsbande.

395.
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Theol. Manche Leute brennen zuweilen fuer Andacht/ wie ein Back=Ofen; aber nur auf den An= lauff/ wie das Flug=Feuer/ weil ſie einen Profit zn hoffen haben/ und man Brod auf ſie zutraegt. Wirds ihnen aber wieder ausgenommen; denn iſt weder Flamme noch Rauch mehr zu ſehen.Civil. Falſch erworbener Ruhm und angemaßte Liebe verſchwinden gar bald wieder.

396.
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Theol. Wer ſeine Luſt an GOtt und deſſen Worte hat/ der wird auch gar gewiß gerne von beyden reden und hoeren. Wo JEſus im Hauſe deß Hertzens wohnet/ dort ſieht er bald zu allen Fen= ſtern heraus.Civil. Mit wem wir umgehen/ deſſen Sitten werden wir endlich auch an uns nehmen.

397.
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Theol. Wie der Wuerg=Engel im Lande Goſen alle Haeuſſer vorbey gehen muſte/ deren Thuer=Pfo= ſten mit Laembleins Blut beſtrichen geweſen; ſo muß der Satan auch keine Macht an denen Chri= ſten finden/ in deren Hertzen JEſus der Baum deß Lebens ſtehet/ wenn er auch nur ſeinen Na= men rechtglaubig nennen hoeret.Civil. Die Laſter und boeſen Begierden kommen nicht mit der Weißheit ueberein.

398.
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Theol. Manche Eltern die ihr Kind zur Kirche und Nachtmahl ſchicken/ putzen daſſelbe auf das trefflichſte heraus: erinnern es aber wohl wenig an ſeine Chriſten=Pflichten. Eben als wenn die Seeligkeit durch den Kleider=Staat ehender erlangt wuerde.Civil. Einen Affen macht das Kleid nicht ſchoener/ und der Reichthum keinen geſchickter/ wenn er von Natur ein abgeſchmackter Menſch iſt.

399.
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Theol. Thun ſich bey einem jungen Manne noch keine Zeichen der Gottesfurcht und eines wahren [58] Chriſtenthums herfuer; mag man wohl ſchwerlich rechtſchaffene Glaubens=Fruechte in ſeinem Alter von ihme hoffen.Civil. Erlangen Eheleute in den erſten Jahren keine Kinder; werden ſie im Alter wenig Kindes= Kinder ſehen.

400.
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TheoI. Die Maria Magdalena war nicht nur im Leben eine beſtaendige JEſus=Juengerin; ſondern ſie beweinte ihn auch noch nach vollendeter Begraebniß/ als ſie zu ſeinem Grabe kam und ihn nicht funde.Civil. Ein treuer Diener iſt ſeinem Herrn nicht nur mit Liebe zugethan/ weil ſelbiger lebet und ihme Unterhalt verſchafft; ſondern auch nach dem Tode.

401.
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Theol. Wollen wir Chriſto/ wie die Sulamith/ das Hertze nehmen mit unſerer Halßketten einer; ſo mueſſen deren Gelencke durch Tugenden an einander hencken. Darum wendet allen euren Fleiß daran/ und reichet dar in eurem Glauben Tugend/ und in der Tugend Beſcheidenheit/ und in der Beſcheidenheit Maeßigkeit/ und in der Maeßigkeit Gedult/ und in der Gedult Gottſeeligkeit/ und in der Gottſeeligkeit bruederliche Liebe/ und in der bruederlichen Liebe gemeine Liebe.Civil. Wer ſich erſtlich an ein Laſter allzu ſehr gewoehnet/ der wird bald leichtlich Appetit zu meh= rern bekommen.

402.
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Theol. Wer den HErrn fuerchtet/ dem wirds wohl gehen in der letzten Noth/ und wird endlich den Segen behalten. Wer aber ohne Furcht faehret/ der gefaellt GOtt nicht/ und ſeine Frechheit wird ihn ſtuertzen.Civil. Eine recht fuerſichtige Liebe macht manchen Menſchen auf ſein Lebenlang gluecklich. Die Un= beſonnene hergegen verſenckt viele in die Tieffe deß Elends.

403.
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Theol. Wen GOttes Guete aus einer ſchweren Suenden=Noth errettet/ der hat Urſache/ ihm hertz= lich zu dancken: und dencken/ was Chriſtus zu dem geneſenen vieljaehrigen Patienten am Teiche Betheßda geſagt/ als er ihn von ſeinem Elende befreyet im Tempel gefunden: Siehe zu/ du biſt geſund worden/ ſuendige fort nicht mehr/ daß dir nicht etwas aergers widerfahre.Civil. Wer einmal von jemanden fuerſetzlich mit Falſchheit hintergangen worden/ der huetet ſich billich immerdar fuer einem ſolchen Menſchen.

404.
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Theol. GOtt iſt die Liebe/ und wer in der Liebe bleibet/ der bleibet in GOtt/ und er in ihme. Laſſet uns ihn lieben; denn er hat uns erſt geliebet/ und geſagt: Ich habe dich je und je gelie= bet/ darum habe ich dich zu mir gezogen/ aus lauter Guete.Civil. Wer ein recht liebreiches Hertze hat/ dem werden andere Menſchen auch gar bald gewogen. Und ein guetiger Landes=Fuerſt zeucht ſeiner Unterthanen Hertzen an ſich/ daß ſie Gut und Blut bey ihme aufſetzen.

405.
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Theol. Wie manche lieblich erſchaffene Speiſe und Tranck/ Brod/ Fleiſch und Wein/ wird von einem Fraß und Saeuffling jaemmerlich verderbet/ wenn er ſeinen Uberfluß gleich einem Hunde wieder von ſich ſpeyet/ und die Creatur zum ſeuffzen noethiget.
|| [59]
Civil. Wer nichts ſchonet/ ſondern uur zum Verderben geneigt bleibet/ iſt durch die Banck nichts nuetze.

406.
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Theol. Wer mit GOtt nicht ausgeſoehnet iſt/ hat nimmer und nirgend Ruhe/ er fahre gleich in ei= ner ſammetnen Kutſche oder gehe zu Fuſſe. David hat es erfahren; drum ſagte er: Es iſt kein Friede in meinen Gebeinen/ fuer meiner Suende.Civil. Will jemand eine rechte Gemueths=Zufriedenheit erlangen/ der muß ſich nicht in allerley Haen= del miſchen. Die Magnet=Nadel ſucht eintzig ihren Nord=Pol; und machts nicht wie der Uhr= weiſer/ der 12. Ziffern beruehrt/ und doch auf keiner lange bleiben mag.

407.
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Theol. Die geile Liebe und alle fleiſchliche Wollueſte haben einen ſueſſen Anfang und bitteres Ende/ wie St. Johannis Buechlein/ welches ihme im Munde ſueſſe ſchmeckte/ und im Bauche grim= mete.Civil. Vornehme Ehren=Stellen werden von den meiſten mit Freuden betretten/ und mit Beſchwer= lichkeit beſeſſen.

408.
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Theol. Der Teuffel iſt GOttes Affe/ und macht ihme vielerley Dinge/ aber in gar ungleicher Gleichheit nach. Dahero GOtt wohl der Meiſter/ und der Satan nur ein elender Pfuſcher bleibet.Civil. Die Affter=Koenige und falſchen Propheten thun ſich zwar auch zuweilen in etwas herfuer; al= leine mit entlehntem Lichte; woran ſich wenig waermen noch gruendlich helffen koennen.

409.
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Theol. Sind wir GOttes; ſo wird deſſen Liebe auch alle Liebe der Welt ausloeſchen und aus unſe= rem Hertzen vertilgen. Und die Goettliche Bedrohungen werden bald alle wılde Brunſt und Flam= men verjagen.Civil. Ein vor Liebe/ und ein vor Zorn und Rachgier brennender Menſch werden keine gute Freund= ſchafft zuſammen ſtifften.

410.
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Theol Man ſiehet oeffters von Ferne einen Menſchen fuer ſo heilig und GOtt ergeben an/ als ob er mit Paulo in den dritten Himmel entzueckt waere; wenn man ihn aber naeher betrachtet/ fehlt es ihme noch gar weit und viel.Civil. Mancher flattirt ſich ſein Vatter/ Vetter/ Schwager oder Bruder ſtuende beym Landes=Fuer= ſten in ſo groſſen und hohen Gnaden/ daß er alles drauf wagen doerffte. Findet aber beym Ge= ſuch ihrer Huelffe/ daß es noch weit von ſeiner Einbildung ſeye.

411.
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Theol. Habt nicht lieb die Welt/ noch was in der Welt iſt; als da iſt/ Fleiſches=Luſt/ Augen= Luſt und hoffaertiges Leben.Civil. Viele Menſchen laſſen ſich durch die bemilchten Brueſte einer unzuechtigen Dina/ Thamar oder Delila/ Maria Magdalena und ſchoenen Helena zur geilen Brunſt bewegen; wordurch ſie aber in ihr Verderben fallen.

412.
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Theol. GOtt hat den Menſchen geſchaffen zum ewigen Leben/ und hat ihn gemacht zum Bilde/ daß er gleich ſeyn ſoll/ wie er iſt. Aber durchs Teuffels Neid iſt der Tod in die Welt kommen/ und die ſeines Theils ſind/ helffen auch dazu.
|| [60]
Civil. Daß ich nicht untergeh; ſuch und meid ich vier W. Weißheit und Warheit ſind zu ſuchen/ Wein und Weiber aber zu fliehen.

413.
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Theol. Sonder Goettliche Guete iſt unſer Chriſtenthum gar ſchlecht beſtellt. Paulus pflantzt/ Apollo begeuſt; GOtt aber muß das Gedeihen darzu geben; denn giebt es ſchoene Glaubens= Blumen.Civil. Wenn ein gelehrter Mann ſeines Fuerſten Gnade und Hochachtung beſitzt/ ſo gilt ſeine Ge= ſchicklichkeit noch eines ſo viel/ als zu vorhero.

414.
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Theol. Eines iſt Noth/ Maria aber hatte das beſte Theil erwaehlet/ welches nicht von ihr genom= men werden ſolte. Und ein Chriſt muß alle ſeine Abſichten anfoerderſt auf die alleinige Ehre GOttes haben; ſo wird ihm ſein Unternehmen wohl gedeihen/ und der Segen nach und nach immer zahlreicher folgen.Civil. Ein rechtſchaffenes Weib folgt ihrem Manne allenthalben nach/ wie der Schatten dem Zei= ger=Drate/ wo er ſie hinfuehret/ ueber Berg und Thal.

415.
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Theol. In GOttes Gnaden=Reiche ſind mancherley Gaben/ aber es iſt ein Geiſt. Und es ſind mancherley Aemter/ aber es iſt ein Herr. Und es ſind mancherley Kraefften/ aber es iſt ein GOtt/ der da wircket alles in allem. In einem jeglichen erzeigen ſich die Gaben deß Geiſtes zum gemeinen Nutz. Diß aber alles wuercket derſelbige einige Geiſt/ und theilet einem jeglichen ſeines zu/ nachdem er will.Civil. Mancher Vatter wendet gleiche Liebe/ Treue/ Fleiß/ Sorgfalt und Koſten auf alle ſeine Kinder/ doch gedeihen ſie ſo am Leibe/ als Gemuethe und Seele nicht gleich; ſondern nachdeme eines jeden Naturell darzu geſchickt und bequem iſt.

416.
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Theol. GOttes Guete reichet ſo weit der Himmel/ und die Erde iſt voll ſeiner Gueter. Ja! keine Klugheit kan ausrechnen/ GOttes Guet und Wunderthat; ja! kein Redner kan ausſprechen/ was ſeine Hand erwieſen hat. Seiner Wohlthat iſt ſo viel/ ſie hat weder Maaß noch Ziel.Civil. Ein recht bruenſtig verliebter Menſch hat ſo viele Liebes=Gedancken im Kopffe/ und ſo viel ſehn= ſuechtige Seufftzer im Hertzen/ daß ſie nicht zu zehlen ſind.

417.
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Theol. Wenn GOtt Chriſtlichen Eheleuten ſchon zuweilen viele ſchoene und kluge Kinder giebt; wird man doch ſelten hoeren/ daß ſie alle davon kommen/ und groß werden.Civil. Ledige Leute ſollen wenigſtens nicht alle beyde gar zu bald in Eheſtand tretten; weil ihre Kin= der meiſtens ſchwach und kraencklich werden.

418.
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Theol. Die dieſer Welt brauchen/ ſollen derſelbigen nicht mißbrauchen; denn das Weſen dieſer Welt vergehet. Und nach dieſem Leben folgen drey unvermeidliche Dinge/ einem jeden Men= ſchen/ wer der auch ſeyn mag: Der Tod/ das Gericht und die Ewigkeit.Civil. Manch galantes Frauenzimmer iſt ſo lange in der Liebe Rechen= Schule gangen/ biß ſie ſub- trahiren lernen: Eins von zweyen bleibt drey.

419.
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Theol. Das Chriſtenthum leydet keinen Mueßiggang; ſondern erfordert immerdar etwas zu thun. [61] Schaffet/ daß ihr ſeelig werdet. Thut Fleiß euren Beruff und Erwaehlung feſt zu machen durch gute Wercke. Doch muß kein Chriſt aus ſeinen Schrancken weichen; ſondern darinnen treulich fortwandeln/ wie ihn der HErr beruffen hat. Auch nicht ſeyn als einer/ der in ein frembd Amt greifft.Civil. Ein kluger Hofmeiſter muß ſeinen Untergebenen nicht viele Muße geſtatten; aber auch nicht/ daß er unbefohlne Dinge/ und die von ſeinem Hauptzwecke abgehen/ unternehme.

420.
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Theol. Der Glaube muß allen uebrigen Chriſten=Tugenden ihren Glantz und Anſehen machen. Denn was nicht aus dem Glauben gehet/ das iſt Suende.Civi!. Ein Vatter kan wohl zehen Kinder ernaehren; aber nicht leichtlich zehen Kinder einen Vatter. Joſeph in Egypten iſt ſchon gar lange todt.

421.
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Theol. Chriſtus nahm am Creutze von ſeiner Mutter und Johanne Abſchied; aber es funde ſich bald wieder ein was er verſprochen: Ich will euch wieder ſehen/ und euer Hertz ſoll ſich freuen/ und eure Freude ſoll niemand von euch nehmen.Civil. Wenn ſich zwey liebe Hertzen durch eine Reiſe trennen mueſſen; ſo iſt ihr Troſt/ daß auch die erſte Stunde nach ihrem Abſchiede ſchon ſo viel zu ihrer deſto baeldern Wiederzuſammenkunfft an der Zeit beytraeget und ſie naeher anruecken macht. So auch/ wenn gute Freunde von einander ſterben mueſſen.

422.
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Theol. Du ſolt dir kein Bild noch Gleichnueß machen/ dieſelbe anzubeten. Unterbleibt aber das letzte; mag das erſte gar wohl geſchehen/ zumahlen jetziger Zeit/ da die Chriſten ſo deutlich von dem Unterſchie= de der Goetzen= und Erinnerungs=Bildereyen unterwieſen ſind/ und noch taeglich werden. GOtt mahlet uns ja ſelber alle Jahre neue Bilder abgeſtorbener Creaturen/ mit lebendigen Farben vor.Civil. Mancher verachtet das an einem andern/ was er doch ſelber an ſich hat: und eiffert offt mit Unverſtande.

423.
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Theol. Wenn wir einen Phariſaeiſchen Scheinheiligen ſeine Salbe ſo trefflich heraus ſtreichen hoe= ren; ſollen wir dieſelbe weile mit dem Zoellner dencken: GOtt ſey mir Suender gnaedig!Civil. Auch ein frembder ſchlechter Mann kan ſich an denen eitelen Thorheiten deß Landes ſchlecht ergoetzen/ wie ſchoen ſie gleich ſeyn.

424.
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Theol. Chriſt! wer hat dich fuergezogen? was haſt du aber das du nicht empfangen haſt? So du es aber empfangen haſt/ was ruehmeſt du dich denn/ als der es nicht empfangen haette? Es iſt ja HErr/ dein Ge= ſchenck und Gab/ mein Leib/ Seel und alles was ich hab/ in dieſem armen Leben. Damit ichs brauche zum Lobe dein/ zu Nutz und Dienſte deß Naechſten mein; wolleſt mir deine Gnade geben.Civil. Treue Freunde ſind rar. Doch giebt es noch wohl zuweilen einen/ der das Geld ſelber ent= lehnet/ und hilfft dem andern wieder damit aus der Noth.

425.
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Theol. Wo die Liebe GOttes ein Chriſten=Hertze recht entzuendet hat/ wird ſolches wenig darnach fragen/ ob ſchon das irrdiſche Vermoegen zur Ehre GOttes und deß Naechſten Dienſt/ abnehmen ſolte. Abraham wolte auch den Iſaac ſo gar verbrennen.Civil. Die allzu groſſe Verliebtheit in eine andere Perſon hat ſchon manch junges Hertze ſambt allen Leibs= und Lebens=Kraefften aufgerieben.
|| [62]

426.
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Theol. Wenn GOttes Zorn=Fluthen daher rauſchen/ daß hier eine Tieffe und da eine Tieffe brauſet/ ſo lechzet die zagende Seele auch mitten im Waſſer dennoch nach dem Troſt=Bruennlein Iſraelis/ und ſeuffzet/ daß die Himmel von oben herab traeuffeln wolten/ wenn ihr um Troſt ſehr bange wird.Civil. Ein guetiger Blick deß Geliebten/ iſt der Braut lieber/ als wenn ſie eine gantze Armee andere Leute anlachete.

427.
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Theol. Man hat vor Zeiten gar viele rechtglaeubige Chriſten als Ketzer verbrennet/ und ſie fuer ſchwartze Teuffel geachtet; die nach der Zeit als groſſe Heiligen und Kinder deß Lichts renommirt worden.Civil. Mancher hat ſeinen Ehegatten nicht hoeher eſtimirt/ als da er ihn nimmer ſprechen koennen. Was ihme im Leben ein Eckel geweſen/ wurde nach dem Tode fuer die groeſte Delicateſſe geachtet.

428.
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Theol. Ich hebe meine Augen auf zu dir/ der du im Himmel ſitzeſt. Man darff kein Perſpectiv in Him= mel einzuſehen; kehr dich nur von der Welt/ und ſchau; ſo wirds geſchehen. Aufwerts/ liebes Hertz!Civil. Ein jeder Menſch hat etwas das er liebt; der eine ſucht Geſellſchafft/ der andere Einſamkeit; nachdem das Temperament/ nachdeme iſt auch die Inclination.

429.
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Theol. GOtt und der Welt Abſichten gegen die Menſchen/ ſind gar weit unterſchieden. Jener ſucht den Leib in etwas zu kraencken/ damit die Seele in der Zeit deſto beſſer; zuletzt aber Leib und Seele dort ewig geneſe. Dieſe hergegen kraenckt/ wuerget und mordet Leib und Seel auf zeitlich und ewig; wie delicat anfangs ihre Kueche beſtellt.Civil. Kluge Eltern geben ihren Kindern nicht allezeit was ihnen lieb waere; ſondern nur was dienlich iſt.

430.
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Theol. Wer arges thut/ der haſſet das Licht/ und kommt nicht an das Licht/ auf daß ſeine Wercke nicht geſtrafft werden. Wer aber die Warheit thut/ der kommt an das Licht/ daß ſeine Wercke offenbar werden/ denn ſie ſind in GOtt gethan.Civil. Ein aufrichtiger Menſch muß jedermann frey und froelich unter Augen gehen. Denn wer all= zu Leute=ſcheu iſt/ wird gemeiniglich fuer tueckiſch gehalten/ und iſt es auch wohl.

431.
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Theol. Wenn der Satan ſich erſtlich an einen frommen Chriſten mit Anfechtungen reiben darff; da macht er ihme auch wohl einen eintzigen boeſen Gedancken zur Himmelſchreyenden Suende. Drum haben wir Urſache/ JEſum anzuflehen/ daß er fuer uns bete/ damit unſer Glaube nicht aufhoere.Civil. Wo die Affecten bey einem Menſchen herrſchen/ da werden auch die minſten Fehler deß Naech= ſten fuer groſſe Verbrechen und Criminal=Laſter angeſehen.

432.
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Theol. Wer halb GOtt und halb dem Satan gehorchen wolte/ wuerde an ſtatt kalt oder warm ſo lau werden/ daß ihn GOtt ausſpeyhen wird aus ſeinem heiligen Munde. Ihr koennet nicht GOtt dienen und dem Mammon; noch vielweniger Chriſto und Belial.Civil. Ein weiſer Menſch/ weß Geſchlechts er auch iſt/ muß einem andern mit ſeiner Antwort oder Widerſprechen nicht in die Rede fallen; ſondern warten biß er ſeine Meynung zuvor geſagt.

433.
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Theol. Fleuch fuer der Suende/ wie fuer einer Schlangen/ denn wo du ihr zu nahe kommſt/ ſo ſticht ſie dich. Ihre Zaehne ſind wie Loewen=Zaehne/ und verderben den Menſchen; daß es gar bald heiſſen kan: Dein Schade iſt verzweiffelt boeß.
|| [63]
Civil. Ein Kluger muß ſeinem erhitzten Zorn abbrechen/ ehe er in gefaehrliche Worte und Thaetlich= keiten ausbricht.

434.
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Theol. Wenn der Teuffel einen in Wolluſt erſoffenen Menſchen angreifft; ſo benimmt er ihme zu erſt die Fueſſe deß Glaubens und Hoffnung/ als womit er eigentlich zur Seeligkeit gen Himmel lauffen ſolte. Darum huetet euch/ daß eure Hertzen nicht beſchwehret werden mit Freſſen und Sauffen.Civil. Wer ſich an die Huren haenget/ kommt bald um ſeine Kraeffte/ und hat nicht ſelten das Zipper= lein zu gewarten/ welches ihn zum Gehen untuechtig macht.

435.
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Theol. Wolte ein Prediger immer troeſten/ wuerde er dem Teuffel ein hauffen Boecke groß ziehen; wolte er aber immer vom Berg Sinai donnern/ wuerden ſeine Schaafe ſich leichtlich ins Angſt=Meer ſtuertzen und verzagen. Darum am beſten: Euere Rede ſey allezeit lieblich/ und mit Saltz gewuertzt.Civil. Wenn die Kinder wohl erzogen werden ſollen/ mueſſen ſie mit guter Mauier geliebt und geſtrafft werden.

436.
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Theol. Chriſtus der HErr kam vom Himmel auf Erden/ und brachte viel Wohlthaten mit ſich; aber nicht/ daß er ſich dienen lieſſe/ ſondern daß er andern dienete/ und gab noch darzu ſein Leben zu einer Erloeſung fuer viele.Civil. Unterthauen und Eltern machen ſich vielmalen viele Muehe und Sorgen/ mehr aber fuer ihre Obrig= keit und Kinder/ als fuer ſich ſelber. Sie ſind vergnuegt/ wenn ſie nur das Maul mit Ehren durchbringen.

437.
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Theol. Wo bey einem verſuendigten Chriſten der aeuſſerliche Leib durch Reue und Buſſe untergehet; da wird doch der innerliche von Tag zu Tage verneuert und froelicher.Civil. Die Gluecks=Sonne geht manchem qualificirten Manne zu Zeiten unter; alleine ſie beſucht ihn auch zu ſeiner Zeit ſchon wieder freundlich.

438.
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Theol. Wohl dem der nicht wandelt im Rath der Gottloſen/ noch tritt auf den Weg der Suender/ noch ſitzet da die Spoetter ſitzen; ſondern hat Luſt am Geſetz deß HErrn/ und redet von ſeinem Geſetz Tag und Nacht. Der iſt wie ein Baum gepflantzt an den Waſſerbaechen/ der ſeine Frucht bringet zu ſeiner Zeit/ und ſeine Blaetter verwelcken nicht/ und alles was er macht/ das geraeth wohl.Civil. Je mehr ſich ein ſchon qualificirtes Gemuethe von groſſem Geraeuſche abſondert; je klueger es wird.

439.
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Theol. Wie die Welt ſelbſt unbeſtaendig und ihrem Fall ſchon nahe iſt; ſo kan ſie auch keine Beſtaendig= keit gewaehren. Alle ihre Dinge wechſeln mit Zu= und Abnehmen; wie der Mond: und was heute in die Hoehe gebaeumet ſieht/ muß morgen ſich ſchon buecken. Das falſche Nichts Beſtaendigkeit genen= net/ darauf ich manchen Schluß gebaut/ das hab ich allzu langſam recht erkennet/ und allzu ſicher an= geſchaut. Haett ich doch zuvor bedacht: daß Irrthum klug/ doch nicht gluecklich macht.Civil. Mein lieber trau den Leuten nicht; ſie find wie eine Wiege. Der heute Hoſianna rufft/ ſchreyt morgen Crucifige!

440.
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Theol. Der Satan ſtellt ſich offt als ſchlieff er/ damit die Leute ſicher werden. Da er doch nur lau= ret/ ſie in ihren Suenden zu erhaſchen und zu verderben.Civil. Es ſchlaffen nicht alle/ ſo die Augen zu thun; auch ſehen nicht alle/ die ſolche offen haben. Jenes iſt der Lauſcher weiſe/ diß aber der ſtaarblinden Unglueck.
|| [64]

441.
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Theol. Wo der wahre Glaube an Chriſtum mit hertzlicher Erkaenntniß und Rene der Suenden un= terlegt iſt/ da heiſt die Buſſe richtig; Und bald folgt die Lebens=Beſſerung gantz willig darauf/ und beweiſet durch die Strahlen der GOttes=und Naechſten=Liebe/ daß ſelbiger ein Orientaliſcher Stein ſey.Civil. Alle Tugenden leuchten ſchoener/ wenn ſie auf die Demuth gegruendet werden.

442.
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Theol. Wie die allzu groſſe Hitze der Regierſucht gemeiniglich ſtuertzet: und Hamans Fall bereitet; ſo erhebet die innerliche Demuth/ und macht die Eſther ſehr groß.Civil. Wenn groſſe Herren ihren Staat ueber ihre Einkuenffte formiren; iſts eine genugſame Anzei= ge/ daß die Liebe zu ihren Unterthanen kalt worden. Wo hergegen dieſe noch in ihrer natuerlichen Waerme/ findet ſich die Eingeſchraencktheit allenthalben.

443.
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Theol. Die weltliche Luſt verurſacht der Seele nur mehr Hitze und Durſt/ an ſtatt daß ſie ſolchen loeſchen kan; da hergegen der Freude in GOtt alle Zufriedenheit folget.Civil. Wie thoericht thut der Mann/ der aus der Pfuetze trinckt; und die Fontaine laeſt/ die ihm im Hauß entſpringt.

444.
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Theol. Wahrer Chriſten Wercke und Verrichtungen mueſſen in den Hafen der Demuth gethan/ und darbey erwogen werden/ daß ſie Erd und Aſche ſind. Denn was du thuſt/ ſo bedencke das En= de; ſo wirſt du nimmermehr Ubels thun.Civil. Wir mueſſen unſere Einflueſſe der Gedancken nicht flux ſo bruehwarm zu Marckte tragen; ſon= dern ſie vorhero anderen zu beurtheilen uebergeben; denn werden ſie deſto ſolider heraus kommen.

445.
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Theol. Es muß ein ſeuchtes Chriſtenthum ſeyn/ wenn es ſogleich von einer jeglichen geringen An= fechtung in Furcht und Schrecken geſetzt werden kan. Geuebter Chriſten Wahl=Spruch heiſt: Wir haben allenthalben Truebſal; aber wir aengſten uns nicht.Civil. Ein Weiſer laeſt ſich eine kleine Schmach nicht gleich betrueben; und eine groſſe Ehre nicht bald froe= lich machen; ſondern nimmt beedes mit einer ſittſamen Großmuethigkeit als etwas Eiteles an.

446.
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Theol. Wo iſt Salomo der Weiſe? wo Mathuſalem der Greiſe? wo denn Hiob ſchlecht und recht? wo St. Paulus Chriſti Knecht? wo der theure Abraham? Todt/ weil ſie der Tod weg nahm.Civil. Einem klugen Menſchen fehlt es doch gar ſehr an der Weißheit/ wenn er noch nicht gelernet hat ſeine Tage zehlen/ noch ſeine Seele in ſeiner Hand zu tragen.

447.
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Theol. Weil Chriſtus ſich in den Staub der Erniedrigung herunter gelaſſen; wurden die Menſchen dadurch erhoehet. Doch bliebe er der Eckſtein/ und wir alleſamt Erd und Aſche.Civil. Ein Eſel wird doch kein Adler/ wenn er gleich auf dem hoechſten Berg ſtuende: Und ein Weiſer drum doch kein Haluncke/ wenn er gleich wegen aeuſſerlicher Ungluecks=Faelle einen zerlummten Rock an hat.

448.
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Theol. Suende iſt allen Menſchen gemein und angebohren; doch wird ſich keiner/ der gedencket ſeelig zu werden/ ſeiner Suenden ruehmen; ſondern allezeit ſchaemen/ wie der Zoellner im Tempel/ welcher von ferne ſtunde; wolte auch ſeine Augen nicht aufheben gen Himmel; ſondern ſchlug an ſeine Bruſt und ſprach: GOtt ſey mir Suender gnaedig!
|| [65]
Civil. Leute ſo in oeffentlichen Aemtern ſtehen/ ſollen ihre anklebende Maengel und Laſter bergen/ ſo viel ſie immer koennen; damit aus einem Ubel nicht auch Aergerniß als das andere entſtehe.

449.
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Theol. GOtt ſpeiſet zwar ſeine liebe Kinder mit Thraenen=Brod/ und traencket ſie mit groſſem Maß voll Thraenen. Doch laeſt er auch nach dem Ungewitter die Sonne wieder ſcheinen: und nach dem Heulen und Schreyen ueberſchuettet er ſie mit Freuden.Civil. Wenn der Vatter toedtlich krancket; ſo ſtehen die Kinder gantz nieder geſchlagen; folgt aber ſei= ne Geneſung/ werden ſie auch wieder aufgericht.

450.
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Theol. Ein vom Eigen=Duenckel und Selbſt=Liebe beſeſſener Schwaermer dichtet ſich einen Glauben wie er will/ und meynt er habe den Stern aus Jacob alleine im Beſitz.Civil. Weibsleute/ welche von gewaltſamen Begierden angeflammet werden/ machen offt ſeltſame Haendel.

451.
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Theol. Der Menſch vom Weibe gebohren/ lebt eine kurtze Zeit/ und iſt voller Unruhe. Denn da iſt immer Sorge/ Furcht/ Hoffnung/ und doch zuletzt der Tod. Die Wiege blueht nicht ohne heiſſe Thraenen/ die Jugend lernt mit Fallen gehn: Sie muß ſich halb verbrennen/ halb verſehnen/ und unter Sturm und Klippen ſtehn.Civil. Schiffers=Kinder werden gemeiniglich gerne wieder Schiffer/ ob ſie gleich von nichts als Mueh und Unruhe wiſſen.

452.
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Theol. Ein Geiſtlicher der ſich gar zu viel bey Hofe aufhaelt/ kan ſeine Froemmigkeit leichte veraen= dern. Lang zu Hofe/ lang zu Hoelle. Die Hof=Art lehret Hoffarth.Civil. Leute in warmen Laendern gebohren und erzogen/ mueſſen/ wo ſie nicht gar crepiren/ doch an= fangs einen harten Sturtz ausſtehen/ wenn ſie in kalte rauhe Laender ziehen. Eben ſo geht es auch denen Wein=Trinckern/ wenn ſie deß Biers gewohnen ſollen.

453.
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Theol. Ein Suender der in ſeinem Leben nicht zeitlich Buſſe thut/ wird nach dem Tode keine Zeit mehr darzu haben. Denn in der Ewigkeit findet kein Glaube mehr Platz. Ohne Glauben aber ıſts unmueglich GOtt zu gefallen. Und der Glaube iſt die Seele der wahren Buſſe.Civıl. Junges Blut/ ſpahr dein Guth; Armuth im Alter wehe thut. Gehe zur Ameiſe; die be= reitet ihr Brod im Sommer.

454.
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Theol. Wo der Satan eine gute Anzahl Chriſtlicher Tugenden bey einem Kinde GOttes erblickt/ da eilet er bald als der General- Abaddon und Ertz=Verderber hinzu; wie der Edomitiſche Fuerſt Hiob erfahren; deſſen gantzes Vermoegen er verderbt und in Grund geriſſen/ bloß weil er ſo Gottsfuerchtig und dem Guten ergeben war.Civil. Wer ſtets ſchwelget und im Uberfluß turnirt/ ziehet ſich viele ſchaedliche Kranckheiten zu.

455.
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Theol. HErr wenn ich nur dich habe/ ſo frag ich nichts nach Himmel und Erden. Gute Nacht ô Weſen/ das die Welt erleſen/ mir gefaellſt du nicht. Wer deß Koeniges Gnade gewiß zu finden weiß/ wird ſich wenig um den Kuechen=Jungen bekuemmern.
|| [66]
Civil. Wenn ein tugendhaffter Menſch bey klugen und angeſehenen Leuten eſtimirt iſt/ muß er ſich nicht viel unter den niedrigen Poebel miſchen. Denn Liederlichkeit iſt drum keine Demuth/ und Eingezogenheit keine Hoffarth.

456.
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Theol. Wo die Liebe GOttes erſtlich in denen menſchlichen Hertzen erkaltet iſt/ da beſucht ſie Beel= zebub der Muecken=Koenig gar fleißig; haelt ſich aber gemeiniglich nicht lange bey ihnen auf; weil er ihrer ſchon genugſam verſichert iſt; ſondern durchwandert ſo ferner duerre Staedte/ ſuchet Ruhe und findet ihr nicht.Civil. Huren=Baelge haben keine beſtaendige Liebe; ſondern ſuchen immer wieder eine andere Speiſe.

457.
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Theol. Wenn ein Chriſt recht in die Wiedergebuhrt getretten iſt; wird er alle irrdiſche Herrlichkei= ten mit Sanct Paulo nur fuer Schaden und Dreck achten/ und zu der Welt ſprechen: Was hilfft mich dein Pracht? den gar nicht ich acht: Der eitele Tand bringt manchen in Armuth/ in Spott und in Schand.Civil. Juuge Huren/ alte Kupplerinnen und Lazareth=Quarniſonen. Junge Schmincke/ alte Stin= cke. Wer in Juenglings=Jahren auf Doernern der Wolluſt getantzt; muß im Alter viele Schwae= ren aufſtechen.

458.
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Theol. Als die Sonne der Gerechtigkeit JEſus am Stamm deß Creutzes untergieng/ warff der Berg Golgatha einen ſolchen Schatten/ daß das gantze Land davon ſtockfinſter ward. Und wenn GOtt ſeine Gnade entzeucht/ iſt es in einer traurigen Seele pechſchwartz und dunckel.Civil. Groſſer Herren Thaten/ Glueck und Ungluecke werden weit ruchbar; Eben ſowohl auch recht gelehrter Leute.

459.
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Theol. Groß Macht und viel Liſt/ deß Satans Rueſtung iſt/ auf Erd iſt nicht ſeines gleichen. Doch kan er wider rechtglaubige Chriſten nichts ausrichten/ als was ihme GOtt ueber ſie verhaenget; ja nicht eine Sauborſte kruemmen/ ehe bevor es ihme von Chriſto erlaubet iſt.Civil. Eines ohnmaechtigen und verzagten Draeu=Worte muß man nicht achten/ noch ſich viel mit ih= me in Diſpüten einlaſſen. Denn es lohnt ſich der Muehe nicht.

460.
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Theol. Die boeſen Geiſter unter dem Himmel finden ſich dort gerne ein/ wo ein faules und aſotiſches Weſen getrieben wird; wie die Schlangen und Ottern ihre Eyer nirgend lieber hinlegen/ als in die ſtinckenden Miſthauffen. Drum ſoll man beten: Schaffe in mir GOtt ein reines Hertze/ und gieb mir einen neuen gewiſſen Geiſt!Civil. Liederliche Purſche und gemeine Soldaten ſind gerne in ſolchen Quartieren/ wo es praff nach Toback/ Brandewein/ Haerings=Brueh/ Zwiebel und Knoblauch/ Schmierkaeße/ und andern Lu= der=Leben ſtinckt.

461.
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Theol. Wenn ein Chriſt ueberzeugt iſt/ daß ſeine Suenden GOtt und ihn von einander geſchieden; wird ihm bald angſt und bange; ſo/ daß er mit Hißkia winſelt wie ein Kranich und Schwalbe/ und wie eine Taube girret: HErr! ich leyde Noth/ lindre mirs.Civil. Ein getreues Weib hat wohl Urſache ſich zu betrueben/ wenn ihr Mann von Feinden verjagt/ oder wohl gar gefangen von ihr weggenommen worden; weil ſie den Ausgang eben nicht wiſ= ſen kan.
|| [67]

462.
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Theol. Wenn ſchoene liebe Kinder durch den Tod geraubet werden/ ſieht es winterhafftig aus/ waers ſchon ſonſt der Zeit nach mitten im Sommer; Alleine am Fruehling deß Juengſten Tages kommen ſie als Roſen wieder. Gedult!Civil. Ein Krancker muß ſich nicht verzagt anſtellen/ wenn die Geſundheit nicht ſtracks wieder kommt. Die Zeit bringt Roſen.

463.
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Theol. Der Geſchichts=Glaube und Wiſſenſchafft von GOtt und Chriſto mag einen Menſchen ſo wenig ſeelig machen; als wenig der Teuffel davon ſeelig wird/ der die Hiſtorie wohl beſſer innen hat/ als tauſend Chriſten; wenn nicht der zueignende Glaube/ welcher durch die Liebe und Laemb= leins=Sanfftmuth JEſu thaetig iſt/ darbey mit folget.Civil. Viel von Tugenden und Sanfftmuth diſcuriren koennen; und aber doch ſelber voll Laſter und Rachbegier ſeyn/ hat der Zimmerleuthe Noaeh Belohnung zur Folge/ welche den Kaſten gebauet/ und doch im Waſſer erſoffen; weil ſie nicht ſelber mit in die Arche gegangen.

464.
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Theol. Leute/ die ſich zu ſehr ins Irrdiſche verlieben/ und ihr Tichten und Trachten nur auf daſ= ſelbe ſetzen/ bilden ſich das Ewige und die Seeligkeit als gar was gering=aechtiges ein. Und was ſie nicht mit Thoma nahe ſehen/ und ſelber fuehlen/ ja die Haende gar hinein ſtecken/ noch mit denen Fingern darinnen herum wuehlen koennen/ wollen ſie auch nicht glauben. Aber ſeelig ſind/ die gar nicht ſehen/ und doch glauben.Civil Wer einem Ungelehrten viel von der Aſtronomie fuerſchwatzt/ gewinnet nichts darmit als den Verluſt der Zeit/ und daß er fuer einen Aufſchneider oder Narren gehalten wird.

465.
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Theol. Wer einen Chriſten oeffters unter liederlicher Geſellſchafft vieler boeſen Buben antrifft/ mag ſich wohl wenig Gottesfurcht von ihme verſprechen; wenn er gleich noch ſo fromm zu ſeyn ſchiene.Civil. Eine qualificirte Jungfer rollt nicht mit allen Vieh=Maegden herum.

466.
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Theol. Die Welt ſiehet der geiſtlichen Gebrechen gemeiniglich am erſten/ wenn gleich ihre eigene vielmal groeſſer ſind; Dahero ſie auch Urſache haben/ deſto exemplariſcher zu leben.Civil. Je eingezogener ſich mancher Menſch haelt; ſo mehr ſucht man ihn zu beſchmitzen: Daß/ wenn andere ſchon Tag und Nacht im Luder leben; ſo heiſts: Ey das iſt eben ein ſchon gewohntes Welt= Kind/ der es nicht anderſt macht. Jener betugnete hingegen/ ſoll bald auf die erſte oder andere Ubereilung/ mit aeuſſerſtem Nachdruck abgeſtrafft werden.

467.
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Theol. Laege der unbußfertige Suender ſchon auf lauter mit Sammet und Seiten ueberzogenen Schwanen=Pflaum= Federn/ waere aber noch an Stricken deß Satans gebunden/ und mit Ketten der Suenden gefeſſelt/ wuerde doch kein Friede in ſeinen Gebeinen ſeyn/ fuer ſeiner Suende; ſon= dern bey erwachendem Gewiſſen mit Mauaſſe ſeuffzen mueſſen: Ich bin gekruemmet in ſchweren ei= ſern Banden/ und habe keine Ruhe.Civil. Ein jeder Menſch muß ſeine Ruhe haben/ und die Arbeit mit ſolcher in ſtetem Wechſel rol= liren laſſen/ um die geſchwaechten Kraeffte wieder zu erholen.
|| [68]

468.
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Theol. GOtt hat immer beliebt/ ſeine Kirche durchs Außrotten zu pflantzen und bauen. Denn daß Chriſtus der Baum deß Lebens ſo grauſam blutruenſtig ſterben muſte/ ſolte anzeigen/ daß viele ſeiner Aeſte mit blutigen Koepffen heimgeſchickt werden wuerden; die andern aber hierauf de= ſto fruchtbarer ſeyn.Civil. Manche Familie ſtirbt ſehr ab; doch bleiben noch einige/ die ſie wieder ins Aufnehmen bringen.

469.
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Theol. Joſeph von Arimathia und Nicodemus hielten ſich nicht nur im Leben/ ſondern auch nach dem Tode mit hertztreuer Liebe zu JEſu: Und wir mueſſen ihme nicht nur getreu ſeyn/ wo es leb= hafft und gluecklich ausſiehet; ſondern auch/ wo er verfolgt und in ſeinen Gliedern getoedtet wird.Civil. Wahre Liebe endiget ſich nur auf Seiten deß Sterbenden/ aber nicht an Seiten deß im Le= ben uebrigbleibenden Freundes; Traeffe es aber nicht ein; ſo iſt es auch nie keine wahre Liebe ge= weſen.

470.
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Theol. Ein Chriſt muß in ſeinem glaubigen Gebete gleichſam allezeit mit GOtt kaempffen/ und mit Jacob ſagen: Ich laſſe dich nicht/ du ſegneſt mich denn; ſolte auch die Hueffte darueber verrenckt oder das Leben gar eingebueßt werden. Wenn mir gleich Leib und Seel verſchmacht; ſo biſt du doch GOtt allezeit meines Hertzens Troſt und mein Theil.Civil. Tapffermuethige Helden mueſſen den Streit nicht endigen/ ehe bevor ſie geſieget/ oder das Leben darueber verlohren haben. Helden=Muth ſucht oder giebet Blut.

471.
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Theol Der Feinde deß Creutzes Chriſti Ende iſt das Verdammniß/ welchen der Bauch ihr GOtt iſt/ und ihre Ehre zu Schanden wird/ derer/ die irrdiſch geſinnet ſind. Diß wiſſen viele/ noch glauben ſie nicht daran; ſondern haben ihre Luſt an der Erden.Civil. Eines Juden und ſonſt geitzigen Menſchen Vergnuegen beſtehet alleinig im Suehlen und Wueh= len/ Schachern und Wuchern.

472.
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Theol. Dulten wir mit/ ſo werden wir auch mit herrſchen; leyden wir mit/ ſo werden wir auch mit zur Herrlichkeit erhaben werden. Die groeſten Maertyrer auf Erden/ werden im Himmel die ſchoenſten Heiligen werden.Civil. Ein Schueler muß ſich ſeine Muehe nicht verdrieſſen laſſen; wenn ſie vorbey/ ſo geht auch ſein Vergnuegen alsdenn an.

473.
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Theol. Ein Welt=Kind kan ſich oeffters an denen abgeſchmackteſten Dingen und Aufzuegen beluſtigen; welche ein frommer Chriſt nicht einmal ueber die Achſel anſehen wuerde.Civil. Man findet groſſe Herren/ welche mehr auf ihre Hof=Narren halten/ als auf die weiſeſten Leute. So aber ihre Ehrfurcht und Vertrauen bey denen Bedienten und Unterthanen immer nach und nach ſchmaelert; ob ſchon dieſe es nicht oeffentlich ſagen doerffen.

474.
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Theol. Die traurige Charfreytags Tragoedie und froeliche Oſter=Comoedie zuſammen gehalten/ geben die beſte Erklaerung der Worte Meßiae: Tod/ ich will dir ein Gifft ſeyn/ und Hoelle/ ich will dir eine Peſtilentz ſeyn. Worauf der Chriſten=Chor das Reſponſorium macht: GOtt aber ſey Danck/ der uns den Sieg gegeben hat, durch JEſum Chriſtum unſern Heyland.
|| [69]
Civil. Groſſe Aemter haben viele Beſchwerden und Verantwortungen; aber gemeiniglich auch groſ= ſes Einkommen.

475.
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Theol. Sollen die irrdiſchen Gueter der Seele keine Gefahr noch Schaden zuziehen/ mueſſen ſie wohl unter der Bottmaeßigkeit gehalten werden. Denn ſie geben ſehr gute Knechte/ aber ſchlimme Her= ren ab. Wer ſie wie die Schuhe und nicht als einen Huth gebraucht/ der kommt wohl mit ih= nen durch.Civil. Freche Soldaten und boeſe Weiber beugen ſich ſelten gern; man habe ihnen denn vorhero den Ruckgrad mit ungebrannter Aſche recht vernuenfftig und wohlbedaechtlich abgerieben.

476.
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Theol. Erinnert ſich ein Chriſtglaubigs Hertze ſeines am Creutze verſtorbenen JEſu/ als deß wah= ren Nachbildes der Schlange Moſis; ſo ſehnet ſich ſelbiges auch/ bald aufgeloeſet und bey Chriſto zu ſeyn.Civil. Mann und Weib ſind zwey Koepffe und ein Leib; ſtirbt eines von beyden/ iſt das andere ſeines Lebens gleichfalls nimmer froh; wenn ſie ſich zumal mit hertzlicher Lieb und Treue rechtſchaffen gemeinet.

477.
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Theol. Der Chriſten wahrer Glaube wird in der Nacht deß Elends viel beſſer und weiter geſehen/ als am hellen Tage der zeitlichen Glueckſeeligkeiten.Civil. Wie hoeher ein Potentat; je mehr werden ſeine Tugenden und Laſter in der Ferne erfahren.

478.
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Theol. Chriſten ſollen ihr Mitleyden gegen ihre betruebten Gliedmaſſen am Leibe Chriſti jederzeit be= weiſen. Nach der Pauliniſchen Sententz: So ein Glied leydet/ ſo leyden alle Glieder; und ſo ein Glied wird herrlich gehalten/ ſo freuen ſich alle Glieder mit.Civil. Wenn aus einer Familie ein lieber Anverwandter ſtirbt/ bekuemmern ſich die Uberbleibenden billich: denn niemand hat jemahlen ſein eigen Fleiſch gehaſſet.

479.
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Theol. Wenn der Todes=Schweiß bey einem Sterbenden ausbricht/ denn weiſt ſichs wohl am deut= lichſten/ ob ſeine Gottesfurcht Heucheley oder Aufrichtigkeit geweſen ſey.Civil. Die Zeit bringt die Luegen wohl an Tag; wer nur unſchuldiges Hertzens und der Tugend recht aufrichtig zugethan iſt/ kan ſeine Luſt noch an der Warheit ſehen.

480.
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Theol. Wo Lehrer und Prediger mit ihren Zuhoerern in aufrichtiger Liebe gegen einander leben; dort kan in weniger Zeit viel erbauet werden/ und manch Vergnuegen bey GOtt/ Engeln und Menſchen darob entſtehen.Civil. Drey ſchoene Dinge ſind/ die beydes GOtt und Menſchen wohl gefallen: Wenn Brueder eins ſind/ die Nachbaren ſich lieb haben/ und Mann und Weib ſich miteinander wohl begehen.

481.
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Theol. An Chriſto ſolten wir einen ſolchen Hohenprieſter haben/ der da heilig und unbefleckt waere/ und von den Suendern abgeſondert; anderſt haette auch kein Bruder den andern erloeſen/ noch Gott jemand verſoehnen koennen. Will ein Prediger die Laſter abſchaffen/ ſo muß er allemal bey ſich am erſten anfangen. Denn kan er ſagen wie Abimelech: Was ihr geſehen habt/ das ich gethan ha= be; das thut auch ihr eilends.
|| [70]
Civil. Es iſt gefaehrlich jemanden zum Hofmeiſter eines jungen Printzens zu machen; wenn ſolcher nicht ſelber recht gruendlich civiliſirt und von guter Sittlichkeit iſt.

482.
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Theol. Ein in Wollueſten herum wadender Menſch kan das ewige Licht und die Goettlichen Geheim= nueſſe nicht erkennen noch lieben/ biß er jene verlaeſt/ nnd gaentzlich davon abſtehet.Civil. Verliebte Leute taugen weder zum ſieden noch braten: Und was ſie anfangen/ wird durch ih= re Liebes=Grillen entweder gar wieder ins Stecken gerathen/ oder doch gaentzlich verpfuſcht.

483.
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Theol. Chriſtus das Waſſer deß Lebens hat ſich zur Jueden geiſtlichen Reinigung dargebotten; an ſtatt deß Dancks aber/ haben ſie Ihn dermaſſen betruebet/ daß er ſein Angeſicht fuer Schmach und Speichel verbergen moegen.Civil. Wer ſeinen Freund mit Verleumbdung touchirt/ richtet Zanck und Uneinigkeit an.

484.
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Theol. Weil der Satan Chriſtum in der tieffen Wueſte nicht zu Fall bringen konnte/ probierte er es zweymal in der Hoehe; wiewohl zu ſeiner eigenen Schande: Und diß war ſeine erſte Weiſe/ daß er ſich an die hoechſten und groeſten Heiligen am liebſten gemacht; da er im Himmel wider GOtt und ſeine Engel zu Felde zog. Wird auch wohl ſeine letzte Mode bleiben.Civil. Wer hoch geſtiegen/ kan auch hoch fallen. Und Ehrgeitzige Leute koennen ihrer Begierden halben nimmer ruhig ſeyn. Liebes Kind! bleib gern im niedrigen Stande.

485.
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Theol. Der Garten Eden war ſchoen gruen und wohl bewachſen; alleine die Schlange kam auch hinein ſpatzieren. Und noch giebts viele ſchwaermeriſche Buecher/ die man behutſam zu leſen hat; weil das Schlangen=Molch und mancher ſcharffer Gifft vieler Irrthuemer darinnen lieget.Civil. Das ſchmeichlende Gluecke iſt offt tueckiſch/ und viele Leute ſind bey ſelbigem in die Schule gegangen.

486.
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Theol. GOtt hat ſich zwar hoch geſetzt/ denn der Himmel iſt ſein Stuhl; ſiehet aber auf das Nie= drige im Himmel und auf Erden; ſo/ daß manch armes Baeuerlein in ſeiner Laimen=Huette ſeine Gnaden=Wuerckungen viel kraefftiger empfindet als ein Doctor der H. Schrifft oder beeder Rech= ten/ auf ſeinem hohen Catheder.Civil Das Frauenzimmer wirfft ſeine Liebe gemeiniglich auf die Aufwaerter am erſten/ welche ſich am tieffeſten vor ihme buecken/ und die ſubmiſſeſten Worte brauchen.

487.
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Theol. Ob gleich Joſeph und David unter gemeinen Bruedern/ und ſo hart als ſie erzogen worden; haben ſie ſich doch weit ueber ſelbige herfuer gethan. Was GOtt will erquicken; kan niemand er= ſticken.Civıl. Ein tugendhaffter Menſch bleibt nicht im Staube kleben; ſondern ſtreckt ſich großmuethig em= por/ ob gleich aeltere und juengere liederlich zuruecke bleiben wolten.

488.
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Theol. Ein verruchter Suender beichtet wohl und verſpricht auch Beſſerung deß Lebens; faellt aber im ̅ er wieder in die vorigen Suenden/ weil ihme die allzu lange Gewohnheit ſchon zur andern Natur worden.Civil. Ungezogene Leute wiſſen von keinem Eckel; Iſt ein Rauſch heraus gekotzt; ſauffen ſie einen an= dern/ das Gefaeſe mag gleich nach Tobac oder anderem Unflate ſtincken wie es will.
|| [71]

489.
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Theol. Viele machen ſich mehr Arbeit und Muehe in die Hoelle zu lauffen; als die Frommen ſich ma= chen/ den Himmel zu erreichen.Civil. Der Tantz der Verliebten iſt ein rechtes Tournier; worbey ein jedes ſeinem Feinde oder Fein= din/ mit geſpitzten Lantzen der ſtrahlenden Blicke/ nach den Augen zielet.

490.
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Theol. Dieſer Zeit Leyden iſt nicht werth der Herrlichkeit/ die an uns ſoll offenbar werden. Und boeſe Gedancken koennen der Seele und dem Ebenbilde Chriſti nicht ſchaden/ wenn man ſie nicht ins Her= tze eindringen laeſt; ſondern ſelbige wie anhaengiſche Zigeuner tractirt/ und gleich vor der Thuer abfertigt.Civil. Verleumbdung ohne begangenes Ubel verurſachen wohl einige Flecken/ koennen aber doch we= der ſchaden noch lange beſtehen.

491.
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Theol. Manch ketzeriſches Buch hat einen fluenten Stylum, und wird mit Luſt geleſen; weil es aber mit gifftigen Lehren angefuellt; als koennen ungeuebte Hertzen/ die nicht von der Faehigkeit ſeyn/ die Geiſter zu prueffen/ leichtlich Schiffbruch am Glauben leyden.Civil. Einem noch unbekannten Menſchen muß man ſich nicht alſobalden anvertrauen; weil er viel= leicht das Schaaf nicht ſelber iſt/ deſſen Wolle er traegt.

492.
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Theol. GOtt heiſt die Menſchen ſterben/ und ſpricht: Kommet wieder Menſchen=Kinder. Als das alte Teſtament erfuellt und abgethan ward/ richtete Chriſtus das Neue dargegen auf.Civil. Nach dem Untergange eines Geſchlechts folgt gerne das Aufnehmen eines andern. Heute an mir; Morgen an dir.

493.
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Theol. Mancher ſpricht mit dem Biſchoff der Gemeine zu Laodicea: Er ſey reich/ und habe gar ſatt/ und doerffte nichts/ und weiß nicht/ daß er iſt elend/ und jaemmerlich/ arm/ blind und bloß. Unſer Wiſſen und Verſtand iſt mit Finſternueß umhuellet/ wo nicht GOttes Geiſtes Hand/ uns mit hellem Licht erfuellet. Gutes dencken/ gutes Tichten/ muß er ſelbſt in uns verrichten.Civil. Wenn der Liebſte ſeiner Braut/ in beder Abweſenheit/ lange nicht ſchreibet; wird ihre Liebe endlich gantz verdroſſen und mager.

494.
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Theol. Lehrer und Prediger mueſſen einen ſchon geruehrten und erſchrockenen Suender/ wie groß er auch iſt/ nicht immer mit dem Donner von Sinai ſchrecken; ſondern lieber das gelinde Johan= nes=Oel der Wunden und Naegel=Mahle JEſu auf ſeine Schwaeren gieſſen. Wer ſelbſt erwacht/ braucht keines Weckers.Civil. Ein gifftig=boeſer Menſch iſt mit Gelindigkeit ehender zu rechte zu bringen/ als mit allzu un= geſtuemmen Worten; wo zumal ſein Zorn nur eine fliegende Hitze iſt/ die ihme bald zu verge= hen pflegt.
|| [72]

495.
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Theol. Unter JEſu Schirmen bin ich fuer den Stuermen aller Feinde frey. Laß den Satan wittern/ laß den Feind erbittern; mir ſteht JEſus bey. Ob es jetzt gleich kracht und blitzt: ob gleich Suend und Hoelle ſchrecken; JEſus will mich decken.Civil. Ein kluger Frembdling muß ſich allezeit einen groſſen Patron zu machen befleiſſen.

496.
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Theol. Chriſti Braut und Taube muß keine Galle haben; ſondern in ſeines Vorbildes Fußſtapffen tretten; welcher nicht wiederſchallt/ da er geſcholten ward; nicht drohete/ da er litte. Denn er war ſanfftmuethig/ und von Hertzen demuethig.Civil. Uneinigkeit im Eheſtande verbittert die Liebe dermaſſen/ daß ſie in groeſten Haß verwandelt wird.

497.
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Theol. Wenn das Gewiſſen bey einem Menſchen aufwacht/ kan ihme auch die/ wie ein Senffkoern= lein geſchienene Suende/ bald zum groſſen Berge Veſuvius werden/ und hoelliſch Feuer in ſeine Seele ſpeyen. Drum ſpahre deine Buſſe nicht/ biß du kranck wirſt.Civil. Hochmuethige und zaertlich=erzogene Leute koennen auch die geringſte unfreundliche Mine und Wort nicht vertragen. Doch hat niemand mehr Verdruß davon/ als ſie.

498.
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Theol. Eines Chriſten Gebets=Weyrauch riecht im Himmel noch eins ſo wohl/ wenn er von der Gluth deß Creutzes angezuendet worden. Denn da heiſt es bald: Wer iſt die/ die herauf gehet aus der Wueſten? wie ein gerader Rauch/ wie ein Geraeuch von Myrrhen/ Weyrauch/ und aller= ley Pulver eines Apotheckers?Civil. Je mehr ſich einer befleißt ſeine Liebſte zu lieben; je ſueſſer wird ihme ihre Gegen= Liebe vor= kommen.

499.
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Theol. Wir mueſſen durch viel Truebſal in das Reich GOttes eingehen. Denn niemand wird ge= kroenet/ er kaempffe denn recht. Doch unſere Truebſal/ die da zeitlich und leicht iſt/ ſchaffet eine herrliche und ueber alle Maß wichtige Herrlichkeit.Civil. Wer im Tode ein ehrlich und herrlich Begraebniß will hoffen; der muß ſein Leben in der Tu= gend/ abſonderlich Liebe/ Sanfftmuth und Treue beſchlieſſen.

500.
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Theol. GOtt hat dem Moſi zwey Tafeln/ und uns auf denſelbigen zwey Arten der Liebe gegeben; deren eine Ihn/ die andere aber unſern Naechſten zu lieben erfordert. Wollen wir nun zu ihme kommen/ muß keine ſich ſonder die andere geſchaefftig erweiſen.Civil. Klugheit ohne Einfalt/ kommt denen Fuechſen; Einfalt hergegen ohne Klugheit/ denen Eſeln; beydes zuſammen aber/ einem galanten Gemuethe zu.Ende der erſten fuenff hundert Moralien.
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